Protokoll:
6192

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 6

  • date_rangeSitzungsnummer: 192

  • date_rangeDatum: 15. Juni 1972

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:02 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 192. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1972 Inhalt: Fragestunde (Drucksache VI/3495) Frage des Abg. Susset (CDU/CSU) : Lage der deutschen Obst- und Gemüsekonservenindustrie Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 11253 B, C, 11254 A, B, C, D Susset (CDU/CSU) 11253 C, D Dr. Früh (CDU/CSU) 11254 A Dr. Ritz (CDU/CSU) 11254 B Pohlmann (CDU/CSU) 11254 C Dr. Ritgen (CDU/CSU) 11254 D Frage des Abg. Susset (CDU/CSU) : Marktanteile der deutschen Obst- und Gemüsekonservenindustrie Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 11254 D, 11255 B, C, D, 11256 A, B, C Susset (CDU/CSU) 11255 B Dr. Früh (CDU/CSU) 11255 C Pohlmann (CDU/CSU) 11255 C Dr. Ritgen (CDU/CSU) 11256 A Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 11256 B Dr. Ritz (CDU/CSU) 11256 B Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . 11256 C Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Folgen des Abbaus des Grenzausgleichs für die deutsche Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 11256 D, 11257 B, C, D, 11258 A Niegel (CDU/CSU) 11257 A, B Dr. Ritz (CDU/CSU) 11257 C Dr. Früh (CDU/CSU) 11257 D Dr. Ritgen (CDU/CSU) . . . . 11258 A Frage des Abg. Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) : Bekämpfung der Tollwut durch Vergasen der Fuchsbaue in Niedersachsen Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 11258 A, C Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) 11258 B, C Fragen des Abg. Varelmann (CDU/CSU) : Bezeichnung von Arbeitnehmerorganisationen in Ostblockstaaten als „Gewerkschaften" Dr. Ehmke, Bundesminister . . . . 11258 D, 11259 A, B, C, D, 11260 A Varelmann (CDU/CSU) . . 11259 A, B, C Dr. Sperling (SPD) 11259 D Niegel (CDU/CSU) 11259 D Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 11259 D Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . 11260 A II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1972 Frage des Abg. Dr. Hammans (CDU/ CSU) : Beteiligung der SPD-Wählerinitiative an einem Mittagessen nach einer Pressekonferenz des Bundeskanzlers Ahlers, Staatssekretär 11260 B, C, D, 11261 A Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . . 11260 C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 11260 D Fragen des Abg. Dr. Frerichs (CDU/CSU) : Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf die Zusammenarbeit kleiner und mittlerer Unternehmen des Handels Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . 11261 A, B, C, D, 11262 A Dr. Frerichs (CDU/CSU) . . . . 11261 B, D Fragen der Abg. Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) und Krammig (CDU/CSU) : Lage der deutschen Werf ten Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär 11262 B, D, 11263 A, B, C, D, 11264 A, B Krammig (CDU/CSU) 11262 D, 11263 A, B, C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 11263 D, 11264 A Grobecker (SPD) 11264 B Frage des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Erlaß der Lastenausgleichsabgaben für die Ruhrkohle AG Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 11264 C, 11265 A Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . . 11264 D, 11265 A Frage des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Maßnahmen zur Ausgleichung der durch den Erlaß der Lastenausgleichsabgaben für die Ruhrkohle AG bedingten Mindereinnahmen Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär 11265 B, C Freiherr von Fircks (CDU/CSU) 11265 B, C Fragen des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Wirtschaftsspionage durch Einrichtungen der UdSSR in der Bundesrepublik Deutschland Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . 11265 D, 11266 A, B, C, D Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . 11266 A, C Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . . 11266 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 11266 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 11267 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. das Referat Technologie und Innovation im Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen 11267 C Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Geldner (FDP) betr. Anmeldung der neuen Paritäten der EWG-Länder bei dem Internationalen Währungsfonds 11267 D Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1972 11253 19 2. Sitzung Bonn, den 15. Juni 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach* 17. 6. Adams * 17. 6. Adorno 15. 6. Dr. Aigner * 17. 6. Dr. Arndt (Berlin) * 17. 6. Dr. Artzinger * 17. 6. Dr. Bayerl 16. 6. Behrendt * 17. 6. Borm* 17. 6. Frau Brauksiepe 16. 6. Dr. Burgbacher * 17. 6. Dasch 16. 6. Dr. Dittrich * 17. 6. Faller * 17. 6. Fellermaier * 16. 6. Flämig * 17. 6. Dr. Furler * 17. 6. Frau Geisendörfer 16. 6. Gerlach (Emsland) * 17. 6. Gewandt 17. 6. Glombig 16. 6. Frau Griesinger 16. 6. Frau Herklotz 16. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 17. 6. Dr. Jungmann 24.6. Kahn-Ackermann 16.6. Dr. Kempfler 15. 6. Klinker 16. 6. Dr. Koch * 17. 6. Kriedemann * 17. 6. Krockert 16. 6. Lange * 17. 6. Langebeck 16.6. Lautenschlager * 17. 6. Dr. Dr. h. c. Löhr * 17. 6. Lücker (München) * 17. 6. Maucher 15. 6. Meister * 17. 6. Memmel * 17. 6. Müller (Aachen-Land) * 17. 6. Frau Dr. Orth * 17. 6. Dr. Reischl * 17. 6. Richarts * 17. 6. Riedel (Frankfurt) * 17. 6. Schneider (Königswinter) 24. 6. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 24. 6. Schwabe * 17. 6. Dr. Schwörer * 17. 6. Seefeld * 17. 6. Springorum * 17. 6. Dr. Starke (Franken) * 17. 6. Steiner 16. 6. Werner * 17. 6. Winkelheide 16. 6. Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Wolf 16. 6. Wolf 16.6. Wolfram * 17. 6. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 15. Juni 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3495 Frage A 21): Wie beurteilt die Bundesregierung eine Auflösung des Referats Technologie und Innovation im Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen und eine entsprechende Übernahme der Aufgaben dieses Referats in der Unterabteilung technologische Forschung und Entwicklung im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft? Es ist nicht beabsichtigt, das Referat Technologie und Innovation im Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen aufzulösen und die Aufgaben des Referats der Unterabteilung Technologie, Forschung und Entwicklung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft zu übertragen. Das Referat befaßt sich mit aktuellen, gegenwartsbezogenen technologischen Fragen der Wirtschaftspolitik, z. B. mit der Vergabe von Haushaltsmitteln an Unternehmen zur Förderung der Ersteinführung von volkswirtschaftlich besonders bedeutsamen technischen Neuerungen also mit der Förderung der Erstinnovation. Zu den Aufgaben des Referats gehören außerdem u. a. Fragen der wirtschaftlichtechnologischen Zusammenarbeit zwischen der BRD und anderen Ländern sowie bei internationalen und supranationalen Organisationen. Diese Fragen hängen so eng mit der Wirtschaftspolitik zusammen, daß sie auch nur im Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen bearbeitet werden können. Die Arbeit der von Ihnen erwähnten Unterabteilung im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft ist dagegen vorrangig auf die zukunftsbezogene Entwicklung im Bereich neuer Technologien und auf die Förderung von Vorhaben der Forschung ausgerichtet. Natürlich ergeben sich zwischen den beiden Arbeitsbereichen Berührungspunkte. In diesen Fällen findet selbstverständlich eine gegenseitige Unterrichtung, - soweit geboten - eine Koordinierung oder, falls dies sachdienlich ist, auch eine Beteiligung statt. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 15. Juni 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Geldner (FDP) (Drucksache VI/3495 Frage A 22) : 11268 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juni 1972 Trifft nach Meinung der Bundesregierung die Darstellung zu, die der Staatssekretär im bayerischen Landwirtschaftsministerium, Simon Nüssel, am 15. Juni auf einer Bauernversammlung in Rötz gegeben hat, „nachdem der USA-Senat die Dollar-Abwertung vom Dezember 1971 inzwischen formell bestätigt habe, müßten bis 1. August die neuen Paritäten der EWG-Staaten beim internationalen Währungsfonds angemeldet werden mit der Folge einer automatischen Preiseinbuße von 1,85 %"? Die in Ihrer Frage zitierte Darstellung trifft nicht zu. Für die EWG-Länder besteht keinerlei Verpflichtung, die Paritäten, die sich aus den Washingtoner Wechselkurs-Vereinbarungen vom 18. Dezember 1971 ergeben, zu einem bestimmten Zeitpunkt anzumelden. Gegenwärtig liegen den Wechselkursbeziehungen der Bundesrepublik und anderer Länder sogenannte „Leitkurse" zugrunde. Der Beschluß des Internationalen Währungsfonds, durch den solche „Leitkurse" eingeführt wurden, gilt ohne zeitliche Begrenzung.
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619200000
Die Sitzung ist eröffnet.
Wir haben heute lediglich die Fragestunde
— Drucksache VI/3495 —
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann.
Ich rufe die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Susset auf:
Kann die Bundesregierung angeben, in welchem Umfang die deutsche Obst- und Gemüsekonservenindustrie nach der Aufwertung der Deutschen Mark im Jahre 1969 und der Freigabe der Wechselkurse der Deutschen Mark im Mai 1971 Marktanteile in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Ländern verloren hat?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619200100
Herr Kollege Susset, die deutsche Obst- und Gemüsekonservenindustrie hat im Jahr 1969 einen Umsatz von 1,998 Milliarden DM und im Jahr 1971 — bei insgesamt stark gestiegenem Verbrauch — einen Umsatz von 2,461 Milliarden DM erreicht. Daraus ergibt sich, daß trotz der Aufwertung der D-Mark im Jahre 1969 und der Freigabe der Wechselkurse der D-Mark im Mai 1971 der Umsatz dieses Wirtschaftszweiges um 23 v. H. gestiegen ist. Dennoch hat der Anteil der deutschen Industrie am Gesamtverbrauch in diesem Zeitraum geringfügig abgenommen. Die Einfuhren an Erzeugnissen der Obst- und Gemüseverarbeitungsindustrie, vor allem aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, in die Bundesrepublik sind in diesem Zeitraum stärker gestiegen als der Umsatz der entsprechenden deutschen Industrie.
Die besorgniserregende Entwicklung des Marktes bei einigen Arten von Naßkonserven — ich denke an Erbsen- und Bohnenkonserven — ist nicht neu. Besonders niedrige Preise haben hier in der Vergangenheit zur Schließung einiger Produktionsstätten geführt. Diese Entwicklung hat vielfältige Ursachen und kann nur bedingt auf die Folgen der Währungspolitik zurückgeführt werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619200200
Eine Zusatzfrage.

