Gesamtes Protokol
Nehmen Sie Platz . Erst einmal einen wunderschönen
guten Tag . Die Sitzung ist eröffnet .
Interfraktionell wurde vereinbart, dass die Unterrich-
tung der Bundesregierung auf der Drucksache 18/11282
über die Stellungnahme des Bundesrates zu dem bereits
überwiesenen Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum
Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei
durch den Einsatz von mobiler Videotechnik an den fe-
derführenden Innenausschuss sowie zur Mitberatung an
den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und den
Ausschuss Digitale Agenda überwiesen wird . Sind Sie
mit diesem Vorschlag einverstanden? – Ich sehe keinen
Widerspruch . Dann ist so beschlossen .
Weiterhin gibt es eine interfraktionelle Vereinbarung,
die heutige Tagesordnung um die erste Beratung des von
den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und von Bünd-
nis 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
zur Fortentwicklung des Gesetzes zur Suche und Aus-
wahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme ent-
wickelnde radioaktive Abfälle und anderer Gesetze auf
Drucksache 18/11398 zu erweitern und jetzt gleich im
Anschluss als Zusatzpunkt 1 ohne Aussprache aufzuru-
fen . – Ich sehe, dass Sie damit einverstanden sind . Dann
verfahren wir so .
Ich rufe den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt 1 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/
CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Fortentwicklung des Gesetzes zur Suche und
Auswahl eines Standortes für ein Endlager für
Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle und
anderer Gesetze
Drucksache 18/11398
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher-
heit
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung
Haushaltsausschuss
Eine Aussprache ist für heute nicht vorgesehen .
Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 18/11398 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen . Gibt es
dazu von Ihrer Seite aus anderweitige Vorschläge? – Ich
sehe, das ist nicht der Fall . Dann ist die Überweisung so
beschlossen .
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Bericht über die Regelungen
zu den Anerkennungsverfahren in Heilberufen des
Bundes.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Bundesminister für Gesundheit, Herr Hermann
Gröhe . – Bitte schön, Herr Bundesminister .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!Das Bundeskabinett hat heute Morgen den Bericht überdie Regelungen zum Anerkennungsverfahren in Heil-berufen des Bundes beschlossen, der jetzt Ihnen, demDeutschen Bundestag, und dem Bundesrat zugeleitetwird . In diesem Zusammenhang sind aber auch weitereHeilberufsgesetze des Bundes geändert worden . Schließ-lich sind darüber hinaus auch das Verfahren und einzelneAnpassungsmaßnahmen in einer Verordnung geregeltworden .Insgesamt zeigt der Bericht ein gelungenes Anerken-nungssystem . Wir ermöglichen mit unseren Regelungenden zum Teil dringend benötigten Fachkräften, die ihreBerufsausbildung im Ausland gemacht haben, den Zu-gang zu unserem Arbeitsmarkt . Ein Blick auf das Mo-nitoring zu dem Anerkennungsgesetz des Bundesbil-dungsministeriums insgesamt zeigt, dass 2015 über dieHälfte der Anträge von Menschen in Gesundheitsberufengestellt wurden . Das ermöglicht Zuwanderinnen und Zu-wanderern bessere Aussichten auf einen Arbeitsplatz in
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Deutschland . Messlatte für die Anerkennung der Berufs-abschlüsse ist der Vergleich mit den Berufsabschlüssen inunserem Land . Das gebietet schon der Patientenschutz .Verfügen die Anerkennungsbewerberinnen und -be-werber nicht über eine gleichwertige Ausbildung, kanneine entsprechende Anpassungsmaßnahme ihnen den-noch den Berufszugang ermöglichen . Dabei orientierenwir uns am europäischen Recht, haben also für die An-erkennung – auch für die sehr anspruchsvollen Fristenim Anerkennungsverfahren – die gleichen Maßstäbe wieinnerhalb der Europäischen Union .Wir bewegen uns im europäischen und vor allem bun-desgesetzlichen Rechtsrahmen, aber die Umsetzung liegtin der Verantwortung der Länder . Dabei stellen sich im-mer wieder die Fragen: Wie können Unterschiede in derRechtsanwendung vermieden werden? Wie kann die sehranspruchsvolle Arbeit der zuständigen Behörde in derBewertung einzelner Ausbildungsabschlüsse erleichtertwerden?Hier ist von herausragender Bedeutung, dass die Län-der nach langer Diskussion im Januar 2016 eine gemein-same, länderübergreifende Gutachtenstelle eingerichtethaben . Sie hat ihre Arbeit zum 1 . September 2016 auf-genommen, und sie hat unter anderem die Aufgabe, denzuständigen Behörden vor Ort mit den entsprechendenGleichwertigkeitsprüfungen Informationen an die Handzu geben, um entscheiden zu können, ob eine Ausbildungin einem anderen Land einer Ausbildung in Deutschlandentspricht oder nicht .Ein solches einheitliches Niveau ist nicht nur im Hin-blick auf die Fachausbildung bei den Gesundheitsberu-fen dringend erforderlich, sondern neben den Berufsaus-übungsvorgaben geht es natürlich auch um angemesseneSprachkenntnisse in den diversen Gesundheitsberufen .Es ist gut, dass sich Mitte Mai 2014 die Gesundheits-ministerkonferenz der Länder auf Eckpunkte für eineinheitliches Überprüfungsverfahren für die sogenann-ten verkammerten Heilberufe verständigt hat, was dieKenntnisse der deutschen Sprache angeht, und ein hohesNiveau in der Fachsprache vorgibt . Die Länder sind der-zeit dabei, solche Eckpunkte auch für die Gesundheits-fachberufe, also die nicht verkammerten Berufe, zu ent-wickeln .Wir sind mit den Ländern in einem umfassenden Aus-tausch, nicht zuletzt in der Arbeitsgruppe „Berufe desGesundheitswesens“ . Einen aktuellen gesetzgeberischenHandlungsbedarf sieht die Bundesregierung nicht . Siehat Ihnen, wie gesagt, die Vorstellungen zur Straffungder Zusammenarbeit in den Ländern etc ., die jetzt aufden Weg gebracht worden sind, in dem Bericht vorgelegtund zeigt damit einen guten Weg auf, auch und geradeim Gesundheitsbereich Berufszugang für qualifizierteMenschen mit einer Berufsausbildung aus einem anderenLand zu eröffnen .Vielen Dank .
