Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ahne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 8. Januar 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Evers, Pfeifer, Dr. Gölter und der Fraktion der CDU/CSU betr. finanzielle Lage der Theater in der Bundesrepublik Deutschland -- Drucksache 7/1128 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/1571 verteilt.Überweisung von EG-VorlagenDer Präsident des Bundestages hat entsprechend dein Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:Verordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines zusätzlichen Gemeinschaftszollkontingents für Ferrozilizium mit einem Gehalt an Silizium von mehr als 75 Gewichtshundertteilen der Tarifstelle 73.02 C des Gemeinsamen ZolltarifsDrucksache 7/1469 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates zur 10. Änderung der Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für konservierende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen- Drucksache 7/1471 -überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie nod Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatMitteilung der Kommission an den Rat über die weitere Entwicklung der gemeinsamen Verkehrspolitik- Drucksache 7/1472 —überwiesen an den Ausschuß für Verkehr mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates betreffend die Gewährung von Beihilfen für den Schiffbau— Drucksache 711473 -überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft , Ausschuß für Verkehr mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für andere Gewebe aus Baumwolle, der Tarifnummer 55.09 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in Israel- - Drucksache 7/1496 -überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung irr RatVerordnung des Rateszur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung derEinfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Osterreichzur . Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung derEinfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Finnlandzur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Islandzur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Norwegenzur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung derEinfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Portugalzur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung derEinfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Schwedenzur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in der SchweizBeschluß der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl zur Einrichtung einer Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in OsterreichBeschluß der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl zur Einrichtung einer Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Schweden— Drucksache 7/1446 —überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage desBerichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2511/69 über Sondermaßnahmen zur Verbesserung der Erzeugung und Vermarktung von Zitrusfrüchten der Gemeinschaf t- Drucksache 7/1497 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rateszur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für Werkblei und Rohblei, anderes als Werkblei, der Tarifstellen 78.01 I und A II des Gemeinsamen Zolltarifs
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Rohzink der Tarifstelle 79.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs
- Drucksache 7/1498 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Ratesüber die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Baumwollgarne, nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf, der Tarifnummer 55.05 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in Maltaüber die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für synthetische und künstliche Spinnfasern, der Tarifnummer 56.04 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in Maltaüber die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Oberkleidung, der Tarifnummer 60.05 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in Maltaüber die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Oberkleidung für Männer und Knaben, der Tarifnummer 61.01 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in Malta— Drucksache 7/1499 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftskontingents für unverarbeiteten Tabak der Sorte „Virginia fluecured" mit Ursprung in Entwicklungsländern— Drucksache 7/1500 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
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4732 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Vizepräsident von HasselVerordnung des Rateszur Verlängerung der Verordnung Nr. 227/72 des Rates vom 31. Januar 1972 über die Einfuhr bestimmter Fischerei-Erzeugnisse mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaftzur Verlängerung der Verordnung Nr. 228/72 des Rates vom 31. Januar 1972 über die Einfuhr bestimmter Fischerei-Erzeugnisse mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft— Drucksache 7/1501 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel— Drucksache 7/1517-überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die Gründung einer europäischen Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen— Drucksache 7/1518 —überwiesen an den Innenausschuß , Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen, Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, Haushaltsausschuß mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rateszur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte in der Arabischen Republik Ägypten raffinierte Erdölerzeugnisse des Kapitels 27 des Gemeinsamen Zolltarifszur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für andere Gewebe aus Baumwolle, der Tarifnummer 55.09 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in der Arabischen Republik Ägypten— Drucksache 7/1519 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung ins RatRichtlinie des Rates betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Zusammensetzung von Benzin — Probleme über den Bleigehalt von Benzin —— Drucksache 7/1520 —überwiesen an den Innenausschuß , Ausschuß fürVerkehr, Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage desBerichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die Bildung eines Ausgleichsvorrates an Olivenöl— Drucksache 7/1521 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Festsetzung von Beihilfen an Hopfenerzeuger für die Ernte 1972— Drucksache 7/1522 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Anbau der Beleuchtungs- und Lichtsignaleinrichtungen für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger— Drucksache 7/1523 —überwiesen an den Ausschuß für Verkehr mit der Bitte uni Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatBericht der Kommission an den Rat der Europäischen Gemeinschaften über die Untersuchungen einiger Probleme für die Anwendung der Verordnung Nr. 1174/68 des Rates vom 30. Juli 1968 über ein Margentarifsystem im Güterkraft-verkehr zwischen den MitgliedstaatenVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 1174/68 über die Einführung eines Margentarifsystems im Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten— Drucksache 7/1524 —überwiesen an den Ausschuß für Verkehr mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatErste Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung
— Drucksache 7/1525 —überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatEmpfehlung des Rates über die Anwendung des Grundsatzes der 40-Stundenwoche und des vierwöchigen bezahlten JahresurlaubsDrucksache 7 1526überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat.Verordnung des Rates zur Einführung einer Beihilferegelung zur Erzeugung von Ananaskonserven— Drucksache 7'1527 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatEntscheidung des Rates über die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage der deutschen Landwirtschaft nach der Aufwerlung der Deutschen Mark 1969Drucksache 7/1528-überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Verlängerung der mit der Verordnung (EWG) Nr. 1253/73 getroffenen Einfuhrregelung für das Weinbauerzeugnis mit Ursprung in und Herkunft aus Zypern, das unter der Bezeichnung „Cyprus sherry" ausgeführt wird, sowie der Beihilferegelung für gleichartige Weinbauerzeugnisse, die In der Gemeinschaft in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung erzeugt und nach Irland und dem Vereinigten Königreich ausgeführt werden— Drucksache 7/1529-überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatMitteilung an den Rat über eine gemeinschaftliche Politik auf dem Gebiet der Datenverarbeitung— Drucksache 7;1531 -überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft , Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen, Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Ratesüber die Durchführung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses EWG-Österreich zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in" oder „Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen sowie des Beschlusses Nr. 3/73 des Gemischten Ausschusses zur Festlegung der Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen im Zollbereichüber die Durchführung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses EWG-Portugal zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in" oder „Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen sowie des Beschlusses Nr. 3/73 des Gemischten Ausschusses zur Festlegung der Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen im Zollbereichüber die Durchführung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses EWG-Schweden zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in" oder „Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen sowie des Beschlusses Nr. 3/73 des Gemischten Ausschusses zur Festlegung der Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen im Zollbereichüber die Durchführung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses EWG-Schweiz zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in" oder „Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen sowie des Beschlusses Nr. 3/73 des Gemischten Ausschusses zur Festlegung der Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen im Zollbereichüber die Durchführung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses EWG-Norwegen zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in" oder „Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen sowie des Beschlusses Nr. 3/73 des Gemischten Ausschusses zur Festlegung der Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen im ZollbereichTiber die Durchführung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses EWG-Island zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in" oder „Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen sowie des Beschlusses Nr. 3/73 des Gemischten Ausschusses zur Festlegung der Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen im Zollbereich.— Drucksache 7;1530 —überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
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Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4733
Vizepräsident von HasselVerordnung des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungshezüge der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaftenüberwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werdenIch rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:Bericht der Bundesregierung aus der Kabinettsitzung.Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist vereinbart worden, daß wir die Berichterstattung der Bundesregierung aus der Kabinettsitzung vorläufig in folgender Form fortsetzen werden.Zunächst wird die Regierung Bericht erstatten. Die Berichterstattung ist auf zehn Minuten beschränkt.Danach können die Mitglieder des Hauses 15 Minuten lang Fragen an die Bundesregierung richten. Diese Fragen müssen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bericht oder den auf Fragen erteilten Antworten der Bundesregierung stehen.Daran anschließend haben die Fraktionen Gelegenheit, eine Stellungnahme zu dem Bericht abzugeben, und zwar die Opposition zehn Minuten und jede der Koalitionsfraktionen je fünf Minuten lang.Daran kann sich eine abschließende Stellungnahme der Bundesregierung von fünf Minuten Dauer anschließen. Danach ist dieser Abschnitt der Tagesordnung beendet.Im übrigen darf ich darauf verweisen, daß Ihnen eine amtliche Mitteilung vom 21. Januar vorliegt, in der dieser Vorschlag des Ältestenrates abgedruckt worden ist. Wir wollen nach diesem Vorschlag zunächst einmal Erfahrungen sammeln, um danach zu entscheiden, ob diese Art der Berichterstattung fortgeführt wird und, wenn ja, vielleicht in einer anderen Form.Das Wort zum Bericht der Bundesregierung aus der Kabinettsitzung hat der Herr Bundesminister der Finanzen, Herr Schmidt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist das zweite Mal, daß eine neue Form dieser Information an mir ausprobiert wird.
Ich nehme das ja als gutes Omen.
Es ist auch das zweite Mal, daß das bei währungspolitischen Ereignissen geschieht. Sicherlich gibt uns das eine gewisse Routine, diese erste Debatte in guter Form über die Bühne zu bringen.Das Kabinett hat sich heute — wie natürlich schon in den letzten Tagen — mit der Entscheidung der französischen Regierung vom letzten Wochenende wie auch mit der politischen Bewertung der Entscheidung beschäftigt, die die Regierungen Dänemarks, Hollands, Belgiens, Luxemburgs, der Bundesrepublik und, wenn auch in anderer Form, die Regierungen Norwegens und Schwedens am Montag, heute vorzwei Tagen, getroffen haben. Sie wissen, daß die französische Regierung beschlossen hat, mit Wirkung vom Montag Interventionen zur Einhaltung der Bandbreiten zwischen dem Französischen Franc und den übrigen bisher am europäischen Währungsverbund beteiligten Währungen vorerst einzustellen. Frankreich hat damit also die sogenannte Schlange verlassen. Diesem Beschluß der französischen Regierung waren intensive Beratungen und auch Konsultationen mit uns, die wir im Augenblick die Präsidentschaft im Rat innehaben und insoweit in doppelter Weise Ansprechpartner für die französische Regierung waren, vorhergegangen. Wir haben Ende der vorigen Woche der französischen Regierung gegenüber unsere Bereitschaft erklärt, mit einem Währungsbeistandskredit in Höhe von 3 Milliarden Dollar — der sicherlich aufs erste keineswegs auch nur zu einem wesentlichen Teil hätte in Anspruch genommen werden müssen — gewisse denkbare Spekulationen auf den Märkten gegenüber dem Franc abwehren zu helfen. Die französische Regierung hat dies ernsthaft erwogen, ist aber dann zu einem anderen Ergebnis gekommen.Zu den 3 Milliarden Dollar will ich nur sagen: Das wäre wohl der größte Währungsbeistand gewesen, den je ein einzelnes Land bisher gegeben hat.
Ich muß das unters reichen, weil Sie bitte daraus die außerordentliche Anstrengung erkennen mögen, zu der die Bundesrepublik Deutschland in dieser Lage bereit war, um den Verbund aufrechtzuerhalten.
Ich will nicht verhehlen, daß die Bundesregierung den Schritt der französischen Regierung bedauert. Wir haben auf der anderen Seite Verständnis dafür, wenn die französische Regierung geglaubt hat, diesen Schritt, den sie auf Grund der von ihr im Zusammenhang mit den Ölpreisen erwarteten Francabflüsse im Laufe des Jahres 1974 für unvermeidlich hielt, tun zu sollen, solange sie ihn noch in voller Entschlußfreiheit gegenüber den Märkten tun konnte. Sicherlich haben dabei auch Erwägungen der französischen Regierung bezüglich der inneren Wirtschaftsentwicklung eine Rolle gespielt. Die Belastung en der französischen Zahlungsbilanz durch die Ölpreissteigerungen stehen aber gewiß im Vordergrund.Diese Entscheidung hat für Frankreichs Partner Probleme unter einem doppelten Aspekt aufgeworfen: erstens unter dem Aspekt der monetären Bewältigung der Ölkrise - die ja nicht dadurch vorbei ist, daß wir alle im Augenblick sonntags fahren dürfen und zweitens im Zusammenhang mit der europäischen Integration und ihrem weiteren Fortschritt.Was den ersten Aspekt angeht, so gilt es, die Erklärung der französischen Regierung hier festzuhalten, daß sie mit ihren wechselkurspolitischen Maßnahmen keinesfalls in einen Abwertungswettlauf eintreten wolle. Und tatsächlich hat die französische Zentralbank in den ersten Tagen dieser Woche in einem für sie durchaus erheblichen Maße auf den Märkten mit Dollars interveniert, um den Wechsel-
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4734 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Bundesminister Schmidtkurs des Franc zu halten. Er hat heute morgen gegen 10 Uhr um 3,5 % unter dem bisherigen unteren Interventionspunkt gelegen. Ich mache hier keinerlei spekulative Prognosen über die weitere Entwicklung; jeder wird verstehen, daß man sich darin sehr zurückhalten muß.Um nun den allgemeinen monetären Aspekt dieser Sache noch einmal zu beleuchten: Man muß sich klar darüber sein, daß die wichtigsten Ölexportländer in diesem Jahre, also im Jahre 1974, sehr große Devisenüberschüsse erzielen werden, insbesondere angesichts der Tatsache, daß viele von ihnen für entsprechende Steigerungen ihrer eigenen Importe überhaupt nicht aufnahmefähig sind. Die Schätzungen, die hier von kompetenten internationalen Organisationen angestellt werden, variieren zwischen einigen 40 Milliarden Dollar und einigen 70 Milliarden Dollar Überschüssen der erdölexportierenden Länder binnen einem Jahre.Das entscheidende Problem, um das Währungsgefüge in der Welt angesichts dieser Lage einigermaßen in Ordnung zu halten, wird sein, ob und wie es gelingt, diese Überschüsse auf der eine Seite zur kreditweisen oder investitionsweisen Finanzierung der enormen Defizite zu verwenden, die auf der anderen Seite bei den ölverbrauchenden Ländern entstehen werden — bei der Bundesrepublik Deutschland allerdings am allerwenigsten; wir sind da relativ gut raus; ich komme darauf zurück. Aber es gibt innerhalb der Gemeinschaft Länder, die jetzt schon in sehr defizitären Zahlungsbilanzsituationen sind, und es gibt Entwicklungsländer, von denen ich sagen muß, daß, obwohl sie nur wenig Öl, z. B. als chemischen Rohstoff zur Herstellung ihres Kunstdüngers brauchen, die Verteuerung ihrer Rohölimporte insgesamt höhere Devisenbeträge von seiten der Entwicklungsländer verlangen wird, als die Gesamtsumme der Weltentwicklungshilfe im Jahre 1974 ausmachen wird. Man kann sich an Hand dieses Vergleiches vorstellen, vor welch dynamischen Entwicklungen des Zahlungsbilanzgefüges der Welt und möglicherweise auch der Wechselkurse wir damit stehen.Zur Situation der Bundesrepublik will ich sagen, daß wir in einem weltwirtschaftlichen und währungspolitischen Meer der Unruhe, das ja durch die Preisexplosion bei den Rohölpreisen in zusätzliche, sehr große Unruhe geraten wird, der Zukunft relativ gelassen entgegensehen können. Wir haben im abgelaufenen Jahr 1973 einen beträchtlichen Leistungsbilanzüberschuß erzielt. Ich will zwar keine Prognosen für den Verlauf der Zahlungsbilanz 1974 abgeben, doch sicher ist, daß sie mit einem leichten Überschuß oder mit einem leichten Defizit abschließen wird; sicher ist, daß wir uns sogar ein größeres Defizit leisten könnten, wenn es eintreten sollte; aber es wird nicht eintreten. Wir könnten es uns leisten, weil wir auf Grund der Währungspolitik der letzten Jahre mit Währungsreserven überaus reich ausgestattet sind. Wir sind nicht nur relativ, sondern auch absolut derjenige Staat der Welt mit den größten Währungsreserven, mit den größten Devisenreserven. Wir sind so stark, daß wir einem wichtigen Partner einen sehr großen Währungskredit anbieten konnten, und wir werden ganz sicherlich denjenigen Ländern innerhalb der EG, die mit uns gemeinsam den Währungsverbund fortsetzen wollen, zur Verfügung stehen, falls dies notwendig werden sollte.Wir treten in dieses Jahr nicht nur mit den größten Währungsreserven ein, sondern ebenso mit den relativ kleinsten Preissteigerungsraten aller Staaten und mit der relativ besten Beschäftigungssituation; ich betone das Wort „relativ";
aber im Verhältnis zu all den anderen sind wir in das Jahr 1974 mit guten Voraussetzungen eingetreten und brauchen uns weniger Sorgen zu machen als andere; das heißt nicht, daß wir sorglos sein könnten.Die von mir vorhin erwähnten Benelux-Länder, Dänemark und wir haben uns also entschlossen -das wurde am Montag abend in Brüssel fest verabredet —, den Währungsverbund, die sogenannte Schlange, zu den alten Regeln fortzusetzen. Es bleibt also auch bei dem 2¼% maximaler Schwankungen untereinander, es bleibt auch bei den alten Beistandsregeln. Wir haben mit Befriedigung davon Kenntnis genommen, daß Norwegen und Schweden auf die Weise, wie sie es bisher gehandhabt haben, auch jetzt kooperieren wollen.Das Motiv zur Fortsetzung des Währungsverbundes ist für uns wie für unsere Partner ein doppeltes: Zum einen ist uns allen deutlich, daß wir mit der Aufrechterhaltung der „Schlange" unsere Chancen hinsichtlich der Dämpfung des Preisanstiegs natürlich am besten wahren, des Preisanstiegs, der sich durch das Öl — ohne weiteres für jeden erkennbar — beschleunigen muß; zum anderen wollen wir — das ist der öffentlich erklärte Wille dieser Staaten — auf diese Weise auch den Kern der Länder beisammenhalten, die in Richtung auf eine Wirtschafts- und Währungsunion integrationswillig sind.Ich muß hier eine Bemerkung einfügen hinsichtlich unseres Verhältnisses zum Dollar, insbesondere weil eine deutsche Fernsehanstalt im Bericht eines angesehenen und ernst zu nehmenden Kommentators gesagt hat, die französische Regierung sei in ihrem Beschluß auch durch die angebliche Verabredung der Bundesrepublik mit den Amerikanern beeinflußt worden, unlimitiert durch Dollarabgaben an den Märkten den Dollarkurs niedrig zu halten. Dies ist erstens nicht der Fall, und zweitens weiß die französische Regierung, daß es nicht der Fall ist. Natürlich würden wir unter dem Gesichtspunkt der Niedrighaltung unserer Importpreise ein allzu starkes Ansteigen des Dollarkurses nicht gerne sehen. Auf der anderen Seite müssen wir aber unsere Währungsreserven heute in einem ganz anderen Lichte sehen, als manche in diesem Hause sie etwa noch im Februar oder im März gesehen haben. Ich nehme an, daß wir darüber wenigstens jetzt im Nachhinein einig sind, so daß wir unter diesem Gesichtspunkt unsere Dollars nicht in großem Maßstab auf den Markt werfen können, ohne sicher zu sein, daß wir damit den DollarkursDeutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23.Januar 1974 473Bundesminister Schmidtwirklich beeinflussen können. Die Bundesrepublik ist dazu nicht voluminös genug. Das haben wir bei Versuchen in umgekehrter Richtung im Februar und im März erfahren müssen. Zum zweiten würde ein solches Handeln der Bundesrepublik natürlich Spannungen in das Währungsgefüge gegenüber den anderen Partnern der „Schlange" bringen. Schon aus diesem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf Frankreich, hatten wir in den vorhergehenden Tagen das amerikanische Ansinnen, den Dollarkurs unsererseits zu manipulieren, abgelehnt. Wir haben dann den Amerikanern gegenüber noch erklärt, es werde nun langsam die Zeit anbrechen müssen, in der die amerikanische Regierung, die amerikanische Notenbank selber den Kurs des Dollars nicht nur bestimmt und wünscht, wie er sein soll, sondern auch durch eigene Operationen auf den Märkten der Welt ihrerseits aktiv handelndund nicht nur passiv dabeisitzend - auf den Dollarkurs Einfluß nimmt. Das ist die Meinung der Bundesregierung, die sich mit den Meinungen der Regierungen deckt, die mit uns gemeinsam den europäischen Währungsverbund aufrechterhalten wollen.Herr Präsident, ich bin mir darüber klar, daß ich die Redezeit bereits um ein paar Minuten überschritten habe, und breche hier ab.
