Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Ich trage nackte nüchterne Zahlen vor. Wenn Sie diese Zahlen nicht vertragen können, liegt es an Ihnen, weil Sie sie nicht hören wollen.
- Ich werde Ihnen sagen, was der Manstein-Prozeß zum Beispiel ergeben hat.
Sie haben hier den traurigen Mut, diese Opfer, die der Hitler-Krieg gemordet hat, zu verhöhnen und zu verleumden.
Ich verteidige sie gegen Ihre Verleumdungen, weil ihr Sterben für die deutsche Arbeiterklasse und die deutschen Werktätigen die Befreiung vom Faschismus, der bisher brutalsten und blutigsten Ausbeutungs- und Unterdrückungsform des Kapitalismus, bedeutet hat.
Meine Damen und Herren! Sie geben gelegentlich einmal sogar zu, daß Kriegsverbrechen begangen worden sind.
Sie geben gelegentlich auch einmal zu, daß die Völker das Recht haben, die Kriegsverbrecher zu bestrafen.
Wir geben zu und bestreiten keinen Augenblick, daß die Sowjetunion im Augenblick Prozesse gegen deutsche Kriegsverbrecher durchführt.
— Herr Euler, Sie hatten Glück, daß Sie nicht drüben waren beim Zusammenbruch,
und Sie hatten Glück, daß Sie dem tschechoslowakischen Volk nicht in die Hände gefallen sind.
Sie wissen, was ich damit sagen will.
Sie sagen, diese Prozesse drüben würden ohne jede Rechtsgrundlage durchgeführt.
Sie sagen, diese Prozesse würden ohne ordentliches Verfahren durchgeführt.
Die Beweise, die Sie dafür anführen, sind Erzählungen. Herr Dr. Konrad Adenauer, der Bundeskanzler, hat am 27. 1. in diesem Hause zu diesen neuen Beschuldigungen gesagt: Wir sind dabei, dieses Material zusammenzustellen, zu sichten und zu überprüfen. Hier im Hause ist die Situation so, daß Sie diese Erzählungen als absolut wahre, bewiesene Tatsachen herausstellen. Sie befolgen da-
bei die Methode: Nicht der Gemordete, sondern der Mörder ist schuld.
Nach Ihrer Diktion sind alle diejenigen, gegen die in der Sowjetunion ein Prozeß wegen Kriegsverbrechen durchgeführt wird, von vornherein schuldlos.
Eine andere Frage. Am vergangenen Dienstag war hier bei mir eine Frau aus Gütersloh. Die hat mir Schriftsätze einer sowjetrussischen Behörde vorgelegt, in denen ihr auf ihre Anfrage eine Antwort darauf gegeben worden ist, warum ihr Sohn verurteilt worden ist. Ich frage Sie: Warum können deutsche Privatpersonen von amtlichen sowjetischen Dienststellen derartige Auskünfte erhalten?
Warum ist die Regierung nicht in der Lage und gewillt, sich um solche amtlichen Auskünfte zu bemühen?
Nun eine andere Frage. Sie haben gestern gesagt, meine Behauptung betreffs des Befehls, besonders riesige Verluste zu verschweigen, stimmten nicht. Sie haben sich gestern hier hingestellt und gesagt, daß das deutsche Volk. die deutschen Hinterbliebenen bis aufs letzte über die Verluste orientiert seien, zum Beispiel auf Grund der Tatsache, daß Frontgeistliche die Todesmeldungen an die Angehörigen nach der Heimat zurückgemeldet haben. Sind Sie sich darüber klar, daß das in Millionen von Fällen einfach aus technischen Gründen schon nicht möglich war?
Was haben wir verlangt? Wir haben verlangt, die Regierung solle diese Kartei anfordern, mehr nicht und weniger nicht. Sie antworten uns mit einer gesteigerten Hetze und mit gesteigerten Verleumdungen. Wir fragen nach den deutschen Verlusten in der französischen Fremdenlegion in Vietnam. Wir haben an die Regierung eine Anfrage gerichtet: Wie steht es mit der Werbung von Deutschen? Die Antwort der Regierung, des Herrn Justizministers, ist ein Musterbeispiel der Kunst, sich an der Beantwortung klarer Fragen vorbeizureden. Wir haben klar gefragt und folgende Antwort erhalten: Die deutsche Bundesregierung besitzt keine zuverlässigen Unterlagen über Umfang und Einzelheiten der Anwerbung von Deutschen im Bundesgebiet für fremdländischen Militärdienst. Und das auf deutschem Boden! Diese Regierung, die nichts Zuverlässiges weiß, hat gestern hier durch den Sprecher der CDU bekanntgeben lassen. daß täglich fünfzig deutsche Jugendliche sich zur Fremdenlegion melden. Und sie hat eine Erklärung hierfür abgegeben. Sie hat gesagt, daß das der Ausfluß der Verzweiflung sei, die bei der deutschen Jugend Platz gegriffen habe. Nun, die deutsche Jugend in der Deutschen Demokratischen Republik hat Arbeit, hat Lehrstellen, hat Ausbildungsmöglichkeiten. Die Ursachen für das Elend der westdeutschen Jugend, für die Zwangslage, in der Fremdenlegion Unterkunft zu suchen und zu sterben für das französische Kolonialkapital, die sind bei Ihnen.
Wir haben gefragt: Was hat die Regierung unternommen, um diese gesetzwidrige Anwerbung deutscher Jugendlicher auf deutschem Boden zu verhindern?