Meine Damen und Herren! Es ist beantragt worden, den im Tit. 31 ausgeworfenen Betrag um die Hälfte zu kürzen. Man scheint sich darüber gar nicht klar zu sein, was dieser Titel überhaupt bedeutet oder bedeuten wird. Ich möchte ein wenig überspitzt sagen: im nächsten Etat werden wir eine Null anhängen müssen, denn unter diesem Titel gehen Dinge wie die Max-Planck-Gesellschaft und ähnliche Institute. Unsere Wissenschaft und mit unserer Wissenschaft auch unsere Ausfuhr hängen davon ab, daß diese Institute so gut wie nur irgend möglich ausgestattet sind
und daß diese Institute so gut wie möglich arbeiten können. Ich erinnere mich dabei noch einer komischen Geschichte, die einmal in Elsaß-Lothringen passiert ist, wo der Rechnungshof anfragte, warum für ein chemisches Institut eine Schale in Silber angeschafft worden sei, worauf dann der Rechnungshof die Antwort bekam: weil sie in Gold zu teuer war. Es sollte für derartige Aufgaben nichts zu teuer sein. Wir brauchen das unumgänglich, sonst kommen wir noch mehr zurück, als wir zurückgekommen sind. Denken Sie daran, daß jedes neue Patent, das wir bekommen werden, uns Devisen bringen wird.
Es gibt übrigens jetzt schon eine ganze Menge von Anstalten, die sich an uns gewendet haben, die nun wirklich von gesamtdeutschem Interesse sind. Denken Sie etwa an das Goethehaus. Wir haben das Goethejahr hinter uns. Ich will keine Kritik an diesem Goethejahr üben, aber immerhin sollten wir die Verpflichtung haben, daß wir das Goethehaus mit seinen wertvollen Beständen wieder in Ordnung bringen.
Ich will nun noch ein Zweites besprechen, denn das scheint mir doch im Augenblick notwendig zu sein. Ich komme zu dem Herrn Kollegen Ehren. Herr Kollege Ehren, glauben Sie, daß es richtig ist, eine Autorität zu schaffen als Scheinautorität, die nicht wirkt? Jede Schmutz- und Schundgesetzgebung hat nur den einzigen Effekt, daß sie die Leute, die bisher vielleicht gleichgültig gewesen sind, reizt, verbotene Schriften in die Hand 'zu nehmen. — Ich habe jetzt einen wundervollen Fall gehabt. Ich habe mich an die Oberstaatsanwaltschaft in Mannheim, die eine Schrift wegen Schmutzes verurteilt hat, gewandt und habe sie gebeten, mir diese Schrift zu schicken. Diese Schrift ist eingezogen, und es war das letzte Exemplar, wie man mir schrieb. Vierzehn Tage später kam ich nach Mainz und fand diese Schrift in allen möglichen Kiosken. Da sehen Sie schon die äußere Unmöglichkeit, einzugreifen.
Nun noch etwas Weiteres. Was ist nun eigentlich Schund? Kein Mensch hat je irgendwie definieren können, was Schund ist. Wenn man als Schund etwa bezeichnen würde das, was im Menschen eine lächerliche Illusion entwickelt, dann wäre der ganze Nationalsozialismus Schund gewesen. Ich stimme dem gern zu. Aber es wäre ja auch vieles andere Schund — zum Beispiel die meisten Kinovorstellungen, in denen den Menschen ein Leben vorgetäuscht wird, das doch völlig unwirklich ist.
Und nun zum Schmutz. Schmutz bezieht sich auf das Verhältnis der Geschlechter; so ist es definiert im Strafgesetzbuch.
Können Sie aber damit denn wirklich etwas anfangen? Wer kauft denn schon derartige Schriften? Doch nur die, die schon irgendwie dazu angeregt sind; andere berührt es nicht. Im Gegenteil, je mehr man diese Dinge frei läßt, desto besser. Sonst kommen so schöne Dinge vor wie diese, daß Tizians „Himmlische und irdische Liebe" beschlagnahmt wird — Tatsache! — oder daß die „Römischen Elegien" von Goethe verboten werden, die doch immerhin vielleicht die schönsten deutschen Liebesgedichte sind, und ähnliches mehr. Glauben Sie, daß es irgendjemand schadet, wenn er diese Gedichte liest? Ich glaube es nicht.
Dann hat man eine große Untersuchung darüber angestellt, ob nun der nackte weibliche Körper eine ganz große Gefahr für den Menschen sei. Meine Damen und Herren, ich habe in diesem Büchlein, das in Mannheim beschlagnahmt wurde, Fotografien gesehen; es sind Aktfotografien. Nun macht man die diffizile Unterscheidung, Aktfotografien seien unsittlich, der durch den Künstler gestaltete Akt sei nicht unsittlich. Ich habe diese Fotografien gesehen; ich kann beim besten Willen nicht finden, daß sie unsittlich oder auch nur sexuell anreizend sind.
Aber was ist sexuell anreizend? Man muß von diesen Dingen einmal sprechen. Wenn Sie heute in eine Bahnhofsbuchhandlung gehen — ich bin in Frankfurt, in Mainz, in Darmstadt in Buchhandlungen gewesen —, dann finden Sie Dutzende von diesen sogenannten illustrierten Wochenschriften, die nichts weiter sind als nun wirklich ganz übles Zeug, und deren Reißerei besteht nicht darin, daß sie auf dem Titelblatt eine nackte weibliche Figur zeigen, sondern eine zu 20% angezogene weibliche Figur, und wenn irgend etwas wünschenswert wäre, so wäre es vielleicht das, daß der Herr Verkehrsminister — ----