Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister des Innern hat am 13. Januar 1969 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller , Ziegler, Exner, Frau Schroeder (Detmold) und Genossen betr. Erfahrungen mit dem Personalvertretungsgesetz (PersVG) — Drucksache V/3043 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/3726 verteilt.
Der Bundesminister der Verteidigung hat am 14. Januar 1969 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Studienbeginn wehrdienender Abiturienten — Drucksache V/3681 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/3727 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 14. Januar 1969 mitgeteilt, daß vom Ausschuß gegen die Verordnung des Rates über die Beteiligung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Ausrichtung, für das Jahr 1969 — Drucksache V/3392 —, die inzwischen vom Rat beschlossen wurde, keine Bedenken erhoben worden sind.
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat mit Schreiben vom 15. Januar 1969 gemäß § 96 a der Geschäftsordnung die von der Bundesregierung als dringlich bezeichnete
Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs — Drucksache V/3708 —
mit der Bitte um fristgemäße Behandlung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen.
Der Bundesminister für Verkehr hat am 10. Januar 1969 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Imle, Ramms und der Fraktion der FDP betr. Sanierung der Deutschen Bundesbahn — Drucksache V/3674 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/3718 verteilt.
Einziger Punkt der Tagesordnung: Fragestunde
— Drucksachen V/3724, V/3705
Wir beginnen mit den Dringlichen Mündlichen Anfragen auf Drucksache V/3724. Ich darf dazu eine Bemerkung machen. Die Dringliche Anfrage Nr. 4 des Herrn Abgeordneten Mattick ist irrtümlich auf die Fragenliste gesetzt worden. Sie ist dem Wortlaut nach als Anfrage nicht zulässig. Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundestagspräsidenten, dem diese irrtümliche Aufnahme dieser Frage in die Fragenliste entgangen ist, wird die Zulassung dieser Frage zurückgezogen.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 1 des Herrn Abgeordneten Sänger:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Neufassung des § 50 StGB irgendwelche Auswirkungen auf die Strafverfolgung von sogenannten „NS-Tätern”, insbesondere der sogenannten „Schreibtisch-Täter" hat?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesjustizminister.
Herr Präsident, ich bitte um Ihr Einverständnis, daß ich die Fragen 1 und 2 einheitlich beantworte.
Ich bitte darum und rufe zusätzlich die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Sänger auf:
Welches könnten solche Auswirkungen sein?
Die Bundesregierung ist erstaunt über die vielen Meldungen in der Öffentlichkeit, wonach die Neufassung des § 50 des Strafgesetzbuchs dazu führe, daß die große Mehrzahl der NS-Täter nicht mehr bestraft werden könne.Die Neufassung ist — unstreitig — ohne Einfluß auf die Bestrafung von NS-Mordtätern. Sie ist weiter — unstreitig — ohne Einfluß auf die Bestrafung jener NS-Mordgehilfen, welche die besonderen Merkmale einer Mordtat in eigener Person erfüllen, also z. B. entweder selbst „heimtückisch" oder „grausam" oder „mit gemeingefährlichen Mitteln" oder „aus niedrigen Beweggründen" gehandelt haben. Da Schreibtischtäter in maßgeblicher Stellung in aller Regel in eigener Person „aus niedrigen Beweggründen" gehandelt haben, bleiben sie strafbar wie bisher.Es wird behauptet, die Rechtsänderung könnte hinsichtlich solcher Mordgehilfen Bedeutung erlangen, welche die Mordmerkmale nicht in eigener Person erfüllten, sondern lediglich wußten, daß sie beim Haupttäter vorlägen. Diese Behauptung ist jedoch nicht richtig. Sie würde nur dann zutreffen, wenn die Merkmale „heimtückisch", „grausam", „mit gemeingefährlichen Mitteln" oder „aus niedrigen Beweggründen", die die rechtswidrige Tötung eines Menschen zum Mord machen, nicht auf die Tat, sondern auf den Täter zu beziehen wären. Die Rechtsprechung bezieht diese Merkmale aber samt und sonders auf die Tat und nicht auf die Person des Täters. Das gilt also — um es noch einmal zu sagen — auch für das Merkmal der niedrigen Beweggründe.Diese Rechtsprechung lag der Reformarbeit am Strafrecht zugrunde. Indem § 50 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs neuer Fassung den seit langem fest-