Ich danke dem Herrn Bundesminister der Finanzen für die Berichterstattung. Wir treten in eine 15minütige Phase ein, in der das Haus Fragen an den Herrn Bundesminister der Finanzen stellen kann.
Frage 1, Herr Kollege Dr. Narjes!
Herr Bundesminister, erstens: wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der französischen Maßnahme auf das Bündel von Richtlinien, die zum 1. Januar eine zweite Phase der Wirtschafts- und Währungsunion einleiten sollten, und zweitens: sieht die Bundesregierung irgendwelche tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß sich innerhalb der nächsten sechs Monate die Tatbestände ändern könnten, die jetzt Frankreich zur Grundlage seiner Entscheidung genommen hat, mit ,dem Ergebnis, daß dann innerhalb der angegebenen Frist das Floaten wieder beendet werden könnte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zur ersten Frage, Herr Kollege Narjes, darf ich antworten, daß, wie das Beispiel der Preisentwicklung in England und Italien zeigt, eine gewisse Besorgnis bestehen muß, daß jeder, der dem Zwang entflieht, seine gesamte ökonomische Politik, seine Haushalts-, seine Steuer-, seine Kredit-, seine Wirtschaftspolitik insgesamt auf das Einhalten der Bandbreite von 2¼% zu anderen Währungen im Verbund auszurichten, in die Gefahr einer größeren inflatorischen Dynamik gerät. Ich will mich hier sehr davor hüten, Voraussagen zu machen, was Frankreich angeht, aber mir ist ganz deutlich, daß das von Ihnen zitierte Bündel von stabilitätspolitischen Maßnahmen, das noch nicht beschlossen ist, wie Sie sicher wissen, wohl aber konzipiert ist, möglicherweise in einigen Ländern jedenfalls - eine starke Divergenz zwischen Zielsetzungen und später eintretender Wirklichkeit zeitigen mag.
Was die zweite Frage angeht: Wir haben die Erklärung der französischen Regierung gehört, daß sie in sechs Monaten prüfen wolle, ob sie in den Währungsverbund zurückkehren kann. Dies entspricht ähnlichen Erklärungen der italienischen und der britischen Regierung, die schon vor längerer Zeit als vor sechs Monaten abgegeben worden sind. Ich möchte mich davor hüten, optimistische oder skeptische Bemerkungen daran anzuknüpfen. Ich erkenne jedenfalls in dieser Erklärung der französischen Regierung die Dokumentation ihres Willens, durch den Schritt, zu dem sie sich jetzt veranlaßt gesehen hat, nicht den Eindruck zu vermitteln, daß sie das Ziel der Währungsunion aufgeben wolle.
Nächste Frage, Herr Dr. Ehrenberg.
Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, daß bei allen bedauerlichen europäischen Aspekten rein ökonomisch dieser französische Entschluß für die Bundesrepublik durchaus nicht nur negativ zu betrachten ist, einmal hinsichtlich der Importpreise, zum andern aber auch hinsichtlich einer gewissen Stärkung der deutschen Position bei den künftigen Agrarpreisverhandlungen in Brüssel?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Ehrenberg, die letztere Bemerkung war sicherlich keine rein ökonomische, sondern ging schon sehr in den Bereich des Politischen hinein. Gleichwohl kann man zu beiden Facetten ihrer Fragestellung eine positive Antwort geben.
Zu einer Frage Herr Abgeordneter Dr. Ritz.
Herr Bundesminister, da Sie in Ihren Ausführungen die Auswirkungen der französischen Beschlüsse auf den Agrarmarkt nicht erwähnt haben, darf ich Sie fragen: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Wettbewerbsvorteile, die der französischen Landwirtschaft bei einem. Abwertungseffekt im Agrarhandel entstehen, zu neutralisieren, um am Gemeinsamen Markt überhaupt noch Wettbewerbsbedingungen aufrechtzuerhalten? Mit anderen Worten: Sehen Sie Aussichten dafür, daß hier über die bisherige Form des Grenzausgleichs hinaus wirklich eine Entwicklung eingeleitet wird, die eine Wettbewerbsgleichheit unter den EG-Partnern im Agrarhandel gewährleistet?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich nehme die Beantwortung der letzten Frage vorweg. Die Antwort lautet nein.
Nun die Antwort auf Ihre erste Frage. Die Bundesregierung gedenkt so zu handeln, wie andere
4736 Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23.Januar 1974
Bundesminister Schmidt
Regierungen in ähnlichen Lagen innerhalb der EG auch gehandelt haben, nämlich zuzustimmen, daß die berühmte Verordnung siebenhundertsoundsoviel bezüglich des Grenzausgleichs nunmehr auch auf Frankreich angewandt wird, sicher in umgekehrter Richtung, als sie auf uns angewandt wird, aber sicher in derselben Richtung, wie sie für Italien und England schon bisher angewandt worden ist.
Zu einer Frage Herr Abgeordneter Halfmeier.
Herr Minister, sehen Sie nicht vielleicht doch eine reale Gefahr, daß aus dem französischen Vorgehen so etwas wie ein Abwertungswettlauf entsteht, insbesondere auch bei unseren im Währungsverbund verbliebenen Partnern? Ich darf gleich noch eine Bitte anschließen: Falls Sie diesen letzten Teil der Frage verneinen würden, wäre ich dankbar, wenn Sie mir sagten, wie Sie die Interessenlage dieser Länder beurteilen, aus der Sie diesen Optimismus wahrscheinlich herleiten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, ich möchte nicht den Eindruck zulassen, als ob ich hier für den Gesamtzusammenhang der Weltwirtschaft eine optimistische Attitüde an den Tag gelegt hätte; davon kann keine Rede sein. Was Sie als Optimismus empfunden haben, war vielmehr eine gewisse Gelassenheit und Zuversicht bezüglich unserer eigenen Währungsposition. Diese ist in der Tat so stark, wie sie sich vor wenigen Jahren vielleicht noch niemand hat vorstellen können.
Was die Frage nach dem Abwertungswettlauf angeht, so möchte ich sie nicht mit einer Konkretisierung auf ein bestimmtes unserer Nachbarländer' beantworten, sondern nur allgemein wiederholen, was ich in der Mitte der vorigen Woche auf einer Konferenz der sogenannten 20er-Gruppe in Rom öffentlich gesagt habe: daß der Versuch von Erdölverbraucherländern, die enormen Belastungen ihrer Zahlungsbilanz durch die Rohölpreissteigerung mit Abwertungen aufzufangen oder der Situation auf andere Weise zu entrinnen, entweder zur Gefährdung der weltwirtschaftlichen Zusammenhänge oder aber zur Inflation im eigenen Land führen muß. Davor warne ich. Ich rate eher dazu, die Zahlungsbilanzdefizite in Kauf zu nehmen und dafür zu sorgen, daß sie auf eine vernünftige Weise finanziert werden können. Ich wiederhole: Dazu gehört, daß die in den erdölexportierenden Ländern zweifellos entstehenden hohen Überschüsse kreditweise oder investitionsweise zur Finanzierung der in den Verbraucherländern entstehenden Zahlungsbilanzdefizite verwandt werden müssen. Daran müssen sich übrigens auch die erdölproduzierenden Länder erst gewöhnen. Sie müssen sich eine richtige Vorstellung von diesen Notwendigkeiten machen, die auch für sie selber Notwendigkeiten darstellen; denn auch sie selber hängen von der Funktionstüchtigkeit des weltwirtschaftlichen Zusammenspiels ab.
Ein Punkt Ihrer Frage ist noch offen. Die in der „Schlange" verbundenen europäischen Währungen sollen nicht abgewertet werden. Aber wir haben
auch nicht die Absicht, wie ich vorhin in anderem Zusammenhang sagte, durch massive Abgaben unserer Währungsreserven den Dollarkurs zu manipulieren.
Nun ist die Frage: Was meinen Sie mit ,,Abwertung"? Gegenüber dem Dollar oder gegenüber dem Franc? Gegenüber dem Franc findet gegenwärtig eine Aufwertung der „Schlange" statt. Gegenüber dem Dollar hat im Lauf der letzten Wochen durch das Geschehen an den Märkten eine sukzessive Abwertung stattgefunden. Der Dollar ist sehr stark gestiegen, vielleicht so stark, daß er einen Rückschlag erleiden mag. Wer will das vorhersagen, nachdem diese Märkte ja mehr von psychologischen Empfindungen und von Zukunftserwartungen beeinflußt werden als von wirkliche]: Quantenmechanik?
Zu einer Frage Herr Abgeordneter Dr. Köhler .
Herr Bundesminister, Sie erwähnten im Zusammenhang mit der relativ starken Position, die die Bundesrepublik in bezug auf die Währungsreserven einnimmt, die Währungspolitik der Bundesregierung. Sie erwähnten in diesem Zusammenhang aber nicht die Exportkraft der deutschen Wirtschaft, die sich nach meinem Eindruck in einer sehr kritischen Phase besonders bewährt hat. Steht diese Unterlassung in einem Zusammenhang mit Diskussionen, die in diesem Lande noch bis vor einem halben Jahr geführt wurden, die sehr exportfeindliche Inhalte hatten, oder glauben Sie, daß die Stimmen, die heute verstummt sind, auf einen Stimmungswandel in diesen Bereichen auch innerhalb dieses Hauses schließen lassen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich will die Stimmungen des Hauses nicht beurteilen. Bei mir liegt kein Stimmungswandel vor, Herr Kollege, und daß ich dieses Thema nicht berührt habe, hängt damit zusammen, daß ich nur zehn Minuten reden durfte.
Eine weitere Frage, der Herr Abgeordnete Rapp.
Herr Minister, halten Sie die Schätzungen von IWF und OECD bezüglich des mutmaßlichen deutschen Zahlungsbilanzdefizits in 1974 für richtig, oder sind Sie mit mir der Auffassung, daß es wesentlich geringer sein wird, falls sich überhaupt eines einstellt, dies schon im Hinblick darauf, daß die mineralölbedingten weltweiten Preissteigerungen selbstverständlich auch die deutschen Exportpreise nicht unberührt lassen können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ganz gewiß werden die in die deutschen Industrieprodukte eingehenden Preissteigerungen für Mineralöl und Mineralölprodukte zum Teil auch in den Exportpreisen weitergegeben werden. Wie ich schon sagte, erwarte ich im Grunde eine Tendenz zu einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland. Es kann sein, daß wir 2, 3 Milliar-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4737
Bundesminister Schmidtden DM Überschuß oder 2 Milliarden DM Defizit haben. Darauf kann es bei dem riesenhaften Gesamtaggregat, das unsere Zahlungsbilanz ausmacht, aber nicht ankommen.Ich will noch darauf hinweisen das trage ichzu der Frage von Herrn Köhler nach —, daß wir im Jahre 1973 einen Außenhandelsüberschuß von beinahe 35 Milliarden DM erzielt haben. Herr Köhler, Sie brauchen um die Stahlexporte nicht so sehr besorgt zu sein.
Die nächste Frage, Herr Abgeordneter van Delden.
Herr Bundesminister, halten Sie es nicht angesichts der Tatsache, daß die Bundesrepublik einen Außenhandelsüberschuß benötigt — ich denke nur an die Probleme Gastarbeiter, Urlaub usw. —, für psychologisch gefährlich, wenn Sie sagen, daß wir uns ein Defizit, wenn auch, wie gesagt, ein kleines Defizit, in dieser Beziehung leisten können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, ich halte ein kleines Defizit in der deutschen Zahlungsbilanz in seiner Auswirkung auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung für sehr viel vernünftiger als etwa eine Abwertung der Mark.
Die nächste Frage, Herr Abgeordneter Professor Dr. Schachtschabel.
Herr Bundesminister, wie beurteilen Sie die Wirkungen, die sich aus der neuen währungspolitischen Lage auf die Zins- und Liquiditätspolitik in der Bundesrepublik ergeben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mit Sicherheit wird die Liquiditäts- und Zinspolitik der Bundesbank stärker als bisher Rücksicht nehmen müssen auf die Auffassungen in Holland, in Belgien, in Dänemark, in den mit uns in der Schlange verbundenen Ländern. Es ist nicht zu leugnen, daß in der alten Schlange die Koordination im wesentlichen zwischen Frankreich und Deutschland stattfand. Jetzt werden wir stärker als bisher Rücksicht auf die Partner nehmen müssen, die ich eben genannt habe. Diese Absicht besteht. Sie ist auch offen miteinander ausgesprochen worden. Die Zentralbankpräsidenten haben von den Finanzministern dieser Staaten den Auftrag erhalten, sich darüber zu verständigen, wie das technisch jeweils geregelt und gemacht werden könne. Wenn ich nicht sehr irre, sitzen sie zu dieser Stunde auf Einladung des deutschen Zentralbankpräsidenten in Frankfurt zusammen, um das zu beraten.
Die nächste Frage, Herr Abgeordneter Dr. Müller-Hermann.
Herr Minister, wird die Bundesregierung das Zustandekommen der vom amerikanischen Präsidenten vorgeschlagenen Energiekonferenz nach Kräften unterstützen, damit die Industriestaaten endlich zu einer abgestimmten Energiepolitik kommen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Was die Energiekonferenz in Washington angeht, so ist die Bundesregierung und wir nicht allein der Meinung, daß es nicht gut wäre, wenn weltweit der Eindruck entstünde, als ob dort der Versuch zu einer außenpolitischen Koordinierung der Industriestaaten gemacht würde. Wir würden es sehr gern sehen, wenn auch andere ölverbrauchende Länder zu dieser Konferenz zugezogen würden. Ich denke etwa an so repräsentative Entwicklungsländer wie Indien oder Brasilien. Ganz sicher wird diese Konferenz sich wesentlich mit den ökonomischen, den monetären und den finanzwirtschaftlichen Problemen auseinandersetzen müssen, die die Ölverteuerung aufgeworfen hat. Das Kabinett hat heute beschlossen, daß nicht nur Bundesaußenminister Scheel, sondern ebenso der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums Rohwedder und der Staatssekretär des Finanzministeriums Pöhl der Delegation angehören sollen, um auch von der personellen Zusammensetzung her die Themata deutlich zu machen, die wir dort zu erörtern wünschen.
Nächste Frage, Herr Abgeordneter Graf Lambsdorff.
Herr Minister, können Sie heute schon sagen, ob die jüngsten Entscheidungen und Entwicklungen einen Einfluß — und welchen Einfluß — auf den Fahrplan bei der Arbeit der Gruppe der 20 und auch auf die Haltung zu flexiblen und nicht flexiblen Wechselkursen haben werden? Können Sie uns zweitens sagen, ob die französische Maßnahme — und wenn ja, in welchem Maße — die Absicht der Bundesregierung, die Kapitalverkehrskontrollen abzubauen, beeinflußt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zur ersten Frage kann ich sagen, daß sie schon am Ende, sagen wir, am Donnerstag oder Freitag, der vorigen Woche hätte beantwortet werden können und daß dann die Antwort genauso gelautet haben würde wie jetzt nach dem französischen Schritt. Die 20 Staaten, die in der 20er-Gruppe an der Reform des Weltwährungssystems arbeiten — es sind tatsächlich wohl 60 Staaten, weil hinter jedem noch ein paar assoziierte Minister sitzen —, waren sich einerseits darüber klar geworden, daß die theoretische Arbeit an den Prinzipien einer neuen Weltwährungsordnung noch in diesem Jahr abgeschlossen werden kann — es wird wahrscheinlich nur noch eine einzige Sitzung dieser 20er-Gruppe geben — und daß dann die abschließend beratenen Prinzipien den Organen des Weltwährungsfonds zur juristischen und technischen Ausfeilung auf den Tisch gelegt werden. Sie waren sich andererseits aber auch darüber klar, daß die Inkraftsetzung eines neuen Weltwährungssystems, das ja um feste Wechselkurse herumgebaut werden soll, angesichts der
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4738 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Bundesminister Schmidtdurch die Ölpreise ausgelösten Turbulenzen des Wechselkursgefüges im Augenblick gar nicht möglich ist. Wir sind alle davon ausgegangen, daß die Ölpreisexplosion währungspolitisch eine völlig neue Weltlage geschaffen hat und niemand sich im Augenblick, auch nicht Anfang 1975, zutrauen kennte, zu sagen: Mein Wechselkurs soll so sein, deiner soll so sein, und wir haben die Kraft, diese Wechselkurse gegen den Markt zu behaupten.Was die zweite Frage angeht — geben Sie mir bitte noch einmal ein Stichwort.
— Kapitalverkehrskontrollen: Wir haben sie am Montag abend mit unseren „Schlangen"-Partnern besprochen. Wir hatten den Beschluß eigentlich heute im Kabinett fassen wollen, haben ihn aber zurückgestellt, damit Konsultationsmöglichkeiten mit den Partnern im Währungsverbund gegeben blieben. Sie stimmen aber zu, daß wir in der nächsten Woche im Kabinett beschließen, schrittweise mit der Lokkerung der Kapitalimportkontrollen darum handelt es sich ja in Wirklichkeit - zu beginnen.Ich will schon jetzt sagen, daß sich die Bundesregierung je nach dem Verlauf der Ölgeldströme über die Euro-Märkte auch vorbehalten muß, möglicherweise einmal wieder einen Schritt in umgekehrter Richtung zu tun.
Eine letzte Frage, Frau Abgeordnete Huber.
Herr Minister, nachdem Sie bereits einige Sätze zu der Frage gesagt haben, wie sich die im Verbund gebliebenen Länder in ihrer Wechselkurspolitik gegenüber dem Dollar verhalten wollen, möchte ich Sie fragen, ob zu erwarten steht, daß die Amerikaner selber etwas gegen die Überbewertung des Dollars tun werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Kollegin Huber, es ist ein bißchen schwierig, in einem deutschen Parlament für die amerikanische Regierung zu antworten. Ich fürchte: Nein.
Damit sind wir am Ende der zweiten Phase der Berichterstattung der Bundesregierung angelangt. Wir kommen nunmehr zur nächsten Phase, nämlich zur Wahrnehmung der Redezeit von zehn Minuten durch einen Sprecher der Opposition. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Sprung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht der Bundesregierung zeigt, in welch starkem Ausmaße die Ölpreiserhöhungen das internationale Währungssystem und den Welthandel belasten werden und dramatische Situationen heraufbeschwören können. Er zeigt aber auch ein Europa, das seinen inneren Zusammenhalt, der mühsam errungen wurde, wieder zu verlieren droht.Die französische Entscheidung, den europäischen Währungsverbund zu verlassen und den französischen Franc floaten zu lassen, ist zu bedauern. Die französische Zeitung „Le Figaro" hat diese Maßnahme am Montag auf der ersten Seite mit den Worten überschrieben: „Den Außenhandel erhalten und die Vollbeschäftigung bewahren". Das sind die Motive der Entscheidung gewesen. Damit ist der nationale Charakter der Maßnahme klar und eindeutig umschrieben.Es ist müßig und führt zu nichts, jetzt noch darauf hinzuweisen, daß sich gerade Frankreich immer für feste Wechselkurse ausgesprochen hat und sie als Ausdruck eines wirtschaftlich wiedererstarkten Europa betrachtete, daß am Anfang des europäischen Währungsverbundes die Verengung der Bandbreiten stand — von Frankreich nachdrücklich gefordert - und daß für Frankreich das .Floaten des englischen Pfundes und der Lira stets als Hindernis für die weitere europäische Integration betrachtet wurde und weitere Fortschritte vor dein Eintritt Englands und Italiens in die „Schlange" nicht für möglich gehalten wurden. Das, wie gesagt, führt zu nichts mehr.Für die europäische Einigung ist die französische Maßnahme ganz sicher ein schwerer Rückschlag.
Sie ist das Ergebnis einer Politik, die im wesentlichen aus Deklarationen bestand, auf Gipfelkonferenzen feierlich verkündet, ohne daß entsprechende Taten folgten. Es war schon notorisch, von der Bundesregierung immer wieder von Fortschritten an der Europafront zu hören und gleichzeitig Europa in immer größere Ferne entschwinden zu sehen.
Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion sollte zwar schrittweise, aber zielstrebig von Stufe zu Stufe errichtet werden. Sie sollte eine Stabilitätsgemeinschaft sein. Sie sollte die Arbeitsplätze in allen Mitgliedstaaten sichern und ein geschlossenes Auftreten der Europäer nach außen ermöglichen. Alles das ist nunmehr weit weggerückt.Was ist das für eine Gemeinschaft, die unter dem ersten wirklichen Ansturm in die Knie geht? Schon der deutsche Alleingang, das Floaten der D-Mark im Jahre 1971, war eine ernste Belastungsprobe und ist heute der Berufungsfall.
Hat die Bundesregierung nicht als erste nationale Interessen Gemeinschaftsinteressen vorangestellt? Was ist das für eine Gemeinschaft, in der ein Mitgliedstaat immer dann zeitweilig ausschert, wenn er mit Schwierigkeiten zu rechnen hat, mit Schwierigkeiten, die er nicht einmal allein hat?Das gilt auch und vor allem für die Ereignisse Ende des vergangenen Jahres. Waren sich die europäischen Staaten einig, als die Ölkrise auf uns zukam? Fanden sich die europäischen Staaten zu einer gemeinsamen Politik zusammen? Sie taten es nicht. Jeder Mitgliedstaat ging seine eigenen Wege, jeder versuchte, im nationalen Alleingang die Krise für sich zu meistern.Dr. SprungUnd wie ist es mit dem Regionalfonds? Auch hier feierliche Deklarationen und vorläufig mehr nicht. Das Verhalten der Bundesregierung in dieser Frage hat ganz gewiß nicht dazu beigetragen, das europäische Klima zu verbessern.
Und nun das Ausscheren Frankreichs aus dem Währungsverbund. Diese Entwicklung zeigt den desolaten Zustand, in dem sich die Gemeinschaft heute befindet. Eine bedrückende Situation, ein eindeutiger Rückschlag für Europa. Niemandem kann das gleichgültig sein. Wo, meine Damen und Herren, ist die vielbeschworene europäische Solidarität?Nun, die französische Regierung hat entschieden. Trotzdem ist aber, meine ich, die Frage erlaubt, ob allein die getroffene Entscheidung möglich war, ob die Entscheidung der Sachlage angemessen war. Niemand wird bestreiten, daß die französische Volkswirtschaft durch die gestiegenen Ölpreise eine erhebliche Belastung erfahren wird. Aber das gilt für andere Volkswirtschaften, für andere Mitgliedstaaten auch. Niemand wird bestreiten, daß die französischen Devisenreserven durch die höheren Ölpreise, die zu zahlen sind, abschmelzen werden. Aber das gilt für andere Volkswirtschaften, für andere Mitgliedstaaten auch. Und so gering sind die französischen Devisenreserven nun auch wieder nicht; sie belaufen sich immerhin noch auf 8 Milliarden Dollar. Die Bundesregierung war, wie wir gehört haben, bereit, der französischen Regierung zusätzlich einen Devisenkredit — den größten Devisenkredit, der jemals in der Diskussion gestanden hat von 3 Milliarden Dollar zu gewähren.Die französische Regierung hätte auch etwas anderes tun können. Wenn eine Währung überbewertet ist oder sich in der Tendenz dahin entwickelt, so kann sie auch im Währungsverbund abgewertet werden. So sind im gegenteiligen Fall die D-Mark und der holländische Gulden Mitte des vergangenen Jahres aufgewertet worden, als sie sich als unterbewertet erwiesen. Beide Länder sind gleichwohl im Block verblieben. Die Spielregeln, die Beschlüsse über den europäischen Währungsverbund sehen Auf- und Abwertungen innerhalb des Blocks auch weiterhin ausdrücklich vor. Trotzdem hat Frankreich es vorgezogen, zu floaten und den Verbund zu verlassen. Diese Entscheidung ist es, die man bedauern muß. Die Gemeinschaft ist offensichtlich nur eine Schönwettergemeinschaft, ein Regenschirm, der nur dann aufgespannt werden kann, wenn die Sonne scheint, nicht aber, wenn es regnet.Meine Damen und Herren, die Freigabe des französischen Franken setzt nicht nur bisher Erreichtes aufs Spiel; sie trifft auch einen Bereich erneut besonders hart, der bei jedem nationalen Alleingang im Währungssektor unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen wird, ich meine den Agrarmarkt. Der Graben zwischen dem Agrarmarkt und der übrigen Wirtschaft wird immer tiefer. Neue, weitere Grenzausgleichsmaßnahmen müssen her, um die Fiktion eines gemeinsamen Agrarmarktes aufrechtzuerhalten. Des kann unmöglich so weitergehen. Es sollte daher überlegt werden, ob den Grenzausgleichsmaßnahmen nicht ihr vorläufiger Charakter genommen werden kann und an ihre Stelle eine dauerhafte Lösung tritt, clie so lange Platz greift, bis die Wirtschafts-und Währungsunion doch noch zustande gekommen ist.
Die französische Maßnahme hat aber noch einen anderen und gefährlicheren Aspekt. Es wäre eine fatale Entwicklung in den Fragen, die gestellt worden sind, ist das bereits zum Ausdruck gekommen --, wenn an die Stelle der Kooperation, der Zusammenarbeit, jetzt der Wettlauf um Wettbewerbsvorteile im internationalen Handel träte, wenn der Wechselkurs zu einer handelspolitischen Waffe würde. Die wesentlichen Industriestaaten würden alles nach dem Kriege geduldig und beharrlich Aufgebaute aufs Spiel setzen, wenn es zu einem solchen Abwertungswettlauf käme, wenn Exportförderung mit Wechselkursmanipulation betrieben würde. Am Ende stünde die Ruine eines freien Welthandels.Die erforderlichen Devisen, die für die erhöhten Ölpreise benötigt werden, lassen sich so beim besten Willen nicht beschaffen. Gleichgültig, ob es sich uni 50 oder 60 oder auch nur um 30 Milliarden Dollar pro Jahr handelt: die Summe ist in jedem Fall fantastisch, dramatisch genug.Aber auch die Verteidigung des Außenhandels und der Vollbeschäftigung ist so nicht möglich. Diese Probleme lassen sich, so entscheidend sie sind, nicht auf Kosten anderer lösen; sie können nur gemeinsam angepackt und überwunden werden. Nicht Alleingang, meine Damen und Herren, nicht Rückkehr zu einer nationalen Politik ist das Gebot der Stunde, sondern Gemeinsamkeit und Solidarität.Deshalb muß auch alles getan werden, um den um Frankreich kleiner gewordenen Währungsblock zu erhalten. Wir haben heute ja vom Bundesfinanzminister gehört, daß dies das erklärte Ziel der Bundesregierung ist. Immerhin sind es noch fünf Staaten, die weiterhin dabei sind. Die Bundesrepublik hat die Möglichkeit und auch die Mittel auch das ist schon gesagt worden -, den Zusammenhalt dieser Gruppe zu unterstützen. 88 Milliarden DM Devisenreserven sind nicht nur ein beruhigendes Polster; sie sind auch eine erhebliche Interventionsmasse. Außerdem führt das hoffentlich nur vorübergehende Ausscheren Frankreichs auch zu einer erheblichen Entlastung, da die größten Stützungskäufe in der Vergangenheit vor allem den französischen Franken gegolten haben.Die fünf im Währungsblock verbleibenden Mitgliedstaaten müssen zusammenbleiben, um einen Kristallisationskern zu erhalten, zu dem später die urigen Mitgliedstaaten wieder hinzutreten können, wenn sie ihre Schwierigkeiten überwunden haben. Der Beschluß dieser Fünf vorn letzten Montag von Ihnen, Herr Minister, erwähnt —, dies zu turi, ist ein Lichtblick in diesen etwas düsteren Tagen. Eine Politik der Bundesregierung, die hierauf ausgerichtet ist, wird immer auch die Unterstützung der Opposition haben. Denn, meine Dannen und Herren, wir gehen davon aus, daß Frankreich grundsätzlich auch in Zukunft an der Errichtung einer Wirtschafts-
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4740 Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Dr. Sprungund Währungsunion interessiert ist und daran festhält, auch wenn sie zunächst in weite Ferne gerückt ist. Wir erwarten allerdings auch, daß die französische Regierung alles tut, um tatsächlich wieder in den Währungsverbund zurückzukehren. Die europäischen Staaten haben keine andere Wahl, als den Weg der Einigung trotz Rückschlägen und immer wieder neuen Enttäuschungen fortzusetzen.
Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Offergeld. Es folgt der Abgeordnete Graf Lambsdorff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der SPD begrüßt die Stellungnahme der Bundesregierung zu den jüngsten währungspolitischen Ereignissen. Wir sind der Meinung, daß die Bundesregierung alles in ihrer Macht Stehende getan hat, die bereits im europäischen Einigungsprozeß erzielten Erfolge zu bewahren und die Grundlage weiterer europäischer Kooperation nicht zu gefährden. Die Bundesregierung hat Frankreich einen in seiner Höhe einmaligen Beistandskredit zur Stützung des Franc angeboten. Sie hat damit erneut ihre europäische Solidarität bewiesen und gezeigt, daß sie bereit ist, mit Wort und Tat für die europäische Einigung einzutreten. Gleichzeitig müssen wir mit Bedauern den Beschluß der französischen Regierung respektieren, eine Lösung ihrer Probleme mit den ihr selbst am wirkungsvollsten erscheinenden Mitteln zu sichern. Dieser französische Schritt beweist, daß die Europäische Gemeinschaft noch nicht so funktioniert, wie es nötig und wünschenswert wäre. Hätten wir bereits eine Wirtschafts- und Währungsunion und einen stärkeren gemeinsamen politischen Willensbildungsprozeß, hätten wir der energiepolitischen Herausforderung geschlossen und damit sicher wirkungsvoller begegnen können. Das heißt für uns, daß wir dieses Ziel wie in der Vergangenheit so auch in Zukunft zu erreichen bestrebt sein werden. Die europäische Einigung ist und bleibt eine der Grundlagen der deutschen Politik.
Der neue europäische Währungsverbund, in dem die D-Mark sicherlich eine bedeutende Währung sein wird, legt uns neue Verantwortung auf. Ich sehe es als ein ermutigendes Zeichen an, daß es gelungen ist, den Währungsverbund mit den Benelux-Ländern, Dänemark, Norwegen und Schweden aufrechtzuerhalten. Wir haben stets den Integrationszwang der Schlange als ein technisches Instrument betont, das seine integrierende Funktion nur reibungslos erfüllen kann, wenn die ökonomischen Grundbedingungen in der Gemeinschaft nicht wesentlich divergieren. Die Bundesregierung muß sich daher wie schon bisher verstärkt für Fortschritte auf dem Gebiet der Koordinierung und Harmonisierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer einsetzen.
Wir wissen, daß in der jetzigen, durch die Energiepolitik der ölfördernden Staaten verursachten Lage eigentlich nur zwei Länder ohne große gravierende Bedenken den Konsequenzen dieser Maßnahmen entgegensehen können: die Vereinigten Staaten und die Bundesrepublik; die USA wegen ihrer Fähigkeit, die Ölimporte in heimischer Währung zu bezahlen, wir wegen unserer hohen Divesenüberschüsse.
Sicherlich hat sich also die Vorsicht der Bundesregierung und Bundesbank gerechtfertigt, nicht um der Bilanzoptik der Bundesbank, der Zentralbank willen bei steigenden Dollarkursen Dollars zu kaufen. Ich möchte hier deswegen erneut der Hoffnung Ausdruck geben, daß wir endlich zu einem Weltwährungssystem kommen, in dem nicht Notenbanken anderer Länder für die eigene Währungspolitik mitverantwortlich gemacht werden können. Ich fürchte aber, daß ein System der Sonderziehungsrechte noch einige Zeit auf sich warten lassen wird.
Unsere gute Devisenposition ist hauptsächlich dank unserer Exportindustrie möglich geworden. Ich möchte dabei an ein Faktum erinnern. Wir haben in der Vergangenheit bei steigendem Wert der D-Mark trotz vieler anderer Voraussagen erneut Exportsteigerungen erzielt. Das war nur möglich durch die Zuverlässigkeit und Qualität der deutschen Produktion, aber auch wegen der relativen Stabilität ihrer Preise und der sozialen Situation in unserem Land. Die Exportwirtschaft sollte deshalb die Grundlagen ihrer jüngsten Erfolge nicht aus dem Auge verlieren.
In diesen Wochen tut eines, meine ich, besonders not: kühlen und klaren Kopf zu bewahren und alle Entscheidungen frei von Emotionen zu treffen. Industrieländer und Entwicklungsländer laufen ja Gefahr, auf der Ölspur der arabischen Preispolitik ins Schleudern zu geraten. Gerade jetzt dürfen wir nicht nur kurzfristig an unser nationales Interesse denken, sondern müssen und das ist langfristig auch wieder in unserem eigenen Interesse — Politik als „Weltinnenpolitik" begreifen und betreiben. Ein Rückfall in nationalstaatliche Egoismen würde zwangsläufig zu einem allgemeinen ökonomischen Niedergang unserer Weltwirtschaft führen. Wir hoffen, daß die Bundesregierung mit ihrer Politik dazu beiträgt, daß dies nicht geschehen wird.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Graf Lambsdorff.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Meine Freunde und ich schlagen vor, zunächst einmal dem Sprecher der Opposition eine Reise nach Paris zu bewilligen, damit er seine Beschwerden an der richtigen Stelle anbringen kann.
Herr Kollege Sprung, dies ist doch nun in der Tat nicht, wie Sie es formuliert haben, das Ergebnis europäischer Deklamationen, sondern das Ergebnis arabischer Tatsachen, mit dem wir uns hier bei der französischen Reaktion auseinanderzusetzen haben.
Für meine Freunde und für mich selber bedaure ich diese Entscheidung für Europa. Unsere Hoffnung, daß auf instrumentale Weise die Integration auf dem Währungs- und Wirtschaftssektor gefördert
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4741
Dr. Graf Lambsdorffwerden könnte, hat getrogen. Wir machen daraus gar kein Hehl. Dies ist ein bedauerlicher Tatbestand.Wir begrüßen ebenso, wie es mein Vorredner getan hat, die Entscheidung der Bundesregierung, dem französischen Partner einen Beistandskredit in dieser ungewöhnlichen Größenordnung anzubieten, weil wir in der Tat hier noch einmal einen Beweis des guten Willens gesehen haben und sehen können, den Währungsblock, auf den wir mehr gesetzt haben — ich gestehe das ganz offen —, zu erhalten.Wir meinen, daß der Exportnachteil nicht überbewertet werden sollte, Herr Kollege Köhler. Wir haben in der Vergangenheit Entwicklungen ähnlicher Art erlebt, und unsere anfänglichen Befürchtungen haben sich ja erfreulicherweise meist nicht bewahrheitet. Auch jetzt, so hoffen wir, wird dieser Optimismus gerechtfertigt sein.Wir sind mit dem Herrn Bundesfinanzminister der Meinung, daß allerdings ein weltweiter Abwertungswettlauf eine katastrophale Entwicklung, eine desintegrierende Entwicklung für den Welthandel einleiten würde, so daß Ihre Formulierung „Lieber solide finanzierte - natürlich hoffentlich nicht allzu große — Zahlungsbilanzdefizite" auch unsere Zustimmung findet.Stabilitätspolitisch ist die Entscheidung der französischen Regierung aus unserer Sicht sicherlich nicht von Nachteil. Oh sie allerdings in Frankreich die Innenwirkung — es ist zwar deren Problem — erzielen wird, die damit beabsichtigt ist, dies ist angesichts der Tatsache, daß von den Franzosen nun sehr viel höhere Aufwertungen für Energieimporte veranschlagt werden müssen, doch sehr fraglich. Wir bedauern, daß sich hier die liberale Wirtschaftspolitik nicht durchgesetzt, sondern daß die merkantilistische Wirtschaftspolitik die Oberhand behalten hat. Man könnte vielleicht sogar versuchen, das mit Namen noch deutlicher zu machen; ich will aber darauf verzichten.Noch einmal: Stabilitätspolitisch ist das, so glaube ich, für uns eher eine Unterstützung und jedenfalls keine negative Maßnahme. In diesem Zusammenhang sind wir sehr einverstanden mit Ihrer Antwort, Herr Bundesfinanzminister, und freuen uns über die Zustimmung der Partner im nun kleiner gewordenen Währungsblock, daß die Kapitalverkehrskontrollen in dem vorgesehenen Maß und Umfang abgebaut werden können und daß die Bundesregierung bei dieser Absicht bleibt.Es ist natürlich für uns von Vorteil, daß wir in der Dollar-Regulierung nunmehr ungebundener sind und nicht mehr die Rücksicht auf den zur Zeit unbestreitbar schwächsten „Schlange"-partner nehmen mußten. Dies hat uns in der Tat behindert. Aber auf der anderen Seite sind wir mit Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, der Meinung, daß es nun wirklich auch einmal Sache der amerikanischen Regierung ist, etwas in Sachen Kursregulierung für die eigene Währung zu tun. Gutes Zureden hilft. Wir haben es in anderer Richtung schließlich auch erreicht. Vielleicht läßt es sich auch diesmal bewerkstelligen. Deshalb ist Ihre Aufforderung anIhren amerikanischen Kollegen George Schultz durchaus richtig und findet unsere Zustimmung.Abschließend zwei Bemerkungen: Es bleiben zwei nach unserer Auffassung vordringliche Aufgaben, die noch vordringlicher geworden sind als bisher. Die eine lautet: Weiterarbeiten an der Reform des Weltwährungssystems, so schwierig das jetzt auch geworden ist, Herr Bundesfinanzminister. Ihr Hinweis auf die Frage „Geht das jetzt eigentlich noch mit festen Wechselkursen?" ist sicherlich gerechtfertigt. Aber es hilft uns alles nichts, wir müssen hier am Ball bleiben; dieses Problem muß gelöst werden. Gerade in den Zeiten einer schwierigen welthandelspolitischen Entwicklung muß sich der Kapitalverkehr in geordneten Bahnen vollziehen können. Wir wissen aber, daß die Bundesregierung und Sie selber sich diesem Thema mit Aufmerksamkeit und Intensität widmen und gewidmet haben. Wir bitten Sie, dabei zu bleiben.Der nächste Punkt. Es entspricht unserer Überzeugung, daß die nächsten fünf bis zehn Jahre im Zeichen einer bisher nicht gekannten wirtschaftlichen Suprematie der Vereinigten Staaten in dieser westlichen Welt stehen werden. Das bedeutet — und das ist wichtig für uns zu wissen und zu erkennen -- Fortsetzung und Pflege der traditionellen deutsch-amerikanischen Freundschaft. Wer, Herr Bundesfinanzminister, Ihre Aktivitäten in dieser Richtung verfolgt hat, wird mit mir, so hoffe ich, davon überzeugt sein, daß dieses Thema auf Ihrem eigenen Arbeitsgebiet bei Ihnen in guten Händen ist.
Zum Abschluß hat der Herr Bundesminister der Finanzen das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte eine Bemerkung zu Herrn Dr. Sprung machen. Sie haben - und der außenpolitische Zusammenhang ist nicht zu leugnen — auch vom Regionalfonds geredet und gemeint, das Verhalten der Bundesregierung habe nicht gerade zur Verbesserung des europäischen Klimas beigetragen; so ungefähr war der Wortlaut. Ich darf in Ihre Erinnerung rufen, Herr Dr. Sprung, daß es einen einstimmigen Beschluß des Wirtschaftsausschusses dieses Hauses gibt, den sich das Plenum des Deutschen Bundestages zu eigen gemacht hat. Wenn ich ganz ehrlich bin, sind wir über diesen in unseren Angeboten schon hinausgegangen. Also seien Sie nicht zu ausdrücklich.
Da haben Sie recht. Das gilt für alle, die am
Konzert beteiligt sind.
Ich will dann etwas sagen, was nicht an jemandes persönliche Adresse gerichtet ist. Aber mir scheint, daß man es in einer solchen Debatte wohl sagen sollte. Ich spreche also niemanden spezifisch an. Ich möchte darum bitten, daß wir uns bei der Kritik
Bundesminister Schmidt
an dem währungspolitischen Verhalten anderer Regierungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft eine gewisse Vorsicht auferlegen.
Schließlich ist das, was die französische Regierung getan hat, nichts anderes als das, was die italienische, die englische und die irische Regierung vor ihr schon getan haben. Ich sage das an niemandes persönliche Adresse.
