Protokoll:
2103

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 2

  • date_rangeSitzungsnummer: 103

  • date_rangeDatum: 29. September 1955

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:31 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag - 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1955 5673 103. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. September 1955. Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Gumrum und Freidhof 5676 A Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . 5719 B Mitteilung über Zurückziehung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Entwurf eines Geflügelzuchtgesetzes (Drucksache 1599) 5676 B Vorlage des Berichts der Bundesregierung über die Lage auf dem Geschäftsraummarkt (Drucksache 1701) 5676 B Nächste Fragestunde 5676 B Fragestunde (Drucksache 1698): 1. betr. Kulemeyer-Wagen der Deutschen Bundesbahn: Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 5676 B Zurückgestellt 5676 B 2. zurückgestellt 5676 C 3. betr. Übersetzung von Reden, Anträgen usw. im Europarat ins Deutsche: Arnholz (SPD) 5676 C Zurückgestellt 5676 C 4. betr. Zustellungsgebühr für Telegramme und Eilbriefe in kleineren Gemeinden: Kahn-Ackermann (SPD) . 5676 C, 5677 A, B Dr. Dr. Gladenbeck, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen . . . 5676 D, 5677 B, C 5. betr. Kontrollmitteilungen deutscher Grenzübergangsstellen an die Veranlagungsfinanzämter über Grenzüberschreitungen mit Kraftfahrzeugen: Corterier (SPD) 5677 C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5677 C, D 6. betr. Telefongespräche aus Moskau: Zurückgezogen 5677 D 7. und 8. zurückgestellt 5677 D 9. betr. Gefährdung der Sicherheit der Bauten durch Qualitätsmängel von Mauersteinen: Arnholz (SPD) 5677 D, 5678 A Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 5678 A 10. betr. Einführung von Ortsgebühren für Briefe und Telefongespräche für selbständige Gemeinden im Raum der vorläufigen Bundeshauptstadt Bonn: Rösing (CDU/CSU) 5678 A Dr. Dr. Gladenbeck, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen . . . 5678 B 11. Zurückgestellt 5678 C 12. betr. Frage der Vermehrung von Richterstellen beim Bundesverwaltungsgericht: Bock (CDU/CSU) 5678 C Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . . 5678 C 13. betr. Richtlinien für die Bemessung der Nutzungsvergütungen für beschlagnahmte forstwirtschaftliche Grundstücke: Ritzel (SPD) 5678D, 5679 A Schäffer, Bundesminister der C Finanzen 5678 D, 5679 A 14. betr. Bespitzelung eines Staatsbürgers im Auftrag des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen: Frau Nadig (SPD) 5679 A, B Thedieck, Staatssekretär im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen 5679 A, B, C 15. Zurückgestellt 5679 C 16. betr. Erklärungen der Bundesregierung über die Beendigung der Beschlagnahme deutschen Auslandsvermögens: Dr. Menzel (SPD) 5679 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5679 D 17. betr. landwirtschaftliche Schäden durch Felddienstübungen und Manöver der amerikanischen Streitkräfte in Deutschland: Dewald (SPD) 5679 B, 5680 B Blank, Bundesminister für Verteidigung 5679 B, 5680 B 18. und 19 zurückgestellt 5680 B 20. betr. Bundesfarben Schwarz-Rot-Gold bei öffentlichen und festlichen Veranstaltungen: Eschmann (SPD) 5680 B Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . 5680 C 21. betr. Bedürfnisprüfung bei sozialen Leistungen bzw. Festsetzung einer Höchstgrenze für Pensionen: Meyer (Wanne-Eickel) (SPD) . . 5680 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5680 D 22. betr. Schadensersatzanspruch von Kraftfahrern bei Schäden durch Wildwechsel: Frau Meyer-Laule (SPD) 5681 A Neumayer, Bundesminister der Justiz 5681 A 23. und 24. zurückgestellt 5681 B 25. betr. Hakenkreuz an aus den USA eingeführten Spielwaren: Frau Meyer-Laule (SPD) . 5681 C, 5683 D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 5684 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 5681 C, 5683 D 26. bis 28. zurückgestellt 5681 C 29. betr. Sicherstellung der Nichtverwendung von aus verwesten Fischen gewonnenem 01 als Rohstoff zur Herstellung von Speisefetten: Wehr (SPD) 5681 D Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . 5681 D 30. betr. Ausgabe neuer Merkblätter für die Kraftfahrzeugsteuer: Faller (SPD) 5682 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5682 A 31. betr. Bespritzung von Tomaten und anderen Früchten mit gesundheitsschädlichen Chemikalien: Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 5682 B, C Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 5682 B, C, D 32. betr. Maßnahmen gegen Lebensmittelverfälschung: Kahn-Ackermann (SPD) . 5682 D, 5683 A Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . 5682 D, 5683 B 33. betr. Höflichkeitsanrede und Schlußformel im Schriftverkehr der Bundesministerien: Dr. Stammberger (FDP) . . . . 5683 B, C Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 5683 B, D Zur Geschäftsordnung (Abwesenheit von Ministern oder Staatssekretären in der Fragestunde): Ritzel (SPD) 5684 B Präsident D. Dr. Gerstenmaier . 5684 B Wahl des Abgeordneten Dr. Reif zum Stellvertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates 5684 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . 5684 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Erfindungen von Arbeitnehmern und Beamten (Drucksache 1648) . . . . 5684 D Überweisung an die Ausschüsse für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, für Arbeit und für Beamtenrecht 5684 D Erste Beratung des von den Abg. Ruhnke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Rahmengesetzes über Raumordnung (Drucksache 1656) 5684 D Ausschußüberweisungen 5684 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Drucksache 1586) 5685 A Überweisung an den Rechtsausschuß 5685 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die weitere Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Erleichterung der Annahme an Kindes Statt (Drucksache 1598) 5685 A Überweisung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Jugendfragen . 5685 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid bei Neugliederung des Bundesgebietes nach Art. 29 Abs. 2 bis 6 des Grundgesetzes (Drucksache 1661) 5685 B Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und an den Rechtsausschuß 5685 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beschränkung von Grundeigentum für die militärische Verteidigung (Schutzbereichgesetz) (Drucksache 1664) 5685 B Ausschußüberweisungen 5685 B Erste Beratung des von den Fraktionen der DP, CDU/CSU, FDP, GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen (Drucksache 1626) 5685 C Überweisung an den Auschuß für Geld und Kredit, an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 5685 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur abschließenden Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reichs entstandener Schäden (Kriegsfolgenschlußgesetz) (Drucksache 1659) 5685 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5685 D Dr. Lindenberg (CDU/CSU) 5690 B Seuffert (SPD) 5694 D Dr. Atzenroth (FDP) . . . . . . . 5696 D Dr. Gille (GB/BHE) 5698 D Könen (Düsseldorf) (SPD) 5700 B Ausschußüberweisungen 5700 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" und zur Übertragung von Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf die Stiftung (Drucksache 1670) 5700 D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 5700 D Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . . . 5702 D Metzger (SPD) 5704 A Gaul (FDP) 5705 C Dr. Strosche (GB/BHE) 5706 A Überweisung an den Ausschuß für Kulturpolitik, an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen 5707 B Begrüßung einer Delegation italienischer Parlamentarier: Vizepräsident Dr. Schmid 5703 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksache 1340): Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 1424, zu 1424, Umdrucke 474, 477) 5707 B Ludwig (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 5722 Heinrich (SPD) 5707 C Sabel (CDU/CSU) 5708 B, 5710 C Richter (SPD) 5708 D, 5711 B Abstimmungen 5711 D, 5712 B Namentliche Abstimmung über den Antrag Umdruck 474 . . . 5710 C, 5712 A, 5731 Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden (Drucksachen 554, 1094); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Besatzungsfolgen (Drucksache 1641, Umdruck 475) 5712 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD): als Berichterstatter 5712 C Schriftlicher Bericht 5723 A Abstimmungen 5713 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Teuerungszulagengesetzes (Drucksache 1665) . . 5715 B Freidhof (SPD) 5715 C Voß (CDU/CSU) 5716 C Dr. Schellenberg (SPD) 5717 A Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 5715 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs zur Ausführung der Art. 33, 34 und 35 des in Bonn am 26. Mai 1952 unterzeichneten Vertrages über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenvertrag) und des Art. 3 des am gleichen Tage unterzeichneten Abkommens über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Fassung des in Paris am 23. Oktober 1954 unterzeichneten Protokolls über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenzollgesetz) (Drucksache 1416); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 1681) 5717 B Krammig (CDU/CSU): als Berichterstatter 5717 B Schriftlicher Bericht 5727 Abstimmungen 5717 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Abgaben auf Mineralöl (Drucksache 1382); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 1669, Umdrucke 473, 476) 5718 A Krammig (CDU/CSU): als Berichterstatter 5718 A Schriftlicher Bericht 5729 A als Abgeordneter 5718 A, C Abstimmungen 5718 B, D Beratung des Entwurfs einer Vierundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Zitronen) (Drucksache 1671) 5719 B Beschlußfassung 5719 C Nächste Sitzung 5719 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5719 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Umdruck 474) 5720 A Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Umdruck 477) 5720 B Anlage 4: Änderungsantrag der Abg. Dr. Wahl u. Gen. zum Entwurf eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden (Umdruck 475) 5720 C Anlage 5: Änderungsantrag des Abg. Krammig zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Abgaben auf Mineralöl (Umdruck 473) 5721 C Anlage 6: Änderungsantrag der Abg. Krammig, Stücklen, Höcherl zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Abgaben auf Mineralöl (Umdruck 476) 5721 D Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksache 1424) . . . 5722 Anlage 8: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Besatzungsfolgen über die von den Abg. Schloß u. Gen. und Dr. Wahl u. Gen. eingebrachten Gesetzentwürfe zur Abgeltung von Besatzungs- leistungen und Besatzungsschäden und über den Antrag der Fraktion der CDU/ CSU betr. Finanzhilfe für durch Bauten der Besatzungsmächte betroffene Gemeinden (Drucksache 1641) 5723 A Anlage 9: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Truppenvertrags und des Truppenzollgesetzes (Drucksache 1681) 5727 Anlage 10: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Abgaben auf Mineralöl (Drucksache 1669) 5729 A Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Umdruck 474) . . . . 5731 Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Albers 5. November Jahn (Frankfurt) 29. Oktober Bauer (Wasserburg) 17. Oktober Altmaier 15. Oktober Pelster 15. Oktober Dr. Pferdmenges 15. Oktober Kühn (Bonn) 10. Oktober Dr. Horlacher 8. Oktober Frau Bennemann 1. Oktober Heiland 1. Oktober Dr. Bärsch 30. September Dr. Berg 30. September Brandt (Berlin) 30. September Brese 30. September Erler 30. September Euler 30. September Finckh 30. September Dr. Greve 30. September Gleisner (Unna) 30. September Dr. Hammer 30. September Dr. Hesberg 30. September Frau Dr. Hubert 30. September Dr. Jentzsch 30. September Frau Dr. Jochmus 30. September Frau Kalinke 30. September Dr. Königswarter 30. September Kuntscher 30. September Lemmer 30. September Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. September Dr. Luchtenberg 30. September Dr. Maier (Stuttgart) 30. September Dr. Moerchel 30. September Maucher 30. September Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 30. September Raestrup 30. September Schneider (Hamburg) 30. September Schrader 30. September Frau Dr. Steinbiß 30. September Unertl 30. September Dr. Wellhausen 30. September Frau Albertz 29. September Bauer (Würzburg) 29. September Bausch 29. September Dr. Böhm (Frankfurt) 29. September Brockmann (Rinkerode) 29. September Burgemeister 29. September Demmelmeier 29. September Gibbert 29. September Feller 29. September Illerhaus 29. September Dr. Kather 29. September Kühn (Köln) 29. September Kühlthau 29. September Neumann 29. September Dr. Orth 29. September Dr. Schild (Düsseldorf) 29. September Teriete 29. September Wehking 29. September Dr. Welskop 29. September Wienand 29. September b) Urlaubsanträge bis einschließlich Matthes 15. November Dr. Miessner 15. November Hoogen 12. November Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 22. Oktober Dr. Starke 15. Oktober Eberhard 12. Oktober Schneider (Bremerhaven) 10. Oktober Dr. Willeke 9. Oktober Anlage 2 Umdruck 474 (Vgl. S. 5707 C, 5710 C, 5712 A) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksachen 1340, 1424, zu 1424) : Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Art. I Nr. 2 werden in § 20 Abs. 1 Satz 2 die Worte „selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung" gestrichen. 2. In Art. I Nr. 3 a werden in § 23 Abs. 2 die Worte ,,, von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung" gestrichen. 3. In Art. I Nr. 3 b werden in § 25 Abs. 2 Satz 2 die Worte ,,, der selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung" gestrichen. Bonn, den 28. September 1955 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 477 (Vgl. S. 5707 C) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksachen 1340, 1424, zu 1424): Der Bundestag wolle beschließen: Der in Art. I unter Nummer Vor 1 eingefügte § 3 a ist a) unter einer neuen Nummer 6 als § 48 a einzufügen, b) in seinem Abs. 4 wie folgt neu zu fassen: (4) Für das Verhältnis zwischen den Arbeitsgerichten und den ordentlichen Gerichten gilt § 48 Abs. 1. Bonn, den 29. September 1955 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Anlage 4 Umdruck 475 (Vgl. S. 5713 D) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wahl, Frau Meyer-Laule, Schloß, Kunz (Schwalbach), Dr. Zimmermann und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden (Drucksachen 1641, 554, 1094): Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 2 wird wie folgt geändert: a) Die Worte „des Grundgesetzes" werden ersetzt durch die Worte „dieses Gesetzes". b) In Nr. 5 werden die Worte „und 3" ersetzt durch die Worte „bis 4". 2. § 12 letzter Halbsatz erhält die Fassung: „das gilt nicht für zum Verbrauch bestimmte Sachen." 3. In § 13 Abs. 2 und 3 werden die Worte „aus dem Alliierten Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalt" gestrichen. 4. § 22 Nr. 2 beginnt wie folgt: „2. auf Schadensfälle, für die nach den besatzungsrechtlichen Vorschriften die Gewährung einer Entschädigung nicht vorgesehen war, es sei denn, daß . . ." 5. § 24 wird wie folgt geändert: a) In Abs. 1 wird das Wort „offensichtlich" gestrichen. b) In Abs. 2 wird Satz 2 gestrichen. c) Folgender Abs. 2 a wird eingefügt: (2 a) Ist ein Antrag auf Gewährung einer Entschädigung von der zuständigen Dienststelle einer Besatzungsmacht abgelehnt worden, weil er nicht innerhalb der vorgesehenen Frist gestellt worden ist, so wird dem Geschädigten eine Entschädigung gewährt, wenn er an der Einhaltung der Frist ohne eigenes Verschulden gehindert war und den Antrag innerhalb einer angemessenen Frist nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt hat. Eine Entschädigung wird ferner gewährt, wenn der Geschädigte ohne eigenes Verschulden einen Antrag auf Gewährung einer Entschädigung nicht gestellt hat und die in den besatzungsrechtlichen Vorschriften vorgesehene Antragsfrist am 5. Mai 1955 12 Uhr abgelaufen war. d) Abs. 3 erhält die folgende Fassung: (3) Die Vorschriften der §§ 4 bis 7, 9 bis 11, 15 bis 21 und 32 sind sinngemäß anzuwenden. 6. In § 25 Abs. 1 Nr. 2 werden die Worte „seiner wirtschaftlichen Verhältnisse" durch die Worte „der Verhältnisse" ersetzt. 7. § 28 Abs. 3 wird gestrichen. 8. § 30 Abs. 2 erhält die folgende Fassung: (2) Übersteigt der nach § 29 entschädigungsfähige Schadensbetrag 20 000 Reichsmark, so wird für den übersteigenden Betrag eine Entschädigung nicht gewährt. 9. In § 47 Abs. 2 wird der letzte Satz gestrichen. 10. § 52 wird wie folgt geändert: a) Abs. 1 Satz 1 erhält die folgende Fassung: Gegen den Bescheid einer Behörde der unteren Verwaltungsstufe können der Antragsteller und der Vertreter des Bundesinteresses Beschwerde einlegen. b) Als Abs. 4 wird angefügt: (4) Ist der Bescheid von einer Behörde der mittleren Verwaltungsstufe erlassen worden, so sind die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sinngemäß anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Beschwerde der Einspruch tritt. Dasselbe gilt für Bescheide der Behörde der unteren Verwaltungsstufe der Freien und Hansestadt Hamburg. 11. In § 59 wird folgender Abs. 2 angefügt: (2) Ist in den Fällen des § 43 ein Antrag auf Gewährung einer Entschädigung nach Ablauf der Antragsfrist gestellt worden, so kann dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn er ohne eigenes Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war und den Antrag auf Gewährung einer Entschädigung innerhalb einer angemessenen Frist nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt' hat. Eines Antrages auf Wiedereinsetzung bedarf es nicht. Bonn, den 29. September 1955 Dr. Wahl von Bodelschwingh Dr. Brönner Friese Günther Höcherl Lermer Mayer (Birkenfeld) Morgenthaler Richarts Frau Meyer-Laule Hansing Höcker Mattick Scheuren Schmitt (Vockenhausen) Schloß Dr. Will Kunz (Schwalbach) Dr. Zimmermann Anlage 5 Umdruck 473 (Vgl. S. 5718 C, D) Änderungsantrag des Abgeordneten Krammig zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Abgaben auf Mineralöl (Drucksachen 1669, 1382): Der Bundestag wolle beschließen: 1. In der Einleitung des Art. 3 werden die Worte „mit Wirkung ab 1. April 1954" ersetzt durch die Worte: ,,, und zwar mit Ausnahme der Bestimmungen in den folgenden Nummern vor 1 und 1 a mit Wirkung ab 1. April 1954,". 2. Art. 5 erhält folgende Fassung: Artikel 5 Artikel 3 Nr. vor 1 und 1 a tritt mit dem Beginn des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Im übrigen tritt das Gesetz am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Bonn, den 22. September 1955 Krammig Anlage 6 Umdruck 476 (Vgl. S. 5718 A, B) Änderungsantrag der Abgeordneten Krammig, Stücklen, Höcherl zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Abgaben auf Mineralöl (Drucksachen 1669, 1382): Der Bundestag wolle beschließen: Art. 1 Nr. 6 erhält folgende Fassung: 6. In Anmerkung 1 zur Tarifnummer 2710 werden in dem mit Buchstaben f — früher g — bezeichneten Absatz die Worte „in den Fällen der Buchstaben a bis c" ersetzt durch „im Falle des Buchstaben b". Bonn, den 29. September 1955 Krammig Stücklen Höcherl Anlage 7 Drucksache 1424 (Vgl. S. 5707 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (27. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksache 1340) Berichterstatter: Abgeordneter Ludwig Der Bundestag hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes — Drucksache 1340 — durch Beschluß vom 5. Mai 1955 dem Ausschuß für Arbeit überwiesen. Der Ausschuß hat sich in zwei Sitzungen mit der Vorlage befaßt und dabei im wesentlichen die Regierungsvorlage übernommen, diese jedoch in einigen Punkten geändert und ergänzt. Zu diesen Abweichungen von der Regierungsvorlage ist zu bemerken: Zu Artikel I Nr. Vor 1 Die vom Ausschuß vorgenommene Einfügung eines § 3 a entspricht weitgehend § 52 des Sozialgerichtsgesetzes und regelt Kompetenzfragen. Im Verhältnis zwischen Arbeitsgerichtsbarkeit und ordentlicher Gerichtsbarkeit soll die nach § 48 Abs. 1 ArbGG bestehende Regelung beibehalten werden, die sich aus der engen Verbindung zwischen diesen beiden Gerichtsbarkeiten erklärt und sich voll bewährt hat (§ 3 a Abs. 4). Im Verhältnis zwischen der Arbeitsgerichtsbarkeit und der Finanzverwaltung sowie Sozialgerichtsbarkeit bestand bis jetzt eine befriedigende Regelung im Sinne einer gegenseitigen Bindung an Kompetenzentscheidungen nicht. Auch konnten die Gerichte für Arbeitssachen nicht Rechtsstreitigkeiten mit bindender Wirkung an Gerichte der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit verweisen, waren aber an rechtskräftige Verweisungsentscheidungen der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gebunden. Dieser Zustand mußte als wesentliche Lücke im Arbeitsgerichtsgesetz angesehen werden; sie soll durch § 3 a Abs. 1 bis 3 geschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß auch der Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung — Drucksache 462 — in § 39 eine entsprechende Vorschrift enthält, die auch für die Arbeitsgerichtsbarkeit gelten sollte. Es bestand jedoch keine Veranlassung abzuwarten, bis die Verwaltungsgerichtsordnung verabschiedet sein würde, nachdem bei Gelegenheit des vorliegenden Änderungsentwurfs zum Arbeitsgerichtsgesetz eine entsprechende Einfügung vorgenommen werden konnte und es zweckmäßig erscheint, die für eine Gerichtsbarkeit geltenden Zuständigkeitsvorschriften in das maßgebende Verfahrensgesetz selbst aufzunehmen. Zu Artikel I Nr. 2, 3 a und 3 b Durch die vom Ausschuß vorgenommenen Änderungen sollen auf Arbeitnehmerseite künftig neben den Gewerkschaften auch die selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung ein Vorschlagsrecht für die Berufung von Arbeitsrichtern, Landesarbeitsrichtern und Bundesarbeitsrichtern erhalten. Durch die Änderung des § 25 Abs. 2 Satz 2 (Artikel I Nr. 3 b) wird zugleich die Vorschlagsberechtigung für die Berufung von Bundesarbeitsrichtern aus Kreisen der Arbeitnehmer festgelegt, da § 43 Abs. 1 insoweit auf § 25 verweist. Die Mehr h e i t des Ausschusses begründete die Notwendigkeit, diese Änderungen vorzunehmen, unter Hinweis auf die entsprechenden Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes und auf die Zulassung von Vertretern der genannten Vereinigungen zur Prozeßvertretung vor den Arbeitsgerichten erster Instanz (§ 11 Abs. 1 ArbGG). Es sei erforderlich, durch Einräumung dieser Vorschlagsrechte an die Vereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung auch die von diesen Vereinigungen betreuten Arbeitnehmerkreise an der Besetzung der Gerichte für Arbeitssachen mit Beisitzern teilnehmen zu lassen. Die M i n d er h e i t verwies demgegenüber darauf, daß die genannten Vereinigungen im Gegensatz zu den Gewerkschaften nicht an der Gestaltung des Arbeitsrechts durch Abschluß von Tarifverträgen mitwirken. Die Verhältnisse bei der Sozialgerichtsbarkeit seien anders gelagert und könnten nicht zum Vergleich herangezogen werden. Zu Artikel I Nr. 3 Der Ausschuß hatte Bedenken dagegen, die von der Bundesregierung vorgeschlagene Neufassung des § 22 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zu übernehmen, durch die der Kreis von Angestellten in leitender Stellung festgelegt werden soll, die als Beisitzer aus Kreisen der Arbeitgeber berufen werden können. Im Hinblick auf die weite Auslegung, die der Begriff des leitenden Angestellten nach § 4 Abs. 2 Buchstabe c des Betriebsverfassungsgesetzes in einem Teil des wissenschaftlichen Schrifttums erfahren hat, befürchtete der Ausschuß, daß bei Einführung des gleichen Begriffs „leitende Angestellte" die gleichen Auslegungsschwierigkeiten entstehen könnten, weil das Anliegen, nur Personen zu Arbeitgeberbeisitzern zu bestellen, die tatsächliche Arbeitgeber- oder Unternehmerfunktionen ausüben, nicht mit genügender Deutlichkeit erkannt würde. Deshalb hat der Ausschuß in § 22 Abs. 2 Nr. 2 die durch Schrifttum und Rechtsprechung geklärte Fassung des § 22 Abs. 3 Nr. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes von 1926 wiederhergestellt. Der Ausschuß war der Ansicht, daß diese Fassung des Arbeitsgerichtsgesetzes nicht für die Auslegung des Begriffs des „leitenden Angestellten" in ande- (Ludwig) ren arbeitsrechtlichen Gesetzen von Bedeutung sein könnte. In § 22 Abs. 2 Nr. 3 wurde die vom Bundesrat vorgeschlagene Einfügung übernommen, der die Bundesregierung zugestimmt hat. Zu Artikel I a Die Vorschrift wurde eingefügt, um klarzustellen, daß die Neuregelung der Vorschlagsberechtigung (Artikel I Nr. 2 und 3 b) und der Voraussetzungen der Berufung für ehrenamtliche Beisitzer (Artikel I Nr. 3 und 3 a) keinen Einfluß auf die Amtsdauer der bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes bestellten Beisitzer hat. Diese Vorschriften werden also erst bei Neubestellung von Beisitzern nach Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes Bedeutung gewinnen. Bonn, den 26. Mai 1955 Ludwig Berichterstatter Anlage 8 Drucksache 1641 (Vgl. S. 5712 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Besatzungsfolgen (5. Ausschuß) über den von den Abgeordneten Schloß, Dr. Pfleiderer, Eberhard, Wirths und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsleistungen und Besatzungsschäden (Drucksache 554), über den von den Abgeordneten Dr. Wahl, Dr. Serres, Dr. Blank (Oberhausen), Samwer und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsleistungen und Besatzungsschäden (Drucksache 1094) und über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betreffend Finanzhilfe für durch Bauten der Besatzungsmächte betroffene Gemeinden (Drucksache 450, Umdruck 286) Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt (Vockenhausen) A. Allgemeines Mit dem vorliegenden Bericht legt der Ausschuß für Besatzungsfolgen den Entwurf eines Gesetzes zur Abgeltung von Besatzungsschäden vor, der auf Grund der Beratungen des Ausschusses über die Drucksachen 554 und 1094 ausgearbeitet worden ist. Schon bei der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsleistungen und Besatzungsschäden, Drucksache 1094, in der 64. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. Januar 1955 ergab die Aussprache, daß alle Fraktionen die aus dem Hause vorgelegten Entwürfe nur als Beratungsgrundlage für die zu regelnde Materie ansahen. Bei den Beratungen des Ausschusses, denen eine Gegenüberstellung der beiden Entwürfe zugrunde gelegt wurde, kam man zu dem Ergebnis, daß es die Arbeit wesentlich erleichtern würde, wenn unter Berücksichtigung der in der Generaldebatte vertretenen Ansichten und der Kritik an den beiden Entwürfen ein neuer Entwurf ausgearbeitet werden würde. Für diesen Entwurf wurden folgende Leitsätze aufgestellt: 1. Die Besatzungsschäden sind gegenüber den anderen Kriegsfolgeschäden ein Tatbestand eigener Art, der eine gesonderte Regelung erforderlich macht. Um jedoch nicht in Bereiche überzugreifen, die dem Kriegsfolgenschlußgesetz vorbehal- (Schmitt [Vockenhausen]) ten bleiben müssen, sind die Besatzungsschäden klar gegenüber den sonstigen Kriegsfolgeschäden abzugrenzen. 2. Den Besatzungsgeschädigten soll ein Rechtsanspruch auf Entschädigung gegen den Bund gewährt werden. Für die Verfolgung des Entschädigungsanspruchs soll der Rechtsweg gewährleistet sein. 3. Das Gesetz soll eine Entschädigung vorsehen, die einen angemessenen Ausgleich für die Besatzungsschäden darstellt. Besondere Berücksichtigung sollen die Personenschäden erfahren. 4. Bei den Schäden aus der Zeit v o r der Währungsreform, die nach den besatzungsrechtlichen Vorschriften abgegolten worden sind, soll unterschieden werden, ob die Entschädigungen vor oder nach dem 21. Juni 1948 gewährt worden sind. Soweit die Entschädigung vor dem Währungsstichtag in Reichsmark gezahlt worden ist und der allgemeinen Umstellung unterlag, soll keine zusätzliche Entschädigung nach dem Gesetz gewährt werden; denn es handelt sich um einen allgemeinen Währungsschaden. Eine Durchbrechung der Währungsgesetzgebung hielt der Ausschuß für nicht vertretbar. Nur in Fällen, in denen die Entschädigung unmittelbar vor dem Währungsstichtag ausgezahlt worden ist, soll die Gewährung eines Härteausgleichs in Aussicht genommen werden. Soweit die Entschädigung nach dem Währungsstichtag unter Umstellung im Verhältnis von 1 DM für 10 RM ausgezahlt worden ist, soll nachträglich eine zusätzliche Entschädigung nach sozialen Gesichtspunkten gewährt werden. 5. Unter der Rechtspraxis der Besatzungsmächte sind eine Reihe von Fällen abgeschlossen worden, deren erneute Behandlung notwendig erscheint. Das Gesetz soll daher die Möglichkeit vorsehen, daß unter bestimmten Voraussetzungen auch bereits abgewickelte Fälle erneut überprüft werden. 6. Die Festsetzung der Entschädigung soll in einem förmlichen Verwaltungsverfahren mit der Möglichkeit der Beschwerde und der anschließenden Klage vor den Verwaltungsgerichten erfolgen. Es sollen einheitliche Verfahrensvorschriften für das ganze Bundesgebiet gelten. Die Festsetzung soll den Behörden übertragen werden, die diese Aufgaben bereits bisher durchgeführt haben. Hierdurch soll aber der Zuständigkeitsregelung für das Bundesleistungs-, Landbeschaffungs- und Schutzbereichsgesetz in keiner Weise vorgegriffen werden. Auf der Grundlage dieser Beschlüsse des Ausschusses und unter Berücksichtigung der Drucksachen 554 und 1094 wurde ein neuer Entwurf ausgearbeitet. Das Inkrafttreten der Pariser Verträge machte es erforderlich, den Entwurf, der im Ausschuß bereits durchberaten war, umzugestalten, um ihn der neuen Rechtslage anzupassen. Schäden, die nach dem 5. Mai 1955, 12 Uhr, von den ausländischen Streitkräften verursacht werden, sind keine Besatzungsschäden mehr. Für sie gelten nach Artikel 8 des Finanzvertrages die deutschen Rechtsvorschriften, nach denen sich die Haftung der Bundesrepublik unter sonst gleichen Umständen bestimmt. Seit dem 5. Mai 1955 gibt es in der Bundesrepublik auch keine neuen Besatzungsleistungen mehr. Der Entwurf war somit nunmehr darauf auszurichten, die Abgeltung der in der Vergangenheit entstandenen Besatzungsschäden abschließend zu regeln. Der neue Entwurf, der verhältnismäßig rasch ausgearbeitet werden konnte, ist im Ausschuß einstimmig angenommen worden. Der Haushaltsausschuß sowie der Ausschuß für Kommunalpolitik, denen der Gesetzentwurf Drucksache 1094 zur Mitberatung überwiesen war, haben dem Entwurf zugestimmt. B. Im einzelnen Der Entwurf enthält drei Teile, die materiellen Vorschriften, die Verfahrensvorschriften und die Schlußvorschriften. Die materiellen Vorschriften sind in folgende fünf Abschnitte aufgeteilt: Grundvorschriften, Entschädigungen, Entschädigungen in besonderen Fällen, Gemeinsame Vorschriften für die Entschädigung, Härteausgleich und Bundesdarlehen. Zu dem Entwurf ist aus den Ausschußberatungen folgendes zu bemerken: 1. Zur Überschrift Sowohl die Drucksache 554 als auch die Drucksache 1094 hatten vorgesehen, daß die Überschrift lauten sollte: „Entwurf eines Gesetzes zur Abgeltung von Besatzungsleistungen und Besatzungsschäden." Da das Gesez jetzt ausschließlich eine Regelung der bis zum 5. Mai 1955 verursachten Besatzungsschäden enthält, war die Überschrift entsprechend zu ändern. 2. Zu §1 § 1 stellt klar, daß den Besatzungsgeschädigten durch das Gesetz ein Rechtsanspruch auf Entschädigung gegen die Bundesrepublik eingeräumt wird, der auf dem Rechtsweg verfolgt werden kann. Zum Ausgleich von Besatzungsschäden können auch Härteausgleiche und Bundesdarlehen gewährt werden. Wegen der Anfechtung wird auf Nr. 14 letzter Absatz verwiesen. 3. Zu den §§ 2 und 3 In diesen Vorschriften wird der Begriff des Besatzungsschadens abgegrenzt. § 2 legt den Personenkreis fest, der als Verursacher von Besatzungsschäden in Betracht kommt. Weiter steckt er den zeitlichen Bereich ab, in dem Besatzungsschäden im Sinne des Gesetzes verursacht werden konnten. Es ist das die Zeit vom 1. August 1945 bis zum 5. Mai 1955, 12 Uhr mittags. Der Ausschuß hat sich eingehend mit dem Stichtag des i. August 1945 beschäftigt. Da der Zeitraum bis zum 1. August 1955 von dem Lastenausgleichsgesetz erfaßt wird und die Wahl eines anderen Stichtags willkürlich sein mußte, erschien es dem Ausschuß trotz mancher zweifellos vorhandenen Härten nicht vertretbar, einen anderen Stichtag festzulegen. § 3 grenzt negativ die Schäden ab, die nicht von dem Gesetz erfaßt werden sollen. Die ausgeklammerten Schadensgruppen werden zu einem Teil unter das Kriegsfolgenschlußgesetz fallen, dessen Entwurf zur Zeit der Abfassung des Berichts dem Bundesrat vorliegt. (Schmitt [Vockenhausen]) 4. Zu den §§ 4 und 5 Die §§ 4 und 5 enthalten die Grundvorschriften darüber, für welche Besatzungsschäden eine Entschädigung gewährt wird. Entschädigungsfähig sind danach sowohl Personen- als auch Sachschäden. Die Regelung des § 4 folgt den Grundsätzen, die auch für das private Schadensrecht gelten. Nach § 5 wird ohne Rücksicht auf Widerrechtlichkeit und Verschulden gehaftet für Schäden an Sachen, die von den Besatzungsmächten zur Nutzung oder zum Gebrauch in Anspruch genommen worden sind, für Manöverschäden und für Schäden an Verkehrsanlagen. Die Bestimmung des § 5 Nr. 3, welche die Entschädigung für Schäden an Verkehrsanlagen regelt, verbessert die Lage der Straßenbaulastträger. Nach dieser Vorschrift ist ihnen eine Entschädigung für Schäden zu gewähren, die an den Verkehrsanlagen durch Panzer oder andere überschwere Fahrzeuge verursacht werden. Der Ausschuß hat damit im Benehmen mit dem Ausschuß für Kommunalpolitik den berechtigten Wünschen der Gemeinden und Gemeindeverbände entsprochen. 5. Zu §6 Die Besatzungsmächte haben in einer großen Anzahl von Fällen auf privaten Grundstücken Gebäude errichtet. Eine Bereinigung der Rechtsverhältnisse, die in diesen Fällen erforderlich wird, geht über den Rahmen des Gesetzes hinaus. Sie war daher einem besonderen Gesetz vorzubehalten. 6. Zu den §§7 bis 11 Die Bestimmungen regeln die Höhe der Entschädigung bei Sachschäden. Ist die Sache zerstört worden oder verlorengegangen, so bemißt sich die Entschädigung nach dem objektiven Verkehrswert. Es sind somit die Wertminderungen zu berücksichtigen, die seit der Anschaffung der Sache durch Abnutzung oder auf andere Weise entstanden sind. Das entspricht den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Entschädigungsrechts. Auch bei dem Schadensersatz nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften sind bei gebrauchten Sachen nicht die Wiederbeschaffungskosten maßgebend. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß die betreffenden Sachen regelmäßig durch Beschaffung neuer Sachen ersetzt werden müssen und daß dadurch Aufwendungen notwendig werden, die über die nach dem objektiven Verkehrswert bemessene Entschädigung hinausgehen. Das wirkt sich besonders stark bei alten Sachen aus. Um Härten zu vermeiden, sieht daher der Entwurf bei dem Verlust oder der Zerstörung beweglicher Sachen grundsätzlich eine Mindestentschädigung in Höhe von 50 v. H., bei gewerblichen Einrichtungsgegenständen von 331/3 v. H. der Wiederbeschaffungskosten vor. Weiter besteht die Möglichkeit, zur Erleichterung der Wiederbeschaffung von Sachen Bundesdarlehen zu erhalten (§ 41). 7. Zu § 12 Nach den besatzungsrechtlichen Vorschriften galt bei Sachen, die von einer Besatzungsmacht zur Nutzung oder zum Gebrauch in Anspruch genommen waren, als Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses der Zeitpunkt der Freigabe der Sache, soweit er nicht im Einzelfall auf andere Weise festgestellt werden konnte. Der Entwurf legt demgegenüber unwiderleglich fest, daß bei nicht verbrauchbaren Sachen als Zeitpunkt des schädigen- den Ereignisses der Zeitpunkt der Freigabe anzusehen ist. Hierdurch können in einer Reihe von Fällen Härten vermieden werden. 8. Zu den §§ 13 und 14 Nach diesen Bestimmungen sollen unter gewissen Voraussetzungen auch Entschädigungen für Vermögensschäden gewährt werden, die im Zusammenhang mit Sachschäden entstehen können. Auch diese Bestimmungen sollen dazu dienen, Härten zu vermeiden. 9. Zu den §§ 15 bis 20 Die Entschädigungsvorschriften für Personenschäden schließen sich engstens an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. 10. Zu § 21 § 21 enthält Vorschriften für die noch nicht abgewickelten Schäden aus der Zeit vor der Währungsreform. Für Personenschäden wird eine Entschädigung voll in D-Mark gewährt, wenn und soweit sich die Folgen des schädigenden Ereignisses nach der Währungsreform noch ausgewirkt haben oder noch auswirken. Bei Sachschäden wird eine Entschädigung nach der sozialen Regelung der §§ 26 bis 30 gewährt. 11. Zu den §§ 22 bis 25 Die bereits in der Vergangenheit nach den besatzungsrechtlichen Vorschriften abgewickelten Fälle können grundsätzlich nicht wieder aufgenommen werden. Die Praxis macht es jedoch notwendig, daß eine Überprüfungsmöglichkeit gegeben sein muß. Eine solche ist in den §§ 24 und 25 vorgesehen. Nach § 24 wird eine Entschädigung gewährt, wenn der Geschädigte auf seinen Antrag entweder keine oder eine zu geringe Entschädigung deswegen erhalten hat, weil bei der Entscheidung die Rechtsvorschriften unrichtig angewendet oder die Beweise unzutreffend gewürdigt worden sind. Bei Sachschäden hat der Ausschuß verständlicherweise weiter die Voraussetzung aufgestellt, daß der Betrag, um den die Entschädigung zu gering bemessen worden ist, einen bestimmten Hundertsatz erreichen muß. Eine ähnliche Regelung ist auch für die Fälle vorgesehen, in denen im Wege der Vereinbarung eine Entschädigung festgesetzt worden ist. Hier ist allerdings die Gewährung einer zusätzlichen Entschädigung dem Charakter der Fälle nach an schärfere Voraussetzungen gebunden. Der Geschädigte muß nachweisen, daß er die Vereinbarung nur unter dem Druck seiner wirtschaftlichen Verhältnisse abgeschlossen hat. Außerdem muß die Gewährung der zusätzlichen Entschädigung erforderlich sein, um eine unbillige Härte zu vermeiden. 12. Zu den §§ 26 bis 31 Diese Bestimmungen behandeln die Fälle, in denen die Schäden v o r der Währungsreform entstanden, die Entschädigungen aber erst nach der Währungsreform im Verhältnis 10 : 1 in D-Mark gezahlt worden sind. Die vom Ausschuß vorgeschlagene soziale Lösung hat das Ziel, denjenigen eine möglichst wirksame Hilfe zuteil werden zu lassen, die den Schaden wirtschaftlich noch nicht überwunden haben. Dazu gehört auch der (Schmitt [Vockenhausen]) Personenkreis, der zwar den Schaden überwunden hat, sich aber dabei nach Lage seiner Verhältnisse über das Zumutbare hinaus einschränken mußte. Auf die zusätzlichen Entschädigungen besteht ein Rechtsanspruch. 13. Zu § 32 Während nach deutschem Recht bei Körperschäden mit Dauerfolgen die Entschädigung grundsätzlich in der Form einer Rente zu gewähren ist, haben die amerikanischen Behörden entsprechend ihrem Heimatrecht den Geschädigten allgemein Kapitalabfindungen gezahlt. Diese Praxis macht es notwendig, denjenigen zu helfen, die noch vor der Währungsreform die Kapitalabfindung in Reichsmark erhalten haben. Der Entwurf sieht daher vor, daß diesen Geschädigten wegen der noch fortwirkenden Schadensfolgen eine Entschädigung in Form einer Rente gewährt werden soll. Maßgebend für die Höhe der Rente sind die Sätze des Bundesversorgungsgesetzes. 14. Zu § 40 Die Härtebestimmung des § 40 soll es ermöglichen, Sonderfälle zu berücksichtigen, die nach den allgemeinen Bestimmungen nicht angemessen geregelt werden können. Neben anderen Fällen wird nach dieser Bestimmung ein Ausgleich in den Fällen gewährt werden können, in denen die Entschädigung unmittelbar vor der Währungsreform in Reichsmark ausgezahlt worden ist. Grundsätzlich müssen diese Schäden allerdings als abgegolten angesehen werden. Eine „Aufweichung" des Grundsatzes, daß vor dem 21. Juni 1948 bewirkte Zahlungen einen entsprechenden Reichsmarkanspruch voll zum Erlöschen gebracht haben, kann nicht in Betracht gezogen werden. Andererseits darf nicht verkannt werden, daß die Praxis der Besatzungsdienststellen, noch unmittelbar vor dem Umstellungsstichtag in vielen Fällen Zahlungen zur Abgeltung von Besatzungsschäden zu leisten, erhebliche Härten mit sich gebracht hat. Auf Anregung des Ausschusses hat sich daher der Herr Bundesfinanzminister bereit erklärt, nach Verkündung des Gesetzes auf Grund des § 40 einen Härteausgleich in den Fällen zu gewähren, in denen der Besatzungsschaden innerhalb von 10 Tagen vor dem Umstellungsstichtag durch eine Reichsmarkzahlung abgegolten worden ist. Hierbei soll an die Regelung der §§ 26 bis 30 angeknüpft werden. Auf die Gewährung des Härteausgleichs besteht seiner Natur nach kein Rechtsanspruch. Das bedeutet aber nicht, daß die Bescheide, durch die über Anträge auf einen Härteausgleich entschieden wird, jeder gerichtlichen Nachprüfung entzogen sind. Vielmehr werden sie im Rahmen der für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bestehenden Vorschriften vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden können. 15. Zu § 41 Von der Aufnahme einer besonderen Vorschrift über die Anforderungen, die hinsichtlich der Sicherung der Bundesdarlehen gestellt werden sollen, wurde abgesehen, nachdem seitens des Bundesministeriums der Finanzen eine entgegenkommende Fassung der Richtlinien zugesagt wurde. 16. Zu den §§ 42 bis 59 Der Ausschuß legte besonderen Wert darauf, daß vor der abschließenden Entscheidung über einen Entschädigungsantrag Feststellungs- und Teilbescheide ergehen können, da sich sehr oft die Gesamtbearbeitung eines Falles über einen längeren Zeitraum hinziehen kann. Wichtig ist daher auch, daß auf die Entschädigung Vorauszahlungen geleistet werden können. Das Verfahren vor den Verwaltungsbehörden ist kostenfrei. Auslagen, die dem Antragsteller in diesem Verfahren entstehen, werden ihm erstattet, wenn sie zur zweckentsprechenden Wahrnehmung seiner Rechte notwendig waren und sich sein Antrag als begründet erwiesen hat. Im Zusammenhang mit den Verfahrensvorschriften ist auch die Bestimmung des § 37 hervorzuheben. Sie besagt, daß eine Entschädigung ganz oder teilweise versagt werden kann, wenn der Antragsteller versucht hat, sich durch unlautere Mittel eine ungerechtfertigte Entschädigung zu erschleichen. 17. Zu § 60 Da sich die Pariser Verträge nicht auf Berlin erstrecken, können die dort geltenden besatzungsrechtlichen Vorschriften über die Abgeltung von Besatzungsschäden nicht durch das Gesetz aufgehoben werden. Sie werden daher neben dem Gesetz weiter in Anwendung bleiben. Um das Verhältnis dieser beiden Gruppen von Entschädigungsbestimmungen zu regeln, war die Vorschrift des § 60 Abs. 2 erforderlich. 18. Zu § 61 Nach dem Ersten Teil des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen bleiben die besatzungsrechtlichen Vorschriften weiter in Kraft, bis sie durch ein deutsches Gesetz aufgehoben werden. Demgemäß war in § 61 die Aufhebung derjenigen besatzungsrechtlichen Vorschriften vorzusehen, welche sich auf die Abgeltung von Besatzungsschäden beziehen. Anlage 9 Drucksache 1681 (Vgl. S. 5717 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung der Artikel 33, 34 und 35 des in Bonn am 26. Mai 1952 unterzeichneten Vertrages über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenvertrag) und des Artikels 3 des am gleichen Tage unterzeichneten Abkommens über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Fassung des in Paris am 23. Oktober 1954 unterzeichneten Protokolls über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenzollgesetz) (Drucksache 1416) Berichterstatter: Abgeordneter Krammig Der Finanz- und Steuerausschuß hat den ihm überwiesenen Entwurf in seiner Sitzung am 15. September 1955 unter Zuziehung interessierter Mitglieder des Ausschusses für Außenhandelsfragen beraten. A. Allgemeines 1. Die Artikel 33, 34 und 35 des Truppenvertrages regeln die Rechte und Pflichten der in der Bundesrepublik stationierten ausländischen Streitkräfte und ihrer Mitglieder in zoll-, verbrauchsteuer- und umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht. Das Truppenzollgesetz soll entsprechend die Rechte und Pflichten der deutschen Bevölkerung regeln, die mit den Streitkräften und ihren Mitgliedern in oft sehr nahe wirtschaftliche und persönliche Beziehungen tritt. Hierfür war in der bisherigen Gesetzgebung eine ausdrückliche Regelung nicht vorhanden. Dies hat sich als erheblicher Mangel erwiesen, der bisher nur mit Hilfe der Rechtsprechung notdürftig überbrückt werden konnte. Durch das Truppenzollgesetz sollen nunmehr der deutschen Bevölkerung klare Regeln für ihr Verhalten zu den Streitkräften und ihren Mitgliedern in zoll-, verbrauchsteuer- und umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht gegeben werden. Das Gesetz soll außerdem den Zoll-, Steuer- und Wirtschaftsbehörden die Handhaben geben, um die wirtschaftlichen Beziehungen zu den Streitkräften in klarer Weise zu regeln. Dies ist insbesondere deshalb notwendig, um mit vielen in der langen Besatzungszeit eingewurzelten Übungen aufzuräumen, die nicht im deutschen Interesse liegen. Über die Durchführung der Artikel 33 bis 35 des Truppenvertrages im einzelnen haben seit längerer Zeit Verhandlungen mit Vertretern der drei Mächte stattgefunden. Dabei sind gemeinsam eingehende Regelungen vereinbart worden, die zum großen Teil in das Truppenzollgesetz eingearbeitet worden sind. 2. Der Entwurf ist in folgende Abschnitte gegliedert: I. Gestellung von Waren, die aus dem Besitze der Streitkräfte oder ihrer Mitglieder stammen, II. Abgabenrechtliche Behandlung von Waren, die aus dem Besitze der Streitkräfte oder ihrer Mitglieder stammen, III. Abgabenbegünstigte Lieferung von Waren an die Streitkräfte und ihre Mitglieder im Zollgebiet, IV. Erleichterte Zollbeförderung von Waren der Streitkräfte im Anschluß an die Verbringung ins Bundesgebiet oder an ein Zollanweisungsverfahren, IVa. Umsatzsteuerrechtliche Bestimmungen, V. Bestimmungen über den Streitkräften gleichgestellte Organisationen und Unternehmen sowie deren Angestellte, VI. Schlußvorschriften. B. Die Abschnitte im einzelnen 3. Abschnitt I des Entwurfs dient vor allem dem Zweck, der deutschen Bevölkerung klare Regeln für ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu den Streitkräften und ihren Mitgliedern zu geben. Insbesondere wird durch die Bestimmungen dieses Abschnittes klargestellt, wann Waren, die ein Inländer von den Streitkräften oder ihren Mitgliedern erhält, beim Zollamt zu gestellen sind. (Krammig) Diese Gestellungspflicht wurde bisher von der Rechtsprechung dadurch begründet, daß die Fiktion aufgestellt wurde, die Besatzungsmächte und ihre Angehörigen befänden sich außerhalb des deutschen Zollgebiets. Der Erwerb von Waren aus ihrer Hand löse deshalb für den Erwerber die gleiche Gestellungspflicht aus wie die Einfuhr von Waren über die Zollgrenze. Diese Fiktion ist jedoch nach den Bestimmungen des Truppenvertrages nicht mehr haltbar. Die Pflicht zur Gestellung dieser Waren muß deshalb durch Gesetz ausdrücklich ausgesprochen werden. Das Fehlen einer derartigen Vorschrift würde die Bekämpfung illegaler Geschäfte, die mit dem Stichwort „Besatzungsschmuggel" gekennzeichnet werden, so erschweren, daß erhebliche wirtschaftliche und steuerliche Schädigungen zu befürchten wären. Im Abschnitt I werden außerdem die Voraussetzungen der Gestellungspflicht eindeutig umschrieben. Dies ist im Interesse der Rechtssicherheit besonders dringlich, weil hierüber im Schrifttum sehr unterschiedliche Ansichten vertreten werden. Durch Abschnitt I des Entwurfs soll schließlich gewährleistet werden, daß in Fällen, deren Erledigung nach den bisherigen Bestimmungen zu umständlich war und häufig zur Kritik in der Öffentlichkeit Anlaß gab, die erforderlichen Erleichterungen und Befreiungen eintreten, z. B. bei der Zollbehandlung von Küchenabfällen, von tafelfertigen Speisen in Verpflegungseinrichtungen der Streitkräfte und von Geschenken. 4. Abschnitt II des Entwurfs ist vor allem von Bedeutung für solche Waren aus dem Besitze der Streitkräfte oder ihrer Mitglieder, bei denen nicht geklärt werden kann, ob sie Zollgut oder Freigut sind. Im Zweifel sollen diese Waren als Zollgut behandelt werden, da sie in der Regel auch Zollgut sein werden. Außerdem soll die einheitliche Behandlung aller aus dem Besitze der Streitkräfte und ihrer Mitglieder stammenden Waren sichergestellt werden ohne Rücksicht darauf, ob sie sich vor oder nach dem Inkrafttreten des Truppenvertrages in deren Besitz befanden. 5. Abschnitt III des Entwurfs regelt die abgabenbegünstigte Lieferung von Waren an die Streitkräfte und ihre Mitglieder im Zollgebiet. Der Abschnitt dient insbesondere der Erläuterung des sehr allgemein gehaltenen Grundsatzes in Art. 34 Abs. 2 Satz 2 des Truppenvertrages, wonach Waren, die von den Streitkräften gegen Zahlung in der Währung ihres Heimatlandes erworben werden, als aus dem Bundesgebiet ausgeführt und durch die Streitkräfte eingeführt behandelt werden. Von wesentlicher Bedeutung sind außerdem die Vorschriften über die Zollveredelung von Waren der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (§ 14) und über die Versorgung der Streitkräfte mit Mineralöl (§ 17), worüber der Truppenvertrag keine vollständigen Regelungen enthält. 6. Abschnitt IV regelt das Verfahren bei der abgabenbegünstigten Einfuhr von Waren durch die Streitkräfte und macht den beteiligten Transportunternehmer haftbar für die richtige Ablieferung der Waren an die empfangsberechtigte Dienststelle der Streitkräfte. Diese Bestimmung ist von Bedeutung, um die bisher nicht seltenen Fälle illegaler Einfuhren wirksam unterbinden zu können. 7. Abschnitt IVa, dessen Aufnahme auf Antrag vom Ausschuß beschlossen wurde, enthält umsatzsteuerrechtliche Bestimmungen. Zwischen den amerikanischen Streitkräften in Deutschland und dem Bundesministerium der Finanzen war im Interesse einer sparsamen Bewirtschaftung der aufzuwendenden Mittel zum Schutze des deutschen Preisgefüges und zur Sicherung geordneter Verhältnisse in der deutschen Bauwirtschaft ein Übereinkommen getroffen worden, das eine Einschaltung der deutschen Bauverwaltung bei Durchführung solcher Baumaßnahmen in weitestem Umfange sicherstellte. Mit Rücksicht auf die Einschaltung der deutschen Bauverwaltung war zur Vermeidung einer Verteuerung durch die zusätzliche Umsatzstufe vereinbart worden, daß Lieferungen und sonstige Leistungen an die Bauverwaltung umsatzsteuerrechtlich wie unmittelbare Lieferungen und sonstige Leistungen an die Besatzungsmacht behandelt, also umsatzsteuerfrei belassen werden sollten. Diese Regelung war als verlängerte Requisition durch das damals geltende Besatzungsrecht gedeckt. Der Truppenvertrag enthält eine solche Regelung nicht. Es erscheint jedoch wünschenswert, durch eine entsprechende gesetzliche Regelung auch künftig die Einschaltung der deutschen Bauverwaltungen zu ermöglichen. Dies geschah am zweckmäßigsten durch die Aufnahme einer autonomen Regelung in den Entwurf des Truppenzollgesetzes. Dadurch wird auch eine Angleichung an die Regelung im Offshore-Steuerabkommen (Anhang Nr. 4 Abs. 6) herbeigeführt. Die Gewährung von Ausfuhrhändlervergütung, die bei der Ausfuhr dem Ausfuhrhändler neben der Ausfuhrvergütung gegeben wird, um ihn mit dem unmittelbar ausführenden Fabrikanten wettbewerbsmäßig gleichzustellen, ist nach Art. 33 Abs. 2 des Truppenvertrages nicht vorgesehen. Die Nichtgewährung der Ausfuhrhändlervergütung im Rahmen des Truppenvertrages kann bei Lieferungen an die Streitkräfte zu einer Ausschaltung des Handels führen, da dieser infolge der Steuerpflicht der Vorlieferung (Fabrikant an Händler) teurer anbieten muß als der unmittelbar an die Streitkräfte liefernde Fabrikant. Das Offshore-Steuerabkommen kennt deshalb bereits die Gewährung von Ausfuhrhändlervergütung neben der Gewährung von Ausfuhrvergütung. Zur Vermeidung einer Diskriminierung des Handels und im Interesse einer Angleichung der truppenvertraglichen Regelung an diejenige des Offshore-Steuerabkommens erschien es angebracht, die Gewährung der Ausfuhrhändlervergütung bei Lieferungen an die Streitkräfte im Rahmen des Truppenvertrages durch Aufnahme einer autonomen Regelung in den Entwurf des Truppenzollgesetzes zu ermöglichen. 8. Abschnitt V betrifft die den Streitkräften gleichgestellten Organisationen, Unternehmungen und deren Angestellte. Für sie sollen insoweit, als sie den Streitkräften oder ihren Mitgliedern gleichgestellt sind, die Regeln des Truppenzollgesetzes gelten. 9. Abschnitt VI enthält die Rechtsgrundlagen zum Erlaß von zoll- und verbrauchsteuerrechtlichen Durchführungsverordnungen. Außerdem soll durch § 20 Abs. 1 auch die Grundlage für den Erlaß einer umsatzsteuerrechtlichen Durchführungsverordnung geschaffen werden, um die Verabschiedung eines entsprechenden besonderen Gesetzes für das Ge- (Krammig) biet der Umsatzsteuer zu ersparen. Diese Durchführungsverordnung ist notwendig, um die geltenden umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen über die Ausfuhrvergütung den besonderen Tatbeständen des Truppenvertrages anzupassen, bei denen eine echte Ausfuhr nicht stattfindet. 10. Das Gesetz soll nach § 21 nicht in Berlin gelten, weil die Pariser Verträge dort keine Anwendung finden. Der Ausschuß hielt es für zweckmäßig, die Berlin-Klausel in einem besonderen Paragraphen zu behandeln. Für die Frage des Inkrafttretens wurde daher ein neuer § 21a geschaffen. Da seit der Ablösung des Besatzungsstatuts ein längerer Zeitraum verstrichen ist, wurde § 21a der Vorlage so abgefaßt, daß das Gesetz nach dem Tage seiner Verkündung in Kraft tritt. Bonn, den 17. September 1955 Krammig Berichterstatter Anlage 10 Drucksache 1669 (Vgl. S. 5718 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Abgaben auf Mineralöl (Drucksache 1382) Berichterstatter: Abgeordneter Krammig Der federführende Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen hat zusammen mit dem mitberatenden Ausschuß für Wirtschaftspolitik am 14. September 1955 in einer gemeinsamen Ausschußsitzung den Gesetzentwurf beraten. Die Beschlüsse wurden gemeinschaftlich gefaßt. Zu Art. 1 Abs. 1 Die Bundesregierung hat die Vorlage u. a. damit begründet, daß bei der Anwendung des Zolltarifs und des Mineralölsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Abgaben auf Mineralöl (Neuregelungsgesetz) vom 23. April 1953 (BGBl. I S. 149) vor allem der Heizölbegriff zu Schwierigkeiten geführt hat. Das hängt im wesentlichen damit zusammen, daß der Begriff „Heizöl" in der Mineralölwirtschaft umfassender als im Zolltarif ist. Aus diesem Grunde war es zweifelhaft, ob z. B. leichten Heizölen, die unter die Begriffsbestimmung Gasöle des Zolltarifs fallen, die Zollvergünstigung für Heizöle eingeräumt werden konnte, weil der Gasölbegriff im Range dem Heizölbegriff des Zolltarifs vorangeht. Der Heizölbegriff des Zolltarifs ist seinerseits zolltarifarisch gegenüber dem Schmierölbegriff vorrangig. Das hat zur Folge, daß bei der Ausfuhr von der Abgabenvergütung Schmieröle ausgeschlossen bleiben, die unter den Heizölbegriff fallen. Sollten diese Schwierigkeiten ausgeräumt werden, so blieb nur die Möglichkeit, den Heizölbegriff des Zolltarifs, der sich gegenüber Gasöl und Schmieröl nicht scharf abgrenzen läßt, fallenzulassen, um einen neuen, den Bedürfnissen von Wirtschaft und Verwaltung gerecht werdenden Begriff „Schweröl" einzuführen. Die Vorlage trägt in Nr. 1, 4 und 10 diesen Bedürfnissen Rechnung. Der Vorschlag auf Beseitigung des Heizölbegriffs des Zolltarifs löst folgerichtig die Umstellung der Zollbegünstigungen auf den neuen Begriff Schweröl aus. Demgemäß müssen die Anmerkungen 2 und 3 zur Zolltarifnummer 2710 neu gefaßt werden. Dies geschieht in Nr. 8 und 9. Auf Antrag wurde in Nr. 9 von der -Vorlage dadurch abgewichen, daß der Zollsatz von 2,50 DM auf 1,— DM herabgesetzt wurde. Diese Änderung findet ihre Begründung darin, daß Schweröl, welches in neueren Verfahren zur Gaserzeugung verwendet wird, unter Zollsicherung zollfrei bleibt. Die nach dem alten Verfahren gaserzeugenden Betriebe müssen dagegen für das als Zusatz zur Kohle bei der Verkokung verwendete Schweröl für je 100 kg 1,50 DM Zoll entrichten. Um diese Betriebe denen, die zollfreies Schweröl verwenden können, gleichzustellen, entsprach der Ausschuß dem Antrage. Die in Nr. 2 (Satz 1), 5 a, 6 und 7 vorgeschlagenen Änderungen sind gleichfalls eine Folge der Ersetzung des Begriffs Heizöl durch Schweröl. Nr. 2 Satz 2 sieht eine zusätzliche Vergütung für Bitumen und Petrolkoks in Höhe von 0,45 DM für je 100 kg des Erdölrückstandes vor, der zum endgültigen Verbleib oder Verbrauch in das Zollausland ausgeführt wird. Dieser Betrag wurde bislang bei der Ausfuhr nicht vergütet, weil eingeführte Erzeugnisse nicht günstiger gestellt sein sollten als im Inland hergestellte. Dieser Gesichtspunkt (Krammig) schlägt jedoch für auszuführende Erzeugnisse dieser Art nicht durch, so daß nunmehr durch diese Änderung die Zollvergütung in voller Höhe gewährt wird. Die Änderungen der Buchstaben b (Nr. 3) und c — früher d — (Nr. 5) der Anmerkung 1 zur Tarifnummer 2710 entsprechen wirtschaftlichen Bedürfnissen. Zu Nr. 3 hatte der Bundesrat die Aufnahme von Erzeugnissen aus Schieferöl empfohlen, um dem von der Grube Messel bei Darmstadt erzeugten Gasöl aus Schieferöl den Absatz auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen zu erschließen. Die Bundesregierung hat diesem Vorschlage mit der Begründung widersprochen, daß der Vergütung keine Zolleinnahmen gegenüberstünden, weil keine Schieferöle eingeführt würden. Sie sah in der Gewährung der Vergütung außerdem eine versteckte Subvention, die Berufungen von anderen interessierten Wirtschaftskreisen hervorrufen könne. Der Ausschuß hat dieses Problem eingehend geprüft. Er kam hierbei zu dem Ergebnis, daß sich die Aufnahme des Vorschlages des Bundesrates in die Vorlage nicht empfehle, zumal § 2 Abs. 3 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Mai 1953 (BGBl. I S. 234) die ausreichende Möglichkeit biete, der besonderen Belastungsfähigkeit dieses Gasöls durch einen bis auf 1,— DM für je 100 kg ermäßigten Steuersatz Rechnung zu tragen. Durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955 ist hierfür ein Spielraum von 17,05 DM für je 100 kg nach § 2 Abs. 1 MinöStG gegeben. Der Vertreter der Bundesregierung hat zugesagt, für das Gasöl der Grube Messel einen besonderen, betriebswirtschaftlich tragbaren Steuersatz nach § 2 Abs. 3 MinöStG festsetzen zu lassen. Damit wird dem Gasöl der Grube Messel eine ausreichende Absatzmöglichkeit, z. B. in der Landwirtschaft, eröffnet. Der weitere Vorschlag des Bundesrates, die Verordnung über die abgabenfreie Verwendung von Mineralöl und Schmiermitteln in der Binnenschifffahrt vom 14. Januar 1954 (BGBl. II S. 6) zur Erschließung eines Marktes für dieses Gasöl zu ändern, brauchte daher nicht weiterverfolgt zu werden. Zu Art. 1 Abs. 2 Der Ausschuß gewann trotz eingehender Beratung nicht die Überzeugung, daß die vorgesehene Ermächtigung zur vorübergehenden Erhöhung der Zollsätze durch Rechtsverordnung zur Abwendung einer ernsthaften Schädigung des Kohlenbergbaues, deren Eintritt durch weitere Inbetriebnahme von Schwerölheizanlagen zu befürchten wäre, notwendig sei. Gegen eine solche Annahme spricht einmal die gegenwärtige Absatzlage auf dem Kohlenmarkt. Zum andern wird die vorgeschlagene Ermächtigung nur für einen schon jetzt übersehbaren Zeitraum beantragt. Der Ausschuß vertrat die Ansicht, daß bei der Schlüsselstellung, die der Kohlenbergbau in der deutschen Volkswirtschaft einnimmt, es Pflicht sowohl der Bundesregierung als auch des Bundestages sei, bei solchen Tatbeständen, für die die Ermächtigung erbeten wurde, schnell zu handeln. Er beschloß daher die Streichung des Abs. 2. Zu Art. 2 Die Begründung der Bundesregierung zu den vorgeschlagenen Änderungen hat sich der Ausschuß zu eigen gemacht. Er fügte zur Vervollständigung in Abs. 1 lediglich hinter 2712 und vor 2714 die Tarifnummer 2713 ein. Zu Art. 3 Der Ausschuß hat auf Antrag die Vorlage durch eine Einfügung vor Nr. 1 ergänzt, mit der die Nr. 3 und 4 des § 1 Abs. 2 MinöStG gestrichen werden. Danach sind Steinkohlen- und Schieferteer aus Nr. 2707 des Zolltarifs und Erzeugnisse der Nr. 2709, 2714 — B und C sowie Pech und Pechkoks aus Braunkohlen-, Torf- und Schieferteer aus Nr. 2714 — D des Zolltarifs künftig keine steuerbaren Mineralöle im Sinne des § 1 Abs. 1 MinöStG mehr. Die Streichung hatte zur Folge, daß die in § 2 Abs. i MinöStG in den Nr. 3 und 4 vorgesehenen Steuersätze von 2,30 DM bzw. 2,— DM für je 100 kg Eigengewicht gleichfalls zu streichen waren. Dementsprechend wurde eine neue Nr. 1 a in die Ausschußvorlage aufgenommen. Der Vertreter der Bundesregierung hat den Streichungen, insbesondere unter Hinweis auf den Steuerausfall, widersprochen. Dem Antrag wurde auf Grund folgender Überlegungen stattgegeben. Bei den genannten Erzeugnissen handelt es sich vorwiegend um schwere Produkte der Teer- und Erdölverarbeitung. Sie wurden erstmalig durch das Gesetz zur Änderung des MinöStG vom 19. Januar 1951 (BGBl. I S. 73) in den Kreis der steuerbaren Mineralöle aufgenommen. Schon damals wurden dagegen Bedenken geltend gemacht. Inzwischen hat sich zunächst einmal herausgestellt, daß das Steueraufkommen aus den genannten Produkten im Rahmen des gesamten Mineralölsteueraufkommens gering blieb. Dem geringen Aufkommen steht andererseits eine erhebliche Verwaltungsarbeit sowohl bei den Herstellern und Verwendern als auch bei der Zollverwaltung gegenüber. Hinzu kommt, daß Steuerträger in erheblichem Maße die öffentlichen Haushalte sind, weil eine Reihe der genannten Produkte unmittelbar beim Straßenbau und mittelbar zur Herstellung von Baustoffen verwendet wird. Ferner wird ein großer Teil der Produkte unversteuert in unter Steueraufsicht stehende Betriebe überführt, auf Grund von Bestimmungen der Durchführungsverordnung zum MinöStG steuerfrei abgelassen oder aus dem Geltungsbereich des MinöStG steuerfrei ausgeführt. Zu den Nr. 1, 2, 3, 4 und 5 wird auf die Begründung der Bundesregierung, der der Ausschuß folgte, verwiesen. Inkrafttreten Das Gesetz soll nach Art. 5 am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten. In Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 ist vorgesehen, daß die Änderungen und Ergänzungen des Zolltarifs, des Gesetzes zur Neuregelung der Abgaben auf Mineralöl und des Mineralölsteuergesetzes mit Wirkung vom 1. April 1954 gelten sollen. Die technischen Voraussetzungen hierfür sind durch amtliche Anschreibungen gegeben. Da es sich um Steuervergünstigungen handelt, bestehen dagegen keine Bedenken. Bonn, den 16. September 1955 Krammig Berichterstatter Namentliche Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Umdruck 474) (Vgl. S. 5712 A, 5720 B) Name Abstimmung CDU/CSU Frau Ackermann . . . . Nein Dr. Adenauer — Albers beurlaubt Arndgen beurlaubt Barlage Nein Dr. Bartram Nein Bauer (Wasserburg) . beurlaubt Bauereisen Nein Bauknecht Nein Bausch beurlaubt Becker (Pirmasens) . Nein Bender Nein Berendsen Nein Dr. Bergmeyer Nein Fürst von Bismarck . . . beurlaubt Blank (Dortmund) . . . — Frau Dr. Bleyler (Freiburg) Nein Blöcker Nein Bock Nein von Bodelschwingh . . . Nein Dr. Böhm (Frankfurt) . beurlaubt Brand (Remscheid) . . . Nein Frau Brauksiepe . . . Nein Dr. von Brentano . . .. — Brese beurlaubt Frau Dr. Brökelschen . . Nein Dr. Brönner Nein Brookmann (Kiel) . . Nein Brück Nein Dr. Bucerius Nein Dr. von Buchka . Nein Dr. Bürkel Nein Burgemeister beurlaubt Caspers Nein Cillien Nein Dr. Conring beurlaubt Dr. Czaja Nein Demmelmeier beurlaubt Diedrichsen Nein Frau Dietz Nein Dr. Dittrich Nein Dr. Dollinger Nein Donhauser Nein Dr. Dresbach beurlaubt Dr. Eckhardt Nein Eckstein Nein Ehren Nein Engelbrecht-Greve . Nein Dr. Dr. h. c. Erhard . .. — Etzenbach . Nein Even Nein Feldmann . Nein Gräfin Finckenstein . Nein Finckh beurlaubt Dr. Franz Nein Franzen Nein Name Abstimmung Friese Nein Fuchs Nein Funk Nein Dr. Furler Nein Gedat beurlaubt Geiger (München) . Nein Frau Geisendörfer . . Nein Gengler . Nein Gerns .. Nein D. Dr. Gerstenmaier . Nein Gibbert beurlaubt Giencke . Nein Dr. Glasmeyer Nein Dr. Gleißner (München) Nein Glüsing Nein Gockeln . Nein Dr. Götz Nein Goldhagen Nein Gontrum Nein Dr. Graf (München) . Nein Griem Nein Günther Nein Gumrum Nein Hassler Nein Häussler Nein Hahn Nein Harnischfeger Nein Heix Nein Dr. Hellwig — Dr. Graf Henckel . Nein Dr. Hesberg beurlaubt Heye Nein Hilbert Nein Höcherl Nein Dr. Höck Nein Höfler Nein Holla Nein Hoogen beurlaubt Dr. Horlacher beurlaubt Horn Nein Huth Nein Illerhaus beurlaubt Dr. Jaeger Nein Jahn (Stuttgart) . . Nein Frau Dr. Jochmus . . beurlaubt Josten Nein Kahn Nein Kaiser — Karpf beurlaubt Kemmer (Bamberg) . . — Kemper (Trier) . Nein Kiesinger — Dr. Kihn (Würzburg) . Nein Kirchhoff Nein Klausner Nein Dr. Kleindinst Nein Dr, Kliesing Nein Name Abstimmung Knapp Nein Knobloch Dr. Köhler Nein Koops Nein Dr. Kopf Nein Kortmann Nein Kraft Nein Kramel Nein Krammig Nein Kroll Nein Frau Dr. Kuchtner . . Nein Kühlthau beurlaubt Kuntscher beurlaubt Kunze (Bethel) Nein Lang (München) . . . Nein Leibfried Nein Leibing Nein Dr. Leiske Nein Lenz (Brühl) Nein Dr. Lenz (Godesberg) . . Nein Lenze (Attendorn) . Nein Leonhard Nein Lermer Nein Leukert Nein Dr. Leverkuehn . Nein Dr. Lindenberg . Nein Dr. Lindrath Nein Dr. Löhr beurlaubt Lotze Nein Dr. h. c. Lübke . — Lücke Nein Lücker (München) . . . Nein Lulay enthalten Maier (Mannheim) . . Nein Majonica Nein Dr. Baron Manteuffel- Szoege Nein Massoth Nein Maucher . beurlaubt Mayer (Birkenfeld) . Nein Menke Nein Mensing Nei n Meyer (Oppertshofen) . Nein Meyer-Ronnenberg . . Nein Miller Nein Dr. Moerchel beurlaubt Morgenthaler Nein Muckermann Nein Mühlenberg Nein Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) beurlaubt Müller-Hermann . . Nein Müser beurlaubt Naegel — Nellen Nein Neuburger beurlaubt Niederalt Nein Frau Niggemever . Nein Dr. Dr. Oberländer .. — Dr. Oesterle Nein Oetzel Nein Dr. Orth beurlaubt Pelster beurlaubt Dr. Pferdmenges . . beurlaubt Frau Pitz Nein Platner Nein Dr. Pohle (Düsseldorf) . Nein Frau Praetorius . . Nein Name Abstimmung Frau Dr. Probst . . Nein Dr. Dr. h. c. Pünder . Nein Raestrup beurlaubt Rasner Nein Frau Dr. Rehling . . . Nein Richarts Nein Frhr. Riederer von Paar Nein Dr. Rinke Nein Frau Rösch Nein Rösing Nein Rümmele enthalten Ruf Nein Sabaß Nein Sabel Nein Samwer Nein Schäffer — Scharnberg Nein Scheppmann Ja Schill (Freiburg) . Nein Schlick Nein Schmücker Nein Schneider (Hamburg) . beurlaubt Schrader beurlaubt Dr. Schröder (Düsseldorf) — Dr.-Ing. E. h. Schuberth Nein Schüttler enthalten Schütz Nein Schulze-Pellengahr . . Nein Schwarz Nein Frau Dr. Schwarzhaupt Nein Dr. Seffrin Nein Seidl (Dorfen) Nein Dr. Serres Nein Siebel Nein Dr. Siemer Nein Solke Nein Spies (Brücken) . Nein Spies (Emmenhausen) Nein Spörl Nein Graf von Spreti . Nein Stauch Nein Frau Dr. Steinbiß . . beurlaubt Stiller Nein Storch — Dr. Storm Nein Strauß — Struve Nein Stücklen beurlaubt Teriete beurlaubt Unertl beurlaubt Varelmann Nein Frau Vietje Nein Dr. Vogel Nein Voß Nein Wacher (Hof) Nein Wacker (Buchen) . . Nein Dr. Wahl Nein Walz Nein Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) Nein Dr. Weber (Koblenz) . Nein Wehking beurlaubt Dr. Welskop beurlaubt Frau Welter (Aachen) . — Dr. Werber — Wiedeck Nein Wieninger Nein Name Abstimmung Dr. Willeke . beurlaubt Winkelheide . Nein Wittmann . . Nein Wolf (Stuttgart) . . Nein Dr. Wuermeling . — Wullenhaupt Nein SPD Frau Albertz beurlaubt Frau Albrecht Ja Altmaier beurlaubt Dr. Arndt Ja Arnholz Ja Dr. Baade Ja Dr. Bärsch beurlaubt Bals Ja Banse Ja Bauer (Würzburg) . beurlaubt Baur (Augsburg) . . beurlaubt Bazille _ Ja Behrisch Ja Frau Bennemann . . . beurlaubt Bergmann Ja Berlin Ja Bettgenhäuser Ja Frau Beyer (Frankfurt) Ja Birkelbach Ja Blachstein beurlaubt Dr. Bleiß Ja Böhm (Düsseldorf) . . Ja Bruse Ja Corterier Ja Dannebom Ja Daum Ja Dr. Deist Ja Dewald Ja Diekmann Ja Diel Ja Frau Döhring Ja Erler beurlaubt Eschmann Ja Faller Ja Franke Ja Frehsee — Freidhof Ja Frenzel Ja Gefeller Ja Geiger (Aalen) Ja Geritzmann Ja Gleisner (Unna) . beurlaubt Dr. Greve beurlaubt Dr. Gülich Ja Hansen (Köln) Ja Hansing (Bremen) . . Ja Hauffe Ja Heide Ja Heiland beurlaubt Heinrich Ja Hellenbrock Ja Hermsdorf Ja Herold Ja Höcker Ja Höhne Ja Hörauf Ja Frau Dr. Hubert . . beurlaubt Hufnagel Ja Jacobi — Name Abstimmung Jacobs Ja Jahn (Frankfurt) . . beurlaubt Jaksch Ja Kahn-Ackermann . . Ja Kalbitzer Ja Frau Keilhack Ja Frau Kettig Ja Keuning Ja Kinat Ja Frau Kipp-Kaule . Ja Könen (Düsseldorf) .. Ja Koenen (Lippstadt) . Ja Frau Korspeter . Ja Dr. Kreyssig Ja Kriedemann Ja Kühn (Köln) beurlaubt Kurlbaum Ja Ladebeck Ja Lange (Essen) beurlaubt Frau Lockmann . . . Ja Ludwig Ja Dr. Lütkens Ja Maier (Freiburg) . . Ja Marx Ja Matzner Ja Meitmann Ja Mellies Ja Dr. Menzel Ja Merten Ja Metzger Ja Frau Meyer (Dortmund) beurlaubt Meyer (Wanne-Eickel) . Ja Frau Meyer-Laule . . Ja Mißmahl Ja Moll Ja Dr. Mommer Ja Müller (Erbendorf) . . . Ja Müller (Worms) . Ja Frau Nadig Ja Odenthal Ja Ohlig Ja Ollenhauer Ja Op den Orth Ja Paul Ja Peters Ja Pöhler Ja Pohle (Eckernförde) . Ja Dr. Preller Ja Priebe Ja Pusch Ja Putzig Ja Rasch beurlaubt Dr. Ratzel Ja Regling Ja Rehs Ja Reitz Ja Reitzner Ja Frau Renger Ja Richter Ja Ritzel Ja Frau Rudoll Ja Ruhnke Ja Runge Ja Sassnick Ja Frau Schanzenbach . . Ja Scheuren Ja Dr. Schmid (Frankfurt) . Ja Name Abstimmung Dr. Schmidt (Gellersen) . Ja Schmidt (Hamburg) . . Ja Schmitt (Vockenhausen) . Ja Dr. Schöne — Schoettle Ja Seidel (Fürth) Ja Seither Ja Seuffert Ja Stierle Ja Sträter Ja Frau Strobel Ja Stümer Ja Thieme Ja Trittelvitz Ja Wagner (Deggenau) . Ja Wagner (Ludwigshafen) Ja Wehner Ja Wehr Ja Welke — Weltner (Rinteln) . . . Ja Dr. Dr. Wenzel . Ja Wienand beurlaubt Wittrock Ja Ziegler Ja Zühlke Ja FDP Dr. Atzenroth Dr. Becker (Hersfeld) . Nein Dr. Berg beurlaubt Dr. Blank (Oberhausen) . Nein Dr. h. c. Blücher . — Dr. Bucher Nein Dr. Czermak Nein Dr. Dehler Nein Dr.-Ing. Drechsel . . beurlaubt Eberhard beurlaubt Euler beurlaubt Fassbender Nein Frau Friese-Korn . . . — Frühwald Nein Gaul Nein Graaff (Elze) Nein Dr. Hammer beurlaubt Held Nein Hepp Nein Dr. Hoffmann Nein Frau Dr. Ilk Nein Dr. Jentzsch beurlaubt Körner Nein Kühn (Bonn) beurlaubt Lahr Nein Lenz (Trossingen) . Nein Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein beurlaubt Dr. Luchtenberg . . . . beurlaubt Dr. Maier (Stuttgart) . . beurlaubt von Manteuffel (Neuß) Nein Margulies Nein Mauk Nein Dr. Mende — Dr. Miessner beurlaubt Neumayer — Onnen Nein Dr. Preiß beurlaubt Dr. Preusker — Name Abstimmung Rademacher — Dr. Schäfer — Scheel beurlaubt Schloß Nein Dr. Schneider (Lollar) Nein Schwann Nein Stahl Nein Dr. Stammberger . . . Nein Dr. Starke beurlaubt Dr. Wellhausen beurlaubt GB/BHE Elsner Ja Engell Ja Feller beurlaubt Frau Finselberger . Ja Gemein . Ja Dr. Gille Ja Dr. Kather beurlaubt Dr. Keller Ja Dr. Klötzer Ja Kunz (Schwalbach) Kutschera Ja Dr. Mocker Ja Petersen Ja Dr. Reichstein beurlaubt Seiboth Ja Dr. Sornik beurlaubt Srock Ja Dr. Strosche . Ja Ja DP Becker (Hamburg) . . . Nein Dr. Brühler beurlaubt Eickhoff Nein Dr. Elbrächter Nein Frau Kalinke beurlaubt Matthes beurlaubt Dr. von Merkatz . . . . — Müller (Wehdel) . Nein Dr. Schild (Düsseldorf) . beurlaubt Schneider (Bremerhaven) beurlaubt Dr. Schranz Nein Dr.-Ing. Seebohm . — Walter — Wittenburg Nein Dr. Zimmermann Nein Fraktionsios Brockmann (Rinkerode) beurlaubt Stegner Nein Zusammenstellung der Abstimmung Abstimmung Abgegebene Stimmen 367 Davon: Ja 144 Nein 220 Stimmenthaltung . 3 Zusammen wie oben . . 367 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung CDU/CSU Dr. Friedensburg . . . Nein Dr. Krone beurlaubt Lemmer beurlaubt Frau Dr. Maxsein . . . Nein Stingl Nein Dr. Tillmanns — SPD Brandt (Berlin) beurlaubt Frau Heise Ja Klingelhöfer Ja Dr. Königswarter . . . beurlaubt Name Abstimmung Mattick . Ja Neubauer Ja Neumann beurlaubt Dr. Schellenberg Ja Frau Schroeder (Berlin) . Ja Schröter (Wilmersdorf) . Ja Frau Wolff (Berlin) . . Ja FDP Dr. Heim Nein Hübner Nein Frau Dr. Dr. h. c. Lüders beurlaubt Dr. Reif beurlaubt Dr. Will Nein Zusammenstellung der Abstimmung der Berliner Abgeordneten Abstimmung Abgegebene Stimmen . 14 Davon: Ja 8 Nein 6 Stimmenthaltung . — Zusammen wie oben . . 14
Gesamtes Protokol
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210300000
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich dem Herrn Abgeordneten Gumrum zu seinem 60. Geburtstag — am 26. September — die Glückwünsche des Hauses aussprechen.

