Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. April 1980 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
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17072 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17073
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17074 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Herr Kollege Lampersbach, Sie haben in jede Ihrer Zusatzfragen in charmanter und geschickter Weise Feststellungen eingebunden. Sie wissen, daß das nach der Geschäftsordnung nicht ohne weiteres zulässig ist.
Keine Zusatzfragen mehr.
Ich rufe Frage 27 des Herrn Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein Z e nach ß 71 des Gesetzes über das Branntweinmonopol ab 1. April 1980 dann nicht mehr gewähren will. wenn es sich um Alkohol handelt, der auf Grund von aus dem norddeutschen Raum nach Bayern und Baden-Württemberg übertragenen Brennrechten erzeugt wird, und kann die Bundesregierung angeben, ob und inwieweit sie das Vorgehen der Bundesmonopolverwaltung selbst beeinflußt?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies ist der Bundesregierung bekannt Die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein ist mit Erlaß vom 7. Dezember 1971 dazu angewiesen worden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, warum hat der Gesetzgeber im Jahre 1967, als er die gesetzliche Übertragbarkeit von Brennrechten zugelassen hat, nicht gleich eingeschränkt, daß Brennrechte aus dem norddeutschen Raum, wenn sie auf Betriebe im süddeutschen Raum übertragen werden, eventuell diesen sogenannten süddeutschen Zuschlag verlieren können?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Sie wissen, daß eine solche Übertragung von Brennrechten bis 1967 nicht erlaubt gewesen ist. Bei den Beratungen der Novellierung des Branntweinmonopolgesetzes war aus den Reihen des Fachausschusses die Frage der Berechtigung solcher Zuschläge überhaupt gestellt worden. Man hat sich dazu entschieden, wenn auch mit Bedenken, daß die Zuschläge berechtigt sind. Der Gesetzgeber hat von einer Regelung des Problems der Zuschläge bei Übertragungen abgesehen, weil es sich damals überhaupt nicht als dringend gestellt hat. Sie wissen, das Branntweinmonopol hat Gewinne abgeführt. Heute ist die Lage ganz anders. Bei einer anderen Lage beobachtet man diesen oder jenen Vorgang mit anderen Augen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Meyer zu Bentrup.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, Sie sprechen von einer Dringlichkeit. Hätte 'sich die Frage der Dringlichkeit nicht auch schon bei der Novellierung dieses Gesetzes im November 1979 gestellt?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Wir haben die Dringlichkeit damals nicht so gesehen. Sie wissen ja, welches der Anlaß der Regelung war. Wenn ich mich recht erinnere, war es das Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Hier war ein ganz eng begrenzter Sachverhalt gegeben, der der Regelung bedurfte. Die seinerzeitige Novelle hat sich auf diesen Sachverhalt beschränkt und hat nichts anderes zum Inhalt gehabt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Kühbacher.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß die Übertragung von Brennrechten von Norddeutschland nach Süddeutschland zur Erreichung des süddeutschen „Privilegs" - ich sage dies in Häkchen — den Tatbestand der Subventionserschleichung schon rechtfertigt?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17075
Haehser, Parl. Staatssekretär: Sie wissen ja, wie vorsichtig ich bin, wenn ich ein grobes Wort als richtig bestätigen soll. Aber Sie haben das grobe Wort gebraucht und werden Ihre guten Gründe dafür haben.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Spöri.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das süddeutsche Privileg heute inhaltlich überhaupt subventionspolitisch gerechtfertigt ist? Ist sie nicht vielmehr der Auffassung, daß dieses süddeutsche Privileg in absehbarer Zeit auch mit den Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EG nicht in Einklang zu bringen ist?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Sie wissen, Herr Kollege Dr. Spöri, daß das Privileg, von dem wir reden, aus dem Jahre 1880 oder 1887 stammt, wenn ich das richtig nachgelesen habe. Grundsätzlich wird es ja wohl richtig sein, daß man alle Privilegien, vor allen Dingen, wenn sie aus dieser Zeit stammen, auf ihre Richtigkeit hin einmal überprüft.
Das hat der Fachausschuß seinerzeit getan. Er hat sich nicht zur Abschaffung dieses Privilegs entschließen können.
Der zweite Teil Ihrer Frage betrifft die mögliche Auseinandersetzung, die sich um die Beibehaltung dieses Privilegs in der Europäischen Gemeinschaft und bei den Organen der Europäischen Gemeinschaft ergibt. Wir haben Hinweise dafür, daß unser Branntweinmonopol und Teile desselben — man kann durchaus sagen, das Privileg ist ein Teil desselben — erneut in gerichtliche Auseinandersetzung geraten. Da vermute ich, daß auch das Privileg in diese gerichtliche Auseinandersetzung hineingeraten kann.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Kunz.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, inwieweit die Bundesregierung oder die ihr unterstellte Verwaltung die Fragen von meinen beiden Kollegen Kühbacher und Spöri initiiert oder munitioniert hat?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Da ich der Vertreter der Bundesregierung bin, der diesen Teil der Fragestunde zu bestreiten hat, will ich Ihnen für diese und für alle möglichen und vorausgegangenen Fragen erklären: von mir ist noch kein Fragesteller munitioniert worden.
Die Herren Kollegen, die hier gefragt haben, sind von solchen Geistesgaben erfüllt, daß sie ihre Fragen selber formulieren und auch selber vortragen können.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, beim Europäischen Gerichtshof ist ein Urteil zu Wettbewerbsverzerrungen ergangen, die in Länderteilen eines Mitgliedsstaates auftreten. Liege ich mit meiner Annahme richtig, daß nach diesem EG-Urteil das sogenannte süddeutsche Privileg abgeschafft werden muß?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Baack, ich meine, daß Sie in der Auslegung des Urteils zu weit gehen. Aber ich will das Urteil gern noch einmal daraufhin überprüfen.
Herr Kollege Susset, eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, hier zuzugeben, daß die Änderung des Branntweinmonopolgesetzes nicht durch dieses EG-Urteil initiiert wurde, sondern, wie es in der Begründung des Gesetzes heißt, um die Kosten der Branntweinmonopolverwaltung nicht weiter ansteigen zu lassen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ja. Sie müssen nur wissen, daß die Kosten deshalb anzuwachsen drohten, weil das Urteil ins Haus stand. Wir haben mit diesem Urteil gerechnet. Ich habe einmal in einer Fragestunde gesagt, vielleicht gehe der Kelch an uns vorüber. Er ist nicht an uns vorübergegangen. Vorsorglich haben wir im Hinblick auf das zu erwartende Urteil den Novellierungsentwurf vorgelegt, der im übrigen, wenn ich das richtig sehe, in diesem Hohen Hause gar nicht umstritten gewesen ist.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär, hat es Zeiten gegeben, in denen das Branntweinmonopol mit dieser Abgabe ein Geschäft gemacht hat?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich kann mir nicht denken, daß es solche Zeiten gegeben hat; denn ohne das Privileg hätten in den Zeiten, als das Branntweinmonopol Überschüsse erzielte, diese Überschüsse nur größer sein können.
Keine weiteren Zusatzfragen zu Frage 27?
Dann rufe ich die Frage 28 des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup auf:
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß das Vorgehen der Bundesmonopolverwaltung, den Zuschlag nach § 71 des Branntweinmonopolgesetzes aus übertragenen Brennrechten nicht mehr zu gewähren, rechtswidrig ist, weil der Gesetzgeber in § 71 des Branntweinmonopolgesetzes keinen Unterschied zwischen originären Brennrechten im süddeutschen Raum und dorthin übertragenen Brennrechten gemacht hat?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Meyer zu Bentrup, die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Meyer zu Bentrup.
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17076 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Haben Sie die Antwort hinsichtlich der Rechtswidrigkeit gegeben, Herr Staatssekretär?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Genau.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Meyer zu Bentrup.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, warum hat die Bundesregierung bei der Novellierung des Änderungsgesetzes im November 1979 die Möglichkeit einer Verwaltungsentscheidung nicht mit eingebaut?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Wir haben die Verwaltungsentscheidung damals nicht als notwendig auf uns zukommend erkannt. Aber heute will ich Ihnen gern noch sagen, daß die Bundesregierung der Auffassung ist, daß bei der Zahlung des sogenannten „süddeutschen Zuschlags" zwischen originären süddeutschen Brennrechten und aus anderen Regionen nach Süddeutschland übertragenen Brennrechten zu unterscheiden ist. Bei dem süddeutschen Zuschlag, der zusätzlich zu den kostendeckenden Übernahmepreisen von der Bundesmonopolverwaltung gezahlt wird, handelt es sich um eine Auswirkung des Sonderrechts, das den süddeutschen Ländern bis zur Einführung des Branntweinsteuergesetzes von 1887 zustand. Er sollte damals einen Ausgleich zu den billiger arbeitenden norddeutschen Brennereien bilden.
Mit dieser Zwecksetzung läßt sich die Zahlung des Zuschlags für aus Norddeutschland stammende Brennrechte nicht vereinbaren. Daß der Gesetzgeber ursprünglich nur die originären süddeutschen Brennrechte begünstigen wollte, ergibt sich auch aus § 42 des Branntweinmonopolgesetzes alter Fassung. Hiernach war die Aufstockung süddeutscher Brennrechte durch Übertragung ausdrücklich untersagt. Wollte man den Zuschlag auch für norddeutsche übertragene Brennrechte anwenden, wäre ein erheblicher Anreiz zum Brennrechtstransfer nach Süddeutschland gegeben. Solche Verlagerungen könnten zu Ungleichgewichten im Rahmen des Branntweinmonopols führen And dem agrarpolitischen Anliegen des Gesetzes widersprechen, den landwirtschaftlichen Betrieben die Erzeugung von Agraralkohol in allen Regionen des Monopolgebietes zu ermöglichen.
Daß wir also das, was wir jetzt auf dem Verwaltungswege praktizieren, nicht in das Gesetz eingebaut haben, ergab sich daraus, daß wir eigentlich ganz sicher waren, dem Gedanken des Gesetzgebers auch .mit einem Verwaltungsakt entsprechen zu können.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Meyer zu Bentrup.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, was hat sich denn eigentlich geändert zwischen der einstimmigen Kabinettsentscheidung, in der man sich ausdrücklich für die Beibehaltung des süddeutschen Zuschlags in der Änderungsnovelle ausgesprochen hat, und dem heutigen Zustand?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Und der Entscheidung des Bundesministeriums der Finanzen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja.
Haehser, Parl Staatssekretär: Da hat sich geändert, Herr Kollege, daß wir damals aus dem Branntweinmonopol Überschüsse erzielten und heute 200 Millionen DM Steuergeld für das Branntweinmonopol ausgeben. Ich will aber gerne einmal die Gelegenheit nützen, um Ihnen zu sagen, daß ich ganze Teile der Fragen und der Fragestunde nicht verstehe, weil ich in Ihnen bisher, meine Herren von der Opposition, Anhänger der kritischen Überprüfung aller Subventionen vermutet habe.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Baack.
Herr Staatssekretär, erlauben Sie mir im Hinblick darauf, daß bei der Reichsgründung vor hundert Jahren das „süddeutsche Privileg" eingeführt wurde, um die Loyalität der süddeutschen Länder dem Reich gegenüber zu festigen,
die Frage: Lassen die Wünsche auf Ausdehnung dieses Privilegs darauf schließen, daß heute ähnliche Überlegungen angestellt werden?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie wissen ja, daß jenes Privileg erst 17 Jahre nach der Reichsgründung eingeführt worden ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist schon wesentlich älter als 17 Jahre, so daß ein Zusammenhang mit damals wohl nicht gegeben ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Ey.
Herr Staatssekretär, ist meine Annahme richtig, daß die Bundesregierung in der Tat von zweierlei Brennrechten ausgeht, nämlich der flächengebundenen Brennrechtserteilung und der brennereigebundenen Brennrechtserteilung?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich müßte dieser Frage noch einmal nachgehen, ob das, was in Ihrer Frage steckt, wirklich die Begründung für die Einführung des Privilegs gewesen ist. Ich dachte, in einer meiner bisher gegebenen Antworten sei die Begründung für die Einführung umfassend genannt. Es kann sein, daß damals noch zusätzliche Momente eine Rolle spielten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie soeben aussagten, daß es bis zu einer gewissen Zeit Überschüsse gege-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17077
Kolbben hat und daß Sie, weil es diese jetzt nicht mehr gibt, drehen wollen? Ich finde das persönlich nicht ganz für fair. Oder weswegen wollen Sie es jetzt ändern?Haehser, Parl. Staatssekretär: Lieber Herr Kollege, ich habe doch nun deutlich gesagt, daß bis 1967 aus guten, guten Gründen eine Übertragung von Brennrechten von Norddeutschland nach Süddeutschland überhaupt nicht möglich war. Das Thema stand gar nicht an. Aber jetzt wird übertragen, und deswegen bedurfte diese Frage einer Regelung. Wir hätten mit einer Novellierungsabsicht kommen können; aber da Sie sich ja über die Gesetzesflut beklagen, meinten wir, daß wir das, was wir ohne Gesetz regeln könnten, auch ohne Gesetz regeln sollten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Broll.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre drittletzte Antwort so deuten, daß die Gewährung eines Privilegs für Süddeutschland ein Dank des Reiches wegen erwiesener besonderer Reichstreue Bayerns gewesen ist und daß Sie der Meinung sind, daß dieses Privileg angesichts der fortwährenden Bundestreue des Freistaats Bayern auch heute noch zu gewähren sei?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich will mal in den Aufzeichnungen des Herrn von Bismarck und des Kaisers Wilhelm I. nachlesen, ob diese Dinge eine Rolle gespielt haben.
Ich sehe nicht, daß weitere Zusatzfragen zu Frage 28 gestellt werden.
Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Susset auf:
Kann die Bundesregierung angeben, auf welche Rechtsgrundlagen sich die Bundesmonopolverwaltung bei ihrem Vorgehen im einzelnen stützt?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, im Grunde genommen habe ich die Antwort schon auf eine Zusatzfrage gegeben, die einer der Herren Kollegen gestellt hat. Ich will aber gerne noch einmal sagen, daß die Bundesregierung der Auffassung ist, daß bei der Zahlung des sogenannten süddeutschen Zuschlags zu unterscheiden ist zwischen originären süddeutschen Brennrechten und aus anderen Regionen nach Süddeutschland übertragenen Brennrechten. Die Rechtsgrundlage, nach der Sie hier fragen, ist darin gegeben, daß das Finanzministerium natürlich nicht daran gehindert ist, bei der Abwicklung eines Gesetzes auftretenden Mängeln mit seinen Mitteln — in diesem Falle mit einem Verwaltungsakt — entgegenzutreten.
Zusatzfrage, Herr Kollege Susset.
Sind Sie nicht der Meinung, daß es dann zumindest ehrlicher gewesen wäre, wenn man dies im letzten Jahr bei der doch ziemlich lang andauernden Beratung des Branntweinmonopolgesetzes geregelt hätte? Dann wäre die Rechtsgrundlage da.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Wenn ich Ihnen sagen würde „Ich bin dieser Ihrer Meinung", würde ich damit zugeben, daß ich eine Rechtsgrundlage für nicht gegeben ansehe. Das kann ich Ihnen aber nicht zugeben. Kein Ministerium, auch nicht das Finanzministerium, ist daran gehindert, ihm notwendig erscheinende Verwaltungsakte durchzuführen. Genau das haben wir hier getan.
Zweite Zusatzfrage.
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß dies nicht aus § 71 des Branntweinmonopolgesetzes, in dem darauf Bezug genommen wird, wo der Branntwein hergestellt wird — hier steht: Bayern, Württemberg und Baden —, hergeleitet werden kann?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie haben gefragt „Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär ..."; ich antworte mit Nein.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Spöri.
Herr Staatssekretär, ist es von der branntweinpolitischen Grundsatzkonzeption der Bundesregierung her gesehen sinnvoll, wenn über das süddeutsche Privileg ein Brennrechtehandel von Nord- nach Süddeutschland gefördert wird und damit die Gefahr besteht, daß Norddeutschland völlig von Brennrechten entleert wird?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist mit ein Grund dafür, daß dieser Verwaltungsakt von seiten des Bundesministeriums der Finanzen begangen wurde. Ich will im übrigen sagen: Ich glaube nicht, daß es für das Privileg gut ist, daß das hier in aller Breite erörtert wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger .
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für angebracht, neben dem ja wohl unbestrittenen Heimatrecht auch noch eine Gattung von Rechten im Zusammenhang mit „Heimat" zu schaffen, nämlich übertragene Brennrechte, wodurch die Betroffenen dafür bestraft werden, daß sie ihre Heimat in Norddeutschland haben?Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Herr Präsident hat Ihre Frage zugelassen; deswegen muß ich sie beantworten.
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17078 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Sie müssen sie nicht beantworten.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich muß die Frage nicht beantworten? — Gut, dann bin ich ja fein raus.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dr. Kunz.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Ausführungen zum originären süddeutschen Zuschlag so verstehen, daß die Bundesregierung bereit ist, die gesetzliche Grundlage für diesen originären süddeutschen Zuschlag zu beachten?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Die gesetzliche Grundlage ist ja gegeben.
— Ja, selbstverständlich. Die Bundesregierung ist ja kein Verein, aus Gesetzesbrechern bestehend.
Eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin Lepsius.
Herr Staatssekretär, sehen Sie sich in der Lage, mich als Bundestagsabgeordnete aus dem Land Baden-Württemberg einmal darüber aufzuklären, warum unsere badischen Schnapsbrenner sich trotz der Privilegien und trotz der Zuschläge als „unterprivilegiert" ansehen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Auf diesem Gebiet werde ich mich wahrscheinlich nicht in der Lage sehen, Sie aufzuklären, Frau Kollegin.
Keine weitere Zusatzfrage zu Frage 29. Dann rufe ich die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Susset auf:
Kann die Bundesregierung angeben, in wieviel Einzelfällen Zuschläge nach § 71 des Branntweinmonopolgesetzes aus übertragenen Brennrechten entzogen werden sollen oder bereits entzogen sind und wie die finanziellen Auswirkungen sind?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die' Zuschläge werden mit Wirkung vom 1. April 1980 in ca. 30 Fällen für insgesamt ca. 9 000 Hektoliter reiner Alkohol versagt werden. Dies führt zu Einsparungen an Subventionen in Höhe von rund 100 000 DM im Jahr.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Susset.
Herr Staatssekretär, können Sie die Jahre angeben, in denen diese 30 Fälle entstanden sind? War das Anfang der 70er Jahre, oder ist das neu?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich werden Ihnen das schriftlich nachreichen müssen, Herr Kollege Susset, weil mir Unterlagen darüber zur Zeit nicht zur Hand sind.
Keine weitere Zusatzfrage. Damit ist die Frage 30 beantwortet.
Die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Kiechle wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Haehser.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers den Innern auf. Ich begrüße Herrn Staatssekretär von Schoeler.
Ich rufe die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Berger auf:
Wird die Bundesregierung in "Grundsätzen", ,,Richtlinien" oder vergleichbaren amtlichen Mitteilungen für alle Bundesbediensteten eindeutig klarstellen, daß — entgegen der von ihr bisher vertretenen Auffassung — nach dem Urteil des Bundesdisziplinargerichts eine disziplinarrechtlich relevante Pflichtverletzung des Beamten vorliegt, wenn dieser für die DKP kandidiert oder sich sonst politisch betätigt, damit ausgeschlossen ist, daß dieser sich auf Verbotsirrtum berufen kann, weil ,,selbst seine maßgeblichen Vorgesetzten eine Pflichtverletzung verneinen"?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, zu dem Urteil des Bundesdisziplinargerichts ist eine Stellungnahme erst möglich, wenn die schriftliche Begründung der Entscheidung vorliegt. Die Frage nach etwaigen weiteren rechtlichen Schlußfolgerungen aus diesem Urteil läßt sich erst nach der Rechtskraft des Urteils beantworten.
Schon jetzt aber kann darauf hingewiesen werden, daß es schwer vorstellbar ist, alle denkbaren Verhaltensweisen, die eine Verletzung der politischen Treuepflicht darstellen können, in Verwaltungsvorschriften lückenlos zu erfassen. Es erscheint auch zweifelhaft, ob nach dem Erlaß derartiger Richtlinien noch sichergestellt wäre, daß bei Verdacht einer Dienstpflichtverletzung der Grundsatz der Einzelfallprüfung hinreichend beachtet wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Berger.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß der Bundesdisziplinarhof in ständiger Rechtsprechung bereits die nominelle Zugehörigkeit zu einer Partei, die ein Prinzip verfolgt, das im erklärten Gegensatz zur Verfassung steht, als Dienstvergehen ansieht, so daß angesichts dieser . eindeutigen Rechtslage schon längst entsprechende klarstellende Grundsätze hätten erlassen werden müssen?
von Schoeler, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege Berger, der Bundesregierung sind die Urteile der Gerichte bekannt. 'Ober den Inhalt dieser Urteile kann ich im einzelnen nichts sagen, solange es sich nicht um gezielte Fragen handelt. Die Notwendigkeit für Änderungen des Verhaltens der Bundesregierung ergibt sich aus den bekannten Urteilen nicht.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Berger.
Sieht die Bundesregierung in ihrem jetzt vertretenen Standpunkt nicht
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17079
Berger
I einen Widerspruch zu der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 9. September 1977, der eindeutig erklärt hat, daß die Ausübung von Funktionen in der DKP einen Verstoß gegen die Dienstpflichten des Beamten darstellt und die Fortsetzung dieser Dienstpflichtverletzung ein förmliches Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst zur Folge haben muß, falls er sich nicht in angemessener Frist entschließt, sich eindeutig von der DKP zu distanzieren?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Antwort lautet: Nein. Die Bundesregierung hat immer die Bedeutung des Grundsatzes der Einzelfallprüfung betont.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Spranger.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung, wie es der Parlamentarische Staatssekretär Haar in der soeben vom Kollegen Berger zitierten Antwort angekündigt hat, die DKP-Mitglieder wenigstens darauf hingewiesen, daß die weitere Ausübung von Funktionen in der DKP einen Verstoß gegen die Dienstpflichten des Beamten darstellt und daß die Fortsetzung dieser Dienstpflichtverletzung ein förmliches Disziplinarverfahren zur Folge haben würde, falls er sich nicht in angemessener Frist entschließt, sich eindeutig von der DKP zu distanzieren?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Spranger, ich glaube, hier muß es sich um ein Mißverständnis handeln. Ich habe Ihre Frage so verstehen müssen, daß Sie davon ausgehen, es sei Aufgabe der Bundesregierung, Mitgliedern der DKP irgendwelche Hinweise zu geben. Es ist Auffassung der Bundesregierung, dafür zu sorgen, daß Recht und Gesetz in ihrem Bereich eingehalten werden. Das tut sie.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Möller!
Herr Staatssekretär, welche Gründe haben denn die Bundesregierung veranlaßt, ihre über viele Jahre — bis 1977 — vertretene Rechtsauffassung jetzt zu ändern?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Möller, Sie müßten Ihre Frage — entschuldigen Sie, wenn ich das so sage — spezifizieren, weil ich nicht weiß, welche Änderung einer Rechtsauffassung Sie meinen. Die Bundesregierung hat immer einen klaren Standpunkt in eindeutiger Weise vertreten und auch durchgehalten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Miltner.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß Extremisten im Staatsdienst auf jeden Fall ein großes Sicherheitsrisiko darstellen, auch wenn sie in untergeordneter Funktion beschäftigt werden, insbesondere z. B. im Fernmeldebereich, wo die Möglichkeit von
Sabotageakten im Krisenfall nicht ausgeschlossen werden kann?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Miltner, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß für die Bewertung der Frage, ob jemand in den öffentlichen Dienst eingestellt werden kann, nach unserer Verfassung und nach unseren Beamtengesetzen der Grundsatz der Einzelfallprüfung gilt. Dieser verbietet eine generalisierende Antwort, wie Sie sie mit Ihrer Frage verlangen. Diese Haltung der. Bundesregierung wird durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1973 bekräftigt, in dem sich die Bedeutung und die Geltung des Grundsatzes der Einzelfallprüfung auch wiederfinden.
Eine Zusatzfrage. Herr Kollege Conradi.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß eine Erörterung der Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts vom 26. März 1980 und der sich daraus möglicherweise ergebenden Konsequenzen in sachlicher Weise erst dann möglich ist, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, und daß eine Art und Weise der Behandlung, wie sie hier von der Opposition versucht wird, nicht darauf schließen läßt, daß die Opposition eine sachliche Auseinandersetzung über dieses Urteil wünscht?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Conradi, ich stimme voll mit Ihnen überein, daß eine Erörterung dieses Urteils erst dann möglich ist, wenn die Urteilsgründe schriftlich vorliegen, weil erst dann eine verantwortungsvolle Analyse der Entscheidungsgründe vorgenommen werden kann. Im übrigen ist es nicht meine Aufgabe, zu beantworten, ob die Fragen noch in einem Zusammenhang mit der Ausgangsfrage stehen. Ich bin gern bereit, jede weitere Frage zu beantworten, aber nicht die Frage nach einer Bewertung des Urteils. Da teile ich Ihre Meinung voll.
Ein weitere Zusatzfrage. Herr Kollege Jäger.
Herr Staatssekretär, gehört es nicht sogar zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die die Bundesregierung wahrzunehmen hat, daß sie allen von den Aussagen dieses Urteils unmittelbar oder auch mittelbar Betroffenen unverzüglich davon Mitteilung macht, damit sie sich zur Vermeidung von Rechtsnachteilen rechtzeitig von der Zugehörigkeit zu entsprechenden politischen Parteien distanzieren können?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, ich weise Sie darauf hin, daß die Bundesregierung Mitteilung nur von etwas machen könnte, was ihr vorliegt. Mir liegt lediglich ein Papier vor, das an die im Gerichtssaal anwesende Presse verteilt worden ist und nach meiner Kenntnis nicht einmal die Leitsätze des Urteils enthält. Die Frage, die Sie gestellt haben, könnte sich allenfalls zu dem Zeitpunkt stellen, zu dem die Entscheidungsgründe bekannt
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17080 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Parl. Staatssekretär von Schoelersind. Im übrigen weise ich auf das hin, was ich vorhin bereits bei der Ausgangsfrage gesagt habe, nämlich daß über etwaige Schlußfolgerungen aus dem Urteil wohl erst nach Rechtskraft der Entscheidung entschieden werden könnte.
Eine weitere Zusatzfrage. Herr Kollege Löher.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, in welchen Fällen sich aktive DKP-Mitglieder im Bundesdienst von den Zielen ihrer Partei, also der DKP, distanziert haben?
Herr Kollege Löher, das steht nicht im Sachzusammenhang mit der gestellten Frage.
— Nur in einem sehr weiten Sinn. Aber wenn der Herr Staatssekretär das beantworten will, habe ich nichts dagegen.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung gibt im jährlichen Verfassungsschutzbericht über den Anteil der Extremisten im öffentlichen Dienst bei Bund, Ländern und Gemeinden Auskunft. Das sind die Zahlen, die dazu veröffentlicht werden. Weitere Angaben dazu kann ich Ihnen nicht machen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Broll.
Herr Staatssekretär, ist denn die Bundesregierung im Augenblick überhaupt in der Lage, hier die Grundsätze bekanntzugeben, wann sie ein disziplinarisches Eingreifen gegen einen Beamten aus solchen Gründen für geboten hält?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hat die Antwort darauf bereits mehrmals in Antworten auf parlamentarische Anfragen gegeben, soweit sie zu geben ist. Im übrigen wissen Sie, daß die Handhabung des Disziplinarrechts prinzipiell Sache des jeweiligen Ministers ist und deswegen von mir hier für den Geschäftsbereich anderer Ressorts keine weiteren Auskünfte gegeben werden können.
Herr Kollege Besch zu einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es denn nach Ihrer Auffassung eine unzulässige Generalisierung, wenn man den Standpunkt einnimmt, daß die Ausübung von Funktionen in der DKP einen Verstoß gegen die Dienstpflichten als Beamter darstellt, einen Standpunkt, den die Bundesregierung selber noch am 9. September 1977 hier vertreten hat?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, schon aus Ihrer Frage ergibt sich, daß ich sie mit Nein beantworten kann. Denn selbstverständlich hält die Bundesregierung eine von ihr vertretene Rechtsauffassung nicht für unzulässig.
Herr Kollege Kunz zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß gerade die von Ihnen stets befürwortete Einzelfallprüfung eindeutiger Kriterien bedarf; sind Sie bereit, diese Kriterien alsbald geschlossen dem Haus zuzuleiten; und stimmen Sie des weiteren mit mir darin überein, daß die Kriterien, die eindeutig zu setzen sein werden, nicht durch kriterienfern ergehende sogenannte Urteile höchster Stellen der Verwaltung ersetzt werden können?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Antwort lautet: Nein.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Kolb auf:
Welche Effizienstenzsteigerung ergibt sich aus der Veränderung des Personalstands entsprechend meinen Anfragen am 27./ 28. Februar 1980 (Drucksache 8/3692) und 5./6. März 1980 (Drucksache 8/3738), und kann die Bundesregierung eine Leistungsbilanz vorweisen, die diese Veränderung sowie vor allem die damit verbundenen Mehrkosten rechtfertigt?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Anzahl der Beschäftigten und ihre Einordnung in das Bezahlungssystem werden entscheidend vom Umfang, von der Quantität der Aufgaben bestimmt, die der öffentliche Dienst zu erfüllen hat. Eine wesentliche Ursache für den gestiegenen Personalbestand ist — wie aus einem Vergleich der für die Jahre 1968 und 1977 ermittelten Zahlen hervorgeht — die Übernahme neuer gesetzlicher Aufgaben durch die Bundesverwaltung, die Gründung neuer und der Ausbau bestehender Bundesbehörden. Ich erwähne hier nur als Beispiel das Bundesimmissionsschutzgesetz vom 15. März 1974, die Gründung des Umweltbundesamtes auf Grund des Gesetzes vom 22. Juli 1974, den Aufgabenzuwachs im Bereich der Reaktorsicherheit und den Ausbau der Sicherheitsbehörden. In vielen Bereichen, z. B. im Umweltschutz, sind die Anforderungen an die Stelleninhaber erheblich gestiegen. Durch eine ständige Verbesserung der Aus- und Fortbildung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sowie durch den Einsatz moderner technischer Hilfsmittel sind Qualität und Effizienz der öffentlichen Dienstleistungen ständig verbessert worden. Die Planstellen, von denen die Höhe des Personalstandes und die Personalkosten der Bundesbeamten letztlich abhängen, werden im übrigen unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte nach gründlicher Beratung im Haushaltsausschuß vom Parlament jährlich mit den Haushaltsgesetzen festgelegt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär, obwohl Sie die neuen technischen Hilfsmittel erwähnt haben und ich nur einen Teilbereich abgefragt habe, ergibt allein dieser Teilbereich eine zusätzliche jährliche Steigerung von 860 Millionen. Diese 860 Millionen müßten doch auch für uns alle als Bürger draußen ir-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17081
Kolbgendwo besser wirksam werden als in den paar wenigen Dingen, die Sie eben genannt haben?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Ihre Frage ist so umfassend gestellt, daß ich gerne konzediere, daß ich sie nur für einen Teilbereich habe beantworten können. Aber ich will noch einmal sagen, daß ein wesentlicher Teil der Personalstellenvermehrung darauf beruht, daß neue Aufgaben wahrgenommen werden müssen. Bei einem ganz überwiegenden Teil dieser neuen Aufgaben, die der Verwaltung übertragen werden, beruht das auf einstimmigen Entscheidungen dieses Parlamentes. Das verbietet, glaube ich, eine generalisierende Kritik an solchen Entscheidungen, weil, ich glaube, auch Sie an vielen solcher Entscheidungen mitgewirkt haben.Das bedeutet nicht, daß nicht die Frage, ob Personalstellenvermehrungen notwendig sind, jeweils vor solchen Entscheidungen kritisch überprüft werden muß. Nach meiner Kenntnis der Praxis im Haushaltsausschuß passiert das auf alle Fälle in diesem Haushaltsausschuß, und die Regierung ist auf Grund der Situation der öffentlichen Finanzen auch gezwungen, diese Prüfung bereits vor den Beratungen des Haushaltsausschusses sorgfältig vorzunehmen.
Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär, würden Sie überprüfen lassen, ob Personalvermehrungen auch als Folge von Gesetzen durchgeführt wurden, bei denen der Zusatz „Kosten: keine" stand?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin im Augenblick, das bitte ich mir nachzusehen, nicht in der Lage, Ihnen zu sagen, ob die Angabe der Kosten auch die Frage möglicher Personalkosten beinhaltet; ich glaube, ja. Von daher muß das im Gesetzgebungsverfahren geprüft werden, wenn diese meine Auffassung zutrifft.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich Frage 11 — des Herrn Abgeordneten Kolb — auf:
Weshalb hält die Bundesregierung es für notwendig, nur alle drei Jahre eine Gesamterhebung des Personalstands durchzuführen, und sieht sie trotz der derzeitigen kritischen Haushaltslage die Frage der Personalkosten als eine „quantité négligeable„?
Bitte, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Der Rhythmus von drei Jahren, Herr Kollege, für eine Gesamtstatistik des Personals in Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden, gegliedert auch nach Laufbahngruppen und Einstufungen, wird von § 7 des Finanzstatistikgesetzes vorgeschrieben. Unabhängig davon erfolgt eine Überprüfung der Personalkosten in den jährlichen Haushaltsansätzen der Ressorts.
Der dreijährige Erhebungszeitraum des Finanzstatistikgesetzes läßt also nicht den Schluß zu, die Bundesregierung verkenne die Bedeutung, die den
Personalkosten im Rahmen des Gesamthaushalts zukommt.
Der Fragesteller wünscht das Wort zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß, wenn ein Unternehmen bei einer Bank um Kredit nachsucht, in erster Linie gefragt wird: Wie verhält es sich mit deinen Personalkosten, was hast du getan, und was kannst du einsparen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß diese ständige Überprüfung auch im Bereich der Bundesverwaltung, und zwar bei den jährlichen Haushaltsberatungen, stattfindet. Insofern müßten Sie eine Schlußfolgerung aus Ihrer Frageformulierung ziehen, um weitere Auskünfte von mir zu bekommen.
Herr Kollege Kolb zu einer zweiten Zusatzfrage.
Sieht die Bundesregierung in der Notwendigkeit, in den nächsten Jahren den Haushalt nur mit Kredit zu finanzieren, eine dringende Aufgabe, den Personalbestand etwas zu reduzieren?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kolb, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie entsprechende Vorschläge machten, damit man über konkrete Fragen reden kann. Im übrigen habe ich bereits darauf hingewiesen, daß die Frage der Personalkosten in den jährlichen Haushaltsberatungen nicht nur von der Bundesregierung, sondern auch vom Parlament sehr kritisch und eingehend überprüft wird.
Ich sehe nicht, daß das Wort zu weiteren Zusatzfragen gewünscht wird.Bei den Fragen 12 des Abgeordneten Stahlberg und 13 des Abgeordneten Dr. Wendig bitten die Fragesteller um schriftliche Beantwortung. Dem wird entsprochen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Möller auf:Ist es richtig, daß wegen der Vorschriften der Datenschutzbestimmungen, die auf dem Bundesdatenschutzgesetz beruhen, Geburtstage in Pfarrbriefen oder ähnlichen Mitteilungen der Kirchengemeinden nicht mehr veröffentlicht werden dürfen, ohne daß eine Einwilligung der betroffenen Bürger vorher eingeholt worden ist, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß dadurch eine gute Möglichkeit, den Kontakt in den Pfarrgemeinden zu verstärken, aufgehoben worden ist, und sieht die Bundesregierung bejahendenfalls eine Möglichkeit, dies auf dem Wege der Gesetzgebung zu ändern?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das Bundesdatenschutzgesetz findet auf öffentlichrechtliche Religionsgesellschaften keine Anwendung. § 10 Abs. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes sieht jedoch vor, daß aus dem öffentlichen Bereich Daten an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften nur übermittelt werden dürfen, wenn durch diese ausreichende Datenschutzmaßnahmen getroffen wurden. Entsprechende Datenschutzvorschriften mit Rechtsnormcharakter sind von den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften durchweg bereits in Kraft gesetzt worden. Diese entsprechen
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17082 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Parl. Staatssekretär von Schoelerinhaltlich weitgehend den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes. Geburtstage, insbesondere Jubiläumsdaten, dürfen danach an Verlage und Redaktionen von Gemeindeblättern, Pfarrbriefen und ähnlichen Publikationsorganen zum Zwecke ihrer Veröffentlichung nur mit Einwilligung des Betroffenen übermittelt werden, weil anders die schutzwürdigen Belange der Betroffenen verletzt würden. Die Aufrechterhaltung der Kommunikation zwischen den Mitgliedern der Pfarrgemeinden insoweit ist mithin in deren eigenes Ermessen und ihre freie Entscheidung gelegt. Die Frage einer Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes stellt sich damit in bezug auf die von Ihnen gestellte Frage nach Auffassung der Bundesregierung nicht.Im übrigen darf ich ergänzend auf meine Antwort auf eine ähnliche Frage des inzwischen verstorbenen Kollegen Schmitt-Vockenhausen hinweisen, die im Sitzungsprotokoll vom 27. April 1978 abgedruckt ist.
Wünschen Sie das Wort zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Möller? — Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß gerade der Kontakt zu unseren älteren Mitbürgern, untereinander und insbesondere in den Pfarrgemeinden, nicht durch kleinliche und restriktive Handhabung des Datenschutzgesetzes behindert werden darf, zumal das zumindest der Bundesgesetzgeber damals nicht gewollt hat?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Möller, ich glaube, es ist jeweils entscheidend, ob die Betroffenen wollen, daß mittels Veröffentlichung ihrer Daten ein solcher Kontakt hergestellt wird. Dem versucht die geltende Regelung dadurch Rechnung zu tragen, daß nicht die Veröffentlichung solcher Daten generell versagt wird, sondern nur von der Einwilligung des Betroffenen abhängig gemacht wird.
Noch eine Zusatzfrage? — Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, kann denn der Bundesdatenschutzbeauftragte, der dem Bundesinnenminister untersteht, den Redaktionen und den Pfarrgemeinderäten, den Pfarreien überhaupt, irgendwelche Anhaltspunkte dafür geben, daß man die bisherige beliebte Praxis einwandfrei beibehalten kann?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Möller, mir ist nicht bekannt, welche Unterlagen dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz zu dieser Frage im einzelnen vorliegen. Mir ist nur eine Untersuchung aus dem Bereich der Niedersächsischen Landesregierung bekannt, die ein ähnliches Problem betrifft. Dabei ging es um die Weitergabe von Geburtsdaten an Abgeordnete, die Glückwünsche übermitteln wollten. Die betroffenen Bürger dieser Gemeinde sind gefragt worden, ob sie damit einverstanden seien. Da war zwar die Mehrheit der
Bürger damit einverstanden, aber ein nicht unwesentlicher Teil, eine nicht unwesentliche Minderheit, war dagegen, daß ihre Daten ohne ihre Einwilligung weitergegeben werden.
Ich kann Ihnen im Augenblick aus meiner Kenntnis nur dieses Beispiel zu einem ähnlichen Problem — nicht zum gleichen — nennen und möchte Ihnen empfehlen, wenn Sie speziell an den Unterlagen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz interessiert sind, sich mit ihm unmittelbar in Verbindung zu setzen.
Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage wird nicht gewünscht. Dann rufe ich die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Miltner auf:
Wann wird die Bundesregierung die seit zwei Jahren unbeantwortete Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion betr. politisch motivierte Gewalttaten jugoslawischer Staatsangehöriger in der Bundesrepublik Deutschland beantworten?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die mit der von Ihnen angesprochenen Kleinen Anfrage aufgeworfenen Fragen betreffen Themen, deren Behandlung im Wege der schriftlichen und damit öffentlichen Äußerung durch die Bundesregierung auswärtige und sicherheitspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren. Darauf hat die Bundesregierung die CDU/CSU wiederholt — zuletzt mit Schreiben des Staatsministers beim Bundeskanzler vom 17. Januar 1980 — hingewiesen und zugleich vorgeschlagen, die Angelegenheit in vertraulicher Ausschußberatung zu erörtern.
Die in diesem Schreiben genannten Bedenken bestehen fort. Aus diesem Grunde sieht die Bundesregierung nach wie vor nur die Möglichkeit einer Unterrichtung der zuständigen Bundestagsausschüsse in vertraulicher Sitzung.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Miltner.
Herr Staatssekretär, nachdem das Parlament sowieso keinen Einfluß darauf hat, wie die Antwort ausfällt, d. h., wie der Inhalt Ihrer Antwort ist, hält es die Bundesregierung nach wie vor mit dem Text und dem Geist des Grundgesetzes oder mit einem ordentlichen Verhältnis zwischen Parlament und Regierung für vereinbar, wenn eine Antwort dadurch verweigert wird, daß sie seit zwei Jahren aussteht?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Miltner, darüber, ob und zu welchem Zeitpunkt diese Frage beantwortet wird, hat es während dieser zwei Jahre Gespräche zwischen der Fraktion der CDU/CSU und der Bundesregierung gegeben. Ich glaube, es entspräche nicht dem Geist dieser Gespräche, wenn ich jetzt die Beantwortung Ihrer Frage mit verfassungsrechtlichen Erwägungen stützen wollte. Ich möchte deshalb die rechtliche Frage, die sie gestellt haben, ausdrücklich aus meiner Beantwortung ausklammern.Ich möchte noch einmal die Bereitschaft der Bundesregierung erklären, dem Informationsbedürfnis des Parlaments, soweit es irgend vertretbar ist, ge-
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Parl. Staatssekretär von Schoelerrecht zu werden, und auf die von der Bundesregierung dafür für geeignet gehaltene Möglichkeit einer Unterrichtung in vertraulicher Sitzung hinweisen. Im übrigen weise ich darauf hin, daß ein Teilkomplex dieser Frage bereits in einer vertraulichen Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 18. Oktober 1978 behandelt worden ist, in der Herr Bundesinnenminister Baum den Ausschuß informiert hat.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Kollege Miltner.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung die Antwort auf die Kleine Anfrage in der vorgeschriebenen Weise nicht geben wird?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Miltner, Sie können meiner Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung für eine Behandlung dieses Themas eine Unterrichtung des Parlaments in einer vertraulichen Sitzung für angemessen halten würde.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Spranger.
Herr Staatssekretär, glauben Sie es vor der deutschen Bevölkerung tatsächlich verantworten zu können, der Offentlichkeit zu verschweigen, wie viele beispielsweise aus Jugoslawien stammende Emigranten in den letzten zehn Jahren auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland ermordet wurden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Spranger, was die Erkenntnislage der Sicherheitsbehörden betrifft, so gilt, glaube ich, nicht nur für diesen Bereich, sondern auch für andere Bereiche, daß die Möglichkeit der öffentlichen Unterrichtung ihre Grenzen hat. Diese Grenzen sieht die Bundesregierung in dem vorliegenden Fall bei dem Wunsch nach öffentlicher Information überschritten. Die Bundesregierung hält ihre Haltung nicht nur für verantwortbar, sondern für zwingend notwendig.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Löher auf:
Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, wie sich die Umweltverschmutzung im Raum Duisburg seit 1973 entwickelt hat und welche zusätzliche Belastung mit dem Bau eines Hochtemperaturreaktors gekoppelt mit einer Kohlehydrieranlage im Orsoyer Rheinbogen verbunden wäre?
Bitte, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, nach Mitteilung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen ist die Umweltverschmutzung durch Luftverunreinigung im Raum Duisburg seit 1973 zurückgegangen. So hat beispielsweise die Verschmutzung durch Schwefeldioxyd von 1973 bis 1978 im Mittelwert um rund 30 % abgenommen. Die gleichen Aussagen können nach dieser Mitteilung für die Verschmutzung durch Staub gemacht werden.
