Rede von
Grete
Thiele
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Das ist eine Frage des Taktes, wie es gestern bereits hier dargelegt worden ist!
Ich habe aber auch darüber noch einige Informationen. Sie tun sich, dem deutschen Volk und der westdeutschen Bevölkerung durch die Bagatellisierung dieser Dinge gar keinen Gefallen.
Ich möchte Ihnen jetzt einige Zahlen dazu nennen. Für die Deutsche Demokratische Republik
verbleibt jetzt eine Reparationslast von 3 Milliarden 171 Millionen Dollar. Diese Reparationslast ist innerhalb von 15 Jahren zu bezahlen und bedeutet, daß an Gesamtreparationen jährlich 200 Millionen Dollar, das sind 30 Mark je Einwohner, gezahlt werden. Berücksichtigen Sie dabei, daß die Besatzungskosten 8 °/0 der Ausgaben der Länder betragen,
und berücksichtigen Sie dabei weiter die Rückgabe der SAG-Betriebe.
Stellen Sie dem 52 % des gesamten Steueraufkommens hier im Westen gegenüber. Das bedeutet, daß jeder Einwohner Westdeutschlands, Mann, Greis oder Kind, 95 Mark jährlich bezahlen muß.
Ich habe leider, obwohl ich das etwas anzweifle und glaube, daß Sie, Herr Präsident, die Zwischenrufe dabei nicht genau berücksichtigt haben, nur noch eine Minute Zeit. Ich kann Ihnen eine ganze Reihe von Zahlen daher nicht nennen und möchte in diesem Zusammenhang nur noch eins sagen. Dr. Besold wies darauf hin, daß Sie nicht interessiert sind, die Wiederaufrüstung zu bezahlen. Aber Sie zahlen ja schon längst für die Wiederaufrüstung:
20 bis 25 Millionen für den Ausbau des Flughafens in München und 10 Millionen für den Ausbau des Flughafens in Frankfurt. Ich frage die Regierung: Was ist mit den illegalen Sonderkonten neben den Besatzungskosten, die der Regierung Adenauer bekannt sind? Nebenbei: Uns sind auch eine ganze Reihe von Informationen darüber zugegangen. Wir fordern Aufklärung der Bevölkerung darüber, daß heute schon die Remilitarisierung und Wiederaufrüstung Westdeutschlands aus ihren Steuergroschen bezahlt wird, und ich protestiere gerade als Mutter und im Namen der Mütter
entschieden dagegen, daß wir in Westdeutschland heute schon wieder mit unseren Steuergroschen den Krieg vorbereiten.
Ich möchte Ihnen zum Schluß unsere Stellung zu den Besatzungskosten sagen. Wir treten heute und zu jeder Stunde für eine entschiedene, tragbare Senkung der Besatzungskosten ein.
Unabhängig davon sind wir der Meinung, daß die Besatzungsmächte so schnell wie möglich verschwinden sollten,
damit der Weg frei wird zu einem unabhängigen, freien Deutschland, damit sich das deutsche Volk das eigene Haus nach seinen eigenen Bedürfnissen einrichten kann,
damit das deutsche Volk nicht wieder für den neuen Krieg herangezogen wird. Darum fordern wir den Abzug der Besatzungsmächte.