(Beifall.)

Weiter spreche ich Herrn Abgeordneten Freidhof zum 67. Geburtstag die Glückwünsche des Hauses aus.

(Beifall.)

Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 22. September 1955 ihren Antrag über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Geflügelzucht und Geflügelhaltung (Geflügelzuchtgesetz) — Drucksache 1599 — mit Rücksicht darauf zurückgezogen, daß ein ähnlicher Gesetzentwurf im Landtag NordrheinWestfalen vor der Verabschiedung steht.
Die Bundesregierung hat unter Bezugnahme auf die Entschließung in der 58. Sitzung des Deutschen Bundestages über die Lage auf dem Geschäftraummarkt berichtet. Das Schreiben wird als Drucksache 1701 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde (Drucksache 1698).
Ich darf, bevor ich das Wort dazu erteile, noch mitteilen, daß nach einer Vereinbarung im Ältestenrat die nächste Fragestunde in Berlin abgehalten wird. Mit Rücksicht auf die technischen Vorbereitungen ist die Sperrfrist für die Einreichung der Fragen zu dieser Fragestunde auf Dienstag, den 11. Oktober, 12 Uhr, festgesetzt.
Zur Frage 1 hat Herr Abgeordneter Schmidt (Hamburg) das Wort.

Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0210300100
Ich habe gehört, Herr Präsident, daß der Herr Bundesverkehrsminister nicht da ist. Ich würde vorschlagen, meine Fragen zurückzustellen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210300200
Ist der Herr Bundesverkehrsminister oder der Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums nicht im Raum? — Er ist nicht im Hause. Die Frage wird zurückgestellt.
Ich rufe die Frage Nr. 2 auf. Auch sie wird von Herrn Abgeordneten Schmidt (Hamburg) gestellt und betrifft den Aufgabenbereich des Herrn Bundesministers für Verkehr. Die Frage wird ebenfalls zurückgestellt.
Zur Frage 3 Herr Abgeordneter Arnholz.

Otto Arnholz (SPD):
Rede ID: ID0210300300
Herr Präsident, mir ist gesagt worden, daß der Herr Minister und der Herr Staatssekretär nicht da seien. Infolgedessen müßte die Frage zurückgestellt werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210300400
Das ist richtig, Herr Abgeordneter. Ich glaube, wir stellen auch diese Frage zurück.
Zur Frage 4 Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210300500
Herr Präsident, ist der Herr Bundespostminister oder der Herr Staatssekretär im Hause?

(Zurufe von der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210300600
Der Herr Bundesminister ist nicht da, aber der Herr Staatssekretär ist da und wird ihn parlamentswürdig vertreten. Bitte schön, Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210300700

Wie lange beabsichtigt der Herr Bundespostminister noch in kleineren Gemeinden eine zusätzliche Gebühr von 60 Dpf für die Zustellung von Telegrammen und Eilbriefen zu erheben?
Durch welchen Umstand sieht der Herr Bundesminister bei den gegenwärtigen Verhältnissen diese Mehrbelastung für die Postkunden in kleineren Gemeinden gerechtfertigt?
Ist der Herr Bundesminister bereit, diese Gebühr in absehbarer Zeit in Wegfall zu bringen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210300800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Deutsche Bundespost ist nach § 15 des Postverwaltungsgesetzes verpflichtet, ihre Aufgaben aus eigenen Einnahmen zu erfüllen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, soweit wie möglich nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit die Gebühren den Selbstkosten anzupassen.
Die Eilzustellung im sogenannten Landzustellbereich, d. h. nach Orten, in denen sich keine Postanstalten befinden, bzw. die Zustellung von Telegrammen an Empfänger, die außerhalb des Ortszustellbereiches für Telegramme wohnen, verursachen wesentlich höhere Kosten als im Ortszustellbereich, weil — um den wichtigsten Kostenfaktor für derartige Sendungen zu nennen — die Personalkosten besonders hoch sind. Im Regelfall übersteigen die Kosten der Zustellung im Landzustellbereich bei weitem die Gebühreneinnahmen.


(Staatssekretär Dr. Dr. Gladenbeck)

Bei Wegfall der zusätzlichen Gebühr für die Eil- und Telegrammzustellung im Landbereich müßte noch mit einer stärkeren Inanspruchnahme und mit wachsender Unwirtschaftlichkeit gerechnet werden.
Aus den kurz dargelegten Gründen dürfte die Erhebung einer zusätzlichen Gebühr für die Zustellung der Telegramme und Eilsendungen im Landzustellbereich durchaus gerechtfertigt sein. Ein Wegfall dürfte demnach kaum in Erwägung zu ziehen sein.
Ich darf aber darauf hinweisen, daß Telegramme nach Landorten ohne Telegraphendienststelle dem Empfänger auch über Fernsprechanschlüsse anderer Ortseinwohner zugesprochen werden können. Weiterhin besteht die Möglichkeit, in kleinen Orten auf Antrag der Gemeinden „gemeindliche öffentliche Sprechstellen" einzurichten, die den Telegraphendienst wahrnehmen. In diesen Fällen entsteht keine besondere Gebühr für die Zustellung im Landzustellbereich.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210300900
Eine Zusatzfrage!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210301000
Eine Zusatzfrage!

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210301100
Für Telegramme ist das einzusehen; aber mir ist durchaus nicht klar, Herr Staatssekretär, wieso das für Eilbriefe zutrifft. Die Voraussetzungen für die Zustellung von Eilbriefen sind in größeren Orten nicht andere wie heute in Landgemeinden, insbesondere in Landgemeinden, die sich in der näheren Umgebung von größeren Städten befinden.
Ist im übrigen dem Herrn Staatssekretär bekannt, daß auch in den Orten, wo die Telegramme telephonisch zugestellt werden, die Gebühr von 60 Pfennig hinterher erhoben wird, wenn die Post das bereits zugesprochene Telegramm durch den Briefträger ins Haus zustellt?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210301200
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210301300
Herr Abgeordneter, in Landzustellbereichen sind die Kosten erheblich höher als im Zustellbereich großer oder größerer Städte, weil die Frequenz der Zustellung so gering ist, daß dafür nicht eigene Postangestellte bereitgestellt werden können, die ständig ausgelastet wären. Für diesen Zweck werden jeweils Erfüllungsgehilfen eingesetzt. Diese Erfüllungsgehilfen bekommen Lohn entsprechend der Kilometerleistung, bei 10 km Entfernung — die bei uns vorkommt — etwa 4,50 DM, bei kleineren Entfernungen, etwa 3 km, 1,25 DM. Der Lohn ist von der Bundespost selbst zu bezahlen.
Für Telegramme beträgt die Zustellgebühr durchweg 80 Pfennig, nicht 60 Pfennig, wie Sie sagten, Herr Abgeordneter. Das ist eine international anerkannte Gebühr, die in Umrechnung nach Gold-Centimes in jedem Land erhoben wird. Bei Zusprechen durch den Fernsprecher allerdings soll diese Gebühr nicht erhoben werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210301400
Eine letzte Zusatzfrage!

