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ID0104401600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. März 1950 1471 44. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. März 1950 Geschäftliche Mitteilungen 1472A, 1477B, 1500C Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Gefallenenliste ehemaliger deutscher Wehrmachtsangehöriger (Drucksache Nr. 480) . . . . 1472B Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 1472B, 1475D Renner (KPD), Antragsteller . . . 1473A Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen (Drucksachen Nr. 569, 497 und 175); Anträge Drucksachen Nr. 594, 596, 600, 617) . . . . 1476B Gundelach (KPD) . . . . 1476C, 1490C Dr. Menzel (SPD) 1477C, 1486B, 1488A, 1491B Dr. Wuermeling (CDU) . . . . . 1482A Dr. Falkner (BP) . . . . 1483A, 1493D Dr. Bucerius (CDU) 1483D Frau Albrecht (SPD) 1484B, 1487B, 1488B Dr. Kleindinst (CSU) 1484D, 1487B, 1493C Frau Wessel (Z) 1485B, 1489C, 1493B Dr. Miessner (DRP) 1486A Farke (DP) . . . . . . . . 1489D Huth (CDU) . . . . . . . . 1490A Euler (FDP) 1490C, 1491B Dr. Schmid (SPD) 1490D Frau Dr. Ilk (FDP) . . . . . . 1491C Frau Dr. Weber (CDU) . . . . 1492A Arnholz (SPD) 1493D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erstreckung und zur Verlängerung der Geltungsdauer des Wirtschaftsstrafgesetzes (Drucksache Nr. 554) . . . . 1494D Dr. Oellers (FDP) 1494D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen (Drucksachen Nr. 579 und 458) . . 1495A Dr. Kopf (CDU), Berichterstatter . 1495 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung von Vorschriften auf dem Gebiet des Handelsrechts, des Genossenschaftsrechts und des Wechsel- und Scheckrechts (Drucksachen Nr. 587 und 447) . . . . . . . 1496A Neumayer (FDP), Berichterstatter . 1496A Dr. Laforet (CSU) 1496D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Drucksachen Nr. 58U und 445) . 1497A Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . 1497B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Mündlichen Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Ausschusses zur Überwachung der Grundsätze bei der Auftragsvergebung für Bauten und Einrichtungen des Bundes im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt (Drucksachen Nr. 578, 443, 199 (geändert)) 1497D Kiesinger (CDU), Berichterstatter 1498A Dr. Arndt (SPD) (zur Geschäftsordnung) 1498B Unterbrechung der Sitzung . 1498C Dr. Ehlers (CDU) (zur Geschäftsordnung) 1498D Dr. Arndt (SPD) 1499A, 1501A Dr. Laforet (CSU) 1500C Dr. Reismann (Z) 1501B Kiesinger (CDU) 1501C Interpellation der Fraktion der SPD betr. Grundsätze bei der künftigen Vergebung von Aufträgen für die Einrichtung der vorläufigen Bundeshauptstadt Bonn (Drucksache Nr. 524) . . . . . . . 1502A Erler (SPD), Interpellant . . . . 1502A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . 1502D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung der im Raume Bonn vergebenen Aufträge (Drucksache Nr. 523) 1503C Erler (SPD), Antragsteller . . . . 1503D Graf von Spreti (CSU) . . . . . 1504C Dr. Laforet (CSU) 1505A Nächste Sitzung 1505C Die Sitzung wird um 13 Uhr 49 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Gustav Gundelach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Ich habe bereits bei der zweiten Beratung des vorliegenden Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse für die Beamten darauf hingewiesen, daß die Gewerkschaften bei der Vorbereitung der Gesetzesvorlage völlig ausgeschaltet worden sind. Mit vollem Recht hat die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr in einem Schreiben an alle Abgeordneten dieses Hauses ihre Meinung wie folgt zum Ausdruck gebracht:
    Eine Ausschaltung der gewerkschaftlichen und
    betriebsrätlichen Einflußmöglichkeit auf dem
    Gebiet der Regelung der Rechtsverhältnisse der
    öffentlichen Bediensteten steht im Gegensatz
    zu den Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers Dr: Adenauer anläßlich seines Regierungsantritts.
    Weiter heißt es:
    Sollte der Bundestag durch die Annahme dieses Gesetzes die Mitwirkung und die Rechte der Gewerkschaften und der Betriebsräte verweigern, so würde dies einen weiteren Rückschritt bedeuten.
    Das sagt die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zu der Art und Weise der Vorbereitung der hier zur Beratung stehenden Gesetzesvorlage.
    Der Beamtenausschuß des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat sich am 6. Februar zur Regierungsvorlage wie folgt geäußert:
    Mit großer Entrüstung
    — das steht also in einer Entschließung dieses Ausschusses —
    stellt der Beamtenausschuß des Deutschen Gewerkschaftsbundes fest, daß seine wohlbegründeten und für die Beamtenschaft unbedingt notwendigen Forderungen in der Vorlage keineswegs berücksichtigt worden sind.
    Es wird weiter darauf hingewiesen, daß zum Beispiel die Mitwirkung der Personalvertretungen der Gewerkschaft trotz eindeutiger Rechtsgrundlage nicht in die Gesetzesvorlage aufgenommen worden ist.
    Meine Damen und Herren, es besteht kein Zweifel, daß die Regierungsparteien dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in der dritten Lesung ihre Zustimmung geben werden. Namens meiner Fraktion stelle ich erneut und mit allem Nachdruck fest, daß, von ganz geringen Änderungen abgesehen, das Beamtengesetz aus dem Jahre 1937 bis auf weiteres die Grundlage für die Rechte der Beamten ist. Damit beweist die Regierung, daß sie den alten Typ des Berufsbeamten beibehalten will. Sie will den Berufsbeamten als Befehlsempfänger, den Beamten ohne eigene politische Meinung. Deshalb vorenthält sie auch den Beamten die staatsbürgerlichen Rechte auf freie politische Betätigung, Rechte, die nach dem Grundgesetz allen anderen Personen in Westdeutschland zustehen. Mit vollem Recht — das ist unsere Auffassung — wehren sich die Beamten und ihre Gewerkschaften gegen jede Entrechtung und fordern auch für sich die absolute und völlige Gleichberechtigung, wie sie alle Staatsbürger genießen.
    Aber die Adenauer-Regierung kümmert sich weder um die Proteste noch um die gerechten Forderungen der Beamten und ihrer Berufsvertretung, der Gewerkschaften. Das erleben wir nicht nur bei der Regelung der Beamtenrechte auf der Grundlage des vorliegenden Gesetzentwurfs, das kommt ebenso deutlich auch zum Ausdruck bei der Behandlung der Forderung der Beamten auf Aufhebung der


