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ID0105300700

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    Deutscher Bundestag - 53. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. März 1950 1927 53. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen 1927D, 1950C, 1978B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Ersten Wohnungsbaugesetzes (Drucksachen Nr. 703, 567, 352) 1927D Dr. Brönner (CDU), Berichterstatter 1928A Klabunde (SPD) . . . . . 1936C, 1946C Wirths (FDP) 1938D Lücke (CDU) . . . . . . . . 1940B Paul (Düsseldorf) (KPD) . . . . 1942C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . . 1943D Reindl (WAV) . . . . . . . . 1945A Determann (Z) . . . . . . . 1945C Bahlburg (DP) 1946A Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 1947A Abstimmungen 1948D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Änderung des Soforthilfegesetzes (Drucksachen Nr. 684 und 82) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher, Hilbert, Strauß, Bauereisen, Struve, Stücklen und Genossen betr. Durchführung des Soforthilfegesetzes bei der Landwirtschaft (Drucksache Nr. 543) und der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Soforthilfeabgabe (Drucksache Nr. 635) und der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Lastenausgleich (Drucksache Nr. 636) . . . . . 1950D, 1951B, 1954B Wartner (BP): als Berichterstatter 1950D als Abgeordneter 1960D Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 1951B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1954C Dr. Reismann (Z) . . . . . . . 1958A Kohl (Stuttgart) (KPD) 1962C Schmidt (Bayern) (WAV). . . 1964C Mensing (CDU) 1965C Seuffert (SPD) 1966C Wackerzapp (CDU) 1970C Farke (DP) 1972A Strauß (CSU) 1972D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 1973B Dr. Preiß (FDP) 1975B Kunze (CDU) . . . . . . . . 1976B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Umlegung von Grundsteuererhöhungen auf die Mieter (Drucksache Nr. 772) 1978B Mitteilung über den Anschluß der Abgeordneten Paschek und Goetzendorff als Hospitanten an die Gruppe der DRP 1978B Erklärung der WAV betr. den Abg. Goetzendorff 1978C Loritz (WAV) 1978C Nächste Sitzung 1978D Die Sitzung wird um 10 Uhr 13 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Erich Klabunde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Als wir vor einigen Wochen die Vorlage der SPD und kurz danach die Vorlage der Regierung in der ersten Lesung erörterten, habe ich erklärt, daß eine gemeinsame Lösung möglich ist, wenn eine Reihe wesentlicher Korrekturen erfolgt. Diese Korrekturen sind erfreulicherweise in dem Ausschuß zustande gekommen, und ich verzeichne es mit Genugtuung, daß dieses Gesetz offenbar die einheitliche Zustimmung des Hauses finden wird, was die deutsche Bevölkerung, glaube ich, besonders anerkennen wird. Hier ist nicht irgendein beliebiges Gesetz geschaffen worden, sondern — gestatten Sie mir den Vergleich -- sozusagen ein Grundgesetz auf dem Gebiet des Wohnungswesens, wenigstens soweit es sich um den Wohnungsbau handelt.
    Dieses Grundgesetz hat nun eben auch die Tugenden und Fehler unseres anderen größeren Grundgesetzes, d. h. es ist nicht möglich, zu jeder Bestimmung mit gleicher Begeisterung ja zu sagen. Es ist aber wohl möglich, zu dem gesamten Werk ja zu sagen.
    Sie wissen, daß sich noch in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit eine ganze Reihe von Kritiken ergeben haben. Ich darf insbesondere auf die Sorgen hinweisen, die der Deutsche Gewerkschaftsbund geäußert hat und die insbesondere auch die Sorgen meiner Partei sind. Wenn wir dennoch an dieser Fassung, die der Ausschuß gefunden hat. festhalten, so geschieht es, weil wir zwar eine ganze Reihe von in der Zukunft notwendigen Änderungen sehen, aber im Augenblick unter allen Umständen eine sichere Basis des Beginnens haben wollen. Diese sichere Basis ist gerade dadurch erzielt worden, daß die sehr allgemein gehaltenen Wendungen des Regierungsentwurfs letzt sehr konkretisiert sind, weswegen erfreulicherweise auch der Herr Bundeswohnungsminister gestern sagen konnte, er halte dieses Gesetz für eine gute Fassung. Ich glaube, er stimmt mir zu, wenn ich sage: im Vergleich zu dem Regierungsentwurf sind auch eine Reihe echter sachlicher Verbesserungen erzielt worden.