Einverstanden, die vorige deutsche Regierung. Und ich füge gleich hinzu, daß wir in der heute nachmittag, in dieser Stunde allerdings notwendigen Betonung des großen Umfangs unserer eigenen Währungsreserven eine gewisse Zurückhaltung üben müssen, wenn es sich um Gespräche mit anderen Staaten, mit unseren Partnern handelt.
Eine letzte Bemerkung. Ich bin dankbar, Graf Lambsdorff, daß Sie mich nicht unter die Merkanlisten eingereiht haben,
aber es schien so, als ob Sie mich unter die Liberalen vereinnahmen wollten. Wenn Sie in meinem Falle „liberal" klein schreiben und anschließend „Sozialdemokrat" groß, bin ich durchaus einverstanden.
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende des Tagesordnungspunktes 1, des Berichtes der Bundesregierung aus der Kabinettssitzung, den wir zum erstenmal auf Grund der neuen Richtlinien, nach denen wir probeweise verfahren wollen, erledigt haben.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksachen 7/1555, 7/1573 -
Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, daß wir auch in dieser Woche abweichend von den Richtlinien für die Fragestunde — zwei Fragestunden mit einer jeweiligen Dauer von 90 Minuten durchführen. Ich muß dazu nach § 127 der Geschäftsordnung die Zustimmung des Hohen Hauses haben. — Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Wir treten in die Fragestunde ein. Wir kommen zunächst zu den Dringlichkeitsfragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. - Der Fragesteller, der Herr Abgeordnete Thürk, ist anwesend. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die erste Dringliche Frage des Herrn Abgeordneten Thürk auf:
Ist die Bundesregierung bereit, den saarländischen Grenzgänger-Rentnern, die von den französischen Versorgungskassen die Renten vierteljährlich nachträglich ausgezahlt erhalten, schnell und unbürokratisch einen Härteausgleich für die erheblichen Währungsverluste, die sie in der Vergangenheit durch die laufende Wertminderung des Französischen Franken gegenüber der Deutschen Mark und seit diesem Wochenende durch das Floaten des Franken hinnehmen mußten und weiterhin müssen, zu gewähren?
Herr Abgeordneter, gestatten Sie, daß ich beide Fragen im Zusammenhang beantworte?
Es wäre mir, offen gestanden, lieber, Herr Staatssekretär, wenn Sie sie getrennt beantworteten; das Grundsatzproblem ist zwar dasselbe, aber bei den Rentnern kommt ein spezifisches Problem hinzu. Ich bin aber einverstanden, daß Sie die Fragen, wenn Sie ein entsprechendes Manuskript vorliegen haben, auch im Zusammenhang beantworten.
Ich versuche einmal, sie getrennt zu beantworten.
Herr Kollege, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie, wenn beide Fragen zusammen aufgerufen werden, dennoch vier Zusatzfragen haben. Die Zahl der Zusatzfragen vermindert sich also nicht.
Vielen Dank, Herr Präsident! Dann stelle ich meine Bedenken zurück.
Sie stellen Ihre Bedenken zurück.
Ich rufe dann noch die zweite Dringliche Frage des Herrn Abgeordneten Thürk auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die von der Regierung des Saarlandes zum Ausgleich der in der Vergangenheit entstandenen Währungsverluste für die in Frankreich im Arbeitsprozeß stehenden saarländischen Grenzgänger bewilligten Ausgleichszahlungen unter Berücksichtigung der jüngsten Währungsbeschlüsse der französischen Regierung durch zusätzliche Leistungen schnell und unbürokratisch aufzustocken?
Die Frage eines Ausgleichs für Auswirkungen von Wechselkursänderungen auf Auslandseinkünfte aller Art — Arbeitslöhne, Renten, Exporterlöse, Kapitalerträge usw. — ist von der Bundesregierung wiederholt geprüft worden. Die Bundesregierung ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß Ausgleichsleistungen generell nicht gewährt werden können, ebenso wie auch früher bestehende Kaufkraftvorteile dieses Personenkreises nicht abgeschöpft wurden. Soweit im Einzelfall aus sozialen Gründen mit Rücksicht auf die Einkommenshöhe eine Entlastung erforderlich ist, bietet bereits das bestehende System der sozialen Sicherung angemessene Hilfen.
Soweit es sich bei den Wechselkursänderungen um Aufwertungen der D-Mark handelte, waren sie erforderlich, um uns von dem internationalen Inflationstrend abzuhängen; sie haben die Stabilitätspolitik der Bundesregierung dabei unterstützt und wesentlich gefördert. Die Stabilitätspolitik nützt allen Bürgern der Bundesrepublik, auch den Grenzgängern.
Parl. Staatssekretär Hermsdorf
Für Maßnahmen anderer Länder wie die jüngste Freigabe des Franc-Kurses - kann die Bundesregierung keinen Ausgleich leisten. Jede Ausgleichsmaßnahme würde zu weitgehenden Berufungen und zu erheblichen Belastungen der öffentlichen Haushalte führen. Ich darf im übrigen auf die Antwort von Herrn Staatssekretär Eicher vom 6. August 1973 auf eine entsprechende Anfrage des Abgeordneten Dr. Schneider sowie auf die Sitzungsprotokolle des Deutschen Bundestages vom 26. November 1969 und vom 8. Juni 1971, auf die Anlage zur Drucksache VI/2492 vom 10. August 1971 sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 3. März 1972 hinweisen, in denen die Auffassung der Bundesregierung mehrfach dargelegt und begründet worden ist.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Thürk.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß Ihre Ausführungen mehr finanzpolitischer und stabilitätspolitischer als sozialpolitischer Natur sind und daß es sich hier um einen Personenkreis handelt, der über kleinere Einkommen verfügt, so daß für diesen Personenkreis eine sehr fühlbare Härte auftritt, daß man diesen Personenkreis also in einer angemessenen Weise -- ohne ihn auf die Sozialhilfe zu verweisen, also ohne daß unmittelbar das Sozialamt eingeschaltet werden müßte — unterstützen sollte?
Ich stimme mit Ihnen in dem ersten Punkt überein, daß meine Antwort mehr finanzpolitisch als sozialpolitisch gesehen werden muß. Ich bin aber der Auffassung, daß bei der augenblicklichen Situation diese starke sozialpolitische Komponente, die Sie herausstellen, nicht so drängend ist, daß wir zu einem Abwertungsausgleich kommen sollten.
Eine zweite Zusatzfrage des Herr Abgeordneten Thürk.
Herr Staatssekretär, die Rentner spielen in diesem Bereich eine besondere Rolle, auf die ich hingewiesen hatte. Ich bitte Sie, sich auch besonders dazu zu äußern.
Ich habe in meiner ersten Antwort bereits darauf hingewiesen, daß das bisherige System der sozialen Sicherung hier bereits Ausgleichsmöglichkeiten bietet. Über das, was ich eben gesagt habe, möchte ich nicht hinausgehen.
Eine dritte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Thürk.
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, wie die Dinge bei gleichen Verhältnissen im Raum der Beneluxstaaten gehandhabt werden?
Ich weiß das im einzelnen nicht.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeorneten Roser auf:
Aus welchen Gründen erhalten Rentner und Rentnerinnen, die das 65. bzw. 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht die gleichen Vergünstigungen verbilligter Fahrten für ältere Menschen bei der Deutschen Bundesbahn, und ist die Bundesregierung nicht auch der Meinung, daß aus Gründen sozialer Gerechtigkeit jüngere Vollrentner, insbesondere Frührentner, gleichgestellt werden sollten?
Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Haar zur Verfügung.
Herr Kollege, das Sonderangebot der Deutschen Bundesbahn für Seniorenreisen ist für alle älteren Personen bestimmt, soweit die Damen über 60 und die Herren über 65 Jahre alt sind. Dieser Personenkreis, der überwiegend Personen mit geringerem Einkommen umfaßt, ist ohne besondere Formalitäten leicht abgrenzbar. Die Bundesregierung hat Verständnis für ,den Wunsch vor allem der Frührentner, aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit hinsichtlich der Vergünstigung verbilligter Fahrten mit den älteren Menschen gleichgestellt zu werden. Hier bereitet jedoch die Erfassung dieses Personenkreises erhebliche Schwierigkeiten wegen der Vielzahl der Muster für Renten bzw. Pensionsbescheide, deren jeweiliger Ziffernschlüssel dem gesamten Verkaufs- und Kontrollpersonal der Deutschen Bundesbahn bekannt sein müßte, um mißbräuchliche Inanspruchnahme der Fahrpreisermäßigung auszuschließen. Dieses Problem konnte bei den bisherigen Erörterungen mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn nicht gelöst werden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Roser.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß eine Handhabung im Sinne sozialer Gerechtigkeit wie Sie selber sagten — nicht an administrativen Schwierigkeiten scheitern darf, und welche Wege wurden überprüft, hier zu einer sozial gerechten Regelung zu kommen?
Der Bundesbahnvorstand hat verschiedentlich in Erörterungen mit den zuständigen Stellen innerhalb der Deutschen Bundesbahn zu klären versucht, welche Vereinfachungen beim Verkauf solcher ermäßigter Karten im Rahmen von Sonderangeboten möglich sind, kam in der Zwischenzeit aber zu keinem befriedigenden Ergeb-
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4744 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Parl. Staatssekretär Haarnis. Diese Fragen werden weiterhin in Gesprächen mit der Deutschen Bundesbahn erörtert.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Roser.
Herr Staatssekretär, können Sie Angaben zeitlicher Art machen, wann mit einer abschließenden Klärung und Erklärung zu rechnen ist?
Das neue Sonderangebot ist jetzt erst vom Vorstand der Deutschen Bundesbahn bekanntgegeben worden. Ich kann Ihnen über die zeitlichen Regelungen für eine solche Erweiterung im Augenblick keine verbindlichen Angaben machen, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß Vereinheitlichungen dieser Art aus sozialen Gründen nicht in erster Linie Aufgabe der Deutschen Bundesbahn sein können, und teilen Sie meine Ansicht, daß hier Ihr Ministerium in Zusammenarbeit etwa mit dem Bundesarbeitsministerium schnell Wege finden müßte, um diesen Personenkreis aus sozialen Gründen, wie Sie hier selber feststellten, zu berücksichtigen?
Im Endeffekt kann ich Ihnen in Ihrer Frage nicht zustimmen, Herr Kollege; denn der Vorstand ist für Sonderangebote und auch für die Ausweitung innerhalb eines bestimmten Personenkreises in der kaufmännischen Verantwortung selbständig. Es kann sich also nur darum handeln, daß wir Empfehlungen geben und solche Fragen mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn erörtern.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob Sie Empfehlungen zu diesem Problemkreis abgegeben haben und gegebenenfalls, welche?
Dieser Wunsch auf eine Ausweitung solcher Angebote ist dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn durch den Bundesverkehrsminister wiederholt übermittelt worden, Herr Kollege. Ich habe bereits im ersten Teil meiner Antwort darauf hingewiesen, daß der Vorstand der Deutschen Bundesbahn entsprechend dieser Anregung auch schon geprüft hat, welche Möglichkeiten gegeben sind. Aber aus Kontrollgründen konnte diesem Wunsch bislang nicht entsprochen werden.
Ich rufe die Frage 20 des Abgeordneten Geldner auf. — Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 21 und 22 werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Fuchs auf:
Ist die Bundesregierung bereit, Schritte zu unternehmen, damit die Deutsche Bundesbahn den Studierenden außer der Ermäßigung bei Fahrten zwischen dem Hauptwohnort und dein Studienort für Fahrten auf dem übrigen Streckennetz der Deutschen Bundesbahn eine Fahrpreisermäßigung von 30 Prozent gewährt?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär bitte.
Herr Kollege Dr. Fuchs, die Bundesregierung sieht sich nicht in der Lage, Schritte zu unternehmen, damit den Studierenden für Fahrten in allen Verkehrsverbindungen auf dem Streckennetz der Deutschen Bundesbahn eine Fahrpreisermäßigung in Höhe von 30 % zur Verfügung steht. Eine solche Maßnahme würde einem neuem sozialindizierten Tarif gleichkommen. Wegen der damit verbundenen Einnahmeausfälle für die Deutsche Bundesbahn könnte eine derartige Maßnahme nur im Wege einer Auflage nach § 16 des Bundesbahngesetzes durchgesetzt werden. Das hätte zur Folge, daß gemäß § 28 a des Bundesbahngesetzes die entstehenden Einnahmeausfälle der Bundesbahn aus dem Bundeshaushalt erstattet werden müßten. Die Bundesregierung sieht sich in der gegenwärtigen Situation nicht in der Lage, an eine solche Erweiterung der Zuwendungsmöglichkeiten zu denken.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Fuchs.
Herr Staatssekretär, da Sie von Ausfällen bei den Einnahmen der Bundesbahn gesprochen haben, wenn diese Fahrpreisermäßigung für Studierende gewährt würde, darf ich Sie fragen, ob es nicht so ist, daß die Bundesbahn dann eigentliche keine zusätzlichen Kosten hätte, daß aber umgekehrt durch eine häufigere Inanspruchnahme der ohnehin laufenden Züge sogar eine Einkommensverbesserung der Bundesbahn durch diese Maßnahme zustande kommen würde?
Ich kann Ihre Auffassung nicht teilen, Herr Kollege. Sie wissen, daß der Kostendeckungsgrad z. B. im Personennahverkehr, soweit es die Angebote der Bundesbahn anlangt, bei 35 % liegt. Eine Ausweitung durch weitere Angebote würde ganz zwangsläufig zusätzliche Leistungen an die Bundesbahn nach sich ziehen — entsprechend dem ersten Teil der Antwort, die ich Ihnen gegeben habe , und ich weiß nicht, ob es mit den Vorstellungen der maßgeblichen Haushalts- und Verkehrspolitiker in Ihrer Fraktion in Übereinklang zu
Parl. Staatssekretär Haar
bringen wäre, wenn wir die Schere hier weiter öffneten.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Fuchs.
Herr Staatssekretär, da Sie auch die soziale Komponente angesprochen haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie nicht meine Auffassung teilen, daß diese Fahrpreisermäßigung einem Bevölkerungskreis zugute kommen würde, der schon durch die Tatsache, daß er im Gegensatz zu den Gleichaltrigen über kein eigenes Einkommen verfügt, sondern auf Zuschüsse entweder vom Elternhaus oder von der öffentlichen Hand angewiesen ist, in einer besonders schwierigen sozialen Lage ist?
Herr Kollege, dann müßten Sie auch Lehrlinge und vergleichbare Berufe mit entsprechenden Einkommensschichtungen einbeziehen. Genau hier liegt das Problem bei solchen Ausweitungen, soweit es sich um zusätzliche Leistungen aus Steuermitteln handelt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern.
Die Fragen 38, 39 und 40 der Herren Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen und Wende werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 41 des Abgeordneten Biechele auf:
In welchem Stadium des Genehmigungsverfahrens befindet sich das Projekt des Kernkraftwerks bei Rüthi in der Nähe des schweizerischen Bodenseeufers, und ist damit zu rechnen, daß dieses Projekt verwirklicht wird, und teilt die Bundesregierung die Überzeugung vieler Menschen aus allen Ländern am Bodensee, daß dieses Kernkraftwerk ein ernstzunehmendes Gefahrenrisiko, auch im Hinblick auf die Reinhaltung des Bodensees darstellen würde, und wie könnte man diesem Risiko begegnen?
Zur Beantwortung, bitte, der Herr Bundesminister des Innern, Genscher!
Die Bundesregierung ist davon unterrichtet, daß den zuständigen schweizerischen Genehmigungsbehörden ein Antrag auf Standortgenehmigung für ein Kernkraftwerksprojekt bei Rüthi vorliegt. Die Prüfung der Antragsunterlagen ist noch im Gange, so daß derzeit nicht gesagt werden kann, ob — und wenn ja: zu welchem Zeitpunkt — dieser Standort von den dortigen Behörden genehmigt werden wird.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß bei der Errichtung und dem Betrieb eines Kernkraftwerks erhebliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden müssen, um Beschäftigte und die Allgemeinheit vor den Gefahren der Kernenergienutzung zu schützen. Sie ist der Meinung, daß die Sicherheitsbemühungen der Antragsteller sowie die stren-
gen behördlichen Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren, hei denen zahlreiche unabhängige Experten als Gutachter eingeschaltet werden, den erforderlichen Gefahrenschutz gewährleisten können.
Über die sicherheitstechnischen Einzelheiten bei dem Projekt., um das es geht, ist die Bundesregierung im einzelnen noch nicht unterrichtet. Sie hat jedoch auf Grund der bisherigen positiven Kontakte mit der Schweiz Grund zu der Annahme, daß in der Schweiz gleich strenge Sicherheitsanforderungen gestellt werden wie in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Bundesregierung beabsichtigt darüber hinaus, im Rahmen der bestehenden Kontakte mit den schweizerischen Genehmigungsbehörden, an denen die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg beteiligt werden, das Kernkraftwerksprojekt anzusprechen, und ist zuversichtlich, daß hei eventuellen Problem en einvernehmliche Lösungen gefunden werden können, welche die Sicherheitsinteressen auch der deutschen Bevölkerung wahren.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Biechele.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, ob sich die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee schon mit diesem Projekt beschäftigt hat, und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Ich kann Ihnen das im Augenblick nicht beantworten, will es aber gerne schriftlich tun.
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Gerlach auf:
Trifft die in Pressemeldungen wiedergegebene Annahme zu, die am 20. September 1973 angekündigte Gesetzesinitiative der Bundesregierung für das Verfahren zur Berufung oder Ablehnung von Bewerbern des öffentlichen Dienstes werde vom derzeitigen Bundesinnenminister bis zu seinem möglichen Wechsel in ein anderes Ministeramt zurückgehalten, oder welche anderen Gründe haben die Vorlage des angekündigten Entwurfs bisher verhindert?
Bitte, Herr Bundesminister!
Herr Präsident, wenn der Herr Kollege einverstanden ist, würde ich seine beiden Fragen wegen des Sachzusammenhang gern zusammen beantworten.
Ich rufe also auch die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Gerlach auf:
Kann damit gerechnet werden, daß der Entwurf vor oder nach dem 15. Mai 1974 vorgelegt wird?
Bitte schön, Herr Bundesminister!
Herr Abgeordneter, wenn Sie mit Ihrer Frage eine Hoffnung verbinden, muß ich Sie enttäuschen; wenn Sie dagegen eine Befürchtung äußern, kann ich
Bundesminister Genscher
Sie beruhigen. Die in Pressemeldungen wiedergegebene Annahme trifft nämlich nicht zu.
Am 20. September 1973 ist zwischen dem Herrn Bundeskanzler und den Regierungschefs der Länder verabredet worden, daß die Novelle zum Beamtenrechtsrahmengesetz in frühzeitiger Abstimmung mit den Ländern erarbeitet werden soll. Aus diesem Grunde ist mit dem Vorsitzenden der Konferenz der Innenminister der Länder vereinbart worden, daß in der Innenministerkonferenz am 15. Februar 1974 über den Entwurf der Novelle gesprochen werden soll, bevor das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschließt.
In der Innenministerkonferenz am 15. Februar 1974 wird auch zu erörtern sein, ob sich die am selben Tage zusammenkommenden Regierungschefs des Bundes und der Länder noch mit dem Entwurf befassen. Nach dieser Abstimmung zwischen Bund und Ländern auf politischer Ebene wird die Bundesregierung unverzüglich beschließen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerlach.
Herr Minister, teilen Sie mit mir die Auffassung, daß es sich bei der angekündigten Gesetzesinitiative zwar um eine schwierige, aber nur wenige Paragraphen umfassende Regelung handelt, die bei entsprechender Beschleunigung durch die politische Spitze, insbesondere durch Ihr Haus, jedenfalls in einem kürzeren Zeitraum als in den zwischenzeitlich verflossenen vier Monaten hätte erledigt werden können?
Herr Abgeordneter, wie immer geht auch hier Qualität vor Schnelligkeit. Im übrigen unterliegen die Terminierungen der Konferenz der Innenminister der Länder nicht meiner Entscheidungsgewalt. Ich wollte aber dieser Konferenz auch nicht vorgreifen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berger.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Minister, ich möchte Sie fragen, ob die Tatsache, daß noch kein Entwurf der Bundesregierung an die Öffentlichkeit gelangt oder bekanntgeworden ist, vielleicht daran liegt, daß innerhalb des Bundesinnenministeriums noch kein Entwurf ausgearbeitet worden ist, daß etwa ein Entwurf des Innenministeriums noch nicht Ihre Billigung, Herr Minister, gefunden hat oder etwa die Einigung mit dem Bundeskanzler noch aussteht?