Egon Susset (CDU):
Rede ID: ID0619200300
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, zu bestätigen, daß die Konservenbestände der einschlägigen Industrie zu Ende des Wirtschaftsjahres 1971 bei Gemüsekonserven 78,8%, bei Obstkonserven 47,5% und bei Sauerkonserven 50,5 % der Gesamtproduktion des Jahres 1971 ausmachten und daß in früheren Jahren diese Bestände am Jahresende nur etwa 30 % ausmachten? Sie sind doch sicher mit mir der Meinung, daß diese Bestandserhöhung nicht auf die Anbauausweitung in der Bundesrepublik, sondern auf die durch Wechselkursfreigabe und Aufwertung bedingten erhöhten Einfuhren zurückzuführen ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619200400
Ich sehe für die Vergrößerung der Bestände folgende Ursachen. Sie kommt nicht vom Anbau her. Wir haben nachgeprüft, daß sich die vertragliche Anbaufläche gegenüber dem Vorjahr eigentlich kaum verändert hat. Mit entscheidend ist wahrscheinlich der Preisverfall infolge unterschiedlicher Wettbewerbsbeschränkungen gewesen, die auch zu gewissen Beständen geführt haben. Wir haben Marktanteile verloren, vor allen Dingen im Jahr 1969 und im Jahr 1971. Mit Hauptursache größerer Bestände ist aber wohl auch die Tatsache, daß in den EWG-Nachbarländern zum Teil durch administrative Praktiken — so möchte ich es nennen — die Einfuhr von deutschen Konserven beeinträchtigt wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619200500
Zweite Zusatzfrage.

Egon Susset (CDU):
Rede ID: ID0619200600
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in dem Bericht des Vorstandes der „Unterland Konserven und Tiefkühlkost AG" festgestellt wird, daß der Rohertrag im Jahre 1971 infolge steigenden Importdrucks, der sich durch die Wechselkursfreigabe noch verstärkte, absolut und relativ wesentlich niedriger war als in den Vorjahren, und daß hier in einem Betrieb, an dem produzierende Landwirte als Aktionäre beteiligt sind, ein Bilanzverlust von 1 011 973 DM in einem Jahr festzustellen ist?




Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619200700
Im einzelnen ist mir dieses Ergebnis des Betriebes, den Sie hier erwähnen, nicht bekannt. Aber uns ist bekannt, was ich eben ausgeführt habe, daß es in einigen Bereichen eine besorgniserregende Situation gibt, besonders bei Naßkonserven. Ich habe schon Erbsen- und Bohnenkonserven erwähnt. Hier ist die Situation sehr schwierig. Aber, Herr Kollege Susset, ich bitte zu bedenken, daß die schwierige Situation nur zum Teil durch Währungsveränderungen bedingt ist. Hier spielen andere Wettbewerbsverzerrungen entscheidend mit hinein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619200800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Früh.

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0619200900
Herr Staatssekretär, Sie haben auf die beträchtliche Umsatzsteigerung hingewiesen. Dabei ist Ihnen doch sicherlich nicht entgangen, daß sich trotz dieser Umsatzsteigerungen die Rohertragslage all dieser Unternehmen maßgeblich verschlechtert hat. In einigen wenigen Zahlen ausgedrückt sieht es doch so aus, daß seit 1969 45 Gemüse- und Obstkonservenfabriken stillgelegt worden sind und nur noch 78 in der Bundesrepublik Deutschland arbeiten, und zwar unter erheblichem Ringen um ihre Existenz.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619201000
Das ist durchaus bekannt. Ich habe auch gerade auf diese Probleme hingewiesen. Ich habe auf die starke Steigerung des Umsatzes aufmerksam gemacht. Hier ist eine Steigerung in erheblichem Umfang da, gegenüber dem Vorjahr um 463 Millionen DM. Trotzdem — und das ist das Entscheidende — hat sich der Marktanteil im gleichen Zeitraum nicht entsprechend erhöht, sondern ist von 61,9 % auf 59,9 % des inländischen Verbrauchs zurückgegangen. Darin liegt ja das Problem. Aber insgesamt darf ich noch einmal feststellen, daß bezüglich der vertraglichen Anbaufläche in der Bundesrepublik deshalb kaum eine Veränderung zum Nachteil der deutschen Erzeuger eingetreten ist, wenn es auch Verschiebungen in den Anbauflächen zwischen Süd- und Norddeutschland gegeben hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619201100
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0619201200
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß durch die Abwertung des französischen Franc 1969 und die Aufwertung der D-Mark 1969 und 1971 beispielsweise die französischen Anbieter von Gemüse am deutschen Markt einen nominalen Preisvorteil zwischen 26 und 28 % erzielen konnten, selbst wenn man dabei unterschiedliche Kostenentwicklungen berücksichtigt? Glauben Sie nicht, daß darin eben doch der entscheidende Grund für die schwierige Situation der deutschen Konservenindustrie liegt?
L
Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619201300
Herr Kollege Dr. Ritz, wir haben eine Untersuchung durchführen lassen, um die Vorgänge, die Sie ansprechen, zu ergründen. Wir kommen dabei allerdings nicht zu so starken Auswirkungen, wie Sie sie eben dargestellt haben. Sicherlich muß gesehen werden, daß auch Währungsveränderungen eine Wettbewerbsverzerrung herbeigeführt haben. Aber diese Währungsveränderungen sind nicht die alleinige Ursache, sondern es spielen auch andere Maßnahmen hinein, die ich jetzt im einzelnen nicht aufzählen kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619201400
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Pohlmann.

Eberhard Pohlmann (CDU):
Rede ID: ID0619201500
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß in Ihrem Hause vor der Aufwertung 1969 und auch vor der Freigabe der Wechselkurse 1971 Papiere von sachverständigen Mitgliedern Ihres Hauses erarbeitet worden sind, in denen die sich heute abzeichnenden Schwierigkeiten schon klar vorausgesagt worden sind? Und warum ist hierauf von der Bundesregierung keine Rücksicht genommen worden?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619201600
Dazu darf ich sagen, Herr Kollege, daß wir uns in unserem Hause seit langem mit diesem Problem befaßt haben. Wenn die nächste Frage aufgerufen wird, wird sich Ihre Zusatzfrage durch die Antwort mit beantworten. Die Schwierigkeit, die wir vorfanden und die wir jetzt haben, liegt darin, daß die Obst- und Gemüsekonserven innerhalb der EWG schon seit 1968 liberalisiert sind. Daraus hat sich die ganze schwierige Entwicklung ergeben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619201700
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Ritgen.

Dr. Gerd Ritgen (CDU):
Rede ID: ID0619201800
Herr Staatssekretär, können Sie etwas darüber aussagen, was die Bundesregierung zu tun gedenkt, um diese Wettbewerbsverzerrung auszugleichen, insbesondere im Hinblick auf die Antwort vom 17. März 1972 auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU, worin gesagt wurde, daß geprüft werde, welche Möglichkeiten bestünden, um die derzeitigen Schwierigkeiten der Konservenindustrie zu verringern?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619201900
Herr Kollege Dr. Ritgen, ich werde in meiner Antwort auf die nächste Frage darauf eingehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619202000
Dann rufe ich die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Susset auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um für die deutsche Obst- und Gemüsekonservenindustrie und damit auch für die Produzenten von Obst und Gemüse verlorene Marktanteile wiederzugewinnen?
Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft



P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0619202100
Obst- und Gemüsekonserven sind, wie ich eben schon erwähnte, innerhalb der EWG schon seit 1968 liberalisiert. Gegen Lieferungen aus den Mitgliedstaaten können Maßnahmen nur dann ergriffen werden, wenn gegen die geltenden Wettbewerbsregeln verstoßen wird.
Was die Einfuhr aus dritten Ländern anlangt, ist die Bundesregierung in Brüssel seit langem für eine alsbaldige Verabschiedung einer Drittlandsregelung für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse eingetreten. Solange eine solche Drittlandregelung nicht besteht, wird die Bundesregierung wie bisher weiter im Rahmen des ihr Möglichen versuchen, Marktstörungen durch eine behutsame Handelspolitik gegenüber Drittländern zu vermeiden.
Der von der Kommission angeforderte Prüfungsbericht über die Lage auf dem Obst- und Gemüsekonservenmarkt in der Europäischen Gemeinschaft liegt noch nicht vor.
Bereits im vergangenen Jahr — damit komme ich zur Beantwortung Ihrer Zusatzfrage, Herr Dr. Ritgen — hat die Bundesregierung den besonders betroffenen Zweigen der Obst- und Gemüsekonservenindustrie eine wirksame finanzielle Hilfe gewährt. Wie und in welcher Form der Obst- und Gemüsekonservenindustrie in diesem Jahr geholfen werden kann, wird zur Zeit geprüft.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619202200
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Susset.

Egon Susset (CDU):
Rede ID: ID0619202300
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, mit Nachdruck dafür einzutreten, daß alle innergemeinschaftlichen Wettbewerbsverzerrungen abgebaut werden, und dafür zu sorgen, daß der deutschen Konservenindustrie nicht weitere einseitige Lasten auferlegt werden, wie sie beispielsweise durch die Erhöhung der Mineralöl- und der Kraftfahrzeugsteuer selbstverständlich eingetreten sind bzw. eintreten werden?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619202400
Dazu kann ich sagen, daß die Vertreter der Bundesregierung in Brüssel bezüglich dieses Problems schon einen sehr harten Standpunkt vertreten haben und immer wieder eine Vorlage über die Entwicklung bei Obst- und Gemüsekonserven verlangt haben. Leider blieb das, wie ich schon angeführt habe, bisher ohne Erfolg. Aber ich kann hier sagen, daß wir uns von deutscher Seite immer wieder mit Nachdruck bemüht haben und weiter bemühen werden, die Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619202500
Zweite Zusatzfrage.