    Dabei möchte ich keinen Zweifel darüber lassen, daß für uns — und hoffentlich auch für das ganze Haus — die Entschließungen zu dem Gesetz mindestens die gleiche Bedeutung haben wie der Gesetzestext selbst. Wenn man daraus, daß nicht alles in Paragraphen gefaßt worden ist, folgern wollte, es gäbe Fragen von größerer Dringlichkeit im Gesetz und geringerer Dringlichkeit außerhalb des Gesetzes „nur" in der Form der Entschließung, dann wäre das eine völlig falsche Betrachtung der Dinge. Denn dieses Gesetz funktioniert nicht automatisch. Das Gesetz funktioniert nur, wenn alle Beteiligten, die Bundesregierung, die Länderregierungen, der Bundestag, die Länderparlamente, die Kommunen usw. ständig und unaufhörlich das ihre tun, um den in dem Gesetz zum Ausdruck kommenden Willen in die Tat umzusetzen.

    (Sehr richtig! bei der SPD und in der Mitte.)

    Das Gesetz ist nicht ein toter Buchstabe und kann als toter Buchstabe nicht existieren — wie wir es von anderen Bestimmungen kennen —, sondern das Gesetz muß täglich neu praktiziert werden. Es ist wohl eine grundsätzliche Entscheidung für sechs Jahre gefallen. Aber diese grundsätzliche Entscheidung heißt eben nur: Es ist ein Wille da, ein Wille, der täglich in die Tat umgesetzt werden will und werden soll.
    Für uns sind beispielsweise die Entschließung betreffend die Enteignung von Bauland und der Erlaß eines besonderen Gesetzes darüber im Herbst


    (Klabunde)

    dieses Jahres heute schon elementarer Bestandteil des Wohnungsbaugesetzes. Wir wissen, daß all die Schwierigkeiten, die bei der Erörterung dieses Themas entstehen werden, gelöst werden müssen, und ich möchte sagen, hoffentlich mit der gleichen Einmütigkeit, die wir bei diesem Gesetz erleben. Denn wir können beim Wohnungsbau alle Schwierigkeiten auf der Materialseite und in der Frage der Finanzierung überwinden; aber wir können nicht den Boden herbeischaffen, wenn uns die Handhabe dafür nicht gegeben wird. Dazu gehört leider, so große Achtung wir alle vor dem Bonner Grundgesetz haben, daß eine Reihe von Positionen dieses Gesetzes durch ein neues Gesetz so interpretiert und gegebenenfalls geändert werden, daß wir zur Baulandbeschaffung kommen.
    Der Fall ist nicht nur denkbar, er steht unmittelbar vor uns, daß wir trotz Geldes, trotz vorhandener Arbeitskräfte und Baustoffe, trotz besten Willens einfach nicht bauen können, wenn das Bauland nicht beschafft wird. Wir wollen zugeben: auf die Dauer gesehen, ist Bauland in Deutschland die knappste Ware.
    Wir halte,. die Fixierung von Höchstmieten für
    einen außerordentlich wesentlichen Faktor, nicht nur für den Wohnungsbau, sondern für das soziale Leben des deutschen Volkes überhaupt, weil hier ein wesentlicher Posten in der Ausgabenrechnung jedes einzelnen auf lange Sicht stabilisiert wird und weil wir den Mieter von 1950 mit dem Mieter, der erst 1955 seine Wohnung bekommt, gleichstellen können, so daß wir denen, die jetzt in diesem Jahr und im nächsten Jahr nicht bedacht werden können, nicht weitere Nachteile — aus der Entwicklung steigender Kosten — in bezug auf die spätere Miete zumuten müssen.