Der Staubniederschlag hat im gleichen Zeitraum um rund 20 % abgenommen.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat im Dezember 1977 einen Luftreinhalteplan gemäß § 47 des Bundesimmissionsschutzgesetzes vorgelegt. Hiernach soll die Umweltverschmutzung durch Luftverunreinigungen bis 1982, gemessen an der prozentualen Verminderung von Emissionen, z. B. bei Schwefeldioxyd nochmals um rund 10 % und bei Staub um rund 16 % abgesenkt werden. Die im Rahmen dieses Luftreinhalteplans dort vorgesehenen Maßnahmen zur Verminderung der Emissionen werden im übrigen aus den Mitteln des Altanlagenprogramms der Bundesregierung unterstützt. Bisher sind 50 Millionen DM vom Bundesministerium des Innern bereitgestellt worden.
Welche zusätzlichen Belastungen mit dem Bau einer Kohlehydrieranlage — der Bau eines Hochtemperaturreaktors wird dort nach meiner Kenntnis nicht erwogen — verbunden sein könnten, wird derzeit in Projekten und Pilotanlagen ermittelt. Die Ergebnisse dieser Vorhaben werden die notwendigen Erkenntnisse darüber liefern, welche Anforderungen gestellt und welche Maßnahmen zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen im einzelnen beim Bau einer solchen Anlage getroffen werden müssen. In jedem Falle werden aber möglicherweise auftretende Umweltbelastungen durch konsequente Anwendung des modernsten Standes der Technik so niedrig gehalten, daß schädliche Umwelteinwirkungen nicht eintreten.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Löher.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die Sicherheit der Bevölkerung grundsätzliche Schwierigkeiten, an den bisher diskutierten Standorten, z. B. auch am Orsoyer Rheinbogen, Hochtemperaturreaktoren zu bauen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Löher, ich muß noch einmal darauf hinweisen, daß mir nicht bekannt ist, daß dort solche Planungsüberlegungen angestellt werden. Deshalb muß ich Ihre Frage als rein hypothetisch betrachten. Ich kann sie daher — zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls — nicht beantworten.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Löher.
Herr Staatssekretär, dient es denn den Zielen der Bundesregierung, mit der Bevölkerung eine objektive Diskussion über den Kohle-Kernenergie-Verbund zu führen, wenn gleichzeitig prominente SPD-Beamte, z. B. der Duisburger Stadtdirektor Ebert, im Zusammenhang mit dem Kohle-Kernenergie-Verbund und entsprechenden Investitionen im Orsoyer Rheinbogen davon sprechen, dies sei „schlicht verbrecherisch" und „glatter Wahnsinn"?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kenne die Äußerungen von Kommunalpoliti-
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17084 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Parl. Staatssekretär von Schoelerkern, die Sie zitiert haben, nicht. Ganz unabhängig davon ist es nicht Aufgabe der Bundesregierung, Äußerungen von Vertretern von Gebietskörperschaften im Rahmen einer Fragestunde zu kommentieren und zu bewerten.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hoffacker.
Herr Staatssekretär, darf ich dann davon ausgehen, daß es die Bundesregierung im Hinblick auf die zu erwartende technologische Entwicklung für politisch vertretbar und im Sinne ihrer Zielsetzung für wünschenswert erachtet, daß mit der Bevölkerung dieses Raums über den Standort Orsoyer Rheinbogen sowie über. den Kohle-Kernenergie-Verbund diskutiert wird?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich muß noch einmal sagen, daß mir die Planungen, von denen Sie in Ihren Fragen ausgehen, nicht bekannt sind. Ich glaube, es ist doch verständlich, wenn ich dann sage, daß ich zu allen weiteren Fragen, die sich auf solche Planungen beziehen, nichts sagen kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Breidbach.
Herr Staatssekretär, da Sie die Drucksache 8/3874, in der die Bundesregierung selber — ohne Namensnennung — von fünf Standorten, die in Frage kämen, gesprochen hat, offen_ sichtlich nicht kennen und daher nicht in der Lage sind, die Fragen nach dem Bau eines — —
Herr Kollege Breidbach, Sie packen in Ihre Frage eine kritische Feststellung an die Adresse der Bundesregierung. Das ist — überzeugen Sie sich selbst davon — nach dem Wortlaut der Geschäftsordnung nicht zulässig. Ich kann Ihnen das daher nicht durchgehen lassen.
— Eine kurze Frage, wie es vorgeschrieben ist. Bitte!
Herr Staatssekretär, halten Sie es in Anbetracht des derzeitigen Standes der Diskussion um eine Investition im Orsoyer Rheinbogen für gerechtfertigt, wenn ein Stadtdirektor — also nicht Kommunalpolitiker —, der für Umweltschutzfragen zuständig ist, im Zusammenhang mit einer solchen Diskussion von verbrecherischen Handlungen und von Wahnsinnstaten spricht?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Frage habe ich bereits beantwortet. Ich kann es nicht als meine Aufgabe betrachten, Äußerungen von Vertretern von Gebietskörperschaften zu beantworten. Das gilt um so mehr dann, wenn sie mir nicht bekannt sind.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Die Fragen 20 und 21 werden auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Dr. Köhler , schriftlich beanwortet. Dem wird entsprochen. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Ist der Bundesregierung die Zahl der Aussiedler bekannt, die als Doppelstaatler gelten müssen, weil sie von der Sowjetunion aus der sowjetischen Staatsangehörigkeit nicht entlassen werden oder von der Volksrepublik Polen erst nach einem Zeitablauf von fünf Jahren entlassen werden oder von der Sozialistischen Republik Rumänien erst nach durchschnittlich einem Jahr entlassen werden, und was gedenkt sie dagegen zu unternehmen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die genaue Zahl ist der Bundesregierung nicht bekannt, da eine Statistik hierüber nicht geführt wird. Den Aussiedlern wird aber bereits im Grenzdurchgangslager Friedland ein Merkblatt ausgehändigt, in dem sie auf mögliche Konflikte aufmerksam gemacht werden, die sich aus dem Fortbestand einer anderen Staatsangehörigkeit für sie ergeben können. Es liegt aber allein in der Hand der Aussiedler, ob sie eine Entlassung aus der ausländischen Staatsangehörigkeit beantragen oder nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kotlege Hupka.
Herr Staatssekretär, ist es aber nicht an dem, daß es in der Hand der Generalkonsulate oder der Botschaften hier liegt, ob jemand aus der Staatsangehörigkeit entlassen wird, zumal sich die Sowjetunion weigert und Polen erst nach fünf Jahren jemanden aus ihr entläßt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hupka, nach meinen Informationen ist es keineswegs so, daß sich die Sowjetunion weigert.
Was die Frage der Generalkonsulate betrifft, so müßte ich Sie bitten, diese Frage mit dem Auswärtigen Amt zu erörtern.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.
Ist der Bundesregierung bekannt, daß diejenigen, die mit einem fremden Paß, mit fremder Staatsangehörigkeit hierherkommen, die größten Schwierigkeiten haben — nicht nur finanzieller, sondern auch bürokratischer Art —, diese Staatsangehörigkeit wieder loszuwerden, die vielfach eine aufgezwungene ist, etwa bei einem deutschen Staatsangehörigen aus Oberschlesien oder aus Ostpreußen?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dieser Tatbestand ist der Bundesregierung bekannt. Wir können auf das in diesen Staaten praktizierte Verfahren aber keinen unmittelbaren Einfluß nehmen, da es sich nach Auffassung dieser Staaten um eine innerstaatliche Angelegenheit handelt. Ich will aber gerne noch einmal betonen — dies hat die Bundesregierung mehrfach zum Ausdruck gebracht —, daß wir selbstverständlich alle bestehenden Kontakte nutzen, um die noch vorhandenen Fragen zu einer befriedigenden Lösung zu bringen.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17085
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, welche weitgehenden Verpflichtungen die Staatsangehörigkeitsgesetze der Ostblockstaaten für die einzelnen Staatsangehörigen enthalten, und zwingt das nicht die Bundesregierung, bald in Verhandlungen einzutreten, um bei so großen Zahlen nicht ein Sicherheitsrisiko einzugehen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe schon darauf hingewiesen, aus welchem Grunde Verhandlungen über dieses Thema wohl kaum möglich sind. Man kann sich allenfalls bei Ausnutzung der bestehenden Kontakte bemühen, zu einer Lösung des Problems zu kommen. Da wir es selbst nicht lösen können, sind wir bemüht, die Betroffenen in der Bundesrepublik Deutschland darauf hinzuweisen, welche Schwierigkeiten entstehen können, und Ihnen bei der Bewältigung dieser Schwierigkeiten zu helfen, soweit das in der Macht-
der Bundesrepublik Deutschland steht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Spranger.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß sich die Tatsache der Nichtentlassung vieler Personen aus der fremden Staatsangehörigkeit angesichts der Staaten, die diese Entlassung verweigern, und ihrer bekannten Praktiken für die Bundesrepublik Deutschland zu einem nicht unerheblichen Sicherheitsrisiko entwickelt hat?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe die Frage zum Teil auch akustisch nicht verstanden.
Ich darf sie wiederholen. Ich frage die Bundesregierung, ob sie die Auffassung teilt, daß sich angesichts der Praktiken derjenigen Staaten, die die Entlassung vieler Personen aus ihrer Staatsangehörigkeit verweigern, für die Bundesrepublik Deutschland eine nicht unerhebliche Gefährdung ihrer Sicherheit ergibt.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich müßte, um Ihre Frage zu beantworten, nähere Erläuterungen darüber haben, welche Gefährdungen der Sicherheit Sie damit meinen.
Herr Kollege Spranger, ich sehe auch nicht, daß die Frage im Sachzusammenhang mit der Frage 71 steht.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär von Schoeler.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Ich begrüße dazu Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Grüner.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Dr. Sprung auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach das DDR-Staatsratsmitglied Mittag in seinen Gesprächen mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Graf Lambsdorff und dem Bundeskanzler Wünsche hinsichtlich der Verlängerung des Swing-Abkommens vorgebracht hat?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, das Thema „Swing" wurde in den Gesprächen von Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff und dem Bundeskanzler mit Dr. Mittag nur in allgemeiner Form angesprochen. In diesen Gesprächen wurde deutlich, daß die DDR ihre Vorstellungen dazu noch nicht im einzelnen festgelegt hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Sprung.
Herr Staatssekretär, wann beabsichtigt die Bundesregierung in Verhandlungen einzutreten, da ja die derzeitige Regelung nur bis Ende 1981 gilt?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich möchte dazu keine Voraussagen machen, weil das auch davon abhängig ist, daß die DDR sich zu diesem Thema äußert. Ganz generell haben wir ins Auge gefaßt, diese Verhandlungen Mitte 1980 zu führen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Sprung.
Herr Staatssekretär, wird in den kommenden Verhandlungen auf die Vereinbarung von 1974 Bezug genommen, wonach auch eine Rückführung des Swing nach 1981 vorgesehen ist?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich über den Gang der Verhandlungen, bevor sie begonnen haben, hier keine Mutmaßungen abgeben möchte.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Möller.
Herr Staatssekretär, wie hoch ist denn zur Zeit der Swing, d. h. der zinslose Kredit, den die Bundesrepublik Deutschland der DDR eingeräumt hat, und wie hoch ist der Zinsverlust, der dadurch dem Bundeshaushalt entstand?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich werde Ihnen die Frage gerne schriftlich beantworten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger .
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, die zuständigen Ausschüsse des Bundestages vor Eintritt in die Verhandlungen wenigstens über die Umrisse ihres Verhandlungskonzepts zu informieren, damit sie dort mit dem Parlament erörtert werden können?Grüner, Parl. Staatssekretär: Es ist selbstverständlich, daß die Bundesregierung den Ausschüssen im-
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17086 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Parl. Staatssekretär Grünermer zur Verfügung steht. Das ist heute auch beim innerdeutschen Ausschuß geschehen.
Weitere Zusatzfragen zu Frage 32 werden nicht gestellt.
Ich rufe Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Trifft es zu, daß Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff in Warschau über die neue konkrete 500-Millionen-DM-Bürgschaft hinaus die Bereitschaft erklärte, ,weiter Kredite zur Finanzierung geeigneter Rohstoffvorhaben" mit Hermesbürgschaften trotz der Überschuldung der Volksrepublik Polen zu sichern, und ferner die allgemeine Bereitschaft, bei der Meisterung des finanziellen Desasters der Volksrepublik Polen zu helfen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Bundesminister Graf Lambsdorff hat in Warschau erklärt, die Bundesregierung sei grundsätzlich bereit, wie gegenüber anderen Ländern Bürgschaften für Projekte der deutschen Wirtschaft zu übernehmen, die zur Sicherung der Versorgung der Bundesrepublik Deutschland mit wichtigen Rohstoffen beitragen würden. So ist Polen als rohstoffreiches Land in geographischer Nähe bereits heute an der Diversifizierung der deutschen Kupferversorgung beteiligt. Neben dem erwünschten rohstoffpolitischen Effekt haben derartige Projekte im übrigen den Vorteil, daß damit über eine unmittelbar zu erreichende Steigerung der Exportfähigkeit Polens und seiner Deviseneinnahmen dem bilateralen Warenverkehr insgesamt und damit auch dem seit einigen Jahren als Folge der polnischen Konsolidierungspolitik stagnierenden deutschen Export nach Polen gedient werden würde. "Ober konkrete neue Projekte, die die genannten Bedingungen erfüllen würden, ist bisher nicht gesprochen worden.
"Ober ein von Ihnen so genanntes „finanzielles Desaster" — diese Wortwahl ist von Ihnen politisch und sachlich zu verantworten — der Volksrepublik Polen und eine eventuelle Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an seiner Meisterung ist in Warschau nicht gesprochen worden. Die Ergebnisse der Warschau-Reise von Bundesminister Graf Lambsdorff im Finanzierungsbereich sind Ihnen im übrigen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 19. März dieses Jahres eingehend erläutert worden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja.
Sucht man jetzt, nachdem weitere Bürgschaften gegeben werden sollen, besonders intensiv nach Zukunftsprojekten für diesen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" so genannten „Vorabbürgschaftsrahmen" von 2 Milliarden DM, und steht der Besuch der Minister Wrzaszczyk und Czyrek damit in Zusammenhang?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich möchte nicht über das hinausgehen, was ich Ihnen in der Fragestunde vom 19. März und heute schon gesagt habe.
Wünschen Sie das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage? — Bitte sehr, Herr Kollege Czaja.
Trifft die Meldung der FAZ in der gleichen Nummer zu, daß im Zusammenhang mit den Bürgschaftsforderungen gegenüber Herrn Minister Lambsdorff nach seiner eigenen Aussage diesmal Einmischungsversuche in innerstaatliches deutsches Recht nicht versucht wurden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das trifft nicht zu.
— Die Meldung der FAZ trifft nicht zu.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen zu Frage 33 wird nicht gewünscht.
Ich rufe Frage 34 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
In welcher Höhe sind Ausfallbürgschaften für Auslandskreditgeschäfte im Jahr 1979 in Vergleich zu den Ostblockländern und anderen Ländern vergeben worden?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Im Jahre 1979 sind für gewährte Ausfuhrgarantien und -bürgschaften Urkunden über ein Gesamtvolumen von 20,9 Milliarden DM ausgestellt worden.
Für Ausfuhrgeschäfte mit europäischen Staatshandelsländern — ohne Jugoslawien — wurden Deckungsurkunden über 2,5 Milliarden DM ausgefertigt; das sind 12 % des vorgenannten Gesamtvolumens von 20,9 Milliarden DM.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Niegel.
Herr Staatssekretär, wie hoch sind die Ausfallbürgschaften für Jugoslawien und in ähnlicher Form für die DDR?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann Ihnen hierzu keine Auskunft geben, bin aber gerne bereit, Ihnen diese Fragen persönlich zu beantworten.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir auch die Anzahl der Ausfallbürgschaften nennen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das ist sicher möglich, jedoch nicht an Hand der mir jetzt vorliegenden Unterlagen, weil danach nicht gefragt wurde.
Herr Kollege Hupka.
Herr Staatssekretär, liegen Ihnen irgendwelche Vergleichszahlen für das Jahr 1978 vor, damit man ermessen kann, wie hoch der Anteil damals war, wenn Sie jetzt für den Ostblock 12 % angeben?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich werde Ihnen dazu gern eine Stellungnahme zuleiten.
Keine weiteren Zusatzfragen?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17087
Vizepräsident LeberDann rufe ich Frage 35 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:In welchem Verhältnis standen die gewährten Ausfallbürgschaften bezüglich Großunternehmen einerseits und von mittelständischen Unternehmen andererseits?Herr Staatssekretär, bitte.Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Statistik über Bundesausfuhrbürgschaften und -garantien läßt eine Aufteilung der verbürgten und garantierten Ausfuhrgeschäfte nach den antragstellenden Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 250 Millionen DM einerseits und solchen Unternehmen mit einem über 250 Millionen DM hinausgehenden Jahresumsatz andererseits zu.Wenn man davon ausgeht, daß Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 250 Millionen DM im allgemeinen als mittelständisch anzusehen sind, so ergibt sich folgendes Bild: Auf Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 250 Millionen DM entfielen im Jahre 1979 43,3 % der insgesamt gedeckten Auftragswerte und 63,4 % der Anzahl der insgesamt gewährten Bürgschaften und Garantien. Der Rest entfällt jeweils auf Unternehmen mit Jahresumsatz über 250 Millionen DM. In den Anträgen dieser Unternehmen sind häufig Unteraufträge von kleinen und mittleren Unternehmen enthalten, die oft bis zu 50 % des gesamten Auftragswertes ausmachen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Niegel.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es für kleine und mittlere Unternehmen oft sehr schwierig ist, die Ausfallbürgschaft zu erhalten, insbesondere, da sehr viele bürokratische Hemmnisse seitens der Verwaltung errichtet worden sind?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege. Die genannten Zahlen zeigen meiner Ansicht nach vielmehr, daß Ausfallbürgschaften und Garantien in einem großen Umfange von kleinen und mittleren Unternehmen in Anspruch genommen werden. Das ist auch das Ergebnis einer bewußt verfolgten Dekkungspolitik der Bundesregierung in diesem Bereich. Kleine und mittlere Unternehmen haben im Auslandsgeschäft verständlicherweise häufig einen schweren Stand. Die Bundesregierung ist bereit, dieser schwierigen Situation im Rahmen der Deckungspolitik flexibel Rechnung zu tragen. Gerade bei kleinen und mittleren Antragstellern wird daher die Grenze des risikopolitisch Vertretbaren bei Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen oftmals weiter als im Regelfall gezogen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Niegel.
Herr Staatssekretär, ist das Verhältnis zwischen den Unternehmen mit unter 250 Millionen DM Umsatz und den größeren Unternehmen hinsichtlich der Ostblockgeschäfte genauso wie bei den Zahlen, die Sie vorhin genannt haben?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Aus den Unterlagen kann ich das nicht ermitteln. Ich werde der Frage
aber gerne nachgehen. Ich bin nicht sicher, ob wir das feststellen können. Aber ich werde, wenn ich das kann, Ihnen das mitteilen.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Die Fragen 7 und 8 des Kollegen Dr. Hüsch sind zurückgezogen worden. Herr Kollege Conradi bittet um schriftliche Beantwortung der Fragen 60 und 61. Dem wird entsprochen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Ich begrüße dazu Herrn Staatssekretär Gallus.
Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf:
Treffen Meldungen von Associated Press vom 30. März 1980 zu, wonach allein im Monat Februar 250 000 Kilogramm Rotbarschfilet einwandfreier Qualität vernichtet und zu Viehfutter verarbeitet wurden, um dadurch den Preis hochzuhalten, und wenn ja, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um dies für die Zukunft zu verhindern und statt dessen dies in Form von niedrigeren Preisen an die Verbraucher weiterzugeben?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, auf dem Frischfischmarkt sind Angebot und Nachfrage für die einzelnen Markttage und Vermarktungsplätze schwer vorherzusehen. Das gilt nicht nur für die Bundesrepublik, sondern für die gesamte EG und sogar weltweit. kurzfristige und regionale Marktungleichgewichte können daher niemals ausgeschlossen werden. Für solche Fälle sieht die EG-Fischmarktorganisation vor, daß die Erzeugerorganisationen unter bestimmten Voraussetzungen Ware aus dem Markt herausnehmen können. Dies geschieht zur Marktstabilisierung, die allen Marktbeteiligten einschließlich der Verbraucher zugute kommt.Die Bedingungen, unter denen der Interventionsmechanismus der Marktorganisation wirksam werden kann, führen keineswegs zu einer künstlichen Verknappung des Angebots und verfolgen nicht das Ziel, die Verbraucherpreise hochzuschrauben. Schwankungen der Erzeugererlöse haben nur einen relativ geringen unmittelbaren Einfluß auf die Verbraucherpreise.Die deutsche Seefischerei hat sich ganz auf die Fischerei für den unmittelbaren menschlichen Konsum eingestellt. Das ist keineswegs überall so. Wenn konsumfähige, nach Güte und Güteklassen sortierte Ware keine Käufer findet, bleibt bei einem so leicht verderblichen Nahrungsmittel wie dem Fisch praktisch nur die Verwertung als Rohstoff für die Fischmehlherstellung. Die Verwendung solcher Ware zu sozialen Zwecken würde in der Praxis an den Verteilungsproblemen scheitern.Im Jahre 1979 wurden in der Bundesrepublik nur rund 3,5 % der gesamten Fänge interveniert. Dessen ungeachtet drängt die Bundesregierung seit länge-
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17088 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Parl. Staatssekretär Gallusrem darauf, daß im Zuge der Reform der EG-Marktorganisation für Fische nach Lösungen gesucht wird, die bei punktuellen Überangeboten einen möglichst weitgehenden Absatz über den Markt ermöglichen.
Herr Kollege Kirschner, wünschen Sie das Wort zu einer Zusatzfrage? — Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß der Verbraucher nur wenig Verständnis für eine Lebensmittelvernichtung aufbringen kann, auch wenn es sich nur, wie es in einer schriftlichen Antwort von Ihnen hieß, bei dem Rotbarschfilet um die Güteklasse B handelte und wenn man weiß, was der Fisch heute auf dem Markt kostet und daß es ohne weiteres eßbarer Fisch war? Es war ja zu lesen, daß dieser Fisch zu Fischfutter verarbeitet worden ist und darüber hinaus auch noch von der EG subventioniert wird.
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich betrachte die Verarbeitung von Fischen, die zur menschlichen Ernährung am Markt nicht abfließen können, zu Fischmehl nicht als eine Vernichtung, zumal wenn es in einem sehr geringen. Ausmaße geschieht. Ich bin, was diese Meldungen anbetrifft, durchaus der Auffassung, daß hier überdramatisiert worden ist. 250 000 Kilo sind 250 Tonnen, man kann aber auch sagen: 250 Millionen Gramm.
Die deutsche Hochseefischerei und die deutsche Küstenfischerei befinden sich im Augenblick in einer sehr schwierigen Situation. Ich habe erst kürzlich bei der Beantwortung entsprechender Fragen gesagt, daß die Preise für frischen Rotbarsch im Februar 1,66 DM und im März 1,80 DM betragen haben und damit für die Fischer um 8 % bzw. 15 % unter den Preisen des Vorjahres lagen. Dagegen lagen die Verbraucherpreise in dieser Referenzperiode 10 bis 20 % über den Preisen des Vorjahres.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Kirschner.
Herr Staatssekretär, waren diese 250 t Rotbarschfilet auf dem Markt wirklich nicht absetzbar, oder wurden sie schon vorher aus dem Markt genommen, um letzten Endes eben den Preis hochzuhalten?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie können sicher sein, daß die deutschen Fischer, sowohl die Hochseefischer als auch die Küstenfischer, überhaupt kein Interesse daran haben, daß Ware in die Intervention geht. Die Erstattungen betragen nämlich nur 60 % des Rücknahmepreises. Sie erlangen also weniger, als wenn die Ware tatsächlich am Verbrauchermarkt abfließen würde. Das war bei diesem Bestand von 250 t aber nachweislich nicht der Fall.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich Frage 37 des Abgeordneten Dr. Zumpfort auf:
Halt die Bundesregierung an ihrer Absicht fest, welche sie in der Antwort auf meine Fragen 75 und 76 gegeben hat, in der es heißt, daß nach Ansicht des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durch die sogenannte modifizierte Verbandsklage mittels eines neuen Paragraphen 29 a im Bundesnaturschutzgesetz das Mitwirkungsrecht der Verbände in seiner Wirksamkeit abgerundet werden soll, und wird die Bundesregierung den vorliegenden Referentenentwurf als Gesetzentwurf in den Bundestag embringen, unabhängig davon, ob es dafür im Bundesrat z. Z. eine Mehrheit gibt?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist nach wie vor der Auffassung, daß das bestehende Mitwirkungsrecht der Verbände nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz durch die Einführung der Verbandsklage in das Naturschutzrecht verbessert werden soll. Ein entsprechender Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, § 29 a — Verbandsklage, wurde in meinem Hause erarbeitet und mit den Bundesressorts, den Bundesländern und den Verbänden erörtert. Dabei hat sich gezeigt, daß sowohl bei den Verbänden, den Bundesländern als auch bei den Bundesressorts noch erhebliche Widerstände zu überwinden sind. Für die Verbandsklage haben sich nur die Natur- und Umweltschutzverbände ausgesprochen. Bei den Ländern und bei den Ressorts ist die überwiegende Mehrheit gegen die Verbandsklage. Am 29. April findet auf Staatssekretärsebene ein Gespräch statt, in dem erneut über den Referentenentwurf gesprochen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Zumpfort.
Herr Staatssekretär, welche rechtlichen oder anderen Hemmnisse gibt es bei dem vorliegenden Referentenentwurf innerhalb der Regierung noch?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, nach Ansicht des Bundesministers der Justiz bestehen keine rechtlichen Hemmnisse. Allerdings gibt es bei einigen Gruppen Bedenken wegen der angeblich präjudizierenden Wirkung auf andere Bereiche. Ebenso sehen manche Gruppen nachteilige Auswirkungen auf das Investitionsklima. Diese Bedenken sind meines Erachtens jedoch nach dem vorliegenden Gesetzentwurf unbegründet.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Zumpfort.
Herr Staatssekretär, gibt es nicht schon im geltenden Recht anderer Länder die Verbandsklage?Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Verbandsklage gibt es in Artikel 12 des schweizerischen Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966. Sie existiert in dem dänischen Naturschutzgesetz vom 18. Juni 1969. Die Verbandsklage wird auch in den USA praktiziert. Allerdings ist ein Vergleich auf Grund der unterschiedlichen Rechtssysteme hier nur sehr schwer möglich. Ich darf insbesondere zu dem schweizerischen Bundesgesetz, das ja schon am längsten praktiziert wird, sagen, daß sich dort die Verbandsklage sehr positiv ausgewirkt hat und daß die Verbände, die dort das Recht haben zu klagen, von der Be-
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Parl. Staatssekretär Gallusschwerdemöglichkeit nur maßvoll Gebrauch gemacht haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger .
Herr Staatssekretär, da Sie hier ja nicht nur für den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, sondern für die gesamte Bundesregierung antworten, frage ich Sie: Was veranlaßt Sie, trotz der von Ihnen erwähnten Widerstände in einer großen Zahl anderer Ressorts der Bundesregierung entgegen dem sonstigen Brauch der Regierung, bei internen Vorklärungen solcher Fragen darauf zu verweisen, daß die Dinge noch nicht abgeklärt sind, hier jetzt heute schon eine dermaßen positive Stellungnahme abzugeben, ohne zu wissen, ob das nachher auch die Entscheidung der Bundesregierung sein wird?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe keine positive Stellungnahme abgegeben. Der Landwirtschaftsminister ist Teil der Bundesregierung. Ich habe auf die Fragen geantwortet, die hier vom Parlament gestellt worden sind.
Herr Kollege Ey zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind sie nicht mit mir der Meinung, daß die möglicherweise mißbräuchliche Inanspruchnahme des Verbandsklagerechts insbesondere für ländliche Räume auf dem Sektor der wirtschaftspolitischen und wirtschaftlichen Entwicklung geradezu lähmende Folgen haben kann?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich gebe zu, daß es unterschiedliche Auffassungen in bezug auf das Verbandsklagerecht gibt. Das ist meiner Antwort zu entnehmen. Aber ich kann darauf verweisen, daß dieser Referentenentwurf keine Bedrohung unseres Rechtssystems darstellt, wie auch in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zu lesen gewesen ist, und daß auch keine Ausuferung stattfinden kann. Der neu zu schaffende § 29a bedeutet nur eine Ergänzung des bestehenden § 29 mit seinem Anhörungs- und Mitwirkungsrecht, wozu die Verbände vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zugelassen werden müssen — in Zusammenarbeit mit den Ländern —, so daß meiner Auffassung nach genügend Bremsen eingebaut sind, damit eine Ausuferung nicht stattfinden kann.
Herr Abgeordneter Broll zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir darin zu, daß der Wert mancher politischen Projekte allein darin besteht, daß darüber geredet wird, auch wenn man genau weiß, daß nichts daraus wird?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, darin stimmen wir zwei nicht überein.
Diese Frage steht auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der gestellten Frage, Herr Kollege Broll.
Bitte schön, Herr Kollege Meyer zu Bentrup.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, könnten Sie uns eventuell sagen, welche Ressorts besonderen Widerstand gegen die Einführung einer Verbandsklage durch Ihr Haus leisten? Könnte es der Straßenbau sein?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es ist allerdings nicht üblich, darüber Auskunft zu geben, solange das Gesetz noch in Vorbereitung ist. Da am 29. April noch einmal eine Besprechung der Staatssekretäre stattfindet, kann ich das Ergebnis dieser Besprechung nicht vorwegnehmen. Ich nehme an, daß sich in der Zwischenzeit die Lage in bezug auf die Beurteilung dieser Vorlage geändert haben wird.
Keine Zusatzfrage mehr zu Frage 37?
Ich rufe Frage 38 des Herrn Abgeordneten Zumpfort auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Einführung der Verbandsklage nach dem vorliegenden Referentenentwurf keine Bedrohung unseres Rechtssystems darstellt?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß verfassungsrechtliche Gründe der Einführung der Verbandsklage nicht entgegenstehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Zumpfort.
Herr Staatssekretär, sind Sie dann mit mir der Auffassung, daß durch die modifizierte Form der Verbandsklage ausgeschlossen werden kann, daß jede Bürgerinitiative nun Verwaltungsentscheidungen vor Gericht anfechten kann?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Genauso ist es. Nur derjeninge kann klagen, der ein Mitwirkungsrecht hat. In dem neuen § 29a ist vorgesehen, daß nur derjenige Verband klagen kann, der erstens zugelassen ist und zweitens sein Mitwirkungsrecht wahrgenommen hat und nicht zum entsprechenden Erfolg gekommen ist. Deshalb ist die Befürchtung, daß jede Bürgerinitiative klagen könnte, völlig unbegründet
Zusatzfrage, Herr Kollege Zumpfort.
Herr Staatssekretär, es trifft also auch nicht zu, wie immer behauptet wird, daß durch die modifizierte Form der Verbandsklage die anerkannten Verbände ein sogenanntes Blankoklagerecht bekommen?Gallus, Parl. Staatssekretär: Nein. Ich habe es schon gesagt — ich wiederhole es —: Das Klagerecht ist nur für die Fälle gegeben, in denen ohnehin bereits eine Mitwirkung der Verbände vorgesehen ist. Das trifft für Befreiungen von Verboten und Ge-
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Parl. Staatssekretär Gallusboten zum. Schutz von Naturschutzgebieten und Nationalparken zu, ferner für Planfeststellungsverfahren über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft nach § 8 des Bundesnaturschutzgesetzes verbunden sind. Widerspruch und Anfechtungsklage des Verbandes sollen keine aufschiebende Wirkung haben. Hatte der Verein im Verwaltungsverfahren von seinem Mitwirkungsrecht keinen Gebrauch gemacht, so soll ihm auch keine Widerspruchs- und Klagebefugnis zustehen. Durch diesen § 29 a wird also keine Entwicklung behindert.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Ey.
Herr Staatssekretär, wird die von unserer Verfassung vorgesehene Verantwortlichkeit der Parlamentarier durch die Übertragung solcher Mitwirkungsrechte auf anonymere Gruppen nicht gefährlich geschwächt?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Ich bin nicht dieser Auffassung. Im Gegenteil: Ich bin der Meinung, daß in diesem Bereich ein Vollzugsdefizit besteht und daß nach geltendem Recht eine objektive Rechtskontrolle zumeist ausgeschlossen ist, weil im Bereich des Naturschutzes einzelne Bürger durch die behördlichen Entscheidungen häufig nicht unmittelbar betroffen werden, so daß keine Klagebefugnis gegeben ist. Aber ich muß zugeben, daß natürlich unterschiedliche Auffassungen in bezug auf die Beurteilung dieser Frage bestehen, die auch rechtlicher Natur sind. Das kann ich nicht leugnen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger .
Herr Staatssekretär, wie stellen Sie sich dann zu dem Einwand des Gemeinde- und Städtetages, der in einer solchen Verbandsklage einen schweren Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht sähe?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es ist eine Tatsache, daß gerade die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände die Verbandsklage rundweg abgelehnt hat. Ich bin der Auffassung, daß diese Ablehnung viel zu sehr dramatisiert worden ist. Ich bleibe dabei, daß eine Verbandsklage in der maßvollen Form, wie wir sie vorgelegt haben, auch von den Gemeinden und Städten bzw. insgesamt von den kommunalen Spitzenverbänden getragen werden könnte.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung der Fragen begrüße ich Herrn Parlamentarischen Staatssekretär von Bülow. Ich rufe die
Frage 39 des Herrn Abgeordneten Voigt auf:
Treffen Pressemitteilungen der .Welt am Sonntag" vom 13. April 1980 zu, die besagen, daß Bundesminister Dr. Apel .Mitarbeiter seines Ministeriums für Parteiarbeit eingespannt" hat, wie viele Angestellte bzw. Beamte des Hauses waren gegebenenfalls daran beteiligt, und welche Kosten sind dem Steuerzahler dadurch entstanden?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, die Meldung der „Welt am Sonntag" vom 13. April 1980, Minister Apel habe Mitarbeiter des Ministeriums zur Herstellung einer Dokumentation herangezogen, trifft nicht zu. Bei dem Vorgang, auf den die Zeitung anspielt, handelt es sich um eine Sammlung von Daten, Fakten und Zitaten, die Minister Apel Anfang dieses Jahres unter dem Arbeitstitel „Die Bundesrepublik sieben Monate vor der Wahl" für seine politische Arbeit zusammengestellt hat. Es handelt sich dabei um Meinungsumfragen, offizielle Äußerungen der Parteien und wörtliche Zitate von Politikern. Minister Apel hat dieses Material für seine Reden verwandt.
Unzutreffend ist, daß diese Dokumentation durch Mitarbeiter des Bundesministeriums. der Verteidigung erstellt worden ist. Richtig ist vielmehr, daß ein Mitarbeiter des Planungsstabes des Ministeriums die Unterlagen für die Arbeit des Ministers besorgt und ihm zugeleitet hat. Mit anderen Worten: Bei der Dokumentation handelt es sich um eine eigenständige Arbeit des Ministers, die von ihm vor drei Monaten abgeschlossen wurde und heute nur noch begrenzt Aktualität hat. Das BMVg hat zu keinem Zeitpunkt Wahlkampfarbeit für den Minister geleistet. Kosten für den Steuerzahler sind nicht entstanden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Voigt.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß keine Soldaten des Bundesministeriums der Verteidigung an den Vorbereitungen zu dieser Studie beteiligt waren?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Es könnte sein, daß z. B. aus der Registratur Reden von Politikern herangezogen wurden, die dort abgelegt worden sind. Das halte ich für eine selbstverständliche Arbeit in einem Ministerium.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Ihren Ausführungen entnehme ich, daß das eine neutrale Dokumentation ist. Gestehen Sie mir zu, daß ich diese Dokumentation dann auch für meinen persönlichen Bedarf erhalten könnte?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Ich bitte Sie, sich an Minister Apel zu wenden. Er wird sich vielleicht eine Freude daraus machen, sie Ihnen persönlich zu überreichen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Broll.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, da Sie selbst zugegeben haben, daß die damalige Arbeit an Aktualität reichlich verloren hat: Können wir davon ausgehen, daß der Minister in dieser Hinsicht durch ständige Erneuerung auf dem laufenden gehalten wird?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Da Sie genauso Wahlkämpfer sind wie ich oder wie der Minister, wissen Sie, daß jeder seine Zitatensammlung, seine Statistiken und seine Schaubilder zur Hand hat, auf die er in seiner Argumentation zurückgreift. Insofern ist die Technik derer, die in diesem Saale anwesend sind — und weit darüber hinaus aller Abgeordneter — ziemlich ähnlich.
Keine weitere Zusatzfrage. — Dann rufe ich die Frage 40 des Abgeordneten Hauser auf:
Trifft es zu , daß Bundesverteidigungsminister Dr. Apel von Beamten seines Ministeriums eine 26seitige Dokumentation über die Chancen der SPD bei der kommenden Bundestagswahl einschließlich einer Zitatensammlung von Oppositionspolitikern zum Thema Entspannungspolitik hat ausarbeiten lassen und daß er dazu auf Anfrage hat erklären lassen, derartige Zuarbeiten seien „in allen Ministerien in Bonn so üblich"?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich fürchte, ich kann Ihnen nichts wesentlich Neues mitteilen, nachdem die erste Frage beantwortet worden ist.
Die Meldung der „Welt am Sonntag" vom 13. April 1980, Minister Apel habe Mitarbeiter des Ministeriums zur Herstellung einer Dokumentation herangezogen, trifft nicht zu. Bei dem Vorgang, auf den die Zeitung anspielt, handelt es sich um eine Sammlung von Daten, Fakten und Zitaten, die Minister Apel Anfang dieses Jahres unter dem Arbeitstitel „Die Bundesrepublik sieben Monate vor der Wahl" für seine politische Arbeit zusammengestellt hat. Er hat sich dabei einiger Meinungsumfragen, offizieller Äußerungen der Parteien und wörtlicher Zitate von Politikern bedient. Minister Apel hat diese Daten für seine Reden verwandt. Er hat sie auch allen Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion zugestellt.
Unzutreffend ist, daß diese Dokumentation durch Mitarbeiter des Bundesministeriums der Verteidigung erstellt worden ist. Zutreffend ist, daß ein Mitarbeiter des Planungsstabes des Ministeriums die Unterlagen für die Arbeit des Ministers besorgt und ihm zugeleitet hat. Mit anderen Worten: Bei der Dokumentation handelt es sich um eine eigenständige Arbeit des Ministers, die von ihm vor drei Monaten abgeschlossen wurde und heute nur noch begrenzt Aktualität hat. Das BMVg hat zu keinem Zeitpunkt Wahlkampfarbeit für den Minister geleistet. Kosten für den Steuerzahler sind nicht entstanden.
Hiermit, Herr Kollege, erübrigt sich ein Eingehen auf Ihre zweite Frage.
Keine Zusatzfrage. — Dann rufe ich die Frage 41 des Abgeordneten Hauser auf :
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Die Frage ist bereits beantwortet durch den Hinweis auf die Beantwortung der Frage 40.
Der Fragesteller ist damit einverstanden. — Dann rufe ich die Fragen 42 und 43 der Abgeordneten Frau Krone-Appuhn auf. Die Fragestellerin bittet um schriftliche Beantwortung. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär von Bülow.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen auf. Ich begrüße dazu Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Mahne. Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Merker auf:
Wie will die Bundesregierung sicherstellen, daß eine im Auftrage des Bundesministeriums für Verkehr vom Sozialforschungsinstitut „Socialdata'' durchgeführte Befragung zum Verkehrsreiseverhalten nach den von ihr selbst aufgestellten Kriterien „anonym" geführt wird, wenn der Fragebogen einerseits die Aufforderung enthält, alle Vornamen der Familienmitglieder zu notieren, andererseits die unmißverständliche Aufforderung, diesen Fragebogen auch zu unterschreiben?
Bitte sehr.
Herr Kollege Merker, die Angabe der Vornamen der Familienmitglieder auf dem Fragebogen dient allein der Erfassung der Geschlechterproportionen des Haushalts. Eine Identifikation ist damit weder angestrebt noch möglich. Der Vorname wird auch nicht weiter verarbeitet.
Um den Befragten auf die Datenschutzregelung hinzuweisen — nicht um ihn zu identifizieren —, steht am Ende des einzelnen Fragebogens ein Hinweis, den der Befragte unterschreiben kann. Diese Unterschrift wird in der Auswertung nicht verwendet.
Alle Fragebogen werden bis zur Beendigung der Untersuchung unter Verschluß gehalten, wobei alle Mitarbeiter des Instituts in ihren Arbeitsverträgen speziell auf die Belange des Datenschutzes verpflichtet sind und entsprechend intern und extern kontrolliert werden.
Nach wissenschaftlicher Auswertung der Fragebögen wird dieses Basismaterial vernichtet. Im übrigen ist den Befragten die Beteiligung an der Befragung freigestellt.
Die Mitarbeit der Bevölkerung an dieser Verkehrsuntersuchung kann als positiv bezeichnet werden, da die Rücklaufquote bei der Befragung über 65 % beträgt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, wenn Sie schon in einer Wortinflation in einem beiliegenden Schreiben, mit dem dieser Fragebogen verschickt wird, ständig von höchster und größter Anonymität sprechen, darf ich Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, daß
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Merker jeder Duden darüber Auskunft gibt, daß das Wort anonym ohne Namensnennung bedeutet, und daß der Fragebogen nicht nur die Vornamen der einzelnen Familienmitglieder enthält — wie ausgeführt —, sondern durch die Unterschrift auch den vollen Namen desjenigen, der den Fragebogen ausgefüllt hat?Mahne, Parl. Staatssekretär: In bezug auf die Beurteilung der Anonymität der Umfrage, Herr Kollege Merker, glaube ich, muß man zwischen der Befragung und der Auswertung selbst unterscheiden. Bei der Befragung durch den Erhebungsbogen kann nur eine Teilanonymität sichergestellt werden. Mit der Unterschrift wird hier letztlich auch ein psychologischer Effekt erzielt, nämlich daß die gemachten Angaben richtig sind und durch die Unterschrift verbürgt werden. Bei der Auswertung dagegen spielen personenbezogene Angaben, z. B. die Unterschrift, überhaupt keine Rolle. Hier ist, wie ich in der Beantwortung Ihrer ersten Frage bereits gesagt habe, die volle Anonymität sichergestellt.
Ihre zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär: Ich hake nochmals nach. Würden Sie mir zugestehen, daß unter diesen Gesichtspunkten das Wort „anonym" nicht mehr gebraucht werden sollte?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich würde das nicht mit Ja beantworten wollen, Herr Kollege Merker. Denn bei der Auswahl des Auftragnehmers wurden natürlich die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes beachtet, indem ein Institut ausgewählt wurde, das die erforderliche wissenschaftliche Qualifikation besitzt und außerdem für den sensiblen Bereich des Datenschutzes entsprechende Gewähr bietet. Die Firma beschäftigt einen Datenschutzbeauftragten. Alle Mitglieder des Instituts sind zusätzlich in ihren Arbeitsverträgen auf die Belange des Datenschutzes verpflichtet.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Meyer zu. Bentrup.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, was Sinn und Zweck dieses Fragebogens sind, weil das hier nicht so ganz klar ersichtlich ist?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Die Fragestellung beinhaltete das eigentlich nicht.
Aber ich will gern noch einmal darauf eingehen. Der Zweck der Untersuchung, Herr Kollege Meyer zu Bentrup, war in erster Linie, Grundlagen für die Vorbereitung von Investitionsentscheidungen für den Personenfernverkehr im Bereich des Autobahnbaus, im Bereich der Investitionen bei der Deutschen Bundesbahn für die Neu- und Ausbaustrecken wie auch für den Bereich der Flughäfen zu bekommen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Merker auf.
Welche Funktion hat die auf dem Fragebogen aufgedruckte individuelle Kennummer und die in diesem Fragebogen enthaltene Frage, wer den Fragebogen ausgefüllt hat?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Merker, die Antwort ist:
Erstens. Die auf dem Fragebogen aufgedruckte Kennummer hat firmeninterne Bedeutung und folgende zwei Funktionen: 1. Kontrolle des Rücklaufs. Mit dieser Nummer werden alle Adressen, für die eine Antwort vorliegt, aus der Adressendatei der ausstehenden Antworten aussortiert. Damit ist sichergestellt, daß diese Befragten nicht an die Beantwortung des Fragebogens erinnert werden. 2. Verknüpfung der Sachangaben mit den Adressen während der Befragungsphasen. Die Studie ist mehrstufig angelegt, und zwar in Vor-, Haupt- und Intensivinterviews. Dies bedeutet, daß nach Vorliegen der Ergebnisse einer Befragungsstufe zu bestimmten Antworten stichprobenweise intensivierte Fragen gestellt werden. Nur über die Kennummer können die ausgewählten Personen wieder angesprochen werden, weil personen- und sachbezogene Daten beim Eingang getrennt werden.