Egon Susset (CDU):
Rede ID: ID0619202600
Herr Staatssekretär, welche Maßnahmen hat die Bundesregierung im einzelnen vorgesehen, um der Landwirtschaft zu helfen, die immerhin 700 000 t Rohware für die Konservenindustrie produziert. Es handelt sich hier zumeist um Vertragsanbauer, die ihre Betriebe auf die Produktion von Gemüse oder Obst bzw. und Obst ausgerichtet haben und nicht ohne weiteres auf andere Produktionen ausweichen können. Was wird getan, um diesen Betriebsgruppen durch die Erhaltung von Marktanteilen ein Überleben zu ermöglichen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619202700
Herr Kollege Susset, ich bin hier in einer Schwierigkeit. Ich möchte jetzt keine Aussagen machen, die uns bei unseren Bemühungen in Brüssel, Wettbewerbsverzerrungen in der EWG zu beseitigen, stören könnten.
Ihnen dürfte bekannt sein, daß im letzten Jahr etwa 10,1 Millionen DM für die Obst- und Gemüsekonservenindustrie ausgegeben worden sind. Ihnen dürfte ferner bekannt sein, daß wir uns auch jetzt wieder bemühen, wirksam zu helfen. Auf Einzelheiten will ich nicht eingehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619202800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Früh.

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0619202900
Herr Staatssekretär, ich möchte bezüglich der Wettbewerbsverzerrungen nicht weiter in Sie dringen, weil Sie angedeutet haben, Sie würden eventuell Schwierigkeiten bekommen. Aber glauben Sie nicht auch, daß gerade diejenigen Landwirte, die teils Verträge eingegangen sind, teils sich in AGs zusammengeschlossen haben — sehr fortschrittliche Landwirte, die durch( die Beratung in diese Produktionsrichtung gedrängt worden sind —, zunehmend den Mut verlieren oder — was genauso schlimm ist — künftig Ratschlägen der Beratungsstellen wesentlich skeptischer gegenüberstehen werden, wenn nicht gar resignieren?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619203000
Gerade aus diesem Grunde haben wir uns ja bemüht, die Situation der Konservenindustrie zu verbessern. Das Ergebnis ist gegenwärtig insofern noch beruhigend, als wir feststellen können, daß die Vertragsanbauflächen für Obst und Gemüse sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert haben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619203100
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Pohlmann.

Eberhard Pohlmann (CDU):
Rede ID: ID0619203200
Herr Staatssekretär, Ihre Antwort auf die Frage von Herrn Susset, daß Sie nach wie vor am Überprüfen sind, veranlaßt mich zu folgender Frage: Sind Sie bereit, zuzugeben, daß die Bundesregierung bereits am 17. Dezember 1971 erklärt hat, sie habe sich mit Nachdruck für die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen auf dem Sektor der Obst- und Gemüsekonserven eingesetzt, und daß bisher nichts Nennenswertes geschehen ist?
Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft



P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0619203300
Ich habe schon betont, daß ein EWG-Bericht leider noch nicht vorliegt. Die Bundesregierung hat immer wieder auf die Vorlage eines solchen Berichts in Brüssel gedrängt. Wenn Sie die Dinge genau verfolgt haben, dann wissen Sie auch, daß Herr Staatssekretär Griesau im letzten Jahr — ich glaube, im Oktober oder November — mit aller Härte eine Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen in der EWG verlangt hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619203400
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritgen.

Dr. Gerd Ritgen (CDU):
Rede ID: ID0619203500
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die von der Bundesregierung gewährten Beihilfen für die Obst- und Gemüsekonservenindustrie und damit auch für die Anbauer, gemessen an den Nachteilen, die beiden Gruppen, sowohl der Industrie als auch den Anbauern, entstanden sind, ziemlich unzureichend sind?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619203600
Das meine ich nicht. Wir haben hier wirklich getan, was finanziell möglich war. Ich glaube, das ist von der Konservenindustrie auch anerkannt worden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619203700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Hauser.

Dr. Hugo Hauser (CDU):
Rede ID: ID0619203800
Herr Staatssekretär, können Sie denn einen Termin nennen, bis zu dem der auch von Ihnen erwartete EWG-Bericht endlich vorgelegt wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619203900
Ich kann keinen Termin nennen, weil wir ja nicht die Möglichkeit haben, einen solchen Termin anzuordnen. Wir müssen vielmehr den Vorgang der Kommission dazu abwarten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619204000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0619204100
Herr Staatssekretär, Sie haben konkrete Zahlen über den Umsatz der Konservenindustrie genannt und auch zum Ausdruck gebracht, daß es keinerlei Reduzierung im Vertragsanbau von Gemüse gibt. Können Sie auch Zahlen darüber angeben, wie sich der Ertrag bei der Konservenindustrie und die Erzeugerpreise bei den Anbauern von Gemüse entwickelt haben? Dies scheint mir doch das entscheidende Kriterium zu sein.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619204200
Herr Kollege Dr. Ritz, auch darauf habe ich eigentlich schon hingewiesen, und zwar mit der Bemerkung, daß wir im letzten Jahr eine sehr schwierige Situation — auch preislich — bei Naßkonserven hatten. Diese schwierige Situation ist
durch verstärkte Einfuhren aus den Nachbarländern bedingt, wie ja bekannt ist. Diese Verzerrungen bereiten uns erhebliche Sorge.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619204300
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Schmidt (Braunschweig).

Walter Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0619204400
Herr Staatssekretär, würden Sie mir bestätigen, daß die schwierige Situation der Konservenfabriken nicht erst seit einiger Zeit, sondern mindestens schon seit zehn Jahren zu verzeichnen ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619204500
Das kann ich durchaus bestätigen. Ich habe auch schon darauf hingewiesen, daß die Liberalisierung nicht durch diese Bundesregierung erfolgt ist, sondern schon 1968 durchgeführt wurde. Seitdem sind die Schwierigkeiten besonders groß geworden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619204600
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 49 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung zur Frage des Abbaus des Grenzausgleichs, und wie ist rechtzeitig zu verhindern, daß dadurch der Landwirtschaft und dem Agrarhandel Schaden entsteht?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619204700
Herr Kollege Niegel, in der Entschließung des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 16./24. März 1972 wurde grundsätzlich entschieden, daß die Einkommen der Landwirtschaft von dem stufenweisen Abbau des Grenzausgleichs nicht betroffen werden dürfen. Im Gegensatz zur Landwirtschaft werden hier die Interessen des Agrarhandels nicht unmittelbar berührt. Zwei Aspekte müssen nämlich unterschieden werden:
Einerseits geht es um die Senkung des deutschen Grenzausgleichs auf den Benelux-Aufwertungssatz von 2,76 %. Einkommensverluste der deutschen Landwirtschaft aus dieser Senkung um 1,85 %, die erst zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt wirksam werden kann, sollen durch nationale Maßnahmen im Rahmen der Mehrwertsteuer ausgeglichen werden. Einzelheiten der notwendigen steuerlichen Regelung werden in einem Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgelegt. — Ich darf einfügen, daß ich auf diesen Entwurf bereits gestern hier in der Fragestunde hingewiesn habe. — Im Zusammenhang mit der Senkung des Grenzausgleichs auf 2,76 % muß das Problem der notwendigen Ausgleichsvergütungen für Altbestände geprüft werden, die von einer Preissenkung betroffen werden.
Andererseits geht es um die Frage, wie der Grenzausgleich in Höhe von 2,76 %, der später von der Bundesrepublik Deutschland und den BeneluxStaaten gemeinsam angewendet wird, stufenweise abgebaut werden kann.



P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0619204800
Der stufenweise Abbau der Ausgleichsbeträge darf in den betroffenen Ländern entsprechend dem Grundsatzbeschluß nicht zu Preissenkungen führen. Um dieses Ziel zu erreichen, muß der Rat daher entweder eine Anhebung des Wertes der Rechnungseinheit oder zusätzliche Preisanhebungen beschließen. Die Einzelstufen beim Abbau der Ausgleichsbeträge dürfen die jährlichen Preisbeschlüsse nicht belasten. Einzelheiten werden in nächster Zeit im Rat der Europäischen Gemeinschaften zu erörtern sein. Vorschläge der Kommission für die Festlegung von Durchführungsmodalitäten stehen noch aus.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619204900
Eine Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0619205000
Herr Staatssekretär, da wir vor einer neuen Ernte stehen, will ja der Landwirt wissen, wie seine Preise sich zusammensetzen. Welche konkreten Vorstellungen haben Sie für diese Ernte bezüglich des Abbaus des Grenzausgleichs, und wie können Sie für den Fall, daß Sie entsprechende Zustimmungen gegeben haben, garantieren, daß die notwendigen gesetzlichen Regelungen noch rechtzeitig in diesem Hause getroffen werden können?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619205100
Dazu darf ich folgendes sagen, Herr Kollege Niegel. Die Preise für die diesjährige Getreideernte dürften Ihnen bekannt sein; sie sind durch Beschlüsse vom 16. März dieses Jahres für dieses Getreidewirtschaftsjahr festgelegt worden.
Ein zweites ist, daß wir uns bemüht haben, für leere Läger zur Aufnahme der Getreideernte Sorge zu tragen, so daß ich von dieser Seite aus keine Schwierigkeiten sehe. Ich kann Ihnen aber heute keinen Termin für die Festschreibung der Wechselkurse nennen; darauf habe ich hier ja hingewiesen. Hier ist noch alles offen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619205200
Die zweite Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0619205300
Besteht bei der Haltung der Bundesregierung nicht die Gefahr, daß damit eine erneute Unsicherheit in die Landwirtschaft kommt, weil, wie Sie gesagt haben, der Ausgleich noch nicht genau fixiert ist? Wird die Bundesregierung daran festhalten, daß der Grenzausgleich für diese Ernte noch gilt, oder gelten andere Regelungen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619205400
Die Bundesregierung wird bei ihrer Zusage bleiben. Ich sehe die Gefahr, die Sie, Herr Kollege, aufzeigen, nicht. Die Bundesregierung bleibt bei der Zusage, die sie immer wieder gegeben hat, daß der Landwirtschaft keine Einkommenssenkungen durch Währungsveränderungen zugemutet werden sollen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619205500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0619205600
Herr Staatssekretär, sind Sie, nachdem gestern in verschiedenen Zeitungen davon die Rede war, daß durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Zuge des Abbaus des Grenzausgleichs den Erzeugern 650 Millionen DM Mehreinnahmen entstehen, bereit, hier deutlich zu sagen, a) daß diese Zahl falsch ist, b) daß es nicht darum geht, daß die Erzeuger mehr bekommen, sondern lediglich darum, daß sie einen Ausgleich dafür bekommen, daß der Grenzausgleich in dieser Größenordnung abgebaut wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619205700
Ich habe hier gestern betont und habe auch eben schon gesagt, daß die Bundesregierung im Wort ist bezüglich ihrer Aussage, daß keine Einkommenssenkungen durch Währungsveränderungen entstehen sollen. Insoweit kann ich also zu dieser Anmerkung von Ihnen durchaus positiv Stellung nehmen: für die Landwirtschaft entstehende Einkommensverluste werden ausgeglichen.
Eine weitere Aussage möchte ich zu diesem Punkte nicht machen.