Vielen Dank . – Ich bitte, jetzt die Fragen zu dem The-
menbereich zu stellen, über den der Herr Bundesminister
berichtet hat . Ich habe dazu schon einige Wortmeldun-
gen, und zwar von der Kollegin Klein-Schmeink, dem
Kollegen Rudolf Henke, von Frau Vogler und Herrn
Meier . – Bitte schön .
Danke schön für den Bericht, Herr Minister . Ohne
Zweifel ist es ein Fortschritt, dass wir jetzt eine zentrale
Gutachtenstelle für die Gesundheitsberufe haben; denn es
hat im Vorfeld große Unterschiede gegeben . Dabei stellt
sich aber auch die Frage, inwiefern dadurch ein Nadelöhr
entsteht . Inwiefern reichen die Kapazitäten der zentralen
Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe aus, um den Be-
hörden bei der Prüfung und Bewertung der Bewerbungs-
unterlagen beratend zur Seite zu stehen? Und, sollten die
Kapazitäten nicht ausreichen, welche Maßnahmen wer-
den Sie ergreifen, um den Ausbau der Gutachtenstelle für
Gesundheitsberufe zu fördern?
Vielen Dank, Frau Kollegin Klein-Schmeink . Das ist
eine sehr berechtigte Frage, weil wir lange auf diese Stelle
gewartet haben . Ich bitte umgekehrt um Verständnis: Die
zentrale Stelle hat ihre Arbeit am 1 . September des letz-
ten Jahres aufgenommen . Zum gemeinsamen Austausch
mit den Ländern gehört auch die Frage, ob die auch unter
Einbeziehung von Landesfinanzministern und anderen
erörterte Personalzurverfügungstellung durch die Länder
ausreicht . Ich halte es jedenfalls für erforderlich, dass wir
weiter sozusagen mit einem Monitoring begleiten, damit
die gewünschte Arbeit dieser Stelle tatsächlich geleistet
werden kann . Dazu gehört nicht nur die Personalausstat-
tung; ich will ausdrücklich auf das Thema Datenbank
und Zentralregister hinweisen .
Es hat also auch technische und andere Dimensionen .
Es muss sichergestellt werden – wir haben den Behörden
vor Ort ein ziemlich strenges Fristenkorsett mit auf den
Weg gegeben –, dass die Arbeit tatsächlich geleistet wird .
Das müssen wir im Blick behalten .
Vielen Dank . – Dann erteile ich jetzt dem Kollegen
Rudolf Henke das Wort .
Herr Minister, ich habe den Bericht noch nicht lesenkönnen; er wird uns erst zugeleitet werden . Aber ichmache die Erfahrung, dass es jedenfalls bis dato Unter-schiede in der Anerkennungspraxis der Länder gibt . Vonden Ärztekammern ist zum Teil zu vernehmen, dass Inte-ressenten von einem Bundesland zu einem anderen Bun-desland wechseln, weil sie das Gefühl haben, dass in be-stimmten Bundesländern die Anerkennung einfacher zuerhalten ist, und dass damit ein gewisser Anerkennungs-tourismus entsteht . Das kann bei einem bundeseinheit-lich geregelten Berufsanerkennungsprozess sicherlichnicht das Ziel sein . Meine Frage lautet daher: WelcheMaßnahmen sind notwendig, um diesen Anerkennungs-tourismus zwischen den Ländern zu unterbinden?Bundesminister Hermann Gröhe
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Vielen Dank, Herr Kollege Henke . – Ich unterstelle
zunächst, dass es keinen Wettlauf zwischen den Ländern
um einen möglichst einfachen Berufszugang gibt . Aber
es ist in der Tat eine anspruchsvolle Aufgabe, bei Ver-
fahren, die unter Umständen nur einmal eine Behörde in
einem bestimmten Bundesland betreffen, entsprechend
klug und abwägend eine Vergleichsprüfung vorzuneh-
men . Deswegen ist es so wichtig, dass die Zentralstelle
entsprechende Maßstäbe bereithält .
Eine weitere Maßnahme, die ich vorhin in meiner Ant-
wort auf die Frage von Frau Klein-Schmeink erwähnt
habe, ist das Zentralregister, das zum Beispiel Doppel-
anträge vermeiden hilft . Wir spüren in der Zentralstelle,
aber auch im Zusammenhang mit den einheitlichen Eck-
werten für deutsche Sprachkenntnisse ein gewisses Inte-
resse der Länder daran, einerseits eigene Kompetenzen
wahrzunehmen und andererseits das Verfahren zu verein-
heitlichen . Es kann in der Tat nicht in unserem Interesse
liegen, wenn hier ein Anerkennungstourismus stattfindet.
