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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1950 823 27. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1950 Geschäftliche Mitteilungen . . . . 823D, 858A Eintritt des Abg. Rahn in den Bundestag . 824A Zustimmung des Bundesrats zum Gesetzentwurf betr. Erteilung einer Kreditermächtigung 824A Anfrage Nr. 26 des Abg. Dr. Wuermeling und Gen. betr. Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksache Nr. 358) . . 824A Anfrage Nr. 24 der Fraktion der Bayernpartei betr. Sicherung der Verwendung der zur Auszahlung gelangenden Hausrathilfebeträge (Drucksache Nr. 345) . . 824A Antrag des Oberstaatsanwalts in München betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Aumer 824A Einspruch des Abgeordneten Dr. Miessner gegen den ihm erteilten Ordnungsruf in der Sitzung am 16. Dezember 1949 gemäß § 92 der vorläufigen Geschäftsordnung (Drucksache Nr. 393) . . . . . . . 824B Beratung des Entwurfs einer Verordnung über die Errichtung einer Zweigstelle des Deutschen Patentamtes in Groß-Berlin (Drucksache Nr. 368) 824B, 857D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 824C Dr. Seelos (BP) 825A, 826C Rische (KPD) 825C Ekstrand (SPD) 825D Hoogen (CDU) . . . . . . . 826D Strauss (CSU) 827A Dr. Wellhausen (FDP) 827D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Dezember 1949 (Drucksache Nr. 392) . . 828A Blücher, Bundesminister für europäische Zusammenarbeit 828A, 834B Dr. Pünder 830D Rische (KPD) 833A Dr. Preusker (FDP) 834D Dr. Baade (SPD) 836A Dr. Bertram (Z) 838D Dr. Seelos (BP) 839D Dr. Leuchtgens (NR) 841A Dr. Tillmanns (CDU) 842A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet (Antrag der Fraktion der SPD) (Drucksache Nr. 350) . . . . 842B Bielig (SPD), Antragsteller . . . 842B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 843D Albertz, Niedersächsischer Minister für das Flüchtlingswesen . . 844C Goetzendorff (WAV) 845C Kuntscher (CDU) 846B Stegner (FDP) 847D Oskar Müller (KPD) . . . . . 848C Donhauser (BP) ..... . 849B Farke (DP) 849D Krause (Z) . . . . . . . . 850B Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen . . . . . . . 850C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Grenzlandfragen über den Antrag der Abgeordneten Mehs, Kemper, Dr. von Brentano und Fraktion der CDU/CSU betr. Soforthilfe für die sogenannte „rote Zone" (Drucksachen Nr. 348 und 95) . . 851D Roth (SPD), Berichterstatter . . . 851D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Onnen (Drucksache Nr. 311) . . . . 852B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . . 852B Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 394) . . . . . . . 855A Frau Heiler (CDU) . . . . . . . 855B 0 Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betr. Einschränkung überhöhter Handelsspannen (Drucksache Nr. 257) . 855C Dr. Bucerius (CDU) (zur Geschäftsordnung) 855C Loritz (WAV) (zur Geschäftsordnung) 856B Ubersicht über die vom Ausschuß für Petitionen erledigten Eingaben (Drucksache Nr. 391) 857C Nächste Sitzung 858A Die Sitzung wird um 14 Uhr 42 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Franz Blücher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als am 15. Dezember 1949 hier in Bonn das Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika durch den amerikanischen Hohen Kommissar Mr. McCloy und den Bundeskanzler unserer Bundesrepublik unterzeichnet wurde, war das ein Tag, an dessen geschichtlicher Bedeutung wir in der Hatz der Ereignisse etwas achtlos vorübergegangen sind. Denn es ging darum, daß Deutschland zum ersten Male seit dem Zusammenbruch seine Unterschrift unter einen Völkerrechtsvertrag von außerordentlicher Bedeutung setzte, und zwar direkt, nicht mehr vertreten durch Militärbefehls- haber, wie das in der Vergangenheit der letzten Jahre der Fall gewesen war.
    Wenn wir Ihnen nunmehr ein Gesetz vorlegen, durch welches wir Sie bitten, diesem Abkommen zuzustimmen, so ist das auch für dieses Parlament die erste Mitwirkung an einem derartigen Vertragswerk. Es lohnt sich wohl deswegen, über das Ihrer Zustimmung unterbreitete Abkommen in seiner grundsätzlichen Bedeutung etwas zu sagen, das weit über alle Verträge hinausgeht, die in den letzten Jahren in der Welt geschlossen worden sind. Ich weiß, daß es einige Mitglieder dieses Hauses gibt, denen meine Worte recht unangenehm in den Ohren klingen werden. Aber es muß trotzdem festgestellt werden: ohne die durch diesen Vertrag, ohne die durch den Marshallplan an die europäischen Länder uneigennützig gewährte Hilfeleistung würden wir nicht in diesem Saale sein, und ohne diese Hilfeleistung wäre es nicht möglich. gewesen, Europa im ganzen zu größerer wirtschaftlicher Blüte zu führen; vor allen Dingen aber wäre es unmöglich gewesen, nach der Währungsreform so schnell dazu zu kommen, unsere Wirtschaft nicht nur in Gang zu setzen, sondern sie auch in einer dauernden Entwicklung nach oben zu halten

