Gesamtes Protokol
Ich eröffne die Sitzung.Die heutige Tagesordnung soll um die in der Ihnen vorliegenden Liste verzeichneten Vorlagen ergänzt werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich empfehle, diese Punkte vorweg zu erledigen. Besteht Einverständnis? — Das ist der Fall.Zunächst teile ich mit, daß gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Zweite Bericht der Bundesregierung zum Problem der Beseitigung von Abfallstoffen — Drucksache V/248 — an den Ausschuß für Gesundheitswesen überwiesen werden soll. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Ich stelle fest, daß das nicht der Fall ist.Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Präsident hat gemäß § 96 a der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen:Verordnung über Änderung von Zollkontingenten für das Kalenderjahr 1965 — Drucksache V/269 —an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um fristgemäße BehandlungZwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 — Drucksache V/270 —an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um fristgemäße Behandlung.Nunmehr rufe ich die zusätzlichen Tagesordnungspunkte auf:Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung beschlossene Einundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Zollkontingent für Verschnittrotwein)— Drucksachen V/139, V/277 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. PreißBeratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Zweiundzwanzigste Verordnung zurÄnderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz —— Drucksachen V/137, V/278 —Berichterstatter: Abgeordneter LangeBeratung des Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Vierzigste Verordnung zur Änderungdes Deutschen Zolltarifs 1965 — Drucksachen V/138, V/279 —Berichterstatter: Abgeordneter SchmidhuberBeratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Erste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Senkung von Binnen-Zollsätzen)— Drucksachen V/149, V/280 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. StaratzkeBeratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Vierte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingente 1966 — Agrarwaren — I. Teil)— Drucksachen V/150, V/281 —Berichterstatter: Abgeordneter SanderBeratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Sechste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzung für Kühe)— Drucksache V/151, V/282 —Berichterstatter: Abgeordneter LangeBeratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Neunte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung —— Drucksachen V/157, V/283 —Berichterstatter: Abgeordneter SchmidhuberWünscht einer der Berichterstatter das Wort? -Das ist nicht der Fall.
Metadaten/Kopzeile:
818 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966
Vizepräsident Frau Dr. ProbstIch komme zur Abstimmung über den Ausschußantrag auf Drucksache V/277. Wer zustimmen will, gebe ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Der Antrag ist angenommen.In den übrigen Fällen hat das Haus nur von den Berichten des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen Kenntnis zu nehmen. Anträge liegen nicht vor. — Ich darf feststellen, daß das Hohe Haus von den Berichten Kenntnis genommen hat.Ich rufe auf Punkt 1 der gedruckten Tagesordnung: Fragestunde— Drucksachen V/251, V/263 —Wir fahren fort bei den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Ich rufe die Frage XI/4 des Herrn Abgeordneten Dr. Kliesing auf:Ist dem Bundesverteidigungsminister bekannt, daß durch eine Pressekonferenz des Standortkommandanten von Bonn und durch die anschließenden Presseveröffentlichungen über die Anlegung eines Standortübungsplatzes der Bundeswehr innerhalb des Naturparks Kottenforst und unmittelbar im Anschluß an Wohngebiete der Gemeinde Heimerzheim in der dortigen Bevölkerung erneut eine starke Beunruhigung entstanden ist?Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesverteidigungsminister.
Frau Präsidentin, ich darf anregen, daß die Fragen 4, 5 und 6 des Abgeordneten Dr. Kliesing zusammen beantwortet werden, da sie zusammengehören.
Ich bin damit einverstanden und rufe daher auch die Fragen XI/5 und XI/6 auf:
Wie vertragen sich die Ausführungen des Bonner Standortkommandanten mit Äußerungen der Dienststelle des Regierungspräsidenten in Köln, daß das Übungsplatzproblem für Heimerzheim und den Kottenforst erledigt sei?
