Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:Empfehlungen und Entschließungen auf der Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 20. bis 22. November 1973 in Paris- Drucksache 7/1461 —zuständig: Auswärtiger Ausschuß , Ausschuß für Wirtschaft, VerteidigungsausschußBericht des Auswärtigen Amts über den Stand der Verwirklichung der Vorschläge der Kommission für die Reform desAuswärtigen Dienstes in ihrem Bericht vom 17. März 1971— Drucksache 7'1551 —zuständig: Auswärtiger Ausschuß , Innenausschuß, HaushaltsausschußStellungnahme des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 1973 zu fünf Vorschlägen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über die Arbeiten bezüglich der Wirtschafts- und Währungsunion— Drucksache 7/1595zuständig: Ausschuß für Wirtschaft , Finanzausschuß, HaushaltsausschußBericht der Bundesregierung nach § 238 des Arbeitsförderungsgesetzes
— Drucksache 7/1623 —zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung , Ausschuß für WirtschaftSozialbericht 1973 der Bundesregierung — Drucksache 7/1167 —zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung , Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit, HaushaltsausschußBericht der Bundesregierung zur Naßverbesserung und zur schwefligen Säurehier: Gesetz über Wein, Dessertwein, Schaumwein, weinhaltige Getränke und Branntwein aus Wein
— Drucksache 7/1625 -zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit , Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenBericht des Neuner-Ausschusses der Nordatlantischen Versammlung— Drucksache 7/1636 —zuständig: Auswärtiger Ausschuß , VerteidigungsausschußAntrag des Bundesministers der Finanzen betr. Haushaltsführung 1973hier: Einwilligung in die Leistung von üpl. Ausgaben bei Kap. 14 15 Tit. 554 02 — Beschaffung von KampffahrzeugenKap. 14 18 Tit. 554 01 - Beschaffung von Schiffen Kap. 14 15 Tit, 554 04 - Beschaffung von Munition— Drucksache 7/1566 —zuständig: HaushaltsausschußAntrag des Bundesministers der Finanzen betr. Leistung von außerplanmäßigen Ausgaben im Haushaltsjahr 1973 bei Kap. 60 02 Tit. apl. 861 01 — Darlehen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau, Frankfurt, zur Förderung konjunkturpolitischer Maßnahmen der Bundesregierung- Drucksache 7/1634zuständig HaushaltsausschußAntrag des Bundesministers der Finanzen betr. Einwilligung in eine außerplanmäßige Haushaltsausgabe hei Kap. 08 06 Tit. apl. 08
- Drucksache 7'1635zuständig: HaushaltsausschußAntrag des Bundesministers der Finanzen betr. Bundeshaushalt 1973hier: Überplanmäßige Liquiditätszuwendungen an die Deutsche Bundesbahn — Kap. 12 02 Tit. 682 12 —— Drucksache 7/1658 —zuständig: HaushaltsausschußErhebt sich dagegen Widerspruch? Das istnicht der Fall. Dann ist es so beschlossen.Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen hat mit Schreiben vom 5. Februar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Walkhoff, Frau Däubler-Gmelin, Hansen, Schäfer , Dr. Slotta, Möllemann, Dr. Bangemann und Genossen betr. Lieferung von Waffen und militärisch verwendbaren Ausrüstungsgütern durch die Bundesregierung und Firmen der Bundesrepublik Deutschland an Portugal und deren Einsatz in den portugiesischen Kolonien Angola, Guinea-Bissao und Mocambique — Drucksache 7/1572 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/1660 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung hat mit Schreiben vom 7. Februar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Tübler, Dr. Wörner, Biehle, van Delden, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Thürk, Dr. Marx, Dr. Klepsch, Frau Dr. Neumeister und Genossen betr. Vorbeugende Gesundheitsfürsorge für U-Boot-Besatzungen und vergleichbare Spezial-Dienste — Drucksache 7/1585 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/1659 verteilt.Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 4. Februar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Büchner , Metzger, Dr. Müller-Emmert, Dr. Penner, Scheffler, Schinzel, Wende, Wrede, Dr. Schmitt-Vockenhausen, Liedtke, Schirmer, Mischnick, Schmidt (Kempten), Frau Schuchardt und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Sportförderung für ältere Bürger -- Drucksache 7/1416 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/1645 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vorn 29. Januar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Häfele, Höcherl, Leicht und der Fraktion der CDU/CSU betr. Verwendung des nicht zurückgezahlten Konjunkturzuschlages zur veranlagten Einkommensteuer, zur Körperschaftsteuer und zur Lohnsteuer — Drucksache 7/1537 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/1631 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 29. Januar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Leicht, Dr. Jenninger, Bremm, Dr. Goiter, Gerster , Josten,
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4978 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Vizepräsident von HasselDr. Klepsch, Susset, Dr. Mertes , Dr . Freiherr von Weizsäcker, Dr. Wagner (Trier), Dr. Kunz (Weiden), Frau WilL Feld, von Bockelberg, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Dr. Blüm und Genossen betr. Förderung der regionalen Weinwerbung — Drucksache 7/1532 beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7:1633 verteilt.Der Staatssekretär im Presse- und Informationsamt cler Bundesregierung hat mit Schreiben vom 28. Januar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stücklen, Dr. Althammel, Röhner, Dr. Zimmermann, Dr. Kunz , Frau Schleicher, Biehle, Dr. Jobst, Höcherl, Geisenhofer und Genossen betr. Haushaltsmittel für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in der 6. Legislaturperiode — Drucksache 7/1345 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 71628 verteilt.Der Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vorn 29. Januar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katzer, Müller , Dr. Blum, Dr. Kliesing, Ferrang, Gerster (Mainz), Link, Pfeffermarin und Genossen betr. gesundheitliche Schäden bei Beschäftigten im Bereich der Kunststoffherstellung - Drucksache 7/1545 -beantwortel. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/1627 verteilt.Der Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vorn 28. Januar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Höcherl, Dr. Häfele, Dr. Köhler , Leicht, Damm und der Fraktion der CDU/CSU betr. wirtschaftliche Auswirkungen der Ölkrise auf die Preise und die Steuerbelastung von Mineralölprodukten — Drucksache 7,1507 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/1624 verteilt.Der Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 8. Februar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller , Katzer, Dr. Blüm, Löher, Link, Vehar, Breidbach, Vogt, Franke (Osnabrück), Ziegler, Zink, Geisenhofer, Dr. Kunz (Weiden) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Arbeitslosigkeit und KurzarbeitDrucksache 7/1583 beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/1665 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 6. Februar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gallus, Dr. Schmidt , Saxowski, Lemp, Frau Dr. Riedel-Martiny, Ronneburger und Genossen betr. Tierschutz-Massentierhaltung — Drucksache 7/1533 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/1666 verteilt.Der Bundeskanzler hat am 31. Januar 1974 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1974 mit zehn Anlagen übersandt. Der Plan liegt im Archiv zur Einsicht aus.Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:Fragestunde- Drucksache 7/1661 —Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, daß wir auch in dieser Woche nur zwei Fragestunden — abweichend von unseren Richtlinien mit je 90 Minuten Dauer — durchführen. Dazu muß ich aber den Beschluß des Hauses haben. Erhebt sich dagegen Widerspruch? Das ist nicht der Fall. Dann haben wir so beschlossen.Ich rufe in der Fragestunde zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Ist es richtig, daß nicht ein Tropfen sowjetischen Öls in den beiden letzten Monaten in die Bundesrepublik Deutschland geflossen ist?
Zur Beantwortung, 'bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, es stimmt nicht, daß in den letzten zwei Monaten des Jahres 1973 kein Rohöl aus der UdSSR in die Bundesrepublik geliefert worden ist. Nach den nunmehr vorliegenden endgültigen Einfuhrziffern für das Jahr 1973 wurden in den Monaten November und Dezember 1973 jeweils zwischen 270 000 und 280 000 t Rohöl aus der UdSSR geliefert. Es sind dies die höchsten Monatsmengen, die im Verlauf des Jahres 1973 in die Bundesrepublik geflossen sind.
Ich sage das so deutlich, um die Behauptung zu entkräften, die UdSSR habe ihre Lieferungen ausgerechnet in den kritischen Monaten gekürzt. Das heißt allerdings nicht, Herr Kollege, daß nicht im Bereich des Gesamtjahres 1973 Schwierigkeiten aufgetreten wären.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Lenz.
Trifft es zu, Herr Staatssekretär, daß die vereinbarten Lieferungen um 16 % hinter den Planzahlen zurückgeblieben sind, und zwar in dem kritischen Zeitraum der letzten beiden Monate, die ich in meiner Frage angesprochen habe?
Nein, Herr Kollege, das trifft. eindeutig nicht zu. Ich habe darauf hingewiesen, daß gerade in den letzten beiden Monaten die höchsten Lieferungen erfolgt sind. Es trifft zu, daß nach den Angaben der importierenden Firma die Kontraktmengen des Jahres 1973 nicht. erreicht worden sind. Das hat auch unsere Rückfrage beim BAW in Hamburg ergeben. Allerdings, Herr Kollege, muß darauf hingewiesen werden, daß diese Kontrakte zwischen einem deutschen Importeur und der Sowjetunion abgeschlossen worden sind und daß wir uns nicht ganz leicht dabei tun, Einzelheiten dieser Lieferungen zu ermitteln.
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Lenz.
hat die Bundesregierung eine Vorstellung davon, wie der Vorsitzende der IG Bergbau und Energie dazu gekommen ist, im Januar die hier wörtlich zitierte Behauptung aufzustellen?
Herr Kollege, selbstverständlich ist die Tatsache, daß im Jahre 1973 Minderlieferungen gegenüber dem Jahreskontrakt zu verzeichnen waren, Anlaß, eine solche kritische Frage zu stellen. Wie Sie wissen, haben wir im gesamten Rohölbereich im Jahre 1973 Minderlieferungen erhalten. Es ist aber wichtig zu wissen, daß gerade in den entscheidenden kritischen Monaten die höchsten Lieferungen aus der UdSSR gekommen sind. Ich betone noch einmal, daß damit natürlich die weltweiten Lieferschwierigkeiten, die ja in immer stärkerem Maße auf Preisproblemen beruhen, nicht aus der Welt geschafft sind.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Schmidhuber.
Herr Staatssekretär, können Sie mitteilen, an welche Mineralölfirmen in den kritischen zwei Monaten diese Lieferungen gegangen sind, da der Hauptabnehmer in dieser Zeit offenbar nicht beliefert worden ist?
Herr Kollege, der Importeur ist die Firma Bomin. Es ist der Bundesregierung im wesentlichen nur durch Zusammenarbeit mit diesem Importeur und den belieferten Firmen möglich, sich über Einzelheiten der Lieferungen ein Bild zu verschaffen. Wir sind auf die Bereitschaft dieser Firmen zu Auskünften angewiesen, wenn wir hier Rede und Antwort. stehen sollen. Ich darf Sie vielleicht. auf Ihren Parteifreund Majonica verweisen, der als Generalbevollmächtigter der Firma Bomin sicher besser in der Lage ist, Ihnen Auskünfte zu geben, als mir das angesichts der Verzweigung dieser Beziehungen möglich ist.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Engelsberger.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Sowjets die Ölpreise bedeutend stärker angehoben haben als die arabischen Erdölförderlände r?
Es trifft zu, daß die Sowjetunion die Ölpreise ebenfalls angehoben hat. Der Bundesregierung stehen keine Zahlen über Einzelkontrakte zur Verfügung, die eine allgemeine Antwort auf eine so allgemeine Frage hinsichtlich der Preise ermöglichen würden.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Leicht.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es möglich wäre, auf Grund der Aussagen in einer Magazinsendung vom Montagabend mittlerweile festzustellen, warum diese Firma, die Herr Schmidhuber meinte, die Öllieferengen nicht bekam?
