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ID0105007300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. März 1950 1749 50. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1749D, 1750A Anfrage Nr. 59 der Fraktion der SPD betr. Förderung des Schiffsbaues (Drucksachen Nr. 662 und 748) 1750A Einsprüche der Abg. Wehner und Heiland gegen ihren in der 49. Sitzung erfolgten Ausschluß 1750A Beratung des Antrages der Fraktion der Bayernpartei betr. Erlaß einer Rechtsverordnung zur Verteilung der neu aus den Ostgebieten und der Tschechoslowakei kommenden Deutschen (Drucksache Nr. 723) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Aufnahme von Deutschen aus den Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie und aus der Tschechoslowakei in das Bundesgebiet (Drucksache Nr. 727) . . 1750B, 1751C Dr. Seelos (BP), Antragsteller . . . 1750B Dr. Wenzel (SPD), Antragsteller . . 1751C Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten d. Vertrieb. 1753A, 1760D Tichi (WAV) 1753D Dr. Götz (CDU) 1754D Dr. Zawadil (FDP) 1755D Paul (Düsseldorf) (KPD) 1756D Ewers (DP) 1758A Dr. Richter (DRP) 1758C Krause (Z) 1759A Strauß (CSU) 1759D Clausen (SSW) 1760C Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 (Vorläufige Haushaltsordnung und vorläufiges Haushaltsgesetz 1949) (Drucksachen Nr. 682 und 223) mit den Mündlichen Berichten des Haushaltsausschusses (Drucksachen Nr. 670 bis 681) . . . . 1761A Abstimmungen über die Anträge Drucksachen Nr. 734 und 743 1761B Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans (Drucksache Nr. 675) . 1762A, 1802A Kalbitzer (SPD) 1762A Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 1762BD Dr. Oellers (FDP) (zur Geschäfts- ordnung) 1762C Rische (KPD) 1802B Blücher, Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplans . . . 1806B Dr. Vogel (CDU) 1808C Abstimmungen 1809D Einzelplan VI — Haushalt des Bundesministeriums des Innern (Drucksache Nr.1762D Erler (SPD), Berichterstatter . . 1763A Maier (SPD) 1766D Dr. Decker (BP) 1771A Dr. Ehlers (CDU) 1771D Dr. Leuchtgens (DRP) 1775B Zinn (SPD) 1777D Dr. Jaeger (CSU) 1778B Loritz (WAV) 1779B Dr. Fink (BP) 1780B Dr. Hamacher (Z) 1780D Dr. Bergstraeßer (SPD) 1782A Gaul (FDP) 1783C Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 1784B Abstimmungen 1786A Einzelplan VII — Haushalt des Bundesministeriums der Justiz (Drucksache Nr.1786C Steinhörster (SPD), Berichterstatter 1786C Dr. Greve (SPD) 1788A Dr. Leuchtgens (DRP) 1790B Ewers (DP) 1790D Dr. Wuermeling (CDU) 1792D Nuding (KPD) 1794A Zinn (SPD) 1794B Kiesinger (CDU) 1795D Dr. Reismann (Z) 1797A Loritz (WAV) 1799A Dr. Arndt (SPD) 1800B Abstimmungen 1801D Nächste Sitzung 1810C Die Sitzung wird um 10 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Willi Steinhörster


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Die vorliegende Drucksache Nr. 677 enthält in der Anlage den Haushalt des Bundesministeriums der Justiz. Ich bitte, die Anlage zur Hand zu nehmen.
    Bei einer Personalstärke von 67 Beamten und 73 Angestellten schließt dieser Haushalt ab in Einnahmen mit 183 300 DM und in Ausgaben mit 1 518 600 DM. Es ergibt sich somit ein Zuschußbedarf von 1 335 300 DM. Gegenüber dem ersten Entwurf des Ministeriums bedeutet das eine Erhöhung des Zuschußbedarfs um 41 900 DM.
    Im einzelnen werden die Beträge verwendet für persönliche Verwaltungsausgaben mit 631 600 DM, für sächliche Verwaltungsausgaben mit 188 000 DM, für allgemeine Haushaltsausgaben mit 500 000 DM und für einmalige Ausgaben mit 149 000 DM. Das ergibt insgesamt eine Summe von 1 468 600 DM, und hinzu kommt noch ein Ausgabebetrag von 50 000 DM für die Bundesgerichte.