Herr Abgeordneter, Sie scheinen sich durch Indiskretionen in der Vergangenheit zu der irrtümlichen Annahme veranlaßt zu sehen, daß es nur solche Entwürfe gibt, die auch gleichzeitig der Offentlichkeit bekanntgeworden sind. Dieser Eindruck ist falsch.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerlach.
Herr Bundesminister, trifft die Meldung der „Süddeutschen Zeitung" vom 10. Januar dieses Jahres zu, nach der einerseits ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage angegeben habe — ich zitiere —: „Die Besprechungen mit den Ländern nehmen viel Zeit in Anspruch", andererseits die Staatskanzleien der Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern erklärt hätten, aus dem Innenministerium sei man noch nicht an sie herangetreten, es hätten weder Besprechungen noch Abstimmungen stattgefunden, und wie ist dieser Widerspruch zu erklären?
Beides ist richtig und steht in keinem Widerspruch zu dem, was ich gesagt habe, nämlich daß nach dem erklärten Willen der Bundesregierung und der Regierungen der Länder diese Abstimmung auf politischer Ebene stattfinden soll. Aus diesem Grunde habe ich mit dem Herrn Vorsitzenden der Innenministerkonferenz der Länder, wie schon berichtet, verabredet, daß diese Abstimmung am 15. Februar stattfindet. Dabei schließe ich nicht aus, Herr Kollege, daß rechtzeitig Vorabstimmungen eingeleitet werden, um die Beratungen am 15. Februar ordnungsgemäß vorzubereiten.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Gerster.
Herr Bundesinnenminister, könnten Sie mir ein offenbar süßes Geheimnis des offenbar noch amtierenden Bundesinnenministers mitteilen, nämlich ob ein Entwurf vorliegt, welche Ebene dieser Entwurf erreicht hat — Referenten-, Abteilungsleiter-, Staatssekretär-, Ministerebene und ob schon über das Ministerium hinaus über diesen Entwurf innerhalb der Bundesregierung geredet wurde?
Zu eins: Ja. Zu zwei: Nein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sieglerschmidt.
Herr Bundesminister, ist das Interesse der Kollegen von der CDU/CSU an dem baldigen Erscheinen dieses Gesetzentwurfes vielleicht darauf zurückzuführen, daß sie wünschen, daß einige in diesem Zusammenhang in CDU/CSUregierten Ländern geübte, sehr fragwürdige Praktiken möglichst bald beendet werden?
Herr Abgeordneter, die Aufgaben eines Bundesministers des Innern sind so umfangreich, daß er sich nicht noch zusätzlich mit der Motiverforschung bei der Opposition befassen kann.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4747
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerlach.
Herr Bundesminister, meinen Sie nicht vielmehr, daß wir als Fragesteller die Befürchtung haben, daß in dem einen oder anderen Land, das schon bisher die geltenden Bestimmungen, von denen ja ausgegangen werden muß, und ihre Auslegung durch die Beschlüsse vom 28. Januar 1972 nur zögernd oder unvollständig praktiziert hat, das so lange Ausbleiben der angekündigten Gesetzesinitiative als Vorwand für eine noch nachgiebigere Haltung gegenüber denjenigen Bewerbern aufgefaßt wird, die in den öffentlichen Dienst eintreten wollen?
Herr Abgeordneter, was ich über meine Möglichkeiten, Ihre Motive zu erforschen, gesagt habe, gilt in gleicher Weise für die Erforschung Ihrer Befürchtungen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 44 und 45 sind vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 46 des Abgeordneten Berger auf:
Besteht seitens der Bundesregierung noch die Absicht, die am 20. September 1973 vom Bundeskanzler angekündigte Gesetzesinitiative zur Regelung des Verfahrens bei Zweifeln an der Gewähr der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst zu ergreifen, und bis wann wird sie — wenn ja — diese Absicht verwirklichen?
Zur Beantwortung Herr Bundesminister, bitte!
Ich darf vorab, Herr Kollege, zur Beantwortung Ihrer beiden Fragen auf das verweisen, was ich eben schon ausgeführt habe, und noch einmal unterstreichen, daß die Abstimmung zwischen dem Bundesminister des Innern und den Innenministern der Länder auf politischer Ebene stattfinden soll. Deshalb halte ich es für sehr wohl möglich, daß Vorgespräche mit Beauftragten der Innenministerkonferenz noch vor dem 15. Februar stattfinden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berger.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Bundesinnenminister, treffen wohl Pressemeldungen zu, nach denen das Bundeskanzleramt sich in die Vorarbeiten für die geplante Gesetzesinitiative eingeschaltet hat, und hat das Bundeskanzleramt sich in beschleunigendem Sinne oder in verzögerndem Sinne eingesetzt?
Mir is über eine solche Einschaltung des Bundeskanzleramtes nichts bekanntgeworden. Ich kenne aber diese Pressemeldungen, die nachzuprüfen ich allerdings nicht die Zeit hatte. Ich hielt sie auch nicht für wichtig genug.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berger.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meinen Sie, daß für die Verzögerung, die nun leider bis zum 15. Februar eingetreten ist, vielleicht auch gewisse Parteitagsbeschlüsse der SPD eine Rolle gespielt haben könnten?
Herr Abgeordneter, ich kann für Unterstellungen nicht dasselbe sagen, was ich für die Erforschung von Befürchtungen und Motiven gesagt habe. Hier geht es allein um eine sachgerechte Behandlung der Angelegenheit. Ich würde in dieser staatspolitisch außerordentlich wichtigen Frage einer gründlichen und politisch abgesicherten Abstimmung zwischen Bund und Ländern den Vorzug vor einer übereilten Beschlußfassung im Bundeskabinett geben. Das allein ist das Motiv für die Terminierung, nichts anderes.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerster.
Herr Bundesinnenminister, können Sie hier zusagen, daß Sie als Bundesinnenminister dieses Gesetz noch in das Kabinett einbringen werden?
Wenn ich bis dahin noch lebe, ja.
Einen Augenblick, Herr Kollege Berger! Es ist noch nicht die Frage 47 aufgerufen.
— Das Gefühl habe ich auch. Dann gilt Frage 47 nachträglich als mit aufgerufen:
Hat die Bundesregierung in den seither verstrichenen vier Monaten einen Gesetzesentwurf oder Formulierungsvorschlag als Grundlage der vorn Bundesinnenminister angekündigten Abstimmung mit den Ländern ausgearbeitet, und wann ist dieser Text welchen Länderbehörden zugeleitet worden?
Sie haben noch zwei Zusatzfragen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Innenminister, wir wünschen Ihnen ein langes Leben und gehen infolgedessen davon aus, daß nach dem 15. Februar noch im Laufe des Monats Februar oder im März der Kabinettsbeschluß doch kommen müßte.
Zu eins bedanke ich mich, zu zwei bestätige ich Ihre Hoffnung.
Keine Zusatzfrage.Ich rufe die Frage 48 des Abgeordneten Volmer auf:Ist aus der bisherigen Nichtvorlage der von der Bundesregierung am 20. September 1973 angekündigten Gesetzesinitiative für das Verfahren zur Berufung oder Ablehnung von Bewerbern des öffentlichen Dienstes zu schließen, daß die Bundesregierung in-
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4748 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Vizepräsident von Hasselzwischen die bestehenden Gesetze und ihre Erläuterung durch die Beschlüsse der Regierungschefs vom 28. Januar 1972 für ausreichend klar sowie ihre vollständige Anwendung im Bund und allen Ländern für gesichert hält?Zur Beantwortung, bitte, Herr Bundesminister!
Nein, Herr Abgeordneter.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Volmer.
Herr Minister, würden Sie, wenn Sie von dem Termin eines abschließenden Gespräches am 15. Februar 1974 ausgehen, heute sagen können, wann mit einer vertraglichen Regelung mit den Ländern oder mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung zu rechnen ist?
Herr Abgeordneter, eine vertragliche Regelung steht nicht zur Diskussion. Ich gehe davon aus, daß es möglich sein wird, die gewünschte übereinstimmende Haltung von Bund und Ländern am 15. Februar zu erzielen, so daß im Anschluß daran die Meinungsbildung im Bundeskabinett beginnen und sehr bald beschlossen werden kann.
Zu einer letzten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Volmer.
Herr Minister, sehen Sie den zeitlichen Ablauf hinsichtlich dieser Regelung so, daß Sie sich dazu noch als Innenminister äußern, oder so, daß Sie sich als Außenminister daran erinnern werden?
Herr Abgeordneter, ich werde meine Amtspflichten als Innenminister erfüllen. Was Sie mit dem Zusatz sagen wollen, kann ich allenfalls erahnen, aber nicht unterstreichen.
Ich rufe die Frage 49 des Abgeordneten Jäger auf:
Welchen Umfang hat nach den Erkenntnissen der Bundesregierung die Spionage der Staaten des Warschauer Pakts in der Bundesrepublik Deutschland, und gibt es Anzeichen dafür, daß diese Spionagetätigkeit in den letzten Monaten gesteigert worden ist?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Bundesminister!
Herr Abgeordneter, nach den Erkenntnissen der Bundesregierung ist die Bundesrepublik Deutschland nach wie vor ein bevorzugtes Operationsgebiet der Nachrichtendienste der Warschauer-Pakt-Staaten. Der Umfang der Ausspähungstätigkeit, gemessen an der Zahl der bekanntgewordenen Aktivitäten gegnerischer Geheimdienste, hat sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich geändert. Auch nach den Erkenntnissen aus jüngster Zeit waren im Vergleich zu früheren Jahren keine Veränderungen festzustellen. Anzeichen für eine gesteigerte
Spionagetätigkeit in den letzten Monaten gibt es deshalb nicht.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Bundesminister, hat die DDR im Rahmen dieses Konzerts der Warschauer-Pakt-Staaten seit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrages und seiner Verpflichtung zur Normalisierung der Beziehungen ihre Spionagetätigkeit erkennbar verringert?
Nein.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Bundesminister, sind an der Spionagetätigkeit der Staaten des Warschauer Pakts nach wie vor Mitglieder offizieller Residenturen in erheblichem Maß beteiligt? Wenn ja: Hat die Bundesregierung darüber Verhandlungen mit den Regierungen dieser Staaten geführt, um dies für die Zukunft zu unterbinden?
Nicht erheblicher und nicht weniger als in der Vergangenheit. Im übrigen reagiert diese Bundesregierung darauf, wie auch ihre Vorgängerregierungen reagiert haben, wenn solche Fälle bekannt wurden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesinnenminister, hat die DDR ihre Spinoagetätigkeit seit Inkraftreten des Grundlagenvertrags wesentlich gesteigert?
Nein.
Ich rufe die Frage 50 des Abgeordneten Jäger auf:
Trifft die Pressemeldung zu, wonach die Offiziere der sowjetrussischen Militärmission in Bünde, die früher 100 bis 200 Erkundungsfahrten im Monat im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unternommen hätten, jetzt beinahe 300 solcher Erkundungsfahrten monatlich machten , und hält die Bundesregierung bejahendenfalls eine derartige Tätigkeit für vereinbar mit dem Status und den Aufgaben dieser Militärmission?
Aufgabe der in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden sowjetischen Militärmissionen in Bünde, Frankfurt am Main und Baden-Baden ist die Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen dem Oberbefehlshaber der in der DDR stationierten Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland und den Oberkommandierenden der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Streitkräfte der Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreichs und deren Stäben. Die Drei Mächte unterhalten auf dem Territorium der DDR entsprechende Militärmissionen beim Oberbefehlshaber der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4749
Bundesminister GenscherDer Austausch und die Unterhaltung ständiger militärischer Verbindungsmissionen zwischen den in Deutschland stationierten Streitkräften der Vier Mächte beruhen auf entsprechenden zweiseitigen Abkommen zwischen dem Oberbefehlshaber der sowjetischen Truppen in Deutschland und den Oberkommandierenden der drei Westalliierten.Auf Grund dieser Vereinbarungen genießen die Angehörigen der Militärmissionen — unter Beachtung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit — Reise-und Bewegungsfreiheit im räumlichen Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Oberkommandos, bei dem sie akkreditiert sind. Davon ausgenommen ist der Aufenthalt in militärischen Sperrgebieten.Was die Häufigkeit der von Angehörigen der sowjetischen Militärmissionen unternommenen Reisen in und durch das Bundesgebiet angeht, so verfügt die Bundesregierung nicht über Informationen, die die Richtigkeit der zitierten Meldung der Illustrierten „Quick" vom 17. Januar 1974 bestätigen könnten.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Bundesminister, da ich Ihrer Antwort entnehmen darf, daß nicht Erkundungsfahrten aller Art, sondern ausschließlich die Verbindung zwischen den von Ihnen genannten militärischen Stäben zum Aufgabenbereich dieser Militärmissionen gehören, frage ich: Ist die Bundesregierung bereit, auf Grund der von mir zur Grundlage meiner Anfrage gemachten Pressemeldungen nachzuprüfen, ob die sowjetischen Militärmissionen ihren Zuständigkeitsbereich überschritten haben oder nicht?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung nimmt von diesen Bewegungen so Kenntnis wie alle ihre Vorgängerinnen.
Zu einer zweiten Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Muß ich aus dieser Antwort, Herr Bundesminister, schließen, daß die Bundesregierung eine nähere Überprüfung der Tätigkeit dieser Militärmissionen auch nach Bekanntwerden der von mir zitierten Meldungen für nicht so wichtig hält, daß sie sich bemüßigt fühlt, dem nachzugehen?
Ich sagte Ihnen schon, Herr Abgeordneter, daß die Bundesregierung wie alle ihre Vorgängerinnen von diesen Bewegungen Kenntnis nimmt. Im übrigen sind Fragen dieser Art in besonderer Weise geeignet, in einem eigens dafür gebildeten Vertrauensmännergremium verantwortungsvoll besprochen zu werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Freiherr von Fircks.
Herr Bundesminister, haben die Militärmissionen der Vereinigten Staaten, Englands und Frankreichs die gleiche Bewegungs- und Informationsmöglichkeit in der DDR, wie sie die russische Militärmissionen hier genießen?
Ich vermute, daß unsere drei Verbündeten Wert darauf legen werden, daß die Bewegungsfreiheit gleichermaßen gegeben ist.
Ich rufe die Frage 51 des Abgeordneten Gerster auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach einen Tag nach der Errichtung eines stationären Funkmastes in der BGS-Kaserne Bad Bramstedt ein russischer Offizier aus einem Fahrzeug der sowjetischen Militärmission in Bünde die neue Anlage fotografiert hat , und hat die Bundesregierung sonstige Anhaltspunkte dafür, daß die sowjetischen Militärmissionen in Baden-Baden, Frankfurt und Bünde an der Spionagetätigkeit der Staaten des Warschauer Paktes in der Bundesrepublik Deutschland beteiligt sind?
Zur Beantwortung Herr Bundesminister.
Herr Abgeordneter, die Frage ist, so wie Sie sie gestellt haben, mit Nein zu beantworten.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerster.
Herr Bundesminister, sind Ihnen ähnliche Vorgänge, nicht nur an diesem Ort, bekanntgeworden?
Herr Abgeordneter, ich hatte schon bei einer früher gestellten Frage darauf hingewiesen, daß die verantwortungsvolle Erörterung dieser Frage wie in der Vergangenheit auch jetzt in einem Gremium gesucht werden sollte, das eigens dafür gebildet wurde.
Darf ich Sie bitten, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen, Herr Kollege Gerster, diesen Wunsch des Bundesministers zu berücksichtigen. Bitte, eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerster!
Herr Bundesminister, selbst auf die Gefahr hin, daß diese Frage nicht zugelassen wird, muß ich sie stellen. Glauben Sie, daß die deutsche Öffentlichkeit einen Anspruch darauf hat, natürlich soweit es die Sicherheitsbestimmungen erlauben, Aufschluß zu erhalten, wie Bewegungen der hier genannten Art von der Bundesregierung registriert und auch im übrigen behandelt werden?
Herr Abgeordneter, die deutsche Offentlichkeit hat in der Tat einen Anspruch darauf, alle Dinge zu erfahren, soweit nicht wesentliche Sicherheitsbelange unseres Landes berührt werden, Ich würde allerdings nicht so weit gehen, zu sagen, daß auch Anspruch darauf besteht, Auskünfte erteilt zu bekommen, aus denen
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4750 Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Bundesminister Genscherandere Mächte das Maß unserer Möglichkeiten auf dem Sicherheitsgebiet erkennen können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Miltner.
Herr Bundesinnenminister, treffen Pressemeldungen zu, nach denen die russische Militärmission auch die Untertageanlage in Neckarzimmern fotografiert hat, und ist die Bundesregierung bereit, auf Grund solcher Vorfälle erneut auf die Einhaltung der Regelungen über Sperrbezirke bei der Polizei hinzuwirken oder sie gar zu verschärfen?
Herr Abgeordneter, hier gilt dasselbe, was ich bei früheren Fragen gesagt habe. Ich würde gern Ihre Erinnerung daran bemühen, daß auch Regierungen, in denen Ihre Partei politische Verantwortung getragen hat, die Fragen so behandelt haben, wie ich es hier tue, wahrlich nicht ohne Grund, sondern im nationalen Interesse.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Bundesmini-
) ster, angesichts der Tatsache, daß Sie selbst eben in der Antwort auf meine erste Frage bestätigt haben, daß Staaten des Warschauer Paktes nach wie vor in erheblichem Umfang in der Bundesrepublik Spionagetätigkeit entfalten, und angesichts der Tatsache, daß Sie oder Ihr Haus im Verfassungsschutzbericht 1972, den wir in die Hand bekommen haben, selber der deutschen Öffentlichkeit in zum Teil detaillierter Darstellung die Beteiligung auch offizieller Stellen dieser Länder an der Spionage dargestellt haben, frage ich Sie: Halten Sie es angesichts dieser Umstände für gerechtfertigt, was die Militärmissionen der Sowjetunion betrifft, hier eine derartige Geheimniskrämerei zu betreiben?
Herr Abgeordneter, wenn eine Regierung das Maß ihrer Erkenntnisse nicht vor der Öffentlichkeit ausbreitet, wenn sie im übrigen auch angesichts der Tatsache, daß diese Vertreter bei alliierten Stellen akkreditiert sind, Zurückhaltung übt, wollen Sie das bitte nicht als Geheimniskrämerei, sondern als verantwortliches Handeln zur Wahrung der Belange der Bundesrepublik Deutschland würdigen.
Die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich sind behandelt. Ich darf Ihnen danken, Herr Bundesminister.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich rufe die Frage 66 der Abgeordneten Frau Verhülsdonk auf:
Ist die Bundesregierung bereit, aus dem § 13 Abs. 1 und 2 des Tierschutzgesetzes den Auftrag abzuleiten, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren zu erlassen, soweit dies zum Schutz der Tiere notwendig ist?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann.
Frau Kollegin, das am 1. Oktober 1972 in Kraft getretene neue Tierschutzgesetz enthält für jedermann verständliche, klare und bindende Vorschriften, so über das Halten, die Pflege, die Unterbringung sowie über den Transport von Tieren. insbesondere ist die Haltung von Tieren, die in der Öffentlichkeit nicht selten kritisch gesehen wird, durch die Vorschrift des § 2 des Tierschutzgesetzes grundsätzlich geregelt. Die Durchführung dieser Vorschrift obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden.
Zur Regelung der speziellen tierschutzrelevanten Fragen, die sich u. a. bei der heutigen Haltung großer gleichartiger Nutztierbestände auf engem Raum in neuzeitlichen Haltungssystemen, den sogenannten Massentierhaltungen, ergeben, enthält das Tierschutzgesetz in § 13 Abs. 1 und 3 die notwendigen Ermächtigungen zum Erlaß von Durchführungsvorschriften zum Schutz der betreffenden Tiere unter diesen besonderen Haltungs- bzw. Transportbedingungen.