Insofern geht die Monitoringarbeit vier Monate nach
Einrichtung der betreffenden Stelle weiter .
Vielen Dank . – Frau Kollegin Vogler .
Vielen Dank . – Ich möchte nach den Sprachkenntnis-
sen fragen . Gerade im ärztlichen Bereich, insbesondere
in den fachärztlichen Bereichen im Krankenhaus, ist ein
entscheidender Punkt nicht nur für den Behandlungser-
folg, sondern auch für die Patientensicherheit, dass die
Kommunikation zwischen Patientinnen und Patienten
einerseits sowie Ärztinnen und Ärzten andererseits, aber
auch zum Pflegepersonal und zu anderem medizinischem
Personal funktioniert . Es gibt zum Beispiel Berichte über
die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses in
Mecklenburg-Vorpommern, in der mindestens ein Arzt
aus Rumänien arbeitet, der nicht ausreichend deutsch
spricht, um sich mit seinen Patientinnen und Patienten
verständigen zu können .
Erstens . Sehen Sie das Sprachniveau, auf das sich die
Länder nun geeinigt haben, als ausreichend an, um sol-
che Fälle in der Zukunft zu vermeiden? Zweitens . Denkt
die Bundesregierung darüber nach, für die Ärztinnen und
Ärzte, die schon anerkannt sind, aber noch immer kein
ausreichendes Sprachniveau vorweisen können, eine
Nachqualifizierung vorzusehen?
Die Diskussion über das einheitliche Sprachniveau
hat unter den Ländern eine Weile in Anspruch genom-
men . Aber sie wurde mit dem Ziel geführt, ein sehr hohes
Sprachniveau zu etablieren, sowohl was die allgemeinen
Sprachkenntnisse als auch was die fachsprachlichen
Kenntnisse angeht . Die höchsten Sprachkenntnisse wer-
den übrigens von Psychologischen Psychotherapeuten
sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeuten verlangt .
Gerade dort, wo Sprachkenntnisse eine besondere Rolle
spielen, wurde in der Differenzierung der Berufe darauf
geachtet . Aber Aufgabe derjenigen, die die Führungs-
verantwortung in den Krankenhäusern innehaben, ist,
sicherzustellen, dass den Maßstäben – diese halte ich
nicht nur für ausreichend, sondern auch für geeignet –
tatsächlich Rechnung getragen wird . Das muss bei den
Entscheidungen vor Ort berücksichtigt werden . Aufgabe
der Arbeitgeber vor Ort ist gegebenenfalls, sprachlich
nachqualifizierend zu helfen. Dazu gibt es unterschiedli-
che Maßnahmen, auch der Bundesagentur für Arbeit .
Vielen Dank . – Jetzt hat der Kollege Meier das Wort .
Herr Minister, ich beziehe mich in meiner Frage auf
den Mangel an qualifizierten Heilberufspraktikern und
möchte gerne von Ihnen wissen, welche Maßnahmen
die Länder im Zusammenhang mit der Anerkennung
ausländischer Berufsqualifikationen ergreifen könnten,
um Fachkräften aus dem Ausland einen schnelleren
Berufseinstieg bei einem gleichzeitig hohen Patienten-
schutzniveau zu ermöglichen .
Ich bin der Überzeugung, dass auch der Zugang von
Zuwanderern mit entsprechenden Qualifikationen ein
wesentlicher Bestandteil ist, um Fachkräftemangel in be-
stimmten Berufen, nicht zuletzt in den Gesundheitsbe-
rufen, entgegenzuwirken . Wir sind uns, glaube ich, alle
einig, dass das nicht die einzige Maßnahme ist . Es hat
mit Attraktivität von Arbeitsplätzen und vielem anderen
mehr zu tun, dass auch Menschen aus unserem Land ger-
ne diese Berufe ergreifen . Aber ein Element einer klugen
Politik der Fachkräftesicherung muss die Anerkennung
von Qualifikationen sein.
Hier ist, denke ich, das Wichtigste, dass die jeweils
zuständigen Behörden angemessen mit Personal ausge-
stattet sind, damit fristgerecht entschieden werden kann .
Dies wurde seinerzeit beim sogenannten Asylgipfel zu-
gesagt, weil damals auch die Frage hinsichtlich der An-
erkennung von Qualifikationen von Menschen gestellt
wurde, die zu uns geflohen sind. Das kann dann zusam-
men mit den Dingen, die die Länder übergreifend tun, in
der Zentralstelle mit Datenbanken etc . eine gute Unter-
stützung erfahren . Die Zusammenarbeit, sicher auch im-
mer wieder die Prüfung, ob die Zentralstelle ausreichend
ausgestattet ist, und vor allen Dingen die Ausstattung der
Behörden vor Ort sind die wichtigen Elemente .
Vielen Dank . – Jetzt hat sich noch einmal die KolleginKlein-Schmeink gemeldet .