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11262 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Januar 1969
Bundesminister Dr. Dr. Heinemannstehenden Begriff der „besonderen persönlichen Merkmale" übernimmt, besteht kein Anlaß, anzunehmen, daß die Rechtsprechung nunmehr diesen Begriff anders als bisher auslegen werde.In einer Entscheidung vom 14. Januar dieses Jahres, also vor zwei Tagen, bestätigt der Bundesgerichtshof, daß Heimtücke nicht zu den in § 50 des Strafgesetzbuchs neuer Fassung genannten persönlichen Merkmalen gehört, weil sie auf den äußeren Hergang der Tat bezogen ist. In einer Entscheidung des Kammergerichtes Berlin vom 6. Januar dieses Jahres wird dasselbe von dem Merkmal der „niedrigen Beweggründe" bestätigt. Es handelt sich dabei um einen höheren SS-Führer, also um einen Schreibtischtäter, der an der sogenannten Endlösung der Judenfrage mitgewirkt zu haben dringend verdächtig ist. Der Beschluß sagt:Die sogenannte Endlösung der Judenfrage, an der der Angeschuldigte in verantwortlicher Stellung teilgenommen hat, war ein Massenmord, der keine anderen Beweggründe hatte als den Wunsch der nationalsozialistischen Machthaber, einen von ihnen für minderwertig gehaltenen Teil der Bevölkerung aus rassischen Gründen auszurotten. Das war all denen, die sich daran beteiligt haben, bekannt. Ein ranghöherer SS-Führer wie der Angeschuldigte wird für die Teilnahme an diesem Massenmord keine anderen Beweggründe gehabt haben als diejenigen, die das Verbrechen geplant und befohlen haben.Dann heißt es in derselben Kammergerichtsentscheidung an anderer Stelle wie folgt:Selbst wenn der Angeschuldigte annimmt, daß das Schwurgericht bei ihm niedrige Beweggründe nicht würde feststellen können, käme eine obligatorische Strafmilderung nach § 50 Abs. 2 StGB n. F. nicht in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt, daß die Strafe für die Teilnehmer nach den Grundsätzen der Bestrafung des Versuchs zu mildern ist, sofern ihm besondere persönliche Merkmale fehlen, die die Strafbarkeit des Täters begründen. Hierbei muß es sich um täterbezogene Merkmale handeln; Merkmale, die lediglich oder in erster Hinsicht die Tat als besonders schwer erscheinen lassen, fallen nicht darunter.Nach der Rechtsprechung des BGH aber ist das in § 211 Abs. 2 StGB aufgeführte Mordmotiv des niedrigen Beweggrundes ein inneres Merkmal, das in erster Linie die Tat als besonders schwer erscheinen läßt, mag es mitunter außerdem auch den Charakter des Täters beleuchten.
Zusatzfrage, Herr Kollege Sänger.
Herr Bundesminister, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie sagen wollten, daß auch vor dem Urteil vom 14. Januar und dem Berliner Kammergerichtsurteil diese Auslegung des § 50 in der neuen Fassung von vornherein feststand, also die Tatbezogenheit und nicht die Täterbezogenheit der Merkmale maßgebend war?
Ich wollte darlegen, daß die Rechtsprechung vor der Reform des Strafrechts alle diese Merkmale, die eine Tötung zum Mord machen, als tatbezogen interpretiert hat. Von dieser Rechtsprechung ist die Reformarbeit ausgegangen.
Wir kommen dann zur Frage 3 des Abgeordneten Mattick:
Sieht die Bundesregierung irgendeine sachliche Begründung für die Behauptung des „Spiegel" und des „Bayern-Kurier", angesichts der besonderen Bemühungen des Bundesjustizministers um eine Aufhebung der Verjährung für Mord und Völkermord handele es sich bei der Neuformulierung des § 50 StGB um eine „epochale Fehlleistung"?