    Dieses Ergebnis, meine Damen und Herren, ist das Resultat eingehender und mehrfacher Beratungen. Der Haushaltsausschuß hat sich vor Eintritt in die Einzelberatungen über den von der Regierung vorgelegten Haushaltsvoranschlag intensiv mit dem Stellen- und Organisationsplan befaßt. Zunächst war in einer allgemeinen Aussprache über die Aufgaben und über den Aufbau des Ministeriums die insgesamt angeforderte Stellenzahl vom Ausschuß als zu hoch angesehen worden. Bei der Erörterung dieses Einwandes gegen die Höhe der Stellenzahl wurde vom Vertreter des Ministeriums darauf hingewiesen, daß man sich bei dem Aufbau des Ministeriums im wesentlichen an die Organisation des früheren Reichsjustizministeriums, wie es vor 1933 bestand, gehalten habe. Dieses habe man deshalb getan — so wurde dem Ausschuß erklärt —, weil auch die heutigen Aufgaben auf dem Gebiete der Justiz in etwa die gleichen geblieben seien, wenn sich auch der Umfang der Aufgaben wesentlich erhöht habe.
    Es ist dem Ausschuß weiter gesagt worden, daß es früher zur Zeit des Reichsjustizministeriums eine Arbeitsteilung gegeben habe, die darin bestanden hätte, daß es bei der Vorbereitung von Gesetzentwürfen zwischen dem damaligen preußischen Justizministerium und dem Reichsjustizministerium zu gemeinsamer Arbeit gekommen sei, und aus dem Grunde sei der Personalbestand des früheren Reichsjustizministeriums relativ gering gewesen. Der Ausschuß stellte in diesem Zusammenhang die Frage, ob nicht eine gleiche oder ähnliche Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern


    (Steinhörster)

    möglich sei, um eine Reduzierung dies Verwaltungsapparates zu ermöglichen.
    Eine weitere Frage des Ausschusses an das Ministerium war die, ob nicht durch die Abordnung von Hilfskräften aus den Ländern oder durch die Verlagerung von Aufgaben auf die Länder eine solche angestrebte und wünschenswerte Verkleinerung der Verwaltung möglich sei. Eine solche Lösung schien nach der Meinung des Vertreters des Ministeriums nicht durchführbar, und dieser Auffassung hat sich dann auch der Ausschuß im wesentlichen angeschlossen.
    Was nun die Relation innerhalb der Stellen des höheren Dienstes betrifft, so wurde insbesondere die Frage aufgeworfen, welche Begründung für das außerordentliche Überwiegen der Oberregierungsrats- und Ministerialratsstellen gegeben werden könne. Dem Ausschuß wurde eine Erklärung dahin gegeben, daß gerade im Justizministerium die Arbeit als eine Art Kunsthandwerk zu betrachten sei und daß dieses Handwerk heute leider nur wenige Kräfte ganz beherrschten; es fehle gerade hier an geeignetem Nachwuchs. Der Haushaltsausschuß ist im wesentlichen auch dieser Argumentation gefolgt, weil die Verhältnisse zur Zeit tatsächlich so zu liegen scheinen. Der Ausschuß glaubt jedoch, dem Ministerium ganz ernsthaft empfehlen zu müssen, sofort Anstrengungen zu unternehmen, um geeigneten Nachwuchs heranzubilden.
    Außerordentlich interessant war 'dem Ausschuß die Bemerkung, daß es dem Ministerium leichter gewesen wäre, Fachkräfte aus den Ländern nach Frankfurt zu ziehen; denn nach dort zu gehen, lag eine größere Bereitschaft vor, als es für Bonn der Fall war.

    (Hört! Hört!)

    Der Ausschuß hat mit aller Deutlichkeit zu erkennen gegeben, daß auch das Bundesjustizministerium die Zahl der Ministerialkräfte so gering wie möglich halten solle.