Herr Kollege, wir haben uns intensiv um diese Auskünfte bemüht. Der Inhaber der Firma, die als Importeur tätig ist, ist für uns nicht erreichbar gewesen. Es ist in dieser Firma niemand bereit gewesen, die erforderlichen Auskünfte zu geben.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Seiters.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nach den Erfahrungen der letzten Monate nicht. der Meinung, daß sie sich endlich ein zuverlässigeres Informationssystem über die Lieferung von Erdöl zulegen sollte?
Herr Kollege, ich wäre sehr dankbar, wenn Sie eine solche Frage mit entsprechenden realistischen Vorschlägen verbinden würden. Es ist doch für jeden hier im Hause ersichtlich, daß wir außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik keine Einwirkungsmöglichkeiten haben, daß uns die Rechtsgrundlagen für die Erzwingung von Auskünften über die Preisgestaltung im Ausland nicht zur Verfügung stehen und daß auch gewichtige Gründe gegen die Möglichkeit sprechen, solche Rechtsgrundlagen zu schaffen.
Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Tst der Bundesrepublik bekannt, ob Absprachen zwischen Immobilienmaklern bestehen, wonach diese nur für Umkreis von 60 kin ihres Wohnorts tätig werden, und hält die Bundesregierung diese Absprachen mit dem Kartellgesetz für vereinbar, und was gadenkt sie gegebenenfalls zu unternehmen?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Der Bundesregierung ist nichts davon bekannt. Weder dem Bundeskartellamt noch der Landeskartellbehörde in Düsseldorf liegen Hinweise dieser Art vor, Herr Kollege. Ich rege deshalb an, eventuell vorhandenes Material über Absprachen zwischen Immobilienmaklern, wonach diese nur im Umkreis von 60 km um ihren Wohnort tätig werden, dem Bundeskartellamt zuzuleiten, da es sich bei solchen Gebietsabsprachen um einen Verstoß gegen § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen handeln würde.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Hirsch.
Herr Staatssekretär, ich nehme an, daß dementsprechend auch über abgestimmte Verhaltensweisen nichts bekannt ist.
G
So ist es.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Fragen 3 und 4 des Abgeordneten Dr. Becher auf:
In welchem Ausmaß und unter welchen Voraussetzungen soll
die Bundesrepublik Deutschland nach den Plänen und bisherigen
Verhandlungen der Bundesregierung Strom aus Energieanlagen
der Sowjetunion beziehen?
Berücksichtigt die Bundesregierung die Gefahr einer vermehrten Abhängigkeit von ausländischen Energiequellen, die dann eintritt, wenn neben den Lieferungen von Öl auch solche von Erdgas und Strom zum Gegenstand wirtschaftlicher oder politischer Erpressung gemacht werden können?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Die Verhandlungen der Sowjetunion über Stromlieferungen in die Bundesrepublik mit Vertretern der Bundesregierung und, soweit essich um die technische und wirtschaftliche Realisierung dieser Vorhaben handelt, mit den Vertretern der deutschen Wirtschaft befinden sich in einem solchen Stadium, daß man über Umfang und Bedingungen für diese Stromgeschäfte heute noch keine konkreten Aussagen machen kann. Dazu gehören auch die Angaben über die Anzahl der durch deutsche Firmen im Osten zu installierenden Kernkraftwerke.
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4980 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Parl. Staatssekretär GrünerIn den bisherigen Verhandlungen hat die Sowjetunion Stromlieferungen aus Kernkraftwerken angeboten, welche ihr die deutsche Industrie schlüsselfertig liefern soll. Die sowjetische Seite beabsichtigt, gewisse Teile des konventionellen Bereichs für diese Kraftwerke selbst bereitzustellen. In der Bundesrepublik sind es drei Stromversorgungsunternehmen, welche die Bezugsbedingungen mit der Sowjetunion aushandeln. Für das Zustandekommen dieses Stromgeschäfts wird von Bedeutung sein, daß die Lieferbedingungen so sind, daß der Strain aus der UdSSR mit dem in eigenen Kraftwerken erzeugten konkurrieren kann. Mit der zu bauenden Leitung wird sicher auch Berlin in diesen Stromverbund einbezogen werden. Auch in der Zukunft wird die Bundesrepublik von ausländischen Energiequellen abhängen. Wenn die derzeit laufenden Verhandlungen mit der Sowjetunion zu einem Vertragsabschluß führen werden, so kann frühestens Anfang der 80er Jahre mit einem Strombezug von dort gerechnet werden.Die Strommengen, über die heute verhandelt wird, bewegen sich jedoch in einer Größenordnung, die unter 3 "/o unseres Gesamtstrombedarfs liegt, so daß selbst bei Ausfall dieser Lieferungen von einer Gefährdung unserer Stromversorgung nicht gesprochen werden kann. Auch ein Ausfall der Lieferungen von Rohöl und Mineralölprodukten aus der Sowjetunion kann die Sicherheit der Energieversorgung der Bundesrepublik insgesamt nicht ernstlich berühren. Auf dem Erdgassektor sind allerdings bei Lieferausfällen regionale Versorgungsprobleme nicht auszuschließen. Ihnen muß durch geeignete Maßnahmen entgegengewirkt werden.Insgesamt würden nach den bisher vorliegenden Daten 1980 nur etwa 5 bis 6 % unseres gesamten Energiebedarfs aus der Sowjetunion kommen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Becher.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die offenbar in Ostpreußen zu errichtenden Atomkraftwerke — wie Presseberichte mitteilten — mit der nach der Bundesrepublik zu bauenden Leitung einen Gesamtaufwand von etwa 5 Milliarden DM erfordern würden? Mit welchen Mitteln und zu welchen Bedingungen würde sich die Bundesregierung an der Finanzierung dieses Unternehmens beteiligen?
Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß die Verhandlungen im Gange sind, daß die Sowjetunion an der Lieferung dieser Kernkraftwerke interessiert ist und daß es die Vorstellung der Sowjetunion ist, die Bezahlung dieser Kernkraftwerke über Stromlieferungen abzuwickeln, daß aber Voraussetzung für das Zustandekommen eines solchen Geschäfts ein entsprechend interessanter Preis für diese Stromlieferungen ist.
Es ist deshalb in der gegenwärtigen Phase nicht möglich, Näheres zu dieser Frage zu sagen, weil diese entscheidenden Punkte noch verhandelt werden und damit offen sind.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Becher.
Welche Überlegung veranlaßt die Bundesregierung, generell Atomkraftwerke im sowjetischen Machtbereich zu fördern, statt für Stromkraftwerke Sorge zu tragen, die standortnah, d. h. am Standort des Stromverbrauchers, errichtet werden?
Die Bundesregierung ist an den engen wirtschaftlichen Beziehungen mit der Sowjetunion interessiert, und unsere Wirtschaft ist daran interessiert, Atomkraftwerke zu exportieren. Das bedeutet selbstverständlich nicht, daß wir nicht im eigenen Bereich die notwendigen Kraftwerke bauen. Unsere Zielvorstellung in dieser Beziehung kennen Sie ja aus dem Energieprogramm der Bundesregierung.
Eine dritte Zusatzfrage cies Herrn Abgeordneten Dr. Becher.
Glaubt die Bundesregierung, vernünftig zu handeln, wenn sie — nach Ihren Aussagen sollen am Ende nur etwa 5 % unserer Stromlieferungen aus dem sowjetischen Machtbereich kommen — nach den Erfahrungen, die wir jetzt mit der Ölversorgung gemacht haben, Milliarden in Atomkraftwerke und in andere Werke investiert, obwohl die Gegenleistungen dafür dereinst mit einem einzigen politisch oder strategisch motivierten Schalterdruck annulliert werden können?
Es handelt sich hier nicht um Investitionen der Bundesregierung — ich muß das betonen —, sondern um normale Lieferungsgeschäfte. Außerdem ist die Abhängigkeit, die für 1980 nach den derzeitigen Verhandlungsumrissen projiziert wird, für die gesamte Energieversorgung — also unter Einschluß von Erdgas - als zwischen 5 und 6 % liegend prognostiziert.
Wir haben im Rahmen unserer Energiepolitik ein großes Interesse daran, eine möglichst große Diversifizierung in unserer Energieversorgung zu erreichen, um die fälligen Risiken, die ja nicht etwa auf die Sowjetunion beschränkt sind, auszugleichen. Ich betone in diesem Zusammenhang noch einmal, daß gerade im Augenblick der aktuellen Krise, die durch die arabischen Erdölförderländer ausgelöst worden ist, die Lieferverpflichtungen der Sowjetunion im Bereich von Erdöl und Erdgas im großen und ganzen eingehalten worden sind.
Eine vierte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Becher.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4981
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung nicht trotz dieser sogenannten Netzwerktheorie die Frage, die heute allgemein gestellt wird, für berechtigt, ob es nicht an die Grenze der äußersten Illusion führt, wenn das persische Öl mit einer Pipeline sozusagen unter den Pan; ern hinweg geführt werden soll, die jetzt in einem gigantischen Aufmarsch in der DDR und im ganzen sowjetischen Machtbereich bereitstehen, in einer Pipeline, die außerdem noch 10 Milliarden DM kosten soll?
Die Bundesregierung ist der Meinung, daß sie gut daran tut, die Energieversorgung in der Bundesrepublik zu diversifizieren und alle Möglichkeiten zum Energiebezug auszunutzen. Sie hat dabei selbstverständlich im Auge, daß eine Abhängigkeit, die für unsere Gesamtversorgung unzuträglich wäre, nicht eintreten darf. Ich glaube aber, daß durch die genannte Zahl von 5 his 6 % für das Jahr 1980 für unsere gesamte Energieversorgung auch sehr deutlich wird, daß wir diesen Aspekt bei cien derzeitigen Verbandlungen durchaus berücksichtigen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidhuber.
Herr Staatssekretär, teilen Sie die auf der Hauptversammlung der RWE geäußerte Ansicht des RWE-Vorstandsmitglieds Professor Dr. Mandel, diese Stromlieferungsvereinbarungen mit der Sowjetunion seien aus wirtschaftlichen Gründen allein nicht zu rechtfertigen?
Das hängt ganz entscheidend von der Preisgestaltung dieser Stromlieferungen ab. Gerade diese Frage ist in den Verhandlungen noch nicht endgültig geklärt worden.
Eine Zusatzfrage cies Herrn Abgeordneten Engelsberger.
Herr- Staatssekretär, trifft es zu, daß die Bundesregierung die wesentlichen Teile dieser Atomkraftwerke finanzieren soll und daß dann die Sowjetunion mit dem gelieferten Strom dieses Geschäft auf Abzahlungsbasis erledigen will, und trifft es weiter zu, daß die Bundesregierung die Transitleitung für den Transport der elektrischen Energie von mehr als tausend Kilometern auch finanzieren und das technische Knowhow dazu liefern soll?
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4982 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4983
Herr Kollege, es ist ganz klar, daß wir die Entscheidung über die Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung, die unter dem Gesichtspunkt des Energiesicherungsgesetzes eingeführt worden ist, ausschließlich davon abhängig machen können, wie sich die Versorgungslage entwickelt. Ich habe dabei auf den 18. Februar als einen Termin hingewiesen, an dem die Bundesregierung über die künftige Versorgungslage klarer zu sehen hofft, als das im Augenblick möglich ist.
Die andere Frage, die Frage der Geschwindigkeitsbegrenzung unter verkehrspolitischen Gesichtspunkten, wird vom Kabinett selbstverständlich zu erörtern sein, wenn entsprechende Vorschläge gemacht werden. Sie hat überhaupt nichts mit der Geschwindigkeitsbegrenzung zu tun, die wir wegen der Energieknappheit haben einführen müssen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hoffie.
Herr Staatssekretär, können Sie Berichte dementieren, nach denen in Ihrem Hause möglicherweise die Absicht besteht, die Geschwindigkeitsbegrenzung so lange aufrechtzuerhalten, bis im Bundesverkehrsministerium eine entsprechende Anschlußlösung gefunden ist?
Diese Zusatzfrage ist bei dieser Frage nicht zulässig. Sie können diese Zusatzfrage erst stellen, wenn die nächste Frage beantwortet worden ist. Sie können sich also nach Beantwortung der nächsten Frage wieder melden.
