Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Vorsitzende des Außenhandelsausschusses hat mitgeteilt, daß der Außenhandelsausschuß und der mitbeteiligte Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gegen die Verordnungen des Rats Nr. 133/63/EWG und 134/63/EWG keine Bedenken erheben.
Nach einer Vereinbarung in der Sitzung des Ältestenrates am 21. Januar 1964 ist der am 14. 11. 1963 dem Finanzausschuß — federführend — und dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — mitberatend — überwiesene Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes — Drucksache IV/ 1488 — auch dem Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung zugewiesen worden.
Einziger Punkt der Tagesordnung:
Fragestunde .
Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf Drucksache IV/1842. Ich rufe die von dem Abgeordneten Dürr gestellte Frage IV/1 auf:
Ist die Bundesregierung der Ansicht, -daß eine wirksame Maßnahme des literarischen Jugendschutzes eingeleitet wird, wenn im Jahre 1964 vor der Bundesprüfstelle über die Einstufung eines Buches als jugendgefährdend verhandelt wird, das seit 1953 im Buchhandel zu haben ist?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister des Innern.
Ja. Herr Kollege, Ihre Frage bezieht sich nicht auf eine bestimmte Publikation, sondern sie ist abstrakt gestellt. Ich darf sie wie folgt beantworten.
Die Bundesprüfstelle ist auf Grund des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften vom 9. Juni 1953 geschaffen worden. Sie wird gemäß § 11 Abs. 2 nur auf Antrag tätig. Antragsberechtigt sind nach der Durchführungsverordnung die obersten Jugendbehörden der Länder und der Bundesminister des Innern.
Es ist nicht auszuschließen, daß ein im Jahre 1953 erstmals im Buchhandel erschienenes Druckwerk auf einen entsprechenden Antrag hin im Jahre 1964 bei der Bundesprüfstelle behandelt wird. In der Bundesrepublik gibt es keine laufende Überwachung aller erscheinenden Druckwerke. Das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften überläßt es vielmehr den Antragsberechtigten, in eigener Verantwortung das Verfahren einzuleiten. Druckwerke, die zur Zeit ihres ersten Erscheinens unbeachtet geblieben sind, weil ihnen die Breitenstreuung fehlte, können sehr wohl später einem Indizierungsverfahren unterliegen, und es kann auch der vom Gesetz angestrebte Erfolg dadurch erreicht werden.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, darf ich die Vermutung aussprechen, daß Sie von Ihrem Hause nicht sehr vollständig informiert worden sind, nachdem es sich ganz offensichtlich um ein Buch handelt, das am letzten Freitag indiziert worden ist? Kann die Zweckmäßigkeit der Indizierung nicht erheblich in Zweifel gezogen werden, nachdem es sich bei dem Buch „Wilde Rose Caroline Chérie" um ein Buch handelt, das seit 1953 in acht Auflagen erschienen ist, mehrfach verfilmt wurde, ein Bestseller war und, während es gegenwärtig kein Bestseller mehr ist, möglicherweise durch die Indizierung wieder zum Bestseller gemacht wird?
Herr Kollege Dürr, ich habe zunächst erklärt, daß es sich um eine abstrakt gestellte Frage handelt. Ich habe dann ergänzende Ausführungen gemacht, und dem Hinweis auf das Jahr 1953 konnten Sie entnehmen, daß ich im Bilde war, um welche Publikation es sich gehandelt hat.
Nun möchte ich nicht gern über ein von uns gemeinsam beschlossenes Gesetz aus dem Jahre 1953 mit einem von allen Seiten eindeutig bejahten gesetzespolitischen Zweck eine Erklärung dahin abgeben, daß der gesetzespolitische Zweck verfehlt sei. Ich bin vielmehr der Meinung, wenn an einer solchen Entscheidung irgend etwas zu beanstanden sein sollte, dann gibt es bei uns gerade für diese Entscheidung einer unabhängigen Kommission so viele Rechtsmittel, daß es gar nicht notwendig ist, über diese Rechtsmittel hinaus auch noch parlamentarische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Eine weitere Zusatzfrage! Aber, Herr Kollege Dürr, bitte keine Leitartikel!
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5002 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Januar 1964
Herr Minister, finden Sie nicht, daß — unabhängig von dem juristischen Sachverhalt — die derzeitige Tendenz der Bundesprüfstelle, nicht nur völlig unterwertiges, sondern auch diskutables Schrifttum sehr genau nachzuprüfen, bis an die Grenzen .des im Gesetz Vorgesehenen herangeht?
Herr Kollege Dürr, der Antrag der Regierung Baden-Württemberg und die Entscheidung dieser unabhängigen, sehr sorgfältig zusammengesetzten Kommission sind für mich außerhalb jeder Kritik.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Kubitza.
Herr Minister, halten Sie es mit der ursprünglichen Absicht des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften für vereinbar, daß zunehmend französische Autoren, die in namhaften französischen Verlagen, und deutsche Autoren, die in namhaften deutschen Verlagen erscheinen, indiziert werden?
Ich muß sagen, es kommt nicht auf die Namhaftigkeit und nicht auf den Autor, sondern ausschließlich auf den Inhalt an, der verantwortet werden muß.
Zu einer weiteren Frage Herr Abgeordneter Kohut!
Herr Minister, trifft es zu, daß der Volkswartbund, diese in Köln errichtete bischöfliche Institution, in der Bundesprüfstelle mit mehreren Mitgliedern maßgeblich beteiligt ist, wie das aus eigenen Veröffentlichungen der Organisation hervorgeht?
Herr Kollege, ich höre das zum erstenmal, und ich werde das prüfen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß eine Korrespondenz, eine Unterhaltung mit irgendeinem Kommissionsmitglied irgendwelchen Anfechtungen ausgesetzt sein soll.
Die Frage ist beantwortet.
Wir kommen zu der von dem Abgeordneten Rollmann gestellten Frage IV/2:
Wäre es nicht zweckmäßig, auf dem Einbanddeckel des Amtlichen Fernsprechbuches auf die Bedeutung der Sirenensignale im zivilen Bevölkerungsschutz hinzuweisen, damit sich die Bevölkerung über die Bedeutung dieser Signale sofort informieren und sie sich besser einprägen kann?
Herr Kollege, nach einer vorläufigen Auskunft des Postministeriums, das für die Drucklegung des Telefonbuchs verantwortlich ist, liegen die Schwierigkeiten vor allem in folgendem. Es gibt einen internationalen Fernmeldevertrag, in dem vorgesehen ist, daß Rufnummern für Polizei, Erste Hilfe und Unfallstellen auf den Fernsprechbüchern eingetragen werden können. Sirenensignale sind in dieser Aufzählung nicht enthalten. Ich halte Ihren Vorschlag für interessant und würde ihn auch unterstützen; aber ich glaube, daß wir eine internationale Vereinbarung auch über diesen Punkt herbeiführen müßten.
Zu einer Zmsatzfrage Herr Abgeordneter Rollmann.
