Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Interpellation der SPD-Fraktion Drucksache Nr. 952 ist am 12. Mai bei dem Präsidium des Bundestages eingebracht worden. Bereits am 9. Mai lag dem Bundesrat der Entwurf des Gesetzes über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen vor. Nachdem dieser Entwurf im Bundesratsausschuß für Verkehr behandelt worden ist und nachdem zu erwarten war, daß er dort verhältnismäßig glatt verabschiedet werden würde, habe ich mit Schreiben vom 26. Mai den Herrn Präsidenten dieses Hohen Hauses gebeten, die Interpellation zusammen mit der Einbringung des Gesetzentwurfs auf die Tagesordnung zu setzen. Wenn das den Wünschen der Herren Interpellanten nicht entsprach, dann hätte ich doch erwarten dürfen, daß ich' darüber unterrichtet wurde. Ich hätte selbstverständlich die Interpellation auch früher beantworten können. Aber ich legte Wert darauf, daß die Fragen, die ja zum Teil noch sehr ungeklärt waren, einigermaßen präzise beantwortet werden konnten.
Die Fragen der Herren Interpellanten wegen der Finanzierung des Baues von Hochseeschiffen beantworte ich im Namen der Bundesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesfinanzminister sind 100 Millionen DM für die Finanzierung des Baues von Hochseeschiffen im Etatjahr 1950/51 im außerordentlichen Haushalt vorgesehen und werden daher zu gegebener Zeit zur Verfügung gestellt werden können. Die Vorfinanzierung für diesen Betrag erfolgt im Einvernehmen mit den Küstenländern durch diese Länder und ihre Bankinstitute.
Zu Frage 2: Eine gesetzliche Sicherung der von der Bundesrepublik gewährten Mittel zur Förderung des Schiffbaues ist in dem Gesetz über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen nicht vorgesehen. Eine solche gesetzliche Bindung ist auch nicht zweckmäßig, da die Entwicklung in der Zukunft sich heute nicht genügend übersehen läßt. Von den für das laufende Etatjahr vorgesehenen und eingeplanten Mitteln werden etwa 90 % für den Neubau von Schiffen auf deutschen Werften zur Verfügung stehen und damit zur Verbesserung der Beschäftigungslage deutscher Arbeitskräfte dienen.
Zu Frage 3: § 4 des Gesetzentwurfes über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen regelt die Gewährung von Aufbaudarlehen an neue Schiffahrtsunternehmungen.
Zu Frage 4: Die Bereitstellung der für des Etatjahr 1950/51 in Aussicht genommenen 250 Millionen DM ist in folgender Form vorgesehen:
1. 100 Millionen DM aus dem außerordentlichen Haushalt,
2. 105 Millionen DM über das Wiederaufbauprogramm der Bundesregierung,
3. 45 Millionen DM aus ERP-Mitteln der dritten
Tranche, die von deutscher Seite für den Bau
von Schiffen bis zu 2700 Bruttoregistertonnen
beantragt sind. Die Genehmigung der zuständigen ECA-Stellen ist hierfür noch nicht erfolgt.
Von den 300 Millionen DM des Arbeitsbeschaffungsprogramms, die von dem interministeriellen Ausschuß verteilt worden sind, wurden 25 Millionen DM zur Förderung des deutschen Schiffsbaues zur Erleichterung der Vorfinanzierung durch die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen zur Verfügung gestellt. Diese 25 Millionen DM gehören also nicht zu den vorgenannten Summen.
Zu Frage 5: Die Zahlung aus der zweiten Tranche in Höhe von 35,83 Millionen DM für die Förderung des Schiffsbaues für Schiffe bis zu 1500 Bruttoregistertonnen ist von den zuständigen Stellen global genehmigt. Die Auszahlung wird nach der noch ausstehenden Objektgenehmigung durch die ECA- Verwaltung erfolgen. Die rund 40,75 Millionen DM aus der dritten Tranche für den gleichen Zweck sind zusammen mit den bereits genannten 45 Millionen DM, zusammen also rund 85 Millionen DM, für den Bau von Schiffen bis zu 2700 Bruttoregistertonnen beantragt. Die Genehmigung der zuständigen ECA-Stellen steht auch für diese Anmeldung noch aus.