Ich rufe die Frage 9 des Abgeordneten Ollesch auf:
Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, hieraus die Konsequenzen zu ziehen und eine vorzeitige Aufhebung der Tempobeschränkungen anzuordnen?
Sollte sich herausstellen, Herr Kollege, daß die reibungslose Versorgung mit Benzin auch ohne Geschwindigkeitsbeschränkungen gesichert ist, so wird die Bundesregierung die auf der Grundlage des Energiesicherungsgesetzes verordneten Beschränkungen unverzüglich aufheben. Hierzu ist sie nach dem Gesetz verpflichtet.
Danke schön! Diese Antwort wollte ich gern hören.
Jetzt zu der Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hoffie.
Herr Kollege, ich glaube, daß Ihre Zusatzfrage mit der Beantwortung der Frage des Kollegen Ollesch beantwortet ist. Wir sind nach dem Energiesicherungsgesetz verpflichtet, die Geschwindigkeitsbeschränkung sofort aufzuheben, wenn das von der Versorgungslage her möglich ist.
Ich rufe die Frage 10 des Abgeordneten Lenders auf:
Kann die Bundesregierung Pressemeldungen bestätigen , nach denen Hersteller von Markenartikeln durch Boykottdrohungen und Boykotts gegenüber Händlern, die Markenprodukte nach Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand billiger als empfohlen verkaufen, versuchen, niedrigere Preise zu verhindern?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär, bitte!
Es trifft zu, daß das Bundeskartellamt gegen eine Reihe von Markenwarenherstellern Bußgeld- und Mißbrauchsverfahren eingeleitet hat. In diesen Fällen besteht der Verdacht, daß die betroffenen Hersteller versucht haben, durch Liefersperren oder deren Androhung die Einhaltung der von ihnen empfohlenen Preise durchzusetzen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Lenders.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie der Ansicht zu, daß die hier geschilderten Praktiken in jedem Fall mit dem gegenwärtig geltenden Kartellgesetz nicht zu vereinbaren sind?
Es ist richtig, daß solche Praktiken, die im Augenblick untersucht werden — ein abschließendes Ergebnis liegt nicht vor —, mit dem Kartellgesetz nicht zu vereinbaren sind.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, sind Sie auch der Ansicht, daß sich hier Unternehmer gegen die Marktwirtschaft versündigen?
Ja, ich bin dieser Meinung, Herr Kollege. Allerdings war — lassen Sie mich das hinzufügen — selbstverständlich damit zu rechnen, daß in diesem Bereich der Versuch gemacht werden würde, bisherige Vertriebsmethoden auf Umwegen aufrechtzuerhalten. Wir veurteilen mit Nachdruck solche Versuche, weil wir der Meinung sind, daß sie als ein Verstoß gegen das Kartellgesetz im Grunde genommen die Marktwirtschaft entschieden treffen.
Ich rufe die Frage .11 des Abgeordneten Lenders auf:
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4984 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Vizepräsident von HasselWieviel solcher Fälle sind der Bundesregierung gegebenenfalls bekannt, und welche Maßnahmen hat sie ergriffen oder wird sie ergreifen, um solche Geschäftspraktiken abzustellen?Bitte, zur Beantwortung!
Das Bundeskartellamt hat bis jetzt gegen acht preisempfehlende Unternehmen verschiedener Branchen Bußgeld- und Mißbrauchsverfahren eingeleitet. Darüber hinaus ermittelt es in zwei Fällen, in denen nichtpreisempfehlende Hersteller eine Liefersperre verhängt haben sollen, um die Unterschreitung ihrer früher gebundenen Preise zu verhindern.
Schließlich geht das Bundeskartellamt Beschwerden nach, denen zufolge Markenwarenhersteller mit Hilfe bestimmter Vertriebsregelungen versucht haben sollen, das Preisbindungsverbot zu umgehen. Einzelheiten zu allen diesen Fällen wird das Bundeskartellamt bekanntgeben, sobald die Verfahren abgeschlossen sind.
Eine Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Lenders.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht angesichts dieser sich abzeichnenden Praktiken zur Umgehung des Kartellgesetzes und zur Aufrechterhaltung der bisherigen Vertriebswege, wie Sie sagen, angebracht, die Öffentlichkeit stärker darauf aufmerksam zu machen, daß wir ein neues Kartellgesetz haben und solche Praktiken eben gegen dieses Kartellgesetz verstoßen und daß die mit diesen Boykottmaßnahmen Überzogenen die Möglichkeit haben, die Kartellbehörden anzurufen?
Wir haben das, Herr Kollege, im Rahmen der uns möglichen Öffentlichkeitsarbeit mit sehr großem Nachdruck getan. Gerade die Diskussion etwa über die Aufhebung der Preisbindung und auch die öffentliche Information über die Tatsache, daß die Preisbindung gefallen ist, haben in der Öffentlichkeit einen sehr, sehr großen Widerhall gehabt. Ich bin sicher, daß die Ergebnisse der Untersuchungen des Bundeskartellamtes, wenn sie vorliegen, erneut Anlaß geben werden, in der Öffentlichkeit über diese Fragen mit großem Nachdruck zu reden.
Ich rufe die Frage Nr. 12 des Abgeordneten von Alten-Nordheim auf:
Kennt die Bundesregierung die besonderen Schwierigkeiten der Lederwarenindustrie und die sich daraus ergebenden Auswirkungen, und worin sieht sie die Hauptursachen für diese Entwicklung?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Die deutsche Lederwarenindustrie sieht sich seit Jahren in zunehmendem Maße durch hohe Importe bedrängt. Sie stammen zu rund 65 % aus der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere aus Italien, und diese sind nach geltendem
EG-Recht nicht beschränkbar. Der Anteil der Importe aus dem Fernen Osten lag 1973 bei 20 %. Es handelt sich jedoch hierbei überwiegend um billige Massenartikel, die mit inländischen Erzeugnissen nur vereinzelt konkurrieren. Der Importanteil der Staatsliandelsländer schließlich beträgt lediglich 4 % der Lederwareneinfuhr.
Entscheidend dürfte sein, daß der Inlandsverbrauch seit 1972 stagniert bzw. rückläufig ist. Die Anpassung an diese Lage vollzieht sich nicht ohne Friktionen. Wünschenswerte betriebswirtschaftliche Maßnahmen wie etwa Rationalisierungen, Umstellungen oder Kooperationen werden nur zögernd in Angriff genommen. Dabei spielt die vergleichsweise oft unzureichende Kapitalausstattung der Vielzahl der kleinen und mittleren Betriebe in der Branche eine wichtige Rolle.
Eine Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete von Alten-Nordheim.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, in Ihre Ausführungen auch die Situation der Lederindustrie einzubeziehen? Durch ein redaktionelles Versehen ist in der Frage nur die Lederwarenindustrie genannt worden.
Herr Kollege, im Grundsatz trifft diese Aussage auch auf die Lederindustrie zu. Ich bin allerdings jetzt nicht in der Lage, differenzierende Bemerkungen zu diesem Bereich zu machen, weil ich darauf nicht vorbereitet bin.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr von Alten-Nordheim.
Sehen Sie eine Ursache für die Situation, die Sie schilderten, insbesondere auch darin, daß durch die Währungsdisparitäten eine Wettbewerbsverzerrung und -verschiebung eingetreten ist, denen sich insbesondere hier unsere Industrie ausgesetzt sieht?
Grüner, Parl. Staatssekretär 'beim Bundesminister für Wirtschaft: Ganz sicher spielen diese Fragen dabei auch eine Rolle. Ich habe auf die starken Einfuhren aus den EG-Staaten, insbesondere aus Italien, hingewiesen. Die Abwertung der italienischen Lira hat natürlich hier einen zusätzlichen Effekt.
Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten von Alten-Nordheim auf:
Besteht bei der Bundesregierung die Absicht, hier zu helfen, und welche Maßnahmen gedenkt sie gegebenenfalls zu ergreifen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär, zur Beantwortung.
Die Bundesregierung bietet zur Erleichterung des Anpassungsprozesses eine Reihe von Hilfen an. Neben den bekannten Programmen aus dem ERP-Sondervermögen, — insbesondere Ra-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4985
Parl. Staatssekretär Grünertionalisierungskredite und Investitionszulagen, -wurden mit Kabinettsbeschluß vom 19. Dezember 1973 weitere Möglichkeiten eröffnet, die auch der deutschen Lederwarenindustrie zur Verfügung stehen. Die teilweisen Erleichterungen in der Stabilitätspolitik sind nicht zuletzt mit Rücksicht auf die besondere Lage bestimmter Konsumgüterbereiche verfügt worden.Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau wurde unter anderem für die Lederwirtschaft ein Sonderprogramm mit zinsgünstigen Krediten zur Konsolidierung von in den Jahren 1972 und 1973 vorgenommenen Investitionen sowie zur Finanzierung erhöhter Lagerbestände eröffnet. Dieses Programm ist ausschließlich Klein- und Mittelbetrieben vorbehalten.Schließlich hat die Bundesregierung der Lage der Lederwarenindustrie Rechnung getragen, indem sie von den in der Handelspolitik noch gegebenen Möglichkeiten Gebrauch gemacht und die Einfuhrkontingente gegenüber Staatshandelsländern 1974 in den bisherigen Grenzen gehalten hat.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten von Alten-Nordheim.
Herr Staatssekretär, sehen Sie noch eine Möglichkeit, den Zinssatz der ERP-Kredite, der zur Zeit bei 9 bis 10 °/o liegt und nach dem Dafürhalten der Lederindustrie und der Lederwarenindustrie sehr hoch ist, zu senken?
Grüner, Parl. Staatssekretär 'beim Bundesminister für Wirtschaft: Über das, was in dem Programm der Bundesregierung und in dem Kreditprogramm der KW vorgesehen ist, hinaus im Augenblick nicht. Es werden ja mit diesen Programmen kurzfristige Kredite mit einer sehr hohen Differenz zum tatsächlichen Marktzins zur Verfügung gestellt.
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten von Alten-Nordheim.
Sehen Sie eine Möglichkeit, der Lederwarenindustrie dadurch eine Entlastung zu bringen, daß die Rohwarenprodukte unter gewissen Umständen der Lederindustrie billiger angeboten werden könnten?
Ich kann den Zusammenhang dieser Frage im Augenblick nicht durchschauen. Ich sehe nicht, welche Möglichkeiten bestehen, die Rohwaren billiger anzubieten. Ich möchte betonen, daß wir über dieses Programm hinaus im Augenblick keine Möglichkeit sehen, zusätzliche Hilfen zu gewähren. Selbstverständlich wird aber auch die künftige Entwicklung des Kreditniveaus zum Beispiel eine allgemeine Zinssenkung vom Markte her, beim Zinsabstand, dieser Kreditprogramme berücksichtigt werden.
Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Ey auf:
Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus dem in ihrem Auftrag erstellten Gutachten über die Wettbewerbssituation in der Düngemittelindustrie der Bundesrepublik Deutschland?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Das Gutachten „Der Wettbewerb in der Düngemittelindustrie der Bundesrepublik Deutschland", das im Auftrag der Bundesregierung vom Forschungsinstitut für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz erstellt wurde, enthält eine Reihe von interessanten Vorschlägen. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob das Franko-Stationspreissystem bei stickstoffhaltigen Düngemitteln und das Frachtbasissystem bei Thomas-Phosphat aufgehoben werden sollten. In den letzten Wochen haben im interministeriellen Arbeitskreis für Preisgestaltung auf dem Düngemittelmarkt, für dessen Arbeiten unser Haus federführend ist, bereits Gespräche über das Gutachten stattgefunden. Für Anfang März sind zu einem weiteren Gespräch auch die Marktbeteiligten, Industrie, Handel und Bauernverband, eingeladen worden, um diesen Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ergebnissen des Gutachtens zu geben. Welche Folgerungen die Bundesregierung daraus zieht, läßt sich zur Zeit noch nicht sagen. In jedem Falle wird sorgfältig geprüft, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einer Verbesserung der preis- und wettbewerbspolitischen Situation auf dem Düngemittelmarkt beitragen können.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung auch aus dem Gutachten Hinweise dafür, daß kartellartige Abstimmungen in der Preisgestaltung für Düngemittel bestehen?