Danke schön . – Der Bericht weist aus, dass es inden Ländern sehr unterschiedliche Umgangsweisen mitdenjenigen gibt, die einen Antrag zur Anerkennung ih-rer Kompetenzen trotz fehlender oder unvollständigerUnterlagen stellen möchten . Mindestens in einem Bun-
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desland gibt es Kompetenzfeststellungsverfahren mitanschließendem Anpassungslehrgang, der eine gewisseQualitätskontrolle darstellt . Andere Länder scheinen sichdazu nicht in der Lage zu sehen . Dadurch haben wir sehrunterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen .Welche Entwicklung gibt es beim Umgang mit Per-sonen, die trotz fehlender oder unvollständiger Unterla-gen einen Antrag auf Berufsanerkennung stellen, und mitwelchen Maßnahmen wird in diesen Fällen der Patien-tenschutz gewährleistet, auch im Hinblick auf eine bun-desweit einheitliche oder angepasste Regelung? Das istunter anderem auch wichtig, um viele von denen, die ge-flüchtet sind und die oft ihre Unterlagen nicht mitnehmenkonnten, einbeziehen und integrieren zu können .
Vielen Dank, Frau Kollegin Klein-Schmeink . – Es ist
zunächst vorgesehen, dass es bei den sogenannten ver-
kammerten Berufen – kurz gesagt betrifft dies auch Ärz-
tinnen und Ärzte – eine Kenntnisprüfung geben muss . Da
gibt es nicht nur einen Anpassungslehrgang, dessen In-
halt nachher geprüft wird, sondern auch die Kenntnisprü-
fung, die gerade auf den Patientenschutz abzielt . Dann
gibt es im Bereich der Anpassungsmaßnahmen die Prü-
fung dessen, was in den Anpassungsmaßnahmen gelernt
worden ist . In diesem Zusammenhang ist es ganz wich-
tig, zu erwähnen, dass wir mit der sehr großen Auswei-
tung des Programms „Integration durch Qualifizierung“,
IQ, des BMAS einen großen Schritt machen, um selber
ein Angebot zu machen, das nicht nur für diejenigen, die
diese Maßnahme wahrnehmen, sondern auch maßstab-
bildend für andere Anpassungsmaßnahmen ist . Insofern
ist die erhebliche Ausweitung dieses Programms auch
eine Antwort darauf, dass es hier in der Vergangenheit
unzureichende Angebote gab .
Vielen Dank . – Jetzt hat der Kollege Kühne das Wort .
Erst einmal herzlichen Dank für die Ausführungen .
Mir geht es in Ergänzung der Fragen, die bisher gestellt
worden sind, um Folgendes: Welche Möglichkeiten se-
hen Sie denn, dass die Zusammenarbeit zwischen den
Ländern bei den Anerkennungsverfahren so vereinfacht
werden kann, dass die Anerkennungsverfahren schneller
werden? Sehen Sie irgendwelche Maßnahmen, die wir
demnächst durchführen könnten?
Ich sehe keinen umfangreichen gesetzgeberischen
Handlungsbedarf auf Bundesebene . Wir werden mit der
Neufassung der zahnärztlichen Approbationsordnung
noch einen Beitrag leisten, der auch Auswirkungen auf
unseren Themenkomplex hat . Im Kern ist jetzt mit der
Weichenstellung zur Errichtung der Zentralstelle das
Wichtige geschehen . Wenn man ein Zentralregister oder
eine bestimmte Datenbank aufbaut, dann beginnt die
Maßnahme erst . Das ist das Entscheidende, damit Be-
hörden Abschlüsse aus Kirgisistan, aus der Ukraine oder
etwa dem Libanon möglichst schnell bewerten und auf
Daten zugreifen können . Das ist wichtig, um Doppelan-
träge zu vermeiden .
Diese Maßnahmen haben eher mit der Umsetzung zu
tun . Deswegen ist das Wichtigste, dass wir bei einem
weiteren Monitoring im Bund-Länder-Gespräch darauf
achten, dass die weiteren Schritte gegangen werden . Aus
Gründen der Fachkräftesicherung gibt es ein gemeinsa-
mes Interesse daran . Wir müssen auch darauf setzen, dass
die Länder ihrer Verantwortung mit angemessener Per-
sonalausstattung oder etwa mit der Einigung über Eck-
punkte für deutsche Sprachkenntnisse bei den Gesund-
heitsfachberufen gerecht werden .
Vielen Dank . – Frau Kollegin Vogler .
Herr Minister, wir haben jetzt viel über die Anerken-
nung und die Kenntnisprüfung gesprochen . Ich möchte
noch einmal einen Blick auf die Ausgleichsmaßnahmen
werfen, die ja darauf gerichtet sind, vorhandene Kennt-
nisse, die unzureichend sind, zu vertiefen bzw . zu erwei-
tern . Da kam ja von den Ländern immer wieder auch der
Wunsch, gerade bei den nichtärztlichen Heilberufen und
vor allem bei solchen, die seltener sind und bei denen in
einem Bundesland vielleicht nur mal ein Ergotherapeut
um Anerkennung sucht, eine gemeinsame Ausbildung zu
gewährleisten . Gibt es aus Ihrer Sicht in dieser Richtung
Fortschritte?
Das Entscheidende ist natürlich zunächst, dass im
Rahmen der Länderzuständigkeit die Länder, auch meh-
rere Länder, gerade bei kleinen Berufsgruppen jederzeit
zusammenarbeiten können . Das werden sie in eigener
Kompetenz tun . Bei der Gesundheitsministerkonferenz,
auf der Beschlüsse gefasst worden sind, war die Bundes-
ebene Gast . Dort treffen die Länder untereinander Ver-
abredungen .
