Gesamtes Protokol
Ich eröffne die heutige Sitzung des Deutschen Bundestages.
Bevor wir in die Beratungen eintreten, habe ich einige Vorbemerkungen zu machen. Für den verstorbenen Herrn Abgeordneten Dr. h. c. Jaksch ist mit Wirkung vom 6. Dezember der Abgeordnete Hübner in den Bundestag eingetreten. — Herr Abgeordneter Hübner ist im Augenblick nicht im Raum. Ich wollte ihn im Namen des Hauses begrüßen und wünsche uns allen eine gute Zusammenarbeit.
Meine Damen und Herren, Ihnen liegt eine Liste auf Überweisung von Vorlagen der Bundesregie-
ung, die keiner Beschlußfassung bedürfen, an die zuständigen Ausschüsse gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor.
1. Vorlage des Präsidenten der Deutschen Gruppe der Interparlamentarischen Union
Betr.: Entschließungen der IPU auf ihrer 55. Jahreskonferenz
— Drucksache V/1130 — zuständig: Auswärtiger Ausschuß
2. Vorlage des Bundeskanzlers
Betr.: Drittes Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Bezug: § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. August 1963 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 8. November 1966 (Bundesgesetzbl. I S. 633)
— Drucksache V/1160 —
zuständig: Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen , Finanzausschuß
Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung Widerspruch? — Ich stelle fest, daß dies nicht der Fall ist.
Die Tagesordnung soll um die in der Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen ergänzt werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 2. Dezember 1966 dem Zweiten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz zugestimmt.
In der gleichen Sitzung hat er hinsichtlich des Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes verlangt, daß
der Vermittlungsausschuß gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes einberufen wird. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1186 verteilt.
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 25. November 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ertl, Reichmann, Walter, Dr. Effertz, Schmidt und Genossen betr. Lage der bäuerlichen Kleinbetriebe — Drucksache V/1093 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/1188 verteilt.
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 28. November 1966 unter Bezug auf den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 8. April 1959 und vom 16. Oktober 1964 die Ubersicht über die Beschäftigung Schwerbeschädigter bei den Bundesdienststellen nach dem Stand vom 1. Oktober 1966 übersandt, die als Drucksache V/1181 verteilt wird.
Der Bundesminister des Innern hat am 2. Dezember 1966 gemäß § 3 des Bundeswahlgesetzes den Bericht der Wahlkreiskommission für die fünfte Wahlperiode des Deutschen Bundestages übersandt. Der Bericht wird als Drucksache V/1174 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rates über die Festsetzung einer zusätzlichen Güteklasse der gemeinsamen Qualitätsnormen für bestimmte Obst- und Gemüsearten
— Drucksache V/1165 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 15. Dezember 1966;
Verordnung der Räte zur Festlegung der Höhe und des Zeit-
raumes der Gewährung der vorübergehenden Pauschalzulage
nach Artikel 4 a von Anhang VII des Statuts der Beamten
— Drucksache V/1166 —
an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 15. Dezember 1966;
Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie des Rates vom 5. November 1963 über die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für konservierende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen
— Drucksache V/1167 —
an den Ausschuß für Gesundheitswesen — federführend — und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten —mitberatend — mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 15. Dezember 1966;
Verordnung zur Änderung des Artikels 95 des Statuts der Beamten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft
Verordnung zur Änderung der Regelung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle, die in der Bundesrepublik Deutschland dienstlich verwendet werden
an den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnungen erhoben werden;
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Änderung der Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder des Gerichtshofs
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Änderung der Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder der Kommission der EWG/EAG
an den Innenausschuß mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnungen erhoben werden;
Verordnung des Rates über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren im ersten Vierteljahr 1967
— Drucksache V/1183 —
Vizepräsident Frau Dr. Probst
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 15. Dezember 1966;
Verordnung Nr. 188/66/EWG des Rates vom 24. November 1966 zur Ermächtigung des Königreichs Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und der Italienischen Republik, die Abschöpfungen auf bestimmte Rinder- und Rindfleischeinfuhren aus dritten Ländern zu erhöhen
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden.
Zu den in der Fragestunde der 73. Sitzung des Deutschen Bundestages am 23. November 1966 gestellten Fragen des Abgeordneten Freiherr von und zu Guttenberg, Drucksache V/1133 Nrn. VI/5, VI/6 und VI/7 *), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Grund vom 2. Dezember 1966 eingegangen.
Zu 1.:
Darstellungen über die künftige Haushaltsentwicklung, die zu verschiedenen Zeitpunkten aufgestellt sind, werden fast immer in gewissem Umfang unterschiedliche Schätzzahlen für ein und denselben Zeitraum ausweisen, zumal wenn die Schätzung einen mehrjährigen Zeitraum umfaßt. Es kann sich dabei im Einzelfall sowohl eine Verbesserung wie auch eine Verschlechterung der Situation ergeben.
Unter diesem Blickpunkt ist auch die Meldung zu verstehen, daß in der Kabinettsitzung am 26. Oktober 1966 hinsichtlich der künftigen Haushaltsentwicklung andere Zahlen mitgeteilt worden sind als in früheren Sitzungen. Diese Meldung ist zutreffend; dieser Sachverhalt erklärt sich, indessen aus der zwischenzeitlich, d. h. seit der Verabschiedung des Haushaltsentwurfs, in der Kabinettsitzung am 29. September 1966 erkennbar gewordenen Entwicklung, auf die in der Haushaltsrede am 8. November 1966 näher eingegangen worden ist und die die Bundesregierung bereits für 1967 zur Vorlage eines Ergänzungshaushalts gezwungen hat.
Zu 2.:
Es ist der Bundesregierung nicht bekannt, wann der frühere Bundesminister der Finanzen im einzelnen bei der Beratung von ausgabenwirksamen Gesetzen im Bundesrat oder im Deutschen Bundestag darauf aufmerksam gemacht hat, daß diese Gesetze angesichts der kommenden finanziellen Entwicklung in Kürze wieder geändert werden müssen. Es wird aber auf die Ankündigung der Bundesregierung im Bulletin vom 13. August 1965 hingewiesen, an der der damalige Bundesminister der Finanzen mitgewirkt hat.
Zu 3.:
Abstimmungen im Kabinett sind selbstverständlich ebenfalls streng vertraulich. Da sich Minister Dr. Dahlgrün aber in einer Erklärung vor der Presse am 7. Oktober 1966 selbst dazu geäußert hat, darf ich folgendes mitteilen:
Minister Dr. Dahlgrün hat sich nur hinsichtlich der von ihm vorgelegten Neuregelung der Sparförderung - nicht aber auch hinsichtlich des Gesamthaushaltsplans 1967 - der Stimme enthalten.
Zu der Frage, wie Minister Dr. Dahlgrün bei der Beratung des Haushaltsentwurfs 1967 in der FDP-Fraktion abgestimmt hat, vermag die Bundesregierung eine Erklärung nicht abzugeben.
Zu den in der Fragestunde der 73. Sitzung des Deutschen Bundestages am 23. November 1966 gestellten Fragen des Abgeordneten Dr. Marx , Drucksache V/1133 Nrn. VI/8 und VI/9 **), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Grund vom 2. Dezember 1966 eingegangen.
Zu 1.:
Einzelheiten über die streng vertraulichen Kabinettberatungen können nicht bekanntgegeben werden. Es wird jedoch auf die Ende Februar 1966 im Finanzbericht 1966 veröffentlichte Vorausschau hingewiesen, worin für die Folgejahre bis 1970 bereits hohe Deckungslücken ausgewiesen sind. In diesen Zahlen waren noch keine Ausgaben für neue Maßnahmen aufgenommen. Zwischenzeitlich waren solche Maßnahmen beschlossen worden
*) Siehe 73. Sitzung, Seite 3422 C **) Siehe 73. Sitzung, Seite 3422 D
Im übrigen wird auf die bereits in der am 10. November 1966 vor dem Deutschen Bundestag verlesene Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen Bezug genommen .
Zu 2.:
Unter nochmaligem Hinweis auf die besondere Vertraulichkeit der Beratungen im Bundeskabinett kann ich nur folgendes mit- teilen: Die Bekanntgabe der neuen Zahlen durch den Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen in der Kabinettsitzung vom 26. Oktober 1966 erfolgte im vollen Einvernehmen mit Minister Dr. Dahlgrün, nachdem der Herr Bundeskanzler und andere Kabinettsmitglieder darum gebeten hatten, weil die vorangegangenen stundenlangen Kabinettsberatungen über den Haushalt 1967 und über die dazu notwendigen Ergänzungen ergeben hatten, daß insbesondere die Ergänzung nur im Zusammenhang mit der mittelfristigen Finanzplanung gesehen und beurteilt werden können.
Zu der in der Fragestunde der 76. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. November 1966 gestellten Frage des Abgeordneten Höhmann , Drucksache V/1152 Nr. I/2 5), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Grund vom 30. November 1966 eingegangen.
Die Schwierigkeiten bei der Abgeltung von Schäden, die durch Kontrollfahrten der deutschen Grenzschutzorgane und der ausländischen Streitkräfte entstehen, ergeben sich insbesondere daraus, daß die Geschädigten häufig nicht oder nur unvollkommen angeben können, ob und zu welchem Teil der Schaden von den ausländischen Streitkräften oder den deutschen Grenzschutzorganen verursacht worden ist.
Zur Vermeidung dieser Schwierigkeiten habe ich' eine Regelung getroffen, nach der Schäden an Straßen und Wegen, -die durch Kontrollfahrten entlang der Zonengrenze entstehen, einheitlich durch die Behörden der Verteidigungslastenverwaltung auch dann abgegolten werden können, wenn neben der Verursachung des Schadens durch die ausländischen Streitkräfte auch eine Verursachung deutscher Grenzschutzorgane vorliegt oder in Betracht kommt.
Die Geschädigten erhalten dann die ihnen nach deutschem Recht zustehende Entschädigung ohne Rücksicht auf die Frage der internen Auseinandersetzung der für den Schaden verantwortlichen deutschen und ausländischen Organe.
Zu der in der Fragestunde der 76. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. November 1966 gestellten Frage des Abgeordneten Bauer , Drucksache V/1152 Nr. II **), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Heinemann vom 2. Dezember 1966 eingegangen.
In der Antwort auf Ihre mündliche Anfrage vom 8. Dezember 1965 hat mein Amtsvorgänger angekündigt, daß im Frühjahr 1966 allen in Betracht kommenden Europaratsstaaten Entwürfe von Musterverträgen zur Ergänzung der beiden Europäischen Übereinkommen über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen mit Übersetzungen in die englische und die französische Sprache und mit einer Einladung zur Aufnahme von mündlichen Verhandlungen übersandt würden. Das ist entsprechend dieser Ankündigung geschehen, und die meisten Staaten haben sich inzwischen geäußert. Die Stellungnahmen sind durchweg positiv. Einzelne Staaten, besonders die Benelux-Staaten und die nordischen Staaten, beabsichtigen zunächst, unter sich die weitere Behandlung abzusprechen und erst dann Verhandlungen mit der Bundesregierung zu führen. Mit Italien und der Türkei sind bereits Vorbesprechungen geführt worden.
Entsprechend der weiteren Ankündigung im Dezember 1965
haben im März 1966 in Bonn Verhandlungen mit einer Delegation der Schweizerischen Eidgenossenschaft stattgefunden. Hierbei ist der Entwurf eines Ergänzungsvertrages zu dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen fertiggestellt worden. Die Verhandlungen werden in der Zeit vom 20. Februar bis 1. März 1967 in Bern fortgesetzt werden. Es ist beabsichtigt, hierbei den Zusatzvertrag zu dem Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen fertigzustellen. Es besteht Aussicht, daß die beiden deutsch-schweizerischen Ergänzungsverträge im Jahre 1967 unterzeichnet und den gesetzgebenden Körperschaften vorgelegt werden können. Beide Verträge werden den beabsichtigten zweiseitigen Verhandlungen mit den übrigen Europaratsstaaten als Muster zugrunde gelegt werden.
Das Bundesministerium der Justiz ist bemüht, in möglichst kurzer Zeit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Bundesregierung die Ratifikationsurkunden zu den beiden Übereinkommen bald hinterlegen kann, so daß die Übereinkommen auch für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten können. Ich darf jedoch erneut darauf aufmerksam machen, daß diese Arbeiten angesichts der notwendigen Verhandlungen mit ver-
*) Siehe 76. Sitzung, Seite 3535 A **) Siehe 76. Sitzung, Seite 3522 D
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3549
Vizepräsident Frau Dr. Probst
schiedenen Staaten und der Personallage meines Hauses eine geraume Zeit in Anspruch nehmen werden. Aus diesem Grunde bin ich zu meinem Bedauern auch heute nicht in der Lage, einen Zeitpunkt zu nennen, zu dem die Ratifikationsurkunden hinterlegt werden können.
Zu der in der Fragestunde der 76. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. November 1966 gestellten Frage des Abgeordneten Rollmann, Drucksache V/1152 Nr. IV/3 *), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 30. November 1966 eingegangen.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß keine diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien bestehen, hat die Bundesregierung alle Möglichkeiten, die ihr zu Gebote stehen, durch Inanspruchnehme der Schutzmachtvertretung für deutsche Interessen in Saudi-Arabien, die dort von der Italienischen Botschaft vertreten werden, ausgeschöpft. Hierbei hat sich der deutsche Vertreter in der Schutzmachtvertretung, der seit Februar 1966 in ständigem Kontakt mit den deutschen Ingenieuren steht, besonders eingesetzt. Auf Grund seiner Berichterstattung hat das Auswärtige Amt laufend die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt bzw. die Zustimmung zu deren Einsatz gegeben.
Zu den in der Fragestunde der 76. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. November 1966 gestellten Fragen des Abgeordneten Dr. Schulz , Drucksache V/1152 Nrn. VII/1 und VII/2 **), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 30. November 1966 eingegangen.
Es entzieht sich leider meiner Kenntnis, welche Bemerkungen Herr Minister Hundhammer am 11. November d. J. auf einer Wahlveranstaltung in Rosenheim zur Bonner Situation gemacht hat, da ich wegen meiner Teilnahme an einer anderen Veranstaltung erst nach der Rede des Kollegen Hundhammer in Rosenheim eingetroffen bin. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, daß Herr Minister Hundhammer in seiner temperament- und kraftvollen Art mit ähnlichen Worten wie den von Ihnen zitierten seinem lebhaften Unmut über bestimmte Vorgänge in Bonn Ausdruck verliehen hat.
Was nun meine von Ihnen inkriminierte Äußerung anbetrifft, so darf ich Ihnen versichern, daß damit keinesfalls Sie oder Ihre politischen Freunde angesprochen waren. Ich halte es angesichts der Diktion meiner Rosenheimer Ausführungen auch für völlig ausgeschlossen, daß bei den Zuhörern dieser Eindruck entstanden sein könnte.
Im übrigen darf ich bemerken, daß der von mir benutzte Begriff — auch bei einer sehr kritischen Auslegung des WortSinns — nichts Diffamierendes beinhaltet. Sowohl in den älteren als auch in den neueren Ausgaben der Sprachlexika von Meyer und Brockhaus wird das aus dem Spanischen stammende Wort „Desperado" mit dem deutschen Begriff „Verzweifelter" interpretiert.
Sie werden sicher mit mir einer Meinung sein, daß das Verhalten verschiedener Persönlichkeiten des Bonner politischen Lebens in den letzten Wochen durchaus mit dem erwähnten Wortsinn in Verbindung gebracht werden konnte.
Zu den in der Fragestunde der 76. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. November 1966 gestellten Fragen des Abgeordneten Burger, Drucksache V/1152 Nrn. X/3, X/4 und X/5 *5*), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 30. November 1966 eingegangen.
Für den Neubau der Ortsumgehung Waldkirch im Zuge der Bundesstraße 294 wird derzeit das nach dem Bundesfernstraßengesetz vorgeschriebene Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Im Rahmen dieses Verfahrens ist nach Abschluß des Anhörungsverfahrens, in dem allen Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben war, in der Zwischenzeit der Planfeststellungsbeschluß ergangen, dessen Rechtsmittelfrist zur Zeit läuft. Über das Vorhandensein von Heilquellen in der vorgesehenen neuen Trasse der Bundesstraße 294 im Bereich der Ortsumgehung Waldkirch wurden der Straßenbauverwaltung weder im Rahmen der Planung noch des Planfeststellungsverfahrens bisher Ergebnisse von Probebohrungen oder Gutachten bekannt, so daß für eine entsprechende Berücksichtigung mindestens bisher keine Veranlassung bestand.
Bei der Wahl der Trasse für die Ortsumgehung Waldkirch wurden in langjähriger Arbeit alle für eine derartige Planung wesentlichen Gesichtspunkte geprüft und beachtet. In die Untersuchungen wurden auch Kostenvergleiche für die beiden in Frage stehenden Linien unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten einbezogen. Bei der Vielzahl der anstehenden Schwierig-
*) Siehe 76. Sitzung, Seite 3527 C **) Siehe 76. Sitzung, Seite 3525 B ***) Siehe 76. Sitzung, Seite 3533 C
keiten, bei der Bedeutung anderer, vor allem verkehrlicher und technischer Gesichtspunkte und nicht zuletzt bei dem relativ geringfügigen Kostenunterschied konnten diese Gutachten für die Wahl der Trassenführung jedoch nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein.
Zur dringend notwendigen Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Elztal ist der Ausbau der Bundesstraße 294 insbesondere durch Linienverlegungen im Bereich der vorhandenen Ortsdurchfahrten vorgesehen und planerisch auch größtenteils abgeschlossen. Im Anschluß an den fertiggestellten Abschnitt der Bundesbahnüberführung bei Denzlingen ist zuerst beabsichtigt, im kommenden Jahr mit dem Bau der Ortsumgehung Denzlingen zu beginnen. Die Fortführung des weiteren Ausbaues de,- Bundesstraße 294 im Elztal, dessen Notwendigkeit ich nachdrücklich •anerkenne, wird natürlich in erster Linie von der Möglichkeit der Bereitstellung der erforderlichen Mittel abhängen.
Zu den bedauerlichen Unfällen, die Sie in Ihrer Frage anführen, hat mir die Auftragsverwaltung mitgeteilt, daß tatsächlich eine gewisse Häufung der Unfälle auf dem Abschnitt zwischen Denzlingen und Waldkirch zu beobachten ist. Dieser Streckenabschnitt ist in den letzten Jahren durch einen Zwischenausbau verbessert worden, so daß die Hauptursache der Unfälle kaum auf den Zustand der Fahrbahn, sondern überwiegend auf menschliches Versagen zurückzuführen sein dürfte.
Der Abgeordnete Figgen hat mit Wirkung vom 6. Dezember 1966 auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet.
Ich rufe jetzt gleich die Zusatzpunkte 1 und 2 auf:
1. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung beschlossene Siebzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Feinstzink)
— Drucksachen V/1145, V/1200 —
Berichterstatter: Abgeordneter Lange
2. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren im ersten Vierteljahr 1967
— Drucksachen V/1183, V/1201 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.
Das Haus ist damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen. — Es erhebt sich kein Widerspruch. Ich komme damit zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf Drucksache V/1200 und auf Drucksache V/1201. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich komme nunmehr zu der
Fragestunde
— Drucksachen V/1182, V/1190 —
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes auf, zunächst die Frage I/1 des Herrn Abgeordneten Moersch:
Welches Maß von redaktioneller Unabhängigkeit gesteht die Bundesregierung dem Deutschlandfunk zu?
Ich bitte den Herrn Staatssekretär um Beantwortung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Deutschlandfunk ist sowohl von der Bundesregie-
3550 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Staatssekretär von Hase
rung als auch von den Landesregierungen redaktionell unabhängig. Für ihn gilt ebenso wie für die Deutsche Welle das Gesetz über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechtes vom 29. November 1960. In § 21 dieses Gesetzes heißt es, daß diese beiden Rundfunkanstalten keiner staatlichen Fachaufsicht unterliegen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie diese gesetzliche Bestimmung bei Ihrer Intervention berücksichtigt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Selbstverständlich. Die Bundesregierung hat nicht interveniert, sondern die Bundesregierung hat — sie hat ebenso wie die anderen öffentlichen Medien das Recht der freien Meinungsäußerung — zu einem Interview des Deutschlandfunks ihre Meinung geäußert.
Eine Zusatzfrage, Herr Kahn-Ackermann.
Herr Staatssekretär, wie oft kommt es denn vor, daß die Bundesregierung gegenüber bestimmten Sendungen von irgendwelchen Rundfunkanstalten in dieser Form ihre Meinung äußert, wie das in dem von Kollegen Moersch angezogenen Fall geschehen ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich würde sagen, daß die Bundesregierung selten in einer so prononcierten Form von ihrem Recht, dazu Stellung zu nehmen, in der bisherigen Praxis Gebrauch gemacht hat.
Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann, zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß der Anlaß zu Ihrer Intervention die Bundesregierung zu dieser Form, die sie da angewandt hat, berechtigt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, Herr Abgeordneter, es gehört etwas retrospektive Phantasie dazu, sich jetzt in die Situation zu dieser Zeit hineinzuversetzen. Ich glaube nach wie vor, daß es für die Bundesregierung damals richtig und berechtigt war, in dieser Form ihre Meinung zu äußern.
Herr Abgeordneter Moersch zu einer zweiten Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gehört es dann auch zur Phantasie, wenn ich frage, ob sich die Bundesregierung überhaupt mit dieser Frage befaßt hatte oder ob Sie von sich aus interveniert
oder vielmehr eine Meinung geäußert haben — also nicht im Namen des Bundeskabinetts?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gehört zu den Aufgaben des Regierungssprechers, mit der Autorisation des Bundeskanzlers sich zu politischen Vorgängen und zu profilierten politischen Stellungnahmen zu äußern.
Dann rufe ich die Frage I/2 des Abgeordneten Moersch auf. — Hier war noch eine Meldung zu einer Zusatzfrage. Ich bitte um Entschuldigung, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen; es war nicht deutlich zu sehen. Bitte, Herr Abgeordneter!
Ich bedanke mich, Frau Präsidentin, daß Sie mich noch gesehen haben.
Herr Staatssekretär, ich habe Sie doch richtig verstanden, daß Sie zwischen der Berechtigung und der Richtigkeit unterschieden haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
So ist es, Herr Abgeordneter.
Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich jetzt die Frage I/2 des Abgeordneten Moersch auf:
In welcher Form hat die Bundesregierung beim Deutschlandfunk wegen eines Interviews von Franz Barsig mit Herbert Wehner interveniert?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Interview ist am 28. August 1966 gesendet worden. Der Bundesregierung war der Text bereits zwei Tage vor Ausstrahlung durch eine Mitteilung der Geschäftsstelle der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands an die Presse bekannt. Die Bundesregierung hat nicht beim Deutschlandfunk interveniert, sondern lediglich in einer Mitteilung an die Presse vom 28. August 1966 zu dieser Sendung durch den Sprecher der Bundesregierung Stellung genommen. — Teilweise wiederhole ich das, was ich auf die Zusatzfragen schon gesagt habe.
Erste Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Herr Staatssekretär, dann stimmt es also nicht, daß Sie in dieser Sache einen Brief an Herrn Intendanten Thedieck geschrieben haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Intendant Thedieck hat mir nach meiner öffentlichen Äußerung zuerst von sich aus einen Brief geschrieben. Ich habe dann den Brief des Intendanten beantwortet.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3551
Herr Staatssekretär, hätten Sie auch interveniert, wenn das Interview den gegenteiligen Inhalt gehabt hätte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, Herr Abgeordneter, das ist eine hypothetische Frage, die heute schwer zu beantworten ist.
Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Wir kommen nunmehr zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Die Frage II/1 des Abgeordneten Kahn-Ackermann ist zurückgezogen.
Ich rufe die Frage II/2 des Abgeordneten Fritsch auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die in der Presse wiedergegebenen Äußerungen des Landrates von Cham, daß die Grenze zur CSSR für die höchsten Stellen der Bundesrepublik tabu zu sein scheine und daß er es nicht mehr weiter mitansehen könne, wenn Anträge zur Aussiedlung und Familienzusammenführung verschleppt würden und tschechische Wirtschaftsführer monatelang auf Visa warten müssen?
Ich bitte, die Frage zu beantworten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Bundesregierung sind Äußerungen des Landrats von Cham, die Grenze zur Tschechoslowakei scheine für die höchsten Stellen der Bundesrepublik tabu zu sein, nicht bekannt. Falls der Landrat von Cham Äußerungen dieser Art tatsächlich getan haben sollte, wäre der Bundesregierung nicht verständlich, was ihn hierzu veranlaßt haben sollte.
Zur Frage der Aussiedlung und Familienzusammenführung und zur Frage der Erteilung von Sichtvermerken nehme ich im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Innern wie folgt Stellung.
Zur Frage der Aussiedlung und Familienzusammenführung: Von deutscher Seite wird die Umsiedlung Deutscher und Volksdeutscher aus der Tschechoslowakei in die Bundesrepublik Deutschland und die Familienzusammenführung nicht „verschleppt" oder behindert. Ich möchte im Gegenteil sagen, wir tun, was wir tun können, um diese Aktionen zu beschleunigen. Einreisegenehmigungen werden an Volksdeutsche und in Fällen der Familienzusammenführung mit größter Beschleunigung erteilt. Die Bundesregierung sieht eine humanitäre Aufgabe von größter Dringlichkeit darin, Familien, die zum Teil seit Jahrzehnten durch die politischen Verhältnisse voneinander getrennt waren, wieder zu einer Vereinigung zu verhelfen. Es sind allerdings zahlreiche Fälle bekannt, in denen Umsiedlungsbewerber die Genehmigung der tschechoslowakischen Behörden zur Ausreise überhaupt nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten und Verzögerungen erhalten haben. Jedoch sind in den letzten Monaten insoweit erhebliche Verbesserungen festzustellen. Die Bundesregierung begrüßt es dankbar, daß Ausreiseerlaubnis an Umsiedlungsbewerber aus der Tschechoslowakei etwa seit der Mitte dieses Jahres in wesentlich größerem Umfang und schneller als zuvor erteilt werden.
Zur Frage der Sichtvermerkserteilung an tschechoslowakische Wirtschaftsführer: Das Bundesministerium des Innern hat in der letzten Zeit mehrfach Gelegenheit gehabt, in diesem Hohen Hause Fragen nach der Bearbeitungsdauer der Einreiseanträge von Staatsangehörigen osteuropäischer Staaten zu beantworten. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für solche Anträge beträgt zur Zeit etwa zwei Wochen, gerechnet vom Eingang bei den zustänreiseerlaubnisse an Umsiedlungsbewerber aus der digen deutschen Behörden. Zur Vermeidung von Wiederholungen darf ich mich wegen der Detailfragen auf die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Professor Dr. Ernst in der Fragestunde vom 23. November 1966 und auf die schriftliche Antwort von Herrn Staatssekretär Dr. Schäfer in der Fragestunde vom 8. November 1966 beziehen.
Ob in einem Ausnahmefall die Bearbeitung des Einreiseantrags eines tschoslowakischen Wirtschaftsführers wesentlich länger gedauert hat und bejahendenfalls aus welchem Grunde, will ich gern nachprüfen lassen, falls mir der Name des Betroffenen mitgeteilt wird.
Herr Abgeordneter Fritsch, erste Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie zunächst zu meiner folgenden Frage die Vorbemerkung, daß ich den Herrn Landrat von Cham angerufen und ihn gebeten habe, sich zu äußern, ob die in der „Süddeutschen Zeitung" wiedergegebene Äußerung auch stimme. Er erklärte mir, jedes Wort, das da wiedergegeben worden sei, stimme, und er stehe zu all diesen Ausführungen.
Meine Frage geht dahin, Herr Staatssekretär: Besteht die Möglichkeit, den dadurch entstandenen Eindruck insbesondere im Grenzland und im Zonenrandgebiet abzuschwächen, und hat die Bundesregierung die Möglichkeit, über verstärkte Kontakte zur CSSR all die vielfältigen Probleme, die sich aus der Nachbarschaft insbesondere des Grenzlandes ergeben, sinnvoll und für die Beteiligten zufriedenstellend zu lösen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich denke, daß die Erklärungen, die ich eben abgegeben habe, auch im Landkreis Cham zur Kenntnis genommen werden und dort aufklärend und beruhigend wirken werden. Was das Gespräch mit Prag betrifft, so wissen Sie, daß es gegenwärtig noch darunter leidet, daß wir koine diplomatischen Beziehungen mit Prag unterhalten. Wir sind also darauf angewiesen, bei Zusammenkünften, die aus bestimmtem Anlaß stattfinden, solche Fragen zur Sprache zu bringen, und werden das immer wieder tun.
Herr Abgeordneter Fritsch, zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem es möglich war, ohne diplomatische Kontakte Grenzöffnungen zu vollziehen, würden Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die vielfach bestehenden
3552 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Fritsch
Wünsche nach weiteren Grenzeröffnungen, so z. B. bei Bayerisch-Eisenstein und bei Heidmühle, lenken, aber auch in den Fragen der Familienzusammenführung verstärkt Initiativen entwickeln wollen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In der Frage der Familienzusammenführung tut das Auswärtige Amt wirklich alles, was es nur tun kann. Ich kann aus eigener Kenntnis sagen, daß wir nichts unversucht lassen, um auf diesem Gebiet voranzukommen, sowohl gegenüber der Tschechoslowakei wie gegenüber anderen Ländern des europäischen Ostens und Südostens.
Auch die andere Frage wollen wir sicherlich verfolgen. Das wird sich mit der hoffentlich zunehmenden Normalisierung unserer Beziehungen mit der Tschechoslowakei künftig leichter machen lassen als in der Vergangenheit.
Herr Schmitt-Vockenhausen, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung bereit, Einzelfällen nachzugehen, wenn der Herr Landrat von Cham, statt pauschale Bemerkungen zu machen, Ihnen Roß und Reiter nennen würde?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ganz gewiß.
Damit sind wir am Ende der Fragen aus diesem Ressort. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Ich möchte nur bemerken: daß das Haus so schwach besetzt ist, hat seinen Grund darin, daß sich die CDU/CSU noch in der Fraktionssitzung befindet.
Ich rufe nunmehr die Frage des Herrn Abgeordneten Schmidt aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf:
Können Fernschreibeinrichtungen durch bestimmte technische Vorkehrungen gegen eine mißbräuchliche Benutzung zum Nachteil anderer gesichert werden?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Grundsätzlich ist zu sagen, daß in einem öffentlichen Fernmeldenetz jeder Teilnehmer jeden anderen Teilnehmer anrufen kann. Wenn hierbei auch mißbräuchliche Anrufe vorkommen, so ist das zwar für den betroffenen Teilnehmer sehr bedauerlich; die Fernmeldeverwaltung kann sie nicht verhindern.
Ich gehe davon aus, daß Sie mit Ihrer Frage den Fall ansprechen, daß von einem anrufenden Telexteilnehmer durch Übermitteln einer falschen Absenderangabe und irreführender Nachrichten Mißbrauch getrieben wird.
Für den Telexverkehr ist typisch, daß die Fernschreibmaschinen einen Kennungsgeber — bekannt
als Namengeber — enthalten, der eine Identifizierung der Partner durch Abdruck der Kennung erlaubt. Die Kennung kann technisch von jedem der beiden Teilnehmer einer Verbindung in einer Schreibpause ausgelöst werden, solange die Verbindung besteht. Jedoch kann in der Regel der Angerufene aus Gründen des Betriebes davon praktisch keinen Gebrauch machen, zumal die seltenen Mißbrauchsfälle von einer Bedienungskraft am Empfangsapparat während der Übermittlung als solche wohl kaum vermutet werden.
Eine technische Sicherung gegen Mißbrauch könnte dadurch erreicht werden, daß, unbeeinflußt vom rufenden Teilnehmer, beim Anruf eine automatische Auslösung der beiderseitigen Kennung erfolgen würde. Das bestehende Fernschreibnetz ist hierfür jedoch nicht geeignet. Zur Anpassung wäre der Nachbau von vielen teuren technischen Zusatzeinrichtungen nötig. Dieser große Aufwand läßt sich bei dem bestehenden System nicht vertreten.
Die schrittweise Ablösung des jetzigen Systems durch ein elektronisches System ist vorgesehen. Die Entwicklung ist eingeleitet. Die verlangten Leistungsmerkmale enthalten auch die Forderung nach automatischer Auslösung der Kennungen. Hierbei sind, wie schon jetzt festgestellt, verschiedene Lösungen möglich, über deren Vor- und Nachteile einschließlich Kosten zur Zeit noch keine Angaben gemacht werden können.
Keine Zusatzfragen. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend. Die Frage des Herrn Abgeordneten Kubitza ist vom Fragesteller zurückgezogen.
Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Herr Kahn-Ackermann hat ebenfalls seine Frage zurückgezogen.
Nunmehr rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zunächst 'die Frage VI/1 des Herrn Abgeordneten Wurbs:
Wie weit ist das Vorhaben der Bundesregierung gediehen, eine langfristige Planung und eine sachbezogene Koordination aller raumpolitischen Maßnahmen von Bund und Ländern zu erreichen?
Ich bitte den Herrn Staatssekretär um Beantwortung.
Das Raumordnungsgesetz konnte, wie Sie wissen, nach unserer Verfassung nur ein Rahmengesetz sein. Es sieht für den Bund kein Instrument der förmlichen und verbindlichen Planung vor. Es mußte sich insoweit auf Grundsätze der Raumordnung beschränken, die für alle Planungsträger verbindlich sind. Es ist Aufgabe der Länder, diese Grundsätze durch Aufstellung förmlicher Programme und Pläne zu verwirklichen. Innerhalb der Exekutive des Bundes hat nach dem Raumordnungs-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3553
Staatssekretär Dr. Schäfer
Besetz der für die Raumordnung zuständige Bundesminister die raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen des Bundes einschließlich der raumwirksamen Investitionen abzustimmen. Die Ergebnisse der Abstimmung sollen ihren Niederschlag in der zusammenfassenden Darstellung aller langfristigen und großräumigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen des Bundes finden, die nach dem Raumordnungsgesetz aufzustellen ist.
Diese zusammenfassende Darstellung soll mit den Ländern mit dem Ziel abgetimmt werden, auf der Grundlage des Raumordnungsgesetzes zu einer möglichst weitgehenden raumpolitischen Ausrichtung aller vergleichbaren Bundes- und Ländermaßnahmen zu gelangen. Die zusammenfasssende Darstellung wird vorbereitet. Abgesehen hiervon stimmen der Bund und die Länder bereits jetzt raumbedeutsame Einzelmaßnahmen sowie zusammenfassende Programmen und Pläne der Landesplanung miteinander ab.
Der Entwurf eines neuen Verwaltungsabkommens zwischen der Bundesregierung und ,den Landesregierungen sieht eine Konferenz der für die Raumordnung zuständigen Minister bzw. Senatoren bei Bund und Ländern sowie einen Hauptausschuß der zuständigen Abteilungsleiter vor. Mit dem Abschluß dieses Verwaltungsabkommens ist alsbald zu rechnen. Die Bundesregierung erblickt hierin die Grundlage für eine noch stärkere und wirksamere Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern in diesem Bereich.
Herr Abgeordneter Dorn, erste Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wann diese Abstimmung wirksam werden wird und die praktische Arbeit beginnen kann?
Mit der Fertigstellung der zusammenfassenden Darstellung, von der ich vorhin sprach, Herr Abgeordneter, ist im Laufe des kommenden Jahres zu rechnen. Im übrigen haben — wenn ich das noch ergänzend sagen darf; denn es hängt mit Ihrer Zusatzfrage zusammen — die Länder Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz ihre Pläne zur Abstimmung übersandt. Die Zuleitung von Plänen des Landes Bayern steht kurz bevor. Mit den übrigen Ländern schweben noch Verhandlungen darüber.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie eine ungefähre Vorstellung, wieviel Zeit die Bundesregierung nach Eingang der Länderunterlagen noch mit den Ländern gemeinsam benötigen wird, um zu einem Ergebnis in der Frage der gemeinsamen Raumordnungsplanung zu kommen?
Ich möchte meinen, daß es dann noch einige wenige Monate dauern wird.
— Nein, in 1967.
Ich rufe nunmehr die Frage VI/3 der Abgeordneten Frau Funcke auf:
Hält die Bundesregierung bei Volkszählungen und ähnlichen statistischen Erhebungen die Frage nach dem Familien-„Vorstand" für vereinbar mit dem geltenden Familienrecht?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Gestatten Sie, Frau Präsidentin, daß ich die beiden Fragen der Fragestellerin, da sie sachlich zusammenhängen, auch zusammen beantworte?
Ist die Fragestellerin einverstanden? — Dann rufe ich auch die Frage VI/4 der Abgeordneten Frau Funcke auf:
Hält die Bundesregierung die statistische Feststellung eines „Familienvorstandes" für sinnvoll, wenn bei Eheleuten automatisch der Ehemann als Familienvorstand registriert wird?
Die Fragen, gnädige Frau, beziehen sich wohl auf den „Haushaltsvorstand", nicht aber auf den „Familienvorstand". Denn bei Volkszählungen und anderen statistischen Feststellungen ist bisher nie die Frage nach dem Familienvorstand, sondern nur nach dem Haushaltsvorstand gestellt worden.
Die Frage nach dem Haushaltsvorstand hält die Bundesregierung aus folgenden Gründen — hiermit beantworte ich Ihre erste Frage — mit dem Familienrecht für vereinbar:
Unter „Haushaltsvorstand" wird nichts anderes als der wirtschaftlich wesentliche Träger des Haushalts verstanden. Seine Feststellung ermöglicht, die Zählergebnisse nach den Merkmalen des Haushaltsvorstands zu gliedern. Dadurch kann die wirtschaftliche und soziale Lage des Haushalts beurteilt werden. Der Haushaltsvorstand wird dabei nicht etwa von den statistischen Behörden bestimmt. Vielmehr bleibt es den Befragten selbst überlassen, welches Haushaltsmitglied sie als Haushaltsvorstand bezeichnen wollen. Nach bisherigen Erfahrungen wird allerdings in den weitaus überwiegenden Fällen ein männliches Haushaltsmitglied als Haushaltsvorstand benannt.
Zu Ihrer zweiten Frage. Die weitaus überwiegende Benennung eines männlichen Haushaltsmitglieds als Haushaltsvorstand ist vom Standpunkt der statistischen Analyse sinnvoll. Denn eine Stichprobenerhebung hat gezeigt, daß der Haushaltsvorstand, so wie er im Wege der Selbsteintragung durch die Haushalte ermittelt war, in mehr als 96 % aller Fälle auch der wirtschaftliche Träger des Haushalts war.
3554 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Frau Funcke zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in der Frauenenquete sehr deutlich zwischen „Haushaltungsvorstand" und „Familienvorstand" unterschieden wird und daß sich meine Frage auf den Familienvorstand und nicht auf den Haushaltungsvorstand bezog?
Es mag. sein, daß in der Frauenenquete, die ich bei ihrem Umfang von 600 Seiten natürlich nicht so genau im Gedächtnis haben kann, diese Unterscheidung getroffen ist. Sie haben aber hier, gnädige Frau, nach „Volkszählungen und ähnlichen statistischen Erhebungen" gefragt, und hierfür trifft meine Aussage von vorhin zu.
Frau Funcke zu einer zweiten Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf man nicht, wenn in der Frauenenquete statistische Aufstellungen über den Familienvorstand enthalten sind, davon ausgehen, daß das dann unter „ähnliche statistische Erhebungen" fällt? Ist Ihnen weiterhin bekannt, daß der Begriff „Familienvorstand" in einer Fußnote dahin erläutert wird, daß als Familienvorstand automatisch der Ehemann angesehen wird?
Sie sprechen jetzt wieder von der Frauenenquete und von einer Fußnote. Dazu muß ich mich auf das berufen, was ich vorhin zur Frauenenquete sagte. Ich muß aber wiederholen, gnädige Frau, daß bei „Volkszählungen und ähnlichen statistischen Erhebungen" eben gerade nicht der Familienvorstand, sondern der Haushaltsvorstand genannt ist.
Dritte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, dürfte ich Sie dann bitten, die Frage in der nächsten Fragestunde noch einmal auf Grund des wirklichen Textes meiner Frage zu beantworten?
Ich glaube, den wirklichen Text beantwortet zu haben. Ich bin aber, da es sich um methodisch-statistische Überlegungen handelt, gern bereit, die Dinge in einem Briefwechsel mit Ihnen zu klären.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Moersch.
Herr Staatssekretär, ist es denn nicht vielmehr so, daß offensichtlich innerhalb der einzelnen Ressorts der Bundesregierung über die
Qualität der Gleichberechtigung verschiedene Ansichten bestehen, wie sich in der Terminologie hier zeigt?
Das glaube ich nicht. Die Gleichberechtigung ist in einem Verfassungsartikel niedergelegt, an den sämtliche Ressorts gebunden sind.
Ich hole nach die Frage VI/2 des Herrn Abgeordneten Gewandt:
Trifft es zu, daß ein neu ernannter Bundesminister ohne die nötige rechtliche Grundlage einen sogenannten Staatsminister mit in sein Amt genommen hat?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort ist noch nicht eingegangen. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Damit ist der gesamte Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern abgeschlossen. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung.
Der Herr Bundesminister der Finanzen bittet darum, die Fragen aus seinem Geschäftsbereich zurückzustellen, da er sich in einer wichtigen Sitzung befindet.
Wenn das Haus damit einverstanden ist, rufe ich die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Frage VIII/1 des Herrn Abgeordneten Dr. Apel:
Wie beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Wirtschaftssituation der deutschen Werften, insbesondere ihren Auftragsbestand als Basis ihrer Beschäftigungslage in der näheren Zukunft?
Ich bitte den Herrn Bundesminister um Beantwortung.
Ich darf die Frage des Herrn Kollegen Dr. Apel wie folgt beantworten. Die Situation der deutschen Werftindustrie hat sich im Laufe dieses Jahres ungünstig entwickelt. Zwar kann die Beschäftigungslage zur Zeit und für die nächste Zukunft im allgemeinen als befriedigend angesehen werden. Doch ist als Folge des seit Beginn dieses Jahres rückläufigen Auftragseinganges auf dem Neubausektor ab Ende 1967 mit einer fühlbaren Beschäftigungslücke zu rechnen.
Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage?
Dann rufe ich die Frage VIII/2 des Herrn Abgeordneten Dr. Apel auf:
Verfügt die Bundesregierung über klare Vorstellungen und wirksame Instrumente, um eine effektive Wirtschaftspolitik zugunsten der deutschen Werften betreiben zu können?
Ich bitte den Herrn Bundesminister um Beantwortung.
Die zweite Frage des Herrn Kollegen Dr. Apel darf ich wie folgt beantworten. Die Bundesregierung strebt in erster Linie die Wiederherstellung des Leistungswettbewerbs im internationalen Schiffsbau
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3555
Bundesminister Dr. Schiller
an, und zwar dadurch, daß man allerseits auf einen Abbau der vielfältigen Subventionen hinwirkt. Entsprechend dieser Zielsetzung, die nur etappenweise erreicht werden kann, hat die Bundesregierung schon bisher bevorzugt Maßnahmen mit Übergangscharakter zugunsten des Schiffsbaus getroffen, um die Beschäftigung der Werften bis zu einer Normalisierung der internationalen Marktlage zu sichern. Ich glaube, ich brauche die in der Vergangenheit des öfteren dargestellten Maßnahmen nicht zu wiederholen. Weitere Möglichkeiten — also nicht nur Übergangsmaßnahmen, sondern strukturelle Maßnahmen — werden zur Zeit auf Grund der Vorschläge der Herren Wirtschaftsminister und Wirtschaftssenatoren der Küstenländer und der Werftindustrie selber geprüft.
Ich möchte noch hinzufügen, Herr Kollege Apel: die neue Bundesregierung begrüßt es, daß die Werften in Zukunft aus eigener Kraft durch Fusionen sich zu optimalen Unternehmensgrößen zusammenfinden, um im internationalen Wettbewerb besser bestehen zu können.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, es gibt einen Vorschlag der EWG-Kommission zur Harmonisierung der Subventionszahlungen in der EWG. Wie beurteilen Sie diesen Vorschlag der EWG-Kommission, der von den Werften lebhaft begrüßt worden ist?
Ich habe festgestellt, Herr Kollege Apel, daß die bisherige Bundesregierung zu diesem Vorschlag der EWG-Kommission noch nicht Stellung nehmen konnte, weil in der Tat eine Reihe von Fragen — zum Teil grundsätzlicher Art — noch offen ist. Erst nach Klärung dieser Fragen werden sich die zusätzlichen Kosten übersehen lassen, die durch eine gemeinschaftliche Schiffsbauhilfe für den Bund entstehen. Der Vorschlag einer Gemeinschaftslösung auf dem Gebiet der Rationalisierung und Umstellung der Werften sieht im wesentlichen die Harmonisierung der bestehenden einzelstaatlichen Beihilfemaßnahmen vor. Bei dieser Zwischenbilanz möchte ich im Moment sagen: dem Vorschlag dieser Harmonisierung stimmen wir jetzt im Grundsatz zu.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, Sie haben soeben davon gesprochen, daß Sie es begrüßen würden, wenn die Werften selbst Anstrengungen machten, durch Fusion wettbewerbsfähiger zu werden. Sehen Sie eine Möglichkeit, dafür in den nächsten ERP-Wirtschaftsplänen auch von seiten des Bundes eine finanzielle Unterstützung zu geben?
Ich werde mich bemühen, beim Bundesschatzminister in dieser Richtung vorstellig zu werden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, Sie erwähnten in Ihrer ersten Antwort das Memorandum der norddeutschen Küstenländer zu den Fragen der wirtschaftlichen Situation der Werften. Darf ich Sie fragen, ob die Beratungen in Ihrem Hause über dieses Memorandum in Kürze beginnen werden?
Nach dem mir vorliegenden Bericht haben sie schon beg onnen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, nachdem Sie jetzt betont „neue Bundesregierung" gesagt haben, möchte ich Sie fragen: Können Sie uns vielleicht sagen, inwieweit sich die Haltung der jetzigen Bundesregierung hinsichtlich der Fusionen von Werften von der Haltung der früheren Bundesregierung unterscheidet?
Sie wissen, daß die bisherige Bundesregierung im Rahmen des eigenen Besitzes des Bundes in dieser Richtung tätig geworden ist. Worauf ich den Akzent gelegt habe, ist, daß auch ich im Namen der neuen Bundesregierung Fusionen im privaten Bereich begrüße. Das ist keine Wertung, sondern eine zusätzliche Bemerkung.
Kann man damit rechnen, Herr Minister, daß sich in dieser Haltung kein grundsätzlicher Unterschied zwischen der alten und der neuen Bundesregierung ergibt?
Es ist eine zusätzliche Bemerkung zu einem Bereich, der bisher nicht angesprochen war.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, bedeutet Ihre Bemerkung, eine Fusion der Werften werde gefördert, und ihre zusätzliche Bemerkung, Sie würden den Herrn Bundesschatzminister bitten, das im Rahmen der ERP-Vermögen finanziell zu unterstützen, daß Sie möglicherweise auch eine Fusion bundeseigener Werften mit privaten Werften unterstützen würden?
Die Antwort, die ich vorhin gegeben habe, bezog sich rein auf den privaten Sektor als zusätzlichen
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Bundesminister Dr. Schiller
Bereich zu dem von der bisherigen Bundesregierung
schon geförderten Bereich des öffentlichen Sektors.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, kurz vor dem Ausscheiden des Herrn Bundesschatzminsiters Dr. Dollinger ist die Büssing-AG verkauft worden. Sie war Bundesbesitz und ist in privaten Besitz übergegangen. Sehen Sie Möglichkeiten, daß Werften des Bundes im Rahmen der Fusion, möglicherweise zu größeren Einheiten, in privaten Besitz übergehen?
Diese Frage, Herr Kollege, kann nur geklärt werden im Einvernehmen 1. mit dem Bundesschatzminister und 2. mit dem Plenum dieses Hauses; denn es handelt sich um öffentliches Eigentum, über das nur dieses Haus auf Grund eines Votums des Ausschusses für das Bundesvermögen verfügen kann.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage VIII/3 des Herrn Abgeordneten Fritsch auf:
Ist der Bundesregierung die zunehmend schwierigere wirtschaftliche Situation der Granitindustrie im Bayerischen und Oberpfälzer Wald, die vornehmlich durch Einfuhren von Granit aus Portugal und durch die Stornierung von Aufträgen für den Autobahnbau verursacht wird, bekannt?
Bitte, Herr Bundesminister!
Zu der wirtschaftlichen Situation der bayerischen Granitindustrie hat die Bundesregierung in diesem Jahre vor dem Hohen Haus schon mehrfach Stellung genommen. Ich brauche das nicht noch einmal aufzuzählen, darf aber statistisch folgendes feststellen: In der Zeit von Januar bis September dieses Jahres sind die Einfuhren von Bord- und Pflastersteinen aus Portugal um 30%, die Gesamteinfuhren in diesem Bereich aber um 34% gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Ich glaube, diese statistische Reihe bestätigt die Auffassung, daß die beklagten Schwierigkeiten nicht vorwiegend auf Portugal zurückzuführen sind.