Ist Ihnen nicht bekannt, Herr Minister, daß in einigen skandinavischen Ländern, beispielsweise in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, solche Nummern auf dem Einbanddeckel des amtlichen Fernsprechbuchs aufgeführt sind?
Ich nehme das gern zur Kenntnis und unterstütze Ihr Bestreben. Aber ich möchte mich gern an eine internationale Vereinbarung halten in der Form, daß ich mich darum bemühen werde, daß die Zulässigkeit international vorgesehen wird. Das würde Ihrem Anliegen sogar sehr dienlich sein.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Rollmann.
Fürchten Sie nicht, Herr Minister, daß ein Verfahren um internationale Zulassung Jahre dauern könnte und daß es auf diese Weise über Jahre hin unmöglich wäre, die Rufnummern für diese Signale abzudrucken?
Herr Abgeordneter Rollmann, ich nehme an, daß Sie zufrieden sind, wenn ich bei dem Herrn Postminister einen derartigen Antrag stelle.
Die Frage ist beantwortet.
Ich rufe die von dem Abgeordneten Schlee gestellte Frage IV/3 auf:
Bestehen nach Ansicht der' Bundesregierung unüberwindliche Hindernisse gegen die Einbeziehung der Studenten der Pädagogischen Hochschulen in die Förderung nach dem Honnefer Modell?
Bitte, Herr Minister!
Die Studenten an Pädagogischen Hochschulen werden auf Grund des Beschlusses der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder vom 6. und 7. Februar 1959 nach Richtlinien gefördert, die dem Honnefer Modell angeglichen sind. Die Mittel hierfür werden allein von den Ländern bereitgestellt, und zwar — soweit bekannt — in ausreichendem Umfange.
Keine Zusatzfrage? -Ich rufe die ebenfalls von dem Abgeordneten Schlee gestellte Frage IV/4 auf:Ist die Bundesregierung bereit, die Förderung nach dem Honnefer Modell auf die Studenten der Pädagogischen Hochschulen zu erstrecken, wenn keine unüberwindlichen Hindernisse bestehen sollten?Bitte, Herr Bundesinnenminister!
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Januar 1964 5003
Seit dem 1. Januar 1959 sind auf Grund der gesetzlichen Altersgrenze 26 Bundesgrenzschutzoffiziere vor Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand getreten.
Gesetzliche Altersgrenzen sind: Leutnante, Oberleutnante und Hauptleute im Bundesgrenzschutz 55. Lebensjahr, Majore und Oberstleutnante im Bundesgrenzschutz 58. Lebensjahr, Oberste und Brigadegenerale im Bundesgrenzschutz 60. Lebensjahr.
Die Versorgungslasten für diesen Personenkreis betragen monatlich rund 40 000 DM brutto.
Herr Minister, das ging etwas durcheinander. Es war die Frage IV/4, die zweite Frage des Abgeordneten Schlee, aufgerufen.
Ich bitte um Entschuldigung, Herr Präsident. Es war eine Frage, die schon in der Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Schlee enthalten war. Ich habe also eine Frage weitergegriffen, so daß der allgemeine Ablauf sogar noch gefördert wurde.
Ich hoffe, der Kollege Schmitt-Vockenhausen hat begriffen, daß er mit der Antwort gemeint war. Es handelte sich um die Fragen IV/5 — des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen —:
Wie viele Offiziere des Bundesgrenzschutzes sind seit 1959 auf Grund der gesetzlichen Altersgrenze vor Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand getreten?
Herr Präsident, Ich habe es selbstverständlich nur mit Überraschung konstatiert, daß der Herr Minister auf diese Weise den Ablauf der Tagesordnung fördert. Allerdings sind die Kollegen dadurch nicht in der Lage, Zusatzfragen zu stellen.
Also keine Zusatzfrage?
Ich bin gern bereit, einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuzustimmen.
Es scheint offenbar von diesem Angebot kein Gebrauch gemacht zu werden.
Der Herr Minister hat die Frage IV/6 ebenfalls bereits beantwortet.
Dann rufe ich also nachträglich noch auf die Frage VI/6 — des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen —:
Wie hoch sind die Versorgungslasten für den in Frage IV/5 genannten Personenkreis?
Ich habe jetzt die Zusatzfrage, Herr Minister, ob Sie nicht nach Möglichkeiten suchen wollen, wie durch eine zweckmäßige Ausbildung, wie sie auch in anderen Ländern für einen solchen Personenkreis vorgesehen ist, eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst erfolgen kann, schon um die Versorgungslasten, die in den nächsten Jahren sehr ansteigen werden, zu verringern?
Jawohl! Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage!
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister — das würde vor allem auch für das Verteidigungsressort gelten —, daß in Frankreich und in anderen Ländern fast kaum jemand aus dem öffentlichen Dienst weggeht, wenn sichergestellt ist, daß dieser Personenkreis weiter beschäftigt wird?
Das ist mir bekannt, und aus dem gleichen Grund würde ich es auch bei uns für richtig halten.
Wir kommen dann zur Frage des Abgeordneten Kulawig auf Drucksache IV/1844 — ebenfalls :aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern —:
Ist die Bundesregierung gewillt, durch den Erlaß von Vorschriften sicherzustellen, daß die Aufwandsentschädigungen von ehrenamtlich als Bürgermeister und Beigeordnete tätigen Bundesbeamten nicht, wie im Saarland in Einzelfällen gehandhabt, auf die Dienst- und Versorgungsbezüge angerechnet werden?
Nach dem Entwurf einer Nebentätigkeitsverordnung, der in Kürze idem Kabinett vorgelegt wird, sind Aufwandsentschädigungen, die für eine ehrenamtliche Tätigkeit als Bürgermeister, Amtsvorsteher oder Beigeordneter an Bundesbeamte gewährt werden, künftig auch dann nicht mehr an den Dienstherrn im Hauptamt 'abzuliefern, wenn sie die in der Nebentätigkeitsverordnung bestimmten Höchstgrenzen übersteigen.
Auf die Versorgungsbezüge werden Aufwandsentschädigungen von ehrenamtlich als Bürgermeister oder Beigeordneter tätigen Versorgungsempfängern nicht angerechnet, soweit es sich um echte Dienstaufwandsentschädigungen handelt. Dies ergibt sich aus § 158 Abs. 3 BBG und der Verwaltungsvorschrift Nr. 10 hierzu.
Zu weiteren Maßnahmen ist also kein Anlaß, so daß ich glaube, daß materiell das Begehren bereits vor der Erfüllung steht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kulawig.
Bis wann kann mit dem Erlaß dieser Verordnung gerechnet werden?