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien)

    und damit Brot zu sichern und Arbeit zu geben und die Zuversicht zu haben, daß das kommende Jahr einen weiteren, ganz wesentlichen Schritt nach vorwärts ermöglicht.

    (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Es wäre dieser Stunde nicht angemessen, es zu unterlassen, über die großartige politische Konzeption etwas auszusagen, die dem amerikanischen Hilfswerk zugrunde liegt. Hier ist zum erstenmal an die Stelle der Ausnützung eigener Macht mit
    den Mitteln der Gewalt etwas ganz anderes getreten; an diese Stelle ist der Gedanke getreten, daß man eigene wirtschaftliche Macht einsetzt, um wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Sicherheit in einem großen Teile der Welt durch eigene Hilfe zu begründen und auf diese Weise die wirksamste Friedensgarantie nach innen und auch im typisch äußeren Sinne zu schaffen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Das scheint mir allerdings eine so große politische Konzeption zu sein, daß derjenige, der immer noch glaubt, mit den Mitteln der Gewalt oder der Herrschaft über andere allein rechnen zu dürfen, diese Pläne in tiefster Seele als die gefährlichste Waffe gegen sich selbst verabscheuen muß.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Ihnen einen kurzen Bericht darüber schuldig, wie es zur Vorlage dieses Gesetzes gekommen ist. Unmittelbar nachdem die Bundesrepublik Deutschland im September zustande gekommen war, sind wir, wie Ihnen bekannt ist, als Nachfolger der Bizone und der französischen Zone ohne irgendwelche neuen vertraglichen Bindungen Mitglied der Organisation für wirtschaftliche europäische Zusammenarbeit geworden und haben als gleichberechtigtes Land im Rate der 19 Länder Platz genommen. Dann ist uns am 30. Oktober 1949 von seiten der Vereinigten Staaten ein erster Entwurf zu einem Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zugeleitet worden, das wir abschließen sollen, nachdem vorher, im Hochsommer 1948, der amerikanische und britische Gouverneur, sowie auch der Gouverneur der französischen Zone namens ihrer Gebiete mit den Vereinigten Staaten einen ähnlichen Vertrag abgeschlossen hatten. Wir haben sofort in gehöriger Form Kommissionen bestellt, die über eine Reihe der Vertragsinhalte in langwierigen Verhandlungen Klarheit geschaffen haben mit dem Ergebnis, daß am 15. Dezember der Vertrag zur Unterzeichnung reif war. Wichtig ist hier der Inhalt des Artikels XV, in dem gesagt wird, daß dieses Abkommen in Kraft tritt, nachdem die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die Regierung der Vereinigten Staaten davon in Kenntnis gesetzt hat, daß alle notwendigen rechtlichen Erfordernisse für den Abschluß dieses Abkommens durch die Bundesrepublik erfüllt sind. In Befolgung dieses Artikels haben wir Ihnen dann unter dem 11. Januar einen Gesetzentwurf vorgelegt, über den ich nunmehr im einzelnen berichte, um hinterher noch auf wesentliche Inhalte des zu genehmigenden Abkommens zurückzukommen.
    Das Gesetz sieht in Artikel I nur vor, daß dem am 15. Dezember unterzeichneten Abkommen zugestimmt wird. Artikel II besagt, daß das Abkommen mit Gesetzeskraft veröffentlicht werde, damit es auch innerhalb unseres Landes Gültigkeit bekommt. Weiter wird bestimmt, daß der Tag seines Inkrafttretens im Bundesgesetzblatt bekanntgegeben wird. Diese beiden Artikel haben bei der Beratung im Bundesrat irgendwelche Änderungen nicht erfahren.
    Artikel III sieht nun eine besondere Bestimmung vor, die durch den Artikel II des Abkommens notwendig wird. In Artikel II heißt es:
    Um durch die Verwendung der von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika erhaltenen Hilfeleistungen den höchsten Grad des Wiederaufbaues zu erzielen, wird die Regierung der Bundesrepublik Deutschland ihr Möglichstes tun, um diejenigen Anordnungen