Daneben aber darf nicht übersehen werden, daß die auf öffentliche Aufträge angewiesene Granitindustrie von der verschlechterten Finanzlage der öffentlichen Hand besonders betroffen ist, und zwar im Bund und in den Ländern. So ist nach Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr die Reparatur der Autobahn München–Salzburg für die bayerische Granitindustrie besonders interessant. Hierfür wurde auch von der bayerischen Granitindustrie Material bereitgestellt. Am 12. September 1966 ist die Instandsetzung überraschend zurückgestellt worden. Jedoch habe ich in diesen Tagen, Herr Abgeordneter, erfahren, daß nun doch mit der Reparatur von Teilstrecken begonnen werden soll. Am 2. Dezember 1966 sind nach den im Bundesministerium für Verkehr eingeholten Auskünften zwei Teillose im Umfang von etwa einem Viertel des gesamten Bauvorhabens vergeben worden. Im übrigen sind für diese Maßnahmen die obersten Baubehörden der Länder zuständig.
Erste Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Minister, würden Sie in Ansehung der besonderen Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges für das Grenzland Ihre Aufgabe auch darin sehen, im Benehmen mit dem Verkehrsministerium und mit der bayerischen obersten Baubehörde dahin gehend zu wirken, daß in vermehrtem Maße Granit bei der Herstellung von Bundesstraßen verwendet wird, damit diesem Wirtschaftszweig eine fühlbare Hilfe zuteil werden könnte?
Ich bin dazu sehr gerne bereit. Aber eine Verbesserung der Lage der bayerischen Granitindustrie kann nur — in erster Linie — durch eine strukturelle Anpassung an die veränderten Absatzverhältnisse und durch die Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Kooperation angestrebt werden.
Mit der Erarbeitung der für weitere Überlegungen notwendigen Angaben über die Zahl der betroffenen Betriebe, über deren Produktionsprogramm, über die Zahl der Beschäftigten und über ihre Altersstruktur ist der zuständige Verband gegenwärtig befaßt. Wir werden uns die notwendigen strukturpolitischen Maßnahmen auf Grund dieser Enquete überlegen.
Die Zusatzfragen des Herrn Abgeordneten Fritsch sind damit erledigt.
Herr Abgeordneter Ott, erste Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie bereit, zu prüfen, ob hinsichtlich der bayerischen Granitindustrie nicht das Antidumpinggesetz Möglichkeiten gibt, hier einen gewissen Schutz zu gewähren?
Hierfür sind — und wir erinnern uns, glaube ich, einer Diskussion im Wirtschaftsausschuß des Deutschen Bundestages — gegenwärtig keine Anhaltspunkte gegeben. Die billigen Einfuhren aus Portugal beruhen auf den dortigen niedrigen Löhnen. Es ist also ein Niedrigpreisproblem und kein Dumpingproblem; das wurde im Ausschuß, wie ich mich aus meiner Zeit als Abgeordneter eindeutig erinnere, klargestellt. Sollte aber ein Dumping im Sinne des § 21 des Zollgesetzes nachgewiesen werden, wird die Bundesregierung die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen selbstverständlich einleiten.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.
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Herr Minister, bestehen Möglichkeiten, im Wege eines Zollschutzes helfend einzugreifen?
Ich glaube, da sind wir durch internationale Bindungen in unserer Bewegungsfreiheit eingeengt.
Herr Abgeordneter Jung, erste Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie bereit, Ihre Überlegungen nicht nur auf die bayerische Granitindustrie, sondern insgesamt auf die heute unter schwierigen Verhältnissen lebende deutsche Natursteinindustrie auszudehnen?
Selbstverständlich.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ramms.
Herr Minister, teilen Sie mit mir die Meinung, daß die Rückläufigkeit der Einfuhrquote von Portugal zum Teil auch durch die Neueinfuhr aus Polen aufgehoben wird?
Das ist statistisch unzweifelhaft.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe nunmehr die Frage VIII/4 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann auf:
Trifft es zu, daß Entwurf und Ausführung des Werbeplakats für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Kanada einer amerikanischen Public-relation-Firma vergeben wurde?
Ist Herr Kahn-Ackermann im Saal? — Das ist nicht der Fall. Wird die Frage übernommen? —
— Sie wird übernommen. Die Frage des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann übernimmt Herr Moersch. Das ist eine neue Nuance in diesem Hause.
— Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe jetzt die Frage VIII/5 des Herrn Abgeordneten Moersch auf:
Treffen Berichte zu, wonach Japan bereits im Jahre 1975 nahezu 80 % seines Bedarfs an elektrischer Energie über Kernkraftanlagen decken will?
Bitte schön, Herr Bundesminister!
Herr Kollege Moersch, solche Berichte sind mir nicht bekannt. Alle mir vorliegenden Aussagen kommen zu dem Ergebnis, daß in Japan der Anteil der durch Kernkraftwerke erzeugten elektrischen Energie im Jahre 1975 noch etwa bei 10 % des dann erwarteten
Gesamtbedarfs liegen wird. Ich darf hinzufügen: vielleicht haben Sie, wenn ich das interpretieren darf, Herr Kollege Moersch, mit Ihrer Anfrage, die, glaube ich, auf Pressenotizen beruht, die Planung des Zuwachses, also die marginalen Größen, gemeint.
Wenn man die zukünftigen Investitionsplanungen nimmt, also das, was in den nächsten Jahren in Japan zusätzlich investiert wird, kommt man in der Tat zu Anteilen, die weit höher liegen als 10%.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Herr Minister, der Bericht lag mir so vor, wie ich die Frage gestellt habe. Er kommt aus den kommunalen Versorgungsunternehmen. Aber ich unterstelle, daß es sich um den Anteil an der Zuwachsrate handelt; das ist sehr wahrscheinlich.
Für uns aber stellt sich die Frage: Glauben Sie, daß bei uns angesichts der durch das Verstromungsgesetz gegebenen Situation bis 1980 ein ähnlicher Anteil an der Kernenergieerzeugung im Verhältnis zu den Zuwachsraten zu erreichen ist, oder halten Sie das auf Grund der beabsichtigten Gesetzgebung für ausgeschlossen?
Herr Kollege Moersch, in bezug auf den Anteil der Kernenergie bei den Zuwachsraten, insonderheit den Zuwachsraten bei den Investitionen im Energiebereich, kann ich Ihnen noch keine Auskunft geben. Ich kann Ihnen nur eins sagen: nach dem jetzigen Stand der Versorgung, der Struktur und der Gesetzgebung — worauf Sie mit Recht hinweisen — wird für das Jahr 1975 geschätzt, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland etwa einen Anteil von 10% der Kernenergie an der Elektrizitätserzeugung haben werden.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Herr Minister, sind Sie bereit, dafür zu sorgen, daß die Nutzung der Kernenergie und ihr auf kostenechten Preisen beruhender Anteil nicht durch gesetzgeberische Maßnahmen oder ähnliches künstlich gehemmt werden? Das heißt, sind Sie bereit, entsprechende Änderungen vorzunehmen, wenn sich das als notwendig erweisen sollte, um im internationalen Wettbewerb, etwa beim Bau von Atomkraftwerken, mithalten zu können?
Herr Kollege Moersch, ich will in keiner Weise der Regierungserklärung vorgreifen; aber ich kann betonen, daß sich die Bundesregierung in besonderem Maße der Förderung des technologischen Fortschritts auf allen Gebieten zuwenden wird.
Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirt-
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Vizepräsident Frau Dr. Probst
schaft erledigt. Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen, zunächst zur Frage VII/1 des Herrn Abgeordneten Reichmann:
Ist es zutreffend, daß mit Erlaß vom 29. Juli 1966 das Bundesfinanzministerium das Finanzamt in Bonn anwies, beim Bund hirnverletzter Kriegs- und Arbeitsopfer 15 % der Mitgliederbeiträge pauschal als Entgelt für die Beratung und Betreuung in Rentenangelegenheiten anzusetzen, und daß dieser Anteil dementsprechend umsatzsteuerpflichtig sei?
Herr Abgeordneter Reichmann ist im Saal. Ich bitte den Herrn Bundesminister um Beantwortung.
Ich beantworte die Frage des Abgeordneten Reichmann: Gelegentlich einer Betriebsprüfung ist beim Bund hirnverletzter Kriegs- und Arbeitsopfer e. V. festgestellt worden, daß der Verband einen Teil seiner Mitgliederbeiträge zur Finanzierung der Rechtsberatertätigkeit für die einzelnen Mitglieder verwendet. Das Finanzamt und die Oberfinanzdirektion haben die Auffassung vertreten, daß 15 v. H. der Mitgliederbeiträge auf diese Rechtsberatertätigkeit entfallen und daher umsatzsteuerpflichtig sind. Das Bundesfinanzministerium hat dieser Auffassung mit dem genannten Erlaß vom 29. Juli 1966 zugestimmt, weil sie einer langjährigen Verwaltungspraxis und auch der Rechtsprechung in rechtlich gleichgelagerten Fällen entspricht.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, ist dieser Erlaß als eine Grundsatzentscheidung auch für ähnliche Verbände und Organisationen zu betrachten?
Die hier vertretene Auffassung ist keine Grundsatzentscheidung, aber sie entspricht der in gleich oder ähnlich gelagerten Fällen bisher geübten Praxis.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, darf ich fragen, in welchem Verhältnis die zu erwartenden Steuermehreinnahmen zu den Mehrkosten der Verwaltung stehen.
Die Beantwortung dieser Frage ist erst nach einer eingehenden Prüfung möglich, die ihrerseits wahrscheinlich auch einen gewissen Verwaltungsaufwand verursachen würde.
Herr Bundesminister, sind Sie nicht der Auffassung, — —
Verzeihung, Sie haben zu Frage 1 keine Zusatzfrage mehr. Ich rufe aber nunmehr sofort Ihre Frage VII/2 auf:
Hält die Bundesregierung die Besteuerung der in Frage VII/1 erwähnten sozialen Betreuungsaufgabe, die doch im staatspolitischen Interesse liegt, für gerechtfertigt?
Sie können dann weitere Zusatzfragen stellen. Bitte, Herr Bundesminister!
Ich verstehe den Standpunkt, daß die Besteuerung eines Teils der Mitgliederbeiträge gerade in diesem vorliegenden Einzelfall zu bedauern ist. Sie entspricht jedoch, wie bereits erwähnt, der Rechtslage. Das schließt eine Überprüfung der Rechtslage und die Möglichkeit einer eventuellen Änderung der Rechtslage auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Wege nicht aus.
Erste Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, bis zu welchem Zeitpunkt wird nach Ihrer Meinung diese Überprüfung durchgeführt bzw. abgeschlossen sein?
Die Angelegenheit ist mit Vertretern des Verbandes im Bundesfinanzministerium nochmals besprochen worden. Auf Grund der Angaben des Verbandes wird zur Zeit die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses für die Vergangenheit geprüft.
Zweite und letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reichmann.
Herr Bundesminister, würde diese Entscheidung dann für alle ähnlichen Verbände wir haben ja eine ganze Anzahl im Bundesgebiet — ebenfalls zutreffend sein?
Die Schwierigkeit besteht ohne Zweifel darin, daß sich eine solche Befreiung nicht auf den genannten Verband allein beschränken läßt, weil auch andere Organisationen in dieser Weise tätig werden. Es würden somit in größerem Umfange Rechtsberatungen von der Umsatzsteuer befreit, die bei den freien Berufen, z. B. den Rechtsanwälten, der Umsatzsteuer unterliegen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Rutschke.
Herr Bundesminister, sind Sie nicht der Meinung, daß es gerade Aufgabe der Verbände, die im sozialen Bereich tätig sind, sein sollte, die Leute zu beraten, und daß hiermit eine Hilfe für die Verwaltung gegeben ist, da diese Beratung ja sonst von der Verwaltung aus erfolgen müßte?
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Ich habe hier die Rechtslage wiedergegeben, wie sie sich in der Praxis in diesem Fall sowie in ähnlichen oder gleichgelagerten Fällen bisher ergeben hat. Ich wiederhole, eine Überprüfung der Rechtslage kann selbstverständlich vorgenommen werden. Zu welchen Ergebnissen sie führt, bleibt abzuwarten.
Ich rufe nun die Fragen VII/3 und VII/4 des Abgeordneten Meister auf:
Ist die Bundesregierung bereit, den Personalstand der Zollverwaltung der Entwicklung im EWG-Raum anzupassen?
Sind in Anbetracht der in Frage VII/3 aufgezeigten Entwicklung die für die Zollverwaltung vorgesehenen Neu- und Umbauten nötig?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage VII/5 der Abgeordneten Frau Funcke auf:
Ist die Bundesregierung bereit, bei den Ländern generell eine Fristverlängerung für die Abgabe der Erklärungen für die Hauptfeststellung des Einheitswertes zu erwirken, da Bestrebungen zur Vereinfachung der Fragestellungen im Gange sind und die Beibehaltung der Frist dann zu unnötiger Doppelarbeit fühlt?
Bitte, Herr Bundesminister!
Ich darf, wenn Sie, Frau Präsidentin, es gestatten, die Frage der Frau Kollegin Funcke und die nachfolgende Frage des Herrn Kollegen Schmidt zusammen beantworten.
Ich kann das nur gestatten, wenn der Fragesteller einverstanden ist.
— Gut, dann rufe ich gleichzeitig die Frage VII/6 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt auf:
Hält es die Bundesregierung angesichts des Antrages der Abgeordneten Baier, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Schmidt , Biechele und der Fraktion der CDU/CSU — Drucksache
V/1148 — betreffend „Formulare für die Erklärung zur Hauptfeststellung des Einheitswertes" und im Sinne ihrer eigenen Erklärung in der Fragestunde vom 10. November 1966 nicht für geboten, die Frist zur Abgabe der Erklärung generell hinauszuschieben, bis neue vereinfachte Formulare den Steuerpflichtigen zugeschickt worden sind?
Bitte, Herr Bundesminister!
Die Bundesregierung hat bereits begonnen, sich bei den Ländern für eine Verlängerung der Frist zur Abgabe der Erklärungen für die Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundvermögens einzusetzen. Die Frage der Fristverlängerung hängt aber eng mit einer anderen Frage zusammen, nämlich mit der Frage, ob und welche Erleichterungen den Grundstückseigentümern bei der Ausfüllung der Erklärungsvordrucke gewährt werden können. Beide Fragen Iassen sich nur zusammen mit den Ländern, die für die Durchführung der Einheitsbewertung zuständig sind, regeln. Diese Fragen sollen nach übereinstimmender Auffassung der Leiter der Steuerabteilungen der Finanzminister bzw. Finanzsenatoren der Länder, mit denen die Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums die Fragen vorbesprochen hat, auf der nächsten Konferenz der Länderfinanzminister in der Woche vom 12. bis zum 17. Dezember 1966 behandelt werden. Ich darf Sie bitten, das Ergebnis der Besprechung abzuwarten.
Der Standpunkt des Bundesfinanzministeriums kann in zwei Punkten zusammengefaßt werden: 1. Vereinfachung des Fragebogens, 2. Verlängerung der Frist.
Frau Funcke zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, wann wird der Steuerpflichtige über die Fristen informiert werden?
Das Bundesfinanzministerium ist darauf angewiesen, mit den Länderfinanzministerien zusammen zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Es kann allein nicht entscheiden, weil sowohl der Inhalt des Fragebogens wie auch die Termine mit den Länderfinanzministerien abgestimmt worden sind. Ein einseitiges Vorgehen des Bundesfinanzministeriums würde die bisher gute Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Ebenen ohne Zweifel beeinträchtigen. Ich werde mich aber dafür einsetzen, daß sofort nach dem Abschluß der Länderfinanzministerkonferenz die Steuerpflichtigen, notfalls auf dem Wege der Veröffentlichung über Rundfunk und Presse, von dem Ergebnis und den möglichen Verlängerungen verständigt werden.
Herr Strohmayr zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesfinanzminister, ist Ihnen bekannt, daß beispielsweise von Baugenossenschaften bei einem Wohnblock nicht nur e i n Fragebogen abgegeben werden muß, sondern für jedes einzelne Haus einer? Obwohl also der Block eine wirtschaftliche Einheit ist, müssen die Fragen für jeden einzelnen Aufgang besonders beantwortet werden.
Das ist mir bekannt. Das entspricht aber der Systematik der Überlegungen, nach denen dieser Fragebogen ausgearbeitet worden ist.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesfinanzminister, sind Sie bereit, auch insoweit vorstellig zu werden, damit dieser Unsinn in irgendeiner Form abgemildert wird?
Ja.
3560 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, könnte man nicht in Zukunft Vorsorge treffen, daß solche Fragebogen überhaupt nicht erst gedruckt und an die Bevölkerung ausgegeben werden?
Peccatur intra muros et extra! Die Perfektion des Gesetzgebers entspricht dem gesteigerten Perfektionsbedürfnis desjenigen, der diese Gesetzgebung mit einem Maximum oder Optimum an Gerechtigkeit in die Wirklichkeit umzusetzen sich bemüht.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Bundesfinanzminister, ist Ihnen die Ankündigung des Bundes der Steuerzahler bekannt, wegen der Strafandrohung für Nichtbeantwortung aller Fragen in diesem Fragebogen einen Musterprozeß anzustrengen?
Mir ist in der Zeit, als ich noch nicht das Vergnügen hatte, hier zu sprechen, die gleiche Zuschrift zugegangen wie Ihnen, Herr Kollege. Ich hoffe, durch die Neugestaltung des Fragebogens die Voraussetzungen für die Durchführbarkeit eines Musterprozesses zu beheben.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage VII/7 des Abgeordneten Peters auf:
Welche Konsequenzen beabsichtigt die Bundesregierung aus dem Mißverhältnis zu ziehen, das darauf beruht, daß die Mineralölabgaben auf Dieselkraftstoff in der Bundesrepublik z. Z. noch rund 30 Pfennig pro Liter betragen, während in den Niederlanden und in Luxemburg diese Abgaben nur 2,4 und in Belgien 3,4 Pfennig pro Liter ausmachen?
Ist Herr Peters im Raum? — Wird die Frage übernommen? — Sie wird von Dr. Rutschke übernommen. Ich bitte um Beantwortung, Herr Bundesminister.
Es trifft zwar zu, daß der Dieselkraftstoff bei uns wesentlich höher belastet ist als in den Beneluxländern. Dafür ist aber dort die Kraftfahrzeugsteuer auf Dieselfahrzeuge höher als bei uns, so daß sich in der Gesamtbelastung ein gewisser Ausgleich ergibt; ich unterstreiche, ein gewisser. Die Unterschiede sind durch die verschiedenen finanziellen Bedürfnisse und die Unterschiedlichkeit der Steuersysteme der einzelnen Länder entstanden. Man wird sich bis auf weiteres mit ihnen abfinden müssen.
Wie Sie wissen, laufen im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Arbeiten mit dem Ziel, eine Harmonisierung nicht nur der Ertragsteuern, sondern auch eine Harmonisierung der Verbrauchsteuern und damit auch der Mineralölsteuer herbeizuführen. Die Bundesregierung arbeitet daran seit geraumer Zeit mit. Weitere Konsequenzen kann die Bundesregierung gegenwärtig noch nicht ziehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Rutschke.
Herr Bundesminister, könnten Sie die Formulierung „gewisse Differenzierung" vielleicht in Zahlen ausdrücken? An sich würde es für das Bundesfinanzministerium durchaus möglich sein, dies in Zahlen auszudrücken.
Ich vermag Ihnen hier mit der Präzision, mit der diese Frage beantwortet werden muß, die Antwort immediat nicht zu geben. Ich bin aber bereit, Ihnen eine schriftliche Antwort darüber zukommen zu lassen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Dr. Rutschke.
Herr Bundesminister, darf ich vielleicht bitten, es wenigstens prozentual anzugeben?
Dann muß ich jetzt eine wesentlich längere Antwort geben, Herr Kollege.
Die Unterschiede beruhen darauf, daß die finanziellen Bedürfnisse und die Steuersysteme in den einzelnen Ländern verschieden sind. So ist zwar in den Benelux-Ländern die Mineralölsteuer auf Dieselkraftstoff weitaus niedriger als bei uns. Dafür aber unterliegen Dieselfahrzeuge einem Zuschlag bei der Kraftfahrzeugsteuer, der für diese Fahrzeuge dann höher als bei uns ist. Mit diesem Sachverhalt wird man sich bis auf weiteres abfinden müssen.
Die Belastungsunterschiede beim Dieselkraftstoff können in einigen Fällen zu Nachteilen für die deutsche Wirtschaft führen. So sind z. B. die deutschen Seehäfen gegenüber den Rhein- und Scheldemündungshäfen in gewissem Umfang benachteiligt, weil im Verkehr mit den letzteren in Zu- und Abfahrt immer ein Teil der Strecke, der im Ausland liegende, mit dem billigeren belgischen oder niederländischen Dieselkraftstoff befahren werden kann. Die Kraftstoff-Freimenge im grenzüberschreitenden Verkehr — zur Zeit bei Lastkraftwagen mit einer Nutzlast bis zu 5 t 70 1, darüber 100 1 — gestattet es darüber hinaus sogar noch, einen Tell der Inlandstrecke mit dem billigeren Auslandsdieselkraftstoff zurückzulegen. Die Freimengen sind auch geeignet, im Güterverkehrsgewerbe den Wettbewerb zwischen Unternehmen mit reinem Inlandsverkehr und solchen mit grenzüberschreitendem plus Inlandsverkehr zu ver-
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Bundesminister Dr. h. c. Strauß
zerren; denn sie gestatten es den letzteren, gewisse Inlandstrecken mit billigerem Auslandskraftstoff zu befahren.
Wegen der Nachteile für die deutschen Seehäfen schweben Verhandlungen mit den Küstenländern. Es wird geprüft, ob sie so schwer wiegen, daß eine Abhilfe zwingend notwendig erscheint, und wie sie gegebenenfalls geleistet werden soll. Der Erhöhung der Freimengen im grenzüberschreitenden Verkehr, die die Kommission der EWG vorgeschlagen hat, sollte nach der übereinstimmenden Auffassung, die die Bundesregierung vertritt — Verkehrs- und Finanzministerium zusammen —, nicht zugestimmt werden, weil sie die Nachteile nur noch vergrößern würde. Nach Auffassung der Bundesregierung sollte auf eine Harmonisierung der Mineralölsteuer hingearbeitet werden. Es ist aber nicht daran zu denken, daß etwa die Bundesrepublik unabhängig von der Harmonisierung im gesamten EWG-Raum einseitig die Belastung des Dieselkraftstoffes auf die Höhe der Belastung in den Benelux-Ländern senken könnte. Das würde eine Senkung — und damit komme ich zu der Schlußfolgerung — auf etwa ein Zehntel der geltenden Belastung bedeuten. Sie hätte nach dem für 1966 zu erwartenden Verbrauch einen Einnahmeausfall von rund 2,25 Milliarden DM zur Folge, der nicht zu verkraften wäre.
Es ist im Rahmen einer Fragestunde nicht möglich, darauf zu antworten, wie sich das für den einzelnen Fuhrunternehmer oder für einzelne Gewerbezweige prozentual auswirkt. Dafür bedürfte es dann einer Art Enquete oder zumindest einer Umfrage, die einen halbwegs zuverlässigen Querschnitt liefert.
Herr Abgeordneter Ramms eine erste Zusatzfrage.
Ist Ihnen bekannt, daß bei Dieselkraftfahrzeugen die steuerliche Mehrbelastung durch die Kraftfahrzeugsteuer in Holland nur für Personenwagen und nicht für Güterkraftverkehr zutrifft?
Das ist bekannt. Daher der Satz, daß in Holland die Belastung zum Teil nur ein Zehntel ausmacht, wie ich eben vorgelesen habe. Eine Senkung der deutschen Mineralölsteuer für Dieselkraftstoff auf die Sätze der Niederlande würde bedeuten, daß 90% der bisherigen Steuerbelastung einschlägiger Art wegfällt und damit ein Haushaltsausfall von rund 2,25 Milliarden DM eintritt.
Herr Minister, ist Ihnen aufgefallen, daß die erste Antwort, die Sie gegeben haben, nicht mehr mit der letzten übereinstimmt, weil Sie bei Ihrer ersten Antwort nur von gewissen Ausfällen gesprochen haben?
Ich bin hier nicht in der Lage, die Problematik aufzugreifen, die dann entsteht, wenn Dieselkraftstoff zu zwei verschiedenen Preisen verkauft würde,
Dieselkraftstoff für Personenkraftwagen mit einem höheren Preis und Dieselkraftstoff für Nutzfahrzeuge mit einem entsprechend niedrigeren Preis. Dann müßte unter Umständen ein Ausgleich innerhalb der beiden Dieselkraftstoffarten erfolgen. Welcher Preis dann für Diesel für Pkw und welcher Preis für Dieselkraftstoff für Nutzkraftfahrzeuge herauskäme, läßt sich auch nur an Hand einer genauen Untersuchung beantworten.
Ich rufe die Fragen VII/8, VII/9 und VII/10 des Abgeordneten Dorn auf:
Hält die Bundesregierung nach wie vor an dem Kabinettsbeschluß vom 30. Juni 1965 über die Finanzierung der Bundesbahntieflegung im Stadtgebiet von Bonn fest?
In welchem Zeitraum ist für die in Frage VII/8 erwähnte Maßnahme mit Aufwendungen aus. dem Bundeshaushalt zu rechnen?
In welcher Höhe ist für die in Frage VII/8 erwähnte Maßnahme mit Aufwendungen aus dem Bundeshaushalt zu rechnen?
Es sind drei Fragen, Herr Bundesminister. Ich weiß nicht, ob sie Sie gemeinsam beantworten wollen. Ist Herr Abgeordneter Dorn einverstanden? — Dann könnten alle drei gemeinsam beantwortet werden, Herr Bundesminister. Ich bitte den Herrn Bundesminister um Beantwortung.
Auf Grund eines Kabinettsbeschlusses vom 30. Juni 1965 hatte die Bundesregierung der Stadt Bonn zugesagt, sich an der Behebung der Verkehrssschwierigkeiten innerhalb des Gebietes der Stadt Bonn finanziell zu beteiligen. Sie hat sich deshalb bereit erklärt, sich dafür einzusetzen, daß der Bund Zuschüsse leistet, begrenzt durch die Kosten, die durch die Veränderung der Fernstrecke der Deutschen Bundesbahn notwendigerweise entstehen. Die Kosten der Anlagen des Nahverkehrs und der von der Stadt Bonn geplanten Stadtschnellstraße waren dabei ausgeklammert. Für die Stadtschnellstraße wurde eine Beteiligung des Bundes jedoch im Rahmen der für solche Vorhaben allgemein geltenden Zuschuß-Richtlinien in Aussicht gestellt. Es wurde außerdem der Vorbehalt gemacht, daß die Planung der Stadt Bonn mit der Verkehrsplanung des Landes Nordrhein-Westfalen für das Gebiet zwischen Köln und Remagen übereinstimmt und daß die Stadt Bonn die Gesamtfinanzierung durch sich selbst oder durch Dritte nachweist.
Die Stadt Bonn hat in der Zwischenzeit dem Bundesfinanzministerium mitgeteilt, das Land habe seine Bereitschaft erklärt, auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses der Bundesregierung zusammen mit der Stadt Bonn das Gesamtprojekt zu fördern und durchzuführen. Eine Mitteilung der Stadt über die Gesamtfinanzierung des Bauvorhabens liegt mir noch nicht vor.
Angesichts der schwierigen Haushaltslage des Bundes wird es notwendig sein, daß die Bundesregierung im Benehmen mit der Stadt Bonn den Beschluß vom 30. Juni 1965 überprüft. Ich bitte um Verständnis dafür, daß dies in der Kürze der bisher zur Verfügung stehenden Zeit noch nicht geschehen konnte. Die Bundesregierung wird dem Hohen
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Bundesminister Dr. h. c. Strauß
Hause zu gegebener Zeit über das Ergebnis dieser Untersuchung berichten.
Ich würde jedoch diese Frage nicht auchreichend beantworten, wenn ich nicht hinzufügte, daß bis jetzt in der mittelfristigen Finanzplanung für dieses Projekt keine Mittel veranschlagt sind. Damit bin ich im gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht in der Lage, eine Stellungnahme dazu abzugeben, in welchem Zeitraum und in welcher Höhe der Bundeshaushalt belastet werden wird. Ich könnte diese Frage aber auch nach den bisherigen Vereinbarungen mit der Stadt Bonn nicht beantworten, weil die gemeinen Kosten für das gesamte Vorhaben, das sich nicht nur auf das Stadtgebiet beschränkt, noch nicht ermittelt worden sind. In dem Schreiben des Herrn Bundesverkehrsministers vom 4. September 1965 an die Stadt Bonn sind die Beteiligung des Bundes der Höhe nach sowie weitere Einzelheiten für weitere Verhandlungen mit der Stadt Bonn vorbehalten worden.
Erste Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich aus dieser Antwort schließen, daß die Stadt Bonn bis zum jetzigen Zeitpunkt der Bundesregierung über das Planungsvorhaben und Finanzierungsvorhaben keine genauen Unterlagen eingereicht hat?
Bisher -sind die gemeinen Kosten für das Gesamtvorhaben, das sich ja nicht nur auf das Stadtgebiet beschränkt, noch nicht ermittelt. Vor Ermittlung und Vorlage der gemeinen Kosten ist eine endgültige Stellungnahme des Verkehrs- und Finanzministeriums nicht möglich. Erst nach Vorlage der Gemeinkosten können die Verhandlungen mit der Stadt Bonn fortgesetzt werden.
Zweite Zusatzfrage.
Dorn {FDP) : Herr Minister, ist es richtig — wenn ich Ihre Ausführungen so werte —, daß Sie sagten: Im Rahmen der mittelfristigen Planung sind dafür noch keine Mittel vorgesehen? Können Sie mir sagen, für wie viele Jahre die mittelfristige Planung der Bundesregierung dann diese Mittel blockieren würde?
Ich habe ausdrücklich gesagt, daß bis jetzt in der mittelfristigen Finanzplanung keine Mittel vorliegen. Die mittelfristige Finanzplanung reicht bis einschließlich des Jahres 1970. Ich verrate aber kein Geheimnis, wenn ich sage, daß Korrekturen hinsichtlich Einsparung einerseits und Einnahmevermehrung andererseits im Haushaltsjahr 1967 unvermeidlich sind. Diese Korrekturen dienen auch dem Zwecke, Investitionen zusätzlicher Art finanzieren zu können. Darum habe ich den Ausdruck „bis jetzt" gebraucht, weil ich damit offenlassen will, ob bei einer Korrektur der mittelfristigen Finanzplanung,
die allerdings nur durch schwerwiegende Beschlüsse dieses Hauses im nächsten Jahre möglich sein wird, zusätzliche Mittel für die Finanzierung oder Mitfinanzierung auch dieses Projektes gewonnen werden können.
Dritte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dorn.
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, wenn die Stadt Bonn in Kürze die notwendigen Unterlagen für die Planung und die Finanzierung dieses Gesamtvorhabens vorlegen wird, zu überprüfen, ob nicht doch im Rahmen der mittelfristigen Planung die dringend notwendigen Maßnahmen finanziert werden können?
Die Bundesregierung ist verpflichtet, vertreten durch Finanz- und Verkehrsministerium, dann in weitere Verhandlungen mit der Stadt Bonn einzutreten. Die Bundesregierung kann ihre Bereitschaft zur Aufnahme dieses Projekts in den Gesamtbereich der mittelfristigen Finanzplanung nur dann zuverlässig bekunden, wenn ihre Vorschläge für das Jahr 1967. von diesem Hause ohne Veränderung des vorgeschlagenen Volumens der finanziellen Auswirkungen angenommen werden.
Herr Abgeordneter Seebohm zu einer ersten Zusatzfrage.
Herr Minister, in der mittelfristigen Finanzplanung sind Mittel zur Rationalisierung der Bundesbahn in den nächsten drei Jahren enthalten. Ich frage: Sind diese Mittel gegebenenfalls auch für die Bonner Angelegenheiten verwendbar?
Im ersten Teil meiner Antwort habe ich gesagt, die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, sich dafür einzusetzen, daß der Bund Zuschüsse leistet, weil ihr die verkehrstechnischen Schwierigkeiten der Stadt Bonn bekannt sind. Aber der mögliche Zuschuß des Bundes wird begrenzt sein durch die Kosten, die durch Veränderung der Fernstrecke der Deutschen Bundesbahn notwendigerweise entstehen.
Herr Minister, das ist nicht eine Antwort auf meine Frage. Ich habe gefragt, ob aus den Mitteln, die der Bundesbahn nach der mittelfristigen Planung in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen werden, nach Ihrer Meinung Mittel für die Verlegung der Bundesbahnstrecke in Bonn abgezweigt werden können oder nicht.
Ich bitte, diese Frage dem Herrn Bundesminister für Verkehr zu stellen, der die Bundesbahn zuständigerweise vertritt.
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Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.
Meinen Sie, Herr Finanzminister, daß es dem Herrn Kollegen Seebohm vielleicht möglich gewesen wäre, als Verkehrsminister bis vorgestern diese von ihm gestellte Frage vielleicht zu klären?
Das ist mehr eine Frage der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft als ein Thema der Fragestunde.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt .
Herr Minister, sind Sie bereit, zu überprüfen, ob die Umänderung der Bahnstrecke in Bonn unter Umständen auch wesentlich billiger hergestellt werden könnte, und zwar auf Grund vorliegender Vorschläge der Bundesbahn?
Mir sind die bautechnischen Einzelheiten naturgemäß nicht bekannt. Ich werde aber Ihre Anregung aufgreifen und die Vorschläge der Bundesbahn zwecks Verbilligung des Projekts prüfen lassen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe dann als letzte Frage der Fragestunde die Frage auf Drucksache V/1190 des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen auf:
Ist der Bundesfinanzminister bereit, für den Bau der neuen Wasserversorgungsleitung für die Gemeinde Nordenstadt im Rahmen des Wasserversorgungsverbandes Main-Taunus in angemessener Form Abschlagszahlungen zu leisten, bis die endgültige Entscheidung erfolgt?
Sie betrifft den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Bitte, Herr Minister!
Bereits am 5. Juli 1966 hatte sich das Bundesministerium der Finanzen bereit erklärt, der Gemeinde Nordenstadt eine Bundesfinanzhilfe in bestimmter Höhe zu gewähren. Nach Erteilung des Bescheides hat das Land Hessen neues Zahlenmaterial über den Wasserbedarf der Gemeinde und über die Höhe der ihr entstehenden Anschlußkosten vorgelegt. Die baufachliche Stellungnahme des Bundesschatzministeriums ist am 7. Dezember dem Finanzministerium zugegangen. Da nunmehr eine abschließende Entscheidung in Bälde ergehen kann, braucht eine Abschlagzahlung nicht in Betracht gezogen zu werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Minister, darf ich annehmen, daß Sie unter „in Bälde" die nächsten vier bis sechs Wochen verstehen, weil sich die Gemeinde wirklich in einer schwierigen Lage befindet?
Ja.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke dem Herrn Bundesminister der Finanzen.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde.
Ich komme zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung der Sammelübersicht 12 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
— Drucksache V/1185 —
Der Antrag liegt dem Hohen Hause vor. Wer dem
Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, um das . Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält
sich? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 3 auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Überleitung der Haushaltswirtschaft des Bundes in eine mehrjährige Finanzplanung
— Drucksache V/1067 —
Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses
— Drucksache V/1203 —
Berichterstatter: Abgeordnete Windelen, Jürgensen, Dr. Emde
b) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Überleitung der Haushaltswirtschaft des Bundes in eine mehrjährige Finanzplanung
— Drucksachen V/1068, V/1096 —
aa) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1205 — Berichterstatter: Abgeordneter Bremer
bb) Erster Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses
— Drucksachen V/1187, zu V/1187 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Stecker
c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rech-
3564 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Vizepräsident Frau Dr. Probst
nungsjahr 1966
— Drucksache V/1110 —
Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses
— Drucksache V/1204 —
Berichterstatter: Abgeordneter Leicht
Ich frage zunächst: Wird von den Herren Berichterstattern das Wort gewünscht? — Das ist offenbar nicht der Fall. Dann kommen wir zur Aussprache.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen verbundene Aussprache über die aufgerufenen Tagesordnungspunkte 3 a), b) und c) vor. Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? — Gemeldet hat sich Herr Dr. Starke. Herr Dr. Starke hat das Wort. — Ist Herr Dr. Starke im Raum? — Herr Dr. Starke ist nicht im Raum. Dann hat Herr Regling von der SPD das Wort. — Ist auch Herr Regling nicht im Saal? — Dann möchte ich bitten, daß die beiden Herren sofort verständigt werden. Das ist eine Frage der Courtoisie-
— Gut, wenn das Hohe Haus wünscht, daß wir darüber zur Tagesordnung übergehen, schließe ich damit die Aussprache.
Ich rufe jetzt zur Einzelberatung auf, und zwar zunächst den Entwurf des Finanzplanungsgesetzes, Drucksache V/1067. Der Antrag des Ausschusses liegt Ihnen vor.
Ich stelle zunächst Art. 1 zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Bei einer Enthaltung angenommen.
Ich rufe auf Art. 2. Das Wort hat Herr Berberich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Sitzungsvorstand liegt ein gemeinsamer Antrag der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion zur Änderung des Art. 2 vor. Diese Vorlage wird zur Zeit noch vervielfältigt und verteilt. Da sie den Damen und Herren noch nicht im Wortlaut vorliegt, darf ich sie mit der Genehmigung der Frau Präsidentin verlesen und sie dann begründen. Die Vorlage lautet wie folgt:
Änderungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einer Ersten Gesetzes zur Überleitung der Haushaltswirtschaft
des Bundes in eine mehrjährige Finanzplanung
— Drucksachen V/1067, V/1203 —
Der Bundestag wolle beschließen: Artikel 2 erhält folgende Fassung:
,Artikel 2
Das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte in der Fassung vom 14. September 1965 wird wie folgt geändert:
In § 12 Abs. 2 Satz 2 werden die Worte „16 Deutsche Mark" ersetzt durch die Worte „20 Deutsche Mark".
Meine Damen Fund Herren, dieser gemeinsame Antrag beider Fraktionen sieht in Änderung der Regierungsvorlage und der Vorlage des Haushaltsausschusses vor, daß zunächst nicht prinzipiell das Altershilfegesetz geändert wird, sondern daß das, was vorrangig notwendig ist, nämlich die Erhöhung des Beitrags, heute beschlossen wird, um mit den als Zuschuß des Bundes zur Verfügung stehenden 535 Millionen DM auszukommen. Dabei sind sich die Antragsteller durchaus darüber im klaren, daß im Laufe des nächsten Jahres einige Änderungen des Altershilfegesetzes für Landwirte notwendig sind; diese können dann aber im Sozialpolitischen Ausschuß mit der nötigen Gründlichkeit beraten werden. Sie konnten in der Hetze der Beratung des Finanzplanungsgesetzes nicht so beraten werden, wie das notwendig ist, damit das Altershilfegesetz für Landwirte praktikabel bleibt.
Wir sehen die Sache nicht so, daß der Bund mit seinem Zuschuß alle Erhöhungen, die sich bei der Altershilfe ergeben haben, allein tragen soll. Wir sehen aber im gegenwärtigen Moment auch keine Möglichkeit, von der bisherigen Defizithaftung des Bundes nun plötzlich zu der Regelung überzugehen, daß die Selbstverwaltung die gesamte Verantwortung für die Finanzgestaltung übernimmt. Weil beide Fraktionen die Sache so sehen, haben sie sich entschlossen, nur § 12 zu ändern.
Es ist mir bekannt, daß sich ein Teil der Öffentlichkeit und auch verschiedene Kollegen im Plenum des Bundestages an den Formulierungen der §§ 6, 7 und 9 hinsichtlich der Rehabilitation und der weiterführenden Maßnahmen stoßen. Meine Damen und Herren, das sind Fragen, die einer gründlichen Diskussion bedürfen, die dann auch in dem zuständigen Fachausschuß von uns durchgeführt werden wird.
Für heute darf ich Sie darum bitten, diesem Änderungsantrag zuzustimmen und den in ihm vorgesehenen Text an die Stelle der in Art. 2 enthaltenen Formulierung zu setzen.
Jetzt hat sich Herr Reichmann gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Auftrage der Freien Demokraten darf ich zu unserem Antrag
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Reichmann
Umdruck 108 *) zur landwirtschaftlichen Altersversorgung und zum Finanzplanungsgesetz, daß die Zuschüsse des Bundes auf jährlich 535 Millionen DM in Zukunft nicht begrenzt werden, wie folgt Stellung nehmen.
Nach Auffassung der Freien Demokraten kann diese Begrenzung so lange nicht isoliert betrachtet werden, als in anderen Bereichen — also der knappschaftlichen Rentenversicherung, der Arbeiterrentenversicherung und der Angestelltenversicherung — die Altersvorsorge nicht auf dem augenblicklichen Zustand gehalten, sondern auf dem Wege über eine Defizithaftung dynamisch wachsend gewährt wird. Die landwirtschaftliche Altershilfe ist in ihrem Ausgangspunkt und nach der bisherigen Entwicklung auf agrarstrukturelle und agrarsoziale Ziele ausgerichtet. Wir sind uns in dieser Auffassung mit allen Fraktionen dieses Hohen Hauses einig. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den im Sozialpolitischen Ausschuß vorgelegten Entschließungsantrag der Koalitionsparteien zur landwirtschaftlichen Altersvorsorge. Darüber hinaus müssen auch die Schwierigkeiten im Hinblick auf die Entwicklung in der EWG in Richtung der Partnerländer auf das agrarsoziale Leistungssystem für die Landwirtschaft gesehen werden, besonders im Hinblick auf die Entwicklung in Frankreich. Über die französische Sozialpolitik für die Landwirtschaft werden direkt agrarsoziale Wettbewerbsverzerrungen herbeigeführt, die sich bei sonst gleichen Voraussetzungen und Leistungen für die deutsche Landwirtschaft sehr nachteilig auswirken müßten. Wir müssen deutlich erkennen, daß das Maß der sozialen Leistungen indirekt Auswirkungen auf das Kosten- und damit das Preisgefüge der deutschen Landwirtschaft hat.
Die Gesamtsituation in der Landwirtschaft muß also unter Einbeziehung der sozialen Leistungen gesehen werden. Ein Vergleich macht das deutlich: Die Sozialhilfen für eine Vollarbeitskraft in der Landwirtschaft betragen in Frankreich 2954 DM, dagegen in der Bundesrepublik nur 1266 DM, also weniger als die Hälfte.
In der Bundesrepublik haben wir es in der Landwirtschaft ähnlich wie im Bergbau mit einem Sektor zu tun, der sich in einem starken Umstrukturierungsprozeß befindet. Für den Bergbau hat die Bundesrepublik nach dem geltenden Recht ebenso wie für die Landwirtschaft die volle Defizithaftung übernommen.
Nach den Beschlüssen in den Ausschüssen sollen die Beträge zur landwirtschaftlichen Altersversicherung um 25% erhöht werden. Der vorliegende Entwurf eines Dritten Rentenversicherungsänderungsgesetzes sieht keine Änderung der Defizithaftung für den Bergbau und auch keine Änderung in der Beitragsleistung vor. Sicherlich sind die beiden Institutionen im Detail nicht voll vergleichbar; Brot ist und bleibt jedoch immer noch lebensnotwendiger als Kohle. Aber wir müssen die Ausgangssituation der beiden Sektoren in der Betrachtung berücksichtigen: rückläufige Beitragszahlung, wachsende Zahlungen an die Anspruchsberechtigten.
*) Siehe Anlage 3
Der Ausschuß für Sozialpolitik beantragt, die Bundesregierung aufzufordern, Vorschläge dafür vorzubereiten, wie Beitragsleistungen der landwirtschaftlichen Unternehmer und Zuschuß des Bundes in ein ausgewogenes, dem Gedanken der Selbsthilfe und der Gemeinschaftshilfe Rechnung tragendes, dauerhaftes Verhältnis zueinander gebracht werden können.
Was dem einen aber recht ist, ist dem anderen billig. Dieser Auftrag kann angesichts der derzeitigen Struktur und Situation und im Hinblick auf die künftge Entwicklung nicht nur für einen Teilbereich gelten; denn wenn Normen irgendwelcher Art aufgestellt werden, so haben sie für alle zu gelten. Er muß in der vorliegenden Form von der Landwirtschaft als eine nur schlecht verbrämte Aufforderung zu weiteren Beitragserhöhungen nach der uns bekannten Beschlußfassung aufgefaßt werden. Aber gerade wenn Zweifel bestehen, daß hier kein ausgewogenes Verhältnis von Selbsthilfe und Gemeinschaftshilfe vorhanden ist, halten wir es für falsch, in einer einseitigen Vorweglösung für nur einen Teilbereich der sozialen Sicherung Entscheidungen zu treffen, insbesondere dann, wenn sie nur einseitige Beitragserhöhungen beinhalten.
Wir Freien Demokraten verschließen nicht die Augen vor den Konsequenzen, die sich aus den wachsenden Belastungen ergeben. Wir haben daher der Beitragserhöhung unter der Prämisse zugestimmt, daß die Defizithaftung wie im Bergbau erhalten bleibt. Dem Beschluß des Haushaltsausschusses können wir, wenn er von der Fraktion der CDU/CSU und SPD übernommen werden sollte, nicht zustimmen.
Zur Verdeutlichung der Situation darf ich auf die Entwicklung der Bundeszuschüsse in den einzelnen Versicherungsbereichen verweisen. Die Zahlen sind in der knappschaftlichen Versicherung seit 1957 von 519 auf 2445 Millionen DM, in der Angestelltenversicherung von 682 Millionen DM auf 1167 Millionen DM und in der Arbeiterrentenversicherung sogar von 2728 Millionen DM auf 5187 Millionen DM gestiegen. Dem steht eine Entwicklung in der landwirtschaftlichen Altersversorgung von 67 Millionen DM im Jahre 1961 auf 535 Millionen DM im Jahre 1964 gegenüber.
Unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Charakters und der zum Teil differenzierten Zielsetzung erscheint es uns nicht gerechtfertigt, einseitig in diesem Sektor einschränkende Maßnahmen vorzunehmen.
Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Büttner?
Bitte schön.
Herr Kollege Reichmann, ist Ihnen, wenn Sie dauernd von der knappschaftlichen Rentenversicherung reden, denn klar, daß für die Bergleute allein zur Rentenversicherung ein Beitrag von 23,5 % gezahlt wird, und würden Sie dem ein-
3566 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Büttner
mal die Beiträge zur landwirtschaftlichen Rentenversicherung gegenüberstellen?
Das mag zutreffen. Aber die Unterschiede sind doch derart groß, daß ein grundsätzlicher Vergleich, wie ich ihn mit meinen Zahlen gebracht habe, absolut gerechtfertigt ist. Ich habe dargelegt, wie wir die Situation betrachten und weshalb wir unseren Antrag eingebracht haben.
Wir werden dem Antrag auf Beseitigung der Defizithaftung nicht zustimmen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Frehsee?
Bitte schön.
Ich wollte den Herrn Kollegen Reichmann fragen, ob er nicht gehört hat, daß der Kollege Berberich im Namen der Koalition einen Antrag vorgelegt hat, der diese Ausführungen erübrigt.
Ich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwesend.
Nunmehr hat Herr Frehsee das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe soeben schon in die Form einer Frage gekleidet zum Ausdruck gebracht, daß die Ausführungen, die der verehrte Herr Kollege Reichmann hier gemacht hat, überholt sind, nachdem der Kollege Berberich im Namen der Koalition einen Antrag vorgelegt hat, nicht so zu verfahren, wie die Regierung in Art. 2 vorgeschlagen hat, sondern den Beitrag zur landwirtschaftlichen Alterskasse von 16 auf 20 DM zu erhöhen und es im übrigen bei der Konstruktion der landwirtschaftlichen Altershilfe zu belassen. Das ist also das, was Sie in langen und beredten Ausführungen hier gefordert haben, Herr Kollege Reichmann, die dann nicht mehr erforderlich waren.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rutschke.
Bitte!
Herr Kollege, sind Sie nicht der Meinung, daß, wenn die Koalition einen Antrag, die Regierungsvorlage zu ändern, vorgelegt hat, wir als Opposition das gleiche Recht haben, einen derartigen Antrag vorzutragen?
Sicherlich, Herr Kollege Dr. Rutschke, haben Sie das Recht. Ich beziehe mich
auf die Begründung und die prinzipiellen Ausführungen, die davon ausgingen, daß ein solcher Antrag noch nicht gestellt und dieser Antrag noch nicht begründet worden war. Er war aber, bevor der Kollege Reichmann das Wort genommen hat, bereits begründet.
— Bitte schön, Herr Kollege Reichmann!
Herr Abgeordneter Reichmann zu einer Zwischenfrage.
Herr Kollege Frehsee, ich war noch mit der Ausarbeitung meiner Ausführungen beschäftigt. Der Antrag der Koalition liegt nicht vor.
Wir gingen von den Beschlüssen aus, die die Koalitionsparteien gestern abend im Haushaltsausschuß gefaßt haben, und waren über die so schnelle Änderung jener Entscheidung sehr überrascht.
Dieser Ausgangspunkt war unzutreffend. Heute morgen hat sich eine ganze Menge in Abänderung dessen getan,
was gestern vom Haushaltsausschuß beschlossen worden ist. Das Ergebnis der Beratungen in den Fraktionsvorständen und in den Fraktionen heute morgen ist hier in Form eines Antrages der Koalitionsparteien vorgelegt und von dem Kollegen Berberich begründet worden. — Bitte schön, Herr Kollege Mertes!