    (Gundelach)

    Verordnung über die sechsprozentige Gehaltskürzung, zu der wir ja bereits in früheren Sitzungen vom Standpunkt der Beamten aus Stellung zu nehmen Gelegenheit hatten. Finanzminister Schäffer war es, der die Abgeordneten der Regierungsparteien, die im Beamtenrechtsausschuß für die Aufhebung der Gehaltskürzungsverordnung gestimmt hatten, veranlaßte, umzufallen und im Plenum für die Zurückverweisung des Berichtes, der sich für die Aufhebung aussprach, an den Haushaltsausschuß zu stimmen. Dieser Bericht des Bamtenrechtsausschusses liegt nun schon seit Wochen im Haushaltsausschuß trotz der zahlreichen Proteste, die seitens der Beamten und ihrer Gewerkschaft erhoben worden.

    (Abg. Schoettle: Hat sich schon erledigt, Herr Kollege!)

    Und es wird sicher so kommen — darüber sind wir
    uns klar —, daß dieser Bericht so lange im Haushaltsausschuß begraben sein wird, bis der Herr Finanzminister seine angekündigte Gehaltskürzung
    für die Beamten unter dem von ihm geprägten
    Stichwort „Notgemeinschaft" durchgesetzt hat.

    (Abg. Schoettle: Sie sind im Irrtum, Herr Kollege! Das ist gestern erledigt worden!)

    Die Gewerkschaftszeitung „Öffentlicher Dienst",
    das Organ für Beamte und Angestellte, schreibt am
    15. Februar dieses Jahres unter der Überschrift
    „Sind Willkür und Reaktion Wegbereiter für das
    neue Beamtengesetz?" unter anderem folgendes: Die Bediensteten der Bundesverwaltung leiden noch immer unter dem Unrecht der sechsprozentigen Gehaltskürzung von 1930. Die Beseitigung dieses Unrechts bedeutet keineswegs eine Gehaltserhöhung, weil die seit 1927 geltenden Besoldungsbezüge den gestiegenen Lebenshaltungskosten immer noch nicht angeglichen sind. Die Verkoppelung der Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung mit einer Sonderbesteuerung der öffentlichen Bediensteten lehnt der Beamtenausschuß des Deutschen Gewerkschaftsbundes aus besoldungs- und verfassungsrechtlichen Gründen entschieden ab. Er fordert erneut die sofortige Beseitigung der Brüningschen Notverordnung und die Zurückziehung der beabsichtigten Sonderbesteuerung für den öffentlichen Dienst.
    Soweit die Stellungnahme des Beamtenausschusses des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Neuregelung der Beamtenrechte und zu dem beabsichtigten Angriff des Herrn Finanzministers auf die Lebenshaltung insbesondere der großen Zahl der unteren und mittleren Beamten. Mit diesen ihren Plänen beweist die Adenauer-Regierung ebenso wie mit dem vorliegenden „Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen", daß sie nicht gewillt ist, eine fortschrittliche Politik gegenüber den Beamten zu entwickeln.
    Ich erkläre im Namen meiner Fraktion, daß wir Kommunisten nicht bereit sind, die Mitverantwortung für ein Beamtenrecht zu tragen, das sich im wesentlichen auf das Beamtengesetz von 1937, also ein Gesetz aus der Hitlerzeit, stützt. Wir Kommunisten lehnen aus den von mir dargelegten Gründen das vorliegende Gesetz in seiner heutigen Fassung ab.


Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, auf Grund einer Bitte des Herrn Vorsitzenden des Haushaltsausschusses möchte ich folgendes mitteilen: Der Haushaltsausschuß wird nach Schluß der
Beratung des Beamtengesetzes zur Weiterberatung des Haushalts zusammentreten. Es wird von hier aus dafür gesorgt, daß bei Abstimmungen die Mitglieder des Haushaltsausschusses entsprechend benachrichtigt werden.
Ich erteile nunmehr als zweitem Redner Herrn Abgeordneten Menzel das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Menzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hat für die dritte Lesung nicht alle Anträge wiederholt, die sie in der zweiten Lesung gestellt hatte. Sie will sich auf einige wesentliche Anträge beschränken, so vor allem auf den Versuch, in Übereinstimmung mit unserer Verfassung auch im Beamtenrecht die Gleichberechtigung der Frau durchzuführen, um auf diese Weise einen Verfassungsbruch zu vermeiden, und ferner darauf, tüchtigen mittleren Beamten oder Männern und Frauen, die in der Wirtschaft, in der Politik und in der Gewerkschaftsarbeit sich bewährt haben, die Chance des Einbaus in unseren demokratischen Staatsaufbau zu geben.
    Wenn wir also für die dritte Lesung nicht alle Anträge wiederholen, so bedeutet das nicht, daß wir damit auf deren beamtenpolitische Ziele verzichten. Wir werden diese Anträge bei der hoffentlich bald stattfindenden Beratung des endgültigen Beamtengesetzes erneut stellen. Aber wir werden beantragen, daß über diese unsere Anträge namentlich abgestimmt wird; denn ich glaube, es ist sehr richtig und sehr wichtig, zu wissen, wie die einzelnen Abgeordneten zu diesen Anträgen stehen. Dazu haben wir um so mehr Veranlassung, als uns nicht entgangen ist, daß eine Reihe von Abgeordneten dieses Hauses draußen in Gewerkschaftskundgebungen, bei Protestversammlungen, in Druckschriften und Eingaben für die Forderungen eingetreten sind, die die Sozialdemokratie hier gestellt hat, daß aber die gleichen Abgeordneten hier im Bundestag dann gegen die Anträge stimmten, die sie draußen mit unterstützt haben.

    (Hört! Hört! links. — Zuruf: Das ist öfter so!) Wir können uns den Grund sehr gut erklären, denn wir wissen, daß unsere Anträge, vor allem der Antrag, den sogenannten Außenseitern — übrigens eine völlig falsche Bezeichnung — die Chance eines gleichberechtigten Einbaus zu geben, nicht überall beliebt sind. Aber in dem Augenblick, in dem es sich darum handelt, sogenannte Außenseiter aus der Hitlerzeit, deren fachliche Erfahrungen zumeist nur in der Bewährung in Saalschlachten bestanden,


    (Sehr gut! links)

    Außenseiter, die zwischen 1933 und 1945 hineingekommen sind, in dem Augenblick, in dem es sich darum handelt, diese Außenseiter, wenn sie durch ein merkwürdiges Entnazifizierungsverfahren in die Kategorie V gekommen sind, wieder einzustellen, sind Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, durchaus bereit, dieses Entnazifizierungsverfahren willig anzuerkennen und diese alten Außenseiter wieder einzustellen, um ihre sogenannten Rechte wiederherzustellen. Das soll sogar dann geschehen, wenn dafür Männer und Frauen, die sich 1945 für den Aufbau des neuen Staates zur Verfügung gestellt haben, brotlos werden würden.
    Wohin eine solche Personalpolitik und eine solche Begünstigung führen, haben wir an der Verhandlungsführung und dem Urteil im Hedler-Prozeß gesehen. Wie soll denn die Welt an eine geistige


    (Dr. Menzel)

    und politische Erneuerung Deutschlands glauben, solange eine solche Verfahrensmethode, ein solches Urteil und eine solche Justiz möglich sind? Als der Vertreter der Nebenkläger während der Verhandlung auf die 6% Millionen ermordeter oder vergaster Juden hinwies, bekam er von der Verteidigung lediglich den Zwischenruf als Antwort: „Ach, das ist ja übertriebene Propaganda!" Statt daß es nun auch den Richtern die Schamröte ins Gesicht getrieben hätte, daß ein solcher Zwischenruf möglich war, reagierte das Gericht überhaupt nicht. Es machte von seinem Mittel der Sitzungsgewalt keinen Gebrauch und sah sich nicht einmal veranlaßt, den Verteidiger des Angeklagten zu rügen. Ist es daher ein Wunder, wenn ein solches Verhalten deutscher Beamter uns draußen schadet? Wir wissen ja, daß es uns auch schon mehrere Millionen Dollarhilfe gekostet hat.
    Als hier vor einigen Monaten über die Saarfrage diskutiert wurde und als die Regierung ihre Haltung auf dem Petersberg hinsichtlich des Ruhrstatuts verteidigte, da erklärte sie auch unter anderem, für ihr Verhalten sei mitbestimmend gewesen, welchen Eindruck die Haltung der deutschen Bundesregierung im Ausland machen würde. Der Herr Finanzminister hat neulich bei der Beratung der Steuerreform, als sich die Kritiker zu Worte meldeten, zu dem recht merkwürdigen Mittel gegriffen, diesen Kritikern vorzuwerfen, sie schädigten das deutsche Ansehen im Ausland, wenn man diese Kritik laut werden lasse. Aber in dem gleichen Augenblick ist die Regierung ohne weiteres bereit, diese Abneigung des Auslandes in Kauf zu nehmen, wenn es sich um den Schutz und die Förderung früherer Beamter des Dritten Reiches handelt, denn anders ist ein Teil der Personalpolitik dieser Regierung nicht zu verstehen.
    In welchem Maße ehemalige Pgs in leitende Stellen wieder hineingekommen sind — ich lege Wert auf diese Feststellung „leitende Stellen" —, ergab sich am klarsten durch Pressemeldungen der letzten Tage, wonach in einigen Ländern Süddeutschlands die höheren Beamten sich aus nicht weniger als 60 Prozent ehemaliger Pgs zusammensetzen.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Zuruf: Das sind Länder!)