    Zum Organisations- und Stellenplan allgemein hat der Ausschuß den Wunsch nach einer strafferen Zusammenfassung geäußert, und das Ministerium ist auch im wesentlichen dieser Aufforderung insofern nachgekommen, als es von der ursprünglich vorgesehenen Anzahl von 23 Referaten abgewichen ist. Es darf in diesem Zusammenhang auf die Ihnen vorliegende Übersicht zu den Drucksachen Nr. 670 his 682, Seite 18, verwiesen werden, die das Ergebnis der Veränderungen im Stellenplan aufweist. Ich darf daher bitten, auf weitere Einzelausführungen in diesem Zusammenhang verzichten zu wollen.
    Eine besondere Erörterung bei den Beratungen im Haushaltsausschuß erfuhr das vom Bundesjustizministerium geforderte Dolmetscherbüro. Der Haushaltsausschuß vertrat die Ansicht, daß es sich auch bei dieser Stelle nur um eine Übergangseinrichtung handeln dürfe, da nicht nur die hier anfallenden Arbeiten, sondern überhaupt alle Übersetzungs- und Dolmetscherarbeiten bei dem beim Bundeskanzleramt eingerichteten Sprachendienst bei der Verbindungsstelle zur Hohen Kommission wahrzunehmen sein. Eine nochmalige Überprüfung aber hat dann ergeben, daß es sich beim Justizministerium tatsächlich um einen Sonderfall handelt, und der Ausschuß hat sich den Anforderungen deshalb nicht verschließen können, weil er davon überzeugt wurde, daß die Übersetzer gerade dieses Ministeriums doch sehr weitgehend mit den Ausdrucksformen der ausländischen Rechtssprache vertraut sein müssen.
    Der Ausschuß hat im Verlauf der Beratung als Vergleichsmaßstab zur Kenntnis nehmen können, daß der Personalhaushalt beim ehemaligen Zentraljustizamt in Hamburg etwa die gleiche Stärke aufwies wie jetzt der des Ministeriums. Vielleicht ist es auch für Sie interessant, zu erfahren, daß in Hamburg 152 Bedienstete, davon 78 Beamte, beschäftigt wurden, während wir im jetzigen Personaletat eine Anzahl von 67 Beamten und 73 Angestellten finden. Diese Zahl ist also tatsächlich geringer. Das Ministerium aber hat schon heute für 1950 Personalmehranforderungen mit der Begründung in Aussicht gestellt, daß etwa 50 Gesetzentwürfe anstehen, da alle Rechtsgebiete überarbeitet werden müßten. Der Ausschuß wird sich also zu gegebener Zeit erneut mit diesen Fragen zu befassen haben.
    Bei der Beratung der im Einzelplan enthaltenen Einnahmepositionen in Kap. 1 hat sich ergeben, daß unter Tit. 4 ein Betrag von 30 000 DM eingestellt werden kann. Diese Einnahmen haben sich aus dem Vertrieb des Bundesgesetzblattes ergeben.
    Bei den Ausgaben wies ich bereits auf die in der Ihnen vorliegenden Übersicht enthaltenen Änderungen bei Kap. 1 Tit. 1 hin. Das gleiche ergibt sich bei den Titeln 2 und 4. Weitere Veränderungen bzw. Erhöhungen finden Sie ebenfalls in der Ihnen vorliegenden Übersicht, deren Ergebnis schließlich einen Mehrbetrag von 41 900 DM aufweist. Den Grund dieser Erhöhungen gegenüber den Voranschlägen der Regierung finden Sie ebenfalls dort angegeben.
    Ich möchte noch einmal ganz besonders auf Tit. 32 von Kap. 1 hinweisen. Der Ausschuß hält die Einsetzung eines Betrages für Rechtschutzmaßnahmen für im Ausland festgehaltene Deutsche für besonders wichtig.
    Bei der unter Kap. 3 veranschlagten Verfügungssumme für den Aufbau der Bundesgerichte in Höhe von 50 000 DM, über die ich schon sprach, hat der Ausschuß die Erklärung des Vertreters des Ministeriums mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß beabsichtigt sei, die Bundesgerichte möglichst bereits zum 1. April 1950 zur Aufnahme ihrer Tätigkeit instand zu setzen.