Zu Frage 6: Die normalen Kreditmittel und die ERP-Kredite werden durch Schiffshypotheken gesichert. Falls diese Kreditmittel die Beleihungsgrenze der Schiffshypothekenbanken übersteigen, pflegen die Länder eine zusätzliche Bürgschaft zu übernehmen. Für die Wiederaufbaudarlehen im Sinne des Gesetzentwurfes zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen ist im Gesetz eine besondere Sicherung nicht vorgesehen. Jedoch kann diese Sicherung im Einzelfall jederzeit verlangt und durchgeführt werden.
Zu Frage 7:
a) Eine Verteilung der Darlehen oder Kredite über den Reederverband oder über den Verband der deutschen Werften erfolgt nicht. Die Verteilung erfolgt vielmehr durch das Bundesverkehrsministerium nach eingehender Beratung mit den Küstenländern.
b) Soweit bei der Verteilung der Wiederaufbaudarlehen nach Verabschiedung des Gesetzes über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen interessierte Kreise zur Beratung zugezogen werden, werden auch die Vertreter der Gewerkschaften an diesen Beratungen teilnehmen.
Zu der von den Herren Interpellanten noch vorgetragenen Frage wegen der Weiterführung des Schiffbauprogramms bemerke ich, daß spätestens im September die entsprechenden Verhandlungen über die von den zuständigen Schiffsbauunternehmungen vorgelegten und gemeinsam mit den Ländern ausgearbeiteten Programme mit uns erfolgen werden. Auch in dem Programm, das wir für dieses Jahr durchgearbeitet haben, sind eine Reihe von Vorgriffen auf das nächste Jahr für neue Handelsschiffe bereits vorgesehen, und die entsprechenden Aufträge sind daraus auch schon erteilt, so daß eine laufende Beschäftigung der Werften, soweit sie im Rahmen dieses Wiederaufbauprogramms überhaupt
erfolgen kann, damit einigermaßen gesichert erscheint. Damit möchte ich die Interpellation beantwortet haben.
Ich komme nun, meine Damen und Herren, zur Einbringung des Gesetzes über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen. Ich darf dazu bemerken, daß es sich hierbei um ein Gesetz handelt, das von ganz besonderer Bedeutung ist, und das ich Ihnen deshalb besonders ans Herz legen möchte.
Sie alle wissen, daß unsere Handelsschiffahrt durch den Krieg und seine Auswirkungen wohl einer der am schwersten betroffenen Gewerbezweige unserer Wirtschaft ist. Vor dem Kriege wurde die deutsche Handelsschiffahrt mit einer Flotte von rund 41/2 Millionen Bruttoregistertonnen betrieben. Im Jahre 1945 war davon ein großer Teil durch Kriegseinwirkungen verloren, und von dem Rest wurde der weitaus wertvollere und größere Teil von den Alliierten weggenommen. Im Gegensatz zu den meisten Unternehmen mit friedenswirtschaftlichen Aufgaben durften die deutschen Reedereien im Jahre 1945 mit dem Wenigen, was ihnen geblieben war, zunächst ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen. Deutsche Schiffe durften zunächst überhaupt nicht, später nur in begrenzten Fahrtgebieten fahren. Die wenigen und kleinen Schiffe, die den deutschen Unternehmen und der deutschen Wirtschaft verblieben waren, waren zudem für einen Verkehr, der sich über die engstbegrenzten Kreise hinaus bewegt hätte, auch absolut ungeeignet.
Wenn also eine deutsche Handelsflotte wieder aufgebaut werden soll, dann muß sie bei dieser Sachlage aus dem Nichts heraus neu geschaffen werden. Ihr Wiederaufbau ist aber ein absolutes Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Das deutsche Volk, das in den heutigen Grenzen dichter zusammengedrängt ist als jemals, ist deswegen auch mehr als je in seiner Geschichte auf Ausfuhr und Einfuhr angewiesen, um sein Leben zu fristen. Es kann es sich einfach nicht leisten, sich die Einfuhrwaren direkt ins Haus liefern und die Ausfuhrwaren direkt von der Fabrik abholen zu lassen. Gerade ein Volk, dessen fast einziges Gut in der Arbeitskraft seiner Menschen steckt, ein Volk, das sich fast ausschließlich von dem Ertrage dieser Arbeit ernähren muß, muß danach streben, jede Art von Arbeit, die es selbst tun kann, selbst auszuführen, und darf dafür keine fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Dies gilt ganz besonders für die Arbeiten, die für den Export ausgeführt werden. Ein Volk wie das deutsche muß also die Erlöse seines Exportes so weit wie irgend möglich steigern und muß andererseits die Ausgaben für die notwendigen Importe so niedrig wie möglich zu halten versuchen. Das Mittel, das uns zur Verfügung steht, um die Exporterlöse zu steigern und die Importbedürfnisse in ihrem Werte zu verringern, ist eine eigene Handelsflotte, mit der das Produkt deutschen Arbeitsfleißes dem ausländischen Abnehmer zugeführt und mit der die Rohstoffe und Nahrungsmittel, die die deutsche Industrie und der deutsche Arbeiter benötigen, herangefahren werden können. Die Schaffung einer Handelsflotte ist unter diesem Gesichtspunkt betrachtet eine nationale Aufgabe, eine Aufgabe des gesamten deutschen Volkes, so gut wie es die Schaf-lung von Wohnungen für die infolge des Krieges und seiner Folgen obdachlos gewordene Bevölkerung ist.