Die Neufassung des § 50 Abs. 2 des Strafgesetzbuches entspricht Vorschlägen, die von der Rechtslehre seit langem vertreten werden, im Alternativ-Entwurf der Gruppe jüngerer Strafrechtslehrer enthalten sind und mit dem Entwurf 1962 seit längerer Zeit auch dem Bundestag vorlagen. Da man im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten eine besondere Vorschrift brauchte, die ebenfalls den Begriff der besonderen persönlichen Merkmale enthielt, entschloß man sich im Bundesjustizministerium lange vor meiner Zeit, insoweit die Strafrechtsreform vorwegzunehmen und den geltenden § 50 des Strafgesetzbuches bereits mit dem Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten auf einen modernen Stand zu bringen. In dieser Form ist dann der Entwurf des Einführungsgesetzes zum Ordnungswidrigkeitengesetz bereits von meinem Vorgänger im Amt dem Kabinett vorgelegt worden. Die Neufassung des § 50 des Strafgesetzbuches will eine der individuellen Schuld angemessene Bestrafung des Teilnehmers ermöglichen. Wenn in diesem Zusammenhang von einer „epochalen Fehlleistung" gesprochen wird, so scheint mir darin nicht nur ein Vergreifen im Ausdruck zu liegen. Ich darf auf die Ausführungen verweisen, die ich in meiner Antwort auf die Fragen des Herrn Kollegen Sänger soeben gemacht habe.
Meine Forderung nach Aufhebung der Verjährung für Mord und Völkermord wird die Rechtsänderung in keiner Weise berühren. Sie ist und bleibt eine besondere vordringliche Aufgabe, die nicht länger hinausgeschoben werden sollte.
Bitte, Herr Kollege Mattick.
Herr Minister, darf ich mir die Frage erlauben, ob Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß diese diffamierende Bemerkung in den Zeitungen eine Ablenkung davon sein soll, daß diese Zeitungen gegen eine Aufhebung der Verjährung Stellung nehmen wollen.
Dieser Ihrer Interpretation, Herr Kollege, will ich nicht widersprechen.
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Damit sind die Dringlichkeitsfragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz beantwortet.
Welche Pressemeldung entspricht nun den Tatsachen: die Meldung der Zeitung „Die Welt" vom 14. Januar 1969, wonach Bundesminister Wehner auf die Frage zu dem Beschluß, die Bundesversammlung nach Berlin anzuberaumen, erklärt hat, „ich habe keine Bedenken und habe auch jetzt keine", oder die der Augsburger Allgemeinen" vom 13. Januar 1969, wonach der Bundesminister kein Hehl daraus gemacht hat, daß er die Entscheidung Gerstenmaiers für Berlin als falsch ansieht, mit seinen Einwänden habe er jedoch allein gestanden?
Das Wort zur Beantwortung hat Herr Bundesminister Wehner.
Herr Präsident, ich möchte auf die Fragen des Herrn Kollegen Müller antworten: Bei den beiden hier angeführten Pressedarstellungen handelt es sich um journalistisch freie Bearbeitungen von Meinungen, die ich auf Fragen geäußert habe, deren Gegenstand die Entscheidung des Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages über die Einberufung der Bundesversammlung nach Berlin war. In der Augsburger Zeitung ist die Form der Äußerungen, die ich in einem Gespräch mit Journalisten gemacht hatte, als Interview, am folgenden Tag sogar als Exklusivinterview bezeichnet worden,
während die andere Zeitung, die Sie genannt haben, die „Welt", sich auf ein Gespräch mit mir bezieht.
Im Fall der „Welt" gibt es wohl — da ich nicht annehme, daß sie gelöscht worden ist — eine Bandaufnahme, die mit meinem Wissen angefertigt worden ist, und stenographische Teile. Aber beide befinden sich im Besitz der Fragesteller, nicht in meinem Besitz. Allerdings hat diese Zeitung auch nicht behauptet, sie veröffentliche ein Interview mit mir.