Herr Kollege Frehsee, sind Sie wirklich sicher, daß Ihr Antrag bereits vorliegt und
— sollte das wider Erwarten der Fall sein — daß dieser Antrag bis zu den Abstimmungen nicht wieder geändert wird?
Ich darf vielleicht den Dialog richtig beenden, indem ich sage: der Antrag liegt bereits auf Umdruck 108*) vor.
— Auf. Umdruck 116 **). Das war ein Irrtum von mir.
Meine Damen und Herren, ich schließe mich also der Begründung des Kollegen Berberich zu diesem Antrag auf Umdruck 116 für die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei vollinhaltlich an.
*) Siehe Anlage 3 **) Siehe Anlage 2
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3567
Frehsee
Auch wir sind der Meinung — wir haben diesen Antrag ja mit unterschrieben —, daß man im Augenblick nicht so verfahren kann, wie die Regierung vorgeschlagen hat, sondern daß man es bei der Konstruktion der landwirtschaftlichen Altershilfe zunächst belassen muß.
Übrigens, Herr Kollege Reichmann, über Ihre prinzipiellen Ausführungen haben wir uns gefreut. Wir stimmen diesen prinzipiellen Ausführungen durchaus zu.
Solche prinzipiellen Ausführungen zu dem Rang der landwirtschaftlichen Sozialpolitik sind von der Fraktion der Freien Demokratischen Partei hier nicht immer gehalten worden.
Wir behandeln das Finanzplanungsgesetz. Sinn dieses Finanzplanungsgesetzes ist es, einen Beitrag zur Sanierung des Haushalts, zur Verbesserung der Haushaltssituation zu liefern.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ertl?
Bitte schön, Herr Abgeordneter Ertl!
Herr -Kollege Frehsee, würden Sie mir dann jetzt bestätigen, daß Sie die Ausführungen des Kollegen Reichmann als sehr nützlich empfunden und sich dadurch schön widersprochen haben?
Ich habe doch gesagt, daß ich die prinzipiellen Ausführungen des Kollegen Reichmann sehr begrüße. Sie entsprechen den Ausführungen, die die Sozialdemokraten seit vielen Jahren machen, beispielsweise seit 1955, als wir das Landwirtschaftsgesetz hier beraten und beantragt haben, den Katalog der Mittel des § 1 um das Mittel der Sozialpolitik zu ergänzen. Damals haben Sie dagegen gestimmt, meine Herren von den Freien Demokraten. Es hat sich also ein gewisser Gesinnungswandel und eine Entwicklung vollzogen, die ich nur begrüßen kann und die auch meine politischen Freunde begrüßen.
Aber zurück zu dem Thema „Finanzplanungsgesetz" oder besser gesagt „Verbesserung der Haushaltssituation". Mehr liegt da leider noch nicht drin. Im Sinne dieser Bemühungen um die Verbesserung der Haushaltssituation müssen Sie den Antrag der Koalition sehen. Es ist also zunächst nicht das zu machen, was die Regierung in Art. 2 vorgeschlagen hat, sondern lediglich der Beitrag zur landwirtschaftlichen Altershilfe von 16 auf 20 DM zu erhöhen. Diesem Antrag der Koalition stimmen, wie wir wissen, die Selbstverwaltungsorgane der landwirtschaftlichen Altershilfe zu. Insofern würde ein entsprechender Beschluß des Bundestages völlig richtig liegen.
Was die Verbesserung der Haushaltssituation betrifft: dieser Beschluß wird den Haushalt mit keinem Pfennig belasten. Das ist wichtig. Von den
535 Millionen DM für die landwirtschaftliche Altershilfe, die im Haushaltsjahr 1966 .zur Verfügung gestanden haben, sind nur 505 Millionen DM verbraucht worden. Wenn also 535 Millionen DM im Haushaltsplanentwurf für 1967 stehen und eine Beitragserhöhung um 4 DM heute beschlossen werden wird, wird der Bundeshaushalt durch die landwirtschaftliche Altershilfe nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden, und das ist doch wohl entscheidend unter dem Leitaspekt dieses Finanzplanungsgesetzes, das zur Verbesserung der Haushaltssituation führen soll. Da muß ich allerdings sagen, Herr Kollege Reichmann: das, was hier heute von der Koalition vorgeschlagen wird, widerspricht der Regierungsvorlage, die vor einiger Zeit doch unter der Federführung Ihres Finanzministers Dr. Dahlgrün eingebracht worden ist.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Wir kommen damit zur Abstimmung über Art. 2. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Umdruck 116 *) vor. Sie haben den Antrag im Wortlaut vorliegen, danach soll Art. 2 folgende Fassung erhalten:
Das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte in der Fassung vom 14. September 1965 . . wird wie folgt geändert:
In § 12 Abs. 2 Satz 2 werden die Worte „16 Deutsche Mark" ersetzt durch die Worte „20 Deutsche Mark".
Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht — —
— Wir sind in der Abstimmung. Ich stelle den Antrag zur Abstimmung, meine Damen und Herren. Wer dafür ist, gebe das Handzeichen.
Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Das ist mit Mehrheit so beschlossen.
— Es entspricht der Usance dieses Hauses, daß in positiver Form abgestimmt wird.
Damit ist der Antrag Umdruck 108 **) der FDP auf Streichung des Art. 2 erledigt. — Art. 2 ist also in der Fassung des Änderungsantrages Umdruck 116 beschlossen.
Ich rufe nunmehr den Art. 3 der anstehenden Vorlage auf. Dazu liegt der Änderungsantrag Um- druck 109 ***) vor. Zu seiner Begründung hat der Herr Abgeordnete Gewandt das Wort.
*) Anlage 2 **) Anlage 3 ***) Anlage 4
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den Antrag auf Streichung des Art. 3 des zur Debatte stehenden Gesetzentwurfs begründen. Die Bundesregierung sieht in diesem Gesetz die Übertragung des Bundeszuschusses an die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften in einem neuen Gemeinlastverfahren auf die Berufsgenossenschaften der gewerblichen Wirtschaft vor. Dieses Verfahren ist systemwidrig. Dieses Verfahren widerspricht den Prinzipien der unternehmerischen Unfallhaftung durch die Gesamtheit der Betriebe eines Wirtschaftszweiges. Diese Regelung der Übertragung von Lasten, die sich aus dem Strukturwandel ergeben, auf die Berufsgenossenschaften anderer Wirtschaftszweige ist bereits einmal praktiziert worden, nämlich bei der Altlast des Bergbaues. Sie ist verfassungsrechtlich umstritten. Es ist ein Verfahren anhängig, und es ist mit großer Sicherheit damit zu rechnen, daß dieses Verfahren erfolgreich ausgeht und die Verfassungswidrigkeit festgestellt wird.
Zum anderen muß aber hier folgendes festgestellt werden. Die Übertragung dieser Lasten aus der Landwirtschaft auf die gewerbliche Wirtschaft würde in unerträglicher Weise das Verhältnis dieser Berufsgruppen untereinander belasten. Der rapide Strukturwandel in der Wirtschaft brachte es mit sich — und wird es weiter mit sich bringen —, daß wir das ganze Prinzip der Unfallgenossenschaften neu durchdenken müssen. Es gibt heute Berufsgenossenschaften, bei denen bereits über 40 % des Aufkommens für andere Berufszweige aufzubringen sind. Es ist ein Verfahren anzustreben, das die Vorteile der branchenbezogenen Unfallversicherung wahrt, aber auch den Erfordernissen des Strukturwandels gerecht wird.
Ich meine, daß fiskalische Gesichtspunkte nicht dafür angeführt werden dürfen, das System der Unfallversicherung zu ändern. Die Gliederung unserer Sozialpolitik muß logisch und systemgerecht bleiben.
Mit Recht ist die Frage nach der Deckung gestellt worden. In den Beratungen der verschiedensten Ausschüsse, insbesondere auch des Sozialpolitischen Ausschusses, sind eine Reihe von Deckungsvorschlägen gemacht worden. Wenn diese Deckungsvorschläge nicht auf Gegenliebe gestoßen sind, so glaube ich doch, daß bei der Beratung der Einzelpläne durchaus andere Deckungsvorschläge gefunden werden können. Ich möchte hier einige Hinweise darauf geben, welche zusätzlichen Deckungsmöglichkeiten sich bieten. Wir werden in Kürze damit rechnen müssen, daß das Organschaftsprivileg bei der Umsatzsteuer für verfassungswidrig erklärt wird. Es ist nicht einzusehen, daß wir das Eigenverbrauchsprivileg bei der Mineralölverarbeitung aufrechterhalten. Wenn es gestrichen würde, hätten wir mehr als die erforderliche Deckung.
Ich möchte abschließend aber ein Wort von grundsätzlicher Bedeutung sagen. In keinem Bereich der deutschen Wirtschaft hat es einen so rapiden Strukturwandel wie im deutschen Handwerk und im Einzelhandel gegeben; in keinem Bereich der Wirtschaft ist dieser Strukturwandel im Rahmen der Marktwirtschaft ohne Hilfe des Staates gelöst worden. Das ist eine sehr große Leistung, und ich meine, diese Leistung sollte man anerkennen und sollte nun nicht diesen Wirtschaftszweig, der aus eigener Kraft seine Strukturprobleme gelöst hat, mit den Strukturproblemen anderer belasten.
Ich glaube, es ist wichtig, daß wir die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit und eines reinen Systems aufrechterhalten. Ich bitte Sie im Interesse dieser Maximen, dem Antrag, den ich hier begründet habe, zu folgen und den Artikel 3 des Gesetzes zu streichen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Regling.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe den Umdruck 114 *) zu begründen, der mit den Umdrucken 108 und 109 gleichlautend ist. Ich möchte nicht wiederholen, was mein Vorredner gesagt hat, darf aber einiges hinzufügen. Die Überwälzung eines Betrages in Höhe von 140 Millionen DM auf die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Seeberufsgenossenschaft zur Entlastung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sollte so nicht erfolgen. Es sollte nicht übersehen werden, daß wir 1963 in diesem Hohen Hause das Unfallversicherungsneuregelungsgesetz verabschiedet haben. Damals wurde ausdrücklich die verstärkte Pflicht zur Unfallverhütung in das Gesetz aufgenommen. Weiter fanden die finanziellen Vorteile bzw. Nachteile bei der Unfallverhütung für die einzelnen Betriebe eine gesetzliche Regelung. Man wollte dem einzelnen Betrieb einen Anreiz geben, zur Senkung der Unfallquote beizutragen; daß gilt sowohl für den Unternehmer als auch für den Versicherten.
Weiter wurde die Beibehaltung der fachlichen Gliederung der Unfallversicherung ausdrücklich bestätigt und ein allgemeines Gemeinlastverfahren nicht vorgesehen, obwohl es zur Diskussion gestanden hatte. Sprecher aller Fraktionen betonten damals, daß damit die grundsätzliche Neuordnung abgeschlossen sein sollte.
Meine Damen und Herren, nicht ganz uninteressant sind auch die Belastungen; Herr Gewandt, mein Vorredner hat schon darauf hingewiesen. Ich darf Ihnen ein paar Zahlen nennen. Die Berufsgenossenschaften, die bisher schon die Bergbaualtlast zu tragen haben, werden, wenn jetzt diese Last dazukommt, in Zukunft im Durchschnitt mit 25,5% durch Fremdlasten belastet. Das ist aber in den einzelnen Berufsgenossenschaften außerordentlich unterschiedlich. So setzt sich beim Einzelhandel die Gesamtbelastung bis zu 40 % aus Fremdbelastungen zusammen. Die Fremdbelastung steigert sich bei der Berufsgenossenschaft Druck und Papier auf 50,1 %, in der Textilbranche, um die wir ja sowieso alle gewisse Sorgen haben, auf 57,3 % und in der Verwaltungsberufsgenossenschaft sogar auf 85,2 % der Gesamtbelastung.
Wir sollten das nicht ganz unberücksichtigt lassen, auch nicht den Protest der Berufsgenossenschaften
*) Siehe Anlage 5
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Regling
selbst, die das damals bei der Bergbaualtlast gegen erheblichen Widerstand der einzelnen Verwaltungsorgane noch hingenommen haben. Aber bereits jetzt ist von den Berufsgenossenschaften sehr massiv darauf hingewiesen worden, daß, sollte dieses Gesetz verabschiedet werden, eine Verfassungsklage nicht zu vermeiden ist. Nun, wir werden oft mit Verfassungsklagen bedroht. Aber diesen Berufsgenossenschaften, die ja sämtlich Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sollten wir diese Ankündigung, die sie sehr fundiert gemacht haben, nicht ganz übersehen.
Was die Belastung oder Entlastung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften angeht, so können wir im Rahmen dieses Gesetzes keine Regelung treffen. Wir sollten uns aber im Rahmen der Haushaltsberatung beim Einzelplan 10 weiter über diese fehlenden Beträge unterhalten. Ich bin mit einem großen Teil meiner Fraktionskollegen der Meinung, daß wir dafür im Einzelplan 10 auch einen Posten finden werden.
Das Wort zur Begründung hat Herr Spitzmüller.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Nachdem soeben der Antrag auf Umdruck 114 und zuvor der Antrag auf Umdruck 109 begründet worden sind, darf ich nun den Antrag auf Umdruck 108 begründen, der dieselbe Materie betrifft. Für viele Kollegen, die nicht mit in einem der Ausschüsse tätig waren, die gutachtlich gehört wurden, oder für Kollegen, die nicht dem Haushaltsausschuß angehören, ist es wahrscheinlich ein bißchen schwierig, heute der Debatte zu folgen. Ich erinnere mich sehr lebhaft an die ebenfalls schwierigen Debatten anläßlich der Neuregelung des Unfallversicherungsrechts am 6. März 1963. Auch damals wurden hier Anträge begründet, die schriftlich nicht vorlagen. Dieselbe Situation haben wir heute. Nun, ich glaube, das liegt ein wenig daran, daß es unter den neuen Koalitionsfraktionen noch Anpassungsschwierigkeiten gibt,
die zunächst einmal überwunden werden müssen.
Herr Kollege Regling und zuvor Herr Kollege Gewandt haben hier einen Antrag begründet, der in ähnlicher Form gestern im Sozialpolitischen Ausschuß als Gemeinschaftsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD schriftlich vorlag. Er fand im Ausschuß für Sozialpolitik selbstverständlich eine Mehrheit; im ersten Punkt wurde er sogar einstimmig angenommen. Im Haushaltsausschuß sind die Dinge dann aber wieder umgekrempelt worden.
Mit unserem Antrag, den Art. 3 zu streichen, wollen wir ebenfalls erreichen, daß nun nicht mit diesem Gesetz ad hoc eine Linie, die durch das Unfallversicherungs-Neuregelungs-Gesetz im Jahre 1963 eingeschlagen worden ist, um 180 Grad herumgeworfen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns damals von allen Fraktionen aus bei der Beratung des Unfallversicherungs-NeuregelungsGesetzes außerordentlich bemüht, zu erreichen, daß die Unfallverhütung im Vordergrund steht. Wie soll die Unfallverhütung noch im Vordergrund stehen, wenn es Berufsgenossenschaften gibt, die durch ihren Beitrag 50, 60, 70, 85% Fremdlasten finanzieren sollen, Fremdlasten, auf deren Entstehung oder Minderung sie überhaupt keinen Einfluß nehmen können?!
Das heißt die sozialpolitischen Gegebenheiten des Jahres 1963 auf den Kopf stellen.
Bei allem Verständnis dafür, daß die SPD jetzt versuchen will, ihre Koalitionstreue zu beweisen, glaube ich, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, man sollte deshalb nicht Grundsätze, die damals einheitlich — auch mit der CDU — erarbeitet worden sind, auf den Kopf stellen.
Ich darf nur daran erinnern, daß es damals u. a. um die Frage der Bergbaualtlast ging. CDU und FDP hatten seinerzeit große Mühe, der SPD klarzumachen, daß diese Altlast für uns keine Gemeinlast sei, da es sich hier um eine feststehende Größe handle, die im Laufe der Zeit abnehme, also um eine Sache, die überschaubar sei. Herr Kollege Dr. Balke von der CDU/CSU hat damals erklärt:
Es handelt sich darum, eine Altlast abzulösen. Ich möchte bitten, eine Altlast von einer Gemeinlast zu unterscheiden. Unter einer Gemeinlast würden wir eine Belastung verstehen, die laufend weitergeht und unabsehbare Folgen hat.
Dagegen wäre ich auch.
Herr Kollege Börner von der SPD hat damals das Umlageverfahren für die Altlast als soziale Flickschusterei und sozialpolitische Fehlentscheidung bezeichnet.
Das war es sicherlich nicht, weil es sich ja um einen begrenzten Rahmen gehandelt hat, um eine Altlast und nicht um eine Umverteilung. Was hier aber vorgeschlagen wird, ist ein Gemeinlastverfahren par exellence, und wir lehnen eine solche Regelung wegen der einseitigen Belastung des lohnintensiven Bereichs und aus den Gründen, die meine Vorredner schon dargelegt haben, ab.
Wir haben bei der ersten Lesung des Haushalts durch unsern Kollegen Emde darauf hingewiesen, daß hier zwar Haushaltsmehrbelastungen entstehen, daß diese aber im Rahmen des Gesamttableaus, das wir hier vorgetragen haben, abgedeckt werden können. Wir bitten Sie, also, meine Damen und Herren, dem Antrag, der gleichlautend auf den Umdrucken 108, 109 und 114 steht, Ihre Zustimmung nicht zu versagen. Denn es geht hier um die Frage, ob die Richtung der Sozialpolitik auf diesem Gebiet, die wir, CDU, SPD und FDP, im Jahre 1963 gemeinsam festgelegt haben, aus einem solchen Grunde,
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Spitzmüller
wie er heute zur Debatte steht, um 180 Grad herumgeworfen werden soll. Besonders. die Damen und Heren der SPD möchte ich darauf hinweisen, daß Herr Kollege Dr. Möller am 10. 11. — also nicht etwa am 11. 11. — die äußersten Bedenken der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei in kurzen, aber sehr treffenden Sätzen zum Ausdruck gebracht hat. Ich darf bitten, daß die SPD heute zu dem steht, was sie hierzu in der Haushaltsdebatte am 10. 11. durch ihren Sprecher ausführte.
Damit sind die Anträge Umdrucke 108, 109 und 114 begründet.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Hauser.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Art. 3 des Finanzplanungsgesetzes erfreut sich zu Recht keiner allzu großen Beliebtheit. Das ist in den letzten drei Diskussionsbeiträgen-sehr klar zum Ausdruck gekommen.
Es besteht kein Zweifel darüber, daß eine solche Umlage in Höhe von 140 Millionen DM für die Betroffenen schmerzlich ist. Es besteht auch kein Zweifel darüber, daß in dieser Form der Umlage eine gewisse Systemwidrigkeit liegt. Aber es geht um 140 Millionen DM, die gedeckt werden müssen, und alle Vorschläge zur Deckung dieses Betrages, die bisher gemacht worden sind, laufen direkt oder indirekt darauf hinaus, diese 140 Millionen zusätzlich dem Bundeshaushalt aufzuerlegen. Und, meine Damen und Herren, mag das Verfahren, wie es jetzt vorgeschlagen wird, nicht besonders systematisch sein, — es wird niemand behaupten können, daß es systematischer sei, die Erfüllung derartiger Aufgaben dadurch zu erreichen, daß man Deckung beim Bundeshaushalt sucht.
Es ist sicherlich systemwidriger, dem Steuerzahler anzulasten, was auf die Gesamtheit der Unfallversicherten umgelegt werden sollte, als den Weg zu beschreiten — auch wir begrüßen ihn nicht —, wie er in der Regierungsvorlage vorgesehen ist. Das ist sicherlich der einzig mögliche Weg, wenn nicht die Belastung auf den Staatshaushalt zukommen soll.
Es ist gesagt worden, das sei verfassungswidrig. Nun, in Sachen Bergbaualtlast sind einige Verfahren beim Verfassungsgericht anhängig. Keines dieser Verfahren hat bisher zu einem Ergebnis geführt, und man sollte sich vor vorschnellen Beurteilungen hüten. Was hier geschieht, geschieht unter dem Druck der Finanznot.
Da wir uns ohnehin in einem Strukturwandel befinden, der auch andere Berufsgenossenschaften einmal notleidend machen kann, darf ich ankündigen, daß wir seitens der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion in der dritten Beratung eine Entschließung vorlegen werden, die sich mit diesem Problem befaßt und der Bundesregierung einen entsprechenden Auftrag erteilt.
Ich bitte Sie, dem Art. 3 des Finanzplanungsgesetzes in der Fassung der Regierungsvorlage Ihre Zustimmung nicht zu versagen.
Das Wort hat Herr Schulhoff.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin eigentlich traurig und sehr erstaunt darüber, daß wir uns über diese Sache überhaupt unterhalten müssen. Gestern hat man mir gesagt, der Sozialpolitische Ausschuß habe sich damit befaßt und alle Parteien seien sich dann über einen Ersatz dieses Betrages klar geworden, dieser Antrag werde praktisch fallen; die 140 Millionen DM würden auf eine andere Weise beschafft werden. Der Sozialpolitische Ausschuß hat, soweit ich weiß, hier ein großes Ansehen, und ich habe mich gewundert, daß sich dieses Ansehen diesmal nicht bewahrheitet hat.
— Bitte sehr! Wir sind ja jetzt Freunde, Herr Schellenberg. Im übrigen war ich glücklich, daß nach langer Zeit Mittelstands- und Sozialpolitischer Ausschuß die gleiche Anschauung zu einem bestimmten Gegenstand hatten. Hoffentlich bleibt das so.
Ich will nichts wiederholen, was meine Vorredner gesagt haben. Aber ich möchte die Übernahme der Altlast des Bergbaus noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen, d. h. die Begründung, die man seinerzeit gegeben hat. Damals haben die Vertreter aller drei Parteien übereinstimmend gesagt, daß die Übernahme der Altlast des Bergbaues auf die gewerbliche Wirtschaft ein Ausnahmefall sei und daß sich das nicht wiederholen werde.
Ich will nichts dramatisieren. Aber die Lage der gewerblichen Wirtschaft ist nicht so rosig, insbesondere der lohnintensiven, daß sie jede weitere Belastung auf sich nehmen kann. Es kommt ein psychologisches Moment hinzu. Hier geht es nämlich nicht darum, einem Berufsstand zu helfen, seine Last mitzuübernehmen, sondern der Bund will eine Unterstützung, eine Subvention, die er bisher der Landwirtschaft gegeben hat, nunmehr einfach auf andere Schultern wälzen. Das halte ich für etwas primitiv. Wir sind uns schon seit langem darüber klar, daß es nicht immer so weitergehen kann, alle sozialpolitischen Lasten einfach auf den Lohn abzuwälzen; das ist zu simpel. Wir bemühen uns ja schon lange, zu anderen Lösungen zu kommen. Deswegen muß man jedem solchen Versuch wie dem vorliegenden widersprechen.
Ich bitte Sie deshalb, meine Damen und Herren, im Interesse der gewerblichen Wirtschaft, vor allen Dingen der vielen kleinen Betriebe — von den ungefähr 760 000 Betrieben des Handwerks und der Industrie sind 90 % Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten — und auch im Interesse eines guten Klimas zwischen der Landwirtschaft und dem Handwerk, den Antrag der Regierung abzulehnen und die Anträge sowohl auf Umdruck 114 wie auf Um-
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Schulhoff
druck 109 — das ist der sozialdemokratische Antrag, und das sind die Anträge meiner eigenen Leute — anzunehmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Hermsdorf.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Bemerkung an die Adresse von Herrn Spitzmüller.
Herr Spitzmüller, es kann hier nicht die Rede von Anpassungsschwierigkeiten sein; das überlassen Sie mal uns. Sie werden feststellen, daß wir den Versuch machen, gemäß unserer Überzeugung in loyaler Zusammenarbeit in diesem Hause unsere Auffassung, die wir von den einzelnen Sachfragen haben, darzulegen. Was die Anpassungsschwierigkeiten angeht, so muß ich Ihnen folgendes sagen.
Sie wissen genau, wie das ganze Haus in der Frage des Finanzplanungsgesetzes und Steueränderungsgesetzes unter Zeitdruck gestanden hat. Das kann hier von keiner Seite bestritten werden. Sie wissen genau, daß jeder Fachausschuß selbstverständlich seine Vorschläge macht, daß aber später in der Finanzfrage die Entscheidung des Haushalts offensteht, die jederzeit eine neue Lage geben kann. Sie wissen weiter genau, daß es erst gestern möglich war, diese Gesetzentwürfe im Haushaltsausschuß zu verabschieden, und daß die Fraktionen heute morgen die einzelnen Stellungnahmen gemäß den Beschlüssen beziehen konnten, die gestern im Haushaltsausschuß gefaßt worden sind. Es ist deshalb gar nicht anders möglich gewesen, als daß am Anfang gewisse Schwierigkeiten in der Verteilung der Anträge auftraten.
Zweitens. Es ist hier von verschiedenen Sprechern gesagt worden, die Lösung, wie sie der Regierungsvorschlag vorsieht, stelle eine Belastung der Berufsgenossenschaften dar, die man nicht hinnehmen könne. Ich muß dazu folgendes sagen. Wir haben Bedenken, die von einzelnen Gruppen vorgetragen worden sind, in aller Ausführlichkeit und Ruhe im Haushaltsausschuß geprüft und haben jede Gruppe, die dies vortrug, gefragt: Gebt uns einen Deckungsvorschlag! Wir haben weder von den Agrarpolitikern noch von den Sozialpolitikern einen Deckungsvorschlag bekommen, der uns in dieser Frage geholfen hätte. — Herr Peters, bitte schön!
Eine Zwischenfrage.
Herr Hermsdorf, Ihnen ist doch bekannt, daß die FDP-Fraktion durch ihren Sprecher Dr. Emde einen Deckungsvorschlag für diese 140 Millionen DM gemacht hat?
Herr Peters, so einfach können Sie sich die Sache nicht machen, daß Sie hier eine Haushaltsrede zur ersten Lesung mit Ihren
Deckungsvorschlägen anführen und in dieser Allgemeinheit auf Ihre Deckungsvorschläge verweisen, die überhaupt nicht mehr stimmen, wenn man die jetzige Lage im Auge hat.
Wir haben diese Frage dann zunächst von der Tagesordnung abgesetzt und haben den Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gebeten, uns einen Deckungsvorschlag aus dem Einzelplan 10 zu geben. Das war nicht zu machen.
Nun lassen Sie mich dazu folgendes sagen. Im Finanzplanungsgesetz und im Steueränderungsgesetz werden Sie, meine Damen und Herren, immer wieder irgendeine Berufsgruppe oder irgendein Sachgebiet finden, wo Härten auftreten. Aber das ist in der Lage, in der wir uns befinden, nicht anders zu machen. Die Haushaltslücke bleibt, wenn wir das Finanzplanungsgesetz haben, immer noch so groß, daß wir noch sehr schwere Arbeit haben werden, die Deckung zu suchen.
Deshalb bitte ich im Namen meiner Fraktion, es bei der Regierungsvorlage zu belassen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Porten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur ganz wenige Bemerkungen. Zunächst eine Richtigstellung, wenigstens aus der Schau derjenigen Kollegen, die sich bemüht haben, den Mitgliedern des Haushaltsausschusses aus den einzelnen Fraktionen Deckungsvorschläge zu machen. Sie zielten nicht, wie Herr Kollege Hauser sagte, darauf ab, den Haushalt weiter zu belasten, sondern wollten in den einzelnen Positionen entsprechend den Voranschlägen die Einsparungen vornehmen, die notwendig sind, um einen Deckungsvorschlag für diese Position zu finden.
Auf dieser Linie, Herr Kollege Hermsdorf, bitte ich, die Deckungsvorschläge noch einmal zu prüfen. Ich gebe Ihnen recht, es würde zu weit führen, hier den Haushalt im einzelnen zu beraten.
Lassen Sie mich noch auf einen anderen Punkt aufmerksam machen. Nach sehr intensiver Vorbereitung im Sozialpolitischen Ausschuß im Jahre 1963 haben wir in diesem Hohen Hause das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz verabschiedet. Ich brauche auf die materiellen Fragen nicht mehr einzugehen. In dieses Gesetz ist nach langem Ringen der Fraktionen u. a. der § 725 eingebaut worden. Er hat die Mitwirkung nicht nur der Betriebsinhaber, sondern auch der Beschäftigten bei der Bestellung von Sicherheitsbeauftragten für die Unfallverhütung zum Ziel. Wenn aber, wie vorhin Herr Kollege Regling mit Recht sagte, bereits mehr als 80 % der Belastung der einen oder anderen Berufsgenossenschaft zur Bestreitung von Fremdrenten aufgewendet werden müssen, dann müssen wir uns hier die psychologische Frage stellen: Sind dann Beschäftigte und Arbeitgeber noch interessiert, im Sinne des von
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Porten
uns gewollten, auf der Basis des Unfallverhütungsberichts aufgebauten und weiterzuentwickelnden § 725 weiter mitzuwirken? Diesen Gesichtspunkt bitte ich bei Ihrer Entscheidung zu beachten.
Ich bitte, dem Antrag Umdruck 109 Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Frehsee.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Begründung der drei Anträge, den Art. 3 abzulehnen, ist sehr viel über die Systemwidrigkeit der Einführung des Gemeinlastverfahrens in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ausgeführt worden. Es ist über die Aspekte gesprochen worden, die sich für die gewerbliche Wirtschaft, insbesondere für die lohnintensiven Betriebe, ergeben. Über die Aspekte, die sich insbesondere im Hinblick auf die Unfallverhütung ergeben, ist nicht ausreichend gesprochen worden. Ich will das nur andeuten und nicht vertiefen. Es gibt aber auch einen landwirtschaftlichen Aspekt, der gegen diesen Art. 3 des Finanzplanungsgesetzes spricht, und über diesen Aspekt möchte ich als einer der Unterzeichner des Antrags auf Umdruck 114 einiges sagen.
Manche Berufsgenossenschaften erheben ihre Umlage monatlich. Wenn sie jetzt für die Landwirtschaft Beiträge miterheben müßten, wie das in der Regierungsvorlage vorgesehen ist, dann würden tausend, zehntausend, ja hunderttausend Einzelhandelsbetriebe und Handwerksbetriebe monatlich einen Umlagebescheid erhalten, in dem steht: soundso viel für die Landwirtschaft. Das halte ich für unerträglich, das liegt, meine ich, nicht im Sinne des gesellschaftspolitischen Ausgleichs zwischen Landwirtschaft und gewerblicher Wirtschaft und Industrie.
Aus diesem Grunde habe ich den Antrag unterschrieben.
Zu den Ausführungen des Kollegen Dr. Hauser die eine Bemerkung: Herr Kollege, vielleicht ist Ihnen nicht bekannt, daß die Organe der Selbstverwaltung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sich bereits weitgehend darüber einig geworden sind und daß es nur noch darum geht, den Beschluß zu legalisieren, ihn also offiziell zu fassen, 40 Millionen DM von diesen 140 Millionen DM über eine Erhöhung der Umlage aus Eigenmitteln der Landwirtschaft aufzubringen. Zur Debatte stehen jetzt 100 Millionen DM. Der Kollege Dr. Hauser hat gesagt, es gebe dafür keine Deckung. Meine politischen Freunde sind sich darüber einig — ich sage das hier ganz offen wie gestern im Sozialpolitischen Ausschuß und im Ernährungsausschuß —, daß diese 100 Millionen DM im Einzelplan 10 gefunden werden müssen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!' In dieser sehr schwierigen und leidvollen Sachfrage gehen die Meinungen quer durch das ganze Haus. Durch die große Koalition hat also die Lebendigkeit der parlamentarischen Arbeit keineswegs gelitten.
Ich muß sagen, ich habe seit geraumer Zeit das Parlament nicht so in Temperament gesehen, wie das heute der Fall ist.
Es ist zweifellos richtig, meine Damen und Herren, daß es für jeden Standpunkt, der hier vorgetragen worden ist, sehr gute Gründe gibt. Aber uns bleibt nichts anderes übrig, als uns für einen dieser Gründe zu entscheiden. Und welcher ist der schwerwiegendste und härteste Grund? Der schwerwiegendste Grund ist die Frage, die uns wahrscheinlich auf lange Sicht hinaus beschäftigen wird: die Frage des Abgleichs unseres Haushalts. Das ist der entscheidende Grund, der den Vorrang vor allen anderen Gründen haben muß, und zwar deswegen, weil es sich hier um eine Frage der Stabilität, eine Frage der Währung und eine Frage der Wiederherstellung eines geordneten Wachstums über unsere Einflußmöglichkeit, den Bundeshaushalt, handelt. Bei allen Angelegenheiten, für die es viele Gründe dafür und dagegen gibt, müssen wir letzten Endes immer einen Grund entscheiden lassen.
Herr Kollege Frehsee hat gemeint, es wäre doch sehr einfach, 40 Millionen DM der Landwirtschaft aufzubürden. Ich darf im Rahmen dieser Debatte, die wir heute abzuwickeln haben, darauf hinweisen, daß die Landwirtschaft z. B. eine nicht unbeträchtliche, 25%ige Beitragserhöhung zu ihrer Altersversorgung auf sich nehmen muß und daß sie auf vieles verzichten muß. Sie hat während dieser ganzen Haushaltsgestaltung, in der wir uns befinden, nicht an der Ausweitung des Haushalts teilgenommen, sondern sie hat sich noch bedeutende Leistungen aus dem EWG-Fonds, die nur mittelbar ihr zugute kommen und nicht unmittelbar, anrechnen lassen müssen auf Kosten der Leistungen des Grünen Plans, der uns ja nach dem Grünen Gesetz verpflichtet, Zug um Zug und Stufe um Stufe für einen Ausgleich besorgt zu sein.
Darüber hinaus steht fest, daß die Belastung der Landwirtschaft mit diesem Betrag, die von allen Rednern gar nicht gewollt wird, eine Beitragserhöhung von 60 bis 70 % im Unfallversicherungsbereich ausmachen würde. Das ist ein Betrag, der angesichts der bevorstehenden Getreidepreissenkung, als einer Einkommensminderung von 12 bis 15%, gar nicht zu tragen ist. Das ist eine Einkommensminderung, die durch eine Vereinbarung, durch einen Beschluß verfügt ist. Sie ist gültiges Recht. Es gibt keinen anderen Bereich, dem so etwas zugemutet worden wäre.
Der Herr Kollege Gewandt hat mit Recht darauf hingewiesen, daß z. B. im Bereich des Handwerks ein hochinteressanter und bemerkenswerter Struk-
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Bundesminister Höcherl
turprozeß vor sich gegangen ist, der die Zahl der Handwerksbetriebe auf rund 650 000 zusammenschmelzen ließ, aber sie innerlich sehr gestärkt hat. Mit Stolz weist das Handwerk von Jahr zu Jahr darauf hin, wie seine Umsätze wachsen. Das Handwerk hat im letzten und im vorletzten Jahr eine höhere Zuwachsrate gehabt als die Industrie. Das ist auf den großen Leistungsstand des Handwerks und auf die vorzügliche Ausbildung zurückzuführen und ist ein Ausfluß der gesamten Konjunkturentwicklung. Das sind die Elemente, die zusammengewirkt haben.
Es ist auch gar nicht so, als ob hier eine handwerkliche oder eine mittelständische Frage abgehandelt würde, sondern hier wird eine Frage abgehandelt, die den gesamten gewerblichen Sektor, vor allem die sehr leistungsfähigen Teile, mit einbezieht.
Die moralische Berechtigung für diesen Antrag der Regierung, der von der Regierungskoalition getragen ist, ist vor allem dadurch zum Ausdruck gekommen, daß in dem Antrag Umdruck 113 die Aufforderung an die Bundesregierung ergeht, diese strukturabhängige Versicherungseinrichtung auf einen neuen Boden zu stellen. Sie werden sagen: Das haben wir erst 1963 gemacht. Ja, das ist richtig. Aber der Versuch von 1963 war nicht ausreichend. Es gibt keine Versicherungseinrichtung, die so strukturbedingt wäre, wie das gerade hier der Fall ist. Wir haben einen sehr schnellen und sehr lebhaften Strukturwandel in vielen Bereichen, nicht nur in der Landwirtschaft. Auch im Bergbau sind die Dinge keineswegs abgeschlossen. Ich könnte mir
vorstellen, daß es, wenn hier rasch gehandelt wird, vielleicht bei einem einmaligen Vorgang bleibt und daß die Umstellung zu einer ganz neuen Basis und einer ganz neuen Berechnung führt.
Ich erkenne die Gründe aller Sprecher an, muß sie aber bitten, dem entscheidenden Gesichtspunkt, unserer Haushaltslage, den Vorzug zu geben.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr!
Herr Minister, sind Sie der Meinung, daß es ausschließlich Sache der gewerblichen Wirtschaft ist, die Last des gewaltigen Strukturwandels in der Landwirtschaft, insbesondere mit den Unfallversicherungsgenossenschaften, zu tragen, oder ist dieser Strukturwandel nicht eine allgemeine Frage?
Ich muß Ihnen ganz offen sagen, daß ich die Verlagerung aller möglichen Lasten auf die Allgemeinheit, auf den Steuerzahler, nicht schätze. Ich glaube, daß ein adäquater Vorgang, ein gezielt funktionsgerechter Vorgang der richtige Weg ist. — Das waren die Gründe.
Aber entscheidend für mich ist die Tatsache, daß der Entschließungsantrag uns einen neuen Weg zeigt. Wir sollten ihn rasch gehen. Dann wird auch diese Sorge, die im Rahmen des gesamten Themas, das wir zu behandeln haben, vielleicht doch nur einen bescheidenen Rang einnimmt, wieder vergehen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Opitz, dann Herr Frehsee.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stimme mit all denen überein, die sich für die Streichung dieses Art. 3 eingesetzt haben. Wenn man die Ausschußsitzungen auf ihr Ergebnis hin untersucht, stellt man fest, daß die neue Koalition in den drei Ausschüssen drei unterschiedliche Beschlüsse gefaßt hat. Da aber, wenn dieser Art. 3 nicht gestrichen wird, wieder einmal der unverantwortliche Weg gegangen wird, Wirtschaftszweige mit Soziallasten zu belasten, die sie nicht verursacht haben, und da man dabei feststellt, daß hierbei wieder überwiegend die lohnintensive Wirtschaft Sozialhilfe für einen anderen Wirtschaftszweig zahlen soll, halte ich die Streichung dieses Art. 3 für so wichtig, daß ich dazu namentliche Abstimmung beantrage und um Unterstützung aus den anderen beiden Fraktionen bitte.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Frehsee.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich mache nur noch einige wenige Ausführungen in Erwiderung auf die Ausführungen des Herrn Ministers. Es ist nützlich, wenn wir uns heute hier darüber klarwerden, daß das, was wir ,vorhin zu Art. 1 beschlossen haben, eine Erhöhung des Beitrags zur landwirtschaftlichen Altershilfe um 25% bedeutet. Es sollte dazu heute dem Hohen Hause ein Entschließungsantrag vorgelegt werden; es hat sich aber herausgestellt, daß dieser Entschließungsantrag zur Beratung des Haushalts vorgelegt werden muß. Jedenfalls besteht die Absicht, Herr Dr. Hauser, einen solchen Entschließungsantrag zu stellen, der das festlegt, was ich vorhin hier vorgetragen habe.
Das, was die Landwirtschaft selber für ihre Unfallversicherung zu tun beabsichtigt, kommt einer Erhöhung der Umlage um 10 % gleich. Die Regierungsvorlage hat eine Erhöhung der Beiträge zu den Alterskassen um 70 % und quasi eine Erhöhung der Unfallversicherungsumlage um 70 bis 80 % vorgesehen.
Wir haben also heute eine Erhöhung um 25% bei der Altershilfe beschlossen und empfehlen auf dem Wege einer Entschließung den Organen der Unfallversicherung, die Umlage um 10 % zu erhöhen. Es bleibt ein Rest von 100 Millionen DM. Diese 100 Millionen DM, das sagte ich, sollen aus dem Haushalt des Bundeslandwirtschaftsministers genommen werden.
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Frehsee
Meine Damen und Herren, als wir uns mit diesem Antrag in die zuständigen Ausschüsse begaben, befanden wir uns in sehr guter Gesellschaft, nämlich in der Gesellschaft des Bundeslandwirtschaftsministers, der zwar nicht körperlich anwesend war,
dessen Geist aber diese Dinge mit erörtert hat. Wir haben uns bezogen, sehr verehrter Herr Minister Höcherl, auf Ihre Ausführungen bei der Mitgliederversammlung des Bauernverbandes am 29. November hier in Bonn.
Da haben Sie ausdrücklich erklärt — es sei denn, der Bericht im VWD stimmte nicht —, im Einzelplan 10 würden 140 Millionen DM für andere Zwecke frei werden. Sie haben dort wörtlich gesagt — ich zitiere mit Genehmigung der Frau Präsidentin nur einen ganz kurzen Abschnitt—:
... und das umstrittene Gemeinlastverfahren, nach dem die gewerblichen Berufsgenossenschaften für 140 Millionen DM der landwirtschaftlichen Unfallversicherung eintreten sollen, nicht einführen zu brauchen.
Wegen der Bedenken des Kollegen Dr. Hauser und in Kenntnis der Äußerungen des Herrn Bundeslandwirtschaftsministers gestern im Haushaltsausschuß wollte ich darauf hingewiesen haben.
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Rednerliste angekommen.
— Bitte schön, Herr Hermsdorf! — Entschuldigung, der Herr Bundeslandwirtschaftsminister hat sich ebenfalls gemeldet. Man braucht hier oben Facettenaugen, die gleichzeitig nach rechts und links sehen können. Meine Damen und Herren, ich bitte Platz zu behalten; es ist so unübersichtlich, wenn alles hier herumsteht. '
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde Ihre Geduld nicht lange in Anspruch nehmen. Herr Kollege Frehsee hat ein Recht darauf, eine Antwort auf seine Frage zu bekommen.
Es trifft zu, daß ich am 29. November zu dieser Frage in dieser Form Stellung genommen habe. Ich habe Überlegungen angestellt, ob das nicht im Rahmen der Gasöl-Regelung, die ja noch aussteht, möglich wäre. Ich mußte mich aber überzeugen lassen, daß auch hier nicht unbeträchtliche Ausfälle entstehen würden, so daß die aus dem gleichen Geist gemeinte Absicht sich leider nicht verwirklichen läßt, wie das so oft mit unseren Plänen und Überlegungen der Fall ist.
Den Haushalt selbst kennen Sie ganz genau; Sie haben selbst oft Wünsche geäußert, die nicht erfüllt werden konnten. Man kann ihn nach allen Seiten umdrehen, wenden und spannen, es fällt kein einziger Tropfen mehr heraus, so daß ich leider Ihre Hoffnung enttäuschen muß.
Herr Hermsdorf!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits am Anfang dieser Beratung des Finanzplanungsgesetzes geht es um einen Streit von 140 Millionen DM. Wir alle in diesem Hause, gleich, welcher Fraktion wir angehören, sind verpflichtet, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wenn wir jedem einzelnen Artikel nachgeben wollten, stünden wir am Ende mit einem größeren Loch da, als wir heute hier begonnen haben.
Zweitens möchte ich etwas zu der Frage ausführen, die von verschiedenen Kollegen aufgeworfen worden ist, ob die Deckung über Einzelplan 10 vorgenommen werden könnte. Meine Damen und Herren, der Sachverhalt ist folgender. Wir haben gestern und auch heute morgen noch mit den einzelnen Fraktionen über die Frage des Deckungsvorschlags gesprochen. Was uns als Deckungsvorschlag angeboten wurde, ist nicht realisierbar, weil es gesetzliche Verpflichtungen sind, über die wir nicht hinwegkommen. Es hat doch keinen Sinn, hier mit Deckungsvorschlägen zu operieren, die nicht realisierbar sind.
Ich bitte Sie wirklich, die Anträge in den Umdrucken mit Rücksicht auf die Gesamtlage abzulehnen und es bei der Regierungsvorlage zu belassen.
Das Wort hat Herr Starke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Abstimmungen über solche Gesetze, die viele einzelne Gebiete betreffen, bringen immer Schwierigkeiten mit sich. Vergessen Sie bitte nicht, daß einzelne Abschnitte in diesen Gesamtgesetzen außerordentlich wichtige, umfangreiche Komplexe aus großen Lebensbereichen betreffen, u. a. diese Bestimmung. So bedauerlich es ist, daß solche Diskussionen Verzögerungen bringen, die Wichtigkeit der Frage läßt derartige Diskussionen durchaus zu.
Ich möchte Ihnen noch einmal sagen: was wir jetzt im Drange der Geschäfte hier sehr schnell verabschieden wollen, ist eine Angelegenheit, über die im Prinzip Verfassungsklagen schweben — mindestens eine —, weil nämlich schon seinerzeit die Umlagerung der Altbaulast des Bergbaues im Gemeinlastverfahren durch die Verfassungsklage angegriffen worden ist. Das ist das eine.
Zum zweiten bitte ich zu bedenken, daß es nicht nur für die lohnintensive gewerbliche Wirtschaft, die angesprochen worden ist, von großer Bedeutung ist, sondern daß es auch für die Landwirtschaft
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3575
Dr. Starke
— das hat ja der Herr Landwirtschaftsminister hier in seiner Rede noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht — sehr unangenehm ist, weil man für sie einen Tatbestand schafft, der die Menschen ständig gegen sie aufbringt.
Wenn man das alles bedenkt, so möchte ich sagen: Herr Kollege Hermsdorf, sosehr ich — das wissen Sie — für ausgeglichene Haushalte bin, werden Sie jetzt, da Sie Regierungspartei sind, daran denken müssen, daß Sie nicht jeden Tag mit dem Hinweis operieren können, der Haushalt müsse ausgeglichen sein; dann werden wir auch bei anderen Fragen so verfahren. Sie wissen doch, daß wir über diese 140 Millionen DM eine gleiche Meinung hatten. Wir hatten sogar einen Deckungsvorschlag für das Gesamte. Er war zwar nicht bis ins Letzte ausgefeilt. Wir befanden uns aber auf einem guten Wege, bei dem sich keine unüberwindlichen Schwierigkeiten ergeben hatten.
Ihren Einwand können wir also nicht gelten lassen. Wir sind der Meinung, die Bedeutung der Sache gebietet es, diese Frage jetzt nicht negativ zu entscheiden, sondern, wenn Sie so wollen, mindestens zurückzustellen.
In diesem Sinne bitten wir noch einmal herzlich um Unterstützung unseres Antrages auf namentliche Abstimmung.
Das Wort hat der Abgeordnete Windelen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorlage, die wir hier behandeln, ist eine Vorlage zum Bundeshaushalt 1967. Die Gesetzesänderung, die wir hier behandeln, betrifft ein Volumen von 140 Millionen DM, die den Bundeshaushalt entweder belasten oder entlasten werden.
Hier sind von beiden Seiten wesentliche Gesichtspunkte für und gegen diese Vorlage beigetragen worden. Man wird dem Haushaltsausschuß bescheinigen müssen, daß er diese Bedenken nicht mit leichter Hand vom Tisch gefegt hat, daß er zum Schluß aber unter dem Zwang zur Deckung des Haushalts stand. Ich darf noch darauf hinweisen, daß die Vorlage, an Hand deren wir jetzt beraten, unter der Federführung des damaligen Finanzministers Dahlgrün zustande gekommen ist. Auch das sollte bei der Beschlußfassung berücksichtigt werden.
Herr Unertl!
Frau Präsidentin! Meine Damen und meine Herren! Mein Vorredner hat soeben mit Recht gesagt, es handle sich um eine Vorlage des früheren Finanzministers der alten Koalition, Herrn Dahlgrün.
— Meine Damen und Herren, wir wollen uns nicht über das Urheberrecht streiten. Die Debatte in diesem Hause hat jedenfalls ergeben, daß die Meinungen sehr weit auseinandergehen. Wir kommen jetzt vielleicht zu einer Zufallsentscheidung. Darum wäre es besser, die Angelegenheit an den Haushaltsausschuß zurückzuverweisen, damit dort Klarheit geschaffen werden kann. Ich möchte 'das hiermit beantragen.
Herr Dorn.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich an dieser Stelle um der Klarheit in diesem Hause willen nur einen Satz sagen: Es handelt sich um eine Vorlage, die nicht von einem einzelnen Minister, sondern von der vorigen Bundesregierung auf Grund von Beschlüssen der eingesetzten Streichkommission gemacht worden ist.
Meine Damen und Herren, es ist Zurückverweisung dieses Artikels beantragt worden. Das ist der weitestgehende Antrag. Ich stelle diesen Antrag zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Der Antrag ist abgelehnt.
Sie haben gehört, daß nunmehr der Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt worden ist. Diesem Antrag auf namentliche Abstimmung kann stattgegeben werden, wenn 50 anwesende Mitglieder des Hauses sich dafür aussprechen. Wer ist für den Antrag auf namentliche Abstimmung? — Ich bitte die Damen und Herren Schriftführer, auszuzählen. Ich sehe, es sind keine 50 Abgeordnete. Nach der Zählung sind es genau 28. Der Antrag ist damit nicht ausreichend unterstützt; ich kann ihm deshalb nach § 57 der Geschäftsordnung nicht stattgeben.