    Das werden Ihnen, meine Damen und Herren, übrigens die kleinen Pgs auch nicht danken, daß man diejenigen schon überall in den Verwaltungen wieder findet, die diese kleinen Pgs damals zu Mitschuldigen werden ließen und sie ins Unglück gebracht haben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das Ziel einer solchen Personalpolitik auf Grund eines Gesetzes, wie es beabsichtigt ist, wird auch durch eine Verordnung der Bundesregierung bewiesen, die sie vor kurzem auf Grund des Artikel 132 des Grundgesetzes erlassen hat. Es handelt sich dabei um die Bestimmung des Grundgesetzes, wonach bis zum 7. März 1950 ungeeignete, aber inzwischen lebenslänglich angestellte Beamte in den Ruhe- oder Wartestand versetzt werden können. Der Sinn dieses Artikels war, die Bundesregierung von der Verpflichtung zu entbinden, alle Beamten der bizonalen Verwaltung zu übernehmen. Auf jeden Fall aber war mit der Verordnung beabsichtigt, politisch unerwünschte Elemente, die inzwischen in den Beamtenkörper hineingekommen waren, bis zum 7. März wieder zu entfernen. Aber was hat man mit dieser Verordnung gemacht? Man hat sie dazu benützt, um sich schützend vor die ehemaligen Pgs zu stellen und damit praktisch zugleich diejenigen zu treffen, die am Aufbau nach 1945 mitgewirkt haben. Denn § 3 dieser neuen Verordnung der Bundesregierung sieht ausdrücklich vor, daß bei der Prüfung über die Eignung eines Beamten seine politische Vergangenheit in der Zeit von 1933 bis 1945 nicht zu berücksichtigen ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Diese Politik läßt gar keinen Zweifel offen. Man stellt sich also praktisch schützend vor jene Beamte, die zwölf Jahre Hitler treu gedient haben, und gibt zugleich durch diese Verordnung eine Handhabe, diejenigen zu entfernen, die eben nicht die Verwaltungsroutine besitzen können, weil sie zwölf Jahre außerhalb stehen mußten.
    Wohin eine solche Politik ferner führt, ergab sich klipp und klar auch aus der Haltung der Mehrheit dieses Hauses, als ein Antrag meiner Fraktion in der zweiten Lesung abgelehnt wurde, worin wir verlangten, daß diejenigen Beamten, die 1933 auf Grund des sogenannten Berufsbeamtengesetzes aus ihrem Amt herausgesetzt worden waren, obwohl sie alte Berufsbeamte waren, zumindest in der Besoldung ebenso wie die ehemaligen Nazi-Beamten gestellt werden sollten. Sie haben diesen Antrag abgelehnt, und ich frage Sie, meine Damen und Herren, woher Sie das Recht nahmen, diese Opfer der damaligen Willkürgesetzgebung so zu brüskieren und damit auch zugleich diejenigen zu bevorzugen die damals an Stelle der Herausgeworfenen in die Ämter eingerückt sind. Man kann darüber streiten, ob es hier und jetzt notwendig gewesen ist, einen Teil der Wiedergutmachung gegenüber früheren Berufsbeamten durchzuführen; wenn aber Ihre Haltung jetzt dazu führt, daß die damals Geschädigten nun auch künftig noch schlechter als diejenigen bezahlt werden, die als Außenseiter die Berufsbeamten damals verdrängt haben, so ist das doch ein unmögliches Ergebnis.
    Die Beratungen vor allem auch im Ausschuß waren recht schwierig; sie waren nicht nur wegen der Materie schwierig. sondern sie waren vor allem schwierig, weil wir das Gefühl hatten, daß auf Ihrer Seite keinerlei Bereitschaft bestand, irgendwie dem Gedanken eines modernen Beamtentums näherzutreten. Wie anders ist denn sonst der Antrag zu verstehen, der im Ausschuß gestellt wurde, daß zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung keinerlei Abänderungsanträge im Ausschuß gestellt werden dürften?

    (Abg. Dr. Wuermeling: Ist ja gar nicht geschehen!)

    Und dieser Beschluß ist damals durchgegangen. Erst als ich darauf hinwies, daß dieser Beschluß nicht nur eine Verletzung der Geschäftsordnung, sondern — abgesehen von der Frage der Fairneß — eine glatte und klare Verletzung des Grundgesetzes bedeute, und erst als ich erklärte, daß meine Fraktion bei Aufrechterhaltung dieses Beschlusses keine Veranlassung habe, in dem Ausschuß weiter mitzuarbeiten, ist dieser Beschluß aufgehoben worden.
    Der Herr Innenminister des Bundes hat in der zweiten Lesung zu dem Beamtengesetz unter anderem erklärt, die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion seien undurchsichtig. Nun, ich frage: Was ist denn an unseren Anträgen undurchsichtig? Von einem Antrag, das Grundgesetz nicht zu verletzen und daher die Ermächtigung zu streichen, daß zwei Bundesminister das Recht erhalten, ein