    Lassen Sie mich nun einen Punkt berühren und ganz klarstellen, der in der öffentlichen Debatte jetzt in den Vordergrund tritt. Man sagt, es sei alles subventionierter Wohnungsbau. Der Herr Bundeswohnungsbauminister hat gestern auf seiner Pressekonferenz die Frage schon angesprochen; ich möchte sie noch einmal mit aller Deutlichkeit und auch ausführlicher, als es gestern geschehen ist, präzisieren. Ich möchte Ihnen sagen: bei den im Gesetz vorgesehenen Mieten wäre ein rentabler Wohnungsbau ohne jede öffentliche Hilfe dann möglich, wenn wir die Zinssätze hätten, wie sie etwa in Holland anzutreffen sind. Wenn wir einen 3 %igen Hypothekenzinssatz hätten, brauchten wir keine öffentlichen Gelder im Wohnungsbau, vorausgesetzt, daß die private Kapitalbildung groß genug ist. Das ist heute allerdings nicht der Fall. Das erforderliche Geld für den Wohnungsbau kommt, wie Sie alle wissen, nur zum geringeren Teil aus privaten Quellen. Die Mittel der Realkreditinstitute belaufen sich im Augenblick nur auf 500 Millionen DM. Die erwarteten und geschätzten Mittel der Privaten betragen, wenn wir jetzt einmal die in ihnen enthaltenen Steuerbegünstigungen ausklammern, 300 Millionen DM. Von einem Programm in Höhe von 2,7 Milliarden DM sind also im Augenblick nur 0,8 Milliarden DM privates Geld, und der übrige Betrag in Höhe von fast 2 Milliarden DM ist öffentliches Geld oder kommt aus der Vorfinanzierung durch die Bank deutscher Länder. Wir sehen es als einen außerordentlichen Erfolg an, daß es gelungen ist, diese Vorfinanzierungsmittel in einer solchen Höhe herbeizuschaffen. Denn ohne sie wäre der Wohnungsbau nicht auf die Dimensionen zu bringen, die wir erwarten und die wir fordern müssen. Ich stelle also fest: die These von den Subventionen stammt aus einer völlig falschen Sicht. Selbst wenn wir den 3 %igen Hypothekenzinssatz hätten, wäre die öffentliche Leistung notwendig, weil die private Kapitalbildung jetzt nicht oder sagen wir — da ja alle Möglichkeiten in der Entwicklung liegen — noch nicht ausreicht.
    Wir haben nun für dieses Gesetz eine Zielsetzung auf sechs Jahre gewählt. Wir sind uns sicher, obwohl wir in diesem Hause noch nicht darüber gesprochen haben, sehr schnell einig, daß ein weiteres Gesetz etwa von gleicher Dauer, von fünf bis sechs Jahren, erforderlich sein wird — das ist eine rein statistische Überlegung —, damit die durch den Krieg entstandene Lücke im Wohnungswesen geschlossen werden kann. Erst dann sind die bei Kriegsende fehlenden 41/2 Millionen Wohnungen wieder geschaffen. Aber danach, d. h. in zehn bis zwölf Jahren, können wir wohnungspolitisch nicht etwa die Hände in den Schoß legen. Gerade wer die Entwicklung im Ausland einmal als Beispiel verfolgt, stellt vielmehr fest, daß auch kriegsverschonte Länder eine Wohnungsnot haben, weil das Wohnbedürfnis der Bevölkerung sich schneller entwickelt, als die Bevölkerungszahl steigt. Mit anderen Worten, wir werden uns auch in künftigen Parlamenten mit der Wohnungspolitik immer neu zu befassen haben, und es ist richtig, wichtig und zweckmäßig, wenn wir heute schon einmal einen Blick auf diese Zukunft werfen. Das möchte ich kurz tun.