    Zum Schluß, meine Damen und Herren, noch ein Hinweis auf den im Einzelplan unter Kap. E 11 Tit. 5 veranschlagten Betrag von 35 000 DM für die Einzahlung auf die Stammeinlage der Verlagsgesellschaft des Bundesanzeigers, einer GmbH. Hier hatte der Ausschuß die Genehmigung dieses Titels zurückgestellt, weil die Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Beteiligung an der Verlagsgesellschaft des Bundesanzeigers nicht klar genug dargestellt werden konnten und weil auch der diesem Rechtsverhältnis zugrunde liegende Vertrag den Mitgliedern des Ausschusses zum Zeitpunkt der Beratung nicht bekannt war. Bei der zweiten Beratung hat dann das Ministerium eingehende Darstellungen über diese Frage und auch den genannten Vertrag vorgelegt. Der Ausschuß konnte sich von den Verhältnissen ein klares Bild verschaffen, und er hat schließlich auch einer Beteiligung am Stammkapital der Verlagsgesellschaft zugestimmt.
    Das, meine Damen und Herren, ist es, was im wesentlichen zu dem Einzelplan VII zu berichten ist. Im Namen des Haushaltsausschusses darf ich Sie bitten, diesem Einzelplan Ihre Zustimmung zu geben.


Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen und eröffne die Aussprache.


(Präsident Köhler)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Greve.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Otto Heinrich Greve


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hat zu dem Etat des Bundesministeriums der Justiz keine Abänderungsanträge gestellt. Das bedeutet nicht, daß die sozialdemokratische Fraktion etwa mit der Politik des Herrn Bundesjustizministers besonders einverstanden wäre.

    (Ironischer Zuruf des Abg. Schröter: Habe ich angenommen!)

    Nicht aus diesem Grunde hat meine Fraktion darauf verzichtet, Abänderungsanträge zu stellen, sondern das geschah aus dem Grunde, weil wir der Auffassung sind, daß das Bundesministerium der Justiz sachlich gerechtfertigt ist, daß der uns vorgelegte Haushaltsplan sachlich in Ordnung ist und daß auch die in diesem Haushaltsplan enthaltenen Kostenansätze sachlich gerechtfertigt sind. Ich kann es mir deshalb ersparen, im einzelnen auf das einzugehen, was in der Drucksache Nr. 677 enthalten ist.
    Nur auf eines möchte ich hinweisen, was auch in den Ausführungen des Herrn Berichterstatters bei der Erörterung von Kap. 3 Tit. 31 zum Ausdruck gekommen ist. In diesem Titel ist für den Aufbau der Bundesgerichte die Summe von 50 000 DM zur Verfügung gestellt worden. Nach meiner Ansicht ist nicht damit zu rechnen, daß die Vorbereitungen in der Organisation der oberen Bundesgerichte so weit abgeschlossen sind, daß die Inangriffnahme der Arbeit durch die oberen Bundesgerichte bereits bis zum 1. April dieses Jahres erfolgen kann. Ich habe für meine Fraktion nur zu erklären: wir haben den Wunsch, daß man sich nicht nur im Bundesministerium der Justiz, sondern in der Regierung endlich darüber klar wird, wie und vor allem wo diese Bundesgerichte eingerichtet werden sollen. Es geht auf die Dauer nicht an, daß man vielleicht lediglich deswegen die Sache ungeklärt läßt, weil man nicht weiß, welche Stadt man mit dem Geschenk eines dieser oberen Bundesgerichte bedenken soll. Wir sind auch der Auffassung, daß die Bundesregierung endlich einmal dem Bundestag einen Plan vorlegen sollte, wohin sie nicht nur die oberen Gerichte, sondern überhaupt die oberen Instanzen der deutschen Bundesrepublik zu legen gedenkt.
    Das ist das einzige, was ich zu dem Inhalt des uns vorgelegten Haushaltsplans zu sagen habe. Sie brauchen aber noch nicht zur Abstimmung zu klingeln, Herr Präsident; denn ich habe noch weitere Ausführungen zu machen. Diese befassen sich nicht mit dem, was im Haushaltsplan steht, sondern mit der Politik des Herrn Bundesjustizministers bzw. der Bundesregierung.
    Zu dem Abänderungsantrag des Herrn Kollegen Dr. Leuchtgens möchte ich nichts weiter erwähnen. Ich glaube, daß dazu bereits bei der Behandlung des Haushaltsplans des Bundesministeriums des Innern das gesagt worden ist, was auch hier bei dem vorliegenden Haushaltsplan zu sagen wäre.