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210301500
Noch eine Zusatzfrage, Herr Staatssekretär! Ihre Bemerkung über die zusätzlichen Kosten durch Hilfskräfte, die in den Landgemeinden vorhanden sind, scheint mir nicht
immer zuzutreffen. Ich frage Sie, ob Sie bereit sind, diese Regelung für Orte zu überprüfen, in denen sich an den normalen Postschalterstunden von morgens bis abends eine ständige Kraft in diesen Landgemeinden befindet, die beispielsweise die Gebühr für die Eilbriefe auch dann erhebt, wenn man sie persönlich von der Post abholt.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210301600
Wir sind gern bereit, Herr Abgeordneter, das noch einmal zu überprüfen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210301700
Ich komme zur Frage 5. Das Wort hat der Abgeordnete Corterier.

Fritz Corterier (SPD):
Rede ID: ID0210301800

Ist dem Herrn Bundesfinanzminister bekannt, daß an deutschen Grenzübergangsstellen Kontrollmitteilungen über diejenigen Reisenden angefertigt werden, die mit Kraftfahrzeugen die Grenze überschreiten, und daß diese Mitteilungen den Veranlagungs-Finanzämtern der betreffenden Reisenden übersandt werden?
Billigt der Herr Bundesfinanzminister solche Maßnahmen, oder was gedenkt er zu tun, um in Zukunft diese unwürdige Art der Überwachung zu verhindern?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210301900
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesfinanzminister.

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0210302000
Nein, Herr Abgeordneter, es ist mir nicht bekannt. Bekannt ist mir nur, daß früher bestehende Kontrollvorschriften seit April 1953 aufgehoben sind.

Fritz Corterier (SPD):
Rede ID: ID0210302100
Eine Zusatzfrage!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210302200
Eine Zusatzfrage!

Fritz Corterier (SPD):
Rede ID: ID0210302300
Herr Minister, Sie sagten, ab April 1953 wird das nicht mehr gehandhabt. Damit unterstellen Sie also, daß früher diese Form gewählt wurde!

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0210302400
Ich unterstelle — —

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210302500
Verzeihung, Herr Minister. Herr Abgeordneter, die Fragestunde beschränkt sich auf das Stellen von F rage n. Eine Debatte ist ausgeschlossen. Ich darf bitten, die Frageform zu wählen.

Fritz Corterier (SPD):
Rede ID: ID0210302600
Ich danke.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210302700
Die Frage 6 ist zurückgezogen. Frage 7 ist wegen Abwesenheit des Ministers und des Staatssekretärs des Auswärtigen zurückgestellt, Frage 8 ebenso.
Ich rufe die Frage 9 auf. Herr Abgeordneter Arnholz!

Otto Arnholz (SPD):
Rede ID: ID0210302800

Welche Maßnahmen sind von dem Herrn Bundesminister für Wohnungsbau und den obersten Baubehörden der Länder auf Grund des erschütternden Ergebnisses der Prüfungen des Gütestandes von Mauersteinen ergriffen oder in Vorbereitung, um die Gefährdung der Sicherheit der Bauten und die Beeinträchti-


(Arnholz)

gung ihrer Lebensdauer zu verhindern, und in wie vielen Fällen sind strafrechtliche Folgerungen, und in welchem Ausmaß gezogen worden?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210302900
Der Herr Bunminister für Wohnungsbau!

Dr. Victor-Emanuel Preusker (CDU):
Rede ID: ID0210303000
Herr Abgeordneter, ich habe zu den gleichen Fragen, die Sie gestellt haben, dem Bundestag kürzlich, am 13. August, auf Drucksache 1649 einen 25 Seiten langen ausführlichen Bericht gegeben. Ich glaube, daß ich dem Hause die Wiederholung der nicht ganz einfachen Ausführungen ersparen sollte.

(Abg. Kunze [Bethel] : Sehr richtig!)


Otto Arnholz (SPD):
Rede ID: ID0210303100
In kurzer Form vielleicht. Meine Frage wurde früher gestellt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210303200
Einen Augenblick! Herr Abgeordneter, sind Sie mit der Antwort des Herrn Bundesministers zufrieden?

Otto Arnholz (SPD):
Rede ID: ID0210303300
Zunächst ja!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210303400
Zunächst ja.
Ich rufe Frage 10 auf. Herr Abgeordneter Rösing!

Josef Rösing (CDU):
Rede ID: ID0210303500
Ich frage den Herrn Bundespostminister:
Welche Bedenken bestehen seitens des Herrn Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, für die zum Raum der vorläufigen Bundeshauptstadt Bonn gehörenden selbständigen Gemeinden unter Beibehaltung der Ortsbezeichnung auf dem Poststempel die Ortsgebühren für Briefe und Telefongespräche einzuführen?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210303600
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210303700
Herr Abgeordneter! Der Wunsch, für benachbarte oder wirtschaftlich eng zusammenhängende Gemeinden die Ortsgebühren für den Post- und Fernmeldeverkehr einzuführen, ist schon in vielen Fällen an das Bundespostministerium herangetragen worden. Die zur Zeit bestehende Abgrenzung der Ortsverkehrsbereiche ist für den Postverkehr in § 6 der Postordnung, für den Fernsprechverkehr in § 1 der Fernsprechordnung festgelegt. Die Grundsätze für die Abgrenzung der Ortsverkehrsbereiche sind sonach für den Post- und Fernsprechverkehr nicht einheitlich. Es gibt im Bundesgebiet eine beträchtliche Anzahl großer Städte, zwischen denen und in unmittelbarer Nähe selbständig gelegenen Gemeinden enge wirtschaftliche Beziehungen bestehen. Um berechtigten Berufungen vorzubeugen, müßte allen gleich gerichteten Wünschen auf Einführung der Ortsgebühren nach einheitlichen Grundsätzen entsprochen werden. Die Vergrößerung der Ortsverkehrsbereiche hätte unübersehbare finanzielle Auswirkungen für die Deutsche Bundespost auf der Gebührenseite zur Folge, auf dem Fernmeldesektor wären kostspielige technische Veränderungen erforderlich. Im übrigen glaube ich, daß hierfür auch eine Änderung der rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen wäre.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210303800
Zusatzfrage?

Josef Rösing (CDU):
Rede ID: ID0210303900
Danke schön!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210304000
Die Frage 11 wird im Einvernehmen mit dem Fragesteller zurückgestellt.
Ich rufe Frage 12 auf. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bock.

Paul Bock (CDU):
Rede ID: ID0210304100

Ist in absehbarer Zeit mit einer Vermehrung der Richterstellen beim Bundesverwaltungsgericht zu rechnen, damit die Rückstände, die schon fast zwei Jahre betragen, sich nicht weiter anhäufen?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210304200
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium des Innern.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210304300
Nach Meinung des Bundesministers des Innern ist mit einer Vermehrung der Richterstellen beim Bundesverwaltungsgericht durch den Bundeshaushaltsplan für 1956 zu rechnen. Der Bundesminister des Innern hat wegen der starken Überlastung des Bundesverwaltungsgerichts im Haushaltsvoranschlag für 1956, der inzwischen dem Herrn Bundesminister der Finanzen zugeleitet worden ist, Planstellen und Mittel für zwei zusätzliche Senate vorgesehen. In welchem Umfang diesem Antrag Erfolg beschieden ist, hängt letztlich von der Entscheidung des Hohen Hauses ab.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210304400
Zusatzfrage? Bock (CDU/CSU): Danke verbindlichst!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210304500
Eine Zusatzfrage wird nicht gewünscht.
Ich rufe Frage 13 auf. Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0210304600
Ich frage den Herrn Bundesminister der Finanzen:
Bis wann sind endlich die seit zwei Jahren in Vorbereitung befindlichen Richtlinien für die Bemessung der Nutzungsvergütungen für beschlagnahmte forstwirtschaftliche Grundstücke zu erwarten?
Ist dem Herrn Bundesminister der Finanzen bekannt, daß das Fehlen dieser Richtlinien die Erledigung berechtigter Ansprüche benachteiligter Gemeinden verhindert, und was gedenkt der Herr Bundesminister zu tun, um diesem Mißstand schleunigst zu begegnen?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210304700
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0210304800
Der Entwurf dieser Richtlinien ist mit Rundschreiben vom 18. August 1955 sämtlichen Länderfinanzministern zugegangen mit der Aufforderung, von diesem Tage ab nach diesen Richtlinien zu verfahren. Also vom 18. August ab bestehen irgendwelche Schwierigkeiten in der Verfahrensweise und der Berechnung der Nutzungsvergütungen nicht mehr.


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210304900
Eine Zusatzfrage?

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0210305000
Eine Zusatzfrage, Herr Minister: Darf ich diese Auskunft so verstehen, daß das, was in dem Rundschreiben vom 18. August 1955 als „Entwurf" bezeichnet ist, eine vollziehbare Weisung des Bundesfinanzministers ist?

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0210305100
Jawohl, das ist eine vollziehbare Weisung. Es heißt nur deswegen „Entwurf", weil mit den früheren Besatzungsmächten noch darüber gesprochen werden soll. Sie soll aber schon von jetzt ab vollzogen werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210305200
Ich danke dem Herrn Bundesfinanzminister.
Frage 14! Das Wort hat die Abgeordnete Frau Nadig.

Frieda Nadig (SPD):
Rede ID: ID0210305300

Ist der Bundesregierung bekannt, daß Frau Oberregierungsrat Hampel vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen den Auftrag auf Bespitzelung der Frau Professor Faßbinder erteilte?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210305400
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210305500
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß Frau Oberregierungsrätin Hampel den Auftrag auf Bespitzelung der Frau Professor Faßbinder erteilt hat, da ein derartiger Auftrag niemals erteilt wurde.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210305600
Eine Zusatzfrage?

Frieda Nadig (SPD):
Rede ID: ID0210305700
Eine andere Frage: Der Tatbestand hat ja im Landtag von Nordrhein-Westfalen eine Rolle gespielt. Dort wurde gesagt, daß Frau Hampel diesen Auftrag erteilt hat. In wessen Auftrag hat sie dann gehandelt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210305800
Ich habe eben schon erklärt: Frau Hampel hat niemals einen derartigen Auftrag erteilt. Wenn im Landtag von Nordrhein-Westfalen etwas anderes gesagt worden ist, so entspricht das nicht den Tatsachen. Ich darf darauf hinweisen, daß das Ministerium, das von der Interpellation und der Beantwortung der Interpellation im Landtag von Nordrhein-Westfalen vorher nichts gewußt hat, am Tage des Bekanntwerdens dieser Interpellation im Bulletin der Bundesregierung Nr. 128 eine eindeutige Erklärung veröffentlicht hat, die unter anderm den Satz enthält:
Frau Oberregierungsrätin Hampel hat weder eine Frau Charlotte Hübler in die „Frauenfriedensbewegung" eingeschleust noch ihr irgendwelche Aufträge erteilt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210305900
Eine letzte Zusatzfrage!

Frieda Nadig (SPD):
Rede ID: ID0210306000
Sind irgendwelche Geldzuwendungen an Frau Hübler vom Ministerium für gesamtdeutsche Fragen erfolgt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210306100
Frau Hübler hat in keinem Zeitpunkt und in keiner irgendwie gearteten Form Geldmittel aus dem Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen erhalten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210306200
Die Frage 15 wird zurückgestellt wegen Abwesenheit des Herrn Ministers und des Herrn Staatssekretärs des Auswärtigen.
Die Frage 16 wird ebenso zurückgestellt. (Abg. Dr. Menzel: Warum?)

Ich rufe auf die Frage 17.

(Abg. Dr. Menzel: Herr Präsident, ich habe aber auf die Beantwortung der Frage 16 nicht verzichtet!)

— Sie haben nicht verzichtet, Herr Kollege Menzel, auf Frage 16. Die Frage muß zurückgestellt werden, Herr Abgeordneter, wegen Abwesenheit des Herrn Bundesministers des Auswärtigen und des Staatssekretärs des Auswärtigen. Ich bitte, damit einverstanden zu sein.

(Abg. Dr. Menzel: Ist das nicht eine Frage, die der Herr Bundesfinanzminister beantworten kann, da es sich ja um die deutschen Schulden in Amerika handelt?)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210306300
Herr Abgeordneter, ich werde den Herrn Bundesfinanzminister fragen. Der Herr Bundesfinanzminister ist im Hause. — Herr Bundesfinanzminister, sind Sie in der Lage, diese Frage Nr. 16 zu beantworten?

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0210306400
Ich bin augenblicklich nicht in der Lage. Ich kannte die Frage bisher nicht.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210306500
Herr Abgeordneter, ich bitte, damit einverstanden zu sein, daß diese Frage wieder aufgerufen wird nach der Rückkehr des Herrn Bundesministers des Auswärtigen bzw. seines Staatssekretärs.
Wir kommen zur Frage 17. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dewald.

Georg Dewald (SPD):
Rede ID: ID0210306600

Ist die Bundesregierung bereit, in Verhandlungen mit dem Oberkommando der amerikanischen Streitkräfte in Deutschland zu erreichen, daß in den Monaten Mai bis Oktober sogenannte Felddienstübungen und Manöver unterbleiben, durch die der deutschen Landwirtschaft ständige und schwere Schäden zugefügt werden, oder zum mindesten darauf hinzuwirken, daß diese Übungen nur auf den dafür vorgesehenen Truppenübungsplätzen abgehalten werden?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210306700
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister für Verteidigung.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210306800
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung ist bestrebt, in bevorstehenden Verhandlungen über einen neuen Truppenvertrag eine Regelung des Manöverrechts zu vereinbaren, die insbesondere die


(Bundesminister Blank)

Belange der deutschen Landwirtschaft berücksichtigt. An diesen Verhandlungen werden neben allen anderen Entsendestaaten auch die Vereinigten Staaten teilnehmen.
In Besprechungen mit Vertretern der Bauernschaft hat sich jedoch gezeigt, daß es kaum möglich sein wird, Zeiträume festzulegen, in denen im gesamten Bundesgebiet keine Manöver stattfinden sollen. Wegen der unterschiedlichen landwirtschaftlichen Struktur der einzelnen Gebiete und der durch die wechselnden Witterungsverhältnisse bedingten verschiedenen Erntezeiten erscheint es vielmehr wünschenswert, die Manöverzeiten von Fall zu Fall mit den Truppenbefehlshabern zu vereinbaren.
Eine Beschränkung der Übungen allein auf Truppenübungsplätze ist nicht möglich. Die Streitkräfte sind leider heute durch die militärische und technische Entwicklung genötigt, je nach Art und Umfang der Übungen mehr als früher auch Gebiete außerhalb ihrer ständigen Anlagen in Anspruch zu nehmen. Freizügige Übungen mit größeren Verbänden können nur im freien, unbekannten Gelände durchgeführt werden, das dem Übungszweck entspricht. Die wenigen großen Truppenübungsplätze im Bundesgebiet werden außerdem mangels geeigneter Schießplätze heute hauptsächlich ganzjährig zu Schießübungen benötigt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210306900
Eine Zusatzfrage?

Georg Dewald (SPD):
Rede ID: ID0210307000
Ja. Nach der Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses ist es üblich, Fragen, die in der Fragestunde nicht beantwortet wurden, brieflich zu beantworten. Warum ist dies im vorliegenden Falle nicht geschehen, so daß die Frage heute wiederholt werden mußte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210307100
Ich bitte Sie wegen dieses Versehens um Entschuldigung.

Georg Dewald (SPD):
Rede ID: ID0210307200
Danke sehr!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210307300
Wir kommen zur Frage 18. — Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg, Sie sind damit einverstanden, daß die Fragen 18 und 19 wegen der Abwesenheit des Ministers und des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit zurückgestellt werden.
Ich rufe auf Frage 20. Herr Abgeordneter Eschmann!

Fritz Eschmann (SPD):
Rede ID: ID0210307400

Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Bundesrepublik bei vielen öffentlichen und festlichen Veranstaltungen Landes-, Stadt-, Kirchen- oder Schützenfahnen gezeigt werden, viel weniger aber die Bundesfarben SchwarzRot-Gold?
Ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß es hier bei weiten Bevölkerungskreisen leider an echten Beziehungen zur demokratischen Form unseres neuen Staates fehlt, und was gedenkt die Bundesregierung von sich aus zu tun, um diese in der Öffentlichkeit zumindest nicht gut aussehenden Verhältnisse zu bessern und auf dieser rein äußerlichen Ebene ein besseres, innigeres Gefühl in der Bevölkerung zu ihrem Staat zu wecken?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210307500
Der Herr Staatssekretär des Innern!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210307600
Die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, Herr Abgeordneter, daß die Bundesfarben bei vielen öffentlichen und festlichen Veranstaltungen zuwenig in Erscheinung treten. Immerhin darf man feststellen, daß die Farben Schwarz-Rot-Gold als gültiges Symbol unseres Staates allseits Anerkennung gefunden haben. Der Bundesrepublik ist erfreulicherweise der Flaggenstreit erspart geblieben, der das politische Leben des Weimarer Staates vergiftet hat.
Die Bundeszentrale für Heimatdienst hat bereits durch eine ganze Reihe von Aktionen zur Popularisierung der Bundesfarben beigetragen. Es würde zu weit gehen, hierüber im einzelnen vor dem Hohen Hause zu berichten. Ich bitte Sie, Herr Abgeordneter, insoweit mit der Bundeszentrale für Heimatdienst und mit ihrem Kuratorium, das sich aus 17 Bundestagsabgeordneten zusammensetzt, die Fühlung aufzunehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210307700
Ich rufe die Frage 21 auf. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Meyer (Wanne-Eickel).
Meyer (Wanne-Eickel) (SPD):
Entspricht die „Aufstellung über Witwenrenten" in den „Mitteilungen für Frauen" der Industriegewerkschaft Metall den Tatsachen, wonach die Witwenrente einer Ministerialdirektorswitwe ohne Kinder und ohne eine Untersuchung auf Arbeitsfähigkeit 1070 DM im Monat beträgt, während nach der bundesstatistischen L-Untersuchung die Durchschnittswitwenrente einer Invalidenwitwe nur 56,50 DM im Monat beträgt?
Ist die Mitteilung „Wohin steuert die angekündigte Sozialreform?" im „Handelsblatt" richtig, nach der der Herr Bundesminister für Finanzen es „für notwendig und unvermeidlich hält, die Bedürfnisprüfung bei der Gewährung solcher Sozialleistungen, die ohne versicherungsrechtliche Deckung unmittelbar aus Steuermitteln gegeben werden, einzuführen"?
Ist beabsichtigt, aus dieser Auffassung, wenn sie den Tatsachen entspricht, eine allgemeine Schlußfolgerung zu .ziehen und auch bei den überhöhten Pensionen eine solche Bedürfnisprüfung vorzunehmen oder eine Höchstgrenze von 500 DM im Monat festzusetzen, um dadurch Millionenbeträge aus öffentlichen Steuermitteln einzusparen?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210307800
Der Herr Bundesminister der Finanzen!

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0210307900
Herr Abgeordneter, es ist richtig, daß den Witwen der Ministerialdirektoren genau wie allen anderen Witwen die ihnen gesetzlich zustehenden Witwenpensionen ausbezahlt werden. Es ist auch richtig, daß sich die Witwenpension in diesem Fall auf ungefähr die genannte Summe berechnet. Es ist auch richtig — das sei zur Vervollständigung gesagt —, daß es bei der Bundesverwaltung drei solcher Witwen gibt, die solche Renten erhalten.
Ich darf auf die zweite Frage eingehen. Es ist nicht richtig, daß der Bundesfinanzminister dies


(Bundesfinanzminister Schiffer) ,

alles beabsichtigt. Richtig ist allerdings, daß der Bundesfinanzminister gelegentlich in einer Denkschrift die Überzeugung vertreten hat, die Anrechnung von hohem Einkommen, die bei vielen Gesetzen heute für gewisse Bezüge bereits festgelegt ist, soll dann, wenn es sich nicht um Versicherungsleistungen handelt, nach wie vor unter bestimmten Voraussetzungen beibehalten werden.
Ob beabsichtigt ist, eine Gesetzgebung einzubringen, die überhöhte Pensionen einer Bedürftigkeitsprüfung unterwirft oder eine Höchstgrenze von 500 DM vorsieht, weiß ich nicht. Ein solcher Vorschlag müßte ja aus diesem Hohen Hause kommen. Bisher ist in diesem Hohen Hause kein solcher Antrag gestellt worden, und ich glaube, wenn er gestellt würde, hätte er keine Aussicht auf Mehrheit.

(Sehr gut! in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210308000
Ich rufe die Frage 22 auf. Das Wort hat die Abgeordnete Frau Meyer-Laule.

Emmy Meyer-Laule (SPD):
Rede ID: ID0210308100

Wie gedenkt die Bundesregierung dem Umstand zu begegnen, daß Kraftfahrer, denen Schäden durch Wildwechsel entstehen, nach den geltenden Bestimmungen der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung keinen Schadenersatz beanspruchen können?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210308200
Der Herr Bundesminister der Justiz!

Dr. Fritz Neumayer (FDP):
Rede ID: ID0210308300
Die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung deckt ebenso wie jede andere Haftpflichtversicherung ihrem Wesen nach natürlich nur Schäden, die der Versicherte einem Dritten zugefügt hat und für die er dem Geschädigten Ersatz leisten muß. Dagegen ist es nicht Zweck und Inhalt einer Haftpflichtversicherung, Ersatz auch für Schäden zu gewähren, die dem Versicherten selbst entstanden sind. Ist ein solcher Schaden von einem anderen verursacht worden und haftet dieser auf Schadensersatz, so kann der geschädigte Fahrzeughalter lediglich den Schädiger in Anspruch nehmen und sich gegebenenfalls an dessen Haftpflichtversicherer halten. Für Sachschäden an Kraftfahrzeugen, die durch Wild verursacht werden, ist nach geltendem Recht in der Regel niemand verantwortlich zu machen. Der Kraftfahrzeughalter kann sich jedoch Ersatz auch für diese Schäden dadurch verschaffen, daß er eine Fahrzeugvollversicherung, eine sogenannte Kaskovollversicherung, für sein Fahrzeug abschließt.
Ich darf noch bemerken, daß überall an den Autobahnen Warnschilder angebracht sind. Ich muß leider befürchten, daß diese Warnschilder, die nachts beleuchtet sind, von den Kraftfahrern zuwenig beachtet werden.
Zu einer Änderung des geltenden Haftpflichtversicherungsrechts für Kraftfahrzeuge besteht bei dieser Rechtslage nach Auffassung der Bundesregierung keine Veranlassung.

Emmy Meyer-Laule (SPD):
Rede ID: ID0210308400
Ich bedanke mich, Herr Bundesjustizminister.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210308500
Die Herren Abgeordneten Meyer (Wanne-Eickel) und Ritzel sind damit einverstanden, daß die Fragen 23 und 24 zurückgestellt werden wegen der Abwesenheit der zuständigen Minister und ihrer Staatssekretäre.
Ich rufe auf die Frage 25. Das Wort hat die Abgeordnete Frau Meyer-Laule.

Emmy Meyer-Laule (SPD):
Rede ID: ID0210308600

Ist es richtig, daß auf einigen aus den USA in die Bundesrepublik eingeführten Spielwaren das Hakenkreuz angebracht ist?
Wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das Anbringen und Verbreiten der Symbole des Dritten Reiches zu verhindern?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210308700
Das Wort zur Beantwortung dieser Frage hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft. — Ist der Herr Bundesminister für Wirtschaft im Hause?

(Zurufe: Nein!) Ist sein Staatssekretär im Hause?


(Zurufe: Nein! — Abg. Dr. Menzel: Wir werden das mal im Ältestenrat besprechen müssen!)

Meine Damen und Herren, ich kann nur das Bedauern des Hauses darüber aussprechen, daß weder der Herr Bundesminister für Wirtschaft noch sein Staatssekretär da sind.

(Beifall.)

Ich stelle die Frage zurück; ich werde sie bei nächster Gelegenheit in Berlin aufrufen.
Wir stellen auch die Frage 26 zurück; der Herr Abgeordnete Ritzel ist damit einverstanden.
Frage 27 wird ebenfalls zurückgestellt; der Herr Abgeordnete Kortmann ist damit einverstanden.
Ich komme zu der Frage 28. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bucher. — Ist der Herr Abgeordnete Dr. Bucher im Hause?

(Zurufe: Nein!)

Ich stelle die Frage zurück.
Ich rufe auf die Frage 29. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wehr.

Philipp Wehr (SPD):
Rede ID: ID0210308800

Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um sicherzustellen, daß das aus verwesten Fischen gewonnene Öl nicht als Rohstoff zur Herstellung von Speisefetten zur menschlichen Ernährung verwendet wird?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210308900
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Innern.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210309000
Dem Bundesministerium des Innern ist nicht bekannt, daß aus verwesten Fischen gewonnenes Öl als Rohstoff zur Herstellung von Speisefetten für die menschliche Ernährung verwendet wird. Derartige Ole sind ausschließlich für technische Zwecke geeignet. Fischöle, die nach Veredelung als Speiseöle oder nach Härtung als Margarinerohstoffe in den Verkehr gebracht werden, müssen aus einwandfreien Rohstoffen hergestellt sein. Die in der Bundesrepublik vorhandenen Fischextraktions- und Fischmehlfabriken, die zum menschlichen Genuß bestimmte Fischöle herstellen, unterliegen wie alle Lebensmittelbetriebe der amtlichen Überwachung durch die Ordnungsbehörden und deren Sachverständige.


(Staatssekretär Ritter von Lex)

Falls Sie, Herr Abgeordneter, Ihre Anfrage auf bestimmte Beobachtungen stützen, bitte ich, dem Bundesministerium des Innern hierüber eine Mitteilung zugehen zu lassen. Wir werden alsdann im Benehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde das Erforderliche veranlassen.

Philipp Wehr (SPD):
Rede ID: ID0210309100
Danke schön!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210309200
Auf eine Zusatzfrage wird verzichtet.
Ich rufe auf die Frage 30. Das Wort hat der Abgeordnete Faller.

Walter Faller (SPD):
Rede ID: ID0210309300

Was sagt das Bundesfinanzministerium dazu, daß ein Oberfinanzpräsidium die Ausgabe neuer Merkblätter für die Kraftfahrzeugsteuer ablehnt mit der Begründung, die noch vorhandenen 80 000 Stück müßten erst aufgebraucht werden, obgleich sie den erfolgten Änderungen nicht Rechnung tragen?

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0210309400
Herr Abgeordneter, die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer ist Sache der Länder. Infolgedessen kann das Bundesfinanzministerium dazu überhaupt nichts sagen. Das Bundesfinanzministerium kann nur, wenn Sie mir mitteilen, um welches Oberfinanzpräsidium es geht, bei dem zuständigen Landesfinanzminister anfragen. Sonst empfehle ich Ihnen, durch den Landtag des betreffenden Landes den betreffenden Landesfinanzminister befragen zu lassen.

Walter Faller (SPD):
Rede ID: ID0210309500
Ich werde beides tun, Herr Finanzminister.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210309600
Ich rufe die Frage 31 auf. Das Wort hat der Abgeordnete KahnAckermann.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210309700

Ist der Bundesregierung bekannt, daß Tomaten und andere Früchte vom Großhandel zunehmend mit gesundheitsschädlichen, besonders die Schilddrüse schädigenden Chemikalien gespritzt werden, um eine längere Haltbarkeit und ein schöneres Aussehen zu erzielen?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diesen Mißstand abzustellen?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210309800
Der Herr Staatssekretär des Innern.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210309900
Bei Tomaten sind Wahrnehmungen der von Ihnen, Herr Abgeordneter, geschilderten Art bisher nicht gemacht worden. Aus dem Ausland werden aber seit längerer Zeit vorwiegend Apfelsinen und Zitronen geliefert, die zur Minderung des Verderbs bei Transport und Lagerung chemisch konserviert sind. Die chemische Konservierung wird zum Teil durch Eintauchen in sogenannte Reinigungsbäder, hauptsächlich durch Einwickeln der Früchte in Papier, das mit dem Konservierungsmittel getränkt ist, vorgenommen. Die Konservierungsmittel dringen nicht nur in die Schale ein, sondern gelangen auch mehr oder minder bis ins Fruchtinnere. Der Genuß solcher Früchte ist für die Gesundheit bedenklich.
Die Bundesregierung beobachtet mit Sorge, wie die chemische Denaturierung von Lebensmitteln immer weiter um sich greift. Der Begriff der Gesundheitsschädlichkeit im Sinne des Lebensmittelgesetzes muß deshalb in Zukunft strenger ausgelegt werden als bisher. Wir werden nötigenfalls durch Ergänzung der gesetzlichen Bestimmungen den Schutz des Verbrauchers verstärken.

(Beifall.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210310000
Eine Zusatzfrage dazu!

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210310100
Sieht der Herr Staatssekretär praktische Möglichkeiten gegeben, ist vor allem ausreichendes Personal vorhanden und sind Überprüfungsinstitutionen da, um diesen Mißstand auch tatsächlich abzustellen, wenn eine entsprechende Gesetzgebung oder eine Verwaltungsanordnung in diesem Sinne erlassen wird? Dies scheint mir doch die Kardinalfrage zu sein.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210310200
Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210310300
Ich darf darauf antworten, Herr Abgeordneter, daß der Vollzug dieser Bundesgesetze und dieser Rechtsvorschriften nach dem Grundgesetz Sache der Länder ist. Wir werden aber auf die Länder einwirken, daß sie das erforderliche Personal bereitstellen, um die Lebensmittelüberwachung sorgfältig handhaben zu können.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210310400
Eine letzte Zusatzfrage: Ist der Herr Staatssekretär bereit, sich bezüglich der von mir angegebenen Fruchtsorten im Bundeswirtschaftsministerium zu erkundigen, um dort Auskunft darüber zu erhalten?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210310500
Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210310600
Jawohl, wir sind dazu bereit.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210310700
Ich rufe die Frage 32 auf. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kahn-Ackermann.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210310800

Beabsichtigt die Bundesregierung den immer zahlreicher werdenden Fällen von Lebensmittelverfälschung aller Art durch Gesetzgebungsmaßnahmen — z. B. bei Konserven durch schärfere Auszeichnungspflicht über den Inhalt — entgegenzuwirken?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210310900
Der Staatssekretär des Innern.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210311000
Ich darf auf die Antwort Bezug nehmen, die ich zu der vorhergehenden Frage über die chemische Behandlung von Früchten gegeben habe. Nach dem Lebensmittelgesetz dürfen verfälschte Lebensmittel nur bei ausreichender Kenntlichmachung in Verkehr gebracht werden. Darüber hinaus verbieten besondere Rechtsvorschriften für einzelne Lebensmittel Verfälschungen auch bei Kenntlichmachung. Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung, die den obersten


(Staatssekretär Ritter von Lex)

Gesundheitsbehörden der Länder untersteht, ist es, für die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen im Lebensmittelverkehr zu sorgen. Sobald eindeutig feststeht, daß die bestehenden Bestimmungen zum Schutze des Verbrauchers nicht ausreichen, wird die Bundesregierung die Rechtsvorschriften ergänzen. Sie ist dabei an die Zustimmung des Bundesrats gebunden. Im vergangenen Jahr hat der Bundesrat allerdings mehreren Regierungsentwürfen zu Rechtsverordnungen, die den Schutz des Verbrauchers gegen Lebensmittelverfälschungen verbessern sollten, seine Zustimmung versagt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210311100
Eine Zusatzfrage?

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0210311200
Teilt der Herr Staatssekretär die Auffassung, daß z. B. bei konservierter Hühnerbrühe in Trockenform usw., wenn sie nur homöopathische Dosen von Huhn enthält, die Aufschrift „Hühnerbrühe" völlig unzutreffend ist?
Das gleiche gilt etwa für Goulaschkonserven, die höchstens als Goulaschsuppen bezeichnet werden könnten, wenn bei einem Gewicht von 400 Gramm der Fleischinhalt nur 125 Gramm ausmacht.
Drittens. Weiß der Herr Staatssekretär, daß beispielsweise auch bei Touristenkonserven, die jetzt in Mode gekommen sind, die Aufschriften völlig irreführend sind, daß es eine völlige Irreführung des Konsumenten ist, wenn z. B. auf einer 500- oder 400-Gramm-Dose „Bohnen mit Speck" steht und sich ein minimales Stück Speck oder Fleisch darin befindet, und ist er nicht der Auffassung, daß auf dem Gesetzgebungswege hier Abhilfe geschaffen werden muß?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210311300
Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210311400
Ich gehe von der gleichen Auffassung aus, Herr Abgeordneter, wie Sie sie zum Ausdruck gebracht haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210311500
Ich rufe auf die Frage 33. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Stammberger.

Dr. Wolfgang Stammberger (SPD):
Rede ID: ID0210311600

Ist die in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 21. Oktober 1954 von Herrn Staatssekretär Bleek auf meine Anfrage hin angekündigte Vorschrift in den allgemeinen Teil der Geschäftsordnung der Bundesministerien inzwischen aufgenommen worden — wonach im Schriftverkehr mit Privatpersonen von der Höflichkeitsanrede und von der üblichen Schlußformel Gebrauch gemacht werden soll, wenn der Inhalt des Schreibens dies angebracht erscheinen läßt oder wenn das zu beantwortende Schreiben eine entsprechende Anrede enthält —, und warum wird sie im Falle ihres bereits erfolgten Erlasses nicht überall angewandt?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210311700
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210311800
Die von Herrn Staatssekretär Bleek bei der Beantwortung Ihrer Frage, Herr
Abgeordneter, am 21. Oktober 1954 erwähnte Formulierung ist wörtlich in den Entwurf der endgültigen Fassung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, Allgemeiner Teil, aufgenommen worden. Der Entwurf wurde bisher noch nicht durch Kabinettsbeschluß formell in Kraft gesetzt, da beide Teile der Gemeinsamen Geschäftsordnung, der Allgemeine und der Besondere Teil, als ein Ganzes Gegenstand der Beschlußfassung des Kabinetts bilden sollen und da die Fassung des Besonderen Teils noch nicht ganz abgeschlossen ist. Zwischen den Ressorts besteht jedoch Einvernehmen darüber, schon vor der Verabschiedung durch Kabinettsbeschluß nach dem Entwurf der Gemeinsamen Geschäftsordnung I — so nennen wir das — zu verfahren.
Wenn die vork Ihnen erwähnte Vorschrift hin und wieder nicht angewendet worden ist, so kann dies darauf zurückzuführen sein, daß die Bestimmung in eine Sollvorschrift gekleidet ist, die dem Zeichnenden einen Ermessensspielraum im Einzelfall läßt. Näheres könnte also nur gesagt werden, wenn Sie dem Bundesinnenministerium Unterlagen über Fälle zur Verfügung stellten, die Anlaß Ihrer Frage gewesen sind.

Dr. Wolfgang Stammberger (SPD):
Rede ID: ID0210311900
Warum, Herr Staatssekretär, halten Sie ein Ermessen in der Richtung für erforderlich, ob ein Schreiben eine Höflichkeitsanrede enthalten soll oder nicht? Warum ist es nicht eine Selbstverständlichkeit und daher eine Mußvorschrift, daß die Behörde in einem an einen Staatsbürger gerichteten Schreiben von den üblichen Höflichkeitsformeln Gebrauch macht?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210312000
Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210312100
Die Vorschrift selber ist ja auch in gewisser Beziehung auf das Ermessen abgestellt: „wenn der Inhalt des Schreibens dies angebracht erscheinen läßt oder wenn das zu beantwortende Schreiben eine entsprechende Anrede enthält." Ich bin der Auffassung, wenn das Schreiben, eine persönliche Anrede enthält, dann ist es selbstverständlich, daß mit einer Anrede und mit einer Schlußformel geantwortet werden muß. Wenn sich das Schreiben allerdings unter Umständen im Ton, sagen wir einmal, gehen läßt, dann kann eine Ermessensfreiheit gegeben sein, ob man von der Höflichkeitsformel Gebrauch macht.

(Abg. Mellies: Sogenannte schwierige Angelegenheit!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210312200
Meine Damen und Herren! Damit sind alle Fragen aufgerufen.
Ich komme noch einmal auf die Frage 25 zurück. Der Herr Staatssekretär, im Bundeswirtschaftsministerium ist inzwischen hier eingetroffen und hat mir mitgeteilt, daß er aus dienstlichen Gründen verhindert gewesen sei, rechtzeitig da zu sein. Er hat mir gegenüber das Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht.
Ich gebe das Wort der Frau Abgeordneten Meyer-Laule zu Frage 25.

Emmy Meyer-Laule (SPD):
Rede ID: ID0210312300

Ist es richtig, daß auf einigen aus den USA in die Bundesrepublik eingeführten Spielwaren das Hakenkreuz angebracht ist?


(Frau Meyer-Laule)

Wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das Anbringen und Verbreiten der Symbole des Dritten Reiches zu verhindern?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210312400
Der Herr Staatssekretär für Wirtschaft!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210312500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich mußte in Vertretung des zum Bundeskanzler gerufenen Bundeswirtschaftsministers eine Sitzung leiten und sah, daß unsere Frage die Nummer 25 hatte. Ich nahm an, daß man etwa zwei Minuten je Frage hätte rechnen können, und bitte, die Verspätung zu entschuldigen.
Auf die Anfrage kann ich folgendes mitteilen. In einem Bonner Spielzeuggeschäft wurde vor ganz kurzer Zeit ein Spielzeug in Form eines Flugzeugmodells, mit einem Hakenkreuz versehen, verkauft. Es soll sich, wie wir hören, um Spielzeug handeln, das in Amerika hergestellt und über die Schweiz nach Deutschland eingeführt sei.

(Heiterkeit.)

Genaue Mitteilungen werden noch folgen. Deshalb ist aber sofort mit der Amerikanischen Botschaft Fühlung aufgenommen. Die Stadtverwaltung ist über die Dinge unterrichtet worden.
Das Bundesministerium des Innern ist mit der Angelegenheit befaßt und prüft, ob im Bundesgebiet irgendwelche strafrechtlichen oder polizeirechtlichen Bestimmungen vorhanden sind, auf Grund deren die Anwendung nationalsozialistischer Symbole bei Kinderspielzeug unterbunden werden kann. Es hat den Anschein, als ob hier eine echte Gesetzeslücke bestehe. Über die Schließung dieser Lücke werden zur Zeit Verhandlungen mit dem Innen- und dem Justizministerium geführt.

(Erneute Heiterkeit.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210312600
Auf eine Zusatzfrage wird verzichtet. Damit ist die Fragestunde geschlossen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0210312700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zur Geschäftsordnung eine Frage an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages richten. Bei allem Verständnis für eine zeitliche Verhinderung von Mitgliedern der Regierung und von Staatssekretären möchte ich doch den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages bitten, dem Hohen Hause mitzuteilen, was er künftig zu tun beabsichtigt, um auch bei der Durchführung der Fragestunde dafür zu sorgen, daß dem Hohen Hause von der Bundesregierung und ihren einzelnen Gliedern der Respekt entgegengebracht wird, auf den dieses Haus einen Anspruch hat.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210312800
Der Präsident nimmt zu diesem geschäftsordnungsmäßigen Bemerken des Herrn Abgeordneten Ritzel folgendermaßen Stellung: Er wird erneut den Ältestenrat mit dieser Frage befassen. Er macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, daß der Präsident ebenso wie der Ältestenrat stets ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht haben, wenn sich der Fall ergeben hat, daß sowohl der Minister wie der Staatssekretär verhindert sind, an einer
Sitzung des Parlaments teilzunehmen, gleichgültig, ob Fragestunde, und gleichgültig, ob sonst das betreffende Ressort im besonderen angefragt ist. Der Präsident und der Ältestenrat vertreten die Auffassung, daß nur einer der beiden das Ministerium im Parlament vertretenden Herren abwesend sein soll.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Der Präsident wird weiterhin mit dem Ältestenrat darüber sprechen, was in Zukunft getan werden soll, um diesem allgemeinen Grundsatz und dieser allgemeinen Auffassung des Hauses in strengerer Weise Nachachtung zu verschaffen.

(Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Wahl des Abgeordneten Dr. Reif zum Stellvertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates
Ich darf das Haus noch einmal darauf hinweisen, daß der Herr Abgeordnete Dr. Pfleiderer am 16. September 1955 sein Mandat niedergelegt hat und damit auch als stellvertretendes Mitglied des Europarates ausgeschieden ist. Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 21. September 1955 an Stelle des Herrn Abgeordneten Dr. Pfleiderer Herrn Abgeordneten Dr. Reif zur Wahl vorgeschlagen. Wer mit diesem Vorschlag einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ich darf feststellen, daß das Haus diesen Vorschlag einstimmig angenommen hat. Der Herr Abgeordnete Dr. Reif tritt damit an die Stelle des früheren Abgeordneten Dr. Pfleiderer als stellvertretendes Mitglied des Europarates.
Ich komme zu Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Erfindungen von Arbeitnehmern und Beamten (Drucksache 1648).
Ich bin davon unterrichtet, daß auf Begründung verzichtet wird. Ich eröffne die Beratung zur ersten Lesung. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung.
Beantragt ist Überweisung an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht als federführenden Ausschuß und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Arbeit und für Beamtenrecht. Wer mit dieser Überweisung einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Ruhnke, Schwann, Dr. Bartram, Geiger (München), Elsner, Dr Elbrächter und Genosssen eingebrachten Entwurfs eines Rahmengesetzes über Raumordnung (Drucksache 1656).
Auch hier wird auf Begründung verzichtet. Ich eröffne die Beratung in erster Lesung. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. — Ich schließe die Beratung.
Beantragt ist die Überweisung an den Ausschuß für Bau- und Bodenrecht als federführenden Ausschuß, ferner an die Ausschüsse für Wiederaufbau und Wohnungswesen, für Rechtswesen und Verfas-


(Präsident D. Dr. Gerstenmaier)

sungsrecht, für Angelegenheiten der inneren Verwaltung, für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik. Wer mit diesen Überweisungen einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 5 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Drucksache 1586).
Auch hier ist auf Begründung verzichtet worden. Ich eröffne die Beratung in erster Lesung. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung.
Es ist Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht beantragt. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Punkt 6 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die weitere Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Erleichterung der Annahme an Kindes Statt (Drucksache 1598).
Auf Begründung wird auch hier verzichtet. Ich eröffne die Beratung in erster Lesung. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung.
Es ist Überweisung beantragt an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Jugendfragen zur Mitberatung. Wer mit dieser Überweisung einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid bei Neugliederung des Bundesgebietes nach Art. 29 Abs. 2 bis 6 des Grundgesetzes (Drucksache 1661).
Auch hier wird auf Begründung verzichtet. Ich eröffne die Beratung in erster Lesung. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung.
Es ist Überweisung beantragt an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung — federführend — und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur Mitberatung. Wer 'damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beschränkung von Grundeigentum für die militärische Verteidigung (Schutzbereichgesetz) (Drucksache 1664).
Auch hier wird auf Begründung verzichtet. Ich eröffne die Beratung in erster Lesung. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung.
Überweisung ist beantragt an den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit — federführend —, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, an den Ausschuß für Kommunalpolitik und an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung zur Mitberatung. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Punkt 9 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Fraktionen der DP, CDU/CSU, FDP, GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen (Drucksache 1626).
Auch hier wird auf Begründung verzichtet. Ich eröffne die Beratung in erster Lesung. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung.
Es ist Überweisung beantragt an den Ausschuß Air Geld und Kredit als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 10 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur abschließenden Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reichs entstandener Schäden (Kriegsfolgenschlußgesetz) (Drucksache 1659).
Zur Begründung hat das Wort der Herr Bundesminister der Finanzen.