    Bedenken Sie bitte, das jetzt beginnende und das folgende Wohnungsbauprogramm umfassen insgesamt 41/2 Millionen Wohnungen oder eine Summe von 45 Milliarden DM. Ich glaube, die deutsche Bevölkerung hat sich bisher noch nicht klar vorgestellt, um welche ungeheure Summe es sich hier handelt. Wir haben jeden Anlaß, nun beispielsweise an die Frage der Baukostensenkung zu gehen. Denn wir wissen, daß ein einziges Prozent bereits annähernd 1/2 Milliarde DM bedeutet. Lassen Sie mich meiner Überzeugung Ausdruck geben, daß Baukostenverbilligungen möglich sind, insbesondere durch geeignete organisatorische Maßnahmen. Ich denke jetzt gar nicht an neue technische Erfindungen. Diese kommen von selbst und werden sich hoffentlich eines Tages auszahlen. Wir haben es aber seit vielen Jahren versäumt, die Frage der organisatorischen Lösungen überhaupt anzupacken. Die Lösung würde beispielsweise mit einer Befreiung des sozialen Wohnungsbaus von der Umsatzsteher beginnen. Bedenken Sie bitte, daß allein die Umsatzsteuer letzter Phase sich hei einer Wohnung, die 10 000 DM kostet, auf 300 DM beläuft. Wir können es sogar so formulieren: die dankenswerte Hilfe, die der Bund dem Wohnungsbau leistet, fließt 7U einem nennenswerten Teil als Umsatzsteuer wieder in die Kassen des Bundes zurück. Wir müßten also — das konnte in dieses Gesetz noch nicht einbezogen werden — möglichst bald zu dieser Lösung kommen. Das wäre ein Einbruch in das Kostengefüge — gemessen an der Gesamtsumme von 45 Milliarden —, der sich auf annähernd 11/2 Milliarden DM belaufen würde. aber allerdings auch zeigt. wie groß das Opfer des Rundes wäre, wenn er auf diese Umsatzsteuer verzichten würde.
    Wir können andere Kostenelemente untersuchen; ich behaupte, es ist binnen Jahresfrist möglich, durch geeignete organisatorische Maßnahmen linter Einbeziehung der Umsatzsteuer, die heute der Bund erhält. zu einer Kostensenkung von etwa 1000 DM ie Wohnung — gleich 10 % der kalkurierten Summe — zu kommen. Da ist dann natürlich jeder Posten unter die Lupe zu nehmen, auch die Posten,


    (Klabunde)

    die durch ständische Gebührenordnungen usw. festgelegt sind.
    Ich will den Punkt nicht näher behandeln, Ihnen aber schon heute sagen: wenn wir die Wohnungspolitik nicht so dynamisch betreiben, daß wir die einzelnen Faktoren, mit denen wir zu rechnen haben, weil wir aus ihnen zu der ungeheuren Summe von 45 Milliarden kommen, nicht ständiger öffentlicher Kontrolle unterziehen, dann wird der Wohnungsbau nicht für 45 Milliarden durchzuführen sein, sondern die Summe wird erheblich steigen müssen. Das aber wollen wir gerade deswegen verhindern, weil wir wissen, wie stark wir die öffentlichen Finanzen zu entlasten vermögen. Wenn es gelingt, die Kosten von 10 000 auf 9000 DM zu reduzieren, bedeutet das, daß allein die öffentlichen Finanzen diesen Vorteil haben, da ja die Miete als solche fixiert ist, wir also in der Lage sind, bei den öffentlichen Finanzen jährlich 250 000 bis 300 000 mal 1000 DM, d. h. mehr als eine Viertelmilliarde, einzusparen oder, anders ausgedrückt, mit der gleichen Summe, die heute an öffentlichen Förderungsbeträgen in den Wohnungsbau fließt, ein wesentlich größeres Volumen des Wohnungsbaus zu finanzieren.