    (Bundesminister Blücher)

    zu treffen oder beizubehalten, die notwendig sind, um eine wirksame und zweckmäßige Verwendung aller ihr zur Verfügung stehenden Hilfsquellen zu gewährleisten, einschließlich derjenigen Maßnahmen, die notwendig sind, um zu gewährleisten, daß die durch Hilfeleistungen auf Grund dieses Abkommens gelieferten Waren und Dienstleistungen für solche Zwecke verwendet werden, die mit diesem Abkommen und, soweit durchführbar, mit den allgemeinen Zielen vereinbar sind, die in den von der Regierung der Bundesrepublik unterbreiteten Plänen . . . umrissen werden.
    Es geht dann im gleichen Sinne in Absatz 2 weiter.
    Danach sind wir aus dem Abkommen verpflichtet, uns davon zu überzeugen, daß die verteilten Hilfeleistungen die in den Anträgen genannten Verwendungszwecke erfüllen und auch für die genannten Zwecke verwendet werden. Es soll also vermieden werden, daß etwa der Qualität, der Art, den Preisen, überhaupt der Verwendung nach andere Güter mit den von den Amerikanern genehmigten Hilfeleistungen erworben werden oder anders verwendet werden, als es den Zielsetzungen der Bundesregierung entspricht, die diese in Durchführung des Marshallplanes den Organen der Marshallplanverwaltung mitgeteilt hat. Zu diesem Zweck bedarf die Bundesregierung der Ermächtigung, wie sie in Artikel III ausgesprochen ist.
    Zu der Ihnen vorliegenden Entwurfsfassung des Artikels III hat nun der Bundesrat einige Anregungen gegeben und Wünsche geäußert, die Ihnen in der Drucksache mitgeteilt worden sind. Zunächst einmal hat der Bundesrat vorgeschlagen, d aß nicht der Bundesminister für den Marshailplan die Ermächtigung bekommt, sondern die Bundesregierung. Die Regierung wird Ihnen vorschlagen, dem Gedanken des Bundesrats zu folgen.
    Zweitens möchte der Bundesrat in Vorschlag bringen, daß bei Erlaß der Rechtsverordnungen auch die Zustimmung des Bundesrats eingeholt wird. Die Beschlußfassung über diesen Wunsch wird Gegenstand der Ausschußberatung in zweiter und dritter Lesung hier in diesem Hohen Hause sein müssen.
    Es findet sich dann, aus der ersten Änderung hervorgehend, eine zweite Textänderung, nämlich daß im letzten Satz ebenfalls an Stelle des Bundesministers die Bundesregierung genannt wird. Es gibt eine weitere und nicht unwesentliche Textänderung, und zwar betrifft sie die Einschaltung einer Revisionsstelle. Wir haben lange überlegt und sind zu dem Schluß gekommen, daß es nicht gut wäre, eine große und kostspielige Verwaltung für eine. doch mehr oder minder kurzlebige Aufgabe einzurichten, und daß es besser ist, eine in enger Zusammenarbeit mit den öffentlichen Dienststellen stehende Warenrevisionsstelle, eine Treuhandgesellschaft, mit den Prüfungsaufgaben zu beauftragen; allerdings unter der Vorsorge, daß alle Hoheitsrechte von dem Ministerium ausgeübt werden und daß wir uns nur nach den abzuschließenden Verträgen bei den Prüfungen der sachkundigen Dienste der Revisionsstelle bedienen. Infolgedessen kommt es auch zu einer vorgeschlagenen Textänderung, wie Sie in der Mitteilung des Bundesrats lesen, wonach wir eben die Möglichkeit haben, uns bei der Ausübung der bezeichneten Befugnisse der Dienste der Warenrevisionsstelle zu bedienen.
    Die eingehende Beratung im Bundesrat hat eine weitere Einfügung ergeben, eine Einfügung, die uns nach Prüfung richtig und angemessen erscheint. Es handelt sich darum, daß selbstverständlich die Verwaltung der Mittel aus den Gegenwerten der Einsicht des Parlaments und seiner Organe unterliegen muß. Es handelt sich um die ordnungsmäßige, also um die haushaltsmäßige Erfassung der Gegenwertmittel. Infolgedessen ist es zu dem Vorschlag eines neuen Artikels IV gekommen, der lautet:
    Die im Zusammenhang mit dem Abkommen der Bunderepublik Deutschland entstandenen und noch entstehenden Vermögenswerte bilden ein Sondervermögen des Bundes, auf das die Vorschriften der Reichshaushaltsordnung Anwendung finden. Die Rechnungsprüfung erfolgt durch den Bundesrechnungshof.
    Ich darf hier auch namens des Herrn Bundesfinanzministers erklären, daß die Regierung durchaus mit dieser vorgeschlagenen Fassung einverstanden ist und sie für brauchbar hält, um die notwendige Einsicht des Gesetzgebers zu sichern, um aber auch die verwaltungsmäßige Behandlung klar darzustellen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist der Inhalt dieses kurzen Gesetzes. Ich darf mit Nachdruck darauf hinweisen, daß es darauf ankommt, hinsichtlich des Artikel III, der die Rechtsverordnung über Warenrevision behandelt, nicht in Zeitverzug zu geraten. Es könnte nämlich sonst, wenn die Prüfung nicht sehr bald in der neuen und durch Gesetz und Verordnung geregelten Form Platz greift, die Gefahr bestehen, daß eine Verzögerung in den Ablieferungen bzw. in der Abnahme und Auslieferung der Anfuhren eintreten
    könnte. Wir müssen uns davor schützen, daß etwa längere Zeit ein rechtloser Zustand Platz greift oder aber daß uns, wenn wir selbst nicht rechtzeitig in Ordnung kommen, doch unliebsame Formen der Kontrolle zur Fortsetzung oder zur Einführung empfohlen werden. Es liegt mir gerade an der schnellen Ausführung dieses unangenehmen Artikels III sehr viel.
    Was aber - ich glaube, es ist hier die Gelegenheit, darüber eine kurze Ausführung zu machen — wird denn nun gerade unter dem Gesichtspunkt des Heute der Abschluß dieses Vertrags auch in Zukunft für eine Bedeutung haben? Gestatten Sie mir, daß ich auch dazu einige wenige Ausführungen mache. Es wird in den letzten Monaten unendlich viel über den Marshallplan gesprochen und geschrieben. Ich muß sagen: wenn man von einer amerikanischen Kritik an den europäischen Ländern hört, dann ist diese Kritik gerechtfertigt. Denn alle Länder haben einen Vertrag abgeschlossen, der im Wortlaut der Präambel mit dem von uns abgeschlossenen übereinstimmt. Und da heißt es ganz klar — und das bedeutet eine vertragliche Bindung —:
    in der Erwägung, daß die Erzielung solcher Verhältnisse einen europäischen Wiederaufbauplan der Selbsthilfe und Zusammenarbeit bedingt, an dem alle Nationen, die an einem solchen Plan mitwirken, teilnehmen können und der auf kraftvollen Produktionsanstrengungen, der Erweiterung des Außenhandels, der Schaffung oder Erhaltung finanzieller Stabilität im Innern und dem Ausbau wirtschaftlicher Zusammenarbeit beruht.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zweimal klingt hier das Wort Zusammenarbeit auf,