Wir kommen zur Abstimmung. Gemäß der stets geübten Praxis dieses Hauses stelle ich die Anträge auf den Umdrucken 108, 109 und 114 *), die gleichlautend die Streichung des Art. 3 bzw. des Art. 3 a zum Gegenstand haben, in positiver Form zur Abstimmung, indem ich den Art. 3 bzw. den Art. 3 a in der Fassung des Regierungsentwurfs zur Abstimmung stelle. Es sind keine Beschlüsse des Haushaltsausschusses zu Art. 3 und Art. 3 a vermerkt.
Ich komme nun zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. —
*) Siehe Anlagen 3 bis 5
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Vizepräsident Frau Dr. Probst
— Ich habe, meine Damen und Herren, sehr deutlich gesagt, deutlicher, als es eigentlich für dieses Hohe Haus notwendig sein sollte,
es ist eine stets geübte Praxis dieses Hauses, daß Streichungsanträge nur in positiver Form behandelt werden und darüber abgestimmt wird. Wer also für einen Streichungsantrag in bezug auf Art. 3 bzw. Art. 3 a ist, der muß dann eben gegen diese Artikel stimmen. Das ist die alte Praxis und Übung dieses Hauses, von der ich nicht abweiche. Ich glaube, daß jetzt kein Zweifel mehr möglich ist.
Ich stelle nunmehr Art. 3 bzw. Art. 3 a in der Fassung der Regierungsvorlage — es liegen keine Beschlüsse des Ausschusses vor — zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen?
Meine Damen und Herren, der Sitzungsvorstand ist sich nicht klar darüber, was die Mehrheit ist. Wir kommen zur Auszählung.
Ich schließe die Auszählung. Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Abgegeben wurden 366 Stimmen, davon Ja 152, Nein 214. Also ist Art. 3 bzw. Art. 3 a abgelehnt.
Meine Damen und Herren, die Zahl der abgegebenen Stimmen erhöht sich um fünf. Insgesamt haben sich also 371 Abgeordnete an der Abstimmung beteiligt. Davon haben 152 mit Ja und 214 mit Nein gestimmt, dazu kommen 5 Enthaltungen.
Wie soll die Vorlage nun weiter behandelt werden? —
— Dann entsteht doch hier eine Haushaltslücke. Wird das Gewissen des Hauses dadurch nicht belastet?
— Wir können dann • fortfahren. Ich rufe Art. 4, 5 und 6 auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen.—
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Ich rufe Art. 7 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Umdruck 118*) vor. Wird der Antrag begründet?
— Zur Begründung des Antrags hat Herr Abgeordneter Killat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Begründung des Umdrucks 118 der Fraktionen der CDU/CSU und SPD möchte ich folgendes bemerken. Es handelt sich dabei um die Frage der Inkraftsetzung der Teile des Mutterschutzgesetzes, die durch das Haushaltssicherungs-
*) Siehe Anlage 6
Besetz aufgeschoben worden sind. Nach der Regie? rungsvorlage sollten diese aufgeschobenen Leistungen zwar in Kraft gesetzt werden; die Finanzierung aber, die nach dem Gesetz dem Bund oblag, sollte auf einen anderen Träger übertragen werden. In der Vorlage der Regierung ist vorgesehen, daß die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung die Beträge durch einen fiktiven Sonderbeitrag aufbringt und sie den Trägern der Krankenversicherung überweist. Abgesehen von dem eigenartigen Verwaltungsverfahren halten wir eine solche Maßnahme für systemwidrig und die Verwendung der Mittel auch für zweckentfremdet.
Der Haushaltsausschuß hat angesichts dieser Situation den Vorschlag gemacht, den Art. 7 der Regierungsvorlage zu streichen und statt dessen einen Betrag in Höhe von 300 DM je Entbindungsfall an die Krankenkassen zu zahlen. Auch dieser Vorschlag kann nach einer Überprüfung der finanziellen Situation der Kassen keine Zustimmung finden. Nach einer kurzfristigen Prüfung ist nämlich festgestellt worden, daß die Krankenkassen dadurch immerhin in einer Größenordnung von 250 bis 300 Millionen DM zusätzlich belastet würden, ein Betrag, der ohne Beitragserhöhungen von ihnen nicht erbracht werden könnte. Das wäre auch aus vielerlei anderen Überlegungen zur Situation unserer Krankenversicherungen nicht zweckmäßig.
Die Koalitionsparteien haben sich nunmehr zu einem Schritt entschlossen, der zwar im Augenblick nicht der Weisheit letzter Schluß ist, der uns aber immerhin aus der Misere hilft. Danach soll auf der einen Seite der Bund nicht zusätzlich belastet werden, auf der anderen Seite sollen die Krankenversicherungen keine zusätzlichen Mittel aufbringen müssen. Der Ihnen vorliegende Vorschlag sieht vor, daß die Teile des Haushaltssicherungsgesetzes, die aufgeschoben worden sind, noch einmal aufgeschoben werden, und zwar bis zum 1. Januar 1969, allerdings mit der Einschränkung, daß die Leistungen des Mutterschutzgesetzes schon vorzeitig gewährt werden können, wenn durch die Verabschiedung eines Neuordnungsgesetzes, wie es in diesem Vorschlag heißt, dafür in der gesetzlichen Krankenversicherung eine ausreichende Basis geschaffen wird.
Für die davon betroffenen Personen bleiben, was den Mutterschutz angeht, die arbeitsrechtlichen und medizinischen Regelungen sowie die anderen Schutzbestimmungen in Kraft, so daß in dieser Beziehung keine negativen Auswirkungen entstehen. Negativ bleibt, daß gewisse zusätzliche Geldleistungen jetzt nicht erbracht werden können, negativ ist vielleicht auch die Nichtausweitung des Personenkreises auf Selbständige und freiwillig Versicherte.
Meine Damen und Herren, dieses Hohe Haus und die Parteien haben es jetzt in der Hand, durch entsprechende Vorschläge zur Neuregelung der Krankenversicherung und ihre beschleunigte Beratung dazu beizutragen, daß die aufgeschobenen Mutterschutzbestimmungen recht bald in Kraft treten können. Ich glaube, daß Sie mir in dieser Beziehung zustimmen. Dann werden wir auch einige Fragen in der Krankenversicherung lösen können, wie beispielsweise das leidige Problem der Rentnerkran-
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Killat
kenversicherung hinsichtlich des finanziellen Ausgleichs. Vielleicht werden dann auch Fragen der Beitragsregelung und ähnliches so angepackt werden, daß wir durch eine finanzielle Gesundung dieser Träger den notwendigen sozialpolitischen Spielraum für soziale und zweckmäßige Neuregelungen gewinnen.
Ich darf Sie deshalb um die Zustimmung zu dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Umdruck 118 bitten.
Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die neue Koalition macht es der neuen Opposition wahrhaftigen Gottes nicht leicht, dem Gesinnungs- und Einsichtswandel geistig so schnell zu folgen, wie er sich hier in den letzten Stunden vollzieht.
Denn das, worum es sich hier handelt, entspricht einem Antrag, der gestern sowohl im Sozialpolitischen Ausschuß wie im Haushaltsausschuß von der SPD bereits gestellt worden war. Diesem Antrag stand ein Antrag der CDU/CSU gegenüber. Das heißt, keine der Koalitionsfraktionen bekannte sich mehr zu dem Text der Regierungsvorlage. So war die Lage im Haushaltsausschuß und im Sozialpolitischen Ausschuß. Nach recht lebhaften und langen Diskussionen und Ausführungen haben wir Freien Demokraten den Eindruck und die Überzeugung gewonnen, daß der in dem von den Kollegen der CDU/CSU ausgearbeiteten Vorschlag aufgezeigte Weg unter den zur Diskussion stehenden Lösungen der sinnvollste war. Denn, meine Damen und Herren, was bei diesem Antrag, den Kollege Killat begründete, jedenfalls bisher, schamhaft verschwiegen wird, ist die Tatsache, daß bei seiner Annahme gegenüber der Regierungsvorlage 70 Millionen DM Mehrkosten entstehen, das Loch im Haushalt also größer wird. Eben hat man beim Art. 3 davon gesprochen, daß, wenn man die 140 Millionen DM dort streicht, das Loch auch größer würde. Der Ordnung halber möchte ich das wenigstens hinzufügen, damit es nicht aus lauter Schamhaftigkeit ganz untergeht und nicht einmal im Protokoll festgehalten wird.
Wir Freien Demokraten sind der Meinung, daß das, was haushaltsmäßig im Jahre 1967 nicht zu verkraften ist, im Haushalt 1968 noch schwerer zu verkraften sein wird. Wir meinen, daß die Lösung, die gestern im Sozialpolitischen Ausschuß und im Haushaltsausschuß gefunden wurde, zwar auch nicht der Weisheit letzter Schluß ist, aber eben doch die sinnvollere Lösung ist. Deshalb werden wir diesem CDU/SPD-Änderungsantrag nicht zustimmen, sondern uns an den Beschluß halten, den wir gestern im Sozialpolitischen Ausschuß und im Haushaltsausschuß gemeinsam mit der CDU/CSU gefaßt haben. Wir bitten um Verständnis, daß wir die Kurve nicht so schnell kratzen können.
Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Umdruck 118 *). Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Das ist die Mehrheit.
Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe dann auf Art. 8 und 9. Wer zustimmt, gebe Zeichen. — Einstimmige Annahme.
Ich rufe Art. 10 auf. Hier sind folgende Berichtigungen vorzunehmen: Unter Nr. 1 muß es in der Neufassung des § 14 a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a statt „Erziehungshilfe" heißen „Erziehungsbeihilfe" ; in derselben Vorschrift ist am Ende des Buchstaben c statt des Punktes ein Semikolon zu setzen.
Hierzu liegt der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 108 **) unter Ziffer 3 vor. Abgeordneter Moersch begründet den Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei will dem Hohen Haus mit diesem Antrag Gelegenheit geben, ein wenig sparsamer zu sein, als Sie in Ihrer Vorlage vorgesehen haben. Deshalb beantragen wir hier diesmal, die Streichung der Ausbildungszulagen insgesamt vorzunehmen und nicht die modifizierte Fassung, die im Haushaltsausschuß erarbeitet worden ist, anzunehmen.
— Ob Sie das tun oder nicht, wird sich herausstellen. Dann müssen Sie halt einen anderen Deckungsvorschlag machen für das, was wir vorhin vorgeschlagen haben. Um diese Frage werden Sie nicht herumkommen. Da Sie die Mehrheit haben, müssen Sie auch Ihre Antwort geben. Wir versuchen, Ihnen die Antwort leichter zu machen. Aber wenn Sie das nicht wollen, ist das Ihre Sache.
Wir haben diesen Antrag gestellt, weil wir im Prinzip der Meinung sind, daß die jetzige Ausbildungszulage ein untaugliches Instrument zur Förderung ist. Ich darf mich hierbei auf die einstimmig beschlossene Stellungnahme des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen berufen, der Ihnen eine Vorlage unterbreitet hat— die auch hier beschlossen worden ist —, wonach die Bundesregierung aufgefordert wird, künftig an Stelle der Ausbildungszulage eine gezielte Förderung zu gewähren. Dieser einstimmige Beschluß des Ausschusses entspricht einem Antrag, den die Freien Demokraten bei den letzten Haushaltsberatungen vorgelegt haben, und zwar gekoppelt mit einem ähnlichen Antrag der sozialdemokratischen Fraktion. Die Kollegen von der CDU/CSU haben diesem Antrag erfreulicherweise alle zugestimmt, soweit sie im Ausschuß anwesend waren. Ich möchte das hier ausdrücklich festhalten.
Wir sind nicht generell gegen Ausbildungszulagen. Aber eine Ausbildungszulage nach dem Gießkannenprinzip müssen wir entschieden ablehnen. Wir
*) Siehe Anlage 6 **) Siehe Anlage 3
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Moersch
möchten dem Hohen Haus Gelegenheit geben, die vor zwei Jahren getroffene Entscheidung, die wir für falsch halten, zu korrigieren. Da der Sozialdemokratische Pressedienst heute wieder erklärt hat, daß man mit diesem Gießkannenprinzip Schluß machen müsse, sollte es möglich sein, daß die sozialdemokratische Fraktion unserem Antrag zustimmt. Entsprechendes gilt für die Teile der CDU, die im Ausschuß mit uns einer Meinung gewesen sind.
Es wäre sicherlich eleganter, wenn wir diesen Antrag so gestellt hätten, daß er erst am 31. März nächsten Jahres wirksam wird, weil wir die Bundesregierung ja aufgefordert haben — wir alle gemeinsam in diesem Hause —, bis dahin ein Ausbildungsförderungsgesetz in unserem Sinne vorzulegen. Da wir uns hier aber aus systematischen Gründen für einen Gesamthaushalt entscheiden müssen, soll es dann Aufgabe der Bundesregierung sein, ihre Arbeit entsprechend zu beschleunigen. Wir sind bereit, ein Loch von drei Monaten notfalls hinzunehmen. Das scheint uns sinnvoller zu sein, als jetzt komplizierte Regelungen zu treffen.
Sie haben heute und hier Gelegenheit, Entscheidungen zu korrigieren, die in der Öffentlichkeit mit Recht kein Verständnis gefunden haben, weil danach denen, die es wirklich brauchen, zu wenig, und denen, die es nicht brauchen, etwas gegeben wird, was sie nicht wollen, so daß damit der Staat in Wahrheit in Mißkredit gebracht wird. Das ist der Grund, weshalb wir Ihnen bei der Beratung des Finanzplanungsgesetzes Gelegenheit geben möchten, die Be- schlösse des Hohen Hauses von Grund auf zu korrigieren, indem Sie den ganzen Art. 10 heute so ändern, wie wir es vorgeschlagen haben, und damit auch die Möglichkeit zu einem wirklichen Neubeginn für eine gezielte Ausbildungsförderung im Sinne unserer gesamten Bildungspolitik schaffen.
Die Bundesregierung sollte bei ihrer jetzigen Mehrheit leichter die Möglichkeit haben, zu einem Übereinkommen mit den Ländern zu gelangen, als das früher der Fall gewesen wäre. Ich hielte es für wenig sinnvoll, wenn Sie hier Mehrheiten bilden, mit denen die Verfassung geändert werden kann, wenn Sie aber dann nicht den Mut haben, von einem solchen Instrument in einem so wichtigen Punkt Gebrauch zu machen.
Deshalb halte ich unseren Antrag nicht nur für finanzpolitisch richtig, sondern auch für bildungspolitisch sinnvoll und nützlich und bitte um Unterstützung des ganzen Hauses.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Baier.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, der Kollege Moersch hat in die falsche Schublade gegriffen. Es geht hier nämlich nicht darum, speziell Ausbildungsförderung zu betreiben, sondern bei der Ausbildungszulage geht es um einen Bestandteil des
Familienlastenausgleichs im Rahmen des Bundeskindergeldgesetzes.
Sie müssen jede Maßnahme, die Sie ergreifen, unter dem Aspekt sehen, daß Sie im Rahmen des Familienlastenausgleichs etwas von dem nehmen, was wir den Familien gewährt haben, die Kinder in der Ausbildung und daher naturgegeben höhere Belastungen für diese Kinder haben. Das war der Grund.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Moersch?
Aber bitte!
Herr Kollege Baier, wollen Sie damit sagen, daß Ihre Kollegen im Jugend- und Familienausschuß, die einstimmig mit uns eine Veränderung beantragt haben, alle völlig mißorientiert sind und offensichtlich nicht im Sinn und Geist ihrer Fraktion gehandelt haben?
Herr Kollege Moersch, über den Bericht des Jugend- und. Familienausschusses gibt es eigenartigerweise verschiedene Interpretationen darüber, was damit gemeint war.
Natürlich sind sich alle in diesem Hause im klaren, daß wir ein Ausbildungsförderungsgesetz brauchen. Darum bemühen wir uns, und ich glaube, das ist eine Aufgabe, der sich dieses ganze Haus alsbald stellen muß.
Aber wenn Sie hier und heute die Streichung des Art. 10 beantragen, dann nehmen Sie aus dem Familienlastenausgleich einen Betrag heraus, der den Familien zugute kam, die Kinder auf eine höhere Schule schicken und dadurch besondere Belastungen haben.
Ich möchte folgendes sagen. Bislang wurde der Betrag sicherlich großzügiger gewährt. Auf Grund der gesamten Haushaltslage waren auch wir uns trotz aller Notwendigkeit darüber im klaren, gewisse Einschränkungen vornehmen zu müssen. Wir haben uns deshalb entschlossen, nun eine Beschränkung auf das unbedingt Notwendige vorzunehmen, d. h. eine analoge Regelung wie beim Kindergeld und dazu einige Härtefälle: Alleinstehende mit einem Kind mit einem Jahreseinkommen bis 7800 DM und diejenigen, die zwei Kinder in der Ausbildung haben. Das ist aber die Grenze des gerade noch Vertretbaren, wenn keine sozialen Härten auftreten sollen. Ich bitte daher, daß Sie, wenn wir diese Einschränkung vorgenommen haben, auch sehen, wo wir sonst noch im familienpolitischen Bereich bei diesem Finanzplanungsgesetz den Familien Lasten auferlegen, z. B. beim Mutterschutzgesetz und bei der Einschränkung der Wohnungsbauförderung. All das sind Dinge, die insbesondere unsere Familien mitzutragen haben. Wir glauben, wenn man eine völlige Streichung vornähme, wäre das eine erheb-
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Baier
liche Last und vom Sozialpolitischen her gesehen eine nicht zu vertretende Maßnahme, die auf den Rücken der Familien ausgetragen würde. Deshalb bitte ich Sie, diesen Antrag der FDP abzulehnen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will kurz vor der Abstimmung nur in einem Satz klarmachen, was hier beschlossen werden soll. Wenn die Fassung, die im Haushaltsausschuß beschlossen worden ist, hier beschlossen wird, bedeutet das 55 Millionen DM mehr, als die Regierungsvorlage zum Inhalt hat.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Hermsdorf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausbildungszulage und eine gezielte Ausbildungsförderung sind in diesem Hause, in den einzelnen Fraktionen und in den einzelnen Ausschüssen, häufig Gegenstand der Diskussion gewesen. Niemand in diesem Hause bestreitet, daß man zu einer gezielten Ausbildungsförderung kommen muß.
Wir haben hier durch unsere Sprecher, teilweise mich selbst, diesen Punkt angeschnitten und haben geglaubt, mit einer gezielten Ausbildungsförderung wesentlich schneller voranzukommen, als das bisher geschehen ist.
Was den Vorwurf angeht, Herr Moersch, wenn wir hier schon verfassungsändernde Mehrheiten hätten, sollten wir an die Arbeit gehen, — das tun wir. Wir halten das sogar für eine Aufforderung!
Nur werden Sie doch zugeben, daß eine so, auch zwischen Bund und Ländern, umstrittene Frage wie die Frage der gezielten Ausbildungsförderung, nachdem die Regierung ganze acht Tage besteht, noch nicht gelöst werden kann.
Das zweite Problem, das Sie völlig außer acht lassen, ist hier von Herrn Baier dargestellt worden. Dieser Beschluß, der ein Mehrheitsbeschluß des Familienausschusses war
— entschuldigen Sie, wir reden von zwei verschiedenen Beschlüssen — geht darauf aus, die bisherige Ausbildungszulage zumindest dort zu erhalten, wo soziale Härten vorhanden sind.
Sie können von uns nicht erwarten, daß wir soziale Härten einfach vorn Tisch wischen, solange keine andere, gezielte Ausbildungszulage an diese Stelle getreten ist.
Die SPD-Fraktion ist nach wie vor der Auffassung, daß die Ausbildungszulage kein Ersatz für eine gezielte Ausbildungsförderung ist. Sie erwartet deshalb, daß die Bundesregierung entsprechend den einstimmigen Beschlüssen dieses Hauses — da komme ich auf Sie — Überlegungen anstellt, um ein entsprechendes Ausbildungsförderungsgesetz zu schaffen. Das bedarf der Energie und der Zusammenarbeit mit den Ländern. Wir möchten die Bundesregierung auffordern, diese Arbeit unverzüglich in Angriff zu nehmen. Ansonsten stimmen wir dem Antrag der CDU/CSU zu.
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Hermsdorf bedürfen einer klaren Ergänzung. Herr Kollege Hermsdorf, es ist unbestritten, daß hier soziale Härten entstehen. Ich habe gesagt, daß sie noch drei Monate bestehen. Man kann ja notfalls einen Änderungsantrag dazu stellen. Auch wir haben unter Zeitdruck gestanden, nachdem die Dinge erst gestern klargeworden sind und heute morgen beraten werden mußten.
Aber erstaunlicherweise hat ein großer Teil Ihrer Fraktion, Herr Kollege Hermsdorf — wie ich nachher erfuhr, offensichtlich genau die Hälfte wie bei uns damals —, die Meinung vertreten, daß das Gesetz, wie es nahezu einstimmig bei einigen Enthaltungen im Bundestag verabschiedet wurde, immer noch ziemlich sinnlos war, gerade im Blick auf die soziale Härte, und daß man es anders machen müsse.
Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie jetzt eine falsche Regelung nicht nur zementieren, sondern noch um 55 Millionen DM aufstocken, wie das gegenüber der Regierungsvorlage geschehen ist — —
— Herr Dr. Wuermeling, es kommt halt immer darauf an, wie man rechnet.
— Wenn Sie von dem ausgehen, was früher gewesen ist, mögen Sie recht haben. Wir gehen von dem aus, was vorgelegt worden ist und was dann im Ausschuß verändert worden ist. Wir sind dann auf dem letzten Stand, und Sie sind auf dem vorletzten Stand, das ist der ganze Unterschied.
— Herr Schmitt, Sie haben es gut sagen, nach allen Seiten. Die Frage ist doch, ob Sie hier eine von weiten Kreisen auch dieses Hauses als Fehlentscheidung anerkannte Regelung zementieren und durch einige Korrekturen noch etwas verschlimmbessern wollen oder ob Sie jetzt einen Schnitt machen wollen und damit einen neuen Anfang setzten wollen. Das ist das Entscheidende.
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Moersch
Ich sage ganz offen, ich weiß, Herr Hermsdorf — das ist kein Vorwurf gewesen —, daß es bis zum 31. Dezember nicht möglich ist, ein solches Gesetz zu machen. Aber wir sind bei unserem Antrag im vergangenen Jahr ursprünglich davon ausgegangen, daß die Bundesregierung im Herbst eine Vorlage machen sollte. Dann ist das auf den 31. Dezember verlegt worden.
— Unbestritten, Herr Hermsdorf! Regen Sie sich nur nicht auf. Das ist wahr. Dann haben wir gemeinsam gesagt: Wir wollen der Regierung bis zum März Zeit lassen. Es entsteht also das, was Sie als Härte bezeichnen, für eine kleine Gruppe der Bevölkerung für die Dauer von drei Monaten, also gewissermaßen ein Loch von drei Monaten, mehr nicht. Und dann muß etwas Richtiges kommen. Denn mit Herrn Baier, Herr Hermsdorf, werden wir nie einig werden. Ob Sie mit ihm in seiner Argumentation künftig einig werden, kann ich natürlich nicht voraussagen. Ich glaube allerdings auch in diesem Falle nicht an Wunder. Denn ich sehe hier den Kollegen Westphal, der wirklich einen Salto mortale schlagen müßte, wenn er plötzlich die Argumentation von Herrn Baier und Herrn Dr. Wuermeling übernehmen sollte.
Ich bin also der Meinung, es gibt für eine sinnvolle Regelung in diesem Hause eine Mehrheit. Es hat eine einstimmige Mehrheit im Ausschuß für Familien- und Jugendfragen gegeben, — in Abwesenheit derjenigen, die vielleicht anderer Meinung waren, aber das ist ja nicht unsere Schuld. Jedenfalls gab es eine ganze Reihe CDU-Kollegen, die das für sehr vernünftig gehalten haben, was SPD und FDP dort als gemeinsamen Antrag schließlich beschlossen haben. Daran möchte ich Sie erinnern.
Wenn Sie nun hier ständig von dem großen Loch im Haushalt reden, dann bin ich der Meinung, Sie können hier zur Tat schreiten, Sie können hier eine gute Tat vollbringen, wenn Sie unserem Antrag folgen. Er würde zunächst eine gewisse Härte bedeuten; aber er bedeutet auch den notwendigen Druck, daß wirklich etwas Vernünftiges geschieht. Wenn Sie diesen Druck nicht ausüben, dann, glaube ich, werden Sie auch nichts Vernünftiges zuwege bringen.
Herr Hermsdorf, Sie haben dann gesagt, Sie würden von der verfassungsändernden Mehrheit Gebrauch machen. Die Anspielung ist ziemlich klar.
— Haben Sie es anders gemeint? Dann will ich es gar nicht erst erwähnen, denn das würde in diesen Zusammenhang sehr schlecht passen. Ich bin der Meinung, wenn Sie über eine Finanzreform und ähnliche Dinge, z. B. Bundesfinanzverwaltung, beschließen wollen, dann haben Sie auch die FDP auf Ihrer Seite. Und wenn Sie diese Verfassung so umbauen wollen, daß ein sinnvoller kooperativer Föderalismus entsteht, z. B. auch auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung, haben Sie jederzeit unsere Unterstützung, und ich sage Ihnen, Sie wer-
den sie gegen diese Mitte des Hauses dringend brauchen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Hermsdorf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß ich noch einmal auf Herrn Moersch antworten muß. Herr Moersch, ich möchte Sie daran erinnern, daß die jetzt zur Abstimmung stehende Ausbildungszulage gegenüber der Regierungsvorlage eine sehr entscheidende Änderung erfahren hat. Wir waren der Auffassung, daß die Regierungsvorlage in dieser Frage nicht genügend war. Sie vergessen dabei, daß jetzt hier eine Änderung beschlossen worden ist, daß jetzt die Ausbildungszulage an das Kindergeld und an die Einkommensgrenze gebunden ist; und gerade weil dies beschlossen wurde, haben wir uns dazu durchgerungen, dem zuzustimmen. Denn wenn wir das ablehnen, bevor wir eine gezielte Ausbildungsförderung haben, geben wir den Ärmsten der Armen nicht die Möglichkeit, Ausbildungszulagen zu erhalten. Das ist der Sinn.
Wir können dann abstimmen. Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 108 unter Ziffer 3. Wer zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen dann über Art. 10 in der Fassung der Regierungsvorlage ab. Wer zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. — Gegenprobe! — Gegen die Stimmen einer kleinen Minderheit angenommen!
Art. 11 und Art. 12 entfallen.
Ich rufe Art. 13 auf. Hierzu liegt der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 108 unter Ziffer 4 vor. Wird der Antrag begründet? — Zur Begründung Herr Abgeordneter Dorn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Auftrage der Fraktion der Freien Demokratischen Partei begründe ich den Antrag auf Streichung der Nr. 2 in Art. 13 § 2 des vorliegenden Gesetzentwurfs.
Meine Damen und Herren, die Formulierung, die jetzt in der Drucksache V/1203 als Beschluß des Haushaltsausschusses vorliegt, ist einen sehr problematischen Weg gegangen. Ausgangsposition der Gespräche über die nunmehr gefundene Formulierung war die Frage der Neuregelung der Doppelversorgung und des Wegfalls des Entlassungsgeldes von 500 DM für frühere Beamte, Unteroffiziere usw. nach dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes. Die Regierungsvorlage fand im Innenausschuß des Deutschen Bundestages keine Befürwortung. Der Innenausschuß hat einmütig beschlossen, die Regierungsvorlage in beiden Punkten, einmal mit einer
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Dorn
Auswirkung von 7,5 Millionen DM und einmal mit einer Auswirkung von 10 Millionen DM, abzulehnen.
Es ist dann allerdings, für uns Freie Demokraten unverständlich, eine neue Entscheidung im Innenausschuß getroffen worden — von den einen freudig eingebracht, von den anderen etwas zögernd mitgemacht —, nämlich über die Rückschraubung der strukturellen Entwicklung und der Überleitung der früheren Unteroffiziere nach dem Gesetz zu Art. 131.
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist in der vorigen Legislaturperiode einstimmig von allen drei Fraktionen des Deutschen Bundestages verabschiedet worden. Wir selbst haben uns damals in ganz besonderem Maße dafür eingesetzt. Ich erinnere mich auch der Unterstützung der Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, als es darum ging, den Unteroffizieren nunmehr ihr Recht widerfahren zu lassen. Auch eine Reihe von Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion hatten sich in ganz besonders vorbildlicher Weise für diese Regelung eingesetzt; ich denke nur an den Kollegen Dröscher.
Nun, meine Damen und Herren, was ist aus dieser Regelung, die wir für sachlich berechtigt hielten und die wir in der vergangenen Legislaturperiode in diesem Hause einmütig verabschiedet haben, inzwischen geworden? Man hat mit den Stimmen der christlich-demokratischen und der sozialdemokratischen Mitglieder des Innenausschusses das, was wir im vorigen Jahr beschlossen hatten, zur Ablehnung dem Haushaltsausschuß als neue Vorlage zugeleitet, obwohl die Bundesregierung gar nicht beabsichtigt hatte, in dieser Frage nunmehr eine Schlechterstellung der Berufsunteroffiziere vorzunehmen. Der Haushaltsausschuß hat jetzt beschlossen, das Entlassungsgeld für die Berufsunteroffiziere doch so zu regeln, wie es die Regierungsvorlage vorgesehen hatte, den Beschluß des Innenausschusses nicht zu akzeptieren und hier eine Mehrentlastung in Höhe von 10 Millionen DM herbeizuführen.
Gleichzeitig erleben wir nunmehr ein sehr trickreiches Verfahren. Der Haushaltsausschuß hat nicht nur die Beschlüsse des Innenausschusses nicht akzeptiert, sondern er hat gleichzeitig den vom Innenausschuß nur zur Deckung der beiden anderen Positionen vorgeschlagenen Weg eingeschlagen und eine weitere Rückstufung der bereits geschlossenen besoldungsstrukturellen Überleitungen vorgenommen.
Wir können nur feststellen, daß hier ein äußerst problematischer Wege beschritten wird. In der vierten Novelle zum 131er-Gesetz haben wir in diesem Hause einmütig dafür gesorgt, daß die bisherige Schlechterstellung der betroffenen Berufsunteroffiziere endgültig beseitigt wird. Wenn Sie, meine Damen und Herren, jetzt das akzeptieren, was Ihnen in dem Antrag Drucksache V/1203 des Haushaltsausschusses vorgelegt wird, begehen Sie nicht nur den Weg der weiteren Schlechterstellung dieser Gruppe. Sie bestrafen die gleiche Gruppe aus dem 131er-Gesetz zweimal, indem Sie Ihnen das Entlassungsgeld wieder wegnehmen, das wir bewilligt hatten, und zusätzlich bei der strukturellen
Überleitung ihrer Versorgungsbezüge eine weitere Kürzung vorsehen.
Meine Damen und Herren, wir halten es für unmöglich, wenige Monate vor der Neuwahl des Bundestages ein von allen Fraktionen des Hauses einmütig gegebenes Versprechen einzulösen und wenige Monate später dann eine doppelte Bestrafung dieses Personenkreises einzuführen. Wir bitten Sie daher um Unterstützung für unseren Streichungsantrag.
Das Wort hat der Abgeordnete Brück .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß doch zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Dorn einige sachliche Anmerkungen machen, die wahrscheinlich der Klarstellung und der Wahrheit dienen.
In der Regierungsvorlage für das Finanzplanungsgesetz war vorgesehen, daß das Zusammentreffen von Pension und Rente entgegen dem Beschluß des 4. Deutschen Bundestages und praktisch entgegen dem Haushaltssicherungsgesetz neu geregelt werden sollte. Weiterhin war in der Regierungsvorlage zum Finanzplanungsgesetz der Wegfall des sogenannten Abfindungsgeldes in Höhe von 500 DM vorgesehen. Der federführende Ausschuß für Inneres — der „Ausschuß für Beamte und öffentliche Fragen", so möchte ich einmal sagen - hat sich gutachtlich dazu geäußert.
Nun taucht natürlich überall und immer wieder die Frage auf: wenn ich das eine nicht will, wie kann ich dann das andere machen? Das war die Grundfrage. Ich selber habe mit allen Mitgliedern des Ausschusses, wie ich glaube sagen zu können und sagen zu müssen, den Standpunkt vertreten, daß wir die Frage des Zusammentreffens von Pension und Rente, die sieben Jahre lang in diesem Deutschen Bundestag praktisch geschlummert hat, nun nicht wieder neu anpacken sollten. Wir wollten es tatsächlich bei dem Beschluß des 4. Deutschen Bundestages belassen, wenn auch das Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften, in dem die Regelung dieses Falles enthalten ist, um ein Jahr verschoben worden war.
Wir haben damals mit diesem Dritten Gesetz zur Änderung beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften drei Probleme neu geregelt, nämlich erstens das Zusammentreffen von Pension und Rente, zweitens die Ruhensvorschriften und drittens die sogenannte strukturelle Überleitung der Versorgungsempfänger des Bundes, und hier spielte dieses Problem der Unteroffiziere hinein. Die Meinungen gingen damals auseinander.
Es ist nun nicht so, als würde alles das, was bei der strukturellen Überleitung geschaffen worden ist, jetzt restlos wieder beseitigt. Nein, so ist es nicht.
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Brück
Immerhin wird eine Höherstufung, so möchte ich einmal sagen — in dem Zusammenhang kann man nämlich eigentlich nicht von struktureller Überleitung, sondern muß man von Höherstufung sprechen —, bis A 7 durchgeführt, und zwar auch dann, wenn die Vorlage des Haushaltsausschusses angenommen wird. Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn man das alles nicht hätte zu machen brauchen. Ich darf sagen: ich habe in dem Zusammenhang auch persönlich einiges erlebt. Ich möchte das hier nicht mehr rekonstruieren. Aber jeder, der die Verhandlungen mitgemacht hat, weiß, wie wir uns wochenlang um die Lösung der Fragen gemüht und geplagt haben.
Natürlich wird dieser Personenkreis jetzt nicht ganz zufrieden sein; das sehe ich ohne weiteres ein. Aber wenn man alles das tun will, was man gern möchte, muß man auf der anderen Seite auch für die Deckung sorgen. Und das war eben unser Anliegen. Wir standen tatsächlich vor der Frage: das eine oder das andere? Deshalb glaubten wir, eine Empfehlung an den Haushaltsausschuß aussprechen zu sollen. Der Haushaltsausschuß hat nach dieser Empfehlung gehandelt.
Herr Kollege Dorn, von einer Doppelbestrafung würde ich nicht sprechen. Etwas ist für diese Leute trotz allem erhalten geblieben, und ich könnte mir vorstellen, daß das von diesem Personenkreis immerhin auch noch in der richtigen Form gewürdigt wird.
Ich möchte Sie deshalb bitten — ich könnte hier
noch lange Ausführungen darüber machen —, dem Änderungsantrag der FDP nicht zuzustimmen. Wenn man das andere haben will, muß man vielleicht auf das eine verzichten. Ich bitte deshalb nochmals, es bei der Ausschußfassung zu belassen, also die Fassung des Haushaltsausschusses anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Lautenschlager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Ausführungen des Herrn Kollegen Brück möchte ich folgendes hinzufügen.
Dem Ausschuß war nur übriggeblieben, zwischen zwei Übeln abzuwägen. Dabei ist festzustellen, daß die strukturelle Überleitung der Unteroffiziere mit 12 und weniger als 18 Dienstjahren nicht in der Regierungsvorlage enthalten war, sondern daß die Wiederherstellung der Regierungsvorlage zur Doppelversorgung im Innenausschuß nach dem Prinzip der Besitzstandswahrung keineswegs umstritten war. Es war daher nur möglich, sich im Kreis der Ruhestandsbeamten um eine Solidaritätslösung zu bemühen, und die ist, wenn im Hinblick auf die Haushaltslage auch widerstrebend, gefunden worden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal darf ich für die FDP noch nachtragen, daß wir gemeinsam mit den beiden anderen Fraktionen die Neuaufrollung der Doppelversorgung verhindert haben. Diese Neuaufrollung war ja leider in dem Finanzplanungsgesetz von ,der Regierung vorgesehen. Man kann also vorausschicken: es ist ein großer Erfolg des Parlamentes, insbesondere auch des Innenausschusses, daß diese Dinge nun endgültig klargestellt sind und im Kreise der Betroffenen Ruhe eintreten kann; denn schon seit sieben Jahren werden die hiervon betroffenen Kreise mit irgendwelchen Ankündigungen von Neuregelungen mit dem Ziele der Rechtsminderungen beunruhigt.
Meine Damen und Herren, die Behandlung der beiden anderen Frage ist allerdings leider recht unerfreulich verlaufen. Wir haben einmal die Angelegenheit der nicht wieder im öffentlichen Dienst verwendeten Unteroffiziere, soweit es deren strukturelle Verbesserung bis nach A 8 der Besoldungsordnung betrifft. Hier haben wir gegen Ende des 4. Bundestages nichts anderes getan, als die allgemeinen Grundsätze für das Beamten- und Besoldungsrecht auch auf die früheren Berufssoldaten anzuwenden. Man muß sagen, es war damals ein großer Erfolg, daß das geschehen konnte, wofür sich die FDP besonders eingesetzt hatte.
Wir würden es daher außerordentlich bedauern, wenn man diesen Erfolg jetzt wieder zunichte machte, zumal die Regierung im Finanzplanungsgesetz die Herabstufung der Unteroffiziere von A 8 nach A 7, wie sie jetzt geschehen soll, nicht vorgesehen hatte. Das läuft nämlich darauf hinaus — ich darf es einmal sehr pointiert sagen —, daß man Grundsätze, die man für das gesamte Beamten- und Besoldungsrecht entwickelt hat, für diesen Personenkreis, nämlich für die ehemaligen Berufssoldaten, genau genommen für die ehemaligen Berufsunteroffiziere, nicht anwenden will, wodurch man diesen Personenkreis betont schlechter stellt. Das erinnert beinahe fatal an die Zeit der ersten Jahre nach 1945.
Die andere Frage bezüglich der Abfindungsverbesserung um 500 DM, die auch wieder in der Hauptsache die Unteroffiziere betrifft, ist insofern besonders schwierig, als sich zwei Fraktionen dieses Hauses, nämlich die sozialdemokratische und die freie demokratische Fraktion, seit eh und je darum bemüht hatten, diesen Kreis der Unteroffiziere mit voller Rechtsstellung in das 131-Gesetz einzubeziehen. Gewissermaßen als Ersatz dafür, 'daß diese Absicht aus haushaltsrechtlichen Gründen im 4. Deutschen Bundestag nicht verwirklicht werden konnte, wurde damals die Abfindung um 500 DM erhöht. Damit sollte diese Angelegenheit dann endgültig bereinigt sein.
Wenn man jetzt diesem Kreis die 500 DM wieder entzieht, taucht naturgemäß die ganze Problematik hinsichtlich dieses Personenkreises wieder von neuem auf.
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Dr. Miessner
— Natürlich wird das jetzt wieder umstritten. Denn diese Regelung war als mindere Maßnahme gegenüber der an sich stärkeren Maßnahme, sie mit vollem Recht einzubeziehen, getroffen worden. Es würde also bedeuten, daß damit die Frage, die an sich abgeschlossen war, mit dieser jetzt beabsichtigten Streichung erneut auf den Tisch käme. Daher hat mein Fraktionskollege Dorn bereits angekündigt, die FDP werde das Problem auf jeden Fall noch einmal aufgreifen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die jetzige Debatte ist ein Paradebeispiel dafür, wie es in den kommenden Wochen und Monaten in diesem Haus zugehen wird, wenn konkret über Sparen gesprochen werden muß.
Alle Beteiligten sind selbstverständlich mit großen und nachdrücklichen Ausführungen dafür, daß Beschlüsse aus früheren Jahren, die ganz einfach die vorhandenen Mittel überzogen haben, rückgängig gemacht werden. Wenn wir dann aber zu dem Bereich kommen, in dem die Betreffenden hier im Parlament verantwortlich tätig sind, dann ist es ganz klar, daß sie betonen, man müsse einen Ausgleich bei anderen Etats suchen. So kommen wir natürlich nicht weiter.
Wir müssen uns alle gemeinsam überlegen, wie wir mit den Haushaltsproblemen fertig werden, die uns wirklich auf den Leib gerückt sind.
In alledem, was heute hier von Ihnen gesagt worden ist, Herr Kollege Dorn und Herr Kollege Miessner, ist doch völlig untergegangen, daß die Vierte Novelle zur Gesetzgebung zu Art. 131 am 1. Januar 1967 endgültig mit einem Volumen von fast 400 Millionen DM Mehrausgaben in Kraft treten soll.
Ich wäre wirklich sehr dankbar, wenn Sie auch darüber etwas gesagt und anerkannt hätten, daß es gelungen ist, die Novelle bei all den Streichungen in diesem großen Umfange in Kraft treten zu lassen. Jetzt kommen Sie mit 20 und 10 Millionen DM und wollen daran den Wert der gesamten Sachfragen messen.
Herr Kollege Miessner, ich muß Ihnen ganz klar sagen: mit dem Streichungsantrag ist gegen keine Gruppe irgend etwas ausgesagt worden. Wenn es so wäre, wie Sie gesagt haben, dann wäre Ihr Finanzminister ein Mann gewesen, der sehr schlimm gegen die Berufssoldaten eingestellt gewesen wäre; denn er hat diesem Haus das vorgelegt, was heute hier beschlossen werden soll.
— Doch, das stand in der Regierungsvorlage der
vergangenen Legislaturperiode. Meine Damen und
Herren, Ihr Finanzminister hat in einer Rede von
diesem Platze aus gesagt, mit den Vorschlägen Ihrer Fraktion seien die Möglichkeiten des Bundes überzogen. Damals sind dann aber die zahlreichen Ausgabenbeschlüsse gefaßt worden, gegen die leider damals der Art. 113 des Grundgesetzes nicht angewandt worden ist. Deshalb müssen wir jetzt hier manches rückgängig machen.
Auch wir haben noch eine große Zahl von Vorschlägen für Wohltaten, die wir gern einer ganzen Reihe von Gruppen zukommen lassen würden. Leider aber können wir angesichts der heutigen Lage nicht darüber hinausgehen. Wenn wir die Versorgungsbestimmungen retten wollen, die wir hier mit soviel Mühe durchgesetzt haben, und wenn nicht sonstige Abstriche an der Vierten Novelle gemacht werden sollen, können wir nicht anders verfahren, wenn wir keine konkreten Deckungsvorschläge haben. Ich bitte herzlich darum, in diesem Sinne die Entscheidung zu treffen.
Ein Wort zur Frage der Abfindungen, und das sage ich Ihnen, Herr Kollege Dorn. Bei der ersten Gelegenheit, bei der uns die Bundesregierung Unterlagen über die wirklichen Ausgaben der Vierten Novelle liefern wird, werden wir uns mit dafür einsetzen — und da haben Sie unser politisches Wort —, daß die Ablösungen für diesen Personenkreis, wenn irgend möglich, baldigst erfolgen.
Das ist eine Summe von 10 Millionen DM. Ich kann heute und hier nicht sagen, wie schnell wir das machen können. Aber das gehört mit zu den Aufgaben, die wir bei der Abschlußnovelle verwirklichen wollen.
Schweren Herzens sollten wir der Vorlage zustimmen, weil wir damit die Grundlagen der Vierten Novelle und die Versorgung — ein entscheidendes Petitum — auch in der augenblicklichen Situation erhalten.
Das Wort hat der Abgeordnete Dorn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein Wort des Dankes an den Kollegen Schmitt-Vockenhausen sagen. Wir nehmen das mit Freude zur Kenntnis, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen. Nur muß ich Ihnen erwidern: das, was Sie zur Sache gesagt haben, ist in unserem Antrag gar nicht enthalten. Wir sind sowieso davon ausgegangen, daß die Frage der 500 DM für die Unteroffiziere in jedem Fall in der Abschlußnovelle geregelt werden muß. Aber das haben wir gar nicht beantragt und auch nicht begründet. Unsere Begründung geht einzig und allein dahin, die strukturelle Überleitung für die Berufsunteroffiziere in jedem Fall auch mit der Durchstufung bis zur Stufe A 8 zu erreichen.
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, Sie sagen: Um die 10 Millionen DM mußten wir nun ringen und dafür einen Deckungsvorschlag finden; den haben wir nicht gefunden, und deswegen mußte das so lau-
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Dorn
fen. Nun, es sind noch keine 30 Minuten her, da haben Sie über 140 Millionen DM Mehrausgaben entschieden, ohne auch nur für einen Pfennig einen Deckungsvorschlag zu haben.
— Noch mehr sogar, Herr Kollege Leicht. Sie haben recht, bei zwei Positionen.
— Entschuldigung, wir haben dagegen gestimmt — in einem Fall.
— Aber, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, das ist doch völlig uninteressant. Ich will nur sagen, daß man die Relationen in diesem Punkt — 140 Millionen DM — nicht so setzen kann. Wenn Sie das Verlangen an uns stellen, dann hätten Sie gleichzeitig auch für die 140 Millionen DM durch Ihre Sprecher einen Deckungsvorschlag machen müssen. So einfach kann man sich halt die Dinge nicht machen, daß man hier innerhalb von 30 Minuten völlig gegensätzliche Auffassungen vertritt Aber das steht jetzt nicht mehr zur Debatte.
Es geht mir nicht darum, ob die Vierte Novelle ein großer Erfolg war. Wir sind mit Ihnen der Meinung, daß sie eine erhebliche Verbesserung gebracht hat. Alle Fraktionen dieses Hauses haben dem zugestimmt.
Ein Wort möchte ich noch dem Kollegen Brück sagen. Sie sind hier heraufgekommen und haben erklärt, daß Sie um der Wahrhaftigkeit willen zu meinen Ausführungen Stellung nehmen müßten. Nachdem ich Ihre Ausführungen gehört habe, muß ich feststellen, daß Sie in keinem Fall eine andere Sachaussage gemacht haben als ich. Nur in einem Punkt haben Sie erklärt, Sie würden nicht davon sprechen, daß eine Doppelbestrafung für die Berufsunteroffiziere eintreten würde. Dazu muß ich Ihnen sagen: die Berufsunteroffiziere werden ihr Entlassungsgeld von 500 DM, das wir ihnen gesetzlich versprochen hatten, auf absehbare Zeit nicht erhalten. Und Sie wollen — zusammen mit den Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion — die Durchstufung nach A 8, die ebenfalls gesetzlich beschlossen war, jetzt nicht mehr durchziehen. — Genau diesen Punkt habe ich mit dem Begriff „Doppelbestrafung der betroffenen Kreise" gemeint. Ich darf also feststellen, daß in der Sachaussage zwischen uns beiden in der Frage, die hier anstand, keine Differenzen in der Beurteilung bestanden haben.
Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über § 1 des Art. 13 ab, sodann über § 2, den die FDP gestrichen wissen will. Wer dem § 1 des Art. 13 zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Einstimmig angenommen.
Dann rufe ich § 2 des Art. 13 auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Mit großer Mehrheit angenommen.
Damit ist Art. 13 — §§ 1 und 2 — entsprechend der Vorlage angenommen.
Die Art. 14 und 15 entfallen.
Ich rufe Art. 16 auf. Wer zustimmt,. gebe Zeichen. — Angenommen.
Zu Art. 17 liegt ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Rehs auf Umdruck 120 *) vor. Herr Abgeordneter Rehs wird ihn begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, daß ich ein ziemliches Wagnis eingehe, hier in die festgefügte Phalanx der finanziellen Überlegungen einzubrechen. Trotzdem meine ich, daß bei unbefangener Beurteilung der Gründe, die hier ganz kurz vorzutragen ich mir erlauben werde, doch eine Möglichkeit bestehen sollte, zu prüfen, ob es nicht richtig ist, dem von mir gestellten Antrag zuzustimmen.
Mit dem Art. 17 des Gesetzentwurfs soll § 2 des Siedlungsförderungsgesetzes gestrichen werden. Dieser Paragraph enthält die Verpflichtung der Bundesregierung, Mittel für die ländliche Siedlung auch für die einheimischen Bauern und Bauernsöhne zu gewähren. Wird diese Verpflichtung beseitigt, würde der Bund in Zukunft nur noch die ländliche Siedlung für Vertriebene finanzieren. Damit würde ein entscheidender Eingriff in das ganze bäuerliche Siedlungswesen erfolgen. Ich halte es nicht für richtig, diesen Eingriff ohne Berücksichtigung der damit verbundenen Folgen in diesem Gesetz zu vollziehen.