    Mit der Wohnungsbaufinanzierung in diesem ungeheuren Ausmaß schaffen wir für die Bauwirtschaft und die zu ihr gehörenden Branchen eine Konjunkturgarantie über sechs Jahre. Wir müssen unter allen Umständen verhindern, daß aus dieser Konjunkturgarantie ein Preisauftrieb folgt, wie er rein psychologisch naheliegt. Hier hat das Parlament eine Aufgabe völlig außerhalb des zwangswirtschaftlichen Denkens, was ich ausdrücklich klarstellen möchte, denn die Wahrnehmung der Interessen der Steuerzahler kann in keiner Weise bedeuten, daß schon diese Wahrnehmung in den Verdacht gesetzwidriger Manipulationen kommt, obwohl eine solche Äußerung kürzlich durch das Bundeswirtschaftsministerium gemacht wurde. Denn da ist von der Gefahr gesprochen worden, daß die Konferenz der öffentlichen Auftraggeber — das ist in den Entschließungen des Ausschusses niedergelegt, und über diese Entschließungen haben Sie heute abzustimmen — als ein Kartell angesehen werden könnte, das gegen kartellpolitische Bestimmungen verstößt. Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich bitte die groteske Situation vor: wir wollen, daß mit den öffentlichen Geldern sparsam umgegangen wird; wir wollen, daß Fehler in der Verwendung öffentlicher Gelder vermieden werden. Dazu soll diese Konferenz der öffentlichen Auftraggeber unter Beteiligung der Wohnungs- und Bauwirtschaft und der Gewerkschaften dienen. Man bringt diese Institutionen in den Verdacht, daß sie gegen Kartellgesetzbestimmungen verstoßen könnten. Hat denn das Kartellgesetz die Aufgabe, die Preise zu erhöhen, oder Preissenkungen zu verhindern? Das ist doch die Frage, die hier zu stellen ist. Ich hoffe, daß sie bei möglichst naher Gelegenheit, nämlich bei der Erörterung des Kartellgesetzes, in aller Ausführlichkeit diskutiert werden kann.
    Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen nicht den ganzen Katalog unerfüllter sozialdemokratischer Wünsche vortragen, ich möchte nur mit einem schließen: Seien Sie überzeugt, daß das Gesetz nur eine Grundsatzregelung darstellt. Seien Sie überzeugt, daß dieses Gesetz eine sehr müde Angelegenheit werden kann, wenn kein heißer Wille — ein heißer Wille, der mit sehr viel Sachkunde verbunden sein muß — zu seiner Erfüllung dahinter steht. Hier liegt eine Aufgabe des Bundestags, die auch über die Termine der zweiten und dritten Lesung hinausreicht. Wir brauchen die Beteiligung aller, und wir kommen nur zu dieser Beteiligung, wenn wir vom Wohnungsbau in Deutschland ununterbrochen reden und den Reden entsprechend handeln. Wir müssen nämlich davon sprechen, damit die Fehler erkennbar werden und wir sie beheben können. Wir müssen aber in bisher unerhörter Weise handeln, wenn wir das durchführen wollen, was wir uns zum Ziel gesetzt haben. Die 1,8 Millionen Wohnungen für sechs Jahre aus dem sozialen Wohnungsbau zuzüglich eines gewissen Volumens privaten Wohnungsbaus bedeuten ja — wenn wir im Jahre 1950 nur 250 000 bis 270 000 Wohnungen bauen —, daß in jedem der fünf folgenden Jahre im Durchschnitt 360 000 Wohnungen gebaut werden müssen. Das sind Dispositionen in einer Höhe, die heute schon zwingt, die Überlegungen nicht nur für das nächste, sondern auch für die folgenden Jahre anzustellen. Denn wir werden das Programm nur allmählich steigern können. Wir müssen dahin kommen, daß wir, sagen wir, vom vierten Jahr an jährlich 400 000 Wohnungen in Deutschland produzieren, sonst ist das Programm nicht durchzuführen. Die Kapazität der Bauwirtschaft reicht dazu heute nicht aus. Ich nehme an, daß die Kapazitätsausdehnung sich auf mindestens 25 Prozent des heutigen Volumens belaufen muß; d. h. also, daß wir uns nicht nur die Sorgen um die Herstellung der Wohnungen, sondern auch um den Herstellungsapparat, der entsprechend erweitert werden muß, zu machen haben. Es heißt, daß entsprechende Finanzierungsmittel bereitgestellt werden müssen. Der Herr Bundeswohnungsbauminister ist in der Lage, sicher — wie ich glaube — in Aussicht stellen zu können, daß in diesem Jahr die erforderlichen 2,7 Milliarden vorhanden sind. Die Summe muß um 50 Prozent erhöht werden, damit wir auf rund 400 000 Wohnungen je Jahr gelangen.