    (Bundesminister Blücher)

    und nur das ist es, was im Augenblick und bis heute die amerikanische Seite so sehr vermißt. Und wenn sie nunmehr, damit die Hilfe für Europa gerettet bleibt, hier sehr deutlich und laut gewarnt hat, dann stehe ich nicht an, das als einen Dienst an Europa zu bezeichnen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Denn es ist doch in der Tat so, daß Europa nicht gerettet werden kann, wenn es in nationale Wirtschaften zerfällt, die immer stärker autarke Prinzipien verfolgen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Aus diesem Grunde ist uns, ist meinen politischen Freunden und, wie ich annehmen darf, dem überwiegenden Teil dieses Hohen Hauses die mahnende und besorgte Sprache Amerikas in diesem Falle durchaus willkommen gewesen

    (Zuruf von der KPD: „Die Stimme Amerikas"!) — lieber als die Stimme Moskaus! —


    (Heiterkeit rechts und Zurufe von der KPD) und wir möchten hoffen,, meine Damen und Herren, daß diese Sprache in allen Nationen vernommen wird. Und dabei bin ich dann eben bei den Wegen, die Amerika sieht, um diesen gesamteuropäischen Fortschritt zu erzielen.

    Da ist zunächst das, was man mit einem vielleicht häufig mißverstandenen Schlagwort. die Liberalisierung des Handels nennt. Deutschland ist auf diesem Wege sehr rechtzeitig vorangeschritten,

    (Sehr wahr!)