Ich bin nicht darüber informiert, Herr Kollege, ob dieses Gutachten Hinweise in dieser Richtung gibt.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung den Umfang der angekündigten Preiserhöhungen in der Düngemittelindustrie für gerechtfertigt?
Ich möchte, wie Sie verstehen werden, den Gesprächen, die wir mit den Marktbeteiligten führen, und der Auswertung dieses Gutachtens hier nicht vorgreifen.
Ich rufe die Frage 15 des Abgeordneten Ey auf:
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4986 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Vizepräsident von HasselWie beurteilt die ßundesregierung die, Lage der Textil- und Bekleidungsindustrie, und velche Schutz- und Forderugsmaßnahmen sind geplant bzw. eingeleitet?Zur Beantwortung der herr Staatssekretär, bitte!
Eine ausführliche Darstellung der Lage in der Textil- und Bekleidungsindustrie ist in dem Schreiben vom 20. Dezember 1973 enthalten, das Herr Bundesminister Dr. Friderichs allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages zugesandt hat. In dem genannten Schreiben sind auch die Maßnahmen der Bundesregierung zur Entlastung der Textil- und Bekleidungsindustrie aufgeführt. Seither ist keine wesentliche Veränderung der Situation eingetreten. Auftragseingang und Produktion waren weiter rückläufig. Der Rückgang im Auftragseingang in der Bekleidungsindustrie war allerdings weniger ausgeprägt als in den Vormonaten. Hier ist die Zahl der Kurzarbeiter im Januar erheblich geringer gewesen als im Dezember. Es war ein Rückgang von 57 000 auf 36 700. Dagegen hat diese Zahl in der Textilindustrie zugenommen, nämlich von 17 000 auf 24 000. In beiden Branchen nimmt die Zahl der Entlassungen zu. Im Januar gab es insgesamt 33 100 Arbeitslose gegenüber 28 700 im Dezember.
Am 6. Februar 1974 wurde ein einmaliges Sonderprogramm für Gebiete beschlossen, die in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation besonderen strukturellen Schwierigkeiten und Beschäftigungsrisiken ausgesetzt sind. Für Infrastrukturinvestitionen, die der gewerblichen Wirtschaft in diesen Gebieten und damit auch der Textil- und Bekleidungsindustrie schnell und wirksam zugute kommen, stehen insgesamt 600 Millionen DM bereit. Eine nachhaltige Verbesserung der Situation der Textil- und Bekleidungsindustrie ist erst zu erwarten, wenn die Verbraucher ihre Zurückhaltung bei Bekleidungskäufen wieder aufgeben und der Handel sein Dispositionsverhalten ändert.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß im Zuge der Rationalisierungsmaßnahmen die Textilbetriebe bereits seit längerer Zeit gezwungen waren, lohnintensive Fertigungen insbesondere in Ostblockländer zu verlegen?
Das ist der Bundesregierung bekannt.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Ey.
Ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß die Hochzinspolitik eine besondere Gefahr für die Textilindustrie ist?
Es sind eine Fülle von Faktoren, die dazu beigetragen haben, daß die Lage der Textil-
und Bekleidungsindustrie besonders schwierig wurde; der entscheidende ist das Verbraucherverhalten. Aber es ist gar keine Frage, daß im Zusammenhang damit die Hochzinspolitik die Lage der Textil- und Bekleidungsindustrie zusätzlich erheblich erschwert hat.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten van Delden.
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die sowieso schon ernste Lage durch die drastischen Zuteilungskürzungen seitens der Chemiefaserhersteller noch erschwert wird, und bietet es sich nicht an, daß die Bundesregierung, ähnlich wie es bei den Mineralölkonzernen geschehen ist, einmal auf irgendwelchen Wegen auf die Chemiefaserhersteller einwirkt?
Herr Kollege, auch diese Schwierigkeit ist uns bekannt. Insbesondere sind uns auch die Auswirkungen auf die Preise in diesem Bereich bekannt, die ja in engem Zusammenhang mit unseren Erdölschwierigkeiten stehen.
Wir sind in jedem Falle bereit, Hinweisen, die uns zugehen, nachzugehen, weil wir der Meinung sind, daß es entscheidend darauf ankommt, Versorgungsengpässe, aus welchem Grunde sie auch immer bestehen, möglichst zu beseitigen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Geiger.
Herr Staatssekretär, könnten Sie uns die Frage beantworten, ob die Hilfen, die die Bundesregierung der Textilindustrie anbietet, auch angenommen werden?
Nach den bisherigen Mitteilungen der Banken und insbesondere der Kreditanstalt für Wiederaufbau werden diese Hilfen in großem Umfange angenommen, wenn auch selbstverständlich manche Hilfeleistung daran scheitert, daß die Bedingungen, insbesondere auch im Bereich der Bürgschaften, nicht immer den Wünschen der Firmen entsprechen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer jetzigen Antwort entnehmen, daß auch die Kredithilfen in Anspruch genommen werden, die die Bundesregierung etwa für Neuinvestitionen gibt, daß also auch im Bereich der Textilindustrie neu investiert wird?
Ich kann Ihnen im einzelnen jetzt keine Auskunft darüber geben, für welche Art von Investitionen Nachfinanzierungen oder Neu-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4987
Parl. Staatssekretär Grünerfinanzierungen — diese Mittel in Anspruch genommen worden sind. Aber ich bin sicher, daß auch Neuinvestitionen darunter sind, Ich müßte allerdings erst eine Aufgliederung von der Kreditanstalt für Wiederaufbau erbitten.
Ich rufe ,die Frage 16 des Abgeordneten Immer auf:
Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, die in Rheinland-Pfalz vorhandenen Verbandsgemeinden als Gemeinden im Sinne des Investitionszulagengesetzes anzuerkennen, damit die Erweiterung von bestehenden industriell-gewerblichen Betrieben genauso gefördert werden kann wie in anderen Bundesländern, die sich zur Bildung von Großgemeinden entschlossen haben?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, die in Rheinland-Pfalz vorhandenen Verbandsgemeinden als Gemeinden im Sinne des Investitionszulagengesetzes anzuerkennen. Der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" hat am 29. Juni 1971 beschlossen, daß Reformen der Verwaltungsgebiete in den Ländern die räumliche Abgrenzung der Fördergebiete nicht ändern sollen. Deshalb nennt die zum Investitionszulagengesetz ergangene Fördergebietsverordnung vom 13. November 1972 die dort genannten Gebiete mit dem Gebietsstand vom 29. Juni 1971. Diese Regelung verhindert, daß Bundesländer durch die Bildung von Großgemeinden verbesserte Förderungsmöglichkeiten nach dem Investitionszulagengesetz erreichen können.
Nachdem der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe am 11. Februar diesen Jahres beschlössen hat, die Schwerpunktorte in ihrem Gebietsstand zum 1. Januar 1974 bzw. 1. März 1974 abzugrenzen, wird die Bundesregierung allerdings prüfen, ob im Hinblick hierauf auch die Fördergebietsverordnung entsprechend angepaßt werden muß.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Immer.
Herr Staatssekretär, kann — wenn wir davon ausgehen, daß in Kürze die neue Kommunalverfassung in Rheinland-Pfalz verabschiedet wird, die beinhaltet, daß die Planungshoheit und damit das Recht auf Ausweisung von Industriestandorten ausschließlich den Verbandsgemeinden zukommen — damit gerechnet werden, daß wegen dieser Standort- und auch Zuständigkeitsverschiebung eine Änderung erfolgt?
Ich halte das für möglich, da infolge der Neuregelung zum Gebietsstand, über die in der Planungsgemeinschaft Einigkeit erzielt worden ist, Anlaß besteht, auch die Fördergebietsverordnung zu überprüfen. Ich kann Ihnen hier keine Zusage machen. Aber ich bin der Meinung, daß wir diese Frage sehr nachdrücklich und ernstlich prüfen müssen.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Immer.
Herr Staatssekretär, können Sie mir darüber Auskunft geben, inwieweit es möglich wäre, die Erweiterung oder Neuerrichtung eines Betriebes auch dann zu fördern, wenn wie z. B. im Schwerpunktort Betzdorf an der Sieg kein Industriegelände mehr ausgewiesen werden kann?
Herr Kollege, ich kann Ihnen auf eine solche Spezialfrage hier leider keine Auskunft geben. Aber ich bin gern bereit, diese Frage mit Ihnen vielleicht anschließend oder auch schriftlich zu erörtern.
Ich rufe die Frage 17 der Abgeordneten Frau Dr. Riedel-Martiny auf:
Erwägt die Bundesregierung, die im Juli 1973 erlassene Preisauszeichnungsverordnung zum Schutz des Verbrauchers so auszuweiten, daß die Bedingungen von Ratenkreditgeschäften auch für wenig sachkundige Bankkunden durchschaubar werden?
Zur Beantwortung, bitte!
Die Bundesregierung hält eine solche Ausweitung der Verordnung über Preisangaben vom 10. Mai 1973 nicht für erforderlich. Sie ist vielmehr der Auffassung, daß die bestehende Regelung den Verbraucher hinreichend schützt. Nach § 1 Abs. 4 der Verordnung über Preisangaben haben die Anbieter von Krediten den unter Zugrundelegung der gesamten Laufzeit des Kredits, des ausgezahlten Betrages, der Tilgungsleistung, des Zinssatzes, der Vermittlungskosten und der sonstigen Kosten sich ergebenden Preis in Vomhundert des Kredits für das Jahr unter der Bezeichnung „effektiver Jahreszins" anzugeben. In die Berechnung des effektiven Jahreszinses gehen also sämtliche preisrelevanten Kreditbedingungen ein. Für den Verbraucher kommt es daher auf Einzelheiten dieser Bedingungen nicht mehr entscheidend an. Vielmehr kann und sollte er bei der Beurteilung der Preiswürdigkeit eines Ratenkredits auf den effektiven Jahreszins abstellen, durch den die Kredite der verschiedensten Anbieter trotz unterschiedlicher Ausgestaltung der Bedingungen voll vergleichbar werden.
Um die Preistransparenz für den Verbraucher zu erhöhen, ist nach der Verordnung über Preisangaben der effektive Jahreszins nicht nur bei jedem einzelnen Kreditangebot anzugeben. Die Anbieter von Krediten sind darüber hinaus gehalten, die effektiven Jahreszinsen für die gängigsten Kredite auch in Preisverzeichnisse aufzunehmen und diese im Schalterraum sowie im Schaufenster auszuhängen.
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Riedel-Martiny.
Nun hat das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in einem Brief erhebliche Mißstände aufgedeckt und veröf-
4988 Deutscher Bundestag -,7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Frau Dr. Riedel-Martiny
fentlicht. Kann die Bundesregierung bestätigen, daß es häufiger vorkommt, daß während der Laufzeit von Ratenkrediten die Bedingungen geändert werden, ohne daß der Kreditnehmer hier Einflußmöglichkeiten besitzt?
Mir ist der von Ihnen erwähnte Brief des Bundesaufsichtsamts nicht bekannt. Es ist bei einem Ratenkredit im allgemeinen nicht möglich, wenn der Vertrag das nicht vorsieht, die Bedingungen einseitig zu ändern. Das würde dem Vertrag widersprechen.
Eine zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Riedel-Martiny.
Kann die Bundesregierung denn Mißstände bestätigen, die die Verbraucherzentrale des Landes Baden-Württemberg im Dezember vergangenen Jahres offengelegt hat und die die Gestaltung von Überweisungen, die dafür benötigte Zeit und den möglichen Verlust an Habenzinsen und dergleichen betreffen?