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0210312900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Entwurf eines Kriegsfolgenschlußgesetzes, der heute dem Hohen Hause vorliegt, kommt eine ungewöhnliche politische Bedeutung zu. Er greift ein in finanzielle Beziehungen, die zwischen einer Millionenzahl von Bundesbürgern und dem Deutschen Reich bzw. dem ehemaligen Lande Preußen bestehen. Er hat dementsprechend verständlicherweise schon jetzt ein weitgehendes Interesse in der Öffentlichkeit, vor allem aUch in der Presse, gefunden. Aus diesem Grunde erscheint es mir notwendig, trotz der dem Entwurf beigegebenen ausführlichen Begründung kurz auf die den Gesetzentwurf tragenden Grundgedanken einzugehen und insbesondere aufzuzeigen, daß dieses Gesetz sich organisch einpaßt in die systematische Wiederaufbauarbeit, welche die Bundesrepublik seit ihrem Bestehen geleistet hat.
Das Gesetz trägt die kurze Bezeichnung „Kriegsfolgenschlußgesetz". Durch die Bezeichnung „Schlußgesetz" soll zweierlei zum Ausdruck gebracht werden: erstens, daß dieses Gesetz eine endgültige, abschließende finanzielle Liquidation des Krieges und seiner Folgen beabsichtigt, zum anderen, daß es ein System von Maßnahmen abschließt, welche die Bundesregierung in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet der Kriegsfolgenbeseitigung getroffen hat.
Ich habe gesagt, daß das Gesetz eine abschließende, endgültige finanzielle Liquidation des Krieges und des Zusammenbruchs bezweckt. In der Öffentlichkeit ist vielfach der Gedanke ausgesprochen worden, daß es nicht vertretbar, sogar


(Bundesfinanzminister Schäffer)

unzulässig sei, die rechtliche Ordnung der Schuldverpflichtungen des Reichs und des ehemaligen Landes Preußen auf die derzeitige Lage des öffentlichen Haushalts abzustellen; vielmehr sei es notwendig, etwa in der Art von Besserungsscheinen den Gläubigern die Möglichkeit offenzuhalten, an einer für die Zukunft möglichen günstigeren Gestaltung der Haushaltslage Anteil zu haben.
Der Entwurf ist derartigen Erwägungen nicht gefolgt. Eine ordnungsgemäße Finanzplanung und Steuerpolitik des Bundes setzt voraus, daß baldmöglichst klar übersehen werden kann, welche Mittel in den kommenden Jahren erforderlich sein werden, um die aus der Vergangenheit noch offenen Lasten abzudecken. Jeder Wechsel auf die Zukunft würde ein untragbares Moment der Unruhe und Unsicherheit in unsere Planungsarbeit tragen und — sollte er nicht eingelöst werden können — ein Gefühl angetanen Unrechts entstehen lassen und verewigen. Im übrigen ist die Laufzeit der nach dem Gesetzentwurf für die verbrieften Verbindlichkeiten aufzubringenden Leistungen ohnedies auf 25 Jahre bemessen, während die Härteleistungen, die der Entwurf für die Gläubiger nicht verbriefter Forderungen vorsieht, voraussichtlich erst in etwa 40 Jahren auslaufen werden. Die Höhe der Leistungen ist unter sorgfältigster Abwägung der voraussichtlichen Haushaltsentwicklung im Gesetzentwurf festgesetzt worden.
Ich habe vorhin gesagt, daß durch die Bezeichnung „Schlußgesetz" auch zum Ausdruck gebracht werden soll, daß das Gesetz ein System von Maßnahmen abschließt, welche die Bundesregierung in der Zeit seit 1949 mit dem Ziel der Beseitigung von Kriegsfolgen getroffen hat.
Die Not des Volkes, der sich die Bundesregierung bei Beginn ihrer Tätigkeit gegenübersah, war in ihren im einzelnen zutage tretenden Erscheinungsformen außerordentlich mannigfaltig: Verlust der Heimat, der unterhaltsverpflichteten Angehörigen, der Gesundheit der wirtschaftlichen Existenz, des Arbeitsplatzes, des Vermögens usw. Allen diesen Erscheinungsformen war eines gemeinsam: sie waren Auswirkungen des Krieges und Folgen des Zusammenbruchs.
Als eine solche Erscheinungsform dieser kriegsbedingten Schäden ist aber auch die Tatsache anzusehen, daß die Forderung gegen das Reich und das ehemalige Land Preußen mit dem Zusammenbruch und den Auswirkungen des totalen Krieges deshalb notleidend geworden war, weil Reich und Land Preußen zusammengebrochen waren. Die Bundesregierung war sich darüber im klaren, daß im Hinblick auf die gemeinsame Entstehungsursache aller dieser Tatbestände die Unterschiedlichkeit der Erscheinungsformen bei einer gesetzlichen Regelung nicht entscheidend ins Gewicht fallen dürfe.
Theoretisch standen zwei Wege offen, auf denen ein Ausgleich dieser Schäden und Verluste versucht werden konnte: der Weg eines unmittelbaren Individualausgleichs und der mittelbare Weg, durch allgemeine wirtschaftsfördernde und sozialpolitische Maßnahmen die Voraussetzung zu schaffen für eine Ausdehnung der Produktion und für die Eingliederung der Arbeits- und Heimatlosen in den Produktionsprozeß, für die wohnliche Unterbringung der Obdachlosen und die allgemeine Hebung des Lebenshaltungsniveaus. Nur der
letzte Weg war bei der finanziellen Situation der öffentlichen Hand angebracht. Er allein bot auch die Gewähr für einen zweckmäßigen Einsatz der verfügbaren Mittel. Nur auf diesem Weg war es möglich, die Not von ihrer unmittelbaren Ursache her erfolgreich zu bekämpfen. Der Bund hat diesen Weg des wirtschaftlichen Wiederaufbaus Deutschlands erfolgreich beschritten. Die Regierung hat sich dabei auch nicht in ihrer Annahme getäuscht gesehen, daß die Auswirkungen eines solchen Wiederaufbaus viele Geschädigte in die Lage versetzen würden, aus eigener Kraft die ihnen entstandenen Schäden und Verluste ganz oder doch zum erheblichen Teil auszugleichen.
Es ist schon in der Begründung zum Gesetzentwurf darauf hingewiesen und durch Zahlen im einzelnen belegt, daß die Leistungen, welche die Gesamtheit der Steuerzahler zum Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft und in Erfüllung sonstiger kriegsbedingter Lasten aufgebracht hat, vermutlich über alles hinausgehen, was jemals in der Geschichte von einem Volk in ähnlicher Lage vollbracht worden ist: Von 1950 bis einschließlich 1955 haben die mit dem Ziel des Wiederaufbaus der Wirtschaft aus öffentlichen Mitteln erbrachten Leistungen über 19 Milliarden DM und die sonstigen Kriegsfolgelasten, wie etwa Zuschüsse zur Sozialversicherung, Finanzhilfe Berlin, Wohnungs- und Siedlungsbau, Arbeitslosenhilfe usw. über 34 Milliarden DM betragen. Nicht berücksichtigt sind dabei die Verteidigungs- und Besatzungslasten, die bis Ende 1955 46,5 Milliarden DM betragen haben werden. Das ist also eine Gesamtleistung, die über 100 Milliarden DM hinausgeht.
Die Bundesregierung ist sich darüber im klaren, daß der Einsatz dieser ungeheuren Mittel weder möglich gewesen wäre noch ausgereicht hätte, die Aufgabe der Kriegsfolgenbeseitigung weitgehend zu lösen ohne den bedingungslosen Einsatz der Arbeitskraft des gesamten Volkes.
In welchem Umfange es gelungen ist, durch diese beiden zusammenwirkenden Faktoren dieser Aufgabe der Kriegsfolgenbeseitigung gerecht zu werden, beweist am sinnfälligsten die Entwicklung des Bruttosozialprodukts in der Bundesrepublik. Es betrug je Kopf der Bevölkerung im Bundesgebiet und in den jeweiligen Preisen:
1936 1255 RM
1949 1697 DM
1950 1899 DM
1951 2363 DM
1952 2600 DM
1953 2742 DM
1954 2934 DM.
Selbstverständlich waren alle diese aus wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend, entschädigungsrechtliche Regelungen überhaupt entbehrlich zu machen. Die Bundesregierung hat deshalb in Durchführung einer sehr umfangreichen sozialen Gesetzgebung in erheblichem Maße auch unmittelbare Entschädigungen gewährt, so etwa im Rahmen der Soforthilfe, des Lastenausgleichs, der Kriegsfolgenhilfe, der Kriegsopferversorgung, der Versorgung der verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes usw. Die für derartige unmittelbare Entschädigungen von 1950 bis 1955 aufgebrachten Leistungen belaufen sich wieder auf mehr als 44 Milliarden D-Mark.


(Bundesfinanzminister Schäffer)

Im Zuge dieser systematisch betriebenen Politik einer Liquidation des Krieges kommen nunmehr nur noch folgende Gebiete für eine gesetzliche Regelung in Betracht:
1. die Verbindlichkeiten des Deutschen Reichs einschließlich der Sondervermögen Deutsche Reichsbahn und Deutsche Reichspost und des ehemaligen Landes Preußen,
2. die Besatzungsschäden, die Reparations- und Restitutionsschäden,
3. die Verbindlichkeiten aller sonstigen nicht mehr bestehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Die Schadensgruppen 1 und 2 sind in dem vorliegenden Entwurf des Kriegsfolgenschlußgesetzes behandelt. Die noch durch spätere Gesetzgebung zu treffende Regelung der unter 3 genannten Verbindlichkeiten, darunter vor allem der NS-Verbindlichkeiten, wird sich wesentlich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auszurichten haben. Insofern ist dieses Gesetz der entscheidende Schlußstein in dem System von Maßnahmen zur Liquidation des Krieges.
Die Bundesrepublik ist zur Regelung dieser noch offenen Verbindlichkeiten und Schäden verpflichtet, und zwar hinsichtlich der genannten Verbindlichkeiten durch den ihr in Art. 134 Abs. 4 und Art. 135 Abs. 5 des Grundgesetzes erteilten Auftrag hinsichtlich der Besatzungsschäden, der Reparations- und Restitutionsschäden nach dem Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen. Die Regelung der genannten Verbindlichkeiten ist auch notwendig, weil die vorerwähnten wirtschaftspolitischen Maßnahmen, auch soweit sie den einzelnen in die Lage versetzen, den Ausgleich der auf ihn entfallenden Kriegsfolgen aus eigener Kraft vorzunehmen, den formalen Bestand der Forderungen nicht beeinträchtigen können. Auch die Währungsgesetzgebung und das Grundgesetz haben den Fortbestand dieser Forderungen nicht berührt. Hinsichtlich der preußischen Verbindlichkeiten ist zwar mit dem Untergang Preußens der Schuldner weggefallen, nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 46 ist jedoch der Fortbestand der Verpflichtungen Preußens zu unterstellen. Die Regelung der Verbindlichkeiten des Reichs und des ehemaligen Landes Preußen Ist nicht nur notwendig, sie ist auch vordringlich. Es ist nicht zu bestreiten, daß die Gläubiger dieser Ansprüche ein berechtigtes Interesse daran haben, Klarheit darüber zu erhalten, ob und welche Leistungen sie noch wegen ihrer Ansprüche zu erwarten haben. Darüber hinaus hat das Fehlen einer gesetzlichen Regelung schon weitgehend Bestrebungen ausgelöst, die bestehende Gesetzeslücke im Wege der Rechtsprechung auszugleichen, und zwar mitunter durch Rechtskonstruktionen, die zu einer starken Unsicherheit im Rechtsleben geführt haben.
Die Dringlichkeit der Regelung ergibt sich auch aus der im Londoner Schuldenabkommen von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtung, in Verhandlungen mit den ausländischen Gläubigern des Reichs oder des ehemaligen Landes Preußen über die Regelung ihrer Ansprüche einzutreten, falls das Problem der Verbindlichkeiten nicht bis zum 1. Januar 1954 gesetzlich geregelt sein sollte. Die Einhaltung dieser Frist war aus technischen Gründen nicht möglich. Dennoch haben die ausländischen Gläubiger aus der Versäumung dieser
Frist Rechte bisher nicht hergeleitet, nachdem ihnen in mehrfachen Verhandlungen der alsbaldige Erlaß des Gesetzes in Aussicht gestellt worden war.
Die Bundesregierung hat in dem Gesetzentwurf die Regelung der vorgenannten Verbindlichkeiten grundsätzlich nach sozialen Gesichtspunkten vorgesehen. Eine quotale Regelung hätte der eben aufgezeigten bisherigen Politik der Kriegsfolgenbeseitigung widersprochen, wäre auch weder verwaltungstechnisch noch finanziell durchführbar. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf verweisen, daß der Gesamtumfang der verbrieften Verbindlichkeiten, welche das Kriegsfolgenschlußgesetz regelt, 391 Milliarden RM beträgt, daß die Gesamtsumme der im Zeitpunkt des Zusammenbruchs noch offenen nicht verbrieften Verbindlichkeiten des Reichs und Preußens nach Schätzungen, die gegen Kriegsende im Reichsfinanzministerium angestellt wurden, ebenfalls mit rund 400 Milliarden RM angenommen werden muß. Diese Verpflichtungen bestehen gegenüber einer Millionenzahl von Einzelgläubigern. Ihre quotale Regelung würde einen Verwaltungsaufwand erfordern, der in keinem Verhältnis zu einer unserer finanziellen Lage entsprechenden Quote stehen würde.
Die vorgesehene soziale Regelung, d. h. die Gewährung von Leistungen grundsätzlich nur an Personen, die infolge der Nichtbedienung der Reichsverbindlichkeiten in eine wirtschaftliche Notlage geraten sind, ist auch rechtlich zulässig. Art. 134 Abs. 4 des Grundgesetzes, aus welchem die Bundesregierung die Ermächtigung und Verpflichtung zu der gesetzlichen Regelung der Reichsverbindlichkeiten herleitet, stellt den Gesetzgeber frei von Beschränkungen, die sich etwa aus den Enteignungsbestimmungen des Art. 14 des Grundgesetzes ergeben könnten. Der Tatbestand der Enteignung ist auch aus dem Grund nicht gegeben, weil die Forderungen gegen das Reich infolge des Zusammenbruchs ihren inneren wirtschaftlichen Wert verloren haben und deshalb eine Vernichtung der nur formal noch bestehenden Ansprüche eine Verschlechterung in der Vermögenslage des Gläubigers nicht eintreten läßt.
Die erste Bestimmung des Gesetzentwurfs ist zugleich auch ihre wesentlichste. Sie besagt, daß wegen aller Ansprüche gegen das Reich und das ehemalige Land Preußen und wegen aller Kriegsfolgeschäden, die nicht bereits nach dem Zusammenbruch geregelt worden sind oder deren Regelung noch ausdrücklich vorbehalten geblieben ist, Leistungen nur insoweit verlangt werden können, als dieses Gesetz solche ausdrücklich vorsieht. Damit werden alle Ansprüche gegen die vorgenannten Rechtsträger als erloschen erklärt, und hinsichtlich der Kriegsfolgeschäden wird der Gesetzgeber angewiesen, dieses Problem als durch den Lastenausgleich, das Bundesversorgungsgesetz und andere auf diesem Gebiet erlassene Gesetze als abgeschlossen zu betrachten.
Bei der Beratung des Gesetzentwurfs hat sich gezeigt, daß es nicht vertretbar wäre, den vorgenannten Grundsatz ausnahmslos durchzuführen. Der Grund dafür, die Verbindlichkeiten als erloschen zu erklären, liegt im wesentlichen in der durch den Zusammenbruch eingetretenen Leistungsunfähigkeit der öffentlichen Hand als Schuldnerin. Es gibt nun aber Ansprüche, denen gegen-


(Bundesfinanzminister Schäffer)

über ein Hinweis auf diese Leistungsunfähigkeit versagen muß. Das gilt etwa für die dinglichen Verpflichtungen, für Verpflichtungen, die erst nach dem Zusammenbruch im Namen und im Auftrag des Reichs eingegangen wurden, für Kaufpreisansprüche aus Grundstückserwerbsverträgen, für Verbindlichkeiten auf Zahlung einer sich auf die Zeit nach dem Zusammenbruch beziehenden Nutzungsentschädigung und für Ansprüche aus im Zeitpunkt des Zusammenbruchs beiderseits noch nicht erfüllten Verträgen, sofern der Bund auf Erfüllung der ihm zustehenden vertraglichen Leistung besteht. Soziale Erwägungen waren dafür maßgebend, das Erlöschen der Ansprüche nicht auf solche Forderungen zu erstrecken, die auf eine Versorgung des Berechtigten gerichtet sind, weil hier die Erfüllung der Forderung im allgemeinen die Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der physischen Existenz des Berechtigten ist und deswegen hier die Interessen der öffentlichen Hand gegenüber den Interessen des einzelnen zurücktreten müssen. Soweit in den genannten Ausnahmetatbeständen der Gesetzentwurf eine Erfüllung der Ansprüche vorsieht, sind für das Maß der zu erbringenden Leistung neben dem jeweiligen Rechtsgrund die allgemeinen Bestimmungen des Umstellungsgesetzes maßgebend.
Für alle sonstigen Gläubiger nichtverbriefter Forderungen gegen das Reich und das ehemalige Land Preußen sieht das Gesetz Leistungen nur unter der Voraussetzung vor, daß die Gläubiger sich in einer sozialen Notlage befinden und diese soziale Notlage durch die Nichterfüllung der ihnen zustehenden Forderungen verursacht ist. Da das Bestehen eines solchen sozialen Notstandes Voraussetzung für die Gewährung von Härteleistungen ist, sind diese Härteleistungen auch nur in dem Umfang zu erbringen, als dies zur Beseitigung der sozialen Notlage notwendig ist. Die Voraussetzungen, unter denen eine dringende soziale Notlage anzunehmen ist, sollen in einer Rechtsverordnung festgelegt werden, welche die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erläßt. Die Arbeiten an dem Entwurf einer solchen Rechtsverordnung sind darauf abgestellt, daß dieser Entwurf nach Möglichkeit gleichzeitig mit der Aufnahme der Ausschußberatungen über den vorliegenden Gesetzentwurf vorgelegt werden kann.
Eine von der Behandlung der nichtverbrieften Verbindlichkeiten in wesentlichen Punkten abweichende Regelung sieht der vorliegende Entwurf für die mittel- und langfristigen verbrieften Ansprüche gegen das Reich und seine Sondervermögen sowie das ehemalige Land Preußen vor. Zwar gehen auch diese Forderungen unter, doch werden für sie bestimmte neue Ablösungsansprüche gebildet.
Es ist bei den Arbeiten an dem Gesetzentwurf Gegenstand sehr langer und ernsthafter Beratungen zwischen den beteiligten Bundesverwaltungen gewesen, ob es aus rechtssystematischen, aus politischen und verfassungsrechtlichen Gründen vertretbar sei, eine solche Sonderregelung für die verbrieften Forderungen gegen das Reich zu treffen. Denn es kann nicht verkannt werden, daß es einen Bruch mit der bisherigen Politik bedeutet, die Kriegsfolgenbeseitigung im Wege einer Sozialgesetzgebung zu regeln, wenn hier einem Teil der Gläubiger des Reichs Leistungen ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Lage gewährt werden. Man mag auch einwenden können, daß hierdurch ein starkes Spannungsverhältnis geschaffen würde zu der Regelung, die für die Gläubiger nichtverbriefter Forderungen getroffen ist.
Wenn der Entwurf dennoch eine quotale Regelung dieser verbrieften Ansprüche vorgesehen hat, so aus der Erwägung, daß auch dieser Regelung ein sozialer Charakter zukommt, da es sich hier im allgemeinen um Vermögensanlagen handelt, deren völlige Entziehung eine besondere Härte darstellen würde. Ein weiterer Grund ergibt sich aus der Notwendigkeit der Erhaltung des Anleihekredits des Bundes. Dieser letzte Gesichtspunkt erscheint mir von Bedeutung. Denn es ist kein moderner Staat denkbar, der seinen Aufgaben auf die Dauer ohne langfristig aufgenommene Kredite gerecht werden kann. Ein entscheidender rechtlicher Gesichtspunkt ist der Charakter des Wertpapiers als einer abstrakten, von den Ursachen der Schuldverpflichtung völlig unabhängigen Forderung. Die Erhaltung des Staatskredits ist auch eine Existenzvoraussetzung jedes modernen Staats, und diese staatspolitischen Notwendigkeiten müssen den Vorrang vor Erwägungen rechtssystematischer Art haben. Aus den genannten Gründen kann auch die Sonderbehandlung der verbrieften Verbindlichkeiten nicht als verfassungswidrig bezeichnet werden, da jede sachlich begründete ungleiche Behandlung gleicher Tatbestände durch den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes nicht ausgeschlossen wird.
Auf einen Umstand möchte ich in diesem Zusammenhang mit aller Deutlichkeit hinweisen. Der Gesetzentwurf sieht eine Ablösungsquote in Höhe von 6,5 % des abzulösenden Betrags vor. Es sind nun in der Öffentlichkeit, vor allem in der Presse, wiederholt Stimmen lautgeworden, daß die Umstellung, welche die Obligationen der Länder, der Gemeinden und der Industrie im Umstellungsgesetz erfahren haben, dazu zwinge, auch die verbrieften Verbindlichkeiten des Reichs grundsätzlich in Höhe von 10 % des Reichsmarkbetrags abzulösen. Einer solchen Erhöhung der Ablösungsquote müßte sich die Bundesregierung mit aller Energie widersetzen. Es besteht keinerlei Verpflichtung, die Regelung der verbrieften Reichsverbindlichkeiten der allgemeinen Regelung des Umstellungsrechts auf anderen Gebieten voll anzugleichen. Schon in der Begründung zum vorliegenden Gesetz ist darauf hingewiesen, daß die Durchführung einer solchen Angleichung praktisch gleichbedeutend wäre mit einer Revision der Währungsreform, die seinerzeit überhaupt nur durch Ausklammerung des Problems der Reichsverbindlichkeiten ermöglicht worden ist. Eine solche Revision der Währungsreform wäre aber von unabsehbaren Folgen für die Stetigkeit der deutschen Währung und damit des deutschen Wirtschaftslebens.
Im übrigen hat das Umstellungsgesetz die Bankeinlagen ebenfalls nur im Verhältnis 100 : 6,5 auf Deutsche Mark umgestellt. Da aber die Bankeinlagen in der Zeit des Dritten Reichs auf Grund behördlichen Zwangs zum ganz überwiegenden Teil zur Zeichnung von Reichsanleihen Verwendung gefunden haben, würde eine Ablösungsquote von 10 % des Reichsmarkbetrags mit Sicherheit berechtigte Forderungen der Bankeinleger auslösen, den Umstellungssatz für ihre Bankeinlagen entsprechend der Ablösungsquote zu erhöhen. Denn es erscheint mir ungerecht, einen Bankeinleger, der gegen seinen Willen mittelbarer Reichsanleihen-


(Bundesfinanzminister Schäffer)

gläubiger geworden ist, schlechter zu behandeln als einen Anspruchsberechtigten, der unmittelbar, aus freiem Willen im Wege der Zeichnung oder des rechtsgeschäftlichen Erwerbs Anleihegläubiger des Reiches wurde.
Außerdem erscheint mir die grundsätzliche Nichtbedienung der nichtverbrieften Ansprüche rechtlich und politisch nur dann vertretbar, wenn in dem vorliegenden Gesetz den Gläubigern verbriefter Ansprüche nur eine verhältnismäßig geringe, der deutschen Leistungskraft entsprechende Ablösungsquote zugestanden wird. Gegenüber diesen grundsätzlichen Erwägungen gegen eine höhere Ablösungsquote als 6,5 °/o treten Bedenken, die auf Grund der begrenzten Leistungsfähigkeit des Bundes außerdem gegeben sind, zurück.
Folgende Tatbestandsbereiche von Kriegsfolgeschäden konnten im vorliegenden Gesetzentwurf noch keine abschließende Regelung finden: Besatzungsschäden, für welche nach dem Gesetz Nr. 47 der Alliierten Hohen Kommission Entschädigung zu leisten ist; die rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Reichs und des ehemaligen Landes Preußen; die Reparations- und Restitutionsschäden.
Bei der Regelung der Besatzungsschäden handelt es sich um ein Sondergebiet, dessen Einbeziehung in den vorliegenden Entwurf Gründe verwaltungstechnischer Art entgegenstanden. Ein Gesetz über diese Sonderregelung ist Ihnen in der Zwischenzeit j a bereits zugegangen.
Auch bei den rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Reichs handelt es sich um ein Sondergebiet, dessen Regelung sich in den Rahmen des vorliegenden Gesetzentwurfs schwerlich einfügen läßt. Der Gesetzentwurf über dieses Sonderproblem wird in Kürze den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden.
Hinsichtlich des Problems der Reparations- und Restitutionsschäden halte ich den Zeitpunkt noch nicht für gegeben, eine gesetzliche Regelung zu treffen. Es erscheint vielmehr notwendig, den Ausgang der weiteren Verhandlungen mit den ausländischen Staaten über eine Freigabe des deutschen Vermögens abzuwarten. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß sich im Verlauf dieser Verhandlungen bei den ausländischen Staaten die Einsicht in die Unverletzbarkeit des Privateigentums doch noch durchsetzen wird.
Gerade die Reparations- und Restitutionsschäden haben aber in vielen Fällen einen so schwerwiegenden Eingriff in die wirtschaftliche Lage der betroffenen Personen und Unternehmen zur Folge gehabt, daß es eine unzumutbare Härte bedeuten würde, die Betroffenen ausschließlich auf die kommende Gesetzgebung zu vertrösten. Auch Erwägungen volkswirtschaftlicher Art werden in vielen Fällen dafür sprechen, die Möglichkeit einer beschränkten Hilfeleistung schon vor einer künftigen abschließenden Regelung der Reparations- und Restitutionsschäden vorzusehen. Diesen Gegebenheiten trägt der Entwurf dadurch Rechnung, daß er einmal die Reparations- und Restitutionsgeschädigten, welche durch die ihnen entstandenen Schäden in eine dringende soziale Notlage geraten sind, in die für die Gläubiger nichtverbriefter Forderungen vorgesehene Härteregelung einbezieht. Außerdem soll nach § 81 des Entwurfs die Bundesregierung ermächtigt werden, Darlehen zur Durchführung volkswirtschaftlich förderungswürdiger
Wiederaufbau- oder Ausbauvorhaben natürlichen oder juristischen Personen zu gewähren, die durch Reparations- oder Restitutionsmaßnahmen geschädigt worden sind.
Die finanzielle Belastung des Bundeshaushalts, die das Gesetz nach dem vorliegenden Entwurf mit sich bringen würde, ist jährlich mit rund 200 Millionen DM zu veranschlagen. Eine höhere Haushaltsbelastung halte ich im Hinblick auf die derzeitige Haushaltslage und auch auf die voraussehbare künftige haushaltsmäßige Entwicklung für untragbar. Von diesen rund 200 Millionen DM jährlich werden schätzungsweise für die Gruppe zu erfüllender nichtverbriefter Verbindlichkeiten jährlich bis zu 35 Millionen DM aufzuwenden sein. Es kann allerdings angenommen werden, daß sich dieser Betrag nach Ablauf von etwa fünf Jahren verringert.
Die Bedienung der Ablösungsschulden wird einen jährlichen Haushaltsbedarf von schätzungsweise 76 Millionen DM erforderlich machen. Da die Tilgung dieser Ablösungsschulden erst mit dem Rechnungsjahr 1960 einsetzen soll, werden sich bis dahin Einsparungen in Höhe von etwa 26 Millionen DM jährlich ergeben, die jedoch zu einer aus verwaltungstechnischen Gründen unbedingt notwendigen vorzeitigen Ablösung der Bagatellbeträge Verwendung finden sollen.
Der für die Härteregelung notwendige Finanzbedarf ist schwer zu schätzen. Auf Grund gewisser Erfahrungen, die aus der Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes gewonnen werden konnten, glaubt die Bundesregierung, daß die Durchführung des Härteverfahrens einen Bedarf von etwa 50 Millionen DM jährlich erfordern wird. Treffen die vorgenannten Berechnungen zu, so würden — bei einem für die Zwecke des Kriegsfolgenschlußgesetzes erfolgenden Haushaltsansatz von jährlich 200 Millionen DM — etwa weitere 50 Millionen DM jährlich für die wirtschaftsfördernden Maßnahmen zur Verfügung stehen, die das Gesetz zugunsten der reparations- und restitutionsgeschädigten Personen und Unternehmungen vorsieht.
Darüber hinaus ist es meine Pflicht, darauf hinzuweisen, daß die Durchführung dieses Gesetzes auch einen sehr erheblichen Aufwand an Sach-
und Personalkosten verursachen wird.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch einige allgemeine Bemerkungen anfügen. Die Abneigung, sich an überstandene Zeiten der Not zurückzuerinnern, ist wohl eine allgemein menschliche Erscheinung. Auch unserem Volk ist, wie mir scheint, der Wille oder die Neigung zur Zurückerinnerung an die Tage des Krieges und des Zusammenbruchs weitgehend abhanden gekommen. Das Gesetz zwingt zu einer solchen Rückerinnerung. Es ist der finanzielle Niederschlag eines totalen Zusammenbruchs durch einen total geführten Krieg. Das Ergebnis kann nur ein unerfreuliches sein.
Dennoch wird dieser Entwurf starker Kritik begegnen, gerade bei denen, die den Zusammenbruch und die Folgen des Zusammenbruchs vergessen wollen, und es wird die Auffassung vertreten werden, daß die Ansprüche gegen das Reich und die Kriegsfolgeschäden im Rahmen dieses Gesetzes eine großzügigere Regelung erfahren müßten. Ich bitte jedoch, bei Ihren Beratungen und Beschlußfassungen sich folgendes vor Augen zu halten.
Erstens: Bei einer Gesamtverschuldung des Reichs von rund 800 Milliarden RM, wie sie bei


(Bundesfinanzminister Schäffer)

Ende des Krieges bestanden hat, ist der wirtschaftliche Wert der einzelnen Forderung am Tage des Zusammenbruchs folglich Null gewesen. Nur die Form ist bestehengeblieben. Wenn deshalb das Gesetz diese Forderungen im wesentlichen untergehen läßt, so trifft es auch nur diese bestehengebliebene äußere Form des Anspruchs. Es entzieht keine wirtschaftlichen Werte. Nicht das Gesetz ist hart, hart waren der Krieg und dessen Folgen,

(Sehr richtig! in der Mitte)

welche die Forderungen ihres wirtschaftlichen Wertes entkleidet hatten.
Zweitens: Die Entwertung der Ansprüche gegen das Reich ist eine der mannigfachen Folgen des Krieges. Die dem Gesetzgeber obliegende Aufgabe der Kriegsfolgenbeseitigung muß in sich abgewogen werden. Aus Gründen gleichmäßiger Gerechtigkeit sind die Leistungen dieses Gesetzes zu messen an den Leistungen, welche die öffentliche Hand — etwa auf Grund des Bundesversorgungs- oder Lastenausgleichsgesetzes — für Schäden und Verluste anderer Art gewährt, die ebenfalls ihre Ursache in der Ausgabenwirtschaft des Dritten Reichs, im Krieg und Zusammenbruch haben. Es handelt sich um Schäden, deren Höhe und deren Bedeutung weit schwerer wiegen als reine und ausschließliche Vermögensschäden.
Drittens: Die schwersten, durch die Nichterfüllung der Reichsverbindlichkeiten ausgelösten Härten sind in den Kreisen der Gläubiger nichtverbriefter Forderungen zu suchen, deren Anliegen im allgemeinen allerdings nicht durch Interessenverbände vertreten werden. Darum kommt nach meiner Auffassung der Härteregelung dieses Gesetzes eine besondere Bedeutung zu.
Ich habe vorhin gesagt, daß die Fähigkeit oder die Neigung, uns an die überstandene Zeit des Zusammenbruchs und der Not zurückzuerinnern, auch uns weitgehend abhanden gekommen ist. Darin liegt eine große Gefahr, die Gefahr nämlich, daß wir es unterlassen oder unfähig werden, aus der Vergangenheit zu lernen. Ich bitte Sie, mit dafür Sorge zu tragen, daß ein solcher Vorwurf gegen niemand von uns mit Recht erhoben werden kann. Möge dieser Gesetzentwurf uns zeigen, daß eine unsozialere Maßnahme eines Staates kaum denkbar ist als die einer deckungslosen Ausgabenwirtschaft. Möge ich bei Ihnen auch bei der Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs immer Verständnis und Unterstützung finden für mein Bemühen, aus Gründen einer finanzwirtschaftlichen Ordnung und der Sicherheit unserer Währung keine Leistungsverpflichtungen unseres Staates zuzugestehen, für die eine volle Deckung nicht gewährleistet ist und deren Erfüllung den deutschen Steuerzahler überbeanspruchen muß.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0210313000
Sie haben die Einbringung des Kriegsfolgenschlußgesetzes gehört. Ich eröffne die Beratung der ersten Lesung. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Lindenberg.

Dr. Heinrich Lindenberg (CDU):
Rede ID: ID0210313100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ältestenrat hat für die heutige Debatte den Wunsch ausgesprochen, die Aussprache in der ersten Lesung möglichst kurz zu halten. Ich bin dadurch vor eine schwere Aufgabe gestellt in Ansehung der Fülle der Probleme, der Weitschichtigkeit der Materie und der komplexen Gesetzesfassung. Ich könnte mich meiner
heutigen Aufgabe allerdings sehr schnell entledigen, wenn ich dem vorliegenden Entwurf des Kriegsfolgenschlußgesetzes bedingungslos zustimmen könnte. Leider kann ich das nicht. Ich will eingangs nicht verkennen, daß dieser Entwurf doch schon in wesentlichen Punkten eine Verbesserung aufzeigt gegenüber den Gedankengängen, die früher im Bundesfinanzministerium erörtert worden sind, und einer Art Vorentwurf. Während man in diesen Vorentwürfen nur von einer sozialen Umstellung ausgehen wollte, zudem noch die juristischen Personen ausgeschlossen hat, ist man jetzt zu einer anderen Version durchgedrungen. Aber auch diese andere Version muß — leider, wie ich soeben schon sagte — in verschiedener Hinsicht von uns überprüft werden und kann so nicht übernommen werden.
Meine Bedenken richten sich in erster Linie gegen die grundlegende Konzeption und dann selbstverständlich auch gegen die einzelnen Folgerungen, gegen die Ausprägung gewisser Materien im Anschluß an diese grundlegende Konzeption. Ich darf zunächst einmal einige Worte zu dem Grundsätzlichen sagen, gewissermaßen zu der Generallinie, mit der wir uns abzufinden haben.
Das Kriegsfolgenschlußgesetz will, wie sein Name sagt, einen Schlußstrich ziehen unter eine restliche Konkursmasse, die aus dem Hitlerregime, aus dem verlorenen Krieg, aus dem Zusammenbruch auf den Bund überkommen ist. Dabei muß man aber von vornherein berücksichtigen, daß, wie auch der Herr Minister ausgeführt hat, einige Gebiete ausgeklammert werden mußten. Der Schlußstrich wird also nicht über die ganze Seite gezogen und kann auch nicht über die ganze Seite gezogen werden. Das Gebiet der Besatzungsschäden, der Restitutions- und Demontagegeschädigten und das Gebiet der Auslandsgläubiger- und anderer Fragen konnten nicht gleichzeitig mit dem Kriegsfolgenschlußgesetz geregelt werden. Wir wissen aber, daß z. B. über die Besatzungsschäden ein Gesetzentwurf vorliegt. Ich bin. dahin unterrichtet, daß über die rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Reiches ebenfalls ein Entwurf vorliegt. Weiter mußten ausgeklammert werden oder, richtiger gesagt, konnten noch nicht behandelt werden die Ansprüche gegen das NS-Vermögen und gegen die früheren Körperschaften des NS-Regimes. Wir müssen uns hier noch gedulden. Im übrigen erfaßt das Kriegsfolgenschlußgesetz in seinem Hauptpunkt die Ansprüche einer bestimmten Personengruppe, die bislang nicht zum Zuge gekommen ist.
Das Hohe Haus hat sich in dieser und auch in der vorigen Sitzungsperiode verschiedentlich mit Kriegsfolgeschäden im weiteren Sinne befassen müssen. Das war natürlich. Beim Zusammenbruch und später, als die Verfassung ein Arbeiten des Parlaments und der Bunderegierung erlaubte, mußte in erster Linie Vorsorge getroffen werden für den Schutz der Flüchtlinge, der Vertriebenen, der Heimkehrer, für den Schutz der unter dem NS-Regime politisch und rassisch verfolgten Menschen. Später kamen andere Probleme an uns heran: die Abfindung der Kriegsversehrten, der Witwen, und die Rentenaufbesserung. Die Probleme überstürzten sich. Hier mußte zunächst geholfen werden; denn hier handelte es sich um Fragen des Wiederanfangs eines staatlichen Zusammenlebens.
Darüber ist die andere Personengruppe in den Hintergrund getreten. Um welche Personengruppe bandet es sich? Der Herr Minister hat das vorhin


(Dr. Lindenberg)

schon ausgeführt. Es sind in erster Linie die Reichsgläubiger, die Gläubiger aus konkreten Verträgen, es sind Gläubiger, die Ansprüche auf Enteignungsentschädigung geltend machen wollen, und überhaupt Kriegsgeschädigte generell, soweit nicht ihre besonderen Anliegen in den von mir erwähnten Gesetzen bereits berücksichtigt worden sind.
Wenn wir dieses jetzt feststellen, dürfen wir wohl sagen, daß wir dieser Personengruppe, diesen Menschen Dank dafür schulden, daß sie mit ihren Forderungen gewartet und uns Zeit gegeben haben, zunächst einmal die anderen, vordringlichen Probleme zu erledigen. Diesen Dank brauchen wir nicht damit einzuschränken, daß wir sagen: sie konnten ja gar nicht anders, weil ihnen § 14 des Umstellungsgesetzes die Geltendmachung ihrer Rechte verbot.
Wie will man nun dieser Personengruppe heute im Rahmen des Kriegsfolgenschlußgesetzes helfen? Daß ihnen geholfen werden soll, ist klar und von den federführenden Ministern verschiedentlich, nicht erst heute, sondern auch in anderen Diskussionen hier im Bundestag und auch in der Öffentlichkeit, erklärt worden. Der Herr Minister hat wiederholt gesagt, daß eine faire und gerechte Lösung gefunden werden sollte. Meine Damen und Herren, das ist ein großes Wort. Dieses große Wort schließt auch eine schwere Verpflichtung in sich. Ich glaube, daß sich der Herr Minister dieser Verpflichtung bewußt ist.
Um die Größe dieser Verpflichtung zu zeigen, darf ich noch einmal kurz die Zahlen zusammenstellen, die Erbmasse registrieren, um die es sich hier handelt. Die Zahlen sind genannt; ich will sie addieren, in einem anderen Zusammenhang aufzeigen.
Da sind zunächst einmal diejenigen, die Ansprüche allgemeiner Art gegen das Reich — und heute gegen den Bund — geltend machen können: ein Komplex von rund 400 Milliarden R-Mark. Dazu kommen als weiterer Komplex die sogenannten verbrieften Verbindlichkeiten, deren Umfang schätzungsweise auch bei etwa 390 bis 400 Milliarden R-Mark liegt. Als letzte Gruppe erwähne ich die Demontagegeschädigten und Restitutionsgeschädigten, diejenigen Geschädigten, die Verluste an Auslandsvermögen haben, Geschädigte, die durch Besatzungsmaßnahmen usw. Verluste erlitten haben, eine Gruppe, deren Schäden man mit 40 Milliarden DM beziffern kann. Diese Schäden sind zum Teil erst nach 1948 durch Demontage und Restitution eingetreten.
Rechne ich aber diese 40 Milliarden DM auf R-Mark zurück, dann komme ich zu 3 gleich großen Gruppen mit je 400 Milliarden R-Mark. Multipliziert ergibt das 1,2 Billionen R-Mark. Meine Damen und Herren, wir sind wieder bei den Billionen, und damit wird eine beängstigende Erinnerung an die Zeiten der ersten Inflation hervorgerufen. 1,2 Billionen R-Mark in unserem heutigen Staatswesen zu verkraften, ist gänzlich ausgeschlossen. Eine mechanische Umstellung dieses Betrages etwa nach den Grundsätzen des Umstellungsgesetzes würde einen Betrag von 120 Milliarden DM ausmachen. Es bedarf keines Wortes, daß ich den Ausführungen des Ministers in diesem Punkte völlig beitreten kann. Es ist unmöglich, überhaupt nur daran zu denken, auf der Basis des Umstellungsgesetzes mit diesen Forderungen fertig zu werden. Es sind praktisch Kapitalverluste. Kapitalverluste könnte ich nur aus anderen Kapitalquellen stopfen. Die sind nicht da. Die einzige Kapitalquelle, das deutsche Volksvermögen, ist in erster Linie mit der Hypothek des Lastenausgleichs belastet. Es bliebe also nur der Rückgriff auf die Steuereinnahmen übrig. Das würde auf der einen Seite eine unmenschliche Überforderung des Steuerzahlers bedeuten, auf der anderen Seite aber — und das ist entscheidend — die Grundlagen unserer Währung erschüttern. Das kann nicht sein. Diese Grenze muß respektiert werden.
Eine andere Frage ist es, ob die Hilfsmaßnahmen, die dem Herrn Minister vorschweben, ausreichend sind. Wir haben gehört, daß, rein etatmäßig gesehen, für die Abgeltung aller dieser Schäden im Rahmen des vorliegenden Gesetzes 200 Millionen DM jährlich vorgesehen sind. Ich weiß nicht, ob damit die äußerste Grenze dessen erreicht worden ist, was man von dem Herrn Minister und von dem Bund insbesondere verlangen kann, nachdem uns gesagt worden ist, daß eine faire und gerechte Lösung angestrebt werden soll. Ich bin hier bei einem Zentralproblem in der grundsätzlichen Debatte. Wir kennen die obere Grenze, die einer Lösung gezogen ist. Wir kennen aber nicht die untere Grenze. Ich bin der Auffassung, daß wir in den Ausschußberatungen und weiter in der zweiten und dritten Lesung um diese äußerste Grenze ringen müssen.
Ich vermisse in den Ausführungen zur Begründung des Gesetzes und auch gerade in den heutigen Darlegungen des Ministers einen plausiblen Grund dafür, daß nicht mehr als 200 Millionen DM gezahlt werden können. Herr Minister, Sie kennen meine Wünsche. Sie sind, geldlich gesehen, nicht allzu hoch, sie sind vertretbar. Ich komme im einzelnen nachher noch darauf, sehe aber bis heute immer noch nicht ein, warum man auf alle Fälle an diesen 200 Millionen DM haften will. Gewiß: Etatgründe! Wir wissen das. Wir wissen auch um das Gesetz der Kette. Es handelt sich ja hier nicht nur um die 200 Millionen DM. Sie sind vielmehr ein Schlußpunkt in einer Reihe immenser Aufwendungen, die der Bund im Laufe der Jahre hat auf sich nehmen müssen. Wir haben die Zahl gehört. Wir wollen sie nicht verkleinern. Gezahlt worden sind vom Bund für diese Aufgaben der Kriegsfolgen insgesamt 100 Milliarden DM, eine gewaltige Summe, für deren Aufbringung das deutsche Volk auch an dieser Stelle Dank verlangen kann.

(Abg. Seuffert: Sich selbst!)