(Abg. Dr. Ritz: Könnten Sie aber die genannte Zahl korrigieren?)

— Ich nehme Ihre Anfrage zur Kenntnis. Korrigieren kann ich nichts, denn ich kenne die Zahl nicht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619205800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Früh.

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0619205900
Herr Staatssekretär, nachdem Sie angedeutet haben, daß die übrigbleibenden 2,7 %, die ja dann auch abgebaut werden müssen, der deutschen Landwirtschaft keine Einkommensminderungen bringen dürfen, ließen Sie doch durchblicken, daß dies nur so möglich ist, daß man durch Preisanhebungen in den übrigen Ländern auf einen gleichmäßigen Standard kommen wird. Sind Sie sich nicht darüber im klaren, daß das wiederum z. B. für die französische Landwirtschaft eine erneute Preiserhöhung — wahrscheinlich die vierte oder die fünfte — bedeutet, während die deutsche Landwirtschaft, wenn sie vielleicht an Preissenkungen vorbeikommt, trotz laufend steigender Kosten lediglich den jetzigen Preisstand behält?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619206000
Ich sehe diese Entwicklung nicht so. Ich möchte noch einmal auf die drei Lösungsmöglichkeiten, die ich für den Abbau des Grenzausgleichs hier vorhin vorgetragen habe, verweisen. Es sind Lösungen möglich, die an sich für die deutsche Landwirtschaft keine Einkommensbenachteiligungen bringen können.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619206100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritgen.




Dr. Gerd Ritgen (CDU):
Rede ID: ID0619206200
Herr Staatssekretär, sehen Sie die Gefahr, daß der Ministerrat gegen den Willen der Bundesrepublik über die Festsetzung der Währungsparitäten und den Abbau des Grenzausgleichs entscheidet, ohne daß in der Bundesrepublik bereits die notwendigen gesetzlichen Regelungen geschaffen worden wären?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619206300
Herr Kollege Ritgen, diese Gefahr sehe ich nicht. Man wird hier auch auf unsere Situation Rücksicht nehmen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619206400
Keine weitere Zusatzfrage? — Dann rufe ich Frage 50 des Herrn Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld auf:
Ist der Bundesregierung das Urteil des Oberlandesgerichtes Celle vom 18. Mai 1972 AKZ 7 W 63/71 bekannt, wonach es Mitgliedern der Landesjägerschaft Niedersachsen, die durchaus auch Beamte des Landes Niedersachsen sein können, unter Androhung einer Beugestrafe untersagt ist, bei der vom Land Niedersachsen angeordneten Vergasung von Fuchsbauten zur Bekämpfung der Tollwut weiterhin tätig zu sein, und welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, die zwar von der Jägerschaft nicht geschätzte, aber bei dem Stand der Seuche für den Schutz der Bevölkerung höchst notwendige Bekämpfung der Tollwut durch Begasung der Baue, die in vielen Bundesländern selbstverständlich ist, weiter durchzuführen und die daran beteiligten Personen, soweit sie Mitglieder der Landesjägerschaft Niedersachsen sind, vor persönlichem Schaden zu schützen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619206500
Herr Kollege Dr. von Nordenskjöld, der Bundesregierung ist bekannt, daß das Oberlandesgericht Celle am 18. Mai 1972 eine einstweilige Verfügung erlassen hat, die der Landesjägerschaft Niedersachsen e. V. u. a. zur Auflage macht, vor dem rechtskräftigen Abschluß des Verwaltungsgerichtsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg Erklärungen und Handlungen zu unterlassen, welche die Durchführung des § 15 der Verordnung zum Schutz gegen die Tollwut vom 13. März 1970 fördern oder unterstützen.
Die Begasung der Fuchsbaue erfolgt bekanntlich nicht auf Grund einer Anordnung des Landes Niedersachsen, sondern auf Grund einer Verordnung des Bundes, der Verordnung zum Schutz gegen die Tollwut vom 13. März 1970. Die Durchführung dieser Verordnung wird durch die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts Celle nicht berührt; Jagdausübungsberechtigte haben weiterhin insbesondere die Vorschrift des § 15 Abs. 2 der Tollwutverordnung zu beachten.
Im übrigen ist in der einstweiligen Verfügung nur die Landesjägerschaft als Institution angesprochen. Ein einzelnes Mitglied der Landesjägerschaft Niedersachsen verstößt daher nicht gegen die einstweilige Verfügung, wenn es als Jagdausübungsberechtigter die Vorschriften des § 15 der Tollwutverordnung befolgt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619206600
Eine Zusatzfrage? — Bitte!

Dr. Günter von Nordenskjöld (CDU):
Rede ID: ID0619206700
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß, weil der Ausdruck „Funktionär der Landesjägerschaft" gefallen ist, natürlich auch jeder x-beliebige Hegeringleiter, der ja ein Funktionär der Landesjägerschaft ist, gemeint ist? Und finden Sie es nicht merkwürdig, daß irgendein Hegeringleiter in Niedersachsen so oder so bestraft wird? Begast er die Fuchsbaue, wird er vor Gericht mit einer Beugestrafe bestraft; begast er sie nicht, wird er von der Behörde bestraft, weil er nach § 15 dazu verpflichtet ist.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619206800
Man sollte überhaupt überlegen, ob die Jäger Aufgaben eines Kammerjägers übernehmen sollten.

(Heiterkeit.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619206900
Eine Zusatzfrage, bitte!

Dr. Günter von Nordenskjöld (CDU):
Rede ID: ID0619207000
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß der Großteil der Jäger diese Aktion zwar in keinem Fall gern tut und sich lange Zeit dagegen gewehrt hat, daß aber eine derart einschneidende Maßnahme bei dem derzeitigen Seuchenstand zum Schutz der Bevölkerung notwendig ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0619207100
Herr Kollege Dr. von Nordenskjöld, deswegen haben wir seinerzeit die Verordnung erlassen. Aber es braucht nicht vergast zu werden, es kann ja auch geschossen werden. Auch das steht in der Verordnung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619207200
Keine weitere Zusatzfrage. Dann danke ich Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung der Fragen ist Herr Bundesminister Ehmke anwesend.
Ich rufe die Frage 87 des Herrn Abgeordneten Varelmann auf:
Hält es die Bundesregierung für angebracht, Arbeitnehmerorganisationen, die zu ihren ersten Verpflichtungen zählen, diktatorische Staaten zu propagieren, in gleicher Weise wie Arbeitnehmerorganisationen der Bundesrepublik Deutschland ohne Differenzierung als Gewerkschaften zu bezeichnen, wie z. B. in einer Pressemitteilung des Presse- und Informationsamts vom 12. Mai 1972 über einen Empfang einer Delegation SZOT aus Ungarn, wonach der Bundeskanzler die Bedeutung gewerkschaftlicher Kontakte hervorhob und meinte, „die Regierungen könnten von Gewerkschaften Impulse bekommen"?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619207300
Frau Präsidentin, ich würde die Fragen gern zusammen beantworten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619207400
Dann rufe ich auch die Frage 88 des Herrn Abgeordneten Varelmann auf:
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß sie in ihren Verlautbarungen nur dann für Arbeitnehmerorganisationen die Bezeichnung „Gewerkschaften' verwenden sollte, wenn diese das Streikrecht bejahen, handhaben oder dazu in der Lage und vom Staat unabhängig sind?




Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619207500
Herr Abgeordneter, in der von Ihnen zitierten Pressemitteilung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 507 vom 12. Mai zum Empfang einer Delegation des Zentralrates der Ungarischen Gewerkschaften beim Herrn Bundeskanzler wurde das Wort „Gewerkschaften" politisch neutral verwendet, so wie ja auch bei internationalen Begegnungen, an denen dieses Hohe Haus oder Mitglieder dieses Hohen Hauses beteiligt sind, in neutraler Form von „Parlamenten" oder „Parlamentariern" gesprochen wird, ohne daß dadurch die sich aus den unterschiedlichen Gesellschaftssystemen ergebenden Unterschiede verwischt werden sollen.
Die Bundesregierung teilt daher Ihre aus der Frage 88 sich ergebende Auffassung nicht. Daß die von Ihnen, Herr Abgeordneter, genannten Kriterien, neben anderen Kriterien, in unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung für Gewerkschaften konstitutiv sind, ist im übrigen ganz unbestritten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619207600
Eine Zusatzfrage.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0619207700
Herr Minister, ist es nicht verfehlt, in der deutschen Öffentlichkeit den Eindruck auszulösen, als ob es in den Ostblockstaaten auch Gewerkschaften mit westlichem Gepräge gäbe, die sich vollkommen frei für die Arbeitnehmer einsetzen könnten?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619207800
Wenn wir das Wort „Gewerkschaften" dort
benutzen, wird keiner in diesem Lande daraus schließen, daß das Gewerkschaften sind, wie sie unsere Gesellschafts- und Rechtsordnung vorsieht, da die Unterschiede der beiden Gesellschaftssysteme jedem in diesem Lande klar sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619207900
Zweite Zusatzfrage.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0619208000
Herr Minister, wäre es nicht trotzdem angebracht, diesen Trennungsstrich auch in der Öffentlichkeit ständig zu ziehen?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619208100
Herr Abgeordneter, da, soweit ich sehe, auch in den verbündeten westlichen Staaten diese Begriffe in ihrer allgemeinen, politisch neutralen Form verwendet werden, täte es uns nicht gut, hier den Anschein zu erwecken, als ob wir auf diesem Gebiet besonders engstirnig seien.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619208200
Eine weitere Zusatzfrage.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0619208300
Herr Minister, darf man überhaupt von Gewerkschaften sprechen, wenn diese sogenannten Arbeitnehmerorganisationen es sogar positiv beurteilen, wenn der Freiheitsdrang der Arbeiter mit Waffengewalt unterdrückt wird?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619208400
Herr Abgeordneter, wir sind uns über die
Unterschiede, die bestehen, gar nicht uneinig. Aber ich meine, es würde fast solch ein Krampf werden, wie wir ihn zeitweise gegenüber dem anderen Teil Deutschlands mit den Anführungsstrichen gemacht haben, wenn wir jetzt anfangen wollten, normale, allgemeine Bezeichnungen für Parlamente, Gewerkschaften und andere Einrichtungen jeweils mit Zusätzen zu versehen. Ich glaube nicht, daß das wesentlich zu der Auseinandersetzung der beiden Gesellschaftssysteme beitragen würde.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0619208500
Legen die deutschen Gewerkschaften nicht bewußt Gewicht darauf, daß nur die Arbeitnehmerorganisationen sich als Gewerkschaften bezeichnen dürfen, die das Streikrecht handhaben können und handhaben und vollkommen unabhängig sind? Ist das nicht eine bewußte Herausstellung, und sollte man diesen Gedanken nicht pflegen?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619208600
Ganz sicher. Aber wir teilen nicht die Befürchtung, die Sie haben, daß irgend jemand meinen könnte, mit dem Begriff „Gewerkschaft" werde behauptet, daß in den Staaten, die ein anderes Gesellschaftssystem haben, die Gewerkschaften gleiche Rechte oder Funktionen hätten wie bei uns. Jeder in diesem Land und auch in anderen Ländern weiß ja, daß das nicht so ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619208700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0619208800
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß Kollegen der Opposition die CDU der DDR, um nicht mißverstanden zu werden, als NichtCDU bezeichnen?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619208900
Nein, das ist mir nicht bekannt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619209000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0619209100
Herr Bundesminister, da Sie vorhin die bis 1969 geltende Politik gegenüber der „DDR" als „Krampf" bezeichnet haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie auch die Politik Ihres seinerzeitigen Vizekanzlers, Herrn Brandt, als „Krampf" bezeichnen, wie Sie die jetzige Politik nennen und ob „Krampf" überhaupt der richtige Ausdruck für eine bestimmte Politik ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619209200
Einen Augenblick, bitte! Die Frage gehört nicht in den Zusammenhang. Ich bitte, sie nicht zu beantworten.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hammans.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0619209300
Herr Bundesminister, wollen Sie, wenn Sie die Gänsefüßchen als „Krampf" bezeichnen, damit sagen, daß die DDR eine demokratische Republik sei?

(Oh-Rufe bei der SPD.)





Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619209400
Das hat damit gar nichts zu tun, sondern Tatsache ist, daß man gemeint hat, Politik durch Gänsefüßchen ersetzen zu können. Die Geschichte hat bewiesen, daß das eine falsche Auffassung war.

(Beifall bei der SPD.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619209500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Müller.

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0619209600
Herr Bundesminister, wären Sie vielleicht so freundlich, dem Herrn Kollegen Sperling zu sagen, daß wir üblicherweise von der Ost-CDU sprechen und damit einen Unterschied herausstellen.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0619209700
Nachdem Sie es schon gesagt haben, kann ich mir diese Mühe ersparen, Herr Kollege.

(Heiterkeit.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619209800
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 89 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans auf:
Trifft es zu, daß anläßlich eines Mittagessens auf Einladung des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung für die „Junge Presse" des Deutschen Bundesjugendrings nach einer Pressekonferenz mit dem Herrn Bundeskanzler am 18. Mai um 13 Uhr im Hotel Tulpenfeld die SPD-Wählerinitiative offiziell bei dem Essen vertreten war, ihre Mitglieder, die gleichmäßig an allen Tischen verteilt waren, vorgestellt und ihre Diskussionsbereitschaft in dieser Runde erklärt hat, und gegebenenfalls ist dies üblich?
Zur Beantwortung nunmehr Herr Staatssekretär Ahlers. Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0619209900
Frau Präsidentin, ich möchte die Anfrage wie folgt beantworten.
Herr Abgeordneter, es trifft zu, daß die SPD-Wählerinitiative an einem Mittagessen beteiligt war, welches am 18. Mai nach der Pressekonferenz des Bundeskanzlers mit 80 jungen Redakteuren von Schülerzeitungen oder vergleichbaren Blättern im Hotel Tulpenfeld stattfand. Die Wählerinitiative hat im übrigen auch an der Vorbereitung und Durchführung der Pressekonferenz des Bundeskanzlers mitgewirkt. Dies hat sich als ein vernünftiges Verfahren erwiesen, weil gerade Herr Günter Graß ein besonderes Geschick im Umgang mit kritischen jungen Menschen hat.
Außerdem, Herr Abgeordneter, fand gleichzeitig ein Mittagessen der Pressevertreter des Deutschen Bundesjugendringes im Restaurant Tulpenfeld statt, zu dem Abgeordnete aller Parteien des Bundestagsausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit eingeladen waren, darunter, wie ich gehört habe, auch Sie, Herr Abgeordneter. Ich habe den Eindruck, daß Sie von der kurzfristigen Verlegung dieses Mittagessens vom Hotel ins Restaurant Tulpenfeld keine Kenntnis erhalten und deshalb vielleicht an dem falschen Mittagessen teilgenommen haben.

(Heiterkeit.)

Ich hoffe sehr, daß es Ihnen trotzdem geschmeckt hat, -Herr Abgeordneter.

(Große Heiterkeit.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619210000
Eine Zusatzfrage.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0619210100
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich durchaus versucht habe, in dem anderen Haus den richtigen Platz zu finden, daß ich aber immer wieder in das Hotel zurückverwiesen wurde und ich schließlich dort den Eindruck hatte, mein Mittagessen am richtigen Platz einzunehmen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0619210200
Herr Abgeordneter, ich nehme das gern zur Kenntnis und bedaure, wenn Ihnen daraus irgendwelche Unannehmlichkeiten entstanden sein sollten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619210300
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0619210400
Eine ernsthafte Frage, die den Kern der Sache trifft: Finden Sie es richtig, Herr Staatssekretär, daß das Presse- und Informationsamt praktisch eine Wählergruppe einer Partei durch finanzielle Mittel so unterstützt, wie es dort geschehen ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0619210500
Herr Abgeordneter, ich habe mir das lange überlegt und finde es richtig. Nur stimmt der zweite Teil Ihrer Frage nicht: die Wählerinitiative ist auf diese Weise nicht finanziell unterstützt worden. Wir haben diese Veranstaltung finanziert und durchgeführt und die Wählerinitiative nur gebeten, uns bei der Vorbereitung und Durchführung der Pressekonferenz des Bundeskanzlers zu helfen, eben aus dem angeführten Grunde, weil es nicht einfach ist — für keine der Parteien und auch nicht für die Bundesregierung —, mit einer spezifischen, ganz besonders kritisch eingestellten Gruppe junger Menschen gewissermaßen ohne Hilfe auch anderer Personen, wie etwa Günter Graß, in Verbindung zu kommen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619210600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann.

(Abg. Dr. Hammans meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage.)

— Es tut mir leid; ich kann keine Zusatzfrage von Ihnen mehr zulassen, Herr Hammans.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0619210700
Herr Staatssekretär, war die Beteiligung der SPD-Wählerinitiative an einem offiziellen Essen des Presse- und Informationsamtes vielleicht ein Versuch, den Zorn von Herrn Wehner etwas zu beruhigen?

(Lachen und Zurufe bei der SPD.)





Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0619210800
Da dieser Vorfall vor dem anderen lag, Herr Abgeordneter, muß diese Schlußfolgerung schlechthin falsch sein.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Vorbeugend! — Heiterkeit.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619210900
Keine weitere Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Ahlers.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Frerichs auf:
Ist die Bundesregierung bereit zu bestätigen, daß zur Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen des einzelwirtschaftlichen Handels der Grundsatz der Kooperationsfibel, wonach das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen einer auf Rationalisierung und Leistungswettbewerb gerichteten Zusammenarbeit zwischen Unternehmen nicht entgegensteht, nach wie vor gilt und in der Praxis verstärkt Anwendung finden sollte?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619211000
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung bejaht nach wie vor den von Ihnen wiedergegebenen Grundsatz der Kooperationsfibel, daß das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen einer auf Rationalisierung und Leistungswettbewerb gerichteten Zusammenarbeit der Unternehmen nicht entgegensteht. Dies gilt insbesondere auch für die kleinen und mittleren Unternehmen des Handels. Die Bundesregierung hat immer wieder betont — ich darf hier z. B. auf die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs der Kartellgesetznovelle hinweisen —, daß sie eine verstärkte Kooperation kleiner und mittlerer Unternehmen für erwünscht hält.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619211100
Eine Zusatzfrage.