    Meine Damen und Herren, die Ausführungen, die ich zu dem Haushaltsplan ganz allgemein zu machen habe, sind die folgenden. Ich möchte für das Bundesministerium der Justiz das gleiche sagen, was mein Kollege Erler heute bereits für das Bundesministerium des Innern gesagt hat, als er den Ausspruch des früheren Reichsjustizministers Erich Koch-Weser zitierte, daß es sich bei dem Ministerium des Innern um eine Dame ohne Unterleib handle. Das gleiche trifft für das Bundesministerium der Justiz zu. Sie wissen, daß die im Jahre 1934 vollendete, aber in ihren Anfängen und auch in ihrer Vorbereitung weit in die Zeit der Weimarer Republik zurückreichende Justizeinheit, die wir damals in der Verwaltung bekommen haben, mit der Zerschlagung des Deutschen Reiches verloren gegangen ist, daß nach 1948 die Justizhoheit der Länder auf dem Gebiete der Verwaltung wiederhergestellt worden ist und darüber hinaus die Länder mangels einer höheren Einheit weithin auch auf dem Gebiete der Legislative tätig geworden sind, und zwar in einer Art und Weise, daß dabei die Rechtseinheit in Deutschland weithin verloren gegangen ist.
    Es ist bedauerlich, daß nach 1945 die Zersplitterung des deutschen Rechts ein derartiges Maß angenommen hat, daß manche Schwierigkeiten heute noch nicht überwunden werden können. Es ist dankenswert, daß der Parlamentarische Rat durch die Gründung der Bundesrepublik Deutschland wenigstens auf dem Gebiete der Legislative die Einheit des Rechts in Deutschland wiederherzustellen unternommen hat. Da gerade auf dem Gebiet der Administration die Hoheit bei den Ländern liegt, hat das Bundesjustizministerium nach meiner Auffassung eine um so wichtigere Aufgabe in der Behandlung der legislatorischen Angelegenheiten, um die Einheit des Rechts in der Bundesrepublik zu sichern.
    Meine verehrten Anwesenden, allein die Anwendung des Rechts und der Gesetze macht bei der heutigen Konstruktion unseres Rechtswesens schon deswegen besondere Schwierigkeiten, weil bei den Gerichten ein verschiedenartiger Aufbau vorhanden ist, selbst dann, wenn die Gesetzeseinheit vorhanden ist. Ich erinnere hier nur an die Schwurgerichte. Wir haben in Bayern andere Schwurgerichte, als wir sie in Nordrhein-Westfalen oder überhaupt in der britischen Zone und in anderen Ländern haben. Gerade weil das so ist, ist die Aufgabe, die das Bundesjustizministerium von der Seite der Legislative her zu erfüllen hat, im Hinblick auf die Sicherung der Rechtseinheit besonders bedeutsam.
    Das gleiche gilt selbstverständlich für die Richterausbildung und für die Richterauswahl. Meine Damen und Herren, wenn es dem Bundesjustizministerium nicht gelingt — und wir haben auf diesem Gebiet bisher nichts vernommen, was darauf schließen ließe, daß es ihm gelingt —, in Deutschland die Ausbildung des juristischen Nachwuchses, gleichviel in welchen Sparten die Juristen später einmal tätig sind, und die Auswahl der Richter in allen Ländern der Bundesrepublik nach einheitlichen Gesichtspunkten regeln zu lassen, dann ist allein schon durch die Differenziertheit auf diesem Gebiete die Rechtseinheit in Deutschland, auch wenn sie in der Legislative besteht, gefährdet und wahrscheinlich auf die Dauer 'nicht gegeben.
    Diese Sicherung der Rechtseinheit, die wir als eine der wichtigsten Aufgaben des Bundesjustizministeriums betrachten, vermissen wir bisher.