— Sich selbst, weniger dem Herrn Minister, der ja nur verteilt, in erster Linie dem deutschen Volk.
Aber wenn man mit Zahlen redet, dann soll man auch mit Zahlen erwidern. Ich darf in diesem Zusammenhang einige Zahlen nennen, die etwas optimistischer klingen, die auch in mir persönlich die Hoffnung wachhalten, daß wir zu einer Erhöhung dieses Betrages kommen. Erstens: 200 Millionen DM jährlich sind effektiv nur 0,6 % des Jahresetats. Zweitens. Wenn man solche Gesetze macht, ist es gut, sie nicht in der Hausse zu machen, sondern in der Baisse. Aber wir sind in einer Hausse der Steuereinnahmen. Allein im August sind die Bundessteuereinnahmen um 245 Millionen höher als im Vorjahr. Und eine dritte Zahl, die in diesem Zusammenhang wichtig ist, weil in der Öffentlichkeit häufig darauf hingewiesen worden ist: Das Bundesvermögen stellt immerhin noch


(Dr. Lindenberg)

einen stattlichen Fundus dar. Die Schätzungen darüber gehen auseinander, aber man wird nicht fehlgehen, wenn man einen Betrag von 3 bis 5 Milliarden als richtig ansieht. Wir werden das in den Ausschüssen feststellen; der Ausschuß „Bundesbeteiligungen" ist noch an der Arbeit. Aber ich glaube, die unterste Grenze von 3 und die oberste Grenze von 5 Milliarden wird ungefähr stimmen.
Wenn man diese Zahlen mit dem bescheidenen Jahresbetrag von 200 Millionen vergleicht, dann sollte, meine ich, die Möglichkeit gegeben sein, diesen Betrag zu erhöhen. Um wieviel er erhöht werden muß, um zu einer vernünftigen Regelung und zu einer angemessenen, dem Grundsatz fairer und loyaler Behandlung entsprechenden Lösung zu gelangen, werde ich sofort auseinandersetzen.
Ich möchte damit das Grundsätzliche beschließen und nochmals folgendes festhalten: Entsprechend der Zusage einer fairen und gerechten Lösung auch für diese Gruppe von Personen, die jahrelang auf ihr Recht gewartet haben und die durch den Zusammenbruch ebenfalls schwer betroffen sind, muß man versuchen., die äußerste Grenze des in geldlicher Hinsicht Zumutbaren zu ermitteln. Erst wenn das möglich ist, wird man auch die Einzelprobleme leichter lösen können, als das jetzt der Fall ist.
Ich darf nun im Anschluß an das Grundsätzliche zu dem Gesetz selbst übergehen. Wenn man absieht von den Restitution- und Demontagegeschädigten sowie von den Besatzungsgeschädigten, also von der Gruppe, deren Schäden ich vorhin mit 40 Milliarden DM bezifferte, dann sind es vor allen Dingen zwei Gruppen von Ansprüchen, die auf den Bund zukommen. Die eine sind die allgemeinen Ansprüche, die andere die verbrieften. Lassen Sie mich zunächst von den allgemeinen Ansprüchen sprechen. Hier gilt der Grundsatz, daß die allgemeinen Ansprüche, die nicht verbrieften, entschädigungslos untergehen sollen. Aber dieser Grundsatz wird etwas gemildert dadurch, daß verschiedene Ausnahmen vorgesehen sind. So sollen nach den Grundsätzen des Umstellungsrechtes behandelt werden die nicht bereinigten Grundstücksfälle, dann gewisse Versorgungsansprüche und Ansprüche aus Rechtsgeschäften, die die Verwalter des Reichsvermögens nach dem Zusammenbruch abgeschlossen haben.
Der wichtigste Teil dieser Kategorien scheint mir der Teil der nicht bereinigten Grundstücksfälle zu sein. Wie sieht die Lösung des Entwurfs hier aus? Der Entwurf will sich im wesentlichen an das Umstellungsrecht halten und die Unterscheidung mitmachen, die hier schon der alliierte Gesetzgeber getroffen hat. Wenn ein Grundstück verkauft und der Erlös noch nicht gezahlt ist, dann soll unterschieden werden, ob das Eigentum schon übergegangen ist — dann ist erfüllt, dann gibt es nur eine Umstellung 10:1 — oder ob das Eigentum nicht übergegangen ist, dann 1:1. Gegen diese Lösung hat der Bundesrat bereits Einspruch erhoben. Ich glaube, den Bedenken des Bundesrates sollte man sich nicht verschließen. Denn wie sieht der Fall in der Praxis aus? Es gibt verschiedene Arten, in denen der Grundbesitz der Staatsbürger damals vom NS-Regime in Anspruch genommen worden ist. Entweder ist ein Kaufvertrag abgeschlossen worden oder es ist enteignet worden oder dem Grundstückseigentümer ist es mit List und Tücke gelungen, sowohl sich der Enteignung zu
entziehen wie aber auch keinen Kaufvertrag abzuschließen. Wenn jetzt nach den Vorschriften dieses Gesetzes eine Entschädigung gezahlt wird, dann ergibt sich eine unterschiedliche Behandlung der Berechtigten. Derjenige, der sich der Enteignung hat entziehen können, muß den vollen Wert bekommen, oder das Grundstück wird enteignet, aber auch wieder zum vollen Wert. Derjenige, der es wenigstens fertiggebracht hat, das Eigentum zu behalten, bekommt eine Umstellung 10:1 zu den damaligen Wertverhältnissen. Und derjenige, der schließlich getreu den Vertrag erfüllt hat, bekommt eine Umstellung 10:1.
Meine Damen und Herren, wie wollen Sie das im einzelnen verantworten, insbesondere die Abgeordneten, die einem Wahlkreis verantwortlich sind und ihren Wählern Rede und Antwort stehen müssen? Ich glaube nicht, daß sich diese Lösung aufrechterhalten läßt. Wir werden im Ausschuß versuchen, eine Verbesserung dieser Vorschriften zu finden, wobei wir die Vorschläge des Bundesrates entsprechend beachten werden.
Ein anderer Punkt, der interessant ist, betrifft die Entlastung der Rüstungslieferanten. Ich meine nicht die Rüstungslieferanten in spe, sondern die Rüstungslieferanten a. D., die Rüstungslieferanten aus dem vergangenen Krieg! Rüstungslieferant zu sein, ist offensichtlich kein großes Vergnügen. Sie wissen, daß man im vergangenen Kriege die Rüstungslieferungen erfüllen mußte, ob man wollte oder nicht. Für einen großen Teil dieser Rüstungslieferungen stand beim Zusammenbruch die Bezahlung aus. Vom Reich ist dafür nichts gezahlt worden. Nun sind die Rüstungslieferanten, die ich hier erwähne, sehr vernünftig und wollen auch gar keine Bezahlung mehr. Das ist nicht das Problem, um das es hier geht. Um die Rüstung durchzuführen und die Lieferungen zu bewirken, mußten sehr häufig auf Veranlassung, auf Wunsch und auf Zwang des damaligen Reiches Kredite aufgenommen werden. Das Eigenartige ist, daß der Einzellieferant, obwohl er vom Reich nichts bekommen hat und auch heute vom Bund nichts erhalten wird, doch seine aufgenommenen Kredite 10:1 umstellen muß — international in vollem Umfange —, auch wenn von dem erstellten Werk nichts mehr vorhanden ist.

(Abg. Seuffert: Ach wo! Er denkt nicht daran!)

— Ich kenne viele Fälle aus der Praxis, (Abg. Seuffert: Ich kenne keinen einzigen!)

wo um diese Dinge schwer gefochten worden ist, wo es sich darum handelte, Existenzen zu erhalten, und wo Existenzen daraufhin zerstört worden sind.
Wenn man schon den Rüstungslieferanten nichts geben will und kann, dann muß man auch dafür sorgen, daß sie von ihren Kreditverpflichtungen entbunden werden. Der Entwurf verweist sie auf das allgemeine Vertragshilfeverfahren und will dieses Verfahren dadurch etwas schmackhafter machen, daß auch dingliche Forderungen einbezogen werden können. Ich bin der Auffassung, daß hier eine Sonderregelung gefunden werden muß.
Nichts sagt der Entwurf über die Aufhebung der Kriegsgesellschaften, obwohl auch dieses Kapitel dringend der Lösung harrt. Wir werden auch darüber in den Ausschüssen sprechen.


(Dr. Lindenberg)

In § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Nr. 3 wird das Problem eines Härteausgleichs für Schäden berührt, die durch die von der Besatzungsmacht angeordnete Rückerstattung entstanden sind. Es handelt sich hier ebenfalls um ein sehr wichtiges Problem, mit dem wir uns im Bundestag bereits beschäftigt haben. Man kann darüber streiten, ob man diese Frage in das Kriegsfolgenschlußgesetz einarbeiten soll. Jedenfalls sind es Kriegsfolgeschäden. Will man — worüber man sich schlüssig werden muß — ein Sondergesetz machen, dann muß zum mindesten dieses Sondergesetz im Kriegsfolgenschlußgesetz vorbehalten werden, andernfalls diese Ansprüche untergehen würden.
Noch kurz ein Hinweis auf den Grundsatz, daß alle allgemeinen Forderungen entschädigungslos untergehen sollen. Das Prinzip ist richtig; ich habe mich zu diesem Prinzip bekannt. Man darf aber nicht vergessen, daß es außer den einigen Ausnahmen, die ich vorhin erwähnt habe, doch Einzelfälle gibt, in denen eine mäßige Umstellung recht und billig, mit dem Ausdruck des Herrn Finanzministers: fair und loyal wäre. Das Bundesfinanzministerium verkennt nicht, daß der Grundsatz des entschädigungslosen Untergangs im Einzelfall zu Härten führen kann, meint aber, daß es technisch unmöglich sei, hier eine andere Regelung zu treffen. Ich bin der Ansicht, daß es gehen müßte. Das Rechtsverhältnis von Gläubiger und Schuldner stand immer unter der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Wenn nicht gezahlt wurde oder wenn nicht ordnungsgemäß geleistet wurde, hatte jede Partei das Recht, ihren Fall dem Richter vorzutragen. Weshalb sollte man nicht auf diese an sich schon vorhandene Regelung zurückgreifen und ähnlich wie bei der Aufwertungsgesetzgebung von 1925 Aufwertungskammern bei den ordentlichen Gerichten schaffen, deren Aufgabe es wäre, im Einzelfall zu prüfen, ob aus der Härte des Tatbestandes heraus eine mäßige Aufwertung im Rahmen bis zu 10 % gewählt werden kann oder nicht gewährt werden kann? Gewiß, diese Regelung hängt davon ab, daß wir eine sogenannte objektive Härteklausel finden. Die ist schwer zu finden. Aber ich könnte mir denken, daß es der Arbeit im Ausschuß würdig ist, sich mit diesem Problem zu befassen und daran zu denken, auch hier noch zu helfen.
Der nächste Punkt sind der von mir schon erwähnte Vorbehalt nach § 5 und die damit verbundenen wirtschaftsfördernden Maßnahmen nach § 81 des Entwurfs. Die Regelung wäre annehmbar unter zwei Voraussetzungen: erstens, daß die Form der Übergangsmaßnahmen zugunsten dieser Personengruppe das spätere Entschädigungsgesetz nicht präjudiziert, und zweitens, daß der Erlaß des Entschädigungsgesetzes nun auch in absehbarer Zeit erfolgt.
Zum Schluß noch ein Wort zu den sogenannten verbrieften Forderungen. Wir sind uns mit dem Herrn Minister darüber einig — das ist auch eben hier zum Ausdruck gekommen —, daß es sich um eine besondere Art von Schulden des Reiches, Preußens, der Bahn und der Post handelt. Es handelt sich um langfristige, über den Kapitalmarkt fundierte Schulden, in Wertpapieren verbrieft, börsenfähig, mündelsicher. Der Entwurf sieht eine Umstellung — hier „Ablösung" genannt — im Verhältnis 100 : 6,5 vor, der Kapitaldienst ebenfalls 6,5 %, nämlich 4 % Verzinsung und 2,5 % Tilgung, also eine Tilgungszeit von etwa 25 Jahren. Im Gegensatz zu der ersten Gruppe bewegt man sich hier
auf dem festen Boden von Zahlen; man kann hier besser operieren, und das Problem ist deshalb leichter übersehbar, vielleich deshalb auch leichter lösbar. Abzulösen sind zirka 18 Milliarden Reichsmark, gegenüber einer Gesamtsumme von 390 Milliarden Reichsmark, weil verschiedene Forderungsträger — Geldinstitute, Gebietskörperschaften, Sozialversicherungsträger — ihre Ordnung in der Währungsreform gefunden haben. Es bleibt also ein entschädigungsberechtigter Privatbesitz von 27 Milliarden, der sich letzten Endes auf 9 Milliarden ermäßigt, wenn man die Ostgläubiger ausscheidet.
Die quotale Umstellung ist schon eine wesentliche Verbesserung gegenüber der früheren Konzeption des Bundesfinanzministeriums, auch diese Schulden nur rein sozial umzustellen.
Wenn man die Ablösung auf dem Boden des Entwurfs rechnungsmäßig erfaßt — die Zahl ist uns vorhin auch gesagt worden —, so ergibt sich, daß jährlich 76 Millionen DM nötig sind. Bei dem Vortrage des Herrn Ministers haben wir vorhin hören müssen, daß er hiermit die Grenze der Leistungsfähigkeit des Bundes festgestellt hat; über 6,5 % könne bei der Umstellung nicht hinausgegangen werden. Ich bin der Auffassung, daß die Gründe, die wir eben gehört haben, nicht überzeugend sind. Ich bin der Auffassung, daß auch etatmäßig eine mäßige Anhebung dieses Umstellungssatzes durchaus zu vertreten ist. Der Satz von 6,5 % ist uns ja aus der Währungsumstellung bekannt. Aber wir wissen auch, daß er für Geldbesitz und Kontengelder gewährt worden ist und daß alle anderen Forderungen im Verhältnis 10 : 1 umgestellt worden sind. Wir wissen auch, daß die Kapitaltitel der Länder und Kommunen seit der Währungsreform ohne weiteres mit 10 : 1 umgestellt worden sind. Die private Wirtschaft hat ihre Anleihen auch dann im Verhältnis 10 : 1 umgestellt, selbst wenn sie wertvolle Objekte im Osten verloren hat, während gerade bei der Umstellung der Reichstitel die Ostgläubiger zunächst ausgeschlossen bleiben sollen.
Die vierprozentige Verzinsung, die der Entwurf vorsieht, liegt mit 1,5 % unter dem landesüblichen Zinssatz des Kapitalmarktes. Was bedeutet das, meine Damen und Herren? Das bedeutet, daß die umgestellten Titel nicht einen Kurs von 100 %, sondern nur einen solchen von 80 % aufweisen würden. Eine Veräußerung des so umgestellten Wertpapiers, wenn es überhaupt Wertpapiere geben sollte, was noch fraglich ist, würde also nicht einen Betrag von 6,5 %, bezogen auf den Nennbetrag von 100 RM, erbringen, sondern praktisch nur etwas mehr als 5 %.
Das Problem der Altsparerentschädigung ist überhaupt nicht angeschnitten worden. Aber auch darüber müssen wir uns im Ausschuß Gedanken machen. Jeder Altsparer, in welcher Form auch immer er sein Geld angelegt hat, erhält eine Umstellung bis zu 20 %, während der Inhaber von Reichsanleihen, der auch Sparer ist, nur eine Umstellung von 6,5 % bekommen würde. Deshalb werden wir uns im Ausschuß sehr ernst mit diesem Problem beschäftigen müssen, und ich glaube sagen zu können, daß viele Umstände dazu zwingen, auf eine zehnprozentige Umstellung zu kommen. Das kann man entweder in der Form machen, daß generell auf 10 % umgestellt wird — dann könnte der Beginn des Zinsendienstes auf dem 1. April 1955 bestehenbleiben —, oder man löst das Problem, indem man das Kapital mit 6,5 % umstellt und auch eine entsprechende Umstellung der


(Dr. Lindenberg)

Zinsen vornimmt. Wenn die seit der Währungsreform rückständigen Zinsen ebenfalls mit dem Satz von 6,5 % umgestellt werden, ergibt das rechnungsmäßig einen Umstellungssatz für Zinsen und Kapital von ungefähr 9,7 bis 9,8 %, also praktisch auch 10 %. Beide Wege führen zu dem gleichen Ziel. Daß man auch die Zinsen mit berücksichtigen muß, ergibt sich zwangsläufig. Alle diejenigen, die bei der Währungsreform durch das Umstellungsgesetz erfaßt worden sind, sind in den Genuß ihrer Zinsen seit dem Stichtag gekommen. Die Gewährung von Ausgleichsforderungen durch den Bund hat denselben Erfolg gehabt.
Eine andere Frage ist, wie man den Kurs auf 100 % bringen kann. Man könnte den Zinssatz erhöhen. Das würde wieder eine Erhöhung der Leistung des Bundes bedeuten. Das brauchte man, glaube ich, nicht einmal zu tun. Man sollte bei dem Zinssatz von 4 % bleiben; aber man soll sich auch gleichzeitig daran erinnern, daß alle bisher umgestellten Anleihen aus der Vorkriegszeit in Deutschland hinsichtlich der Zinsen steuerfrei gestellt worden sind. Weshalb will man nicht die gleiche Vergünstigung auch den Inhabern der Reichstitel gewähren? Daß das Kriegsfolgenschlußgesetz erst nach der Steuerreform vorgelegt worden ist, ist sicherlich nicht ein Verschulden dieser Personengruppen. Wäre das Gesetz einige Zeit vorher eingebracht und von uns verabschiedet worden, dann wäre es eine Selbstverständlichkeit gewesen, die Zinsen steuerfrei zu halten.
Sind nun die Belastungen, die aus meinen Vorschlägen erwachsen, wirklich unzumutbar? Überschreiten sie die Grenze des äußerst Zumutbaren? Ich kann diese Frage selbst mit Nein beantworten. Nach dem Vorschlag der Regierung würden jährlich 76 Millonen DM aufzuwenden sein. Würde man eine Umstellung von 10 % statt 6,5 % gewähren, wäre eine Erhöhung von 41 Millionen DM jährlich zu erwarten. Der Herr Minister hat darauf hingewiesen, daß er schon aus währungstechnischen Gründen keineswegs über 6,5 % gehen könnte. Ich weiß nicht, ob die Währung erschüttert wird, wenn jährlich aus dem Etat 40 Millionen DM mehr ausgeschüttet werden. Aber diese Ausschüttung hätte einen anderen Erfolg. Es steht ja hier nicht nur die reine Umstellung von Titeln zur Diskussion, sondern berührt wird in erster Linie der Bundeskredit. Man kann natürlich den Grundsatz vertreten, daß man kreditwürdiger ist, je besser es einem gelingt, mit seinen alten Gläubigern fertig zu werden. Sicherlich steigt dadurch die Leistungsfähigkeit. Aber das ist nicht die allgemeine Auffassung. Es gilt noch auf diesem Gebiete der alte Grundsatz von Treu und Glauben, und wer im Rahmen des Möglichen seine früheren Gläubiger gut bedient, der kann auch erwarten, daß diese alten Gläubiger ihm wieder neues Geld geben. Ich glaube, das ist auch die Auffassung, die in der Bankenwelt vorherrscht. Ich bin unterrichtet, daß der Bund im nächsten Jahr mit 1,5 Milliarden DM an den Kapitalmarkt herantreten wird. Er wird an dieselben Personen herantreten müssen, die jetzt noch seine Gläubiger sind und die er statt mit 10 % mit 6,5 % abfinden will.
Ich habe damit im wesentlichen die wichtigsten Punkte des Gesetzes berührt. Mehr zu bringen, verbietet der Sinn der ersten Lesung. Abschließend will ich aber noch auf etwas hinweisen, was mir wichtig erscheint. Die Aufgabe des Parlaments, in diesem Falle sorgfältig die Probleme zu durchdenken und zu einer Lösung zu kommen, ist besonders deshalb wichtig, weil der Staat sich hier
in seiner eigenen Funktion als Schuldner entlasten will. Er hat nicht nur eine Ordnungsfunktion, sondern er betont hier hauptsächlich seine Schuldnerfunktion, und wir haben es hier nicht wie bei den anderen Gesetzen mit rein sozialen Maßnahmen zu tun, sondern es stehen konkrete Rechtsansprüche im Vordergrund, die befriedigt werden sollen oder die man untergehen lassen muß. Nach den Prinzipien des sozialen Rechtsstaates müssen wir deshalb diese Fragen außerordentlich behutsam anfassen und versuchen, eine Lösung zu schaffen, die in den breiten Kreisen des Publikums auf Verständnis stößt.

(Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte deshalb mit dem Wunsch schließen, daß uns bei dieser Arbeit, die uns im Ausschuß bevorsteht, der Minister mit seinen Referenten weiter unterstützt. Der Entwurf ist nicht so schlecht, wie es manchesmal vielleicht aus meinen Darlegungen zu entnehmen ist. Er enthält Ansatzpunkte, und aus diesen Ansatzpunkten kann man den Willen schließen, ihn weiter zu verbessern und zu vervollkommnen. Im Hinblick auf eine so günstige Zusammenarbeit möchte ich den Minister bitten, durch seine Mitarbeit zu helfen und dafür zu sorgen, daß bei dieser Personengruppe nicht die ärgerliche und böse Vorstellung zurückbleibt, sie würden, weil sie die letzten seien, auch am schlechtesten behandelt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210313200
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0210313300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bedeutung des Augenblicks, in dem das Parlament endlich das erste Kriegsfolgenschlußgesetz — es ist ja noch nicht das letzte Kriegsfolgenschlußgesetz — in seine Hände bekommt, ist schon durch die Tatsache unterstrichen worden, daß es der Herr Bundesfinanzminister hier persönlich und ausführlich mit Begründung eingebracht hat. Ich sage: das Parlament bekommt es endlich in seine Hände. Ich erinnere mich, daß am 4. Februar vorigen Jahres auf eine Anfrage der Freien Demokratischen Fraktion und meiner Fraktion, wie es denn mit diesem Kriegsfolgenschlußgesetz und insbesondere mit der Regelung der öffentlichen Anleihen stehe, der Herr Bundesfinanzminister hier gesagt hat, er sei überrascht, daß man im Hause nicht wisse, daß bereits am 11. Dezember 1953 diese Dinge Gegenstand der Kabinettssitzung gewesen wären. Als ob wir im Parlament immer so über die Kabinettssitzungen unterrichtet würden! Der Herr Bundesfinanzminister hat am 4. Februar 1954 allerdings darauf hingewiesen, daß außer den öffentlichen Anleihen noch eine Reihe von anderen Problemen zu regeln seien und daß sie zum Teil recht langwierig seien. Damals ist ihm von fast allen Seiten des Hauses der Rat gegeben worden, doch die vordringlichen und regelungsreifen Dinge zu erledigen und die anderen Probleme zurückzustellen; es ist sogar der Versuch gemacht worden, im zuständigen Ausschuß zu einer Aussprache mit ihm darüber zu kommen. Er hat sich dieser Aussprache entzogen. Er hat allerdings jetzt ungefähr das machen müssen, was ihm damals geraten worden ist. Das entspricht der Erfahrung auch in anderen Fällen, und es wird sich hoffentlich noch in einigen Fällen mehr ebenso ereignen.


(Seuffert)

Wir hätten allerdings lieber etwas mehr Eile bei dieser Angelegenheit gesehen und hätten dann vielleicht lieber auf einen Teil der mit vielem Fleiß zusammengestellten Zahlenreihen zum höheren Ruhme des deutschen Wirtschaftswunders und auf andere Lyrismen verzichtet, wie sie in der schriftlichen und auch in der mündlichen Begründung des Gesetzentwurfs zu finden waren. Ich gebe zu, daß die beschwörenden Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers am Schlusse seiner Rede in Vorahnung einiger Ausführungen des Kollegen Dr. Lindenberg verständlich waren. Ich sage „verständlich", ich sage damit nicht, daß diese Beschwörungen in allen Punkten berechtigt waren. Aber ich glaube, es war nicht gut, daß in diesem Zusammenhang das Bundesvermögen erwähnt worden ist.

(Abg. Lücke: Sehr richtig!)

Das Bundesvermögen ist, glaube ich, nicht dazu da, im Ausverkauf versilbert zu werden, damit finanzielle Ansprüche an den Bund höher geschraubt werden können, sondern es ist zu anderen Zwecken da.

(Abg. Dr. Atzenroth: Zu welchen?)

Da wir heute endlich soweit sind, glaube ich sagen zu können, daß meine Fraktion im großen und ganzen mit der Konzeption des Gesetzes und dem Arbeitsplan für die schrittweise Regelung der Kriegsfolgeschäden einverstanden ist, allerdings mit einigen Einschränkungen, von denen einige durchaus nicht unwesentlich sind. Was zunächst die Materien anlangt, die hier geregelt worden sind, so wird natürlich im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses der Umstellungssatz für die Reichs- und anderen noch nicht geregelten öffentlichen preußischen Anleihen stehen. Dieser Satz ist mit 6,5 % gewählt worden, gleich dem Umstellungssatz für Spar- und Bankguthaben, und dafür läßt sich in der Tat einiges sagen. Es war zu überlegen und wird im Ausschuß noch einmal überlegt werden müssen, ob nicht statt dessen der Umstellungssatz für andere verbriefte Anleihen von 10 % gewählt werden müßte. Einige der Gründe, die der Herr Bundesfinanzminister für seine Entscheidung angeführt hat, lassen sich hören. Es ist richtig, daß die Bonität oder die Zahlungsfähigkeit des Schuldners in Betracht gezogen werden muß, und wir sind nun einmal nicht in der Lage, das frühere Deutsche Reich und den heutigen Bund als einen allererstklassigen Schuldner hinzustellen. Es sollte auch der Öffentlichkeit immer wieder einmal empfohlen werden, sich die Zahlen ins Gedächtnis zurückzurufen: daß wir gegenüber der an sich schon recht hohen Verschuldung von 30 Milliarden RM bei Kriegsbeginn am Kriegsende allein eine verbriefte Schuld von 390 Milliarden hatten. Das sollten die Leute wissen, die sich immer wundern, wo ihr Spargeld geblieben ist, und die dann auf die Idee kommen, dafür entweder die Besatzungsmächte oder gar die Bundesrepublik verantwortlich zu machen oder zu sagen, die in Bonn hätten es ihnen weggenommen, und die es so leicht vergessen, daß es einmal einen Herrn Hitler gegeben hat. — Das ist also ein schwieriges Problem.
Was die Ausstattung der Ablösungspapiere anlangt, so ist es natürlich in der Begründung recht hübsch zu lesen, daß die Zinsausstattung mit 4 % die zu erwartende Entwicklung auf dem Kapitalmarkt berücksichtige. Da kann man nur sagen: Lang, lang ist's her! Ich glaube, wenn man die begrüßenswerten Tendenzen, die sich zu Beginn dieses Jahres gezeigt haben, wirklich zu einem Durchbruch und zu einem nachhaltigen Erfolg kommen lassen will, muß man sich etwas planvoller und etwas energischer verhalten, als es geschehen ist. Ich kann die Bemerkung nicht unterdrücken — in diesen Tagen gerade schaut man ja mit einer gewissen Spannung nach Frankfurt, wo heute oder morgen der Zentralbankrat zusammentritt —: man kann nur hoffen, daß gegenüber diesen Tendenzen vom Beginn des Jahres aus einer etwaigen Entscheidung nicht weitere Beunruhigungen entstehen.
Nicht hinweggehen kann man über das, was hier zum Altsparerproblem vorgesehen ist. Es ist nicht so, Herr Kollege Lindenberg, daß die Frage gar nicht angeschnitten worden sei, sondern die Begründung sagt klar und deutlich, daß die Regierung es ablehne, irgendeine Art von Altsparerregelung bei diesen Reichsanleihen und gleichgestellten Anleihen in Betracht zu ziehen. Nun, in dem Bericht, den der Herr Kollege Atzenroth am 6. Mai 1953 für den Lastenausgleichsausschuß diesem Hause in seiner 264. Sitzung erstattet hat, heißt es:
Der Herr Bundesfinanzminister hat vor dem Unterausschuß die Erklärung abgegeben, daß er eine entsprechende Gesetzesvorlage einbringen werde. Dabei waren sich die Ausschußmitglieder darüber einig, daß die Regelung auch für diesen anderen Sparerkreis ähnlich gestaltet werden müsse wie für die vom Altsparergesetz Betroffenen.
Der Herr Bundesfinanzminister selber hat am 4. Februar 1954 auf die Anfragen der Fraktion der Freien Demokratischen Partei und der sozialdemokratischen Fraktion, was er über die Altsparerregelung vorzuschlagen gedenke, erklärt:
Die Bundesregierung wird in ihrem Gesetzentwurf vorschlagen, die Regelung der verbrieften Schulden des Reiches und des ehemaligen Landes Preußen in Anlehnung an Gesichtspunkte der Altsparergesetzgebung durchzuführen.
Soweit in diesem Ausdruck „in Anlehnung an Gesichtspunkte" irgendeine Zweideutigkeit gesehen werden könnte, hat damals in derselben Sitzung der Herr Kollege Dr. Atzenroth deutlich darauf hingewiesen, wie der Bundestag sich diese Regelung denkt, wie er eine solche Erklärung auffaßt und aufgefaßt haben will.
Ich glaube, nach solchen Erklärungen kann man jetzt nicht einfach sagen, man habe festgestellt, das sei finanziell nicht tragbar und technisch undurchführbar. Diese Gründe sind nicht einleuchtend. Die technische Undurchführbarkeit gibt es hier ebensowenig wie bei der anderen Altsparerregelung. Die Bundesrepublik muß sich in ihren finanziellen Dispositionen darauf einrichten, daß die gegebenen Zusagen und Versprechungen eingehalten werden, auch die vor Wahlen gegebenen Versprechungen und insbesondere diejenigen Versprechungen, die von diesem Hause einstimmig gebilligt worden sind.
Die anderen Einzelheiten des Entwurfs kann man in der ersten Lesung nicht diskutieren. Es ist sozusagen mit dem bloßen Auge zunächst auch gar nicht erkennbar, ob z. B. die Regelung für die Beeinträchtigung, die Grundstücke durch Bunker-


(Seuffert)

bauten und ähnliches erfahren haben, zureichend und gerecht ist oder nicht, ob die Waldhiebe in der französischen Zone ausreichend berücksichtigt werden sollten.
Der Bundesrat hat in verschiedenen dieser Punkte Bedenken erhoben. Wir werden diese Bedenken mit allem Ernst zu prüfen haben, auch die Gegengründe der Bundesregierung. Ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn die Bundesregierung nicht so summarisch über das Verlangen des Bundesrats hinweggegangen wäre, auch die Fälle zu regeln, in denen in der ersten Zeit nach Kriegsende die Gemeinden an Stelle des Bundes gehandelt haben und teilweise Verpflichtungen eingegangen sind. Ich bin mit dem Bundesrat auch darüber vollständig einig, daß es eigentlich undenkbar sein sollte, Ansprüche wegen vorsätzlich begangener Amtspflichtverletzungen — ein wirklich sehr schwerer Fall, eine vorsätzlich begangene Amtspflichtverletzung — ungeregelt zu lassen.
Ich bin überzeugt, daß dem Wunsche der Versorgungsanstalt für die Angestellten des Bundes und der Länder, eine Sicherstellung ihrer Verpflichtungen zu erlangen, im Gesetz Rechnung getragen werden kann und daß das Zögern, das da erkennbar war, überwindbar ist.
Ich muß auf der anderen Seite sagen, daß das, was im Ersten Abschnitt des Vierten Teiles über Härtebeihilfen sehr ausführlich gesagt ist, mir gegenüber dem, was wirklich geschieht, recht unangemessen erscheint. Um ein paar Hausratsbeihilfen, Ausbildungsbeihilfen und Unterhaltsbeihilfen — eine Form der Behandlung, die in den in Rede stehenden Fällen sowieso nicht ganz adäquat ist — auszuschütten, wenn all die Voraussetzungen gegeben sind, die dort aufgezählt sind, dazu brauchte es, glaube ich, nicht so vieler Paragraphen und brauchte es nicht eines so großen Apparates, wie er dort vorgesehen ist.
Ich vermisse, nebenbei gesagt, in diesen Aufzählungen immer einen Fall: die Vermögensansprüche der Sozialversicherung, die überhaupt noch nicht behandelt worden sind. Die Sozialversicherung ist nicht irgendeine juristische Fiktion, sondern sie ist das ersparte Vermögen der arbeitenden Bevölkerung.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Das vergißt man sogar in der Aufzählung, ganz zu schweigen von der Regelung.
Für die Rückerstattungsansprüche ist es richtig, ein Sondergesetz zu schaffen. Aber es ist nicht ersichtlich, warum dieses Sondergesetz nicht vorgelegt worden ist. Das Sondergesetz ist doch fertig, es liegt in der Schublade, und es ist für die mit der Sache Befaßten kein Grund ersichtlich, warum es nicht gleichzeitig hergelegt werden kann. Ich muß noch einmal — auch dies habe ich in diesem Hause schon ausgeführt — darauf hinweisen, daß die Bundesrepublik sowohl vertragliche wie moralische Verpflichtungen hat, gerade diese Rückerstattungsverbindlichkeiten vordringlich zu regeln und endlich einmal abzuwickeln und nicht immer wieder aus Gründen, die gar nicht ersichtlich sind — wenn es nicht die Absicht ist, die notwendigen Zahlungen noch ein bißchen hinauszuschieben —, auf die lange Bank zu schieben.
Zu den Rüstungsforderungen, Herr Kollege Dr. Lindenberg: ich habe dazu im Februar 1954 etwas gesagt, und ich freue mich feststellen zu können,
daß mein Standpunkt mit dem der Bundesregierung und ihrer Vorlage vollständig übereinstimmt.
Hinsichtlich der Bezahlung der Kredite an Rüstungslieferanten darf ich erstens darauf hinweisen, daß die Rüstungslieferanten die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber ihren Unterlieferanten nach § 21 Abs. 4 des Umstellungsgesetzes in der Regel großenteils verweigert haben. Was die Kredite anlangt, so ist das Instrument der Vertragshilfe vollständig ausreichend, um festzustellen, inwieweit ihnen unter Berücksichtigung der etwa noch verbliebenen Rüstungsgewinne aus abgewikkelten Geschäften, ihrer sonstigen Lage und der Lage des beteiligten Gläubigers billigerweise zugemutet werden kann, diese Kredite zurückzuzahlen. Ich habe bisher nicht gehört, daß solche Kredite hundertprozentig zurückgezahlt worden sind, wenn wirklich erhebliche Einbußen an Rüstungsforderungen aufgetreten sind.
Es ist auch zu billigen, wenn die Bundesregierung auf dem Standpunkt steht, daß die Regelung der Verbindlichkeiten der NSDAP und anderer NS-Vermögensmassen eine gesonderte Frage ist. Den in Aussicht gestellten Weg der Sonderliquidation dieser Vermögenskomplexe zu gehen wird grundsätzlich richtig sein. Aber es wäre wünschenswert, über den Stand der Bemühungen und Untersuchungen auf diesem Gebiet und über die Aussichten, die sich hier bieten, doch einmal etwas zu hören. Ich hoffe, daß das im Ausschuß der Fall sein wird.
Ich möchte mich, meine Damen und Herren, heute auf diese Bemerkungen beschränken. Wir begrüßen es, daß diese Materie den allzu zögernden Händen der Regierung endlich entglitten ist und nun in die Hände des Parlaments gelangt. Ich bin überzeugt, und wir dürfen es erwarten, daß die Ausschüsse mit Gründlichkeit, aber, soweit möglich, auch mit Schnelligkeit die Dinge einer Regelung zuführen. Sie werden eine schwierige, komplizierte Arbeit zu leisten haben. Vielleicht werden Ergänzungen des Gesetzes notwendig sein. Dabei sollte die richtige Rangfolge gewahrt oder hergestellt werden. Durch solche Ergänzungen oder weitergehende Überlegungen sollten jedoch die dringlichsten, allerdringlichsten Teile des Gesetzes — dabei habe ich vor allen Dingen die Regelung der Anleihen im Auge — nicht verzögert, sondern notfalls vorweg verabschiedet werden.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210313400
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.

Dr. Karl Atzenroth (FDP):
Rede ID: ID0210313500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Seuffert hat schon darauf hingewiesen, daß auch wir immer wieder dem Wunsch Ausdruck gegeben haben, daß dieses Gesetz uns recht bald vorgelegt werden möge. Gerade aus diesem Grunde bedauern wir es außerordentlich, daß in der Aussprache, die nun endlich nach Jahren hier zustande kommt und an der sicher Millionen von deutschen Menschen interessiert sind, der Herr Bundesfinanzminister selber nicht in der Lage ist, unsere Argumente zu hören.

(Sehr gut!)

Wir hätten gewünscht, daß er seine Zeiteinteilung doch so vorgenommen hätte, daß er mindestens die Ausführungen der Vertreter der anderen Parteien hätte entgegennehmen können.
Wir waren uns von Anfang an der Tatsache bewußt, daß dieses Gesetz außerordentlich schwierig


(Dr. Atzenroth)

ist und daß man eine absolut gerechte Lösung dabei niemals herbeiführen kann. Deswegen betrachten wir dieses Gesetz mit einer gewissen Enttäuschung. Allerdings möchte ich nicht so weit gehen wie der Kollege Lindenberg, der es in seiner Gesamtheit als ein schlechtes Gesetz bezeichnete. Ein Teil unserer Enttäuschung ist praktisch in unserer Skepsis begründet, nämlich in der Erkenntnis, daß wir in vielen Punkten alles das, was wir gern tun möchten und gerne leisten möchten, nicht tun können und daß wir diejenigen, die geschädigt sind und glauben, jetzt Ansprüche an den Bund zu haben — und sie auch haben —, enttäuschen müssen. Es gibt einfach keine Möglichkeit, diesem Teil der Anspruchsberechtigten eine größere Leistung zukommen zu lassen.
Der zweite Teil der Enttäuschung liegt allerdings in der Formulierung und der Anlage des Gesetzes, und dazu möchte ich dann einige spezielle Ausführungen machen.
Es ist schon gesagt worden, daß es kein Schlußgesetz ist, sondern daß hinter diesem „Schlußgesetz" noch eine Reihe von mindestens fünf, wenn nicht sechs Gesetzen zu erwarten ist. Eins liegt dem Hohen Hause schon vor. Wir sind aber damit einverstanden, daß diese Punkte ausgeklammert worden sind und daß sie einer besonderen Regelung zugeführt werden. Wir sind schon aus dem Grunde damit einverstanden, damit wir jetzt endlich in die Beratung dieses Gesetzes eintreten können.
Bei diesem Gesetz handelt es sich um zwei große Gruppen, die ganz unterschiedlich behandelt werden. Sie haben gehört, mit welcher Begründung der Herr Bundesfinanzminister die vorgenommene Aufteilung versehen hat. Für die eine Gruppe ist eine quotale Lösung vorgesehen, und die andere Gruppe soll eine sogenannte soziale Entschädigung erhalten. Diese sogenannte — muß ich noch einmal betonen — soziale Entschädigung ist reichlich verschleiert, und ganz besonders gibt der § 1 dieses Gesetzes eigentlich nicht ehrlich seinen eigentlichen Inhalt wieder.

(Abg. Dr. Becker [Hersfeld] : Sehr richtig!)

Jeder, der unbefangen diesen ersten Paragraphen liest, hat das Gefühl: Hier sollen Ansprüche nach Maßgabe des Gesetzes befriedigt werden, d. h. im Grunde soll eine Entschädigung stattfinden, aber gewisse Ausnahmen sollen vorbehalten bleiben. In Wirklichkeit meint aber dieser Paragraph: Diese Gruppe von Ansprüchen wird niemals befriedigt, sondern sie wird gestrichen. Nur in ganz wenigen Ausnahmen wird es zu einer Entschädigung kommen. Darüber hinaus werden dann die Betroffenen auf die Härteregelung verwiesen.
Ich führe das nicht aus, weil ich der Meinung bin, die Regierung hätte anders handeln können. Aber es wäre offener und ehrlicher gewesen, das in einer für den Betroffenen klareren und deutlich erkennbaren Form in das Gesetz zu schreiben. Wir sind der Meinung, daß es nicht anders geht. Ich stimme dem Kollegen zu — ich glaube, nur Herr Seuffert hat dem zugestimmt, Herr Lindenberg nicht —, daß wir die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an das ehemalige Reich, insbesondere an die ehemalige Wehrmacht, heute im wesentlichen als — ich glaube, irgendwo kommt der Ausdruck vor — „verkraftet" bezeichnen können und daß wir diesem Kreis darüber hinaus keine Entschädigung mehr zubilligen können. Ich kann dem Herrn Bundesfinanzminister nicht zustimmen, wenn er als einen der Gründe für eine differenzierte Behandlung auch dieses Kreises angab, die
Leistungsfähigkeit des Bundes lasse das nicht zu. Das dürfte kein Grund sein.
Ich könnte mir vorstellen, daß der Kreis, der hier in den §§ 6 bis 24 — zu erfüllende Ansprüche—zusammengefaßt ist, trotzdem anders behandelt werden muß als der große Komplex der nicht verbrieften Ansprüche. Der schriftlichen Begründung würden wir mit gewissen Einschränkungen zustimmen, nicht aber der Begründung von der mangelnden Leistungsfähigkeit des Bundes, die hier mündlich gegeben worden ist. Denn dann müßte man ja das ganze Gesetz anders gestalten, wenn man die mangelnde Leistungsfähigkeit des Bundes als Ausgangspunkt nehmen wollte.
Zwischen diesen beiden Gruppen innerhalb der nicht verbrieften Schulden wird, wie gesagt, ein großer Unterschied gemacht. Ich bin mir nicht ganz klar, ob dieser Unterschied in dieser Form berechtigt ist. Es wird erst einer Untersuchung in den Ausschüssen bedürfen, bevor man darüber seine endgültige Meinung abgeben kann. Wenn man nämlich grundsätzlich sagt: Bei unverbrieften Schulden sollen die Berechtigten nur sozial entschädigt werden, dann kann man natürlich nicht wie nach § 6 Ansprüche aus Renten und Versorgungen usw. grundsätzlich quotai, also zu 100 %, entschädigen. Denn dabei können auch Empfänger sein, denen aus sozialen Gründen gar kein Anspruch zu gewähren wäre. Dann müßte man den ganzen Kreis der Betroffenen auf soziale Lösung verweisen, nicht aber einen Kreis herausnehmen. Ob und welche Gründe für eine Regelung, wie sie hier vorgenommen ist, berechtigt sind, muß erst eine Aussprache mit der Regierung in den Ausschüssen erweisen.
Ich darf mich hier gleich mit der Härteregelung befassen. Gegen die da vorgesehene Lösung haben wir einen Einwand zu machen. Die Härteregelung besagt, es sollen nur die aus sozialen Notständen notwendigen Entschädigungen gewährt werden; alles Nähere soll durch eine Rechtsverordnung festgelegt werden. Dagegen haben wir Bedenken. Der große Komplex, in dem Aufgaben der Legislative auf die Exekutive übertragen werden, wird in diesem Fall wieder einmal vergrößert, wenn wir das Gesetz in dieser Fassung annehmen. Fast alle unsere Finanzgesetze geben dem Herrn Bundesfinanzminister durch die Möglichkeit von Rechtsverordnungen eine unerhörte Macht. Hier würde wieder einmal ein ganz großer Komplex von Entscheidungen auf die Bürokratie zukommen und allein von ihr erledigt werden. Das liegt auch nicht im Interesse der Bürokratie. Wir werden fordern müssen, daß mindestens die Grundzüge dessen, was als Rechtsverordnung ergehen soll, im Gesetz festgelegt werden. Erst dann können wir übersehen, ob eine solche Härteregelung auch wirklich den Anforderungen gerecht wird, die der sozialen Lösung hier zugrunde liegen.
Ich möchte mich aber im wesentlichen mit dem Dritten Teil des Gesetzes beschäftigen, der die Regelung der Ansprüche aus verbrieften Forderungen bringt. Auch hier ist die Begründung umstritten. Wird Art. 3 des Grundgesetzes durch eine solche Regelung verletzt oder nicht? Ich glaube aber, daß wir uns der Ansicht der Bundesregierung und damit für diesen Komplex der quotalen Lösung anschließen werden. Eine solche quotale Lösung gibt uns Veranlassung, auch auf die Frage der Mittelaufbringung einzugehen. Da befinde ich mich in einem Gegensatz zu meinem Kollegen Seuffert. Die Regelung, die wir hier vornehmen,


(Dr. Atzenroth)

ist praktisch eine Konkursregelung. Der Bund ist der Rechtsnachfolger des Reiches. Das wird zwar bestritten, aber sicherlich nicht von den Kreisen, die durch die Anerkennung des Konkordats diese Rechtsnachfolge auf einem anderen Gebiet anerkennen.
Die Rechtsnachfolge des Reiches gibt die Verpflichtung zur Konkursregelung. Den Komplex, um den es sich hier dreht, kann man etwa als bevorrechtigte Forderungen bezeichnen. Es ist doch nichts natürlicher, Herr Kollege Seuffert, als daß man zur Bezahlung der bevorrechtigten Forderungen auch — innerhalb einer Quote — sein Vermögen einsetzt: das einsetzbare Vermögen.