Zweitens. Die Frage nach der Person, die den Fragebogen ausgefüllt hat, dient nur dem Zweck, die Entscheidungsstruktur des Haushalts bzw. die Verteilung der Antworten auf verschiedene Personenarten zu erfassen. Diese Informationen sind wichtig, um die Repräsentativität der Untersuchung und die Gültigkeit der Ergebnisse sicherzustellen.
Präsident Stücklen: Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie in dieser Antwort meine Vermutung bestätigt haben, daß die individuelle Kennummer dazu dient, den Rücklauf zu beobachten, frage ich Sie: Wie ist es in Zusammenklang mit der Antwort auf meine erste Frage zu bringen, wo Sie dargelegt haben, daß die Rücksendung des Fragebogens freiwillig ist, wenn Sie auf die zweite Frage antworten, daß jene, die auf die erste Anforderung den Fragebogen nicht zurückgeschickt haben, auf Grund der individuellen Kennummer erinnert werden?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Die Freiwilligkeit schließt eine nochmalige Erinnerung nicht aus.
Keine weitere Zusatzfrage.Ich rufe die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Voigt auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Heyenn auf:Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß mit Artikel 87 d des Grundgesetzes, nach dem die Luftverkehrsverwaltung in bundeseigener Verwaltung durchgeführt wird, und den dazu von der Bundesregierung erlassenen Ausführungsbestimmungen ein Planfeststellungsverfahren mit dem Ziel, einen Flughafen zu erstellen, nur von der Bundesregierung bzw. von einer Landesregierung im Auftrag des Bundes durchgeführt werden kann?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17093
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Heyenn, die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung, daß für luftrechtliche Planfeststellungsverfahren eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundes gegeben ist. Vielmehr hat vor Einfügung des Art. 87 d in das Grundgesetz eine Übertragung dieser Zuständigkeit auf die Länder durch § 10 des Luftverkehrsgesetzes stattgefunden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluß vom 2. Oktober 1979 diese Rechtsauffassung bestätigt.
Zusatzfrage, bitte.
Ist die Bundesregierung also nicht der Auffassung, Herr Staatssekretär, daß die Durchführung von Planfeststellungsverfahren zur Erstellung eines Flughafens zur Luftverkehrsverwaltung zu rechnen ist?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege Heyenn, die Bundesregierung ist nicht dieser Auffassung.
Keine - weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 48 — des Herrn Abgeordneten Heyenn — auf:
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus gegebenenfalls für die Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes und für die einzelnen in der Planung befindlichen Flughäfen von überregionaler Bedeutung in der Bundesrepublik Deutschland?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, nach Ansicht der Bundesregierung ergeben sich aus der klaren Rechtslage keine Konsequenzen für das Luftverkehrsgesetz und die luftrechtlichen Planfeststellungsverfahren für einzelne Verkehrsflughäfen im Bundesgebiet.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 49 — des Herrn Abgeordneten Becker — auf:
Ist die Bundesregierung bereit, in einem erneuten Gespräch mit dem niederländischen Verkehrsminister über die Beibehaltung der Eisenbahnlinie Enschede/Gronau Verhandlungen zu führen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Becker, wie Ihnen mit Schreiben vom 11. März 1980 mitgeteilt wurde, hat der Bundesminister für Verkehr seinen niederländischen Kollegen um Stellungnahme zu dem Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn gebeten, den Reisezugverkehr der Strecke Gronau-Gronau -Enschede auf Busse zu verlagern. Die Antwort steht noch aus.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich zunächst davon ausgehen, daß die Eisenbahnlinie für den Güterverkehr erhalten bleibt und daß darüber kein Streit existiert?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Darüber gibt es keinen Streit. Für den Güterverkehr bleibt die Strecke erhalten.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gibt es für den Personenverkehr zwischen Gronau und Enschede, der nach wie vor vorhanden sein wird, Gesprächsmöglichkeiten zwischen dem niederländischen Verkehrsminister und dem deutschen Verkehrsminister?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich gehe davon aus, daß es auf Grund des Antrages des Bundesverkehrsministers ein solches Gespräch zwischen dem niederländischen und dem deutschen Verkehrsminister geben kann.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 50 — des Abgeordneten Becker — auf:
Hält die Bundesregierung in Anbetracht eines ansteigenden Verkehrsaufkommens in diesem Jahr die Beibehaltung dieser Eisenbahnlinie auch im europäischen Interesse für vertretbar?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Becker, im Jahre 1979 wurden in den noch verkehrenden zwei Zügen im werktäglichen Durchschnitt fünf Reisende befördert. Angesichts dieses Verkehrsaufkommens ist die. Beibehaltung des Reisezugverkehrs nicht vertretbar.
Im übrigen gehört diese Strecke nicht zum europäischen Infrastruktur-Leitplan der Eisenbahnen. Sie wird nach den Plänen der niederländischen Staatsbahnen und der Deutschen Bundesbahn auch künftig nicht für den weiträumigen grenzüberschreitenden Verkehr benötigt werden.
Keine Zusatzfrage.Ich rufe Frage 51— des Herrn Abgeordneten Sauter — auf. — Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Das gleiche gilt für Frage 52. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.Ich rufe Frage 53 — des Herrn Abgeordneten Bindig — auf:Wie beurteilt die Bundesregierung unter dem Aspekt des Justizgewährungsanspruchs die Tatsache, daß im Bundesfernstraßenabschnitt Singen—Allensbach (West) auf Grund der Anordnung des sofortigen Vollzugs des Planfeststellungsbeschlusses bereits in nicht unerheblichem Umfang mit Baumaßnahmen begonnen wird, obwohl sowohl gegen den Planfeststellungsbeschluß als auch gegen die Anordnung des sofortigen Vollzugs Klage erhoben worden ist und bisher über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung noch nicht entschieden worden ist?Bitte, Herr Staatssekretär.Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Bindig, wird gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt, so ist bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts über diesen Antrag das Bauen rechtsmäßig.Überdies kommt eine gerichtliche Auseinandersetzung über den Baubeginn allenfalls bei denjenigen Straßenabschnitten in Betracht, bei denen eigene Rechte der jeweiligen Kläger in Frage stehen. Dementsprechend hat nach Auskunft des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Baden-Württemberg die baden-württembergische Straßenbauverwaltung mit dem Bau
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17094 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Parl. Staatssekretär Mahneder Bundesfernstraße Singen–Allensbach nur in denjenigen Abschnitten begonnen, die nicht durch Klagen angefochten sind.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, .führt es denn nicht zu einer unrealistischen Zerstückelung einer Trasse, wenn in bestimmten Bereichen, wo kein Kläger betroffen wird, gebaut wird, während in anderen Abschnitten nicht gebaut wird?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, nein. Denn man muß einfach davon ausgehen, daß bei einer Gerichtsentscheidung, wie wir sie hier ja schon haben, bereits besondere Gründe vorgelegen haben, trotz der erwarteten Klagen die sofortige Vollziehbarkeit eines Planfeststellungsbeschlusses anzuordnen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn unsere Rechtsordnung einerseits das Rechtsinstitut kennt, daß sich ein Bürger gegen den sofortigen Vollzug einer behördlich angeordneten Maßnahme wehren kann, wenn aber andererseits über eine solche Klage schon seit Monaten nicht entschieden wird, sondern ständig Bautatsachen geschaffen werden, wird damit dieses Rechtsinstitut nicht faktisch unterlaufen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich bitte um Verständnis, Herr Kollege Bindig; ich bin kein Jurist, kann also dies nicht von der juristischen Seite her bewerten. Auf der anderen Seite will ich feststellen: Wir haben auch sicherzustellen, daß nicht durch langwierige und jahrzehntelange Prozesse notwendige Baumaßnahmen eingestellt werden. Ich glaube, das schränkt das Recht jedes Bürgers, durch eine Klage die Rechtmäßigkeit festzustellen, in keiner Weise ein.
Hierbei sind wir uns darüber im klaren, daß, wenn trotz eines Antrages auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung weitergebaut wird — was zulässig ist —, letztlich der Straßenbaulastträger auch das Risiko trägt; denn gegebenenfalls müßte bei einer Gerichtsentscheidung zu seinen Lasten der alte Zustand wiederhergestellt werden.
Ich rufe die Frage 54 des Herrn Abgeordneten Bindig auf:
Ist die Bundesregierung zur Wahrung des Justizgewährungsanspruchs bereit, umgehend darauf hinzuwirken, daß an der in ihrem Auftrag zu bauenden Bundesfernstraße im Abschnitt Singen—Allensbach keine Baumaßnahmen vorgenommen werden, bis gerichtlich über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluß entschieden worden ist?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Zu einem Verbot jeglicher Baumaßnahmen an der Bundesfernstraße Singen–Allensbach sieht die Bundesregierung auf Grund der vorstehend wiedergegebenen Sach-
und Rechtslage keinen Anlaß.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, die Entscheidung über den eingereichten Antrag zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hängt unter anderem von Auskünften ab, die im baden-württembergischen Verkehrsministerium und in Ihrem Verkehrsministerium gegeben werden müssen. Sind Sie denn bereit, diese Auskünfte möglichst schnell und zügig zu geben, damit endlich über den sofortigen Vollzug und die aufschiebende Wirkung entschieden werden kann?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Bindig, wir sind sehr daran interessiert, daß dieses Rechtsverfahren bald zum Abschluß gebracht wird, und wir werden von uns aus unseren Beitrag dazu leisten.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 55 des Herrn Abgeordneten Berger auf:
Wird die Bundesregierung im Hinblick auf die Feststellung im Urteil des Bundesdisziplinargerichts vom 28. März 1980, die Kandidatur für die DKP für öffentliche Wahlämter sei objektiv eine Dienstpflichtverletzung, die vom Bundespostminister öffentlich vertretene Auffassung aufgeben, der erklärt hat, die Zugehörigkeit zu einer verfassungsfeindlichen Partei sei nur ein Einzelelement der Bewertung, dem kein Vorrang vor anderen Einzelumständen zukomme; sinngemäß gelte dies für die Kandidatur zu öffentlichen Wahlämtern?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Berger, die Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß die Zugehörigkeit zu einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung und auch die Kandidatur für ein öffentliches Wahlamt für eine solche Partei einzelne Elemente der disziplinarischen Bewertung des Verhaltens eines Beamten darstellen. Im übrigen bleibt die schriftliche Begründung des Urteils des Bundesdisziplinargerichts abzuwarten.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Welche Gründe, Herr Staatssekretär, haben denn die Bundesregierung veranlaßt, ihre im Jahr 1977 vertretene Auffassung aufzugeben, als der Parlamentarische Staatssekretär im Bundespostministerium im Deutschen Bundestag am 19. September 1977 erklärt hat, die Ausübung von Funktionen in der DKP sei ein Verstoß gegen die Dienstpflichten und habe die Entfernung aus dem Dienst zur Folge, falls sich der Betreffende nicht in angemessener Frist eindeutig von der DKP distanziere?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Berger, Sie haben die gleiche Frage eben bereits an den Parlamentarischen Staatssekretär von Schoeler gestellt, und sie ist von ihm beantwortet worden. Ich kann deshalb diese Antwort hier von mir aus nur noch einmal feststellend wiederholen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Hält die Bundesregierung wenigstens an dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts fest, daß sich der Beamte eindeutig von den Zielen einer verfassungsfeindlichen Partei distanzieren müsse, gleich welche Einzelelemente nach ihrer Auffassung Berücksichtigung finden müssen?Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Berger, ich darf auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von CDU/CSU-Abgeordneten
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17095
Parl. Staatssekretär Mahnehinweisen, wo festgestellt wird, daß sowohl die Kandidatur zu öffentlichen Wahlämtern für NPD oder DKP als auch die Wahrnehmung von Funktionen in diesen Parteien politische Aktivitäten sind, bei denen in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für ein Dienstvergehen wegen Verletzung der Treuepflicht erfüllt sind.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger .
— Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen. Ich kann von hier aus nicht feststellen, wer nun in der Fragestunde eine Zusatzfrage stellen will, wenn sich zu viele Abgeordnete stehend in der Nähe der Mikrophone aufhalten.
Herr Staatssekretär, liegt der Bundesregierung ein schriftlicher Bericht ihres Prozeßbevollmächtigten über dieses Urteil und seine Leitsätze vor? Und sind Sie, wenn dieser Bericht vorliegt und darin die Leitsätze des Urteils enthalten sind, bereit, mir diese zugänglich zu machen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Wir werden den Bericht mit zu überprüfen haben, sobald uns auch die schriftliche Begründung des Urteils vorliegt. Wir können auch erst auf der Grundlage der schriftlichen Begründung des Urteils zu einer Bewertung kommen. Insofern kann ich Ihnen die gewünschte Zusage jetzt nicht geben.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Broll.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß die Äußerung des Regierungsvertreters beim Bundesdisziplinargericht, er könne nicht verstehen, daß an einen Lokomotivführer hinsichtlich Verfassungstreue die gleichen Anforderungen gestellt würden wie an einen leitenden Beamten, in krassem Widerspruch zu dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 steht, welches festgestellt hat, daß es bei der Beurteilung eines Beamten nicht auf die wahrgenommene Funktion ankommt?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Broll, Sie haben das Verfassungsgerichtsurteil vom 22. Mai 1975 richtig zitiert. Natürlich ist der Bundesregierung dieser Beschluß des Bundesverfassungsgerichts bekannt. Sie stimmt auch mit der dort herrschenden Auffassung überein, daß die Ausführungen, soweit sie hier angesprochen sind, zu den tragenden Gründen des Beschlusses selber gehören.
Aber auch das will ich hier nicht verhehlen: Gleichwohl sieht die Bundesregierung hier eine erhebliche Problematik, auf die sie in der Form, wie das bisher geschehen ist, auch hinweisen darf.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, gehe ich richtig in der Annahme, daß das Gebot der unbedingten Verfassungstreue das höchste Gewicht für Einstellung, Bewertung und Tätigkeit eines jeden Beamten hat?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ja. Aber das schließt die Einzelprüfung nicht aus, sondern beinhaltet sie.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 56 des Abgeordneten Erhard auf:
Ist es zutreffend, daß der Vertreter des Bundespostministers in dem Verfahren vor dem Bundesdisziplinargericht gegen einen aktiven DKP-Funktionär u. a. ausgeführt hat, die Kandidatur für eine verfassungsfeindliche Partei zu einem Parlament erreiche noch nicht die Schwelle des Dienstvergehens, und der Bundespostminister halte es auch für falsch, daß die Treuepflicht der Beamten nicht nach Funktionen bemessen werde, und teilt die Bundesregierung diesen Standpunkt?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, wenn es Herr Kollege Erhard gestattet, würde ich seine beiden Fragen gern zusammen beantworten.
Dann rufe ich auch die Frage 57 des Abgeordneten Erhard auf:
Wird die Bundesregierung den in Frage 56 vertretenen Rechtsstandpunkt revidieren, weil er unvereinbar ist mit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975, in dem u. a. festgestellt wird, daß eine Treuepflichtverletzung des Beamten vorliegt, wenn er für eine verfassungsfeindliche Partei aktiv wird, und in dem eine Differenzierung nach den dienstlichen Obliegenheiten abgelehnt wird, sowie mit dem Urteil des Bundesdisziplinargerichts vom 28. März 1980, das u. a. festgestellt hat, die Grenze zur disziplinarrechtlich relevanten Pflichtverletzung werde überschritten, wenn ein Beamter für die DKP politisch aktiv tätig ist, indem er Parteizeitschriften herausgibt, Parteiämter übernimmt oder für die DKP kandidiert?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Erhard, die in der Frage unterstellten Erklärungen hat der Vertreter des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vor dem Bundesdisziplinaranwalt nicht abgegeben. Er hat zu den beiden angesprochenen Punkten vielmehr folgendes ausgeführt:
Erstens. Mit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 ist eine Automatik oder Regelvermutung in dem Sinne, daß die bloße Mitgliedschaft in einer Partei, die Ziele der in Art. 21 Abs. 2 GG dargestellten Art verfolgt, in der Regel Zweifel daran begründet, ob der Betreffende jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird, nicht vereinbar. Die Mitgliedschaft in einer solchen Partei kann für das prognostische Urteil über die Persönlichkeit des Betreffenden relevant sein, sie muß es aber nicht. Die Beurteilung kann nur den Einzelfall im Auge haben und muß sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründen. Eines dieser Einzelelemente
Einen Augenblick, Herr Parlamentarischer Staatssekretär! Ich muß Sie leider unterbrechen. Es ist gänzlich ausgeschlossen, daß
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17096 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Präsident Stücklender Fragesteller Ihre Ausführungen verstehen kann, akustisch aufnehmen kann.
Darf ich also bitten, daß Sie Ihre Antwort wiederholen. Und darf ich vor allen Dingen bitten, daß die Damen und Herren ihre Plätze einnehmen. Dies gilt für alle Seiten des Hauses. Jetzt bitte äußerste Aufmerksamkeit für die Antwort des Herrn Parlamentarischen Staatssekretärs. — Bitte.Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich bedanke mich. — Die in der Frage unterstellten Erklärungen hat der Vertreter des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vor dem Bundesdisziplinargericht nicht abgegeben. Ich bitte um Verständnis, daß ich jetzt zitiere, was er zu den beiden angesprochenen Punkten gesagt hat. Er hat folgendes ausgeführt:1. Mit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 ist eine Automatik oder Regelvermutung in dem Sinne, daß die bloße Mitgliedschaft in einer Partei, die Ziele der in Art. 21 Abs. 2 GG dargestellten Art verfolgt, in der Regel Zweifel daran begründet, ob der Betreffende jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten wird, nicht vereinbar. Die Mitgliedschaft in einer solchen Partei kann für das prognostische Urteil über die Persönlichkeit des Betreffenden relevant sein, sie muß es aber nicht. Die Beurteilung kann nur den Einzelfall im Auge haben und muß sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründen. Eines dieser Einzelelemente kann auch die Zugehörigkeit zu einer Vereinigung oder Partei sein, ohne daß diesem Element Vorrang vor anderen Einzelumständen zukommt. Dies muß sinngemäß auch für die Wahrnehmung in den Gesetzen gesicherter staatsbürgerlicher Rechte, wie etwa der Kandidatur zu öffentlichen Wahlmandaten, gelten. Nach Auffassung der Einleitungsbehörde bleibt nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts die Frage offen, ob man im Falle der Kandidatur, wenn weitergehende Aktivitäten nicht bekannt sind, bereits von einem konkreten Dienstvergehen ausgehen kann. Zwar liegt in der Kandidatur eine über die formale Mitgliedschaft hinausgehende Aktivität, es bleibt aber die Frage, ob insoweit bereits das „Minimum an Gewicht und an Evidenz der Pflichtverletzung" erfüllt ist, wie dies vom Bundesverfassungsgericht gefordert wird.2. Die Einleitungsbehörde sieht eine erhebliche Problematik auch dadurch, daß nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 die politische Treuepflicht einer Differenzierung — je nach Art der dienstlichen Obliegenheiten des Beamten — nicht zugänglich ist. Es ist nicht ohne weiteres verständlich, daß an den Briefzusteller oder Lokomotivführer die gleichen Anforderungen gestellt werden müssen wie an den leitenden Beamten in einem Ministerium.So weit, Herr Kollege, die Erklärung vor dem Bundesdisziplinargericht. Dieser Erklärung stimmt die Bundesregierung zu. Sie wird sich zu dem Urteil des Bundesdisziplinargerichtes vom 28. März 1980 abschließend erst äußern, wenn es rechtskräftig ist.
Zusatzfrage? — Bitte.
Ist die Bundesregierung bereit, diesen soeben verlesenen Standpunkt aufzugeben, wenn das, was im Tenor des Urteils vom 28. März 1980 ausgesagt ist und was sich auch aus den mündlichen Gründen ergibt, rechtskräftig geworden ist, und ihre eigene Auffassung entsprechend diesem Urteil zu revidieren?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich bitte um Verständnis, Herr Kollege, daß ich dazu keine Aussage mache, bevor das Urteil nicht schriftlich vorliegt und entsprechend ausgewertet worden ist.
Keine weiteren Zusatzfragen. Wir sind am Ende der Fragestunde angelangt.Bevor ich die nächsten Tagesordnungspunkte aufrufe, möchte ich unseres verstorbenen ehemaligen Kollegen Heinrich Köppler gedenken.
Am Abend des vergangenen Sonntags ist unser früherer Kollege Heinrich Köppler, der bisherige Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen, im Alter von 54 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben. Die Nachricht traf uns alle völlig überraschend und hat uns tief erschüttert. Die Zuversicht, daß er auf dem Wege war, seine schwere Krankheit zu überwinden und seiner baldigen Genesung entgegenzusehen, hatte sich nicht bestätigt.Wieder einmal wird uns vor Augen geführt, welche Folgen die Überbelastung von Politikern haben kann. Dies sollte uns allen ein Warnzeichen sein, daß auch wir Politiker in unserer täglichen Arbeit an Grenzen stoßen, die wir erkennen und für deren Einhaltung wir Verständnis finden sollten.Heinrich Köppler war ein Mann mit großen politischen Führungsfähigkeiten. Er verstand es, Menschen aller Schichten, gerade aber auch junge Menschen, anzusprechen. Er war selbst noch sehr jung, als es sich bereit erklärte, politische Aufgaben zu übernehmen. Als 21jähriger Student, gerade aus dem Krieg und aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, trat er 1946 der CDU bei. Seine ganze Haltung und sein Einsatz waren geprägt von der Kraft des Glaubens und von den Werten und den Überzeugungen der katholischen Jugendbewegung, in der er zum Bundesführer und schließlich zum Präsidenten des Weltbundes der katholischen Jugend aufstieg. Von 1956 bis 1965 war er als erster Laie Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und seit 1968 deren Vizepräsident.Heinrich Köppler ist von 1965 bis 1970 Mitglied des Deutschen Bundestages gewesen. Der Schwerpunkt seiner parlamentarischen Tätigkeit lag im Innenausschuß und im Sonderausschuß für die Straf-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17097
Präsident Stücklenrechtsreform, bis er 1968 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern wurde. Zu Beginn der 6. Wahlperiode des Deutschen Bundestages 1969 wählte ihn die CDU/CSU-Fraktion zum parlamentarischen Geschäftsführer und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden.Wir haben Heinrich Köppler als einen Parlamentarier in Erinnerung, der auch in Zeiten heftiger politischer Auseinandersetzung über die Partei- und Fraktionsgrenze hinweg ein verbindendes Glied gewesen ist.Er wechselte 1970 in die nordrhein-westfälische Landespolitik über, um den CDU-Landesverband Rheinland, dessen Vorsitzender er wurde, als Spitzenkandidat auf der Landesliste seiner Partei in die Landtagswahl zu führen. Zehn Jahre lang hat Köppler als Fraktionsvorsitzender im nordrhein-westfälischen Landtag die Politik seiner Fraktion vertreten. Das Wohl seiner Mitmenschen bedeutete ihm Verpflichtung, Verpflichtung im vollsten Sinne der politischen Verantwortung und Arbeit. Seine Freunde schätzen an ihm besonders seine Redlichkeit und Grundsatztreue und seine unbeirrbare Gradlinigkeit in seinem politischen Wirken.Auch seine politischen Gegner bezeugten ihm Achtung und Anerkennung seiner auf Fairness und auf die Bewahrung einer demokratischen Gemeinsamkeit gerichteten Haltung.Ich habe der Witwe des Verstorbenen und seinen Angehörigen meine und des ganzen Hauses tiefempfundene Anteilnahme übermittelt. Wir trauern um Heinrich Köppler als um einen verdienten Politiker, der uns unvergessen sein wird. — Sie haben sich zu seinen Ehren von den Plätzen erhoben. Ich bedanke mich.Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung sollen die beiden Beschlußempfehlungen des Vermittlungsausschusses — Punkt 2 und 3 der Tagesordnung — nunmehr bereits am Donnerstag, dem 24. April, um 16 Uhr aufgerufen werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um die Beratungspunkte ergänzt werden, die in der Ihnen vorliegenden Liste „Zusatzpunkte zur Tagesordnung" aufgeführt sind:1. Beratung der Unterrichtung der Bundesregierung über den Beschluß der Bundesregierung über eine Empfehlung an das Nationale Olympische Komitee für Deutschland— Drucksache 8/3939 —
2. a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einkommensteuergesetzes— Drucksachen 8/3243, aus 8/3688 —aa) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache 8/3938 —Berichterstatter: Abgeordneter Löfflerbb) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache 8/3898 —Berichterstatter: Abgeordnete Dr. SchäubleKühbacher
b) Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (AOÄndG)- Drucksache 8/3142 —Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache 8/3938 —Berichterstatter: Abgeordneter LöfflerBeschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache 8/3898 —Berichterstatter: Abgeordnete Dr. SchäubleKühbacher
3. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Umweltvorsorge— Drucksache 8/3936 —Überweisungsvorschlag:Innenausschuß
RechtsausschußAusschuß für WirtschaftAusschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Jugend, Familie und GesundheitAusschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Ausschuß für Forschung und Technologie
Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung und Zusatzpunkt 1 zur Tagesordnung auf:Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSUNichtteilnahme der deutschen Sportler anden Olympischen Spielen in Moskau— Drucksache 8/3904 —Beratung der Unterrichtung der Bundesregierung über den Beschluß der Bundesregierung über eine Empfehlung an das Nationale Olympische Komitee für Deutschland— Drucksache 8/3939 —
Interfraktionell ist eine verbundene Debatte dieser Tagesordnungspunkte vereinbart worden. Ich eröffne die Aussprache.Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ehe ich zu Punkt 4 der Tagesordnung spreche, möchte ich gern den Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion und insbesondere der Partei der CDU auch ganz persönlich sagen, wie sehr ich mittrauere und mitleide angesichts des Todes von Heinrich Köppler, den ich hier im Parlament über eine längere Zeit von Jahren als einen stets fairen Kollegen und einen Demokraten kennengelernt habe, an dessen tief in der Brust verankerter sozialer Gesinnung nicht zu zweifeln war.Im Zusammenhang mit Punkt 4 der Tagesordnung, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung die Absicht, Ihnen zunächst zu berichten, daß wir uns heute vormittag im Kabinett mit zwei Auswirkungen der Krisen in Afghanistan und im Iran befaßt und Beschlüsse dazu gefaßt haben. Ich spreche erstens von den Maßnahmen im Zusammenhang mit der Geiselnahme in Teheran und zweitens von den Olympischen Sommerspielen 1980.Zunächst eine sehr kurze Bemerkung zu dem ersten dieser beiden Punkte. Die Außenminister der neun Staaten der Europäischen Gemeinschaft haben
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17098 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Bundeskanzler Schmidtsich gestern in Luxemburg in großer Sorge und mit tiefem Bedauern mit der anhaltenden Geiselnahme in Teheran befaßt. Die neun Staaten sind entschlossen, die Vereinigten Staaten von Amerika bei ihren Schritten, die Freilassung der Geiseln zu erreichen, wirksam zu unterstützen.Die neun Staaten werden deshalb den Inhalt der Entschließung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, die am 13. Januar dieses Jahres an einem Veto der Sowjetunion gescheitert war, im Rahmen ihrer jeweiligen nationalen Rechtsordnungen verwirklichen, sofern bis zur nächsten, auf den 17. Mai einberufenen Sitzung der Minister kein entscheidender Fortschritt in Richtung auf die Freilassung der Geiseln erfolgt ist.Um bei uns die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, hat das Kabinett heute drei Rechtsverordnungen beschlossen; sie werden unverzüglich veröffentlicht. Es ist sichergestellt, daß sie nach dem erwähnten Treffen der Außenminister durch Beschluß der Bundesregierung alsbald in Kraft gesetzt werden können.Ich füge hinzu: In Übereinstimmung mit dem gestrigen Beschluß der Außenminister fordert die Bundesregierung die deutsche Unternehmenswirtschaft auf, ab sofort keine neuen Ausfuhr- oder Dienstleistungsverträge mit dem Iran abzuschließen. Ich begrüße, daß die Staaten der Europäischen Gemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika in dieser Zeit schwerer Prüfung solidarisch handeln. Und zugleich hoffe ich, daß durch eine Freilassung der Geiseln ein Inkrafttreten dieser Sanktionen sich als unnötig erweisen wird.Nun zu dem anderen Punkt, wie er auf der Tagesordnung steht. Die Bundesregierung hat heute vormittag beschlossen, dem Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland zu empfehlen, keine Mannschaft und keine einzelnen Sportler zu den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau und Tallinn zu entsenden. Der Text der Empfehlung der Bundesregierung ist heute mittag dem Bundestage zugegangen. Er liegt den Damen und Herren Kollegen unter der Drucksachennummer 8/3939 heute nachmittag vor. Die Führung der Opposition ist bereits heute vormittag von mir unterrichtet worden.In Übereinstimmung mit der gemeinsamen Erklärung, die der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und ich am 5. März dieses Jahres in Washington vor der Presse abgegeben haben, hält die Bundesregierung eine Teilnahme deutscher Sportler an den Olympischen Sommerspielen 1980 nicht für angebracht, solange die sowjetische Besetzung Afghanistans andauert. Die Bundesregierung steht auch in dieser Frage zu ihrem Bündnispartner, den Vereinigten Staaten. Die Bundesregierung hat sich zu ihrer Empfehlung nicht leichten Herzens entschlossen. Im Gegenteil, wir wissen, daß Millionen von Menschen in gleicher Weise in Ost und West gemeinsam mit uns die Entwicklung zutiefst bedauern, die den heutigen Beschluß unvermeidlich gemacht hat. Die Empfehlung der Bundesregierung ergibt sich aber zwangsläufig aus der sorgsamen, sorgfältigen Position, welche die Bundesregierung seit Monaten angesichts der sowjetischen Interventionin Afghanistan eingenommen, diesem Hause vorgetragen und unverändert beibehalten hat. Die Sowjetunion hat bis heute nicht die Voraussetzungen für eine Teilnahme von Sportlern aus allen Ländern an den Sommerspielen geschaffen. Ebensowenig liegen Anzeichen dafür vor, daß die Sowjetunion diese Voraussetzungen bis zum Ablauf der Anmeldefrist für die Nationalen Olympischen Komitees, das ist bis zum 24. Mai, schaffen wird. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, daß die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 14. Januar dieses Jahres mit einer Mehrheit von 104 Stimmen den unverzüglichen Rückzug der sowjetischen Truppen verlangt hat. Die Sowjetunion hat dieser Entschließung der Generalversammlung der Vereinten Nationen bisher nicht entsprochen, sondern sie hat deutlich gemacht, daß sie ihre Truppen derzeit nicht abziehen will.Die olympische Idee ist seit ihren Anfängen im klassischen Griechenland untrennbar mit dem Zustand des Friedens unter den Völkern verbunden. Schwere und anhaltende Verletzungen des Völkerrechts sind als Rahmen für friedlichen sportlichen Wettkampf ungeeignet. Wenn man der olympischen Idee und den Grundprinzipien der olympischen Charta verpflichtet bleiben will, so verbietet sich eine Teilnahme an diesen Spielen 1980. Denn die olympische Bewegung hat sich unter anderem zum Ziele gesetzt — ich zitiere — „die Erziehung junger Menschen in einem Geiste des besseren Verständnisses und der Freundschaft, um zur Schaffung einer besseren und friedlichen Welt beizutragen" — und weiter —, „die Verbreitung der olympischen Ideale in der gesamten Welt, damit guter Wille internationales Handeln bestimme.''In der gegenwärtigen internationalen Lage müßte eine Teilnahme unserer Sportler in Moskau und Tallinn als Abkehr von diesen Prinzipien verstanden werden, die ich Ihnen soeben in Erinnerung gerufen habe.
Die Bundesregierung weiß, daß ein Verzicht auf eine Olympia-Teilnahme viele unserer Sportler schwer trifft, insbesondere diejenigen, die sich seit Jahren in hartem und entbehrungsreichem Training vorbereitet und die in der Vorbereitung auf die Olympiade persönliche Opfer erbracht haben. Ich verstehe die Betroffenheit und habe viel Sympathie für die betroffenen Sportler. Ich habe bereits vor einer Woche am 16. April beim Empfang für unsere Olympiamannschaft der Winterspiele in Lake Placid darauf hingewiesen.Aber Olympische Spiele können nicht isoliert vom Weltgeschehen betrachtet werden. Niemand kann sich dem Eindruck und den Auswirkungen des sowjetischen Vorgehens in Afghanistan entziehen, auch die Sportler nicht. Das Verhalten von Sportlern, vor allem von Spitzensportlern, die im Lichte des öffentlichen Interesses stehen, findet weithin, auch über den sportlichen Bereich hinaus, Beachtung. Deshalb appelliert die Bundesregierung heute an die staatsbürgerliche Verantwortung der deutschen Sportler und Sportorganisationen ebenso wie an deren Solidarität mit denjenigen Sportlern ande-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17099
Bundeskanzler Schmidtrer Staaten, die nicht an der Olympiade teilnehmen werden.Sportler wissen, daß Medaillen, gewonnen in Moskau oder gewonnen in Tallinn, schöne Bestätigungen ihrer sportlichen Leistungen gewesen wären. Was aber wirklich zählt, ist die Leistung selbst, auch wenn sie an anderem Ort, außerhalb von Olympischen Spielen vollbracht wird.Wir betonen, daß die Bundesregierung an der bewährten Förderung des Leistungssports uneingeschränkt festhalten und daß sie Sportbegegnungen im internationalen Bereich weiterhin nachdrücklich fördern will. Die Unmöglichkeit einer Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 1980 soll für den Deutschen Sport auch keine finanzielle Einbuße bedeuten. Ich möchte an dieser Stelle nicht mißverstanden werden: Die Umwidmung von Haushaltsmitteln für den Sport bedeutet keineswegs, daß die Bundesregierung eine Finanzierung von Einzelreisen in Betracht zieht.Die Sportler, die Sportfunktionäre, die Offentlichkeit in unserem Lande und im Ausland, sie alle wissen, daß die Bundesregierung ihre heutige Empfehlung mit tiefem Bedauern und in sorgsamer Abwägung aller Umstände gegeben hat. Schon am 28. Februar dieses Jahres habe ich in einer Regierungserklärung, von diesem Pult aus sprechend, betont, daß es an der Sowjetunion liege, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß Mannschaften aus allen Ländern an diesen Spielen teilnehmen können. Damals habe ich hinzugefügt — ich zitiere aus dem Protokoll des Bundestags —:Nach den Regeln des Internationalen Olympischen Komitees haben die Nationalen Olympischen Komitees bis Ende Mai Zeit, sich zu den Spielen anzumelden. Ich gehe davon aus, daß die europäische und die amerikanische Haltung spätestens zu eben diesem von mir genannten Zeitpunkt in eins zusammengeflossen sein wird. Ich setzte in dem Zusammenhang hinzu: Ich möchte wegen der Sommerspiele 1980 keinem Wunschdenken Vorschub leisten.Damit war ganz klargestellt, daß sich die Bundesregierung keinem Wunschdenken, keinen Illusionen hingab und daß sie nicht wollte, daß sich die Sportler Illusionen oder Wunschdenken hingeben sollten. Außerdem war die Notwendigkeit einer solidarischen Abstimmung und eines gemeinsamen Vorgehens der Vereinigten Staaten von Amerika und der europäischen Partner der Vereinigten Staaten von Amerika klargestellt. Etwas später, am 5. März 1980, habe ich in der schon zitierten gemeinsamen Presseerklärung mit Präsident Carter erneut betont, daß es Sache der Sowjetunion sei — wörtliches Zitat —, „die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Sportler aller Länder an den Olympischen Spielen teilnehmen können und daß gegenwärtig diese Voraussetzungen nicht bestehen".Ich habe dann am 20. März im Bundestag und am 16. April — in der vorigen Woche — beim Empfang unserer Olympia-Mannschaft von Lake Placid öffentlich den Standpunkt der Bundesregierung weitere Male wiederholt und unterstrichen.Wir haben also der anderen Seite in großer Besonnenheit und mit vollem Willen insgesamt eine lange Zeit gelassen, die Situation zu korrigieren und die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Wir alle hätten uns von Herzen eine Teilnahme unserer Sportler an den Olympischen Sommerspielen gewünscht, aber unsere Verantwortung mußte uns heute zu der Empfehlung veranlassen, die ich gegenwärtig dem Bundestag vortrage.Meine Damen und Herren, am 3. August werden die Olympischen Spiele vorüber sein. Unsere Solidarität mit der amerikanischen Nation und mit unseren anderen Partnernationen innerhalb unseres Bündnisses muß sehr viel länger halten.Wir müssen und wir wollen — darin, glaube ich, sind wir uns mit allen unseren Freunden in der Welt einig — die Freude am Sport, die sich in der gegenwärtigen weltpolitischen Situation hinsichtlich der Spiele nicht einstellen kann, wiederfinden und erhalten.Der Konflikt zwischen sportlicher Neigung und politischer Einsicht ist für keinen der Betroffenen leicht zu lösen. Auch die Bundesregierung hat sich ihre Empfehlung heute nicht leichtgemacht. Ich vertraue darauf: das Nationale Olympische Komitee für Deutschland wird sich seine Entscheidung gewiß ebenfalls nicht leichtmachen. Die Entscheidung über die Teilnahme unserer Sportler liegt bei unserem Nationalen Olympischen Komitee und bei den Verbänden, die in diesem Komitee durch ihre Führungspersonen vertreten sind. Die Bundesregierung vertraut darauf, daß das Nationale Olympische Komitee seine Entscheidung in Würdigung des Gewichtes unserer Empfehlung und in Würdigung der politischen Gesamtlage treffen wird. Die Bundesregierung wird alsbald das Nationale Olympische Komitee detailliert über die heutige Empfehlung und ihre Gründe unterrichten, so wie bisher schon zwischen der Bundesregierung und der Sportführung eine enge Fühlung und Information stattgefunden hat. Darüber hinaus hält sich die Bundesregierung zur Aussprache mit der Sportführung selbstverständlich bereit.Lassen Sie mich abschließend sagen, Herr Präsident: der Sport braucht den Frieden. Wir alle brauchen den Frieden. Je schneller der Friede in Afghanistan wiederhergestellt wird, desto besser für den Frieden in der ganzen Welt, desto besser auch für den Sport.
Ich drücke die Hoffnung aus, daß sich der Sport bald wieder ohne weitere internationale Störung international entfalten kann.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Zimmermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU nimmt mit Befriedigung die Beschlüsse der Außenminister der Europäischen Gemeinschaft in
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17100 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Dr. ZimmermannLuxemburg zur Kenntnis. Wir sind befriedigt darüber, daß es die Absicht der Europäischen Gemeinschaft ist, die Vereinigten Staaten bei dem Teheraner Drama wirksam zu unterstützen.Wir sind einverstanden mit der Zeitplanung —17. Mai — und nehmen an, daß die drei Rechtsverordnungen der Bundesregierung nach ihrer juristischen Prüfung die notwendige Wirkung haben werden. Wir wissen, daß andere Länder der Europäischen Gemeinschaft solche Probleme nicht mit Rechtsverordnungen, sondern durch Gesetze lösen müssen und daß deswegen ein bestimmter zeitlicher Rahmen notwendig ist. Die Fraktion der CDU/CSU ist überzeugt davon, daß die Mehrheit des Bundesrats die Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, ohne jedes Zögern verabschieden wird.Wir nehmen Kenntnis davon und sind einverstanden damit, daß die deutsche Wirtschaft insgesamt ab heute keine neuen Verträge mit dem Iran wird schließen können, ohne sich der gegenwärtigen Lage bewußt zu sein, d. h. allein auf ihr eigenes Risiko, ohne Verbürgung und ohne politische Absicherung.Meine Damen und Herren, die sowjetische Aggression gegen Afghanistan liegt nun vier Monate zurück. Der Bundeskanzler hat recht: Nichts deutet auf einen Rückzug der Truppen der Sowjetunion hin; das Gegenteil ist der Fall. Die Mehrheit der UNO-Vollversammlung war ein Signal, war ein Fanal. In einer solchen Sache hat es eine ähnliche Mehrheit von 104 zu 18 Stimmen vorher nie gegeben.Die CDU/CSU hat außerordentlich frühzeitig die Auffassung vertreten, daß alle unabhängigen Staaten und vor allem die westliche Welt geeignete Gegenmaßnahmen beschließen müssen; denn der sowjetische Überfall bedroht _den Westen und die Staaten der Dritten Welt gleichermaßen.Wir halten es auch für wenig zweckmäßig, nun über Entspannung zu philosophieren, wenn der gesuchte Partner dieser Entspannung Krieg führt. Franz Josef Strauß und Helmut Kohl haben deutlich gemacht, daß wir heute in der Bundesrepublik Deutschland leidvoll konstatieren müssen, daß Frieden und Freiheit nur auf der Grundlage einer soliden und gemeinsamen Sicherheitspolitik des Westens zu erhalten sind.
Wir waren uns von Anfang an seit dem Ende des letzten Jahres darüber im klaren, daß dieser sowjetischen Expansion eine eigene neue globale Strategie des Westens unter Führung der Vereinigten Staaten von Amerika entgegengestellt werden muß, daß wir selbst mehr als bisher dazu tun müssen, Hilfe für die bedrohten Völker zu leisten, daß wir unsere eigenen Anstrengungen verstärken und auch die Selbstbeherrschung aufbringen müssen, durch wirtschaftliche Beziehungen zur Sowjetunion nicht zu deren Aufrüstung beizutragen.Schließlich war es für uns von allem Anfang an ganz undenkbar, daß in einem Land OlympischeSpiele stattfinden, das gerade einen friedlichen Nachbarn mit Krieg überzieht;
denn wenn der alte olympische Grundsatz „Während der Spiele schweigen die Waffen" noch Geltung haben soll, dann muß er auch umgekehrt gelten: Wer mit der einen Hand die Waffe trägt, kann mit der anderen nicht die Jugend der Welt zum sportlichen Wettkampf einladen.
Das Präsidium der CDU hat am 21. Januar 1980 eine Resolution beschlossen, in der diese Grundsätze verankert sind, und Franz Josef Strauß hat diese Position in seinem Gespräch mit dem amerikanischen Präsidenten Carter eindeutig vertreten.So empfehlen wir heute den deutschen Sportlern und ihren Organisationen, vor allem dem Nationalen Olympischen Komitee, im Sinne der olympischen Charta zu entscheiden und nicht nach Moskau zu fahren.
Wir gehen von einer breiten Zustimmung zu diesem Antrag aus. Wir können dabei nicht unsere Genugtuung verschweigen, daß heute auch die Bundesregierung — aber nach langem Zögern und nach zum Teil einander widersprechenden Aussagen — zu diesem Votum, dem wir zustimmen, gefunden hat.
Es wäre uns lieber gewesen, wenn unsere eindeutige Haltung von einer gleich eindeutigen Haltung der Koalitionsparteien begleitet gewesen wäre. Aber wir mußten über lange Wochen den Eindruck haben, es sei eigentlich nur eine eher widerwillig gewährte Solidarität mit den amerikanischen Sportlern, dem Präsidenten und den Vereinigten Staaten von Amerika.Wir hielten es von Anfang an für unvorstellbar, daß etwa eine bundesdeutsche Mannschaft in Moskau dabei wäre, während die Vereinigten Staaten kein Team entsandten, und wir hielten das aus eigenem Entschluß für unvorstellbar, im Bewußtsein eines eigenen Gefühls für Würde und Verantwortung, und nicht aus einer bloßen verbalen proamerikanischen Solidarität.