    Wir haben also im Augenblick, so schwierig die gegenwärtigen Aufgaben sind, damit nur die kleineren Aufgaben; die größeren kommen noch. Diese Ausführungen und diese Zahlen sollen Sie zunächst nur darüber informieren, welche großen Themen wir auf dem Gebiet des Wohnungsbaus in den nächsten Jahren zu bewältigen haben.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wirths.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Carl Wirths


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Nach den eingehenden und ausgezeichneten Ausführungen unseres Herrn Berichterstatters braucht man wirklich nicht mehr intensiv in die einzelnen Paragraphen des Gesetzes einzusteigen.
    Aber es scheint mir doch notwendig zu sein, zu einigen Punkten einige grundsätzliche Feststellungen zu machen. Es ist ja leider so, daß in der breiten Öffentlichkeit immer noch keine richtige Vorstellung darüber besteht, was eigentlich sozialer Wohnungsbau heißt. Ich möchte hier an einen Artikel aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 27. März 1950 anknüpfen. Überschrift: „Gemeinnütziger Wohnungsbau bevorzugt". Hier wird die ganz falsche Gleichsetzung sozialer Wohnungsbau gleich gemeinnützige Genossenschaften gleich SPD vollzogen. Das ist vollkommen falsch. Wenn der Herr Berichterstatter dieser Zeitung sich einmal die Mühe gemacht hätte, das Gesetz genau durchzusehen, dann hätte er feststellen müssen, daß sich der Begriff des sozialen Wohnungsbaus


    (Wirths)

    nach der Größe, der Miete und der Ausstattung richtet und daß für die Errichtung solcher sozialen Wohnungsbauten sowohl die öffentliche Hand wie die Genossenschaften wie der private Hausbesitzer und die privaten Wohnungsunternehmen absolut gleichberechtigt sind.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wir müssen auch einmal darauf aufmerksam machen, daß es nicht geht, gemeinnützige Genossenschaften nun etwa falsch gleichzusetzen mit SPD. Ich erinnere hier daran, daß eine der ältesten Baugesellschaften in Form einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft im Mai des Jahres 1872 von der privaten Wirtschaft gegründet worden ist und bis heute im Besitz dieser privaten Wirtschaft ist. Das ist die bekannte Barmer Baugesellschaft für Arbeiterwohnungen. Ich erinnere daran, daß eine ganze Reihe von Genossenschaften gemeinnütziger Art besteht, die entweder von den Kommunen oder von den Kommunen mit der privaten Wirtschaft gegründet und aufgezogen worden sind, so daß man davor warnen muß, hier eine solche absolute Gleichsetzung vorzunehmen.
    Weiter liegt ein großer Irrtum in der Auffassung, Wohnungsbauten sozialer Art — also beschränkt nach der Größe und der Miete — würden nur durch diese Genossenschaften ausgeführt. Ich verweise darauf, daß im Lande Nordrhein-Westfalen — ich kann das an Hand der Monatszahlen nachweisen, die vom Statistischen Landesamt Nordrhein-Westfalen im vorigen Jahr herausgegeben worden sind, es liegen mir allerdings nur die ersten drei Vierteljahre vor — der Anteil der gemeinnützigen Gesellschaften an den Wohnungen, die insgesamt erstellt worden sind — Neubau plus Wiederherstellung — lediglich 10 Prozent im Durchschnitt der gesamten neu erstellten oder wiederaufgebauten Wohnungen war, daß der private Anteil also rund 90 Prozent betragen hat. Und Sie sehen aus einer anderen Aufstellung, daß der private Anteil gerade an diesen Wohnungen mit nicht mehr als etwa vier Zimmern ebenfalls ungefähr 90 Prozent beträgt, wobei gerade die Wiederherstellung im Vordergrund steht. Die Wiederherstellung, Wiederaufbau sowie An-, Um- und Ausbau von Wohnungen, machen mehr als zwei Drittel der Gesamtzahlen aus. Sie ersehen daraus, daß sich gerade die private Hand nach der Währungsreform außerordentlich angestrengt hat, um hier mitzuwirken, und sie hat auch den Erfolg zu verzeichnen. Ich bin fest davon überzeugt, daß nach diesem Wohnungsbaugesetz auch ein großes Feld der Betätigung für den privaten Unternehmer, für die privaten Wohnungsunternehmen und für den ausgebombten Hausbesitzer in unseren Großstädten vorhanden ist.