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5004 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Januar 1964
In den allernächsten Wochen. Ich nehme an, daß es nicht mehr länger als 14 Tage dauern wird. Die Verordnung soll rückwirkend zum 1. Januar 1964 in Kraft treten.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz, zunächst zur Frage V/1 — der Abgeordneten Frau Meermann —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich das Sekretariat der Europäischen Kommission für Menschenrechte im Schriftverkehr mit Beschwerdeführern grundsätzlich nur der englischen bzw. französischen Sprache bedient und nur in Ausnahmefällen den schriftlichen Mitteilungen an deutschsprachige Beschwerdeführer eine deutsche Übersetzung beifügt, und dies, obwohl nahezu 80 % der Beschwerden aus dem deutschen Sprachraum kommen?
Bitte, Herr Bundesminister!
Der in der Frage dargestellte Sachverhalt ist der Bundesregierung bekannt.
Keine weitere Frage? — Dann kommen wir zur Frage V/2 — der Abgeordneten Frau Meermann —:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine Aufrechterhaltung der in Frage V/1 geschilderten Praxis die deutschsprachigen und keiner fremden Sprache kundigen Beschwerdeführer bei der Ausübung ihres Beschwerderechtes nach der Menschenrechtskonvention gegenüber anderen Beschwerdeführern benachteiligt?
Es ist richtig, daß diese Praxis die deutschsprachigen Beschwerdeführer benachteiligt hatte, aber nicht gegenüber allen anderen Beschwerdeführern. Im Gegenteil, die meisten Staaten, die diese Konvention insoweit anerkannt haben, sind auch Staaten, in denen weder englisch noch französisch gesprochen wird, vor allem Benelux und Skandinavien. Wenn wir also eine Verbesserung für die deutschen Beschwerdeführer anstreben, so würde dies zur Folge haben, daß die anderen Staaten entsprechende Wünsche äußern würden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen denn nicht bekannt, daß im niederländischen Parlament vor einigen Monaten die gleiche Frage behandelt worden ist und daß die niederländische Regierung zugesagt hat, sich für eine Verwendung der holländischen Sprache einzusetzen?
Mir ist das — ehrlich gesagt — nicht bekannt. Aber ich nehme es gern zur Kenntnis.
Noch eine Zusatzfrage?
Ja! Sind Sie aber vielleicht doch der Auffassung, Herr Minister, da es in der Konvention heißt, daß jeder Angeklagte das Recht hat, in einer für ihn verständlichen Sprache in Kenntnis gesetzt zu werden, daß sinngemäß dann auch der Gesuchsteller dasselbe Recht haben muß?
Ich will nicht ohne weiteres sagen, daß das ein zwingender Schluß ist; denn der Angeklagte ist naturgemäß noch wesentlich schutzbedürftiger als ein Gesuchsteller. Aber ich will ja keineswegs Ihr Petitum für unberechtigt halten. Ich halte es auch für erstrebenswert, daß dem deutschprachigen Gesuchsteller entgegengekommen wird.
Wir kommen zur Frage V/3 — der Abgeordneten Frau Meermann —:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um auf eine Abstellung des in Frage V/1 geschilderten Zustandes hinzuwirken und den uneingeschränkten Gebrauch der deutschen Sprache seitens des Sekretariats der Europäischen Menschenrechtskommission im Schriftverkehr mit deutschsprachigen Beschwerdeführern zu ermöglichen?
Die Bundesregierung glaubt hoffen zu können, daß die Kommission Verständnis für das Anliegen haben wird, die Lage der Beschwerdeführer zu erleichtern, die mit keiner der beiden jetzigen Amtssprachen vertraut sind. Die Bundesregierung beabsichtigt daher, den Generalsekretär des Europarates, der ja auch die Geschäfte der Kommission wahrnimmt, um Angabe darüber zu bitten, wie die Sprachenfrage im Verkehr mit deutschsprachigen Beschwerdeführern gehandhabt wird und wie eventuelle Verbesserungen hier angebracht werden können.
Wollen Sie noch eine Frage stellen?
Herr Minister, darf ich daraus schließen, daß die Bundesregierung auch einen formellen Antrag stellen wird, die deutsche Sprache zu verwenden?
Einen formellen Antrag möchte ich noch nicht in Aussicht stellen, sondern wir möchten uns zunächst einmal von dem Herrn Generalsekretär darstellen lassen, wie die Situation dort ist, und zunächst nur einmal die Frage stellen, ob dort Möglichkeiten gesehen werden, diesem Übersetzungswunsch nachzukommen, der sich ja, wie gesagt, dann auch zugunsten anderssprachiger Länder auswirken wird.
Eine weitere Zusatzfrage.
Darf ich vielleicht darauf hinweisen, daß bei der bisherigen Handhabung zwar wichtige Bescheide in die deutsche Sprache übersetzt worden sind, daß der Antragsteller aber, wenn er den Bescheid in englischer oder französischer Sprache bekommt, nicht von sich aus wissen
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Januar 1964 5005
Frau Meermannkann, ob der Bescheid wichtig ist oder nicht. Darf ich ferner noch darauf hinweisen — —
— Ich bin sofort fertig.
Ich kann nicht bestreiten, daß das eine Frage war: Darf ich darauf hinweisen ...?
Ich bin sofort fertig, Herr Kollege. Ich möchte nur noch fragen: Darf ich darauf hinweisen, daß das bei der Kommission vorhandene Personal ausreicht, um die deutschen Übersetzungen anzufertigen?
Darf ich antworten: Sie dürfen, Frau Kollegin.
Auch das Fragen muß geübt werden.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Frage VI/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. von Haniel-Niethammer —:
Ist die Bundesregierung bereit, ernstlich zu überprüfen, ob keine Möglichkeit besteht, dem offensichtlichen, der Steuermoral abträglichen Mißstand der Kapitalflucht neuzeitlicher Glücksritter in die Schweiz und Liechtenstein zu begegnen?
Die Bundesregierung ist entschlossen, alles zu tun, um die mit Ihrer Frage, Herr Abgeordneter von Haniel, angeschnittenen Praktiken zu verhindern oder einzuschränken. Dabei stellen sich Probleme, die an Schwierigkeit und Vielschichtigkeit nicht zu unterschätzen sind. Die eigentliche Ursache für die bestehenden Mißstände, das internationale Steuergefälle, kann von uns aus nicht beseitigt werden. Alle Gegenmaßnahmen haben überdies die Grundsätze der Freizügigkeit von Personen, Waren und Kapital zu wahren. Auch die Belange der deutschen Exportwirtschaft sind zu beachten; denn nur echte Mißbräuche sollen getroffen werden.
In meinem Hause sind Untersuchungen zu diesem Fragenkreis seit langem im Gange. Der Bericht der Bundesregierung an das Hohe Haus über die Wettbewerbsverzerrungen auf Grund von Sitzverlagerungen in Zusammenhang mit dem internationalen Steuergefälle wird zur Zeit im Text festgelegt und dann dem Hohen Hause zugeleitet werden. Er wird den Rahmen möglicher Gegenmaßnahmen aufzeigen, aber auch auf die Schranken hinweisen, die einer durchgreifenden Lösung gesetzt sind. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, Herr Abgeordneter, wenn Sie den Bericht abwarteten.
