Rede von
Dr.
Franz
Richter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Meine Damen und Herren! Ich darf im Namen meiner Freunde mitteilen, daß wir selbstverständlich dem Ausgleich der Vertriebenen innerhalb der Länder der deutschen Bundesrepublik zustimmen. Wer die Verhältnisse in den Gebieten kennt, die in ganz besonderem Maße das Flüchtlingselend zu spüren bekommen haben — Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein —, wer weiß, daß da
oben gar keine Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen, um diesen Menschen zu einer Arbeit und damit zu ihrem Lebensunterhalt zu verhelfen, dem muß natürlich daran gelegen sein, daß so bald wie möglich auch eine größtmögliche Zahl Vertriebener in anderen Ländern untergebracht wird, aber nicht in einer Form, bei der sie dort wieder ein Lagerdasein fristen müssen, sondern indem sie wohlvorbereitet möglichst rasch in den Arbeitsprozeß eingeschaltet werden können.
Eines möchte ich gleich betont haben. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß das Gesamtproblem der Vertriebenen nicht allein von Deutschland gelöst werden kann. Diejenigen, die das Potsdamer Abkommen unterschrieben haben, haben vielmehr auch eine moralische Verpflichtung, sich selber mit für das Elend verantwortlich zu fühlen, das sie damit über das deutsche Volk gebracht haben, und für Abhilfe zu sorgen.
Weiter sei dabei auch folgendes betont. Wir hielten es für vollkommen falsch, das Flüchtlingsproblem etwa in der Form lösen zu wollen, daß man in der „altbewährten" Form des Kulturdüngers Deutsche in großen Mengen auswandern läßt. Wir glauben vielmehr, daß Deutschland gerade in den Ostvertriebenen sehr viele wertvolle Kräfte hat, die es für den Wiederaufbau des zerstörten Vaterlandes in Zukunft noch dringend benötigen wird und die nur entsprechend eingesetzt werden müssen.
Folgendes sei auch noch hervorgehoben. Wir finden es nachgerade geschmacklos — um hier keinen anderen Ausdruck zu gebrauchen —, daß man uns mit Rezepten kommen will, die aus den Vertriebenen keine zufriedenen Menschen machen können, sondern, wie ja die Verhältnisse in der Ostzone klar und deutlich zeigen, aus den Vertriebenen — und das neben der Gesamtproletarisierung des Volkes — nur Arbeitssklaven machen. Wir lehnen diese Rezepte ab. Wir sind uns allerdings darüber klar, daß man neue Platten aus der Ostzone nicht so schnell beschaffen kann. Infolgedessen haben wir heute wieder das alte Lied gehört. Wir glauben aber, daß man mit den Methoden, die man im Osten angewandt hat, niemals zufriedene Menschen wird schaffen können; ganz im Gegenteil: wir müssen andere Wege suchen, und ich glaube, daß man sie in Deutschland auch finden kann.
— Nein, die Arbeitslager, Herr Renner, bestehen nachweislich in der Ostzone, und darüber ist auch schon zur Genüge geschrieben und gesprochen worden.
— Ich habe Sie leider nicht verstanden, Herr Renner. Ich möchte aber sagen: wir können uns trotz aller Bedrückung, unter der wir noch stehen, glücklich schätzen, daß wir mehr Freiheit genießen und daß wir vor allen Dingen über diese ganzen Fragen offener sprechen können, als es Ihre eigenen Genossen drüben in der Ostzone tun können.
Wir stimmen dem Antrag zu.