    Meine Damen und Herren! Der Wiederaufbau soll ja an allererster Stelle stehen, wie das Gesetz in § 16 sagt. Es sollen Eigenheime und Kleinsiedlungen, die unter wesentlichem Einsatz von Selbsthilfe gemacht werden, bevorzugt werden. Das ist auch richtig. Ich brauche darauf nicht einzugehen; das hat der Herr Kollege Dr. Brönner vorhin eingehend ausgeführt. Wir sind auch der Auffassung, daß nicht in erster Linie der Städtebau, sondern der Wiederaufbau den Vorrang hat. Aber es muß beides Hand in Hand gehen. Ich erinnere daran, daß die Großstädte jetzt im großen und ganzen ihre Neuplanung fertiggestellt haben. Der ausgebombte Hausbesitzer hat leider Gottes, weil die Arbeiten sehr schwierig waren, jahrelang warten müssen, bis er nun endlich weiß: ich kann wieder aufbauen. Hier müssen wir helfend eingreifen. Hier muß also der Wiederaufbau mit den Planungsabsichten der Städte konform gehen. Denn wir wollen ja vermeiden, daß immer wieder und immer noch Gebäude nur mit Erdgeschoß in den Zentren unserer Städte errichtet werden. Wir werden diesen Wiederaufbau nicht etwa nur mit dem sogenannten begünstigten Wohnungsbau oder freien Wohnungsbau machen können. Wir müssen auch hier Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus schaffen und müssen hierzu auch öffentliche Förderungsmittel in Anspruch nehmen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen Blick auf das Problem der Baukostensenkung werfen. Es ist bereits ausgeführt worden, daß Senkungsmöglichkeiten da sind. Herr Klabunde hat das große Problem der Umsatzsteuervergünstigung angeschnitten, die ja bisher nur bei Kleinsiedlungen in Kraft war. Ich glaube, man verfällt bei den Vergleichen der Bau-Indices von vor 1933 und heute einem großen Irrtum. Wenn man die jetzt dreiprozentige Umsatzsteuer auf den verschiedenen Stufen zusammenrechnet, dann kommen allein mindestens 10 bis 15 Prozent der Gesamtukosten heraus. Dieses Problem muß nach
    meinem Dafürhalten also für das nächste Wohnungsbaugesetz, vielleicht auch schon vorher, ganz intensiv bearbeitet werden.
    Wir haben in das Gesetz die Verpflichtung der Gemeinden hereingebracht, zu billigen Preisen Bauland zur Verfügung zu stellen. Das gilt natürlich nur für die, die es noch können. Wir haben aber eine ganze Reihe von Gemeinden, die noch sehr viel Bauland haben, und wir müssen leider Gottes in einigen Fällen feststellen, daß sie einmal mit den Preisen noch sehr hoch sind und andererseits an den Ausbau der Straßen zu große Anforderungen stellen. Das Gesetz sieht hier vor, daß die Anforderungen an den Straßenausbau nicht zu hoch sein dürfen.
    Meine Damen und Herren! Ich möchte in diesem Zusammenhang auf einen Artikel der „Deutschen Kommentare" aus den letzten Tagen zu sprechen kommen. Ich erwähne ihn nur, weil er auf Unterhaltungen mit dem Leiter einer hohen Stelle der Bundesregierung Bezug nimmt. Es werden da Vorschläge für die Senkung der Baukosten gemacht, zu denen man seitens der Bauwirtschaft Stellung nehmen muß. Einmal wird hier als Vorbild angeführt, daß angeblich — nach meinen Informationen ist das nicht ganz richtig — bei den großen Sonderbauvorhaben in Schleswig-Holstein der Einkauf der Baustoffe durch die GEG vorgenommen werden soll. Ich bin der Meinung, daß das keine Regel sein darf; denn wir haben den seit Jahrzehnten vorhandenen und seine Aufgabe durchaus erfüllenden Baustoffachhandel, den wir nicht ausschalten dürfen. Wir haben ja nicht nur Großbauvorhaben, sondern wir haben auch an den Wiederaufbau einzelner Häuser in den Städten zu denken. Wir können also eine Baukostensenkung durch die Ausschaltung des berufenen Fachhandels nicht befürworten.