Nein, das ist der Bundesregierung nicht möglich. Wir müßten diese Frage, die Sie hier anschneiden, noch prüfen. Ich bin im Rahmen der Fragestunde, da nicht darauf vorbereitet, nicht in der Lage, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Es
ist selbstverständlich bekannt, daß solche Beanstandungen erhoben werden, die vielfach auch mit technischen Problemen zusammenhängen sollen.
Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Dr. Slotta auf:
Kann die Bundesregierung unter Angabe, um welche Konzerne es sich handelt, die Meldung der „Frankfurter Rundschau" vom 6. Februar 1974 „Beweise für Ölpreisspaltung" bestätigen, nach der das Bundeskartellamt Beweise vorliegen hat, daß einige internationale Mineralölkonzerne sich an den Ölschwierigkeiten der Vergangenheit bereichert haben, und welche Konsequenzen wurden auf der Kabinettsitzung des gleichen Tags bei der Behandlung des Themas diskutiert?
Das Bundeskartellamt hat in den vergangenen Wochen Ermittlungen über die Preisspaltung für Mineralölprodukte am Rotterdamer Markt angestellt. Hierbei haben sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß unabhängige deutsche Importeure im November 1973 für Mineralölprodukte aus holländischen Raffinerien einiger internationaler Gesellschaften erheblich höhere Preise zahlen mußten, als sie den deutschen Töchtern dieser internationalen Gesellschaften in Rechnung gestellt wurden. Dieses Ermittlungsergebnis hat das Bundeskartellamt mit Schreiben vom 5. Februar 1974 der Generaldirektion für Wettbewerb der EG-Kommission mitgeteilt. Die weitere Aufklärung und gegebenenfalls die Verfolgung dieses Sachverhalts ist Sache der EG-Kommission, da die betroffenen Unternehmen ihren Sitz außerhalb des Bundesgebiets haben.
Hierüber hat Herr Minister Friderichs das Kabinett in der Sitzung am 6. Februar unterrichtet. Da
es sich um noch nicht abgeschlossene Ermittlungen handelt und das weitere Verfahren, insbesondere auch die Anhörung der betroffenen Gesellschaften, in der Hand der EG-Kommission liegt, ist es der Bundesregierung nicht möglich, die betroffenen Unternehmen namentlich zu bezeichnen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Slotta.
Herr Staatssekretär, ich darf noch einmal fragen: Ist es zutreffend, daß niederländische Tochtergesellschaften den freien deutschen Ölimportfirmen Preise berechnet haben, die zum Teil doppelt so hoch waren wie die Einstandspreise für die deutschen Tochtergesellschaften der internationalen Ölkonzerne? Ich möchte noch einmal fragen: Trifft dies insbesondere für Shell AG, BP und Chevron zu?
Herr Kollege, es ist richtig, daß sich dafür Anhaltspunkte ergeben haben. Ich bedaure, daß ich trotz Ihrer Zusatzfrage hier keine Namen nennen kann.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Slotta.
Herr Staatssekretär, warum hat Ihr Haus nicht bereits Mitte Dezember notwendige Schritte unternommen, nachdem Ihnen von Mitarbeitern Ihres Hauses Hinweise auf Preisspaltungen bei einigen Mineralölkonzernen gegeben worden waren?
Wir haben diese Schritte unverzüglich eingeleitet. Es war für jeden, auch am deutschen Markt, ganz offensichtlich, daß gespaltene Preise im Spiel waren, die nur aus Belieferungen zu unterschiedlichen Preisen entstehen konnten. Aber ich bitte um Verständnis dafür, daß die Ermittlungen des Bundeskartellamts ihre Zeit in Anspruch genommen haben. Trotz der Kompliziertheit der Zusammenhänge, die außerhalb unserer Grenzen entstehen, konnten bei den Ermittlungen, wie wir jetzt wissen, zwar gewichtige Anhaltspunkte durch das Bundeskartellamt gefunden werden. Die Beweise werden aber von der Generaldirektion der EG geführt werden müssen, und wir hoffen, daß das möglich ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Nölling.
Herr Staatssekretär, gibt es Anhaltspunkte dafür, daß die Praktiken, die Sie erwähnt haben und die in der Frage anklangen, auch im Dezember und Januar weiter betrieben worden sind?
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4989
Es ist jedenfalls so, daß die Preisgestaltung sich im Januar auf dem deutschen Markt nicht in der bisherigen Form fortgesetzt hat. Aber es wäre fahrlässig, auszuschließen, daß diese Praktiken nicht etwa fortgesetzt werden würden. Sie waren im übrigen in der Vergangenheit auch in umgekehrter Richtung üblich, nämlich zugunsten der Verbraucher hier in der Bundesrepublik: Damals sind die freien Tankstellen und die freien Mineralölhändler auf Grund des Drucks am Markt zu wesentlich günstigeren Bedingungen als etwa die Markenfirmen beliefert worden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, sind die von Ihnen genannten Anhaltspunkte mit ursächlich dafür, daß die Bundesregierung die ursprünglich geplante Beteiligung von Shell und BP an deutschiranischen Erdölinvestitionen mit zunehmender Skepsis betrachtet?
Herr Kollege, ich kann nicht sagen, daß die Bundesregierung sich in diesem Zusammenhang mit dieser Frage beschäftigt hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung auch den Eindruck, daß die großen multinationalen Konzerne weder ein Interesse an der Wirksamkeit von Marktgesetzen noch ein Interesse an sozialen Auswirkungen ihres Verhaltens, sondern ausschließlich ein Interesse an der Steigerung der Profite haben, so daß das, was wir hier ein bißchen falsch als soziale Marktwirtschaft bezeichnen, ausschließlich vom Staat gegen die Interessen der Firmen mühsam durchgesetzt werden muß?
Herr Kollege, die Bundesregierung ist sich immer dessen bewußt gewesen, daß in einer Marktwirtschaft ohne eine ausreichende Kartellgesetzgebung die Gefahr besteht, daß der Mißbrauch dieser marktwirtschaftlichen Freiheit zur Abschaffung der Marktwirtschaft führt. Das Problem, dem wir uns hier gegenübergestellt sehen, besteht darin, daß diese internationalen Konzerne keiner kartellrechtlichen Kontrolle unterliegen. Es wird eine Aufgabe der EG sein, an der wir intensiv arbeiten, und es wird eine Aufgabe der internationalen Zusammenarbeit über die EG hinaus sein, Mittel und Wege zu finden, den Markt sicherzustellen und den Mißbrauch der Marktmacht auszuschließen. Daß das ein schwieriger, ein langwieriger Weg ist, ist angesichts der Entwicklung voll verständlich. Der Mißbrauch der Marktmacht ist natürlich im Kern nur dadurch möglich geworden, daß die erdölfördernden Länder auf Grund ihrer Politik eine Verknappung eingeleitet haben. Dadurch wurde die Ausnutzung
der Marktmacht in einer für uns sehr nachteiligen Weise überhaupt erst möglich gemacht.
Eine Zusatzfrage, bitte schön!
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß der gespaltene Preis von den Handelsunternehmungen auch dazu benutzt worden ist, bei den inländischen Gesellschaften relativ günstig einzukaufen und diese Ware dann mit Importpreisen, also wesentlich höheren Preisen, zu verkaufen?
Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft. Das ist sicher nicht auszuschließen, obwohl uns im Einzelfall keine Informationen vorliegen, daß durch eine der wirklichen Kalkulation nicht entsprechende Begründung höhere Preise erzielt worden sind, als sie bei einer reellen Kalkulation erzielbar gewesen wären.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Wolfram.
Herr Staatssekretär, haben Sie einen Überblick über die unterschiedlich konzipierten Mengen-, Preis- und Verdrängungsstrategien der multinationalen Mineralölkonzerne, sind Sie bereit, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, und teilen Sie meine Auffassung, daß das Verhalten der internationalen Mineralölkonzerne den Rohölförderländern im Grunde genommen nur neue Argumente für weitere Preisforderungen liefert?
Herr Kollege, Sie haben hier einen außerordentlich komplexen Bereich angesprochen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf einen Gesichtspunkt aufmerksam machen. Wir haben uns ständig darum bemüht, und zwar schon vor der Energiekrise, daß sich die internationalen Gesellschaften und alle anderen, einschließlich der deutschen — ich möchte das mit großem Nachdruck sagen —, im Rahmen unserer marktwirtschaftlichen Ordnung halten. Gerade die Bestimmungen, die wir in das Kartellgesetz aufgenommen haben, um Liefersperren, um sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierungen der Belieferung zu verhindern, geben uns heute die Rechtsgrundlage, gegen die von Ihnen erwähnten Methoden vorzugehen.
Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Huonker.
Herr Staatssekretär, der Bericht des Bundeskartellamts ist bis zur Stunde nicht veröffentlicht worden. Ist einer der Gründe hierfür die Befürchtung der Bundesregierung, daß die Publizierung dieser Erkenntnisse, die die Glaubwürdigkeit der multinationalen Ölkonzerne erschüttern könnten, negative Auswirkungen auf die Mineralölversorgung der Bundesrepublik hätte, und teilen Sie in diesem Zusammenhang meine Meinung, daß sich die Ölkonzerne eine derartige Reaktion angesichts
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4990 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Huonkerder Bedeutung des deutschen Marktes im Rahmen einer langfristigen Absatzstrategie mehr als zweimal überlegen würden?
Meine verehrten Damen und Herren, bevor die Antwort kommt, möchte ich darum bitten, Zusatzfragen genauso wie die eigentliche Frage und die eigentliche Antwort kürzer zu fassen. Wir kommen sonst nicht durch. Ich darf Sie für die Zukunft darum bitten.
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, die Nichtveröffentlichung dieses Berichts ist eine Selbstverständlichkeit, denn es handelt sich dabei um die Übermittlung von Anhaltspunkten, von Verdachtsmomenten an das dafür zuständige Organ, die EG-Kommission. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, daß hier etwa Rücksicht auf die internationalen Unternehmen genommen werden sollte, deren Glaubwürdigkeit viel mehr durch die Äußerungen, die in Amerika zu diesem Thema fallen, erschüttert worden ist als etwa durch Vorgänge, die bei uns in der Bundesrepublik kritisiert werden. Ich glaube nur, daß wir insgesamt der Sache keinen guten Dienst erweisen, wenn sich unsere ganze Diskussion auf das Verhalten der Mineralölgesellschaften konzentriert und wenn man aus dem Auge verliert, was — sollten sich die amerikanischen Feststellungen bestätigen — die Mineralölgesellschaften eigentlich in die Lage versetzt hat, im Einzelfall in starkem Maße ihre Marktmacht auszunutzen; ich meine die künstliche, überraschende Verknappung von Erdöl auf Grund eines internationalen Kartells der erdölfördernden Länder. Diesen Zusammenhang müßte man eigentlich sehen, um das Bild nicht einseitig zu gestalten.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Brück.
Herr Staatssekretär, welche Möglichkeit zu Sanktionen hat die Generaldirektion für Wettbewerb der Gemeinschaft eigentlich zur Zeit?
Die Generaldirektion hat die Möglichkeit, mit entsprechend hohen Geldstrafen und auch mit Entflechtungsauflagen solchen Verstößen entgegenzutreten. Bitte, betrachten Sie diese Antwort nicht als vollständig. Ich bin im Detail auf diese Frage nicht vorbereitet.
Eine letzte Zusatzfrage, der Abgeordnete Stahl.
Herr Staatssekretär, sind von seiten Ihres Hauses gemeinsam mit dem Kartellamt Untersuchungen angestellt worden, welche zusätzlichen Gewinn die internationalen Mineralölgesellschaften in den Monaten Oktober, November und Dezember im Bereich der Bundesrepublik gemacht haben?
Diese Untersuchungen sind im Gange. Sie können sich selbstverständlich nur auf die deutschen Tochtergesellschaften internationaler Konzerne in der Bundesrepublik beziehen. Wir sind nicht in der Lage, Gewinne, die in Amerika oder in England entstanden sind, in diese Untersuchungen einzubeziehen.