Allerdings habe ich das Programm „Integration durch
Qualifizierung“ genannt. Damit geht der Bund einen
ganz großen Schritt, um etwas zur Verfügung zu stellen,
was sowohl für die Betroffenen Anpassungen ermöglicht
als auch die entsprechenden Maßstäbe setzt .
Im Übrigen geht es bei seltenen Berufen bei den An-
passungsmaßnahmen häufig nicht so sehr um einzelne
Kenntnisse, zum Beispiel der Physiotherapie, vielmehr
geht es zum Beispiel auch darum, sich in unserem Ge-
sundheitssystem mit dieser Fachkenntnis zurechtzufin-
den und zu wissen, wo bei uns der Ort für die Erbringung
dieser Leistung unter welchen Bedingungen ist . Insofern
können Sie bei diesem Teil von Anpassungsmaßnahmen
durchaus auch mehrere Berufsbilder zusammenführen .
Vielen Dank . – Zu diesem Themenbereich liegen mirkeine weiteren Fragen vor . Ich bitte aber den Bundesmi-Maria Klein-Schmeink
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nister, noch zu bleiben, da zu anderen Themenbereichennoch Fragen an Sie gerichtet werden .Ich frage jedoch zunächst einmal: Gibt es andere The-men der heutigen Kabinettssitzung, zu denen jemand fra-gen möchte? – Ich sehe, das ist nicht der Fall .Dann kommen wir jetzt zu sonstigen Fragen an dieBundesregierung . Das Wort hat die Kollegin KordulaSchulz-Asche . Der Herr Bundesminister ist, glaube ich,derjenige, der von ihr angesprochen wird .
Genau . Das mache ich auch sehr gerne, vielen Dank .Vielen Dank auch, Herr Gröhe, dass Sie für Antwortenzur Verfügung stehen .Die Bundesregierung hat ja zwei Jahre lang im Phar-madialog unter anderem mit der pharmazeutischen In-dustrie verhandelt, und wir werden morgen hier im Hausedas Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz verabschie-den, das im Prinzip die Ergebnisse des Pharmadialogsumsetzen soll . Ziel des Gesetzes ist es, die Arzneimittel-versorgung weiterhin auf hohem Niveau sicherzustellen,die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversi-cherung zu gewährleisten und Deutschland als pharma-zeutischen Standort zu stärken .Jetzt fragen sich viele, die an diesem Pharmadialogteilgenommen haben – wir Bundestagsabgeordnete ha-ben es ja leider nicht –, was überhaupt als Ergebnis desPharmadialogs vorliegt . Wir Bundestagsabgeordnete ha-ben heute alle einen Brandbrief von den Betriebsräten derpharmazeutischen Unternehmen bekommen, die besorgtüber das AMVSG in der jetzigen Form sind . Deswegenfrage ich Sie, welche tatsächlich wirksamen Ergebnisseaus dem Pharmadialog Sie selbst sehen, um den StandortDeutschland im Bereich der Arzneimittelherstellung undder Arbeitsplätze, die damit verbunden sind, zu sichern .
Die Ergebnisse des Pharmadialogs als Dialog dreier
Ministerien mit Wissenschaft, Gewerkschaften und In-
dustrie sind umfassend veröffentlicht . Alle Maßnahmen
haben bei den verschiedenen Betroffenen große Zustim-
mung gefunden . Es hat dann auch parlamentarische und
öffentliche Debatten gegeben, auf die sich die Sorgen der
Gewerkschaften und der Betriebsräte richten; sie sind ja
weniger auf das Ergebnis des Dialogprozesses gerichtet .
Ich kann und will der morgigen Debatte nicht vor-
greifen; aber ich bin überzeugt, dass das, was wir in der
Kombination vieler Maßnahmen erreicht haben, etwa be-
sondere Anreize zur Entwicklung von Maßnahmen zur
Heilung seltener Krankheiten und zur Entwicklung von
Kinderarzneimitteln, zum Beispiel von neuen Antibioti-
ka, genau diesem Ansatzpunkt – Innovationen schnell in
die Patientenversorgung zu bringen – gerecht wird .
Wir haben Maßnahmen zum Thema Lieferengpässe
im Dialogbericht im parlamentarischen Verfahren er-
gänzt, etwa um das Thema „Verzicht auf Ausschreibun-
gen im Impfstoffbereich“ und anderes mehr . Da verbin-
den sich durchaus Interessen der Versorgung mit denen
all derjenigen, die auf diesem Markt tätig sind . Ich bin
davon überzeugt: Es ist ein guter Ausgleich zwischen
Versorgungsinteresse, Wissenschafts- und Standortinte-
resse und Finanzierbarkeit .
Vielen Dank . – Frau Kollegin Klein-Schmeink, gehe
ich recht in der Annahme, dass auch Sie noch eine Frage
an den Bundesminister haben? – Dann sind Sie jetzt an
der Reihe .
Danke schön, Frau Präsidentin . – Ich habe ebenso
eine Frage zum Arzneimittelversorgungsstärkungsge-
setz . Wir mussten heute im Ausschuss erfahren, dass die
Umsatzschwelle zur Kostendämpfung für neue Arznei-
mittel ersatzlos gestrichen wurde . Sie hatten als Minister
einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, da Sie es
durchaus für notwendig gefunden haben, ein Instrument
zur Reglementierung als Schutz gegen Mondpreise vor-
zusehen . Mittlerweile ist dieses Instrument ersatzlos ge-
strichen . Welche anderen Maßnahmen wollen Sie ergrei-
fen, damit wir die Versichertengemeinschaft in Zukunft
vor Mondpreisen schützen können?