Welches sind die tatsächlichen Absichten und Pläne des Bundesverteidigungsministers hinsichtlich der Anlage eines Standortübungsplatzes im Naturpark Kottenforst?
Zunächst zu der Frage Nr. 4. Mir ist bekannt, daß der Standortkommandant eine Pressekonferenz abgehalten hat, um die Öffentlichkeit über die Planungen hinsichtlich eines Standortübungsplatzes im Raume Bonn und insbesondere über den Charakter einer derartigen Anlage zu informieren. Ich halte es grundsätzlich für richtig, daß die Öffentlichkeit über unsere Vorhaben frühzeitig und eingehend informiert wird, zumal die Frage des Übungsplatzes bereits Gegenstand von Erörterungen in der Lokalpresse war.
Zu der Frage Nr. 5: Eine Mitteilung des Regierungspräsidenten in Köln, daß das Übungsplatzproblem Heimerzheim und Kottenforst erledigt sei, liegt mir nicht vor.
Zur Frage Nr. 6 darf ich mich auf die Ausführungen beziehen, die ich gestern zu der Frage des Kollegen Nellen in dieser Sache gemacht habe.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kliesing.
Herr Minister, können Sie mir die Gründe darlegen, die für die Notwendigkeit eines Standortübungsplatzes in der vorgesehenen Größe sprechen? Ich darf darauf hinweisen, daß vor dem Krieg hier in Bonn ein Infanteriebataillon, eine schwere bespannte Artillerieabteilung und eine schwere motorisierte ErsatzArtillerieabteilung stationiert waren, ohne daß ein Standortübungsplatz von solchem Umfang notwendig war, weil nämlich die genannten Einheiten insgesamt für Standortübungszwecke mit dem nunmehr von Ihrem Haus in Anspruch genommenen Gelände der Hardthöhe auskamen.
Herr Kollege Kliesing, es ist gestern gefragt worden, welche gesetzlichen Vorschriften oder welche NATO-Kriterien für die Größe eines solchen Übungsplatzes vorlägen. Ich darf dazu sagen, daß es keine gesetzlichen Vorschriften gibt, daß aber die militärischen Erfahrungssätze, die nach Abstimmung innerhalb der Bundesregierung mit dem Bundesministerium der Finanzen vom Bundesministerium der Verteidigung festgesetzt worden sind, vorsehen, daß man für ein nicht gepanzertes Bataillon 150 ha benötigt und daß für jedes weitere Bataillon, das im gleichen Bereich auf denselben Übungsplatz angewiesen ist, weitere 50 ha hinzukommen müssen.
Ich gehe davon aus, Herr Kollege Kliesing, daß Sie bei Ihren Besuchen bei der Truppe draußen wahrscheinlich vielfache Klagen darüber hören, daß die Größe der Übungsplätze nicht ausreicht. Ich glaube, daß diese Erfahrungstatsachen für uns alle bindend sein müssen, weil wir sonst eine Ordnung in das Übungsplatzwesen nicht bekommen.
Über die Verhältnisse in Bonn vor dem Kriege bin ich persönlich leider nicht informiert.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ich bin deshalb genau darüber informiert — wenn Sie die Bemerkung gestatten, Frau Präsidentin —, weil ich damals auf der Hardthöhe Rekrut gewesen bin.
Nun darf ich aber noch folgende Frage an Sie, Herr Minister, richten: Ist es notwendig, Gelände für einen Standortübungsplatz auch dann in einem solchen Umfang zu beanspruchen, wenn es sich im wesentlichen um Übungen eines Versorgungsbataillons und zu einem späteren Zeitpunkt noch des Wachbataillons, das sich ja zur Zeit noch rechtsrheinisch, in Siegburg, befindet, handelt?
