Rede von
Walter
Sassnick
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Ich kann mich sehr kurz fassen. Im
Gegensatz zu der hier und im Ausschuß vertretenen Ansicht des Herrn Kollegen Gengler zu der Drucksache Nr. 184 steht die Meinung einer Minderheit des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität, der ich hier Ausdruck zu verleihen habe.
Die Absätze 2 und 3 des § 103 der vorläufigen Geschäftsordnung, die eine geheime Abstimmung zulassen, wurden seinerzeit bei der Beschlußfassung über den vorläufigen Sitz der Bundesorgane aus zweckbestimmten Gründen von einer Mehrheit dieses Hohen Hauses durchgesetzt. Man kann daher von einer „lex specialis Bonnensis", von einem Spezialgesetz zugunsten Bonns sprechen.
Die immerhin beachtliche Minderheit des Ausschusses schloß sich einer im Ausschuß vertretenen Auffassung an, daß geheime Abstimmungen überhaupt zu vermeiden sind. Das Parlament darf sich bei seinen Beschlußfassungen nicht hinter einen undurchsichtigen Vorhang begeben.
Der einzelne Abgeordnete soll sich nicht hinter der Wand der Anonymität verstecken.
Alle Wählerinnen und Wähler haben das absolute Recht, jederzeit über die Stellungnahme und Haltung jedes einzelnen Abgeordneten orientiert zu sein. Das ist aber nur möglich, wenn jede geheime Abstimmungsform ausgeschaltet wird. Wie soll das Vertrauen zum Parlament auch anders geweckt und gefestigt werden als durch vollste Offenheit und Klarlegung der Haltung des einzelnen Abgeordneten wie der Gesamtbeschlußfassung!
Die Ausschußminderheit lehnte daher den Antrag des Herrn Kollegen Gengler ab, die Beratung über die Drucksache Nr. 184 bis zu einer späteren Behandlung der endgültigen Geschäftsordnung zurückzustellen, und tritt für die sofortige Annahme des Antrages auf Streichung der Absätze 2 und 3 des § 103 der Geschäftsordnung ein. Diese Haltung empfiehlt sie auch dem Hohen Hause.