    Weiter wird darauf hingewiesen, man habe sich
    — das ist wahrscheinlich der Leiter dieser hohen
    Stelle der Bundesregierung gewesen — darüber
    ausgelassen, daß sich die Bauwirtschaft dagegen
    sträube, neue Erfindungen un moderne Baugeräte
    Erfindungen und moderne Baugeräte
    einzuführen. Meine Damen und Herren, wie ist
    denn da die Lage? Wir haben seit Jahrzehnten
    solche Erfindungen gehabt. Sie sind mal auf den
    Markt gekommen, sie wurden mal hier und mal da
    gebraucht, und dann verschwanden sie wieder.
    Wenn man hier auf ein neues, modernes Schnellmauergerät Bezug nimmt, dann muß das erst ein-


    (Wirths)

    mal ausprobiert werden. Es kann der Bauwirtschaft aber nicht zugemutet werden, nun das Versuchskaninchen für die Tausende von Erfindungen abzugeben, die wir heute haben. Es müßte durch die Bundesstellen oder durch die Landesstellen geprüft werden, ob diese neuen Geräte nun wirklich praktikabel sind oder nicht, und dann müßten sie nach der Ausprobierung dem Markt so billig angeboten werden, daß die bauausführende Wirtschaft sie kaufen kann. Es kann dieser nicht zugemutet werden, Modellpreise für solche Geräte zu bezahlen. Wenn man sich davon aber eine Senkung der Baukosten verspricht — von geringeren Handelsspannen erwartet man 6 Prozent Ersparnis, ferner durch das moderne Baugerät 14 Prozent —, so ist das eine Milchmädchenrechnung.
    So geht es wirklich nicht. Ich möchte feststellen, daß die Bauwirtschaft doch gerade, weil sie öffentliche Gelder zu verbauen hat, unter Kontrolle steht. Alle Kalkulationen liegen den auftraggebenden Stellen offen, und ich glaube, es wäre eine sehr gute Aufgabe gerade dieses in einer Entschließung geforderten Ausschusses, hier zusammenzuarbeiten und zusammenzuwirken, um zu erreichen, daß ein ungerechtfertigtes Steigen der Baukosten vermieden wird. Dazu kommt eine ganze Reihe von anderen Gesichtspunkten, die im Gesetz niedergelegt sind, etwa die Einführung von neuen Bauarten, von Normen, und eine einheitliche Regelung des Verdingungswesens.
    Meine Damen und Herren! Noch ein kurzer Satz zu einem weiteren Problem, das durch das Gesetz nicht geregelt ist und auch nicht geregelt werden kann. Wir sind froh, glaube ich, daß endlich einmal ein Gesetz geschaffen worden ist. das die breiteste Öffentlichkeit interessiert und das vom Bundestag mit einer großen Mehrheit verabschiedet werden kann. Das dient ganz zweifellos dem Ansehen der Arbeit dieses Bundestages. Aber die Leute draußen müssen nun auch etwas sehen. Sie müssen sehen, daß die Bauten jetzt aus der Erde wachsen. Ich glaube, daß sich nun sowohl der Herr Bundesminister wie die verantwortlichen Länderminister und die Gemeinden über das Problem der Zwischenfinanzierung Gedanken machen: denn es scheint mir noch nicht in allen Teilen restlos gelöst zu sein. Ich glaube weiter, daß der Herr Bundesminister das Ergebnis der Verhandlungen mit der sehr starren Bank deutscher Länder einmal veröffentlichen müßte, um hier die Verantwortlichkeit genau festzulegen. Die Zwischenfinanzierung darf nicht daran scheitern, daß die BdL ihre Taschen zugeknöpft hält. Sie braucht es nicht zu tun. weil ja das Gesamtvolumen oder der finanzielle Rahmen da ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und der BP.)