Ich darf noch einmal darauf aufmerksam machen, daß der vorgesehene Standortübungsplatz für 3000 Soldaten geeignet sein muß. Ich glaube daher nicht, daß er zu groß ausgelegt wird.Herr Kollege Dr. Kliesing, Sie wissen vielleicht aus der Lokalpresse Ihres Wahlkreises, daß über andere Übungsplätze, wegen deren wir vorher
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966 819
Bundesminister von HasselUntersuchungen angestellt haben, im Raume Alfter zunächst einmal negativ entschieden worden ist, weil Widerstände aller Art kamen. Wir versteifen uns nicht darauf, in den Heimerzheimer Forst zu gehen. Wenn uns vernünftige Gegenvorschläge gemacht werden, sind wir jederzeit bereit, diese Vorschläge zu untersuchen. Wenn sie vom militärischen Standpunkt aus, extensiv ausgelegt, gut sind, sind wir jederzeit bereit, die lokalen Bedürfnisse entsprechend zu berücksichtigen. Wir müssen aber bei allen Behörden darum bitten, daß man in diesem Zusammenhang Verständnis für die Belange der Bundeswehr aufbringt und uns nicht überall eine Absage aus diesen oder bei anderen aus anderen Gründen erteilt.
Dritte Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich Ihrer letzten Antwort entnehmen, daß Sie bereit sind, über diese Frage mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen noch weitere Verhandlungen zu führen?
Ich habe das gestern schon zum Ausdruck gebracht.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich schließlich noch eine Frage mehr grundsätzlicher Art an Sie richten, die sich nicht nur auf Ihr Haus, sondern auf alle Ressorts bezieht, die im Bonner Raum Planungen vornehmen. Würden Sie meine Auffassung teilen, daß durch die wechselnden Planungen seitens einzelner Ressorts der Bundesregierung und dadurch, daß diese Planungen nicht definitiv sind, die Planungen der Gemeinden im Bonner Raum außerordentlich erschwert werden?
Ich kann nicht für meine Kollegen aus anderen Ressorts sprechen, sondern mich nur auf das 'beziehen, was ich zu verantworten habe. Das Bundesministerium der Verteidigung, das in der Gemeinde Duisdorf seinen Sitz hat, bemüht sich in sehr enger Zusammenarbeit mit dieser Gemeinde, Planungen für das Ministerium in die Planungen einzubetten, die die Gemeinde für ihre Zukunft hat. Zumindest soweit es mir seitens der politischen Spitze dieser Gemeinde dargestellt wird, ist die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Verteidigungsministerium in dem Punkte Planung ausgezeichnet.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß der Kottenforst nicht nur ein Naturpark, sondern auch seit Jahren ein forstwirtschaftliches Versuchsrevier ist und daß all die Planungen, die seit 10 oder 15 Jahren dort laufen, durch diese Vorgänge erheblich gestört werden?
Mir ist zwar nicht bekannt, daß das ein besonderes Versuchsgelände ist. Als alter gelernter Landwirt, der in Afrika sehr vielaufgeforstet hat, würde ich dafür besonderes Verständnis aufbringen. Aber, Herr Kollege, es ist leider so: welches Projekt Sie auch immer auswählen, man wird immer Gründe dieser oder jener Art haben, die gegen die Auffassung des Verteidigungsministeriums sprechen. Es ist für uns ungemein schwierig, in einem so dicht besiedelten Gebiet wie dem Bonner Raum Gelände zu finden, bei dem wirklich keine Gegengründe sichtbar werden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, teilen Sie mit mir .die Meinung, daß es begreiflich ist, wenn die Bevölkerung sich erregt, da sie vorher daran erinnert worden ist, daß der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen noch im Jahre 1962 bei der Debatte über die Schaffung von Naturparken erklärt hat, Naturparke dürften ausnahmslos weder für Bebauung noch für andere Zwecke in Anspruch genommen werden? Diese Erklärung steht doch im Raum.