    Wir vermissen aber besonders, Herr Bundesjustizminister, daß Sie uns bisher noch nicht bekanntgegeben haben, welches eigentlich die Linie Ihrer Rechtspolitik ist. Wir bedauern das um so mehr, weil Sie ja auf dem Gebiet der hohen Politik durch die Ausflüge, die Sie in dieses Gebiet gemacht haben, besondere Fähigkeiten entwickelt haben. Wir sind der Auffassung, daß Sie besser in der Lage wären, uns auf dem Gebiet der Rechtspolitik konkrete und wichtige Vorschläge zu machen, damit


    (Dr. Greve)

    wir uns zumindest mit ihnen beschäftigen können, damit wir wissen, ob wir Ihrer Rechtspolitik zu folgen in der Lage sind oder ob das bei uns nicht der Fall sein würde. Wir bedauern das um so mehr, weil wir der Auffassung sind, daß die Ausstrahlungen der Rechtspolitik auf alle Gebiete unseres staatlichen Lebens so bedeutsam sind, daß eben mit der Bekanntgabe dieser Ihrer rechtspolitischen Grundsätze nun nicht mehr länger gewartet werden sollte.
    Wir haben auch in diesem Hause sehr viel davon gehört — und zwar bei allen möglichen Gelegenheiten —, daß man den Boden des Rechtsstaates nicht verlassen dürfe. Ich glaube, daß ich wohl die richtige Empfindung habe, wenn ich betone, daß sehr oft durch die vielen Ausführungen auf diesem Gebiete durchgeklungen ist, insbesondere wir Sozialdemokraten seien geneigt, den Boden des Rechtsstaatlichen zu verlassen. Ich sagte es in - diesen Tagen gelegentlich einer anderen Erörterung schon: auch wir sind ein gebranntes Kind, das das Feuer scheut. Wir sind nicht gewillt, irgendwie den Boden des Rechtsstaates zu verlassen, weil wir der Auffassung sind, daß dann das nicht aufzuhalten wäre, was wir in Deutschland schon einmal erlebt haben.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Aber, meine sehr verehrten Anwesenden, ist denn überhaupt von uns aus der Rechtsstaat in Gefahr? Wer will denn überhaupt diesem Rechtsstaat zu Leibe? — Ich darf für meine Freunde und mich erklären, daß wir in keiner Weise den Rechtsstaat als solchen irgendwie anzugreifen gewillt sind, daß wir auch nicht gewillt sind, es zuzulassen, den Rechtsstaat als solchen anzugreifen.
    Aber der Rechtsstaat ist für uns nichts Abstraktes. Der Rechtsstaat bedeutet für uns nicht nur den Schutz für die Unabhängigkeit und die lebenslängliche Versorgung von manchmal falsch ausgewählten Richtern. Der Rechtsstaat ist nach unserer Auffassung nur dann vorhanden, wenn das Volk als Ganzes Vertrauen zu dem Recht seines Staates hat und auch Vertrauen zur richtigen, und zwar subjektiv ungetrübten Anwendung desselben durch die Richter dieses Staates. Daß wir hier, Herr Bundesjustizminister, besondere Bedenken haben im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Richter, die ja zu einem großen Teil nicht Ihnen unterstehen, sondern den Länderjustizverwaltungen, das zu wiederholen ist im Hinblick auf die Bedeutsamkeit dieser Angelegenheit auch bei der Beratung des Justizetats die Pflicht meiner Fraktion.
    In dem Sinne, wie ich es Ihnen eben skizzierte, haben wir nach unserer Auffassung heute keinen Rechtsstaat, weil das Volk kein uneingeschränktes Vertrauen zu seinen Richtern hat und auch nicht haben kann; denn, meine Damen und Herren, der Staat ist kein Rechtsstaat, in dem die Handhabung des Rechtes schlechthin und des in den Gesetzen seinen Niederschlag findenden Rechtes durch Richter erfolgt, deren gesellschaftliche Zugehörigkeit auch heute noch verdammt einseitig ist, und zwar weithin, und die zu einem beträchtlichen Teil nach ihrer politischen Substanz nicht die geeigneten Garanten für die Anwendung des Rechtes in einem demokratischen Staate und die deswegen auch zu einem Teil nicht brauchbar sind, weil sie eben aus der Vergangenheit her auch noch — und das muß ich ganz offen sagen — politisch belastet sind, und zwar oft in einer Art und Weise, daß wir fürchten, den Rechtsstaat so lange nicht zu bekommen, als das Volk zu diesen Richtern kein Vertrauen haben kann.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    In der gesamten Justiz, nicht nur bei den Richtern, auch bei den übrigen Justizbeamten, bei Anwälten, bei Notaren sind sicher noch weithin Relikte aus der Zeit der standesgemäßen Eingruppierung der Richter vorhanden. Das weiß jeder, der wie ich selbst Jurist ist, am allerbesten; und wer von den Juristen, die hier sonst noch im Hause vorhanden sind, das nicht zugeben, sondern bezweifeln wollte, der kommt mit seinem Gewissen, mit seinem Innern, wenn er es ehrlich meint, bestimmt in Konflikt.