Vielen Dank für diese Frage . – Das besagte Gesetz –
es ist das Ergebnis eines Dialoges – ist geprägt von dem
Wunsch nach Zusammenhalt, Innovationsfreundlichkeit
und langfristiger Finanzierbarkeit . Dazu gehört beispiels-
weise, dass wir das Moratorium verlängern und anderes
mehr . Einige Aspekte zielen sehr klar auf Einsparungen,
andere auf einen schnellen Versorgungszugang .
Es ist richtig, dass wir im Ergebnis – es geht nicht al-
lein um den in meinem Haus verantworteten Gesetzent-
wurf, sondern um den von drei Ministern unterzeichneten
Abschlussbericht des Pharmadialogs – eine Umsatz-
schwelle vorgesehen hatten . Diese Maßnahme ist auch
im Sinne eines Ausbalancierens vorgeschlagen worden,
nachdem wir zur nichtöffentlichen Listung der entspre-
chenden Erstattungspreise zurückkehren wollten . Wir
haben uns im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens
auch aus der Überzeugung der beteiligten Parlamentarie-
rinnen und Parlamentarier entschieden, dass auch davon
eine den Preis in Schach haltende Wirkung ausgeht, dass
es bei der öffentlichen Listung bleibt, und wir verzichten
parallel dazu im ersten Jahr auf andere Maßnahmen . Man
muss das also als Gesamtkunstwerk sehen .
Vielen Dank, Herr Minister Gröhe . – Wir fahren fort
mit den weiteren Fragen an die Bundesregierung . Das
Wort hat der Kollege Jan van Aken .
Vielen Dank . – Das ist eine Frage an das BMVg undan das Auswärtige Amt . Es geht um einen Angriff derkurdischen Peschmerga aus dem Nordirak am letztenFreitag auf eine jesidische Siedlung im Irak . Dazu gibtVizepräsidentin Ulla Schmidt
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es mehrere Videos im Internet, in denen man mehrfachdeutsche Waffen sehen kann . Bei mindestens zwei davonist gut verifizierbar, dass sie am letzten Freitag in einerjesidischen Stadt eingesetzt worden sind . Es soll sich ummindestens zwei deutsche G36-Gewehre handeln .Nachdem in der gesamten Debatte um die Waffenlie-ferungen an die Peschmerga immer der Schutz der Jesi-den im Zentrum stand – von September 2014 bis heuteging es um den Schutz der Jesiden –, werden genau dieseaus Deutschland gelieferten Waffen gegen die Jesideneingesetzt . Dazu habe ich zwei Fragen .Erstens . Ist dieser Einsatz durch die KDP-Peschmergagegen Jesiden durch die Endverbleibskontrolle eigentlichgedeckt? Oder untersagt die Endverbleibserklärung, diedie Peschmerga damals unterzeichnet haben, einen Ein-satz gegen andere als ausgerechnet gegen den IS?Zweitens . Wenn in dieser Endverbleibserklärung tat-sächlich festgelegt ist, dass diese Waffen ausschließlichgegen den sogenannten „Islamischen Staat“ eingesetztwerden dürfen, heißt das dann nicht, dass die Bundes-regierung sofort jede weitere Waffenlieferung an diePeschmerga und auch die Ausbildung der Peschmergaeinstellen müsste?
Vielen Dank . – Sie hatten eigentlich nur eine Fra-
ge; aber ausnahmsweise durften Sie beide stellen . Frau
Staatsministerin Böhmer beantwortet sie gerne . Bitte
schön .
D
Frau Präsidentin! Ich darf zunächst eine Vorbemer-
kung machen . – Der Kollege van Aken hat diese Frage,
sinngemäß, zweimal als dringliche Frage eingereicht . Sie
wurde zweimal nicht zugelassen. Die Kollegin Dağdelen
hat ebenfalls eine solche Frage, sinngemäß, eingereicht .
Sie wurde ebenfalls nicht zugelassen . Von daher stellt
sich natürlich die grundsätzliche Frage, ob nicht zugelas-
sene dringliche Fragen im Rahmen der Regierungsbefra-
gung gestellt werden können .
Ich darf noch die Anmerkung machen, dass wir vom
Auswärtigen Amt im Auswärtigen Ausschuss zu diesem
Komplex soeben Rede und Antwort gestanden haben .
Wir haben uns sehr intensiv mit dieser Frage befasst . Ich
kann selbstverständlich auch hier etwas dazu sagen . Aber
es ist eine grundsätzliche Frage an das Präsidium .
Frau Staatsministerin, wenn das so grundsätzlich
wäre, hätte ich die Frage nicht zugelassen .
D
Gut .
Jeder Abgeordnete hat das Recht, hier unter „andere
Fragen“ Fragen zu stellen, auch wenn sie als dringliche
Fragen nicht zugelassen worden sind . Ich bitte Sie als
Bundesregierung einfach, darauf zu antworten .
D
Gern . – Wenn das so weit geklärt ist, dass Fragen, dieals dringliche Fragen nicht zugelassen worden sind, inder Regierungsbefragung gestellt werden können, gebeich Ihnen gern eine Antwort – so wie es auch eben imAuswärtigen Ausschuss erfolgt ist .
– Es ist überhaupt keine Aufregung notwendig .