Meine Damen und Herren, ich möchte aus gegebener Veranlassung auf folgendes hinweisen. Der Präsident kann Zusatzfragen von Kollegen zulassen, die nicht die Frage selbst gestellt haben. Er muß sich dabei im Rahmen der Gesamtabwicklung der Fragestunde halten. Ich habe hier zehn Fragen zugelassen. Ich glaube, daß damit das Thema beendet sein muß, weil wir sonst nicht weiterkommen. Ich bitte um Verständnis.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Schweitzer auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die im Rahmen ihres Sonderprogramms für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen jetzt bereitgestellten Mittel in Höhe von 300 bzw. 600 Millionen DM in einem schnell zu erzielenden Einvernehmen mit den Ländern vorrangig an Räume mit einer zur Zeit überdurchschnittlich hohen Arbeitslosenquote unabhängig von den nach wie vor auf Kreisebene berechneten Kriterien für die Vergabe von Förderungsmitteln nach Artikel 91 a des Grundgesetzes im Eilverfahren verteilen zu lassen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Die Bundesregierung will mit ihrem einmaligen Sonderprogramm für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen unverzüglich, gezielt und befristet in Gebieten und Orten helfen, in denen sich im Zusammenhang mit der konjunkturellen Beruhigung 1974 besondere strukturelle Schwierigkeiten und Beschäftigungsrisiken ergeben. Die beiden Teile des Programms — 300 Millionen DM Finanzierungshilfen für überwiegend wirtschaftsnahe Infrastrukturinvestitionen der Gemeinden, 300 Millionen DM zusätzliche Mittel für Bundesinvestitionen sollen also vor allem Gebieten und Orten rasch helfen, in denen eine hohe Arbeitslosen- bzw. Kurzarbeiterquote zu verzeichnen ist. Das Bewilligungsverfahren soll so unbürokratisch wie möglich gehandhabt werden. Darüber besteht auch bereits Einvernehmen mit den Ländern. Projekte können ab sofort über die jeweiligen Landesstellen beim Bundesminister für Wirtschaft eingereicht werden.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Schweitzer.
Herr Staatssekretär, darf ich also Ihrer Antwort entnehmen, daß das Bundeswirtschaftsministerium bereit ist, entsprechende Anträge jetzt auch aus ganz bestimmten Städten mit einer solchen überdurchschnittlichen Arbeitslosenquote entgegenzunehmen? Ich denke als Beispiel etwa an eine Stadt wie Mayen.
Das ist zutreffend. Ich ergänze nur noch einmal, daß das über das Land zu geschehen hat.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4991
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Schweitzer.
Darf ich in diesem Zusammenhang noch die Zusatzfrage stellen, ob generell damit zu rechnen ist, Herr Staatssekretär, daß die Kriterien für die Vergabe von Förderungsmitteln nach Art. 91 a GG derart geändert werden, daß in Zukunft auch spezielle Gebiete innerhalb eines Kreises gefördert werden können, deren Wirtschaftskraft insgesamt über dem bisher maßgebenden Kreisdurchschnitt liegt?
Herr Kollege, dieses Programm soll unter den eben geschilderten Kriterien eine flexible Handhabung des Einsatzes von Mitteln ermöglichen.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Waffenschmidt.
Herr Staatssekretär, könnten Sie uns hier angeben, wann die Bundesregierung eine Konzeption für den Einsatz der zweiten 300 Millionen DM vorlegen kann, die für Infrastrukturmaßnahmen des Bundes eingesetzt werden?
Ich kann hier keine zeitliche Voraussage machen, weil über dieses Programm zwischen den Ressorts Verhandlungen im Gange sind.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Josten.
Herr Staatssekretär, können Sie uns mitteilen, wie die in Presse und Rundfunk bekanntgewordenen Millionen für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen, wie Sie vorhin sagten, auf die einzelnen Länder aufgeteilt werden?
Es gibt keine exakte Aufteilung auf einzelne Länder, sondern es sind lediglich einzelnen Ländern Einplanungsbeträge mitgeteilt worden, die sich einmal nach den Gesichtspunkten der Strukturschwäche im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe und zum anderen nach der Kopfzahl der Bevölkerung in diesen Gebieten bemessen. Das ist aber nicht etwa eine feststehende Quote, sondern die Zuteilung dieser Mittel hängt letztlich davon ab, ob die Länder Projekte vorlegen können, die den Kriterien entsprechen.
Ich rufe die Frage 20 des Abgeordneten Wolfram auf:
wie beurteilt die Bundesregierung die Berichte in der Presse insbesondere ins Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" vein 4. Februar 1974, wonach 1973 und vor allem nach Ausbruch der Ölkrise eine Gewinnexplosion bei den Ölkonzernen stattgefunden hat?
Die Pressemeldungen der letzten Zeit über starke Gewinnsteigerungen bei internationalen Mineralölkonzernen beziehen sich auf die vorläufigen Ergebnisse von Unternehmen mit Sitz in den USA für das Jahr 1973. Insoweit liegen noch keine endgültigen Angaben vor.Jedoch ergibt sich aus den veröffentlichten Daten für die ersten drei Quartale des Jahres 1973, daß sich die Gewinnsituation der internationalen Ölgesellschaften 1973 weltweit gegenüber dem Vorjahr erheblich verbessert hat. So verzeichneten die fünf größten amerikanischen Ölgesellschaften in den ersten neun Monaten 1973 einen Gewinnzuwachs von durchschnittlich rund 48 % gegenüber 1972. Für das ganze Jahr 1973 haben, soweit bekannt, bisher nur drei große amerikanische Gesellschaften ihre Gewinnergebnisse bekanntgegeben. Hieraus ist ersichtlich, daß sich der große Gewinnzuwachs auch im vierten Quartal 1973 fortgesetzt hat. Für diese drei Gesellschaften bewegt sich der Gewinnanstieg für das ganze Jahr 1973 im Vergleich zu 1972 zwischen rund 59 und 84 %.Allerdings war die Gewinnentwicklung einiger internationaler Gesellschaften im Jahre 1972 rückläufig. Die Gründe und das genaue Ausmaß der Gewinnentwicklung lassen sich durch Ermittlungen von der Bundesrepublik aus nicht aufklären. Der amerikanische Senat sowie die Kartell- und Steuerbehörden der USA haben Untersuchungen eingeleitet. Das Ergebnis dieser Ermittlungen muß abgewartet werden.Die Bundesregierung geht davon aus, daß diese Frage auch in den jetzt lautenden Besprechungen — darauf legen wir sehr großen Wert, und wir haben unsere Vertreter bei dieser Konferenz um entsprechende Schritte gebeten eine entscheidende Rolle spielen wird.Eine ähnliche Gewinnentwicklung im Jahre 1973 ini Vergleich zu 1972 zeichnet sich auch für die am deutschen Markt tätigen Mineralölgesellschaften, die 1972 in die Verlustzone geraten waren, auf Grund der bisherigen Informationen ab. Erhebliche Gewinnsteigerungen ergeben sich eindeutig für die ersten drei Quartale des Jahres 1973. Für das vierte Quartal 1973 läßt sich hierüber noch kein endgültiges Urteil gewinnen.In den zur Verfügung gestellten Unterlagen haben die Raffineriegesellschaften für ihre Kostensituation jeweils Wiederbeschaffungspreise zugrunde gelegt. Die Auswertung der bisherigen Meldungen ergibt eindeutig, daß dadurch Verluste aufgezeigt sind, die nicht oder jedenfalls nicht in dieser Größenordnung entstanden sind. Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Mineralölgesellschaften daher gebeten, die bisherigen Meldungen rückwirkend für das ganze Jahr 1973 auf der Basis der realen Anschaffungswerte zu ergänzen.Sobald diese Unterlagen dem Ministerium und dem Bundeskartellamt zur Verfügung stehen, wird es sich besser beurteilen lassen, in welchem Verhältnis sich die Gewinne der inländischen Gesellschaften zu cien Kosten der Rohölbeschaffung gesteigert haben.
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4992 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram.
Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie die Aussagen der amerikanischen Mineralölkonzerne im Repräsentantenhaus und im Senat, daß ihre Gewinne nicht in den Vereinigten Staaten, sondern woanders gemacht worden sind? Sehen Sie eine Möglichkeit, diese Gewinne hier bei uns zu besteuern?
Diese Möglichkeit ist selbstverständlich gegeben, weil es uns möglich ist, Verrechnungspreise zu beanstanden. Der Nachweis, daß solche Verrechnungspreise tatsächlich zu einer Gewinnverlagerung führen, ist im Einzelfall außerordentlich schwierig. Die Finanzbehörden sind aber auf diese Frage speziell angesetzt. Es wird abzuwarten bleiben, welche Ergebnisse die USA-Untersuchung über die Gewinnentwicklung der amerikanischen Unternehmen zutage fördern wird. Auch hierüber gibt es außerordentlich widersprüchliche Aussagen.
Es liegt nahe, daß internationale Ölkonzerne in den USA zur Beruhigung der öffentlichen Meinung darauf hinweisen, sie hätten diese Gewinne nicht im Mutterland erzielt, sondern im Ausland.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, einerseits das gesetzliche Instrumentarium der Auskunftspflicht zu verbessern und andererseits Möglichkeiten neuer Art zu schaffen, um Gewinne zu begrenzen?
Wir sind auf Grund des Energiesicherungsgesetzes in der Lage, die notwendigen Auskünfte zu erhalten. Die eigentliche Problematik liegt, wie gesagt, darin, daß es sich hier um grenzüberschreitende Probleme handelt und daß letztlich nur eine internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, die sich natürlich entwickeln muß, zu Lösungen führen kann, die befriedigende Antworten auf Ihre Fragen ermöglichen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Conradi.
Herr Staatssekretär, teilen Sie angesichts der Gewinnentwicklung bei den Mineralölgesellschaften meine Auffassung, daß die Heizölbeihilfe, die wir den sozial Schwachen gewährt haben, zwar deren Lage verbessert hat, daß aber die Vermutung nahe liegt, daß wir mit dieser Heizölbeihilfe in diese Gewinne hineinfinanziert haben?
Herr Kollege, ich teile diese Auffassung nicht. Sie hätte nämlich zur Voraussetzung,
daß die Heizölbeihilfe dazu beigetragen hat, die Preise zusätzlich zu erhöhen. Das ist sicher nicht der Fall gewesen, denn in der Zwischenzeit hat sich eine Ermäßigung der Spitzenpreise beim Heizöl ergeben. Die Preise der internationalen Gesellschaften, die auf dem deutschen Markt im November und im Dezember des Vorjahres und noch im Januar eher niedriger lagen, haben sich zwar anschließend erhöht. Ich bin aber nicht der Meinung, daß unser Heizölkostenzuschuß einen zusätzlichen Preisauftrieb bewirkt hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, sich mit dem Artikel in der „Welt der Arbeit" vorn 8. Februar 1974 auseinanderzusetzen, in dem auf Grund der Angabe des Statistischen Bundesamtes, daß die Preise für Rohöl im Dezember 1973 nur um 73,5 °/o, die Preise für Mineralölprodukte dagegen um 218,8 °/o gestiegen sind und daß auf Grund dieses Unterschiedes im Jahre 1974 ein Sonderprofit der Erdölkonzerne in Höhe von 7 bis 8 Milliarden DM zu erwarten ist, wobei die Sonderprofite allein beim Heizöl, das Sie eben erwähnten, mit 7,179 Milliarden DM errechnet wurden, — —
Ich bitte, Zusatzfragen kurz zu fassen. Es ist ein ganzes Bündel von Zusatzfragen, die Sie stellen wollen. Da werden Sie mir sicher zustimmen. Bitte!
Ich wollte nur die Problematik verdeutlichen, Herr Präsident. — Ist die Bundesregierung bereit, sich mit den Angaben und Berechnungen dieses Artikels auseinanderzusetzen?
Ganz selbstverständlich, Herr Kollege. Es ist ja das Ziel unserer Bemühungen, hier tatsächlich eine Aufhellung der Tatbestände zu erreichen. Ich habe darauf hingewiesen, daß wir das für die im Inland tätigen Gesellschaften im Augenblick noch nicht abschließend tun können, aber es ist selbstverständlich, daß wir Sie darüber unterrichten werden.