Herr Dr. Artzinger, haben Sie eine Zusatzfrage? — Bitte.
Herr Minister, bekanntlich hat ,die OECD ein Musterabkommen zur
Vermeidung von Doppelbesteuerung entworfen. Darf ich in diesem Zusammenhang fragen, ob die Absicht besteht, die bestehenden deutschen Doppelbesteuerungsabkommen auf dieses Musterabkommen umzustellen?
Ich habe eine ähnliche Frage, Herr Kollege Artzinger, meiner Erinnerung nach schon vor drei oder vier Wochen beantwortet. Dieses Muster kennen wir. Wir beabsichtigen, es da zu benutzen, wo es möglich ist. Aber selbstverständlich sind bei einem Doppelbesteuerungsabkommen immer eine ganze Reihe von Besonderheiten zu beachten, die sich aus der Lage des betreffenden Staates ergeben, mit dem wir das Doppelbesteuerungsabkommen abschließen wollen. Ein Muster für alle Länder der Erde gibt es nicht.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Vogt.
Herr Minister, Sie hatten schon vor einem Jahr etwa Gelegenheit, auf -eine Anfrage aus den Reihen der FDP-Fraktion in der gleichen Richtung zu antworten, und Sie haben konkrete Ausführungen dahingehend gemacht, daß vorgesehen ist, mit anderen Ländern eventuell über Änderungen von Doppelbesteuerungsabkommen zu verhandeln und, wenn keine Einigkeit erzielt wird, unter Umständen — —
Wann kommt die Frage?
— ich komme gleich dazu, Herr Präsident, ich darf nur vorbereiten — die Abkommen aufzukündigen und bei neuen Verhand-lungern darauf hinzuwirken, daß die vorgesehene Höhe der deutschen Kapitalertragssteuer von 25 % auch dort ihren Niederschlag findet. Darf ich fragen, Herr Minister, ob solche Verhandlungen mit anderen Ländern geführt worden sind und zu welchem Ergebnis Sie gekommen sind, und darf ich zugleich, da Sie heute wieder bestätigt haben, daß in Ihrem Hause ein Bericht vorbereitet wird was Sie auch vor einem Jahr gesagt haben —, fragen, ob damit zu rechnen ist, daß dieser Bericht in Kürze diesem Hause vorgelegt werden kann?
Ich habe soeben gesagt, Herr Kollege, daß der Bericht zur Zeit im Text festgelegt wird; dann wird er vorgelegt. Nun ist es immer sehr schwierig, sich auf eine Woche festzulegen. Aber nachdem wir den Text festgelegt haben, sind die Prüfungen beendet. Ich kann, glaube ich, ohne leichtfertig zu sein, sagen, daß der Bericht in aller Kürze kommen wird.Zum ersten Teil der Frage — der Frage nach dem Doppelbesteuerungsabkommen —, der nur mittelbar hiermit zu tun hat: Die Frage des Doppelbesteuerungsabkommens war Gegenstand der Fragestunde vor einigen Wochen. Doppelbesteuerungsverhandlungen finden laufend statt. Da es
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5006 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Januar 1964
Bundesminister Dr. Dahlgrünsich aber um zweiseitige Verträge handelt, muß man sich sehr überlegen, ob man sie kündigt. Ich kann heute morgen nicht sagen, wie die einzelnen Verhandlungen im Augenblick stehen. Ich bin aber gern bereit, wenn Sie mir schreiben, wie es mit den Verhandlungen mit einem bestimmten Land steht, Ihnen darüber Bescheid zu geben.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Matthöfer.
Gibt es eine Möglichkeit, Herr Minister, Manipulationen internationaler Großkonzerne zu verhindern, mit denen sie ihre Kostenkalkulation so einrichten, daß ihre Gewinne in Ländern mit niedrigeren Steuern anfallen?
Das werden Sie — das ist eine sehr wichtige Frage, die Sie anschneiden — in dem Bericht, den wir Ihnen vorlegen, finden.
Keine weitere Frage? — Dann ist die Frage beantwortet.
Ich rufe auf die Frage VI/2 — des Abgeordneten Ritzel —:
Wieviel vermögenswirksame Ausgaben sind im ordentlichen Teil sowie im außerordentlichen Teil des Entwurfs des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1964 enthalten?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen zu Frage VI/3 — des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut —:
Welche Gründe sind dafür maßgebend, daß mehr als 11 Jahre nach Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes für die Feststellung bestimmter Schadenstatbestände erforderliche Richtlinien, wie z. B. für die Bewertung von Steinbrüchen, noch nicht ergangen sind?
Bitte, Herr Bundesfinanzminister.
Das Verordnungswerk über die Ersatzeinheitsbewertung als Grundlage für die Schadensfeststellung bei Einheitswertvermögen ist im wesentlichen abgeschlossen. Mindestens 99,7 % der Feststellungsanträge, die sich auf diese Vermögensarten beziehen, können nach den schon vorliegenden Verordnungen erledigt werden. Der verhältnismäßig geringe Rest ergibt sich für Songergebiete, zu denen die Gewerbeberechtigungen und damit die Rechte zur Gewinnung von Gestein aus Steinbrüchen gehören.
Bei dem Umfang des gesamten Verordnungswerkes für Verluste in allen Teilen der Erde mußte eine bestimmte Reihenfolge der Verordnungen, nämlich nach dem zahlenmäßigen Umfang der Schadensfälle bei den einzelnen Vermögensarten, eingehalten werden. Die Vorschriften über .die Ersatzeinheitsbewertung der Gewerbeberechtigungen sind wegen fehlender Unterlagen besonders schwierig, betreffen aber nur eine verhältnismäßig sehr kleine
Zahl von Fällen. So mußten auch bei der Erarbeitung der Ersatzeinheitswerte für Rechte zur Gewinnung von Gestein unter Beteiligung von Sachverständigen praktisch alle Fälle einzeln untersucht werden. Die Verordnung ist jedoch nunmehr fertiggestellt und soll im Februar zur Beschlußfassung vorgelegt werden.
Eine weitere Frage, Herr Kohut.
Herr Minister, können diejenigen Sonderfälle, bei denen Unterlagen schlüssig vorliegen, nicht vorgezogen werden, oder muß abgewartet werden, bis alles zusammen ist?
Wenn der Rest dieses Verordnungswerks im Februar schon, also im Laufe des nächsten Monats, auf dem Tisch liegt, können alle diese Fälle in Angriff genommen werden.
Noch eine Frage.
Bis wann werden nach Ihrer Auffassung die ersorderlichen Richtlinien, insbesondere diejenigen für die Bewertung von Steinbrüchen, ergehen?
Ich glaube, im Laufe des nächsten Monats.
Wir kommen zur Frage VI/4 — des Abgeordneten Meyer —:
Hat die Bundesregierung Überlegungen angestellt, sich für eine Erhöhung der Leistungen der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder einzusetzen, die auf dem Stand des Jahres 1954 stehengeblieben sind?