Das ist nicht nur meine Meinung. Der Agrarausschuß des Bundesrates, der Vertriebenenausschuß des Bundestages und der Agrarausschuß dieses Hauses haben sich für die Aufhebung des Art. 17 ausgesprochen. Denn bei einer Herausnahme der ländlichen Siedlung aus der Obhut des Bundes würden in der Praxis zwischen der Siedlung für die Einheimischen und der Siedlung für die vertriebenen Bauern unabsehbare Differenzen entstehen. Die Planung, die Durchführung, die Betreuung für die beiden Gruppen würden unweigerlich zu Verzögerungen, zu Reibungen, zu Hemmungen und allen möglichen Erschwerungen führen. Sie würden darüber hinaus höchst unerwünschte menschliche und politische Belastungen mit sich bringen. Gerade die Heimatvertriebenen — das darf ich als Vorsitzender des Vertriebenenausschusses dieses Hauses mit allem Nachdruck sagen — wollen keine Kluft zwischen sich und ihren einheimischen Berufskameraden. Sie wollen ganz gewiß die Erfüllung der im Bundesvertriebenengesetz, im zweiten Fünfjahresplan usw. zu ihren Gunsten festgelegten Verpflichtungen. Aber sie fühlen sich auch mit den berechtigten Siedlungsbedürfnissen der einheimischen Bauern solidarisch. Sie wollen von diesen Kollegen nicht getrennt und durch eine Regelung, wie sie jetzt erfolgen würde, in Gegensatz zu ihnen gebracht werden.
Meine Damen und Herren, die mit der Streichung des § 2 des Siedlungsförderungsgesetzes verbundenen Folgen müssen vermieden werden. Deshalb
*) Siehe Anlage 7
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Rehs
halte ich den Art. 17 in der bisherigen Vorlage für nachteilig und falsch.
Ich möchte hierzu noch eine letzte Bemerkung machen. Der Art. 17 ist auch aus der finanzpolitischen Perspektive und im Hinblick auf den finanzpolitischen Zweck des ganzen Gesetzes nicht erforderlich, denn das finanzpolitische Ziel kann auch ohne eine Änderung des Siedlungsförderungsgesetzes verwirklicht werden. Dieses Gesetz enthält ja eine ausdrückliche Haushaltsklausel, d. h. es kann ohnehin nur im Rahmen der im Haushalt bereitgestellten Mittel verfügt werden. Es hängt also von der Haushaltsgesetzgebung ab, daß die Angelegenheit so gehandhabt wird, wie es im Rahmen der finanziellen Überlegungen möglich erscheint.
In Art. 17 aber handelt es sich nicht nur um eine summarische und pauschale, generelle Finanzregelung, sondern hier wird ein Prinzip gebrochen und eine grundsätzliche Entscheidung getroffen, die aus den von mir angeführten Gründen verfehlt ist. Deshalb bitte ich Sie, unter Beachtung der Stellungnahme der Fachausschüsse im Bundesrat und Bundestag jetzt nicht im Brachialwege eine unnötige, aber folgenreiche Entscheidung über die ganze Grundlage der bäuerlichen Siedlung zu treffen, sondern bitte Sie, meinen Antrag auf Aufhebung des Art. 17 zu unterstützen.
Das Wort hat der Abgeordnete Windelen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Umdruck 120 liegt mir nicht vor; ich habe ihn auch bei meinen Kollegen nicht vorgefunden. Ich nehme aber an, daß er eine Streichung des Art. 17 zum Inhalt hat.
Vielleicht darf ich ihn verlesen: „Artikel 17 wird gestrichen."
Ich möchte zu den Ausführungen oder — besser gesagt - gegen die Ausführungen, die Herr Kollege Rehs zur Sache gemacht hat, gar nichts sagen. Man kann sie nur unterstreichen. Das gilt im übrigen mehr oder weniger für alle Änderungsanträge, die hier gestellt wurden und wahrscheinlich noch gestellt werden.
Man kann natürlich auch zu einer umgekehrten Auffassung kommen. Herr Kollege Rehs hat völlig richtig ausgeführt, daß nach den §§ 2 und 3 des Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung bisher schon eine Zahlung nur im Rahmen der haushaltsmäßigen Möglichkeiten erfolgt. Wenn man davon ausgeht, daß der Haushalt wahrscheinlich ohnehin nichts hergibt, könnte man zu der Auffassung kommen, daß hier materiell kein Unterschied besteht. Das gilt dann aber natürlich nach beiden Seiten hin.
Zur Sache möchte ich lediglich noch dies hinzufügen. Eine weitere Förderung der Siedlungsaufgaben durch das Zweckvermögen Siedlungsförderung wird, Herr Kollege Rehs, das wissen Sie, durch die Annahme des Art. 17 ja keineswegs ausgeschlossen. Der Wegfall des Bundeszuschusses für die Zukunft bedeutet lediglich, daß das Zweckvermögen nicht mehr vermehrt wird. Die Rückflüsse stehen aber unverändert zur Verfügung, außerdem bleibt nach § 1 des Siedlungsförderungsgesetzes die Möglichkeit zur Übernahme von Bürgschaften zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung unverändert erhalten.
Ich muß Sie deswegen mit Rücksicht auf die Deckung des Haushaltes bitten, den Art. 17 unverändert anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Ertl.
-- Dann können wir über den Art. 17 abstimmen. Wer ihm zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. — Gegenprobe! — Mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe den Art. 18 auf. Wer ihm zustimmt, gebe bitte ein Handzeichen. — Hier kann ich einstimmige Annahme feststellen.
Ich rufe den Art. 19 auf. Dazu hat das Wort der Abgeordnete Dr. Seebohm.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dieser Frage gestatten Sie mir eine Bemerkung und eine Bitte. Es handelt sich hier, wie Sie ja wohl alle wissen, nicht um die Mineralölindustrie in ihrer Gesamtheit, sondern um die deutsche Mineralölgewinnung und -verarbeitung, einen Industriezweig, der sich im wesentlichen nach dem Kriege entwickelt hat, und zwar in Ländern und Gebieten mit einer schwachen Wirtschaftsstruktur, sowohl in Bayern wie in Niedersachsen wie in Schleswig-Holstein.
Wir haben durch den seinerzeitigen Abbau der Mineralölzölle, und zwar schon im Jahre 1958 und dann auch später noch einmal, diese Industrie in nicht unerhebliche Schwierigkeiten gebracht. Deswegen ist hier ein gewisses Bedenken am Platz, daß wir genötigt sind, dieser Industrie nun weitere Lasten aufzuerlegen, nachdem ihr — wie manchen anderen auch — ursprünglich zugesagt worden war, daß hier eine Übergangshilfe gegeben werden könne.
Nun, wenn wir das nicht können, so bleibt uns doch die Sorge, daß sich durch die Entwicklung in dieser Industrie ein Rückgang der Bohrungen und ein Rückgang der Förderung von deutschem Erdöl ergeben könnten.
Daher zu dieser Bemerkung meine Bitte, es einmal so zu belassen, wie es in der Regierungsvorlage steht, zum andern den Herrn Bundeswirtschaftsminister — er ist leider gerade weggegangen -ausdrücklich zu bitten, sich dieser deutschen Mineralölgewinnung besonders anzunehmen. Von Hamburg aus hat man nämlich früher immer der deutschen Mineralölgewinnung nicht jene Aufmerksam-
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Dr.-Ing. Seebohm
keit gewidmet, die ihr zukommt, weil man sich mehr um die ausländischen Verarbeitungsbetriebe bemüht hat.
Wir stimmen über Art. 19 ab. Wer zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme.
Ich rufe den Art. 20 auf. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Umdruck 112 *) vor. Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der auf Umdruck 112 vorliegende Antrag geht dahin, die das Wohngeldgesetz betreffenden Bestimmungen im Gegensatz zur Regierungsvorlage zu streichen. Ich darf mit wenigen Worten die Gründe dafür darlegen, die die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD veranlaßt haben, diesen gemeinsamen Antrag einzubringen.
Zunächst sei darauf hingewiesen, daß diesem Hause demnächst in anderem Zusammenhang eine Novelle zum Wohngeldgesetz vorgelegt werden wird. Eine isolierte Regelung von Einzelfragen im gegenwärtigen Augenblick empfiehlt sich deshalb nicht. Von ihr hat auch der gutachtlich gehörte Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen in einer einstimmig angenommenen gutachtlichen Stellungnahme abgeraten. Er hat in dieser seiner Stellungnahme darüber hinaus mit Recht darauf hingewiesen, daß die zukünftige Regelung des Wohngeldes nur im Zusammenhang mit der gesicherten Fortsetzung der Finanzierung des öffentlichen Wohnungsbaus erfolgen kann. Zwischen Art und Umfang der Bereitstellung öffentlicher Mittel für den sozialen Wohnungsbau und dem Bedarf an Wohngeld besteht eine Wechselwirkung.
Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Erhöhung der Tragbarkeitssätze, d. h. also praktisch eine Kürzung des Wohngelds zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohne Rücksichtnahme auf die Komplexität einer solchen Maßnahme, erscheint in sachlicher, aber auch in sozialer Hinsicht nicht vertretbar. Die relativ geringen fiskalischen Einsparungen würden begleitet sein von einer Enttäuschung der Wohngeldempfänger, besonders solcher mit kleinem Einkommen, die sich nicht auszahlt.
Meine Freunde und ich sind deshalb dankbar, daß wir bei unserem Koalitionspartner Verständnis für unsere Bedenken gefunden haben und daß es zu dem gemeinsamen Antrag auf Streichung des Art. 20 gekommen ist. Wir bitten, dem Antrag zuzustimmen.
Wir können dann über den Art. 20 abstimmen. Wer Art. 20 zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Art. 20 ist mit großer Mehrheit gestrichen.
*) Siehe Anlage 8
Ich rufe auf Art. 21, — 22, — 23, — 24, — Einleitung und Überschrift. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen in zweiter Beratung angenommen.
Bestehen Bedenken, daß wir in die dritte Beratung eingetreten? — Das ist offenbar nicht der Fall.
Ich rufe also auf zur
dritten Beratung.
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, das wir jetzt in dritter Beratung verabschieden sollen, ist eine Vorlage, die noch von der früheren Bundesregierung eingebracht worden ist. Sie steht im Zusammenhang mit den Bemühungen um die Stabilisierung der öffentlichen Finanzen und der wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik. Sie sollte vor allem einen Schritt in Richtung auf eine längerfristige Finanzplanung bringen. Diese Absicht ist zu begrüßen, und wir Sozialdemokraten haben die Notwendigkeit einer längerfristigen Finanzplanung gerade im Bereich der öffentlichen Finanzwirtschaft immer wieder hervorgehoben.
Es kann aber nicht übersehen werden, daß das Gesetz nur in einem beschränkten Umfang dieser erstrebenswerten Absicht dient. Dazu steht es zu sehr im Schatten der aktuellen Schwierigkeiten des Bundeshaushalts, deren Umfang wir bèi den Verhandlungen über die Neubildung der Bundesregierung mit bedrückender Klarheit kennengelernt haben. Diese Schwierigkeiten überlagern nicht nur den Haushalt 1967, sie belasten auch die nächsten Jahre schwer. Immerhin bringen die einzelnen Maßnahmen des Gesetzes in bestimmten Bereichen der Finanzwirtschaft des Bundes eine größere Stetigkeit und verhindern über einen überschaubaren Zeitraum hinweg durch konstante finanzielle Größen untragbare und unkalkulierbare Ausweitungen der Ausgabenseite des Bundeshaushalts. Insoweit also kann das Gesetz als ein Schritt in einer richtigen Richtung begrüßt werden.
Das Gesetz erfüllt nicht alle Erwartungen, die unter dem übergeordneten Gesichtspunkt der Sanierung der Bundesfinanzen auf längere Sicht damit verknüpft worden sind. Das ist ganz natürlich; denn im Ringen um die Formulierungen der einzelnen Artikel des Gesetzes sind mancherlei Kompromisse notwendig geworden, und auch die zweite Beratung hat uns in dieser Richtung Klarheit darüber gebracht, welche Möglichkeiten einer Verständigung über bestimmte Fragenkomplexe in diesem Hause vorhanden sind.
In manchen Teilen ist das Gesetz die Frucht von Kompromissen zwischen gegensätzlichen Auffassungen. Und schließlich bleibt ein Problem ungelöst — das muß man gerade in diesem Augenblick deutlich ansprechen —, ein Problem, das gegenwärtig Regierung und Parlament mit großem Ernst beschäftigen muß: die Schließung der Deckungslücke im Bundeshaushalt 1967. Sie beläuft sich nach der Verabschiedung der beiden Gesetze — des Finanz-
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Schoettle
planungs- und des Steueränderungsgesetzes 1967 — noch immer auf 2,3 bis 2,5 Milliarden DM, und das ist ein ganz großes Problem. Wie wir damit fertig werden, vermag im Augenblick, glaube ich, noch keiner der damit Beschäftigten genau zu sagen.
Auf der anderen Seite ist ohne die Inkraftsetzung der beiden Gesetze am 1. Januar 1967 mit Sicherheit zu erwarten, daß noch weitere beträchtliche Einbußen auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite des Bundeshaushalts entstehen würden, die man auf ca. 300 Millionen monatlich schätzen müßte. Mit anderen Worten, wir stehen hier bei der Verabschiedung dieses Gesetzes unter einem absoluten Zeitdruck. Um zu verhindern, daß der Schaden für ,den Bundeshaushalt eintritt, müssen diese Gesetze heute so verabschiedet werden, daß sie beim Bundesrat noch rechtzeitig durchgehen und am 1. Januar in Kraft treten können.
Um diesen Schaden zu verhindern, haben wir an der Erarbeitung dieses Gesetzes entschieden mitgewirkt. Darüber hinaus haben wir mitgearbeitet, weil wir die weiterreichende Absicht des Finanzplanungsgesetzes billigen, nämlich größere Stabilität, größere Sicherheit und eine Übersicht über einen längeren Zeitraum in der öffentlichen Finanzwirtschaft zu erreichen. Deshalb stimmen wir dem Gesetz in dritter Beratung zu. Ich möchte sagen: aus Notwendigkeit und nicht aus Liebe.
Das Wort hat der Abgeordnete Röhner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Erlauben Sie mir, daß ich im Rahmen der dritten Lesung des Finanzplanungsgesetzes namens der CDU/CSU-Fraktion noch einige grundsätzliche Bemerkungen anbringe.
Ich kann es mir und Ihnen dabei ersparen, nochmals ausführlich auf die Haushaltssituation des Bundes, die zu diesem Gesetzesvorhaben geführt hat, einzugehen. Diese Haushaltssituation wurde bei der ersten Lesung des Gesetzes vielfach und ausführlich besprochen. Wenn ich jetzt als eine Art Resümee aus der damaligen Debatte auf einige Dinge kurz zurückkommen darf, dann möchte ich das in der Weise tun, daß ich daran erinnere — das war damals der Ausdruck bei dieser Debatte —, daß wir heute zweifellos ernst zu nehmende Schwierigkeiten in Teilbereichen unserer Wirtschaft haben. Es ist zum zweiten festzustellen, daß unsere Kapitalmarktsituation unvermindert kritisch ist. Wenn Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, den seit jüngstem bekannten Lagebericht des Bundeswirtschaftsministeriums für das dritte Quartal 1966 studiert haben, dann haben Sie festgestellt, daß dieser Lagebericht aufzeigt, daß die Dämpfung des Wirtschaftswachstums und die geringere Kapazitätsausnutzung die Produktivität langsamer steigen lassen. Wir wissen, daß sich in einigen Sparten unserer Wirtschaft die Schere zwischen sinkender Inlandsnachfrage und steigender Auslandsnachfrage weiter geöffnet hat. Die jüngsten Berichte auf dem Arbeitsmarkt schließlich unterstreichen noch den Ernst dieser Lage. An der Frage, wie die öffentlichen Finanzprobleme gelöst werden sollen, scheiterte — ich darf daran erinnern — schließlich erst vor wenigen Wochen die alte Regierungskoalition.
Bei dieser Sachlage könnte man einmal mehr die Frage stellen: Stecken wir klaftertief in einer Wirtschaftskrise? Ich glaube, wenn man diese Frage ganz sachlich und nüchtern überdenkt, darauf nach wie vor antworten zu können: Nein! Ohne daß ich dabei den Versuch machen will, die Probleme und die Schwierigkeiten, mit denen wir uns jetzt und noch eine längere Zeit auseinanderzusetzen haben, herunterzuspielen.
Vielleicht dazu auch einige knappe Hinweise.
Wir haben im laufenden Jahr - fast möchte ich sagen: wider Erwarten — doch einen beträchtlichen Aufschwung im Export zu verzeichnen. Trotz der Bewegung, die wir derzeit verstärkt auf dem Arbeitsmarkt feststellen können, haben wir nach wie vor die Vollbeschäftigung, und wir wollen und wir werden sie uns erhalten. Wir haben eine sehr deutliche und weitgehende Beruhigung auf dem Preissektor.
Einige Beispiele: Auch aus dem schon vorhin erwähnten Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums über das letzte Quartal geht hervor, daß die Baupreise von der Jahresmitte bis Oktober unverändert geblieben sind, daß die industriellen Erzeugerpreise um 0,5 % gesunken sind, daß der Preisindex für die Lebenshaltung im letzten Quartal um 0,6 % zurückgegangen ist. „Geringfügigkeiten", so könnte man vielleicht sagen. Ich bin der Meinung, daß in Anbetracht der Situation, so wie sie sich gerade in den letzten Monaten verdeutlicht herausgestellt hat, bereits ein nachlassender Schmerz, meine sehr verehrten Damen und Herren, als eine gewisse Wohltat empfunden werden kann.
Um es kurz zusammenzufassen: Wir haben selbstverständlich nach wie vor ernst zu nehmende Sorgen. Aber die vielbeschworene Wirtschaftskrise — und darum geht es mir bei meinen Ausführungen — hat bis jetzt noch nicht stattgefunden.
Sie wird auch nicht stattfinden — das ist meine Meinung —, wenn diese Regierung und wenn dieser Bundestag rasch und entschlossen handeln, um die augenblickliche Durststrecke möglichst rasch, möglichst nachhaltig durcheilen zu können; wenn der Mut vorhanden ist — und darum ging es ja heute insbesondere bei der zweiten Lesung des Finanzplanungsgesetzes —, auch unpopuläre Maßnahmen um des Ganzen willen anzupassen; wenn die Verantwortung groß genug ist bei allen Beteiligten, bei der öffentlichen Hand, bei der Wirtschaft, bei den Sozialpartnern, bei allen Gruppen und Gruppierungen in unserem Volk, die zumutbare Rücksichtnahme auf das Ganze stärker als bisher zu beachten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne dramatisch zu werden: Das geht uns doch letztlich
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Röhner
alle an. Es geht darum, das, was unser Volk in den
zurückliegenden 20 Jahren gemeinsam erarbeitet
hat, zu erhalten, zu festigen und weiter zu mehren.
Dazu soll das heute zur Debatte stehende und zu verabschiedende Finanzplanungsgesetz ein notwendiger, ein wichtiger Beitrag sein. Es soll einmal die Deckungslücken im Haushalt 1967 und in den Haushalten der folgenden Jahren schließen helfen. Das ist notwendig, weil auf Grund der uns in der Zwischenzeit allseits bekanntgewordenen Fakten erhebliche Deckungslücken in den kommenden Haushaltsjahren zu schließen sein werden. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, darf ich nur an einige besonders grobe Stücke erinnern: an die Abwicklung des Devisenausgleichsabkommens, an den überproportionierten Anstieg der dynamisierten konsumtiven Ausgaben, an die Ergebnisse der Neuschätzung unserer Steuereinnahmen.
Ich bin also der Meinung, daß hier schnell gehandelt werden muß, daß es notwendig ist, schnell etwas zu tun, weil sich die Kassenlage des Bundes gegenüber dem Vorjahr erheblich verschlechtert hat und eine nicht termingemäße Verabschiedung dieses Gesetzes der Bundeskasse monatlich zusätzlich 100 und mehr Millionen DM kosten würde und weil schließlich — ich glaube, auch das darf angefügt werden — eine Verschiebung und Verlagerung dieser Probleme auf spätere Haushaltsjahre uns überhaupt nichts nützen würde, ja, die Situation nur noch schwieriger gestalten würde.
Ich bin der Meinung, daß mit außerordentlichen Maßnahmen vorgegangen werden muß, so wie sie nun einmal im Finanzplanungsgesetz aufgezeigt sind. Nicht nur um den Haushaltsausgleich und die damit verbundenen Stabilisierungseffekte zu erreichen, sondern — und das ist das Grundsätzliche — um unser heutiges Sozialgefüge zu sichern und zu erhalten, um die Maßnahmen für unsere Sicherheit nicht zu gefährden, um unsere lebenswichtigen Verpflichtungen auch im internationalen Bereich einhalten zu können, vor allem aber um die notwendigen Maßnahmen unserer Zukunftsvorsorge — und damit meine ich insbesondere die notwendigen Sozialinvestitionen für die nächsten Jahre — durchführen zu können.
Ich will auf die einzelnen Bestimmungen des Finanzplanungsgesetzes nicht mehr näher eingehen. In den letzten Tagen und in den letzten Wochen ist diese Gesetzesvorlage sehr intensiv und manchmal — ich hatte den Eindruck — auch sehr zupakkend diskutiert worden. Sicherlich, . das Gesetz mag in seiner jetzt vorliegenden Form nicht überall und nicht für jeden einzelnen den optimalen Effekt darstellen, den er sich einmal in Anbetracht des sachlich Notwendigen, aber auch in Anbetracht des politischen Zweckes vorgestellt hat. Ich denke hier z. B. — wenn Sie mir persönlich diese Zwischenbemerkung gestatten — an die Diskussion, die wir heute bei der zweiten Lesung im Zusammenhang mit dem Art. 2 bzw. dem Art. 3 der Gesetzesvorlage erlebt haben, jener Bestimmungen also, die die Landwirtschaft betreffen. Darf ich dazu noch kurz einen Satz anfügen. Es handelt sich doch bei der
Landwirtschaft um jene Wirtschaftsgruppe, die nicht nur zur Zeit in einem ungeheuren sozialen und technischen Strukturwandel steckt, sondern die in diesen Jahren auch die räumliche Expansion ihres Marktes in ein größeres Europa hinein zu bewältigen hat. Das erfordert — und ich glaube, man kann mit Fug und Recht sagen: auch im Interesse des Ganzen — besondere Rücksichtnahmen. Und wenn ich eine Bitte anfügen darf, nachdem heute durch die Mehrheit dieses Hauses der Art. 3 des Gesetzes abgelehnt worden ist, dann soll es die Bitte sein, daß wir doch in den kommenden Wochen und Monaten in gemeinsamen Bemühungen hier eine Lösung zu finden versuchen. Damit . nicht die Alternative heißt, daß das nun über Eigenfinanzierung von dieser Landwirtschaft, die unter übergroßem Druck steht, das Fehlende aufgebracht werden muß. Das würde im letzten bedeuten, daß viele unserer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften von heute auf morgen die Beiträge für ihre Mitglieder um 60 bis 80 °/o erhöhen müßten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassend und abschließend noch folgendes feststellen. Haushaltsüberlegungen, die auf Jahresfrist angelegt sind, reichen heute einfach nicht mehr aus, ausgeglichene Haushaltsgestaltung und auch konjunkturgerechte Haushaltseinordnung zu gewährleisten. Entsprechend dem § 5 des Stabilisierungsgesetzes soll deshalb zukünftig die Haushaltswirtschaft und Haushaltsgestaltung auf eine längerfristige Finanzplanung eingestellt werden. Damit wird nicht nur der formelle Ausgleich zwischen den Einnahmen und den Ausgaben unseres Bundeshaushalts besser hergestellt werden können. Es werden damit auch neue konjunkturpolitische Wirkungsmöglichkeiten des Haushalts erschlossen und vorhandene erweitert. Es wird darüber hinaus in Zukunft auch Zug um Zug jener Spielraum geschaffen, der für eine antizyklische Haushaltspolitik zu Recht immer wieder, in den letzten Monaten verstärkt, gefordert worden ist. Auch wenn sich bei Annahme des vorliegenden Gesetzes im Haushaltsjahr 1967 wegen der zunächst schrittweisen Auswirkung der Gesetzesbestimmungen bzw. der Gesetzesänderungen, die hier zur Debatte stehen, der disponible Betrag, die „Manövriermasse" des jährlichen Bundeshaushalts, noch nicht wesentlich erhöht und noch keine wesentlichen neuen Mittel für die Bewältigung der Zukunftsaufgaben freigesetzt werden, so bin ich aber der Meinung, daß schon für 1968 und dann für die folgenden Jahre hier eine deutliche Entlastung, ein deutlicher Zuwachs zu verspüren sein wird. Das Gesetz stellt schließlich — auch das möchte ich erwähnt haben — eine notwendige und folgerichtige Fortentwicklung jener Maßnahmen dar, die vor einem Jahr durch das Haushaltssicherungsgesetz eingeleitet wurden.
Insgesamt darf also gesagt werden: Durch dieses Gesetz werden unter Berücksichtigung der Beratungen des Haushaltsausschusses bereits für den Haushalt 1957 rund 2,9 Milliarden DM Entlastung erbracht. Damit ist — das ist meine Meinung — für die Gesunderhaltung unserer Staatsfinanzen, das zentrale Problem unserer derzeitigen Innenpolitik,
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3589
Röhner
ein wichtiger Schritt getan. Und ich bin der Meinung, es ist ein echter Schritt nach vorn.
Wir werden weiterhin diesen Aufgaben unsere ganze Aufmerksamkeit zu schenken haben, — ich möchte es verstärken: unsere ganze Konzentration widmen müssen. Von der rechtzeitigen und richtigen Lösung dieser Probleme und Aufgaben hängen letztlich ab der Fortbestand einer sozialen Sicherung in unserem Volke, der Ausbau und die Fortführung der wirtschaftlichen Stabilität in unserem Staate und nicht zuletzt auch die äußere Sicherheit für unser Volk und unseren Staat.
Ich darf Sie deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend namens der Fraktion der CDU/CSU bitten, dieser Gesetzesvorlage Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Starke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte es ganz kurz machen. Wir werden uns zu dem Komplex der Gesetze, die heute anstehen, zusammenfassend äußern, weil es ganz zwecklos wäre, zu jedem dieser drei Gesetze, die alle zusammen einem großen Zweck dienen, besondere Ausführungen zu machen.
Wir begrüßen es, daß es gelungen ist, den Art. 3 aus dem Gesetz herauszustreichen, weil das unserer Grundauffassung entspricht. Im übrigen möchten wir bemerken, daß dieses Gesetz insgesamt ein Schritt auf dem richtigen Wege ist, nämlich die Ausgabenstruktur des Bundeshaushalts zu ändern. In einigen Punkten waren die Freien Demokraten anderer Meinung. Wir haben aber für diese Punkte auf Heller und Pfennig durch Herrn Kollegen Emde in der ersten Lesung zum Haushalt Deckungsvorschläge gemacht. In allen anderen Fällen haben wir uns an die Regierungsvorlage, wie sie ursprünglich einmal war, gehalten.
Insgesamt werden wir wegen der Änderungen, die vorgenommen worden sind, in unserer Oppositionsstellung diesem Gesetz jetzt nicht zustimmen.
Ich schließe die Aussprache in der dritten Beratung.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz in der Form der Beschlüsse der zweiten Beratung zustimmt, erhebe sich vom Platz — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist gegen die Stimmen der Freien Demokratischen Partei angenommen.
Wir stimmen dann noch ab über Nr. 2 des Antrags des Ausschusses, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Ich darf wohl die Zustimmung des Hauses annehmen. — Es ist so beschlossen.
Ferner liegen Entschließungsanträge vor, zunächst der Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU CSU und der SPD auf Umdruck 1131. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hauser.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe bei der Beratung des Art. 3 des Finanzplanungsgesetzes, der durch den Beschluß der Mehrheit des Hauses aus dem Gesetz gestrichen wurde, namens der CDU/ CSU-Fraktion eine Entschließung angekündigt, die Ihnen nun als Umdruck 113 vorliegt. Der Sinn dieser Entschließung hat sich durch die Streichung des Art. 3 aus dem Gesetz nicht erledigt. Es geht darum, der Bundesregierung den Auftrag zu erteilen, das System der Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung einschließlich — und darauf legen wir Wert — der Eigenunfallversicherung des Bundes, der Länder und der Gemeinden daraufhin zu prüfen, wie die durch die Strukturänderungen bedingten unangemessenen Beitragsbelastungen einzelner Wirtschaftszweige ausgeglichen werden können.
Das Problem, mit dem wir uns heute bei der Aussprache über den Art. 3 des Finanzplanungsgesetzes eingehend befaßt haben, wird auch in Zukunft nicht von uns genommen. Wir brauchen nur daran zu denken, daß wir vor der Notwendigkeit stehen, die heute gestrichenen 140 Millionen DM in irgendeiner Weise auszugleichen. Das gilt in gleicher Weise für die Altlast des Bergbaus, und wir können die Möglichkeit nicht ausschließen, daß auch andere Berufsgenossenschaften im Verlauf künftiger Strukturveränderungen notleidend werden.
Wenn dem aber so ist, dann bedarf es einer gründlichen Durchleuchtung der Möglichkeiten, um das Problem für die Zukunft in einer befriedigenden Weise zu lösen. Dazu Untersuchungen anzustellen soll die Bundesregierung mit dieser Entschließung, deren Annahme wir Ihnen empfehlen, aufgefordert werden.
Keine weitere Wortmeldung. Wir stimmen dann über den Antrag auf Umdruck 113 ab. Wer zustimmen will, gebe bitte Zeichen. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD auf Umdruck 117 **) auf. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Czaja zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bedeutung des Antrags erfordert einige begründende Worte.
Wiederholt ist in diesem Hause und in der Öffentlichkeit die „Verzerrung" der Mieten im sozialen Wohnungsbau — oft auch als „Fehlbelegung von Sozialwohnungen" gekennzeichnet — Gegenstand harter Kritik gewesen. Inzwischen sind sich, so glaube ich, alle Fraktionen einig, daß diese Situation nicht durch eine erzwungene Kündigung und die damit verbundene Unruhe am Wohnungsmarkt gelöst
*) Siehe Anlage 9
**) Siehe Anlage 10
3599 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Dr. Czaja
werden kann. Aber ebenso sind sich wohl alle Fachleute und breite Kreise der Öffentlichkeit darin einig, daß bei Belassung der Familien mit erheblich höherem als dem für soziale Wohnungen zugelassenem Einkommen in diesen Wohnungen den Begüterten dann eine höhere Verzinsung für die aufgenommenen Darlehen zugemutet werden kann und zugemutet werden muß, während dies den Schwächeren durch das Wohngeld abgenommen wird. Wir haben soeben in zweiter und dritter Lesung die Entscheidung getroffen, daß das Wohngeld unverändert bleibt. Um so mehr ist es notwendig, diesen „inneren Lastenausgleich", so möchte ich es einmal nennen, zwischen den ausreichend mit einer Wohnung Versorgten — oft zu recht billigen Mieten — und den Unversorgten und unzureichend Versorgten durchzuführen.
Während sich das Wachstum der Wirtschaft, der Löhne, der Renten und des Familieneinkommens zum Teil dynamisch gestaltet hat, ist die Subvention der Wohnung über zinsgünstige Darlehen bezüglich eines Kernteils dieser Subvention, nämlich der Senkung der Annuität, in vielen Fällen auf dem Stand zur Zeit der Bezugsfertigkeit der Wohnung in etwa eingefroren. Daß sich dadurch unnötige und ungerechte Vorteile für diejenigen ergeben, auf die die öffentliche Subvention vor vier bis acht Jahren gemünzt war, ist selbstverständlich, und es bedarf hier des Ausgleichs.
Meine Damen und Herren, die Lage des Haushalts, aber auch der Wohnungsbaufinanzierung gebieten ein rasches Handeln in dieser Frage. Baugewerbe und Bauindustrie einschließlich des gesamten kleinen und mittleren Gewerbes und Handwerks, das zum Bauwesen beiträgt, brauchten zwar einen, inzwischen eingetretenen, Stopp in der Preissteigerung und in der arbeitsmäßigen Überforderung. Aber ebensowenig wie der Haushalt, das Steueraufkommen und die gesamte Volkswirtschaft können diese Bereiche einen tiefen rezessiven Einbruch auf diesem Sektor und im Inlandsmarkt vertragen. Diese Tatsache ebenso wie die Lage der wohnungsmäßig Unversorgten und Unterversorgten machen den Ausgleich und die Selbsthilfe notwendig.
Die politische Ehrlichkeit, aber auch die Notwendigkeit, in den wichtigen Fragen des Wohnungswesens das sachlich Notwendige gemeinsam zu tun, gebieten eindeutig, auch darauf hinzuweisen, daß diese von allen Fachkundigen als notwendig erachtete Maßnahme bereits durch den früheren Wohnungsbauminister, Herrn Dr. Bucher, vorbereitet und fast entscheidungsreif gemacht wurde. Ebenso gebietet es die Pflicht zur Offenheit, zu sagen, daß der Gesetzentwurf der SPD, genannt „Drittes Wohnungsbaugesetz", der im vorigen Bundestag nicht zur Verabschiedung kam, einen progressiven Zinssatz für öffentliche Mittel vorsah, eine Maßnahme, die ich hier schon damals trotz mancher Kritik an dem Entwurf öffentlich gebilligt habe.
Meine Damen und Herren, bei diesem inneren Ausgleich der durch die Wohnung verursachten Belastung wird natürlich der unterschiedliche Wohnwert der Wohnungen die Festsetzung einer gleichen
Miethöhe verbieten. Dieser falsche Ausgleich wird aber durch den vorliegenden Entwurf nicht gefördert. Der neue Finanzminister und der neue Wohnungsbauminister müssen und sollen ganz klar wissen, daß sie in dieser Frage, die auch die Finanzierung des Wohnungsbaus entscheidend betrifft, eine breite Unterstützung in diesem Hohen Hause für die notwendigen Maßnahmen haben.
Wer diesem durch die Annahme der Entschließung seine Stimme gibt, dient ebenso dem gerecht Vertretbaren wie dem sachlich Notwendigen. Ich bitte Sie um Zustimmung.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir liegt nur daran, zu bestätigen, was Herr Kollege Czaja gesagt hat. Auch ich habe es in meiner Amtstätigkeit als Wohnungsbauminister für dringend erforderlich gehalten, dieses Problem anzugehen, und dabei ebenfalls festgestellt, daß hierüber keine Meinungsverschiedenheiten nach Parteirichtungen bestehen.
Ich darf deshalb namens der Fraktion der Freien Demokraten sagen, daß wir diesen Antrag lebhaft unterstützen.
Wir stimmen dann über den Entschließungsantrag Umdruck 117 ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Ich kann einstimmige Annahme feststellen.
Zu dem Entschließungsantrag Umdruck 121 *) der Fraktion der CDU/CSU hat Herr Abgeordneter Mick zur Begründung das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich sehr kurz fassen. Die Begründung zu Antrag Umdruck 121 ist dieselbe wie die zu Antrag Umdruck 117. Die Fraktion der CDU/CSU möchte, daß die Bundesregierung im Zusammenhang mit den von Herrn Czaja geschilderten Möglichkeiten auch überlegt, wie sie etwa durch eine Heraufsetzung des Amortisationssatzes den hier gewünschten Zweck mit erreichen kann.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Berger-Heise.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bestimmt ein etwas ungewöhnliches Verfahren, wenn an einen Entschließungsantrag zweier Fraktionen noch ein weiterer Entschließungsantrag angehängt wird. Ich bin sicher, in diesem Hause kann nicht der zehnte
*) Siehe Anlage 11
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3591
Frau Berger-Heise
Teil der Kollegen die Auswirkungen eines solchen Antrags übersehen.
Nicht einmal wir, die wir aus dem Ausschuß kommen, können das. Ich finde, das ist ein schlechter Stil.
Ich möchte den Antragstellern noch einmal zu bedenken geben, ob es nicht besser wäre, diesen Antrag dem Ausschuß zu überweisen und ihn bei der Beratung des mit unserem eben angenommenen Entschließungsantrag geforderten Gesetzentwurfs, falls die Bundesregierung eine solche Gesetzesvorlage macht, mit einzubeziehen.
Frau Abgeordnete Berger-Heise, Sie können von sich aus diesen Antrag auf Ausschußüberweisung stellen.
Dann tue ich das.
Bitte, Herr Abgeordneter Mertes!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Entschließungsantrag Umdruck 121 mag durchaus ein guter Sinn zugrunde liegen. Aber im Augenblick läßt sich nicht übersehen, auf welchem Weg das Ziel erreicht werden soll.
Deswegen beantrage ich im Namen der Fraktion der Freien Demokratischen Partei Überweisung des Antrags Umdruck 121 an den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen.
Kann ich annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist? — Auch die antragstellende Fraktion? — Ja. Dann ist entsprechend dem Antrag die Überweisung beschlossen.
Wir treten dann in die zweite Beratung des Steueränderungsgesetzes 1966 ein. Eine Ergänzung der Berichte wird nicht gewünscht.
Ich rufe Art. 1 auf. Hier soll nummernweise abgestimmt werden.
Zunächst zu Nr. 1. Ein Änderungsantrag liegt hierzu nicht vor. Keine Wortmeldungen. Wer Nr. 1 des Art. 1 zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Einstimmige Annahme.
Zu Nr. 2 liegt der Änderungsantrag Umdruck 106 *) der Abgeordneten Dr. Pohle, Frau Kurlbaum-Beyer, Dr. Schmidt und Genossen vor. Wird er begründet? — Bitte, Herr Kollege!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1966 wird die Kilometerpauschale, wie Sie wissen, von 50 Pf auf 36 Pf je Doppelkilometer herabgesetzt. Dadurch wird die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Fahrten zwischen der
1 Siehe Anlage 12
Wohnung und der Arbeitsstätte eingeschränkt. Diese aus verschiedenen Gründen erforderliche Einschränkung gilt nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für alle übrigen Steuerpflichtigen.
Die vom Finanzausschuß des Bundestages vorgeschlagene Fassung sieht infolge eines Versehens die Einschränkung der Kilometerpauschale nur für Fahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug vor. In der Privatwirtschaft und in der Verwaltung ist es vielfach üblich, daß insbesondere leitenden Angestellten oder Bediensteten durch den Arbeitgeber für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt wird oder daß sie mit einem Fahrzeug des Arbeitgebers von der Wohnung abgeholt werden. Darin liegt eine Zuwendung des Arbeitgebers, die in Zukunft als geldwerter Vorteil Teil des Arbeitslohns und damit beim Steuerabzug oder bei der Veranlagung steuerlich zu berücksichtigen sein wird. Auch für diese Gruppe von Arbeitnehmern muß aus Gründen der Gleichbehandlung die Einschränkung der Kilometerpauschale sowohl für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als auch für Familienheimfahrten gelten.
Die Einschränkung der Kilometerpauschale auch für diese sogenannten Abholfahrten wird zwangsläufig mit einer gewissen Verwaltungserschwerung verbunden sein, die im Interesse der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen in Kauf genommen werden muß. Bei der praktischen Durchführung dieser Vorschrift wird die Finanzverwaltung bemüht sein müssen, zu gewissen Vereinfachungen und damit zu Pauschalierungen zu kommen.
Aus diesem Grunde bitte ich Sie, dem Änderungsantrag Umdruck 106 zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Bremer, können wir über die drei Ziffern des Antrags gemeinsam abstimmen?
— Es ist ein einheitlicher Änderungsantrag. Ich stelle den Änderungsantrag auf Umdruck 106 der Abgeordneten Dr. Pohle und Genossen zur Abstimmung. Wer zustimmt, gebe bitte Handzeichen. — Einstimmige Annahme.
Ich rufe dann zur Abstimmung die Nr. 2 mit der soeben beschlossenen Änderung auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Einstimmige Annahme.
Ich rufe Art. 1 Nr. 3 auf. Dazu liegt auf Umdruck 107 *) Ziffer 1 ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP vor.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die FDP-Fraktion stimmt im Grundsatz den Änderungen bei der Sparförderung, wie sie in diesem Gesetz enthalten sind, zu. Das gilt sowohl für eine gewisse Verlängerung der Fristen beim Abschluß der Verträge als auch für den vorgesehenen Abbau der Kumulationsmöglichkeiten.
*) Siehe Anlage 13
3592 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Frau Funcke
Wir haben jedoch Bedenken, in § 10 des Einkommensteuergesetzes bei der Verlängerung der Fristen so vorzugehen, daß bei den Versicherungen eine Verlängerung um zwei Jahre von 10 auf 12 Jahre und bei den Bausparverträgen eine Verlängerung von 6 Jahren gleich auf 10 Jahre beschlossen wird. Wir beantragen im letzten Fall eine Verlängerung im gleichen Umfange, d. h. lediglich um 2 Jahre, also auf 8 Jahre.
Für die Bausparverträge, die nach dem Steuergesetz begünstigt werden, sind nämlich in dem vorliegendem Gesetz drei Verschlechterungen gegenüber den Versicherungsverträgen vorgesehen bzw. verblieben. Einmal bezieht sich das Kumulationsverbot nur auf die Bausparverträge, nicht aber auf die Versicherungsverträge. Wer einen Versicherungsvertrag abschließt, kann daneben noch Bausparprämien- oder Prämiensparverträge abschließen. Das gleiche kann aber nicht derjenige, der für einen Bausparvertrag die Steuerermäßigung nach § 10 in Anspruch nimmt.
Die zweite Benachteiligung des Bausparens gegenüber dem Versicherungssparen liegt darin, daß der Bausparer keine Beleihungsmöglichkeit hat, während der Versicherungssparer — aus gutem Grund — seinen Vertrag beleihen kann.
Die dritte Einschränkung ist nun eben eine Verlängerung der Frist von 6 auf 10 Jahre, während für die Versicherung nur eine Verlängerung von 10 auf 12 Jahre erfolgt.
Dadurch tritt bei den Bausparverträgen eine dreifache Erschwernis ein, die nicht im richtigen Verhältnis zu der gleichzeitigen Fristverlängerung beim Versicherungssparen steht. Wir möchten deshalb eine bessere Relation erreichen.
Sicherlich ist ein Versicherungsvertrag etwas anderes als ein reiner Kapitalansammlungsvertrag. Darüber sind wir uns völlig klar. Beim Versicherungssparen liegt der Schwerpunkt auf der Risikoverteilung. Dennoch ist auch ein Versicherungsvertrag in gewissem Umfang ein Kapitalsparvertrag, und von hier aus ergibt sich eine Konkurrenzlage zwischen Bausparen und Versicherungssparen. Wir möchten ungern der Entwicklung Raum geben, daß in erheblichem Umfang eine Verlagerung von den Bausparkassen zu den Versicherungsunternehmen erfolgt; denn das könnte uns in einem Augenblick, wo Bund und Länder in der Bauförderung zurückhaltender werden, gleichzeitig eine Erschwernis auf dem Baumarkt bringen, die in doppelter Hinsicht den Wohnungsbau beeinträchtigt.
Wir bitten Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stecker.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion bitte ich, den soeben von Frau
Kollegin Funcke begründeten Änderungsantrag abzulehnen.
Wir wollen mit der Vorlage des Finanzausschusses eine Entzerrung des bisherigen Verhältnisses zwischen den verschieden geförderten Spararten erreichen. Einer solchen Absicht würde die Herabsetzung der Sperrfrist von 10 auf 8 Jahre bei der Förderung durch Sonderausgaben zuwiderlaufen. Die Sperrfrist von 10 Jahren gilt ja nur für die Förderung nach § 10 des Einkommensteuergesetzes und nur für die unechten Bausparer, also für diejenigen, die nicht bauen, sondern das Geld zur freien Verwendung haben wollen. In diesem Fall kommt das Sparen über Bausparverträge seinem Inhalt nach sehr nahe an das Versicherungssparen heran. Es muß daher auch einigermaßen gleich gefördert werden. Wenn wir im Finanzausschuß beim Versicherungssparen eine Sperrfrist von 12 Jahren und beim Bausparen eine Frist von 10 Jahren vorgesehen haben, so haben wir uns absolut in einer Weise verhalten, die dem gerecht wird, was Frau Funcke fordert, nämlich daß nicht abrupt eine Veränderung der Kapitalströme erfolgt.
Im übrigen gilt die Sperrfrist von 10 Jahren nur für die Begünstigung durch Sonderabschreibungen, während für das Bauprämiensparen die Frist von 7 Jahren gilt. Während nun zwischen der Förderung durch Prämien und der Förderung im Wege der Absetzung von Sonderausgaben dem Umfang nach ein erheblicher. Unterschied im Volumen besteht, würden die Fristen von 7 und 8 Jahren nur ein Jahr auseinanderliegen. Es würde bei den Sonderausgaben also eine sehr viel stärkere Förderung erfolgen als beim Prämiensparen. Aus diesem Grunde wäre ein unechtes Konkurrenzverhältnis gegeben.
Im übrigen sprechen die Bausparkassen nach wie vor einen sehr viel breiteren Kreis an, nämlich sowohl über das Prämiensparen als auch über die Sonderausgaben, so daß keine Gefahr besteht, daß hier eine nachhaltige Einschränkung der Spartätigkeit eintritt.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Funcke hat eines hier auszuführen vergessen, nämlich daß der Bausparer, der nach § 10 Geld ansammelt, die Möglichkeit hat, wenn er tatsächlich bauen will, vorzeitig auf diese angesammelten Beträge zurückzugreifen.
Damit hat er die Möglichkeit — genauso wie der Versicherungssparer —, vorzeitig sein angespartes Geld in Anspruch zu nehmen.
Ich möchte auch sagen, daß alle diejenigen, die nach § 10 steuerbegeünstigt sparen, sich in erster Linie in den hohen Einkommensgruppen befinden. Herr Kollege Dr. Stecker hat gerade darauf hingewiesen, daß die Bausparprämienverträge eine niedrigere Vertragsdauer haben, nämlich nur sieben
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3593
Frau Kurlbaum-Beyer
Jahre nach dem neuen Gesetz. Wir haben die Fragen im Finanzausschuß sehr abgewogen diskutiert. Wir lehnen daher den Änderungsantrag ab.
Der Herr Abgeordnete Moersch möchte eine Frage stellen, Frau Kollegin. Nun nicht mehr?
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem, was die Frau Kollegin Kurlbaum und der Herr Kollege Stecker ausgeführt haben, möchte ich folgendes sagen. Man spricht oft von der Harmonisierung und gebraucht das Schlagwort „Harmonisierung der verschiedenen Sparvergünstigungen" . Nun, das ist ein sehr allgemeines Schlagwort, das eigentlich keinen Inhalt hat. Es sind einfach verschiedene Dinge, die verschieden behandelt werden müssen. Daß das Bausparen gegenüber dem Versicherungssparen benachteiligt ist, hat in einem Punkt — bei dem Kumulationsverbot — Frau Kollegin Funcke schon ausgeführt. Zweitens bitte ich Sie, auch die Beleihungsfähigkeit zu bedenken. Den Versicherungsvertrag können Sie beleihen, einen Bausparvertrag nicht. Ein Lebensversicherungsvertrag, auf zwölf Jahre geschlossen, hat nach fünf Jahren schon einen Rückkaufswert von etwa 33 %; dann ist also schon etwas da zum Beleihen.
Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer möchte Ihnen eine Frage stellen.
Herr Dr. Bucher, darf ich Sie fragen, ob Sie als Minister nicht davon unterrichtet sind, daß der, der nach § 10 einen Wohnungsbausparvertrag abgeschlossen hat und vor Ablauf von zehn Jahren bauen will, dann bereits auf die angesammelten Beträge zurückgreifen kann? Also ist das doch eine Gleichstellung.
Sicher, davon bin ich unterrichtet.
Weiter wird darauf hingewiesen, daß diese Sperrfrist nur diejenigen treffe, die nach § 10 des Einkommensteuergesetzes absetzen, also begütertere Schichten, die nicht auf die Wohnungsbauprämie angewiesen sind, sondern die Steuervergünstigung in Anspruch nehmen.
Ich darf Sie daran erinnern, daß bei der Debatte über die Reform der Sparförderung eine Zeitlang die Absicht bestand, überhaupt die steuerliche Abzugsfähigkeit nach § 10 abzuschaffen. Ich habe dagegen argumentiert — und ich kann sagen, mit dem Argument habe ich mich, jedenfalls in der damaligen Bundesregierung, durchgesetzt —, daß diejenigen, die nach § 10 sparen, mit dazu beitragen, daß die vielen anderen, kleinen Leute, die über die Prämie sparen, früher in den Genuß der Zuteilung kommen. Bausparen ist ein kollektives Sparen, etwas ganz anderes als bei der Lebensversicherung, wo das Schicksal meines Vertrages völlig unabhängig davon ist, was für einen Vertrag mein reicher oder armer Nachbar zur Rechten oder zur Linken abschließt. Hier ist ein Kollektiv. Deshalb zieht dieses Argument nicht.
Als Letztes noch das andere Argument, man treffehier nur die unechten Bausparer. Nun gibt es aber zweierlei unechte Bausparer, einmal freiwillige unechte Bausparer, also solche, die wirklich von Anfang an gar nicht bauen, sondern nur in den Genuß der Prämie kommen wollen. Bei denen wäre ich allerdings für die Festsetzung langer Fristen. Zum anderen gibt es gerade in der heutigen Zeit leider die unfreiwilligen unechten Bausparer, die, wenn ihr Vertrag zuteilungsreif ist, feststellen, daß es nun nicht mehr reicht, weil die Baupreise, vor allem die Baulandpreise, sowie die Kreditkosten gestiegen sind. Diese können nun nicht bauen, obwohl sie es gerne möchten. Wenn es also darum geht, Bausparverträge abzuschließen, müssen wir an die — mein Ausdruck ist etwas kompliziert — potentiellen unfreiwilligen unechten Bausparer denken.