(Abg. Seuffert: Wo ist denn da ein Vorrecht?)

— Herr Seuffert, von Vorrecht oder nicht Vorrecht wollen wir hier nicht sprechen, denn ich bin auch bereit, diese Art von Finanzierung auf den Teil der nicht verbrieften Forderungen auszudehnen. Aber daß man zur Bezahlung seiner Schulden sein Vermögen einsetzt, das ist im bürgerlichen Leben üblich und wird von allen vernünftigen Menschen als Rechtens anerkannt. Daß man dafür nur den Teil des Vermögens, der dafür einsetzbar ist, heranzieht, wird als natürlich und selbstverständlich erscheinen. Und was bietet sich da Besseres und was liegt näher als das Erwerbsvermögen des Bundes? Wir werden also in den Ausschüssen diesen Vorschlag machen, zumindest zur Finanzierung dieses Teils der Entscheidungen. Ich bin aber bereit, in ein Gespräch darüber einzutreten, ob es sich hierbei nur um bevorrechtigte Forderungen oder auch um die anderen, nicht bevorrechtigten handeln soll. Ob man den Kreis so weit ziehen muß, das ist die Frage. Aber zumindest für den erstgenannten Kreis wäre das Bundesvermögen zur Finanzierung, zur Deckung einzusetzen.
Praktisch würde sich daraus ergeben, daß diejenigen, die einen Verlust an Wertpapieren, an verbrieften Ansprüchen gegen den Schuldner erlitten haben, wieder ein Wertpapier mit einem Nennbetrag in Höhe einer Quote erhalten.
Ich bin fest davon überzeugt, daß, wenn wir diesen Weg wählen, es uns gar keine Schwierigkeiten machen wird, aus den 6,5 % 10 % zu machen und auch die Verzinsung in eine tragbare Form zu bringen, ähnlich dem, was der Kollege Lindenberg gefordert hat. Ich würde aber, Herr Kollege Lindenberg, Ihre Forderung niemals unterstützen, wenn diese Mittel aus den laufenden Steuereinnahmen genommen werden müßten. Das würde ich für ein Unrecht halten, zwar nicht in dem Augenblick einer Fülle von Steuereingängen, aber die Regelung, die hier der Regierungsentwurf vorsieht, erstreckt sich ja über Jahrzehnte, und wie sich die Entwicklung unserer Finanzen in einigen Jahren oder später vollziehen wird, können wir nicht sagen; dann könnte die Belastung des Steuerzahlers außerordentlich drückend und schwer werden. Nach dem Vorschlag, den ich hier mache, wäre dagegen eine einmalige Regelung ausreichend. Die äußere Form, die Frage, ob eine Holdinggesellschaft dazwischenzuschalten ist, sind Dinge, die erst später zu entscheiden wären.

(Abg. Seuffert: Da sind wir wieder beim Thema!)

— Aber sicher, Herr Seuffert! Ich leugne nicht, daß das einer meiner großen politischen Wünsche ist, und ich werde auch nie darauf verzichten, hier diese Wünsche mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen.
Bei dieser Regelung der verbrieften Forderungen ist die Frage der Altsparerentschädigung mit aufgeworfen worden. Herr Seuffert hat schon auf das hingewiesen, was ich im Auftrage des von mir geleiteten Unterausschusses hier vorgetragen habe und was auch meine persönliche Meinung ist. Ich halte nach wie vor an ihr fest. Ich bin der Meinung, daß eine Altsparerregelung in dem Sinne, in dem sie damals hier zum Ausdruck gekommen und von der Regierung bestätigt worden ist, eine unabdingbare Forderung darstellt.
Ich darf zum Schluß kommen. Die Regierung sagt in der Begründung des Gesetzes — der Herr Bundesfinanzminister hat es auch in seiner mündlichen Begründung am Schluß gesagt —, daß niemand erwarten kann, daß die Liquidation des Krieges eine erfreuliche sein könne. Das ist richtig. Die Regierung sagt dann aber weiter, daß niemand eine großzügigere Regelung hätte fordern können. Eine solche Behauptung muß doch etwas bezweifelt werden, da der gleiche Bund es für richtig und zweckmäßig gehalten hat, seine Verpflichtungen gegenüber dem Ausland, aber auch gegenüber Personenkreisen, die zu Anfang in den Genuß ihrer Entschädigung gekommen sind, in wesentlich höherem Maße zu erfüllen. Wir hätten, auf die große Breite gesehen, doch eine etwas gleichmäßigere und gerechtere Behandlung aller Geschädigten gewünscht. Das ist aber heute, nachdem so viele Tatsachen geschaffen worden sind, leider nicht mehr möglich. Wir müssen also versuchen, durch die Beratung in den Ausschüssen das Beste aus diesem Gesetz zu machen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210313600
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gille.

Dr. Alfred Gille (GB/BHE):
Rede ID: ID0210313700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand wird die Schwierigkeiten verkennen, die der fairen und loyalen Lösung dieses Riesenproblems entgegenstehen. Niemand wird sich auch nur annähernd der Hoffnung hingeben, daß etwa alle offen geäußerten oder geheimen Wünsche der Millionen Beteiligten befriedigt werden können. Ich glaube aber, der Herr Bundesfinanzminister hat den Rahmen der dem Gesetzgeber gegebenen Möglichkeiten doch nicht ganz zutreffend umrissen, als er darauf hinwies, daß der Artikel des Grundgesetzes, der eine gesetzgeberische Lösung dieses Problems verlangt, die Enteignungsbestimmungen außer Kraft gesetzt hat. Das kann doch keineswegs bedeuten, daß bei Lösung dieses Problems nun auch alle übrigen Grundsätze des Grundgesetzes außer Kraft gesetzt sind. Gerade bei der Wahl des Verteilungsmaßstabs darf nicht übersehen werden, daß der oberste Grundsatz die soziale Gerechtigkeit ist und daß keine Verteilungsmaßstäbe gewählt werden dürfen — weil man sonst dem Geiste des Grundgesetzes sich widersetzen würde —, die diesen peinlich zu beachtenden Grundsatz der Dringlichkeit der vorhandenen sozialen Notstände außer acht lassen.
Unter dieser Betrachtungsweise habe ich nicht verstanden, auch heute in der Begründung und in der Diskussion nicht verstanden, daß man eine so krasse Unterscheidung zwischen verbrieften und nichtverbrieften Forderungen machen will. Ich habe sehr sorgsam zugehört, was der Herr Bundesfinanzminister zur Begründung gesagt hat. Er hat drei Punkte dazu aufgezählt. Erstens hat er gemeint, daß eine Sonderregelung für verbriefte For-


(Dr. Gille)

derungen schon an sich einen sozialen Charakter trage. Ich muß offen sagen, ich habe den Sinn dieser Bemerkung nicht verstanden. Sie kann doch nicht etwa so zu verstehen sein, daß der Herr Bundesfinanzminister der Auffassung ist, die Besitzer von verbrieften Forderungen seien ohne weiteres mit den Kreisen der sozial Schwächsten in Vergleich zu setzen. Man kann doch beim besten Willen nicht sagen, daß eine Sonderregelung für die verbrieften Forderungen in sich bereits einen sozialen Charakter trage.
Der zweite Grund, den der Herr Bundesfinanzminister angab, war interessant genug. Er sprach von der Erhaltung oder Hebung des Bundeskredits. Ich möchte meinen, daß das ein Gesichtspunkt ist, der bei der Regelung dieser Materie aber wirklich absolut nichts zu suchen hat.

(Sehr gut! beim GB/BHE.)

Der Bund steht hier nicht als irgendein Beteiligter des Kapitalmarktes vor den Millionen, die etwas von ihm verlangen, sondern als Schuldner schlechthin, und ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Schuldner, der zwar die verbrieften Forderungen erfüllen will, aber alles andere zu streichen beabsichtigt, sein Kreditansehen besonders heben kann. Wir sollten uns also von der Vorstellung, daß wir mit einer Annahme dieser Grundkonzeption dem Bundeskredit dienten, doch wohl frei machen.
Und nun der dritte Gesichtspunkt — der Herr Bundesfinanzminister nannte es eine „staatspolitische Erwägung" —, es handle sich hier um Wertpapiere, und der Charakter der Wertpapiere verpflichte den ausgebenden Gläubiger in ganz besonderem Maße. Meine Damen und Herren, meine politischen Freunde und ich haben auch für dieses Argument nicht das geringste Verständnis. Es kann doch nicht im Ernst angenommen werden, daß der Schuldner eines Wertpapiers eine geringere moralische Verpflichtung habe, seine Schulden zu bezahlen, als irgendein- anderer, dessen Verpflichtungen meinetwegen auf schlichten Kaufverträgen oder einzelnen Rechtsgründen beruhen. Ich vermag heute beim besten Willen noch nicht zu sehen, wie man diese unterschiedliche Behandlung verbriefter und nichtverbriefter Forderungen wirklich haltbar begründen will. Unter „haltbar begründen" verstehe ich, daß ein Verteilungsmaßstab gewählt wird, der mit dem Geist des Grundgesetzes und mit der zugesagten gerechten und loyalen Lösung in Einklang zu bringen ist. Es wird, wie ich nochmals betonen möchte, entscheidend darauf ankommen, daß der Kuchen, so groß oder so klein er sein mag, richtig, gerecht verteilt wird. Der Vorschlag, den der Entwurf uns anbietet, ist aus den von mir dargelegten Gründen nach unserer Auffassung nicht annehmbar.
Wenn ich nicht irre, hat mein Vorredner Herr Dr. Atzenroth bereits darauf hingewiesen, daß, gleichgültig, wie groß der Kreis der Forderungen gezogen werden soll, wahrscheinlich der Gedanke einer Altsparerentschädigung, d. h. einer höheren Quote für Altgläubiger, nicht ganz außer Betracht gelassen werden darf, nachdem dieser Gedanke bereits bei der Regelung anderer großer Problemkreise gesetzgeberisch seinen Niederschlag gefunden hat. Ob das in gleicher Höhe möglich sein wird, das scheint mir nicht entscheidend zu sein. Aber der Gedanke an sich darf nach unserer Auffassung nicht unter den Tisch fallen.
Auch in diesem Gesetz spielen wieder einmal Stichtage eine Rolle, und zwar hat man einen neuen Stichtag ausfindig gemacht. Er liegt im
Jahre 1950. Die Stichtage im Lastenausgleichsgesetz und im Bundesvertriebenengesetz haben wir nach großen Mühen gleichgezogen auf den 31. Dezember 1952. Was soll wohl genügenden Anlaß geben, in diesem Gesetz einen neuen Stichtag zu wählen, der zwei Jahre früher liegt und ja nichts anderes zur Folge haben kann, als daß die Menschen, die in den Jahren 1951 und 1952 in die Bundesrepublik gekommen sind, von der Regelung völlig ausgeschlossen werden! Für die Wahl dieses Stichtags ist uns der Herr Bundesfinanzminister jede Begründung schuldig geblieben. Wir wollten hierauf bereits jetzt mit Nachdruck hinweisen und empfehlen, Erwägungen anzustellen, ob der Stichtag nicht so gewählt werden kann, wie er mit sehr sorgfältigen Begründungen in den anderen Entschädigungsgesetzen bestimmt wurde.
Bezüglich der Auszahlungen aus einem Härtefonds stimme ich Herrn Atzenroth vollinhaltlich und mit großem Nachdruck zu. Wir möchten bitten, die Frage, wann eine soziale Notlage vorliegt und welche Voraussetzungen für Zahlungen aus dem Härtefonds gegeben sein sollen, unter gar keinen Umständen dem Verordnungsrecht des Herrn Bundesfinanzministers zu überlassen. Die Erfahrungen in der Vergangenheit lehren doch wirklich, daß hier der Gesetzgeber selber das Wort nehmen sollte.

(Sehr gut! beim GB/BHE.)

Ich will gar nicht einmal darauf hinweisen, daß nach unseren Erfahrungen nicht nur beim Feststellungsgesetz, sondern vielleicht noch viel deutlicher beim Bundesentschädigungsgesetz ein solches Recht, das dem Bundesfinanzminister gegeben war, jahrelang nicht ausgeübt worden ist. Der zuständige Ausschuß sollte diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit zuwenden und dafür sorgen, daß das Gesetz sofort praktikabel wird, indem solche wichtigen Dinge nicht außerhalb des Gesetzes im Wege eines Verordnungsrechts, sondern zumindest in den Grundsätzen im Gesetz selber geregelt werden.
Auf Einzelheiten einzugehen, ist ja in der ersten Lesung nicht die Zeit und nicht der Ort. Ich darf aber zur Frage des Erlöschens aller Rechtsansprüche aus unverbrieften Forderungen noch auf einen Gesichtspunkt aufmerksam machen. Eine solche Lösung scheint uns schon deshalb nicht — auch rechtlich nicht — vertretbar zu sein, weil sowohl die Deutsche Bundesbahn als auch die Deutsche Bundespost nach 1945 bis weit hinein in die Jahre kurz vor der Währungsreform nachweislich eine Reihe derartiger unverbriefter Forderungen erfüllt haben, allerdings mit einer für uns sehr unangenehmen Einschränkung: Diese Forderungen wurden nur erfüllt, sofern die Gläubiger zu dem Kreis der einheimischen Bevölkerung gehörten. Meine Damen und Herren, der Sachverhalt ist leider so! Wenn es bei dieser Regelung verbleibt, wäre hier festzustellen, daß zumindest von seiten der Bundesbahn und Bundespost ein Tell der Gläubiger nach einem völlig unmöglichen Auswahlmaßstab bevorzugt befriedigt worden ist. Auch dieser Tatbestand kann nicht einfach unberücksichtigt bleiben. Man wird zum mindesten die Regelung nachholen müssen, und zwar bezogen auf den ganzen Berechtigtenkreis, die in den Jahren nach 1945 von diesen beiden Sondervermögen tatsächlich praktiziert worden ist.
Auch meine Freunde sind bereit, mit großer Sorgfalt an die Arbeit zu gehen. Wir glauben allerdings nicht, daß zwei Sätze, die der Herr Bundesfinanzminister mit besonderem Pathos an den


(Dr. Gille)

Schluß seiner Begründung gestellt hat, dieser gemeinsamen Arbeit als Motto vorangesetzt werden könnten. Der Herr Bundesfinanzminister sagte, er kenne nichts Unsozialeres, als Ausgaben ohne Deckung zu beschließen. Ich möchte meinen, ich kenne noch etwas Unsozialeres, nämlich: Ausgaben zu verweigern, weil man den echten Willen, die notwendige Deckung zu beschaffen, nicht aufzubringen vermag.
Der Herr Bundesfinanzminister glaubt ferner uns darauf hinweisen zu müssen, daß nicht das Gesetz hart ist, sondern die Ursache, die dieses Gesetz notwendig gemacht hat. Das ist eine Binsenwahrheit, die niemand von uns jemals vergessen hat und die wir auch bei der Beratung dieses Gesetzes nicht vergessen werden. Das hindert aber nicht, daß über die Behandlung dieses Gesetzes doch wohl der Grundsatz gestellt werden muß: im Rahmen der nur irgendwie ausschöpfbaren Leistungsfähigkeit — man soll also den Kuchen so groß wie irgendmöglich machen —, im Rahmen der vorhandenen Masse Verteilungsmaßstäbe zu finden, die in allererster Linie den Grundsätzen sozialer Gerechtigkeit entsprechen. Wie das im einzelnen zu praktizieren sein wird, das werden die Beratungen im Ausschuß ergeben müssen.

(Beifall beim GB/BHE.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210313800
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist der Antrag gestellt, den Entwurf einer Reiche von Ausschüssen zu überweisen, zunächst dem Ausschuß für Geld und Kredit als federführendem Ausschuß. Ist das Haus einverstanden, daß dieser Ausschuß die Federführung haben soll? — Dann an den Ausschuß 1 für Finanz- und Steuerfragen, den Haushaltsausschuß, den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Ausschuß für den Lastenausgleich und den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht. Das ist ein ziemliches Paket von mitberatenden Ausschüssen; ich hoffe, daß wir noch im Laufe dieser Legislaturperiode die Ausschußberichte bekommen werden.

(Heiterkeit.)

Will das Haus so beschließen? —

(Abg. Könen [Düsseldorf] : Herr Präsident, Ausschuß für Kommunalpolitik ist vorgeschlagen!)

— Der Ausschuß für Kommunalpolitik auch? Ich finde, wenn sich acht Ausschüsse mit der Sache beschäftigen, kann auch noch ein neunter seine Talente beweisen. — Sie sind nicht einverstanden? Dann muß ich darüber abstimmen lassen.

(Abg. Könen [Düsseldorf]: Darf ich dazu etwas sagen?)

— Ja; kommen Sie bitte auf die Tribüne.

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0210313900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe für den leider abwesenden Vorsitzenden des Ausschusses für Kommunalpolitik, Herrn Dr. Willeke, übernommen, diesen Antrag hier zu stellen. Es ist nicht ein Antrag meiner Fraktion; es ist der Wunsch des Ausschusses, als mitberatender Ausschuß beteiligt zu werden, weil in dem Gesetzentwurf doch kommunale Belange in außerordentlichem Maße angeschnitten werden. Ich will hier keine Rede halten, sondern nur kurz begründen, warum. Ich brauche
nur ein paar Stichworte zu sagen: Trümmerbeseitigung, Bunkerfragen, Luftschutzfragen und ähnliche Dinge; dann wissen Sie ungefähr, was ich meine.
Ich darf Sie also im Namen des Ausschusses — nicht meiner Fraktion — dringend bitten, der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Kommunalpolitischen Ausschuß — zur Mitberatung — zuzustimmen.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210314000
Wortmeldungen zu diesem Antrag liegen nicht mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, als weiteren mitberatenden Ausschuß den Ausschuß für Kommunalpolitik zu bestimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ersteres war die überwiegende Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Aber was dem einen recht ist, meine Damen und Herren, ist dem anderen billig. Kollege Dr. Böhm bittet für den Ausschuß für Fragen der Wiedergutmachung ebenfalls um die Ehre des Mitberatungsrechts. Erhebt sich Widerspruch? Muß ich abstimmen lassen? — Offenbar nicht; Sie sind damit einverstanden.
Dann haben wir also neben dem federführenden Ausschuß, dem Ausschuß für Geld und Kredit, den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, den Haushaltsausschuß, den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Ausschuß für den Lastenausgleich, den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht, den Ausschuß für Kommunalpolitik und den Ausschuß für Fragen der Wiedergutmachung. Ich habe den Eindruck, daß diese Vorlage in besten Händen ist.

(Heiterkeit.)

— Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" und zur Übertragung von Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf die Stiftung (Drucksache 1670).
Das Wort zur Begründung des Entwurfs hat Herr Staatssekretär Hartmann.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210314100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bundesfinanzministerium hat dem Hohen Hause heute noch einen weiteren Gesetzentwurf vorzulegen, und zwar den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" und zur Übertragung von Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf die Stiftung.
Dieser Entwurf hat bereits eine fast fünfjährige Geschichte. Schon im Jahre 1950 wurde im Bundesfinanzministerium der erste Referentenentwurf fertiggestellt. Er sah noch die Überführung des Eigentums am preußischen Kulturbesitz auf den Bund vor. Dieser Grundgedanke des Entwurfs wurde vom Unterausschuß „Kunst" des Kulturpolitischen Ausschusses des Bundestages in seiner Sitzung vom 13. April 1951 abgelehnt. Der Ausschuß war der Meinung, daß die Probleme des preußischen Kulturbesitzes durch seine Einbringung in eine Stiftung gelöst werden müßten, an der Bund und Länder zu gleichen Teilen zu beteiligen seien.


(Staatssekretär Hartmann)

Auch die Konferenz der Kultusminister der Länder befürwortete seinerzeit eine solche Lösung. Im Bundesfinanzministerium wurde daraufhin ein neuer Entwurf ausgearbeitet, der die Errichtung einer Stiftung und die Übertragung des preußischen Kulturbesitzes auf diese Stiftung vorsah. Die Verhandlungen mit den Ländern über diesen Entwurf zogen sich bis in den Herbst des Jahres 1952 hin. Der Bundesfinanzminister hätte den Gesetzentwurf schon damals gerne dem Bundeskabinett zur Verabschiedung vorgelegt; die Vorlage wurde seinerzeit jedoch wegen des bevorstehenden Ablaufs der Legislaturperiode und angesichts der Überlastung des Bundestages durch eine große Anzahl anderer Gesetzesvorlagen zurückgestellt.
In der Folgezeit ist versucht worden, ein Einvernehmen mit den Ländern über den vorzulegenden Gesetzentwurf zu erzielen, da diese inzwischen unter grundsätzlicher Zustimmung zu dem Gedanken einer Stiftung Änderungswünsche geäußert hatten. Der Versuch einer Verständigung mit den Ländern ist leider gescheitert. Während die Länder nunmehr die Auffassung vertraten, daß eine Vereinbarung über die Verwaltung des preußischen Kulturbesitzes einer gesetzlichen Regelung durch den Bund vorzuziehen sei, wurden die beteiligten Bundesressorts im Gegensatz hierzu im Verlauf der Verhandlungen in ihrer Überzeugung bestärkt, daß die Probleme des preußischen Kulturbesitzes nur im Wege der Bundesgesetzgebung befriedigend gelöst werden können. Sie entschlossen sich daher im Herbst des vergangenen Jahres, dem Kabinett einen überarbeiteten Entwurf vorzulegen. Lediglich die Tatsache, daß wir es für notwendig gehalten haben, in die Begründung des Gesetzentwurfs eine Darstellung der Entwicklung und der Bedeutung des preußischen Kulturbesitzes aufzunehmen, hat die Einbringung des Gesetzentwurfs verzögert.
Ich brauche vor Ihnen, meine Damen und Herren, die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ordnung des preußischen Kulturbesitzes nicht besonders zu begründen. Der Bundestag hat in seiner einstimmig gefaßten Entschließung vom 27. Januar 1955 die alsbaldige Vorlage eines Gesetzentwurfs über den preußischen Kulturbesitz durch die Bundesregierung ausdrücklich gefordert. Dieser Gesetzentwurf liegt Ihnen nun vor. Er entspricht auch inhaltlich weitgehend den vom Bundestag in seiner Entschließung aufgestellten Forderungen.
Wenn in Abweichung von dieser Entschließung in dem Gesetzentwurf davon abgesehen worden ist, Berlin als Sitz der zu errichtenden Stiftung zu bestimmen, so bedeutet dies nicht etwa, daß der Bundesregierung Berlin als Sitz der Stiftung nicht genehm wäre. Die Bundesregierung hat nach § 9 des Entwurfs das Recht, den Sitz der Stiftung zu bestimmen; sie hat Berlin auch als Sitz der Stiftung in Aussicht genommen. Diese Absicht der Bundesregierung ist in der Begründung zu § 9 ausdrücklich festgelegt worden. Berlin ist als Sitz der Stiftung nur deshalb nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen worden, weil die Entscheidung über den Sitz der Stiftung zu den Maßnahmen gehört, für die die Bundesregierung kraft ihrer Organisationsgewalt zuständig ist.
Was nun den Standort der auf die Stiftung übergehenden Kulturgüter angeht, so hat der Gesetzentwurf die Entscheidung hierüber dem maßgeblichen Organ der Stiftung, dem Stiftungsrat, vorbehalten, der auf Grund seiner Sachkenntnis entscheiden wird, welche Sammlungen oder Einzelwerte wieder nach Berlin zurückgebracht werden können. Da zudem der Bund nach dem Entwurf die Hälfte der Mitglieder des Stiftungsrates stellt und die Beschlüsse dieses Gremiums über den Standort der Kulturgüter mit qualifizierter Mehrheit gefaßt werden müssen, ist im übrigen der Einfluß des Bundes bei der Entscheidung des Stiftungsrates über den Standort der Kulturgüter ausreichend sichergestellt.
Ich komme nun zu dem weiteren in die Entschließung vom 27. Januar 1955 aufgenommenen Anliegen des Bundestages, den preußischen Kulturbesitz in eine Stiftung einzubringen, in deren maßgebendem Organ neben dem Bund auch Berlin und die Bundesländer im gleichen Verhältnis Sitz und Stimme haben, die zur Zeit treuhänderisch Teile des Kulturgutes verwalten. Nach dem Gesetzentwurf obliegt die Leitung der Stiftung dem Stiftungsrat, der aus 14 Mitgliedern bestehen soll. Die Hälfte der Mitglieder wird vom Bundesinnenminister und je ein Mitglied von den Ländern Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein bestellt. Der Kurator, der auf Vorschlag des Stiftungsrates vom Bundespräsidenten ernannt wird, verwaltet die Stiftung und führt ihre Geschäfte nach Weisung des Stiftungsrates. Der Beirat, der aus 10 bis 15 sachkundigen Personen besteht, soll dem Stiftungsrat und dem Kurator beratend zur Seite stehen. Diese Regelung dürfte der genannten Entschließung des Bundestages entsprechen. Ich darf aber in diesem Zusammenhang schon hier darauf hinweisen, daß nach dem Willen der Bundesregierung dem Bund das Recht, die Hälfte der Mitglieder des Stiftungsrates zu bestellen, nicht etwa im eigenen Interesse vorbehalten werden soll. Der Bund wird sich bei der Durchführung der ihm durch die Beteiligung im Stiftungsrat zufallenden Aufgaben als getreuer Sachwalter für die Gebietsteile des ehemaligen Landes Preußen betrachten, die zur Zeit noch außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik liegen. Diese Aufgabe des Bundes entfällt in dem Zeitpunkt, in dem die Wiedervereinigung Tatsache werden wird.

(Abg. Kunze [Bethel] : Sehr richtig!)

Zu gegebener Zeit sollen also die preußischen Nachfolgeländer, die sich heute außerhalb des Bundesgebietes befinden, an die Stelle des Bundes treten.
Der Gesetzentwurf, in dem eine Regelung vorgeschlagen wird, die der einstimmigen Entschließung des Hohen Hauses, wie wir denken, in allen wesentlichen Punkten entspricht, ist nun insbesondere von seiten der Länder einer starken Kritik unterworfen worden. Wie Ihnen aus der Drucksache 1670 bekannt ist, hat der Bundesrat den Gesetzentwurf auf Grund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht gebilligt. Nach seiner Auffassung findet die vorgesehene Bildung einer unter Bundesaufsicht stehenden Stiftung im Grundgesetz keine Rechtsgrundlage. Ich sehe davon ab, Ihnen die juristischen Argumente des Bundesrates für seine Ansicht und die der Bundesregierung für die gegenteilige Ansicht vorzutragen. Diese Argumente können Sie mit mehr Gewinn in der zitierten Bundestagsdrucksache nachlesen. Ich möchte heute nur auf die Äußerung des Bundesrates eingehen, worin dieser zum Ausdruck bringt, daß abgesehen von


(Staatssekretär Hartmann)

den verfassungsrechtlichen Bedenken keine Notwendigkeit für eine bundesgesetzliche Regelung mehr bestehe, weil nämlich die beteiligten Länder in rechtlich zulässiger Weise ein Abkommen über die gemeinsame Verwaltung des verlagerten Kulturbesitzes untereinander treffen könnten. Wie bekanntgeworden ist, ist ein solches Abkommen zwischen den beteiligten Ländern tatsächlich inzwischen zustande gekommen. Der Wortlaut dieses Abkommens ist uns allerdings bisher amtlich nicht zugeleitet worden, so daß ich nicht in der Lage bin, heute zu den Einzelheiten dieses Abkommens Stellung zu nehmen. Ich halte eine solche Stellungnahme auch nicht für erforderlich. Denn wie immer auch die Verwaltung im einzelnen gestaltet werden soll: für den preußischen Kulturbesitz kann durch ein solches Verwaltungsabkommen Entscheidendes nicht gewonnen werden. Es kommt hier nicht darauf an, irgendeine Lösung zu finden; es ist vielmehr unsere Pflicht, hier die bestmögliche Lösung zu finden und durchzusetzen.

(Abg. Dr. Gülich: Sehr gut!)

Das aber ist nicht eine Verwaltungsvereinbarung. Eine solche Vereinbarung kann, wie sich aus ihrem Namen ergibt, sich nur auf die Verwaltung des verlagerten Kulturgutes beziehen. Sie muß die Frage des Eigentums an dem Kulturgut in der Schwebe lassen und sich auf die Erhaltung des Vorhandenen beschränken. Eine solche rein konservatorische Behandlung des preußischen Kulturbesitzes trägt der Eigenart dieses Besitzes nicht Rechnung. Der preußische Kulturbesitz ist wie jeder derartige Kulturbesitz gewissermaßen ein lebender Organismus, der fortentwickelt und ergänzt werden muß durch Ankauf oder durch den Austausch von entbehrlichen Überstücken usw. gegen Werte, die zu einer Bereicherung der vorhandenen Bestände führen. Nur bei einer solchen Behandlung kann der preußische Kulturbesitz, was eine seiner Aufgaben sein müßte, die Kunstentwicklung bis zur Jetztzeit repräsentieren. Aber schon heute muß leider festgestellt werden, daß der preußische Kulturbesitz infolge seiner nur konservatorischen Behandlung die Kunstentwicklung der letzten zehn Jahre nicht mehr erkennen läßt. Nicht einmal die restaurativen Arbeiten an den Werten konnten in der Nachkriegszeit so gefördert werden, wie dies im Interesse der Erhaltung des Kulturgutes wünschenswert gewesen wäre. Mit diesen Feststellungen sollen keine Vorwürfe erhoben werden; aber dies sind die Folgen, die sich aus der Tatsache ergeben, daß es bis heute keine Stelle gibt, die berechtigt wäre, über die Bestände wie ein Eigentümer zu verfügen, sie zu ergänzen und auszubauen.
Der Entwurf der Bundesregierung hat sich demgegenüber zum Ziele gesetzt, dem preußischen Kulturbesitz wieder zu einem Eigenleben zu verhelfen, und zwar indem er ihn in das Eigentum einer Stiftung überführt, die als Eigentümerin rechtlich legitimiert ist, Entschließungen zu fassen, die nicht nur Verwaltungsmaßnahmen betreffen, und indem er eine finanzielle Grundlage schafft, die den Ausbau und die Fortentwicklung des Kulturbesitzes auch finanziell ermöglicht. Auf diese Weise werden die Sammlungen ihrer kulturellen und wissenschaftlichen Zweckbestimmung wieder zugänglich gemacht.
Das vorgelegte Gesetz ist also eine Notwendigkeit. Es kann unter keinen Umständen durch
irgendwelche noch so gut gemeinten Vereinbarungen über die Verwaltung zwischen den beteiligten Ländern ersetzt werden. Eine Verwaltungsvereinbarung vermag den Kulturbesitz zu konservieren, sie vermag ihn aber nicht als lebende Einheit zu erhalten und fortzuentwickeln. Das ist nur durch eine gesetzliche Regelung möglich. Damit möchte ich meine Ausführungen zu den Einzelheiten des Entwurfs abschließen.
Lassen Sie mich aber noch einen allgemeinen Gesichtspunkt zu diesem Thema hervorheben. Die nach dem Gesetzentwurf zu errichtende Stiftung soll den Namen „Preußischer Kulturbesitz" tragen. Die Wahl dieses Namens beruht nicht auf einem Zufall. In ihm soll preußischer Kunstliebe und preußischem Kunstgeist gewissermaßen ein Denkmal gesetzt werden. Es erscheint mir als ein Akt historischer Gerechtigkeit, wenn ich hervorhebe, daß Preußen auch kulturelle Werte geschaffen hat, die unvergänglich sind und noch heute unser Gemeinschaftsleben bestimmend beeinflussen.

(Beifall in der Mitte.)

Was Preußen insbesondere auf dem Gebiet der Kunstpflege geschaffen hat, das zeigt sich jedem sehr deutlich, der sich mit der Materie dieses Gesetzentwurfs näher beschäftigt hat. Das war für uns auch der Grund, Ihnen im Rahmen der Begründung zu dem Gesetzentwurf eine zusammenfassende Darstellung über die Entwicklung, die Bedeutung und den Umfang des preußischen Kulturbesitzes zu geben. Die Einarbeitung dieser Darstellung, für die ich allen Sachverständigen, die dabei mitgewirkt haben, hier besonders danken möchte, vor allem dem Herrn Abgeordneten Professor Dr. Gülich sowie dem Kunsthistoriker Herrn Professor Hans Kaufmann von der Universität Köln sowie den Berliner Experten, hat, wie ich schon einleitend sagte, zwar die Einbringung des Gesetzentwurfs verzögert; ich glaube aber, daß ohne sie die Begründung zu diesem Gesetzentwurf nur unvollständig gewesen wäre.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210314200
Der Entwurf ist eingebracht und begründet. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Maxsein.

Dr. Agnes Katharina Maxsein (CDU):
Rede ID: ID0210314300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regelung der Frage des preußischen Kulturgutes hat schon ihre Geschichte, wie Sie aus den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs entnommen haben. Diese Geschichte ist beinahe so wechselvoll wie das Schicksal der Kulturgüter selbst. In dieser Stunde ist uns der Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" und zur Übertragung von Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf die Stiftung unterbreitet worden. Dieser Gesetzentwurf enthält im Anhang die Stellungnahme des Bundesrats, der die Lösung, die die Bundesregierung Ihnen vorschlägt, ablehnt, und zwar, wie Sie aus den Ausführungen entnommen haben, im wesentlichen aus zwei Gründen: einmal aus verfassungsrechtlichen Gründen und und zum andern, weil nach seiner Ansicht eine bundesgesetzliche Regelung sachlich nicht notwendig ist. Der Bundesrat operiert wieder mit dem Argument, es handle sich um Kulturaufgaben, und die Kulturhoheit liege bei den Ländern. Das ist


(Frau Dr. Maxsein)

zweifellos richtig. Aber es gibt auch Kulturaufgaben, die nicht nur die Länder, sondern zugleich den Bund berühren. Ich bin der Meinung, daß in einem solchen Fall der Bund nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist, diese Aufgaben zu erfüllen.
Es fragt sich, wie weit oder wie eng man den Kulturbegriff faßt. Der Bundesrat klammert die Frage aus, für die der Bund kompetent ist. Diese Frage bietet aber nach meiner Auffassung geradezu die Voraussetzung dafür, daß die Kulturverwaltungsaufgaben der Länder überhaupt, ich möchte sagen, nutzvoll und schöpferisch durchgeführt werden können. Es handelt sich um die Lösung der Vermögensfrage, die erfolgen muß, damit endlich die Eigentumsfrage geklärt werden kann. Es ist unmöglich, den preußischen Kulturbesitz zu verwalten, wenn nicht feststeht, wer der Eigentümer, wer der Rechtsträger ist.
Wenn in dem Länderabkommen — ich weiß nicht, ob es darin vorkommt — eventuell von einem Junktim die Rede sein sollte, von dem ich habe munkeln hören, daß man meinetwegen sagt: „Gebt uns die Bilder, wir lassen euch die Staatsbibliothek!", so halte ich das für eine Unmöglichkeit. Kein Land, auch nicht der Senat von Berlin wäre berechtigt, auf ein solches Junktim einzugehen. Kein Land ist im rechtlichen Sinne Nachfolgeland Preußens. Das hat im übrigen der Hessische Verwaltungsgerichtshof für das Land Hessen bereits im Oktober 1952 eindeutig ausgesprochen.
Es ist deshalb höchste Zeit, daß die Frage, wer Rechtsträger, wer Eigentümer des preußischen Kulturgutes ist, endlich auf dem Weg des Gesetzes geregelt wird.
Es ist interessant, daß der Bundesrat in Punkt 1 seiner Stellungnahme sagt, daß der Bund keine Kompetenzen für Verwaltungsaufgaben auf dem Gebiet der Kultur habe, andererseits aber an späterer Stelle dem Bund vorschlägt, an der Verwaltung teilzuhaben. Bei aller Freundlichkeit sehe ich in diesem Vorschlag eine Inkonsequenz, die zweifellos die Ernsthaftigkeit der verfassungsrechtlichen Bedenken in Frage stellt. Mich macht auch stutzig, wenn in dem Länderabkommen die Rede von einer „provisorischen" Lösung ist, während man gleichzeitig hört, daß man im Gebiet der Bundesrepublik für die Staatsbibliothek und für die Museumsgüter Gebäude errichtet. Das ist nicht nur ein Eingeständnis der Unzulänglichkeit der bisherigen Unterbringung und der mangelhaften Auswertung der Kulturgüter, sondern stellt auch den provisorischen Charakter dieses Länderabkommens stark in Frage.
Lassen Sie mich als Vertreterin Berlins dazu etwas sagen. Ich darf das aber nur deswegen hier betonen, ohne Anstoß zu erregen oder Animosität zu erwecken, weil das Haus schon einmal einem Antrag zugestimmt hat, der aus den Reihen des Hohen Hauses gestellt wurde, in dem Berlin als Sitz dieser Stiftung bestimmt und ausdrücklich verlangt wurde, daß nicht nur die Museumsgüter, sondern auch die wissenschaftliche Literatur der Staatsbibliothek dahin zurückgebracht wird, wohin sie gehört, nämlich in ihre Heimat Berlin. Das ist so selbstverständlich und natürlich, daß ich gar nicht glauben kann, das Hohe Haus könnte sich solchen natürlichen Argumenten entziehen. Wir sind schließlich jetzt, zehn Jahre nach 1945, souverän auf allen Gebieten, und wir verfahren im ' Verkehr zwischen Berlin und den Bundesländern, als ob wir Noten wie zwischen fremden Mächten austauschten. Das ist eine Unmöglichkeit.
Ich freue mich, daß bereits in diesem Gesetzentwurf davon die Rede ist, daß Berlin von der Regierung als Sitz für diese Stiftung vorgesehen ist. Ich möchte aber — ich glaube, das werden wir in unserem Ausschuß beschließen —, daß Berlin nach dem Gesetzestext Sitz der Stiftung wird. Bisher steht lediglich in der Begründung zum Entwurf, daß Berlin als Sitz der Stiftung vorgesehen ist.
Ich freue mich überdies auch, daß in diesem Entwurf der gesamtdeutsche Standpunkt so klar zum Ausdruck gekommen ist. Ich wundere mich, daß der Bundesrat hier an einer Stelle erklärt:
Eine abschließende Eigentumsregelung für den preußischen Kulturbesitz empfiehlt sich im gesamtdeutschen Interesse erst dann, wenn die ehemaligen preußischen Gebietsteile außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik hierbei mitwirken können.
Laut Verfassung — der Bundesrat ist doch sehr verfassungstreu — ist j a die Bundesregierung verpflichtet, die Anliegen der deutschen Länder, die außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes liegen, zu vertreten. Ich sehe in dieser Stelle eine Beeinträchtigung der Kompetenzen des Bundes und in seiner Repräsentanz für Gesamtdeutschland.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Ich glaube nicht, daß der Bundesrat das beabsichtigt hat. Wer Ohren hat, zu hören, der höre! Es geht hier zweifellos um ganz andere Dinge. Ich erinnere Sie an das Junktim „Dir das, mir das". Ich kann es psychologisch verstehen, daß, wenn man sich einer Sache mit voller Seele widmet, sich dann über die Treuhänderschaft nachher ein Besitz- oder Eigentumskomplex entwickelt. Aber das darf nicht passieren. Das ist der Grund, weshalb ich es so klar herausstelle: kein Land ist Eigentümer des preußischen Kulturgutes. Kein Land! Deswegen ist es wichtig, daß diese Eigentumsfrage geklärt wird.

(Zuruf rechts.)

— Ich darf Sie als Bayer beruhigen. Die Bayern sind in gar keiner Weise benachteiligt. Die SchackGalerie, die j a auch eigentlich preußisches Kulturgut ist, spielt hierbei gar keine Rolle.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, daß es keinen Ort in Deutschland gibt, in dem die gesamtdeutsche kultur politische Bedeutung der preußischen Kulturgüter so zur Geltung kommen kann wie gerade in Berlin, das in seiner Eigenschaft als Bindeglied zwischen Ost und West an Bedeutung zweifellos nicht verloren, sondern eher gewonnen hat. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, mir zuzustimmen, wenn ich beantrage, diesen Entwurf dem Ausschuß für Kulturpolitik als federführendem Ausschuß, darüber hinaus aber wegen der hohen gesamtpolitischen Bedeutung auch dem Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen zu überweisen.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210314400
Meine Damen und Herren, gestatten Sie, daß ich die Aussprache für einige Minuten unterbreche. Wir haben die Freude,


(Vizepräsident Dr. Schmid)

seit einigen Minuten eine Delegation italienischer Parlamentarier in unserer Mitte zu haben.

(Beifall.)

Ich begrüße die Herren Abgeordneten CodacciPisanelli, den Präsidenten der italienischen Gruppe der Interparlamentarischen Union, die Herren Senatoren Carboni, Benedetti, Perrier, die Herren Abgeordneten Piccioni, Benvenuti, Martino, Ceccherini und Bettiol.
Wir wissen alle, wie notwendig es ist, daß sich die Völker immer näher kennenlernen. Ich glaube, daß unter den Möglichkeiten, dies zu tun, eine der besten der ständige und lebendige Kontakt von Parlament zu Parlament ist. In den nächsten Tagen werden einige von uns mit den Kollegen aus Italien Probleme diskutieren, die unseren beiden Häusern gemeinsam sind. Ich bin sicher, daß diese Diskussion zum Vorteil jedes unserer Länder sein wird. Aber auch wenn dieser konkrete Anlaß für den Besuch nicht bestünde, wäre uns der Besuch der Herren aus Rom sehr lieb. Ich heiße sie in unserer Mitte und in der Bundesrepublik herzlich willkommen.

(Beifall.)

Wir fahren in der Aussprache fort. Ich erteile das Wort" dem Abgeordneten Metzger.

Ludwig Metzger (SPD):
Rede ID: ID0210314500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion wird dem vorliegenden Gesetzentwurf im Prinzip zustimmen. Sie ist der Meinung, daß die Fragen, die hier zur Debatte stehen, nun endgültig einmal einer Lösung zugeführt werden müssen. Es ist schon betont worden, wie lange um diese Dinge ) geredet und gehandelt wird und wie wenig in Wirklichkeit getan worden ist. Wir sind der Meinung, daß in bezug auf das preußische Kulturgut nun wirklich etwas geschehen muß. Dabei sind wir der Auffassung, daß es sich um eine gesamtdeutsche Frage handelt, wie es in der Begründung zum Gesetzentwurf richtig dargestellt worden ist. Es ist weder eine Frage Berlins allein noch eine Frage der einzelnen Länder, sondern es ist eine Frage des gesamten deutschen Volkes.
Wenn wir uns einmal ansehen — und es würde sich sehr empfehlen, die Begründung einmal zu lesen —, wie im historischen Teil dargestellt worden ist, wie die preußischen Museen und Sammlungen in Berlin und außerhalb Berlins — vor allem aber auch in Berlin — entstanden sind, wie sie sich entwickelt haben, wird uns klarwerden, welche große Bedeutung dieser preußische Kulturbesitz hat, und es ist sehr dankenswert, daß in der Begründung diese historische Darstellung gegeben worden ist. Ich glaube, wir alle können sie mit Nutzen zur Kenntnis nehmen, und auch vor der Geschichte wird diese Darstellung einmal ihre Bedeutung haben.
Wir müssen also davon ausgehen, daß dieser Kulturbesitz eine gesamtdeutsche Funktion hat, daß das gesamte deutsche Volk an diesem Kulturbesitz interessiert ist und daß es die Aufgabe hat, sich um diesen Kulturbesitz zu kümmern.

(Sehr richtig!)