Bitte, Herr Minister.
Dem Versicherungssystem der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder liegt das Anwartschaftsdeckungsverfahren zu Grunde. Daher sind Rentenerhöhungen nur möglich, wenn sie durch entsprechend höhere Beiträge oder durch freies Vermögen der Anstalt gedeckt werden können. Beides steht der Anstalt, die im übrigen keine staatlichen Zuschüsse erhält, nicht zur Verfügung. Im Gegenteil, die versicherungstechnische Bilanz der Anstalt weist einen stets steigenden Fehlbetrag in Milliardenhöhe aus. Eine Erhöhung der Renten der Versorgungsanstalt ist daher nach dem geltenden Satzungsrecht nicht möglich.Es werden aber zur Zeit auf Grund eines Kabinettsbeschlusses vom 1. August 1962 Tarifverhandlungen geführt. die eine Neuordnung der zusätzlichen Altersversorgung des öffentlichen Dienstes, namentlich also des Beitrags-, Leistungs- und Dekkungssystems der Versorgungsanstalt, zum Ziele haben. Dabei soll erreicht werden, daß die Renten nach Inkrafttreten der Neuregelung den veränder-
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Januar 1964 5007
Bundesminister Dr. Dahlgrünten Verhältnissen regelmäßig angepaßt werden können.Meyer (SPD) : Herr Minister, wann ist mit dieser Änderung zu rechnen, — da ja die Satzung der Versorgungsanstalt so aufgebaut ist, daß Ihr Haus als Aufsichtsbehörde, wenn ich die Satzung richtig verstehe, einen ausschlaggebenden Einfluß auf die Dinge hat?
Ich vermag nicht einen Zeitplan anzugeben, denn Sie wissen selber: gerade solche Tarifverhandlungen im Versicherungswesen, wo sehr häufig versicherungsmathematische Gutachten angefordert werden müssen, erfordern oft sehr lange Zeit. Ich kann Ihnen nicht sagen, wann diese Verhandlungen beendet sind. Ich bemühe mich, sie zu beschleunigen, soweit das überhaupt möglich ist.
Meyer (SPD) : Sind Sie nicht der Auffassung, Herr Minister, daß seit 1954, als zum letztenmal eine Erhöhung dieser Versorgungsbezüge erfolgt ist, doch schon eine sehr lange Zeit vergangen ist?
Und darf ich noch hinzufügen: eine „Versicherungstechnische Bilanz" ist mir nicht bekannt, da ja erst 1960 diese Bestimmung eingefügt wurde. Wo ist diese Bilanz erschienen?
I Ich weiß das, Herr Abgeordneter. Ich bin auch der
Meinung, daß der Zeitraum von 1954 bis heute ein sehr langer Zeitraum ist.
Die nächste rufe ich erst 'auf. Frage VI/5 — ebenfalls Abgeordneter Meyer —:
Ist die Bundesregierung bereit, sich für eine Änderung des § 41 der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder einzusetzen, damit auch hier die Witwenrente wie in der Rentenversicherung auf 60 % erhöht wird?
Bitte, Herr Minister!
Die Antwort auf die zweite Frage, Herr Kollege Meyer, lautet folgendermaßen. Eine Änderung des § 41 der Satzung der Versorgungsanstalt mit dem Ziel, die Witwenrenten von 50 auf 60 % zu erhöhen, wäre nach dem geltenden 'Beitrags- und Leistungssystem der Anstalt nur bei einer Erhöhung der Beiträge möglich. Die Anhebung der Witwen- und Witwerrenten auf 60 % ist aber in dem Neuregelungsplan, über den wir uns bei der vorigen Frage unterhalten haben, vorgesehen.
Meyer (SPD) : Es ist nur zu hoffen, daß 'diese Änderung bald erfolgt, Herr Minister.
Das war zwar keine Frage, aber immerhin.
Die nächste Frage zwingt mich, die Frage zu stellen, ob 'der Herr Abgeordnete Schmidt im Hause ist.
— Herr Mommer übernimmt die Frage VI/6 — des Abgeordneten Dr. Schmidt —:
Hält die Bundesregierung es für richtig, daß die von Mitgliedern landwirtschaftlicher Maschinengemeinschaften beim Kauf von Landmaschinen gezahlten Anteilsbeträge als ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt angesehen werden?
Bitte, Herr Minister!
Bei Beträgen, die einer landwirtschaftlichen Maschinengemeinschaft zur Anschaffung von Landmaschinen von ihren Mitgliedern zufließen, kann es sich je nach der Gestaltung der tatsächlichen Verhältnisse um nichtversteuerbare Mitgliederbeiträge handeln oder um Entgelte, die bei der Gemeinschaft der Umsatzsteuer unterliegen. Erhält die Gemeinschaft von allen ihren Mitgliedern zum Ankauf von Landmaschinen der Höhe nach gleiche Beträge, so liegen in der Regel nicht versteuerbare Mitgliederbeiträge vor. Werden dagegen verschieden hohe Beträge bezahlt, die sich nach der tatsächlichen oder vermuteten Benutzung der Maschine durch den einzelnen Landwirt richten, so liegt hierin nach umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen ein Beweisanzeichen für umsatzsteuerpflichtige Entgelte. Eine abschließende Beurteilung ist aber nur an Hand der im Einzelfall festzustellenden Sachverhalte möglich.
Haben Sie eine Zusatzfrage?
Herr Minister, sehen Sie da nicht die Gefahr, daß Sie mit Umsatzsteuer bestrafen, wenn Bauern etwas tun, was wir zur Strukturverbesserung von ihnen verlangen, nämlich sich genossenschaftlich zusammenschließen?
Ich sehe darin, wenn die Einzelfälle in vernünftiger, angemessener Form entschieden wenden — andernfalls gibt es ja Rechtsmittel — keine Gefahr, Herr Kollege Mommer, und zwar deshalb nicht, weil wir bei gleichen Beiträgen, also bei echt genossenschaftlicher Betätigung selbstverständlich von vornherein von der Umsatzsteuer absehen. Wenn aber eine Genossenschaft Maschinen gegen unterschiedlich hohe Entgelte vermietet, wird man im Zweifel die Vermutung haben dürfen — die Vermutung ist selbstverständlich widerlegbar —, daß es sich hier um eine andere Betätigung und nicht um eine genossenschaftliche handelt.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Herr Minister, wären Sie nicht mit mir der Meinung, daß das keinen Unterschied im Hinblick auf die Landwirtschaftspolitik macht, die wir wollen, nämlich daß sich die vorher
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5008 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Januar 1964
Dr. Mommerallein schlecht wirtschaftenden Bauern zusammentun und sich je nach der Größe ihres Anteils an der Genossenschaft — Land, in meinem Wahlkreis Obstbäume — dann natürlich verschieden beteiligen müssen an den Kosten, die für Maschinen, Spritzmittel, Löhne usw. entstehen?