Inzwischen haben namhafte Sportnationen auf eine Teilnahme verzichtet. Die Vereinigten Staaten, Japan, China, Norwegen und eine Reihe anderer Mannschaften werden nicht fahren. Zahlreiche andere Nationen, auch aus Europa, werden zu Hause bleiben. Viele blicken auf die Entscheidung der Bundesregierung von heute, auf die Entscheidung des Deutschen Bundestages von heute und auf die Entscheidung des Nationalen Olympischen Komitees der Bundesrepublik Deutschland. Wenn sich unser Nationales Olympisches Komitee ebenfalls für eine Nichtteilnahme entscheidet, ist die Solidarität des Westens — und ich bin davon überzeugt: auch
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17101
Dr. ZimmermannFrankreichs — gesichert. Aus der geplanten Moskauer Olympiade würde eine Spartakiade.Würde sich unser Nationales Olympisches Komitee entgegen den vorliegenden Empfehlungen dennoch für eine Teilnahme an den Moskauer Spielen entscheiden, so hätte das — wir wissen es alle — verheerende psychologische Folgen für das westliche Bündnissystem. Ich glaube nicht, daß unser deutsches Olympisches Komitee die Verantwortung für diese Folgen tragen kann und will.
Selbstverständlich ist das NOK in seiner Entscheidung frei. Aber wir alle sind von seiner Entscheidung mitbetroffen; denn hier wird nicht nur über eine sportliche Frage abgestimmt, sondern auch über die politischen Konsequenzen.
Deswegen erschien es uns wenig hilfreich, wenn etwa der Bundesinnenminister Baum die Unabhängigkeit des NOK, die wir kennen, etwas zu oft und zu auffällig betont hat. Vor allem fragten wir uns, was ihn eigentlich veranlaßt hat, dem Nationalen Olympischen Komitee schon vorab einen Freibrief für ein von der Regierung und dem Bundestag etwa abweichendes Votum auszustellen.
Wir hoffen nicht, daß diejenigen bei uns und jenseits des Atlantik recht haben, die darin eine quasi augenzwinkernde Verabredung etwa nach der Art sehen: Wenn der Sport sich nicht an den politischen Rat der Bundesregierung und des Bundestags hält, dann könne man eben nichts machen.
Ich habe deswegen mit großer Genugtuung heute die Worte des Bundeskanzlers gehört, die in diesem Punkt an Eindeutigkeit — darüber freuen wir uns — nichts zu wünschen übriggelassen haben.
Wir verhehlen auch nicht unsere Sorgen über die vielen Stellungnahmen führender SPD-Politiker, die versuchten, ein gemeinsames Vorgehen des Westens zu verhindern, und noch immer davon sprechen, daß die Nichtteilnahme in Moskau doch nichts bringe. Es mutet merkwürdig an, daß ausgerechnet die Jungsozialisten oder jene vier Schriftsteller für Olympia streiten, die dem Bundeskanzler einen offenen Brief geschrieben haben, der nur mit einem primitiven Antiamerikanismus angefüllt ist.
Der Chor einflußreicher Nach-Moskau-Reisewilliger ist seit Monaten aktiv. Um so erstaunlicher ist die Haltung der deutschen Bevölkerung. Anfang dieses Jahres waren erst 28 % der Deutschen für eine Nichtteilnahme in Moskau. Heute sind es 87 %. Jeder, der Demoskopie lesen kann, weiß, daß das eine praktische Einstimmigkeit der deutschen Bevölkerung ist.Der Bundeskanzler hat im Bundestag erklärt und heute wiederholt, es liege an der Sowjetunion, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß alle Länder an der Olympiade in Moskau teilnehmen können. Wir sind uns einig, daß diese Voraussetzungen heute nicht gegeben sind.Aber es wäre uns lieber gewesen — wir können das heute nicht verschweigen —, wenn der Bundeskanzler nicht bereits auf dem Rückflug von seinem Besuch bei Präsident Carter im Flugzeug darüber sinniert hätte, wie zweckmäßig ein solches Fernbleiben ist. Wir wissen doch, wie ambivalent und sensibel die Stimmungslage bei unseren Freunden und Verbündeten in dieser Sache heute wie gestern ist. Wenn der sowjetische Botschafter Semjonow und Sportfunktionäre der UdSSR heute glauben, sie könnten die Bundesrepublik Deutschland mit Drohungen gefügig machen, in Moskau teilzunehmen, so kann ich nur sagen: meine Fraktion weist diese Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten mit Nachdruck zurück.
Jedermann mußte lange Zeit in der deutschen Offentlichkeit und bei unseren Freunden und Verbündeten von der Haltung der Bundesregierung einen zwiespältigen Eindruck haben. Während der Kanzler und der Bundesinnenminister noch lavierten, haben der Bundesaußenminister und der Bundesverteidigungsminister sich frühzeitig auf die Nichtteilnahme deutscher Sportler in Moskau bei einem gleichzeitigen Fernbleiben der Vereinigten Staaten festgelegt.Wäre die Haltung der Bundesregierung von Anfang an klar gewesen, so hätte das unseren Sportlern und unseren Sportorganisationen manches erspart. Es war nicht redlich, den Sportlern immer noch Hoffnung zu machen, als man längst wußte, daß es keine mehr gab.Es ist auch nicht redlich, jetzt dem Sport die alleinige Verantwortung zuschieben zu wollen. Die Politik darf sich sicher nicht hinter dem Sport verstekken und ihm die Verantwortung in einer so bedeutsamen Frage zuschieben, eine Verantwortung, die weder die Sportverbände für sich noch das Nationale Komitee für sich tragen können und, dessen bin ich sicher, tragen wollen.Es wird immer wieder behauptet, eine Nichtteilnahme des Westens in Moskau bringe keinen einzigen sowjetischen Soldaten aus Afghanistan heraus. Das ist richtig. Aber darum geht es gar nicht. Denn für jeden Menschen verbindet sich mit dem Wort „Olympia'' der Gedanke an sportlichen Wettkampf, an Völkerverständigung, an Frieden schlechthin. In der Charta der Olympischen Spiele heißt es, Ziel der Spiele sei „die Erziehung junger Menschen durch den Sport im Geiste eines besseren Verständnisses untereinander und der Freundschaft als Beitrag zum Aufbau einer besseren und friedlicheren Welt."Dieser olympische Grundsatz wird durch die Sowjetunion verhöhnt. Es ist ein unerträglicher Gedanke, daß in Moskau die Jugend der Welt sich unter dem Motto „Olympia des Friedens, Ehre des
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17102 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Dr. ZimmermannSports" zum friedlichen Wettkampf treffen könnte und gleichzeitig in Afghanistan Männer, Frauen und Kinder sterben müssen.
Manche behaupten auch, Sport dürfe nichts mit Politik zu tun haben. Die Geschichte der Olympischen Spiele beweist leider das Gegenteil. Nach dem Ersten Weltkrieg 1920 in Antwerpen waren die besiegten Mittelmächte Deutschland, Osterreich, Ungarn, die Tschechoslowakei, Türkei und Bulgarien ausgeschlossen. 1924 in Paris nur noch die Deutschen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren 1948 Deutschland und Japan nicht dabei. 1938 mußte Japan die Spiele, die 1940 in Tokio sein sollten, wieder abgeben, weil es China überfallen hatte. Die Parallele zu heute ist augenfällig. Die Spiele in Melbourne 1956 fanden ohne die Schweizer, Holländer und Spanier statt, die damit gegen den sowjetischen Einfall in Ungarn protestierten. 1964 wurde Südafrika vom Internationalen Olympischen Komitee wegen der Rassentrennung ausgeschlossen, 1972 Rhodesien. 1976 sagten viele arabische und afrikanische Staaten deshalb ab, weil die Neuseeländer auch Sportkontakte mit Südafrika unterhielten.Die Sowjetunion selber hat den Sport stets als Mittel der Politik, ja als Instrument des Klassenkampfes gesehen. Das war beim Nichtantreten zu einem Fußballspiel in Chile nicht anders als bei den Aktionen gegen die Einbeziehung von Westberlinern in die deutsche Mannschaft. Die Geschichte der internationalen Sportbeziehungen der Sowjetunion ist eine Aneinanderreihung von Drohung, Erpressung und Boykottmaßnahmen.Erst vor einem Jahr wandte sich die Sowjetunion entschieden gegen die Aufnahme Chinas in das Internationale Olympische Komitee mit dem Hinweis auf den Grenzkrieg in Vietnam. Die sowjetische Zeitschrift „Sowjetski Sport" schrieb dazu am 15. März des vergangenen Jahres folgendes:Schon zu Beginn wird in den Grundprinzipien der olympischen Bewegung unterstrichen, daß ihr Ziel darin besteht, ... die Hochachtung und den guten Willen zwischen den Völkern zu verstärken und damit zur Schaffung einer besseren, friedlicheren Welt beizutragen. Die Beachtung und Entfaltung dieser geheiligten olympischen Grundsätze ist die wichtigste Pflicht eines jeden Landes, das Mitglied der olympischen Familie ist ... Die Olympier und die gesamte Sportwelt wissen, daß während der Dauer der antiken Olympischen Spiele alle Kriegshandlungen unterbrochen wurden.Sowjetunion, offizielles Organ vor einem Jahr!Sie erinnern sich daran, daß nach dem Ersten Weltkrieg die Länder, die den Weltbrand angesteckt hatten, nicht zu den Olympischen Spielen zugelassen wurden, — und heute strebt ein Land, das seine Hände in einem grausamen Krieg mit Blut befleckt hat, in die olympische Arena.Die olympische Flagge ist eine saubere Flagge.— Das sagt das offizielle Organ der Sowjetunion. —Niemand möchte, daß sich auf sie ein Schattenvon Verbrechen gegen die Menschlichkeitlegt ... Die Olympischen Spiele sind ein großesFest der ganzen Menschheit. Wer darf mit blutbefleckten Händen auf diesem Fest erscheinen?
An diese Worte, meine Damen und Herren, muß sich die Sowjetunion heute erinnern lassen.
Seit 1968 hat sich die UdSSR bemüht, den Zuschlag des Internationalen Olympischen Komitees zu erhalten. Sie unterlag 1970, bewarb sich dann 1972 erneut und erhielt 1974 den Zuschlag für 1980. Das Internationale Olympische Komitee war sich zu jeder Zeit der politischen Bedeutung dieser Handlung sehr wohl bewußt. Und 1978 erklärte der stellvertretende Ministerpräsident der UdSSR und Vorsitzende des Organisationskomitees für die Olympiade 1980, Ignati Nowikow, in einem Interview mit der „Prawda":Wie bekannt, wird 1980 zum erstenmal die Olympiade auf dem Boden eines sozialistischen Landes, in der Hauptstadt unseres Vaterlandes, Moskau, durchgeführt. Das Ehrenrecht für die Durchführung der Spiele ist eine Anerkennung der großen Verdienste der Sowjetunion im Kampf für den Frieden.
Ich glaube, dem braucht man nichts hinzuzufügen.Die Sowjetunion hat lange um die Vergabe der Spiele gekämpft, natürlich um der Welt ihre Vormachtstellung dokumentieren zu können. Denn, meine Damen und Herren, gerade der totalitäre Staat braucht ab und zu den Stempel der demokratischen Legitimität für seine unterdrückten Bürger, und diesen Stempel kann nur die freie Welt geben und sonst niemand.
Ich selbst war als Elfjähriger bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Berlin dabei, und ohne daß ich diese Erinnerung unterschätze bzw. überschätze, dieses gewaltige Schauspiel hat sich mir eingeprägt. Ich empfand unbewußt aber doch, daß das für den Nationalsozialismus der Durchbruch zur weltweiten Anerkennung war, die Generalabsolution des Westens für viele Vergehen, deren sich Hitler schon damals schuldig gemacht hatte. Alle, die dabei waren, werden nie vergessen, mit welcher Geste die französische Mannschaft an Hitler vorbeizog, und nicht den unbeschreiblichen Jubel, der sich im Berliner Olympia-Stadion danach erhob. Es kam so, wie Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg über einen Ausspruch seines Vaters schrieb: Der Verbrecher triumphierte, und die Gegner des Regimes resignierten. — Das ist auch der Grund, warum heute sowjetische Bürgerrechtler so leidenschaftlich an den Westen appellieren, nicht nach Moskau zu fahren.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17103
Dr. ZimmermannNein, meine Damen und Herren, in der jetzigen politischen Lage darf die freie Welt in Moskau nicht vertreten sein. Das ist keine Trotzreaktion, das ist eine Frage der Selbstachtung der eigenen, westlichen Entschlossenheit, die Aggression der Sowjetunion nicht einfach zu den Akten zu legen. Es ist ein Signal an die Völker der Welt.Präsident Carter hat am 23. Januar an sein Olympisches Komitee geschrieben:Wir müssen der Sowjetunion klar vor Augen führen, daß sie eine unabhängige Nation nicht einfach niedertrampeln und sich gleichzeitig gegenüber der übrigen Welt so verhalten kann, als wäre nichts geschehen.Und Carter stellt ein Ziel ganz nach oben: die Sicherheit seines Landes und den Frieden der Welt.Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung können und müssen erwarten, daß das deutsche Nationale Olympische Komitee der gemeinsamen Empfehlung von Bundesregierung und Bundestag entspricht und eine Nichtteilnahme an den Spielen in Moskau beschließt. Wir müssen auch ablehnen, wenn durch die Hintertür einzelne Sportler nach Moskau geschickt werden, wie manche in der SPD es propagiert haben, wie die Bundesregierung in ihrem Beschluß es heute klar abgelehnt hat.
Es gibt hier keine Zwischenlösungen. Niemand, meine Damen und Herren, kann bei der Absage an die Olympischen Spiele Begeisterung verspüren. Jeder tut sich darin schwer. Niemand wird erst recht von einem aktiven Sportler, von einem Olympiakandidaten erwarten, daß er gern auf seinen Start verzichtet.Natürlich fragt der Sportler mit Recht: Warum gerade ich? Und wenn: Warum nur ich? Wir müssen ihm deutlich machen, daß sein Verzicht nicht alleinsteht, daß auch andere Maßnahmen getroffen werden, von denen heute durch den Mund des Bundeskanzlers, was die Beschlüsse der EG betrifft, die Rede war. Auch in der Wirtschaft herrscht keine Freude darüber, wenn es zu Handelsbeschränkungen kommt. Dem Bürger wird es unangenehm sein, wenn von der Regierung versprochene Steuererleichterungen vielleicht doch nicht gewährt werden können. Auch die Millionen Menschen, die gern Olympische Spiele sehen, werden sie als Zuschauer vermissen. Natürlich ist es etwas anderes, wenn sich jemand als Sportler jahrelang vorbereitet hat, in Höchstform ist und die einmalige Chance nun nicht nutzen kann. Wir müssen die Sportler alle bitten, die Ursachen zu sehen, den sowjetischen Angriffskrieg, nicht nur die notwendigen Reaktionen.Aber, meine Damen und Herren, auch das muß gesagt werden: Versagt hat in diesen letzten Monaten das Internationale Olympische Komitee.
Von dort kam nichts, was einen Ausweg geboten hätte, weder Verlegung wie 1938 gegenüber Japan, noch ein Ausfallen wie 1940 im Krieg. Das Internationale Olympische Komitee ging auf Tauchstation, hielt an Moskau ohne Wenn und Aber fest und stehtnun selber vor einem olympischen Trümmerfeld. Die Leidtragenden sind die Sportler.Die Olympische Idee ist nicht tot. Aber jeder von uns weiß es: Seit Jahren sind die Olympischen Spiele problematischer geworden: die Gigantomanie, die Züchtung von Superathleten, die Kommerzialisierung, Anabolika, Aufputschmittel, die Vermarktung von Siegen, der Verstoß gegen den Amateurstatus im Westen, während die Staatsamateure des Ostens unbeanstandet blieben.Wenn die Moskauer Spiele ohne Sportler aus der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, wenn das Nationale Olympische Komitee diesen Beschluß nach Empfehlung von Bundesregierung und Bundestag faßt, so muß überlegt werden, welche Ausweichmöglichkeiten den Sportlern geboten werden können. Nach einem entsprechenden Votum des Nationalen Olympischen Komitees müssen — das sollte jetzt die erste Aufgabe des Nationalen Olmpischen Komitees sein — Sport und Politik einen gemeinsamen Weg dafür suchen. Dafür bietet die Fraktion der CDU/CSU ausdrücklich ihre Mithilfe an.
Auch in Zukunft wird es hoffentlich Olympische Spiele geben, vielleicht auf einer neuen Grundlage. Es ist nach meiner Meinung zuwenig, die Sommerspiele für immer nach Griechenland und die Winterspiele vielleicht für immer in die Alpenregion zu verlegen. Vielleicht müssen die Olympischen Spiele von Grund auf reorganisiert werden. Das gilt für die Teilnahmebedingungen ebenso wie für die Zusammensetzung der Mannschaften. Auch dieser Aufgabe muß sich das Internationale Olympische Komitee annehmen. Auch dazu bietet die Nichtteilnahme in Moskau eine Chance.Meine Damen und Herren, alles in allem: Wir dürfen die Flagge vor Moskau nicht senken. Die CDU/CSU hat als erste Fraktion dieses Hauses die Initiative ergriffen. Es war unser Antrag, der heute hier vorliegt und zur Debatte steht. Aber wir sind, weil wir eine große und breite Mehrheit für den politischen Willen der Regierung und des Deutschen Bundestages haben möchten, bereit, auf unseren Antrag zu verzichten, ihn als erledigt zu betrachten, wenn der Antrag der Bundesregierung und nun der gemeinsame Antrag aller Fraktionen eine breite Mehrheit findet. Dazu beantrage ich im Namen meiner Fraktion namentliche Abstimmung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne haben Seine Exzellenz, der Präsident des Spanischen Senats, und eine Delegation Platz genommen, die auf Einladung des Präsidenten des Bundesrates die Bundesrepublik Deutschland besuchen. Ich heiße Sie, Herr Präsident, und die Mitglieder Ihrer Delegation im Deutschen Bundestag herzlich willkommen. Ich bin überzeugt, daß Ihr Besuch in unserem Lande dazu beitragen wird, die traditionellen, freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik
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17104 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Präsident StücklenDeutschland und Spanien zu festigen und weiter zu vertiefen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schirmer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der soeben im Bundestag vorgelegte Antrag zur gemeinsamen Entschließung aller Fraktionen dieses Hauses macht Übereinstimmung, macht Zustimmung zu dem Beschluß der Bundesregierung über eine Empfehlung an das Nationale Olympische Komitee für Deutschland deutlich, die zuvor von Bundeskanzler Helmut Schmidt ergänzt und erläutert worden ist. Wie allerdings mein Vorredner, Herr Kollege Dr. Zimmermann, Teile seiner Ausführungen damit in Zusammenhang und in Übereinstimmung bringen will, muß er selbst wissen. Darüber, ob das möglich ist, mögen auch Sie und viele Bürger sich Gedanken machen.In der Bundesrepublik Deutschland, meine Damen und Herren, bestimmen wir, bestimmt die Politik den Rahmen, sie schafft die Möglichkeiten und die Voraussetzungen auch für die Entwicklung des freien Sports. In diesem Grundsatz sind und waren wir — die Fraktionen im Deutschen Bundestag und unsere Parteien — uns einig. Wir wollen gebotene Abgrenzungen zwischen der Selbstverwaltung der freien Sportorganisationen und den politischen Organen achten und weiterhin partnerschaftlich zusammenarbeiten. Aber Partnerschaft, meine Damen und Herren, darf keine Schönwetterveranstaltung sein. Sie muß sich auch und besonders in schwierigen Zeiten bewähren. Dazu gehört es, vor wichtigen Entscheidungen miteinander zu sprechen, Meinungen auszutauschen, Ziele festzulegen und Wege zu bestimmen.Für uns Sozialdemokraten ergab sich eine solche Situation, als der amerikanische Präsident Carter als Antwort auf die sowjetische Militäraktion in Afghanistan zur Nichtteilnahme an den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau und Tallinn aufforderte. Ich begrüße es, daß der Gedankenaustausch zwischen der Bundesregierung und dem Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland unverzüglich stattgefunden hat. Ich erinnere daran, daß gleichzeitig Gespräche der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion und unseres Parteivorstandes mit den Verantwortlichen des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland geführt worden sind. Wir stimmten überein, die verfügbaren Möglichkeiten, Mittel und Kräfte einzusetzen und alle Chancen zu nutzen, um die Voraussetzungen für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen herzustellen.
Meine Damen und Herren, dies galt und gilt für die Verantwortlichen im Sport wie für uns, die wir politisch tätig sind, gleichermaßen.Diese von der politischen und von der sportlichen Seite unternommenen Versuche wurden von den Bürgern in unserem Lande gewürdigt. Auch international wurden sie wohl verstanden. Dem NationalenOlympischen Komitee für Deutschland, den Sportfachverbänden und der Bundesregierung möchte ich ausdrücklich für diese nicht selbstverständlichen Bemühungen danken.
Deren Ziele, meine Damen und Herren, erkennen und würdigen zunehmend mehr die Sportlerinnen und die Athleten, die sich auf die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen vorbereiten. Für mich wurde dies besonders in der vor zwei Tagen in Dortmund stattgefundenen Veranstaltung deutlich, an der sich eine so große Zahl der Sportlerinnen und Athleten beteiligte, die diese Vorbereitungen zu den Sommerspielen seit vielen Jahren betreiben.Meine Damen und Herren, ich bedaure außerordentlich, daß die CDU/CSU in der innenpolitischen Auseinandersetzung in dieser Frage das bisher von allen Parteien und auch von den Fraktionen dieses Hauses eingehaltene Prinzip der Partnerschaft zu und mit den Sportorganisationen nicht, mindestens nicht voll eingehalten hat.
Der von der CDU/CSU proklamierte Boykott kam doch zustande, ohne daß die Verantwortlichen der Sportorganisationen als Berater hinzugezogen wurden, ohne daß man sie zuvor auch nur informiert hätte. Dem folgte dann die Unterschriftenkampagne gegen die Teilnahme von Sportlern aus der Bundesrepublik Deutschland an den Olympischen Sommerspielen in Moskau und in Tallinn, ohne daß eine offizielle Beratung mit dem NOK für Deutschland darüber stattgefunden hatte.
Dafür war im Pressedienst der CDU/CSU-Fraktion vom 8. April 1980 eine Verunglimpfung des Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees, Willi Daume, zu lesen. Der Sport-Sprecher der Oppositionsfraktion verstieg sich dabei zu diffamierenden Behauptungen, die ich zurückweisen muß.
Bei solchem Handeln, meine Damen und Herren, muß sich doch die Frage aufdrängen, ob der CDU/ CSU auch künftig an einer fairen Zusammenarbeit mit allen im Sport und für den Sport Verantwortlichen gelegen ist. Ich füge hinzu: Ich will dies hoffen.
Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten stehen ein für die Selbstverwaltung und für die demokratische Entscheidungsfreiheit unserer Sportorganisationen. So wollen wir auch jetzt sichergestellt wissen — wie der Bundeskanzler dies zuvor deutlich gemacht hat —, daß das Nationale Olympische Komitee ohne Druck, ohne Androhung polizeistaatlicher Maßnahmen — da gab es schon einige Erörterungen in der veröffentlichten Meinung —, ohne dies alles, am 15. Mai 1980 seine eigenverant-
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Schirmerwortliche Entscheidung über die Frage einer Teilnahme oder Nichtteilnahme an den XXII. Olympischen Sommerspielen treffen kann.Ich füge hinzu: Diese Entscheidung wird nicht leichter, wenn man die Haltung berücksichtigt, die gestern und heute die 26 internationalen olympischen Sportfachverbände und das Exekutivkomitee des Internationalen Olympischen Komitees in Lausanne eingenommen haben.Allerdings: Wir würden es für einen Fortschritt halten, wenn die dort verlautbarte Absicht verwirklicht würde, Protokoll und Zeromonie bei künftigen Olympischen Spielen so zu ändern, daß ein wirkungsvoller Beitrag zu einer Entnationalisierung der Spiele geleistet werden könnte.
Ich darf den Art. 8 der IOC-Grundprinzipien in Erinnerung rufen, in dem es heißt — ich zitiere —:Die Spiele sind Wettkämpfe zwischen Einzelpersonen, nicht zwischen Ländern und Gebieten.Um Mißverständnisse zu vermeiden, lassen Sie mich einige Punkte klarstellen. Das scheint mir besonders geboten, nachdem mein Vorredner auf Passagen in den IOC-Erklärungen hingewiesen hat. Es ist unrichtig, daß das IOC den XXII. Olympischen Sommerspielen ein besonderes Motto — da wurde verbreitet: „Spiele des Friedens und der Freundschaft" — verliehen habe. Eine entsprechende Anregung der Moskauer Organisatoren hat das IOC vielmehr abgelehnt.Unrichtig ist auch, meine Damen und Herren, daß die Grundprinzipien des IOC eine Friedenspflicht vorsehen, denn das IOC kann — jedermann weiß dies; aber auch das IOC weiß dies wohl zu würdigen — weder den Frieden in der Welt noch eine heile olympische Weltbewegung herstellen oder garantieren.
Richtig dagegen ist, daß es in Art. 3 der IOC-Grundprinzipien heißt, daß — ich zitiere —:sich alle vier Jahre die Sportler zu einem Sportfest vereinen, um auf diese Weise Achtung und Freundschaft unter den Völkern zu erzeugen und so zur Schaffung einer besseren und friedlicheren Welt beizutragen.Ich respektiere die vom IOC sich selbst gestellte Aufgabe, gerade in politisch schwierigen Zeiten Olympische Spiele als ein Zeichen des Kampfes für ein friedliches Zusammenleben der Völker, so die Aussagen des IOC, durchzuführen. Deshalb würdige und unterstütze ich auch in besonderer Weise das Engagement und die Weitsicht, mit der die zwei IOC-Mitglieder aus der Bundesrepublik Deutschland, Willi Daume und Berthold Beitz, dort ihre Aufgaben wahrnehmen.
Diese Bemühungen, meine Damen und Herren, haben wesentlich dazu beigetragen, daß angesichtsder weltweit schwierigen Situation die 82. Vollversammlung des IOC am 12. Februar 1980 unter anderem beschlossen hat — lassen Sie mich ebenfalls zitieren —:Die Zeit ist von Bedeutung. Erst am 24. Mai 1980 muß eine endgültige Entscheidung über die Annahme oder Absage der Einladungen für die Spiele in Moskau getroffen werden.Diese Auffassung teilten wir. Die Frist ist noch nicht abgelaufen, aber, meine Damen und Herren, große Hoffnungen habe ich und haben wir nicht mehr, daß in dem nun noch folgenden Monat die Voraussetzungen von der Sowjetunion dafür geschaffen werden, daß die Sportler aller Nationen teilnehmen können. Aber es muß der Hinweis erlaubt sein, daß diese — wenn auch geringe — Chance bis dahin noch gegeben ist.Meine Damen und Herren, die Spiele XXII. Olympiade wurden auf der 75. Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees 1974 in Wien nach Moskau vergeben. Wir müssen davon ausgehen, daß die Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau und in Tallinn stattfinden werden, wie auch gestern und heute anläßlich der Tagung des Exekutivkomitees des IOC und der internationalen Fachverbände erneut bestätigt worden ist.Wir haben die uns zugeleiteten Entschließungen vieler Sportfachverbände ernstgenommen, in denen wir aufgefordert wurden, alles nur Denkbare zu tun, daß die Voraussetzungen dafür geschaffen würden, daß alle, auch unsere Sportler aus der Bundesrepublik, in Moskau und Tallinn teilnehmen könnten. Wir haben diese Forderungen so ernstgenommen, daß wir alle Chancen gesucht haben, um zum Erfolg zu kommen. Wir alle wissen, daß durch die Nicht-Teilnahme besonders die aktiven Sportlerinnen und Athleten, aber auch ihre Trainer, die Betreuer und auch die Verantwortlichen in den Fachverbänden besonders betroffen sind.Es ist zu befürchten, daß sich die Hoffnungen auf eine Teilnahme nicht erfüllen werden. Die Enttäuschung darüber wird groß sein. Ich habe dafür volles Verständnis und Mitempfinden. Ich habe selbst an Olympischen Spielen teilgenommen und anschließend olympisch erfolgreiche Sportler als Trainer betreut. Ich kann also aus eigener Erfahrung und aus eigenem Erleben einschätzen, wieviel freie Zeit, welch große Energie und starke Selbstüberwindung, aber auch welche Entsagung von vielen Annehmlichkeiten des normalen Lebens notwendig und geboten ist, um solch hohe sportliche Leistungen zu erreichen, wie sie zu einer Teilnahme an Olympischen Spielen erforderlich sind. Zusammen mit vielen Freunden im Lande, aber auch auf internationaler Ebene, habe ich gelernt und erkannt, wie wichtig es ist, Kräfte einzuschätzen, Lernprozesse zu verwirklichen, auch in Niederlagen nicht zu verzweifeln und Erfolge nicht überzubewerten. Dabei ist für uns alle die olympische Idee oftmals das Motiv gewesen.Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bekräftigt die Entscheidungsfreiheit des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland und der Olympia-Kandidaten in dieser Frage der Teil-
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Schirmernahme an den Sommerspielen in Moskau und in Tallinn. Dafür müssen jedoch die Voraussetzungen erfüllt sein, wie sie in den zitierten Grundprinzipien des IOC festgelegt worden sind. Mit der Besetzung Afghanistans hat die UdSSR der olympischen Weltbewegung schweren Schaden zugefügt und die umfassende Beteiligung von Sportlern aus allen Ländern der Welt unmöglich gemacht. Eine weltweite Übereinstimmung in der politischen Einschätzung wurde deutlich in der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 15. Januar 1980. 104 Staaten verurteilten die Besetzung Afghanistans durch die UdSSR und forderten den bedingungslosen und vollständigen Abzug der Truppen aus Afghanistan. Die UdSSR ist dieser Aufforderung bisher nicht gefolgt.Wir Sozialdemokraten sind daher der Auffassung, daß bei einer so schwerwiegenden Störung des Weltfriedens und der Verletzung des Völkerrechts auch die Teilnahme von Sportlern aus der Bundesrepublik Deutschland an den Olympischen Sommerspielen in Moskau und Tallinn unangebracht ist.
Wir unterstützen und wir wiederholen die Aufforderung an die UdSSR, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Olympischen Sommerspiele unbeeinträchtigt stattfinden und daß Sportler aus möglichst allen Ländern der Welt teilnehmen werden. Solange diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, unterstützen wir die Empfehlung der Bundesregierung an das Nationale Olympische Komitee für Deutschland, zu den Olympischen Sommerspielen in Moskau und Tallinn keine Mannschaften und keine Sportler zu entsenden.
Mit der Bundesregierung ist die sozialdemokratische Bundestagsfraktion der Auffassung, daß eine solche Entscheidung im Interesse unseres Landes liegt. Darin sehen wir außerdem einen Beweis der Solidarität mit den Sportlern der Vereinigten Staaten und der übrigen nichtteilnehmenden Länder.Zugleich aber bekräftigen wir unsere Auffassung, daß die Förderung des humanen Leistungssports auch künftig uneingeschränkt fortgesetzt werden muß, wie der Bundeskanzler das vorhin noch einmal ausdrücklich betont hat. Wir sind keine Utopisten. Aber dennoch hoffen wir darauf, daß es eine kleine, wenngleich sehr geringe zeitlich noch verfügbare Chance gibt, daß die Voraussetzungen erfüllt werden sowie der friedliche und politische Rahmen hergestellt wird, damit eine Beteiligung möglich sein wird. Wir wissen, daß die Unzulänglichkeiten in der Welt groß sind und daß davon auch die olympische Sportbewegung betroffen ist. Doch wer bereit ist, sich fair und intensiv mit dieser olympischen Sportbewegung zu befassen, wird mit uns erkennen, daß es lohnt, sich auch für die Erhaltung und die friedliche Weiterentwicklung der olympischen Weltbewegung einzusetzen. Dabei hoffen wir auch, daß sie einen Beitrag leisten kann zur Erhaltung der Sicherheit und des Friedens in der Welt gerade, ja, manmuß sagen, besonders in der jetzigen schwierigen Zeit.Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit dem von den Koalitionsfraktionen und nun auch von der Oppositionsfraktion vorgelegten Entschließungsantrag werden die ehrlichen und alle Möglichkeiten ausschöpfenden Bemühungen der Bundesregierung und insbesondere die des Bundeskanzlers Helmut Schmidt unterstützt.
Die heute vom Bundeskanzler dem Deutschen Bundestag vorgetragene Empfehlung wird von uns, der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, begrüßt und uneingeschränkt mitgetragen.
Um dies deutlich zu machen, beantrage ich namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion über den vorliegenden Antrag eine namentliche Abstimmung.
Daß nun auch die Zustimmung der Fraktion der CDU/CSU zu diesem Antrag erreichbar ist, begrüße ich ausdrücklich. Ich hoffe, daß diese Übereinstimmung im Deutschen Bundestag besonders von den Delegierten der Vollversammlung des Nationalen Olympischen Komitees verstanden und bei ihrer Entscheidung am 15. Mai entsprechend gewürdigt wird, damit die Auffassungen der Bundesregierung und die Empfehlungen des Parlaments dort ihren Niederschlag finden und unsere Sportler die Auffassung, die wir in Gemeinsamkeit entwickelt haben, verstehen, würdigen und möglichst übernehmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Mischnick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten sehen in den Luxemburger Beschlüssen der Außenminister der Europäischen Gemeinschaft einen wichtigen flankierenden Beitrag zu den Bemühungen der Vereinigten Staaten, die amerikanischen Geiseln in Teheran freizubekommen. Die positive Reaktion der amerikanischen Regierung auf die Luxemburger Entscheidungen sollte auch diejenigen in unserem Lande nachdenklich stimmen, die das Ganze lieber etwas drohender oder massiver gehabt hätten. Wir meinen, die Europäische Gemeinschaft hat mit diesem Beschluß ihre politische Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit unter Beweis gestellt und sie ist damit auch den Männern und Frauen gerecht geworden, die nunmehr seit Monaten Opfer einer flagranten Verletzung des Völker- und Menschenrechtes sind und in Teheran festgehalten werden.
Das hat auch sichtbar gemacht, daß die Solidarität Westeuropas mit den Vereinigten Staaten vorhanden und daß daran nicht zu rütteln ist. Wir Freien Demokraten danken ausdrücklich unserem Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, der ganz
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Mischnickwesentlich zur Herbeiführung dieser gemeinsamen Haltung beigetragen hat.
Wir Freien Demokraten wollen aber auch nicht verschweigen, daß die zu erwartenden Sanktionen gegenüber dem Iran Folgen haben werden, die nicht nur im politischen Bereich sichtbar sein werden, sondern auch vom einzelnen Bürger mitzutragen sind. Das kann weh tun, aber solche Entscheidungen haben nun einmal nicht nur positive, sondern auch negative Ausflüsse, über die wir uns völlig im klaren sein sollten und in aller Offenheit sprechen müssen.In abgewandelter Form gilt Ähnliches für die Entscheidung über die Nichtteilnahme an den Olympischen Spielen in Moskau, die wir hier zu treffen haben. Ich verschweige nicht, daß für viele Kollegen meiner Fraktion die Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein entscheidender Grund ist, dem Beschluß, nicht teilzunehmen, zuzustimmen, daß wir hier die politische Notwendigkeit eines gemeinsamen Handelns der Regierungen sehen und, nachdem auch das amerikanischen Olympische Komitee entsprechend der Empfehlung der amerikanischen Regierung beschlossen hat, nicht zuletzt diese Solidarität als einen gewichtigen Punkt bei der eigenen Entscheidung betrachten.Politische Entscheidungen dieser Art müssen dann natürlich auch dazu führen, daß wir Solidarität immer als eine gemeinsame Sache und nicht als Einbahnstraße sehen. Wir haben oft die Solidarität mit unseren Bündnispartnern, insbesondere den Vereinigten Staaten, bei sportpolitischen Entscheidungen, wenn es um West-Berlin ging, in Anspruch genommen. Wir nehmen jetzt darauf Bezug und sind bereit, die gleiche Solidarität zu üben.Wir weisen aber genauso offen darauf hin, daß diese Solidarität immer bedingt, daß man gemeinsam einen Standpunkt erarbeiten muß, und daß Solidarität gefährdet wird, wenn der eine Partner den Eindruck gewinnen muß, daß ihm der andere vorschreibt, was Solidarität ist und wie sie im einzelnen auszusehen hat.
Deshalb hoffen wir, daß manche Erfahrungen, die in den letzten Wochen und Monaten gewonnen worden sind, bei künftigen Entscheidungen umgesetzt werden. Hier hat vielleicht diese schwierige, vielschichtige Frage mit dazu beigetragen, das, was an Abstimmung miteinander für die Zukunft zu geschehen hat, besser vorzunehmen, als es manchmal geschah. Ich hoffe, daß in Zukunft die Abstimmung untereinander mit den Bündnispartnern, insbesondere den Vereinigten Staaten, den Grad erreicht, der heute für die Europäische Gemeinschaft selbstverständlich geworden ist.Ein sorgfältiges Abwägen aller Gesichtspunkte für die Entscheidung, die heute getroffen werden soll und muß, war nach meiner und unserer Überzeugung — unter Abwägung aller Probleme — wichtiger, als es ein politischer Schnellschuß aus der Hüfte gewesen wäre.
Ganz nebenbei, wenn ich dies einfügen darf: es gibt ja eine olympische Disziplin Schießen; aber da wird präzis geschossen und nicht aus der Hüfte.
— Und nach Zeitvorstellungen; aber entscheidend ist nicht, daß Sie schnell schießen, sondern daß Sie treffen und richtig treffen. Das ist der Punkt, den wir bei unseren Entscheidungen in den Vordergrund gestellt haben.Warum sage ich das? Im Vordergrund muß die Maxime stehen — sie ist gewichtig, sie ist ein Kriterium, das wir ernst nehmen müssen —: wenn ein Land mit einem anderen in kriegerischer Auseinandersetzung steht, ist das Grund genug, in diesem Land keine Olympischen Spiele stattfinden zu lassen. Das ist ein Argument, das ich gewichtig nehme, das ich respektiere. Ich erwarte allerdings, daß dieses Argument, das in diesem Fall für die Olympischen Spiele in Moskau von manchem für sich genommen wird, bei jeder vergleichbaren Entscheidung mit dem gleichen Gewicht eingebracht wird und daß nicht von Fall zu Fall gesprungen wird.
Wenn man dieses Argument als einzelnes nimmt, dann bitte auch als moralische Qualität bei jeder vergleichbaren Entscheidung.Wir sind der Meinung, daß neben anderen Gewichten auch noch dieses Gewicht auf die Waage gelegt werden muß: Welche Folgewirkung haben Entscheidungen in diesem Punkt sowohl im inneren Bereich, also im Verhältnis zwischen Sport und Politik, als auch für unseren Sport in internationaler Sicht? Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland die Partnerschaft zwischen Sport und Politik. Wer sie ernst meint, kann Entscheidungen darüber, wie wir uns verhalten, erst fällen, wenn er mit dem Sport ausführlich darüber diskutiert hat,
aber nicht sagen: erst entscheide ich und dann sage ich dir, Sport, warum ich das getan habe.
Es war nicht leicht, diese Entscheidung in Diskussion mit dem Sport unter Abwägung aller Gesichtspunkte zu finden, und sie wird fortgesetzt werden müssen; denn die Unabhängigkeit des Nationalen Olympischen Komitees, die Unabhängigkeit des Deutschen Sportbundes, die Unabhängigkeit der Sportverbände ist für uns eine Selbstverständlichkeit und wird auch durch unsere jetzige Empfehlung in keiner Weise angetastet.
Wir werden allem widersprechen, was diese Unabhängigkeit antasten könnte, weil wir dies für falsch halten.
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MischnickMeine Damen und Herren, liberales Verständnis von Partnerschaft bedeutet natürlich, daß ich die Argumente, die aus dem Sport, aus sportpolitischer Sicht kommen, mit den Argumenten, die aus politischer, aus außenpolitischer Sicht. kommen, vergleiche, sie diskutiere und gegeneinander abwäge, um dann zu entscheiden. Wer aus obrigkeitsstaatlichem Denken heraus sagt „So wird's gemacht!", der wird natürlich dem Gedanken der Partnerschaft nicht gerecht.Gerade diese Partnerschaft hat nicht nur eine Bedeutung für uns in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch bei den laufenden Auseinandersetzungen im Weltsport über die Fragen: Soll der Sport auf Dauer Staatssport werden? Oder bleibt es bei dem, was für uns und viele Nationen gilt, nämlich daß der Sport frei sein soll und sich frei entwickeln kann, daß eine Partnerschaft zwischen Sport und Politik bestehen soll? Bei dieser Diskussion ist es natürlich notwendig, auch sichtbar zu machen, daß in einer solch schwierigen Frage, in einer solchen Konfliktfrage, wie sie jetzt vor uns liegt, die Partnerschaft nicht kurzfristig über Bord geworfen wird, sondern Gültigkeit hat, auch wenn es noch so schwer ist.
Nur in diesem Sinne ist es zu verstehen, Herr Kollege Zimmermann, wenn der Bundesinnenminister deutlich gemacht hat: Entscheidungen der Bundesregierung, Empfehlungen der Bundesregierung können nicht gleichgesetzt werden mit politischem, finanziellem oder juristischem Druck. Dies haben wir nicht gewollt, und dies werden wir auch nicht tun. Hier unterscheiden wir uns sogar von manchen Maßnahmen, die bisher in anderen Ländern getroffen worden sind.
Ich füge aber gleichzeitig genauso offen und deutlich hinzu: Wer dies als Augenzwinkern versteht, täuscht sich. Wir werden darum kämpfen, daß der Beschluß der Bundesregierung auch die entsprechende Resonanz, die Zustimmung im deutschen Sport findet, weil wir ihn für richtig halten.
Meine Damen und Herren, Drohungen, die hier im Innern oder draußen ausgesprochen werden, nützen nicht, helfen nicht, gefährden nur. Deshalb will ich das aufgreifen, was von dem Herrn Kollegen Zimmermann in Richtung der Androhung von Folgen durch die sowjetische Seite gesagt wurde. Ich bin der Meinung: Es wäre besser gewesen, die Sowjetunion hätte in dieser Frage an sich selbst dieselben Maßstäbe angelegt, sich selbst mit derselben Meßlatte gemessen, wie sie bei anderen Entscheidungen, als es um Weltmeisterschaften oder den Beitritt zum Olympischen Komitee ging, andere gemessen hat.
Dies wäre für die olympische Idee, dies wäre für die Entspannungspolitik, dies wäre für alle anderen Bemühungen gut gewesen.Ich kann nur hoffen, daß die Einsicht wächst, daß man in solchen Fragen nicht opportunistisch vom Tage her entscheiden kann, sondern daß man in solchen Fragen langfristig eine der Rechtsstaatlichkeit, der Selbstbestimmung, der friedlichen Entwicklung verpflichtete Politik treiben muß.
Das heißt aber auch — lassen Sie mich das genauso offen sagen —, daß wir selbst, wenn wir Entscheidungen vergleichbarer Art für andere Gegenden dieser Welt zu treffen haben, denselben Maßstab anlegen, der hier heute angelegt worden ist.Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß in der Entwicklung bis zum heutigen Tage die Rolle des Internationalen Olympischen Komitees — ich will mich nicht in Dinge anderer hineinmischen; aber das kann man sagen — nicht so war, daß es zu einer Verbesserung der Situation geführt hätte. Aber wenn jetzt zu hören ist — hier greife ich das auf, was der Kollege Friedel Schirmer gesagt hat —, man prüfe, ob nationale Symbole, ob Flaggen, ob Nationalhymnen eigentlich noch dem Grundgedanken der Olympischen Spiele entsprächen, dann scheint mir das genauso ein Schritt in die richtige Richtung zu sein wie die Überlegung, die Olympischen Spiele nach Griechenland zu legen.
