Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn der Herr Vorredner lediglich hätte darauf hinweisen wollen, daß die Annahme unseres Antrags vielleicht bedeuten müßte, die Kreditermächtigung der Bundesregierung etwas zu erweitern, so hätte es der Ausführungen und des Tones nicht bedurft, den er hier angeschlagen hat.
Ich darf, ohne auf diesen Ton einzugehen, einmal feststellen, worum es sich handelt. Es handelt sich erstens nicht um neue Ausgaben des Haushalts, sondern um Vorschüsse. Wenn wir von Ausgaben des Haushalts reden würden, so würden wir von anderen Größenordnungen zu reden haben. Ich glaube, es ist inzwischen auch zu Ihren Ohren gedrungen, daß wir, vorsichtig gesagt, einen Ausgabenüberschuß, populär gesprochen: ein Defizit von einer halben Milliarde in diesem Rechnungsjahr im Bundeshaushalt zu erwarten haben, von dem wir noch nicht wissen, wie wir es decken werden. Wenn ich vom Standpunkt der Ausgabenrechnung sprechen und in Betracht ziehen würde, welche offenbar sehr erheblichen Vorgriffe auf künftige, noch nicht existente Haushaltsbewilligungen gerade an diesem Ort gemacht worden sind,
so würde das allerdings einen Anlaß geben, um auf
die Frage, was eigentlich wichtiger ist, Hausrathilfe für Flüchtlinge oder sonst etwas, etwas näher
und recht scharf einzugehen. Hier handelt es sich
aber — das möchte ich feststellen — um Vorschüsse
— Sie können es auch Vorfinanzierung heißen, Herr Dr. Seelos — um Vorschüsse auf künftige Einnahmen, die an sich aus der sogenannten Betriebsmittelreserve, das heißt aus der Kreditermächtigung zu decken sind.
Die Kreditermächtigung betrug nach dem letzten Haushaltsplan des Wirtschaftsrats 500 Millionen DM. Sie ist erschöpft, wenigstens bis auf einen Betrag, der zwischen 50 und 100 Millionen liegen dürfte. Aber warum ist sie erschöpft? Ich spreche zunächst nicht davon, daß auf Grund dieser Kreditermächtigung die Vorschüsse der .Länder geleistet worden sind, die sie gesetzlich zum Lastenausgleich aufzubringen verpflichtet waren.
Man hat diese Vorschüsse nicht in den Länderhaushalten vorgesehen, sondern man hat sie auf den Bundeshaushalt genommen. Wenn es, wie ich weiß, tatsächlich einigen Ländern außerordentlich schwer gefallen sein dürfte, diese Vorschüsse aufzubringen — wir wissen genau, welches die sogenannten notleidenden Länder waren und sind —, so wäre allerdings doch die Frage aufzuwerfen, ob andere Länder, denen es offensichtlich viel besser geht, nicht gut daran getan hätten, hier einzuspringen, statt ihre flüssigen Mittel für andere Aufgaben zu verwenden.
Ich spreche jetzt auch nur andeutungsweise von der Tatsache, daß diese Kreditmittelermächtigung mit einem Betrage, der an die 200 Millionen DM geht, dafür aufgewandt werden mußte, die Fehlbeträge in der laufenden Rechnung auszugleichen, die dadurch entstanden sind, daß die Bundesbahn weder ihre Leistungen an die Bundeskasse noch ihre Verpflichtungen für die Zinsen der Ausgleichsforderungen erfüllt hat.
— Sie sagen, sie kann es nicht. Ich stelle hier fest, daß wir seit zwei Jahren, seitdem wir in Frankfurt diesen Plan verlangen, keinen Betriebsplan, keinen Voranschlag der Reichsbahn, jetzt Bundesbahn, erhalten haben. Wir müssen auf die Frage, ob sie es kann oder nicht, absolut mit Nichtwissen antworten; denn es sind uns trotz klarer gesetzlicher Bestimmungen keine Unterlagen gegeben worden.
Die Verwaltung hat es nicht fertiggebracht, in zwei Jahren die Deutsche Bundesbahn dazu zwingen, das zu tun, wozu sie gesetzlich verpflichtet ist, nämlich ihre Voranschläge dem Parlament vorzulegen.
— Der Ausschuß hat es nicht.
— Herr Kollege, Sie waren nicht in den Ausschüssen , in Frankfurt, die diese Pläne hätten erhalten sollen.
— Offenbar meinen Sie einen anderen Ausschuß. Aber ich denke, daß diese Frage auch den Haushaltsausschuß und den Finanzausschuß angeht.
Ich spreche, wie gesagt, nur am Rande davon. Ich möchte aber denn doch darauf hinweisen, daß ein weiterer Betrag von 50 Millionen und noch ein Betrag von 10 Millionen aus der sogenannten Betriebsmittelreserve aufgewendet worden sind, um Barvorschüsse an die Industriekreditbank und an die Zentralgenossenschaftskasse zu geben,
Vorschüsse, von denen in keinem Haushaltsplan
jemals überhaupt die Rede war und deren Gewäh-
rung nach meiner Überzeugung klar den haushaltsrechtlichen Vorschriften widerspricht.
Unter Bruch des Haushaltsrechts hat man aus einer Betriebsmittelreserve Vorschüsse an private Unternehmungen gegeben, und jetzt sagt man: Wir haben kein Geld mehr, um die notwendigsten Vorschüsse an den Lastenausgleich, an die Flüchtlinge zu geben. So ist die Situation, und das wollte ich, Herr Kollege Bucerius, auf Ihre Ausführungen geantwortet haben.