Herr Kollege Mommer, im Prinzip bin ich Ihrer Meinung; aber ich glaube, daß wir allgemeine Grundsätze nicht aufstellen können. Man muß den Fall tatsächlich im einzelnen kennen, prüfen und entscheiden; denn Sie müssen mir zugeben, daß es neben dem guten Zweck, von dem Sie sprechen, ein ebenso guter Zweck ist, sich dort wirtschaftlich zu betätigen, und Sie werden zugeben, daß die Grenzen fließend sind. Da kann man nicht allgemein eine Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht bejahen — das ist der Sinn Ihrer Frage —, sondern diese müßte doch sehr sorgfältig geprüft werden.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Minister, sind Sie der Auffassung, daß man in diesen Fällen tatsächlich von Entgelt sprechen kann?
Wenn ein Unternehmen in der Rechtsform einer Genossenschaft Maschinen vermietet, was durchaus möglich ist, scheint mir das ein wirtschaftlicher Umsatz zu sein.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, würden Sie diese Frage noch einmal, prüfen lassen? Denn es handelt sich hier nicht um den Tatbestand des Vermietens, sondern um den Beitrag zu dem Kauf der landwirtschaftlichen Maschinen.
Selbstverständlich' werde ich den Tatbestand gerne prüfen; aber es wäre sehr interessant, wenn Sie mir mal einen Fall geben würden, an dem man das demonstrieren kann.
Noch eine Frage? — Frau Abgeordnete Meermann.
Herr Minister, ist es richtig, daß ein Bauer, wenn er mit primitiven Mitteln seine Bäume selber spritzt, also das tut, was wir nicht gerne sehen, keine Umsatzsteuer zu zahlen braucht, daß er dagegen, wenn er sich entsprechend unseren Empfehlungen mit anderen in einer Genossenschaft zusammenschließt und die gleiche Tätigkeit mit moderneren Mitteln ausübt, Umsatzsteuer zahlen muß?
Er wird, wenn er auf genossenschaftlicher Basis bleibt, keine Umsatzsteuer bezahlen. Er wird erst dann umsatzsteuerpflichtig, wenn er — aber das kann ich mir nicht vorstellen bei einem kleinen Mann, der einige Obstbäume hat und diese spritzen will — dazu in eine große Genossenschaft hineingeht und das mit einem Riesenapparat macht. Die Grenze ist flüssig.
— Das sagen Sie! Das ist noch gar nicht heraus; er wird in einigen Fällen bezahlen müssen, weil die Genossenschaft als Wirtschaftsunternehmen mit Spritzmitteln handelt, und da finde ich es auch richtig. Aber wenn es eine Gemeinschaftshilfe im Rahmen oder auf der Basis einer Genossenschaft ist, dann sind die Mitgliederbeiträge umsatzsteuerfrei. Aber geben Sie mir doch Fälle! Ich will es gern nachprüfen.
Die Frage ist beantwortet. Die Frage VI/7 stellt Herr Abgeordneter Dr. Ramminger:
Hat die Bundesrepublik 1963 auf Grund der Finanzierungsverordnung Nr. 25 der Brüsseler Vereinbarungen Geldbeträge an die EWG abgeführt?
Bitte, Herr Bundesminister!
Die Bundesrepublik Deutschland hat auf Grund der EWG-Verordnung Nr. 25 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik im Haushaltsjahr 1963 keine Zahlungen an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft geleistet.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dr. Ramminger.
Herr Minister, besteht für die Bundesrepublik eine Pflicht, Nachzahlungen z. B. aus Abschöpfungsbeträgen an die EWG zu leisten, wenn einmal die Finanzierungsverordnung Nr. 25 durchgeführt wird? Oder können Sie das noch nicht sagen?
Es kommt darauf an, wann sie in Kraft gesetzt wird.
Nächste Frage VI/8 — des Abgeordneten Dr. Wuermeling —:
Warum wurde in dem — dem Haushaltsgesetzentwurf angefügten — „Funktionenplan" das Kindergeld unter „Versicherungswesen" eingeordnet?
Herr Bundesminister, bitte.
Die Einordnung des Kindergeldes unter Versicherungswesen mag für den Nichteingeweihten befremdlich wirken. Sie ist aus den folgenden formalen Gründen veranlaßt worden:a) Die Kindergeldzahlungen sind zunächst durch die den Berufsgenossenschaften angegliederten Familienausgleichskassen geleistet worden, die laut
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Bundesminister Dr. DahlgrünEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Mai 1960 zur „Sozialversicherung" zählen.b) Auch das vom Bund aufgebrachte Kindergeld gelangt über einen Träger der Sozialversicherung, nämlich die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, zur Auszahlung.c) Auch in den Haushaltsvergleichen der öffentlichen Haushalte in den EWG-Ländern wird das Kindergeld in Anlehnung an .die Übung in anderen Mitgliedstaaten unter „Sozialversicherung" nachgewiesen; ich darf hierzu auf den Beitrag im Finanzbericht 1964 verweisen, der sich mit den Problemen und Methoden eines Haushaltsvergleichs der EWG-Staaten befaßt.d) Dasselbe gilt für die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung in der Bundesrepublik. Aber, Herr Kollege Wuermeling, das Bundesministerium der Finanzen prüft, ob und wie von dieser formalbestimmten zu einer sachlich zweckmäßigeren Einordnung der Kindergeldzahlungen im Funktionenplan übergegangen werden kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wuermeling!
Darf ich, Herr Bundesminister, meinen Dank dafür aussprechen, daß eine Prüfung dieser Frage in Aussicht gestellt wird. Darf ich für diese Prüfung hinzufügen, daß mir neulich angesichts dieser Einordnung die Frage vorgelegt wurde, ob etwa das Kindergeld eine Versicherung gegen das Kinderkriegen sei.
Wir haben doch allen Anlaß, meine ich, solchen Gedankengängen vorzubeugen und dafür zu sorgen, daß hier die gesellschaftspolitische Aufgabe richtig herausgestellt wird. Darf ich noch einmal für Ihre Bereitschaft danken.
Eine weitere Zusatzfrage? — Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!
Herr Minister, deckt sich ,die Kritik des Herrn Kollegen Wuermeling mit der Kritik Ihres Kabinettskollegen Heck an Ihren Übersichten, oder list Ihnen diese Kritik bisher noch gar nicht bekanntgeworden?
Die Kritik ist mir bekannt geworden, richtete sich aber nicht auf diesen Punkt.
Herr Abgeordneter Mommer zu einer Zusatzfrage!
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Herr Bundesfinanzminister!
Ich darf Ihnen, Herr Kollege Dr. Wuermeling, eingangs einmal sagen, daß ich überhaupt keinen Zweifel habe, daß Sie in der Lage sind, jedem, der einen falschen Eindruck bekommen haben sollte, den richtigen zu vermitteln.