    ist vorangeschritten in dem Bewußtsein der von ihm übernommenen Wagnisse. Deutschland hält diesen Weg für richtig; aber es weiß auch, daß er nur richtig sein kann, wenn alle europäischen Länder bedenken, daß von einer Liberalisierung nur gesprochen werden kann, wenn sie auf der Grundlage echter Gegenseitigkeit beruht.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren! Es wird dann weiter von einer unabdingbaren Voraussetzung für das Funktionieren des innereuropäischen Verkehrs gesprochen. Diese unabdingbare Voraussetzung ist —
    und das wissen wir —, daß die europäischen Währungen wieder unter sich frei verkehren können. Außerordentlich angespannte und anstrengende Verhandlungen sind seit etwa 7 Wochen über dieses Thema in Paris in Arbeit und im Fortschreiten. Sie haben alle immer mit großer Sorge die Folge bloß zweiseitiger Handelsverträge gesehen. Wir können diesen Bilateralismus nur bekämpfen, wenn es uns gelingt, wenigstens teilweise das Problem eines freien Verkehrs und einer freien Austauschbarkeit aller europäischen Währungen zu lösen. Infolgedessen werden wir Deutsche das Maximum an Arbeit und Einsicht aufwenden, das wir zur Erreichung dieses großen europäischen Zieles aufbringen können. Wir suchen nach jedem Weg, um durch die Konvertibilität der europäischen Währungen den Weg freizumachen zu einem multilateralen, zu einem allgemeinen freien Warenaustausch. Aber auch hier dürfen wir nicht vergessen, daß es nicht angeht, theoretisch zu liberalisieren und auch theoretisch bei einem europäischen Währungskonzert mitzumachen, wenn man etwa gleichzeitig darauf verfallen wollte, die Zollmauern noch etwas aufzustocken oder aber durch Verwaltungsmaßnahmen Restriktionen neuen Charakters einzuführen. Auch hier kann
    es nur um den ehrlichen Willen zu völliger Gleichartigkeit und Gegenseitigkeit aller Maßnahmen gehen.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zuge dieser Entwicklung wird ganz zweifellos auf der großen Zollkonferenz, die am 30. September 1950 in Genf, und zwar unter gleichberechtigter deutscher Mitwirkung, beginnen wird, ein wesentliches Stück des Weges zu einer europäischen wirtschaftlichen Einheit zu gehen sein, die sehr viel größere Sicherheit bei der Erhaltung des Arbeitsplatzes durch die Vermeidung mörderischer und zu Fehlinvestitionen führender autarker Produktionsmaßnahmen und die auf die Dauer eine Verbilligung der Lebenshaltung bedeutet, weil mehr als bisher an der rechten Stelle das Rechte erzeugt wird, die eine viel bessere Beteiligung aller Menschen an den Gütern dieser Welt bedeutet. Wer all diese Dinge überdenkt, wird die ganze bedeutende Entwicklung, die durch den Marshallplan eingeleitet worden ist, erkennen, und er wird beim Studium des Abkommens, dessen Wortlaut in diesem Teil bereits im Anfang des Jahres 1948 feststand, sehen, daß hier ein gestaltender Wille für eine friedliche Welt vorhanden ist und daß es für Deutschland ein Stück Erfüllung eines gerechtfertigten nationalen Anliegens ist, an einer solchen Aufgabe mitzuarbeiten, die Europa und die Welt neu gestalten kann.
    Meine Damen und Herren, das ist der Grund, weshalb wir uns zu einer Unterzeichnung des Abkommens entschlossen haben. Das ist der Grund, weshalb wir das Hohe Haus bitten, dem vorgelegten Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der von mir vorgetragenen Anregungen des Bundesrats bzw. nach Beratung dieser Anregungen im ganzen die Zustimmung zu erteilen. Ich hoffe sehr, daß es möglich sein wird, gerade dieses Abkommen, das uns so sichtbar in die Reihe der gleichberechtigten europäischen Völker stellt, auch durch deutsche Mitarbeit auszugestalten zu einem Instrument des zur Wirklichkeit gewordenen europäischen Gedankens und damit zu einer Garantie für jenen Frieden, der durch Arbeit und soziale Wohlfahrt erreicht wird.

    (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ehe ich die Aussprache eröffne, gestatten Sie mir, folgendes vorauszuschicken. Der Ältestenrat macht Ihnen gemäß § 88 der Geschäftsordnung den Vorschlag, die Gesamtredezeit für den zur Beratung stehenden Gegenstand bei Punkt 3 der Tagesordnung auf rund 100, höchstens 110 Minuten zu beschränken, mit der Maßgabe, daß die Redezeit sich wie folgt auf die einzelnen Fraktionen verteilt: CDU/CSU, SPD je 15 Minuten und alle übrigen 10 Minuten. Ich darf wohl nach der gestern erzielten Übereinstimmung im Ältestenrat das Einverständnis des Hauses mit dieser Regelung feststellen.
Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Pünder das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Pünder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! „Es ist jetzt nur noch sehr wenig Zeit", so sagte wörtlich der Marshallplan-Administrator Hoffman zu den versammelten Vertretern der europäischen Empfängernationen Anfang November in Paris. Das war nicht eine nervös, schnell hingesprochene Bemerkung, sondern zweifellos eine wohlüberlegte und wohl auch berechtigte Äußerung des maßgeb-