    (Dr. Menzel)

    Gesetz zu erlassen, kann man doch wirklich nicht sagen, daß er undurchsichtig ist. Wir sind der Meinung, daß eine Undurchsichtigkeit erst durch die in dieser Ermächtigung liegende Verfassungsverletzung geschaffen wird.
    Der Herr Bundesinnenminister hat ferner — und er wurde hierin durch den Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling unterstützt — erklärt, das sei ja eine ganz harmlose Ermächtigung, weil es sich nur um redaktionelle Änderungen handele. Zunächst glaube ich nicht, daß der Ausschuß mehrere Wochen getagt und beraten hätte, um dann lediglich 18 redaktionelle Änderungen vorzuschlagen. Aber das Entscheidende ist doch etwas ganz anderes. Hier haben wir das Hitler-Gesetz von 1937, und auf der anderen Seite haben wir die Aufgabe des Aufbaus der neuen Demokratie mit den dringenden Erfordernissen auch eines neuen Beamtentums. Solche grundlegenden Änderungen sind doch weiß Gott nicht nur redaktioneller Art. Dann würde das ja bedeuten, daß der neue demokratische Staat weiter nichts wäre als eine redaktionell anders gefaßte Ausgabe des Hitler-Reiches.
    Der Herr Abgeordnete Dr. Kiesinger hat damals im Zusammenhang mit der Debatte über den Hedler-Prozeß erklärt: „Achten wir nicht den Rechtsstaat, dann bricht eines Tages dieses ganze Gebäude zusammen!" Wer wollte diesen Satz hier bestreiten? Aber ich wüßte nicht, wie man. den Gedanken des Rechtsstaates noch mehr verneinen könnte. als wenn man zu Ermächtigungsmethoden zurückkehrt. die das deutsche Volk schon einmal in ein Unglück gestürzt haben, das heißt zu Ermächtigungsmethoden. mit denen das Parlament das ihm ureigenst zustehende Recht der souveränen Gesetzgebung an zwei Beamte der Exekutive, das heißt an zwei Minister, delegiert.
    Wenn der Herr Bundesinnenminister im übrigen von den undurchsichtigen Zielen der SPD sprach, dann frage ich mich: ist es denn ein undurchsichtiger Antrag, wenn wir die Gleichberechtigung der Frauen fordern und wenn wir für eine größere Chance des Einbaus aller verdienten Außenseiter in die Verwaltung sind? Gerade in dieser Forderung liegt doch ein klares politisches Bekenntnis zur Solidarität aller im öffentlichen Dienst stehenden Männer und Frauen, Beamten und Arbeiter. Ich glaube, es wäre für unsere Verwaltung und für unseren neuen Staat sehr gut, wenn auch die Bundesregierung sich von einem solchen Bekenntnis und von einem solchen Gefühl der Solidarität tragen lassen würde.
    Es war im übrigen in der zweiten Lesung für uns sehr interessant, wie zögernd manche Mitglieder der Regierungsparteien ihre Stimme bei der Ablehnung unserer Anträge abgegeben haben. Das ist wahrscheinlich kein Zufall, sondern es beruht wahrscheinlich auf einer gewissen Unsicherheit in Ihren Reihen. Es war daher wohl auch kein Zufall, daß der Herr Präsident manchmal oder sehr häufig zur zweiten Abstimmung oder zum Mittel des Hammelsprungs greifen mußte.
    So waren es in dem Ausschuß ja auch gerade die Mitglieder der CDU/CSU, die für eine zeitliche Begrenzung dieses Gesetzes eingetreten sind und die sehr gewichtige und sehr überzeugende Gründe angeführt haben, wonach die Beamten auch außerhalb des Dienstes verpflichtet seien, Angriffen auf die neue Staatsform entgegenzutreten. In dem Augenblick aber, als dann der FDP-Antrag im Plenum vorlag, all diese Bestimmungen zu streichen, stimmten die gleichen Abgeordneten, die im
    Ausschuß für diese Bestimmung waren, plötzlich gegen ihre frühere Meinung.
    Nun hat der Herr Bundesinnenminister erklärt, die Bundesregierung befinde sich in einer Art Notstand, da sie mangels eines Gesetzes keine Beamten ernennen könne. Ich habe bereits in der ersten Lesung darauf hingewiesen, daß wir diese Auffassung nicht teilen; denn die Bundesregierung ist selbst daran schuld, weil sie unter Außerachtlassung der jetzigen Rechtsgrundlage des Gesetzes Nr. 15 dieses Gesetz einfach nicht anerkennen will. Es ist vielleicht heute müßig, zu streiten, warum es zu diesem von der Besatzungsmacht erlassenen Gesetz kommen mußte. Aber nachdem es einmal da war und in seinem Inhalt weitgehend auch dem Ergebnis der Kommissionsbesprechungen in Frankfurt am Main entsprach, hätten gar keine Bedenken zu bestehen brauchen es als eine vorläufige Grundlage anzuerkennen. Wir haben wenig Verständnis dafür, wenn seitens der Bundesregierung die Anwendung eines vorhandenen Gesetzes verweigert wird und sie sich dann gleichzeitig darüber beklagt, daß sie keine rechtliche Grundlage habe.
    Gegenüber vielen unserer Anträge in den Ausschüssen und im Plenum ist bei ihrer Ablehnung darauf hingewiesen worden, es handle sich nur um ein vorläufiges Gesetz und man könne alle die mit den Anträgen der SPD aufgeworfenen wichtigen Probleme einer Lösung in der späteren Zeit überlassen. Meine Damen und Herren, Sie müssen begreifen. daß wir zu einer solchen Vertröstung sehr skeptisch stehen. Denn wenn es sich wirklich um eine ernste Absicht handeln würde, nur ein vorläufiges Gesetz zu schaffen. dann fragen wir, warum die auch von der CDU gestellten Anträge und nachher unsere Anträge. diesem eine bestimmte Frist zu geben. im Plenum nicht durchgegangen sind. Der Herr Bundesminister hat vor Pressevertretern seinerzeit von sich aus eine Frist genannt; sie lag im Jahre 1953.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wie man dann noch von einem vorläufigen Gesetz
    sprechen kann, scheint uns nicht ganz erfindlich.
    Skeptisch macht uns auch die Erklärung des Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling die Abgeordneten der CDU aus Rheinland-Pfalz, soweit ich das richtig verstanden habe bäten einen Urantrag bei dem Präsidenten des Hauses über die Beratung des endgültigen Gesetzentwurfes eingebracht. Wir kennen diesen Antrag bis heute nicht. aber wenn die Regierungsparteien wirklich überzeugt wären, daß es bald zu einer endgültigen Beratung kommen müßte. dann fragen wir uns doch wohl mit Recht. warum nur ein kleiner Teil der CDU diesen Antrag gestellt hat und nicht die gesamten Regierungsnarteien.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Weil nur ein kleiner Teil aus Rheinland-Pfalz ist!)