– Es ist überhaupt keine Aufregung notwendig .Ich will dem Kollegen van Aken sehr deutlich sagen,dass wir, wenn es um die Endverbleibserklärung geht,die Regierung der Region Kurdistan-Irak darauf ver-pflichten, dass aus Deutschland geliefertes Material aus-schließlich im Kampf gegen den IS einzusetzen ist . Dasist für uns eine unabdingbare Kondition . Wir haben auchimmer wieder Wert darauf gelegt und nachgehakt, auchin diesem Fall, weil es uns natürlich genauso umtreibtwie Sie; da gibt es überhaupt keinen Zweifel . Ich binauch sehr froh, dass Sie diese Frage stellen;
denn diese Frage ist eine sehr grundsätzliche .Sie sagen, dass aus dem Video der Einsatz von zweiGewehren verifiziert werden konnte. Wir können nochnicht sagen, dass eine solche Verifikation möglich ist.Das Video wird noch einer genaueren Auswertung un-terzogen .Ich möchte Ihnen auch noch eine grundsätzliche Ant-wort geben . Es war gewiss keine einfache Entscheidunghier im Deutschen Bundestag, sich dieser Frage zu stel-len, ob wir vonseiten Deutschlands Material liefern . Wirhaben uns damals so entschieden, weil es um den Schutzder Jesiden ging . Jeder hier erinnert sich noch, welcheBedrohung es war, dass es darum ging, die Jesiden vordem Genozid zu bewahren, und wie sich der IS dieserMinderheit gezielt zugewandt hat, um sie systematischzu verfolgen und zu ermorden . Ich stehe zu dieser Ent-Jan van Aken
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scheidung, und die Bundesregierung steht zu dieser Ent-scheidung .
Vielen Dank . – Jetzt hat die Kollegin Höger das Wort .
Vielen Dank . – Auch ich habe eine Frage ans Auswär-
tige Amt .
Ende März beginnen in New York die Verhandlungen
im Rahmen der sogenannten humanitären Initiative zu ei-
nem Verbot und zur Ächtung von Atomwaffen . Die Bun-
desregierung hatte seinerzeit in den UN gegen den Ver-
such gestimmt, diese Initiative zu starten . Jetzt ist meine
Frage: Werden Sie die Verhandlungen begleiten und bei
den Verhandlungen anwesend sein?
D
Frau Kollegin, im Detail kann ich Ihnen darauf jetzt
nicht antworten, aber ich weiß, dass wir es hier schon
einmal erörtert haben und dass ich Ihnen dazu auch eine
Begründung gegeben habe . Wir können das gern noch
einmal konkretisieren .
Sie haben eine Antwort bekommen, Frau Höger . – Jetzt
ist die Kollegin Renner an der Reihe . An wen richten Sie
die Frage? Auch ans Auswärtige Amt, Frau Renner?
Ja, Frau Präsidentin, auch an Frau Staatsministe-
rin Böhmer . – Ich möchte gern noch einmal zu dem in
Rede stehenden Einsatz von deutschen Waffen durch die
Peschmerga zum Schaden der Jesiden zurückkommen
und ganz konkret fragen: Plant die Bundesregierung,
vor Ort selbst zu recherchieren, zum Beispiel indem sie
den Militärattaché aus Bagdad zu den Jesiden entsendet
und dann auch Informationen vor Ort einholt? Wird sie
sich also nicht nur ein Video anschauen oder hier von
KDP-Vertretern berichten lassen, sondern selbst mit den
Betroffenen reden und vor allem auch die Situation vor
Ort in Augenschein nehmen?
D
Ich glaube, Sie dürfen großes Vertrauen in die Bundes-
regierung haben, was die Frage angeht, wie wir uns um
dieses Thema kümmern; denn es ist für uns ganz zentral,
dass die Waffen so eingesetzt werden, wie es vereinbart
ist, das heißt im Kampf gegen den IS . Das haben wir auch
gegenüber dem Vertreter der Region Kurdistan-Irak hier
deutlich gemacht . Aber wir haben auch in Erbil nachge-
hakt . Wir werden uns nicht darauf beschränken, uns ein
Video anzuschauen – das haben wir auch nicht getan –;
denn diese Frage ist eine sehr ernste . Aber jeder hier im
Raum weiß auch, dass, als wir die Entscheidung damals
getroffen haben, wir, ich sage mal, die Dinge nicht mit
101-prozentiger Sicherheit klären konnten . Deshalb ha-
ken wir so deutlich nach, auch gegenüber dieser Regio-
nalregierung .
Vielen Dank . – Jetzt hat Uwe Kekeritz das Wort .
Danke schön . – Meine Frage bezieht sich auf Wirt-
schaftsverträge . Vielleicht erinnern Sie sich, dass wir
über zwei Jahre darüber diskutiert haben, ob die EPAs,
Economic Partnership Agreements, mit den afrikani-
schen Wirtschaftseinheiten hier im Hause ratifiziert wer-
den müssen oder nicht . Nach über zwei Jahren kamen
wir zu dem Ergebnis: Es muss ratifiziert werden. Jetzt
ist es so, dass die EPAs vorläufig in Kraft gesetzt worden
sind, wenn auch nicht mit allen Regierungen . Wir haben
beim Wissenschaftlichen Dienst und bei anderen Juris-
ten nachgefragt, ob auch ein Interimsabkommen ratifi-
ziert werden muss . Ich habe im November 2016 bei der
Regierung schriftlich nachgefragt . Als Antwort habe ich
erhalten: Es wird geprüft .