    (Dr. Pünder)

    lichen Vertreters der Vereinigten Staaten in diesem Kreise. Wie ernst es dem amerikanischen Vertreter dabei war, ging noch aus der ergänzenden Bemerkung hervor, daß die Vereinigten Staaten nunmehr Rechenschaftsberichte der europäischen Empfängernationen über das „inzwischen Veranlaßte" - also nicht etwa nur über das Geplante — für die ersten Monate des neuen Jahres erwarteten.
    Dieser Ruf Amerikas ist auch an uns hier in der neuen Bundesrepublik gerichtet, und so stehen wir heute im Bundestag auch vor der Frage, ob und wie wir diesem Ruf folgen können und wollen. Insofern hat Herr Bundesminister Blücher mit vollem Recht auf die große Bedeutung dieses Gesetzgebungswerkes hingewiesen. Wenn er den 15. Dezember als den Tag erwähnte, an dem die Bundesregierung durch den Herrn Bundeskanzler die Unterschrift mit dem amerikanischen Hochkommissar McCloy wechselte, so erwähne ich den heutigen Tag, weil er so bedeutsam für unseren Bundestag ist, der heute zum ersten Male zu einem großen internationalen Vertragswerk Stellung nimmt, und zwar zu einem Vertragswerk, das uns in vertragliche Verbindung gerade zu den Vereinigten Staaten bringt und uns zu einem gleichberechtigten Faktor in der großen europäischen Marshallplanorganisation macht.
    Der formelle Niederschlag dieses Vertragsinstruments liegt uns in der Drucksache Nr. 392 vor. Herr Minister Blücher hat sich vorhin eingehend über die einzelnen Artikel geäußert. Ich darf meinerseits einige Punkte herausgreifen.
    Erfreulicherweise liegt völlige Übereinstimmung zwischen Bundesregierung und Bundestag dahin vor, daß hier die Form eines Bundesgesetzes notwendig ist. Die Rechtsgrundlage liegt in Artikel 59 Absatz 2 unseres Grundgesetzes. Es ist auch festzustellen, daß die Form dieses Gesetzes den herkömmlichen Formen solcher Vertragsinstrumente entspricht, ferner festzustellen, daß der Bundesrat vor einigen Tagen einstimmig diesem Gesetzentwurf zugestimmt hat.
    Der Bundesrat hat verschiedene Abänderungsvorschläge gemacht, über die Herr Bundesminister Blücher sich vorhin auch schon geäußert hat. Den meisten hat die Bundesregierung zugestimmt; einer bleibt augenblicklich noch offen. Es erscheint mir nicht zweckmäßig, meinerseits zu diesen formalen Punkten des Gesetzes im Augenblick Stellung zu nehmen. Man sollte das in der zweiten Lesung tun, nachdem die Ausschußberatung, die dringlich ist, vorangegangen ist. Ich möchte deshalb auch die Frage des Artikels III, in dem die Bundesregierung oder der zuständige Bundesminister zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen bevollmächtigt werden soll, im Augenblick nicht weiter erörtern, da auch dieser Punkt in der Ausschußberatung zweifellos besprochen werden muß.
    Heute bei dieser ersten Lesung ist allein die Frage entscheidend wichtig, ob wir materiell dem zustimmen wollen, was eben in dem Artikel I des Gesetzes genannt wird, nämlich dem „Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik vom 15. Dezember 1949". Dieses Abkommen ersetzt, wie auch der Herr Minister vorhin sagte, die im Juli 1948 von den Militärgouverneuren der westlichen Besatzungszonen abgeschlossenen bilateralen Abkommen. Dieses neue Abkommen vom 15. Dezember ist das Ergebnis einer zielklaren Fortführung der seinerzeit in Frankfurt inaugurierten ERP-Politik.
    Wir könnten uns jetzt natürlich stundenlang über viele Punkte dieses großen Vertragsinstrumentes unterhalten. Es ist nicht meine Absicht; ganz abgesehen davon, daß die Redezeit ja beschränkt ist. Ich möchte augenblicklich auch nicht eine Unmenge verwirrender Zahlen anführen und auch nicht die vielen Bedenken, die selbstverständlich heute noch obwalten, und offene Fragen der Zukunft hier erörtern. Wir würden uns damit doch nur im Augenblick die Köpfe heiß machen. Mir schiene ein solcher Streit im Augenblick auch reichlich akademisch; denn Abänderungen dieses Abkommens — das weiß jeder Eingeweihte —, nachdem monatelang über jeden einzelnen Artikel und jedes einzelne Wort verhandelt worden ist, sind heute gar nicht mehr möglich.
    Heute besteht nur noch die eine Frage, ob das uns vorliegende Abkommen in das Schema der uns vorschwebenden internationalen Zusammenarbeit hineinpaßt oder nicht, und daher sind in der heutigen ersten Lesung nur zu dieser Frage einige grundsätzliche Anmerkungen nötig und auch ausreichend.
    Der Marshallplan hatte seinerzeit, im Frühjahr 1948, in ganz Westeuropa zweifellos allgemeine Zustimmung gefunden, war aber in seiner wahren Zielsetzung doch weithin verkannt worden. In manchen Empfängerländern waren die Marshallplangelder gern zur Schaffung neuer, mehr oder weniger fragwürdiger Produktionskapazitäten benutzt worden, aber es wurde dabei verkannt, daß den Schöpfern des Marshallplanes nichts an der Schaffung 17 neuer autarker Nationalwirtschaften liege,

