Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich den Herrn Innenminister des Bundes in aller Bescheidenheit darauf hinweisen, daß das, was ich angeblich aus der Presse über die Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetz Nr. 15 erfahren habe, nicht aus der allgemeinen Presse, sondern aus dem Presse- und Informationsdienst der Bundesregierung vom 17. Oktober 1949 stammt.
Worauf sollen wir uns denn noch verlassen können, wenn nicht einmal dieser amtliche Informationsdienst als Unterlage für unsere Entscheidungen und Überlegungen gelten soll?
Aber der Standpunkt des Herrn Innenministers oder der Bundesregierung hat ja — das habe ich vorhin darzulegen mir erlaubt — etwas gewechselt Zuerst hieß es: Wir können das Gesetz Nr. 15 nicht anerkennen, weil es allein schon dadurch außer Kraft gesetzt sei, daß die Bundesregierung einen Kabinettsbeschluß gefaßt habe, ein neues Gesetz vorzulegen. Später hat die Bundesregierung erklärt, daß sie das Gesetz anerkenne, wie es diese Verlautbarung hier ergibt, und heute sagt sie, sie erkenne es nicht an.
Vielleicht — das wäre sehr gut — steht dann die Bundesregierung bei der zweiten Lesung wieder auf dem Standpunkt: es gilt.
Die verfassungsmäßigen Schmerzen, die Herr Kollege Becker hier vorgetragen hat, kann ich ihm leicht kurieren. Herr Kollege Becker, ich bin im Ausschuß des Bundesrats nicht als Mitglied der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen erschienen, sondern der Ausschuß hatte mich gebeten, zu einigen Fragen des Beamtenrechts als Sachverständiger Stellung zu nehmen.
Sie können natürlich diese Einladung des Bundesratsausschusses für innere Angelegenheiten kritisieren.
— Sie können sie sogar für bedauerlich halten; aber schließlich bestand für mich doch gar keine Veranlassung, einer solchen Einladung nicht Folge zu leisten. Ich habe also auf die Willensbildung im Bundesrat nicht irgendwie Einfluß genommen.
— Sicher!
Meine Damen und Herren, es handelt sich bei Nordrhein-Westfalen nicht um die einzige Landesregierung, die durch Regierungsmitglieder auch hier im Bundestag vertreten ist.
Das ist bei mehreren Fraktionen der Fall, auch bei
Fraktionen, die zur Regierung stehen. Sie wissen,
daß einige CDU-Mitglieder dieses Hauses in einer
Landesregierung ein Ministerressort verwalten.
Der Herr Innenmnister des Bundes hat geglaubt, eine Retourkutsche fahren zu können, als er mich auf die beiden in meiner Rede vorhin angedeuteten Personen hingewiesen hat. Meine Damen und Herren, glauben Sie nur nicht, daß ich mit solcher Retourkutsche nicht gerechnet hätte.
Was zunächst den einen Herrn anlangt, so war er oder ist er vielleicht noch — ich weiß es nicht — Stadtkämmerer einer großen Stadt in Nordrhein-Westfalen. Nun wissen Sie selbst, daß auf die Besetzung der städtischen Beamtenposten kein Innenminister und auch keine Landesregierung irgendeinen Einfluß nehmen kann.
Gerade von Ihnen wird doch immer die Auffassung vertreten, daß die kommunale Selbstverwaltung auch die Beamtenpolitik selbst zu machen hat,
es sei denn, daß dem Beamten ein strafrechtliches Vergehen vorzuwerfen ist. Die politische Bewertung eines Beamten wird aber — wenigstens auf Grund der englischen Gemeindeordnung, die in der britischen Zone gilt — den örtlichen Selbstverwaltungen allein überlassen.
Es ist richtig, daß der betreffende Herr dann in den Landesrechnungshof gekommen ist. Aber, meine Damen und Herren, in der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen — wenn' Sie schon im Bundestag die Angelegenheiten der Länder beraten wollen, so bin ich bereit, es klarzustellen — haben ja die Vertreter Ihrer Fraktion die Mehrheit, und ich kann mich nicht dagegen wehren, wenn ich bei der Abstimmung über eine Personalangelegenheit überstimmt werde. Die Tatsache, daß dieser Herr in den Landesrechnungshof gekommen ist, beruht allein auf dem Abstimmungsergebnis und ist von den Herren der CDU zu verantworten.
Meine Damen und Herren, der andere Herr gehört in jenes Kapitel, das ich vorhin erwähnt habe, als ich die Meinung aussprach, daß die Personal-
politik der Besatzungsmächte zumeist sehr zu beanstanden gewesen sei. Diesen Herrn haben wir bei einer Bezirksregierung vorgefunden, als die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gebildet wurde. Als später die Verurteilung dieses Herrn zu einem Jahr Gefängnis erfolgte, habe ich in meiner Eigenschaft als Innenminister ein Dienststrafverfahren einleiten und — da wir zur Zeit kein Dienststrafverfahren durchführen können — wenigstens eine Versetzung vornehmen wollen. Ich bin dadurch gescheitert, daß die Vertreter der CDU im Kabinett mich mit ihrer Mehrheit gehindert haben.
Ein Herr der Bundesregierung der CDU-Fraktion hat mich noch im Laufe des letzten Winters in Bonn gebeten, diesen Herrn, der — ich weiß nicht — als Regierungs- oder Oberregierurigsrat geführt wird und jetzt beurlaubt ist, doch zum Regierungsdirektor zu befördern, und zwar wegen seiner Verdienste von früher.
Als ich diese Beförderung ablehnte, hieß es, daß die Weigerung des Innenministers, einen solchen Mann zu befördern, wieder einmal beweise, daß ihm an der Großen Koalition in Nordrhein-Westfalen nichts liege.
Herr Innenminister des Bundes! Ich glaube also, daß der Schuß, den Sie hier losgelassen haben, verteufelt nach hinten gegangen ist.