Dr. Göke D. Frerichs (CDU):
Rede ID: ID0619211200
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung, da die Kooperationsfibel schon sechs Jahre alt ist und viele Erfahrungen damit gesammelt werden konnten, bereit, erneut eine verbesserte, der jetzigen Praxis und den Realitäten des wirtschaftlichen Alltags angemessene, erweiterte Kooperationsfibel aufzulegen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619211300
Herr Abgeordneter, ich wäre gern bereit, darauf eine Antwort zu geben, wenn ich gleichzeitig Ihre Frage 20 mit einbeziehen könnte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619211400
Sind Sie einverstanden, Herr Fragesteller? — Dann rufe ich auch die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Frerichs auf:
Ist die Bundesregierung bereit, über die bisher ergangenen, sich lediglich auf Einzelfälle stützenden kartellrechtlichen Auslegungsgrundsätze hinaus Richtlinien für die allgemeine Anwendung von Mittelstandsempfehlungen zu geben, die zu einer besseren und für die Praxis brauchbareren Anwendung dieses Rechtsinstituts führen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619211500
Die Bundesregierung hat bereits in der Kooperationsfibel sowie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 12. Februar 1968 Hinweise für die allgemeine Anwendung von sogenannten Mittelstandsempfehlungen nach § 38 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gegeben. Sie hat sich dabei für eine großzügige Anwendung der Mittelstandsempfehlungen ausgesprochen.
Durch den Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 3. März 1971, den ich bereits in meiner Antwort auf Ihre zweite Frage in der letzten Fragestunde erwähnt habe, wurden jedoch einer weiten Interpretation der Mittelstandsempfehlungen Grenzen gesetzt. Deshalb muß die Kartellgesetznovelle abgewartet werden, die, wie Sie wissen, einen neuen, großzügigen Kooperationsparagraphen vorsieht.
Nun kommt der Punkt, weshalb ich Ihre Frage jetzt beantworte: Diese beiden letzten Punkte müssen natürlich, wenn man Ihre Gedanken aufgreifen will, die Fibel neu aufzulegen, mit berücksichtigt werden. Unter diesen Umständen ist dann zu überlegen, ob man sie neu überarbeitet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619211600
Eine Zusatzfrage.

Dr. Göke D. Frerichs (CDU):
Rede ID: ID0619211700
Herr Staatssekretär, ich würde mich freuen, wenn Sie mir zustimmen könnten, daß auch die Opposition die Kartellgesetznovelle genauso wünscht und im Herbst dieses Jahres ebenso gern verabschiedet hätte wie die Regierungskoalition. Aber gerade weil das so ist, frage ich — und diese Frage muß ich noch einmal wiederholen —: wäre es nicht besser — um den Unwägbarkeiten aus dem Wege zu gehen —, wenn man auch unter Berücksichtigung der eben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes die Richtlinien zu den Mittelstandsempfehlungen, die ja nur ein kleiner Teil sind, erneut auflegte und herausgäbe, und zwar mit den mit der Kooperationsfibel ge. machten neuen Erfahrungen, und nicht wartete, bis die Kartellgesetznovelle, möglicherweise erst viel später, Gesetz wird?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619211800
Herr Abgeordneter, ich freue mich zunächst über Ihre Bereitschaft, die Kartellgesetznovelle mit zu verabschieden. Ich kann dazu nur sagen: Also fröhlich ans Werk! Aber ich muß folgendes hinzufügen: Wenn Sie jetzt schon annehmen, daß das noch eine gewisse Zeit dauern wird, weil wir erst noch die Fibel überarbeiten sollen, dann muß ich dazu sagen, daß ich ganz sicher bin, daß wir nach der eventuellen Verabschiedung der Kartellgesetznovelle — und ich hoffe, daß sie noch verabschiedet wird — gleich wieder die Auflage bekämen, die Fibel wieder zu ändern. Aus diesem Grunde bin ich der Meinung, daß man noch ein bißchen warten sollte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619211900
Keine weitere Frage.



Vizepräsident Frau Funcke
Die Frage 21 soll auf Bitte des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Geldner auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Hermann auf.

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619212000
Verzeihung, Frau Präsidentin! Der Logik wegen wäre es richtiger, die Fragen 25 und 26 des Kollegen Krammig zuerst zu beantworten und dann die Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Hermann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619212100
Dann können wir vielleicht alle vier Fragen aufrufen und Herrn Abgeordeten Krammig die ersten Zusatzfragen geben.

(Abg. Krammig: Einverstanden!)

— Ich rufe also die Fragen 23 und 24 des Abgeordneten Dr. Müller-Hermann auf:
Stimmt die Bundesregierung der Auffassung der Arbeitsgemeinschaft „Werftgutachten 1970" zu, daß die deutsche Werftindustrie nicht oder noch nicht in der Lage ist, sich gegenüber den subventionierten ausländischen Wettbewerbern zu behaupten und daß deshalb weiterhin staatliche Hilfen gewährt werden sollen?
Kann die Bundesregierung angeben, welche Auswirkungen die DM-Aufwertungen des Jahres 1969 und des Jahres 1971 auf die Ertragssituation und auf die Beschäftigungslage der deutschen Werften hatten?
Ferner rufe ich die Fragen 25 und 26 des Abgeordneten Krammig auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Finanzen erstellten Untersuchung über die Lage der deutschen Werftindustrie?
Wie beurteilt die Bundesregierung die gegenwärtigen Beschäftigungsaussichten der deutschen Werftindustrie?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619212200
Ich beantworte zuerst die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Krammig.
Die Bundesregierung hat unmittelbar nach Eingang des Gutachtens Gespräche mit den betroffenen Kreisen, nämlich den Küstenländern, der Werftindustrie und der IG Metall geführt. Die notwendigen Abstimmungen mit den Beteiligten über die aus den Gutachten zu ziehenden Schlußfolgerungen konnten jedoch noch nicht herbeigeführt werden. Diese nicht von der Bundesregierung zu vertretende Verzögerung hat es leider unmöglich gemacht, eine in sich geschlossene Konzeption für die künftige deutsche Schiffbaupolitik wie geplant bis zum Mai dieses Jahres zu erarbeiten.
Auf jeden Fall kann ich aber soviel sagen, daß die Bundesregierung ihre Anstrengungen verstärkt darauf richten wird, in internationalen Verhandlungen bei der OECD und der EWG einen Abbau der Wettbewerbsverfälschungen in möglichst kurzer Frist zu erreichen.
Außerdem prüft die Bundesregierung zur Zeit, ob und in welchem Umfang eine Aufstockung der Werfthilfen notwendig und möglich ist. Die Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen, so daß ich Ihnen heute noch keine näheren Angaben machen kann. Dies hängt auch mit der allgemeinen Haushaltssituation und der Lage, in der wir uns hier befinden, zusammen.
Zu der Frage 26 des Abgeordneten Krammig. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Unterlagen sind die Großwerften mit rund 75 % ihrer Gesamtkapazität im Schiffsneubau noch bis Mitte 1974 und im übrigen bis Mitte 1973 voll beschäftigt. Dagegen können bei mittleren und kleineren Werften bereits ab Anfang 1973 Beschäftigungslücken entstehen, falls keine Anschlußaufträge gebucht werden können.
Jetzt darf ich, ehe wir zu Zusatzfragen kommen, die Antwort auf die Frage 23 des Herrn Dr. Müller-Hermann vortragen:
Es trifft zu, daß es im internationalen Schiffbau Wettbewerbsverfälschungen gibt, die auf staatliche Interventionen in fast allen Schiffbauländern zurückzuführen sind. Um die Verfälschungen zumindest teilweise auszugleichen, gewährt die Bundesregierung seit 1962 Werfthilfen. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Exportfinanzierungshilfen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten fortzuführen, um die Hereinnahme neuer Aufträge zu ermöglichen. Die bessere Lösung wäre jedoch ohne Zweifel die Beseitigung der Wettbewerbsverfälschungen, die die Bundesregierung laufend anstrebt. Die Bundesregierung bemüht sich hierum insbesondere bei der OECD und bei der EWG.
Zu der Frage 24 möchte ich Herrn Abgeordneten Müller-Hermann folgendes sagen: Im Rahmen des Siebenten Werft-Hilfeprogramms für die Jahre 1973 bis 1975 ist eine Zinsverbilligung für 80 % des Schiffspreises um maximal 2 %, bei Vertragsabschluß vor dem 4. März 1971 um maximal 3 %, bei einer Kreditbildung in 16 gleichen Halbjahresraten vorgesehen. Das geförderte Auftragsvolumen beträgt rund 3,9 Milliarden DM. Es wird durch ERP-Kredite in Höhe von 290 Millionen DM und durch Zinszuschüsse aus dem Bundeshaushalt in Höhe von 304 Millionen DM finanziert.
Ich hoffe, daß ich jetzt die logisch richtige Reihenfolge bei der Beantwortung der Fragen gefunden habe. Ich bitte um Entschuldigung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619212300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Krammig.

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0619212400
Herr Staatssekretär, können Sie mir die Frage beantworten, wann die Werften-Enquete Ihrem Hause vorgelegt worden ist?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619212500
Wenn ich das recht sehe, Anfang dieses Jahres.




Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0619212600
Sie sagten in Ihrer Antwort auf meine Frage, daß konkrete Maßnahmen noch nicht ergriffen worden seien. Ist Ihnen bekannt, daß die deutschen Werften unter Berücksichtigung der international gewährten Konditionen für Schiffsbauten praktisch keine Neuaufträge hereinholen können und daher Eile geboten ist, die Konsequenzen zu ziehen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619212700
Verzeihung, Herr Kollege Krammig, ich hatte bereits darauf aufmerksam gemacht, daß die Verzögerung — wir hatten ja die Absicht, bis Mai dieses Jahres zu einem Abschluß zu kommen nicht auf ein Verschulden der Bundesregierung zurückzuführen ist. Wir haben natürlich sofort nach dem Vorliegen der Enquete versucht, sowohl mit den beteiligten Ländern als auch mit den Werften selbst, mit den Reedern und auch mit den zuständigen Gewerkschaften eine Absprache zu finden. Die einzelnen Stellungnahmen liegen aber eben noch nicht vor. Solange sie noch nicht alle miteinander vorliegen, wäre es sehr schlecht, schon jetzt konkrete Maßnahmen zu treffen. Sie wissen aber, daß in der Beratung des Haushaltsausschusses durchaus versucht worden ist, die Hebel bereits in diese Richtung zu stellen. Es besteht also nicht die Gefahr, daß man bei den Werften glauben muß, wir würden dieses Problem nicht erkennen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619212800
Eine weitere Zusatzfrage.

