Rede von
Dr.
Erich
Köhler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Wird weiter das Wort gewünscht? — Ich stelle fest: das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache über die Drucksache Nr. 1040.
Wir kommen zur Abstimmung. Der weitergehende Antrag ist nach altem Brauch der, die Drucksache Nr. 1040 an die Ausschüsse zu überweisen.
— Dann haben wir über zwei Anträge zu entscheiden.
— Sie ziehen Ihren Antrag zurück. Es bleibt also übrig: der Ausschuß für Geld und Kredit. Wer dafür ist, daß die Drucksache Nr. 1040 an den Ausschuß für Geld und Kredit überwiesen wird, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist wohl fast einstimmig angenommen worden.
Meine Damen und Herren! Wir kommen dann zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung der Interpellation der Abgeordneten Lübke, Dr. Frey, Struve, Dr. Dr. Müller
und Genossen betreffend Zollbegünstigungsgesetz (Nr. 1081 der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen bezüglich dieses Punktes vor: für den Berichterstatter 10 Minuten Redezeit und insgesamt 60 Minuten Redezeit. Darf ich zunächst das Einverständnis des Hauses zu dieser Redezeit erbitten. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist demgemäß beschlossen. An den Herrn Vertreter der Bundesregierung darf ich den gleichen Appell richten, sich mit 10 Minuten zu begnügen.
Wer von den Herren Interpellanten wünscht das Wort? — Bitte, Herr Abgeordneter Lübke.
Lübke , Interpellant: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erhalten von alliierter Seite sehr häufig Mahnungen in der Richtung, daß wir alle Versuche unternehmen sollen, unsere Außenhandelsposition zu verbessern. Daß dazu auch die entsprechenden handelspolitischen Instrumente
gehören, insbesondere ein entsprechender Zolltarif, liegt auf der Hand. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, haben die deutschen Stellen allerdings sehr mühsame Wege zu gehen. Mindestens scheinen auf diesem Gebiet die Bemühungen, mit der alliierten Kommission ins klare zu kommen, bisher keinen Erfolg gehabt zu haben.
Es war verständlich, daß wir in der Zwischenzeit nach dem Kriege versuchen mußten, eine ganze Anzahl von Zollpositionen für wichtige Lebensmittel abzubauen. Der Wirtschaftsrat hat in seinem Gesetz vom 22. August 1949 dementsprechende Festlegungen vorgenommen. Das Gesetz sollte nur bis zum 31. Dezember 1949 Geltung haben. Infolgedessen leitete der Herr Bundesfinanzminister damals schon seiner Zollverwaltung eine neue Zollbegünstigungsliste zu, so daß danach, wenn auch zunächst mit Stundung, die Einfuhr der fraglichen Lebensmittel behandelt wurde.
Mit Schreiben vom 14. März hat die Alliierte Hohe Kommission dieses Verfahren abgelehnt. Sie hat ihrerseits verlangt, das Gesetz des Wirtschaftsrats vom 22. August 1949 wieder in Kraft zu setzen, so daß wir im März 1950 an derselben Stelle standen wie im August 1949. Hätten wir nicht zu gleicher Zeit das Importausgleichsgesetz gehabt, dann wären schon damals ganz erhebliche Einbrüche bei der Ernährungsindustrie und insbesondere bei der bäuerlichen Veredelungsproduktion entstanden. Da aber auch am 30. Juni das Importausgleichsgesetz ablief, mußte wenigstens versucht werden — und von den deutschen Stellen hätte alles unternommen werden müssen, um diesem Versuch zum Erfolg zu verhelfen —, bis zum 30. Juni entweder das Zollbegünstigungsgesetz durchzubekommen oder wenigstens auf dem Verordnungsweg eine neue Zollbegünstigungsliste herauszugeben.
Es ist keines von beiden möglich gewesen. Die alliierten Stellen haben sich mit vielleicht von ihrer Seite aus durchschlagenden Begründungen den Verhandlungen bis Ende des ersten Semesters, also bis zum 30. Juni, absolut versagt. Auf den Antrag vom 25. März dieses Jahres, sich zu dem Kabinettsbeschluß vom 14. März, der ebenfalls eine neue Liste auf diesem Gebiet vorschlug, zu äußern, war jedenfalls bis zum 30. Juni keine Antwort eingelaufen.
Um inzwischen nun die Verhandlungen nicht zum Stillstand kommen zu lassen, sollte wenigstens auf der Referentenebene verhandelt werden. Die Alliierte Hohe Kommission teilte mit, daß sie die notwendigen Sachverständigen auf diesem Gebiet nicht zur Verfügung stellen könnte.
Wir stehen also nun seit dem 1. Juli vor einem völligen Vakuum; und wenn nicht die außenpolitischen Ereignisse höchst unerfreulicher Natur eingetreten wären, dann hätte die weitere Entwicklung auf dem Gebiet des Lebensmittelmarktes im In- und Ausland unsere bäuerliche Veredelungsproduktion und weite Teile unserer Ernährungsindustrie vor ganz katastrophale Situationen gestellt.
Es ist für uns wirklich schwer zu ertragen, daß wichtigste gesetzgeberische Arbeiten auf dem Gebiet des Außenhandels nur in vollem Einvernehmen mit der Hohen Alliierten Kommission zum Abschluß gebracht werden können. Wenn aber diese Tatsache schon einmal besteht, dann sollte man annehmen, daß man sich von beiden Seiten die äußerste Mühe gäbe, um wenigstens Verzögerungen mit so katastrophalen Folgen wie in diesem Fall zu vermeiden.
Ich frage deshalb die deutsche Regierung: erstens: Sind von den eigenen Regierungsstellen die erforderlichen dringlichen Vorstellungen unternommen worden? Zweitens: Wann ist unter den gegebenen Umständen mit der Inkraftsetzung der vorbereiteten Zollbegünstigungsliste zu rechnen? Drittens: Kann bis zum Inkrafttreten des neuen Zollbegünstigungsgesetzes im Wege einer Verwaltungsanordnung eine Abänderung der bisher geltenden Zollbegünstigungsliste vorgenommen werden?