Rede von: Unbekanntinfo_outline
— daß der Herr Verkehrsminister etwas darauf schaute, daß er Verträge machte mit den Bahnhofsbuchhandlungen, die ihnen die Möglichkeit geben, anständige und billige Unterhaltungsliteratur zu liefern. Sehen Sie, wenn Sie in England mit der Eisenbahn fahren, so fin-
den sie in jeder Bahnhofsbuchhandlung die billigen sogenannten Pinguin-Bände; in Deutschland finden Sie weder Insel-Bände noch Pieper-Bände noch Reclam-Bände, sondern Sie finden nur ein paar ganz teure Romane oder besagten Schund. Da könnte man eingreifen.
Aber das braucht man nicht durch Gesetz zu tun, sondern das kann man auf einem anderen Wege tun; das ist möglich und ist nützlich.
Ich will gerade gegenüber dem Herrn Kollegen Ehren noch einen Kronzeugen erwähnen, der Ihnen vielleicht ein Kronzeuge ist: das ist nämlich der Kultusminister Dr. Stein von der CDU in Hessen. Der Kultusminister Dr. Stein hat kürzlich eine Rede gehalten, in der er auf das schärfste jede Schmutz- und Schundgesetzgebung ablehnt. Er hat in dieser Rede gesagt, daß nachweislich, seitdem in einem anderen Lande nach dieser Literatur gefahndet wird, der Vertrieb dieser Literatur auch im angrenzenden Hessen zugenommen hat. Die Folge einer solchen Gesetzgebung wäre also keine andere, als daß diese Literatur im Wert, in der Anschaffungsmöglichkeit, im Begehren steigt und daß Sie genau das Gegenteil von dem erreichen, was Sie erreichen wollen.
Nun ist die Sache so: Wenn man ein Gesetz beschlossen hat und es nicht wirklich durchführen kann, so kompromittiert man nicht nur Gesetz und Gesetzgeber, sondern im Grunde genommen kompromittiert man den ganzen Staat, und dieser Gesichtspunkt scheint mir doch heute sehr wichtig zu sein. Nach der ungeheuren Erschütterung des Rechtsempfindens hat es gar keinen Sinn, daß man noch Gesetze macht, die doch nicht durchgeführt werden und das Rechtsempfinden erschüttern.
Ich will noch zu einem ganz anderen Punkt etwas sagen. Es ist hier vom Paßwesen die Rede gewesen. Ich möchte auch dazu einige Bemerkungen machen. Ich glaube, es wäre im Interesse der Besatzungsmächte selbst, wenn sie das Paßwesen möglichst bald in deutsche Hände gäben; denn das Paßwesen ist so, wie es jetzt gehandhabt wird, derartig, daß die deutsche Bevölkerung — ich kann das durchaus offen aus vielfacher Erfahrung sagen — es als eine ganz üble Schikane empfindet. Man muß selbst bei dringenden Angelegenheiten wochenlang warten, bis man überhaupt noch einen Paß bekommt. Diese Behörde ist nämlich — wenigstens in der amerikanischen Zone nicht dem Landeskommissar unterstellt, sondern sie ist eine selbständige Behörde, und ihre Selbständigkeit besteht darin, daß sie alles einfach willkürlich hinauszieht. Das schafft nur eine völlig unsinnige Animosität, und es schafft sie sogar mit Recht. Infolgedessen wäre es im Interesse der Besatzung selbst besser, wenn das unterbliebe.
Nun noch zu der Abteilung III! Es ist hier ein merkwürdiges Wort gefallen, nämlich die Abteilung III sei zu teuer. Wenn man die Abteilung III auch in- den Dingen richtig arbeiten läßt, in denen nicht eine unmittelbare Zuständigkeit des Bundes vorhanden ist, wenn man ihr die Möglichkeit gibt, in Verbindung mit dem Kulturpolitischen Ausschuß des Bundesrats sowie in Verbindung mit dem Kulturpolitischen Ausschuß des Bundestags dahin zu arbeiten, daß gewisse äußere Dinge koordiniert werden — und das wäre ja schon eine sehr wichtige Aufgabe —, dann würde der deutschen Bevölkerung sehr viel Geld erspart werden.
Es wurde hier von der Freizügigkeit geredet, die nicht mehr besteht. Ich möchte wohl wissen, wieviele Beamtenkinder oder sonstige Kinder, deren Eltern den Aufenthalt wechseln müssen, ein halbes Jahr oder ein Jahr oder noch mehr verlieren, weil sie nicht unmittelbar in die geeignete Schule gehen können. In der einen wird Französisch gelehrt, in der anderen fängt man -mit Englisch an. Ich brauche Ihnen das alles ja nicht darzulegen. Wenn man diese Abteilung ein wenig taktvoll arbeiten läßt — und ich zweifle nicht daran, daß sie taktvoll arbeiten wird —, dann wird sich das viel mehr rentieren, als wenn man in einer, ich möchte doch sagen, sehr kleinlichen Weise spart.