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0619212900
Herr Staatssekretär, in Ihrer Antwort sprachen Sie über die Beschäftigungslage der Werften. In Anbetracht der langen Vorlaufzeit müßte es doch in Ihrem Hause Bedenken verursachen, daß seit dem Floating im Mai 1971, also seit nunmehr über einem Jahr, nur in ganz geringem Umfange Aufträge hereingenommen werden konnten, woraus sich zwangsläufig ergibt, daß die Beschäftigung, auf weite Sicht gesehen, sehr in Frage gestellt ist.

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619213000
Herr Kollege Krammig, es gibt keinen Zweifel — wir sind uns da völlig einig —, daß wir hier Sorgen haben. Aber es ist nicht richtig, die Schwierigkeiten hinsichtlich der Beschäftigungslage ausschließlich auf das Floating zurückzuführen. Sie wissen genau, daß die Wettbewerbsverzerrungen teilweise so kraß sind, daß sie weit über die Wirkungen des Floatings hinausgehen.
Darüber hinaus muß auch gesehen werden, daß wir im Grunde genommen eine sehr hohe Frachtkapazität haben. Eine weitere Schwierigkeit ist, daß unsere Verträge nicht in D-Mark abgeschlossen werden können, sondern in ausländischer Währung abgeschlossen werden müssen. Dies alles muß zusammen gesehen werden.
Sie werden verstehen, daß ich jetzt hier nicht schlüssig eine Werftpolitik der Bundesregierung für die nächsten fünf Jahre erklären kann. Ich habe auch nicht die Absicht, solange wir nicht zu einer einheitlichen Auffassung oder zumindest zu Mehrheitsauffassungen unter den Beteiligten gekommen sind.
Ich kann aber sagen, daß wir die Beschäftigungslage durchaus mit Sorge sehen und versuchen, durch Hilfen, wie sie im Haushalt und im Rahmen des ERP-Programms usw. vorgesehen sind, die Werftindustrie zu stärken und zu stützen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung ich denke jetzt an Salzgitter — versucht, in einem eigenen Werftkonzept mit Einfluß zu nehmen, zu koordinieren und gewisse Arbeitsplätze zu sichern, so daß ich eigentlich meine: dieser Zweig der Werftindustrie wird von der Bundesregierung nicht nur beobachtet, sondern es wird alles getan, die Schwierigkeiten, die Sie hier aufzeigen, zu beseitigen oder zu mildern.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619213100
Letzte Zusatzfrage.

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0619213200
Herr Staatssekretär, wird Ihr Haus bei den Überlegungen auch berücksichtigen, daß von deutschen Reedern infolge ihrer schwierigen Wirtschaftslage kaum noch Aufträge an deutsche Werften vergeben werden?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619213300
Ich sehe dieses Problem, das im Rahmen unserer Gesamtpolitik auch Beachtung findet. Sie dürfen mir glauben — ich darf jetzt einen Augenblick als Sprecher von der Küste etwas sagen —, daß wir diese Probleme wirklich mit großer Aufmerksamkeit verfolgen und alles versuchen werden, um eine ausreichende Beschäftigungslage — soweit das überhaupt möglich ist — zu garantieren. Aber ich möchte nochmals auf alle die genannten Schwierigkeiten hinweisen, deren Behebung nicht in der Hand der Bundesregierung liegt. Diese Schwierigkeiten kommen auch von draußen auf uns zu. Wir versuchen in der OECD und in der EWG, entsprechende Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619213400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0619213500
Herr Staatssekretär, beobachtet die Bundesregierung die Maßnahmen, mit denen die Japaner den Ausbau der Werftkapazitäten betreiben — die japanischen Werften stellen ja eine besonders starke Konkurrenz für die deutsche Werftindustrie dar —, und ist die Bundesregierung bereit, zumindest die im Rahmen der EWG beschlossenen Beihilferegelungen für den Schiffbau zu übernehmen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619213600
Die Bundesregierung beobachtet dies mit großer Sorge. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß wir durch einen Vorstoß in dieser Richtung hinsichtlich der Politik der Japaner eine zeitliche Beschränkung erreicht haben. Wir werden natür-



Parlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf
lich auch innerhalb der OECD versuchen, wegen dieser Wettbewerbsverzerrung auf die japanische Werftindustrie entsprechend zu drücken, um eine Beseitigung der Wettbewerbsverzerrung zu erreichen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619213700
Eine weitere Zusatzfrage. -

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0619213800
Ist die Bundesregierung bereit, bei der Frage der Wechselkursabsicherung der deutschen Werftindustrie so zu helfen, daß die Belastungen nicht nur kalkulierbar, sondern auch tragbar gemacht werden?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619213900
Wir versuchen auch das. Nur würde ich sagen: eine Kalkulierbarkeit zu erreichen, wird hier sehr schwierig sein. Es kann sich sozusagen nur um eine zeitliche Sicherheit handeln. Wir können durch eine Wechselkursversicherung nicht einen absoluten Ausschluß des Kursrisikos für alle Zeit gewährleisten. Aber es ist eine zeitliche Begrenzung des Risikos von etwa zwei Jahren nach Abschluß der Verträge zu erreichen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619214000
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0619214100
Herr Staatssekretär, darf ich noch einmal von Ihnen eine Bestätigung dafür erhalten, daß die Bundesregierung die Eilbedürftigkeit dieser Entscheidungen sieht, angesichts der Tatsache, daß die laufende Produktion der Werftindustrie derzeit nur zu einem Drittel durch neue Aufträge gedeckt ist?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619214200
Herr Müller-Hermann, es bedurfte zweifellos nicht der Fragestunde, um die Bundesregierung auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Ich verstehe Ihre Sorge, aber ich sage Ihnen, daß die Bundesregierung seit langem sich ernsthaft mit diesem Problem beschäftigt und versucht, zu Lösungen zu kommen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619214300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Grobecker.

Claus Grobecker (SPD):
Rede ID: ID0619214400
Herr Staatssekretär, zunächst kann ich Ihnen helfen: die Werft-Enquete ist am 8. März vorgelegt worden. Und nun meine Frage: Teilt die Bundesregierung auch die Aussage des Teils der Weft-Enquete, in dem gesagt wird, daß die Werften selber zur Verbesserung ihrer Wettbewerbslage beitragen können, indem sie etwa bessere Kooperationsmöglichkeiten untereinander schaffen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619214500
Die Bundesregierung ist natürlich dem Gedanken
der Selbsthilfe jederzeit zugänglich. So, wie ich die Werften kenne, bin ich ganz sicher, daß sie nicht nur nach dem Staat rufen, sondern versuchen werden, aus eigener Kraft ihre Sache voranzubringen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619214600
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Freiherr von Fircks auf:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung mit dem Land Nordrhein-Westfalen eine Vereinbarung dahin gehend getroffen hat, daß die Lastenausgleichsabgabe für den in der Ruhrkohle AG zusammengefaßten Steinkohlenbergbau für die Jahre 1971 und 1972 und
— je nach der Lage und Entwicklung dieses Wirtschaftszweiges
— auch in den Folgejahren erlassen wird, und wie hoch schätzt die Bundesregierung den hierdurch eintretenden jährlichen Einnahmenausfall für den Lastenausgleichsfonds?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619214700
Herr Abgeordneter, es trifft zu, daß die Bundesregierung mit dem Land Nordrhein-Westfalen eine Vereinbarung dahin gehend getroffen hat, daß die Lastenausgleichsabgaben für die Ruhrkohle AG für einen Restbetrag aus dem Jahre 1971 und für das Jahr 1972 erlassen werden sollen.
Der Vorstand der Ruhrkohle AG hatte bereits im Mai 1971 unter Hinweis auf die schwierige Lage des Unternehmens — der Ausgleich der Verluste 1969 und 1970 konnte nur durch Verzicht der Eigentümer auf ihre Einbringungsforderungen erreicht werden — bei der zuständigen Finanzbehörde um Erlaß der Vermögensabgabe und der Kreditgewinnabgabe gemäß § 131 der Abgabenordnung über den Erlaß von Abgaben aus Billigkeitsgründen nachgesucht. Im Rahmen des Stabilisierungsprogrammes für die Ruhrkohle AG wurde nun am 30. Mai 1972 mit dem Lande Nordrhein-Westfalen Einvernehmen erzielt, dem Antrag auf Erlaß der Lastenausgleichsabgaben für den Restbetrag von 1971 und für 1972 stattzugeben.
Diese Regelung stellt eine für ein einzelnes Unternehmen getroffene, nach den Vorschriften der Abgabenordnung bei gleicher Voraussetzung allgemein zulässige Billigkeitsmaßnahme dar, da wegen des eingetretenen Vermögensverzehrs durch angefallene Verluste die Einziehung der Abgabe eine Härte darstellen würde.
Die Bundesregierung schätzt den eintretenden Einnahmeausfall für den Lastenausgleichsfonds für das Jahr 1972 auf rund 68 Millionen DM. Für 1971 ist ein entsprechend niedrigerer Betrag anzunehmen, da das Unternehmen die erste Vierteljahresrate 1971 vor dem Erlaßantrag bereits geleistet hat.
Ob und inwieweit auch in den Folgejahren ein Erlaß der Lastenausgleichsabgaben erforderlich wird, hängt von der Entwicklung der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens ab.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619214800
Eine Zusatzfrage.