Ich kann nur eines sagen: daß Zahlen, wie sie hier genannt werden, mit Sicherheit nicht auf exakten Untersuchungen beruhen können, denn sonst wären auch wir in der Lage, entsprechende Berechnungen vorzulegen. Da fehlt es einfach noch an den entsprechenden Ergebnissen. Aber wir werden auch diese Zahlenangaben in unsere Untersuchungen mit einbeziehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Nölling.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4993
Herr Staatssekretär, können Sie Angaben darüber machen, in welchem Maße welche Firmen durch entsprechende Preisgestaltung Gewinnverlagerungen ins Ausland vorgenommen haben und in welchem Maße durch die mögliche Manipulation von Preisnotierungen in Rotterdam tatsächlich weit über die Marktgegebenheiten hinaus Preise erzielt wurden?
Es ist im Augenblick mit Sicherheit nicht möglich, solche Angaben zu machen. Ich halte das erst für denkbar, wenn im Rahmen der Zusammenarbeit mit der EG-Kommission entsprechende Zahlen vorgelegt werden können. Aber eine Voraussage kann ich nicht machen. Wir jedenfalls sind an der Erarbeitung dieser Zahlen intensivst interessiert.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, wenn Sie schon die Meinung meines Kollegen Conradi nicht teilen, können Sie dann wenigstens meiner Auffassung zustimmen, daß das mit Sorgfalt undurchsichtig gemachte Verhalten der Mineralölkonzerne etwa im Falle einer Herabsetzung der Mineralölsteuer höchstens für höhere Beträge auf den Gewinnkonten dieser Konzerne, aber nicht für Geld in den Portemonnaies der Benzinkunden sorgen würde?
Herr Kollege, es ist durchaus zutreffend, daß in einem Markt, der durch eine künstliche Mengenverknappung zur Erhöhung der Preise gekennzeichnet ist — und zwar auf Grund der erklärten Politik der erdölfördernden Länder —, die Gefahr besteht, daß Senkungen, die vorgenommen werden, nicht dem Verbraucher zugute kommen, sondern in andere Kanäle fließen, wobei ich die Frage offenlassen will, wessen Preiserhöhungsspielräume sich in einer solchen Situation tatsächlich erhöhen.
Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Wolfram auf:
Ist die Bundesregierung bereit, eine Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskartellamt, der Kartellbehörde der Europäischen Gemeinschaften und dein Kartellamt der Vereinigten Staaten anzustreben mit dem Ziel, auf diesem Weg eine Möglichkeit zu erhalten, die Geschäftspraktiken und die Preispolitik der Mineralölkonzerne unter Kontrolle zu bekommen?
Bitte zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Die Bundesregierung hat wiederholt darauf hingewiesen, daß die wettbewerbliche Kontrolle multinationaler Unternehmen eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Kartellbehörden der Industriestaaten erfordert. Hierfür bieten vor allem die OECD und die Europäische Gemeinschaft gute Ansatzpunkte. Im Rahmen der
OECD ist gerade auf deutsche Initiative das bestehende Konsultations- und Informationssystem, das auch die Kartellbehörde der Vereinigten Staaten einschließt, in jüngster Zeit weiter verbessert worden. In der Europäischen Gemeinschaft stehen das Bundeskartellamt und die Generaldirektion für Wettbewerb in einer ständigen engen Zusammenarbeit.
In der aktuellen Situation auf dem Mineralölmarkt hat das Bundeskartellamt die Kommission eingehend über seine Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Preisverhalten von internationalen Mineralölgesellschaften auf dem Rotterdamer Markt informiert.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Wolfram.
Herr Staatssekretär, wie wollen Sie über diese Zusammenarbeit hinaus erreichen, daß die großen internationalen Unternehmen diese Marktlage nicht ausnutzen, um einen Verdrängungswettbewerb zu Lasten der kleineren und mittleren Unternehmen zu starten, und welche Möglichkeit sehen Sie, daß wir möglichst bald mit konkreten Ergebnissen zugunsten der Verbraucher rechnen können? Darauf kommt es doch wohl an.
Es ist richtig, daß wir entscheidenden Wert darauf legen müssen, uns durch eine internationale Kartellpolitik — so will ich es in diesem Stadium einmal kennzeichnen — die Möglichkeiten zu schaffen, um eine echte Kontrolle im Sinne der Erhaltung des Wettbewerbs in diesem Bereich auszuüben. Daß die Frage, wie man multinationalen Unternehmen ganz generell — von der Frage der Erdölgesellschaften jetzt einmal abgesehen und ihrem Wirken eine entsprechende staatliche Kontrolle entgegensetzen kann, im Augenblick internationale Gremien beschäftigt, ist Ihnen bekannt. Leider werden wir hier nicht kurzfristig mit greifbaren Ergebnissen aufwarten können. Die Bundesregierung ist aber mit Nachdruck darum bemüht, diese Verhandlungen und Gespräche im Sinne einer Lösung voranzutreiben.
Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Wolfram.
Herr Staatssekretär, noch einmal konkret die Frage: Kann damit gerechnet werden, daß durch diesen Druck die Preise für Benzin und andere Mineralölprodukte zugunsten des Verbrauchers gesenkt werden, und finden Sie wie ich die Funkstille der Opposition bei diesen Zusatzfragen bemerkenswert?
Herr Kollege, angesichts der Beanspruchung in der Fragestunde bin ich eigentlich für jede Nichtfrage dankbar.
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4994 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Parl. Staatssekretär GrünerIch möchte nur sagen, entscheidend für die Entwicklung der Verbraucherpreise wird natürlich die angebotene Menge an Mineralöl sein. Es wäre die am schnellsten wirksame Methode, Entlastungen für die Verbraucher zu erreichen, wenn es gelänge, in Gesprächen mit den erdölfördernden Ländern zu erreichen, daß die exorbitant heraufgesetzten Preise reduziert werden und daß insbesondere die damit im Zusammenhang stehende, und zwar in einem inneren logischen Zusammenhang stehende Mengenverknappung beseitigt wird, um den Industriestaaten die Anpassung an eine veränderte Erdölförderungspolitik im Rahmen einer mittelfristigen Entwicklung zu ermöglichen. Selbstverständlich sind alle Kontrollmaßnahmen über internationale Gesellschaften oder Gesellschaften hier bei uns und die ständigen Gespräche, auch die Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit, ein sehr wirksames Mittel, mit dafür Sorge zu tragen, daß sich diese Gesellschaften ihrer Grenze bewußt werden. Ich füge hinzu: Diese Diskussion ist um so förderlicher, je weniger man von dem dahinter stehenden wirtschaftlichen Gesichtspunkt ablenkt. Das halte ich für ganz entscheidend.
Ich lasse nur noch zwei Zusatzfragen zu, die eine von Dr. Sperling, die letzte von Dr. Jens.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihnen einleitend danken, daß Sie, obwohl Ihnen die Fragen nicht so bequem sind, dennoch hervorragend antworten, —
Es steht dem Abgeordneten nicht zu, zu bewerten, verehrter Herr Kollege.
— und Sie dann fragen, ob die internationale Zusammenarbeit gegen die Interessen der multinationalen Konzerne nicht auch deswegen nötig ist, damit diese Konzerne nicht alle Ziele der Entwicklungshilfepolitik mit ihrem Verhalten unterlaufen.
Herr Kollege, ich möchte nicht in den Bereich der Entwicklungshilfepolitik, für den ich nicht zuständig bin, eingreifen.
Letzte Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Jens.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für denkbar — ich formuliere ausdrücklich so vorsichtig —, daß die Bundesregierung von den internationalen Mineralölfirmen falsche Informationen zur Beurteilung der Lage auf dem Energiemarkt bekommen hat, wie dies in Italien geschehen ist?
Ich halte das für nicht ausgeschlossen. Insbesondere haben die vorgelegten
Unterlagen auch Differenzen in der Darstellung der Zusammenhänge gezeigt. Wir sind aber auf Grund der Fülle der Informationen in der Lage, kritische Fragen an die Mineralölgesellschaften zu stellen und in einem, wie ich zugebe, langwierigen Prozeß solche Differenzen dann auch aufzuklären.
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf den anerkannten Rennstrecken sofort zu veranlassen, damit die Benachteiligung für den Motorsport beseitigt und die unmittelbare Umgebung derartiger Rennstrekken nicht noch größere wirtschaftliche Nachteile als notwendig in Kauf nehmen muß?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Die am 24. November 1973 in Kraft getretenen Geschwindigkeitsbegrenzungen sind auf das Energiesicherungsgesetz gestützt und dadurch ausschließlich mit der derzeitigen schwierigen Versorgungssituation begründet. Bei den Beratungen der Verordnung über Fahrverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen bestand mit den Ländern Einvernehmen darüber, daß angesichts des notwendigen Spareffekts dieser Maßnahmen Ausnahmen zugunsten des Rennsports in der Verordnung nicht vorgesehen werden sollten und von der Öffentlichkeit auch nicht verstanden würden. Mehrere maßgebende Automobilverbände haben sich seinerzeit dieser Auffassung angeschlossen und spontan ihre Bereitschaft erklärt, in der gegenwärtigen Situation auf die Durchführung von Rennsportveranstaltungen zu verzichten.
Die Bundesregierung verkennt nicht, daß der Ausfall von Rennsportveranstaltungen in einzelnen Bereichen zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere für das Fremdenverkehrsgewerbe, führen kann. Den zuständigen obersten Landesbehörden ist nach der Straßenverkehrsordnung die Möglichkeit gegeben, in Sonderfällen Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß dazu allerdings die weitere Entwicklung der Benzinversorgung abgewartet werden sollte, über die das Kabinett am 20. Februar beraten wird.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Josten.
Herr Staatssekretär, kann damit gerechnet werden, daß die Bundesregierung unmittelbar nach Vorlage des Berichts über die Benzinvorräte — Sie nannten vorhin den 18. Februar und jetzt den 20. Februar, wo das Kabinett beraten wird — die entsprechenden Entscheidungen bezüglich der Geschwindigkeitsbegrenzungen treffen wird?
Herr Kollege, das hängt ganz davon ab, welche Informationen wir im Wirtschaftsministerium am 18. Februar bekommen werden und welche Entscheidung das Kabinett auf Grund dieser
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4995
Parl. Staatssekretär GrünerInformationen treffen wird. Ich möchte nur betonen, daß, wenn von der Energiesituation her keine Veranlassung mehr zur Einschränkung nach dem Energiesicherungsgesetz gegeben ist, die Bundesregierung eine entsprechende Entscheidung treffen wird.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Josten.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, Betrieben — Sie nannten vorhin z. B. mit Recht das Fremdenverkehrsgewerbe —, welche durch den Ausfall von Motorsportveranstaltungen starke Verluste hinnehmen mußten — so am Nürburgring in der Eifel —, finanziell zu helfen?
Wir haben im Energiesicherungsgesetz eine Härteregelung vorgesehen. Diese könnte auch bei solchen Einbußen in Betracht kommen, obwohl hier nur ein mittelbarer Zusammenhang gegeben ist.
Ich rufe die Frage 23 des Abgeordneten Wüster auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Produzenten versuchen, die positiven Auswirkungen der Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen dadurch zu verhindern, daß sie einerseits auf Einzelhändler Druck ausüben, die Preisempfehlungen einzuhalten, andererseits durch sogenannte Mondpreisvorgabe Einzelhändlern die Möglichkeit geben, durch eine erhebliche Preisauszeichnung unterhalb der Preisempfehlung den Verbrauchern einen günstigen Gelegenheitskauf vorzutäuschen, und schließt sich die Bundesregierung der Meinung des Bundesverbands der Selbständigen e. V. — Deutscher Gewerbeverband — an, daß zur Beseitigung der Mißstände und zum Schutze des lauteren Wettbewerbs ein generelles Verbot der Preisempfehlung notwendig ist?