Es ist auch mit Recht gesagt worden, daß dieser Kulturbesitz nicht auf die Dauer gespalten, auseinandergerissen sein darf, daß er nicht als ein totes Inventar betrachtet werden darf, sondern daß er eine lebendige Einheit, ein lebendiger Organismus sein muß. Dazu gehört eben — das ist auch mit Recht gesagt worden —, daß man diesen Kulturbesitz nicht nur verwaltet, eventuell restauriert, sondern daß man ihn ergänzt, daß man ihn zu etwas Lebendigem gestaltet, das heißt also, daß man ihn auch auf dem neuesten Stand hält. Ich halte es für sehr wichtig, daß man dafür sorgt, daß auch die neue, die moderne Kunst in diesem Kulturbesitz mitbeteiligt ist. Ich halte es für erforderlich, daß auch die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit dieser Kulturbesitz gut verwaltet, daß er lebendig gestaltet werden kann und daß Ankäufe getätigt werden können, kurz und gut, daß also das getan wird, was auch für die Förderung der heutigen lebenden Kunst und der heutigen lebenden Künstler von außerordentlicher Bedeutung ist.
Ich glaube, daß der Bund und die beteiligten Länder hier eine wichtige Aufgabe haben. Wenn aber diese Aufgabe gelöst werden soll, dann kann es nicht in der Weise geschehen, daß man durch eine Vereinbarung eine lose Verbindung schafft, sondern dann ist es notwendig, daß ein Verfügungsberechtigter da ist, und deswegen ist der Gedanke, eine Stiftung zu errichten, ein richtiger und ein guter Gedanke. Diese Stiftung muß durch ihre Organe die Möglichkeit haben, Verfügungen so zu treffen, daß eben die Lebendigkeit dieses Kunstbesitzes deutlich wird und daß dieses Leben auch ausströmt in das Land, in die deutschen Gebiete hinein.
Von meiner verehrten Vorrednerin ist der Wunsch ausgesprochen worden — und ich möchte ihn unterstützen—, daß der Sitz dieser Stiftung in Berlin im Gesetz schon eindeutig festgelegt wird. In der Begründung ist gesagt worden, es bestehe die Absicht der Bundesregierung, kraft ihrer Organisationsgewalt Berlin als Sitz der Stiftung zu bestimmen. Ich glaube, die Frage ist wichtig genug, daß man sie über die Organisationsgewalt der Bundesregierung hinaus — und der Bundestag hat durchaus dazu die Möglichkeit — entscheidet und den Sitz für Berlin bereits im Gesetz festlegt.

(Sehr gut!)

Denn auch darüber sollten wir uns einig sein, daß Berlin für den preußischen Kulturbesitz Mittelpunkt sein wird und sein muß, und wir sollten auch ohne Rücksicht auf irgendwelche Prestigefragen davon ausgehen. daß diese neue Stiftung die Aufgabe hat, den Kunstbesitz, der einmal in Berlin zu Hause gewesen ist, wieder nach Berlin zu bringen, da von Berlin aus die Möglichkeit besteht, diesen Kunstbesitz ausstrahlen zu lassen, und zwar nicht nur in das Gebiet der sogenannten Bundesrepublik, sondern auch in das Gebiet der Ostzone hinein, daß auch da die Menschen die Möglichkeit haben, sich an diesem Kunstbesitz in Berlin zu stärken. Ich glaube, so gesehen hat dieser Kunstbesitz auch eine ganz eminent politische Aufgabe und eine ganz eminent politische Bedeutung.
Nun ist vom Bundesrat geltend gemacht worden, laß verfassungsmäßige Bedenken bestünden. Die verfassungsmäßigen Bedenken sind nicht dagegen erhoben worden, daß der Bund die Möglichkeit hat, die Frage des Eigentums gesetzlich zu regeln. Darüber gibt es gar keinen Zweifel. Der Bundesrat hat nur die Behauptung aufgestellt, daß der Bund nicht die Kompetenz habe, wenn er über die Eigentumsfrage entscheide — sei es nach Art. 135 Abs. 4 oder Abs. 5; ich werde nachher noch sagen, laß nach meiner Meinung der Abs. 4 in Frage kommt —, zur gleichen Zeit darüber zu entschei-


(Metzger)

den, wie es mit der Verwaltungseinrichtung aussieht. Es wird dem Bund die Kompetenz bestritten, darüber eine Entscheidung zu treffen. Auch da ist in der Begründung der Bundesregierung völlig zu Recht gesagt worden: Wenn dem Bund die Möglichkeit gegeben ist, über das Eigentum so zu verfügen, daß auch der Bund selbst Eigentümer werden kann, dann ist es selbstverständlich, daß dieses Bundesvermögen vom Bund auch verwaltet wird. Das sind ganz allgemeine verfassungsrechtliche Grundsätze. Es ist eigentlich erstaunlich, daß man glaubt, das bestreiten zu können.
Der Bund hat die Möglichkeit, Eigentum durch Gesetz auf sich selbst zu überführen, er hat aber auch die Möglichkeit, Eigentum an eine Stiftung zu übertragen, an der der Bund und die betreffenden Länder mitbeteiligt sind.
Es ist gut, daß diese Stiftung geschaffen wird, daß da alle Beteiligten vertreten sind und daß ein Organ da ist, das funktionsfähig ist, das also alles das tun kann, was dringend notwendig ist. Ganz ohne Zweifel kommt der Abs. 4 des Art. 135 zur Anwendung, der davon spricht, daß der Bund das Recht hat, eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelung zu treffen, sofern ein überwiegendes Interesse des Bundes oder das besondere Interesse eines Gebietes das erfordert. Zunächst kommt Abs. 2 zur Anwendung, der davon spricht, daß das Vermögen nicht mehr bestehender Länder, soweit es nach seiner ursprünglichen Zweckbestimmung überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, auf das Land übergeht, das nunmehr diese Aufgaben erfüllt. Der Bundesrat hat eine Auslegung gewählt, die im Grundgesetz überhaupt keine Grundlage hat. Er behauptet nämlich, daß nur das Vermögen, das gebietsbezogen sei, darunter zu verstehen sei. Davon kann gar nicht die Rede sein. Er versucht zu bestreiten, daß das Eigentum an dem ausgelagerten Kunstgut auf das Land übergegangen ist, in dem sich das Kunstgut befindet. Ohne Zweifel ist dieser Eigentumsübergang nach Art. 135 Abs. 2 erfolgt. Aber gerade deswegen hat der Bund die Möglichkeit, nach Abs. 4 eine andere Regelung zu treffen. Das geschieht, wenn dieser Gesetzentwurf rechtsgültig wird.
Wenn aber Art. 135 Abs. 4 zur Anwendung kommt — und deswegen ist die Frage, ob Abs. 4 oder 5, von außerordentlicher Bedeutung —, dann besteht keine Notwendigkeit, die Zustimmung des Bundesrats einzuholen. Nur wenn der Abs. 5 in Frage käme, müßte der Bundesrat zustimmen. Auch die anderen Gründe, die vom Bundesrat dafür geltend gemacht werden, daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrats bedürfe, sind nach unserer Ansicht nicht stichhaltig, so daß der Bundestag durchaus die Möglichkeit hat, eine Regelung im Sinne des Art. 135 Abs. 4 zu treffen, ein Gesetz zu schaffen, durch das eine Stiftung der hier vorgeschlagenen Art errichtet wird, ohne daß der Bundesrat zustimmt.
Wir sind der Meinung, daß dieses Gesetz so schnell wie möglich geschaffen werden sollte, damit endlich das preußische Kunstgut wieder zum allgemeinen Besten verwandt werden kann. Vor allen Dingen muß dafür gesorgt werden, daß die Stadt Berlin wieder in den Besitz dieses Kunstgutes kommt, soweit sie ihn früher hatte.
Ich bin der Auffassung, daß neben den bereits vorgeschlagenen Ausschüssen auch der Rechtsausschuß mit diesem Gesetzentwurf befaßt werden muß, denn es sind ja eine ganze Reihe von Rechts- und Verfassungsfragen drin. Ich beantrage deshalb, daß der Gesetzentwurf auch dem Rechtsausschuß zugewiesen wird.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210314600
Das Wort hat der Abgeordnete Gaul.

Karl Gaul (FDP):
Rede ID: ID0210314700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf kommt aus dem Finanzministerium. Herr Staatssekretär Hartmann sagte uns am Schluß seiner Ausführungen, daß es eine Gemeinschaftsarbeit sei. Er nannte uns auch anerkennend einige Herren, die an dieser Arbeit mitgewirkt haben. Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, daß ich diesen Verfassern des Gesetzes an dieser Stelle mein Kompliment mache.

(Beifall.)

Wer den Entwurf mit seinen 65 Seiten genau durchliest, wird finden: hier sind nicht nur Gesetzesparagraphen und Zahlen genannt — die Zahlen wundern uns nicht, weil das Gesetz vom Finanzministerium kommt —, sondern die eine Hälfte dieses Entwurfs enthält eine ausgezeichnete Geschichte, einen Rückblick auf ein großes Stück deutscher Kulturgeschichte von beinahe dreihundert Jahren. Wer den Abschnitt über das Schicksal dieser Kulturwerte im Krieg und nach der Kapitulation liest, möchte wirklich wünschen, daß doch gerade dieser Teil des Gesetzentwurfs in die Hände recht vieler Deutschen und vor allen Dingen in die Hände unserer gesamten deutschen Schuljugend gelangt.

(Beifall.)

Die Bundeszentrale für Heimatdienst hat es sich in sehr anerkennenswerter Weise zur Aufgabe gemacht und sie bisher auch mit Erfolg gelöst, unserer Jugend für den staatspolitischen Unterricht und die staatspolitische Erziehung gutes Material in Form von Büchern, Broschüren und Tafeln zu liefern. Ich hätte den Wunsch, daß die Bundeszentrale für Heimatdienst diesen Teil des Gesetzentwurfs nachdruckt und unseren deutschen Schulkindern in der Gesamtheit zum Geschenk macht.
Meine Damen und Herren, zum Entwurf selbst. Über einzelne Paragraphen brauche ich nichts mehr zu sagen. Nur einen Satz zu der verfassungsrechtlichen Schwierigkeit. Ich bin mit Ihnen, sehr verehrter Herr Kollege Metzger, der Meinung: der Entwurf muß auch in den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht, weil wir besonders bei Kulturgesetzen in der Zuständigkeitsfrage böse Erfahrungen gemacht haben. Also, da soll das Gesetz auch hin.
Ich persönlich habe kein Verständnis dafür, daß diese Fragen hier überhaupt aufgeworfen werden, da es um gesamtdeutsche Interessen, um deutsches Kulturgut geht, was uns allen gehört, und ich möchte meinen, daß auch Auslandsdeutsche und Ausländer gar kein Verständnis für diese Zänkereien um die Zuständigkeit aufbringen können.

(Abg. Dr. Strosche: Sehr richtig!)

Den wesentlichen Zweck des Gesetzentwurfs sehe ich in § 3 niedergelegt. Da steht in ausgezeichneter Formulierung: Dieses Gesetz soll die Sammlungen, auch die der großen Preußischen Staatsbibliothek mit damals über drei Millionen Bänden, zu sinnvoller Einheit zusammenführen, soll sie erhalten und pflegen. Dazu gehört, daß die Stiftung sie ergänzt. Vor allen Dingen soll sie sie uns allen in den Museen zugänglich machen und unseren Wis-


(Gaul)

senschaftlern, unseren Forschern, unseren Künstlern und dem Kulturaustausch mit dem Ausland dienen.
Meine Damen und Herren, wir werden uns im Kulturpolitischen Ausschuß mit allem Fleiß dieser Aufgabe unterziehen. Wir wollen sehr schnell ein Gesetz bauen, das diese Fragen löst, und zwar im Bewußtsein unserer Verantwortung für eine wertvolle, gemeinsame Sache.

(Beifall.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210314800
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Strosche.

Dr. Johannes-Helmut Strosche (GB/BHE):
Rede ID: ID0210314900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich gleich eingangs, auch namens meiner politischen Freunde, den anerkennenden Worten des sehr verehrten Herrn Kollegen Gaul anschließen. Ich glaube, jeder, der sich mit diesem Gesetzentwurf befaßte, hat das Empfinden gehabt, daß es wirklich einmal ein Vergnügen, ja, geradezu eine Erhebung und innere Bereicherung war — und das soll bei Gesetzesbegründungen nicht immer vorkommen —, die Begründung dieses Gesetzes zu lesen und zu studieren. Auch unsererseits herzlichen Dank für den Gedanken, die Begründung eines Gesetzes einmal so zu formulieren, und herzlichen Dank all denen, die mitgearbeitet haben! Wenn genügend Zeit wäre, wäre es vielleicht angebracht, von dieser Stelle aus einigen wichtigen Punkten der Entwicklung preußischen Kulturbesitzes ein paar Worte zu widmen, zu zeigen, wie von dem Großen Kurfürsten an über den Höhepunkt der idealistisch-humanistisch-klassischen Zeit, also der Zeit Wilhelm von Humboldts und Alexander von Humboldts, bis in unsere Tage hinein hier sowohl in staatlichen Museen wie in Kunstsammlungen und insbesondere in der Staatsbibliothek Werte unvergänglicher Art und großer Ausstrahlungskraft gesammelt und liebevoll gepflegt wurden, vor allem, glaube ich, schon deswegen, weil man nur zu oft mit dem Namen Preußen Vorstellungen verbindet, die gerade die Pflege dieser Seite des menschlichen Lebens, also der Kultur und Bildung, nicht einzuschließen scheinen.

(Sehr gut! beim GB/BHE.)

Ein Stück Wiedergutmachung hinsichtlich des Rufs und Ruhmes Preußens gerade auch von dieser Stelle scheint notwendig zu sein.

(Beifall beim GB/BHE und bei der CDU/CSU.)

Wir bejahen diesen Gesetzentwurf. Wir freuen uns, daß trotz der langjährigen Schwierigkeiten — wir wissen: seit 1950 wurde an ihm sozusagen herumgedoktert! — nun endlich ein Gesetzentwurf dieser Art vor uns liegt. Wir bejahen das Interesse des Bundes an dieser gesamtdeutschen kulturellen Frage und an der Form der Regelung, wie sie hier vorgeschlagen ist, insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, daß nach 1945 so vieles zerflattert ist und zerstreut wurde, und daß man wenigstens auf diesem Sektor sammeln, hegen, pflegen und erweitern kann.
Es ist mit Recht schon gesagt worden, und wir sind derselben Auffassung, daß der preußische Kulturbesitz ein organisch gewachsenes Gesamt darstellt, das wiedervereinigt — wenn ich diesen Ausdruck auch in dem Zusammenhang einmal gebrauchen darf — werden muß und kann. Wir können auf kulturpolitischem Felde über alle föderalistisch überspitzte, egoistische Eigenbrötelei hinweg wirklich ein Stückchen kultureller und kulturpolitischer Wiedervereinigung vorwegnehmen. Dieser Kulturbesitz ist eine Einheit, die nicht durch Länderverwaltungsvereinbarungen — man muß sich eigentlich wundern, daß man überhaupt auf einen solchen Gedanken verfällt —, sondern allein durch den Bund rechtmäßig verwaltet und getragen werden kann.
Wir bejahen — das sei schon heute gesagt — auch die Schaffung einer Stiftung, „Preußischer Kulturbesitz" benannt, mit Satzung und Stiftungsrat und, wie auch wir es bereits im Gesetz festgelegt wissen wollen, mit Sitz in der Hauptstadt Deutschlands, nämlich in Berlin.

(Beifall beim GB/BHE.)

Im übrigen ist unserer Auffassung nach den Länderinteressen weitestgehend entsprochen worden, sowohl bezüglich der staatlichen Kunstsammlungen in Kassel wie auch hinsichtlich der Grundstücke, welche etwa der Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten unterstanden, hinsichtlich, wie schon angedeutet, der Münchener SchackGalerie, hinsichtlich regionaler Werte, die auf Länder übertragen werden und betreffs der Möglichkeit einer gewissen Verwaltungsdelegation an die Länder, auch im Hinblick auf gerettetes Besitztum aus dem deutschen Osten und der sowjetisch besetzten Zone. Hier sind wir begreiflicherweise besonders daran interessiert, daß Pflege und Wartung dieser Besitztümer besonders liebevoll vor sich gehen! Ferner: hinsichtlich der Beteiligung der Länder am Stiftungsrat, Verbleib der bisherigen Nutzungen, — all das, glaube ich, stellt ein weitestes Entgegenkommen gegenüber berechtigten föderativen Gesichtspunkten dar. Aber, wie schon angedeutet, für ein überspitztes föderatives Denken, das unseres Erachtens egoistische Interessen verhüllen soll, haben wir kein Verständnis.
Wir glauben auch nicht, daß die verfassungsrechtlichen Bedenken durchschlagen, besonders nicht in der Richtung, in der sie vom Bundesrat vorgetragen wurden. Wir halten es für unrichtig, daß der Bundesrat die Notwendigkeit und sogar die Möglichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung bestreitet. Die geplante bzw. in Aussicht genommene Verwaltungsvereinbarung halten wir für unzulänglich; wir halten auch die Zustimmung des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf für nicht notwendig. Vielmehr sind auch wir, wie alle meine verehrten Vorredner, der Auffassung, daß die Wiederherstellung einer lebens-, entwicklungs- und ausbildungsfähigen Einheit, einer kulturellen Potenz, nur auf die hier vorgeschlagene Weise gewährleistet ist, daß nur so Wiederherstellung und Neuordnung auf einem Gebiete vollzogen werden können, auf dem wir sie Gott sei Dank vollziehen können. Wir sind der Meinung, daß die vorgesehene bundesunmittelbare Stiftung eine zweckmäßige und sinnvolle Lösung darstellt.
Man sollte auch nicht vergessen — das ist heute vielleicht noch nicht so ausdrücklich gesagt worden —, daß Preußen auch stilbildend war, und zwar stilbildend auch im Sammeln, im Komponieren, im Zusammensetzen und Zusammenwirken von Kultur- und Kunstgütern. Diese stilbildende Kraft, diesen prägnanten, einmaligen, charakteristischen stilbildenden Willen kann man in der Jugend und in


(Dr. Strosche)

kommenden Generationen nur wieder erwecken und in geschichtlichem Bewußtsein wieder aufleben lassen, wenn er zusammengefügt vor Augen geführt wird, am besten wohl in Berlin. Eine solch erneute Zusammenfassung kann allein verwandte schöpferische Kräfte wieder wachrufen und Möglichkeiten schaffen, den kulturellen Besitz zu mehren und, ordentlich eingefügt, zu erweitern. Bloßes konservatorisches Horten langt hier nicht zu, ist unzulänglich bis dahinaus. Dann erst kann und soll all das Gesammelte, Zusammengeführte, sinnvoll Verwaltete nach dem Avenarius-Wort „Kunst dem Volke" an das Volk lebendig herangeführt werden.
Zum Schluß noch ein Gesichtspunkt! Die Bevölkerung des ehemaligen Preußen ist wie keine Bevölkerung binnendeutscher Länder weithin verstreut worden. Es ist verständlich, daß gerade auch diese Menschen mit Recht erwarten, daß der Bund um eine Konzentration preußischen Kulturbesitzes besorgt ist und eine weitergehende Zerflatterung und Stagnation dieser kulturellen Werte verhindert. Sehr mit Recht ist heute bereits darauf hingewiesen worden, daß das geistig-seelische Ausstrahlungsvermögen dieser Kulturwerte nach der sowjetisch besetzten Zone und nach dem Osten überhaupt nur dann gewährleistet ist, wenn hier geballte kulturelle Kraft an richtiger Stelle angesetzt wird. Unter diesem Blickpunkt stimmen wir dem Gesetzentwurf heute schon voll und ganz zu. Wir sind der Überzeugung, daß in den Ausschußberatungen der Wille des Hauses die Regierung weiterhin unterstützen wird, und daß in den Ausschüssen, an die der Gesetzentwurf überwiesen werden soll, ganze Arbeit geleistet werden wird.
Vielleicht ist mit diesem an sich vielleicht am Rande des politischen Geschehens gelegenen Gesetzentwurf ein wenig von der Verlästerung Preußens wiedergutgemacht; denn leider Gottes war es in den vergangenen Jahren üblich, nicht nur über Österreich-Ungarn, sondern auch über Preußen Schimpf und Schande zu verbreiten und viele Dinge zu verzerren, ohne dabei zu bedenken, daß beide Staaten abendländisch-europäische Ordnungsmächte im Nordosten und im Südosten waren, ohne die Europa nicht denkbar ist und nach denen sich viele zurücksehnen, die heute sehnsuchtsvoll nach Europa Ausschau halten.

(Beifall beim GB/BHE.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210315000
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist der Antrag gestellt, den Gesetzentwurf an den Ausschuß für Kulturpolitik als federführenden Ausschuß zu überweisen, ferner an die Ausschüsse für Rechtswesen und Verfassungsrecht, für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen als mitberatende Ausschüsse. Weitere Anträge werden nicht gestellt. Das Haus erhebt keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Damit ist Punkt 11 der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung soll Punkt 13 vorgezogen werden. — Widerspruch erhebt sich nicht.
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksache 1340);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (27. Ausschuß) (Drucksachen 1424, zu 1424, Umdrucke 474, 477).

(Erste Beratung: 80. Sitzung.)

Berichterstatter ist der Abgeordnete Ludwig. Ich erteile ihm das Wort.

(Abg. Ludwig: Der Bericht liegt schriftlich vor!)

— Sie haben den Bericht schriftlich eingereicht*). Das Haus verzichtet auf eine mündliche Berichterstattung. — Dann treten wir in die Einzelberatung ein.
Ich rufe zunächst auf Art. I. Hier sind zwei Änderungsanträge angekündigt. Sie finden diese Anträge auf den Umdrucken 477 und 474. Zunächst erteile ich das Wort zur Begründung des Antrags Umdruck 477**).

(Zuruf des Abg. Sabel.)

— Soll der Antrag nicht weiter begründet werden?

(Abg. Sabel: Nein, das ist nicht notwendig!)

— Gut!
Dann kommen wir zum Änderungsantrag Umdruck 474***), zunächst Ziffer 1. Man sollte den Antrag am besten zugleich mit den Anträgen der Ziffern 2 und 3 begründen, denn alle diese Änderungsanträge hängen zusammen. Man kann auch nur im ganzen darüber abstimmen, denn sie bedingen sich.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Heinrich.

Fritz Heinrich (SPD):
Rede ID: ID0210315100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion beinhaltet, daß in § 20 Abs. 1 Satz 2 die Worte „selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung" gestrichen werden sollen. Der Herr Präsident führte schon aus, daß das gleiche für § 23 Abs. 2 und § 25 Abs. 2 Satz 2 gilt. Ich darf das hier in diesem Zusammenhang mit einflechten.
Seit Bestehen der Arbeitsgerichte war es unbestritten, daß das Vorschlagsrecht für die Berufung von Arbeitsrichtern ausschließlich den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden vorbehalten war. Beide Parteien sind die Träger des kollektiven Arbeitsrechts, weil ihre Vereinbarungen mit verbindlicher Reehtswirkung anerkannt sind. Es gehört einzig und allein zu ihrem Aufgabenkreis, die Arbeitsbedingungen durch Tarifvertrag zu regeln. Die Verbände tragen den Charakter der Unabhängigkeit, der parteipolitischen und konfessionellen Neutralität, und ihr Handeln dient nur den Interessen ihrer Mitglieder. Daraus folgt, daß grundsätzlich jeder Tarifpartner, d. h. jeder Arbeitgeberverband und jede Gewerkschaft, im Sinne der gesamten arbeitsrechtlichen Gesetzgebung tariffähig sein muß. Vereinigungen, die keine Tariffähigkeit besitzen, sind im Sinne der arbeitsrechtlichen Gesetzgebung keine Tarifparteien, weil ihnen die Fähigkeit zum Abschluß von verbindlichen Arbeitsbedingungen fehlt.
Bei den „selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung" handelt es sich um Zusammenschlüsse, die keine Tariffähigkeit besitzen. Ihnen fehlt infolgedessen der Rechtscharakter einer Gewerkschaft bzw. eines Arbeitgeberverbandes. Sie haben zum großen Teil in sich sowohl Arbeitgeber
*) Siehe Anlage 7. **) Siehe Anlage 3. ***) Siehe Anlage 2.


(Heinrich)

wie Arbeitnehmer vereinigt. Ihr Zusammenschluß erfolgt in den meisten Fallen aus religiösen bzw. politischen Gesichtspunkten. Ihr Hauptbetätigungsfeld sehen sie in sozialpolitischen Aufgaben. Da ihnen die Tariffähigkeit fehlt, sind sie auch nicht im Sinne der gesamten arbeitsrechtlichen Gesetzgebung Tarifpartei. Es kann hier aber kein Vergleich zwischen der Arbeitsgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit gezogen werden. Ihre Beteiligung an dem Vorschlagsrecht zur Berufung von Arbeitsrichtern würde die bisherigen Grundsätze des gesamten Arbeitsrechts durchbrechen. Die Auswirkungen wären für die Arbeitsgerichte unübersehbar. Ich darf in diesem Zusammenhang nur an das jetzt geltende Schlichtungsrecht erinnern. Dort schließt die Tarifunfähigkeit die Parteifähigkeit im Schlichtungsverfahren aus. Das Schlichtungsverfahren ist bekanntlich nur zwischen tariffähigen Parteien zulässig. Es kann nicht stattfinden, sofern nur eine Partei nicht tariffähig ist.
Ich möchte Sie daher bitten, meine Damen und Herren, es bei dem bisherigen Rechtszustand zu belassen, daß die Arbeitgeberverbände sowohl wie die Gewerkschaften uneingeschränkt allein das Vorschlagsrecht zur Berufung von Arbeitsrichtern haben. Ich darf Sie bitten, dem vorliegenden Antrag auf Streichung der Worte „selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung" Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210315200
Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.

Anton Sabel (CDU):
Rede ID: ID0210315300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! § 20 Abs. 1, § 23 Abs. 2 und § 25 Abs. 2 sind dahingehend ergänzt worden, daß Arbeitsrichter der Arbeitnehmerseite nicht nur aus den Vorschlagslisten der Gewerkschaften bestellt werden können, sondern daß auch selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung vorschlagsberechtigt sind. Auch die Angestellten solcher Vereinigungen sollen den Angestellten der Gewerkschaften gleichgestellt werden. Es soll auch diesen Organisationen — das ist in § 25 gesagt — das Recht gegeben werden, gehört zu werden in Fragen, wo die Anhörung der Gewerkschaften vorgeschrieben ist.
Um was handelt es sich nun bei diesen Vorschlägen, die Ihnen vom Ausschuß unterbreitet wurden?
Es geht hier um eine Anpassung an Regelungen, wie wir sie in anderen Gesetzen haben.

(Abg. Richter: Wo denn?)

— Ich darf Sie darauf hinweisen, daß diese Regelung wortwörtlich mit der Regelung im Sozialgerichtsgesetz übereinstimmt. Dort hat das Haus die gleiche Regelung beschlossen. Ich darf Sie weiter darauf hinweisen, daß bei der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung der gleiche Grundsatz angewandt wird.
Es ist wiederholt der Vorwurf erhoben worden, diese Regelungen seien einer antigewerkschaftlichen Einstellung entsprungen.

(Abg. Richter: Sehr gut!)

Ich möchte mich dagegen doch nachdrücklichst wehren. Ich darf daran erinnern — Kollege Richter wird es bestätigen —, daß im Ausschuß diesen Vorschlägen eine ganze Reihe langjähriger Gewerkschaftler zugestimmt haben, die für sich in Anspruch nehmen, genau so gut Gewerkschaftler zu sein wie diejenigen, die anderer Meinung sind. Das wollen wir einmal festhalten.
Meine Damen und Herren, wir wollen das einmal klar sagen: Wenn wir hier nicht für ein Monopol sind, dann kann man das bei Gott nicht mit einer antigewerkschaftlichen Einstellung gleichsetzen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Abg. Heinrich: Wie ist es denn bei den Arbeitgebern?)

Wir sind der Meinung, daß die hier angedeuteten Vereinigungen und ihre Mitglieder auch in der Arbeitsgerichtsbarkeit, wie in der Sozialgerichtsbarkeit und in der Sozialversicherung, wertvolle Hilfe zur Durchführung der gestellten Aufgaben leisten können.

(Abg. Horn: Sehr richtig!)

Das möchte ich einmal deutlich sagen, und ich bedauere es, daß man nicht in genügendem Ausmaß bisher auch diese Menschen zur Durchführung jener Aufgaben in Anspruch genommen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Nun ist hier auf die rechtliche Entwicklung und auf die frühere Regelung im Arbeitsgerichtsgesetz vom Dezember 1926 hingewiesen worden. Ich möchte dazu sagen: hier hat man damals nicht von Gewerkschaften, sondern von wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitnehmer gesprochen. Aber, meine Damen und Herren, dazu muß weiter gesagt werden: der Personenkreis, den wir jetzt einbeziehen wollen, wurde damals dadurch berücksichtigt, daß die seinerzeit bestehenden Gewerkschaften durch enge Verbindung und Zusammenarbeit mit diesen Organisationen es dahin gebracht haben, daß die genannten Organisationen und der von ihnen vertretene Personenkreis auch bei der Besetzung der Arbeitsgerichte Berücksichtigung gefunden haben.
Lassen Sie mich also noch einmal sagen, daß uns diese Regelung zweckmäßig erschien. Wir sollten auf diesen Personenkreis, der für jene Tätigkeit eine besondere Eignung mitbringt, auch in der Arbeitsgerichtsbarkeit nicht verzichten. Ich möchte nochmals sagen — wir dürfen das nicht ignorieren —: wir schaffen damit eine Anpassung an das Sozialgerichtsgesetz und an die tatsächlichen Zustände in der Selbstverwaltung der Sozialversicherung. Ich meine, diese Angelegenheit brauchte nicht unbedingt ein Streitobjekt unter uns zu sein. Den gewerkschaftlichen Einflüssen ist noch weitgehend Raum gegeben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0210315400
Das Wort hat der Abgeordnete Richter.

Willi Richter (SPD):
Rede ID: ID0210315500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nichts liegt mir ferner, als einen Streit vom Zaun zu brechen. Aber ich möchte doch darauf hinweisen, daß das Argument, daß im Sozialgerichtsgesetz bereits eine gleichartige Regelung vorhanden ist, wie sie von der CDU/CSU angestrebt wird, nicht durchschlagen kann. Das Sozialgerichtsgesetz ist für Entscheidungen über Streitigkeiten aus den verschiedenen Sozialgesetzen zuständig. Den Sozialgesetzen der verschiedensten Art unterliegen aber nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Bevölkerungsgruppen, die nicht Arbeit-


(Richter)

nehmer sind, wie Kriegsopfer, freiwillig Versicherte und andere mehr. Aus diesem Verhältnis heraus ist es zu erklären, daß für die Wahl der Beisitzer bei den Sozialgerichten auch andere Interessentenvertretungen als die Gewerkschaften vorschlagsberechtigt sind.
Bei den Arbeitsgerichten dagegen handelt es sich um ein Gebiet, für das die Gewerkschaften als Vertreter der Arbeitnehmer einerseits und die Arbeitgebervereinigungen als Vertreter der Arbeitgeber andererseits zuständig sind. Es gäbe kein selbständiges Arbeitsrecht und es gäbe keine selbständige Gerichtsbarkeit in Arbeitssachen, wenn wir nicht die Sozialpartner — die Gewerkschaften einerseits und die Arbeitgeber andererseits — hätten, und niemand von uns, soweit wir die Demokratie bejahen und diese notwendigen Einrichtungen anerkennen, kann verlangen, daß sie in ihren Aufgaben beschränkt werden. Meine Damen und Herren, ich will nicht sagen: Sie tun dies, um die Gewerkschaften zu schädigen; aber Sie tun es in der Praxis. Ob Sie sich der Auswirkungen bewußt sind, weiß ich nicht.
Wie kann man sich hierherstellen und von einem „Monopol der Gewerkschaften" sprechen? Dieses sogenannte Monopol haben die Gewerkschaften schon zur Zeit der Gewerbe- und Kaufmannsgerichte besessen, und sie haben es nach dem Arbeitsgerichtsgesetz besessen, das im Jahre 1926 vom Reichstag mit großer Mehrheit, zumindest mit den Stimmen der Sozialdemokraten, des Zentrums und der Demokraten, beschlossen worden ist. Kein Mensch hat damals im Reichstag die Meinung vertreten, daß noch andere Arbeitnehmervereinigungen irgendwelcher Färbung hinzugezogen werden müßten.
Meine Damen und Herren, was besagt denn das Arbeitsgerichtsgesetz? Für welchen Personenkreis und für welche Streitigkeiten ist denn das Arbeitsgericht, das Landesarbeitsgericht oder das Bundesarbeitsgericht zuständig? Gemäß § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes nur für Streitigkeiten, die in der Regel den Inhalt des zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgeschlossenen Einzelarbeitsvertrages betreffen. Darüber hinaus sind die Arbeitsgerichte nur zuständig für Streitigkeiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, also für Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, und noch für Streitigkeiten zwischen den Tarifvertragsparteien, also den Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen, über Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen und über die Auslegung der einzelnen Tarifvertragsbestimmungen. Als Arbeitnehmer gelten gemäß § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes nur Arbeiter und Angestellte, während alle anderen Bevölkerungsgruppen nicht unter die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtsgesetzes fallen, auch nicht die Beamten. Die logische Schlußfolgerung hieraus wäre doch die, wie dies seither unumstritten der Fall war und wie es beim Arbeitsgerichtsgesetz von 1926 und bei den früheren Gewerbe- und Kaufmannsgerichten der Fall war, daß die von den Arbeitnehmern geschaffenen Gewerkschaften zur Wahrnehmung der Interessen der Arbeiter und Angestellten auch allein vorschlagsberechtigt für die Arbeitnehmerbeisitzer bei allen Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit bleiben.
Was erreichen Sie denn mit Ihrem Vorgehen? Sie erreichen doch nur, daß die Vertreter der Gewerkschaften von der Mitwirkung bei der Entscheidung über Rechtsstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, aus der Betriebsverfassung und aus den Tarifverträgen mehr und mehr verdrängt werden,

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

daß sie ersetzt werden und daß an ihrer Stelle außenstehende Personen über das für die Arbeitnehmer geltende Recht ' mitentscheiden sollen, die unbeteiligt, ja uninteressiert oder gar gegen das zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarte Recht eingestellt sind.
Verehrter Herr Kollege Horn, Sie schütteln mit dem Kopf. Ich glaube, Sie haben den Zwischenruf gemacht: Das ist nicht wahr! Dann dürften Sie von der Seite der Arbeitnehmervereinigungen nur gewerkschaftlich organisierte Personen vorschlagen, wenn es nicht wahr sein soll. Da Sie aber wahrscheinlich gar nicht wollen, daß nur gewerkschaftlich organisierte Mitglieder als Beisitzer, als Arbeitsrichter der ersten, zweiten und dritten Instanz vorgeschlagen werden, trifft es doch zu, daß Außenstehende über das Recht, das die Sozialpartner vereinbart haben, entscheiden, ohne selbst beteiligt, ohne selbst interessiert zu sein, ohne darunter zu fallen. Dann wäre doch der Sinn der Mitwirkung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeisitzer bei der Fällung des Urteils des Arbeitsgerichts, bei der Fortentwicklung des Arbeitsrechts verfälscht. Das ist nicht gut, das stellt einen Rückschritt dar.
Meine politischen Freunde und ich bedauern diese Tendenz, die auf Bestrebungen der Katholischen Arbeiterbewegung beruhen dürfte, aufs äußerste. Wir müssen befürchten, daß derartige Maßnahmen zu einer Schwächung der gesamten Arbeitnehmerbewegung führen, und sind überzeugt, daß sie auch von den katholischen Arbeitern und Angestellten nicht gutgeheißen werden. Es soll Kreise geben, die glauben, daß es sich lediglich um die Verwirklichung einer Forderung weniger Einzelpersonen handelt, die, ohne in den Gewerkschaften mitzuwirken und eine Verantwortung tragen zu wollen, versuchen, in diesen Ehrenämtern zu repräsentieren.

(Vizepräsident Dr. Schneider übernimmt den Vorsitz.)

Der Herr Kollege Sabel hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, anklingen lassen, daß die Kreise, die diesen Arbeitnehmervereinigungen angehörten, bei den Vorschlägen der Gewerkschaften für die Arbeitnehmerbeisitzer der verschiedenen Instanzen der Arbeitsgerichte nicht voll gewürdigt worden seien. Herr Kollege Sabel wird es mir nicht übelnehmen, wenn ich hier ganz offen auch von den Zeiten spreche, als erstmals Vorschläge von den Gewerkschaften für die Arbeitnehmerbeisitzer gemacht wurden. Ich hatte im Herbst 1953, also vor rund zwei Jahren, die Aufgabe, die Vorschläge der im Deutschen Gewerkschaftsbund vereinigten Gewerkschaften für das Bundesarbeitsgericht dem Bundesarbeitsministerium zu unterbreiten. Ich kann mich noch sehr wohl erinnern, daß ich damals auch an Kollegen in diesem Hause herangetreten bin. Ich weiß nicht, ob der Kollege Hugo Karpf von der CDU/CSU-Fraktion zur Zeit im Saale ist. Er wird mir bestätigen müssen, daß ich ihn gefragt habe, daß ich bei seiner Gewerkschaft vorstellig geworden bin und daß ich dort mit Erfolg vorstellig werden konnte. Er ist auf Vorschlag seiner Gewerkschaft, auf Vorschlag des DGB Bundes-


(Richter)

arbeitsrichter. Lieber Kollege Anton Sabel, mir können Sie es hier auch nicht abstreiten, daß ich an Sie herangetreten bin. Ich habe Verständnis für die Argumente, die Sie damals hatten und die Sie heute noch für richtig halten. Aber die Tatsache besteht doch, daß der Versuch gemacht wurde, bekannte Persönlichkeiten gerade der CDU/CSU-Fraktion, die vor 1933 als christliche Gewerkschaftsfunktionäre in der Arbeiterbewegung standen, die Erfahrungen und Kenntnisse des modernen Arbeitsrechts hatten und die man als derartige höchstrichterliche Persönlichkeiten empfehlen konnte, dafür zu gewinnen. Ich weiß nicht, ob der Kollege Arndgen noch da ist — sein Platz ist zur Zeit von dem Kollegen Horn besetzt —; ich nehme an, er hatte andere Verpflichtungen. Auch er müßte mir bestätigen, daß ich mit ihm darüber gesprochen habe, ob er Interesse für diese wichtige und schwierige Aufgabe habe, Bundesarbeitsrichter, höchster Richter des Bundesarbeitsgerichts, zu sein. Es ist kein Vorwurf, wenn ich diese drei Kollegen hier genannt habe; aber es ist doch notwendig, dies in aller Offenheit zu sagen, um zumindest in dieser Frage das Mißtrauen zu beseitigen, daß eine Mehrheit, sagen wir es ruhig: eine sozialdemokratische Mehrheit im DGB eine CDU-Minderheit im Deutschen Gewerkschaftsbund oder in den Gewerkschaften einfach überrundet. Das trifft nicht zu. Deshalb bin ich wirklich mehr als empört über diese Forderungen und über die Argumente zu ihrer Begründung.
Wir müssen uns darüber klar sein, daß es jetzt die konfessionellen Arbeitnehmervereinigungen sind, die diese Forderungen erheben. Wie bald können es auch kommunistische oder faschistische Arbeitnehmervereinigungen sein!

(Beifall bei der SPD. — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)

Auch daran sollten Sie denken und sich Ihrer Verantwortung in dieser Beziehung bewußt sein. — Wie können Sie da lachen? Haben Sie es in der Hand, welche Arbeitnehmervereinigungen — getarnt oder nicht — entstehen? Sind Sie nicht auch der Meinung, das Gesetz gilt für alle, so daß der Bundesarbeitsminister bei den Vorschlägen unter Umständen auch derartige getarnte, sogenannte unabhängige Arbeitnehmervereinigungen berücksichtigen muß? Wundern Sie sich dann nicht eines Tages und seien Sie dann nicht überrascht und machen Sie dann nicht den Gewerkschaften und dem DGB Vorwürfe, wenn dieser Tatbestand eingetreten ist! Schuld ist dann nicht die deutsche Gewerkschaftsbewegung und die deutsche Arbeiterschaft, sondern sind diejenigen, die heute dieses Gesetz beschließen wollen.

(Beifall bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, nehmen Sie nicht Millionen von Arbeitern und Angestellten ihre wohlerworbenen Rechte, autonom bei der Auslegung und Fortbildung des Arbeitsrechts durch ihre Vertreter, durch ihre Gewerkschaften mitzuwirken. Sie schwächen dadurch, ob Sie wollen oder nicht, die Bereitschaft und die Kraft der Arbeitnehmerschaft, für die Durchführung und Festigung der demokratischen Grundsätze einzutreten. Wir haben uns in der SPD-Fraktion sehr ernst über diese Fragen unterhalten. Unsere Einstellung ist kein böser Wille, es ist keine Gegnerschaft gegen die konfessionellen Arbeitnehmervereinigungen. Unsere Bedenken beruhen einfach auf der Erkenntnis, daß es gilt, alle demokratischen Kräfte nicht zu schwächen, sondern zu stärken; und eine der wichtigsten demokratischen Kräfte waren in der Vergangenheit und sind in der Gegenwart und werden in der Zukunft die Gewerkschaften sein.
Deshalb bitte ich Sie, dem Antrag Umdruck 474*) der SPD-Fraktion Ihre Zustimmung zu geben. In Anbetracht der grundsätzlichen Bedeutung dieser Angelegenheit beantrage ich im Namen meiner politischen Freunde namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210315600
Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.

Anton Sabel (CDU):
Rede ID: ID0210315700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß es die Ausführungen des Kollegen Richter notwendig machen, doch noch einiges zu sagen. Diese Ausführungen können nicht unwidersprochen bleiben.
Ich darf zunächst einmal, Kollege Richter, auf die Tatsache hinweisen, daß der Kreis der Arbeitnehmer in Deutschland größer ist als der Kreis der Gewerkschaften.

(Beifall in der Mitte und rechts. — Zurufe von der SPD.)

Aus sachlichen Gründen ist es nicht zweckmäßig, hier Kräfte, die zur Mitarbeit bereit sind, auszuschließen.

(Erneuter Beifall in der Mitte.)

Ich darf, Kollege Richter, darauf hinweisen, daß die Situation bei den Gewerbe- und Kaufmannsgerichten anders war, daß hier auch andere Gruppen Vorschläge machen konnten, die berücksichtigt werden mußten, daß also schon damals eine Vertretung auch anderer Gruppen möglich war. Und, Kollege Richter, niemand denkt daran, hier die Gewerkschaften verdrängen zu wollen. Sehen Sie sich doch das Gesetz an! Das Gesetz schreibt der Verwaltung vor, daß die Vorschläge berücksichtigt werden müssen, wie sie eingereicht sind, unter Berücksichtigung der zahlenmäßigen Verhältnisse der einzelnen Organisationen. Bei dem Übergewicht der Gewerkschaften innerhalb dieser Organisationen besteht doch weiß Gott nicht die Gefahr, daß hier nun eine Zurückdrängung erfolgt. Vielmehr kommt es hier nur darauf an, daß man auch anderen, sagen wir ruhig einmal: einen bescheidenen Anteil läßt.

(Beifall in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Wie ist es denn mit den Arbeitgeberverbänden?)

Auf ein Weiteres möchte ich hinweisen, Herr Kollege Richter. Es ist ja nicht so, daß vor den Arbeitsgerichten nur Streitigkeiten ausgetragen werden, die sich aus Tarifverträgen ergeben. Sie wissen so gut wie ich, daß hier eine Summe von Streitigkeiten ausgetragen werden, die sich aus den Gesetzen ergeben. Darf ich nur einmal an das Kündigungsschutzgesetz erinnern: es gilt für alle. Darf ich erinnern an das Betriebsverfassungsgesetz: es gilt für alle. So könnte ich eine Unsumme von Arbeitsschutzbestimmungen und Gesetzen aufzählen, wo bei Streitigkeiten die Entscheidung vor den Arbeitsgerichten gefällt wird, eine Entscheidung, die tatsächlich einen weitaus größeren Kreis angeht, als ihn Kollege Richter angesprochen hat.
*) Siehe Anlage 2.


