Rede von
Dr.
Josef Ferdinand
Kleindinst
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine verehrten Damen und Herren! Ich habe gestern auf Grund meiner Kenntnis der Entstehung der Bonner Verfassung die Zuständigkeit des Bundes in bezug auf den behandelten Gesetzentwurf zum Schutze der Jugend bejahen müssen und bejaht. Ich muß leider heute die Zuständigkeit des Bundes in bezug auf die Gewährung einer Amnestie bestreiten.
— Dort, wo es notwendig ist und wo es rechtlich begründet ist! Ich bin dem Herrn Abgeordneten Euler dafür dankbar, daß er die Frage der Zuständigkeit und der grundgesetzlichen Fundierung in einem Rechtsstaat mit dem gebührenden Ernst betont hat. Nehmen wir diese Frage nicht zu leicht! Nichts hat die Weimarer Verfassung mehr gefährdet, als daß man über die Fragen der Zuständigkeit und über den Artikel 48 immer mit Leichtigkeit hinweggegangen ist.
Im Bundesrat hat nicht etwa nur Bayern, sondern haben Baden, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern die Zuständigkeit zur Gewährung einer Amnestie für die Länder in Anspruch genommen. Ich muß hervorheben: Während der Weimarer Verfassung haben die Länder Länderamnestien erlassen und hat das Reich mit verfassungändernder Mehrheit die Reichsamnestie beschlossen. Mehr brauche ich nicht hervorzuheben. Wir wenden uns nicht gegen den Gedanken der Amnestie überhaupt, müssen aber wegen der großen präjudiziellen Bedeutung für die Zukunft unsere verfassungsrechtlichen Bedenken hervorheben. Der Herr Bundesjustizminister hat gesagt, die Länder sollten diese Frage nicht tolerieren, sie müsse eines Tages ausgetragen und klargestellt werden. Deshalb heben wir heute bei dieser Gelegenheit unsere Rechtsauffassung von der Zuständigkeit der Länder ausdrücklich hervor. Wir stimmen nicht gegen die Amnestie in substantieller Beziehung, sondern wir stimmen mit den Ländern,
die im Bundesrat ihre Rechtsauffassung gegen die Zuständigkeit des Bundes geltend gemacht haben.