Versetzen Sie sich z. B. in die Situation des Vertreters einer Bausparkasse, der jemanden beraten soll. Wenn der Betreffende nun fragt, was geschehe, wenn er im Falle der Zuteilung nicht bauen könne, weil entweder die augenblickliche Entwicklung oder persönliche Schicksalsschläge eine Rolle spielten, und man ihm antworten muß, er müsse dann sein Geld zehn Jahre lang liegenlassen, hat das doch eine abschreckende Wirkung. Eine abschreckende Wirkung wollen wir durch die Strafgesetze erzielen; wir sollten sie aber nicht hier bezwecken wollen.
Wir kommen zur Abstimmung über Ziffer 1 des Änderungsantrags der Fraktion der FDP auf Umdruck 107. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen dann über Nr. 3 des Art. 1 ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Nr. 3 ist angenommen.
Ich rufe nun den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD auf Umdruck 119 ') auf, hinter dem Buchstaben b einen Buchstaben c einzufügen.
Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dr. Hesberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Nr. 3 der Vorlage zum Steueränderungsgesetz ist, wie eben schon erläutert worden ist, vorgesehen, daß der Versicherungssparer an eine Mindestvertragszeit von zehn Jahren gebunden ist, um der Steuerbegünstigung der Sonderausgaben nach § 10 des Einkommensteuergesetzes teilhaftig zu werden. Für über 60 Jahre alte Versicherungssparer ist je nach dem Alter eine Abkürzung bis auf sieben Jahre vorgesehen. Eine ähnliche Regelung halten wir auch bei älteren Bausparern für unerläßlich; denn das Bausparen ist in
*) Siehe Anlage 14
3594 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Dr. Hesberg
der Tat auch in weitgehendem Umfang eine Altersversorgung.
Ich darf daher namens der antragstellenden Fraktionen um Zustimmung zum Umdruck 119 bitten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmidt .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube Ihnen nicht verhehlen zu dürfen, daß es sich hier um ein sehr heikles Problem handelt, das nach meiner Auffassung nicht genügend durchdacht ist. Der Gedanke ist etwas spontan aufgekommen, und er ist, glaube ich, von verschiedenen Gruppen auch recht spontan aufgenommen worden. Wir sollten uns das noch einmal überlegen. Wir haben hier nur einen ersten Schritt bei der Vorlage zur Harmonisierung des Sparens getan. Wir haben nur zwei Dinge getan, die Festlegungsfristen geändert und das Kumulationsverbot erweitert. Alles übrige steht im Ausschuß noch an, insbesondere die Frage des Abtretungs- und Beleihungsverbots, die eben schon angerührt wurde. Darüber ist noch gar nicht entschieden. Es ist ferner noch nicht über die Nachversteuerung entschieden. Über die Harmonisierung der Begünstigungstatbestände ist überhaupt noch kein Wort gefallen; wir haben also noch Raum.
Nach meiner Auffassung wäre es unklug, jetzt über einen Gedanken, der beim Lebensversicherungsrecht logisch ist, der aber in bezug auf das Bausparkassenrecht systemwidrig ist, abzustimmen und vielleicht mit einer Zufallsmehrheit über eine Sache zu entscheiden, die uns nachher leid tut.
Meine Damen und Herren, ich will über die Zusammenhänge, um die es hier geht, jetzt nicht im einzelnen sprechen. Ich könnte Ihnen eine Fülle von guten Gründen dagegen sagen. Ich will aber jetzt, auch da meine Fraktion den Antrag unterschrieben hat, bewußt nicht dagegen sprechen, sondern möchte Sie nur herzlich bitten, diese Frage noch einmal im Zusammenhang mit der anstehenden Harmonisierungssparverordnung gründlich zu überprüfen. Ich beantrage daher Überweisung an den Ausschuß.
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Es ist der Antrag gestellt worden, den Änderungsantrag auf Umdruck 119 an den Finanzausschuß zu überweisen. Wer dem zustimmt, gebe bitte ein Zeichen..— Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich wiederhole, daß die Nr. 3 entsprechend der Vorlage insgesamt beschlossen worden ist.
Ich rufe die Nr. 4 auf. Wer zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. — Angenommen.
Ich rufe die Nr. 5 auf. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 107 Ziffer 2 vor. Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Regierungsentwurf des Steueränderungsgesetzes 1966 sah seinerzeit als Stichtag für das Inkrafttreten der Bestimmungen über die Einschränkung der Sparförderung den 6. Oktober vor. Dem lag der Gedanke zugrunde, daß man verhindern wollte, daß zwischen der Ankündigung und dem Inkrafttreten des Gesetzes noch Bausparverträge und ähnliche Verträge nach dem alten Recht kumulativ abgeschlossen würden. Wie wir in den Ausschußberatungen deutlich erkennen konnten, war es der Regierung jedoch von Anfang an klar, daß sie einen solchen vorgezogenen Stichtag nicht würde durchhalten können. Und in der Tat, der Ausschuß war einmütig der Meinung, daß man dem Steuerzahler nicht auf der einen Seite auf Monate hinaus die alten Rechte wegnehmen könne, während man andererseits noch keine neuen Bestimmungen statt dessen in Kraft setze. Der Ausschuß war also der Auffassung, daß man den Steuerzahler hier nicht im ungewissen lassen könne.
Ich meine, diese Überlegung ist auch heute noch gültig. Deswegen ist auch der 8. Dezember als Termin ebenso ungereimt wie der 6. Oktober. Wir schlagen daher vor, daß die Bestimmungen erst mit dem 31. Dezember 1966 gültig werden sollen. Denn das Gesetz wird ja auch mit dem heutigen Beschluß, wenn es in dritter Lesung verabschiedet werden sollte, noch nicht in Kraft gesetzt sein. Es bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates, der Unterschrift des Bundespräsidenten und der Verkündung. Die Verkündung wird frühestens zum Jahresende erfolgen können.
Meine Herren und Damen, hier scheint mir eine Grundsatzfrage angerührt zu sein, die das Verhältnis des Gesetzgebers zum Staatsbürger betrifft. Steuervergünstigungen zu geben oder zu nehmen, ist kein Akt der Gunst oder der Ungunst der Regierung, sondern nach dem Geist der Verfassung eine Entscheidung der gesetzgebenden Gremien, und zwar beider gesetzgebender Gremien. Und schließlich: Steuervergünstigungen legal in Anspruch zu nehmen, ist nicht ein Trick des Steuerzahlers, den man unterlaufen muß, sondern das Recht des freien Staatsbürgers. Solange ein Gesetz besteht und nicht durch ein anderes gültig abgelöst ist, Sollte der Steuerbürger im Vertrauen auf das bestehende Gesetz das tun können, wozu er nach diesem berechtigt ist. Denn wir haben nun einmal keinen Untertanenstaat. Darum erscheint es uns, der FDP, dem Staatsbürger gegenüber unzumutbar, daß man seine Dispositionsmöglichkeiten zu einem Zeitpunkt beschneidet, in dem der Gesetzgeber noch nicht gültig über neue Bestimmungen entschieden hat.
Wir haben es ja bei der Sparförderung nicht in erster Linie mit einem Publikum zu tun, das täglich den Wirtschaftsteil der Zeitungen liest oder in ständiger Verbindung zur Bank steht und sich dort beraten lassen kann. Vielmehr zielen unsere Sparförderungsmaßnahmen im wesentlichen doch auf Leute ab, die exakte Wirtschaftskenntnisse und laufende Wirtschaftsinformationen nicht haben. Wer Bankverbindungen hat und wer den Wirtschaftsteil der Zeitungen liest, hat längst vor dem 8. Dezember
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3595
Frau Funcke
das Seinige getan, um noch alle Vorteile in Anspruch nehmen zu können. Uns geht es hier in diesem Hause aber doch um diejenigen kleinen Sparer, die es nicht gewohnt sind, auf mögliche Gesetzesänderungen hin zu spekulieren. Dieses Haus hat mit seinen früheren Beschlüssen die Sparabschlüsse im Dezember besonders begünstigt. Wir wissen alle, welchen Andrang Banken und Sparkassen an den letzten Tagen des Jahres zu bewältigen haben, weil eben die Frist eines im Dezember abgeschlossenen Sparvertrages rückwirkend beginnt, so daß der Sparer früher in den Genuß der Auszahlung kommt. Darauf haben sich die kleinen Sparer eingerichtet, und viele von ihnen pflegen einen Teil der Weihnachtsgratifikation oder gar des Dezembergehalts in den letzten Tagen des Jahres noch zum Abschluß von Sparverträgen zu verwenden. Auch die 312-
Mark-Sparer werden Sie mit der vorzeitigen Inkraftsetzung des Gesetzes treffen.
Wollen Sie das wirklich? Was kann denn eigentlich so Furchtbares passieren, wenn statt des 8. Dezembers der 31. Dezember als Stichtag gilt?! Ich sagte schon, diejenigen, die über Gebühr die Vergünstigungen in Anspruch nehmen, haben sich schon längst alles besorgt. Wenn nun darüber hinaus in diesen 22 Tagen zusätzliche Sparverträge — und mögen es auch kumulative Sparverträge sein — abgeschlossen werden, dann kommt eben am Ende des Jahres noch zusätzliches Sparkapital zusammen, was bei der derzeitigen Lage auf unserem Kapitalmarkt sicherlich kein Schaden ist.
Ich bitte daher namens der FDP-Fraktion, der Terminverschiebung vom 8. Dezember auf den 31. Dezember zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stecker.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantrage namens der CDU/CSU-Fraktion, den Änderungsantrag abzulehnen.
Frau Kollegin, es bedeutet doch, die Dinge ungefähr auf den Kopf zu stellen, wenn Sie hier eine Schilderung geben, als würden die Rechte des armen Staatsbürgers von einem brutalen Staat verkürzt. Ich glaube, der Staatsbürger kann den Staat gar nicht ernst nehmen, wenn dieser Staat nicht verhütet, daß die gesetzlichen Möglichkeiten von den Wissenden in einer Weise ausgenutzt werden, die den Fiskus Hunderte von Millionen gekostet hat und die ihn noch einmal Erhebliches kosten würde —, letzten Endes zu Lasten der Steuerzahler. Der Boom, der durch den Ankündigungseffekt ausgelöst worden ist, hat nach vorsichtigen Schätzungen etwa 400 bis 500 Millionen DM an Steuerausfall und Prämien gekostet. Wenn wir jetzt die Frist noch einmal bis zum 31. Dezember verlängerten, würden nach vorsichtigen Schätzungen des Bundesfinanzministeriums weitere Belastungen in Höhe von 90 Millionen DM durch Steuerausfall und Prämien entstehen.
Herr Abgeordneter Opitz möchte eine Frage an Sie stellen.
Bitte sehr!
Herr Kollege, meinen Sie nicht, daß die Wissenden — wie Sie sich ausdrücken — schon jetzt alle Möglichkeiten ausgenutzt haben und daß wir lediglich die Unwissenden bestrafen, wenn wir den 8. Dezember zum Stichtag nehmen?
Ich weiß nur, Herr Kollege Opitz, daß die Sparkassen und Bausparkassenin Nachtschicht arbeiten, um heute die Dinge noch möglichst weitgehend unter Dach und Fach zu bringen. Ich möchte ihnen nicht Gelegenheit geben, dieses Spiel noch bis zum Ende des Jahres fortzusetzen,
zumal Sie doch selber sagen, daß die Institute zum Jahresende so ungeheuer belastet sind.
Zu dem Problem der Verfassungskonformität wäre noch zu sagen, daß es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darauf ankommt, daß der Bundesbürger über eine beabsichtigte Rechtsänderung so rechtzeitig unterrichtet wird, das er sein Verhalten nach der beabsichtigten Rechtsänderung ausrichten kann. Diesem Erfordernis wird durch die Beschlußfassung über den Gesetzentwurf am heutigen Tage hinreichend Rechnung getragen. Der Staatsbürger kann sich über das, was beabsichtigt ist, heute umfassend unterrichten, so daß hier eine Rechtsverkürzung, die verfassungswidrig wäre, nicht eintritt.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich nach diesen Ausführungen kurz fassen. Ich möchte nur noch auf einen Einwand von Frau Kollegin Funcke eingehen.
Sie meinen, daß vor allen Dingen die kleinen Sparer betroffen würden. Die kleinen Sparer sind diejenigen, die ihr Einkommen im Dezember und auch das Weihnachtsgeld dringend brauchen, um ihre Weihnachtsgeschenke zu kaufen, und die im geringsten Umfang dieses Geld für Sparzwecke verwenden können. Warum sind denn z. B. die Ratenkäufe gerade im Monat Dezember so hoch? Allein doch deshalb, weil die Menschen gar nicht genügend Einkommen haben, um ihre Geschenke bar zu bezahlen.
Frau Abgeordnete Funcke möchte eine Frage stellen.
Ja, bitte!
Frau Kollegin Beyer, sind Sie in den letzten Tagen des Jahres einmal in einer
3596 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Frau Funcke
Sparkasse gewesen und haben sich angeschaut, wer da alles noch Sparverträge abgeschlossen hat? Das waren keine Generaldirektoren.
Frau Kollegin Funcke, darauf kann ich Ihnen gleich antworten. Ich war zufällig am Montag gezwungen, zu meiner Bank zu gehen, und ich war erstaunt über den Ansturm. Ich mußte feststellen, daß unser Beschluß, der eigentlich geheim bleiben sollte, trotzdem in die Öffentlichkeit gedrungen ist.
— Alle, die in der Bank waren, haben sich auf Zeitungsmeldungen berufen. Das waren aber keine kleinen Leute. Sie nahmen Geld von ihrem Sparguthaben, um es noch schnell sparbegünstigt anzulegen. Das sollten wir im gegenwärtigen Zeitpunkt aus Haushalissicherungsgründen nicht wollen.
Wir können dann über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 107 Ziffer 2 abstimmen. Wer zustimmt, der gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir stimmen dann ab über Nr. 5 des Art. 1. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Nr. 5 ist angenommen. — Damit ist der gesamte Art. 1 angenommen.
Wir stimmen ab über Art. 2. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Art. 2 ist angenommen.
Wir können dann über Art. 3 abstimmen. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Ich stelle die Annahme fest.
f( Vor sitz : Vizepräsident Schoettle.)
Ich rufe auf die Art. 4, — 5, — 6 und 7. — Änderungsanträge liegen dazu nicht vor.
Wer den aufgerufenen Artikeln zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die aufgerufenen Artikel sind einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Art. 8. — Dazu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 107 *) Ziffer 5 vor. Wird dieser Antrag begründet? — Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die FDP-Fraktion beantragt, Art. 8 ganz zu streichen. Sie kennen in diesem Hause unsere grundsätzliche Auffassung zu Steuererhöhungen.
— Wir haben einen vollgültigen und ausgeglichenen Vorschlag bei der Haushaltsberatung in der
*) Siehe Anlage 13
ersten Lesung gemacht. Nur sind Sie von unseren Einsparungsvorschlägen abgewichen. Dadurch ist natürlich das Loch groß.
Sie kennen unsere grundsätzliche Auffassung, meine Herren und Damen; denn wir versprechen uns von den Steuererhöhungen zum Ausgleich des Haushalts nichts, wenn man nicht endlich entscheidend darangeht, die Ausgabenseite des Haushalts energisch anzufassen. Wir haben im vergangenen Jahr bereits eine kleine Steuererhöhung hingenommen, und das Loch ist trotzdem größer geworden. Die Vorausschau des Finanzministeriums deutet ja auch darauf hin: Wenn man nicht entscheidend an die Ausgabenseite geht, helfen eben auch Steuererhöhungen nichts mehr. Wir möchten aus Grundsatz das Haus und uns selbst zwingen, diejenigen unpopulären Maßnahmen anzufassen, von denen auch der Herr Bundesfinanzminister gesprochen hat und die im übrigen auch von vielen Rednern erwähnt worden sind. Dazu helfen uns aber Steuererhöhungen genau nicht, sondern nur der Zwang, auf der Ausgabenseite zu sparen.
Daß wir speziell einer Erhöhung der Mineralölsteuer nicht zustimmen, liegt daran, daß wir bei einer Einsparung und bei dem Beschluß auch unpopulärer Maßnahmen nicht gerne alle Lasten auf eine Gruppe legen wollen. Was wir bisher beschlossen haben, hat besonders den Autofahrer getroffen, erstens in der Verkürzung der Kilometerpauschale, zweitens in der Abschaffung des Umsatzsteuerprivilegs für die Mineralölwirtschaft; das macht an der Tankstelle 1,3 Pf aus. Und nun sollen dazu noch die 3 Pf Mineralölsteuererhöhung kommen. Damit ist eine Gruppe sehr einseitig betroffen. Meine Herren und Damen, das wirkt sich natürlich bis auf jene Wirtschaftszweige aus, die bisher noch intakt waren, von denen aber inzwischen schon erhebliche Auftragsrückgänge gemeldet werden. Ich meine die Kraftfahrzeugindustrie.
Jede Erhöhung der Transportkosten, jede Erhöhung der Fahrkosten bringt eine Wettbewerbsverzerrung mit sich. Das ist der dritte Grund für unsere Ablehnung. Diese Wettbewerbsverzerrungen sind meines Erachtens nicht hinreichend durchdacht worden. Dafür liefern Sie, meine Herren und Damen von der CDU, der CSU und der SPD, mit Ihrem Entschließungsantrag selbst den Beweis und uns die Begründung. Ich kann sie mir also sparen. Daß Sie, nachdem Sie zuerst beschließen, Kraftstoff um 3 Pf zu verteuern, die Bundesregierung auffordern, sie solle sehen, daß die Wettbewerbsverzerrungen wegkämen, scheint mir ein Widerspruch in sich selbst zu sein. Die klügste Entscheidung, Wettbewerbsverzerrungen nicht größer, sondern kleiner zu machen, ist doch zweifelsohne zunächst einmal die, daß man die Verzerrung nicht noch erhöht, sondern sie eher abbaut. Sie schieben der Bundesregierung die Aufgabe zu, die Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen, aber auch eine „große" Bundesregierung kann doch nur nach dem kleinen und großen Einmaleins verfahren. Sie kann nicht hexen. Sie kann nicht, wenn Sie Steuererhöhungen beschließen, eine Kostensenkung heranhexen. Denn Sie werden doch nicht erwarten, daß Verhandlungen etwa mit dem Nachbarland Holland dazu führen,
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3597
Frau Funcke
daß die Holländer auf unsere hohe Steuerbelastung heraufgehen. Die Verhandlungen können nur erreichen, daß wir heruntermüssen, um zu gleichen Belastungen zu kommen. Und hier machen Sie es der Regierung noch schwerer, einen solchen Ausgleich zu finden, wenn Sie im vorhinein erst einmal Erhöhungen beschließen, die den Unterschied noch größer machen. Wenn der Preis für Dieselkraftstoff in Holland bei etwa 14 Pf und bei uns schon jetzt selbst bei Großabnehmern über 40 Pf und bei Kleinabnehmern über 50 Pf liegt, so werden die 3 Pf doch zweifelsohne diese Wettbewerbsverzerrung noch vergrößern.
Wir bitten also im Interesse Ihrer eigenen Entschließung, meine Herren und Damen von der CDU und der SPD, die Erhöhung der Mineralölsteuer abzulehnen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte das Hohe Haus, den Antrag, den Frau Funcke begründet hat, abzulehnen. Sicherlich sind einige Ihrer Ausführungen, Frau Kollegin, der Beachtung wert, insbesondere Ihr Hinweis, daß die zusätzliche Belastung, die auf den Kraftfahrer jetzt und wahrscheinlich auch in Zukunft zukommt, auch ihre Auswirkungen auf den Absatz der Automobilindustrie haben wird, der sich schon jetzt spürbar reduziert, und auch Auswirkungen auf die Situation des im internationalen Wettbewerb stehenden Kraftverkehrs und der deutschen Seehäfen. Deshalb haben wir ja auch einen Entschließungsantrag vorgelegt, der die Bundesregierung auffordert, dieses Problem auf geeignete Weise anzupacken.
Sehr viele Ihrer Ausführungen, Frau Kollegin, gehen aber, wie mir scheint, am Kern der Dinge vorbei, und auch Ihre These „keine Steuererhöhungen" paßt nicht auf diesen Punkt.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte, Herr Abgeordneter Ramms.
Herr Abgeordneter Dr. Müller-Hermann, ist Ihnen bekannt, daß holländische Frachtführer mit dem Kraftwagen Transporte von München nach Rotterdam, also über unsere Grenze hinweg, durchführen, daß diese Transporte von München bis zur deutsch-holländischen Grenze frachtfrei geführt werden und nur in Holland die Fracht berechnet wird und daß diese Frachten aus den Seetarifen den holländischen Frachtführern ersetzt werden? Wie wollen Sie die Wettbewerbsverzerrung beseitigen, wenn Sie hier die Mineralölsteuer noch erhöhen?
Sehr verehrter Herr Kollege Ramms, das Problem der Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EWG gerade auf dem Verkehrsmarkt ist uns allen ja bekannt, und Sie wissen genausogut wie ich, daß wir uns gemeinsam mit der Regierung bemühen, hier zu einer Harmonisierung zu kommen. Das Problem — das gebe ich ohne weiteres zu — wird durch diese neue Regelung nicht erleichtert, sondern wahrscheinlich noch erschwert. Sie brauchen mir und den Kollegen nicht erst zu sagen, daß zur Zeit die Belastung z. B. bei Dieselkraftstoff in den Niederlanden knapp 2 Pfennig beträgt, bei uns aber zur Zeit 31 Pfennig je Liter, worauf jetzt noch 3 Pfennig kommen, unabhängig von der zusätzlichen Belastung aus der Beseitigung des Umsatzsteuerprivilegs.
Das Problem ist auf dem Tisch, es wird auch von uns in seinem vollen Ernst gesehen, und es muß angepackt werden. Das ändert aber doch nichts an der Tatsache, daß wir vor einer zusätzlichen, neuen Aufgabe des Bundes stehen, gemeinsam mit den Ländern dazu beizutragen, daß die Gemeinden mit ihren Verkehrsnöten fertig werden, — einer Aufgabe, die bisher im Bundeshaushalt gar nicht in Erscheinung getreten ist. Für diese neue Aufgabe, die uns allen auf den Nägeln brennt und die, wie ja gerade die kommunalen Spitzenverbände immer wieder versichern, schnellstens angepackt werden muß, brauchen wir eine neue Finanzmasse, und die läßt sich nur zusammenbringen, wenn wir diesen Schritt einer vorsichtigen Anhebung der Mineralölsteuer tun.
Ich sage gleich bei dieser Gelegenheit, daß wir uns die Probleme nur noch erschweren würden, wenn wir etwa meinten, zukünftig zur Deckung von weiteren Haushaltslöchern den bequemen Weg gehen zu können, bei der Mineralölsteuer noch mehr draufzupacken. Das erlaubt sich einfach nicht mit Rücksicht auf den Automobilmarkt. Die Automobilindustrie ist einer unserer wichtigsten Konjunkturträger und auch Exportgaranten gewesen und muß es bleiben. Es gestattet sich auch nicht mit Rücksicht auf die internationalen Wettbewerbsverzerrungen, unter denen die deutsche Kraftverkehrswirtschaft und speziell unsere deutschen Seehäfen ganz besonders leiden.
Aber bei dieser zusätzlichen steuerlichen Belastung, die dem Kraftfahrer 3 Pfennig mehr zumutet, wird dem Kraftfahrer am Tage X + 2 oder X + 3, wenn nämlich mit Hilfe dieser Mittel im inner-gemeindlichen Verkehr wirklich etwas Durchgreifendes geschieht, auch ein Äquivalent gebaten. Ich meine, daß dem Kraftfahrer dieses bescheidene zusätzliche Opfer zugemutet werden kann, weil er selbst davon eines nahen Tages die Vorteile genießen wird.
Ich glaube, daß ich damit genug ausgesagt habe und in einem kurzen Diskussionsbeitrag klargemacht habe, daß Ihre Argumente, gnädige Frau, sicherlich auch ihr Gewicht haben, aber doch zurücktreten müssen gegenüber den anderen Aufgaben, die uns gestellt sind. Das von Ihnen angeschnittene Problem muß daneben auf geeignete Weise einer Lösung zugeführt werden. Ich bitte also nochmals, den von Frau Kollegin Funcke begründeten Antrag abzulehnen.
3598 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir als sozialdemokratische Fraktion werden diesen Antrag der FDP-Fraktion ablehnen. Wir kennen alle in diesem Hause die schwierige Lage in den Gemeinden. Wir haben uns bereits wiederholt mit diesem Problem beschäftigt. Ich brauche nur auf das Gutachten der Kommission über die Finanzreform zu verweisen.
Diese Mittel hier — das hat auch Herr Kollege Müller-Hermann bereits ausgeführt — sind zweckgebunden zur Lösung der Nahverkehrsprobleme der Gemeinden. Die Verteilung wird in einem besonderen Entschließungsantrag angesprochen; auch werden die Schwierigkeiten im grenzüberschreitenden Verkehr erkannt. Auch dazu liegt ein Entschließungsantrag vor. Wir bitten, diesen Entschließungsantrag anzunehmen.
Das Wort wird weiter nicht begehrt. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 107 Ziffer 5. Wir stimmen aber, wie heute schon gesagt worden ist, positiv ab, und zwar über den aufgerufenen Art. 8. Wer diesem Artikel zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die große Mehrheit. Der Artikel ist angenommen.
Ich rufe nun die Art. 9, — 10, — 11, — Einleitung und Überschrift auf. — Wer den aufgerufenen Artikeln zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Wir kommen nun zur
dritten Beratung
des Steueränderungsgesetzes 1966. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Pohle.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Steueränderungsgesetz stellt gewissermaßen ein alter ego, den anderen Teil des Finanzplanungsgesetzes dar. Es betrifft die Mehreinnahmen, die zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Stabilität in der öffentlichen Finanzgebarung erforderlich sind. Es ist eingebettet in das Bukett der Maßnahmen, die getroffen werden müssen. Es ist ein weiterer Schritt auf diesem Wege oder, wenn Sie so wollen, einer der ersten Schritte für die Gestaltung des Haushalts 1967. Schon der Bundesfinanzminister der vorletzten Bundesregierung hat das Steueränderungsgesetz vorgelegt. Die vorletzte und die letzte Bundesregierung haben das Gesetz ausgestaltet, und die jetzige Bundesregierung muß es nun zur Verabschiedung bringen. Wir sind uns aber darin einig, daß das ein erster Schritt ist und daß der steinige Weg des Ausgleichs des Haushalts 1967 noch vor uns liegt, insbesondere weil die Deckungslücken, die hier aufgezeigt worden sind, das damals vorgestellte Ausmaß überschreiten.
Von diesem Standpunkt aus ist es natürlich zu bedauern, daß aus diesem Gesetz, wie es ursprünglich vorlag, gewisse Teile zunächst nicht der Verabschiedung zugeführt, sondern zurückgestellt werden. Es werden nur jene Teile verabschiedet, die vordringlich sind, weil sie entweder bereits am 1. Januar 1967 anlaufen müssen, wenn sie für das Rechnungsjahr 1967 überhaupt wirksam werden sollen, oder weil, wenn sie nicht in Kraft treten, neue erhebliche Lücken in den Haushalt 1967 gerissen würden. Alle anderen Stücke sind zurückgestellt und harren der Weiterbehandlung im Ausschuß.
Meine Damen und Herren, das Volumen der gegenüber der Regierungsvorlage geänderten oder zurückgestellten Teile dieses Steueränderungsgesetzes macht — darüber müssen wir uns klar sein — etwa die Hälfte der erwarteten Mehreinnahmen aus, und dieses Volumen ist auch fast halb so groß wie die erwartete neue Deckungslücke im Haushalt 1967. Aber, wie gesagt, das wird die nächste Aufgabe sein, die dem neuen Bundesfinanzminister und der neuen Bundesregierung im Zusammenwirken mit diesem Parlament gestellt ist.
Bedeutsamer Schwerpunkt dieses Gesetzes ist außer der Mineralölsteuer die Einschränkung der Sparförderung durch das Kumulierungsverbot, das wir jetzt verabschieden. Ich darf darauf hinweisen, daß das geförderte Sparen ohne Versicherungssparen im Bund und Ländern im Jahre 1967 3 Milliarden DM ausmachen wird und daß wir im Jahre 1970 bereits bei 5,2 Milliarden DM angelangt sein werden. Das Versicherungssparen steht für das Jahr 1967 in einer Höhe von 6,2 Milliarden DM vor uns, wird aber bis zum Jahre 1970 auf 9 bis 10 Milliarden DM angestiegen sein. Hier muß also von uns allen gemeinsam eine sinnvolle Regelung getroffen werden.
Daß schon aus konjunkturellen Gründen eine weitere Erhöhung bei der Ertragsteuer nicht in Frage kam, ist seitens der Regierung bereits zum Ausdruck gelangt. Vertretbar aber sind zur Zeit die Erhöhung der Mineralölsteuer und die bis zur endgültigen Beratung Anfang Januar zurückgestellte Erhöhung der Tabaksteuer. Wir sind uns darin einig, daß angesichts der Deckungslücke für 1967 scharfe, operative Maßnahmen auf allen Gebieten erforderlich sind, daß kein Gebiet tabu ist. Und wenn etwa das nominelle Wachstum des Bruttosozialprodukts auf unter 5 % herabsinken sollte, dann bleibt uns nichts übrig, als uns mit unserer Haushaltsgebarung danach zu richten. Der erste Schritt dazu soll, wie gesagt, auch die „Rumpf"-Verabschiedung des Steueränderungsgesetzes sein.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Schoettle, der jetzt als Präsident amtiert, hat vorhin gesagt: Wir stimmen dem Finanzplanungsgesetz zu aus Notwendigkeit, nicht aus Liebe. Das gleiche tun wir hinsichtlich des Steueränderungsgesetzes. Auch hier tun wir es aus Notwendigkeit und nicht aus Liebe. Wir haben uns auch im Finanzausschuß die Beratung dieses Gesetzes nicht leicht gemacht und waren
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3599
Dr. Pohle
uns der hohen Verantwortung sehr stark bewußt. Wir haben den Entwurf aus der Verantwortung für das Ganze im Eiltempo verabschiedet, was nach den Umständen nicht anders zu machen war.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Das vorliegende Steueränderungsgesetz, über das wir zu entscheiden haben, ist aus zwei Vorlagen entstanden, aus der Drucksache 1068, die von der alten Bundesregierung, und der Drucksache 1096, die von der CDU/CSU eingebracht worden ist.
Den ersten Teil begrüßt die FDP als einen Schritt auf dem richtigen Wege, überholte Subventionen abzubauen und Einsparungen vorzunehmen. Dem würden wir, wenn getrennt abgestimmt würde, völlig zustimmen.
Bei der zweiten Vorlage, dem ursprünglichen CDU/CSU-Entwurf, begrüßen wir, daß die meisten Steuererhöhungen nicht die Zustimmung des Finanzausschusses gefunden haben und daher dem Hause jetzt nicht zur Entscheidung vorliegen. Über das Ausmaß hat Herr Kollege Dr. Pohle gesprochen. Ich glaube nur, daß nach den Gesamtvorstellungen nun nicht nur die Hälfte nicht realisiert worden ist, sondern daß das Loch noch größer ist, weil erstens die Frage der Tabaksteuererhöhung noch nicht gelöst ist, während Herr Abgeordneter Dr. Pohle davon ausgeht, daß sie kommt, und weil zweitens die Entscheidungen, die heute zu dem Finanzplanungsgesetz in diesem Hause gefallen sind, ein weiteres Loch von ungefähr 300 Millionen DM gebracht haben.
Wir sind nun einigermaßen gespannt, wie die Deckungslücke in den künftigen Überlegungen der Regierung — das wird nächste Woche in der Regierungserklärung sicherlich angesprochen werden — und auch in den weiteren Beratungen des Haushalts- und des Finanzausschusses geschlossen werden soll.
Sie dürfen überzeugt sein, daß die FDP weiterhin Steuererhöhungen ablehnen wird, daß sie aber weiterhin jeder sinnvollen und dauerhaften Lösung in der Schließung der Lücke nicht nur für das kommende Jahr, sondern für die weiteren Jahre zustimmend gegenüberstehen wird. Den derzeitigen Gesetzentwurf lehnen wir wegen der darin enthaltenen Steuererhöhung ab.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Steueränderungsgesetz 1966 in der Fassung der Drucksache V/1.187 werden in erster Linie Steuervergünstigungen abgebaut. Es war unsere gemeinsame Aufgabe, im Finanzausschuß für die entstandene Deckungslücke im Haushalt 1967 Lösungen zu finden. Dabei mußte aber gleichzeitig schon eine Grundlage für den Haushaltsausgleich auch der darauffolgenden Jahre gefunden werden, wie sie nach der mittelfristigen Finanzplanung erforderlich ist. Wir sind uns bewußt, daß diese Aufgabe noch nicht abgeschlossen ist.
So haben wir uns schweren Herzens u. a. zu der Änderung der Kilometerpauschale bereit gefunden. Im Entwurf des Steueränderungsgesetzes war zunächst eine Herabsetzung von 50 auf 10 Pf vorgesehen. Hiergegen wurden in der Öffentlichkeit starke Bedenken zum Ausdruck gebracht. Viele Arbeitnehmer sind auf die Benutzung eines Kraftwagens angewiesen, weil sie keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung haben. Meine Fraktion hat bereits vor Wochen auf die raumordnungspolitischen Gesichtspunkte hingewiesen, hier z. B. auf die notwendige Auflösung der Ballungszentren etc. Wir freuen uns nun, daß wir einen Kompromiß gefunden haben und es zu einer Einigung auf 36 Pf gekommen ist.
Die Verwaltung hat uns dargelegt, daß mit diesen 36 Pf sowohl die laufenden Kosten, z. B. für 01 und Kraftstoff, als auch die festen Kosten wie Steuern und Versicherungen etc. für kleine und mittlere Wagen abgegolten sind. Natürlich bedeutet dieser Satz von 36 Pf eine geringe Einschränkung für die autofahrenden Arbeitnehmer. Aus Gerechtigkeitsgründen ist aber auch eine Einschränkung der Betriebsausgaben vorgesehen, d. h. eine Gleichstellung der Selbständigen mit den Arbeitnehmern. Ebenso haben wir, wie es vorhin schon zum Ausdruck gebracht worden ist, die Gleichstellung des Direktors und des Ministerialbeamten, der einen Kraftwagen zur Verfügung gestellt bekommt, erreicht. Wir begrüßen besonders, daß in der neuen Gesetzesvorlage keine Einschränkung für Körperbehinderte vorgesehen ist.
Nun zur Sparförderung! Die sozialdemokratische Fraktion hat bereits zu Beginn der 4. Legislaturperiode — ich glaube, es war im Jahre 1962 — einen Vorschlag zur Harmonisierung der Sparförderungsgesetze vorgelegt. Nach den Statistiken wird eine volle Ausschöpfung der nach den Spargesetzen möglichen Steuervergünstigungen nur von Beziehern großer Einkommen vorgenommen. Die Bezieher kleiner Einkommen sind infolge ihrer geringen Sparfähigkeit überhaupt nicht in der Lage, mehrere steuerlich begünstigte Sparformen nebeneinander in Anspruch zu nehmen. Außerdem ist im Rahmen des § 10 die steuerliche Wirkung um so höher, je höher das Einkommen ist.
Mit dem vorliegenden Vorschlag wird nun ein erster Schritt getan, indem die Kumulationsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Mehrere steuerbegünstigte Sparformen können danach nur noch begrenzt nebeneinander in Anspruch genommen werden. Wenn also Bausparleistungen nach § 10 geltend gemacht werden, können keine Prämien nach anderen Gesetzen mehr in Anspruch genommen werden.
3600 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Frau Kurlbaum-Beyer
Auch das Nebeneinander von Bausparprämien und Sparprämien ist nicht mehr möglich.
Als zweiter Schritt wurde eine Mindestvertragsdauer festgelegt. Für Lebensversicherungsverträge waren hier 20 Jahre vorgesehen. Man hat sich nunmehr auf eine Erhöhung von 7 auf 12 Jahre geeinigt. Bei Bausparverträgen nach § 10 wurde die Frist von 6 auf 10 Jahre verlängert, bei den Sparprämiengesetzen und den Wohnungsbauprämiengesetzen wurde eine Erhöhung um ein Jahr, also von 5 auf 6 Jahre bzw. von 6 auf 7 Jahre, vorgenommen.
Ebenso wie der Herr Kollege Dr. Pohle möchte auch ich hier festhalten, daß eine volle Harmonisierung der Bestimmungen über Vertragsdauer, Prämiensätze usw. schnellsten erfolgen muß. Hierfür werden 1967 — ich möchte sagen: schon Anfang 1967 — wohl die notwendigen Unterlagen vorhanden sein.
Ich darf nun zum Mineralölsteuerprivileg kommen. Hier ist vor Jahren ein steuerlicher Anreiz für die Inlanderzeugung geschaffen worden. Das ist aber inzwischen durch die wirtschaftliche Entwicklung überholt. Infolgedessen sind diese Begünstigungen abgebaut worden. Es gibt nur noch eine Einschränkung. Kraft- und Schmierstoffe sowie flüssige Heiz- und Leichtstoffe werden auch in Zukunft von der Umsatzsteuer befreit, wenn es sich um Lieferungen zur Weiterveräußerung durch den Abnehmer handelt, — das sogenannte Großhandelsprivileg.
Die Regierungsvorlage sah auch eine Erhöhung der Branntweinsteuer vor. Hierzu hat sich der Ausschuß nicht entschließen können. Es ist aber der Beschluß gefaßt worden, hochprozentige Weine der Branntweinsteuer zu unterwerfen. Es handelt sich bei den hochprozentigen Weinen um Wermutweine, die zum Teil sehr teuer sind. Diese Weine bilden eine echte Konkurrenz zu unseren deutschen Weinen, aber auch zum Branntwein. Eine Änderung in der Gesetzgebung war schon lange fällig.
Zur Erhöhung der Mineralölsteuer um 3 Pf ist hier bereits einiges ausgeführt worden. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß in der ersten Beratung des Bundeshaushalts 1967 mein Kollege Dr. Möller bemängelt hat, daß die Mehreinnahmen nur zu zwei Dritteln den Gemeinden zufließen. Wir freuen uns, daß nunmehr sichergestellt ist, daß die Erhöhung der Mineralölsteuer voll den Gemeinden zugute kommt. Wir sind der Auffassung, daß eine Erhöhung um 3 Pf im Interesse der Stabilisierung der Gemeindefinanzen vertreten werden muß.
Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß durch die Steueränderung die Wettbewerbschancen der deutschen Seehäfen gegenüber den Rheinmündungshäfen beeinträchtigt werden. Hierzu wird aber mein Kollege Apel noch sprechen. Es liegt ein Entschließungsantrag vor.
Ein anderes Problem ist, ob die Zuweisung eines Teiles der Mineralölsteuer mit der Verfassung zu vereinbaren ist. Dazu liegt ein besonderer Entschließungsantrag vor. Ich kann mich hierauf beziehen.
Unter genauer Abwägung aller Gesichtspunkte und im Bewußtsein, daß ein ausgeglichener Haushalt 1967 erreicht werden muß, geben wir, ich möchte sagen: nicht schweren Herzens, sondern aus Verpflichtung gegenüber dem Gesamten zur Überwindung der Finanzkrise dem Steueränderungsgesetz, so wie es jetzt vorliegt, unsere Zustimmung.
Das Wort hat der Abgeordnete Leicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, daß ich noch einige Worte sagen muß; aber die Ausführungen der Frau Kollegin Funcke und vor allem ihr Bericht, den sie wohl der Presse vor wenigen Stunden übergeben hat, veranlassen mich dazu, weil keine Legenden aufkommen dürfen.
In dieser Presseerklärung heißt es — Sie, Frau Kollegin Funcke, haben das vorhin auch andeutungsweise gesagt —, daß gewisse Steuererhöhungen, die zunächst vorgesehen waren, durch den Finanzausschuß nicht beschlossen worden sind. Soweit recht und gut. Allerdings könnte Ihre Schlußfolgerung in der Öffentlichkeit, die ja über diese Dinge nicht so unterrichtet ist wie wir, falsch aufgefaßt werden. Sie sagen nämlich zunächst: „Nach den Beratungen im Finanzausschuß sind diese Mehreinnahmen auf 275 Millionen DM für das Jahr 1967 zusammengeschrumpft" und deuten dann sehr viel später erst an, daß der Finanzausschuß, zumindest in seiner Mehrheit, gewillt ist, im Jahre 1967 500 Millionen DM im Wege der Tabaksteuererhöhung zu besorgen. Sie haben das in der Presseerklärung zwar nachgetragen, aber es täuscht die Öffentlichkeit. Die Meldung erweckt den Anschein, als ob nur 275 Millionen DM Steuermehreinnahmen für das Jahr 1967 zu erwarten wären. Mit Sicherheit — das möchte ich feststellen — wird auch die Tabaksteuererhöhung noch beschlossen und damit ein Betrag von 500 Millionen DM an Steuermehraufkommen eingehen.
Vizepräsident Schoettle Herr Abgeordneter gestatten Sie eine Frage? — Bitte, Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Kollege, Sie können aber doch nicht bestreiten, daß genau das stimmt, was dort geschrieben steht, nämlich daß der Finanzausschuß in seinen Beratungen aus dem CDU-Entwurf lediglich Verbesserungen des Bundeshaushalts um 275 Millionen DM und sonst gar nichts beschlossen hat.
Zunächst, Frau Kollegin Funcke, habe ich das gesagt und klargestellt. Ob die Zahl 275 Millionen stimmt, konnte ich nicht so schnell nachprüfen. Sie haben natürlich dabei auch den Wegfall des Mineralölprivilegs mit 240 Millionen DM oder 260 Millionen DM nicht berücksichtigt, weil Sie ja der Meinung sind, daß das nicht diesel-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3601
Leicht
ben Auswirkungen habe wie die Steuererhöhungen. Aber Sie werden sehen, daß beim Wegfall des Privilegs die Preiserhöhung genauso kommt wie bei einer direkten Steuererhöhung.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Frage?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte jetzt zu Ende kommen.
Eine zweite Feststellung in Ihrer Pressemeldung hat eine gewisse Rolle gespielt. Sie geben der Öffentlichkeit bekannt, daß die FDP schon vor Wochen Vorschläge gemacht habe, wie der Haushalt 1967 ohne Steuererhöhungen ausgeglichen werden könne. Ohne die Haushaltsdebatte, die damals geführt worden ist, zu wiederholen, muß ich, damit keine falschen Vorstellungen in derÖffentlichkeit erweckt werden, einfach feststellen, daß Sie — gemäß Ihrer Pressemeldung vom 10. November — von einer Lücke im Bundeshaushalt von nur 1,8 Milliarden DM ausgegangen sind. Was die 1,3 Milliarden DM aus dem Offset-Abkommen angeht, so waren Sie der Meinung, daß 1,1 Milliarden DM außerhalb des Haushalts aufzubringen seien, wobei Sie 200 Millionen DM überhaupt nicht eingesetzt hatten.
— Ich stelle nur klar, daß Sie von völlig anderen Voraussetzungen ausgegangen sind und daß Sie außerhalb des Haushalts Geld haben wollten, das Ihnen die Bundesbank nicht gegeben hätte. Insofern sind Ihre Voraussetzungen völlig verkehrt und unrealistisch.
Das festzustellen war mir ein Bedürfnis.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.
— Beruhigen Sie sich, meine Herren!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir finden es sicherlich sehr dankenswert, daß Herr Kollege Leicht so aufmerksam unseren Pressedienst liest. Es wäre nur sehr löblich, wenn er ihn auch genau läse.
Denn genau steht nämlich in meinem heutigen Artikel: Die Forderung der CDU nach Steuererhöhungen, an denen die Koalition zerbrach, sollte nach dem CDU-Entwurf, Drucksache 1096, für den Bundeshaushalt Mehreinnahmen von 1,5 Milliarden DM bringen. — Nach den Beratungen im Finanzausschuß sind diese beschlossenen Mehreinnahmen nunmehr nur 275 Millionen DM. Das stimmt genau, Herr Kollege, denn — —
— Entschuldigen Sie mal! Wir können ja nicht die Artikel so schreiben, daß einer nur den ersten Absatz zu lesen braucht,
sondern wir schreiben unsere Artikel so, daß jeder auch bis zum Ende liest, und dann steht die ganze Wahrheit insgesamt darin. Meine Herren und Damen, hier können wir nun wirklich nicht Nachhilfeunterricht im Lesen geben.
Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Frage?
Ja.
Frau Kollegin, ich höre, daß Sie da 275 Millionen DM angegeben haben. Das scheinen mir die 55 Millionen DM Branntweinmonopol und die 220 Millionen DM Mineralöl zu sein; das sind 275 Millionen. Aber dazu kommen ja noch die 100 Millionen DM Kilometerpauschale. Diese drei Dinge sind also — außer der Tabaksteuer mit etwa 500 Millionen DM für das Jahr 1967 — doch im Finanzausschuß beschlossen worden.
Herr Kollege Dr. Schmidt, auch Ihnen muß ich sagen: ich gehe von dem CDU-Entwurf aus, nicht von dem Regierungsentwurf. Die Kilometerpauschale stand im Regierungsentwurf. Ich gehe von Ihrem Antrag 1096 aus. Davon sind beschlossen lediglich die 240 Millionen DM aus der zweiten Hälfte Umsatzsteuerprivileg; die erste Hälfte stand ja schon im Regierungsentwurf, die zweite Hälfte haben Sie — auf Grund einer Anregung der FDP übrigens — gebracht. Und dazu kommen 35 oder 55 Millionen DM — darüber können wir streiten — aus der Monopolausgleichsabgabe. Das sind genau die 275 Millionen DM oder, wenn Sie wollen — ich kenne die Zahlen nicht so —, vielleicht 285 Millionen DM.
— Aber entschuldigen Sie: für den Bundeshaushalt! Muß ich Ihnen denn wie in der I-Männchen-Klasse sagen, wie man Wort für Wort liest? Für den Bundeshaushalt!
Wir haben doch gerade von Frau Kollegin Beyer
gehört, daß die Mineralölsteuererhöhung voll an die
Gemeinden geht. Das kann also doch den Bundes-
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Frau Funcke
haushalt nicht entlasten. Ich wäre wirklich dankbar, wenn man unsere Ausführungen so läse, wie sie da stehen.
Herr Kollege Leicht, vielleicht werden wir uns auch über den anderen Fragenkomplex genau verständigen können, wenn Sie nämlich alle unsere Unterlagen beieinander nehmen. Es ist ja schließlich in den Koalitionsverhandlungen — das können wir doch offen sagen — nach beiden Seiten hin durchaus seriös und mit Zahlen über die Dinge gesprochen worden. Ich glaube, wenn Sie das getan hätten, dann hätten Sie diese Ausführungen nicht zu machen brauchen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Abschluß einer langen Debatte ist es nicht mehr meine Absicht, längere Ausführungen zu den beiden zu verabschiedenden Gesetzen zu machen.
Ich darf zunächst dem Hohen Hause, dem Finanzausschuß, dem Haushaltsausschuß, den Arbeitskreisen der Fraktionen und den Fraktionen dafür danken, daß sie von den beiden Finanzplanungsgesetzen mit einem Gesamtvolumen von 3089 Millionen DM für das Jahr 1967 alles gemäß der Regierungsvorlage — bis auf einen Betrag von 307 Millionen DM — erledigt und demgemäß für den Haushalt 1967 eine Entlastung in dieser Höhe — 3089 Millionen DM minus 307 Millionen DM i— geschaffen haben.
Aus der Verabschiedung der beiden Gesetze, des Finanzplanungsgesetzes und des Steuerergänzungsgesetzes, darf aber leider nicht geschlossen werden, daß damit die Probleme des Haushalts 1967 erledigt wären. Ich fühle mich bei meinem Dank für die gemeinsame Arbeit deshalb verpflichtet, dieses Hohe Haus und damit auch die Öffentlichkeit auf folgendes aufmerksam zu machen. Auf die Einnahmeseite entfallen durch die bisher getroffenen Beschlüsse 1815 Millionen DM, und zwar deshalb, weil der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer im günstigsten Fall auf 37 % festgesetzt werden wird oder, wenn er auf 38 % festgesetzt werden sollte, Ergänzungszuweisungen in etwa einem Prozent entsprechender Höhe an die finanzschwachen Länder vorgenommen werden müßten. Sollte der Bundesanteil auf 37 % festgesetzt werden — ein Thema, über das wir nächste Woche im einzelnen zu sprechen haben —, dann stehen sich die finanzschwachen Länder dabei so schlecht, daß sich die Frage der Ergänzungszuweisungen — siehe ein bereits im Bundesrat eingebrachter Gesetzentwurf — ohne jeden Zweifel ebenfalls wahrscheinlich als eine weitere Belastung herausstellen wird.
Außerdem glaube ich nicht, daß — gleichgültig, ob 37 °/o oder 38 °/o mit Ergänzungszuweisungen — damit schon eine Entflechtung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern eintreten wird. Ich glaube z. B. einfach nicht, daß die Länder dann in der Lage
sein werden, auf die im Bundeshaushalt vorgesehenen Beträge — ich nehme ein wesentliches Beispiel, das uns schon bei früheren Debatten stark beschäftigt hat, nämlich die Beträge für den Bau wissenschaftlicher Hochschulen zu übernehmen — zu verzichten, erstens aus Gründen der Bildungspolitik, zweitens aber auch aus Gründen der gebotenen Investitionspolitik der öffentlichen Hand; ich brauche das im einzelnen nicht mehr zu erwähnen.