Freiherr Otto von Fircks (CDU):
Rede ID: ID0619214900
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß der Erlaß der Vermögensabgabe im Falle der Ruhrkohle AG nur durch den Buchstaben des Gesetzes abge-



Freiherr von Fircks
deckt ist, aber eindeutig gegen den Willen des Gesetzgebers verstößt, der bei dem Erlaß von Abgaben im Verwaltungswege seinerzeit nur an für den Fonds nicht schädliche Größenordnungen gedacht hat?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619215000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie die Bemerkung, daß ich der genau entgegengesetzten Auffassung bin.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619215100
Eine weitere Zusatzfrage.

Freiherr Otto von Fircks (CDU):
Rede ID: ID0619215200
Herr Staatssekretär, gedenkt die Bundesregierung eine gleiche Haltung auch bei Anträgen von anderen, wirtschaftlich in Not geratenen Wirtschaftszweigen einzunehmen, da die Ruhrkohle AG, wenn man die wirtschaftliche Wirklichkeit sieht, doch keinen Einzelbetrieb, sondern einen Wirtschaftszweig darstellt, und Sie wissen, daß entsprechende Anträge vorliegen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619215300
Ohne Ihre Auffassung über die Ruhrkohle AG anzunehmen, beantworte ich die Frage mit Nein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619215400
Keine weitere Frage.
Dann rufe ich die Frage 28 des Abgeordneten Freiherr von Fircks auf:
Durch welche Maßnahmen wird die Bundesregierung gegebenenfalls die hierdurch bedingten Mindereinnahmen ausgleichen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619215500
Der durch den Erlaß der Lastenausgleichsabgaben eintretende Einnahmeausfall wird das jetzt schon erkennbare Defizit des Ausgleichsfonds erhöhen. Da die Lastenausgleichsabgaben und die dem Lastenausgleichsfonds zufließenden Zuschüsse der Länder aus ihrem Aufkommen an Vermögensteuer im Jahre 1979 auslaufen, wird der Bund vom Jahre 1980 an das Defizit auszugleichen haben. Die Zahlungsverpflichtung des Bundes ergibt sich aus § 6 Abs. 3 Satz 4 des Lastenausgleichsgesetzes. Nach dieser Vorschrift hat der Bund die zur Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes erforderlichen Mittel, soweit sie nicht mehr aus Einnahmen des Ausgleichsfonds und aus Zuschüssen an ihn gedeckt werden, zur Verfügung zu stellen. Die Lastenausgleichsberechtigten erleiden also durch den Erlaß der Abgaben für die Ruhrkohle AG keinen Nachteil.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619215600
Eine Zusatzfrage.

Freiherr Otto von Fircks (CDU):
Rede ID: ID0619215700
Herr Staatssekretär, ist das nicht doch eine sehr hypothetische Aussage, wenn Sie daran denken, daß bei den Beratungen in allen Ministerien und in allen Ausschüssen dieses Hauses immer wieder die Frage aufgeworfen wird, welche Reserven der Lastenausgleichsfonds noch hat bzw. inwieweit bereits der Bundeshaushalt zu haften hat und von welchem Jahre an diese Haftungsansprüche gegeben sein werden?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619215800
Dies ist keine hypothetische Annahme, sondern diese Auffassung der Regierung entspricht den vorliegenden Fakten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619215900
Eine weitere Zusatzfrage.

Freiherr Otto von Fircks (CDU):
Rede ID: ID0619216000
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, wie sich die von ihr in dieser Frage eingenommene Haltung mit der Tatsache vereinbaren läßt, daß sich aus der Freistellung der Grünlandbetriebe von den Lastenausgleichsabgaben ergebende Erlaßbeträge dem Ausgleichsfonds im Rahmen der allgemeinen Bewilligungen aus Mitteln des Bundesernährungsministeriums erstattet werden?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619216100
Sicher sind die Frage der schwierigen Lage der Ruhrkohle und die Frage der Grönlandbetriebe nicht miteinander zu vergleichen. Was die schwierige Lage der Ruhrkohle angeht, so mußte diese Regierung und insbesondere auch die vorhergehende Regierung angesichts der 1968 gegebenen Lage Maßnahmen zur Sanierung der Ruhrkohle AG treffen. Den Schwierigkeiten der Grönlandbetriebe — dies gilt für die Agrarpolitik generell — versuchen wir seit mehr als 10, wenn nicht gar seit 20 Jahren mit den verschiedensten Maßnahmen zu begegnen. Ein Vergleich dieser beiden Tatbestände ist angesichts der Struktur und mit Rücksicht auf die Ausgangsposition völlig unmöglich, und er dürfte in diesem Hause eigentlich gar nicht zulässig sein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619216200
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 29 des Abgeordneten Wagner (Günzburg) auf:
Trifft die Meldung der „Dialog"-Nr. 6/72 zu, das sowjetische Staatskomitee für Wissenschaft und Technik sei ein Instrument bei „der illegalen Beschaffung wissenschaftlich-technischer TopGeheimnisse", und wie beurteilt — bejahendenfalls — angesichts dessen die Bundesregierung die Entsendung des stellvertretenden Vorsitzenden dieses Komitees in die Kommission der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR für wirtschaftliche und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619216300
Herr Kollege Wagner, die Meldung trifft nicht zu. Das Staatskomitee für Wissenschaft und Technik beim Ministerrat der UdSSR ist das für die Koordinierung der gesamten wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit mit dem Ausland zuständige Regierungsorgan.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619216400
Eine Zusatzfrage.




Dr. Leo Wagner (CSU):
Rede ID: ID0619216500
Herr Staatssekretär, stimmt die Meldung, daß bei einer kürzlich durchgeführten Konferenz von Abwehrexperten der NATO von verbündeter Seite mitgeteilt wurde, daß die Zahl der sowjetischen Spezialagenten zur Ausspähung deutscher Industrieunternehmen auf mindestens 300 bis 500 vorübergehend oder ständig anwesende Personen angewachsen ist?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619216600
Ich kann diese Zahl weder bestätigen noch bestreiten, da ich eine solche Frage nicht ohne Prüfung beantworten kann und auch keine Unterlagen darüber bei mir habe.

(Abg. Wehner: Das hat auch nichts mit der ursprünglichen Frage zu tun!)

Ich bin aber gern bereit, Ihnen schriftlich darauf eine Antwort zu geben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619216700
Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Leo Wagner (CSU):
Rede ID: ID0619216800
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die bestehende Zuständigkeitsregelung für wirtschaftlich-technische Geheimschutzangelegenheiten zwischen Wirtschafts-, Verteidigungs- und Innenministerium heute nicht mehr voll geeignet ist, die Industrie wirksam vor Ausspähung zu schützen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619216900
Das betrifft Ihre Frage 30. Darf ich die Antwort auf diese Frage hier gleich mit einbeziehen?

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619217000
Gut, dann rufe ich zusätzlich die Frage 30 des Abgeordneten Wagner (Günzburg) auf:
Was hat die Bundesregierung getan bzw. gedenkt sie zu tun, um die deutsche Wirtschaft und Forschung vor der Ausspähung geheimzuhaltender Vorgänge und Erkenntnisse durch die Sowjets wirksam zu schützen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619217100
Die Bundesregierung tritt für eine Vertiefung der wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit auch mit der Sowjetunion ein. Sie begrüßt daher, daß deutsche Großunternehmen mit dem Staatskomitee für Wissenschaft und Technik bereits eine Reihe von Abkommen über die wirtschaftliche und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit abgeschlossen haben. Die Bundesregierung ist selbstverständlich bemüht, die deutsche Wirtschaft und Forschung vor der Ausspähung geheimzuhaltender Vorgänge und Erkenntnisse wirksam zu schützen. Sie hat darüber erst kürzlich dem Deutschen Bundestag zweimal ausführlich berichtet. Ich darf hier Bezug nehmen auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg), Dr. Wittmann (München) und Genossen betreffend Schutz der Industrie und Wirtschaft vor Spionage und Sabotage vom 29. Februar 1972, Drucksache VI/3209, sowie die schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer, die als Anlage 18 zum Stenographischen Bericht über die 184. Sitzung des Deutschen Bundestages am 28. April 1972 abgedruckt worden ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619217200
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Leo Wagner (CSU):
Rede ID: ID0619217300
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, den Schutz von wissenschaftlich-technischen Geheimnissen und insbesondere den präventiven Sabotageschutz unter Einführung entsprechender Straftatbestände auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619217400
Ich könnte die Bereitschaft dazu nicht so ohne weiteres bestätigen. Ich gebe aber zu, daß dies eine Frage ist, die von der Bundesregierung geprüft werden sollte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619217500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hammans.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0619217600
Herr Staatssekretär, stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß ein entschlossenes Vorgehen gegen Spionage nicht zu einer Gefährdung der Beziehungen mit der Sowjetunion führen muß, wie das Beispiel Großbritannien gezeigt hat, wo 105 sowjetische Agenten, darunter viele Mitglieder der sowjetischen Botschaft in London, ausgewiesen wurden?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0619217700
Herr Abgeordneter, ich würde, wenn Sie es mir erlauben, die Frage ein bißchen erweitern wollen, und zwar dahin gehend, daß ich mit Ihnen übereinstimme, daß das Vorgehen gegen Spione, gleich welchem Staat sie angehören, keinesfalls zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Ländern beitragen wird; aber es muß nicht unbedingt zu einem Abbruch der Beziehungen führen.

(Abg. Dr. Hammans meldet sich zu einer zweiten Zusatzfrage.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0619217800
Es tut mir leid.

(Abg. Dr. Hammans: Es waren zwei Fragen, gnädige Frau! Ich hatte mich beizeiten gemeldet!)

— Die eine Frage war abgeschlossen. Wir verhandelten jetzt die zweite. Ich bitte um Verständnis, daß wir uns an die Regeln halten müssen.
Meine Damen und Herren, die Fragestunde ist damit zu Ende.
Ich berufe das Haus auf Freitag, den 16. Juni, vormittags 9 Uhr, ebenfalls zu einer Fragestunde, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.