Die den Durchführungsverordnungen zugrunde zu legenden Mindestforderungen des Tierschutzes beinhalten zahlreiche wissenschaftliche und fachtechnische Fragen, mit deren Ausarbeitung auf meine Veranlassung hin seit einiger Zeit besondere Arbeitsgruppen von Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis befaßt sind. Für die fachliche Ausrichtung der betreffenden Durchführungsverordnungen muß zunächst die Vorlage der Gutachten dieser Sachverständigengruppen abgewartet werden.
Auf die ausführliche Behandlung dieses Fragenkomplexes unter der Überschrift „Reform des Tierschutzrechts geht zügig voran" in den Mitteilungen und Informationen des Bundesernährungsministeriums, Nr. 14 vom 2. April 1973, Seite 8, sowie unter der Überschrift „Tierschutz in unserem Lande" im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 152, Seiten 1516 und 1517, vom 28. November 1973 und auf meine Antwort auf die Frage A 53 des Herrn Bundestagsabgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen, Drucksache 7/1044, in der Fragestunde vom 3. Oktober 1973 erlaube ich mir in diesem Zusammenhang besonders hinzuweisen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Verhülsdonk!
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der Meinung, daß Maßnahmen notwendig sind, um die ohne Zweifel vorhandenen Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei der Massentierhaltung, insbesondere bei der Ge-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4751
Frau VerhülsdonkFlügelzucht, zu bekämpfen und daß die Anzeigepflicht des Bürgers dafür nicht ausreicht?
Wir sind durchaus der Meinung, daß wir gerade diese Tierhaltung mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen müssen. Ich habe in meiner Antwort eben betont, daß auf unsere Initiative hin eine besondere Arbeitsgruppe von Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis gebildet worden ist, die sich gerade dieses Problems annehmen wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Verhülsdonk!
Sie sprechen von den Gutachtern aus Wissenschaft und Praxis. Ist an der Erstellung der Gutachten auch die Gruppe Ökologie — ich nenne Namen wie Professor Lorenz, Eibl-Eibesfeldt, König, Grzimek — beteiligt?
Ich weiß, daß zumindest Professor Grzimek immer wieder gehört und auch gebeten worden ist, besonders zum Tierschutzgesetz eine Stellungnahme abzugeben.
Ich rufe die Frage 67 der Frau Abgeordneten Verhülsdonk auf:
Besteht die Möglichkeit, eine gesetzliche Gütemarke einzuführen, die es dem Verbraucher ermöglicht, beim Einkauf von Geflügel oder Fleisch solche Produkte zu bevorzugen, die tierschutzgerecht erzeugt wurden?
Bitte zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Wie ich bereits in meiner Antwort auf die Fragen des Herrn Abgeordneten Richard Müller zum gleichen Thema in der Fragestunde am 12. Dezember 1973 ausgeführt habe, sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit, für landwirtschaftliche Produkte wie Fleisch oder Eier aus sogenannten Massentierhaltungen eine Gütemarke gesetzlich einzuführen, da die Güte der Produkte nicht primär von der Art der Tierhaltung, sondern vom Gesundheitszustand der Tiere sowie deren Fütterung abhängt. Darüber hinaus dürfte die amtliche Überwachung einer gesetzlich begründeten Gütemarke nicht praktikabel sein, da eine Unterscheidung für die Überwachungsbehörden unmöglich ist.
Dem Produzenten steht jedoch frei, seine Produkte mit einem eigenen Kennzeichen zu versehen, aus dem u. a. auch die Art der Produktionsmethode hervorgeht.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Verhülsdonk!
Hat die Bundesregierung erwogen, ob es andere Möglichkeiten
gibt, in irgendeiner Weise durch Kennzeichnung das Tierschutzbewußtsein bei der Bevölkerung zu fördern?
Das ist, wahrscheinlich auch im Zusammenhang mit den Beratungen zum Tierschutzgesetz, durchaus geschehen. Aber in bezug auf Produkte können wir solche Überlegungen nur anstellen, wir sehen hier jedoch keine praktische Durchführungsmöglichkeiten.
Ich rufe die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt auf:
Betrachtet die Bundesregierung die Gewährung von Prämien für die Unbrauchbarmachung von Weizen für die menschliche Ernährung, wobei dieser als Futtergetreide noch verwendet werden kann, als eine Maßnahme, die ihren agrarpolitischen und marktwirtschaftlichen Vorstellungen sowie der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zu solidarischem Verhalten gegenüber den Hungernden in Entwicklungsgebieten entspricht?
Zur Beantwortung, bitte schön, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Sieglerschmidt, zwischen den verschiedenen Getreidearten bestehen in der EWG — das ist historisch bedingt — wesentliche Preisunterschiede. Mais ist billiger als Weizen, so daß seit Einführung des gemeinsamen Getreidemarktes in der EWG eine überschüssige Versorgungslage bei Weizen bestand. Nach den agrarpolitischen und marktwirtschaftlichen Vorstellungen der Europäischen Gemeinschaft sollte zum Ausgleich des Preisunterschiedes für Weizen, der auf dem Markt nicht abgesetzt werden kann und daher mit hohen Kosten hätte interveniert werden müssen, eine Prämie gezahlt werden.Die durch EG-Verordnung festgesetzte Prämie steuert die Brotgetreide- und Futtergetreideverwendung von Weizen. Sie wird an die überschaubare Marktentwicklung angepaßt. Eine Senkung der Prämie ist bereits am 1. August und 1. November 1973 erfolgt. Der Weizen ist hierdurch im übrigen nicht der menschlichen Ernährung entzogen, sondern bleibt als Futtermittel über die tierische Veredelung den Menschen erhalten.Diese Maßnahme hat auch in keiner Weise die Verpflichtungen der Europäischen Gemeinschaft und der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Entwicklungsländern beeinträchtigt. Vielmehr werden im Rahmen von GATT-Verpflichtungen seit dem Jahre 1967 jährlich von der Sechsergemeinschaft 1036 Millionen t Getreide und von der Neunergemeinschaft nunmehr 1300 Millionen t Getreide, hauptsächlich Weizen, an die Entwicklungsländer geliefert. Dafür bringen die Haushalte der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten jährlich 500 bis 600 Millionen DM — das ist der Warenwert — auf.Bei der Verlängerung des NahrungsmittelhilfeÜbereinkommens, dessen Laufzeit zunächst drei Jahre betrug, sind die Mengenansätze nicht verändert worden. Die EWG ist ihren Verpflichtungen
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4752 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Parl. Staatssekretär Logemannnachgekommen. Als Soforthilfe wurden u. a. in die Sahel-Zone im Jahr 1973 113 000 Tonnen und nach Äthiopien 5000 Tonnen Getreide als Gemeinschaftsaktion geliefert. Zusätzlich stellten die EWG-Mitgliedstaaten für die gleichen Länder allein im Jahre 1973 ebenfalls 113 000 Tonnen Getreide, davon aus der Bundesrepublik 29 000 Tonnen, als einzelstaatliche Aktion bereit.Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland für die Dürre- und Hungergebiete Afrikas im Rahmen von überplanmäßigen Ausgaben für rund 15 Millionen DM Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt.Infolge der seit der letzten Senkung der Denaturierungsprämie am 1. November 1973 eingetretenen Marktentwicklung bei Getreide hat die EG-Kommission, unterstützt von der Bundesregierung, beschlossen, mit Wirkung vom 10. Februar 1974 die Prämie auf Null festzusetzen. Mit der Aussetzung der Prämie werden hauptsächlich folgende Ziele verfolgt: — die Stabilisierung des Weizenmarktes in der EWG; auch bis zum Anschluß an die neue Ernte — durch zusätzliche Bereitstellung von Weizen unmittelbar für die menschliche Ernährung einen Beitrag zur Entspannung des Weltweizenmarktes zu leisten, der zur Zeit durch ungewöhnlich hohe Preise gekennzeichnet ist.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Sieglerschmidt.
Herr Staatssekretär, ich habe Sie wohl richtig verstanden, daß die EG-Kommission beschlossen hat, zum 1. Oktober die Prämie auf Null herabzusetzen? Meine Frage geht dahin: Bedarf dieser Beschluß der EG-Kommission noch der Bestätigung durch den Ministerrat? Wenn j a, wie beurteilen Sie die Aussichten?
Das ist doch wahrscheinlich schon die Frage 69, Herr Kollege, oder nicht?
Nein.
Dieser Beschluß der Kommission ist von der Bundesregierung unterstützt worden. Ich glaube, es wird kein besonderer parlamentarischer Beschluß im Bundestag notwendig sein. Der Beschluß der Kornmission wird jetzt durchgeführt werden.
Ich habe nach dem Ministerrat gefragt, Herr Staatssekretär!
Der Beschluß der Kommission muß nicht vom Ministerrat bestätigt werden. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung diesen Beschluß unterstützt. Das umschließt gleichzeitig unsere Haltung im Ministerrat.
Wir kommen zur Frage 69 des Abgeordneten Sieglerschmidt.
Ich habe noch eine zweite Zusatzfrage, Herr Präsident!
Einen Augenblick: Herr Kollege, ich habe hier zwei Zusatzfragen von Ihnen zur Frage 68 notiert. Mein Eindruck ist, daß soeben im Grunde genommen die Diskussion bereits den Inhalt der Frage 69 betraf, nämlich die Frage nach der Änderung der EG-Regelung.
Aber, bitte schön, ich bin konziliant; ich gebe Ihnen eine dritte Zusatzfrage, und zwar mit der gleichzeitigen Bitte an den Antwortenden, sich kürzer zu fassen. Wir haben noch sehr viel auf der Tagesordnung.
Ich habe die Frage 69 vorhin mit beantwortet. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich vorher nicht gefragt habe.
Dann rufe ich nachträglich die Frage 69 des Abgeordneten Sieglerschmidt auf:
In welcher Richtung sollte, falls die vorstehende Frage nicht bejaht wird, die zugrunde liegende EG-Regelung geändert werden, und was wird die Bundesregierung unternehmen bzw. was hat sie bisher unternommen, um eine solche Änderung zu erreichen?
Ich habe Ihnen dann noch eine vierte Zusatzfrage zu geben.
Ich halte mich also voll im Limit und brauche von der Gunst des Präsidenten nicht Gebrauch zu machen.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung jedenfalls mit dem jetzigen Zustand, der hoffentlich durch den Beschluß abgeändert wird, in keiner Weise zufrieden ist und eine Änderung in der von mir angedeuteten Richtung für dringend erforderlich hält?
Ich habe ja schon in Beantwortung der Frage gesagt, daß wir einen Beschluß unterstützen, der darauf abzielt, die Prämie auf Null zu bringen.
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Riedel-Martiny.
Herr Staatssekretär, können Sie meinem Kollegen und mir vielleicht in schlichten Worten erklären, warum anstelle des teuren Denaturierens nicht gleich mehr Futtergetreide angebaut wird?
Das kann ich Ihnen sehr wohl erklären, Frau Kollegin. Das liegt vor allen Dingen daran, daß wir uns
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4753
Parl. Staatssekretär Logemannseit Jahren in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zwar bemüht haben, die Relation zwischen Futtergetreidepreis und Weichweizenpreis zu verbessern — hier hat die Bundesregierung viele Vorstöße gemacht —, aber nicht zum Erfolg gekommen sind. Infolgedessen hatten wir in der EWG einen sehr lukrativen Weichweizenanbau. Dieser ist auch von allen Landwirten der Gemeinschaft ausgenutzt worden. Dadurch entstand ein Überschuß an Weichweizen. Bei dem niedrig gehaltenen Futtergetreidepreis blieb die Menge des angebauten Futtergetreides zurück, so daß versucht worden ist, mit einer Denaturierungsprämie — besser würde es heißen: Verfütterungsprämie — überschüssigen Weichweizen in den Futtertrog zu lenken.
Ich rufe die Frage 70 des Abgeordneten Dr. Evers auf:
Welche für die menschliche Ernährung geeigneten Nahrungsmittelmengen sind im Jahr 1973 in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft vernichtet bzw. durch Denaturierung der menschlichen Ernährung entzogen oder über den Bedarf eiserner Reserven hinaus gehortet worden?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär.
In der Bundesrepublik Deutschland ist ebenso wie in der gesamten EWG zu keiner Zeit Weizen vernichtet worden. Durch die sogenannte Denaturierungsprämie sind ohne Beeinträchtigung des Futterwertes im Wirtschaftsjahr 1972/73 folgende Mengen an Weizen zusätzlich in die Verfütterung gelenkt worden: Bundesrepublik Deutschland: 1,4 Millionen Tonnen; Europäische Gemeinschaft der Sechs: 6,03 Millionen Tonnen; Europäische Gemeinschaft der Neun: 7,77 Millionen Tonnen. Dadurch hat sich eine verstärkte Weizenintervention erübrigt.
In der Bundesrepublik sind im Wirtschaftsjahr 1972/73 lediglich 353 000 Tonnen Weizen interveniert worden. Diese Mengen gehen über einen normalen Interventionsbestand, der auch als „eiserne Reserve" verwendet werden könnte, nicht hinaus.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Evers!
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, mir mitzuteilen — wenn nicht heute, dann eventuell schriftlich —, wie hoch die Kosten gewesen wären, die für den Bundeshaushalt entstanden wären, wenn man diese denaturierten Weizenmengen in die Hunger- und Notstandsgebiete verbracht hätte, und wie hoch die Kosten gewesen wären, die dann möglicherweise für eine Intervention entstanden wären?
Ich werde Ihnen diese Kostenaufstellung übermitteln. Ich kann sie hier nicht so ohne weiteres nennen.
Ich möchte noch einmal betonen, daß die Entwicklungshilfe in keiner Weise durch die Verfütterungsprämie von Weizen so möchte ich sie nennen
irgendwie geschmälert worden ist.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Evers!
Herr Staatssekretär, ich muß es in die Frageform kleiden: Habe ich nicht verständlich genug zum Ausdruck gebracht, daß es hier nicht um eine Kürzung oder Erhöhung der Entwicklungshilfe, sondern um menschliche Lebensgefährdung geht, daß durch eine Verbringung von Weichweizen an Stelle der Denaturierung dieses Weichweizens hätte geholfen werden können, Menschenleben zu erhalten, und daß ich mit meiner Frage dahin ziele, wie hoch der materielle Vorteil für den Bundeshaushalt gewesen ist, der uns veranlaßt hat, auf dieses menschliche Aktion zu verzichten?
Ich werde Ihnen gern diese Kostenaufstellung nachreichen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl .
Herr Staatssekretär, seit wann besteht diese Denaturierungsprämie in der Bundesrepublik überhaupt?
Die besteht schon sehr, sehr lange, ich möchte sagen: in der EWG seit Beginn des Gemeinsamen Agrarmarktes. Die Denaturierungsprämie hat es übrigens auch schon vor dem Kriege gegeben. Ich darf in dem Zusammenhang darauf hinweisen, daß es damals jahrelang üblich gewesen ist, z. B. Roggen durch Vergällung mit Eosin zu Futtergetreide zu machen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück.
Herr Staatssekretär, da diese Regelung schon länger besteht: Ist es also so, daß die jetzige Bundesregierung Verpflichtungen einhalten muß, die eine frühere Bundesregierung unverantwortlicherweise eingegangen ist?
Ich darf darauf aufmerksam machen, daß weder in der Frage noch in der Antwort eine Wertung stattfinden darf.Logemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und For-
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich würde die Entwicklung nicht so sehen, sondern hier ist lediglich eine Entwicklung weitergeführt worden, die sich in der Gemeinschaft eingebürgert hatte.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kiechle!
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß die Art der Fragen, die zu diesem Komplex gestellt worden sind, darauf hindeuten, daß die Fragesteller sich mit der Sachmaterie überhaupt nicht befaßt haben?
Nein, ich würde Ihre Meinung nicht teilen. Ich habe vorhin gesagt, daß es sehr schwierig ist, dieses Problem deutlich darzustellen. Wir haben uns viele Mühe gegeben. Auch mir ist es bisher nicht gelungen. Es war immer wieder festzustellen, Kollege Kiechle, ,daß man unter der Denaturierungsprämie eine Vernichtungsprämie verstand. Das war nicht ganz einfach.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Walkhoff.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir überein, daß diese Regelung den Mißbrauch marktwirtschaftlicher Möglichkeiten begünstigt?
Das würde ich durchaus sagen. Wir hatten hier ja auch marktwirtschaftliche Lösungen von seiten der Bundesregierung vorgeschlagen — ich habe sie vorhin vorgetragen — wie die Änderung der Relation des Futtergetreides zu Lasten des Weichweizenpreises.
Ich rufe die Frage Nr. 71 des Abgeordneten Dr. Evers auf:
Wie vereinbart die Bundesregierung es mit ihren internationalen Verpflichtungen, daß einerseits Nahrungsmittel vernichtet bzw. dem menschlichen Verbrauch entzogen werden und andererseits in weiten Gebieten Afrikas , aber auch in anderen Teilen der Welt Hungerkatastrophen herrschen?
Ist diese Frage bereits beantwortet durch die Antwort auf die Frage Nr. 70?
Herr Präsident, ich möchte auf die Beantwortung der Frage des Kollegen Sieglerschmidt verweisen.
Sie verweisen auf eine Antwort zu einer früheren Frage.
Sie haben jetzt eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Evers!
Ich darf zu meiner völligen Information fragen, ob neben dem hier besprochenen Weichweizen und seiner Denaturierung und neben den hier sicher nicht interessierenden schnell verderblichen Lebensmitteln andere Lebensmittel der menschlichen Ernährung entzogen worden sind, die technisch geeignet gewesen wären, zur Linderung der Hungersnot beizutragen?
Es ist bekannt, daß nicht in der Bundesrepublik, aber in einigen der EWG-Länder Gemüse, das in reichlicher, überschüssiger Menge angefallen war, vernichtet worden ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kiechle!
Herr Staatssekretär, wären Sie so freundlich und würden Sie Herrn Kollegen Evers vielleicht einmal darauf hinweisen, daß dieser Weizen nicht der menschlichen Ernährung entzogen worden ist, sondern lediglich aus ihm Fleisch, Milch, Eier, Geflügel und ähnliches gemacht worden ist?
Ich glaube, die Frage habe ich schon so beantwortet. Ich habe verschiedentlich versucht, eben auf den Begriff der Verfütterungsprämie hinzuweisen.
Ich rufe die Frage 72 des Abgeordneten Dr. Hauser auf:
Welche Gründe verhinderten bislang, die bereits 1950 vereinbarte Pariser Vogelschutzkonvention zu übernehmen und damit auch dein Appell gerecht zu werden, den die 10. Europäische Vogelschutzkonferenz 1972 in Mamaia an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet hat, die Frühjahrsjagd auf die Waldschnepfe einzustellen, zumindest aber einzuschränken?
Herr Kollege Dr. Hauser, trotz einer Reihe von Besprechungen, unter anderem mit dem Verwahrstaat Frankreich und den zu beteiligenden Bundesländern, war ein Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu der Internationalen Vogelschutz-Konvention bislang noch nicht möglich, da diese seinerzeit ohne jegliche deutsche Mitwirkungsmöglichkeit in Paris beschlossene Konvention sachlich in einigen Punkten zumindest umstritten ist. Sie widerspricht zum Teil geltenden und anerkannten Bestimmungen des deutschen Jagdrechts. Das gilt auch für die Bejagung der Balzstätten. Eine Anpassung des deutschen, in Bundes-
und Landesbestimmungen enthaltenen Jagdrechts wird gleichwohl versucht. Andere Punkte der Konvention sind unklar formuliert. Die Konvention scheint insgesamt überholungsbedürftig. Daher sind ihr im Laufe von 23 Jahren auch erst, soweit bekannt, bis jetzt acht Staaten beigetreten. Falls diese eben genannten Schwierigkeiten sich nicht in absehbarer Zeit überwinden lassen, wird erwogen, eine Überarbeitung der Konvention anzuregen und zu fördern. Dabei könnte auch eine Abstimmung mit den neueren Konventionen, wie der sogenannten Washingtoner Artenschutzkonvention und der sogenannten Feuchtgebieteskonvention, erfolgen.
Parl. Staatssekretär Logemann
Zum Schluß möchte ich hervorheben, daß es bei allen Möglichkeiten derartiger Konventionen entscheidend auf den konkreten rechtlichen Schutz der Vögel ankommt. Hier erfüllt die Bundesrepublik Deutschland auf Grund der bestehenden Gesetze von Bund und Ländern und ihrer Handhabung die Forderung des Artenschutzes auf diesem Gebiet in nicht zu beanstandender Weise.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hauser!