Ich weiß nicht, ob der Herr Ministerpräsident gesagt hat: sie dürften ausnahmslos nicht in Anspruch genommen werden. Das Bundesministerium der Verteidigung bemüht sich, die unter Naturschutz und Landschaftsschutz gestellten Gebiete zu schützen und aus seinen Betrachtungen herauszulassen. Aber ausnahmslos kann man das nicht. Man ist sicher auch zu gewissen Ausnahmen verpflichtet.
Herr Abgeordneter Verbeek zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, stimmen Sie mir zu, daß bei ,der Prüfung des gestrigen Vorschlages des Abgeordneten Dr. Kliesing, den Truppenübungsplatz auf einem angeblich 500 ha großen Gebiet zwischen Euskirchen und Mechernich anzulegen, auch die außerordentlich große Belastung der in diesem Gebiet wohnenden Bevölkerung unbedingt berücksichtigt werden sollte, die dadurch gegeben ist, daß hier bereits durch zwei Munitionsläger über 130 ha und durch zwei Truppenübungsplätze fast 540 ha in Anspruch genommen werden, während die im Raum Rheinbach—Heimerzheim wohnende Bevölkerung bisher keinerlei derartige Opfer hat bringen müssen?
Herr Kollege, ich darf vielleicht einmal als Verteidigungsminister darauf hinweisen: das eine ist das Thema des Landkreises Bonn, das andere ist das Thema des Landkreises Euskirchen, und in dem Augenblick, wo ich den Landkreis Bonn zu Lasten des Kreises Euskirchen entlasten und den Kreis Euskirchen belasten würde, kämen dieselben Schwierigkeiten mit umgekehrtem Vorzeichen auf uns zu. Wir werden uns bemühen, nach vernünftigen Kriterien
Metadaten/Kopzeile:
820 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966
Bundesminister von HasselL) gemeinsam mit der Landesregierung, der zuständigen Bezirksregierung und den Kreisen eine vernünftige Lösung zu finden. Ich darf die Herren Abgeordneten dieser Gebiete bitten, auch uns dann bei der Lösung dieser Frage behilflich zu sein.
Herr Abgeordneter Lemper zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, da die im Zusammenhang mit dem neuen Schießplatz gestellten Fragen nach dem Motto „Heiliger Florian ..." gestellt wurden, darf ich fragen, ob man derartige Anlagen nicht grundsätzlich aus Erholungsgebieten herauslassen und statt dessen rein militärische Gebiete wie z. B. das Gelände um die Burg Vogelsang nehmen sollte; oder ist das Gebiet um die Burg Vogelsang belgisches Territorium?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966 821
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Metadaten/Kopzeile:
822 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966 823
Metadaten/Kopzeile:
824 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966
die nicht zu dramatisieren notwendig wäre?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966 825
Metadaten/Kopzeile:
826 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966 827
Metadaten/Kopzeile:
828 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966
Ich bin damit einverstanden. Dann rufe ich die Fragen XII/4 und XII/5 ebenfalls auf:
Ist die Bundesregierung bereit, ihre Baumaßnahmen an Bundesstraßen in Zukunft mehr als bisher auf die Beseitigung örtlicher Unfallschwerpunkte auszurichten?
Inwieweit gedenkt die Bundesregierung, der Wichtigkeit der Beseitigung örtlicher Unfallschwerpunkte durch eine gewisse Verlagerung der verfügbaren Straßenbaumittel vom Bundesautobahnbau auf den Bundesstraßenbau Rechnung zu tragen?
Die Bundesregierung hat bereits im Jahre 1957 Richtlinien für die örtliche Untersuchung der Straßenverkehrsunfälle herausgegeben. Diese Richtlinien dienen der systematischen Erfassung der Unfallschwerpunkte. Auswertungen der danach jeweils durchgeführten Unfalluntersuchungen geben den Verkehrsbehörden wertvolle Hinweise für verkehrsregelnde Maßnahmen und der Polizei für den zweckmäßigen Einsatz ihrer Kräfte.