    — Ja, warum schließen sich denn die Kollegen der Gesamtfraktion dem Antrag nicht an?

    (Abg. Dr. Wuermeling: Weil das nur eine Beratungsgrundlage ist!)

    Gerade wenn man die Eilbedürftigkeit dieser Gesetzesvorlage immer wieder betont, dann hätte es doch nahegelegen, einigen Streichungsanträgen der SPD stattzugeben. Denn schließlich war die Streichung von Artikeln eine viel einfachere Arbeit als stundenlange Debatten Ober den Inhalt unserer Anträge. Wir haben daher das Mißtrauen, daß der


    (Dr. Menzel)

    Hinweis auf die Vorläufigkeit nur ein Vorwand ist, unsere Anträge totzumachen.
    Der Herr Bundesinnenminister hat in der zweiten Lesung ferner erklärt, die sozialdemokratische Fraktion möge doch ihre Anträge zurückziehen. Entschuldigen Sie, Herr Bundesinnenminister, diese Naivität ist doch etwas erstaunlich und wird wohl nur übertroffen durch das sogenannte Idealbild, das der Herr Abgeordnete Dr. Wuermeling uns hier von der Frau unserer Tage entworfen hat.

    (Zurufe: Aha!)

    Viele von uns. meine Damen und Herren, werden bei diesen Schilderungen des Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling ein etwas peinliches Gefühl der Beklemmung nicht losgeworden sein.

    (Zuruf: Gar nicht!)

    Man kann nur fragen. ob denn die Zeit seit 1914 an Herrn Dr. Wuermeling spurlos vorübergegangen ist.

    (Sehr gut! links.)

    Denn seine Darstellung roch doch sehr stark nach der Vertiko- und Plüschatmosphäre vor dem ersten Weltkrieg. Aber wir halten eine solche Darstellung. eine solche Schilderung politisch für verhängnisvoll; denn die Darstellung des Herrn Dr. Wuermeling geht doch völlig an den Tatsachen vorbei. wie sie sich seit dem Jahre 1900 nun einmal entwickelt haben. Durch was sind denn die Frauen erniedrigt worden? Doch nicht durch die Forderung nach ihrer Gleichberechtigung, sondern doch dadurch, daß sie in zwei Kriegen gezwungen wurden. Munition herzustellen und die Flakgeschütze zu bedienen. also das zu tun. was das leben ihrer Männer, das Leben ihrer Söhne und Bruder vernichtete.

    (Zuruf: Das ist die gleiche Behandlung!) Wenn es eine Zeit gegeben hätte. für die Würde der Frau einzutreten, dann wäre damals im Kriege die richtige Zeit gewesen.


    (Beifall bei der SPD. — Zurufe rechts: Haben Sie es getan? – Hätten Sie ja selbst machen können!)

    — Sie scheinen in unserer Literatur nicht recht Bescheid zu wissen. Das nehme ich Ihnen aber nicht übel.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich möchte zu der Frage des Personalamtes noch deshalb einige Worte sagen, weil diese Frage einen erheblichen Bestandteil der allgemeinen Personalpolitik darstellt. Der Abgeordnete Dr. Wuermeling hat geglaubt, die Arbeit des früheren Personlamts von Frankfurt am Main mit dem Hinweis kritisieren zu müssen, daß auch dieses Personalamt keine Garantie für eine überparteiliche und objektive Handhabung der Personalpolitik gegeben habe.

    (Zuruf: Tut es auch nicht!)

    Nun, meine Damen und Herren, das ist eine Kritik, die sich doch in erster Linie an den damals für die Personalpolitik zuständig gewesenen Herrn Oberdirektor Dr. Pünder hätte richten müssen.

    (Lachen rechts.)