In einem Finanzbericht, Herr Dr. Wuermeling, geht es um nüchterne Zahlen, und es ist kein Platz dafür da, Ausführungen zur Entwicklung oder zur Sache zu machen; er ist ein Zahlenbericht. Ich befinde mich da in sehr guter Gesellschaft, nämlich in Ihrer eigenen Gesellschaft. Sie haben im Jahre 1961 das, was Sie heute im Finanzbericht hinsichtlich des Wohnungsbaues für kinderreiche Familien beanstanden, in einer Rede gefordert.
Herr Kollege Dr. Wuermeling, ich gebe Ihnen die Stelle. Wir haben doch beide ein Interesse daran, einmal in einem Gesamtüberblick darzustellen, was die öffentliche Hand in dieser Richtung tut; denn wir brauchen einen solchen Gesamtüberblick, um uns in Auseinandersetzungen, z. B. bei Vergleichen mit der EWG, zur Wehr setzen zu können. Daß wir kein unterentwickeltes Land sind und daß wir eine Menge tun, ohne daß ich damit sagen will, daß genug getan wird, scheint mir sicher zu sein. Deshalb ist es meiner Überzeugung nach gut, wenn man einen Gesamtüberblick über das gibt, was gezahlt wird. Damit will ich keineswegs den Eindruck erwecken, von dem Sie befürchten, daß er entstanden sein könnte. Sie werden ihn sehr leicht ausräumen können, weil Sie sehr genau Bescheid wissen.
Frau Abgeordnete Welter zu einer Zusatzfrage.
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, daß die Methode Ihres Hauses, in dem Finanzbericht echte Familienlastenausgleichsleistungen mit eindeutigen Aufgaben der öffentlichen Hand zu vermengen, großes Ärgernis in den Kreisen hervorgerufen hat, denen es um einen gerechten Lastenausgleich zu tun ist? Ich frage Sie, ob Sie bereit sind, in dem nächstjährigen Finanzbericht eine deutliche Scheidung zwischen familienechten Leistungen und Leistungen, die von der öffentlichen Hand zu tragen sind, vorzunehmen.
Gnädige Frau, ich hätte gar keine Bedenken, das zu tun, wenn die Abgrenzung zwischen Familienlastenausgleichsleistungen im engeren und im weiteren Sinne nicht so schwierig wäre. Ich will versuchen, das zu tun; aber Sie wissen selber, gnädige Frau, daß die Abgrenzung außerordentlich schwierig ist.
Noch eine Frage, Frau Welter!
Ich würde zustimmen, wenn Sie die Erleichterungen beim Wohnungsbau als eine echte familienfördernde Maßnahme ansehen. Wenn Sie aber das ganze Schul-
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Frau Welter
und Hochschulwesen der Familie anlasten, halte ich das für absolut falsch.
Frau Kollegin, ich habe, glaube ich, in meiner ersten Antwort an Herrn Kollegen Dr. Wuermeling schon gesagt, daß selbstverständlich die Leistungen für das Schulwesen und das Hochschulwesen niemals Familienlastenausgleichsleistungen im engeren Sinne sein können. Das scheint mir klar zu sein.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Rollmann.
Herr Minister, ist sich die Bundesregierung eigentlich darüber im klaren, daß die steuerliche Belastung gerade der kinderreichen Familien durch die indirekten Steuern im allgemeinen wesentlich höher ist, als die steuerliche Entlastung bei den direkten Steuern ausmacht?
Herr Rollmann, ich muß Ihnen eins sagen. Wenn Sie diese Frage morgen im Protokoll lesen, werden Sie ganz sicher zu der 'Überzeugung kommen, daß ich sie nicht so beantworten kann. Von „eigentlich darüber klar sein" kann gar keine Rede sein. Das Steuersystem ist sehr schwierig zu überschauen, und wenn man Vergleiche anstellt, muß man auf das Ganze sehen. Daß ich das hier nicht kann, Herr Rollmann, dürften auch Sie einsehen.
Eine weitere Frage!
Herr Minister, wenn Sie meine Frage nicht verstanden haben, bin ich gern bereit, sie noch einmal langsam zu wiederholen,
nämlich ob es der Bundesregierung bekannt ist, daß die indirekte steuerliche Belastung der Familien bedeutend höher ist als die direkte steuerliche Entlastung.
Als Voraussetzung für die Beantwortung Ihrer Frage bitte ich Sie, mir erst einmal die Berechnung zu geben, die Sie dieser Frage zugrunde legen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Zimmer.
Herr Minister, Sie haben eben sehr verständlich gesagt, in einem Finanzbericht geht es um nüchterne Zahlen. Diese Ihre Antwort leuchtet mir ein. Darf ich fragen, ob nach Ihrer Meinung der Verfasser des Finanzberichts recht daran getan hat, zu schreiben: „Die Hilfe für die Familien kann und soll nicht so weit gehen, daß den Eltern die Sorge für die Kinder in finanzieller Hinsicht völlig abgenommen wird." Ich möchte fragen, ob sich der Verfasser nicht bewußt ist, daß das, als Belehrung von ihm gedacht, von den vielen kinderreichen Familien als eine vielfach verletzende Unterstellung aufgefaßt werden muß, aber auch von denen, die nicht bereit waren, die Hilfe des Staates für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
Herr Dr. Zimmer, ich bin bereit, Ihnen die Fundstelle zu nennen, aus der der Verfasser des Berichts diese Gedanken gewonnen hat. Das ist Herr Dr. Max Wingen aus dem Familienministerium in „Die neue Ordnung", Sonderdruck, Heft 3 bis 4, 1961, Seite 7. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten den Satz verlesen:
Ein völliger Ausgleich der gesamten geldlichen Aufwendungen der Eltern für die Kinder mit der Wirkung, daß jedes hinzutretende Kind das Lebensniveau der Familie nicht beeinträchtigt, würde allerdings den Eltern die wirtschaftliche Eigenverantwortung für die Kinder praktisch abnehmen. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, sollte der Familienlastenausgleich grundsätzlich stets nur ein teilweiser Ausgleich der durch Kinder bedingten Aufwendungen sein.
Herr Minister, neben meinem Dank für diese Mitteilung bleibt meine Frage trotzdem bestehen, warum der Verfasser des Finanzberichts diese Feststellung in einer solchen belehrenden Form in einem völlig anderen Sachzusammenhang als Beispiel in dem Finanzbericht herangezogen hat. Ich glaube, in diesem Zusammenhang ist meine Frage berechtigt, und ich wäre dankbar, wenn Sie meine Frage in dem Sinne beantworten wollten, in dem sie von mir verstanden wurde.
Herr Kollege Zimmer, ich glaube, daß ich das tun kann. Nun ist das ein dickleibiger Band, der auch nicht von einem Mann verfaßt wird, sondern von vielen. Diese vielen Herren haben auf ihrem Sachgebiet Kontakte zu den übrigen Häusern. Da kann es schon einmal vorkommen, daß ein Satz hineinrutscht, der mehr oder weniger eine Wertung bedeutet. Wir werden uns bemühen, das in Zukunft noch weiter zu vermeiden, als es bisher schon geschehen ist.