Im ersten Fall, dem der Augsburger Zeitung, kann es meines Wissens lediglich Notizen der Journalisten geben. Es mag unterschiedliche Auffassungen darüber geben — und es gibt sie natürlich —, wann von einem Interview gesprochen werden kann. Ich kann hier nur meine eigene Auffassung darlegen. Sie besteht darin, daß ein Interview dem Interviewten im Text vorgelegen haben muß, ehe es als Interview veröffentlicht wird. Dem Journalisten ist es im übrigen unbenommen, zu schreiben, was er von den Auffassungen jemandes hört, der ihm Fragen beantwortet hat. Aber ein Interview ist das nicht. Das ist hier nicht geschehen.
So muß ich Sie, Herr Kollege Müller, weil Sie präzis gefragt haben, was denn nun eigentlich stimme oder welche Pressemeldung den Tatsachen entspreche — Sie nannten eine vom 14. und eine vom 13. —; auf eine vom 15. Januar verweisen; ich bitte Sie um Entschuldigung. Dort habe ich in einer Harburger Zeitung über diesen Vorgang geschrieben und dann präzis folgendes zur Veröffentlichung gebracht:
Es ist meine Auffassung, daß wir nicht weniger Recht dazu haben, die Bundesversammlung in Berlin abzuhalten, als die Volkskammer, die regelmäßig in Berlin tagt, für sich in Anspruch nimmt.
Wenn der Bundestagspräsident, zu dessen Pflichten es gehört, den Ort und die Zeit für den Zusammentritt der Bundesversammlung zu bestimmen, die Bundesversammlung zum 5. März nach Berlin einberufen hat, so respektiere ich diese Entscheidung. Ich bestreite oder bezweifle nicht die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundestagspräsidenten; ich wünsche und bemühe mich, dazu nach meinen Kräften beizutragen, daß diese Entscheidungsfreiheit uneingeschränkt bleibt.
Die Gegenseite in Ost-Berlin nimmt die Bundesversammlung zum Vorwand für die Androhung von Pressionen. Meine Mahnung richtet sich an alle, die etwas dazu beitragen können, daß solche Pressionen nicht die Einwohner Berlins treffen oder zu ihren Lasten gehen.
Wenn im Streit um den Tagungsort der Bundesversammlung auf beiden Seiten Prestige-Gesichtspunkte maßgebend werden sollten, würde die Situation für die Berliner zu Unrecht zusätzlich belastet.
Das ist der Sachverhalt, um den es geht. Darüber muß sachlich gesprochen werden können. Es handelt sich nicht darum, die Erörterungen über die Bundesversammlung noch einmal von vorn zu beginnen, sondern darum, mit Umsicht zu tun, was möglich ist, damit nicht die an den Haaren herbeigezogenen Scheinargumente der Gegenseite zu einem Strick gedreht werden können.
Das ist das, was ich am 15. Januar formuliert habe, und das ist genau das, was ich, jener Meldung — sie bezeichnen sie als Meldung, ich sage „Darstellung" — zugrunde liegend, am Samstag, dem 11., in einem Gespräch mit Journalisten gesagt habe, wobei ich mich dagegen wehren mußte, daß wir in einer Situation stünden, in der man noch einmal von vorn beginnen und entscheiden könnte. Ich habe gesagt, die Entscheidung ist getroffen. Jetzt geht es um das, was zu tun ist, und zwar von allen beteiligten Seiten. Es sind sehr viele. Einige davon habe ich kürzlich in einer großen öffentlichen Diskussion angesprochen. Ich setze darauf manche Hoffnung. Das ist die neu ihr Amt antretende amerikanische Administration, die in diesen Fragen vor schwierigen Dingen, über die Gras gewachsen ist, steht. Das ist es, was den Tatbestand ausmacht.
Zusatzfrage, Kollege Müller.
Darf ich, Herr Präsident, zunächst dem Herrn Bundesminister für die präzise Darstellung vom 15. danken.
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11264 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Januar 1969
Müller
Nun eine Zusatzfrage: Herr Bundesminister, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß die Wiedergabe Ihrer Äußerung in der Form, wie es die „Augsburger Allgemeine" getan hat, nicht nur eine Frage an die Person des Bundesministers ist, sondern eine üble — ich sage ausdrücklich: üble — Methode, die öffentliche Meinung zu vergiften, und daß sie damit auch die nationalen Interessen des deutschen Volkes beeinträchtigt?