    Und ich glaube nicht, daß Herr Dr. Wuermeling in der Lage wäre, auch nur einen einzigen Fall anzuführen, in dem die damalige politische Rechte des Wirtschaftsrates in einer Sitzung interveniert oder interpelliert hätte, weil die Personalpolitik nicht in ihrem Sinne gewesen wäre.
    Der Herr Bundesinnenminister — und damit komme ich auf das Personalamt noch einmal zu sprechen — hat seinen Wunsch, die sozialdemokratische Fraktion möge doch ihre Anträge zurückstellen oder zurückziehen, auch damit zu begrün. den versucht, daß er erklärte, die Anträge seien nicht völlig klar durchdacht und konsequent aufgebaut; denn wenn die Abänderungsanträge der Sozialdemokratie angenommen werden würden, dann fehle das in diesen Anträgen vorgesehene Personalamt, das heißt das Gesetz für und über ein Personalamt. Nun, ich bin reichlich erstaunt über die Unwissenheit der Bürokratie im Bundesinnenministerium, denn bereits seit dem 23. Juni 1948 gibt es ein deutsches Gesetz, beschlossen vom Wirtschaftsrat in Frankfurt am Main und veröffentlicht — damit die Herren im Bundesinnenministerium es in den nächsten Tagen auch finden — im Gesetzblatt des Wirtschaftsrates 1948, Seite 57. Das ist ein deutsches Gesetz, kein Besatzungsrecht, und dieses Gesetz ober die Schaffung eines Personalamtes ist — hören und staunen Sie — einstimmig mit den Stimmen der CDU 1948 im Wirtschaftsrat beschlossen worden.

    (Hört! Hört! links. — Zuruf rechts: Da ahnte man noch nicht, was kommen wird! — Es hat sich schlecht bewährt! — Abg. Strauß: Seit dieser Zeit haben wir die Anwendung kennengelernt!)

    Auf den Hinweis des Herrn Bundesinnenministers, das gelte für die Bizone, brauche ich nur darauf hinzuweisen, daß Artikel 124 des Grundgesetzes ganz klar bestimmt, daß die bizonalen Gesetze Bestandteil der Bundesgesetzgebung werden. Wenn Sie nämlich nicht anerkennen, daß die deutschen bizonalen Gesetze nach diesem Artikel des Grundgesetzes Bundesgesetze geworden sind, dann würden Sie sogar mit Ihrer gesamten Steuergesetzgebung in der Luft hängen. Also man komme uns nicht mit solchen Einwendungen. Bei sorgfältiger Nachprüfung sind sie einfach nicht stichhaltig.
    Wie notwendig aber ein solches Amt auch in der jetzigen Zeit wäre, beweist die von mir bereits in der ersten Lesung erwähnte Personalpolitik. Ich will heute nicht wieder auf Einzelfälle eingehen. Aber schon damals konnte ich den Brief des Mitglieds einer Ihrer Regierungsparteien verlesen, der sich in einem Schreiben an den Herrn Bundeskanzler sehr bitter darüber beklagte, daß seine Fraktion bei der Besetzung leitender Posten nicht genügend berücksichtigt worden sei. Dieses Schreiben wird aber in den Schatten gestellt durch einen Brief, der unter dem 11. 2. dieses Jahres von dem noch nicht ernannten, aber so firmierenden Präsidenten der Deutschen Bundesbahn unter dem Aktenzeichen E I POLO/HVB an den Bundesminister für Verkehr gerichtet wird und worin es sich um die Frage einer Personalbesetzung in Köln handelt. Dieses Schreiben des Herrn Hellberg an den Herrn Bundesverkehrsminister, das ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten kurz verlesen darf, sagt:
    Zu meinem Schreiben vom 2. 2. 1950 (folgt Aktenzeichen) betreffend Einspruch des Ministerialrats Röttger gegen seine Abordnung nach Köln.
    Wie ich erfahren habe, ist die Verwendung des Ministerialrats Röttger in Köln unter den Kölner Eisenbahnbediensteten und in dortigen politischen Kreisen vor allem deshalb ableh-


    (Dr. Menzel)

    nend beurteilt worden, weil die Vermutung aufgetaucht ist, daß Röttger zur SPD gehöre.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Diese Vermutung hat sich nach meinen Feststellungen als nicht stichhaltig erwiesen.

    (Lachen und Zuruf von der SPD: Schade!) Abgesehen davon, daß Ministerialrat Röttger hier niemals als zur SPD tendierend hervorgetreten ist, habe ich vielmehr durch glaubwürdige Herren der HVB gehört. daß Ministerialrat Röttger nicht nur nicht Mitglied der SPD

    sei, sondern vielmehr der CDU nahestehe. (Heiterkeit links. — Bravo! bei der CDU.) Röttger ist im übrigen auch nicht Mitglied der
    Gewerkschaften der Eisenbahner Deutschlands. Das in Köln gegen Herrn Röttger entstandene Vorurteil und Mißtrauen ist mithin sicherlich unbegründet. und die darauf beruhenden Bedenken dürften damit beseitigt sein.

    (Hört! Hört! links.)