Die obersten Straßenbaubehörden der Länder verwalten die Bundesstraßen im Auftrag des Bundes. Die Ergebnisse der Unfallauswertungen werden von ihnen beim Neubau und beim Ausbau der Bundesstraßen berücksichtigt. Dabei erforderliche zusätzliche Maßnahmen werden in engem Einvernehmen zwischen dem Bundesminister für Verkehr und der jeweils zuständigen obersten Straßenbaubehörde des Landes geprüft und im Rahmen des Möglichen beschleunigt durchgeführt. Für die Bauwürdigkeit einer Maßnahme ist daneben natürlich auch der Verkehrsbedarf von besonderer Bedeutung. Zur Beurteilung darf allerdings nicht außer acht gelassen werden, daß die Mängel im Straßenbau nur einen relativ geringen Anteil an den Unfällen überhaupt haben. Die Masse der Unfälle wird von den Verkehrsteilnehmern selbst durch ihr nicht verkehrsgerechtes Verhalten verursacht.
Im Straßenbau-Haushalt des Bundes sind erhebliche Mittel enthalten, die für zusätzliche Maßnahmen wie z. B. die Beseitigung von neu erkannten oder inzwischen bekanntgewordenen örtlichen Unfallschwerpunkten vorgesehen sind.
Eine Verlagerung der für den Autobahnneubau bereitzustellenden Mittel auf Bundesstraßen ist deshalb nicht erforderlich. Auch ist der Autobahnneubau wegen der Kürzung der Mittel und der bekannten Schwierigkeiten auf dem Kapitalmarkt in seiner Baudurchführung ohnehin stark behindert, während der Bundesstraßenanteil aus dem Bundeshaushalt voll bedient wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, besteht eine ausdrückliche Anweisung, daß die Unfallkarten der Verkehrspolizei, auf denen die Unfallorte meistens mit bunten Stecknadeln gekennzeichnet werden, systematisch und über ein Jahr hinaus auf längere Zeit ausgewertet und die Unfallschwerpunkte festgehalten werden?
Daß sie ausgewertet werden, habe ich soeben betont, Herr Kollege. Die Entscheidung, ob sie aufgehoben werden, ist Sache der Polizei. Ich kann zwar den Ländern empfehlen, was sie tun sollen, aber ich weiß natürlich nicht, ob die Länder ihre Polizeidienststellen auffordern, diese Unterlagen aufzubewahren oder die Übersicht in der Form fortzuführen, daß die Unfälle weiterhin auf denselben Karten — vielleicht unter Verwendung verschiedenfarbiger Stecknadelköpfe für die einzelnen Jahre — festgehalten werden. Das muß den Polizeibehörden der Länder überlassen bleiben.
Zweite Zusatzfrage.
Glauben Sie nicht, Herr Bundesminister, daß es gerade der Sinn einer Straßenplanung, die vornehmlich der Unfallverhütung dienen soll, sein müßte, die manchmal gar nicht von vornherein erkennbaren, aus örtlichen Gegebenheiten entstandenen Unfallschwerpunkte auf längere Zeit festzuhalten und bei der Planung auszuwerten?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966 829
Herr Kollege, diese Unfallschwerpunkte können ja je nach der Belastung wechseln. Wenn wir beispielsweise eine Ortsdurchfahrt durch den Neubau einer Umgehungsstraße entlasten, können die Unfallschwerpunkte in der Ortsdurchfahrt erheblich zurückgehen. Es muß also den laufenden Unfalluntersuchungen der Landesbehörden überlassen werden, diese Fragen zu behandeln und sie mit den Auftragsverwaltungen oder, soweit es sich um Landesstraßen handelt, mit den Landesstraßenbaubehörden abzustimmen. Hier liegt ja eine starke Zuständigkeit der Länder vor, denn wie Sie wissen, ist die Durchführung der von uns erlassenen Gesetze und Verordnungen über den Straßenverkehr nach dem Grundgesetz den Länderbehörden übertragen.