Ich bitte, diesen Gedanken nicht abzuwerten, sondern zu unterstützen, damit wir positive Zeichen für die Zukunft setzen; denn wir wollen die olympische Idee durch die Entscheidungen, durch das, was in Afghanistan geschehen ist, nicht in eine noch schwierigere Position bringen.Das bedeutet aber auch zugleich, daß wir selbst — darum möchte ich alle herzlich bitten — bei dieser Gelegenheit nicht alles, was wir an Bedenken, was wir an Vorbehalten gegen die Entwicklung des Leistungssportes, gegen die Praxis des Doping, gegen die Gestaltung der Olympischen Spiele haben, so in Nebensätzen abladen, sondern wir müssen über diese Fragen in den zuständigen Gremien in aller Ruhe sprechen. Es würde der Sache nichts nutzen, hier Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen, die mit der Hauptfrage unmittelbar nichts zu tun haben.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter Mischnick.Ich darf bitten, daß alle Abgeordneten, die im Saal sind, ihre Plätze einnehmen und dem Redner die Aufmerksamkeit schenken, die auch das Problem verdient. Das gilt für alle Seiten des Hauses. Ich bitte, Platz zu nehmen.Herr Abgeordneter, Sie warten bitte, bis die Damen und Herren Platz genommen haben. — Bitte, Herr Abgeordneter Mischnick.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17109
Die Auseinandersetzung mit dem, was nicht nur unmittelbare Wirkung ist — also Nichtteilnahme an den Olympischen Spielen in Moskau —, sondern auch als Folgewirkungen entstehen kann, ist meiner Ansicht nach nicht nur legitim, sondern sogar Pflicht jedes einzelnen, der hier mit zu entscheiden hat; denn mit der Durchführung der Olympischen Spiele in Moskau ohne uns — nach dem derzeitigen Entscheidungsstand — ist ja die Diskussion über diese Fragen nicht beendet.
Deshalb nehmen wir das sehr ernst, was u. a. in einer Entschließung der Aktiven, die unmittelbar betroffen sind, zum Ausdruck gekommen ist. Sie haben deutlich gemacht, daß nach ihrer Meinung aus sportpolitischer Sicht eine Teilnahme mit der Möglichkeit der vielfältigen Diskussionen in Moskau selbst eine größere Wirkung haben könnte als die Nichtteilnahme. Bei aller grundsätzlich unterschiedlichen Betrachtung sollte man dieses Argument der Aktiven nicht einfach beiseite wischen, zeigt es doch, daß die Bereitschaft, sich auseinanderzusetzen, deutlich zu machen, daß wir alle den Einmarsch nach Afghanistan verurteilen, auch bei denen vorhanden ist, die eine Teilnahme für richtig halten. Sie wollen ihre Meinung eben an Ort und Stelle deutlich werden lassen.
Deshalb sollten wir solche Überlegungen als den Willen, als ein Zeichen werten, die gemeinsame Auffassung in wirksamer Weise zum Ausdruck zu bringen, wenn wir auch auf Grund unserer politischen Überlegungen zu der Entscheidung kommen, daß die wirksamste Möglichkeit darin besteht, nicht teilzunehmen. Aber das abzuwägen und gegeneinander auszubalancieren, ist doch ein Zeichen dafür, daß diese Partnerschaft zwischen Politik und Sport hier durchaus funktioniert und bis in die Reihen derer, die sich entscheiden müssen, wie sie sich verhalten, und sich ihre Entscheidung nicht leichtmachen, auch eine politische Wirkung hat.
Dies für die Zukunft zu erhalten, scheint mir notwendig zu sein, ebenso, deshalb alle Bemühungen zu unternehmen, daß das Verständnis für die Entscheidung, die wir fällen, nicht dadurch gefährdet wird, daß manchmal der Eindruck entsteht — lassen Sie es mich salopp formulieren —: Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt. Dann kann es sehr schnell zu gegenteiligen Wirkungen kommen.
Wir wissen sehr genau — jeder, der mich und mein Engagement kennt, wird mir das abnehmen —, welch einen Lebenseinschnitt dies für jeden Spitzensportler markiert, der nicht teilnimmt, und daß dies zu dem Gedanken führen kann: Für was hast du nun die ganzen Opfer gebracht?
Hier zu helfen, dies zu überwinden, neue Ziele zu setzen, die Chance zu eröffnen, daß morgen und übermorgen, wenn es uns gelingt, die politische Krisensituation zu bereinigen, die gleiche Leistungsbereitschaft und das gleiche Messen der Kräfte in einer friedlichen Entwicklung möglich sind, wird unsere Aufgabe sein.
Wir sind aufgerufen, diese Voraussetzung für eine
friedliche Entwicklung und Durchführung des
Sports mit zu gestalten und alle unsere Entscheidungen, auch in der verbalen Form, mit unter diesem Gesichtspunkt zu sehen.
Ich möchte zum Abschluß noch eines sagen. Ich hoffe, daß die politischen und die moralischen Grundsätze, die bei dieser Entscheidung gewichtig waren, auch bei künftigen Entscheidungen in vergleichbaren Situationen von allen in der gleichen Weise angewendet werden. Dann hat die ganze Diskussion einen Nutzen gehabt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung nach § 59 unserer Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Conradi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine Erklärung zur Abstimmung abgeben, und zwar zugleich im Namen einer Reihe Kollegen meiner Fraktion.
Erstens. Ich verurteile die militärische Intervention der UdSSR in Afghanistan ebenso, wie ich die Anwendung militärischer Gewalt durch die Sowjetunion in Ungarn und in der CSSR und durch die USA und später China in Vietnam verurteilt habe. Wer gegen die Anwendung militärischer Gewalt zwischen den Völkern und für das Selbstbestimmungsrecht aller Völker glaubwürdig eintreten will, darf nicht einäugig sein, darf parteilich nur für den Frieden sein.Zweitens. Konflikte zwischen Staaten müssen durch Verhandlungen gemildert und gelöst werden. Präsident Carter hat dafür mit seinen Bemühungen im Nahost-Konflikt ein gutes Beispiel gegeben. Ich unterstütze die besonnenen und verantwortungsvollen Bemühungen des Bundeskanzlers, die internationalen Konflikte auf dem Verhandlungswege friedlichen Lösungen näherzubringen.
Ich weiß, daß die Bundesregierung in der derzeitigen Lage glaubt, den Sportlern empfehlen zu müssen, nicht an den Olympischen Spielen in Moskau teilzunehmen, und ich habe dafür Verständnis. Ich lege auch Wert auf die Feststellung, daß die Empfehlung der Bundesregierung und die Empfehlung des Bundestags keine Entscheidungen sind, sondern daß die Entscheidung beim NOK liegt. Ich unterstreiche, daß die Bundesregierung gesagt hat, es werde kein finanzieller oder administrativer Druck auf das NOK ausgeübt. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeiten der Bundesregierung fürchte ich jedoch, daß dieser Schritt, diese Empfehlung eine friedliche Lösung der internationalen Konflikte erschweren könnte. Deshalb werde ich dem Entschließungsantrag nicht zustimmen.
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17110 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP auf Drucksache 8/3940 zu der Unterrichtung über den Beschluß der Bundesregierung über eine Empfehlung an das Nationale Olympische Komitee für Deutschland auf. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich eröffne die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, haben alle Abgeordneten, die ihre Stimme abgeben wollen, dies auch vollzogen?
Ich darf noch bekanntgeben, daß an der, heutigen Abstimmung 41 Abgeordnete wegen europäischer Verpflichtungen und 11 Abgeordnete wegen Krankheit nicht teilnehmen können; auf Dienstreise ist ein Abgeordneter.
Ich frage noch einmal, ob alle Abgeordneten, die ihre Stimme abgeben wollen, dies auch vollzogen haben. — Dies scheint der Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen, damit ich das Abstimmungsergebnis bekanntgeben kann. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP auf Drucksache 8/3940 lautet wie folgt: Es wurden 463 Stimmen abgegeben. 446 Abgeordnete haben mit Ja, 8 Abgeordnete haben mit Nein gestimmt; 9 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Der Entschließungsantrag ist angenommen.ErgebnisAbgegebene Stimmen 463; davonja: 446nein: 8enthalten: 9JaCDU/CSUDr. AignerDr. Althammer AmrehnDr. Arnold BahnerBayhaDr. Becher Dr. Becker (Frankfurt) Frau Benedix-Engler BenzFrau Berger Berger (Herne) Berger (Lahnstein) BeschBiecheleDr. BiedenkopfBiehleBlügelDr. BlümDr. Bötsch BraunBreidbach BrollBühler
BurgerCarstens Conrad (Riegelsberg)Dr. CzajaDammDawekeDr. Dregger DreyerEngelsbergerErhard ErnestiErpenbeck Dr. Evers EyEymer Feinendegen Frau FischerFrancke FrankeDr. FriedmannDr. Fuchs Frau Geier GeisenhoferDr. von GeldernDr. George Gerlach
GersteinGerster Gierenstein GlosDr. Gradl Haase
HaberlDr. Häfele Dr. HammansHanz
Dr. Hennigvon der Heydt Freiherrvon Massenbach HöffkesHöpfingerDr. HoffackerFrau Hoffmann Dr. Hornhues HorstmeierDr. Hubrig Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. JaegerJäger
Dr. Jahn Dr. Jahn (Münster)Dr. JenningerDr. Jentsch Dr. JobstJostenFrau KarwatzkiKiechleDr. h. c. Kiesinger KittelmannDr. Klein Klein (München) KlinkerDr. Köhler Dr. Köhler (Wolfsburg) KösterDr. KohlKolbKrampeDr. Kraske KrausDr. Kreile KreyKroll-SchlüterFrau Krone-Appuhn Kunz
Dr. Kunz Lagershausen LampersbachLandréDr. LangguthDr. Langner Dr. LaufsDr. Lenz LenzerLinkLintnerLöherLückerFrau MännleDr. Mertes MetzDr. Meyer zu Bentrup Dr. MikatDr. Miltner MilzDr. Möller Müller
Müller Müller (Wadern)Dr. Müller-HermannDr. Narjes Neuhaus Frau Dr. NeumeisterNiegelDr.-Ing. OldenstädtFrau Pack Petersen Pfeffermann PfeiferPicardPierothFrau Pieser Dr. Pinger Pohlmann PrangenbergDr. Probst RainerRaweRegenspurgerDr. ReimersFrau Dr. Riede Dr. Riedl (München)Dr. RiesenhuberDr. RitzRöhnerDr. Rose RüheRusseSauer
Sauter
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Schartz
SchetterFrau SchleicherSchmidt Schmitz (Baesweiler) SchmöleDr. SchneiderDr. Schröder Schröder (Lüneburg) Schröder (Wilhelminenhof) Dr. Schulte (SchwäbischGmünd) SchwarzDr. SchwörerSeitersSickDr. Freiherr Spies von BüllesheimSpilkerSpranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark
Graf StauffenbergDr. StavenhagenDr. SterckenStommel Straßmeir Stücklen StutzerSussetde Terra Tillmann Dr. TodenhöferFrau Tübler Dr. Unland Frau VerhülsdonkVogel
Vogt
Voigt
VolmerDr. VossDr. WaffenschmidtDr. Waigel Dr. WarnkeDr. von Wartenberg Weiskirch
Dr. von Weizsäcker Werner
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17111
Vizepräsident Frau RengerFrau Dr. WexFrau Will-FeldFrau Dr. WilmsWimmer
Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissebach WissmannDr. Wittmann Dr. WörnerBaron von Wrangel WürzbachDr. Wulff Dr. Zeitel ZieglerDr. ZimmermannZinkSPDAdams Amling Dr. ApelArendt AugsteinBaack BahrFrau Dr. BalserBatzBecker BiermannBindigDr. Böhme BrandtBrandt
Brück BuchstallerBühlingDr. von BülowBuschfortDr. BußmannColletDr. CorterierCurdtFrau Dr. CzempielFrau Dr. Däubler-Gmelin DaubertshäuserDr. Diederich
Dr. von DohnanyiDr. DübberDürrDr. EhmkeDr. EhrenbergEickmeyerFrau Eilers
Dr. EmmerlichEngholmFrau ErlerEsters Ewen Fiebig Dr. FischerFrau Dr. FockeFranke
GanselGerstl
GlombigGobrechtGrobeckerGrunenbergGscheidleDr. HaackHaarHaase
HaehserFrau Dr. Hartenstein HauckDr. HauffHenke HeyennHoffmann
Hofmann
Dr. Holtz HornFrau HuberHuonker Ibrügger Jahn
Jaunich Dr. Jens Junghans JungmannJunkerKaffkaKirschnerKlein
Konrad KratzKretkowskiDr. Kreutzmann KühbacherLambinus Lattmann Dr. LauritzenLeberLempLendersFrau Dr. LepsiusLiedtke Dr. Linde LöfflerLutzMänning Mahne Marschall MatthöferMattickDr. Meinecke MeininghausMenzel MöhringMüller Müller (Schweinfurt)Dr. Müller-Emmert MünteferingNagelNehmNeumann Neumann (Stelle)Dr. Nöbel Offergeld OostergeteloPaterna PeiterDr. PennerPensky PeterPolkehn PorznerRapp Rappe (Hildesheim) Frau Renger ReuschenbachRohdeRosenthalRothSander SaxowskiDr. Schachtschabel Schäfer
Dr. Schäfer SchirmerSchlaga Frau Schlei SchluckebierDr. Schmidt Schmidt (Hamburg) Schmidt (München) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Wattenscheid) Dr. SchmudeDr. Schöfberger SchreiberSchulte Schulze (Berlin)Dr. SchweitzerDr. Schwenk
SielerSimpfendörfer Dr. Sperling Dr. SpöriStahl Dr. StegerFrau Steinhauer Stockleben StöcklSybertzFrau Dr. Timm TopmannFrau Traupe Ueberhorst UrbaniakDr. Vogel VogelsangVosenDr. Weber
WehnerWendtDr. Wernitz WestphalWiefelWilhelmWimmer
Dr. de With Wittmann
Wolfram WredeWürtzWüsterWuttkeWuwerZanderZeitlerFDPAngermeyer BaumCronenberg Eimer Engelhard GärtnerGallusGattermann GenscherGrünerFrau Dr. Hamm-Brücher Dr. HaussmannHölscher HoffieHoppeJungKleinertDr.-Ing. LaermannDr. Graf Lambsdorff LudewigDr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier MerkerMischnickMöllemannPaintner Schäfer Schleifenbaumvon SchoelerFrau Schuchardt SpitzmüllerDr. WendigWolfgramm WurbsDr. ZumpfortZywietzfraktionslos Dr. GruhlNeinSPDDr. BayerlConradiCoppikImmer Müller (Mülheim)Voigt WalkhoffWaltematheEnthaltenSPDHansen Krockert KuhlweinFrau Dr. Martiny-Glotz Meinike Müller (Bayreuth)Frau SimonisThüsingWeisskirchen
Ich rufe nun den Zusatzpunkt 2 der Tagesordnung auf :a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einkommensteuergesetzes— Drucksachen 8/3243, aus 8/3688 —aa) Bericht des Haushaltsausschusses
gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 8/3938 —Berichterstatter: Abgeordneter Löfflerbb) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache 8/3898 —Berichterstatter:Abgeordnete Dr. Schäuble, Kühbacher
b) Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
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17112 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Vizepräsident Frau Rengerrung der Abgabenordnung (AOÄndG)— Drucksache 8/3142 —Bericht des Haushaltsausschusses
gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 8/3938 —Berichterstatter: Abgeordneter LöfflerBeschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache 8/3898 —Berichterstatter:Abgeordnete Dr. Schäuble, Kühbacher
Das Wort zur Berichterstattung hat der Herr Abgeordnete Kühbacher.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als Berichterstatter zu diesem Vereinsbesteuerungsgesetz bitte ich um Ihr 'Verständnis, daß wir eine Reihe von Bundestagsdrucksachen und Anträge sowohl des Bundesrates und der Bundesregierung als auch einzelner Fraktionen unter dem Obertitel „Vereinsbesteuerung" zusammengefaßt haben.
Als Berichterstatter möchte ich einen Punkt, der in der Offentlichkeit zu Mißverständnissen geführt hat, aufklären. Wir haben in bezug auf den Modellflugsport Einwendungen und Wünsche bekommen. Diese Frage, die überall namentlich angesprochen wurde, erscheint im Gesetz nicht wieder. Aber unter Ziffer 2 betreffend die Änderung der Abgabenordnung hat der Ausschuß eine abstrakte Formulierung gefunden, die diesen Wünschen Rechnung trägt. Es heißt dort — neu —:
Ein Sportverein soll dann die Gemeinnützigkeit nicht verlieren, wenn er nahestehende Tätigkeiten fördert, die im Vergleich zur Förderung des Sports von untergeordneter Bedeutung und nicht als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen sind.
Wir wollen damit erreichen, daß ein Verein, der kleinere, dem Sport nahestehende Tätigkeiten ausübt, die Gemeinnützigkeit nicht verliert, wie dies insbesondere gerade beim Segelflugsport mit den Modellvereinen der Fall ist. Ich bitte also darum, Petitionen, die in dieser Richtung kommen, in diesem Sinne mit der abstrakten Begründung positiv zu beantworten. Im übrigen wird es ja noch einzelne Erklärungen dazu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Wartenberg.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Olympia-Debatte wenden wir uns dem Bereich zu, in dem Millionen von Mitbürgern Sport treiben und ihre Freizeit verbringen. Welche Erleichterungen gibt es für die dortigen Einrichtungen, für die Vereine?Unseren Beratungen lagen ein Antrag der Opposition vom März des vergangenen Jahres, ein Gesetzentwurf des Bundesrates, der insbesondere vom Land Baden-Württemberg initiiert wurde, und ein Entwurf der Regierung zugrunde. Bei letzterem handelt es sich um Teile aus dem „Omnibusgesetz", die wir in das Vereinsbesteuerungsgesetz eingearbeitet haben. Das Ergebnis sind einige, leider nur bescheidene Verbesserungen für die Vereine, aber Verbesserungen, die kurz erwähnt werden sollen.Wir haben erstens vorgeschlagen, daß Schach als gemeinnützig anerkannt wird und demnach wie Sport behandelt werden soll. Dies gilt allerdings nur für Amateurschach und nicht für kommerzielle Schachveranstaltungen.Zweitens ist eine Erleichterung dahin gehend festzustellen - darauf hat auch Herr Kühbacher als Berichterstatter hingewiesen —, daß auch nichtkommerzielle Randbetätigungen im Rahmen eines Sportvereins als gemeinnützig anerkannt werden sollen. Gemeint sind dabei insbesondere der Modellbau und der Modellflug. Voraussetzung ist dabei jedoch, daß es sich um eine Unterbetätigung im Verhältnis zu einer Hauptsportart handelt. Also müssen beim Modellflug die Vereine dem Aero Club angeschlossen sein. Selbständige Modellflugvereine sind nicht begünstigt. Wir hoffen, daß sich in der Praxis eine genügende Abgrenzung ergeben wird.Wir haben Ihnen drittens heute als Empfehlung vorzuschlagen, daß nicht nur bei sportlichen Veranstaltungen, sondern auch bei kulturellen Veranstaltungen bei der Ermittlung des Überschusses künftig die gesamten Kosten berücksichtigt werden sollen, die dem Verein durch die Erfüllung seines steuerbegünstigten Zwecks erwachsen sind. Dies bedeutet, daß die Oberschüsse, die bei Turnieren und Wettbewerben in einem Jahr entstehen, auf die gesamte Tätigkeit des Vereins umgelegt werden können.Wir haben viertens die Empfehlung, daß die bisherige Grenze von 12 000 DM für steuerfreie Überschüsse dadurch erweitert wird, daß eine Überschreitung dieses Betrages unschädlich sein soll, wenn der Überschuß einer Rücklage zugeführt wird, die der Tätigkeit des Vereins, dem gemeinnützigen Zweck dient. Bei größeren Jubiläumsveranstaltungen etwa soll also eine Verteilung über drei Jahre möglich sein.Fünftens und abschließend als wichtigste Position sollen Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder einer vergleichbaren Tätigkeit zur Förderung dieses gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks im Dienste oder im Auftrage einer steuerbegünstigten Einrichtung als Aufwandsentschädigung bis zur Höhe von insgesamt 2 400 DM von der Einkommensteuer befreit werden. Als CDU/CSU hatten wir ursprünglich 3 600 DM vorgeschlagen. Wir sind aber zufrieden, daß wir hier überhaupt einen Schritt vorangekommen sind. Eine Belohnung für
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17113
Dr. von Wartenbergdie ehrenamtliche Tätigkeit, auf die die Vereine überhaupt nicht verzichten können,
ist hiermit gegeben.
Meine Damen und Herren, wir haben als Opposition im Finanzausschuß und den mitberatenden Ausschüssen eine Reihe von weiteren Vorschlägen gemacht, die wir als sinnvoll erachten. Ich darf insbesondere auf drei hinweisen.Da ist einmal der Versuch, die Gemeinnützigkeit gesetzlich auch auf die Pflanzen- und Kleintierzucht sowie auf die Pferdezucht und Pferderennveranstaltungen auszudehnen. Wir meinen, daß Leistungsprüfungen bei Pferderennvereinen der Selbstlosigkeit der Pferdezucht nicht entgegenstehen. Ziel war es, daß die Spenden, die an diese Vereine gegeben werden, um die Pferdezucht und Leistungsprüfungen durchzuführen, steuerlich anerkannt werden. Die Mehrheit im Finanzausschuß hat sich nur zu der Meinung durchgerungen, daß man erst die Verfahren abwarten sollte, die dadurch entstanden sind, daß mit der 60jährigen Praxis der Gemeinnützigkeit der Pferderennvereine gebrochen wird. Wir sind der Meinung, der Gesetzgeber sollte hier schon zu einer klaren Meinungsbildung kommen können.Unser zweiter Vorschlag war, daß die Einschränkung der Gemeinnützigkeit für gemeinschaftsfeindliche Bürgerinitiativen und jugendgefährdende Aktionen geregelt werden sollte.Drittens hatten wir eine Reihe von Anhebungen von Freibeträgen bei der Körperschaftsteuer und bei der Vermögensteuer vorgeschlagen, die leider keine Mehrheit gefunden haben.Insgesamt, meine Damen und Herren, gibt es hier einige Verbesserungen, denen wir zustimmen. Wir hoffen, daß wir in der nächsten Legislaturperiode Gelegenheit haben werden, die weitergehenden Anträge zu beraten; denn die Tätigkeit und die Entfaltungsmöglichkeiten in den Vereinen sind ein nicht zu ersetzender Bestandteil unserer Gesellschaft. Alles, was in den ehrenamtlich geführten Vereinen an Gesundheitsfürsorge, an Erziehung und Weiterbildung geleistet wird, entlastet letztendlich den Staat.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kühbacher.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Vereinsbesteuerungsgesetz wird, wie mein Vorredner ausgeführt hat, hier heute gemeinschaftlich verabschiedet. Es wird keine Änderungsanträge seitens der Opposition geben. Wir werden dieses Gesetz also zum Nutzen und zur Unterstreichung des ehrenamtlichen Engagements in den Vereinen hier im Bundestag einstimmig verabschieden. Ich begrüße das außerordentlich, weil demSport nur durch Gemeinsamkeit und nicht durch parteipolitische Profilierung gedient werden kann.
Deswegen, meine Damen und Herren, begrüße ich es auch, daß die Opposition ihren ursprünglich weitergehenden Antrag, einen Steuerfreibetrag von 300 DM monatlich für Übungsleiter vorzusehen, fallengelassen hat und jetzt — gemeinsam mit uns — der 200-DM-Regelung zustimmt. Ich erwarte — das möchte ich ausdrücklich in Richtung auf die Bundesratsbank sagen —, daß diese im Finanzausschuß unter Hinzuziehung des Sachverstandes der Finanzministerien der Länder gemeinschaftlich gefundene Regelung für Übungsleiter den Bundesrat so passieren wird; denn es geht nicht an, liebe Kolleginnen und Kollegen, daß wir hier im Bundestag — Opposition und Regierungskoalition — Gemeinsamkeit in bezug auf den Sport propagieren und daß uns dann seitens der CDU-regierten Länder im Bundesrat ein Bein gestellt wird. Dies möchte ich hier ausdrücklich betonen. Ich erwarte, daß es in diesem Punkt kein Vermittlungsverfahren gibt.Nun gab es einige weitergehende Wünsche des Bundesrates, denen die Mehrheit im Finanzausschuß und die Mehrheit des Bundestages hier heute nicht folgen kann. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, den Bürgerinitiativen die Gemeinnützigkeit dann abzuerkennen, wenn — ich formuliere das einmal salopp — Bürgerinitiativen gegen Interessen sind, die von Staats wegen eigentlich propagiert werden müßten. Das ist eine Art und Weise des Umgangs mit Bürgerinitiativen, die so ein wenig an Herrschaftssysteme erinnert, die wir längst überwunden glaubten. Daß ein solcher Antrag aus Baden-Württemberg kommt, einem sonst eigentlich liberal eingestellten Land, erstaunt uns um so mehr. Ich hoffe, daß der Bundesrat dies nicht wieder aufgreift. Ich verstehe überhaupt nicht, wie dies im Bundesrat eine Mehrheit finden konnte. Wir sind uns doch wohl einig, daß man Bürgerinitiativen nicht durch die Knute des Entzugs von Finanzmitteln lenken und gängeln darf.
Meine Damen und Herren, ich möchte hier einen weiteren Punkt ansprechen, der in der interessier- ten Presse ein lebhaftes Echo gefunden hat. Ich meine die berufsmäßige Pferdezucht und die Rennvereine. Die Finanzminister aller Bundesländer haben einstimmig festgestellt, daß die Betätigung der Rennvereine nicht gemeinnützig ist, weil ihr eine wesentliche Grundvoraussetzung, nämlich die Selbstlosigkeit, fehlt. Dies sind Wirtschaftsbetriebe. Der Antrag, nun so zu tun, als seien sie gemeinnützig, wie es der Bundesrat durch eine Fiktion regeln wollte, konnte im Finanzausschuß keine Mehrheit finden.
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17114 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Kühbacher— Herr Dr. Friedmann, der Staat übt viele Tätigkeiten aus, die im Interesse der Allgemeinheit liegen; er erwartet aber doch dafür keine Steuerfreiheit.
Das kann doch gar nicht anders sein. Viele kommunale Betriebe liefern Strom und Wasser, und sie müssen natürlich Steuern zahlen. Sie können doch nicht so argumentieren, daß immer dann, wenn etwas im Interesse der Allgemeinheit liegt, auch Steuerfreiheit gegeben sein muß.
— Herr Dr. Friedmann, es erstaunt mich ganz besonders, daß die Gemeinnützigkeit in diesem kleinen Punkt, nämlich dort, wo Vereine Preisgelder und Eintrittsgelder an Pferdezüchter weitergeben, die dies berufsmäßig machen, in einer Fiktion aufrechterhalten werden soll. Dies mußten wir ablehnen. Die Petenten sollten sich bitteschön an die Antragsteller wenden, die diese ganze Mine losgetreten haben.
Wenn dieses Thema nicht vom Bundesrat zum Gesetzgeber getragen worden wäre, hätte die „wohltuende" Regelung möglicherweise weiter Bestand haben können. Aber hier meinten ja einige aus dem Bundesrat, sie seien besonders schlau, trugen das vor und mußten erkennen, daß diese Sache abschlägig beschieden wurde, weil niemand — ich glaube, auch niemand bei der Opposition — bestreiten kann, daß Rennvereine nicht selbstlos tätig sind. Dies kann in der Tat nicht bestritten werden, denn der Bundesrat selbst hat ja argumentiert: Weil dies nicht selbstlos ist, möchten wir die Fiktion der Selbstlosigkeit in der AO formuliert wissen.
— Aber Herr Dr. Friedmann, wir sind eine Partei, in der es eine ganze Reihe von Auffassungen gibt.
Ich hoffe, daß das bei Ihnen auch der Fall ist. In der Sache kann man unterschiedlicher Auffassung sein; das ändert doch nichts an der Auffassung der Mehrheit. Da die Finanzminister aller Bundesländer hier gemeinschaftlich vorgegangen sind, befindet man sich doch wohl offensichtlich in guter Gesellschaft.Ich will einen letzten Punkt ansprechen, zu dem wir im Zusammenhang mit der Beratung dieses Gesetzes viele Eingaben erhalten haben. Ich gebe zu, daß bei der Formulierung „Schach gilt als Sport" viele Freizeitvereine, Kleintierzuchtvereine, Pflanzenzuchtvereine und ähnliche Einrichtungen die Frage stellen, ob es denn gerechtfertigt ist, hier so zu tun, als sei ein Bereich so zu behandeln wie der Sport, und sie selbst draußen vorzulassen. Darüber müssen wir ganz ernsthaft nachdenken, weil natürlich die Frage zu stellen ist, warum das so ist. Andererseits haben wir in diesem Zusammenhang zu bedenken, daß wir den Begriff der Selbstlosigkeit, der Gemeinnützigkeit nicht inflationieren dürfen. Denn sonst wäre diese Palette, die in der Abgabenordnung ja eng beschrieben ist, praktisch unbegrenzt erweiterbar. Von daher wird der nächste Deutsche Bundestag in dieser Frage noch einiges an Beratungen zu tun haben.Ich möchte zusammenfassen: Mit den Formulierungen, wie wir sie hier im Interesse der Vereine gefunden haben, bin ich sehr zufrieden. Ich möchte mich noch einmal ausdrücklich bei meinen Kollegen bedanken, die mit dazu beigetragen haben, daß wir zu der Vermischung von Sport und Kommerz, wie sie in einer Reihe von Anträgen erfolgt ist, die sowohl von der CDU als auch vom Bundesrat gestellt worden sind, ganz klar nein gesagt haben. Wir wollen nicht, daß Sportvereine immer mehr in Richtung Gewerbebetriebe gedrängt werden, wie das hier durch einige Formulierungen der CDU und auch des Bundesrates deutlich wurde. Denn wieso müssen bei wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb Erleichterungen im Vermögensteuerrecht, im Gewerbesteuerrecht, im Körperschaftsteuerrecht erfolgen, wenn Sport gefördert werden soll? Hier wird deutlich, daß es einer Reihe von Oppositionspolitikern sehr recht ist, daß es hier zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, zu einer einseitigen Begünstigung der Tätigkeit von Vereinen in Richtung von Gewerbebetrieben.Meine Damen und Herren von der Opposition, ich finde es gut, daß Sie den Antrag nicht aufrechterhalten haben. Denn Sie hätten sich hier fragen lassen müssen, wie Sie es denn mit der Frage der Wettbewerbsverzerrung halten. Sie können nicht auf der einen Seite ständig Mittelstandsförderung propagieren, um dann auf der anderen Seite steuerliche Vorteile bei einem publikumswirksamen Antrag herausstreichen zu wollen. Ich finde es gut, daß Sie diesen Antrag hier im Bundestag nicht noch einmal gestellt haben.Wir sind sehr zufrieden, daß wir hier zu einer einstimmigen Abstimmung kommen. Wir hoffen, daß wir damit in Richtung Finanzministerien der Länder einen Wink gegeben haben, daß die Betriebsprüfungen bei Vereinen einen angemessenen Umfang haben sollten und daß insoweit angesichts der in vielen wirtschaftlichen Unternehmungen nicht stattfindenden Betriebsprüfungen der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben sollte.
Ich kann es nicht verstehen — ich sage das jetzt mal ganz persönlich —, wenn zwei Betriebsprüfer eines niedersächsischen Finanzamts — das Finanzministerium wird von Herrn Kiep geleitet — bei einem Sportverein drei Tage zubringen. Die wären in manchem Subventionsbereich besser aufgehoben, wo vieles zu prüfen ist.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17115
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schleifenbaum.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn auch die Luft hier aus dem Plenarsaal etwas gewichen ist, so kann doch nicht geleugnet werden, daß diese Debatte in einem gewissen Zusammenhang mit der vorherigen steht. Die Olympia-Debatte hat natürlich auch etwas damit zu tun, daß wir uns hier über die steuerliche Behandlung von Sportvereinen unterhalten. Daß wir in der gesamten Steuerdebatte diesem Gesetz den Vorrang geben, das sollte als eine Sympathieerklärung für den Vereinssport verstanden werden. Dies hat auch Bedeutung unter Ansehung des heutigen Hearings zum Steuerpaket, wo die CDU/CSU wieder eine Verzögerung der gesamten Steuerdebatte angezettelt hat.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit feststellen, daß wir an dem Steuerpaket festhalten werden, sofern alles ohne Neuaufnahme von Schulden in den Jahren 1980 und 1981 finanziert werden kann. Das sei aber nur am Rande gesagt, weil auch dieses Gesetz in dem Gesamtzusammenhang der haushaltspolitischen Debatte stehen muß. Schließlich hat auch der Haushaltsausschuß das vorliegende Gesetz einen Moment angehalten, um sich Gewißheit zu verschaffen, ob es mit der Haushaltslage zu vereinbaren ist. Es kostet ja vielleicht 150 Millionen DM.
Herr Kühbacher hat schon auf den ursprünglich mittelstandsfeindlichen Ansatz der CDU/CSU bei einigen Fragen hingewiesen. Die Opposition wollte bei der generellen Befreiung der gemeinnützigen Sportvereine von der Steuer unter bestimmten Voraussetzungen sehr starke Zugeständnisse machen. Das hätte sicher existenzgefährdende Folgen für die Gastronomie und vielleicht auch für gewisse Branchen im Sportartikelbereich usw. gehabt.
Wir müssen hier eine im Hinblick auf Wahlkämpfe vorgetragene pharisäerhafte Strategie ablehnen, die sich immer wieder bestimmte Gruppen der Gesellschaft zum Ziel setzt, sie befriedigen will und darauf spekuliert, daß die anderen es nicht merken.
Wir sind uns — ich will das nicht verhehlen — in der Beratung im Finanzausschuß natürlich auch nähergekommen. Wir haben heute eine gemeinsame Lösung gefunden. Wie sind uns bei der Erleichterung der Besteuerung von Vereinen, auch bei kulturellen, also geselligen Veranstaltungen nähergekommen; wir sind uns bei der Formulierung der Übungsleiterpauschale von 2 400 DM nähergekommen. Ich glaube, daß ist für manchen Verein eine Anregung, sich der nebenberuflichen Tätigkeit von Übungsleitern zu vergewissern.
Ich möchte mich auf zwei Fälle konzentrieren, die in der letzten Zeit die besondere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gehabt haben. Es handelt sich um das schon angesprochene Thema der Pferderennvereine und des Modellflugs.
Für die FDP-Fraktion ist mit der heutigen Entscheidung noch nicht das letzte Wort zur Frage der Gemeinnützigkeit von Pferderennvereinen gefallen. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzgerichte nachvollziehen, daß ein und derselbe Lebenssachverhalt nach fast 60jähriger Anerkennung als gemeinnützig es in der Wertung der Verwaltung nun plötzlich nicht mehr sein soll.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. von Wartenberg?
Meine Zeit ist sehr knapp bemessen. Ich bitte, daß wir das, was zu regeln ist, anschließend privat regeln.Sollte die neuerliche Verwaltungsauffassung allerdings bestätigt werden, dann sind einige meiner Fraktionsfreunde der Meinung, daß politische Initiativen ergriffen werden sollten, damit Vollblut- und Traberzucht in der Bundesrepublik Deutschland möglich bleiben, damit Pferderennveranstaltungen auch im Inland möglich bleiben.1973 entfiel die besondere Förderungswürdigkeit, 1975 kam das Verbot der Verlustverrechnung aus der Pferdezucht mit anderen Einkunftsarten bei der Einkommensteuer,
und hinter den Kulissen hört man bereits, daß nächste Schritte die Aberkennung der Befugnisse nach dem Tierzuchtgesetz und die Streichung der Rennwettsteuerrückvergütung seien.Daß einige Spitzenpferde Spitzensiegprämien einbringen, daß einige bestsituierte Züchter gewisse Vorteile haben, kann uns — darin sind wir uns einig — nicht dazu bringen, die Augen vor der Vielzahl der kleinen landwirtschaftlichen Züchter, vor den acht Millionen Besuchern von Rennveranstaltungen zu verschließen. Wir müssen auch bedenken, daß die Kommunen Millionenbeträge in moderne Rennbahnen investiert haben. Auf keinen Fall aber darf das Thema am möglichen Steuerausfall aufgehängt werden; denn ein bis zwei Millionen DM Mehreinnahmen des Staates aus dem Wegfall der Gemeinnützigkeit stehen möglicherweise rund 40 Millionen DM Mindereinnahmen aus der Rennlotteriesteuer entgegen, wenn es in der Bundesrepublik Deutschland keine Pferderennen mehr gibt.Das nächste Thema, auf das ich mich konzentrieren möchte, ist der Modellflug. Wir konnten dem Modellflug nicht den Status der Gemeinnützigkeit zuerkennen. Der Modellflug ist in vielen Fällen die Vorstufe zum selbstverständlich gemeinnützigen Segel- oder Motorflugsport. Er ist das Mittel, die Jugend für den Flugsport zu interessieren. Er dient dazu, den Jugendlichen die theoretischen und praktischen Grundkenntnisse des Flugsports zu vermitteln und sie an diesen Sport heranzuführen.Letzten Endes konnten wir uns jedoch nicht dem Argument verschließen, daß Modellflug auch außer-
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Schleifenbaumhalb von Flugsportvereinen betrieben wird. Die generelle Anerkennung der Gemeinnützigkeit für den Modellflug hätte zwangsläufig Präjudizwirkungen für vergleichbare andere Freizeitbeschäftigungen gehabt. Beträchtliche Steuerausfälle wären die Folge gewesen. Allerdings haben wir erreicht, daß Flugsportvereine nicht ihre Gemeinnützigkeit verlieren, nur weil sie eine Abteilung „Modellflug" betreiben. Dies ist durch die Ergänzung des § 58 der Abgabenordnung um eine neue Nr. 8 gelungen. Danach wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Sportverein dem Sport nahestehende Tätigkeiten fördert, die im Vergleich zur Förderung des Sports von untergeordneter Bedeutung und nicht als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen sind. Ich darf für die FDP in Anspruch nehmen, daß sie diese neue Gesetzesbestimmung angeregt und durchgesetzt hat. Die neue Vorschrift gilt selbstverständlich über den Modellflug hinaus und ist von allgemeiner sportpolitischer Bedeutung.Ich möchte ganz deutlich machen, daß diese Regelung auch die Dachverbände des Sports erfaßt. Um beim Modellflug zu bleiben: Der Deutsche Aero Club ist und bleibt gemeinnützig. Es ist für seine Gemeinnützigkeit unschädlich, daß er eine Sparte Modellflug unterhält, die nach Lage der Dinge nicht als gemeinnützig behandelt werden kann.Wir mußten bei der gesamten Beratung die Ausuferung der Gemeinnützigkeit abwehren. Ich möchte folgendes Beispiel nennen. Es wurde verlangt, auch die nichtgewerbliche Pflanzen- und Kleintierzucht als gemeinnützig zu erklären. Es kann aber doch nicht im Interesse der Bürger sein, über das verlockende Angebot der Gemeinnützigkeit den Staat zur Reglementierung von immer mehr Freizeitbeschäftigungen und privaten Hobbys zu verlocken. Wir wollen nicht verlernen, zwischen Gemeinnützigkeit, Gemeinwohl und der freien Gestaltung des privaten Bereichs in eigener Verantwortung zu unterscheiden. Zugegeben, schon jetzt gibt es eine schiefe Ebene. Warum sollte nicht für Modellflugbauer und Galopper billig sein, was für Schrebergärtner und Motorsportler seit langem und für Schachspieler seit heute Rechtens ist? Aber wir haben auf die Bremse getreten, weil Präzidenzfälle weitere Forderungen ausgelöst hätten. Wir müssen natürlich auch zurückhaltender als früher sein, wenn es um Steuervorteile geht. Wir wollen nicht die allgemeine Gemeinnützigkeit einführen. Damit ist kein Tadel verbunden. Nach wie vor ist es kein Makel, einer nicht gemeinnützigen Tätigkeit nachzugehen.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe die Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltung? — Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Wir haben noch über vier Punkte der Beschlußempfehlung abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/3898 unter Ziff. 2, die weiteren Teile des Gesetzentwurfs — Drucksache 8/3688 — einer späteren Beschlußfassung vorzubehalten. Erhebt sich dagegen Widerspruch? — Das ist nicht der Fall.
Der Ausschuß empfiehlt ferner auf Drucksache 8/ 3898 unter Ziff. 3, den Antrag der Fraktion der CDU/ CSU betr. steuerliche Behandlung der gemeinnütigen Sportvereine — Drucksache 8/2668 — hinsichtlich der Punkte 1 bis 4 durch die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 8/3898 für erledigt zu erklären und hinsichtlich Punkt 5 abzulehnen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist auch insoweit angenommen.
Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/3898 unter Ziff. 4, den Gesetzentwurf des Bundesrates — Drucksache 8/3142 — durch die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 8/3898 ebenfalls für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Ziff. 4 der Beschlußempfehlung des Ausschusses ist angenommen.
Der Ausschuß empfiehlt außerdem auf Drucksache 8/3898 unter Ziff. 5, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Dagegen erhebt sich kein Widerspruch; auch dies ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Enwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung energierechtlicher Vorschriften
— Drucksache 8/3917-
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß f 96 GO
Das Wort hat Herr Bundesminister Graf Lambsdorff.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Mit diesem Gesetzentwurf verfolgt die Bundesregierung in Fortsetzung ihrer bisherigen Poliktik die langfristige Sicherung der Energieversorgung, insbesondere der Stromversorgung.
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Bundesminister Dr. Graf LambsdorffDieser Gesetzentwurf bedeutet einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg weg vom 01.Die Zielsetzung im einzelnen ist: Zum einen die optimale Ausnutzung heimischer Kohlelagerstätten, die Weiterführung der Politik der Absatzsicherung für die heimische Kohle, wobei die Ausdehnung des Zeithorizonts auf 1995 längerfristige und langfristige Planungen von Kohle und Strom ermöglicht. Weiter auf der Grundlage des Vorrangs deutscher Kohle die Ausweitung der Möglichkeiten für Kohleimporte und damit die Voraussetzung für weitere Substitution von, wie wir wissen, unsicherem Öl und Gas durch inländische und ausländische Kohle. Dies gilt insbesondere für den Kraftwerkssektor, für den industriellen Wärmemarkt und für die wichtige Aufgabe der Kohleveredelung.Schließlich wollen wir mit diesen Vereinbarungen und den sie begleitenden gesetzlichen Maßnahmen eine wesentliche politische Voraussetzung für den dringend notwendigen Ausbau der Kernenergie in den kommenden Jahren und Jahrzehnten schaffen. Diese Voraussetzung heißt, den Vorrang der deutschen Steinkohle für die Stromerzeugung zu sichern. Das ist eine Forderung, die von allen hier im Hause vertretenen Parteien erhoben worden ist.Der Bergbau und die Elektrizitätswirtschaft haben durch eine gemeinsam paraphierte Erklärung ihrer Bereitschaft, den 33-Millionen-Tonnen-Verstromungsvertrag aus dem Jahre 1977 über 1987 hinaus zu verlängern und erheblich aufzustocken, an der Verwirklichung des Konzepts entscheidend mitgewirkt. Die Energieversorgungsunternehmen sind bereit, sich zur Verdoppelung der bisherigen Gesamtbezüge von 330 Millionen t Steinkohle auf 640 Millionen t zu verpflichten. Der Bergbau kann sofort von einem spürbar steigenden Kohleabsatz im Strombereich ausgehen, nämlich von jetzt 33 Millionen t auf 37 Millionen t im Jahre 1981, auf 40 Millionen t im Jahre 1985, auf 45 Millionen t im Jahre 1990 und auf 47,5 Millionen t im Jahre 1995.Diese Abnahmeverpflichtungen, jedenfalls bis zum Jahre 1990, sind im Gegensatz zu der zur Zeit noch gültigen Vereinbarung zwischen Kohlewirtschaft und Stromwirtschaft fest und konjunkturunabhängig. Der Stromzuwachs spielt nur für die Abnahme im letzten Jahrfünft, also von 1990 bis 1995, eine Rolle.Praktisch bedeutet diese Abmachung, daß Ende der 80er Jahre etwa die Hälfte der deutschen Steinkohlenförderung verstromt wird. Dies ist eine wichtige Grundlage für die weitere Investitonsplanung, für die weitere Unternehmensplanung im deutschen Steinkohlenbergbau.Die Bundesregierung dankt den beiden Wirtschaftszweigen für das Zustandekommen dieser Abmachung, die die Einbringung des Gesetzentwurfs erst ermöglicht hat.
