Rede von
Kurt
Pohle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Da im Ausschuß bei der Verabschiedung des Antrags vollkommene Einmütigkeit bestand, hoffe ich, daß dieser Antrag bzw. dieser Münd-
liche Bericht in diesem Hohen Hause, wenn möglich ohne eine Debatte, ebenfalls einmütig verabschiedet werden kann.
Es gab in Deutschland nach der Schaffung des Gesetzes von 1927 eine Zeit, in der es den Universitätsprofessoren schwer fiel, ihren Studenten gewisse Spielarten der Geschlechtskrankheiten vorzuführen. Der fürsorgerische und aufklärende Gedanke, der im Gesetz von 1927 verankert war, hatte seine Bewährungsprobe durchaus bestanden. Während des Krieges schon und nach dem Kriege waren wir alle über die ungeheuerlich ansteigende Kurve der Geschlechtskrankheiten erschrocken. Neben dieser ansteigenden Kurve haben wir auch eine Fülle von Gesetzen und Verordnungen auf diesem Gebiete erlebt, die das Gesetz von 1927 durchlöchert haben. Kriegsrecht und Besatzungsrecht haben sich miteinander gemischt; wir haben eine wilde Zeit hinter uns gebracht. Ihnen allen sind noch die widerwärtigen Augenblicke bekannt, als wahre Menschenjagden stattgefunden haben, als die Arbeiterfrau mit grauen Haaren, die mehreren Kindern das Leben geschenkt hat, als die Frau Generalsuperintendentin zusammen mit den leichten Mädchen auf einem Lastwagen verladen wurden. Von all diesen wilden Zuständen wollen wir einmal wieder los. Wir wollen zu friedlichen Verhältnissen kommen, und wir wollen durch dieses Gesetz, das wir Ihnen vorschlagen und das die Regierung vorlegen und dessen Grundlage das Gesetz von 1927 bilden soll, erreichen, daß wir hier wieder die Gründlichkeit einer fürsorgerischen, einer vorbeugenden Betätigung ermöglichen, wobei vor allen Dingen der Polizeicharakter von diesem Gesetz weit ferngehalten werden soll. Der Ausschuß empfiehlt Ihnen, der Regierung den Auftrag zu erteilen, ein Gesetz vorzulegen, das auf der Grundlage des Gesetzes des Jahres 1927 basiert. Wir wollen die zwanzigjährige Erfahrung dabei mitberücksichtigen, und wenn die Regierung diesen Entwurf vorlegt und das Plenum dem Ausschuß den Auftrag gibt, diesen Gesetzentwurf zu beraten, so werden wit uns dieser Aufgabe gern und mit Gründlichkeit unterziehen, weil wir glauben, damit einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung bzw. Wiedergewinnung der Volksgesundheit auf diesem Gebiet zu leisten.