Herr Abgeordneter Dr. Hamm zur dritten Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, würden Sie den Ländern die Anregung geben, in der Straßenplanung die polizeilichen Feststellungen über Unfallschwerpunkte zu übernehmen?
Aber das geschieht ja, Herr Kollege. Ich habe doch in meiner Antwort ausdrücklich gesagt, daß wir bereits im Jahre 1957 Richtlinien für die örtliche Untersuchung der Straßenverkehrsunfälle herausgegeben haben und daß nach diesen Richtlinien die oberste Straßenbaubehörde die Ergebnisse der Unfallauswertungen zu berücksichtigen hat. Es findet also auf der Ebene des Landes eine entsprechende, selbstverständliche Koordination zwischen Polizei und Straßenbaubehörde des Landes statt.
Vierte Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, gibt es eine Untersuchung darüber, welche Bedeutung Straßenbäume, Randsteine und abfallende Straßenböschungen für die Unfallhäufigkeit haben?
Man kann so verschiedene Dinge wie einen Straßenbaum und einen Bordstein nicht ohne weiteres in dasselbe Verhältnis setzen. Ich kann deshalb diese Frage nicht generell beantworten. Es sind eben die örtlichen Untersuchungen durch die Polizei notwendig, die sich ja auch auf die Ursache erstrecken. Ergibt sich, daß ein Bordstein die Ursache war, muß das natürlich in Ordnung gebracht werden. War das Fehlen eines Bordsteins die Ursache — z. B. bei einem Fußweg —, dann sollte dort ein Fußweg mit Bordstein angelegt werden.
Mit den Bäumen ist es nicht viel anders. Wir haben uns in diesem Hohen Hause schon öfter darüber unterhalten, daß dort, wo ein Baum tatsächlich geeignet ist, Unfälle herbeizuführen, er natürlich beseitigt werden soll und daß wir uns bemühen, die
Neuanpflanzungen so vorzunehmen, daß die Entfernungen zwischen der Straßenfläche und den Bäumen entsprechend größer sind, aber daß auf der anderen Seite natürlich auch hier Elemente zu berücksichtigen sind, die bezüglich der Landschaftsgestaltung, der Klimaführung und sonstiger Dinge eine Rolle spielen.
Fünfte Zusatzfrage.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Bundesminister. Sie haben vorhin gesagt, daß letzten Endes der Verkehrsteilnehmer die größte und endgültige Ursache des Unfalls sei. Sind Sie mit mir der Meinung, daß bei einer angenommenen menschlichen Schwäche, die nun einmal bei jedem vorhanden ist, grundsätzlich die bestimmte örtliche Verkehrslage einen entscheidenden Faktor abgeben wird?
Wenn jemand einen Führerschein hat, muß er in der Lage sein, auch unter Berücksichtigung der ihm anhaftenden menschlichen Schwächen nach den Vorschriften des Gesetzes diese örtliche Verkehrslage zu beurteilen und sich darauf einzustellen. Tut er das nicht — fahrlässig oder schuldhaft —, dann ist eben er der Verursacher des Unfalls und nicht die Verkehrslage.
Ich rufe als letzte Frage der heutigen Fragestunde die Frage XII/6 des Abgeordneten Picard auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß größere Fahrzeugkolonnen der verbündeten Streitkräfte zu Spitzenzeiten des Verkehrs auf den Autobahnen eine erhebliche Behinderung darstellen?
Bitte schön, Herr Bundesminister!
Frau Präsidentin, darf ich auch hier bitten, die drei Fragen des Herrn Kollegen zusammen zu beantworten, da sie zusammengehören?
Ja, ich bin damit einverstanden, wenn der Fragesteller zustimmt.