Die erste Maßnahme, die von der Bundesregierung und ihrem Vorgänger, dem Verwaltungsrat des
Vereinigten Wirtschaftsgebietes, zu ergreifen war, war und ist die immer zu wiederholende Vorstellung gegenüber den Besatzungsmächten, die einengenden Vorschriften, die der deutschen Handelsschiffahrt auferlegt waren, zu lockern und zu mäßigen. In dieser Hinsicht ist bei weitem noch nicht alles, aber doch ein gewisser Fortschritt erreicht worden, und zwar dadurch, daß an den Bau von Schiffen und damit an den Wiederaufbau der Handelsflotte herangegangen werden konnte. Bereits im Frühjahr 1949 ist in bescheidenem Umfange ein Bauprogramm entwickelt worden, innerhalb dessen Frachtdampfer bis zu 1500 Bruttoregistertonnen und kleine Küstenmotorsegler bis zu 300 Bruttoregistertonnen gebaut werden durften.
Die Unternehmen, die diese Schiffe in Auftrag gegeben haben, haben ihre letzten finanziellen Kräfte angespannt, um das damals aufgestellte Programm durchzuführen. Die Küstenländer haben für die langfristigen Kredite Bürgschaften geleistet. Der Bund hat die Mittel aus den Marshallplan-Gegenwertmitteln als langfristige Hypotheken zur Verfügung gestellt und hofft, sie weiter zur Verfügung stellen zu können. Noch ist allerdings die Finanzierung dieses Programms nicht völlig durchgeführt; aber wie ich Ihnen bei der Beantwortung der Interpellation sagte, hoffen wir trotzdem, daß die Einsicht, die wir seitens der ECA-Kommission erwarten, uns vor allem die Möglichkeit geben wird, die Überhänge aus diesem Programm zu finanzieren und seine notwendige Fortsetzung zur Entwicklung der Küstenschiffahrt durchzuführen.
Es sind allerdings große Schwierigkeiten eingetreten, die Sie alle kennen, weil man sich trotz der zweifellos auch im Ausland anzuerkennenden Bedeutung des Wiederaufbaus der deutschen Handelsschiffahrt in Amerika entschlossen hat, für den Wiederaufbau der deutschen Hochseehandelsschiffe keine Mittel aus den Gegenwertfonds zur Verfügung zu stellen, obwohl es doch gerade die Aufgabe dieser Handelsflotte sein wird, Deutschland den Zweck des Marshallplans erreichen zu lassen, nämlich die deutsche Wirtschaft auf eigene Füße zu stellen. Die Bemühungen der Bundesregierung haben schon im September 1949 mit allem Nachdruck eingesetzt, um das im Frühjahr 1949 zwischen den Alliierten abgeschlossene Washingtoner Abkommen über die Verbote und Beschränkungen der ihm unterworfenen Industrien auf dem Gebiet der Handelsschifffahrt in Kraft zu setzen. Sie wissen, daß dieses Abkommen nicht in Kraft gesetzt wurde, weil verschiedene Kommissionen sich mit den einzelnen Bestimmungen dieses Abkommens zu befassen hatten und diese Kommissionen sich bei ihren Arbeiten immer und immer wieder vertagten. Erst den Verhandlungen, die zu dem Petersberg-Abkommen vom November 1949 geführt haben, ist es zu danken, daß uns die Möglichkeit gegeben wurde, größere Schiffe, d. h. also auch Überseeschiffe, in Deutschland zu bauen und damit die Voraussetzungen für eine Beschäftigung unserer Werften zu erhalten.