Der Verzicht auf eine Umsatzsteuererhöhung bringt einen Einnahmeausfall von 460 Millionen DM mit sich, der Verzicht auf die von der Regierung ursprünglich vorgeschlagene Erhöhung der Branntweinsteuer einen Einnahmeausfall von 55 Millionen DM. — Die Zweckbindung des dritten Pfennigs bei der Erhöhung der Mineralölsteuer kostet den Bund ebenfalls 220 Millionen DM, die auch nach Auffassung der Bundesregierung berechtigte Anhebung der Kilometerpauschale gegenüber dem ursprünglichen Ansatz auf 36 Pf etwa 100 Millionen DM. Das gibt ein Minus an Einnahmen in Höhe von 1815 Millionen DM.
Aber auch diese Zahl ist nur dann zuverlässig, wenn die kommende Erhöhung der Tabaksteuer, für .die Beratungen Anfang Januar 1967 vorgesehen sind, für das Rechnungsjahr 1967 eine Mehreinnahme von 500 Millionen DM ergibt. Hier möchte ich das nur als Merkposten vorsehen. Außerdem ist damit zu rechnen, daß sich gegenüber dem Ihnen vorgelegten Haushalt für 1967 auf Grund der Ausgabenentwicklung auf verschiedenen Gebieten im Jahre 1967 ein Mehrbedarf von 375 Millionen DM über den Rahmen des vorgelegten Haushalts hinaus ergeben wird, nämlich bei Kindergeld, Kriegsopferfürsorge, Wohnungsbauprämien und Zuschüssen an die knappschaftlichen Rentenversicherungen.
Ich darf hier zusammenzählen: 307 Millionen DM Verschlechterung aus den beiden Finanzplanungsgesetzen gegenüber den Regierungsentwürfen, den Einnahmeausfall von 1815 Millionen DM, unterstellt, daß 500 Millionen DM mehr aus der Tabaksteuer kommen; dabei bleibt die Frage der Ergänzungszuweisungen je nach der Verabschiedung des Beteiligungsgesetzes offen. Dazu kommen weitere Verschlechterungen durch voraussichtliche Mehrausgaben, die auf Grund der Entwicklung der letzten Monate gegenüber dem Haushalt 1967 unterstellt werden müssen, in Höhe von 375 Millionen DM.
Dazu muß ich auf folgendes aufmerksam machen. Die Bundesregierung hat ursprünglich die Bundesmindereinnahmen auf 1,1 Milliarden DM geschätzt. Diese Schätzung beruhte aber auf der Annahme eines Zuwachses des realen Bruttosozialprodukts, der Zur Zeit nicht mehr gegeben ist und sich auch im Jahre 1967 ohne besondere Maßnahmen nicht wieder einstellen wird. Deshalb haben sämtliche wirtschaftswissenschaftlichen Institute nicht eine Mindereinnahme von 1,1 Milliarden DM, sondern eine solche von 1,9 Milliarden DM geschätzt. Daraus ergibt sich, daß zu den bisher genannten Zahlen unter Umständen noch eine Mindereinnahme nicht nur von 1,1, sondern von bis zu 1,9 Milliarden DM, also von weiteren 800 Millionen DM, jedenfalls
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Bundesminister Dr. h. c. Strauß
— je nach wirtschaftlicher Entwicklung — als möglich angesetzt werden müssen.
Als letztes in dieser wenig erfreulichen Liste darf ich noch anmerken, daß die bisherigen Schätzungen über Bundesmindereinnahmen des Jahres 1966 offensichtlich zu niedrig sind. Sie sind weder im Nachtragshaushalt 1966 noch im Ergänzungshaushalt 1967 berücksichtigt. Sie müßten dann vom Haushaltsjahr 1968 an abgedeckt werden. Die bisherige Annahme beläuft sich auf etwa 700 Millionen DM. Ich glaube, daß ich diese Zahl bereits jetzt korrigieren muß, weil die Steuereingänge der letzten Zeit zu der Annahme zwingen, daß sich die Mindereinnahmen nicht auf 700 Millionen, sondern voraussichtlich auf 1 Milliarde DM belaufen werden.
Das ist das heute übersehbare Bild der finanziellen Lage für den Haushalt 1966 und das voraussichtliche Bild für den Haushalt 1967. Es wird das Bemühen des ganzen Hauses sein müssen, in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung im nächsten Jahre die Beratungen durchzuführen, die in diesem Jahr nicht mehr vollendet werden konnten, die wir zurückgestellt haben, sich über weitere Einsparungen in größeren Korrekturen klarzuwerden, ferner sich über weitere Einnahmevermehrungen schlüssig zu werden, um bis zum Ende des Jahres 1967 das rettende Ufer erreicht zu haben, von dem aus dann für die Jahre 1968 und 1969 eine ruhige finanzpolitische und auch wirtschaftspolitische Entwicklung in die Zukunft hinein erwartet werden kann.
Ich fühlte mich, ohne hier schwarzmalen zu wollen, verpflichtet, diese Angaben zu machen. Ich habe dies auch aus dem Zwang getan, am Schluß dieser Sitzung nicht den Eindruck zu hinterlassen, als ob mit der Verabschiedung dieser Gesetze das Problem des Haushalts 1967 erledigt sei. Darum bitte ich um Nachsicht für diese den letzten Schätzungen und den letzten Zählungen entsprechenden Angaben. Sie beweisen die Schwierigkeit der Aufgabe des nächsten Jahres auf haushaltspolitischem, auf finanzpolitischem und auf wirtschaftspolitischem Gebiete. Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik hängen nunmehr so eng zusammen, daß eine Lösung dieser Aufgabe nur gemeinsam erfolgen kann und daß ein gemeinsamer Mißerfolg nicht etwa eine Frage ressortmäßiger Fortune ist, sondern eine Frage, die die Existenz unseres Staates und die Stabilität der Demokratie anginge.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Starke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Sie gestatten mir, daß ich jetzt, um nicht in weitere Schwierigkeiten zu kommen, die Zusammenfassung, die wir uns vorgenommen hatten, zu den beiden Gesetzen gebe. Ich wollte es eigentlich erst nach der Behandlung des Nachtragshaushalts tun, möchte es aber nun doch jetzt gleich anschließen, weil bei dem Nachtragshaushalt keine besonderen Probleme auftreten werden.
Wir sind dem Herrn Bundesfinanzminister für den Überblick über die Finanzlage dankbar, den er uns gegeben hat. Wir möchten dabei betonen, daß für uns diese Zahlen keine besonders große Überraschung bedeutet haben. Wir haben sie uns
— cum grano salis — im wesentlichen in dieser Höhe vorgestellt.
— Ich komme gleich auf das, was Sie immerfort so schön populär sagen.
Die beiden Gesetze, die wir verabschiedet haben, waren dringlich — das geben wir zu —, weil sie ja bis zum 31. Dezember in Kraft sein müssen, um vom 1. Januar ab ihre den Haushalt schonende Wirkung ausüben zu können. Wir haben aber soeben aus den Worten des Herrn Bundesfinanzministers gehört, daß auch nach der Verabschiedung der Gesetze sozusagen alles offen ist. Es klafft eine neue Lücke von mindestens, sagen wir einmal, zwei Milliarden, über deren zusätzliche Deckung wir heute nichts gehört haben. Offen gestanden hatten wir geglaubt, Herr Bundesfinanzminister, wir würden von Ihnen heute wenigstens einen kleinen Einblick vorab in die Überlegungen bekommen, die Sie anstellen, um diese neu auftretende Lücke, die man ja schon einigermaßen übersehen konnte, abzudecken. Diesen Einblick haben wir heute nicht bekommen.
Die Beobachtungen, die wir bei den Beratungen gemacht haben, waren sehr interessant. Sie haben in der Koalition noch keine Einigung über eine ganze Reihe von Fragen erzielen können, die für das Schicksal des Haushalts 1967 von sehr großer Bedeutung sein werden. Wir wollen ruhig feststellen, daß die Zeit, die Ihnen zur Verfügung stand, nicht allzu lang war. Aber es sind doch sehr erhebliche Diskrepanzen aufgetreten, und ich möchte mir erlauben, das einmal so zu charakterisieren:
In den hinter uns liegenden Wochen hatten die Freien Demokraten Gespräche mit beiden Seiten. Wieweit unsere Übereinstimmung mit der CDU/ CSU über die finanzpolitische Situation ging, ist bekannt. Sie ging relativ weit und kam an einer Stelle zum Bruch: weil wir zunächst den Einsparungsweg fortsetzen wollten, bevor wir uns Steuererhöhungen widmen wollten. Auf der anderen Seite haben die Verhandlungen mit der SPD uns gezeigt, daß wir für das vor uns liegende Jahr 1967 eine recht weitgehende Übereinstimmung auf einem Weg gewonnen hatten, auf dem meiner Beurteilung nach keine unüberwindlichen Schwierigkeiten aufgetaucht waren.
Wenn ich mir jetzt ansehe, wieweit die beiden Koalitionspartner in den Fragen des Haushalts 1967 übereinstimmen, dann möchte ich glauben, daß wir sowohl bei den Verhandlungen mit der CDU wie bei denen mit der SPD jeweils mit der anderen Partei etwas weiter zusammengekommen waren,
3604 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Dr. Starke
als jetzt die beiden Koalitionsparteien zusammengekommen sind.
— Wir wollen nur feststellen, was noch alles vor Ihnen liegt.
Wenn ich so sehr betont habe, daß wir gern einen Einblick in die Vorstellungen gehabt hätten, wie es nun weitergehen soll, dann vor allem im Hinblick auf das, was im SPD-Pressedienst von heute, vom 8. Dezember, zu lesen ist. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten kurz daraus zitieren. Es heißt dort zu dem Thema „Erbschaft, die frühere Regierungen hinterlassen haben" : Es sei ein neues Loch aufgedeckt, 2,5 Milliarden — heißt es hier — oder mehr; das sei eine Erbschaft früherer, von der CDU geführter Regierungen. Wörtlich heißt es weiter:
Dies bedeutet, die neue Bundesregierung muß erst einmal Ordnung in die Staatsfinanzen bringen, weil frühere Regierungen dazu nicht fähig waren und nicht zuletzt aus diesem Grunde zu Fall kamen. Das heißt, jeder Versuch, diesen Tatbestand zu verschleiern, wäre fehl am Platze. Deshalb wird auch Bundeskanzler Kiesinger in seiner Regierungserklärung nicht umhinkönnen, dem Parlament und damit der Öffentlichkeit darzustellen, was er in finanzieller Hinsicht bei seinem Amtsantritt vorgefunden hat. In diesem Zusammenhang wird auch ...
Es ist also interessant, festzustellen, daß ich mich bei dem, was ich sagen wollte, zu einem Teil auf den SPD-Pressedienst stützen kann. Besonders interessant ist für uns, daß in diesem Pressedienst nun nicht mehr versucht wird — wie das in den letzten Wochen mitunter den Anschein hatte —, die Verantwortung für die Finanzsituation der Bundesrepublik allein der FDP in die Schuhe zu schieben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn diese Behauptung von einer der beiden Koalitionsparteien weiter erfolgt, wird die Freie Demokratische Partei bezüglich der Behauptung, daß hier Täuschungen und ähnliches vorliegen, den Bundeskanzler a. D. Prof. Dr. Ludwig Erhard auffordern, in der Öffentlichkeit oder vor diesem Hause diese Behauptung richtigzustellen. Denn es ist ganz ausgeschlossen, daß Sie den Freien Demokraten — sosehr Sie ihnen das auch zutrauen mögen — nun wirklich auch zutrauen, daß sie allein an einer Situation schuld sind, die, wie der Finanzminister eben sagte, von uns allen gelöst werden muß.
Nun komme ich zu einem zweiten, und das betrifft den Herrn Kollegen Leicht. Herr Kollege Leicht, ich möchte noch einmal eine Behauptung aufstellen, über die wir uns auseinandersetzen können, an der Stelle, die Sie bestimmen und in dem Raum, den Sie wollen, hier oder woanders. Der Deckungsvorschlag der Freien Demokraten deckt auf Heller und Pfennig das ab, was die Freien Demokraten abseits der Regierungsvorlagen beantragt und sich vorgestellt haben. Sie sagen, daß es dabei um 1 bis
1,3 Milliarden DM aus dem Offset-Abkommen gehe. Es kann kein Zweifel darüber sein, daß mit sehr verantwortlichen Leuten über diese Frage gesprochen worden ist. Aber unser Vorschlag, der eindeutig ist, der insbesondere hervorragend in die konjunkturpolitische Situation des Jahres 1967 paßt, den man natürlich insgesamt nehmen muß, ist einfach von der Bundesregierung nicht aufgegriffen worden. Selbstverständlich ist es Sache der Opposition, eine Ansicht zu vertreten, auch dann, wenn die Bundesregierung sie nicht aufgreift; das ist nun einmal in der Politik so.
Gestatten Sie eine Frage, Herr Abgeordneter?
— Bitte, Herr Abgeordneter Leicht!
Herr Kollege Starke, ist es richtig, daß der Vorschlag in Ihrem Papier vom 10. November, durch Devisenzwischenlösung bei Einschaltung der Bundesbank oder Zwischenfinanzierung über Kapitalsammelstellen 1,1 Milliarden DM abzudecken — das heißt, Rückzahlung aus Verteidigungshaushalten 1968 und folgende, wobei, ich habe es schon gesagt, 200 Millionen DM vergessen worden sind —, außerhalb des Haushalts und außerhalb Ihrer Deckungsvorschläge zum Haushalt gemacht worden ist?
Dieser Vorschlag von uns über die Frage des Offset-Abkommens ist eindeutig mit dem verkoppelt, was wir als Haushaltsdeckung vorgeschlagen haben. Wenn Sie sich erinnern, so haben wir oben in einem Zimmer gesessen in Gegenwart des Haushaltsdirektors und des damaligen Bundeswirtschaftsministers und haben angefangen, das Defizit zu errechnen. Darauf ist eine Unterlage erstellt worden, die nicht vom 10. November ist, sondern um Tage später datiert. In dieser Unterlage, die von uns gemeinsam erarbeitet worden ist und die Sie bekommen haben, Herr Leicht, ist auch unser Vorschlag zum Offset-Abkommen enthalten. Wenn Sie sie nicht durchgelesen haben — ich bin bereit, mit Ihnen zu diskutieren.
Im übrigen möchte ich dazu sagen, daß es einen Zeitpunkt gab, wo es für diese von uns vorgeschlagene Lösung eine Mehrheit in diesem Hohen Hause gegeben hat; das darf ich auch noch betonen. Sie sollten einen Vorschlag, nur weil er von der Opposition kommt, nicht als unmöglich bezeichnen oder abtun. Ich betone noch einmal, die Lösungsvorschläge von uns zur Bezahlung des Offset-Abkommens sind nicht nur währungs- und finanzpolitisch nach meinem und der FDP besten .Wissen und Gewissen einwandfrei, sondern diese Vorschläge sind auch konjunkturpolitisch geradezu eine hervorragende Lösung. Ich hoffe, daß Sie vielleicht sogar darauf zurückkommen werden, wenn auch eventuell in geringerem Umfang.
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Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
— Bitte, Herr Abgeordneter Ott!
Herr Kollege Dr. Starke, können Sie mir verraten, wie der Finanzminister Ihrer Fraktion den Fehlbetrag gedeckt haben würde, der dadurch entstanden ist, daß der Länderanteil von etwa 1 Milliarde DM damals in der Luft gehangen hat und nunmehr im Raume steht?
Ich kann Ihnen dazu nur antworten — wenn Sie das unbedingt hören wollen —, daß bezüglich des Verhältnisses Bund—Länder nach den Vorstellungen, die eine Partei dieses Hohen Hauses und wir entwickelt hatten, auch eine zeitweilige Mehrheit in diesem Hohen Hause bestanden hat.
In dem Deckungsvorschlag, den Ihr Kollege Leicht angezogen hat, konnte darüber nichts gesagt werden, weil damals eine generelle Festlegung bestand, nach der der Bundesanteil eben höher als jetzt war. Deshalb konnte das dort nicht vorgesehen sein.
Die Lösungsvorschläge, die dann aber hier mit den Sozialdemokraten erarbeitet waren und denen wir zugestimmt hatten, hätten nicht nur dieses Problem gelöst, sondern sie hätten auch — um einmal diese Legende zu zerstören — den Gemeinden 500 Millionen DM gebracht. Dem hatten wir zugestimmt, — damit in der SPD nicht der Glaube besteht, wir hätten den Gemeinden nichts geben wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich den Satz noch einmal aufgreifen. Wir hatten mit der Sozialdemokratischen Partei in einem Gespräch eine Einigung über diese 500 Millionen DM für die Gemeinden im Rahmen der Regelung des Verhältnisses Bund—Länder erzielt. Meine verehrten Kollegen von der SPD, wenn Sie das nicht gehört haben, sage ich es Ihnen hiermit. Das war eine Vereinbarung, die praktisch von beiden Seiten mit gleicher Intensität gebilligt worden war. Der Gedanke stammte von den Sozialdemokraten, wir haben ihn für richtig gehalten und wollten das mitmachen. Wenn also jemand sagt, wir hätten das nicht mitmachen wollen, ist es schlichtweg falsch. Ich glaube, es ist notwendig, einige dieser Punkte einmal aufzuklären. Es ist vielleicht auch ganz gut, daß gerade ich das mit meinem Namen tue.
Nun möchte ich Ihnen sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir mit den beiden Gesetzen, die wir heute verabschiedet haben, dem Steueränderungsgesetz und dem Finanzplanungsgesetz, auf einem richtigen Wege waren und auf einem richtigen Wege sind. Wir müssen die Ausgabenstruktur des Bundeshaushalts verändern. Dort müssen wir zuerst ansetzen und weiter ansetzen. Ohne diese Arbeit wird es keine Lösung der Probleme geben. Wir haben die Steuererhöhungen für 1967 deshalb abgelehnt, weil sie zur Deckung nicht erforderlich waren und weil diese Steuererhöhungen in unseren Augen insbesondere dazu beitragen, daß die Veränderung der Ausgabenstruktur des Bundeshaushalts nicht in genügendem Umfang und nicht zeitgerecht in Angriff genommen wird.
Wir haben darüber, wie Sie ja wissen, eine Übereinstimmung mit der Sozialdemokratischen Partei erzielt gehabt. Es war für mich eine ganz besondere Genugtuung, daß das in dem Gespräch gelungen war. Wir hatten in diesem Punkt eine gemeinsame Meinung.
Ich möchte nur mit einem Satz darauf verweisen, daß ich mir bereits 1961/62 erlaubt hatte, darauf aufmerksam zu machen, welchen Weg wir insgesamt bei der Ausgabenstruktur des Bundes gehen sollten. Alle drei Parteien haben dann gemeinsam im Jahre 1965 die Lage noch ungewöhnlich verschlechtert und verschärft. Nachdem das von allen drei Parteien beschlossen worden war, mußte man den schweren, langwierigen Weg gehen, diese Ausgaben durch Gesetzesänderungen wieder so einzudämmen, daß der verbleibende Rest, der ja jährlich um Milliardenbeträge steigt, wirklich bezahlt werden kann, und zwar in wertbeständigem Geld. So kam es denn damals zu dem Haushaltssicherungsgesetz 1965. Das war eine schwierige Lösung, aber eine gute Lösung. Die Sozialdemokratische Partei hat damals diesem Gesetz ihre Stimme versagt. Diesmal stimmt sie der Fortsetzung des Weges durch das Finanzplanungsgesetz und das Steueränderungsgesetz zu. Das ist, so möchte ich einmal offen sagen, der Ausdruck dafür, daß das ganze Hohe Haus eingesehen hat, daß man nur von der Ausgabenstruktur her an die Finanzfragen herankommt. Der Nachtragshaushalt, der dann noch zu behandeln ist, geht genau in die-. selbe Richtung.
Festhalten müssen wir nur noch einmal, daß das kein Weg ist, den man in Kürze zurücklegen kann. Das ist ein Weg, für den man lange Zeit braucht, ein Weg, wo man Jahr für Jahr wieder die Sonde wird anlegen. müssen: Wie komme ich dazu, die Ausgaben auf ein Ausmaß zu bringen, das ich abdecken kann? Im Oktober des Jahres 1966 hatten wir den festen Eindruck — und er hat sich dann bestätigt —, daß unser Koalitionspartner, die CDU; CSU, diesen Weg in der bisherigen Form nicht mehr mit uns weitergehen und zu schnell, zu zeitig in die Steuererhöhungen ausweichen wollte. Das war der Grund für die Situation, in der wir im Oktober dieses Jahres standen. Wir betonen, daß wir der Meinung sind, auch Sie werden auf diesen zunächst gemeinsam gegangenen Weg wieder zurückkehren müssen. Ich halte mich noch immer an den Satz, den ich 1961/62 aufgestellt habe, daß wir — und das werden Sie noch sehen — in unserer Situation nicht zu wenig Einnahmen haben, sondern zu viel Ausgaben.
So werden wir vorgehen müssen. Die Steuererhöhungen in dem bisherigen Umfang und in dem weiteren Umfang, der unausbleiblich folgen wird, werden die Probleme nicht lösen, auch dann nicht, wenn sie in dem Umfange vorgenommen werden, wie er uns im Oktober vorgetragen worden ist: Erhöhungen bei der Alkoholsteuer, der Mineralölsteuer, der Tabaksteuer und Ergänzungsabgabe auf die Körper-
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Dr. Starke
schaft-, Einkommen- und Lohnsteuer. Davon sind wir überzeugt. Man kommt um die Änderung der Ausgabenstruktur nicht herum.
— Herr Bundesfinanzminister Strauß hat nach Zeitungsveröffentlichungen von maßvollen Erhöhungen der Verbrauchsteuern gesprochen. Einen ersten Ansatz haben wir heute hier kennengelernt. Sie haben weiterhin gesagt, Herr Bundesfinanzminister, daß 1967 die Finanzprobleme gelöst werden müßten; man könne diese Lawine nicht mehr vor sich herschieben. Sie haben dann allerdings angefügt — und davon war ich überrascht, und das wollte ich gern hier einmal festhalten —, daß ja dann am 1. Januar 1968 die Mehrwertsteuer komme, und dann könnte man den Rest der Finanzprobleme lösen. Nun, damit wären wir nicht einverstanden. Denn wenn diese Reform der Umsatzsteuer, die ja primär nicht in Angriff genommen wurde, um höhere Einnahmen zu erzielen, einmal kommt, dann hat man doch jedenfalls bisher nur ganz vorsichtig daran gedacht, daß man die so veränderte Steuer einspannen könnte, um Fragen der Finanzreform zu lösen; auf keinen Fall aber etwa, um Haushaltsdefizite abzudecken.
Ich wäre dankbar, wenn der Herr Bundesfinanzminister hierzu eine Feststellung treffen könnte. Ich gebe allerdings zu, daß diese Feststellung auch deshalb wünschenswert ist, weil ich das nicht geschrieben gelesen habe. Ich habe es nur durch einen Zufall aus einer Fernsehsendung entnommen. Immerhin schien es mir wichtig, darüber zu sprechen.
Wir haben auch das Bedenken, daß die Lösung, die bei der Mineralölsteuer gefunden worden ist, keineswegs allen Gemeinden zugute kommt, während die Lösung, die wir mit der Sozialdemokratischen Partei gefunden hatten, allen Gemeinden zugute gekommen wäre, wobei wir das Weitere gemeinsam in die Finanzreform hinein vertagen wollten. Das ist eine Frage, in der wir nach wie vor unsere Übereinstimmung für den richtigen Weg halten und das, was jetzt gemacht wird, für ein Stückwerk, das unsystematisch in die Finanzreform hineingreift und sie sogar schon in einer gewissen Weise gefährdet. Das ist meine Meinung und die Meinung meiner Fraktion, die ich hier zum Ausdruck bringen möchte.
Es verbleibt mir nur noch, darauf hinzuweisen, daß Sie bei dem Weg, den Sie eingeschlagen haben, um weitere Steuererhöhungen nicht herumkommen werden und daß Steuererhöhungen in dieser Phase der wirtschaftlichen Entwicklung, in der wir uns befinden, falsch sind, und zwar sowohl die Erhöhung der Verbrauchsteuern wie die Erhöhung etwa der Einkommensteuer, der Ertragsteuern auf dem: Wege über die Ergänzungsabgabe. Sie erhöhen damit bei diesen Steuern direkt, bei den Verbrauchsteuern indirekt die Lasten auch für die Wirtschaft. Wenn wir in eine stabilere Entwicklung hineinkommen wollen, dann ist gerade dieses Anheizen zu weiteren Einkommenserhöhungen über die Steuererhöhungen, nämlich die Verbrauchsteuern, ein sehr schlechter Weg, den Sie bestimmt einmal bereuen werden — und wir mit Ihnen, obwohl wir jetzt vor diesem Weg gewarnt haben.
Ich möchte an dieser Stelle bezüglich der Steuererhöhungen nur einmal folgendes sagen. Wir haben dem Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU/CSU zur dritten Beratung zugestimmt; er betrifft die Abwendung der nachteiligen Wirkungen der Mineralölsteuererhöhung. Herr Müller-Hermann sitzt unter mir; er weiß das natürlich genau. Das nennt man Sand in die Augen streuen. Wir haben diesem Antrag zugestimmt. Sie sollen die Sache verfolgen. Aber Sie wissen doch genau, daß Sie die nachteiligen Wirkungen der Mineralölsteuererhöhung, die von uns erwähnt worden sind, nicht werden beseitigen können. Das ergibt sich aus der internationalen Lage, das ergibt . sich aus der Rechtslage. Das wird nicht gehen. Es müßte im übrigen zu Subventionen führen, wenn Sie es täten. Das wäre dann wieder sinnlos, weil Sie nicht Steuern erhöhen und den Ausgleich durch Subventionszahlungen finden können.
— Verehrter Herr Müller-Hermann, wie Sie das auch immer nennen wollen, das kostet doch Geld. Sie brauchen es nicht „Subventionen" zu nennen. Aber es kann doch nicht geleugnet werden.
Nun, wir werden sehen, wie weit Sie mit dem Entschließungsantrag kommen. Meine persönliche Auffassung ist jedenfalls, daß die Methode, solche Entschließungsanträge zu verabschieden, wie Sie sie jetzt einzuführen beginnen, nicht weiterführt, daß Sie nämlich etwas machen, was, wie Sie selber vor der Öffentlichkeit zugeben, scheitern wird. Damit werden Sie die Probleme nicht lösen können.
Ich möchte nun zum Schluß kommen. Wir müssen bei den öffentlichen Finanzen, über die wir heute sprechen, zu einer Ordnung kommen. Das bleibt die vordringlichste Aufgabe. Was wir heute getan haben, ist nur ein erster Schritt. Sie werden den Weg, den wir vorgeschlagen haben, die Ausgabenstruktur des Bundeshaushalts auch für 1967 noch weiter zu verändern, gehen müssen, auch wenn Sie, meine Kollegen von der CDU/CSU, im Oktober 1966 nicht gewollt haben. Die Verhältnisse werden Sie zwingen, das zu tun. Täten Sie es nicht, und würde man sich darauf verlassen, daß man die Haushaltsdefizite über den Kapitalmarkt in irgendeiner Weise abdecken kann, dann würden wir die zarte Pflanze des Kapitalmarkts, von dem wir hoffen, daß er sich im Frühjahr etwas entwickelt, sofort wieder zudecken und damit töten.
— Das hat mit dem Kapitalmarkt nichts zu tun, Herr Barzel. Ich bin aber bereit, auch darüber mit Ihnen zu sprechen.
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Dr. Starke
— Sie war nicht dagegen, weil es gar nicht mit ihr besprochen worden ist. Die Bundesregierung hat die Sache nicht entschieden.
— Nein, es ist nicht aufgegriffen worden. Der Bundeskanzler Erhard hat mir gesagt, daß er es nicht besprochen hat.
— Es steht Behauptung gegen Behauptung.
— Nein, ich bin nicht in der Regierung gewesen. Ein Gespräch zwischen mir und dem Bundeskanzler war zu diesem Zeitpunkt, im November etwa, kein Regierungsgeheimnis, Herr Kollege Schmidt.
— Ich stelle nur fest, daß Ihr Ausdruck „ausplaudern" falsch und unangemessen ist, nachdem ich mich bemüht habe, es Ihnen eben klar zu machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich noch einen einzigen Punkt aufgreifen. Ich habe von den Belastungen gesprochen, die auf die Wirtschaft aus Steuererhöhungen kommen, auch aus Verbrauchsteuererhöhungen, aber, wenn Sie weitergehen, auch aus der Erhöhung der Ertragsteuern. Wer glaubt, daß man allein über die Aufhebung von Kreditrestriktionen die Investitionen wieder in Gang bringen kann, der möge nicht vergessen, daß heute schon in der Wirtschaft Situationen bestehen und sich wöchentlich und monatlich weiter entwickeln, die nicht nur mit den Kreditrestriktionen zu tun haben. Wir haben eine Kostenbelastung in der Wirtschaft geschaffen, die sich mit der Abkühlung der Gesamtkonjunktur nicht verträgt. Das lähmt die Investitionslust.
Aus diesem Grunde möchten wir Ihnen von der Opposition her noch einmal sagen: Seien Sie ganz vorsichtig bei allen Maßnahmen, die neue Belastungen bringen, ob sie direkt oder indirekt die Wirtschaft treffen! Das möchten wir Ihnen ans Herz legen aus einem einfachen Grund. Es geht hier darum, Klarheit zu gewinnen darüber, daß alle diese Fragen, die wir hier behandeln, in unserer Situation letzten Endes finanzpolitische, haushaltspolitische und währungspolitische Fragen sind, die entscheidende Auswirkungen haben einmal auf den Geldwert, zum anderen aber auch auf die Arbeitsplätze in unserer Wirtschaft. Das sind die Fragen, über die wir eigentlich sprechen, wenn wir hier diese Vorgespräche zum Haushalt führten und dann den Haushalt selbst behandeln werden.
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Starke hat mir einige Sätze des Gedenkens und der Aufmerksamkeit gewidmet. Ich darf ihm darauf kurz antworten.
Es bestand bei all unseren Gesprächen nie ein Zweifel darüber, daß die Ausgabenverminderung an erster Stelle steht und daß unter den zwei möglichen Formen der Einnahmevermehrung die Abschaffung von Steuervorteilen, die überholt, nicht mehr gerechtfertigt oder von der Sache her nicht mehr geboten sind, den Vorrang verdient, daß aber dann ein drittes Mittel jedenfalls nicht von vornherein' so apodiktisch, wie Sie es wieder getan haben, Herr Kollege Starke, ausgeschlossen werden kann, nämlich der Weg einer maßvollen Erhöhung gewisser Verbrauchsteuern.
Nach dem, was Sie heute selbst hier gesagt haben, fällt es mir nicht nur schwer, sondern ist es mir einfach nicht mehr möglich, zu glauben, daß Sie auch heute noch Steuererhöhungen einschließlich der heute beschlossenen von vornherein für vermeidbar halten können.
Das vermag ich einfach nicht mehr zu glauben. Sie schieben damit dann doch alles vor sich her, sei es in dieser Form, sei es in jener Form.
Wir sind uns doch alle darüber einig, daß der Zugriff auf den Kapitalmarkt unter den gegebenen Umständen kein Problem mehr löst, auch dann nicht, wenn das Stabilitätsgesetz verabschiedet ist. Es ist doch gerade einer der Hauptzwecke des Stabilitätsgesetzes, den Kapitalmarkt vor der Ausräumung durch die öffentliche Hand — Bund, Länder und Gemeinden — weitestgehend zu schützen
und ihn für die Investitionstätigkeit der privaten Wirtschaft wieder funktionsfähig zu machen.
Sie haben selbst erlebt, Herr Kollege Starke, daß die Bundesbank dank dem von uns geschaffenen Bundesbankgesetz — ich sage das nicht ironisch, sondern anerkennend — ein hohes Maß an Selbständigkeit und Unabhängigkeit hat und daß die Bundesbank von diesem hohen Maße auch gemäß der ihr auferlegten Verantwortung Gebrauch macht, daß sie also nicht einfach beliebig in das finanzpolitische Kalkül eingespannt werden kann, wie das aus Ihren Ausführungen hier zu entnehmen war.
Etwas Zweites, Herr Kollege Starke. Wir sind uns alle darüber einig — auch wenn es uns schwerfällt, das so ohne weiteres zu sagen —, daß Steuererhöhungen immer eine wirtschaftspolitische Problematik enthalten, vor allen Dingen dann, wenn sie an eine gewisse Grenze im Einzelfall oder an eine gewisse Gesamtgrenze der Belastung des Sozialprodukts durch die öffentliche Hand im allgemeinen Fall herangehen. Wenn aber aus zwingenden Gründen — und ich kann mir nicht vorstellen,
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Bundesminister Dr. h. c. Strauß
daß die von mir genannten, nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellten Zahlen nicht zu zwingenden Schlüssen Veranlassung geben — Steuererhöhungen unvermeidbar sind, dann sind wir der Auffassung, daß die Erhöhung von Ertragsteuern, die Erhöhung der Lohnsteuer, der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und die Einführung einer Ergänzungsabgabe in der jetzigen wirtschaftlichen Phase noch weniger ratsam sind als die maßvôlle Erhöhung gewisser Verbrauchsteuern.
Daß wir, Herr Kollege Starke, an die Erhöhung von Steuern nicht mit Halleluja herangehen, daß wir nicht sozusagen freudigen Herzens an diese für jeden Parlamentarier und für jede Regierung unliebsame Methode herangehen, das brauchen wir uns wohl nicht mehr gegenseitig zu versichern. Wenn aber schon Steuererhöhungen unvermeidbar sind, dann wollen wir in der gegenwärtigen Situation in erster Linie lieber — leider! — die Verbrauchsteuern erhöhen. Da gibt es keinen Zweifel.
Außerdem wissen Sie, Herr Starke, aus jahrelanger Tätigkeit besser als ich in den wenigen Tagen, daß wir uns dem Ziel einer Harmonisierung der Steuern innerhalb der EWG nähern wollen, daß wir in absehbarer Zeit ein für die Bildung eines wirklich gemeinsamen, funktionsfähigen Marktes harmonisiertes Steuersystem erreichen wollen. Daß auch dieses harmonisierte Steuersystem noch Lükken aufweisen wird — Gott sei es geklagt —, wird wahrscheinlich nicht zu vermeiden sein.
In den meisten EWG-Ländern beträgt der Anteil der indirekten Steuern am Steuerertrag etwa 60 %, der Anteil der direkten Steuern etwa 40 %. Auch aus diesem Grunde ist eine maßvolle Erhöhung der indirekten Steuern gerechtfertigt, obwohl das nicht der zwingende Anlaß war, warum die Bundesregierung diese Vorlagen gemacht und die Mehrheit des Bundestages heute so beschlossen hat.
In dem Zusammenhang ein Weiteres. Ich habe niemals gesagt, Herr Kollege Starke — ich bitte Sie, mir vielleicht die Quelle nachzuweisen —, daß der kommende Umsatzsteuersatz bei der Einführung der Nettoumsatzsteuer die Aufgabe habe, das am 31. Dezember 1967 noch bestehende Haushaltsdefizit zu decken, etwa in der Form, daß man ausrechnet, wie groß das Haushaltsdefizit ist, und daraufhin die Höhe des Nettoumsatzsteuersatzes festlegt, um das Defizit in arithmetisch einwandfreier Weise zu decken. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe es auch nicht gemeint. Aber ich meine, daß wir uns alle anstrengen sollten — Bundesregierung, Bundestag, Koalition und Opposition —, im Jahre 1967 alle Maßnahmen einzuleiten, zu beraten und so weit abzuschließen, daß alles spätestens am 1. Januar 1968 in Kraft treten kann, damit weitere Beunruhigungen unserer Sozialstruktur und weitere Beunruhigungen unserer auf Ruhe und Dispositionsfähigkeit angewiesenen Wirtschaft ab 1. Januar 1968 vermieden werden können.
Natürlich wird die Frage der Nettoumsatzsteuer, Herr Kollege Starke, nicht im Zusammenhang mit einem Haushaltsdefizit stehen. Es wäre ein billiger Weg, zu sagen: Alles, was heute an Ausgabebeschlüssen da ist und was noch mit dynamischen Zuwachsraten auf uns zukommt, können wir einfach durch eine Erhöhung der Nettoumsatzsteuer bewältigen. Den einfachen Weg können wir alle nicht gehen. Den Weg gedenke ich auch nicht zu gehen.
Aber über eines kann man sich, ohne daß ich den Beratungen des nächsten Jahres vorgreifen will, keinem Zweifel hingeben: Wenn die Finanzreform durchgeführt werden soll, wenn die EWG-Steuerharmonisierung in Angriff genommen werden soll, dann steht z. B. die Frage der Gewerbesteuer zur Diskussion. Die Gewerbesteuer kann nicht ersatzlos wegfallen, da sie das Hauptinstrument der gemeindlichen Finanzierung von heute ist. Man muß sich überlegen, wie der Ausfall einer Steuer, sei es ganz, sei es teilweise, ausgeglichen wird, sei es auf diesem oder auf jenem Wege. Das wird doch eine der Überlegungen sein, die wir im nächsten Jahr im Zusammenhang mit der Finanzreform und der Nettoumsatzsteuer oder einer anderen Steuer, ohne daß ich sie hier nennen kann, anzustellen haben werden.
Der Sinn meiner Ausführungen von vorhin bestand, zusammenfassend gesagt, nur darin, dem Hohen Hause einmal zu danken, daß ein gewisses Ziel für den Ausgleich des Haushalts 1967 erreicht worden ist, Sie und die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß damit das Gesamtziel noch nicht erreicht worden ist und auch noch nicht erreicht werden konnte, daß wir deshalb schon zu Beginn des nächsten Jahres an Korrekturen herangehen müssen, bei denen es um Ausgabenverminderung und Einnahmevermehrung — und zwar auch in der vorher genannten Reihenfolge — gehen wird. Um die Öffentlichkeit darauf vorzubereiten, habe ich dazu einige Sätze gesagt, ohne zum Ablauf der Debatte selbst etwas beigetragen zu haben. Denn wenn wir uns heute, obwohl wir nächstes Jahr an weitere Korrekturen herangehen werden, nicht dazu geäußert hätten, würde die Öffentlichkeit nachher mit Recht sagen: „Ihr habt im Dezember diese Gesetze verabschiedet. Wir haben daraus die Schlußfolgerung gezogen, daß es damit sein Bewenden hat." Es ist aber nicht so. Nein, ich sage ausdrücklich: Damit ist es noch nicht abgeschlossen. Im Jahre 1967 folgt noch eine zweite Phase mit Einsparungen und Steuerumstellungen. Ich hoffe aber, daß wir vom 1. Januar 1968 an mit der Umstellung sei es bei der Ausgabenminderung, sei es bei der Einnahmenerhöhung — für die folgenden Jahre endlich Ruhe haben. Niemand braucht diese Ruhe nach diesen Jahren nötiger als das deutsche Volk und die deutsche Wirtschaft, deren Ertragsfähigkeit doch die Grundlage für unsere Fähigkeit, uns außenpolitisch zu behaupten, und für die innenpolitische Sozialstruktur ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Hermsdorf.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3609
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bemerkungen des Kollegen Starke zwingen mich, hier noch einige Ausführungen zu machen, was ich ursprünglich nicht beabsichtigt hatte.
Zunächst möchte ich dem Herrn Bundesfinanzminister sagen, ich halte es für sehr nützlich, daß er am Schluß gesagt hat, wir hätten zwar jetzt diese beiden Gesetze verabschiedet, daß er aber so deutlich, wie es nur ging, klargestellt hat, welches Volumen noch zu bewältigen ist und welche Arbeit uns noch bevorsteht. Daß das hier in dieser Deutlichkeit gesagt worden ist, halte ich aus zwei Gründen für nützlich.
Zunächst einmal waren die Tatsachen, die der Herr Minister hier erwähnt hat, nicht zu jedem Zeitpunkt dem ganzen Hause bekannt. Sie, Herr Starke, hätten sie kennen müssen, denn Sie saßen in der Regierung und stellten den Finanzminister.
Als wir unseren Vorschlag zur ersten Lesung des Haushalts — Kernhaushalt und Stabilisierungshaushalt — vorgelegt haben, waren wir bei diesem Vorschlag für das Jahr 1967 davon ausgegangen, daß keine Steuererhöhungen notwendig seien. Nachträglich, nachdem nun die Zahlen hier bekannt sind, kann ich nur sagen, daß das ein ganz dünnes Eis war, auf dem wir uns bewegt haben; wir wären darauf eingebrochen. Aber wir kannten damals die tatsächlichen Zahlen nicht. Das muß hier in aller Deutlichkeit gesagt werden.
Der zweite Punkt. Ich finde es nicht gerade nützlich — wenn auch nicht böse , wenn Sie der Meinung sind, die von Ihnen in den Koalitionsgesprächen mit der einen oder anderen Seite vertretenen Auffassungen hier erklären zu müssen. Aber zu einem Punkte — nämlich bezüglich der Gemeindefinanzen — muß ich doch etwas in aller Deutlichkeit sagen, Herr Starke, damit gar keine Mißverständnisse und keine Legenden aufkommen. In der ersten Besprechung, die wir in der Expertenkommission mit der FDP gehabt haben und wo wir unseren Vorschlag zu den Gemeindefinanzen vorgetragen haben, war keine Einigung zu erzielen, weil Herr Starke dagegen war.
In der zweiten Besprechung, die wir gehabt haben — auch ein Expertengespräch —, war eine Einigung nur zu erzielen, weil Herr Starke nicht dabei war.
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In der dritten Besprechung, die wir gehabt haben, als es wieder um die Gemeindefinanzen ging und wo wir fast einig waren, kam dann der Vorschlag, daß man noch eine zusätzliche Kommission einsetzen solle. — Man kann also die Dinge nicht so darstellen, als ob hier volle Einmütigkeit vorhanden gewesen wäre. Das muß hier ganz klar gesagt werden.
Ein weiterer Punkt. Ich wäre nicht darauf zurückgekommen, aber wenn Sie anfangen, muß auch ich ganz offen und deutlich zu Ihnen sprechen. Soweit ich beteiligt war, hatte ich den Eindruck, daß es mit Ihnen — was Ihre persönliche Haltung betraf — in keinem Punkte eine Einigung gegeben hat.
Herr Starke, nach den Bemerkungen, die der Herr Minister gemacht hat, haben Sie gemeint, es sei nichts darüber gesagt worden, wie die Lücken gedeckt werden sollen und was für Vorstellungen bestünden. Ja, meine Damen und Herren, im Grunde genommen befinden wir uns hier in einer ganz gespenstigen Situation. Der Tatbestand ist doch der, daß dieses Hohe Haus über zwei Vorlagen einer neuen Regierung beschließt und daß diese neue Regierung noch keine Möglichkeit gehabt hat, hier eine Regierungserklärung abzugeben. Sie können doch nicht von dem Finanzminister erwarten, daß er bei der Beratung dieser beiden Gesetze gleichzeitig eine zusätzliche Regierungserklärung abgibt; das ist doch völlig ausgeschlossen.
Es gibt gar keinen Zweifel, daß bei der Regierungserklärung in der kommenden Woche genau das, was der Herr Finanzminister angedeutet hat, noch sehr viel detaillierter und weitläufiger erörtert werden muß. Keiner in diesem Hause ist wohl im Zweifel darüber, daß wir in den kommenden Wochen und Monaten und auch im kommenden Jahr zu Maßnahmen greifen müssen, die niemandem gefallen werden, die aber einfach notwendig sind, um Stabilität und Wachstum in diesem Lande wiederherzustellen.
Wir werden die Vorschläge der Regierung hören, und wir werden uns dann über die Regierungserklärung unterhalten. Ich bin sehr gespannt auf den nützlichen Beitrag, den die FDP dazu leisten wird. Wir sind sicher, daß Sie hier Ihre Gedanken vortragen werden, und wir werden uns dann mit Ihnen auseinandersetzen.
Man sollte bei der abschließenden Beratung dieser beiden Gesetze sehen, daß zwar keine Krise in der Wirtschaft, aber eine finanzielle Notsituation entstanden ist. Man muß ferner bedenken, daß wir in der Wirtschaft eine gewisse Stagnation, teilweise auch einen Rückschlag haben.
Nun möchte ich Ihnen noch eines sagen: ich nehme Ihnen, meine Damen und Herren von der FDP, bis zum heutigen Tage nicht ab, daß Sie aus dieser Regierung allein deshalb ausgeschieden sind, weil Sie keine Steuererhöhungen haben wollten. Das nehme ich Ihnen bis zum heutigen Tage nicht ab; denn Sie, Herr Starke, waren Finanzminister, Herr Dahlgrün war Finanzminister, und Sie müssen doch die Zahlen gehabt haben. Oder haben Ihnen Ihre Finanzminister diese Zahlen nicht genannt? Als Opposition haben wir sie damals nicht gehabt. Wir kannten sie nicht, und unter diesen schwierigen Umständen haben wir hier versucht, einen ausgeglichenen Haushalt vorzutragen. Sie aber kannten
3610 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Hermsdorf
die Zahlen, und Sie haben dann behauptet, Sie könnten bei diesen Zahlen ohne Steuererhöhungen auskommen. Das glauben Sie doch selber nicht.
Wenn Sie hier schon so freundlich sind und von den Koalitionsbesprechungen mit der SPD reden, dann geben Sie bitte auch zu; daß Sie sehr eindeutig gesagt haben: im Jahre 1967. Aber damals war gleichzeitig die Hintertür offen, daß Sie 1968 zu Steuererhöhungen hätten kommen müssen.
Nun sage ich Ihnen das, was hier der Finanzminister gesagt hat: Wenn wir das Ganze schon wieder in Ordnung bringen wollen, können wir das nicht kleckerweise machen, sondern es muß versucht werden, 1967 eine Finanz- und eine Wirtschaftspolitik aus einem Guß zu betreiben. Dann muß auch unserer Bevölkerung klargemacht werden, was in diesem Jahre zu geschehen hat, damit wir für 1968 und die weiteren Jahre den Menschen draußen die Sicherheit geben können, daß ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt und daß Stabilität und Wachstum wieder gewährleistet ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Starke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden mir wahrscheinlich recht geben, wenn ich Ihnen sage, daß ich nur über Sachfragen gesprochen habe und daß der Kollege Hermsdorf sehr persönlich gesprochen hat, was ich bedaure.
— Ich habe Sachfragen behandelt, und Sie haben das sehr persönlich gefärbt, und das habe ich bedauert.
Ich habe hier auch keinen Antrag gestellt. Ich stelle das ja nur — ich glaube: ziemlich höflich — fest.
— Das war sehr klug, was Sie gesagt haben.
— Sehr richtig.
Ich muß also dem Hohen Hause mitteilen, daß die Freien Demokraten einschließlich meiner Person nach wie vor der Überzeugung sind, daß man für 1967 ohne Steuererhöhung auskommen kann.
Bei der dritten Lesung des Haushalts 1967 werden
wir noch einmal unsere geschlossene Konzeption
vorlegen, die sich natürlich in einigen Punkten
durch die jetzt eingetretenen Veränderungen ändern muß.
Gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Schmidt? — Bitte!
Würden Sie so gut sein, den Satz, den Sie gerade gesprochen haben, noch einmal etwas zu verdeutlichen. Habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie betont haben, für 1967 wollten Sie ohne Steuererhöhungen auskommen, daß Sie sich aber ausdrücklich auf das Jahr 1967 bezogen und absichtlich das Jahr 1968 oder 1969 von dieser Feststellung ausgenommen haben?
Ich kann Ihnen das sehr deutlich sagen. Das lag bereits in Briefform vor, als wir noch in der Regierung waren. Ich werde Ihnen auch gleich die Gründe nennen. Das sind sehr praktische Gründe. Ich habe sie in einem Brief festgelegt, den Herrn Zoglmann unterschrieben hat. Herr Zoglmann wird das bestätigen. Das war mein Beitrag für den Brief.
— Ja, er hat ihn unterschrieben, ich meine, es ist ein Dokument. — Darin steht, daß man für 1967 keine Steuererhöhungen braucht, daß man aber für spätere Jahre nicht im Jahre 1966 etwas tun kann. Der Satz lautete genau: Wenn sich im Laufe der weiteren Monate — d. h. im Jahre 1967 — dann Deckungslücken in den kommenden Jahren und vor allen Dingen 1968 auftun, muß die Bundesregierung zeitgerecht Deckungsvorschläge machen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?
Herr Dr. Starke, wären Sie bereit, zuzugeben, daß in Ihren Vorschlägen die Beseitigung des Arbeitnehmerfreibetrages vorgesehen war und daß das auch eine Steuererhöhung für die Arbeitnehmer bedeutet hätte?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist doch gar kein Geheimnis. Das liegt doch im Protokoll des Bundestages vor, weil mein Kollege Emde bei der Lesung des Haushalts Ihnen diese Deckungsvorschläge vorgetragen hat. Da in dem Regierungsvorschlag die Beseitigung eines Teiles der Freibeträge vorgesehen war, haben wir zu diesem Zeitpunkt, wo die Freibeträge — z. B. für die Bauern, für die freien Berufe
— beseitigt werden sollten, vorgeschlagen, alle Freibeträge zu streichen. Das ist doch gar kein Geheimnis. Warum entrüsten Sie sich über die Frage? Die haben wir ja vorgetragen!