Herr Staatssekretär, wie kommt es dann, daß etwa im Umweltschutzprogramm der Bundesregierung ausgesprochen und beteuert wird, daß man dieser Konvention beitreten werde, wenn man sonst in der Regierung diese Bedenken hat, von denen Sie gerade gesprochen haben?
Herr Kollege, ich habe hier vor dem Hohen Hause wiederholt zu dieser Frage Stellung genommen. Die Bundesregierung ist bereit beizutreten. Nur bedarf es umfangreicher Vorverhandlungen, z. B. der Klärung der Verhältnisse im Jagdrecht, um die Voraussetzungen für einen Beitritt zu schaffen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hauser!
Scheint es nicht geboten, Herr Staatssekretär, nun Eile anzulegen angesichts der Tatsache, daß die Bundesregierung den Internationalen Rat für Vogelschutz eingeladen hat,. die nächste Konferenz der europäischen Sektion in der Bundesrepublik abzuhalten, und damit zu verhüten, daß bei dieser Veranstaltung in eigenem Lande unnötig Anlaß zu kritischen Äußerungen über Versäumnisse des einladenden Landes heraufbeschworen wird?
Herr Kollege, Sie haben recht. Wir bemühen uns wirklich mit Nachdruck. Ich habe mich im Hause wiederholt dafür eingesetzt, hier zu einer Beschleunigung zu kommen. Aber ich glaube, in einem können wir doch beruhigt sein: der jetzige Zustand beeinträchtigt die Erhaltung unserer Vögel nicht. Ich habe soeben darauf hingewiesen, daß es gerade in der Bundesrepublik in diesem Zusammenhang, beim Jagdrecht usw., keinen Grund zu Beanstandungen gibt.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, es handelte sich bei dieser Frage um die Frühjahrsjagd auf Waldschnepfen — nur damit Sie genau wissen, worüber wir eben gesprochen haben.
Ich rufe die Frage 73 des Abgeordneten Brück auf:
Wie ist die Haltung der Bundesregierung zu der Forderung der französischen Regierung, die EG-Orientierungspreise für Rindfleisch urn 10 % zu erhöhen?
Bitte zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Herr Kollege Brück, die Festsetzung des Orientierungspreises für Rinder sollte einerseits den Kostensteigerungen in der Rindfleischproduktion sowie den Erfordernissen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Milch- und Rindfleischproduktion Rechnung tragen und andererseits so bemessen sein, daß sie mit der Stabilitätspolitik der Bundesregierung im Einklang steht. Ich bitte um Verständnis, daß ich vor Beginn der Preisverhandlungen in der EG keine konkreten Zahlen über die für richtig gehaltene Erhöhung des Orientierungspreises für Rinder nennen kann. Im übrigen muß sich das Kabinett noch mit dieser Frage befassen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Brück.
Da die Kommission die französischen Forderungen nach einer zehnprozentigen Erhöhung des Orientierungspreises für Rindfleisch in ihre gesamten Vorschläge aufgenommen hat, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir sagten, welche Haltung die Bundesregierung überhaupt zu den Vorschlägen der Kommission hat.
Wir können zu den Vorschlägen der Kommission als Bundesregierung erst dann Stellung nehmen, wenn im Kabinett eine solche Stellungnahme erarbeitet worden ist. Sie liegt noch nicht vor. Ich kann hier heute keine Zahlenangaben machen. Ich würde damit auch unsere Verhandlungsposition für Brüssel in Frage stellen.
Noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Brück.
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß alle europäischen Regierungen in der jetzigen Zeit die Aufgabe hätten, vor allem darauf zu achten, daß nicht durch Preissteigerungen im Lebensmittelbereich der Preisindex weiter ansteigt?
Ich habe vorhin schon bei der Beantwortung einer Frage auf unsere Bemühungen um Stabilitätspolitik hingewiesen. Gerade dieser Punkt wird sicherlich in allen Ländern Beachtung finden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Nölling.
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4756 Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Auswirkungen der Vorschläge der Kommission auf das deutsche Agrarpreisniveau etwa 7 bis 7½% betragen, und würden Sie es angesichts dieser Tatsache nicht für richtig halten, daß die Bundesregierung darauf hinwirkt, daß nur solchen Vorschlägen zugestimmt wird, die nicht eine solche Agrarpreiserhöhung hervorrufen?
Herr Kollege, ich kann Ihrer Aussage nicht zustimmen. Die siebenprozentige Durchschnittspreiserhöhung, die die Kommission vorschlägt, ist eine Erhöhung von Orientierungspreisen bzw. von Interventionspreisen. Sie bedeutet nicht eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise um diese 7 %, und beim Verbraucher schlägt auch sehr viel weniger durch. Hier sind die auseinanderklaffenden Preise zwischen Erzeugern und Verbrauchern mit zu berücksichtigen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl .
Herr Staatssekretär, hat die französische Regierung und damit auch die französische Landwirtschaft nicht schon durch das Floaten des Franc einen gewissen Preisvorteil gegenüber der deutschen Landwirtschaft, und vertreten Sie nicht die Meinung, daß man in Brüssel in diesem Punkt etwas härter auftreten sollte?
Wir haben in Brüssel bis gestern abend Verhandlungen geführt, und gerade dieser Punkt ist durchaus auch diskutiert worden. Hier ist es zweifellos so, daß Frankreich in dem Augenblick praktisch eine Erhöhung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise hat, wenn dieses Floating beendet wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Früh!
Herr Staatssekretär, könnten Sie nicht klarstellen, daß eine Erhöhung des Rinderorientierungspreises um 10 % nicht gleichzusetzen ist mit einer 10%igen Erhöhung des Rinderpreises?
Das habe ich eben schon versucht, Herr Kollege. Es ist wirklich so, daß die Erzeugerpreise und die Verbraucherpreise weit voneinander abweichen. Man kann nur darauf hinweisen, daß in Brüssel nur Orientierungspreise beschlossen werden und daß sich der wirkliche Erzeugerpreis und der wirkliche Verbraucherpreis im Markt bilden, oftmals völlig unabhängig von den in Brüssel beschlossenen Preisen.
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Riedel-Martiny.
Herr Staatssekretär, heute war in der Zeitung zu lesen, daß größere Mengen Rindfleisch aus dem Markt herausgenommen und in den Kühlhäusern gelagert werden. Bestätigen Sie meine Ansicht, daß diese Maßnahme verknappend auf das Angebot wirkt und infolgedessen mit Sicherheit auf die Verbraucherpreise durchschlägt?
Diese Maßnahme, die beschlossen worden ist, läuft auf eine private Einlagerungsmöglichkeit von Rindfleisch hinaus, die gefördert werden soll. Sicherlich könnten Sie daraus folgern, daß das zu einer Erhöhung der Verbraucherpreise führt. Aber wir haben im Augenblick auf vielen Märkten ein sehr großes Überangebot an Rindfleisch, so daß ich meine, daß sich diese Maßnahme für die Verbraucherpreise nicht auswirkt. Außerdem ist es erfreulicherweise so, daß ein gewisser Rückgang der Fleischpreise jetzt auch schon im Einzelhandel festzustellen ist. Ganz davon abgesehen sind die Erzeugerpreise in den letzten Monaten schon zum Teil sehr stark zurückgegangen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sauter.
Herr Staatssekretär, können Sie die Aussage bestätigen, die in diesen Tagen in Berlin gemacht worden ist, daß eine generelle Erhöhung der Agrarpreise um 12 % noch nicht einmal eine Steigerung der Lebenshaltungskosten um 1 % ausmacht?
Eine Erhöhung der Agrarpreise um 5 % würde eine Erhöhung der Lebenshaltungskosten um nicht ganz 1 % ausmachen; das kann ich bestätigen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß angesichts der allgemeinen Betriebsmittelkostenentwicklung der deutschen Landwirtschaft eine Senkung des Rinderpreises nicht zuzumuten wäre?
Dazu darf ich sagen, daß wir in letzter Zeit eine starke Steigerung der Betriebsmittelkosten in der Landwirtschaft hatten. Angesichts der Kostenentwicklung neige ich dazu zu sagen, daß man es in einer solchen Phase sehr schwer hat, den Bauern begreiflich zu machen, daß, wenn ein solcher Fall eintreten sollte, ausgerechnet dann eine Preissenkung bei den Erzeugerpreisen erfolgen muß. Ich bitte
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4757
Parl. Staatssekretär Logemanndabei das Auseinanderklaffen der Erzeuger- und Verbraucherpreise zu beachten.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Eigen. — Hat sich erledigt.
Ich rufe die Frage 74 des Abgeordneten Kiechle auf:
Ist die Bundesregierung bereit, für die von der Ölenergiepreissteigerung besonders betroffenen, vorwiegend auf genossenschaftlicher Basis arbeitenden kombinierten Trocknungs- und Grünfuttertrocknungsanlagen, denen eine Weitergabe der eklatant gestiegenen Kosten nicht möglich ist, weil sie ausschließlich Futterstoffe für den eigenen Betrieb konservieren, 1974 zu helfen, und in welcher Form wird die Bundesregierung dies tun?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Die in ungewöhnlichem Ausmaß erfolgte Verteuerung des Erdöls belastet die gesamte Volkswirtschaft und damit die Land- und Ernährungswirtschaft in breitem Maße. Besonders betroffen sind die Trocknungsanlagen für Kartoffeln und Grünfutter. Die Bundesregierung sieht aber zur Zeit keine Möglichkeit für spezielle Beihilfen, um auf diesem Gebiet Kostensteigerungen auszugleichen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle.
Da ich unterstelle, Herr Staatssekretär, daß Sie wissen, daß diese Trocknungswerke keine Verkaufsprodukte herstellen, sondern Produkte, die im eigenen Betrieb verwandt werden und daher die Kosten nicht über die Preise abgewälzt werden können — im Gegensatz zu anderen Bereichen der Wirtschaft, wie z. B. bei der heute angekündigten Erhöhung der Benzinpreise um 10 Pfennig je Liter , möchte ich Sie fragen, was Sie den betroffenen deutschen Bauern — in diesem Falle sogar noch Grünlandbauern mit besonders geringem Einkommen — empfehlen, um einen Ausgleich dieser Belastungen herbeizuführen?
Ich würde folgendes dazu sagen. Wir haben sicherlich im Augenblick gestiegene Kosten, gerade bei den landwirtschaftlichen Trocknereien. Das ist unbestritten. Aber diese Trocknereien hätten gleichzeitig, soweit sie für den eigenen Bedarf produzieren, auch steigende Kosten bei den Futtermitteln, wenn sie sie kaufen würden. Das Eiweiß z. B. ist sehr stark verteuert worden. Man könnte sagen, daß man eine gewisse Verteuerung auffangen kann, indem man diese Belastungen hinnimmt.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle.
Herr Staatssekretär, ist Ihrem Hause bekannt und wurde bei der Konzipierung Ihrer ersten Antwort auch berücksichtigt, daß ein Pfennig Heizölverteuerung pro Liter in diesem
Falle zirka 35 Pfennig Verteuerung pro Doppelzenner Grüngut ausmacht, bei 20 Pfennig also rund 7 DM?
Sie haben recht, das ist eine reine Kostenfrage. Hier müssen sich die Trocknungswerke entscheiden, ob sie weiterarbeiten wollen oder ob die Trocknung eingestellt werden soll. Für den Fall, daß die Trocknung eingestellt werden sollte, haben wir uns nun bereit erklärt, auf etwaige Rückforderungen von Bundesmitteln, die für solche Anlagen gegeben worden sind, zunächst zu verzichten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Früh.
Herr Staatssekretär, da es sich bei diesen Grünfuttertrocknungsanlagen auch wesentlich um Eiweißerzeugung handelt und, wie Sie wissen, die EG-Kommission in ihrem Bericht dargestellt hat, wie knapp hier die Versorgung ist, möchte ich Sie fragen: Können Sie sich vorstellen, daß die Förderungsmaßnahmen, die im EG-Memorandum für Eiweißerzeugung vorgesehen sind, gerade im Hinblick auf diese Unterstützung der Grünfuttertrocknungsanlagen eingestellt werden könnten?
Nein, das glaube ich nicht. Ich könnte mir sogar vorstellen, daß hier von seiten der EWG etwas geschieht. Wir sind darüber informiert, daß man sich gerade mit der Eiweißversorgung beschäftigt und daß dabei die Trocknungen mit im Gespräch sind, so daß von dort vielleicht nun eine gewisse Hilfe erfolgen könnte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß durch die Energiekostenverteuerung speziell in diesem Sektor wiederum die Gründlandgebiete Norddeutschlands betroffen werden?
Ich würde sagen: nicht nur die Grünlandgebiete Norddeutschlands. Hier sind vielmehr alle Grünlandgebiete betroffen, z. B. auch die in Bayern.
Ich rufe die Frage 75 des Abgeordneten Kiechle auf:
Trifft die Meldung des Münchner Merkur vom 16. Januar 1974 italienische Demonstranten hätten deutsche Milchtankwagen am Brenner angehalten, die Fahrer in Schlägereien verwickelt, Tanklastzüge beschossen und 150 000 1 Milch auslaufen lassen —zu, und was hat die Bundesregierung unternommen, um derartige Vorfälle künftig zu unterbinden und die Schuldigen zum Schadensersatz heranzuziehen?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär bitte.
Herr Kollege Kiechle, die Angaben treffen nur teilweise zu. Richtig ist, daß italienische Demonstranten italienische Milchtankwagen angehalten und etwa 150 000 1 Milch deutscher oder niederländischer Herkunft durch Auslaufenlassen vernichtet haben. Es gab weder eine Schlägerei noch wurden auf die Tanklastzüge Schüsse abgegeben.
Sofort nach Bekanntwerden des Vorfalls ist ein Vertreter der Deutschen Botschaft in Rom bei dem italienischen Landwirtschaftsminister vorstellig geworden und hat um Aufklärung gebeten. Der italienische Landwirtschaftsminister hat sich daraufhin offiziell entschuldigt. Die Deutsche Botschaft ist gebeten worden, die Angelegenheit zu verfolgen, insbesondere auch festzustellen, ob die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Vorfälle sind im übrigen der Ausdruck gewisser italienischer agrarpolitischer Schwierigkeiten. Eine der wesentlichen Ursachen dafür ist durch die Beschlüsse des EG-Agrar-Ministerrats vom 21./22. Januar 1974 beseitigt worden. Danach wird der auf dem Agrarsektor angewendete Umrechnungskurs der italienischen Lire dem Umrechnungskurs, wie er sich auf den Devisenmärkten ergeben hat, näher gebracht. Entsprechend werden die in italienischer Währung ausgedrückten Agrarpreise erhöht.
Am Rande der Tagung des Rates der EG-Agrarminister in Brüssel am 21. und 22. Januar führte Bundesernährungsminister Josef Ertl ein Gespräch mit seinem italienischen Amtskollegen FerrariAgradi über die jüngsten Vorfälle bei Milchtransporten an der deutsch-italienischen Grenze. FerrariAgradi bedauerte im Namen der italienischen Regierung diese Vorfälle und sicherte zu, daß solche Vorfälle nicht wieder vorkommen sollen. Die italienische Regierung sei vielmehr interessiert an langfristigen Vereinbarungen über die Lieferung von Milch, Kälbern, Rindern und Fleisch. Zu diesem Zweck sollen nach den EG-Preisbeschlüssen für die Wirtschaftsjahre 1974/75 Anfang März Expertengespräche aufgenommen werden, in denen später auch die Exporteure und Importeure beider Länder hinzugezogen werden sollen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Kiechle.
Herr Staatssekretär, betrachtet die Bundesregierung die Sache mit diesem Gespräch zwischen den beiden Ministern als erledigt, oder ist in der Frage des Schadenersatzes noch etwas besprochen oder unternommen worden?
Diese Sachen werden ja weiterverfolgt werden. Ich habe in meiner Antwort schon darauf hingewiesen, daß man sie weiterverfolgen wird. Ich meine, wir sollten diese Dinge vorläufig als erledigt ansehen. Hier soll ein Gespräch stattfinden. Auf beiden Seiten
ist der gute Wille zur Beilegung dieser Schwierigkeiten vorhanden.
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Kiechle.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß, nachdem — jedenfalls nach meinem Wissensstand - in unserem Lande noch nie derartige aggressive Handlungen gegen etwa uns auch nicht ganz gefallende italienische Importe stattgefunden haben, diese Verhaltensweise am besten einmalig bleiben sollte, um nicht noch zusätzlich die gemeinsamen Bestrebungen zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den EG-Ländern zu erschweren?
Ich möchte nur sagen, daß wir uns alle Mühe geben werden — das haben ja auch die Italiener zum Ausdruck gebracht —, solche Vorfälle künftig zu verhindern. Ich glaube, das liegt im Interesse aller Länder.
Wir sind am Ende des Katalogs der Fragen aus diesem Geschäftsbereich angelangt. Ich darf Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung danken.
Auf Grund welcher Tatsachen und Erwägungen hat der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof die Strafverfolgung gegen den stellvertretenden Attaché für Schiffahrtsfragen bei der polnischen Botschaft in Ost-Berlin wegen Verdachts der Spionage eingestellt, und welche Weisungen sind dem Generalbundesanwalt in diesem Fall seitens der Bundesregierung erteilt worden, bzw. welche Empfehlungen, Anregungen und Hinweise sind ihm seitens der Bundesregierung gegeben worden?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Bayerl.
Herr Kollege Wittmann, der Generalbundesanwalt hat die Strafverfolgung gegen den stellvertretenden Attaché für Schiffahrtsfragen bei der polnischen Botschaft in der DDR wegen Verdachts der Spionage nicht eingestellt. Dem Generalbundesanwalt sind in diesem Zusammenhang von der Bundesregierung keine Weisungen erteilt worden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Wittmann.
Auf Grund welcher Rechtsgrundlage ist dann der Betroffene nach Ostberlin zurücküberstellt worden?
Auf Grund des Gesetzes Nr. 8 betr. die Ausweisung unerwünschter Personen vom 28. April 1950.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4759
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Wittmann.
Muß ich daraus schließen, daß es sich hierbei um eine ausschließlich alliierte Maßnahme handelte?
Das müssen Sie daraus schließen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Hauser .
Herr Staatssekretär, trifft die Zeitungsnachricht der letzten Tage zu, daß nur untergeordnete Referenten Ihres Hauses über die Frage eines Austauschs dieses besagten polnischen Attachés mit Inhaftierten aus der Zone bzw. aus Polen in diesem Fall miteinander beraten konnten, weil der Herr Justizminister nicht erreichbar war, deshalb auch der Gedanke eines Austauschs nicht an die entscheidenden Regierungsstellen herangetragen und aus diesem Grunde auch nicht verwirklicht werden konnte?
Herr Kollege Hauser, Sie beziehen sich dabei wahrscheinlich auf eine Notiz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Diese Notiz ist völlig falsch.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Dollinger.
Herr Staatssekretär, wurde bei diesem Fragenkomplex die Zuständigkeit des Bundesanwalts überhaupt diskutiert oder in Frage gestellt?
Bei welcher Entscheidung, Herr Kollege?
-- Es sind mehrere Entscheidungen in Berlin getroffen worden, Herr Kollege.
- Von wem?
- Herr Kollege Dollinger, der Generalbundesanwalt hat ein Ermittlungsverfahren gegen die besagte Person eingeleitet. Die Zuständigkeit für dieses Ermittlungsverfahren wurde von niemandem bestritten.
Ich rufe die Frage 54 des Herrn Abgeordneten Dr. Penner auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, gesetzliche Regelungen für Organverpflanzungen vorzuschlagen?
Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Kollege Penner, die Bundesregierung hält eine Klärung der angeschnittenen Frage für sehr wünschenswert. Sie begrüßt es deshalb, daß sich die 42. Konferenz der Justizminister und -senatoren im vergangenen Herbst auf Initiative des Präses der Justizbehörde der Freien Hansestadt Hamburg mit der Problematik der Organtransplantation befaßt hat.