(Sabel)

In dem Gesetzentwurf ist kein Wort von einer katholischen Arbeiterbewegung gesagt. Es ist hier zusammenfassend von einigen bestimmten Organisationen gesprochen worden, worunter natürlich auch die katholischen Arbeitervereine fallen. Aber man sollte eine Sache nicht dadurch schlecht zu machen versuchen, daß man eine gewisse Einseitigkeit herausstellen zu sollen glaubt. Nein, diese Rechte sollen gegeben werden, wie es heißt, selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung. Ich glaube, das ist etwas anderes. Man sollte die Dinge hier nicht einseitig und falsch darstellen.
Nun zu der anderen Frage, die Kollege Richter angeschnitten hat: Sind die Minderheiten bisher genügend berücksichtigt worden? Kollege Richter, das ist differenziert. Ich möchte auch hier keine generalisierenden Vorwürfe machen. Ich weiß, daß man sich mancherorts bemüht hat, zu einer guten Verständigung zu kommen. Ich weiß aber auch, daß man andererorts die Minderheiten völlig ignoriert hat. Das sind doch Tatsachen, die sich jederzeit aus den Listen der Arbeitnehmerbeisitzer bei den Arbeitsgerichten belegen lassen! Ich meine, es ist kein Kunststück, das festzustellen. Wir sollten doch diesen Mangel sehen und sollten versuchen, ihn zu beheben. Wir kommen bei dieser Sache gar nicht daran vorbei, andere bestehende große Organisationen zu berücksichtigen, natürlich nach dem Maße ihrer Stärke. Dabei bin ich der Meinung, daß der Anteil der Gewerkschaften an diesen Funktionen doch immer ein beachtlicher, der beachtlichste sein wird.
Im übrigen, Kollege Richter, möchte ich abschließend sagen: jawohl, ich begrüße es, daß auch die ') Gewerkschaften vieles dazu beigetragen haben, unsere Demokratie zu festigen. Aber ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: das ist eine ganz generelle Aufgabe, die wir alle haben und die wir alle erfüllen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU und rechts.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210315800
Abgeordneter Richter, bitte!

Willi Richter (SPD):
Rede ID: ID0210315900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Sabel hat geglaubt, noch einige Ausführungen machen zu müssen. Er hat darauf hingewiesen, daß früher andere Gruppen berechtigt waren, Vorschläge zu machen. Er hätte diese beim Namen nennen sollen. Es gab früher in Deutschland verschiedene Gewerkschaftsrichtungen. Es gab die sogenannten Freien Gewerkschaften, die im Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund vereinigt waren; es gab die Christlichen Gewerkschaften, die im Deutschen Gewerkschaftsbund vereinigt waren; es gab die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine. Das waren die drei Spitzenorganisationen der aufgespaltenen deutschen Gewerkschaftsbewegung. Das ist bekannt. Man kann aber doch, nachdem sich jetzt die Gewerkschaften auf Grund der Erfahrungen bis 1933 zusammengeschlossen haben, nicht sagen, daß sie nun ein Monopol hätten. Denn es gibt ja neben den Gewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund, die das Gros der organisierten Arbeitnehmer darstellen, noch außenstehende Gewerkschaften, die niemand ausschließen will,

(Zurufe von der Mitte: Na, na!)

wie die Deutsche Angestelltengewerkschaft und
andere. Wer kann denn garantieren, daß nicht die
Presse- und Rundfunkmeldungen über kurz oder lang zutreffen, wonach auch wieder sogenannte Christliche Gewerkschaften gebildet werden? Wer wird denn das verneinen können? Niemand kann in die Zukunft schauen. Ich habe so das Gefühl, daß das der tiefere Grund derartiger Gesetzesänderungen ist. Weil eben diese Richtungsgewerkschaften nicht mehr bestehen, versucht man vielleicht auf diesem Wege, Persönlichkeiten in Amt und Würden zu bringen, die über die jetzt bestehenden Gewerkschaften nicht zu ihrem Ziele kommen.
Meine Damen und Herren, niemand ist es verwehrt, innerhalb seiner Gewerkschaft mitzuwirken. Niemand ist es verwehrt, daß er sich dort tatkräftig betätigt. Die Kräfte werden gesucht. Niemand in diesem Saal wird beweisen können, daß ein Gewerkschaftsfunktionär von irgendeiner Gewerkschaft oder vom Deutschen Gewerkschaftsbund zurückgewiesen wurde, weil er, sagen wir, den früheren Christlichen Gewerkschaften, weil er der Katholischen oder sonst einer konfessionellen Arbeiterbewegung angehört. Das ist falsch; das sollten Sie nicht sagen, weil das nicht den Tatsachen entspricht.

(Abg. Kunze [Bethel] : Das behaupten wir auch nicht!)

— Doch, verehrter Herr Kollege, das wurde wiederholt indirekt und direkt zum Ausdruck gebracht.
Nun heißt es, entsprechend dem Zahlenverhältnis soll die Minderheit berücksichtigt werden. Ich will Ihnen einmal erzählen, wie das beim Bundessozialgericht, bei der Berufung der Bundessozialrichter vom Herrn Bundesarbeitsminister Storch durchgeführt wurde. Meines Wissens sind — ich kann mich auf einen nicht festlegen — 45 Bundessozialrichter berufen worden. Davon sind 30 Bundessozialrichter aus den Vorschlägen der Gewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund, die anderen aus den Vorschlägen der Arbeitnehmervereinigungen bekannter Art sowie der DAG usw. entnommen worden. Ich weiß nicht, ob das mit dem Zahlenverhältnis etwas zu tun hat; ich weiß aber, daß bei den konfessionellen Arbeitnehmervereinigungen das Gros gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer sind, so daß also hier eine doppelte Berücksichtigung dieser Gruppe erfolgt.
Aus all diesen Erwägungen können wir dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen. Bitte, seien Sie sich Ihrer großen Verantwortung bewußt! Mit einer Zersplitterung der Arbeitnehmerbewegung erreichen Sie — ob gewollt oder nicht — eine Schwächung, und diese Schwächung der Arbeitnehmerbewegung in der Bundesrepublik dient nicht der Erfüllung der zukünftigen Aufgaben, die wir gegenüber dem Osten und in anderer Hinsicht zu lösen haben. Sie dient nicht der Demokratie, die wir zu erhalten haben.

(Beifall bei der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210316000
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung zu dem aufgerufenen Art. I in der zweiten Lesung.
Ich komme zur Abstimmung. Der Einfachheit halber lasse ich zuerst über Umdruck 477*) abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zuzustimmen
*) Siehe Anlage 3.


(Vizepräsident Dr. Schneider)

wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den Umdruck 474*). Hier hat der Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion namentliche Abstimmung beantragt. Der Antrag ist genügend unterstützt. Wir schreiten zur namentlichen Abstimmung, wobei ich das Einverständnis des Hauses damit unterstelle, daß wir über die Ziffern 1, 2 und 3 des Änderungsantrags Umdruck 474 gemeinsam abstimmen,

(Zustimmung)

weil sie das gleiche Begehren enthalten. — Das
Haus ist damit einverstanden; es geschieht dann so.
Namentliche Abstimmung über Umdruck 474 im ganzen! Ich bitte die Damen und Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

(Einsammeln der Abstimmungskarten.)

Ich frage das Haus: sind noch Damen und Herren da, die in der namentlichen Abstimmung noch nicht abgestimmt haben? — Dann bitte ich, sich zu beeilen.
Ich frage noch einmal: sind noch Damen und Herren da, die in der namentlichen Abstimmung noch nicht abgestimmt haben? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die namentliche Abstimmung.

(Auszählen der Abstimmungskarten.)

Meine Damen und Herren! Ich gebe das vorläufige Ergebnis**) der namentlichen Abstimmung bekannt. Von den stimmberechtigten Abgeordneten sind 367 Stimmen abgegeben worden, mit Ja 144, mit Nein 220; enthalten haben sich 3. Von den Berliner Abgeordneten haben 14 abgestimmt, mit Ja 8, mit Nein 6. Damit ist der Änderungsantrag auf Umdruck 474 abgelehnt.
Ich komme nunmehr in der zweiten Lesung zur Abstimmung über den aufgerufenen Art. I in der Ausschußfassung mit der durch die Annahme des Umdrucks 477 vorgenommenen Änderung. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Der Artikel ist angenommen.
Ich rufe auf Art. I a, — Art. II, — Art. III, — Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung und komme zur Abstimmung.
Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, der gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; die Artikel und die Einleitung und Überschrift sind angenommen. Damit ist die zweite Lesung des Gesetzes beendet.
Ich trete in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz in der dritten Lesung in der in der zweiten Lesung verabschiedeten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu er-
*) Siehe Anlage 2.
**) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 5735.
heben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist damit in dritter Lesung verabschiedet.
Ich bin gebeten worden, den Punkt 14:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden (Drucksachen 554, 1094),
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Besatzungsfolgen (5. Ausschuß) (Drucksache 1641, Umdruck 475)

(Erste Beratung: 41. und 64. Sitzung),

vorzuziehen, weil der Berichterstatter heute sonst
nicht mehr berichten kann, da er dringend abgerufen wird. Ich unterstelle das Einverständnis des
Hauses und erteile das Wort dem Berichterstatter,
dem Abgeordneten Schmitt (Vockenhausen).

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0210316100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Besatzungsfolgen hat Ihnen in der Drucksache 1641 einen ausführlichen Bericht über die beiden Entwürfe vorgelegt, die aus dem Hohen Hause eingebracht wurden, von der Fraktion der FDP unter Drucksache 554 und von den Abgeordneten Dr. Wahl, Dr. Serres, Dr. Blank und Genossen unter Drucksache 1094.
Ich darf im einzelnen auf die ausführliche Begründung, die ich im Schriftlichen Bericht*) niedergelegt habe, Bezug nehmen. Gestatten Sie aber noch einige ergänzende Worte. Der Ausschuß konnte in diesem Bericht ja nur die materielle Seite der Entschädigung der Besatzungsgeschädigten ansprechen. Alle Ausschußmitglieder waren sich im klaren darüber, daß die menschliche Seite des Problems in den letzten Jahren zu kurz gekommen ist. Wir haben alle die Hoffnung, daß eine endgültige Bereinigung der ganzen Angelegenheit in sehr kurzer Zeit eintritt. In der Frage der Entschädigung soll der vorgelegte Gesetzentwurf helfen, diese Bereinigung herbeizuführen. Der Ausschuß war sich darüber im klaren, daß das Gesetz nicht alle die Wunden, die geschlagen worden sind, heilen kann und wird. Er war sich auch bewußt, daß die Wiederaufnahmebestimmungen in den §§ 24 und 25 nur begrenzte Möglichkeiten geben, die Entscheidungen, die unter der Rechtspraxis der Alliierten gefällt worden und die zum Teil sehr stark revisionsbedürftig sind, zu korrigieren. Aber die Bestimmungen über die Umstellung können wie der gesamte Entwurf nur unter dem Gesichtspunkt der sozial gerechten Verteilung der Kriegsfolgelasten gesehen werden.
Der Ausschuß hat den Bericht, wie er Ihnen vorliegt, schon vor den Sommerferien fertiggestellt. Inzwischen haben noch mehrere Sitzungen stattgefunden. In diesen Sitzungen haben sich die Ausschußmitglieder noch zu einigen in einem Umdruck vorgelegten Änderungen des Gesetzes entschlossen, die vorwiegend redaktioneller Art sind. Ich darf im einzelnen auf den Ihnen vorliegenden Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wahl, Frau Meyer-Laule, Schloß, Kunz (Schwalbach), Dr. Zimmermann und Genossen, d. h. der Ausschußmitglieder aus sämtlichen Fraktionen, Bezug nehmen.
Der Herr Finanzminister hat sich in einem Schreiben von gestern bereit erklärt, die Frist für den Härteausgleich für die Vorwährungszahlungen
*) Siehe Anlage 8.


(Schmitt [Vockenhausen])

— § 40 —, den Sie in der Ziffer 14 meines Schriftlichen Berichts finden, zu verlängern, und zwar rückwirkend auf den 1. Juni, so daß Zahlungen, die ja vor der Währungsreform von den Alliierten recht überstürzt vorgenommen worden sind, auf diese Weise noch einmal überprüft werden können. Im einzelnen darf ich auf die elf Ziffern des Änderungsantrages Bezug nehmen.
Entscheidend wird bei diesem Gesetz wie bei allen Gesetzen, die sich mit den Kriegsfolgen beschäftigen, sein, wie es von den Behörden durchgeführt wird. Der Ausschuß hat dem Herrn Finanzminister gegenüber den Wunsch geäußert, daß sämtliche Durchführungsbestimmungen und Ergänzungsbestimmungen, die notwendig sind, wie bisher in Fühlungnahme mit dem Ausschuß ergehen. Von einem namhaften Kollegen aus dem Hause ist wohl schon einmal gesagt worden, daß ein schlechtes Gesetz gut durchgeführt werden könne. Das wäre hier ein schlechter Trost, zumal da es sich hier nicht um ein schlechtes Gesetz handelt. Entscheidend ist, daß die Gesetze auch wirklich gut und im Sinne des Gesetzgebers durchgeführt werden. Dazu ist es notwendig, daß die Durchführungsbestimmungen in ständiger Fühlungnahme mit dem Ausschuß im Sinne eines echten sozialen Ausgleichs und zur Milderung der Härten angewandt werden.
In den Bestimmungen über das Verfahren ist der Verwaltungsrechtsweg vorgesehen. Von verschiedenen Seiten ist eingewandt worden, daß die Erfahrungen aus dem Lastenausgleich recht unterschiedlich seien. Der Ausschuß wollte aber zunächst einmal abwarten, wie sich die Rechtsprechung entwickelt und vor allem wie die Termine bei den Entschädigungen sein werden. Wir haben in der Vorlage eine Bestimmung, daß die Beträge, soweit Entschädigungen unstreitig sind, sofort ausgezahlt werden sollen. Wir hoffen, daß das Finanzministerium von dieser Bestimmung in großem Umfang Gebrauch macht. Der Ausschuß wird sich vorbehalten, wenn die Praxis der Behörden hier nicht den wirklichen Bedürfnissen der Geschädigten gerecht werden sollte, mit dem Finanzministerium im Ausschuß die Dinge zu besprechen, um eine flüssige Abwicklung zu ermöglichen, die den Menschen, die nun ein Jahrzehnt auf die Freigabe ihrer Häuser gewartet haben, auch wirklich gerecht wird. Herr Staatssekretär, ich habe gerade noch in diesen Tagen einen Brief bekommen, in dem darüber Klage geführt wird, wie lange eine solche Abwicklung dauert, bis die Menschen überhaupt einmal die Handwerker bestellen können. Unsere Bitte geht dahin, daß Sie mit den Länderfinanzministern besprechen, wie man durch zusätzliches Personal bei den Besatzungskostenämtern, durch Einstellung von nichtbeamteten Architekten und durch mit Sonderaufträgen bedachte Architekten eine schnelle und reibungslose Abwicklung ermöglicht. Wir haben unsere Wünsche Ihren Herren schon im Ausschuß kundgetan. Wir wollen nicht, daß die Sorgfalt darunter leidet. Aber es soll auch nicht bürokratisch verfahren werden. Wenn, wie in einem Falle, eine alte. Frau eine Putzfrau braucht, um den schlimmsten Dreck, der nun seit Jahren in dem Keller liegt, weil dort ein großer Hundeverein gehalten worden ist, zu beseitigen, dann sollte das nicht eine Frage sein, die erst in der ministeriellen Ebene geregelt werden kann, sondern dann sollten Ihre Behörden diese Dinge mit der notwendigen Entschlußfreudigkeit entscheiden.
Der Ausschuß legt schließlich noch Verwahrung dagegen ein, daß von verschiedenen Seiten, vor allem von der Zeitschrift „Die Anklage", Angriffe gegen ihn gestartet worden sind. Wenn ein Organ wie „Die Anklage", das sich als das Organ der Entnazifizierungsgeschädigten und der Besatzungsgeschädigten bezeichnet, davon spricht, daß der heute zur Verabschiedung stehende Entwurf dazu diene, den Untergang des deutschen Rechtsgedankens und der Rechtsprinzipien herbeizuführen, Herr Präsident, meine Damen und Herren, dann sind wir alle der Meinung, daß gerade dieser Kreis nicht berufen ist, solche Worte auszusprechen; denn wenn Rechtsprinzipien und Rechtsgedanken untergegangen sind, dann in der Zeit, in der diese Herren maßgebend die Verantwortung getragen haben.

(Allseitiger Beifall.)

Es wäre deshalb besser, sie würden sich in dieser Frage die notwendige Zurückhaltung auferlegen.
Insgesamt gesehen hat der Ausschuß dem Plenum eine Vorlage gemacht, die dem Grundgedanken des Gesetzes gerecht wird und die auch den Gedanken entspricht, die von den Rednern der verschiedenen Fraktionen in der ersten Lesung vorgetragen worden sind. In diesem Sinne hat der Ausschuß unter völliger Klarstellung der Tatsache, daß auch dieses Gesetz der menschlichen Seite des Problems nicht gerecht werden kann, diese Vorlage geschaffen, und er empfiehlt Ihnen durch mich als Berichterstatter, den Gesetzentwurf in der von ihm beschlossenen Fassung mit der Überschrift „Entwurf eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden" anzunehmen, den Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU — Drucksache 450, Umdruck 286 — betreffend Finanzhilfe für durch Bauten der Besatzungsmächte betroffene Gemeinden für erledigt zu erklären und die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen ebenfalls für erledigt zu erklären.

(Beifall.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210316200
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich trete ein in die zweite Beratung und rufe auf § 1. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem § 1 des aufgerufenen Gesetzes in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe auf § 2. Hierzu liegt vor der Antrag auf Umdruck 475*) Ziffer 1. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstimmen. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 475 Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Wer nunmehr dem so geänderten § 2 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe auf § 3, — § 4, — § 5, — § 6, — § 7, — § 8, — § 9, — § 10, — § 11. Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, möge die
*) Siehe Anlage 4.


(Vizepräsident Dr. Schneider)

Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Angenommen.
Ich rufe auf § 12. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Umdruck 475 Ziffer 2. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Wer dem nunmehr so geänderten § 12 zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 13. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung. Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag auf Umdruck 475 Ziffer 3. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wer dem so geänderten § 13 in der zweiten Lesung zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 14,—§ 15,—§ 16,—§ 17,-
§ 18, — § 19, — § 20, — § 21. Ich eröffne die Aussprache über die aufgerufenen Paragraphen. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! —Enthaltungen?
— Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den § 22, zugleich den Antrag Umdruck 475 Ziffer 4. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 475 Ziffer 4 zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Wer dem nunmehr so abgeänderten § 22 zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 23. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung und komme zur Abstimmung. Wer dem aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 24 mit Umdruck 475 Ziffer 5. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung. Wer dem Antrag Umdruck 475 Ziffer 5 zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wer dem nunmehr so abgeänderten § 24 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe auf § 25, zugleich Umdruck 475 Ziffer 6. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung und komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 475 Ziffer 6 zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig verabschiedet.
Wer dem nunmehr so abgeänderten § 25 in der zweiten Lesung zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf die §§ 26 und 27. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 28, zugleich Umdruck 475 Ziffer 7. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 475 Ziffer 7 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Einstimmig verabschiedet.
Wer dem nunmehr so abgeänderten § 28 in der zweiten Lesung zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig verabschiedet.
Ich rufe auf § 29. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig verabschiedet.
Ich rufe auf § 30, zugleich Umdruck 475 Ziffer 8. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 475 Ziffer 8. Wer zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Einstimmig verabschiedet.
Wer nunmehr dem so abgeänderten § 30 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig verabschiedet.
Ich rufe auf die §§ 31, — 32, — 33, — 34, — 35,
— 36, — 37, — 38, — 39, — 40, — 41, — 42, —43, — 44, — 45, — 46. — Ich eröffne die Aussprache über die aufgerufenen Paragraphen. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Wer zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 47, zugleich Umdruck 475 Ziffer 9. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Wir stimmen zuerst ab über Umdruck 475 Ziffer 9. Wer zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Einstimmig angenommen.
Wer nunmehr dem so abgeänderten § 47 zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf die §§ 48, — 49, — 50 — und 51. — Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wer zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 52, zugleich Umdruck 475 Ziffer 10. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung, zuerst über Umdruck 475 Ziffer 10. Wer zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.


(Vizepräsident Dr. Schneider)

Wer nunmehr dem so abgeänderten § 52 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf die §§ 53, — 54, — 55, — 56, — 57 und 58. — Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wer den aufgerufenen Paragraphen in der zweiten Lesung zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 59, zugleich Umdruck 475 Ziffer 11. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache und komme zur Abstimmung, zunächst über Umdruck 475 Ziffer 11. Wer zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wer nunmehr dem so abgeänderten § 59 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 60, — § 61 — und § 62, — Einleitung und Überschrift. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Damit ist die zweite Lesung des Gesetzes beendet. Ich trete in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Da Änderungsanträge zur dritten Lesung nicht vorliegen, komme ich zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme in der dritten Lesung fest.
Meine Damen und Herren, wir müssen nunmehr noch über die Ziffern 2 und 3 des Ausschußantrags — auf Seite 5 der Drucksache 1641 — abstimmen, den Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU — Drucksache 450, Umdruck 286 — betr. Finanzhilfe für durch Bauten der Besatzungsmächte betroffene Gemeinden für erledigt zu erklären und die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Wer den beiden aufgerufenen Ziffern zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe nunmehr den zunächst übergangenen Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Teuerungszulagengesetzes (Drucksache 1665).
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesfinanzminister.

(Staatssekretär Hartmann: Verzichtet!)

— Die Regierung verzichtet auf Begründung. Das Haus ist damit einverstanden? — Das ist der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Freidhof!

Rudolf Freidhof (SPD):
Rede ID: ID0210316300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte für die sozialdemokratische Fraktion zu dem Entwurf, den die Bundesregierung vorgelegt hat, einige Bemerkungen machen. Ich bedauere, daß die Regierung hier keine Begründung zu dem Gesetzentwurf gibt, und ich bedauere weiter, daß der Bundesarbeitsminister und auch sein Staatssekretär, Herr Sauerborn, bei der Beratung dieser wichtigen Materie nicht anwesend sind.

(Abg. Dr. Schellenberg: Hört! Hört!)

Ich kann begreifen, daß der Regierung dieses Gesetz nicht gefällt und daß sie die Aufhebung wünscht. Uns gefällt dieses Gesetz auch nicht; uns hat es von allem Anfang an nicht gefallen. Ich habe vor einigen Jahren einmal zu diesem Thema hier gesprochen und habe gesagt, daß dieses Gesetz das schlechteste Gesetz ist, das der 1. Deutsche Bundestag verabschiedet hat, und daß es draußen in der Öffentlichkeit mehr Ärger als Freude erzeugt hat.
Ich möchte hier feststellen, daß auch wir bereit sind, dieses Gesetz einmal aufzuheben, unter einer Bedingung, nämlich der Bedingung, daß ein voller Ausgleich für seinen Wegfall geschaffen wird.

(Zustimmung bei der SPD.)

Die Art und Weise, wie die Bundesregierung in ihrer Begründung die Aufhebung dieses Gesetzes verlangt, ist nach meiner Auffassung unmöglich und kann unsere Zustimmung nicht finden. Die Begründung ist nach meiner Ansicht nicht überzeugend. Wenn auf Seite 3 gesagt wird, daß in der Zwischenzeit eine Reihe von Gesetzen erlassen worden seien und daß die Auswirkung dieser Gesetze, insbesondere des Renten-Mehrbetrags-Gesetzes, dazu geführt habe, daß für die große Mehrzahl der Teuerungszulagenempfänger die Voraussetzungen des Teuerungszulagengesetzes nicht mehr gegeben seien, so kann ich das nicht anerkennen.
Ich habe seinerzeit bei der Beratung des RentenMehrbetrags-Gesetzes im Sozialpolitischen Ausschuß beantragt, dieses Rentenzulagengesetz zu beseitigen und mit in das Renten-Mehrbetrags-Gesetz einzuarbeiten. Das hat damals die Regierung abgelehnt, und die Begründung, die die Regierung seinerzeit gegeben hat, müßte auch heute noch für sie maßgebend sein. Der Regierungsvertreter hat mir erklärt, daß das nicht möglich sei, weil dann eine Reihe von Ungerechtigkeiten geschähen. Das Renten-Mehrbetrags-Gesetz bringt für eine Reihe von Empfängern von Renten einen Betrag von, ich will einmal sagen: 2, 3 oder 4 DM — so hat der Regierungsvertreter gesagt —, während sie auf der andern Seite für drei, vier, fünf oder sechs Personen diese 3 DM nach dem Teuerungszulagengesetz bekommen können. Sie würden also bei Wegfall dieses Gesetzes auf der einen Seite auf 15 oder 18 DM verzichten müssen, auf der andern Seite nach dem Renten-Mehrbetrags-Gesetz vielleicht nur einen Betrag von 2, 3, 4 oder 5 DM erhalten. Wenn die Regierung das damals als ein Unrecht anerkannt hat, so müßte dieses Unrecht nach meiner Überzeugung auch heute von der Regierung anerkannt werden.
Ich will aber einmal feststellen, wie sich das Renten-Mehrbetrags-Gesetz unter Umständen auswirken kann. Ich habe gerade heute morgen durch das Büro des Bundestags eine Petition übermittelt bekommen. Aus dieser Petition möchte ich mit Ge-


(Freidhof)

nehmigung des Herrn Präsidenten einige Abschnitte verlesen, um Ihnen zu zeigen, zu welchem Unrecht solche Dinge führen. Die Petentin schreibt folgendermaßen:
Ich bin Witwe und Rentnerin, gehbehindert und auf fremde Hilfe angewiesen. Mein Einkommen zur Bestreitung meines Lebensunterhaltes erhalte ich durch Rente. Bis zum 30. 11. 1954 wurden mir gezahlt:
von der LVA Berlin für meinen
verstorbenen Ehemann eine Wit-
wenrente von DM 51,60
und eine Zusatzrente von . . DM 26,50
insgesamt DM 78,10.
Dazu erhielt ich für meinen gefallenen Sohn vom Versorgungsamt Berlin eine Elternrente von DM 27,—, so daß mein Gesamteinkommen aus Rente DM 105,— beträgt.
Dann kam das Renten-Mehrbetrags-Gesetz, von mir wie von allen Rentnern sehnlich erwartet. Vom 1. Dezember 1954 an erhielt ich für die Witwenrente DM 5,—, für die Zusatzrente DM 6,— Rentenzulage, so daß ich vom 1. Dezember 1954 an insgesamt DM 116,—empfing.
Und jetzt kommt das Entscheidende:
Mit Bescheid vom 6. Juni 1955 kürzte das Versorgungsamt daraufhin die Elternrente von DM 27,— auf DM 16,—, das sind DM 11,—.
Gleichzeitig erhielt ich die Mitteilung, daß die überzahlten DM 37,— von August 1955 bis April 1956 mit monatlich DM 4,— von der laufenden Versorgungsrente von DM 16,— in Abzug gebracht werden, so daß bis April 1956 nur DM 12,— verbleiben.

(Hört! Hört! bei der SPD.) Und jetzt das Ergebnis:

Danach erhalte ich vom 1. Dezember 1954 trotz der in Presse und Rundfunk gepriesenen Rentenerhöhung nichts. Im Gegenteil, durch den Abzug der Überzahlung erhalte ich bis April 1956 DM 4, — weniger als vorher.

(Erneute Rufe von der SPD: Hört! Hört!)

Das ist kein Einzelfall, sondern es gibt eine ganze Reihe solcher Fälle, und wenn wir nun das Teuerungszulagengesetz beseitigen, dann werden die Leute noch einmal geschädigt. Wenn ich vorhin gesagt habe, daß wir bereit sind, dieses Teuerungszulagengesetz auch einmal zu beseitigen, dann meinte ich damit: zu einem Zeitpunkt, wo die Sozialreform durchgeführt wird und wo ein Ausgleich für den Wegfall des Teuerungszulagengesetzes wirklich möglich ist.
Übrigens sind die Waisen bei dem Renten-Mehrbetrags-Gesetz überhaupt nicht berücksichtigt worden. Für sie wäre der Wegfall des Teuerungszulagengesetzes von vornherein eine Verschlechterung ihrer Situation. Man muß wirklich die Regierung fragen, ob das der Anfang der geplanten Sozialreform sein soll.

(Beifall bei der SPD.)

Wenn die Bundesregierung in ihrer Begründung sagt, daß das Gesetz rückwirkend vom 1. April 1955 wegfallen soll mit der Auszahlung von 12 Monatsraten bis April 1956, so hat auch der Bundesrat gegen eine solche Regelung schon Stellung genommen. In der Begründung wird außerdem gesagt, daß zu diesem Zeitpunkt der Anschluß an die
Neuordnung der sozialen Leistungen hergestellt ist, d. h. also die Sozialreform durchgeführt ist. Wir möchten den größten Zweifel darin setzen, daß bis zu diesem Zeitpunkt die Sozialreform durchgeführt ist. Man wird also wahrscheinlich — das ist die Absicht der Regierung; ich unterstelle, daß sie das will — das Gesetz bis dorthin sang- und klanglos verschwinden lassen und es dann der Zukunft überlassen, ob überhaupt auf diesem Gebiete etwas geschehen soll.
Der Bundesrat hat vorgeschlagen, an Stelle der 12 Monatsbeträge das Doppelte oder gar das Dreifache auszuzahlen, weil auch der Bundesrat davon überzeugt ist, daß zu dem Zeitpunkt, wo dieses Teuerungszulagengesetz nach der Vorlage der Regierung außer Kraft tritt, ein Abschluß in der Sozialreform noch nicht erfolgt ist. Aus diesem Grunde haben wir die stärksten Bedenken und werden diesem Gesetz unsere Zustimmung versagen. Wir bitten, das Gesetz dem Ausschuß zu überweisen und dort die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

(Beifall bei der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210316400
Das Wort hat der Abgeordnete Voß.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210316500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns mit einem Gesetz zu befassen, das eine eindeutige Situation insofern schafft, als dem Rentner auf Grund der Tatsache, daß er seine Einkommensgrenze nicht erreicht, eine Teuerungszulage gezahlt wird. Nach Meinung der Regierung ist festgestellt, daß nach der Verabschiedung mehrerer Gesetze seit dem Jahre 1952 mindestens 80 % der bisherigen Teuerungszulagenempfänger über die im Gesetz vorgesehene Einkommensgrenze hinauskommen. Das ist eine ganz eindeutige Tatsache. Damit hat sich, auf das Ganze gesehen, das Gesetz erledigt und ist eine theoretische Angelegenheit geworden.

(Zuruf von der SPD: Für 20 °/o!)

— Nun könnte man ja sagen: Es verbleiben immer noch 20%, und es lohnt sich schon, für diese Menschen etwas zu tun! Meine Herren, wir sind mit Ihnen ganz einer Auffassung, und ich darf wohl sagen: aus diesem Empfinden resultiert doch, daß man zumindest einmal den Vorschlag gemacht hat, einen zwölffachen Betrag auszuzahlen. Ich darf darauf hinweisen, wenn man gesetzesmäßig verfahren wollte, dann müßte man eine Prüfung der Einkommen durchführen. Es wird niemand in diesem Hause sein, der nicht mit mir der Meinung ist, daß eine solche durchzuführende Prüfung in bezug auf die Kosten in keinem Vergleich zu dem Objekt der auszuzahlenden Teuerungszulagen steht. Um aber den ganzen Verwaltungsapparat nicht wieder einmal für eine ganz minimale Angelegenheit in Gang zu setzen, sind wir der Auffassung, man sollte im Ausschuß und in den nachfolgenden Lesungen dafür eintreten, daß eine Auszahlung erfolgt, sei es in zwölffacher oder sei es in vierundzwanzigfacher Höhe. Es hat keinen Sinn, hier die verschiedensten brieflich geäußerten Meinungen anzuführen. Das kann man in jeder Variation. Wir werden bei den Beratungen im Ausschuß für die CDU-Fraktion unsere Meinung kundtun, so daß auch der Mann draußen sieht, daß die restlichen Leute, die nun noch Anspruch auf Teuerungszulage hätten, von uns nicht vergessen und bedacht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210316600
Herr Professor Schellenberg!

Dr. Ernst Schellenberg (SPD):
Rede ID: ID0210316700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein Wort! Der Sprecher der CDU hat erklärt, es handle sich um eine theoretische Angelegenheit. Die Bundesregierung hat bei der Beratung im Bundesrat erklärt, daß gegenwärtig 600 000 Rentner diese Teuerungszulage erhalten. Es entspricht also nicht den Tatsachen, wenn gesagt wird, daß es sich um einen kleinen Personenkreis handelt und die Sache nur eine gewisse theoretische Bedeutung für die gesetzgeberische Gestaltung hat, sondern es geht um 10 °/o aller Rentner.

(Hört! Hört! bei der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210316800
Wird das Wort noch gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache in der ersten Lesung.
Es ist vorgeschlagen: Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Sozialpolitik. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, es ist an mich der Wunsch herangetragen worden, möglichst jetzt schon für heute zu schließen.

(Widerspruch in der Mitte.)

— Ja, meine Herren, verzeihen Sie! Gerade von Ihrer Fraktion, die Sie so laut nein rufen, ist dieser Wunsch an mich herangetragen worden. Aber wenn Sie von vornherein nein sagen, — ich bin gewillt, weiterzumachen.
Ich rufe Punkt 15 der heutigen Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung der Artikel 33, 34 und 35 des in Bonn am 26. Mai 1952 unterzeichneten Vertrages über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenvertrag) und des Artikels 3 des am gleichen Tage unterzeichneten Abkommens über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Fassung des in Paris am 23. Oktober 1954 unterzeichneten Protokolls über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenzollgesetz) (Drucksache 1416);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) (Drucksache 1681).

(Erste Beratung: 95. Sitzung.)

Ich erteile das Wort zur Berichterstattung dem Abgeordneten Krammig.

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0210316900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich als Berichterstatter auf den schriftlichen Bericht auf Drucksache 1681*) beziehen. Auf Anregung des Bundesjustizministeriums, die ich gerne aufgreife, schlage ich Ihnen eine redaktionelle Änderung vor, und das ist der Grund, warum ich hier nach oben gegangen bin. In der Überschrift des Gesetzentwurfs ist das in Klammern gesetzte Wort „Truppenvertrag" zu streichen. Dafür soll in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 statt der Worte „des Truppenvertrags" der Vertrag
*) Siehe Anlage 9.
so genannt werden, wie er hier in der Überschrift steht. Diese Änderung wird aus redaktionellen Gründen für zweckmäßig erachtet. Ich darf mir erlauben, diesen Antrag dem Herrn Präsidenten zu überreichen, und Sie bitten, ihn anzunehmen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210317000
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die Einzelberatung der zweiten Lesung ein. Ich rufe auf § 1. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung. Wer dem § 1 zuzustimmen wünscht, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 2 und gleichzeitig den von dem Herrn Berichterstatter schriftlich fixierten Änderungsantrag zu § 2, der da lautet:
In § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 sind statt der Worte „des Truppenvertrags" die Worte „des Vertrags über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland (Truppenvertrag)" einzusetzen.
Wird das Wort zu dem aufgerufenen Paragraphen und dem Änderungsantrag gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich. die Beratung und komme zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
Wer nunmehr dem so geänderten § 2 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf §§ 3,-4,-5,-6,-7,-8,-9, —10,-11,-12,-13,-14,-15,-16,-17,18, — 18a, — 18b, — 19, — 20, — 21 und 21a, alle Paragraphen in der Ausschußfassung. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann komme ich zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe nunmehr auf Einleitung und Überschrift, wobei ich den Änderungsantrag des Herrn Berichterstatters bekanntgebe, der da lautet:
In der Überschrift des Gesetzentwurfs ist das in Klammern gesetzte Wort „Truppenvertrag" zu streichen.
Ich stelle die Überschrift bereits mit dieser Änderung zur Abstimmung. Wer ihr und der Einleitung zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Gegenstimmen angenommen. Damit sind wir mit der zweiten Beratung des aufgerufenen Gesetzentwurfs zu Ende.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Da Änderungsanträge zur dritten Lesung nicht vorliegen, komme ich zur Schlußabstimmung. Wer


(Vizepräsident Dr. Schneider)

dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist in der dritten Lesung verabschiedet.
Ich rufe nunmehr auf Punkt 16 der heutigen Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Abgaben auf Mineralöl. (Drucksache 1382);
Schriftlicher Bericht des Auschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß)


(Drucksache 1669, Umdrucke 473, 476). (Erste Beratung: 83. Sitzung.)

Ich erteile das Wort dem Herrn Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Krammig.

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0210317100
Ich beziehe mich auf den Schriftlichen Bericht*), Herr Präsident.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210317200
Der Herr Berichterstatter bezieht sich auf den Schriftlichen Bericht. Ist das Haus damit einverstanden, daß wir so verfahren?

(Zustimmung.) — Das ist der Fall.

Dann trete ich in die Beratung des Gesetzes in der zweiten Lesung ein. Ich rufe auf Art. 1 und dazu den Änderungsantrag auf Umdruck 476**). Wer will diesen Änderungsantrag begründen? — Bitte, Herr Abgeordneter Krammig!

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0210317300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anmerkung 1 g zu Nr. 2710 des Zolltarifs, die nach Art. 1 Nr. 4 künftig die Bezeichnung 1 f tragen soll, enthält die Bestimmung, daß eine Zollvergütung nach der Anmerkung 1 a nur für mineralölsteuerbare Erzeugnisse gewährt wird. Unter 1 a fallen aber Bitumen und Petrolkoks. Wenn entsprechend dem Ausschußvorschlag zu Art. 3 Nr. vor 1 und 1 a diese Erzeugnisse aus dem Kreis der Steuergegenstände des Gesetzes herausgenommen werden, dann können sie die in 1 f geforderte Voraussetzung, nämlich steuerbare Erzeugnisse zu sein, nicht mehr erfüllen. Wenn man nicht die Vergütung bei der Ausfuhr solcher Erzeugnisse für sie unmöglich machen will, muß man bei diesen Erzeugnissen auf die Voraussetzung, daß sie mineralölsteuerbare Erzeugnisse sein müssen, verzichten. Das soll durch die beantragte Änderung erreicht werden. Ich bitte, dem zuzustimmen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210317400
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung des aufgerufenen Art. 1 in der zweiten Beratung und komme zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 476 **) zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wer nunmehr dem aufgerufenen und durch die Annahme des Änderungsantrags auf Umdruck 476 geänderten Art. 1 zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
*) Siehe Anlage 10. **) Siehe Anlage 6.
Ich rufe auf Art. 2 und eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache.
Wer dem Art. 2 des aufgerufenen Gesetzes in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Art. 3 und gleichzeitig den Änderungsantrag auf Umdruck 473 Ziffer 1*). Soll der Antrag auf Umdruck 473 Ziffer 1 begründet werden? — Bitte, Herr Abgeordneter Krammig!

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0210317500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe, wenn Sie damit einverstanden sind, gleich den Änderungsantrag unter Ziffer 2 des Umdrucks 473 mit, weil die beiden Dinge zusammenhängen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210317600
Gerade wollte ich es vorschlagen.

Karl Krammig (CDU):
Rede ID: ID0210317700
In Art. 3 muß eine Änderung eintreten, weil die rückwirkende Beseitigung der Steuer für die schwarzen Erzeugnisse zahllose Erstattungen bedingen würde, die ohne ungeheuren Aufwand überhaupt nicht durchgeführt werden könnten. Die Rückwirkung selbst würde zu einem weitaus höheren Haushaltsaufwand führen, als bei der Beratung veranschlagt war. Es würde sich dann nicht nur um den Ausfall für den Rest des Haushaltsjahres 1955, sondern zusätzlich noch um die Erstattung seit dem 1. April 1954 handeln. Diese Erstattung würde aber keineswegs den Verbrauchern zugute kommen, weil die Steuer für die Vergangenheit längst abgewälzt ist. Sie wäre ein reines Geschenk an die Lieferer. Das kam dadurch zustande, daß wir nachträglich in das Gesetz die Steuerbefreiung von schweren Erzeugnissen — Bitumen, Petrolkoks usw. — eingefügt haben. In Art. 3 ist aber das Inkrafttreten des Gesetzes rückwirkend ab 1. April 1954 bestimmt. Da wir aber für diese neu aufgenommenen Erzeugnisse diese Rückwirkung aus den von mir dargelegten Gründen nicht vorsehen können, muß eine Änderung des Art. 3 eintreten.
Zu Ziffer 2 möchte ich sagen, daß das Inkrafttreten dieser Änderung aus technischen Gründen auf einen Monatsbeginn gelegt werden muß, weil erst der abgelaufene Monat abgerechnet werden muß, für den die Erzeugnisse noch steuerbar sind, und ab Monatsbeginn gelten die Erzeugnisse dann als steuerfrei.
Ich bitte Sie, diesen beiden Änderungen zuzustimmen, die sich aus der Ergänzung der Vorlage vor 1 und 1 a ergeben.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0210317800
Meine Damen und Herren, wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung zu Art. 3 und komme zur Abstimmung.
Wer Ziffer 1 des Änderungsantrags Umdruck 473*) zuzustimmen wünscht, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! - Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wer dem nun so geänderten Art. 3 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig verabschiedet.
*) Siehe Anlage 5.


(Vizepräsident Dr. Schneider)

Ich rufe Art. 4 des Gesetzes auf. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer diesem Artikel zuzustimmen wünscht, möge das Handzeichen geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 5 auf, dazu Ziffer 2 des Umdrucks 473, der eben schon begründet wurde. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer Ziffer 2 des Änderungsantrags auf Umdruck 473 zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wer nun dem so geänderten Art. 5 zuzustimmen wünscht, möge das Handzeichen geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Einleitung und Überschrift auf. Wer zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Damit sind wir mit der zweiten Beratung des Gesetzes zu Ende.
Ich trete in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Da Änderungsanträge zur dritten Beratung nicht vorliegen, komme ich zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. - Ich stelle einstimmige Annahme des Gesetzes fest. Damit ist Punkt 16 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 17 auf:
Beratung des Entwurfs einer Vierundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Zitronen) (Drucksache 1671).
Hier war nochmalige Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vorgesehen. Ich halte das nicht für notwendig, meine Damen und Herren; denn die Regierung hat hier nur etwas ausgeführt, was der Bundestag ihr durch einen früher, ich glaube, wohl einstimmig gefaßten Beschluß auferlegt hatte. Sie hat also einem Ersuchen des Hauses entsprochen, die Zollsätze da überhaupt zu beseitigen. Deshalb bin ich der Meinung, daß wir die Sache nicht noch einmal in den Ausschuß zu verweisen, sondern nur der Verordnung zuzustimmen brauchen. Ist das Haus damit einverstanden?

(Zustimmung.)

- Das ist der Fall. Dann komme ich also zur Abstimmung über den Verordnungsentwurf auf Drucksache 1671. Wer ihm zuzustimmen wünscht, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Und nun, meine Damen und Herren, sind wir beim letzten Punkt der heutigen Tagesordnung. Spätestens 20 Uhr wollen wir ja Schluß machen, weil wir noch Verpflichtungen gegenüber unseren italienischen Kollegen haben. Ich frage: Soll ich diesen Punkt noch aufrufen? Genügt die Zeit noch? Ich halte es nicht für klug; denn wenn man schon über diese Dinge sprechen will, muß man etwas mehr Zeit dazu haben. Das ist meine Meinung. Ist das Haus mit mir der Auffassung, daß wir diesen Punkt für die morgige Tagesordnung an die Spitze ziehen? - Das ist der Fall.
Dann sind wir am Ende der Sitzung. Ich berufe die nächste, die 104. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 30. September 1955, 9 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.