Ich bitte Sie, Herr Kollege Müller, um Entschuldigung." Aber ich trete in keinerlei Wertung ein. Ich habe es nicht getan und kann es nicht. Ich habe denen, die dafür die Verantwortung zu tragen haben, erklärt, daß ihre Art, wie sie eine Darstellung gegeben haben, nicht den Tatsachen entspricht und was damit an Schaden angerichtet werden kann. Aber ich muß es ablehnen, sie über diese Feststellung hinaus in irgendeiner Weise zu qualifizieren.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Müller.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Januar 1969 11265
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Dr. Bechert auf:
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit zu bewirken, daß durch die Rundfunk- und Fernsehanstalten kostenlos Sendezeiten zur Verfügung gestellt werden, in denen vor den gesundheitlichen Schäden durch das Rauchen gewarnt wird, wie das die amerikanische Bundeskommission für das Fernmeldewesen den Sendeanstalten in den Vereinigten Staaten rechtsgültig auferlegt hat ?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär, bitte!
Herr Kollege, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheitswesen beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Nach deutschem Rundfunkrecht gibt es keine dem amerikanischen Beispiel vergleichbaren Möglichkeiten, den Rundfunkanstalten Programmauflagen zu machen, also etwa die Auflage, Warnungen vor übermäßigem Nikotingenuß zu verbreiten. Es liegt im gesundheitspolitischen Interesse und ist wünschenswert, mehr Sendezeiten für die gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung bereitzustellen. Die Bundesregierung wird sich bemühen, die Rundfunkanstalten in Verhandlungen dafür zu gewinnen, mehr Sendezeiten für die gesundheitliche Aufklärung in die Programmplanung aufzunehmen und dabei auch dem Punkt die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, den Sie in Ihrer Frage angeschnitten haben.
Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Bechert.
Dr. Bechert (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich also Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung es, wenn in Sendungen des Rundfunks und des Fernsehens für etwas anerkannt Gesundheitsschädliches geworben wird, für gesundheitspolitisch notwendig hält, daß von den gleichen Anstalten und in den gleichen Sendungen entsprechende Warnungen erfolgen?
Herr Kollege, ich kann dieser Ihrer Auffassung für die Bundesregierung nicht widersprechen, auch wenn ich persönlich als notorischer Raucher dabei Schwierigkeiten habe.
Frau Kollegin Geisendörfer.
Herr Staatssekretär, Ihrer Antwort entnehme ich, daß entsprechende Sendezeiten zur Verfügung gestellt werden sollten. Würden Sie bitte sagen, wer diese Sendezeiten ausfüllen soll. Nach den Rundfunkgesetzen ist doch der Intendant für die Sendungen verantwortlich, und die Anstalt gestaltet sie. Oder stellen Sie sich die Sache so vor, daß diese Sendezeiten beispielsweise durch das Bundesgesundheitsministerium in Anspruch genommen und ausgefüllt werden?
Frau Kollegin, soweit es sich um Sendungen außerhalb der Werbesendungen im engeren Sinne handelt, muß selbstverständlich die Verantwortung des Intendanten unberührt bleiben. Es kann sich also bei der Gestaltung solcher gesundheitspolitisch wichtiger Sendungen nur um freiwillige Kooperation handeln.
Weitere Zusatzfrage.
Es würde sich also um Werbesendungen handeln, in denen diese Warnungen etwa so ausgesprochen werden, wie beispielsweise in Anzeigen des Presse- und Inforamtionsamtes politische Gedanken den Lesern nahegebracht werden.
Frau Kollegin, ich könnte mir beides vorstellen. Ich würde es für sinnvoll halten, solche Sendungen sowohl im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit in den dafür vorgesehenen Sendezeiten zu veranstalten als auch im redaktionellen Teil, allerdings unter der Verantwortung der Anstalten und ihrer Organe.
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11274 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Januar 1969
Weitere Frage, Kollege Moersch.
Herr Staatssekretär, darf ich- so weit gehen, anzunehmen, daß Sie die Anregung des Kollegen Bechert nicht so verstehen werden, den Rundfunk- und Fernsehanstalten zu empfehlen, vorzuschreiben, daß bei Fernsehdiskussionen mit Regierungsmitgliedern die Regierungsmitglieder das Rauchen unterlassen müssen?