Eine nächste Frage, Herr Abgeordneter Baier !
Herr Minister, haben Sie diese Zusammenstellung im Finanzbericht in puncto Kindergeld mit dem Bundesfamilienministerium vorher abgestimmt, und entspricht nach Ihrer Auffassung als Bundesfinanzminister die Einbeziehung von Leistungen für Wissenschaft und kulturelle Förderung in die Leistungen für das Kindergeld der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit, oder ist es Ihre Auffassung — wie ich das vorhin bei der Beantwortung der Frage von Herrn Dr.
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Baier
Wuermeling verstehen mußte —, daß es den Abgeordneten dieses Hauses überlassen bleibt, die Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit herzustellen?
Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit mit dem hier anstehenden Problem in Konnex gebracht werden können; denn im Etat finden Sie das Kindergeld an der richtigen Stelle veranschlagt, und Sie finden das, was auf dem Gebiet der Wissenschaft, Forschung, Ausbildung und Lehre größtenteils als Zuschüsse an die Länder gegeben wird, ebenfalls im Haushalt. Das hat aber gar nichts mit dieser Sache zu tun.
Ich will jedoch gleich Ihre Zusatzfrage — mit der ich jetzt rechne — vorweg beantworten: Nach Fertigstellung des Berichts — nach Fertigstellung! — ist leider übersehen worden, ihn noch einmal mit dem Familienministerium abzustimmen. Das Material haben wir von dort bekommen.
Haben Sie noch eine Frage?
Werden Sie in Zukunft darauf bedacht sein, daß diese Abstimmung auf alle Fälle stattfindet, .damit derartige Pannen nicht mehr vorkommen?
Bei der ausgezeichneten Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesfamilienministerium habe ich daran überhaupt keine Zweifel.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dürr!
Herr Minister, täuscht mich meine Erinnerung, wenn ich glaube, daß der vom Herrn Kollegen Dr. Zimmer kritisierte Satz sinngemäß auch schon vom jetzigen Bundeskanzler, Professor Erhard, gebraucht worden ist?
Das kann ich nicht sagen, Herr Kollege.
Frau Abgeordnete Schanzenbach zu einer weiteren Frage!
Herr Minister, darf ich nach dieser sehr interessanten Debatte fragen, ob die Bundesregierung unter dem jetzigen Familienminister und ,dem jetzigen Finanzminister — die ja die Bundesregierung vertreten — heute eine andere Familienpolitik, insbesondere in der Frage der finanziellen Sicherung der Leistungen für die Familie, betreibt als zu der Zeit, als Herr Dr. Wuermeling noch Familienminister war.
Wann die Familienpolitik der Bundesregierung eingeleitet worden ist, kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen. Sie wird ohne Rücksicht auf den Namen des amtierenden Ministers in der möglichen und nach Auffassung der Bundesregierung besten Form Weitergeführt werden.
Herr Abgeordneter Josten zu einer weiteren Frage!
Herr Minister, der Bundesregierung ist doch sicher bekannt, daß die Leistungen der sozialen Krankenversicherung für die mitversicherten Kinder zu einem großen Teil von den pflichtversicherten Vätern dieser Kinder aufgebracht werden. Wurde das bei Ihrem Bericht berücksichtigt?
Ich glaube, das wurde berücksichtigt. Ich weiß es aber nicht genau.
Damit sind alle Zusatzfragen beantwortet.
Ich rufe auf die Frage VI/10 — des Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling —:
In welchem anderen Lande der Welt wird der — zum großen Teil durch Steuern der Familien selbst aufgebrachte — öffentliche Aufwand für Wissenschaft und Bildung in der in Frage VI/9 bezeichneten Weise den Familien angelastet?
Zur Beantwortung ebenfalls der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Kollege Dr. Wuermeling, aus meiner Antwort auf Ihre vorhergehenden Fragen ergibt sich, daß es sich bei dem erwähnten Aufsatz im Finanzbericht um eine Sonderuntersuchung, nicht aber um ein Gliederungsschema handelt, das Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt. Ähnliche Untersuchungen aus dem Ausland sind mir zwar nicht bekannt geworden, wohl aber im Vorjahr erschienene Beiträge im „Industriekurier", in der Wochenzeitung „Die Zeit" und im Organ des Bundes der Steuerzahler. Diese Veröffentlichungen sind meines Wissens nicht beanstandet worden.
Zu einer weiteren Frage Herr Abgeordneter Wuermeling!
Herr Bundesminister, darf ich aus Ihrer Erklärung schließen, daß in keinem anderen Lande der Welt der — zum großen Teil durch Steuern der Familien selbst aufgebrachte — öffentliche Aufwand für Wissenschaft und Bildung den Familien angelastet wird und daß das regierungsseitig nur in der Bundesrepublik Deutschland geschehen ist? Sind Sie mit mir darin einig,
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Dr. Wuermelingdaß es ein Unterschied ist, ob Interessentengruppen wie der Bund der Steuerzahler Aufsätze veröffentlicht oder ob die Veröffentlichung durch eine Bundesregierung vorgenommen wird, die dem Gedanken des Familienlastenausgleichs besonders verpflichtet ist?
Herr Dr. Wuermeling, Sie haben den Bund der Steuerzahler als Interessentengruppe für nicht kompetent erklärt. Nun schön! Gegen die Veröffentlichungen in der Wochenzeitung „Die Zeit" und anderen Fundstellen haben Sie nichts einzuwenden gehabt. Meiner Überzeugung nach kennen Sie auch die Verfasser. Sie kommen erst jetzt damit.
Es ist mir bei der Kürze der Zeit selbstverständlich nicht möglich, innerhalb von zwei Tagen Ihnen Zusammenstellungen über die Verhältnisse im Ausland auf diesem Gebiet zu verschaffen. Aber da alle Verantwortlichen in allen Staaten sich einen Überblick darüber verschaffen, was die Allgemeinheit für die Kinder, für die Familien, für Ausbildung, Forschung und Lehre tut, wird es solche Übersichten todsicher auch woanders geben.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling.
Herr Bundesminister, kann ich Ihnen den beabsichtigten Arbeitsaufwand dadurch ersparen, daß ich Ihnen aus genauester Kenntnis sage: So etwas gibt es in der ganzen Welt nicht?
Diese Feststellung, Herr Dr. Wuermeling, bestreite ich, und ich werde mir — schon um der Sache zu dienen — Mühe ,geben, aufzuklären, ob es solche Überblicke auch im Ausland gibt. Sie beanstanden es doch nur, weil Sie glauben, eine Tendenz feststellen zu können.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende ,der heutigen Fragestunde.
Ehe ich die Sitzung schließe, habe ich noch einen Glückwunsch zum Geburtstag auszusprechen. Der Abgeordnete Professor Dr Baade feiert heute seinen 71. Geburtstag.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen vormittag, Freitag, den 24. Januar, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.