Die Justizministerkonferenz hat dem Vorschlag des Bundesministers der Justiz zugestimmt, eine aus Juristen und Medizinern zusammengesetzte Arbeitsgruppe zu bilden, die die Frage einer gesetzlichen Regelung der genannten Materie unter allen rechtlichen Gesichtspunkten, also nicht nur unter strafrechtlichen Gesichtspunkten, prüfen soll. Es wird angestrebt, die neu zu bildende Arbeitsgruppe erstmals Ende Februar dieses Jahres zusammentreten zu lassen.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 55 des Herrn Abgeordneten Dr. Nölling auf:
In welchem Umfang und mit welchem materiellen Inhalt wurden bisher vom Bundesjustizministerium Rechtsverordnungen über Mindestarbeitsbedingungen für Handelsvertreter nach § 92 a des Handelsgesetzbuches erlassen?
Herr Präsident, gestatten Sie bitte, daß ich beide Fragen des Sachzusammenhanges wegen zusammen beantworte?
Ja. Ich rufe also die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Dr. Nölling auf:
Hält die Bundesregierung auf Grund der mit den Rechtsverordnungen zu § 92 a des Handelsgesetzbuches gemachten Erfahrungen diese gesetzliche Grundlage für ausreichend, oder empfiehlt sie andere Formen kollektiver Sicherung von Mindestarbeitsbedingungen für den genannten Personenkreis?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Nölling, der Bundesminister der Justiz hat bisher keine Rechtsverordnung nach § 92 a des Handelsgesetzbuches erlassen, weil sich ein Bedürfnis hierfür nicht gezeigt hat. Insbesondere die Tatsache, daß seit 1953 nur in wenigen Einzelfällen — es waren etwa zehn — an den Bundesminister der Justiz die Forderung nach einer Rechtverordnung nach § 92 a HGB herangetragen worden ist, läßt nach Auffassung der Bundesregierung den Schluß zu, daß sich die durch das Gesetz aus dem Jahre 1953 getroffenen Schutzbestimmungen für Handelsvertreter im wesentlichen als ausreichend erwiesen haben.Zwar ist im Rahmen der Vorbereitung arbeitsrechtlicher Vorschriften von dem federführenden Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung während des Gesetzgebungsverfahrens zeitweilig er-
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4760 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974
Parl. Staatssekretär Dr. Bayerlwogen worden, zusätzlich zu dem Verfahren nach § 92 a des Handelsgesetzbuches die Möglichkeit einer kollektiven Sicherung der Arbeitsbedingungen für bestimmte Gruppen von Handelsvertretern zu schaffen. Dem lag die Absicht zugrunde, diesen Handelsvertretern die Möglichkeit zur Selbsthilfe im Rahmen und mit den Mitteln der Tarifautonomie zu gehen. Der Vorschlag ist jedoch fallengelassen worden, weil sich ebenso wie die Unternehmerverbände insbesondere auch die Verbände der Handelsvertreter gegen eine solche Regelung ausgesprochen und die Ansicht vertreten haben, daß die Regelung im Handelsgesetzbuch, also die Ermächtigung für eine Rechtsverordnung in § 92 a, ausreichend sei.
Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Dr. Nölling.
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß das Bundesjustizministerium feststellen müßte, ob nicht vielleicht die Arbeits- und sozialen Bedingungen für diese Handelsvertreter im argen liegen, und nicht darauf zu warten hat, bis jemand beispielsweise einen Brief schreibt?
Wir haben selbstverständlich, Herr Kollege Nölling, die hier zuständigen Verbände — das sind insbesondere die Zentralvereinigung Deutscher Handelsvertreter, der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute und der Verband reisender Kaufleute — um ihre Stellungnahmen gebeten. Man war in diesen Verbänden einmütig der Meinung, daß eine Rechtsverordnung nach § 92 a HGB nicht erforderlich sei.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine zweite Zusatzfrage hat der Herr Abgeordnete Dr. Nölling.
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die Vermutung nicht von der Hand zu weisen ist, daß es sich bei diesen Verbänden um solche handelt, die nur die besserstehenden bzw. besserverdienenden Handelsvertreter umfaßt, und daß es gerade um den anderen Kreis geht, der bei den Anhörungen nicht immer zu Worte gekommen ist und um deren Schutz sich vielleicht auch die Bundesregierung kümmern sollte?
Ich gebe Ihnen zu, daß gerade diejenigen, die weiterer über die Regelung des Jahres 1953 hinausgehende Schutzbestimmungen bedürfen, in den Verbänden, die ich zitiert habe, sicher nicht ausreichend repräsentiert sein werden. Aber es ist für uns sehr schwer, festzustellen, wie die tatsächliche Lage ist, wenn sich die Handelsvertreter nicht in entsprechender Weise an das Bundesjustizministerium oder die Gewerkschaften wenden.
Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Wehner.
Darf ich Ihre Antworten so verstehen, daß im Bundesministerium der Justiz eine Art Nomenklatur einiger Organisationen existiert und daß es damit sein Genüge hat: wenn sich von dort aus in ernsten sozialen Fragen nichts rührt, braucht man sich nicht zu rühren?
Nein, Herr Kollege Wehner, so dürfen Sie meine Antwort nicht verstehen.
Wir sind am Ende der Fragen Ihres Geschäftsbereiches angelangt, Herr Parlamentarischer Staatssekretär. Ich danke Ihnen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen.
Ich rufe die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Marschall auf:
Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, daß Abgeordnete des Parlaments berechtigten Anspruch auf volle Information über die Vergabe von öffentlichen Mitteln haben?
Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf.
Herr Abgeordneter, die Abgeordneten des Parlaments haben selbstverständlich auf Wunsch Anspruch auf Informationen über die Vergabe von öffentlichen Mitteln. Soweit diese Angaben der Geheimhaltung unterliegen, können allerdings nur diejenigen Abgeordneten Auskünfte erhalten, die den entsprechenden Unterausschüssen des Haushaltsausschusses angehören.
Die Auskünfte sind von den jeweils in Betracht kommenden Ressorts zu erteilen.
Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Marschall.
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung es mit den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie für vereinbar, daß Parlamentarische Staatssekretäre Kenntnisse, die sie über die Verteilung von Finanzmitteln zur wirtschaftlichen Förderung von Betrieben haben, den Abgeordneten nicht mitteilen?
Ich kann diese Frage generell nicht so beantworten, wenn Sie mir nicht an Hand von Fakten einen Tatbestand aufweisen, wo eine Verletzung durch einen Parlamentarischen Staatssekretär vorgekommen ist.
Bitte sehr, eine zweite Zusatzfrage!
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4761
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für tragbar, daß Bundesmittel, die über die Länder zur Verteilung kommen, dem Informationsrecht der Abgeordneten dieses Hauses entzogen sind?
Dies halte ich nicht für tragbar. Aber auch hier, würde ich sagen, müßte ein solcher Vorgang genannt werden, damit man der Sache nachgehen und sie abstellen kann.
Die Frage 58 ist auf Wunsch des Fragestellers zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 59 des Abgeordneten Dr. Dollinger auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß bei der Aufstockung einer Bundesbeteiligung immer nur 26 % oder 76 % interessant sind, und hält sie bejahendenfalls Ausgaben in Höhe von 640 Millionen DM für eine Erhöhung des Anteils des Bundes an der GBAG von 48,3 % auf 51,3 % für gerechtfertigt?
Bitte schön, Herr Staatssekretär, zur Beantwortung!
Herr Kollege Dr. Dollinger, ich möchte zunächst darauf hinweisen, daß der Bund für die Erhöhung des Anteils an der Gelsenberg AG von 48,3 % auf 51,3 % nicht, wie Sie in Ihrer Frage meinen, 640 Millionen DM, sondern 29,6 Millionen DM ausgegeben hat. Der Betrag von rund 640 Millionen DM ist der Kaufpreis für die erworbenen 48,3 %.
Im übrigen ist die Bundesregierung nicht der Ansicht, daß bei der Aufstockung einer Bundesbeteiligung immer nur 26 % oder 76 % interessant sind. Je nach Lage des Einzelfalls kann es auch zweckmäßig sein, z. B. über 51 % oder über die Mehrheit in der Hauptversammlung zu verfügen. Im Fall Gelsenberg ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Stimmenmehrheit nicht auf einer Kapitalminderheit aufbauen, sondern durch Kapitalmehrheit untermauert werden sollte.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Dollinger.
Herr Staatssekretär, welches waren die Gründe für diese Entscheidung?
Die Gründe für die Entscheidung, daß wir 51 % erworben haben, lagen darin, daß immer wieder gerügt wird, Minderheitsaktionäre machten den Versuch, die Stimmrechtsverhältnisse sozusagen zu unterlaufen. Diesem Vorwurf wollten wir uns nicht aussetzen und die Mehrheit in der Hauptversammlung auch kapitalmäßig untermauern.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Dollinger.
Hat die Bundesregierung bei der VEBA, wo ein Anteil von 40 % beim
Bund liegt, irgendwann Schwierigkeiten gehabt, ihre Auffassungen durchzusetzen?
Wir haben in der VEBA mit dieser Beteiligung mitunter knapp die Hauptversammlungsmehrheit. Aber es läßt sich nicht verheimlichen, daß es natürlich auch bei einer solchen Beteiligung divergierende Meinungen bei den Kleinaktionären gibt.
Ich rufe die Frage 60 des Abgeordneten Dr. Waigel auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, durch eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für Vertriebserlöse und eine Verbilligung der Gebühren in den Dienstbereichen der Post der existenzgefährdenden Entwicklung in der deutschen Zeitungswirtschaft zu begegnen?
Bitte, zur Beantwortung Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, die Vertriebserlöse der Zeitungen und Zeitschriften unterliegen bereits dem ermäßigten Steuersatz von 5,5 v. H. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, für diesen Wirtschaftszweig einen darunterliegen-den Steuersatz und damit einen dritten Mehrwertsteuersatz einzuführen. Ein solcher dritter Steuersatz würde, sollte er wirksam entlasten, gegen bindendes Recht der Europäischen Gemeinschaften verstoßen, weil er angesichts der durchschnittlichen Vorsteuerbelastung der Zeitungswirtschaft zu ständigen Steuererstattungen führen würde. Dies ist durch EG-Recht ausdrücklich untersagt.Zwischensätze wurden bei der Einführung des geltenden Umsatzsteuersystems vom Gesetzgeber ausdrücklich vermieden, weil sie im Ausland zu schlechten Erfahrungen geführt haben. Nachdem auch andere EG-Staaten das System mit Zweisteuersätzen übernommen haben, würde ein nachträgliches Abrücken der Bundesrepublik von diesem System die Harmonisierung innerhalb der Gemeinschaft erschweren.Ein besonderer Steuersatz für Presseerzeugnisse würde darüber hinaus dazu führen, daß auch andere Wirtschaftszweige, wäre das Zwei-SteuersatzSystem erst einmal durchbrochen, einen abweichenden Steuersatz mit der Folge unvertretbarer Steuerausfälle beanspruchen würden.Zur Frage der Postgebühren antworte ich namens des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen folgendes:Bereits durch die jetzige Gebührengestaltung der Bundespost wird die deutsche Zeitungswirtschaft erheblich begünstigt. Allein im Postzeitungsdienst erreicht diese Begünstigung gegenwärtig eine Höhe von ca. 600 Millionen DM pro Jahr.Mit der beabsichtigten Anhebung der Gebühren im Postzeitungsdienst wird lediglich ein Kostendeckungsgrad von ca. einem Drittel erreicht werden können. Die Deutsche Bundespost beabsichtigt nicht, die Gebühren für ihre Dienstleistungen gegenüber der Zeitungswirtschaft zu ermäßigen.
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Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Waigel.
In welcher Richtung, Herr Staatssekretär, meinen Sie, daß die Harmonisierung auf europäischer Ebene hinsichtlich der steuerlichen Behandlung gehen wird, und halten Sie die Besorgnisse des Verbandes der deutschen Zeitungsverleger, die erst jetzt geäußert wurden, insofern für unberechtigt?
Ich würde sagen, daß wir hinsichtlich der Harmonisierung auf die Beibehaltung dieses Steuersatzsystems hinauslaufen, d. h. wir haben einen zweiteiligen Steuersatz. Was die Sorgen des Verbandes angeht, so muß ich sagen, daß diese zwar jetzt wieder vorgebracht worden sind, daß aber im Laufe der Jahre von den Verlegern bezüglich der Postgebühren immer Sorgen geäußert worden sind. Ich sehe aber nicht, wie wir anders verfahren sollten, als wir hier bei den Postgebühren verfahren sind.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, da der Verband deutscher Zeitungsverleger darauf hinweist, daß es in den anderen EG-Staaten erhebliche Steuervergünstigungen gibt, die, wenn ich Ihre Antwort richtig verstanden habe, von Ihnen jetzt bestritten worden sind, frage ich: Könnten Sie uns, um das Haus zu informieren -wenn es geht, in schriftlicher Form , uns einmal die Steuersätze, die für Zeitungen üblich sind bekanntgeben?
Ich bin gern bereit, das zu tun. Ich könnte das jetzt nicht aus dem Stegreif machen. Aber ich muß noch einmal sagen, daß wir hier zwischen Steuervergünstigung auf der einen Seite, die es in anderen Ländern gibt, und Bevorzugungen bzw. Zuschüssen, wie sie hier die Post in Höhe von zirka 600 Millionen DM durch ermäßigte Gebühren erbringt, ein bißchen unterscheiden müssen. Wir müssen das trennen. Aber ich bin gern bereit, Ihnen auf Ihre Frage nach Steuervergünstigungen in den anderen Ländern eine entsprechende Darstellung zu geben, damit das auch bei der Harmonisierung berücksichtigt werden kann.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Sieglerschmidt.
Herr Staatssekretär, meine Frage bezieht sich auf Abgaben und Gebühren insgesamt. Könnten Sie diesen Vergleich --mit allen Fragwürdigkeiten, die ein solcher Vergleich zwischen verschiedenen Wirtschafts- und Steuersystemen hat — auf das gesamte Gebiet ausdehnen, um den Darlegungen, die der Zeitungsverlegerverband hierzu in einer umfangreichen Denkschrift gemacht hat, etwas gegenüberzustellen, was seine Darstellung entweder bestätigt oder berichtigt
Ich könnte das hier im Parlament nicht tun. Ich bin auch nicht sicher, ob ich von seiten des Finanzministeriums in eine so ausführliche Darstellung eintreten sollte oder ob man zur Beantwortung nicht doch den eigentlichen Ressortminister hören sollte. Ich würde diese Frage gern an den eigentlichen Ressortminister zur Beantwortung in einem späteren Zeitpunkt weitergeben.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Waigel.
Wären Sie bereit, dem Bundespostminister, soweit es ihn in dieser Form noch gibt, die Anregung weiterzugeben, daß er uns über die Gebührenvergünstigung in anderen Ländern ebenfalls berichten möge?
Herr Kollege, da mein Kollege Hauff hier neben mir sitzt, bin ich ganz sicher, daß er diese Debatte mit Aufmerksamkeit verfolgt hat und Ihren Wünschen gerecht wird.
Ich rufe die Frage 61 des Abgeordneten Nordlohne auf:
Wie hoch war die Zahl der Planstellen in sämtlichen Bundesministerien ohne nachgeordnete Bereiche in den Besoldungsgruppen A 13/14 bis A 16 sowie in den Besoldungsgruppen B 3, B 6, B 9 und B 11 am 31. Dezember 1969 und am 31. Dezember 1973?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Nordlohne, in den von Ihnen genannten Besoldungsgruppen betrug die Zahl der Planstellen in sämtlichen Bundesministerien am 31. Dezember 1969 3496 und am 31. Dezember 1973 4152.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Nordlohne.
Herr Staatssekretär, hat es in der Zeit von 1949 bis 1969 in irgendeinem Ministerium ähnliche Beförderungs- und Neueinstellungswellen innerhalb einer Legislaturperiode gegeben wie beispielsweise im Bundeskanzleramt, im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit oder im Bundesjustizministerium?
Ich kann mich nicht darauf festlegen, ob das für das einzelne Ressort zutrifft. Ich darf Ihnen aber aus meiner 17jährigen Tätigkeit als Mitglied des Haushaltsausschusses sagen, daß die Explosion zu allen Zeiten die gleiche war.
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Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Januar 1974 4763
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Nordlohne.
Herr Staatssekretär, worauf führt die Bundesregierung das Ausmaß der von Ihnen genannten Erhöhung der Zahl dieser Planstellen seit dem Tage der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die SPD und die FDP zurück, obwohl sich die Aufgabengebiete in den einzelnen Ministerien gegenüber 1969 nicht entscheidend verändert haben?
Das ist nicht richtig. Ich kann diesen Ausführungen nicht folgen. Sowohl die Bundesregierung als auch dieses Hohe Haus haben eine Reihe von Gesetzen beschlossen, die völlig neue Aufgaben mit sich gebracht und dadurch natürlich auch entsprechende Stellen notwendig gemacht haben.
Ich rufe die Frage 62 des Abgeordneten Nordlohne auf:
Ist die Bundesregierung bereit, gegebenenfalls einer ungewohnlichen Vermehrung und Anhebung von Planstellen im Hinblick auf die ständig wachsenden Personalausgaben des Bundes Einhalt zu gebieten?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär.
Die Bundesregierung hat in der Bundesverwaltung im Jahr 1973 2000 Planstellen und Stellen für Angestellte eingespart. Sie hat im Regierungsentwurf des Bundeshaushaltsplans 1974 vorgesehen, weitere 1400 Planstellen und Stellen für Angestellte einzusparen. Die Bundesregierung wird auch weiterhin bemüht sein, die Steigerung der Personalausgaben auf den unbedingt notwendigen Umfang zu begrenzen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Nordlohne.
Herr Staatssekretär, was hat die Bundesregierung in dieser Frage unter Beachtung der Feststellung des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Jahresbericht 1972/73, nämlich die Bundesregierung habe der Bereinigung struktureller Mängel im Gefüge der Staatsbediensteten anscheinend zuviel Gewicht beigemessen, konkret unternommen, um die ständig steigenden Personalausgaben infolge ungewöhnlicher Vermehrung und Anhebung von Planstellen stagnieren zu lassen oder sogar zu reduzieren?
Herr Kollege, ich verstehe durchaus, daß Sie hier mit der Frage der Stellenvermehrung allein die Bundesregierung ansprechen. Ich bitte, mir zu verzeihen, wenn ich sage, daß wir Stellenvermehrungen durch dieses Hohe Haus beschlossen haben.
Aber ich möchte folgendes hinzufügen, um hier die Haltung der Bundesregierung ganz klarzumachen. Wir haben in den Haushalten 1972 und 1973 die Stellenanforderungen überrollt und haben ähnliches für 1974 vor. Ich möchte Ihnen sagen, daß wir Stellenanforderungen im Jahre 1972 in einer Größenordnung von 11 533 Stellen gehabt haben und daß die Bundesregierung bzw. dieses Hohe Haus die Zahl der am Schluß bewilligten Stellen auf nur 1 627 Stellen reduziert haben. Nachdem man 1972 die Stellenanforderungen überrollt und zurückgewiesen hatte, war meine Auffassung, daß die Ressorts im Jahre 1973 mit höheren Anforderungen kommen würden, weil die früheren Anforderungen nicht befriedigt worden waren. Durch die Haltung dieses Hohen Hauses und durch die Haltung der Bundesregierung ist das Gegenteil eingetreten. Die Stellenanforderungen gingen von 11 533 im Jahr 1972 auf 6 000 im Jahr 1972 zurück. Auch hier haben dann die Bundesregierung und dieses Hohe Haus die Zahl auf nur 2 000 Stellen reduziert. Diese erfreuliche Entwicklung hat sich fortgesetzt. Die Stellenanforderungen sind auch 1974 geringer geworden.
Ich meine, daß die Haltung der Bundesregierung und dieses Hohen Hauses zu dieser Stellenflut eine rückläufige Bewegung erzeugt hat. Wir beabsichtigen, diese harte Haltung hinsichtlich der Stellenbewilligungen und der Stellenhebungen fortzusetzen.
Meine Damen und Herren, ich teile noch mit, daß die Frage 63 nicht zulässig ist, weil dieses Thema während des Tagesordnungspunktes 6 unserer Plenarsitzung behandelt wird. Die Fragen 64 und 65 des Herrn Abgeordneten Mursch werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir sind am Ende unserer Fragestunde von 90 Minuten angelangt.
Ich schließe die heutige Sitzung und berufe die nächste Sitzung ein auf morgen, Donnerstag, den 24. Januar, 9 Uhr.