Die Kombination privatwirtschaftlicher Abmachung mit staatlicher Flankierung wird sich — unter der Voraussetzung, daß das Parlament diesem Konzept zustimmt — erneut bewähren.Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, einige Bemerkungen zum Inhalt dieses Gesetzentwurfs machen.Der vorliegende Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung energierechtlicher Vorschriften enthält die für die Verwirklichung des neuen Konzepts notwendigen Anpassungen sowohl der Verstromungsgesetze als auch des Kohlezollkontingentgesetzes.Zum ersten, nämlich zur Anpassung des Verstromungsrechts: Eine Weiterführung von Hilfen aus dem Kohlepfennig ist unabweisbar. Die erhöhte Sicherheit durch verlängerten und verstärkten Einsatz deutscher Kohle in der Kraftwirtschaft kostet auch zukünftig ihren Preis. Wir sind uns immer darüber im klaren gewesen, daß der Einsatz deutscher Kohle teuer ist, daß es sich um eine politische Entscheidung handelt, so zu verfahren, und daß dieser Preis bezahlt werden muß. Wir waren uns auch immer darüber einig, daß das nach unserer Einschätzung dem Willen des weitaus größten Teils der Bevölkerung der Bundesrepublik entspricht. Diese Grundsatzposition ist ja immer von allen Fraktionen des Hauses getragen worden.Die Bundesregierung ist wie bisher der Auffassung, daß die Mehrkosten aus dem Einsatz teurer deutscher Kohle als Stromerzeugungskosten auch weiterhin vom Stromverbraucher aufgebracht werden sollen, d. h., die Finanzierung muß weiter aus dem Verstromungsfonds und damit über den Kohlepfennig — und nicht aus den öffentlichen Haushalten — sichergestellt werden. In dieser Frage — das wissen wir auch — hat es immer wieder Nuancierungen und Abstufungen gegeben; ich will gar nicht von gravierenden Meinungsunterschieden reden. Sie sind auch jetzt in der Diskussion noch einmal vorgebracht worden.Ich will die ganze daran aufgehängte, zum Teil auch ordnungspolitische, Debatte nicht wieder aufwärmen, in der ich, wie Sie sich erinnern werden, schon beim ersten Verstromungsgesetz die Auffassung vertreten habe, daß es ordnungspolitisch durchaus vertretbar und richtig ist, so zu verfahren, wie wir verfahren sind. Ich will nur eines sagen: Jede Änderung des bisherigen Systems und eine Finanzierung über die öffentlichen Haushalte — wobei dann immer noch die Frage zu prüfen wäre, ob das der Bund oder die Länder sein sollten oder könnten — würden natürlich bedeuten, daß wir der Forderung nach Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zusätzlich entgegenwirken, daß wir auf die öffentlichen Haushalte zusätzliche und neue Belastungen packen. Das kann, so meine ich, jedenfalls nach der Diskussion, die wir in der vorigen Woche zum Jahreswirtschaftsbericht geführt haben, von dieser Stelle — von wem auch immer — wohl kaum ernsthaft vertreten werden.Im übrigen entspricht die Anbindung an den Strompreis — dieses Argument ist heute so gültig wie damals — der energiepolitischen Zielsetzung, der Energieeinsparung. Wer sich zu der Auffassung bekennt — ich habe auch darüber niemals grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten hier im Hause gehört daß der Energiepreis ein wesentli-
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Bundesminister Dr. Graf Lambsdorffches Moment beim Energiesparen ist und sein muß, der muß das auch in diesem Zusammenhang akzeptieren.
Nun zu dieser Flankierung im einzelnen. Die bisherige Verstromungsmenge von durchschnittlich 33 Millionen Tonnen im Jahr soll auch weiterhin subventioniert werden. Aber es soll eine Umstellung der Suventionen für das restliche Drittel, die sogenannte Zusatzmenge, erfolgen. Wir wollen uns hier vom Subventionsmaßstab deutscher Kohle lösen und an den Preis für Importkohle anknüpfen. Das Zuschußvolumen für die Zusatzmenge wird im übrigen — das ist wichtig — in Höhe des 1980 erreichten Volumens plafondiert oder auf deutsch: festgeschrieben. Damit wollen wir eine Ausweitung dieses Zuschußvolumens verhindern — auch für den Fall, daß sich die Preisdifferenz zwischen deutscher Kohle und Importkohle weiter erhöhen würde. Eine Verringerung der hier genannten Preisdifferenz würde sich demgegenüber sofort subventionsmindernd auswirken.Die Konsequenz dieses Systems ist: Der Claus-gleich fällt bei der derzeitigen und zukünfig zu erwartenden Preisrelation zwischen deutscher Kohle und Cl nur gering ins Gewicht. Die steigende Tendenz der Subvention für diese Drittelmenge wurde durch die Abkopplung von deutscher Kohle als Subventionsmaßstab sowie der Plafondierung der Zuschußhöhe beseitigt. Damit ist eine sinkende Tendenz beim Kohlepfennig eingeleitet. Auch das sollte, meine ich, nach all den Diskussionen, die wir über den Kohlepfennig geführt haben, im Grundsatz Zustimmung finden.Weiter: Es wird grundsätzlich keine Subventionierung der Aufstockungsmenge über die 33 Millionen t hinaus geben, sondern hier soll der Ausgleich durch entsprechende Berechtigungen zum Bezug von Importkohle gefunden werden. Eines der Ziele ist ja, den Bezug von Importkohle zu erleichtern. Wir haben nach Gesprächen, die ich nicht als mühsam bezeichnen will, die aber, aus der Interessenlage verständlich, doch nicht ganz einfach waren, mit den Beteiligten festgelegt, daß das Verhältnis zwischen zusätzlicher deutscher Kohle und Importkohle 2 : 1 bis 1987 betragen und danach zum Verhältnis 1 : 1 aufgestockt werden soll.Der dritte Punkt ist die Schaffung eines sogenannten Bevorratungspuffers für die Anlaufzeit bis 1985 von 6 Millionen t SKE, deren Kosten für Lagerhaltung und Kapitalbeschaffung bis 1990 der Ausgleichsfonds übernimmt. Damit soll vor allem der Stromabnehmer gegen mögliche Versorgungsunterbrechungen besser geschützt werden.Wir haben weiter die Absicherung des Absatzes der Randzechen, insbesondere der Zechen mit niederflüchtiger Kohle, in diese Vereinbarungen aufgenommen. Auch dies war ein lang vorgebrachter und, wie wir glauben, gerechtfertigter Wunsch.Schließlich ist die befristete Beibehaltung der Zuschüsse für den Bau von Kohlekraftwerken und Kohleheizkraftwerken vorgesehen, wobei die Fristen um zwei bzw. vier Jahre verlängert worden sind. Eine Frage, die zu einer grundsätzlichen Diskussion bei der Vorbereitung dieser Vorlage geführt hat, ist, ob man festgelegte Fristen überhaupt verlängern sollte — mit der Präjudizwirkung für künftige Jahre. In diesem Fall und unter den hier obwaltenden Umständen, nämlich weil es sich um das Gebiet der Kohlekraftwerke und Kohleheizkraftwerke handelt, meinten wir, diesen Vorschlag vorlegen zu sollen.
— Dies ist sicher richtig. Nur, Herr Kollege Wolfram, wenn wir die Fristen nicht verlängert hätten, wäre noch weniger gebaut worden. Also ich nehme an, daß Ihr Zwischenruf ein unterstützender Zwischenruf ist. Ich danke sehr.
— Herr Kollege Waigel, nichts kann man sicher wissen. Aber ich habe dies schon richtig verstanden Die Auslegung durch den Kollegen Wolfram hat es bestätigt. Ich werde in Zukunft genau abwägen, welche Zwischenrufe hilfreicher sein sollen: die von Ihnen oder die von Herrn Wolfram. Ich muß mal sehen, wie die Bilanz am Ende aussieht.
Schließlich soll es eine Hilfe — auch die ist notwendig — bei der Umstellung ölbefeuerter KraftWärme-Kopplung auf Kohle geben.Die mit all diesen Subventionstatbeständen — wir wollen dieses Wort ruhig klar und deutlich aussprechen; es handelt sich um Subventionstatbestände, die auf einer politischen Entscheidung basieren, die wir miteinander getroffen haben — verbundenen Ausgaben lassen sich aus heutiger Sicht mit dem derzeit geltenden Abgabesatz von 4,5 % im Bundesdurchschnitt finanzieren. Das heißt aber natürlich, negativ formuliert, auch, daß die Senkung dieser Abgabe, die ja viele — die Bundesregierung nimmt sich da gar nicht aus — für wünschenswert gehalten haben, jedenfalls nicht schon 1981 möglich ist.Man muß allerdings wohl auch hinzufügen, daß es angesichts der in den letzten Monaten eingetretenen energiepolitischen Situation einigermaßen verwunderlich wäre, wenn wir auf diese Herausforderungen mit geringeren Abgaben reagieren könnten und dennoch unsere Verantwortung wahrnehmen würden. Im übrigen — ich wiederhole es — ist durch die Begrenzung des Ausgabevolumens bei der Drittelmenge sowie auf Grund der Erlössteigerungen der Elektrizitätswirtschaft in den nächsten Jahren eine sinkende Tendenz des Kohlepfennigs vorgezeichnet.Die süddeutschen Länder haben auch diesmal den Wunsch vorgebracht, die Kosten des Kohle-transports in revierfernere Länder auszugleichen. Stichwort: Frachthilfe.
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Bundesminister Dr. Graf LambsdorffDem kann nicht entsprochen werden. Denn eines bitte ich hier doch zu beachten: Die Verstromungsgesetze können kein Instrument zum Ausgleich aller regionalen Unterschiede in Standortbedingungen sein — ganz abgesehen davon, daß das den Fonds mit mehreren hundert Millionen D-Mark belasten würde und daß wir mit den 4,5 % dann nicht zurecht kommen würden.Hinzu kommt, daß wir unter dem Gesichtspunkt des Beihilfeverbotes des Art. 92 des EWG-Vertrages mit einer solchen Regelung in Brüssel aller Voraussicht nach Schwierigkeiten bekommen würden.
— Es ist sicherlich aus Ihrer Sicht wünschenswert, daß diese Argumentation nicht zutrifft. Aber mit Wünschen allein sind natürlich die vertraglichen Bestimmungen und die Rechtshindernisse, die sich uns hier entgegenstellen, nicht aus der Welt zu schaffen.
— Ich bin durchaus geneigt, darüber zu diskutieren, ob man hier Lösungen finden kann. Nur, im Rahmen des Verstromungsgesetzes können Sie Regionalpolitik und regionale Unterschiede bei den Standortbedingungen nicht unterbringen.Ich möchte Ihnen, Herr Kollege, bei dieser Gelegenheit auch eines mit aller Deutlichkeit wieder sagen — ich kann es nur wiederholen —: Ich bin seit langem der Meinung, daß das, was der Bund und die Kohleländer Jahr für Jahr an Unterstützung des Steinkohlebergbaus aufbringen, schon längst von der Gesamtheit der deutschen Bundesländer hätte getragen werden müssen.
Wenn Sie diesen Gesamtkomplex diskutieren wollen, dann sind wir dazu gern bereit. Dabei werden Sie sich dazu äußern müssen, ob auch Sie die Sicherung der deutschen energiepolitischen Landschaft durch die Sicherung der heimischen Steinkohle für wesentlich und für eine nationale Aufgabe halten, nicht nur für eine nordrhein-westfälische und saarländische.
Aber ich habe bisher von Bereitschaft in diesem Punkte seit Jahren, seit ich mir erlaubt habe, über dieses Thema zu reden — schon lange bevor ich Bundeswirtschaftsminister war —, nicht sehr viel gemerkt.
— Verehrter Herr Warnke, als es darum ging, in bestimmten süddeutschen Ländern — das war damals eine vorausschauende Politik; ich kritisiere das gar nicht — sich auf dem billigen 01 Wettbewerbsvorteile aus regionalen Standorten aufzubauen, ist das sehr wohl wahrgenommen worden. Das ist auch alles schön und in Ordnung. Nur: Wer den guten Tropfen energiepolitischer Möglichkeiten genossenhat, muß dann gelegentlich auch den bösen genießen.
Das ist ein alter deutscher Rechtsgrundsatz, der nicht nur ein norddeutscher und westdeutscher Rechtsgrundsatz ist.Der zweite Punkt, der in diesem Gesetz vorgeschlagen wird, sind die Änderungen des Importkohlezollkontingentgesetzes — ich bitte um Nachsicht für dieses fürchterliche Wort, ich habe es nicht erfunden.
— Hier geht es nicht um Subventionen, sondern hier geht es um die Importkontingente, Herr Kollege Warnke. Wenn ich mich mit Ihnen darüber unterhalten sollte, daß Importkontingente unter Subventionen fallen, bin ich gerne bereit, im Bereich von Glas, Keramik, Porzellan und allen möglichen anderen eine eingehende Diskussion zu führen, Herr Warnke.
— Das war nun schon früher der Fall, nicht erst jetzt.
In Anpassung an die Verstromungsregelung muß das Kohlezollkontingentgesetz zunächst einmal bis 1995 verlängert werden. Darüber kann es, glaube ich, kaum Meinungsverschiedenheiten geben. Im übrigen, und das ist wichtig, soll die Elektrizitätswirtschaft Zugang zu Importkohle im festen Verhältnis zur deutschen Kohle haben. Dies ist ein essentieller Bestandteil der Neuregelung, die ich vorhin dargestellt habe. Die Höchstmengen sehen dann wie folgt aus — um sie hier nicht nur als Verhältniszahlen vorzutragen —: 1981 bis 1985 durchschnittlich vier Millionen Tonnen, 1986 bis 1990 durchschnittlich acht Millionen Tonnen, 1991 bis 1995 durchschnittlich zwölf Millionen Tonnen.'In gleicher Höhe sind Importkontingente zusätzlich — zusätzlich! — für den Wärmemarkt vorgesehen, hier allerdings mit einer Einschränkung: bis Ende 1983 soll der Einsatz von Importkohle noch an den Nachweis der Substitution von Öl oder Erdgas gebunden ein. Das bedeutet einen — aber befristeten — Schutz für in diesem Bereich abgesetzte deutsche Kohle von zur Zeit rund vier Millionen Tonnen jährlich.Es gibt hier noch — ich weiß das — ein Sonderproblem und eine Sonderfrage beim Importkontingent für Hüttenkohle. Es wird noch darüber zu sprechen sein, ob sich eine Regelung finden läßt, die den Wünschen der Beteiligten etwas mehr entgegenkommt. Das würden wir gegebenenfalls bei den Beratungen im Wirtschaftsausschuß in die Prozedur einbringen.Meine Damen und Herren! Weiter soll das bisherige Kontingent von 5,5 Millionen t, das hauptsächlich von den Küstenländern benutzt wird, aufrecht-
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17120 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Bundesminister Dr. Graf Lambsdorfferhalten bleiben, wobei wir allerdings ab 1987 auf Verbraucherkontingente umstellen wollen; darüber scheint Einigkeit zu bestehen.Wir haben die Importkontingente nach dem heute abschätzbaren künftigen Bedarf bemessen. Wir gehen davon aus, daß mit dieser Methode administrative Hemmnisse für die Bereitstellung der Importkohle nicht auftreten können. Im übrigen sieht der Gesetzentwurf verschiedene Möglichkeiten vor, um auf einen Mehrbedarf flexibel und gezielt reagieren zu können.Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß dieses Konzept die deutsche Energiepolitik bei ausgewogener Berücksichtigung der Interessen der deutschen Kohle, der Stromwirtschaft, der übrigen Industrie und auch der Bundesländer sinnvoll abrundet. Die vorrangige Nutzung der deutschen Kohle und der Import ausländischer Kohle bilden zugleich die politische Voraussetzung, um auch den Einsatz von Kernenergie in kommenden Jahren zu steigern. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß keine Zeit verloren werden sollte, um dieses Konzept zu realisieren. Der Bergbau und die Stromwirtschaft haben in einer großen und bemerkenswerten Anstrengung und auch in schneller Zeit die Voraussetzungen für diese Entscheidungen geschaffen.Ich möchte hier ausdrücklich erwähnen, daß die Unterstützung der hier angesprochenen Verbände, und zwar sowohl des Bundesverbandes der Deutschen Industrie — der durch seinen Präsidenten auf der Hannover-Messe noch einmal ausdrücklich bestätigen ließ, daß dieses Konzept die Unterstützung des BDI findet — wie auch der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie uns wesentlich dabei geholfen hat, das Ziel, das wir uns gesetzt hatten, zu erreichen.Die internationale Entwicklung der letzten Wochen unterstreicht die Dringlichkeit dieser Entscheidung der Bundesregierung, und sie unterstreicht auch die Dringlichkeit unseres Wunsches, noch in dieser Legislaturperiode die Gesetzesänderungen vorzunehmen, die hier erforderlich sind, damit die Abmachungen der beiden Wirtschaftszweige rechtsverbindlich werden können.Die Bundesregierung bittet deshalb den Deutschen Bundestag um eine möglichst zügige Beratung dieses Gesetzentwurfs. — Ich bedanke mich.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Spies von Büllesheim.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt dieses Gesetz. Sie unterstützt auch den Dank, Herr Bundeswirtschaftsminister, den Sie gerade an die verschiedenen beteiligten Industrieverbände ausgesprochen haben.Wir haben die Bundesregierung immer dazu aufgefordert, eine langfristige Energiepolitik zu betreiben.
— Eine langfristige, Herr Kollege Wolfram! Zugegeben, das ist nicht ganz einfach. Es gibt sehr viele sehr schwer zu veranschlagende Aspekte, und die Verhältnisse ändern sich schnell. Aber wir glauben, daß das nicht der Grund für den Mangel an einer langfristigen Energiepolitik war, sondern je mehr man Einzelbereiche der Energie langfristig regelt, desto schärfer treten die Konturen der klaren Erkenntnis hervor, daß es eben ohne Kernenergie nicht geht.
Eben diese Erkenntnis ist in Teilen der Regierungsparteien bestritten; sie wird sogar abgeleugnet.
In dem hier behandelten Gesetzentwurf wird für den wichtigsten Einsatzbereich der Kohle, für die Verstromung, ein langfristiges, bis 1995 reichendes Konzept vorgelegt. Wir hoffen, daß wir bei den im einzelnen nicht nachvollziehbaren Schätzungen der Regierung mit dem jetzigen Abgabesatz von 4,5 für die Maßnahmen, die mit diesem Gesetz zu finanzieren sind, auskommen werden und daß wir hier keine unangenehmen Überraschungen erleben.Aber man sollte im Zusammenhang mit dem großen Mittelbedarf von etwa 1,9 bis 2 Milliarden DM hier auch einiges Erfreuliche betonen. Zunächst einmal müssen wir sagen: Wenn die Hilfen für die deutsche Kohle in der Vergangenheit dieser nicht geholfen hätten, über die Durststrecke hinwegzukommen, wäre es der deutschen Steinkohle heute sicherlich nicht mehr möglich, den in diesem Gesetz vorausgesetzten stärkeren Beitrag zur Sicherung der deutschen Energieversorgung überhaupt zu leisten. Schon heute wäre der auf Ölbasis erzeugte Strom, wie wir wissen, teurer als der mit Inlandskraftwerkskohle erzeugte Strom. Die Tatsache, daß eine Wärmepreisdifferenz zum Schweröl heute praktisch nicht mehr besteht, ist ja ein Anlaß für die Novellierung dieses Gesetzes. Dies führt auch dazu — Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben das betont —, daß ein gewisser Abbau der Bezuschussung zu erkennen ist; denn wir können feststellen, daß im Vollzug dieses Gesetzes sehr viel mehr deutsche Kohle verstromt werden wird, ohne daß der Abgabesatz steigen muß.Auf die Einzelheiten des Gesetzes muß ich nicht eingehen. Ich kann, Herr Bundeswirtschaftsminister, Ihren Bemerkungen weitgehend folgen. Die Langfristigkeit der Regelung, die jetzt vorgelegt wird, ist ein Wert in sich. Sie ist ein Wert für den Bergbau, der sich auf steigenden gesicherten Absatz einstellen und dadurch die erwünschte Mehrförderung auch tatsächlich erbringen kann. Wenn das privatrechtliche Vertragswerk unterschrieben und dies Gesetz verabschiedet sein wird dann hat die deutsche Steinkohle praktisch die Hälfte ihrer Förderung bis zum Jahre 1995 verkauft. Das ist sicher
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Dr. Freiherr Spies von Büllesheimeine gute Grundlage für das, was wir für notwendig halten, nämlich für eine offensive Kohlepolitik.Wir wollen auch hoffen, daß dann die vielen geplanten und für die Verstromung notwendigen Steinkohlekraftwerke auch tatsächlich endlich einmal gebaut werden. Ich glaube, da müssen wir an die Elektrizitätswirtschaft appellieren. Aber wir werden auch an uns appellieren müssen, daß wir die notwendigen politischen und rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen.
— Ich nehme das Stichwort auf. Jeder weiß, was damit gemeint ist.Die Elektrizitätswirtschaft hat von dieser Langfristigkeit Vorteile, weil sie endlich weiß, mit welchen Steinkohlemengen sie langfristig rechnen kann, und zwar sowohl aus dem Inland als auch aus Importen.Schließlich gewährleistet uns die Langfristigkeit der Importkontingentregelung die Möglichkeit, uns besser, als das bei der bisherigen Grundlage gegeben war, einen Anteil am wahrscheinlich stark zunehmenden Weltkohlemarkt zu sichern. Wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister gerade davon gesprochen hat, diese Regelung setze die langfristige Energiepolitik der Bundesregierung fort, dann muß man sagen: Eine solche war im Bereich der Kohleimportkontingente nicht gegeben. Denn das geltende Zollkontingentgesetz läuft schon 1981 aus, und die Importwirtschaft hat immer beklagt, daß sie nicht langfristig disponieren könne.Einen Vorteil muß man besonders herausheben: Sie haben es bereits getan, Herr Bundeswirtschaftsminister: Mit diesem Gesetz werden die politischen Voraussetzungen für den Ausbau der Kernenergie geschaffen. Wir teilen diese Meinung. Denn nach Verabschiedung dieses Gesetzes wird es niemand mehr so leicht haben, sich im Bereich der Kernenergie hinter einer unbestimmten Restbedarfsphilosophie oder hinter dem Schlagwort „Vorrang für die Kohle" — für uns eine Selbstverständlichkeit — wie bisher zu verstecken.
Die deutsche Steinkohle kann zur Stromversorgung bis zum Jahre 1995 nicht wesentlich mehr bringen, als dieses Gesetz voraussetzt. Das Mehr an Strombedarf und das notwendige Weniger an Öl muß daher — das war immer offenkundig — zu einem wesentlichen Anteil aus der Kernenergie gedeckt werden. Wer eine andere Lösung für diese Frage hat, mag sie nennen. Auf einen zusätzlichen Einsatz inländischer Steinkohle wird er sich nach diesem Vertrag in Zukunft nicht mehr berufen können.
Meine Damen und Herren, die dargestellten positiven Wirkungen des Gesetzes sind nicht umsonst zu haben. Der Kohlepfennig, der schon lange kein Pfennig mehr ist, von heute 4,5 % der Stromerlöse, wird, wie bereits erwähnt, hoffentlich ausreichen, die Leistungen des Gesetzes zu finanzieren. Gerade angesichts der Langfristigkeit dieses Gesetzes muß wieder darauf verwiesen werden, daß die Finanzierung des Gesetzes über eine Sonderabgabe aus grundsätzlichen finanzverfassungspolitischen Gründen zumindest bedenklich ist. Hier wird eine Art von Sondersteuer erhoben, deren Höhe vom Bundesminister für Wirtschaft durch Verordnung festgelegt werden kann. Diese steuerähnliche Abgabe wird in einen Schattenhaushalt eingebracht und von diesem aus nach Maßgabe des Gesetzes verteilt.Die vorsorgenden Maßnahmen zur Absicherung unserer Energieversorgung sind ein nationales Anliegen, welches an sich aus den öffentlichen Haushalten finanziert werden müßte, weil die Belastungen eben nicht nur vom Stromverbraucher, sondern von allen Bürgern und Unternehmen nach Maßgabe ihrer Steuerkraft und nicht nach Maßgabe ihres Stromverbrauchs finanziert werden müssen. Es ist daher auch an dieser Stelle zu bedauern, daß sich die öffentlichen Haushalte unter dieser Regierung so entwickelt haben, daß dringende nationale Anliegen trotz einer ungeheuren Steuerlast aus den Steuern eben nicht mehr finanziert werden können. Im Augenblick ist eine andere Finanzierung — insbesondere eine solche aus den öffentlichen Haushalten — absolut unmöglich.Bei der Erörterung dieses Problems soll allerdings nicht verschwiegen werden, daß auch die Elektrizitätswirtschaft anderer Länder — und damit letztlich der Stromverbraucher — besondere Lasten aus der Zukunftsvorsorge für die Absicherung der Primärenergiegrundlage zu tragen hat. Das gilt z. B. für Frankreich im Hinblick auf den dortigen sehr schnellen Ausbau der Kernenergie. Auch in England zahlt der National Electricity Board an den National Coal Board seit vielen Jahren einen wesentlich höheren Preis, als das dem Weltmarkt entspricht, der natürlich, ohne — wie hier in Deutschland — als Sonderabgabe ausgewiesen zu sein, Bestandteil des Strompreises ist. Unter gleichen Gegebenheiten würde sich ähnliches auch bei uns vollziehen. Denn es liegt nicht im Interesse der Stromerzeuger und auch nicht im Interesse der Stromverbraucher, bei der Primärenergie völlig oder weitgehend vom Ausland abhängig zu sein. Hätten wir z. B. eine Electricite Allemagne, dann würde es dieser Abgabe jedenfalls so nicht bedürfen. Es würden einfach — wie in England — im Wege der privatrechtlichen Vereinbarung höhere Preise gezahlt, die in den Strompreis Eingang finden würden.
— Nein, selbstverständlich nicht; sie ist bei uns eben nicht verstaatlicht, sondern wir haben wie Sie wissen, sehr viele Unternehmen. Aber ich komme gleich darauf. — Das, was sich hier über eine steuerähnliche Sonderabgabe und über ein Sondervermögen vollzieht, hat bei uns, Herr Kollege Wolfram — jedenfalls teilweise —, tatsächlich den Charakter einer Ausgleichsabgabe für die Sonderlasten, die die Elektrizitätsunternehmen treffen, die eben die teure deutsche Steinkohle verstromen.
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Dr. Freiherr Spies von BüllesheimHier stehen also zwei Gesichtspunkte gegenüber. Aber angesichts der Bedeutung des Kohleanliegens als solchem und der Notwendigkeit, dazu bald und auch langfristig zu entscheiden, bleibt uns heute nichts anderes übrig, als in der bisherigen Art und Weise der Finanzierung fortzufahren. Aber es bleibt ein allgemeines Anliegen, dieses ordnungspolitisch bedenkliche Problem weiter zu sehen und die Finanzierung unserer Energiepolitik mittelfristig und schrittweise wieder auf die rechten Beine, nämlich auf die Beine der Unternehmen und die der öffentlichen Haushalte ohne Sondervermögen zu stellen.
Lassen Sie mich hier noch ein weiteres Anliegen ansprechen: Die gesetzliche Regelung ist ungeheuer kompliziert. Selbst der Fachmann kann dieses Gesetz kaum mehr lesen. Man wird immer wieder auf mindestens zwei Verstromungsgesetze sowie auf eine Vielzahl von Verordnungen etc. verwiesen. Irgendwann muß bei jedem Gesetz der Zeitpunkt gekommen sein, einmal eine zusammenfassende Neufassung zu verabschieden. Wir bedauern, daß diese Gelegenheit jetzt bei der erhofften Langfristigkeit der Regelung nicht gewählt worden ist.
In einem so komplizierten Gesetz gibt es natürlich eine Reihe von Einzelfragen, die der Klarstellung oder der ergänzenden Regelung und damit auch der Einzelberatung im Wirtschaftsausschuß bedürfen.
Ich kann hier wegen der fortgeschrittenen Zeit nur wenige Punkte ansprechen. Es geht einmal um die Erstattung der Betriebsmehrkosten, die bei der Verstromung niedrigflüchtiger Kohle entstehen, und um den Frachtausgleich. Die Erstattung der Betriebsmehrkosten würde im Jahre 1980 nach der geltenden Gesetzesfassung nicht gewährt. Die Elektrizitätsversorger, die sich widerstrebend schließlich dazu bereitgefunden haben, niedrigflüchtige Kohle zu verstromen, würden im Jahr 1980 die Mehrkosten selbst zu tragen haben. Das kann der Gesetzgeber nicht wollen. Wir begrüßen im übrigen, daß der Anreiz zur Verstromung niedrigflüchtiger Kohle in Zukunft, wenn auch in anderer Form, erhalten bleibt. Die Vergangenheit hat erwiesen, daß ein solcher Anreiz notwendig ist.Es ist auch die Frage zu stellen, ob es klug ist, daß die Erstattung von Stromtransportkosten im Gesetz starr bis zum Jahr 1987 begrenzt ist. Eine gewisse Benachteiligung — davon ist gesprochen worden — der revierfernen Gebiete durch die Verstromungsgesetzgebung ist oftmals bemerkt und in der Staffelung des Prozentsatzes der Ausgleichsabgabe auch berücksichtigt worden. Durch die künftige Zunahme des Einsatzes von Importkohle wird sich für die küstennahen revierfernen Gebiete ein gewisser Ausgleich ergeben, der für den süddeutschen revierfernen Raum so nicht gegeben ist. Das Auslaufen von Stromtransportkostenzuschüssen sollte daher im Interesse des süddeutschen Raums flexibel und einzelfallbezogen gehandhabt werden können und nicht im Jahre 1987 abrupt enden.
Auch die Frage von Transportkostenzuschüssen für Kohle selbst wird — davon ist bereits gesprochen worden —, so schwierig sie rechtlich, technisch und finanziell ist, sicherlich im Laufe der Beratungen des Wirtschaftsausschusses neu angesprochen werden müssen.
— Das ist auch finanziell schwierig, Herr Kollege Wolfram.Wir werden im Ausschuß darüber sprechen müssen, warum in eine gesetzliche Regelung im Zusammenhang mit den Verstromungsgesetzen auch die Kokskohle einbezogen worden ist, obwohl der Hüttenvertrag bereits 1983 gekündigt werden kann und dann 1988 ausläuft und die Nachfolgeregelung erst zwischen den Vertragspartnern ausgehandelt werden muß. Wir werden uns dafür einsetzen, daß die Regelungen für Kokskohle deshalb nicht bis 1995, der Laufzeit der Verträge mit der Elektrizitätswirtschaft, sondern nur bis 1988, der Laufzeit des Hüttenvertrages, gelten sollen. Auch über die Bedingungen für die Erteilung von Kontingenten für die Einfuhr von Kokskohle bis 1988 wird zu sprechen sein. Sie berücksichtigen allem Anschein nach nicht, daß es in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur Vertragshüttenwerke der Ruhrkohle gibt, sondern auch Hütten mit andersartigen Lieferbeziehungen.Ein letztes Anliegen: Der Gesetzgeber geht zutreffend davon aus, daß gerade der industrielle Wärmemarkt ein wichtiges Aktionsfeld für die Importkohle ist. Hier liegt ein erhebliches Substitutionspotential. Das Gesetz spricht aber vom Wärmemarkt allgemein, obwohl sich aus der Begründung — jedenfalls für mich — zu ergeben scheint, daß nur der industrielle Wärmemarkt gemeint ist. Die Freigabe muß daher der Begründung entsprechend auf den industriellen Wärmemarkt beschränkt bleiben. Der Hausbrand- und Kleinverbrauchermarkt darf in die Importfreigabe nicht einbezogen werden, denn hier würde die Importkohle nicht 01, sondern deutsche Kohle verdrängen. Das darf nicht eintreten. Der Hausbrandmarkt ist der einzige subventionsfreie Kohlemarkt, den wir heute noch haben. Er darf nicht nach drei Jahren über den Umweg des Importkohlemarktes kaputtgemacht werden. Es gibt Unternehmen, die sich zu hohem Anteil ihrer Förderung in diesem freien Hausbrandmarkt bewähren müssen.Dieser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, hat natürlich eine Reihe von weiteren Problemen. Man kann und muß sie auch nicht alle in der ersten Lesung anführen.Ich fasse zusammen: Die CDU/CSU-Fraktion steht hinter diesem Gesetzentwurf, und zwar hinter der Zielsetzung des Gesetzentwurfs und — von einigen Einzelfragen abgesehen — auch hinter der Ausgestaltung, die dieser Gesetzentwurf gefunden hat.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17123
Dr. Freiherr Spies von BüllesheimWir freuen uns darüber, daß mit diesem Gesetzentwurf für den Teilbereich Kohle endlich eine langfristige energiepolitische Konzeption vorgelegt wird. Wir fordern die Bundesregierung auf, auch für die anderen Energiebereiche eine langfristige Konzeption zu entwickeln und vorzulegen.
Eine klare Lösung der Energiefrage ist lebenswichtig für unser Volk. Wir werden an der Lösung dieser Frage und auch in anderen Teilbereichen unserer Energieversorgung wie bisher konstruktiv und fair mitarbeiten.
Das Wort hat der Abgeordnete Wolfram.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion dankt der Bundesregierung für ihre konsequente konkrete koordinierte und langfristig konzipierte Energiepolitik.
Wir begrüßen das Gesetzespaket. Die SPD steht voll hinter diesen Vorschlägen, die sich mit unseren energiepolitischen Zielen decken. Sie sind ein Teil einer seit 1973 in den Grundzügen konzipierten Energiepolitik, zu der es seitens der Opposition keine Alternative gibt.
Wir freuen uns über das hohe Maß an Übereinstimmung, das Sie heute mit der Energiepolitik der Bundesregierung nach einem langen Lernprozeß bekundet haben.
— Werden Sie doch nicht nervös, verehrter Kollege; wir kommen gleich darauf zurück.
Einmal mehr beweist die Bundesregierung der sozialliberalen Koalition, daß sie den Energiemarkt nicht sich selbst überläßt, sondern daß sie die Weichen richtig stellt, der Energiewirtschaft flankierende Hilfe gibt und eine langfristig orientierte Politik zur Sicherung der heutigen und zukünftigen Energieversorgung betreibt. Selbst wenn Sie jetzt wieder protestieren, sage ich Ihnen den folgenden Satz: Hätten frühere CDU/CSU-Regierungen so gehandelt, was wäre unserer Volkswirtschaft erspart geblieben!
Lieber und verehrter Kollege Dr. Spies von Büllesheim, Ihr Appell und Ihre Bitte an die Bundesregierung, eine langfristige Energiepolitik zu betreiben, kommt 25 Jahre zu spät.
Was Ihre Erkenntnis, es gehe nicht ohne Kernenergie, und Ihre Ausführungen zum Vorrang der Kohle anbetrifft, so werde ich dazu nachher etwas sagen.Sie haben auf den ungeheuren Mittelbedarf hingewiesen, den wir brauchen, um die Kohle zu fördern und auszubauen und ihren Versorgungsbeitrag zu sichern. Meine Damen und Herren, bei dieser Gelegenheit muß auch einmal daran erinnert werden, was uns die Abhängigkeit vom Ölimport kostet. Innerhalb von Jahresfrist zahlen wir nicht 30 Milliarden DM, sondern 65 Milliarden DM für Ölimporte. Wie bescheiden sind da die Aufwendungen, die wir auf diesem Sektor zur optimalen Nutzung der heimischen Energiequellen machen.
Herr Kollege Dr. Spies von Büllesheim, Sie sollten auch nicht immer nur verbale ordnungspolitische Bekenntnisse ablegen. Die Zeche in dieser Beziehung zahlt der Energieverbraucher. Ob sie über die Ausgleichsabgabe finanziert wird oder ob sie sofort in den Preis hineingerechnet wird oder ob wir die Mittel direkt aus dem Bundes- oder Landeshaushalt entnehmen,
ist egal. Die Rechnung bezahlt der Energieverbraucher. Deshalb ist es ja nur ein verbales Bekenntnis.
Was Ihre Festlegung bezüglich des Hüttenvertrages anbetrifft — ich hoffe, Herr Kollege Dr. Köhler, Sie werden mir zustimmen —, täten wir gut daran, uns heute nicht schon präjudizierend festzulegen,
sondern wir sollten zunächst erst einmal die Verhandlungen zwischen dem Gesamtverband Steinkohlenbergbau und der Eisen- und Stahlindustrie abwarten, bevor wir qua Parlament eine endgültige Position beziehen. Daß wir beide Seiten hören werden und objektiv auf die von beiden Seiten dann vorgetragenen Wünsche eingehen werden, versteht sich von selbst. So haben wir das jetzt auch bei der Verstromung getan.
— Nun gut, wenn ich Sie da mißverstanden haben sollte, dann bitte ich um Entschuldigung.Meine Damen und Herren, die heute in erster Beratung anstehenden Entscheidungen sind nicht nur für die Bergleute, für den Bergbau, für die Elektrizitätswirtschaft und für unsere Industrie von größter
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Wolfram
Bedeutung, sie sind vor allem für die Energieverbraucher — private wie industrielle — wichtig. Sie sind von großer Bedeutung für die Kohleförderländer Saarland und Nordrhein-Westfalen. Diese beiden Bundesländer gehen dank unserer Politik einer neuen energiewirtschaftlichen Zukunft entgegen. — Herr Bundeswirtschaftsminister, ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie noch einmal ins Bewußtsein gerufen haben, was gerade diese beiden Länder mit ihrer Drittelbeteiligung und mit ihrer Unterstützung der Energiepolitik der Bundesregierung für unsere gesamte Volkswirtschaft getan haben. Wenn das zum Nachdenken in den CDU/CSU-Reihen beiträgt, soll uns das nur recht sein.
Die im Saarland und Nordrhein-Westfalen in riesigen Mengen vorhandenen Kohlevorräte werden jetzt optimal erschlossen und sinnvoll verwertet. Dabei wird der Veredelung, der Verstromung, der Vergasung und der Verflüssigung ein immer höherer Stellenwert eingeräumt. An Stelle eines in den 50er und 60er Jahren schrumpfenden Bergbaus tritt endlich wieder ein expandierender Wirtschaftszweig, der neue und zusätzliche Ausbildungs- und Arbeitsplätze schafft, der beachtlich investiert, der die Bergbauzulieferindustrie und andere Wirtschaftsbranchen beschäftigt und der viele neue Aktivitäten entfaltet. Die Menschen gerade im Saarland und in Nordrhein-Westfalen wissen, daß dies kein Zufall ist, daß es nicht nur mit der Ölkrise zusammenhängt, sondern daß sich hier die erfolgreichen Ergebnisse einer guten und richtigen Energiepolitik zeigen, die gekennzeichnet ist durch Energieeinsparung, eine Politik „Weg vom Öl“, Vorrang der heimischen Kohle, Energieforschung, Entwicklung alternativer Energien, durch maßvollen weiteren Ausbau der Kernenergie und eine aktive Umweltschutzpolitik.
— Sie sind doch wohl auch für Maßhalten.
Der vorliegende Gesetzentwurf hat zwei Schwerpunkte, einmal die Novellierung der Verstromungsgesetze und zum anderen die Verlängerung und mengenmäßige Aufstockung der Kohleimporte. Zur Kohleverstromung stelle ich fest, daß wir Sozialdemokraten den Vertrag zwischen der Elektrizitätswirtschaft und dem Bergbau begrüßen. Beide Partner waren gut beraten, sich langfristig bis 1995 aneinander zu binden. Der Bergbau kann eine langfristige Abbauplanung betreiben und die erforderlichen Investitionen vornehmen, die Elektrizitätswirtschaft hat eine sichere Primärenergiequelle, und die Stromverbraucher wissen, daß Kohlestrom aus neuen, modernen Kraftwerken umweltfreundlich und auf jeden Fall im Mittel- und Spitzenlastbereich kostenmäßig absolut konkurrenzfähig ist. Wir freuen uns, daß sich die Elektrizitätswirtschaft zu der Abnahmeverpflichtung durchgerungen hat. Wir denken daran, daß wir früher, als wir bei den Beratungen derartige Mengen empfohlen haben, noch belächelt worden sind. Heute erweisen sich unsere damaligen Vorstellungen und Empfehlungen als richtig. Wir Sozialdemokraten werden selbstverständlich die zur Verwirklichung des Verstromungsvertrages notwendigen flankierenden Entscheidungen hier im Parlament und in seinen Ausschüssen treffen. Wir befürworten die Verlängerung des Mehrkostenausgleichs gegenüber Heizöl bis 1995, die Verbilligung von etwa einem Drittel der bisherigen Menge deutscher Kohle auf den Preis für Importkohle, den begrenzten Zugang der Elektrizitätswirtschaft zur Drittlandkohle bei Nichtgewährung von Zuschüssen über 33 Millionen t hinaus, die Ausweitung der Zuschüsse und Hilfen für niederflüchtige Kohle — besonders für das Aachener Revier von Bedeutung —, die Verlängerung der Investitionskostenzuschüsse für Kohlekraftwerke und eine Verstromungsmenge von 50 Millionen t im Jahre 1995, wenn die Stromzuwachsrate über 5 % liegen soll. Über die Einzelheiten werden wir in den Ausschüssen zu reden haben.Auch wir begrüßen, daß die Abnahmeverpflichtung fest und konjunkturunabhängig ist. Auch wir begrüßen, daß einmal mehr sich unser energiepolitischer Weg der Kooperation im privatwirtschaftlichen Bereich mit staatlicher Flankierung bewährt hat. Wir bekennen uns zum Ausgleichfonds und zur Ausgleichsabgabe. Wir begrüßen es, daß ein Zuschußsystem gefunden wurde, das eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe von zur Zeit 4,5 % vermeidet. In diesem Zusammenhang weise ich die immer wieder aus Kreisen der Opposition und aus von der CDU/CSU geführten Bundesländern erhobene Forderung auf Senkung oder Abschaffung der Ausgleichsabgabe zurück. Sie sollten da auch mal der Frau Breuel ein bißchen Nachhilfeunterricht leisten, verehrter Herr Kollege Dr. Spies von Büllesheim. Wir bekennen uns auch dazu, daß die Stromverbraucher diese Mittel aufbringen. Wir haben von einer Versicherungsprämie für die Versicherung der zukünftigen Stromversorgung gesprochen, so daß es nicht über die öffentlichen Haushalte läuft. Wir sind dafür, daß nur die bisherige Verstromungsmenge weiter subventioniert wird, nicht die mengenmäßigen Aufstockungen, daß das Subventionssystem mit Anknüpfung an die Importkohlepreise geändert wird, daß eine Begrenzung des Zuschußvolumens erfolgt, daß ein Bevorratungspuffer von 6 Millionen t bis 1985 geschaffen wird und daß die Zuschüsse befristet für den Bau neuer, umweltfreundlicher Kohlekraftwerke und Heizkraftwerke und für die Umstellung von Kraft-Wärme-Koppelung von Öl auf Kohle gewährt werden. Ober die Frage des Kohletransportkostenausgleichs in revierferne Gebiete sollten wir, Herr Bundeswirtschaftsminister, trotz Ihrer ablehnenden Einstellung im Wirtschaftsausschuß noch einmal reden. Wir sind gesprächsbereit.Namens der SPD-Fraktion fordere ich erneut die Elektrizitätswirtschaft in der ganzen Bundesrepublik Deutschland, auch in Bayern, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, auf, neue, umweltfreundliche Steinkohlekraftwerke zu bauen. Wir brauchen mindestens 10 000 MW neuer Steinkohlekraftwerkskapazität als Ersatz für alte Kraftwerke und als notwendige Zubaukapazität. Wir bitten den Bundeswirtschaftsminister, zu prüfen, ob in absehbarer Zeit ein Weg gefunden werden kann, das Cl ganz aus der Verstromung herauszunehmen;
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Wolfram
denn hier wären noch beträchtliche Substitutions-mengen verfügbar.Bürgern, die Sorge um die Kohlendioxidbelastungen der Atmosphäre haben, sagen wir, daß Kohlendioxid bei der Verbrennung aller fossilen Brennstoffe entsteht, daß es nach Aussagen des Bundesinnen- und des Bundesforschungsministers bis heute noch keine abgesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse auf diesem Gebiet gibt. Entsprechende nationale und internationale Untersuchungen laufen. Schließlich muß man wissen, daß jedes neuen Kohlekraftwerk, das in diesem Lande einer scharfen Umweltschutzgesetzgebung unterliegt, viel umweltfreundlicher als die bisher am Netz befindlichen Kraftwerke ist. Wir Sozialdemokraten werden dafür eintreten, daß Umweltschutzinvestitionen noch stärker als bisher erfolgen.Meine Damen und Herren, zu diesem Komplex stelle ich abschließend namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion fest, daß bei Verwirklichung dieses Konzepts der von uns geforderte Vorrang der Kohle als verwirklicht anzusehen ist. Insofern kann der Vorbehalt gegen einen maßvollen Ausbau der Kernenergie bei Aufrechterhaltung der weiteren Prämissen nicht mehr geltend gemacht werden.