Bitte schön!
Das Bundeskartellamt geht Beschwerden gegen eine Reihe von Markenwarenherstellern nach, die versucht haben sollen, durch Liefersperren oder deren Androhung die Einhaltung ihrer Preisvorstellungen durchzusetzen. In diesen Fällen sind Bußgeld- und Mißbrauchsverfahren eingeleitet worden.
Die von Ihnen angesprochenen Mondpreisempfehlungen sind nach der Kartellgesetznovelle unzulässig. Das Bundeskartellamt ist gerade in diesem Bereich sehr aktiv und hat in einer ganzen Reihe von Fällen dafür gesorgt, daß Mondpreisempfehlungen beseitigt wurden. Vor einem endgültigen Urteil über die neuen unverbindlichen Preisempfehlungen gemäß dem Kartellgesetz, die bei sinnvoller Handhabung gerade auch für den Verbraucher eine wichtige Informationshilfe bedeuten können, wird die Bundesregierung die weitere Entwicklung in diesem Bereich aufmerksam verfolgen. Schon jetzt ein endgültiges Urteil über die Neueinrichtung unverbindlicher Preisempfehlungen zu fällen, wäre verfrüht. Der Bundestag hat der Bundesregierung für den Bericht über die Erfahrungen mit der neuen unverbindlichen Preisempfehlung eine Frist bis Ende 1976 gesetzt.
Im übrigen ist die Werbung mit durchgestrichenen Preisen auch ohne Preisempfehlung des Herstellers möglich. Vielfach streichen Einzelhändler ihre eigenen, früher angebrachten Preise durch und werben mit einem danebengesetzten niedrigeren Preis.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Wüster.
Herr Staatssekretär, Sie werden diese Dinge also auch weiterhin beobachten. Ich schließe daran die Zusatzfrage an: Sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unter den gegebenen Umständen noch ausreichend? Wenn nicht: Wäre Ihr Haus bereit, entsprechende Novellierungsvorschläge zu machen?
Wir werden diese Frage im Zusammenhang mit unserem Urteil über die Wirksamkeit des Instituts der unverbindlichen Preisempfehlung sicher prüfen und in unsere Überlegungen einbeziehen.
Ich rufe die Frage 24 des Abgeordneten Milz auf:
Welche strukturschwachen Gebiete sind von dem Förderungsprogramm für regionale Wirtschaftsstruktur, für das von der Bundesregierung in 1974 zusätzlich 600 Millionen DM zur Verfügung gestellt wird, im Bundesgebiet betroffen, und welche Maßnahmen werden danach gefördert?
Zur Beantwortung ,der Herr Staatssekretär.
Das einmalige Sonderprogramm für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen ist von der Bundesregierung für Gebiete und Orte, in denen sich besondere strukturelle Schwierigkeiten und Beschäftigungsrisiken ergeben, beschlossen worden. Es handelt sich also vor allem um Gebiete und Orte, die von erheblicher Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit betroffen oder bedroht sind. Auch Gebiete, die außerdem besonders wirtschaftsschwach sind, ,sollen gefördert werden. Die Gebiete der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" können daher nur einen gewissen Grundraster abgeben. Eine exakte vorherige Festlegung der Gebiete ist im Interesse einer weitgehenden Flexibilität und sofortigen Wirksamkeit nicht vorgesehen.Gefördert werden sollen in einem Teil A des Programms mit 300 Millionen DM vor allem solche Infrastrukturinvestitionen vorzugsweise von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die für die Entwicklung der gewerblichen Wirtschaft erforderlich sind, so z. B. Industriegeländeerschließung, Abwässer-und Abfallbeseitigungsanlagen, Energie- und Wasserversorgungsanlagen, öffentliche Fremdenverkehrseinrichtungen oder auch wirtschaftsnahe Um-schulungs-, Ausbildungs- und Fortbildungsstätten. In begründeten Einzelfällen ist auch die Förderung von Investitionen zur Erhöhung des Wohn- und Freizeitwerts, die für die Entwicklung des betreffenden Gebietes von erheblicher Bedeutung sind, möglich.
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4996 Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974
Parl. Staatssekretär GrünerIn einem Teil B sollen mit weiteren 300 Millionen DM Bundesinvestitionen in denselben Gebieten finanziert werden. Die Aufteilung auf die einzelnen Fachbereiche wird in den nächsten Tagen, wie wir hoffen, vorgenommen werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Milz.
Herr Staatssekretär, können Sie mir Auskunft darüber geben, welche Mittel für die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eingeplant sind, — wie Sie bei der Beantwortung einer vorher gestellten Frage sagten?
Für Nordrhein-Westfalen ist ein Einplanungsbetrag von 35 Millionen DM vorgesehen. Ich bin leider jetzt nicht in der Lage, Ihnen die Zahl für Rheinland-Pfalz zu nennen, weil ich sie nicht zur Hand habe.
Zweite Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Milz.
Herr Staatssekretär, läßt sich sagen, welche Gebiete in den beiden angesprochenen Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz unter diese Förderungsmaßnahmen fallen?
Es sind die Gebiete und Orte, die durch eine besonders schwache Wirtschaftskraft oder durch besonders hohe Arbeitslosenquoten oder Kurzarbeiterquoten bedroht sind, um es noch einmal kurz zu sagen, — im Rahmen der von mir vorgetragenen Kriterien.
Eine Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Dr. Waffenschmidt.
Herr Staatssekretär, welche Maßnahmen hat ,die Bundesregierung eingeleitet, um die Durchführung dieses Programms, über das wir gerade sprechen, zu koordinieren mit der Anwendung der Schuldendeckelverordnung für die Gemeinden?
Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, die Schuldendeckelverordnung aufzuheben. Es geht darum, daß mit diesen Spezialprogrammen unter ganz gezielten Gesichtspunkten im Zusammenwirken mit den Ländern Investitionsvorhaben gefördert werden, die den Kriterien entsprechen, die ich hier genannt habe. Es geht aber nicht darum, mit diesem Programm gleichzeitig etwa eine allgemeine Lockerung der Geld- und Kreditpolitik im Bereich der öffentlichen Hand einzuleiten.
Eine weitere Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Dr. Marx.
Herr Staatssekretär, da der Kollege Milz gefragt hatte, welche besonderen, ich sage einmal, Problemgebiete in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz berücksichtigt werden, und Sie darauf geantwortet haben, daß dies die ohnehin bekannten Orte und Kreise seien, frage ich: ist es richtig, wenn ich den Eindruck habe — auf Grund nicht verbindlicher Presseveröffentlichungen —, daß es auch dort einige Einengungen und das Heraussuchen von besonders neuralgischen Schwerpunkten gibt?
Das ist das Ziel dieses Programms. Es ist also nicht daran gedacht, etwa nur die in der Gemeinschaftsaufgabe als strukturschwach ausgewiesenen Gebiete zu berücksichtigen, sondern unabhängig davon ist etwa auch die Berücksichtigung von Orten und Gebieten möglich, die außerhalb dieser bisherigen Förderung liegen. Entscheidend ist, daß die Länder entsprechende Projekte vorlegen können, die ,den Kriterien, die wir hier formuliert haben, entsprechen.
Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Josten.
Herr Staatssekretär, können Sie Pressemeldungen bestätigen, daß in Rheinland-Pfalz 30 Millionen DM für den Raum Mayen vorgesehen sind?
Nein, solche Pressemeldungen können nicht bestätigt werden. Das ist ganz undenkbar. Denn es ist selbstverständlich, daß im Rahmen einer solchen Einplanungsrate zunächst einmal Projekte, 'die förderungswürdig sind, vorgelegt werden müssen. Erst dann kann überhaupt im Endergebnis ein Urteil darüber abgegeben werden, ob die vorgesehenen Mittel überhaupt und in diesem Umfang für das betreffende Land zur Verfügung stehen bzw. in Anspruch genommen werden.
Herr Abgeordneter Dreyer, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie sollen nach Ihrer Ansicht unter voller Beibehaltung der Schuldendeckelverordnung die Kommunen die Eigenmittel aufbringen?
Herr Kollege, es ist im Einzelfall durchaus möglich, von der Schuldendeckelverordnung in besonders schwerwiegenden Fällen eine Ausnahme zu machen. Wir meinen, daß gerade dieses gezielte Programm zusammen mit dieser Möglichkeit durchaus die Chance hat, verwirklicht zu werden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten von Alten-Nordheim.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1974 4997
Herr Staatssekretär, Sie nannten die Kriterien für die strukturschwachen Gebiete. Sind davon auch die Zonenrandgebiete betroffen?
Selbstverständlich
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Geiger.
Herr Staatssekretär, hat man Erfahrungen, ob alle beteiligten Länder mit der gebotenen Eile an der Verwirklichung des Zieles der Bundesregierung mitwirken?
Ja: Wir haben diese Fragen im Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe mit den Wirtschaftsministern der Länder erörtert. Es sind die Bereitschaft und das große Interesse der Länder vorhanden, im Rahmen dieses Programms zu einer solchen Lösung zu kommen, wie ich sie hier skizziert habe.
Als letzte Frage rufe ich die Frage 25 des Abgeordneten Milz auf:
Wird von der Finanzhilfe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur die ungenügende Finanzausstattung der ländlichen Gemeinden berücksichtigt werden, und in welcher Größenordnung werden die Haushalte der ländlichen Gemeinden finanziell unterstützt?
Die Finanzhilfen des Bundes aus dem Teil A sollen in Form von Investitionszuschüssen gewährt werden. Diese können in der Regel bis zu 50% der Investitionskosten betragen. Die vorgesehene Hilfe des Bundes von 50% liegt über dem Durchschnitt der Zuschüsse zu Infrastrukturmaßnahmen in .der Gemeinschaftsaufgabe, die rund 40% betragen. Darüber hinaus sind Ausnahmemöglichkeiten im Sonderprogramm vorgesehen, die im Einzelfall eine weit höhere Mitfinanzierung des Bundes gestatten, z. B. in dem von Ihnen geschilderten Fall einer krassen Finanzschwäche einer Gemeinde bei gleichzeitiger beschäftigungs- und strukturpolitischer Bedeutung des Projektes. Die Mitleistung des jeweiligen Landes ist natürlich ebenfalls möglich und im Einzelfall erwünscht.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Milz.
Herr Staatssekretär, Sie heben auf eine Gemeinde ab. Würde Ihre Antwort auch zutreffen, wenn sich ein ganzes strukturschwaches Gebiet allein aus finanzschwachen Gemeinden, sogenannten Ausgleichsstock-Gemeinden, zusammensetzt? Würde dann das gesamte Gebiet unter diesen Gesichtspunkten im Rahmen des Förderungsprogramms zu sehen sein?
Eine solche Frage läßt sich nicht so allgemein beantworten, weil es ja hier um die Finanzierung einzelner Projekte geht. Jedes Projekt muß in seiner Wirkung auf die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur eines Ortes oder eines Gebietes bezogen werden. In rdiesem Rahmen ist selbstverständlich die Einbezielhung eines ganzen Gebietes Ziel dieses Programms, aber natürlich mit ,der Einschränkung, daß es sich um Einzelprojekte 'handeln und daß das Land im Einzelfall auch abwägen muß, welches Projekt es in seine Vorschlagsliste aufnehmen will.
Letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Milz.
Herr Staatssekretär, würden Sie sagen, daß in einem wie dem von mir soeben geschilderten Fall der Beurteilung durch den jeweiligen Kreis eine besondere Bedeutung zukommt?
Es ist ganz sicher, daß für die Entscheidung, die das Land zu treffen hat, die Beurteilung im Kreis eine ganz große Rolle spielt und dann selbstverständlich der Vergleich der angelieferten Beurteilungsmaterialien die Entscheidung des Landes bestimmen wird, welche Projekte es beim Bundeswirtschaftsminister vorlegt.
Meine Damen und Herren, wir haben die Fragestunde bereits um drei Minuten überschritten. Ich beende die Fragestunde. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Donnerstag, den 14. Februar, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.