    Es ist tatsächlich so, daß unsere Richter weithin die sozialen Spannungen, die nun einmal in den letzten Jahrzehnten aufgetreten und auch heute noch vorhanden sind, weder zu erkennen noch zu meistern vermögen, und zwar insbesondere dann nicht, wenn sie Recht und Gesetz anwenden müssen, das noch aus einer — sagen wir mal — überwundenen Zeit her stammt, und ihnen gar keine Möglichkeit gegeben ist, dieses Recht und diese Gesetze nicht anzuwenden. Die Richter haben eben oft dieses Spezifikum nicht, das sie benötigen, wenn die sozialen Spannungen auch zum Kriterium dessen gemacht werden müssen oder sollen, was Inhalt ihrer Urteilsfindung und ihrer Urteile selbst sein sollte.
    Und nun frage ich Sie, Herr Bundesjustizminister: was ist auf diesem Gebiet, das ja bestimmt ein rechtspolitisches zu nennen ist, bisher von Ihnen getan, um hier gewisse Änderungen vorzubereiten oder gar schon zu treffen, damit das erreicht werden kann, was sicher auch Ihr Wunsch ist, nämlich daß dieses Vertrauensverhältnis zwischen dem Volk und seinen Richtern hergestellt wird, ohne das es nach unserer Auffassung keinen Rechtsstaat geben kann. Wir haben bis heute noch keine Gesetzesvorlage aus dem Bundesjustizministerium erhalten, in der wir etwa einen besonders fortschrittlichen oder überhaupt nur einen fortschrittlichen rechtspolitischen Geist verspürt hätten, selbst wenn wir uns die für einen Juristen und auch für alle anderen immerhin nüchternen Vorlagen der Novellen zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Zivilprozeßordnung, der Strafprozeßordnung betrachten. Ja, meine Damen und Herren, da ist nichts Neues drin, obwohl selbst in diesen Novellen manches Neue hätte enthalten sein können. Hier ist lediglich alt auf neu gemacht worden, und uns erscheint, daß eine fortschrittliche Rechtspolitik, deren Sinn und deren Wesen unserer Zeit entspricht, auch gar nicht möglich ist, wenn man eben nichts anderes tut, nichts anderes tun kann oder tun will, als veraltete, erkaltete Methoden wieder aufzuwärmen.
    Herr Bundesjustizminister, wir richten an Sie in diesem Zusammenhang den 'dringenden Appell, mit neuen Gedanken rechtspolitischer Art an Ihre Arbeit zu gehen, an Ihre Arbeit im Großen und auch an Ihre Arbeit im Kleinen. Ich sage Ihnen ganz offen im Auftrage meiner Freunde und auch in meinem eigenen Namen, daß Sie Schiffbruch erleiden werden - und mit Ihnen leider das deutsche Recht in seiner Gesamtheit, die deutsche Justiz und der Gedanke des richtig verstandenen Rechtsstaates —, wenn Sie nicht bald an eine völlige Reorganisation im Sinne einer materiellen und personellen Erneuerung unseres Justizwesens herangehen.
