Rede von
Gustav
Gundelach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich habe bereits bei der zweiten Beratung des vorliegenden Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse für die Beamten darauf hingewiesen, daß die Gewerkschaften bei der Vorbereitung der Gesetzesvorlage völlig ausgeschaltet worden sind. Mit vollem Recht hat die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr in einem Schreiben an alle Abgeordneten dieses Hauses ihre Meinung wie folgt zum Ausdruck gebracht:
Eine Ausschaltung der gewerkschaftlichen und
betriebsrätlichen Einflußmöglichkeit auf dem
Gebiet der Regelung der Rechtsverhältnisse der
öffentlichen Bediensteten steht im Gegensatz
zu den Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers Dr: Adenauer anläßlich seines Regierungsantritts.
Weiter heißt es:
Sollte der Bundestag durch die Annahme dieses Gesetzes die Mitwirkung und die Rechte der Gewerkschaften und der Betriebsräte verweigern, so würde dies einen weiteren Rückschritt bedeuten.
Das sagt die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zu der Art und Weise der Vorbereitung der hier zur Beratung stehenden Gesetzesvorlage.
Der Beamtenausschuß des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat sich am 6. Februar zur Regierungsvorlage wie folgt geäußert:
Mit großer Entrüstung
— das steht also in einer Entschließung dieses Ausschusses —
stellt der Beamtenausschuß des Deutschen Gewerkschaftsbundes fest, daß seine wohlbegründeten und für die Beamtenschaft unbedingt notwendigen Forderungen in der Vorlage keineswegs berücksichtigt worden sind.
Es wird weiter darauf hingewiesen, daß zum Beispiel die Mitwirkung der Personalvertretungen der Gewerkschaft trotz eindeutiger Rechtsgrundlage nicht in die Gesetzesvorlage aufgenommen worden ist.
Meine Damen und Herren, es besteht kein Zweifel, daß die Regierungsparteien dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in der dritten Lesung ihre Zustimmung geben werden. Namens meiner Fraktion stelle ich erneut und mit allem Nachdruck fest, daß, von ganz geringen Änderungen abgesehen, das Beamtengesetz aus dem Jahre 1937 bis auf weiteres die Grundlage für die Rechte der Beamten ist. Damit beweist die Regierung, daß sie den alten Typ des Berufsbeamten beibehalten will. Sie will den Berufsbeamten als Befehlsempfänger, den Beamten ohne eigene politische Meinung. Deshalb vorenthält sie auch den Beamten die staatsbürgerlichen Rechte auf freie politische Betätigung, Rechte, die nach dem Grundgesetz allen anderen Personen in Westdeutschland zustehen. Mit vollem Recht — das ist unsere Auffassung — wehren sich die Beamten und ihre Gewerkschaften gegen jede Entrechtung und fordern auch für sich die absolute und völlige Gleichberechtigung, wie sie alle Staatsbürger genießen.
Aber die Adenauer-Regierung kümmert sich weder um die Proteste noch um die gerechten Forderungen der Beamten und ihrer Berufsvertretung, der Gewerkschaften. Das erleben wir nicht nur bei der Regelung der Beamtenrechte auf der Grundlage des vorliegenden Gesetzentwurfs, das kommt ebenso deutlich auch zum Ausdruck bei der Behandlung der Forderung der Beamten auf Aufhebung der
Verordnung über die sechsprozentige Gehaltskürzung, zu der wir ja bereits in früheren Sitzungen vom Standpunkt der Beamten aus Stellung zu nehmen Gelegenheit hatten. Finanzminister Schäffer war es, der die Abgeordneten der Regierungsparteien, die im Beamtenrechtsausschuß für die Aufhebung der Gehaltskürzungsverordnung gestimmt hatten, veranlaßte, umzufallen und im Plenum für die Zurückverweisung des Berichtes, der sich für die Aufhebung aussprach, an den Haushaltsausschuß zu stimmen. Dieser Bericht des Bamtenrechtsausschusses liegt nun schon seit Wochen im Haushaltsausschuß trotz der zahlreichen Proteste, die seitens der Beamten und ihrer Gewerkschaft erhoben worden.
Und es wird sicher so kommen — darüber sind wir
uns klar —, daß dieser Bericht so lange im Haushaltsausschuß begraben sein wird, bis der Herr Finanzminister seine angekündigte Gehaltskürzung
für die Beamten unter dem von ihm geprägten
Stichwort „Notgemeinschaft" durchgesetzt hat.
Die Gewerkschaftszeitung „Öffentlicher Dienst",
das Organ für Beamte und Angestellte, schreibt am
15. Februar dieses Jahres unter der Überschrift
„Sind Willkür und Reaktion Wegbereiter für das
neue Beamtengesetz?" unter anderem folgendes: Die Bediensteten der Bundesverwaltung leiden noch immer unter dem Unrecht der sechsprozentigen Gehaltskürzung von 1930. Die Beseitigung dieses Unrechts bedeutet keineswegs eine Gehaltserhöhung, weil die seit 1927 geltenden Besoldungsbezüge den gestiegenen Lebenshaltungskosten immer noch nicht angeglichen sind. Die Verkoppelung der Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung mit einer Sonderbesteuerung der öffentlichen Bediensteten lehnt der Beamtenausschuß des Deutschen Gewerkschaftsbundes aus besoldungs- und verfassungsrechtlichen Gründen entschieden ab. Er fordert erneut die sofortige Beseitigung der Brüningschen Notverordnung und die Zurückziehung der beabsichtigten Sonderbesteuerung für den öffentlichen Dienst.
Soweit die Stellungnahme des Beamtenausschusses des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Neuregelung der Beamtenrechte und zu dem beabsichtigten Angriff des Herrn Finanzministers auf die Lebenshaltung insbesondere der großen Zahl der unteren und mittleren Beamten. Mit diesen ihren Plänen beweist die Adenauer-Regierung ebenso wie mit dem vorliegenden „Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen", daß sie nicht gewillt ist, eine fortschrittliche Politik gegenüber den Beamten zu entwickeln.
Ich erkläre im Namen meiner Fraktion, daß wir Kommunisten nicht bereit sind, die Mitverantwortung für ein Beamtenrecht zu tragen, das sich im wesentlichen auf das Beamtengesetz von 1937, also ein Gesetz aus der Hitlerzeit, stützt. Wir Kommunisten lehnen aus den von mir dargelegten Gründen das vorliegende Gesetz in seiner heutigen Fassung ab.