Leider sind — das ist ja überall bekannt — der deutschen Seeschiffahrt trotz des Petersberger Abkommens noch höchst bedauerliche Beschränkungen auferlegt. Insbesondere müssen wir immer wieder feststellen, daß die Beschränkung der Geschwindigkeit unserer Schiffe es nicht gestattet, jeden Dienst, so wie es für die deutsche Volkswirtschaft erforderlich wäre, aufzunehmen und durchzuführen, und daß es deshalb das Anliegen des gesamten deutschen Volkes ist, daß diese Geschwindig-
keitsbeschränkungen in allererster Linie abgebaut werden und uns hier die erforderliche Freiheit gegeben wird. In dem uns heute gegebenen Rahmen können wir allerdings für bestimmte Zwecke doch Schiffe bauen, die wirtschaftlich verwendet werden können, und wir haben deshalb die Pflicht, die Möglichkeiten, die uns dieses Abkommen bietet, auch voll und ganz auszunützen. Dieser Ausnützung soll in erster Linie der vorliegende Gesetzentwurf dienen.
Anders als in anderen Gewerbezweigen, deren Substanz nicht so total vernichtet worden ist wie die der deutschen Reedereiunternehmungen, kann sich der Staat in diesem Falle nicht darauf beschränken, gewöhnliche Kreditmittel zum Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. Das besondere Problem beim Wiederaufbau der deutschen Seeschiffahrt ist das Problem des fast völligen Mangels an Eigenkapital im Reedereigewerbe, hervorgerufen durch die fast völlige Vernichtung oder Wegnahme der Flotte und durch das Ausbleiben einer Entschädigung für die dabei entstandenen Verluste.
Mit diesem Sonderproblem befaßt sich der Gesetzentwurf in erster Linie. Er sieht zwar nicht vor, daß den Reedereiunternehmen öffentliche Mittel als Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden. Das wäre auch bei der ganzen Lage unserer Finanzen und der Armut unseres Volkes nicht zu vertreten. Er sieht aber Wiederaufbaudarlehen vor, deren Zins- und Tilgungsbedingungen, wie Sie aus dem Entwurf und seiner genauen Begründung im einzelnen ersehen, so gestaltet sind, daß sie zur Not das fehlende Eigenkapital ersetzen können. Der Entwurf sieht davon ab, zu bestimmen, wieviel im laufenden Jahre an solchen Wiederaufbaudarlehen gewährt werden soll, wieviel in künftigen Jahren gewährt werden soll.
3) und wie lange das Gesetz in Kraft sein soll. Das geschieht deshalb, weil wir die Verhältnisse in den nächsten Jahren jetzt noch nicht vorausschauend überblicken können. Das Gesetz soll und muß daher ein Rahmengesetz sein, das einer jährlichen_ Ergänzung durch das Haushaltsgesetz bedarf. Diese Methode ist deshalb gewählt worden, um die Leistungsfähigkeit des künftigen Bundeshaushalts und die Wiederaufbaubedürfnisse der Handelsschiffahrt in den künftigen Jahren in Übereinstimmung zu bringen und hier insbesondere nicht heute Maßnahmen zu treffen, die einer gesunden und möglichen Entwicklung Fesseln auferlegen.
Ich habe in Beantwortung der Interpellation bereits ausgeführt, daß für dieses Jahr von der Bundesregierung für Wiederaufbaudarlehen über den Außerordentlichen Haushaltsplan 100 Millionen DM in Aussicht genommen sind. Das entspricht, da die Wiederaufbaudarlehen 40 % der Bau- oder Erwerbskosten eines Schiffes nicht übersteigen dürfen, einer Gesamtinvestition von 250 Millionen DM in diesem Jahre.
Über die Maßnahmen, die die Bundesregierung getroffen hat und noch beabsichtigt, um die weiteren 150 Millionen DM bereitzustellen, habe ich Sie ebenfalls bereits unterrichtet.
Wiederaufbaudarlehen sollen im allgemeinen den Reedern zur Verfügung gestellt werden, die Schiffe verloren haben, daneben, wenn auch in etwas beschränkterem Umfang, solchen Reedern, hei denen diese Voraussetzung zwar nicht zutrifft, die aber wenigstens in gewissem Umfang Eigenkapital zur Verfügung stellen.