    Ich darf Sie nur in diesem Zusammenhang an das Problem der richtigen Richterauswahl erinnern, einer Richterauswahl, die uns vielleicht einen ganz anderen Richterstand bringt, als wir ihn bisher


    (Dr. Greve gehabt haben, mit dem wir vielleicht dann auch die Probleme leichter zu lösen vermögen, die zu lösen uns bisher nicht gelungen ist. Befassen Sie sich bitte einmal mit dem Gedanken des Systems, die Richter nur aus der Reihe bewährter Anwälte zu nehmen, befassen Sie sich mit dem Problem der Verkleinerung aber Verbesserung unseres Richterstandes. Herr Abgeordneter, erlauben Sie, daß ich Sie unterbreche. Wir waren uns einschließlich Ihrer politischen Freunde heute früh im Ältestenrat darüber klar, daß wir uns in der heutigen Debate lediglich auf Einzelbesprechungen beschränken und daß wir eine Generalaussprache vor Beginn der dritten Beratung stattfinden lassen wollten. Ich erlaube mir lediglich diesen Hinweis. Ich danke für den Hinweis, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin im wesentlichen mit dem Appell, den ich an den Bundesjustizminister richten wollte, am Ende meiner Ausführungen. Es lag mir insbesondere daran, von unserer Seite aus dem Herrn Bundesjustizminister und damit auch der gesamten Bundesregierung nahezulegen, daß es auf die Herstellung eines Vertrauensverhältnisses von Volk zu Justiz und umgekehrt ankommt, daß wir ohne die Herstellung dieses Vertrauensverhältnisses niemals zu einem Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und uns auf der allgemeinen politischen Ebene kommen werden, Herr Bundesjustizminister, das im Interesse der Bundesrepublik wünschenswert wäre, denn gerade die Differenzen, die zwischen Ihnen und meiner Fraktion aufgetreten sind, beruhen im wesentlichen darauf, daß Sie hier sehr oft antiquierte Vorstellungen zum Besten gegeben haben, die niemals den Beifall meiner politischen Freunde finden konnten. Wir brauchen, um eine neue Form unserer Justiz und Juristen zu bekommen, die der Gegenwart und ihrem insbesondere ungelösten sozialen Problem aufgeschlossen gegenüberstehen, einen anderen Richterstand, wir brauchen andere Juristen. Wenn Sie diesen Weg gehen wollen, Herr Bundesjustizminister, sind wir bereit, Ihnen zu folgen und auch die Steine aus dem Wege zu räumen, die uns aufhalten könnten. Aber, Herr Bundes. justizminister, lassen Sie sich bitte eines von uns sagen: beginnen Sie endlich die ersten Schritte auf dem Wege zu tun, ohne daß wir es nötig haben, uns Ihnen entgegenzustellen, weil Sie eine rechtspolitische Konzeption haben, die nicht die unsrige ist. Sie werden sehen, daß wir willens sind, in jedem Falle den Weg mit Ihnen zu gehen, den ich Ihnen aufzuzeigen versucht habe — wenn es Ihnen wirklich um die Rettung des Rechtes und des Rechtsstaates in Deutschland zu tun ist. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Leuchtgens. Meine Damen und Heren! Ich beschränke mich darauf, einen Antrag zu verlesen, ohne ihn weiter im einzelnen zu begründen. Das brauche ich umso weniger, als er im wesentlichen mit unseren früheren Anträgen übereinstimmt. Zu Kap. 1 Tit. 1 beantragen wir, das Amtsgehalt des Bundesministers auf jährlich 24 000,— DM zu begrenzen. Zu Tit. 1 beantragen wir weiter, die Zahl der vorgesehenen Stellen von 67 auf 55 herabzusetzen. Zu Tit. 4 desselben Kapitels beantragen wir, statt 73 Stellen 60 Stellen einzusetzen. Zu Tit. 7 a desselben Kapitels beantragen wir, statt 12 000,—DM 6 000,— DM zu setzen. Wir beantragen zu Tit. 11, statt 20 000,— DM 15 000,— DM einzusetzen. Zu Tit. 12 beantragen wir, anstatt 5 000,— DM 2 000,— DM zu sagen. In Tit. 13 beantragen wir Streichung der dort ausgeworfenen Summen aus Gründen, die ich bei früherer Gelegenheit angeführt habe. In Tit. 15 beantragen wir, statt 4 000,— DM 2 000,— DM, in Tit. 16 statt 22 000,— DM 12 000,— DM zu setzen, in Tit. 18 statt 14 000,— DM 7 000,— DM. Die Zahl der Kraftwagen, ist von 6 auf 3 herabzusetzen. In Tit. 20 beantragen wir, die Kosten für Sachverständige zu streichen, in Tit. 23 b)