    (Abg. Rische: Sehr richtig!)

    aber alles an der Schaffung einer europäischen Gesamtwirtschaft.
    Insofern ist heute — das klang auch in den Ausführungen des Herrn Ministers Blücher an —von einer Krise des Marshallplangedankens zu sprechen, und zwar sowohl in Europa wie namentlich auch in Amerika; in den Vereinigten Staaten deshalb, weil sie mit Recht sich darüber enttäuscht fühlen können, daß in weiten Teilen Europas dieser Grundgedanke, die große Konzeption des Marshallplans, nicht verstanden worden ist und nur geringe Fortschritte in der praktischen Durchführung gemacht worden sind. In Europa müssen wir eine Krise feststellen, weil weithin nur eine geringe Bereitschaft vorhanden selber so etwas wie eine Krisenstimmung zu gunsten eines noch ungewissen neuen Gebildes Europa zu opfern. Schließlich ist auch bei uns selber so etwas wie eine Krisenstimmung zu spüren. Eine ehrliche große Bereitschaft zur Mitarbeit in der Linie des Marshallplans bestand bei uns in den Westzonen von Anfang an, seit dem Frühjahr 1948, und besteht auch bis zur Stunde, und zwar nicht etwa deswegen, weil wir als Habenichtse etwas erben wollten, sondern weil nach unserer ehrlichen Überzeugung die Rettung Europas nur in seiner wirtschaftlichen und alsdann auch politischen Einheit gefunden werden kann.

    (Sehr richtig!)

    Oft und wiederholt ist deshalb von deutscher Seite der Dank an die Vereinigten Staaten ausgesprochen worden, und ich begrüße es, daß auch Herr Minister Blücher eingangs seiner Ausfüh-


    (Dr. Pünder)

    rungen diesem Dank namens der Bundesregierung besonderen Ausdruck gegeben hat. Dabei darf ich feststellen, daß gerade diese Ausführungen des Herrn Ministers den lebhaftesten Widerhall im Hohen Hause gefunden haben. Diesen Dank an die Vereinigten Staaten möchte ich auch namens meiner politischen Freunde nochmals ausdrücklich aussprechen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Umgekehrt ist auch von den Vereinigten Staaten im Laufe dieser verhältnismäßig schon langen Zeit mehrfach anerkannt worden, daß wohl kaum mehr als bei uns in Westdeutschland der wahre Sinn des Marshallplans erkannt worden sei.

    (Sehr richtig!)

    Trotz dieser ehrlichen Bereitschaft zu aktiver Mitarbeit sind uns aber — auch das darf nicht verschwiegen werden — Enttäuschungen nicht erspart geblieben. Ich will nur einige Punkte erwähnen: das späte Anlaufen des Marshallplanes, eine ungewöhnliche Bürokratisierung, die Umständlichkeit der Plangestaltung, die früher sehr geringe deutsche Zuständigkeit, die starre Bindung an den Dollar und die Dollarwaren, das vielfache Ausbleiben wirklich notwendiger Dinge und die Lieferung von uns weniger begehrter, aber in Amerika mehr oder weniger überflüssiger Waren, eine nicht genügende Berücksichtigung des besonderen Zerstörungsgrades bei uns in Westdeutschland und daher des bei uns größeren Aufbaubedürfnisses und noch vieles andere, nicht zuletzt auch die Demontagen, die ich hinsichtlich der Vergangenheit noch erwähnen muß. Zu allen diesen Dingen kam noch hinzu, daß sich das Ganze in einer für die Öffentlichkeit schwer verständlichen Überorganisation verkörperte, die
    ihren Niederschlag in Wortungetümen fand wie OEEC, ECA, GARIOA, Fritalux, Officomex, Uniscan usw. usw.

    (Sehr richtig!)

    Daß eine solche Krisenstimmung sowohl in Amerika wie auch in Europa besteht, ist — wie gesagt — nicht zu bestreiten. Deshalb hat auch der amerikanische Administrator Hoffman Anfang November in Paris so klare Worte gefunden.

    (Abg. Rische: Das war eine Drohung!)