    Meine Damen und Herren! Das besagt doch weiter nichts anderes,

    (Zuruf von der CDU: Wie in SchleswigHolstein, nur mit umgekehrtem Vorzeichen!)

    als daß, wenn dieser Ministerialrat Mitglied der Gewerkschaften wäre und sich vielleicht sogar noch erkühnen würde, Mitglied der SPD zu sein, oder ihr nahezustehen, dann das Mißtrauen gegen ihn berechtigt gewesen wäre.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich glaube, man kann mit nichts Besserem die Notwendigkeit eines objektiven Personalamtes begründen.
    Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling schloß seine Rede mit den Worten: Hände weg vom Berufsbeamtentum!

    (Lachen links.)

    Nun, das ist wirklich schlecht zu vereinbaren mit dem Brief, den ich soeben verlesen habe. Aber es ist eine recht billige Methode. Meine Damen und Herren von der politischen Rechten. zeigen Sie uns bitte einen unserer Anträge, die wir gestellt haben, durch den das Berufsbeamtentum in seinen Grundlagen verneint wird.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Beseitigung des § 148!)

    Sie werden völlig vergebens suchen. Sehen Sie denn nicht die Gefahr, in die Sie die Institution des Berufsbeamtentums durch Ihre starre Haltung bringen, wenn Sie unnachgiebig an jenen Prinzipien, die uns aus dem 17. und 18. Jahrhundert überliefert worden sind, festhalten? Begreifen Sie denn gar nicht die Wandlungen, die auf staatsrechtlichem und gesellschaftspolitischem Gebiet stattgefunden haben? Woher nehmen Sie das Recht, die Beamten wieder in die Zwangsjacke hineinzubringen, in die sie ein absolutistisch-monarchischer Staat hineingesteckt hat? Wollen Sie denn das Beamtentum wieder zum Träger eines Kastengeistes, eines besonderen Klassenbewußtseins machen, nachdem doch gerade nach 1945 so ausgezeichnete Voraussetzungen gegeben waren, das Beamtentum in den modernen Staat, in unsere heutige Situation einzubauen? Sie können doch nicht achtlos daran vorübergehen, daß der Beamte, so wie das Gesetz von 1937 ihn schaffen wollte und leider auch geschaffen hat, zum willen- und würdelosen Werkzeug eines auf Terror und niedrigsten Instinkten aufgebauten totalen Staates geworden ist.

    (Sehr gut! links.)

    Vergessen Sie doch nicht, welche Entwicklung der alte Polizei- und Obrigkeitsstaat, als das Berufsbeamtentum in seinen Grundlagen entstand, genommen hat, seine Wandlung zum Rechts- und von diesem zum modernen Wirtschafts- und Sozialstaat mit all seinen vielfältigen Bedürfnissen, Aufgaben und Einrichtungen. Wie soll denn dieser moderne Staat seinen Aufgaben gegenüber der in den letzten Jahrzehnten so hart geschlagenen Bevölkerung gerecht werden, wenn nicht auch der Träger seiner Funktionen, der Beamte selbst, eine Wandlung durchmacht? So wie der Staat Friedrich des Großen nicht mehr mit dem unseren zu vergleichen ist, so darf auch der Beamte jener Zeit nicht mehr das Vorbild für die Staatsträger dieses Jahrhunderts sein.
    Übrigens wäre es einmal sehr aufschlußreich und sehr gescheit von den Herren der Bundesregierung, draußen in den Verwaltungen jene Hunderttausende zu fragen, die dieses Gesetz unmittelbar interessiert und angeht. Lesen Sie einmal die Entschließungen der Gewerkschaften und der Beamtenbünde! Sie alle wollen von jenem Gesetz von 1937 nichts wissen, und nach unserer Auffassung zeugt das von einem sehr gesunden Sinn der Beamtenschaft.
    In der Debatte der zweiten Lesung erklärte der Herr Bundesinnenminister, die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion bewiesen letztlich, daß die SPD das Gesetz Nr. 15 wieder wolle. Ich habe namens meiner Fraktion bereits in der ersten Lesung erklärt, daß auch wir zu diesem Gesetz Nr. 15 erhebliche Abänderungen wünschten und daß wir vor allem die große Gefahr einer allzu starken Verbeamtung vermieden sehen möchten. Aber wir haben doch manche seiner Grundsätze für richtig gehalten — und sie beruhten mit auf den Beschlüssen auch der Ausschüsse im bizonalen Wirtschaftsrat in Frankfurt am Main —, weil es unseren Vorstellungen von einem künftigen Beamtenrecht sehr nahe kommt. Daher ist uns die Atmosphäre, aus der das Gesetz kommt, vor allem die Atmosphäre. die dieses Gesetz schaffen will, die liberale Atmosphäre, viel begehrenswerter als jene verstaubten Grundsätze eines preußischen Absolutismus, 1937 mit brauner Farbe übertüncht und mit einigen HitlerSpritzen versehen.
    Es ist immer unsinnig, sich dem normalen Wandel der Dinge entgegenstemmen zu wollen. Das gilt auch auf dem Gebiete des Beamtenrechts und der Beamtenpolitik. Überhaupt ist in der Politik der Versuch, sich einer solchen natürlichen Wandlung und Entwicklung entgegenstellen zu wollen, manchmal ein Verbrechen. Den Wee, den die Regierungsparteien gehen wollen, kann die SPD um der Beamten und um der Angestellten willen, aber vor allem um des Neuaufbaus unseres demokratischen Staates willen nicht mitgehen. Wir werden daher dieses Gesetz ablehnen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)