Dann rufe ich auch die Fragen XII/7 und XII/8 des Abgeordneten Picard auf:
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, darauf hinzuwirken, daß zu Spitzenzeiten des Verkehrs Kolonnen der verbündeten Streitkräfte in der Regel nicht auf den Autobahnen fahren?
Wenn die Bundesregierung früher schon Versuche der in Frage XII/7 angeregten Art unternommen haben sollte, welches war deren Ergebnis?
Die erste Frage, Herr Kollege, wird bejaht. Zu den beiden nächsten Fragen darf ich Ihnen mitteilen: Auf meine Veranlassung wird das Auswärtige Amt die für die Stationierungsstreitkräfte zuständigen Botschaften wie bisher auch künftig bitten, Ostern,
Metadaten/Kopzeile:
830 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Februar 1966
Bundesminister Dr.-Ing. SeebohmPfingsten und bei Beginn der Sommerferien militärischen Kolonnenverkehr — soweit nur irgend möglich — von den Bundesautobahnen fernzuhalten. Die zuständigen Behörden haben bisher stets die ihnen unterstehenden Stationierungsstreitkräfte angewiesen, unseren Wünschen soweit als möglich zu entsprechen. Im allgemeinen halten sich auch die Streitkräfte nach den Feststellungen in den Ländern, von einigen Ausnahmen abgesehen, an diese Wünsche.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, haben Sie Ihre Bemühungen auch auf den besonders starken Verkehr vor allem zum Wochenende und -anfang ausgedehnt?
Ja, aber hier kann man natürlich vor allen Dingen in Manöverzeiten die Streitkräfte nicht daran hindern, daß sie eben mit Kolonnen auch auf den Bundesautobahnen fahren. Hier ist ja nur die Frage nach den Bundesautobahnen gestellt. Ich kann die Streitkräfte von der Benutzung der Bundesfernstraßen, wenn sie irgendwelche Übungen abhalten wollen, nicht absolut ausschließen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, ich glaube, Sie haben meine letzte Frage nicht ganz verstanden. Ich fragte, ob Sie Ihre Bemühungen auf den Wochenendverkehr auf den Autobahnen, vor allen Dingen Montag vormittags, ausdehnen konnten.
Das ist geschehen. Die entsprechenden Stellen sind nicht nur für die Hauptreisezeiten, sondern auch für diese besonders starken Belastungszeiten darum gebeten worden. Aber man kann das, während man in den Hauptreisezeiten — Ostern, Pfingsten, Ferien — diesen Wunsch mit absolutem Nachdruck der Erfüllung zuführen kann, nicht bei jedem Montag tun, weil natürlich sonst die Leute sagen, daß ihnen eine zu starke Einschränkung zugemutet wird. Wir haben ja aus diesem Grunde in Übungsgebieten vielfältig Sonderstraßen, so daß wir also damit die anderen Straßen entlasten.
Ich darf damit diesen Punkt abschließen. Ich danke dem Herrn Bundesminister. Wir sind am Ende der heutigen Fragestunde.
Die nicht erledigten Fragen werden schriftlich beantwortet, soweit sie nicht neu gestellt wenden.
Zur Drucksache V/263 hat sich der Abgeordnete Dr. Miessner mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt:
Ist die Bundesregierung bereit, zur Erzielung einer gleichen steuerlichen Behandlung aller im öffentlichen Dienst gewährten .Jubiläumszuwendungen auch die auf Grund der Änderungsverordnung vom 7. Mai 1965 gewährten Jubiläumszuwendungen durch Übernahme der Lohnsteuerbeträge auf den Bundeshaushalt steuerfrei zu zahlen?
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zur Frage der Besteuerung von Jubiläumszuwendungen ergriffen, um eine einheitliche Regelung in Bund und Ländern sicherzustellen, nachdem die Länder Bayern, Baden-Württemberg und RheinlandPfalz mit gutem Beispiel vorangegangen sind?
Wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 16. Februar 1966, 14 Uhr.
Ich schließe die heutige Sitzung.