Da ohnehin solche Verhandlungen, wie sie Herr Kollege Bechert angeregt hat, durch den zuständigen Ressortminister, nämlich den Bundesminister für das Gesundheitswesen, geführt werden müssen, besteht, würde ich meinen, nicht die von Ihnen hier geäußerte Befürchtung, daß diese Empfehlung dort angebracht wird.
Meine Kollegen, darf ich mich einmal kurz mit Ihnen einigen. Wir haben nur noch zwei Fragen an den Bundesinnenminister. Wenn Sie noch zwei Minuten Zeit haben und Herr Staatssekretär Köppler mir versichern kann, daß die Beantwortung nicht zu lange dauert, möchte ich diese zwei Fragen gerne noch jetzt abhandeln. Dann brauchen Sie, Herr Staatssekretär, morgen nicht wiederzukommen.
Herr Präsident, ich kann das versichern.
Wunderbar! Dann folgen jetzt also als letzte Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesinnenministers die Fragen 32 und 33 des Kollegen Josten:
Welche Vorstellungen hat das Bundesinnenministerium für eine Neuorganisation der nächsten Regierung?
Wie weit sollen Bundesministerien bei den vorhandenen Plänen zusammengelegt werden?
Herr Staatssekretär zur Beantwortung.
Ich bedanke mich sehr für dieses Entgegenkommen, Herr Präsident, und bitte, die beiden zusammengehörenden Fragen auch gemeinsam beantworten zu dürfen.
Das ist sehr zweckmäßig, bitte.
Das Bundesministerium des Innern befaßt sich schon seit längerer Zeit mit Vorstellungen über die Reform der Bundesregierung und der Bundesverwaltung. Dazu gehören selbstverständlich auch Überlegungen zur Gliederung der Bundesregierung in Ministerien. Dabei sind mehrere Modelle zu erarbeiten, damit fachlichen und politischen Notwendigkeiten gleichermaßen Rechnung getragen werden kann. Die Meinungsbildung
darüber ist noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung hat, wie bekannt sein dürfte, einen Kabinettausschuß zur Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung eingesetzt, um ihre Willensbildung vorzubereiten. Im Zuge einer Kabinettreform muß selbstverständlich auch überlegt werden, ob alle vorhandenen Bundesministerien notwendig oder wenigstens zweckmäßig sind. Herr Minister Benda hat dabei mehrfach zu erkennen gegeben, daß er eine bedeutende Verkleinerung des Kabinetts zur Optimierung der Regierungsarbeit anstrebt. Dabei ist jedoch völlig offen, in welcher Weise diese Verringerung der Zahl der Ministerien erreicht werden soll.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Josten.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung also die Meinung, daß eine Neuorganisation der Regierung in erster Linie eine Frage der besseren Verwaltungsorganisation ist, damit gleiche Aufgaben möglichst auch von nur einem Ministerium bearbeitet werden?
Herr Kollege, bei dieser Frage der Organisation der Bundesregierung in Ministerien würde ich nicht die Verwaltungsarbeit im Vordergrund sehen. Der wichtigste Gesichtspunkt ist, glaube ich, eine Optimierung der Regierungsaufgaben und der eigentlichen Regierungsarbeit zu erreichen.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben keine Zahl genannt. Trifft es zu, wie von dpa verbreitet wurde, daß in Ihrem Ministerium das Modell eines Kabinetts entworfen wird, dem statt 20 zukünftig nur noch 10 bis 12 Ministerien angehören sollen?
Ich kann dazu nur sagen, Herr Kollege, daß, wie ich schon in der Beantwortung Ihrer Frage ausgeführt habe, in der Arbeitsgruppe des Bundesinnenministeriums, die dem Kabinettausschuß zuarbeitet, mehrere Modelle entworfen und bearbeitet werden. Nur auf diese Weise, glaube ich, ist die richtige Vorarbeit für die Willensbildung der Bundesregierung zu leisten.
Danke sehr, Herr Staatssekretär.
Die Fragestunde ist damit beendet.
Meine Damen und Herren, ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf morgen, Freitag, den 17. Januar, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.