— Aber natürlich, ich weiß doch, was ich sage, verehrter Herr Kollege.
Allerdings ist nicht auszuschließen, daß uns die energiewirtschaftliche Zukunft und die Lage auf den Weltmärkten zwingen kann, uns zu gegebener Zeit erneut mit dieser Frage zu befassen.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zum zweiten Teil, nämlich zur Änderung des Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe, machen. Zunächst einmal sind wir der Überzeugung, daß sich die bisherige Regelung bewährt hat. Sie war die Voraussetzung dafür, daß wir eine bestimmte Förderkapazität an heimischer Steinkohle, die wir jetzt dringend benötigen, erhalten haben. Wenn wir die Kohle nicht nur dem ruinösen Verdrängungswettbewerb durch das 01, sondern auch durch Importkohle ausgesetzt hätten, hätten wir heute das, was Sie einmal angenommen haben, nämlich 60, 50 und weniger Millionen Jahrestonnen Förderung. Das haben wir auch durch die Begrenzung der Importmengen verhindert. Heute sind wir für die Verlängerung des Kohleimportkontingentgesetzes bis 1995. Wir freuen uns auch darüber, daß eine Anpassung an die Laufzeit des Verstromungsvertrages erfolgt.Wir sind im Prinzip mit den im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen — steigende Importmengen für Kraftwirtschaft und Wärmemarkt, Änderung der Antragsberechtigung zugunsten der Verbraucher, Schaffung eines Importkontingents für Kohleveredelung, Aufstockung der Vorbehaltsmenge und Änderung des Kokskohlenkontingents — einverstanden. Auch hierfür gilt, daß über Einzelheiten im Wirtschaftsausschuß zu reden sein wird. Uns kam es darauf an, meine Damen und Herren, nach der Periode der Verdrängung der Kohle durch das 01 zu verhindern, daß heimische Kohle auf dem Binnenmarkt durch Importkohle verdrängt wird; das ist jetzt abgesichert, diese Gefahr besteht nicht mehr. Deshalb können wir der Verlängerung und der Aufstockung mit gutem Gewissen zustimmen.Wir danken dem Bundeswirtschaftsminister, daß er im Rahmen seiner Ermächtigung auf der Basis des geltenden Importgesetzes die Importmengen unter der Bedingung der Substitution des Öls aufgestockt hat. Deshalb begrüßen wir auch, daß diese Bindung bis 1983 aufrechterhalten bleibt. Wir sind auch sehr dafür, daß Importmengen für Kohlevergasung und -verflüssigung vorgesehen werden; denn wenn Kohle im laufenden Jahrzehnt und später in großtechnischem Maßstab vergast und verflüssigt wird, müssen nicht nur ausreichende Kohlemengen verfügbar sein, sondern es muß sich auch wirtschaftlich rechnen lassen. Das kann sicherlich am ehesten durch einen kombinierten Einsatz von heimischer und Importkohle geschehen.Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang vor übertriebenen Erwartungen warnen. Der derzeitige Weltkohlemarkt ist begrenzter, als viele, vor allem auch in Ihren Reihen, annehmen.
— Aber das war vorher doch auch so. Das stimmt doch gar nicht. Der Weltkohlemarkt hat sich in den letzten zehn Jahren immer in einer Größenordnung um die 200 bis 300 Millionen Tonnen bewegt. Ihre Behauptung ist schlicht und einfach falsch. Sie müssen sich mit den Fakten vertraut machen, bevor Sie Behauptungen und Thesen aufstellen.
Wir müssen davon ausgehen, daß auch der Kohlepreis auf dem Weltmarkt weiter steigen wird, daß es höchstwahrscheinlich zu einer Schließung der Schere zwischen Importkohlepreisen und dem Preis für einheimische Kohle kommen wird, daß auch Importkohle knapper wird und daß wir uns nicht aus der Importabhängigkeit beim 01 befreien wollen, um uns um so stärker in neue, zum Teil problematische Kohleabhängigkeiten zu begeben.
Wenn Sie mir noch eine Minute gestatten, Herr Präsident, bin ich am Ende meiner Ausführungen. Meine Damen und Herren, die SPD-Bundestagsfraktion dankt der Elektrizitätswirtschaft und dem einheimischen Steinkohlebergbau für die einvernehmliche und langfristige Verstromungsregelung. Wir nehmen mit Genugtuung zur Kenntnis, daß heute der Vertrag unterzeichnet wird. Wir danken der
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Bundesregierung für ihr konsequentes energiepolitisches Handeln.Die SPD-Bundestagsfraktion wird für eine zügige Beratung des Gesetzespaketes sorgen und sicherstellen, daß beide gesetzliche Änderungen noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden und in Kraft treten können.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Laermann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß man als Letzter in einer solchen Debattenrunde reden kann, hat manches Mal auch Vorzüge. Es hat im Augenblick den Vorzug, daß ich Ihnen berichten kann, daß der Vertrag, der hier schon wiederholt erwähnt worden ist, in Dortmund bereits unterzeichnet worden ist. Wir begrüßen diese Unterzeichnung ausdrücklich.
Diese vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Elektrizitätswirtschaft und der deutschen Steinkohle sind ausdrücklich und nachdrücklich zu begrüßen, sowohl aus energiepolitischer wie auch aus wirtschaftspolitischer Sicht. Sie stützen ganz wesentlich die Wirtschaftsstruktur der Revierländer und dienen der Erhaltung und langfristigen Sicherung der sozialen Strukturen in diesen Ländern. Dies gilt in ganz besonderem Maße für Nordrhein-Westfalen. Diese Vereinbarungen sichern den Absatz der heimischen Steinkohle über einen langen Zeitraum bis hin zum Jahre 1995, den Einsatz der Steinkohle bis zu 50 % der Förderkapazität bei der Verstromung und — ich betone dies — im Wärmemarkt. Dem Vorrang deutscher Kohle für die Energieversorgung der Bundesrepublik wird damit, wie ich meine, in vollem Umfange entsprochen. Nunmehr müssen allerdings der Bundestag, der Bundesrat und auch die Bundesregierung die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verwirklichung und Umsetzung der Vereinbarungen treffen, damit langfristig die gesicherte Basis für unternehmerische Entscheidungen und Investitionen gelegt wird.Aus dem vorliegenden Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung energierechtlicher Vorschriften der Bundesregierung möchte ich nur einige mir wichtig erscheinende Punkte nochmals hervorheben. Es ist ja schon im einzelnen dargelegt worden, was dieser Gesetzentwurf enthält.Die Vereinbarungen sind konjunkturunabhängig bis zum Jahre 1990 — dies ist besonders zu begrüßen —, darüber hinaus bis zum Jahre 1995 von der Strombedarfsentwicklung in den Jahren 1980 bis 1985 abhängig. Es ist auch wichtig, daß gleichzeitig der Olausgleich für die Grundmenge — das sind etwa 22 Millionen t — weiter gewährt wird. Die hierfür erforderlichen Finanzmittel aus dem Verstromungsfonds werden aber bei steigenden Ölpreisen weiter sinken und zu einem geringen Betrag zusammenschrumpfen. Die Subventionen für die Zusatzmengen werden eingestellt auf die Differenz zwischen dem angemessenen Kohlepreis frei Kraftwerk und dem durchschnittlichen Importkohlepreis frei Grenze unter Abzug eines Selbstbehaltes der Energiewirtschaft.Wir können davon ausgehen, daß mit diesen Regelungen die Ausgleichsabgabe, d. h. der Kohlepfennig, sinkende Tendenz zeigen wird. Wenn vorhin darauf hingewiesen wurde, daß eine Änderung des bisherigen Systems nicht möglich ist, ohne zusätzliche Belastung für die öffentlichen Haushalte hervorzubringen, dann sollten wir auch nicht verschweigen, daß mit der hier getroffenen Regelung unter Berücksichtigung der Preisentwicklung für Importkohle am Weltmarkt, die mit Sicherheit nicht billiger werden wird, sondern deren Kosten steigen werden, tendenziell eine Reduzierung der Ausgleichsabgabe herbeigeführt werden wird.Wenn der Kollege Spies von Büllesheim von der Abgabenklarheit spricht und zum Vergleich Frankreich oder das Verfahren in England heranzieht, möchte ich ihn fragen: Was glaubt er, wer denn dort diese Abgabe bezahlen muß? — Doch letzten Endes der Verbraucher!
Ich weiß eigentlich nicht, wo es für den Verbraucher klarer ist, wofür er bezahlt: in England oder bei dieser Regelung in der Bundesrepublik.Ich erinnere mich, Herr Kollege Spies von Büllesheim, daß vor nicht allzu langer Zeit einer Ihrer Kollegen sogar einen zusätzlichen Pfennig, nämlich den Kernenergiepfennig, gefordert hat.
— Das war der Herr Kollege Stavenhagen; ich habe es mir sehr wohl gemerkt. Da sind Sie auf dem falschen Dampfer.Es wundert mich, Herr Kollege Spies von Büllesheim, daß Sie hier bedauernd feststellen, daß wir keine Électricité d'Allemagne haben.
— Ich wollte nur klarstellen, ob das so aufzufassen ist, daß Sie eine zentrale deutsche Stromwirtschaft haben wollen.
— Okay. Damit sind wir einverstanden.Wenn Sie hier bedauern, daß weiterhin die Stromtransportkostenzuschüsse gezahlt werden müssen, wenn Sie kritisieren, daß diese 1987 auslaufen sollen, wenn Sie Transportkostenzuschüsse insbesondere für die süddeutschen Länder, aber gleichzeitig die Abschaffung des Ausgleichsfonds fordern, andererseits in dieser Runde und in anderen Runden die Bundesregierung wegen ihrer Haushaltspolitik kritisieren und ihr zu hohe Verschuldung vor-
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Dr.-Ing. Laermannwerfen, dann muß ich Ihnen sagen: Sie sind auch hier wieder wie in vielen anderen Bereichen die Antwort darauf schuldig geblieben, wie Sie das alles bezahlen wollen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Spies von Büllesheim?
Aber gern.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Laermann, da Sie mich offenbar mißverstanden haben, darf ich Sie fragen, ob Sie zur Kenntnis nehmen wollen, daß ich nicht eine Verlängerung der Stromtransportkostenzuschüsse als solche verlangt habe, sondern eine flexiblere und auf den Einzelfall abgestellte Behandlung.
Sie haben bedauert, daß diese Zuschüsse 1987 auslaufen sollen. Ich habe Ihren Ausführungen entnommen, daß Sie das Auslaufen bedauern und die Zahlung der Zuschüsse fortsetzen wollen. Wenn das nicht so ist, dann bitte ich, diesen Irrtum zu entschuldigen. Ich nehme es zur Kenntnis. Danke schön.
Ich will zu den übrigen Problemen im einzelnen nicht Stellung nehmen. Aber lassen Sie mich folgende Feststellung treffen. Die Erhöhung des Verstromungsanteils der deutschen Steinkohle von jetzt 33 Millionen t auf 42,5 Millionen t in 1990 bzw. auf 47,5 Millionen t bis 1995 einschließlich erhöhter Einfuhrkontingente setzt gleichzeitig einen verstärkten Zubau von Kraftwerkskapazität voraus. Wir werden davon auszugehen haben, daß — ohne den Ersatz alter Kernkraftwerke — die Kapazität von derzeit 29 500 Megawatt auf 45 000 Megawatt erhöht werden muß. Das Schwergewicht dieses Kapazitätsausbaus wird zweifellos in Nordrhein-Westfalen liegen.Daraus folgt aber ebenso zwingend wie notwendig, daß die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen einen derartigen Ausbau zulassen und die erforderlichen gesicherten Standorte zur Verfügung stehen müssen.
Im Klartext: Die Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes muß endgültig für die notwendige Rechtssicherheit und eine Verkürzung der Genehmigungszeiten ohne Abbau von Rechtsansprüchen — dies möchte ich ausdrücklich betonen, — sorgen.
Ich möchte hier auch ein anderes Problem nicht unerwähnt lassen. Man darf bei dem vorgesehenen Ausbau der Förderkapazitäten auch nicht übersehen, daß genügend Arbeitskräfte, d. h. Bergleute, für die trotz Automatisierung harte Arbeit vor Ort verfügbar sein müssen. Lassen Sie uns, meine Damen und Herren, nicht die Schwere der Arbeit und die Risiken, die damit verbunden sind, vergessen. Mehr als jeder andere Beruf müssen für den Bergmann Wohnung und Umwelt stimmen, müssen die Möglichkeiten seiner Freizeitgestaltung stimmen. Die Revierländer, die Kommunen, aber auch die Bergbauunternehmen selbst müssen hier, wie ich meine, die notwendigen Voraussetzungen schaffen.Ohne Zweifel wird mit den Vereinbarungen und den im Entwurf vorliegenden gesetzlichen Regelungen ein energiepolitisch wichtiger Beitrag zur Substituierung von Erdöl bei der Stromerzeugung — derzeit noch 5,1 % — geleistet. Dieses schwere Heizöl, das dort eingespart wird, kann dann in Konversionsanlagen in Leicht- und Mittelderivate aufgespalten werden. Herr Kollege Spies von Büllesheim, für uns geht es nicht darum: Kohle und dann nur noch Kernenergie, sondern ich glaube, im Zusammenhang mit der Deckung des Energiebedarfs muß uns noch einiges andere einfallen. Das geht aus dem Energieprogramm der Bundesregierung hervor, und das ist auch die Position meiner Fraktion.Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, daß neben der Kernenergie noch rationelle Energieverwendung und Fernwärme in Frage kommen. Wir sind der Meinung, der Notwendigkeit, Ö1 zu substituieren, ließe sich nicht nur durch Entwicklung und Ausbau der Stromkapazität Rechnung tragen, sondern die Kohle muß stärker in den Wärmemarkt; insbesondere muß sie zur Abdeckung des Bedarfs im Niedrigtemperaturbereich, zur Raumheizung herangezogen werden. Das ist der Bereich, in dem der weitaus größte Anteil des Endenergieverbrauchs anfällt. 40% des Ölbedarfs bzw. des Ölverbrauchs gehen in die Raumheizung. Wenn wir vom Öl wegkommen wollen, müssen wir in diesen Bereich einsteigen. Ich meine, das können wir nicht nur mit dem elektrischen Strom tun.Es muß deshalb erwartet werden, daß der Vertrag auch im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung umgesetzt und daß der Ausbau der Fernwärme gestützt wird. Der Vertrag muß einen Beitrag dazu leisten, daß das Energiepotential der Kohle besser genutzt wird, daß die Umweltbelastungen durch die Abwärmeabgabe an die Umwelt reduziert werden, daß Umweltbelastungen und damit auch Immissionsgrundbelastungen durch die ölgefeuerten Einzelheizungsanlagen abgebaut werden können und dadurch im Grunde genommen nach den Grenzwerten der TA Luft ein Freiraum entsteht, in dem dann neue emittierende Industrien angesiedelt werden können.Die stärkere Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung und der Fernwärme setzt allerdings Kraftwerkstandorte in der Nähe von Versorgungsgebieten voraus. Dazu müssen die in der technischen Erprobung befindlichen neuen Kraftwerke, z. B. auf der Basis der Wirbelschichtfeuerung, zügig fortentwikkelt und vorwiegend in kleineren Anlageeinheiten dezentral zur Abdeckung des Wärme- und Strombedarfs eingesetzt werden.Bei der Umsetzung des Vertrags darf weder der Wert der Kohle als Rohstoff noch dürfen die ökologischen Erfordernisse vergessen werden.
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17128 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Dr.-Ing. LaermannMit diesen Vereinbarungen und den notwendigen gesetzlichen Konsequenzen werden nun auch die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Kohleimporte geschaffen. Die Änderungen der Kohleeinfuhrregelungen sind wichtig. Ich nenne als wichtigste Punkte die Verlängerung bis 1995, das Auslaufen der Alleinberechtigung der Importeure nach einer Übergangszeit von fünf Jahren — auch die Verbraucher werden grundsätzlich antragsberechtigt sein —, die Schaffung auch einer Ermächtigung zur Schaffung eines Importkontingentes für Kohleveredelung und damit die Möglichkeit, auf Mehrbedarf flexibel und gezielt zu reagieren.Herr Kollege Spies von Büllesheim, die Importkohle kann die heimische Kohle im Bereich Hausbrand doch weiß Gott nicht in Bedrängnis bringen. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die Mengen, die auf dem Gebiet des Hausbrandes in Frage stehen, gering sind. Ich würde das Problem als solches gar nicht erkennen wollen.Bei den neuen Importregelungen ist auch klargestellt, daß der Zugang der Elektrizitätswirtschaft zur Importkohle an ein festes Verhältnis zur deutschen Kohle geknüpft ist. Wir begrüßen ausdrücklich die Bindung bis 1987 in einem Verhältnis von 2 :1 und darüber hinausgehend von 1 :1. Wir begrüßen ausdrücklich, daß auch der Wärmemarkt stärker berücksichtigt ist.Das Problem der Hüttenkohle ist schon angesprochen worden. Ich glaube, diesem Problem müssen wir uns — wie auch der Bundeswirtschaftsminister das ausgeführt hat — noch einmal gesondert zuwenden.Ich möchte nun noch ganz kurz auf die Notwendigkeit der Änderung der Kohleeinfuhrregelung eingehen. Mit dieser Regelung ist einer zwingenden Notwendigkeit entsprochen worden, nämlich rechtzeitig und mit Nachdruck in den Weltkohlemarkt einzusteigen, bevor dieser Markt wegen der Entwicklungen am internationalen Olmarkt und wegen der sich aus weltweit steigendem Energiebedarf zwangsläufig ergebenden stärkeren Nachfrage nach Kohle besetzt ist. Wir müssen in deutlicher Weise den Fuß zwischen die Tür eines Weltkohlemarktes setzen.Machen wir uns aber keine Illusionen — hier stimme sich mit dem Kollegen Wolfram überein — über die am Weltmarkt verfügbaren Mengen, die derzeit etwa 200, 250 Millionen Tonnen betragen. Diese Menge dürfte nach Schätzungen auf etwa 500 Millionen t im Jahr 2000 ansteigen. Das ist die Menge, die, geschätzt, im Weltmarkt frei verfügbar sein wird.Aber wie groß kann der Anteil der Bundesrepublik an diesen verfügbaren Mengen sein? Unser derzeitiger Anteil am gesamten Weltenergiebedarf liegt bei knapp 5 %. Dies entspräche bei 500 Millionen t nur einem Anteil von 25 Millionen t Importkohle. Dieses grobe Rechenbeispiel soll nur dazu dienen, auf die Problematik hinzuweisen.Mit der Steigerung der Importquote müssen wir uns natürlich Gedanken auch darüber machen, ob denn die erforderliche Transport- und Umschlagskapazität für solche Mengen zur Verfügung steht. Dann müssen wir dafür eintreten, daß diese Transport- und Umschlagskapazität rechtzeitig zur Verfügung steht. Der Einstieg in den Weltkohlemarkt ist zur langfristigen Absicherung wichtig.Ich nenne weitere Möglichkeiten. Als erstes scheint eine verstärkte Beteiligung an der Erschließung von Lagerstätten im Ausland erforderlich zu sein. Als zweites erscheint mir die verstärkte Kooperation mit jenen Ländern notwendig, die über noch nicht genutzte Ressourcen verfügen. Dies könnte über den Export von Bergwerks- und Förderanlagen, Aufbereitungsanlagen und Anlagen der Kohleveredlung geschehen. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, statt Kohle künftig auch Kohleprodukte und Kohleveredelungsprodukte zu importieren.Es ist dafür unverzichtbar, Referenzanlagen solcher Technologien im eigenen Land zu entwickeln, zu bauen und auch zu betreiben. In diesem Zusammenhang begrüße ich ausdrücklich das Förderprogramm der Bundesregierung zur Kohleveredelung. Ich begrüße auch, daß eine neue Vereinbarung auf der Industrieseite getroffen worden ist, nämlich zu den 14 geplanten Projekten ein weiteres mit Küstenstandort vorzusehen.Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: der Vertrag der E-Wirtschaft und der deutschen Steinkohle ist ein bedeutender Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung unseres Landes. Wir sprechen den Beteiligten ausdrücklich unseren Dank aus. Es ist nun die Aufgabe des Parlaments und der Regierung, die rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Vereinbarungen in dem geplanten Zeitrahmen realisiert werden können. Die FDP-Fraktion erwartet, daß der Gesetzentwurf mit der Sorgfalt, dem Nachdruck und der Beschleunigung beraten und verabschiedet wird, die der Bedeutung dieser Regelung angemessen sind und die angesichts der derzeitigen weltpolitischen Situation erforderlich sind. Wir werden unseren Teil zur zügigen Beratung beitragen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 8/3917 zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Wirtschaft und zur Mitberatung und zur Beratung gemäß § 96 unserer Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.Ich rufe den Punkt 6 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Energieeinsparungsgesetzes— Drucksache 8/3348 —
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17129
Vizepräsident Wurbsa) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache 8/3937 — Berichterstatter: Abgeordneter Glosb) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft
— Drucksache 8/3924 —Berichterstatter:Abgeordneter Wolfram (Erste Beratung 188. Sitzung)Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Narjes.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Mit dem hier zur Beratung vorliegenden Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Energieeinsparungsgesetzes werden dem Bundestag einige Maßnahmen zur sparsameren Verwendung von Energie im Bereich der Gebäudeheizung vorgeschlagen.Die Gebäudeheizung oder der Markt für Niedrigtemperaturenergie nimmt mit 40 % des gesamten Energiebedarfs einen zentralen Platz in unserer Verbrauchsstruktur ein. Etwa die Hälfte dieser Endenergie wird aus Mineralöl gewonnen. Von diesem Mineralöl werden 95 % importiert, davon zwei Drittel aus Nah- und Mittelost. Auch die Bundesregierung sollte es als ein vitales deutsches Interesse akzeptieren, daß wir uns so schnell wie möglich von diesen Öleinfuhren aus Nah- und Mittelost unabhängig machen.Alle Sparmaßnahmen stehen deshalb schon von der Mengenseite her unter Zeitdruck. Aber auch der Ölpreis legt dem einzelnen Verbraucher wie der gesamten Volkswirtschaft zunehmend größere Lasten auf, die zu einer schnellen Ablösung des Mineralöls zwingen.Der eine Schwerpunkt des vorliegenden Gesetzes betrifft die Einführung einer verbrauchsabhängigen Betriebskostenabrechnung. Mit dieser Abrechnung soll ein kostenbewußteres und deshalb sparsameres Verbraucherverhalten erreicht werden. Ein weiteres Motiv für die Einführung einer verbrauchsabhängigen Abrechnung war für uns aber auch die Überlegung, zu verhindern, daß künftighin energiebewußte und sparsame Mieter und Verbraucher mit Mehrkosten belastet werden, die weniger sparsame oder gar verschwenderische Mitmieter ihnen auf dem Umwege über Pauschalabrechnungen auferlegen können. Es wäre erfreulich, wenn nach voller Verwirklichung der in diesem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen die von der Bundesregierung geschätzte 15%ige Minderung des Energieverbrauchs erreicht werden könnte.Umstritten war die Dauer der Übergangsfrist. Der Wohnungsbauausschuß hat mit Rücksicht auf die langen Vorlaufzeiten für die Einführung moderner, präziser und verläßlich arbeitender Meßgeräte eine Übergangszeit von fünf bis sieben Jahren vorgeschlagen. Wir haben uns im Ausschuß für Wirtschaft diesem Vorschlag nicht angeschlossen. Einmal wollten wir dem Ziel der Synchronisierung der Regelungen für den preisgebundenen und den nichtpreisgebundenen Wohnungsmarkt dienen. Zum anderen glaubten wir, daß angesichts der großen Nachfrage nach solchen Geräten die Industrie im Wettbewerb um technisch brauchbare Lösungen für verläßliche Individualabrechnungen schon früher brauchbare Geräte anbieten wird, als vom Wohnungsbauausschuß angenommen worden ist.Der Zeitdruck jedenfalls, unter dem wir uns vom 01 zu lösen haben, spricht dafür, es zunächst mit dem Datum 1. Januar 1984, wie vorgesehen, zu versuchen. Für den Fall, daß tatsächlich bis dahin keine verläßlichen Meßgeräte auf dem Markt angeboten werden sollten, gehen wir davon aus, daß die Bundesregierung der nächsten Legislaturperiode eine Initiative ergreift und für alle Bereiche des Wohnungsbaues eine synchronisierte Fristverlängerung vorschlagen wird.Der zweite Schwerpunkt des heute zu verabschiedenden Gesetzes ist die Ermächtigung der Bundesregierung, Rechtsverordnungen zu erlassen, durch die eine Verbesserung der Steuerung und Regelung von Heizungsanlagen, aber auch zur Verbesserung der Wärmedämmung erzielt werden können.Umstritten war die Verordnungsermächtigung für zusätzliche Wärmeschutzmaßnahmen. Hiergegen hat sich der Wohnungsbauausschuß mit beachtenswerten Gründen gewandt. Wenn wir ihm nicht gefolgt sind, so im wesentlichen, weil wir meinten, daß die Ermächtigung bereits hinreichende Bindungen und Mißbrauchsbremsen gegen nicht sachgerechte Sparmaßnahmen enthält. Zum Beispiel ist hier formuliert, daß nur solche Maßnahmen eingeführt werden können, die generell zu einer wesentlichen Verminderung der Energieverluste beitragen können, und daß es außerdem möglich sein muß, die Aufwendungen, die für die Einsparungen notwendig sind, innerhalb angemessener Frist zu erwirtschaften. Die Fraktion der CDU/CSU ist der Ansicht, daß durch diese Einschränkungen Mißbrauch oder eine ökonomisch sinnlose, technisch oder administrativ mögliche Perfektion nicht zu befürchten sind. Die Auskünfte der Bundesregierung über die von ihr bisher in Aussicht genommenen Verordnungen haben diese unsere Ansicht erhärtet.Das bei den Beratungen über dieses Gesetz erneut sichtbar gewordene Labyrinth des Mietrechts gibt zu der Bemerkung Anlaß, daß die Bundesregierung sich bei jedem Gebrauch, den sie von der Verordnungsermächtigung zu machen gedenkt oder den sie für notwendig hält, der Verpflichtung bewußt sein muß, den Verwaltungsaufwand nicht unnötig zu erhöhen und die Rechtsbeziehungen zwischen Mieter und Vermieter nicht noch weiter zu komplizieren.Die Verabschiedung dieses Gesetzes ist ein guter Anlaß zu einigen allgemeinen Bemerkungen über
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Dr. Narjesden Stand und die Perspektiven der Energieversorgung und über den Energieverbrauch im Niedrigtemperatur-Wärmemarkt. Es handelt sich um etwa 24 Millionen Wohnungen, von denen knapp die Hälfte mit Ö1, 18 % mit Gas beheizt werden; 9der Versorgung entfallen auf die Elektrizität, 11 auf die Kohle und ein Rest von 13 To auf die Fernwärme, Stadtgas und alternative Energieträger.Erstens. Für alle Energieträger gilt, daß eine möglichst sparsame und rationelle Verwendung der eingesetzten Energie volkswirtschaftlich notwendig, aber auch im Interesse der einzelnen Verbraucher dringend geboten ist und zunächst auch von der öffentlichen Hand, wenn auch begrenzt, gefördert werden sollte. Für den Bereich des Öls im Niedrigtemperaturmarkt erscheint mir eine zusätzliche Bemerkung angebracht. Wenn das „Weg vom 01" ein übereinstimmendes Ziel unserer Energiepolitik ist, können Maßnahmen, die den Ölverbrauch einschränken, immer nur eine Zwischenstufe auf dem Weg zur völligen Lösung vom Primärenergieträger Mineralöl sein.
Sparmaßnahmen können deshalb die Substitution des Öls durch andere Energieträger zwar erleichtern, aber nicht ersetzen.Infolgedessen müssen alle Maßnahmen zur sparsameren Verwendung des Öls insbesondere daraufhin geprüft werden, ob sie nicht vielleicht besser durch eine völlige Lösung vom 01 ersetzt werden können oder — falls dies aus dem einen oder anderen Grunde nicht möglich ist — ob sie den späteren zweiten Schritt zur Lösung vom 01 in irgendeiner Hinsicht, technisch oder finanziell etwa, behindern oder erleichtern. Aus dieser Erkenntnis müssen sich sodann Grenzen der staatlichen Förderung von Maßnahmen zur Einsparung von Öl auch im Heizungsbereich ergeben.Meine zweite Bemerkung. Was den Ersatz des Mineralöls anlangt, so stellt sich für jede einzelne der davon betroffenen 12 Millionen Wohnungen natürlich die Frage: Wodurch? Eine generelle bundesweite Antwort kann nicht gegeben werden. Die Umstände und das alternative Angebot insbesondere an leitungsgebundener Energie an jedem einzelnen Standort geben den Ausschlag.Volkswirtschaftlich muß jedoch bedacht werden, daß es aus den verschiedensten Gründen Grenzen gibt, an die die Nachfrage nach alternativen Heizungssystemen stoßen wird. Was z. B. den Einsatz von elektrischen Wärmepumpen oder Strom zur Gebäudeheizung anlangt, so wird sehr bald die Kapazitätsgrenze unserer im Betrieb oder im Bau befindlichen Kern- und Kohlekraftwerke sichtbar werden. Kürzlich wurde aus Kreisen der Stromwirtschaft geäußert, daß in überschaubarer Zeit nur etwa 10 % des gesamten Wohnungsbestandes noch zusätzlich durch den Einsatz von Elektrizität beheizt werden können. Wir weisen deshalb auch bei dieser Gelegenheit die Bundesregierung erneut auf diese Zusammenhänge hin und nehmen sie zum Anlaß, sie abermals zu einer schnellen Überprüfung ihrer bisher entschlußosen Politik zum Bau von Kohle- und vor allem Kernkraftwerken aufzufordern.
Auch auf der Gasseite gibt es Grenzen. Fachleute vertreten die Ansicht, daß wir in den 80er Jahren höchstens noch 10 % des ölbeheizten Wohnungsbestandes auf Gas umstellen können. Mehr Gas dürfte nicht zur Verfügung stehen. Bleibt dann die Fernwärme und bleibt die Kohle.Was die Fernwärme anbelangt, so habe ich schon wegen der langen Vorlauffristen, wegen der hohen Investitionsaufwendungen und der sonstigen Begrenzungen ihres Einsatzes Zweifel, ob ihr Angebot in absehbarer Zeit so weit ausgeweitet werden kann, daß dadurch der Ölersatzbedarf gedeckt werden könnte, den Elektrizität und Gas — wie ausgeführt — nicht zu decken vermögen. Aber auch für den Hausbrandeinsatz der Kohle gibt es — jedenfalls heute noch — verschiedene Grenzen.Wenn die Bundesregierung sich dieser Probleme, die hier nur skizziert werden konnten, nicht recht bald annimmt, dann kann es sein, daß in der zweiten Hälfte der 80er Jahre einige Millionen Wohnungen vom 01 auf andere Energieträger umgestellt werden sollen, daß aber kein hinreichendes Angebot an alternativer Energie gemacht werden kann.
Meine dritte Bemerkung. Es wird zu Recht immer wieder auf die Grenzen hingewiesen, die durch die Kapazitäten der Gerätehersteller und der diese Geräte einbauenden Handwerksbereiche dem Umstrukturierungs- und Sparprozeß gesetzt sind. Diese Engpässe und Verstopfungen sind zu einem wesentlichen Teil auch die Folge von parallelen Förderungsprogrammen, von Veränderungen unseres Wohnungsbestandes. Ich nenne die Wohnungsmodernisierung, den Lärmschutz, die Förderung von Zivilschutzmaßnahmen, die Förderung von Energiesparmaßnahmen und die Umstellung auf andere Energieträger.Hat sich die Bundesregierung einmal überlegt, ob es nicht notwendig ist, unter diesen parallel verfolgten Zielen Prioritäten festzulegen und diese auch mit gesetzgeberischen Maßnahmen zu verankern? Muß nicht der Energieeinsparung im Zivilschutz Vorrang vor anderen Maßnahmen eingeräumt werden, damit erst einmal die mit nationalen Existenzfragen verbundenen öffentlichen Förderziele Vorrang in der Kapazitätsnutzung der Gerätehersteller und des Handwerks erhalten?
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— Das wird auch gemacht, Herr Kollege.
— Doch, die Bundesregierung hat uns entsprechende Informationen gegeben.Meine Damen und Herren, wenn man bedenkt, daß diese Vorschriften bisher nur für zirka 400000 Neubauwohnungen jährlich verbindlich waren, der Wohnungsbestand jedoch zirka 25 Millionen Einheiten ausmacht, kann man ermessen, welches enorme Energieeinsparungspotential hier zukünftig genutzt werden kann.Die Gesetzesvorlage ist sowohl im federführenden Wirtschaftsausschuß als auch im Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau mehrfach eingehend erörtert worden. Dabei soll nicht verschwiegen werden, daß mancherlei Probleme offenkundig und verschiedenartige Bedenken geäußert wurden. Das kommt auch im schriftlichen Ausschußbericht zum Ausdruck und dem trägt auch ein Entschließungsantrag in der Beschlußempfehlung Rechnung.Vieles konnte durch Diskussionen in den Ausschüssen und durch ergänzende Erläuterungen und Erklärungen der Bundesregierung sowie von Sachverständigen geklärt werden. So führte beispielsweise der Bauausschuß eine Anhörung von Sachverständigen zur Frage der verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung durch. Diese Abrechungsart ist übrigens für den sozialen Wohnungsbau bereits mit der Änderung der Neubaumietenverordnung vom 1. August 1979 eingeführt worden. Nach einer Übergangsfrist bis zum Jahre 1983 soll damit für ca. 5 Millionen Sozialmietwohnungen die Abrechnung nach dem Verbrauch mit Hilfe von Meßgeräten sichergestellt werden. Aber gerade gegen diese Meßgeräte und ihre Genauigkeit bzw. ihre Manipulierbarkeit wurden von verschiedenen Seiten immer wieder Bedenken geäußert. In der Sachverständigenanhörung konnten diese Bedenken ausgeräumt werden.Nach allen bisherigen Erfahrungen dürfte die Möglichkeit der Beeinflussung des eigenen Verbrauchs durch die Bewohner zu sparsameren Verhaltensweisen und zu einer Senkung der Heizkosten zwischen 15 % und 20 % führen. Wegen der Kapazitätsauslastung des Bau- und Ausbaugewerbes und zur Vermeidung von Preistreiberei in diesem Bereich wurde in den Ausschüssen empfohlen, für die Realisierung der verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung eine angemessene Übergangsfrist bis zu sieben Jahren zu gewähren. Auch sollen im freifinanzierten und im sozialen Wohnungsbau Übergangsfristen und Umlageschlüssel harmonisiert werden.Es gab übrigens in der Frage der Heizkostenverteilung keine Meinungsverschiedenheiten unter den Fraktionen und Ausschüssen. Auch war und ist die energiepolitische Zielsetzung der gesamten Gesetzesvorlage klar und unumstritten. Die Risiken der energiepolitischen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland und die ständig steigenden Öl-preise zwingen zu energieeinsparenden Investitionen und rücken diese immer mehr in die Wirtschaftlichkeitszone. Dies gilt für Maßnahmen der Regelungstechnik wie für den Austausch von älteren Heizungsanlagen gegen neue, sparsamere. Dies gilt aber auch für bauliche Maßnahmen zur Wärmedämmung und zur Verminderung des Energieverbrauchs. Darüber hinaus ist durch die Wirtschaftlichkeitsklausel des § 5 des Energieeinsparungsgesetzes und des § 4 des Gesetzentwurfs zur Änderung des Energieeinsparungsgesetzes sichergestellt, daß die erforderlichen Investitionskosten innerhalb einer angemessenen Zeit durch Energieeinsparungen erwirtschaftet werden. Außerdem wird die Verordnung auf Grund des § 5 Abs. 2 des Energieeinsparungsgesetzes eine Härteregelung vorsehen. Danach kann jemand von den Anforderungen befreit werden, wenn diese im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen.
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MeininghausMeine sehr verehrten Damen und Herren, nun ist im Bundesrat, aber auch bei der Ausschußarbeit kritisiert worden, daß all die Maßnahmen nicht überwacht werden können und in der Tat auch nicht überwacht werden sollen. Der Bundesrat will die vorgeschlagenen Ermächtigungen aus diesem Anlaß gar ablehnen.
Die Mehrheit der im Bundesrat vertretenen Länder hat allerdings keine Vorschläge unterbreiten können, wie wir zu nennenswerten Energieeinsparungen bei der Raumheizung kommen sollen, ohne Vorschriften für den Gebäudebestand zu erlassen. Wir meinen, steuerliche Anreize und Zuschüsse allein sind — nicht zuletzt auch wegen der insgesamt knappen öffentlichen Mittel — unzureichend. Dabei hat eine Verordnung auch ohne Überwachung nach unserer Auffassung den Vorteil, daß sie notwendige Maßnahmen verbindlich festlegt. Sie setzt den Maßstab dafür, was der Mieter vom Vermieter und was der Vermieter vom Mieter an energieeinsparenden Investitionen verlangen kann. Architekten und Bauingenieure werden sich ebenfalls nicht darüber hinwegsetzen. Wenn die Heizkosten etwa 30% der Nettomiete ausmachen, dürften alle Beteiligten den wirtschaftlichen Vorteil von Maßnahmen zur Energieeinsparung im Wohnungsbau erkennen und anstreben.Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Bundestagsfraktion stimmt dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Energieeinsparungsgesetzes zu. Wir sind sicher, daß die Bundesregierung in sachgemäßer und verantwortungsvoller Weise den ihr gegebenen Ermächtigungsrahmen ausfüllen wird. Da der Bundesrat seine Zustimmung zu allen Verordnungen geben muß, glaube ich, daß der Gesetzentwurf auch von dieser Seite seine Zustimmung finden wird.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zywietz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Weg vom 01" — oder vielleicht etwas besser gesagt: „Weniger 01 im speziellen" — und „rationelle Energieverwendung" sind wohl zwei richtige energiepolitische Stichworte, die in den letzten Jahren permanent an Bedeutung gewonnen haben. Wir von der FDP und von der SPD, von der Koalition, haben uns schon seit geraumer Zeit bemüht, diesen beiden Zielsetzungen durch schrittweise Umsetzung gerecht zu werden.
— Mit sehr viel Erfolg, möchte ich sagen, und beginnend in einer Zeit, Herr Kollege, als zumindest Sie von der Opposition diesen Stichworten nur sehr zögerlich folgten — wenn ich mich vorsichtig ausdrükken darf.
Aber heute dürfen wir in der Zielsetzung Übereinstimmung festhalten. Ich finde es gut, daß Sie unserer richtigen Politik in diesem Bereich nun endlichgefolgt sind.
Wir können uns in diesem kleinen Kreis der Anwesenden der Mühe unterziehen, uns ein wenig zu erinnern. Ich glaube, wir werden eingestehen, daß es nur wenige Jahre her ist, daß dieses Stichwort gar nicht bekannt war und daß diejenigen, die die rationelle Energieverwendung als eine gute energiepolitische Aufgabe bezeichnet haben, milde belächelt worden sind.Ich meine, wir können heute feststellen, daß das ganze Szenarium anders ist und daß sich dieser von uns eingeschlagene Weg als richtig erwiesen hat. Rationelle Energieverwendung ist sozusagen zur energiepolitischen Aufgabe Nummer eins geworden. Dies ist auch ein Weg, auf dem man nicht umkehren kann. Wir werden auf ihm mit großer Konsequenz weiterarbeiten.Ich jedenfalls stehe zu dem Slogan, den man in Publikationen lesen kann, der da lautet: „Rationelle Energieverwendung — unsere sicherste und ergiebigste Energiequelle.
Wer Gespräche mit Handwerkern und Produzenten verschiedener Aggregate führt, stellt immer wieder fest, daß sich mittlerweile die Produktion von energiesparenden Aggregaten und auch die gesamte Verkaufs- und Werbestrategie dieser Unternehmen an dem Dreh- und Angelpunkt „Aggregate zur rationellen Energieverwendung" orientiert. Ich stelle mit einer gewissen Genugtuung fest, daß diese Initiative heute bereits umgesetzt worden ist. Wer in diesen Tagen zur Hannover-Messe fährt und sich einmal umschaut, was eigentlich der Schwerpunkt dieser Messe ist, der wird sofort sagen müssen: Rationelle Energieverwendung, Techniken zur rationellen Energieverwendung und ergänzende Energien bilden den Schwerpunkt dieser Messe. Das kommt nicht von ungefähr. Wir haben diese Richtung durch die Politik eingeschlagen und in vielen Feldern unterstützt.
Nun wollen wir dabei nicht selbstgefällig werden. Aber man darf dies bei einer solchen Debatte doch wohl einmal feststellen und unterstreichen.
