Rede von
Gustav
Gundelach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der zur Beratung stehende Antrag meiner Fraktion ist gestellt worden, um jede Möglichkeit auszunutzen, die einen Weg eröffnet, die Spaltung Deutschlands zu überwinden. In Verbindung mit der Stellungnahme zu der Bildung der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik haben wir Kommunisten in unserer Erklärung insbesondere darauf hingewiesen, daß der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik, Wilhelm Pieck, davon gesprochen hat, daß es darauf ankomme, nicht gegeneinander, sondern miteinander für die Wiedererlangung der vollen Souveränität unseres Volkes zu arbeiten. Niemand bestreitet, daß die dringende wirtschaftliche Notwendigkeit besteht, baldigst die Einheit Deutschlands wiederherzustellen. Wir Kommunisten sind der Meinung, ein näheres Beieinander der zur Zeit bestehenden zwei Regierungen würde die Verhandlungsmöglichkeiten über gesamtdeutsche Fragen wesentlich erleichtern.
Aber auch ein Weiteres ist von Bedeutung. Wenn der Sitz der Verwaltungsorgane des Bundes in Berlin wäre, würde damit auch die wirtschaftliche Situation in Berlin wesentlich erleichtert werden. Damit würde eindeutig der Beweis erbracht, daß Berlin die Hauptstadt Deutschlands ist, und die zwischen West und Ost bestehenden Spannungen würden gemildert, was unserer Meinung nach dem Interesse des gesamten deutschen Volkes entspricht. Wenn die Bundesregierung in Berlin ihren Sitz hätte, wäre es bestimmt leichter, eine Verständigung darüber herbeizuführen, wie in ganz Deutschland der Kampf dafür geführt werden kann, wahrhaft demokratische Entscheidungen der Bevölkerung ungehindert von reaktionären Kräften und imperialistischen Besatzungsmächten zu ermöglichen. Aber unter der Losung „freie Wahlen in der sowjetischen Besatzungszone" werden heute alle Bestrebungen getarnt, um die Bodenreform, die Enteignung der Betriebe, die Schulreform und die demokratische Verwaltungsreform in der sowjetisch besetzten Zone rückgängig zu machen.
In der Deutschen Demokratischen Republik ist das demokratische Recht auf freie und ungehinderte Wahlen garantiert und in der Praxis auch gewährleistet.
Es ist bekannt, daß die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik für Oktober 1950 allgemeine, gleiche und freie Wahlen festgesetzt hat.
Es ist unserer Meinung nach selbstverständlich, daß in einem geeinten demokratischen Deutschland Regierung und Volksvertretung aus demokratischen Wahlen hervorzugehen haben.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch einige kurze Ausführungen zu dem von der SPD gegenüber unserem Antrag gestellten Abänderungsantrag. Unser Antrag bezweckt, in der heutigen Situation einen gemeinsamen Weg aller Deutschen zur Überwindung der Spaltung Deutschlands zu finden. Der Antrag der SPD rennt offene Türen ein.
Der Abänderungsantrag dient den reaktionären Kräften. Der Sinn dieses Antrags besteht darin, die sofortige Verlegung der Verwaltungsorgane des Bundes nach Berlin zu verhindern. Deshalb, meine Damen und Herren, stimmt die Fraktion der KPD gegen den Zusatzantrag der SPD.