    Seit dieser Zeit beobachten wir ein energisches Vorantreiben des ursprünglichen Marshallplangedankens durch die Vereinigten Staaten. Meine politischen Freunde, in deren Auftrag ich sprechen darf, sind trotz aller hinter uns liegenden nicht durchweg erfreulichen Erfahrungen absolut bereit, einer solchen wirklich auf Europa ausgerichteten ERP-Politik nachdrücklichst zuzustimmen.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Zwei große Probleme, die auch Herr Minister Blücher eben hervorgehoben hat, stehen dabei im Vordergrund: die Liberalisierung des Handels, von der jetzt schlagwortartig soviel gesprochen wird, und der erstrebte einheitliche internationale Zahlungsverkehr. Ich will diese Fragen im einzelnen nicht zu sehr vertiefen, aber auf die darin liegenden Gefahren möchte auch ich ganz kurz hingewiesen haben wie auch auf unser absolutes Verlangen nach Wahrung der Gegenseitigkeit. Jedenfalls sind die überfüllten Schaufenster voll der köstlichsten Überflüssigkeiten für uns nicht das Ziel der erstrebten Liberalisierung des Handels.

    (Abg. Rische: Und die passive Handelsbilanz!)

    Vielmehr möchten wir schwere Schädigungen unserer Landwirtschaft und Gärtnerei, die doch auch in Zukunft wichtigste Säulen unserer Gesamtwirtschaft bleiben müssen, unter allen Umständen vermieden sehen.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.)

    Auch in diesem Zusammenhang darf ich den Herrn Marshallplan-Administrator Hoffman zitieren, der bei derselben Rede in Paris gesagt hat, die größtmögliche Steigerung der deutschen landwirtschaftlichen Produktion sei eine der Hauptaufgaben der deutschen Bundesrepublik im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit.
    Noch zwei Schlußbemerkungen darf ich mir erlauben.
    Durch den uns vorliegenden Gesetzentwurf wird die Frage der aktiven Teilnahme des Bundestags an der künftigen Verplanung der in der Folge anlaufenden sehr großen Kreditmittel aus den Gegenwerten in keiner Weise präjudiziert. Diese Frage klingt ja bereits in Artikel III des Gesetzentwurfes an, eine Frage, die auch bereits in verschiedenen Ausschüssen des Bundestags zur Sprache gekommen ist.
    Schließlich möchte ich noch einen Punkt berühren, den der Herr Minister im Drang der knappen Zeit wohl nicht erwähnen konnte. Ich meine unser liebes Berlin! Berlin wird in dem Vertragsentwurf im Artikel VII besonders behandelt. Eine unmittelbare Teilnahme Berlins am Marshallplan ist nicht möglich, da Berlin, wie wir ja alle wissen, formell vorerst noch nicht Teil unserer Bundesrepublik ist. Deshalb wäre vielleicht eine Sonderbehandlung Berlins à la Triest in Betracht gekommen. Aber auch das wäre durchaus unerwünscht gewesen

    (Zuruf des Abg. Rische)

    bei der engen Verbundenheit, die zwischen uns hier und Berlin nun einmal besteht. Deshalb ist nach unserer Meinung der richtige Mittelweg darin gefunden worden, eine Verpflichtung der Bundesregierung zu stipulieren, wonach den drei Westsektoren Berlins in größtmöglichem Umfang die Hilfe zuteil werden soll, deren Ausmaß auf Grund von Beratungen zwischen Bundesregierung und Berlin für dessen wirtschaftliche Erhaltung und Entwicklung als erforderlich angesehen wird. Wie ich persönlich aus dem Munde des Herrn Oberbürgermeisters Reuter weiß, hat auch Berlin im Bundesrat dieser Formulierung durchaus zugestimmt, und ich kann meiner Befriedigung Ausdruck geben, daß auf dieser Basis inzwischen bereits ein Vertragsentwurf zwischen Berlin und der Bundesregierung im Aushandeln begriffen ist. Ich möchte schließlich der Hoffnung Ausdruck geben, daß der Artikel IV, den der Bundesrat in der uns vorliegenden Drucksache vorschlägt, nicht eine neue Schwierigkeit für Berlin entstehen läßt, über welchen Punkt wir wohl im Ausschuß noch beraten müssen.
    Zum Schluß noch ein letzter Gedanke! Das uns vorliegende Abkommen enthält über seinen rein wirtschaftlichen Inhalt hinaus eine stark außenpolitische Note. Wenn wir die schroff ablehnende Haltung des Ostens gegen diese westlichen Aufbaupläne für Europa bedenken, bedeutet das am 15. Dezember vergangenen Jahres abgeschlossene Abkommen ein starkes Bekenntnis zum Westen, dem wir durchaus zustimmen.
    Wir empfehlen Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß, der nach Verabredung


    (Dr. Pünder)

    zwischen den Parteien wohl schon morgen zusammentreten wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)