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3611
Dr. Starke
— Nein, das ist die Streichung einer Steuervergünstigung. Das hat sogar der Herr Bundesfinanzminister vorhin sehr sorgfältig unterschieden. Er hat gesagt: 1. Ausgabeneinsparung, 2. Steuervergünstigung, 3. dann das schärfste Schwert. Genauso denken wir.
Gestatten Sie eine Frage, Herr Abgeordneter? — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Dr. Starke, empfinden Sie nicht, daß das ein Streit um Worte ist, um das zu verhindern, was Sie dann in der Tat doch machen wollten?
Nein, nein, das ist gar kein Streit um Worte,
weil das eine begrenzte Sache ist und das andere ins Unbegrenzte führt; ist doch ganz klar. Streichungen von Vergünstigungen finden schneller eine Begrenzung, und wenn Sie erst bei Steuererhöhungen sind und an die Umsatzsteuer denken, macht 1 % 2 Milliarden aus. Das ist der Unterschied.
Herr Dr. Starke, meinen Sie nicht, daß es darauf ankommt, wie der Bürger das betrachtet: Steuererhöhung oder nicht Steuererhöhung? Wenn Sie Freibeträge streichen, ist es für ihn eine Steuererhöhung.
Herr Kollege Schäfer, ich weiß gar nicht, wie jeder das betrachtet, sondern ich halte mich an das, was in unseren Gesprächen war und was auch der Bundesfinanzminister unterschieden hat. Es gibt eben drei Dinge, und den Unterschied versuchte ich eben zu verdeutlichen. Das eine ist immer ein begrenztes Programm — die Vergünstigung —, das andere geht in Unbegrenzte.
— Also: Sophistik ist immer schlecht, vor allem wenn man sie mit dem Ausdruck „unanständig" belegt. — Ja, das war schon bei den alten Griechen so gemeint.
— Ich habe es nicht verstanden.
Gestatten Sie eine Frage, Herr Abgeordneter Dr. Starke?
Herr Kollege Starke, sind Sie sich dessen bewußt, daß Sie zwar ungewollt, aber nichtsdestoweniger sehr eindrucksvoll die Bemerkung meines Kollegen Hermsdorf bestätigen, daß es sehr schwierig ist, mit Ihnen zu übereinstimmenden Feststellungen in finanziellen und steuerpolitischen Dingen zu gelangen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden mich von meinen Anschauungen, die in den Fragen der Finanz-und Währungspolitik außerordentlich präzise und sehr, sehr streng sind,
nicht wegbringen durch solche sehr persönlich gefärbte Fragen. Das kann man mit Humor aufnehmen. Aber, Herr Kollege Schmidt, manches auch, was humorvoll sein soll, grenzt an Fragen des guten Geschmacks; glauben Sie mir das.
Ich möchte zunächst eines richtigstellen. Herr Kollege Hermsdorf, ich muß das leider tun. Sie haben hier einen deutlichen Unterschied gemacht. Sie haben gesagt, daß Ihnen bei Ihren Vorschlägen, die Sie dem Hohen Hause vorgelegt haben, Steuerdefizite der Zukunft nicht bekannt gewesen seien. An dem Tag, an dem wir mit Ihnen sprachen, waren sie Ihnen bekannt; das wissen Sie.
— Nein, entschuldigen Sie mal! Sie haben das gesagt in bezug auf die Fragen, die wir gemeinsam besprochen haben. Da kannten Sie bereits die Unterlagen. Denn wir sind bei uns — —
— Das können Sie doch gar nicht wissen!
Zu dem Zeitpunkt sind wir eindeutig von den neuen Defizitzahlen ausgegangen; insofern stimmt das also nicht. — Ist das eine Zwischenfrage? — Es leuchtet nämlich hier auf.
Entschuldigung! Ich habe vergessen, auszuschalten. Im übrigen darf ich aber doch darum bitten, die Sitzung heute auf eine vernünftige Weise zu Ende zu führen.
Herr Präsident, Sie müssen doch aber zugeben, daß ich für Zwischenfragen nichts kann.
Nein, dafür können Sie nichts.
Ich möchte Ihnen noch etwas sagen. Gleichgültig wie Sie das aufgefaßt haben: Ich habe mich auf dem Gebiet der Finanzpolitik sehr sorgfältig nach dem Weg, den man gehen will, erkundigt; das entspricht meiner , Art. Man sollte aber nicht sagen, daß das in böser Absicht, wie Sie es darstellen, geschehen sei. Es war der beste Wille vorhanden, allerdings mit einer sehr präzisen Fragestellung, wie sie erforderlich ist.
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Dr. Starke
Zur Mineralölsteuer und zu den Gemeinden möchte ich Ihnen sagen, daß man zwei Dinge unterscheiden muß. Ich gebe Ihnen zu, daß Sie nicht bei allen Gesprächen dabei waren. Ich stelle deshalb noch einmal fest: wir haben darüber in zweierlei Zusammenhang gesprochen. Wir brauchen uns gar nicht darüber aufzuregen; die Gespräche folgten so dicht aufeinander — Sie waren nicht bei allen dabei —, daß es natürlich Mißverständnisse darüber gibt. Einmal ging es um die Frage der Erhöhung der Mineralölsteuer; diese wollten wir nicht. Zum anderen ging es um die 500 Millionen DM für die Gemeinden im Zusammenhang mit der Regelung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern; da haben wir zugestimmt, ich auch. Darüber gibt es keinen Zweifel. Wir haben also über zwei verschiedene Fragen gesprochen.
— Es ist nicht unwahr, sondern es ist ganz genauso gewesen, Herr Kollege Schmidt.
Bei dem Gespräch — ich weiß nicht, ob Sie dabei waren — ist es genauso gewesen; darüber liegen auch die Protokolle vor.
— Sie werden sehen, daß es Ihnen nicht gelingen wird, auch nicht mit diesen sehr ins Persönliche gehenden Bemerkungen, eine Opposition oder einen Mann von ihr sozusagen zu diffamieren. Ich halte das für einen schlechten Stil.
— Wenn das nicht beabsichtigt war, war es aber ein sehr grobes und grob fahrlässiges Versehen.
Ich betone noch einmal, daß ich in diesen finanz-
und wirtschaftspolitischen Fragen aus Erfahrung einen sehr strengen Standpunkt vertrete. Wenn ich auch bei kurzen Gesprächen einigermaßen wissen will, wohin die Reise geht, sollten Sie das nicht so auslegen, wie das hier geschehen ist. Ich bin auch deshalb selbst heraufgekommen, weil ich keinen Anlaß sehe, das nicht selbst zu sagen, ohne daß das ein Kollege für mich zu tun braucht. Mir ist es nämlich gar nicht peinlich, Herr Hermsdorf.
Eines aber scheint mir sicher zu sein, wenn ich das sagen darf; ich habe es mir aufgeschrieben: Wenn Sie schon glauben, Entschuldigungen für eine Änderung im Verhalten gegenüber damals vortragen zu müssen, können Sie das tun; ich hätte gar keine erwartet. Es war doch Ihr gutes Recht, einen anderen Weg zu gehen. Man sollte es sich dann aber nicht so leicht machen und Berichte zur Haltung Ihrer Fraktion in der Frage der Gemeindefinanzen geben. Vor allem sollte man es nicht auch noch hier tun. Lassen wir es jetzt einmal ein bißchen auf sich beruhen. Ich habe es ja deutlich dargestellt; wir können in einigen Wochen noch einmal darüber sprechen, wenn sich das etwas gelegt hat.
— Wir können noch einmal über diese Fragen sprechen.
— Es ist doch nicht verboten.
Herr Bundesfinanzminister, ich möchte nur noch eines feststellen, indem ich mich Ihnen zuwende. Ich habe Sie ja nicht angegriffen, sondern habe eine ganz nüchterne Feststellung getroffen und eine Reihe von Betrachtungen angestellt, die mit Ihren Ausführungen gar nichts mehr zu tun hatten. Daß Sie Ihre Ausführungen nach bestem Wissen und Gewissen gemacht haben, glauben wir Ihnen; das nehmen wir selbstverständlich — das werden Sie auch der Opposition zubilligen — ebenfalls für uns in Anspruch.
Ich komme jetzt auf ein schweres Mißverständnis zu sprechen. Ich habe hier nicht über das Verhältnis zwischen Ertragsteuern und Verbrauchsteuern gesprochen, sondern habe gesagt, daß wir es für falsch halten, in diesem Zeitpunkt unserer wirtschaftlichen Entwicklung beide Steuerarten zu erhöhen. Ich habe also nicht über das Verhältnis gesprochen. Es klang so an, als ob Sie die Verbrauchsteuern, wir aber die Ertragsteuern erhöhen wollten. Das trifft natürlich auch nicht zu.
Herr Abgeordneter Ott, wollen Sie eine Frage stellen?
Herr Dr. Starke, ich darf auf Ihre vorigen Ausführungen zurückkommen. Sind Sie mit mir der Meinung, daß das, was Sie wiederholt versuchten, aus den Koalitionsgesprächen zum Besten zu geben, den Äußerungen eines verschmähten Liebhabers gleichkommt?
Ich will zugeben, daß Sie versucht haben, witzig zu sein.
Herr Bundesfinanzminister, ich habe ausdrücklich betont, meine Frage zielte darauf ab, daß ich im Fernsehen etwas gesehen habe. Und Sie haben es richtiggestellt: Sie haben nicht äußern wollen, daß die Umsatzsteuer nach ihrer Reformierung sozusagen das geeignete Mittel sei, die dann vorliegenden Haushaltsdefizite abzudecken. Dafür bin ich Ihnen außerordentlich dankbar. Sie werden eben dann zu der Veränderung der Ausgabestruktur des Bundeshaushalts zurückkehren, so wie wir es gesagt haben.
Ich stelle noch einmal fest: die Freien Demokraten halten auch heute nach wie vor den Haushalt 1967 ohne Steuererhöhungen für ausgleichbar, ohne daß etwas passiert, und sie sind der Meinung, daß einem Finanzminister, und auch dem jetzigen, die Möglichkeit stark beschnitten wird, die richtigen Maßnahmen zu treffen, wenn man ihm bereits ein oder zwei Jahre vorher sagt, daß er später Steuererhöhungen haben wird. Deshalb war ich und waren wir der Meinung und sind es auch heute, daß man
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Dr. Starke
über Steuererhöhungen im Jahre 1968 1966 um keinen Preis sprechen kann.
Und ein Letztes! Herr Bundesfinanzminister, Sie werden doch sicher nicht den Eindruck gehabt haben, daß ich Sie auffordern wollte, die Unabhängigkeit der Notenbank zu tangieren. Sie haben hier gewisse Ausführungen gemacht, die den Anschein erwecken mußten, ich wüßte nicht, daß die Notenbank unabhängig sei. Vielleicht haben wir als Opposition Gelegenheit, in den kommenden Monaten auch mit der Notenbank zu sprechen und sie sogar in ihrer Unabhängigkeit zu stützen.
Das Wort hat der Abgeordnete Leicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen, ,die wir soeben gehört haben, und Ihre Ausführungen vorhin, Herr Dr. Starke, wären glaubhaft gewesen, wenn die FDP wenigstens dem Finanzplanungsgesetz heute bei der Abstimmung ihre Zustimmung gegeben
und dieses Gesetz nicht mit der Begründung, mit der leichten Begründung abgelehnt hätte, weil man in der Opposition sei, sei man gegen das Finanzplanungsgesetz.
— Das ist hier erklärt worden.
— Das ist hier erklärt worden. Es wird ja im Protokoll nachzulesen sein.
Zweitens. Sie haben erklärt — und auch das wird im Protokoll nachzulesen sein —, Herr Dr. Starke, daß durch diesen Beschluß nichts geklärt worden sei, und Sie haben später erklärt, daß das eigentlich der richtige Weg sei. Auch ich persönlich bin davon überzeugt, daß es der richtige Weg ist. Dann hätten Sie zustimmen können.
Ich muß feststellen, daß durch diese Beschlüsse heute immerhin Voraussetzungen geschaffen worden sind, die der Herr Minister Strauß vorhin verlangt hat, in einem Volumen von etwa 3 Milliarden DM. Das ist doch auch etwas.
Drittens. Sie haben vom Kapitalmarkt gesprochen und hier erneut erklärt — was Sie auch in einigen Besprechungen erklärt haben —, daß Sie in einem Privatgespräch bei einem Bundesbankdirektor festgestellt hätten, daß die 1,1 Milliarden DM von der Bundesbank bereitgestellt würden. Sie haben immer von einem Privatgespräch gesprochen und wollten daraus folgern, daß die Bundesbank das auch wirklich getan hätte.
Viertens. Sie haben hier von Kostenbelastungen gesprochen. Ihre Fraktion hat kräftig mitgewirkt, diese Kostenbelastungen zu beschließen.
Und nun muß ich zu einem Problem kommen, Herr Dr. Starke, das eigentlich den Kern bildet, nämlich zu der Frage der Steuererhöhungen. Ich persönlich habe im Frühjahr dieses Jahres für meine Fraktion bereits in der Vorausschau auf 1967 auf Grund der damals erstatteten ersten mittelfristigen Vorausschau — wenn ich sie einmal so nennen darf — erklärt, daß an einem Abbau von Subventionen
— wobei sowohl Subventionen direkter Art als auch Subventionen indirekter Art gemeint waren —, und — infolge der aufgezeigten Lücken — für die kommenden Jahre wahrscheinlich auch an Steuererhöhungen nicht vorbeizukommen sei.
In diesem Zeitpunkt erklärte die FDP: unter keinen Umständen Steuererhöhungen!
Als dann im Laufe des Jahres 1966, vor allen Dingen im Laufe des Oktober, die Frage, ob die Koalition von FDP und CDU hält, immer dringender gestellt wurde, hörte man plötzlich: Steuererhöhungen im Jahre 1967 auf keinen Fall! Nun muß ich sagen — wir haben ja auch Gespräche geführt —, daß der Zeitpunkt Oktober/November — ich nenne als Termin beispielsweise den 20. November, den Tag der Bayernwahlen — für Sie natürlich Veranlassung bot, zu erklären: im Jahre 1967 keine Steuererhöhungen! Wir sind damals schon der Meinung gewesen und haben Ihnen das offen gesagt, daß diese Erklärung „Kosmetik" darstellt und daß wir „Kosmetik" nicht wollten. Denn die Zahlen für die Jahre 1967, 1968, 1969 und 1970, die Ihnen genauso bekannt waren wie uns — da hat Herr Kollege Hermsdorf recht —, zwangen einfach dazu, nicht mit „Kosmetik" zu arbeiten, sondern unserem Volk offen zu sagen, daß wahrscheinlich auch Steuererhöhungen notwendig sein werden, wenn wir vermeiden wollen, daß unserer Wirtschaft und damit unserem Volk insgesamt Schaden zugefügt wird.
Nun kommt der letzte Punkt. Sie hatten in der damaligen Koalition auch Minister, und wenn ich mich recht entsinne — ich nehme jetzt nur einmal das, was ich in den Reihen dieses Hauses gehört bzw. aus der Presse oder aus Ihren eigenen Kreisen erfahren habe —, so haben in einer Nachtsitzung des Kabinetts, in der die Frage der langfristigen Vorausschau auf die kommenden Jahre — nicht nur die kurzsichtige Betrachtung für 1967 — behandelt wurde, wohl auch Ihre Herren Kabinettsmitglieder damals einen Schrecken bekommen und waren deshalb geneigt, im äußersten Fall Steuererhöhungen zuzustimmen.
— Oder sie haben sogar zugestimmt. Ich war nicht dabei, deshalb habe ich mich vorsichtig ausgedrückt.
Das, Herr Kollege Starke, ist der Tatbestand. Sie haben nur auf 1967 schauen wollen, und Sie hätten
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Leicht
genauso die Verantwortung gehabt, auch die Jahre 1968, 1969 und 1970 mit einzukalkulieren. Wenn Sie das getan hätten, dann wären Sie wahrscheinlich — das hat Herr Strauß mit Recht gesagt — schon damals so offen gewesen, zu sagen, daß Sie längst die Erkenntnis gewonnen hatten, daß Steuererhöhungen unvermeidbar sind, unvermeidbar, wenn wir das Finanzgefüge in der Bundesrepublik in Ordnung halten oder in Ordnung bringen wollen, damit die Bevölkerung, wie Herr Strauß sagte, ab 1. Januar 1968 — dazu wird es noch mancher Anstrengungen bedürfen — in diesen Fragen hoffentlich wieder beruhigt sein kann.
Damit ist die Aussprache geschlossen.
— Ich bedaure, ich habe das nicht gesehen. Aber wenn Sie absolut wollen, bitte! Das Wort hat der Abgeordnete Starke.
Herr Präsident, ich bedaure, daß Sie das nicht gesehen haben; ich dachte, es sei bemerkt worden.
Ich möchte nur ganz kurz noch eine Feststellung bezüglich unseres Verhaltens in der Abstimmung zu den beiden Gesetzen treffen. Diese beiden Gesetze sind in der Anlage noch von Finanzminister Dahlgrün ausgearbeitet worden, und ich habe diese Gesetze als einen weiteren guten Schritt auf dem richtigen Weg bezeichnet. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren — das ist doch selbstverständlich, und ich kann es gar nicht verstehen, Herr Kollege Leicht, daß hier in dieser Form mit diffamierenden Bemerkungen gearbeitet wird —:
Es liegt hier der Fall vor, daß eine Oppositionspartei Gesetzentwürfe mitberaten hat, die in einer Regierung entstanden sind, an der sie noch beteiligt war; und zwar hat sie sie, wie Sie jetzt gesehen haben, sehr sachlich mitberaten. Ich habe festgestellt, daß die Freien Demokraten keinen Antrag gestellt haben, der von der Regierungsvorlage abweicht, es sei denn in zwei Punkten, wo wir aber seinerzeit bei der Haushaltsberatung einen Dekkungsvorschlag auf Heller und Pfennig vorgelegt haben. Ich habe zweitens gesagt: da diese Gesetzentwürfe in einer Reihe von Punkten, insbesondere durch Zusätze der CDU, geändert worden sind und so nicht mehr unseren Auffassungen entsprechen, bleibt uns doch nichts anderes übrig, als daß wir, nachdem wir in der zweiten Lesung teils zugestimmt und teils abgelehnt haben, in der dritten Lesung ablehnen. Das ist doch ein ganz normaler Gebrauch, den im übrigen gerade die bisherige Opposition, die jetzt Ihr Koalitionspartner ist, kennen sollte; denn sie hat das in solchen Fällen natürlich auch so machen müssen. Daß Sie das jetzt mit diesen Worten bringen, um sozusagen darzulegen, wir seien besonders destruktiv, habe ich bedauert.
Jetzt ist die Debatte aber wirklich abgeschlossen. Im übrigen mache ich darauf aufmerksam, daß Wortmeldungen nach der Geschäftsordnung schriftlich zu erfolgen haben, Herr Starke. Ich wollte Ihnen das nur gesagt haben, damit Sie sich nicht unnötig beleidigt fühlen.
Bevor wir zur Schlußabstimmung über das Gesetz kommen, haben wir noch den Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung zur Kenntnis zu nehmen. Er wird in das Protokoll aufgenommen; denn die Aufgabe des Haushaltsausschusses nach § 96 der Geschäftsordnung ist ja so etabliert, daß sie nicht einfach unter den Tisch fallen kann. Das Haus nimmt Kenntnis von dem Bericht.
Wir haben nun über das Gesetz in der Schlußabstimmung abzustimmen. Wer dem Gesetz zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.
Wir haben nun noch die Entschließungen zu verabschieden. Es liegen zwei Entschließungsanträge auf Umdruck 110 *) und Umdruck 111 **) vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Apel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist fast eine Zumutung, nach diesem langen Dialog noch zu Ihnen zu sprechen. Aber gerade deswegen muß ich einige Sätze sagen.
Wenn Sie, Herr Dr. Starke, meinen, daß der Umdruck 111, den meine politischen Freunde und ich ausgearbeitet haben und der dann die breite Billigung der beiden Koalitionsparteien gefunden hat, Sand in die Augen streuen soll, dann muß ich das zurückweisen. Wir sehen zwei Möglichkeiten vor, um den deutschen Seehäfen zu helfen. Die erste Möglichkeit in 2 a wird unter anderem von Ihrem FDP-Senator Borttscheller in Bremen empfohlen. Dann gehörte er auch zu den Sandstreuern. Wir verhandeln von seiten der norddeutschen Küstenländer mit dem Bund seit 1965. Gerade jetzt können wir feststellen, daß diese Verhandlungen in ein hoffnungsvolles Stadium gekommen sind. Wir wollen mit unserem Antrag diese Verhandlungen beschleunigen.
Und ein zweites. Umdruck 111, Ziffer 2 b, spricht von wirksamen Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Diese Formulierung stützt sich auf eine interfraktionelle Kleine Anfrage, die auch die FDP vor einigen Monaten miteingebracht hat. Auch hier ist es so, daß es nicht darum geht, Sand in die Augen zu streuen, sondern um den Versuch, wirklich mit dem Problem fertigzuwerden. Wir haben schweren Herzens der vorgeschlagenen Erhöhung der Mineralölsteuer auf Dieselkraftstoff zugestimmt und versuchen jetzt, Härten zu beseitigen. Es gibt dazu eine Möglichkeit. Wir fordern die Bundesregierung auf, uns bis zum 30. Juni 1967 Bericht zu erstatten.
Was den Umdruck 110 anlangt, so werden hier sozialdemokratische Forderungen, die wir seit unserem Parteitag Hannover 1960 vertreten, auf-
*) Siehe Anlage 15 **) Siehe Anlage 16
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Dr. Apel
genommen und auf bewährter Grundlage fortgesetzt. Wir bitten, beiden Entschließungsanträgen zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche nur ein paar Worte zu dem Entschließungsantrag 111, der sich mit der Lage der deutschen Seehäfen beschäftigt. Insbesondere möchte ich ein Wort an die Adresse des Herrn Bundesfinanzministers richten.
Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister und meine Damen und Herren der Regierung! Bei der Mineralölsteuer handelt es sich nicht nur um eine Verbrauchsteuer, sondern für einen Teil der Verbraucher von Mineralöl, nämlich von Dieselkraftstoff, auch um eine echte Kostensteuer. Das wirkt sich auf den Güterkraftverkehr, auf den Beruf der Handelsreisenden, aber auch insbesondere für die deutschen Seehäfen nachteilig aus. Damit beschäftigt sich dieser Entschließungsentwurf.
Ich bitte das Hohe Haus und die Bundesregierung, sich um die Probleme der deutschen Seehäfen und ihres verzerrten Wettbewerbs mit den Benelux-Häfen in Zukunft besonders zu kümmern. Die Lage der deutschen Seehäfen wird zweifellos auch durch das, was wir heute hier beschlossen haben, nicht erleichtert, sondern eher erschwert. Wir müssen dies Problem auf dem Wege der nationalen Gesetzgebung anpacken, nachdem es auf EWG-Ebene nicht gelungen ist, neben den Liberalisierungstendenzen auf den europäischen Verkehrsmärkten auch eine entsprechende und gleichzeitige Harmonisierung durchzusetzen.
Ich empfehle also dem Hohen Hause, diesen Entschließungsentwurf anzunehmen. Er veranlaßt die Bundesregierung, uns möglichst rasch, spätestens bis zur Mitte des nächsten Jahres, Vorschläge zu unterbreiten, wie die bestehenden künstlichen Wettbewerbsnachteile der deutschen Seehäfen entscheidend abgebaut werden können.
Das Wort hat der Abgeordnete Schlager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem interfraktionellen Antrag Umdruck 110 liegt die Absicht zugrunde, die Verwendung der aus der Mineralölsteuererhöhung zu erwartenden Mehreinnahmen in enger Anlehnung an das Gutachten der Kommission für die Finanzreform auf die in Ziffer 1 unter Buchstaben a bis c des Antrags aufgezählten Schwerpunkte zu beschränken. Es sind dies der Bau innerörtlicher Hauptverkehrsstraßen, verkehrswichtiger Zubringerstraßen, öffentlicher Personennahverkehrswege, aber auch der Ausbau des zwischenörtlichen Straßennetzes in unterentwickelten Räumen und im Zonenrandgebiet.
Von den Vorschlägen der Kommission für die Finanzreform weicht diese Ihnen heute vorerst vorgeschlagene Projektbegrenzung im wesentlichen wohl nur in zwei Punkten ab: 1. Das Gutachten über die Finanzreform schließt weitere Verwendungszwecke wie etwa die Förderung des ruhenden Verkehrs keineswegs aus. 2. Das Gutachten spricht sich außerdem auch dafür aus, daß die Förderung des innerörtlichen Hauptstraßennetzes in erster Linie auf die Gemeinden und Gemeindeverbände in Verdichtungsräumen beschränkt bleibt.
Hinsichtlich des ersten Punktes sind wir jedoch der Auffassung, daß die von uns heute als Vorgriff auf die kommende Finanzreform zusätzlich zu den Verkehrsprogrammen von Bund, Ländern und Gemeinden bewilligten Bundesmittel zunächst auf einige Schwerpunkte beschränkt bleiben müssen. Der Investitionsbedarf dafür ist so groß, daß die jetzt in wachsendem Maße zufließenden Sondermittel des Bundes aus der Mineralölsteuer nicht ausreichen, um entscheidend dazu beitragen zu können, die hauptsächlichen Aufgaben auch nur eines der von uns gewählten Schwerpunkte im gebotenen Maße und Tempo zu bewältigen.
Wir haben deshalb geprüft, ob es nicht ratsam wäre, die Sondermittel zunächst auf nur ganz wenige oder gar nur auf den einen oder den anderen Verwendungszweck, etwa den Bau öffentlicher Personennahverkehrswege, zu beschränken. Es wurde deshalb von uns auch eingehend beraten, ob es nicht geboten sei, zumindest — so wie es auch das Gutachten der Kommission für die Finanzreform vorschlägt — die Förderung der innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen nur für Gemeinden und Gemeindeverbände in Verdichtungsräumen vorzusehen.
Wir stimmen jedoch mit der Bundesregierung überein, wenn sie in ihrer Stellungnahme zum Bericht der Sachverständigenkommission eine Rangordnung zwischen den Verkehrsproblemen in den Verdichtungsräumen einerseits und denen der anderen Gemeinden für nicht vertretbar hält. Das Verkehrswegenetz bildet eine funktionale Einheit, die ihren Aufgaben optimal eben nur gerecht werden kann, wenn alle Teile in ihrer Entwicklung miteinander angemessen Schritt halten. Dem Bund erwächst hieraus eine Mitverantwortung für eine möglichst sinnvoll aufeinander abgestimmte Entwicklung der Lebensverhältnisse in allen Teilen des Bundesgebietes.
Wir bitten daher, in der Reihenfolge der Schwerpunkte keine Rangordnung der Anwendungsfälle zu sehen. Da die Verkehrsbaumaßnahmen in den Siedlungsschwerpunkten aus den dort vorgegebenen Faktoren wie etwa der Bebauungsdichte im allgemeinen schwieriger, zeitraubender und aufwendiger als in den übrigen Gebieten sind, wird ohnehin ein erheblicher Teil der hier in Frage stehenden Bundesmittel für die Verdichtungsräume und die Bewältigung ihrer Verkehrsengpässe zur Verfügung gestellt werden müssen. Wir wissen. daß auch die mittelgroßen Städte, auch wenn sie selbst nicht in Verdichtungsräumen liegen, mit Verkehrsengpässen konfrontiert sind, deren Bewältigung die Kraft der
3616 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Schlager
Baulastträger übersteigt. Letztlich geht es ja um die Bewältigung der Verdichtungszonen des Verkehrs schlechthin. Diese sind aber nicht nur eine Erscheinung der Ballungsräume, sie bestehen auch in Ortschaften verschiedener Größe außerhalb von Verdichtungsräumen. Es gibt sehr wohl Verdichtungsräume, etwa Städte mittlerer Größe, die z. B. in einer Tallage liegen, in denen sich Straßenverbindungen kreuzen, die Ballungsräume verbinden. Es gibt also Verdichtungsräume, die keineswegs in industriellen Ballungsräumen selbst liegen müssen.
Im übrigen erkennen wir die funktionale Einheit des Verkehrswegenetzes besonders deutlich auch aus der Wechselwirkung zwischen den Sanierungsmaßnahmen für die Ballungsräume und ,den Raumordnungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die ländlichen Gebiete, insbesondere der unterentwikkelten Gebiete und des Zonenrandgebietes. Die Sogwirkung der Ballungsräume würde sich sicherlich weiter erheblich vergrößern, falls die Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die unterentwickelten Gebiete und das Zonenrandgebiet und die sonstigen Verdichtungszonen im ländlichen Raum nicht Schritt halten würden. Es bestünde weiter die Gefahr, daß die jeweiligen Sanierungserfolge in den Ballungsräumen durch die fortdauernde Landflucht wieder zunichte gemacht würden. Da die Kosten für Infrastrukturmaßnahmen im Ballungsraum pro Kopf erheblich höher sind als die entsprechenden Kosten der Sanierungsmaßnahmen für den ländlichen Raum, könnte der Erfolg der mit der Mineralölsteuererhöhung beabsichtigten Sanierung, vor allem auch unseres städtischen Verkehrs, erneut entscheidend in Frage gestellt werden. Zu Recht stellen daher der Landkreistag und der Gemeindetag fest, daß die Gesundung der Ballungsräume auf Dauer nur zu erreichen ist, wenn auch die Landflucht durch koordinierte Maßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden zum Stillstand gebracht wird.
Wir sind daher der Auffassung, daß die Möglichkeit, ,die heute hier beschlossene Mineralölsteuererhöhung auch für die Sanierung unterentwickelter Gebiete und die Entwicklung des Zonenrandgebietes zu verwenden, nicht von vornherein blockiert werden darf. Zur Diskussion stehen hierbei vor allem Zuwendungen, die es ermöglichen, daß durch die Bereitstellung eines gutfunktionierenden Zwischenverkehrsnetzes in genügender Entfernung von den Kerngebieten der Ballungsräume sowie im Zuge der Sanierung entwicklungsbedürftiger Gebiete attraktive und funktionsfähige Mittelpunktgemeinden weiter entwickelt oder neu geschaffen werden. Es liegt daher nicht zuletzt im wohlverstandenen Interesse der Ballungsräume, daß die Förderung unterentwickelter Gebiete oder des Zonenrandgebietes im Einzelfall dort, wo der Investitionsbedarf die Kräfte der Baulastträger übersteigt, ebenfalls aus den für die kommunale Verkehrspolitik zweckbestimmten Steuern durch gezielte Einzelmaßnahmen möglich ist.
Wir sind uns dabei im klaren darüber, daß die Finanzierung des kommunalen Gesamtbedarfs noch umfassenderer Finanzquellen bedarf. Es handelt sich hier zweifelsohne um eine Gemeinschaftsaufgabe, zu der auch die Länder aus ihren Finanzquellen, vielleicht der Kraftfahrzeugsteuer, noch Erhebliches werden beitragen müssen.
Ziffer 2 des Entschließungsantrages trifft eine grundsätzliche Bestimmung über die Verteilung dieser Zuwendungen. Wenn das Einvernehmen mit den Ländern ausdrücklich hervorgehoben wird, dann soll damit besonders betont werden, daß mit dem vorgesehenen Verteilungsverfahren in die Zuständigkeiten der Länder nicht eingegriffen werden soll. Unter Berücksichtigung der Kompetenzen der Länder soll ein Verfahren entwickelt werden, das sicherstellt, daß die Zuwendungen an die Länder nicht nach schematischen, sondern nach projektorientierten Bedarfsgesichtspunkten gegeben werden. Bei allen verfassungsrechtlichen Problemen, die zu diesem Fragenkomplex bestehen mögen, darf ferner nicht übersehen werden, daß hier wegen der Dringlichkeit der Aufgabe Sofortmaßnahmen notwendig sind.
Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Schlager, wenn das Ihre Jungfernrede gewesen sein sollte — was ich stark vermute —, dann möchte ich Sie beglückwünschen.
Das Wort hat der Abgeordnete Ramms.
Herr Präsident! Meine Damen und Herrn! Ich will nur ein paar Worte zu dem Antrag Umdruck 111 sagen. Herr Kollege Dr. Apel, es ist sicherlich nicht so gemeint gewesen, als Herr Dr. Starke sagte, dieser Antrag bedeute, Sand in die Augen zu streuen. Das hat sich sicherlich nur auf einen Punkt bezogen, die 3 Pf Mineralölsteuer, für die jede Begründung nicht ganz gut ist. Wer die Lage unserer deutschen Seehäfen kennt, wer vor allen Dingen die Entwicklung der Häfen Europort und Amsterdam gesehen hat, der muß sagen, daß unsere deutschen Seehäfen weit ins Hintertreffen geraten sind. Ich habe Sorge, ob wir hier überhaupt wieder werden aufholen können. Wenn Sie aber in Ihrem Antrag selber zugeben, daß Sie mit der Erhöhung der Mineralölsteuer um 3 Pf die Wettbewerbsverzerrungen noch weiter vergrößern, und jetzt nach dem Staat rufen, er möge Wege suchen, damit diese Wettbewerbsverzerrung wieder abgebaut werde, dann beißt sich das irgendwie. Ich glaube, das hat Herr Dr. Starke gemeint.
Wir Freien Demokraten werden beiden Entschließungsanträgen zustimmen, gibt doch ein Entschließungsantrag letzlich immerhin die Hoffnung, daß zum Schluß doch noch etwas geschieht.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3617
Damit ist die Aussprache über die Entschließungsanträge abgeschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag Umdruck 110 *). Wer stimmt ihm zu? — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen.
Wir stimmen ab über den Antrag Umdruck 111 **). Wer stimmt zu? — Danke. Die Gegenprobe! — Auch dieser Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen.
Wir haben jetzt noch die Nr. 3 des Ausschußantrags zu erledigen, die im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Es erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe nun den Punkt 3 c) der Tagesordnung auf, den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushalt für das Rechnungsjahr 1966 .
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf § 1, — § 2, — § 3, — § 4, — Einleitung und Überschrift. — Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Paragraphen sind einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Bremer, wollen Sie das Wort als Berichterstatter?
— Wollen Sie eine Rede halten?
-- Das Wort hat der Abgeordnete Bremer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herrn! Ich werde es kurz machen. Aber ich bin der Meinung, daß ein Nachtragshaushalt im Umfang von 2 Milliarden DM doch einige Worte wert sein sollte. Dieser Nachtragshaushalt steht in erster Linie im Zusammenhang mit dem Devisenausgleichsabkommen mit den Vereinigten Staaten und sieht eine Zahlung von 1 Milliarde DM als Ausgabe vor. Der Rest setzt sich aus mehreren Einzelposten zusammen, bei denen sich im Laufe des Jahres ein Mehrbedarf ergeben hat.
Zu den Posten von 1 Milliarde DM für das Devisenausgleichsabkommen glaube ich einige Sätze sagen zu sollen. Ich gebe sicherlich die Meinung des ganzen Hauses wieder, wenn ich noch einmal unseren festen Willen bekräftige, die sich aus diesem Abkommen ergebenden Verpflichtungen gegenüber
*) Siehe Anlage 15 **) Siehe Anlage 16 den Vereinigten Staaten voll zu erfüllen. Für die Fraktion der CDU/CSU kann ich darüber hinaus die Erklärung abgeben, daß wir auch für die weitere Zukunft, d. h. für die Zeit nach dem Ablauf des jetzigen Abkommens am 30. Juni 1967, im Prinzip die Berechtigung des Wunsches der Vereinigten Staaten anerkennen, einen gewissen Ausgleich für die Stationierung ihrer Truppen im freien Teil Deutschlands zu erhalten. Aber ich füge hinzu, daß diese zukünftige Vereinbarung stärker als bisher den haushaltswirtschaftlichen Gegebenheiten des Bundes sowie dem berechtigten Interesse einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung der Bundeswehr Rechnung tragen muß.
Hinsichtlich der Frage der Deckung hat sich der Haushaltsausschuß ebenfalls den Vorschlägen der Bundesregierung angeschlossen. Die Mehrausgaben im Umfang von 2060 Millionen DM sollen zum einen in Höhe von 1060 Millionen DM durch Bewirtschaftungsmaßnahmen als Globaltitel im Einzelplan 60 und zum anderen durch eine kurz- oder mittelfristige Verschuldung des Bundes am Geldmarkt in Höhe von 1 Milliarde DM gedeckt werden.
Namens des Haushaltsausschusses darf ich das Hohe Haus bitten, dem Nachtragshaushalt in der Fassung des Regierungsentwurfs zuzustimmen.
Das Wort wird weiter nicht begehrt.
Bevor wir zur Schlußabstimmung kommen, habe ich festzustellen, daß das Haus zugleich über den Antrag des Haushaltsausschusses abstimmt, der in seinem letzten Satz besagt, daß in Kap. 09 02 ein Haushaltsvermerk des Inhalts anzufügen ist:
Leistungen des Bundes sind von der Erfüllung
der von den betroffenen Ländern zu leistenden
Anteile abhängig.
Dieser Satz bezieht sich auf die Leistungen des Bundes, die anläßlich des Tarifstreits im Kohlebergbau zugesagt worden sind. Der Satz sieht ausdrücklich eine Art von Bindung der Leistungen des Bundes an die Leistungen des betreffenden Landes vor. Ich sage das deshalb in dieser betonten Form, weil ich glaube, daß das wirklich beschlossen werden muß. — Das Haus nimmt Kenntnis von diesem Satz und folgt dem Antrag des Ausschusses.
Wir kommen nun zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Nachtraghaushaltsgesetzes 1966. Wer dem Entwurf zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das Gesetz ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallver-
3618 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Vizepräsident Schoettle
sicherung
— Drucksache V/1001 —
— Drucksache V/1179 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Franz
Die Fraktion der FDP hat mitgeteilt, daß sie zu diesem Gesetzentwurf eine Erklärung zu Protokoll geben wird **)
Ich eröffne die zweite Beratung und rufe die §§ 1,-2,-3,-4,-5,-6,-7,-8,-9, 10, — 11 — und 12 auf. — Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die aufgerufenen Bestimmungen sind angenommen.
Ich rufe § 13 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Stingl, Hirsch, Dr. Rutschke und Genossen auf Umdruck 115 vor. Soll der Antrag begründet werden? — Er wird nicht begründet.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck- 115* zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Wir stimmen über § 13 in der so geänderten Fassung ab.. Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke, Das scheint einstimmig zu sein, so daß ich mir die Gegenprobe sparen kann.
Ich rufe die §§ 14, — 15, — 16 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen angenommen.
— Ich stelle fest, daß das Haus von dem Sozialbericht Kenntnis genommen hat.
*) Siehe Anlage 17
**) Siehe Anlage 18
Ich rufe Punkt 5 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 20. Juli 1965 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Belgien über die Durchführung der Verordnungen Nr. 3 und Nr. 4 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer
— Drucksache V/962 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik
— Drucksache V/1153 —
Berichterstatter: Abgeordneter Springorum
Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1, — 1 a, — 2, — 3, —Einleitung und Überschrift. — Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Bestimmungen sind angenommen. Die Zweite Beratung ist geschlossen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke. Das Gesetz ist einstimmig beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Saatgutgesetzes
— Drucksache V/1075 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
— Drucksache V/1156 —Berichterstatter: Abgeordneter Marquardt
Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf: Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die aufgerufenen Bestimmungen sind angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig beschlossen.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3619
Vizepräsident Schoettle
Ich rufe den Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 70/66/EWG
— Drucksache V/1076 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1206 —
Berichterstatter: Abgeordneter Mengelkamp
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
— Drucksache V/1189 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Frey
Auf Berichterstattung wird verzichtet. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe die §§ 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, die Einleitung und die Überschrift auf. — Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig beschlossen. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist angenommen.
Wir haben noch über den Antrag des Ausschusses — Ziffer 2 — in Drucksache V/1189 abzustimmen. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen. — Angenommen.
Ich rufe Punkt 8 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über betriebs- und marktwirtschaftliche Meldungen in der Landwirtschaft
— Drucksache V/812 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache V/1150 —
Berichterstatter: Abgeordneter Röhner
' b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
— Drucksache V/1056 —
Berichterstatter: Abgeordneter Schröder
Die Herren Berichterstatter wünschen das Wort nicht. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 9, die Einleitung und die Überschrift auf. — Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das ist einstimmig beschlossen. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig verabschiedet.
Ich rufe Punkt 9 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundesgesetzes zur Einführung des Bundesgesetzes zur Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reichs und gleichgestellter Rechtsträger im Saarland (BRüG — Saar)
— Drucksache V/954 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß •§ 96 der Geschäftsordnung — Drucksache V/1169 —
Berichterstatter: Abgeordneter Windelen
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegs- und Verfolgungsschäden
— Drucksache V/1168 —
Berichterstatter: Abgeordneter Hirsch
Die Herren Berichterstatter wünschen das Wort nicht. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe die Artikel I bis VI, die Einleitung und die Überschrift auf. — Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig beschlossen. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist angenommen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes
— Drucksache V/1129 —
3620 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Vizepräsident Frau Dr. Probst
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegs- und Verfolgungsschäden
— Drucksache V/1170 —Berichterstatter: Abgeordneter Reichmann
Wird von dem Herrn Berichterstatter das Wort begehrt? — Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Beratung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Lesung. Wer den §§ 1, 2 und 3 der Einleitung und der Überschrift die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. Das Wort wird nicht ',begehrt. Ich schließe die Beratung. Ich stelle das Gesetz als Ganzes zur Abstimmung. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Einstimmig beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol
— Drucksache V/329 —Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses
— Drucksachen V/1005, Ergänzung zu V/1005 —
Berichterstatter: Abgeordneter Löbbert
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Beratung. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Wer dem Gesetz mit Einleitung und Überschrift in der zweiten Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Einstimmig angenommen.
Wir haben noch über den Antrag des Ausschusses zu befinden, dem Entschließungsantrag zuzustimmen. Ich brauche ihn nicht zu verlesen. Er liegt Ihnen mit Drucksache V/1005 vor. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 12 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes
— Drucksache V/823 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1151 —
Berichterstatter: Abgeordneter Leicht
b) Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses
— Drucksache V/1146 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Klepsch
Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Reischl.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantrage, den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes an den federführenden Verteidigungsausschuß und an den Rechtsausschuß zur Mitberatung zurückzuverweisen.
Der Verteidigungausschuß hat in § 44 Abs. 3 und 4 über den Regierungsentwurf hinaus zwei Bestimmungen eingefügt, die nach einstimmiger Auffassung des Rechtsausschusses verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Art. 13 des Grundgesetzes aufwerfen, so daß uns eine Beratung im Rechtsausschuß zwingend notwendig erscheint. Außerdem will der Gesundheitsausschuß gutachtlich zu § 49 Abs. 1 des Wehrpflichtgesetzes gehört werden. Auch das soll dem federführenden Ausschuß ermöglicht werden.
Sie haben den Antrag gehört. Ich lasse darüber abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Die Rückverweisung ist gegen eine Gegenstimme beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 13:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Baier, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Schmidt , Biechele und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Formulare für die Erklärung zur Hauptfeststellung des Einheitswertes
— Drucksache V/1148 —
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort hat der Abgeordnete Baier.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Befürchten Sie nicht, daß ich die Beseitigung eines Ärgernisses mit der Schaffung eines neuen Ärgernisses verbinden möchte. Ich werde nur kurz das sagen, was notwendig ist.
Bei dem Antrag Drucksache V/1148 geht es um die Formulare für die Einheitsbewertung, die nach dem Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966 3621
Baier
des Bewertungsgesetzes notwendig wurde. In den Fragestunden des Bundestages hat sich schon gezeigt, wie kompliziert und perfektionistisch auch nach Auffassung dieses Hauses diese Formulare sind. Sie stellen eine Zumutung an die Staatsbürger dar und dürften in erheblichem Maße zu einer Staatsverdrossenheit führen. Es gibt hier verschiedene Fragen zu stellen, z. B. die, warum nicht mit wenigen, präzisen, aussagekräftigen Kriterien gearbeitet wurde. Hat man sich denn überlegt, wie viele Beamte notwendig sind, um diese Formulare auszuwerten? Sie müssen doch einmal mit Datenverarbeitungsanlagen ausgewertet werden, um nicht noch mehr Personal dafür zu benötigen.
Kurzum: unser Antrag soll dazu dienen, die Bundesregierung zu bitten, dort, wo es möglich ist, im Benehmen mit den Landesregierungen noch Abhilfe zu schaffen. Das müßte sehr schnell geschehen. Nach den Aussagen des Herrn Finanzministers von heute in der Fragestunde wird er das tun. Ich hoffe, daß er sich da an das hält, was er- bei Amtsantritt vor seinen Beamten sagte: er wolle volksnah handeln. Hier kann man nur sagen, Herr Bundesfinanz minister: Hic Rhodus, hic salta!
Ich bitte Sie, diesen Antrag anzunehmen.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Einstimmig beschlossen.
Ich rufe Punkt 14 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Bauer , Dr. Wahl und Genossen
betr. Internationales Jahr für Menschenrechte — Drucksache V/1172 —
Der Ältestenrat schlägt Ihnen Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß vor. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 15 auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses über den Antrag der Fraktion der SPD
betr. Internationale Polizeikonvention — Drucksachen V/643, V/1154 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kempfler Wird das Wort vom Berichterstatter gewünscht?
Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? — Auch nicht. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlußfassung. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht — der Antrag liegt Ihnen auf Drucksache V/1154 vor —, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Es ist einstimmig
— gegen eine Stimme — so beschlossen. Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses über den Bericht des Bundesministers des Innern betr. Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes vom 31. August 1965 (BGBl. I S. 1005)
— Drucksachen V/488, V/1171 —Berichterstatter: Abgeordneter Lautenschlager
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses, Drucksache V/1171. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Es ist gemäß dem Antrag des Ausschusses beschlossen.
Ich rufe Punkt 17:
Beratung der Ubersicht 9 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
— Drucksache V/1176 —
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1176. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Punkt 18 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit über eine Entschließung des Europäischen Parlaments betreffend die Anwendung von Artikel 119 des EWG-Vertrages
— Drucksachen V/817, V/1177 —Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Rudoll
Wird das Wort begehrt? — Das ist offenbar nicht der Fall. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1177 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer ist dagegen? -Eine Gegenstimme! Wer enthält sich? — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe nunmehr Punkt 19, den letzten Punkt der heutigen Tagesordnung, auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen über den Bericht des Bundesschatzministers über die Ergebnisse der Entbehrlichkeitsprüfung und der Veräußerung von Bundesgelände zu Zwecken des Wohnungsbaues und der Eigentumsbildung
— Drucksachen V/308, V/993 —Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr
3622 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1966
Vizepräsident Frau Dr. Probst
Hierzu wünscht Herr Erpenbeck als Mitberichterstatter das Wort. Bitte sehr!
— Ja, das ist ein feierlicher Moment.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtén Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich zum letzten Punkt der Tagesordnung ein kurzes Wort sage, und zwar für den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen, der diese Vorlage mit zu beraten hatte. Der vorliegende Bericht auf Drucksache V/993 sagt in seinem letzten Absatz, daß der Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen zustimmend Kenntnis genommen habe. Aus dieser Feststellung, meine Damen und Herren, geht aber nicht hervor, daß der Ausschuß bei der Beratung der Vorlage einige ganz konkrete Wünsche hinsichtlich der künftigen Unterrichtung über die Veräußerung bundeseigener Grundstücke geäußert hat.
Gestatten Sie mir wegen der vorgeschrittenen Zeit, daß ich Ihnen diese Wünsche nur in Kurzform vortrage. Wir würden es begrüßen, wenn in zukünftigen Berichten des Bundesschatzministers Angaben über die jeweilige Größe des gesamten Grundbesitzes des Bundes und insbesondere Angaben darüber enthalten wären, welcher Prozentsatz dieser Grundstücke im Bereich eines Bebauungsplanes oder Flächennutzungsplanes liegt.
Der Ausschuß legt Wert darauf, daß in den künftigen Berichten dargelegt wird, wie sich der Verkauf von bundeseigenen Grundstücken auf die gesamte Preisbildung ausgewirkt hat, welche Maßstäbe bei der Entbehrlichkeitsprüfung angelegt werden und inwieweit die Bundeswehr bisher an der Hergabe von bundeseigenen Grundstücken beteiligt gewesen ist.
Ein solcherart ergänzter Bericht würde dann durchaus unserem Anliegen auf dem Gebiete des Wohnungswesens und der Eigentumsbildung entsprechen.
Ich danke dem Herrn Mitberichterstatter. Ich beglückwünsche ihn zu seiner Jungfernrede in diesem Hause.
Ich stelle den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/993 zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? —(Abg. Erpenbeck: Einschließlich der Ergänzung!)
Wer enthält sich? — Niemand. Einstimmig angenommen.
Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung angekommen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 9. Dezember 1966, 9 Uhr ein und schließe die Sitzung.