Im Gegenteil, wir sehen uns durch diese Umsetzung ermutigt und werden in dem Bereich der rationellen Energieverwendung mit Kontinuität und Intensität weitermachen.Wir werden dabei alle Bereiche im Auge behalten, in denen es gilt, Energie einzusparen: den Wärmebereich — um zwei konkrete Anregungen geht es hier in der vorliegenden Novelle —, den Treibstoffbereich, den Elektrizitätsbereich und, nicht zu vergessen, auch die Verwendung von Energieträ-
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Zywietzgern als Rohstoffe oder Vorprodukte in der Chemie.Wir sind bemüht — das ist auch eine Orientierung, die in unseren Maßnahmen zum Ausdruck kommt —, dies mit den Mitteln und Methoden unseres Wirtschaftssystems zu tun und — wo immer das möglich ist — nicht nur die Preisentwicklung und das Preisgefüge in seiner Wirkung durchschlagen zu lassen, sondern auch zu unterstützen durch Information, durch Aufklärung, durch Beratung und dem Bürger auch finanziell eine Hilfestellung zur Selbsthilfe zu geben, wie es ja bei manchen Programmen zur rationellen Energieverwendung und auch in anderer Weise sehr deutlich zum Ausdruck kommt. Aber es wird wohl auch Bereiche geben — das ist nicht neu in unserem Wirtschaftssystem —, wo man per Gesetz Orientierungsdaten und Zielvorgaben geben muß, damit der Bürger weiß, wo wir die Schwerpunkte sehen und in welche Richtung und an welche Grenze heran er seine Investitionen und sein Verbrauchsverhalten zu orientieren hat.Mit den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen, die uns hier vorliegen, vollziehen wir ja einen weiteren Schritt zur Umsetzung dieser Programmgedanken. Es handelt sich letztlich auch nur um einen gesetzlichen Rahmen, der Regierung und Bundesrat ermächtigt, in zwei Bereichen, die hier schon skizziert worden sind, nämlich im Bereich der verbrauchsabhängigen Abrechnung von Heizkosten und im Bereich des Wärmeschutzes und der Wärmedämmung im Althausbestand, Verbesserungen durchzusetzen.Was die verbrauchsabhängige Abrechnung von Heizkosten anbelangt, möchte ich nur noch auf ein paar ergänzende Tatbestände und Bewertungen eingehen. Wir meinen, daß ein Nachziehen gegenüber dem mietpreisgebundenen Wohnungsbau, bei dem diese Vorschriften bereits gelten, nötig ist. Wir sollten hier auch den freifinanzierten und eigengenutzten Wohnungsbau mit in die energiepolitische Beurteilung einbeziehen. Wir halten es auch für richtig, so zentral in den Wärmemarkt, in die Beheizung im privaten Bereich und auch in Industriegebäuden einzugreifen, weil ja bekanntlich 40 % unserer gesamten Energie in diesem Bereich verwendet wird, davon überdurchschnittlich viel, nämlich 80 %, im privaten Bereich. Dabei ist vor allem zu beachten, daß der Energieeinsatz etwa zur Hälfte durch Mineralöl gedeckt wird. Das sind für uns in der Tat überzeugende Fakten, die es nötig machen, hier noch mehr im Hinblick auf eine rationelle Energieverwendung zu unternehmen. Experten prognostizieren die Ergiebigkeit im Bereich zwischen 15 und 30 %. Das mögen nur ungenaue Orientierungstendenzen sein, aber ich meine, zweistellige Einsparpotentiale sind immerhin wichtig genug, daß man ihnen angesichts der energiepolitischen Perspektive mit Nachdruck nachgeht.Hier zu einer verbrauchsabhängigen Abrechnung von Heizkosten zu kommen, ist ein richtiger und wichtiger Schritt, denn aus dem allgemeinen Bürgerverhalten — auch wenn man sich selbst beurteilt — weiß man, daß man nicht gern für die Nachbarn spart — wenn die Heizkosten nur nach Quadratmetern umgelegt werden —, sondern daß man am besten motiviert ist, wenn man für seinen eigenen Geldbeutel sparen kann und demzufolge sein Verhalten ändert. Das ist nur über verbrauchsorientierte Heizkostenabrechnungen zu machen. Von daher unterstützen wir dieses Anliegen der zur Beratung stehenden Gesetzesänderung.Der zweite Bereich, nämlich die Verbesserung der Wärmedämmung im Althausbestand, findet ebenfalls unsere Zustimmung, weil man eigentlich diesem großen Anteil des Wärmemarktes unter der Zielsetzung der Einsparung nur beikommen kann, wenn nicht nur etwa 400 000 neu gebaute Wohneinheiten pro Jahr gefördert werden, sondern wenn der Althausbestand in der Größenordnung von 24 Millionen Wohneinheiten einen verbesserten Wärmeschutz erhält.Wir sehen zwar die Berechtigung der Zielsetzung, aber wir sehen auch die realistischen Aspekte, die man im Auge behalten muß, wenn man den Bürger auf diese Zielsetzung hin motivieren und überzeugen will. Man muß entsprechende Übergangsfristen einräumen, weil ein solches Volumen sowohl von den Finanzen her als auch mit Rücksicht auf die Kapazitäten in Handwerk und Industrie nur in einem gestreckten Zeitablauf bewältigt werden kann, damit keine Engpässe eintreten oder ein echtes Unvermögen entsteht, einem größeren Volumen schnell gerecht zu werden. Wir gehen also davon aus, daß Ermächtigungen nur so konzipiert werden, daß sie sich rechnen lassen, wie man so schön sagt, das heißt, daß auch die Wirtschaftlichkeit und ein überschaubarer Zeithorizont gegeben sind und es hier nicht zu schwer realisierbaren oder gar unsinnigen Anforderungen kommt.Aus dieser Grundüberzeugung und Situationseinschätzung halten wir die hier vorgelegten Vorschläge aus unserer Sicht für überzeugend und richtig, weil wir generell davon ausgehen, daß wir im Denken und Handeln, was die rationelle Energieverwendung anbelangt, nicht auf der Stelle treten dürfen, sondern schrittweise mehr erarbeiten müssen. Bis uns vielleicht andere Fingerzeige oder Notwendigkeiten dazu anhalten, sind wir überzeugt, daß wir es vorher aus Einsicht in Notwendigkeiten auf den Weg bringen müssen.Ich möchte noch anmerken, daß bei all dieser Umsetzung nicht vergessen werden darf, daß häufig einfache Maßnahmen die wirkungsvollen sind. Wer sich einmal Bilder, Zahlen und Erfahrungen vergegenwärtigt, wo eigentlich die Wärmeschwachpunkte eines Hauses sind, nämlich bei Türabdichtungen, bei Fenstern, bei der Dacheindeckung, der wird merken, daß hier mit relativ einfachen, d. h. konventionellen Maßnahmen, wenn man sie nur ergreift, ein guter Einspareffekt zu erzielen ist. Man sollte sich hier an die Formel halten, manchmal ist das Einfachste das Sinnvollste und Ergiebigste. Nicht unbedingt kompliziert, wenn es auch einfach geht, möchte ich im Umkehrschluß sagen.Wir stimmen den Vorlagen zu, hoffen aber, daß die öffentliche Hand in ihrem Bereich als Vorbild vorangeht und vielleicht durch Maßnahmen in ihrem Bereich Erfahrungstatbestände und Vorschläge
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Zywietzdem privaten Interessentenkreis noch nachdrücklicher als bisher zur Kenntnis bringt. Der gute Wille sollte durch ein gutes Serviceangebot bei Handwerk und Industrie aus der Sicht des Bürgers schnell und unkompliziert umgesetzt werden.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde die heutige Diskussion zu energiepolitischen Fragen freundlich und sachbezogen. Sobald es um die großen internationalen Zusammenhänge geht, ist man immer eher geneigt, in den Stil der großen Oper zu verfallen. Dann bringt der Kollege Narjes auch noch etwas mehr Pathos auf, als es hier im Kammerton zu diesen Themen vorgebracht wird.
— Richtig. Das dient jedenfalls einer sachlichen Diskussion, bei der dann auch ein paar Gesichtspunkte herauskommen, über die wir gerne miteinander sprechen. Hinsichtlich der konkreten Vorschläge waren wir uns ja darüber einig, die Lösung der energiepolitischen Aufgabe ist ein Mosaik von vielen Einzelheiten über viele Jahre hinweg. Wenn solche Vorschläge auf dem Tisch liegen, geht es ganz offensichtlich in einer erfreulich sachlichen Diskussion, aus der dann jeder noch etwas lernen kann. Daß dabei so wenige Wochen vor wichtigen Wahlterminen die rhetorische Pflichtübung von der entschlußlosen Politik beim Bau von Kohle- und Kernkraftwerken mit einläuft, Herr Narjes, das wird gern zur Kenntnis genommen.
Irgendwie muß man auch neben der Kür seine Pflicht erfüllen.Darf ich nun zu einigen Argumenten, die hier vorgetragen worden sind, Stellung nehmen. Der Grundvorgang findet übereinstimmende Zustimmung. Ich möchte mich für die schnelle Beratung dieser Vorschläge und , auch dafür bedanken, daß der Wirtschaftsausschuß einstimmig an den Fristen festgehalten hat, die vorgeschlagen worden sind. In der Tat wäre eine Verlängerung auch ein wenig in den Bereich der Verwässerung geraten. DaB das trotz einiger Bedenken, die wir ernstgenommen und gesehen haben, vermieden worden ist, halte ich für begrüßenswert.Herr Kollege Narjes, daß die sparsame Verwendung von Öl im Endeffekt zum Ausschluß seines Einsatzes führen soll und sollte — das Stichwort heißt „weg vom 01" —, darin stimmen wir sicherlich überein. Daß das in den 12 Millionen Wohnungen wegen der völlig unterschiedlichen individuellen Gegebenheiten besonders schwierig ist, liegt auf der Hand. Daß man, wohl auf längere Frist gesehen, aber auch darüber nachdenken muß, nicht nur den Einsatz von 01 zu senken, sondern den Energieverbrauch generell zu mindern, sollte, so meine ich, bei einer solchen Diskussion auch nicht übersehen werden.
Alles das, was in der Gesamtauseinandersetzung über den notwendigen Strombedarf und das notwendige Stromangebot der Zukunft landauf, landab diskutiert wird, muß ebenfalls unter dem Gesichtspunkt gesehen werden, auch andere Primärenergiequellen nach Möglichkeit sparsam zu nutzen. Wir stehen in vielen dieser Bereiche in absehbarer Zeit vor ähnlichen Problemen. Nachdem wir beim 01 erfahren haben, daß es nicht in unendlichem Ausmaß vorhanden ist, sollten wir gelernt haben, daß es uns bei anderen Primärenergieträgern ähnlich gehen kann.Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, daß es Kapazitätsgrenzen der Hersteller energiesparender Geräte gibt. Herr Zywietz hat noch einmal darauf aufmerksam gemacht, daß auf der Hannover-Messe ein eindrucksvolles Angebot solcher Produkte vorgezeigt wurde. Aber auch auf der Hannover-Messe haben mir die Produzenten beim Vorführen ihrer Geräte gesagt, daß die Kapazitäten des Aus- und Einbaugewerbes, die Bereitschaft und auch die Fähigkeit derjenigen, die die Geräte einbauen sollen, sich mit der technischen Seite zu beschäftigen, noch sehr sogar hinter dem beschränkten Produktionsangebot zurückbleibt. Hier ergeben sich also zwei Engpässe: der Produktionsengpaß und der Einbauengpaß.Ich habe mir deswegen vorgenommen, mich in allernächster Zeit insbesondere mit dem Präsidenten der Zentralverbandes des Deutschen Handwerks zusammenzusetzen, um einmal darüber zu diskutieren, wie man das Handwerk einerseits auf diese erhebliche Chance zukünftiger Betätigung aufmerksam machen, andererseits aber auch Mittel und Wege finden kann, um das Handwerk zu veranlassen, sich mit diesen Problemen zu beschäftigen. Das ist zumal dann nicht immer ganz einfach, wenn das Gewerbe und das Handwerk, das in diesen Bereichen tätig werden könnte, mit anderen Aufträgen ausgelastet ist, seine Beschäftigung findet und sich dann selbst die Frage stellt, warum es denn eigentlich etwas Neues lernen solle, wenn man mit dem Alten die Auftragslage auch zufriedenstellend abdecken könne. Herr Narjes, hier kommt sicherlich das Problem verschiedener Förderprogramme und der Tätigkeit oder der Beanspruchung gewisser Zweige unserer Industrie oder unseres Handwerks für die Durchführung verschiedener Förderprogramme mit verschiedenen Zielrichtungen ins Blickfeld.Aber wir werden eingestehen müssen, daß es durchaus unterschiedliche Beurteilungen der Bedeutung und der Wichtigkeit der von Ihnen genannten Aufgabenbereiche gibt. Ich würde mit Ihnen übereinstimmen und sagen, Energieeinsparung sei die Nummer eins, aber wenn ich die politische Diskussion im Lande verfolge, sehe ich, daß es andere gibt, die sagen, der Zivilschutz sei mindestens genauso wichtig — Sie haben ihn erwähnt —, und es gibt sicherlich auch solche, die meinen, der passive
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Bundesminister Dr. Graf LambsdorffLärmschutz sei von gleichrangiger Bedeutung. Das ist eine schwierige Frage. Es ist schwierig, hier verbindliche Prioritäten zu setzen, zumal bei einem Teil dieser Programme, insbesondere bei dem von Ihnen angesprochenen Wohnungsmodernisierungsprogramm, weitere Schwierigkeiten hinzukommen. Natürlich kann man fragen, ob schönere Badezimmer Vorrang vor mehr Energieeinsparung haben müssen. Aber daß Wohnungsmodernisierungsprogramme selbstverständlich sehr häufig gleichzeitig energiesparende Wirkung haben und nach unserer Vorstellung und unserer Zielrichtung auch haben sollten, wird ebenfalls nicht zu bestreiten sein.
— Das wird auch beeinflußt; das ist der Fall. Das Zusammenwirken dieser Programme ist ja in vielen Fällen durchaus gegeben; aber daß es neben dem Zusammenwirken auch Überschneidungen gibt und daß vor allen Dingen insgesamt die Kapazitäten heftig in Anspruch genommen werden, die nur in beschränktem Umfange vorhanden sind, ist überhaupt nicht zu bestreiten.Zum Gesamtthema, Herr Kollege Narjes, hätte ich eine Bitte. Sie könnten uns da unterstützen; ich hoffe es jedenfalls. Ich könnte auch Herrn Zywietz bitten, der ebenfalls aus Schleswig-Holstein kommt; aber der gehört dort in die Reihen der Opposition, während Sie dort in die Reihen der Regierungspartei gehören. Es läge uns schon sehr daran, daß wir das Fernwärmeprogramm über die Hürde der Bund-Länder-Problematik bekämen, die ich durchaus sehe.
— Nein, es ist nicht die Finanzhürde, es ist die Hürde der Mischfinanzierung, deretwegen das Land Schleswig-Holstein — und hier ganz besonders der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein — aus grundsätzlichen Erwägungen, die wir weitgehend teilen — diese Mischfinanzierung findet ja auch nicht unsere begeisterte Zustimmung —, Schwierigkeiten macht. Ich glaube, wir sollten noch einmal — vielleicht können wir das gemeinsam tun— in einem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein — er ist der einzige, an dem das noch hängt; die anderen Länder sind bereit, es mitzumachen — die Sache erörtern, um dieses Programm in die Tat umzusetzen; denn es ist ein wesentlicher Teil der Energiepolitik. Die bessere Ausnutzung von Fernwärme ist notwendig. Ich glaube nicht, daß wir da Meinungsverschiedenheiten haben.Ich bin sehr einverstanden — und das kann ich auch im Namen des Kollegen Haack sagen — mit den Hinweisen, die sowohl Herr Narjes wie Herr Zywietz in Richtung öffentliche Gebäude gemacht haben. Lassen Sie mich hier etwas altmodisch, wie ich zugebe, aber klar und deutlich sagen, daß ich noch immer der Meinung bin, der Staat, wie immer er sich darstellt — Bund, Länder, Gemeinden — muß dem Bürger gegenüber einfach das gute Beispiel geben, wenn er vom Bürger Leistungen und Anstrengungen — finanzielle Anstrengungen auch in diesem Falle — verlangt.
Nun wissen wir alle, daß in Bund, Ländern und Gemeinden — Sie haben erfreulicherweise alle drei Ebenen und auch die dazugehörigen Parlamente angesprochen; es ist ja nicht nur der Bund, der hinter dem herhinkt, was nach meiner Überzeugung getan werden müßte — die finanzielle Lage den Riegel vorschiebt und uns kneift. Dennoch sollte es vielleicht in gemeinsamen Anstrengungen möglich sein, mindestens das zu tun, was aus dem Grundsatz, den ich eingangs gesagt habe, optisch notwendig ist, um ein paar Beispiele zu setzen und selber Fortschritte zu machen. Es ist nicht gut hinzunehmen und gut mit anzusehen, daß wir von den Privaten Anstrengungen verlangen und daß sich die öffentliche Hand denselben Anstrengungen entzieht. Den Einwand der nicht vorhandenen finanziellen Mittel könnten natürlich Private genauso gut geltend machen, wie das die öffentliche Hand tut.
Letzte Bemerkung, meine Damen und Herren! Ich hatte schon darauf hingewiesen, daß ich mich besonders über das einstimmige Votum des Wirtschaftsausschusses in dieser Frage gefreut habe, aus einem ganz spezifischen Grunde. Es ist in der Öffentlichkeit mindestens von einer Seite, nämlich von den Haus- und Grundbesitzervereinen, immer wieder der Vorwurf erhoben worden, die Bundesregierung und insbesondere der Bundeswirtschaftsminister versuche ja alles zur Lösung der Energieprobleme in schöner marktwirtschaftlicher und liberaler Form darzutun, nur, wenn es darum gehe, Meßgeräte einzubauen, dann werde der Pfad der Marktwirtschaft verlassen, dann werde zum Dirigismus übergegangen, dann würden die armen Menschen gezwungen, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollten. Mit Recht hat der Kollege Meininghaus hier erwähnt, daß die technischen Bedenken, die man ernst nehmen muß, ausgeräumt werden konnten. Das war ein wichtiger Gesichtspunkt. Aber ich möchte auch hier noch einmal ganz nachdrücklich unterstreichen, daß ich es in voller Übereinstimmung mit allen — jedenfalls mit meinen — ordnungspolitischen und marktwirtschaftlichen Grundsätzen finde, wenn ich den Mieter in die Lage versetze, durch ein vernünftiges Meßgerät dem Vermieter nachzuweisen, ob er ihm eine gerechtfertigte oder eine ungerechtfertigte Heizölrechnung geschickt hat. Das ist nun wirklich nicht mit solchen Kategorien zu kritisieren und zu bekämpfen.Allerdings würde ich nicht so weit gehen wie der Kollege Zywietz — ich glaube, das war ein Versprecher —, auch in der eigengenutzten Wohnung den Einbau eines Meßgeräts vorzuschreiben. Da brauchen Sie das Meßgerät nicht; da ist das richtige
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Bundesminister Dr. Graf LambsdorffMeßgerät die jährliche oder vierteljährliche Heizölkostenrechnung, die Sie von Ihrem Lieferanten bekommen. Wenn Sie die bezahlen müssen, merken Sie es dann selber.
— Herr Kollege, hier ist zum erstenmal der Ansatz gegeben, auch in bestehenden Häusern die Möglichkeit zu haben, erstens Meßgeräte einzubauen, zweitens bei den Meß- und Regelanlagen einzugreifen, drittens etwas für die Wärmedämmung zu tun. Das ist ein• sehr vorsichtiger Einstieg; wir sind gar nicht radikal in dieser Frage.
Aber wir müssen hier etwas tun, denn den größten Teil machen nun einmal die bestehenden Wohnungen aus. Es ist richtig, daß wir Vorschriften bezüglich der Neubauwohnungen eingeführt und durchgesetzt haben. Aber wir können das Problem nicht so lange vor uns herschieben, bis die bestehenden Wohnungen alle abgerissen und neu gebaut worden sind. Dann wird es ein bißchen spät, wenn wir wirklich zur Energieeinsparung kommen wollen.Noch einmal vielen Dank für die übereinstimmende Meinung, die hier gebildet werden konnte, und für die schnelle Behandlung und Verabschiedung dieser Entwürfe.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. — Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Bitte die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in zweiter Beratung bei einer Enthaltung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Vielen Dank. Bitte die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das Gesetz ist bei einer Enthaltung angenommen.
Wir haben noch über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/3924 unter b) die Annahme einer Entschließung. Wer der Entschließung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung ist die Beschlußempfehlung des Ausschusses angenommen.
Ich rufe jetzt Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Melderechtsrahmengesetzes
— Drucksache 8/3825 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Zur Einbringung hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf soll das Meldewesen der Länder auf eine bundesweit einheitliche Rechtsgrundlage stellen. Er definiert die Aufgaben der Meldebehörden sowie die Meldepflichten der Bürger. Er bestimmt die Regeln, nach denen die Meldedaten der Bürger erhoben und durch die Meldebehörden verwandt werden.Die Bundesregierung verfolgt mit ihrem Entwurf zwei Zielsetzungen:Erstens. Die Vorteile, die sich aus dem Einsatz der automatisierten Datenverarbeitung ergeben können, sollen auch im Bereich des Meldewesens so effektiv wie möglich genutzt werden.Zweitens. Die Gefahren der automatisierten Datenverarbeitung für den Persönlichkeitsschutz und die Privatsphäre des Bürgers sollen durch strikte datenschutzrechtliche Bestimmungen für den Bereich des Meldewesens abgewendet werden.Gegenüber dem früheren Regierungsentwurf für ein Bundesmeldegesetz unterscheidet sich der Ihnen heute vorliegende Entwurf durch eine andere Gewichtung der Zielsetzung. Bei dem Entwurf für ein Bundesmeldegesetz standen Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungseffizienz an erster Stelle. Kernstück des damaligen Entwurfs war folgerichtig die Einführung eines bundeseinheitlichen Personenkennzeichens.Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsausschusses des Bundestags gegen dieses Personenkennzeichen haben letztlich zum Scheitern des Entwurfs geführt. Damit wurde zugleich ein Umdenkungsprozeß eingeleitet, dessen Ergebnisse den jetzt vorliegenden Entwurf für ein Melderechtsrahmengesetz entscheidend geprägt haben. An die Stelle des Vorranges der Verwaltungseffizienz ist der eindeutige Primat des Datenschutzes getreten. Gerade unter diesem Gesichtspunkt erscheint heute eine bundeseinheitliche Regelung dringender denn je zuvor.Nirgendwo, außer vielleicht bei den Sozialversicherungen, werden so viele Daten über so viele Bürger gesammelt wie im Meldewesen. Inzwischen ist auch die Verarbeitungskapazität gewaltig gestiegen. Ende 1978 waren im Bereich des Meldewesens rund 83 % der gesamten Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland in automatisierten Verfahren unterschiedlichen Automationsgrades erfaßt. Das belegt
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Parl. Staatssekretär von Schoelerdie Dringlichkeit datenschutzrechtlicher Regelungen zur Genüge.Im Meldewesen ist Datenschutz heute nur unvollkommen — zum Teil übergangsweise, zum Teil nur durch Verwaltungsvorschriften — gewährleistet. Zwar bereiten einige Länder eine Novellierung ihrer Landesmeldegesetze vor. Aber gerade von daher drohen unterschiedliche Maßstäbe für den Datenschutz, die später nur erschwert zu vereinheitlichen wären, und wenn, dann womöglich zu Lasten des Datenschutzes.Wir wollen und dürfen unseren Bürgern aber ein Datenschutzgefälle nach Bundesländern ebensowenig zumuten wie eine nachträgliche Vereinheitlichung auf niedrigerem Datenschutzniveau. Deshalb hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Melderechtsrahmengesetz noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt. Sie folgt damit zugleich einer Entschließung des Deutschen Bundestages vom 17. Januar 1980. Auch der Bundesrat hat sich für eine beschleunigte Beratung und Verabschiedung des Gesetzentwurfes noch in dieser Legislaturperiode ausgesprochen.Datenschutz ist die Leitlinie des Entwurfs. Das kommt vor allem in folgenden Punkten zum Ausdruck:Erstens. Datenschutz erfordert eine Eingrenzung der Aufgabenstellung. Das Meldewesen wird grundsätzlich auf seine klassische Aufgabenstellung beschränkt. Dazu gehören die Feststellung der Identität der Einwohner und der Wohnungsnachweis. Um dem Bürger zusätzliche Wege zu ersparen, erfüllen die Meldebehörden darüber hinaus noch einige wenige Zusatzaufgaben. Zu diesen sogenannten Annexkompetenzen zählen z. B. die Ausstellung von Lohnsteuerkarten, aber auch die Mitwirkung bei der Vorbereitung von Wahlen.Zweitens. Die Meldebehörden sollen nicht mehr Daten bekommen, als sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben unbedingt brauchen. Deshalb wird der Datenkatalog eng begrenzt. Deshalb wird gesetzlich festgelegt, welche Daten über den einzelnen Bürger gespeichert werden dürfen. Bewußt wird auf alle sensitiven Daten verzichtet, so z. B. auf die Gründe für einen Ausschluß vom Wahlrecht oder für eine Paßversagung.Drittens. Es wird streng zwischen den sogenannten Grunddaten für die klassischen Aufgaben und den sogenannten Zusatzdaten für die sogenannten Annexaufgaben unterschieden. Die Spezialdaten für wahlrechtliche, steuerrechtliche und paßrechtliche Zwecke sowie für die Wehr- oder Zivildienstüberwachung werden nicht zusammengeführt.Viertens. Durch ein neu eingeführtes Meldegeheimnis soll ein zusätzlicher Schutz gegen den Mißbrauch von Meldedaten eingebaut werden. Dieses Meldegeheimnis umfaßt anders als das Datengeheimnis des Bundesdatenschutzgesetzes auch das unbefugte Erheben von Daten. Es bezieht ferner alle Bediensteten der Meldebehörden ein; nicht nur solche, die unmittelbar in der Datenverarbeitung beschäftigt sind. Damit gewinnt das Meldegeheimnis über seine Signalwirkung hinaus eine Bedeutung, die es mit dem Statistikgeheimnis oder dem Steuergeheimnis vergleichbar macht.Fünftens. Die Position des Bürgers gegenüber der Verwaltung wird gestärkt. Der Bürger erhält einen einklagbaren Anspruch auf gebührenfreie Auskunft, auf Berichtigung und Löschung unrichtiger oder nicht mehr benötigter Daten sowie einen Anspruch auf Einrichtung von Übermittlungssperren.Sechstens. § 18 des Entwurfs ist zugleich ein Einstieg in das schwierige Gebiet der gesetzlichen Präzisierung und Festlegung der Amtshilfe zwischen den verschiedenen Bereichen der öffentlichen Verwaltung. Hier wird geregelt, welche Daten die Meldebehörden unter welchen Bedingungen an andere Stellen der öffentlichen Verwaltung, insbesondere an die Sicherheitsbehörden, übermitteln dürfen. Grundsätzlich übermittlungsfrei sind nur wenige, abschließend aufgezählte Identifizierungsdaten. Zwar haben die Sicherheitsbehörden auch darüber hinaus Zugang zu fast allen Daten des Melderegisters; für diese Fälle gibt es jedoch eine Protokollierungspflicht der Sicherheitsbehörden. Damit wird kontrollierbar, aus welchen Gründen die Datenübermittlung im Einzelfall erfolgt ist. Ein solcher Grundrechtsschutz durch Verfahrensregelungen könnte Modellcharakter für künftige Amtshilferegelungen in anderen Bereichen gewinnen.Dies sind nur die markantesten Punkte eines gründlich durchdachten und, wie ich meine, ausgereiften Konzepts. Dieser Entwurf ist keine einfache Fortschreibung des früheren Entwurfs eines Bundesmeldegesetzes. In enger Zusammenarbeit mit Datenschutzexperten aus Praxis und Wissenschaft ist eine weithin neue Konzeption entstanden, die wirksamen Datenschutz in einem außerordentlich wichtigen Bereich der öffentlichen Verwaltung einführen soll.Auch der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 8. Februar 1980 keine Einwendungen gegen die Grundkonzeption des Entwurfs erhoben. Dies sage ich trotz der zahlreichen Änderungsanträge, die die Stellungnahme des Bundesrats enthält: Zum Teil führe ich diese Meinungsverschiedenheiten darauf zurück, daß es teilweise noch schwerfällt, sich von früheren perfektionistischen, vor allem auf höhere Verwaltungseffizienz abgestellten Planungen zu trennen. Ich habe aber den Eindruck, daß auf politischer Ebene, auch in den Ländern, ein Umdenkungsprozeß stattgefunden hat.Auch die Bundesregierung ist diskussionsbereit. Über die eine oder andere Frage läßt sich auch nach unserer Auffassung durchaus noch reden. Unsere Diskussionsbereitschaft endet freilich dort, wo es an die datenschutzrechtliche Substanz des Entwurfs geht. Ich appelliere deshalb auch bei dieser Gelegenheit an die Bundesländer, ihren Standpunkt im Interesse des Bürgers noch einmal zu überdenken. Ich bitte sie eindringlich, dazu beizutragen, daß bundeseinheitlicher Datenschutz im Meldewesen noch in dieser Legislaturperiode Wirklichkeit werden kann.
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Für die Aussprache ist interfraktionell ein Kurzbeitrag für jede Fraktion vereinbart.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Laufs.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Das Melderecht ist einer der Prüfsteine für die Glaubwürdigkeit des Gesetzgebers im Hinblick auf die von allen Seiten zu hörenden Datenschutzbeteuerungen", und „Der Bundesrat will Datenschutz verhindern": Mit solchen Sprüchen — heute war die Tonlage etwas moderater — hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium die öffentliche Auseinandersetzung um den Regierungsentwurf eines Melderechtsrahmengesetzes eröffnet.Er sagt dies ausgerechnet an die Adresse der Bundesländer, auch der SPD-regierten, die sich Landesdatenschutzgesetze gegeben haben, die im Vergleich weit über das vom Bund gesetzte Recht hinausgehen. Er sagt dies angesichts einer leidvollen Entstehungsgeschichte dieses Gesetzentwurfs über drei Legislaturperioden hinweg. Seit 1971, also in fast zehn Jahren, hat die Bundesregierung mehrere Anläufe zur Regelung des Melderechts genommen, die samt und sonders gescheitert sind.Mehr als zwei Jahre seit dem letzten mißglückten Versuch und fünf Sitzungswochen vor Ende der Wahlperiode, die mit anderen Vorhaben vollgepackt sind, bringt der Bundesinnenminister den vorliegenden Gesetzentwurf im Bundestag ein, damit er noch — anders kann man das nicht sagen — durchgepeitscht werde.Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Die CDU/CSU wird einer zügigen Beratung, die' aber nicht auf Kosten der Gründlichkeit gehen darf, nicht im Weg stehen. Die Verantwortung für das Schicksal des Gesetzentwurfs tragen aber an erster Stelle die Bundesregierung und die Koalition. Die Bundesregierung darf sich dabei nicht nur auf den „Umdenkungsprozeß", wie Sie, Herr Staatssekretär, sagten, der Bundesländer verlassen.Es gibt keinen Zweifel: Eine bundeseinheitliche Rechtsetzung im Meldewesen ist dringend notwendig — auch das unterstützen wir — und hätte schon längst geschehen müssen. Es geht bei der vorliegenden schwierigen Rechtsmaterie um einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Erfordernissen der Verwaltungseffizienz, der öffentlichen Sicherheit sowie berechtigter Interessen anderer auf der einen Seite und dem Schutz der Privat- und Persönlichkeitssphäre des betroffenen Bürgers auf der anderen Seite. Das Recht des Bürgers auf freie Entfaltung ohne unangemessene staatliche Beaufsichtigung und Gängelung muß gewährleistet werden. Wir wissen, daß das Instrument des Meldewesens den Individualinteressen gefährlich werden kann.Zum zweiten muß aber auch die Arbeit unserer staatlichen Organe gewährleistet werden. Es ist ein fundamentales und berechtigtes Interesse der Bürger, daß der Staat ihre innere und äußere Sicherheit garantiert. Es ist auch berechtigt, wenn der Bürger für die hohen Steuern entsprechende Gegenleistungen verlangt. Datenschutz im Melderecht ist eine Gratwanderung. Es ist ein Balanceakt zwischen diesen zum Teil gegenläufigen Grundsätzen. Die anstehenden tiefgreifenden Abgrenzungsfragen sind aber in dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht überzeugend und nicht zufriedenstellend gelöst worden.Der Bundesrat hat zu den 26 Paragraphen des Entwurfs entsprechend den Anträgen aus allen politischen Lagern im Innenausschuß des Bundesrates und seinem Unterausschuß 48 Gegenvorschläge unterbreitet, die zur Hälfte — übrigens in den wesentlichen Teilen — von der Bundesregierung zurückgewiesen worden sind.
Es ist bemerkenswert, daß es dabei auch zu einem scharfen Dissens zwischen dem im Bereich des Datenschutzes wohlbekannten Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bundesregierung gekommen ist.Aus der Vielzahl der nichtgeklärten und kontroversen Probleme, die sich im Rahmen des Gesetzentwurfs stellen, will ich nur wenige Punkte herausgreifen. Der Bundesrat hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung kein Rahmengesetz vorgelegt hat, sondern in detaillierter Form Einzelregelungen anstrebt. Wir sehen beispielsweise einen glatten Verstoß gegen die grundgesetzlich garantierte Organisationshoheit der Länder und insbesondere auch der Gemeinden, wenn vorgeschrieben wird, den Meldebehörden nur Aufgaben zu übertragen, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Meldewesen stehen. Die in Art. 75 des Grundgesetzes festgelegten Voraussetzungen für den Erlaß von Rahmenvorschriften sind überschritten, wenn die Datenschutzregelungen des Meldegesetzes in Konflikt mit dem Regelungsbereich der Landesdatenschutzgesetze — wie z. B. bei der Frage der Einwilligung — geraten können. Dies sind keine kleinlichen Zuständigkeitsrangeleien. Vielmehr werden fundamentale Grundsätze unseres föderalistischen Systems berührt, wenn in dieser Weise mit dem Grundgesetz und den Länderverfassungen umgegangen wird. Außerdem führt diese Vielschichtigkeit zu einem verschwommenen Datenschutzrecht.Wir erleben auf dem Gebiet des Datenschutzes eine Flut von Geheimnissen. Nach dem Steuer-, Daten- und Sozialgeheimnis wird uns jetzt ein Meldegeheimnis präsentiert. Diese wortschöpferische Vielfalt verdeckt den Mangel an Substanz. Das Meldegeheimnis ist inhaltlich praktisch identisch mit dem Datengeheimnis des Bundesdatenschutzgesetzes. Notwendigkeit und Nutzen dieser Neuschöpfung sind nicht erkennbar, zumal die Erweiterung des Schutzbereiches im Bundesdatenschutzgesetz auch auf die Datenerhebung gegenwärtig beraten wird.Nach dem Vorschlag der Bundesregierung soll die Weitergabe von Daten an andere Behörden außerordentlich erschwert werden. Diese Beschränkung hat zur Folge, daß künftig Behörden die benö-
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Dr. Laufstigten Daten nicht mehr bei den Meldebehörden abfragen können, sondern eigene Register anlegen müssen, was nicht im Interesse der Einheitlichkeit und Einfachheit der Verwaltung und des Datenschutzes liegt.Die Bundesländer haben gefordert, die Frage der Melderegisterauskünfte über Alters- und Ehejubiläen dem Landesrecht zu überlassen. Wir werden prüfen, ob Besonderheiten der Landschaften in diesem Sinne berücksichtigt werden können, etwa dadurch, daß die von der Bundesregierung vorgeschlagene restriktive Einwilligungsregelung durch eine Widerspruchsregelung ersetzt wird, wie dies im baden-württembergischen Landesdatenschutzgesetz festgelegt worden ist.Es fragt sich auch, ob dem Bürger unbedingt immer damit gedient ist, daß Auskünfte aus dem Melderegister nur dann zulässig sind, wenn er ein rechtliches Interesse nachweisen kann. Es gibt Situationen, in denen z. B. eine Frau ein durchaus berechtigtes, wenn auch kein rechtliches Interesse daran haben kann, zu erfahren, ob ein bestimmter Mann verheiratet ist. Man sollte auch die Bonitätsüberprüfung im Versicherungs- und Kreditbereich, welche eine Identitätsprüfung mit Hilfe des Geburtsdatums voraussetzt, nicht unmöglich machen, indem man die Überprüfung des Geburtsdatums statt an ein berechtigtes an ein rechtliches Interesse bindet.In den Ausschußberatungen muß schließlich geprüft werden, ob der in dem Gesetzentwurf zum Teil verordnete Bürokratismus notwendig ist. Die Arbeit der Polizeibehörden, die ohnehin schwierig und zeitaufwendig ist, soll nach den Vorschriften der Bundesregierung zusätzlich dadurch erschwert werden, daß über Anfragen bei der Meldebehörde eine Niederschrift anzufertigen ist. Die Polizei klagt ohnehin schon darüber, daß sie durch zuviel Schreibtischarbeit von ihren eigentlichen Aufgaben abgehalten wird.Über alle diese häufig schwierigen Einzelfragen muß in den Ausschußberatungen eingehend und gründlich gesprochen werden. Angesichts der Saumseligkeit der Bundesregierung und der unzulänglichen Gesetzesvorlage müssen die Beratungen umgehend aufgenommen werden, damit eine Regelung zum Melderecht noch in dieser Legislaturperiode erfolgen kann.
Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen werden aufgefordert, in der Kürze der noch zur Verfügung stehenden Zeit
alles zu tun, damit eine zügige und konstruktive Beratung möglich ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Penner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zeit ist fortgeschritten, es ist zehn Minuten vor acht.
Ich will mich daher kurz fassen.
Das Meldewesen ist eine auch für den Gesetzgeber schwierige Materie. Das hat die Vergangenheit gezeigt. Es hat zehnjähriger Beratungen bedurft, bis es zu dieser Fassung der Vorlage gekommen ist. Ich glaube aber, daß die lange Beratungszeit der Qualität der Vorlage nicht geschadet hat. Es ist ein Weg begangen worden, der anknüpfte an die Möglichkeiten der Datenverarbeitung, der mehr Wert legte auf all das, was unter dem Stichwort elektronische Datenverarbeitung zusammengefaßt werden kann. Dabei ist ein bißchen vergessen worden, daß man nicht alles möglich machen soll, was man möglich machen kann.
So gesehen, müssen wir uns gemäß den gestiegenen Anforderungen an die in den letzten Jahren gewachsenen Einsichten in die gefährlichen Möglichkeiten der Datenverarbeitung auch der Frage stellen, ob das alles mit wichtigen Grundwerten unserer Verfassung vereinbar sein kann, mit dem Recht auf Individualsphäre und mit der Menschenwürde. Ich glaube, daß hier der wichtigste Ansatz für den neuen Gesetzentwurf liegt, der sich bemüht, dem Rechnung zu tragen.Es ist sicherlich richtig, daß es Einwendungen gegen den Gesetzentwurf gegeben hat, Einwendungen vom Bundesrat, aber auch von anderer Seite her. Ich sage an dieser Stelle zu: Wir werden diese Einwendungen ernst nehmen, wir werden sie nicht vom Tisch wischen, weil sie etwa vom Bundesrat kommen oder von anderen, die möglicherweise nicht unserer politischen Überzeugung sind. Denn es kommt darauf an, die schwierige Materie des Meldewesens gesetzlich zu ordnen. Es kann nicht länger hingenommen werden, daß das Meldewesen, das auch die Abgabe von Informationen möglich macht, im wesentlichen über Verwaltungsvorschriften geregelt wird. Unsere rechtsstaatliche Überzeugung verlangt einfach, daß dies gesetzlich abgesichert wird.
Der Bundesrat — darauf hat der Kollege Dr. Laufs hingewiesen — hat 52 Änderungsvorschläge gemacht. Doch wenn man diese Änderungsvorschläge gewichtet, dann stellt sich heraus, daß sich die unterschiedlichen Auffassungen im wesentlichen auf wenige Punkte konzentrieren. All das, was darüber hinaus vorgetragen wird, läßt sich bei einigermaßen gutem Willen zu vernünftigen Kompromissen zusammenführen; das ist meine tiefe Überzeugung. Es gibt einige Punkte, bei denen möglicherweise unterschiedliche politische Ausgangspositionen sichtbar werden. Das ist ebenso wahr.Es mag auch richtig sein, daß die Gemeinden in das Gesetzgebungsverfahren nicht in einer Weise einbezogen worden sind, wie es wünschenswert gewesen wäre. Es ist durchaus möglich, daß sich einige Vorschriften mit Grundsätzen der Gemeindever-
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17140 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980
Dr. Pennerwaltung etwas stoßen; Stichwort: Einheitlichkeit der Verwaltung. Aber das alles hindert uns nicht zu versuchen, dieses wichtige Gesetzesvorhaben noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.Noch ein abschließendes Wort zum Sicherheitsproblem. Es wird immer wieder versucht, den Datenschutz gegen die innere Sicherheit und diese gegen den Datenschutz auszuspielen. Wir halten diese extremen Überlegungen für falsch. Nach unserer Meinung müssen wir in einer sich ständig ändernden technischen Welt beidem Rechnung tragen: der inneren Sicherheit, hinter der auch ein elementares Bürgerbedürfnis steckt, und dem Recht auf Datenschutz. Unsere Vorstellungen gehen nicht dahin, das eine zugunsten des anderen zu verdrängen.Wir sind an einer zügigen Beratung des Gesetzentwurfs interessiert und werden uns in den Ausschußberatungen entsprechend verhalten.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wendig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich will, da ich aus ganz anderen, ich möchte beinahe sagen: sportlich motivierten Gründen zur Kürze gemahnt worden bin, versuchen, dem zu entsprechen. Deswegen mache ich nur einige wenige Bemerkungen zu diesem Entwurf.Den Gesetzentwurf möchte ich vor allem, wie es auch schon bei meinen Vorrednern zum Ausdruck gekommen ist, ganz besonders unter dem Aspekt des Datenschutzes begrüßen. Mit der Vorlage dieses Entwurfs eines Melderechtsrahmengesetzes hat die Bundesregierung, wofür wir ihr danken, einen weiteren wichtigen Schritt unternommen, den bereichsspezifischen Datenschutz auszubauen. Alle diejenigen, die sich mit der Problematik des Datenschutzes befassen, wissen, daß ein Kernstück der Fortentwicklung des Datenschutzes bei den bereichsspezifischen Daten liegt.Die Meldebehörden repräsentieren einen Bereich der öffentlichen Verwaltung, in dem in besonders großem Maße personenbezogene Daten verarbeitet werden. Um so vordringlicher erscheinen die Schaffung einer bundeseinheitlichen Konzeption und die damit verbundene Lösung vielfacher und teilweise sehr komplizierter Fragen, auf die ich nicht im einzelnen eingehen will. Das Stigma des Datenschutzes kennzeichnet eigentlich mit nur wenigen, überwiegend organisationsrechtlichen Ausnahmen fast jede der im Entwurf enthaltenen Bestimmungen.Für die FDP-Fraktion möchte ich betonen: Das Grundkonzept des Entwurfs ist gelungen, und die Ausgestaltung der eigentlichen Regelungstatbestände läßt erwarten, daß der Datenschutz in der Bundesrepublik Deutschland einen weiteren Schritt nach vorn gebracht wird.Ich bedaure, daß der Bundesrat durch eine sehr große Anzahl von Beanstandungen — die Zahl wurde genannt — der weiteren zügigen Behandlung des Gesetzentwurfs vielleicht nicht ganz dienlich gewesen ist. Allerdings nehme ich, wie ich ganz ausdrücklich betonen möchte, die rechtlichen und auch die verfassungsrechtlichen Bedenken, die in der Stellungnahme des Bundesrats mit eine Rolle spielen, durchaus ernst. Wir, die Fraktion der Freien Demokraten, sind durchaus bereit, auch in diesem Punkte sehr gründlich über die Fragen zu sprechen.
— Ja. Aber ich glaube, das sollte man einmal sagen. Entschuldigen Sie bitte!Ich will einzelne Bedenken des Bundesrats hier nicht aufgreifen. Ich will nur sagen, das ich dem Bundesrat in einem Punkt sogar zustimmen würde, den auch Herr Kollege Laufs angesprochen hat. Es handelt sich um § 21. Da bin ich beispielsweise nicht sehr glücklich über eine Formulierung in der Regie-. rungsfassung, nach der die erweiterte Melderegisterauskunftspflicht an das Vorliegen eines rechtlichen Interesses geknüpft wird. Ich will die Interessenlagen hier im einzelnen nicht aufzeigen. Ich könnte mir aber vorstellen, daß mit den Vorschlägen des Bundesrates zum berechtigten Interesse den Anliegen der Betroffenen auch im Rahmen des Datenschutzgesetzes durchaus entsprochen werden kann.
Meine Damen und Herren, ich habe versprochen, mich kurz zu fassen. Ich verkneife mir deswegen eine Reihe von Bemerkungen zu anderen Einzelpunkten. Aber ich möchte zum Schluß noch etwas ganz Allgemeines sagen, wovon schon die Rede war. Es hat hier schon ein Entwurf eines Melderechtsgesetzes vorgelegen. Ein anderer war in der Diskussion; er kam nicht sehr weit. Beide Entwürfe waren, wie wir heute wissen, nicht sehr gut. Die Frage des Personenkennzeichens will ich hier nur als Stichwort einführen. Aber, meine Damen und Herren, eine Regelung dieser Materie ist dringend notwendig. Und hier liegt uns ein Entwurf vor, der zweierlei enthält, nämlich erstens eine zu begrüßende Eingrenzung der Aufgabenstellung, die für die Funktion der Meldebehörden und der Verwaltung unerläßlich ist, und zweitens — ich wiederhole es — Datenschutzregelungen, die einen entscheidenden Fortschritt auf dem Wege zu einem Ausbau des bereichsspezifischen Datenschutzes bedeuten.Es ist im ganzen gesehen, wie ich meinen möchte, ein bürgerfreundliches Gesetz. Wir sollten ihm deswegen in den wenigen Wochen der Beratung, die in dieser Legislaturperiode noch verbleiben, eine Chance geben. Ich hatte eigentlich einen Aufruf — so hätte ich beinahe gesagt — zu einer zügigen Behandlung an die Opposition richten wollen. Da Sie, Herr Laufs, das bereits selbst getan haben, ist das nicht mehr erforderlich. Wir sind uns also im Grunde alle darin einig, daß wir zügig beraten und noch ein gutes Melderechtsrahmengesetz auf den
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. April 1980 17141
Dr. WendigWeg bringen wollen. Dazu sind wir, die Fraktion der Freien Demokraten, bereit.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Der Ältestenrat schlägt Überweisung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung auf Drucksache 8/3825 zur federführenden Beratung an den Innenausschuß, zur Mitberatung an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit sowie zur Beratung gemäß § 96 unserer Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß vor. Ist das Haus damit einverstanden? — Kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, 16 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.