Die Wiederaufbaudarlehen sollen zum Bau von Handelsschiffen auf deutschen Werften sowie zum Erwerb von Handelsschiffen im Ausland gewährt werden. Es muß in diesem Zusammenhang betont werden, daß der Erwerb von Handelsschiffen uns schneller in den Genuß von Devisenersparnissen bringt als der Bau von neuen Schiffen, daß aber der Erwerb von Handelsschiffen insofern beschränkt ist, als wir auf dem Weltmarkt nur alte Schiffe kaufen können, weil auch hier wieder einschränkende Maßnahmen der Besatzungsmächte unsere Dispositionen behindern:
Ich kann diese einleitenden Ausführungen, mit denen ich diesen Gesetzentwurf einbringe, nicht schließen, ohne noch besonders auf einen wesentlichen Tatbestand aufmerksam zu machen. Es ist der verantwortungsbewußten Haltung der Regierungen der Küstenländer zu verdanken, daß zu einem Zeitpunkt, zu dem das Wiederaufbaugesetz noch nicht beschlossen ist, das zum Bau von Schiffen notwendige Eigenkapital also noch fehlt, die deutschen Werften nicht leerstehen und ihre Arbeiter nicht unter Arbeitslosigkeit leiden, daß ferner die Zulieferindustrie, die im ganzen Bundesgebiet verstreut ist, und die darin beschäftigten Arbeitskräfte die Schiffsbauzulieferungsaufträge nicht vermissen müssen. Die Länderregierungen haben in Erwartung und unter Berücksichtigung der Zusage gesetzlicher Maßnahmen des Bundes die Vorfinanzierung des Schiffsbaus weitgehend begünstigt. Sie können diese Maßnahmen allerdings nicht ins Unendliche fortsetzen, ohne daß sie die erforderliche Rückendeckung durch ein Bundesgesetz im Sinne des Entwurfs erhalten. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die enge Zusammenarbeit zwischen den Küstenländern und dem Bundesverkehrsministerium eine Vertrauensgrundlage geschaffen hat, die erst das Beschreiten dieses Weges ermöglicht hat.
Ich möchte Sie unter diesen Umständen darum bitten, daß der Gesetzentwurf im Plenum und im Verkehrsausschuß, in dem wir diese Fragen schon eingehend besprochen haben, so beschleunigt wie möglich behandelt wird, damit dieser Entwurf noch vor dem Ende der Sitzungsperiode und vor Beginn der Ferien in zweiter und dritter Lesung beschlossen werden kann. Ich möchte Sie darum um so mehr bitten, als die Voraussetzungen für diesen Gesetzentwurf in monatelangen Verhandlungen mit dem Bundesfinanzministerium, mit den Küstenländern, mit den verschiedenen Interessentengruppen — den Reedern, den Werften und allen anderen Gruppeneingehend beraten worden sind, so daß die jetzt vorliegende Form des Gesetzentwurfs, die Ihnen durch die ausführliche Begründung erläutert wird, wirklich das Ergebnis einer langen und schwierigen Arbeit darstellt, deren Erfolg wir nun nicht länger hinauszögern möchten.
Die Menschen, die in den Werften arbeiten, die Tausende von arbeitslosen oder in kümmerlicher berufsfremder Arbeit untergebrachten Seeleute warten auf den Abschluß dieses Gesetzes. Sie knüpfen daran nicht nur für dieses Jahr, sondern für die Dauer neue Hoffnungen und Erwartungen auf ihre für Deutschland zu leistende hochwertige Arbeit. Ich wäre dankbar, und ich glaube, daß es auch im ganzen deutschen Volk mit Dankbarkeit begrüßt würde, wenn die Zustimmung zu diesem grundlegenden Gesetz von einer möglichst großen Mehrheit dieses Hohen Hauses erteilt werden könnte. Durch diese Zustimmung des gesamten Hauses würden wir uns alle zu der Auffassung bekennen, daß der Wiederaufbau der deutschen Handelsschiffahrt nicht eine Angelegenheit der erwerbslosen See-
leute, nicht eine Angelegenheit unserer Hafenstädte, nicht eine Angelegenheit der Küstenländer, sondern eine Aufgabe und Verpflichtung des gesamten deutschen Volkes ist. Es ist erforderlich, sich zu dieser Auffassung zu bekennen, wenn das deutsche Volk seine Aufgabe für Europa richtig anfassen und erfüllen will.