Jetzt sind stolze fünf Monate vorbei . Ich will wissen,
inwieweit Sie zu einem Ergebnis gekommen sind und ob
ein solches Interimsabkommen ratifiziert werden muss
oder nicht .
D
Herr Kollege Kekeritz, ich verstehe gut, dass Sie nach
fünf Monaten nachfragen . Ich bitte umgekehrt um Ver-
ständnis, dass ich Ihnen diese Frage nicht aus der Hand
beantworten kann . Selbstverständlich bekommen Sie so
schnell wie möglich eine Antwort .
Vielen Dank . – Jetzt der Kollege Mutlu .
Danke, Frau Präsidentin . – Meine Frage geht auch an
das Auswärtige Amt . In den türkischen Medien wird in
diesen Tagen eine absurde Behauptung aufgestellt; es
sind angeblich Zitate der türkischen Regierung . Dort
werden türkische Regierungsvertreter zitiert mit der ab-
surden Behauptung, die deutsche Auslandsvertretung
hätte den inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten
Deniz Yücel den türkischen Behörden übergeben, weil
er spioniert hätte . Ich würde gerne wissen, was Sie dazu
sagen . Wie wird man mit solch absurden Behauptungen
umgehen, die das deutsch-türkische Verhältnis sehr wohl
trüben, so wie hier, und nachhaltig schädigen könnten?
Frau Kollegin .Staatsministerin Dr. Maria Böhmer
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722016
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D
Danke . – Herr Kollege Mutlu, Sie haben sicherlich
verfolgt, dass die Bundesregierung diesen Spionagever-
weis sehr klar zurückgewiesen hat . Sie wissen, wie alle
hier im Raum – das betone ich noch einmal –, dass sich
der Journalist Yücel freiwillig gestellt hat . Es ist also kei-
ne Übergabe erfolgt .
Ich habe jetzt noch zwei Fragen . Ich setze niemanden
mehr auf die Redeliste . Eigentlich ist die Zeit schon ab-
gelaufen, aber wir haben heute ein bisschen Spielraum .
Jetzt kommen Herr van Aken und Herr Beck mit ihren
Fragen . Danach beenden wir die Regierungsbefragung . –
Bitte schön .
Vielen Dank . – Ich möchte noch einmal zu dem An-
griff auf die Jesiden möglicherweise mit deutschen Waf-
fen nachfragen . Es geht mir nicht um Geschichte . Es geht
mir nicht darum, was 2014 oder in den letzten zwei Jah-
ren richtig oder falsch war . Sie wissen, ich war gegen
diese Waffenlieferung, andere in der Linken waren dafür .
Das ist jetzt nicht meine Frage .
Meine Frage ist: Wenn Ihre eigene Untersuchung be-
stätigt, dass bei dem Angriff auf die Jesiden auch deut-
sche Gewehre aus Bundeswehrbeständen dabei waren –
Sie sagen ja gleichzeitig: es war immer klar festgelegt,
dass sie nur gegen den IS eingesetzt werden dürfen –,
dann ist das ein klarer Verstoß gegen diese Bedingung .
Was werden Sie dann tun? Werden Sie dann sofort mit
den Waffenlieferungen aufhören? Was werden Sie mit
der Bundeswehr im Irak tun? Werden Sie aufhören, wei-
ter auszubilden? Welchen Wert hat es, wenn Sie eindeu-
tig sagen: „Es gibt die klare Bestimmung: nur gegen den
IS und nichts anderes“? Und wenn dagegen verstoßen
wird, was passiert dann?
D
Herr van Aken, ich glaube, das Thema hat Sie nicht
nur heute umgetrieben, sondern es ist auch im Ausschuss
erörtert worden . Ich vermute, dass Sie das Thema immer
wieder aufgreifen . Uns treibt es auch um . Deshalb haken
wir so deutlich nach . Wir spüren das nicht nur in den Ge-
sprächen, sondern es wird uns auch sehr deutlich von der
Regionalregierung Kurdistan-Irak gesagt, dass man ge-
nau weiß, wie wichtig und wie sensibel dieses Thema und
diese Verpflichtung für die deutsche Seite sind. Das sage
ich als Parlamentarierin und nicht nur als Staatsministe-
rin, weil das für uns ein entscheidender Gesichtspunkt
war . Deshalb ist auch die Regionalregierung gehalten,
dies einzuhalten und zu überprüfen, und deshalb führen
wir die Gespräche und legen größten Wert darauf, dass es
in Zukunft auch weiter eingehalten wird . Das heißt auch,
dass wir den Kampf gegen den IS weiter unterstützen,
aber die Waffen entsprechend verwandt werden müssen .
Vielen Dank . – Jetzt abschließend der Kollege Beck .
Es ist im Wesentlichen eine Frage an das Bundeskanz-
leramt oder an das Bundesinnenministerium . Sie bezieht
sich auch auf die Vorgänge im Zusammenhang mit der
Türkei . Am 18 . Februar war unter anderem Ministerprä-
sident Yildirim in Oberhausen . Für die Veranstaltung in
Oberhausen wurde maßgeblich von Herrn Keskin von
der Diyanet mobilisiert, der das Schreiben mit der Auf-
forderung zur Auslandsspionage an die Generalkonsulate
der Republik Türkei versandt hat .
Ich wollte die Bundesregierung fragen, was sie über
den Aufenthalt von Herrn Keskin, dem Leiter der Abtei-
lung für Auslandsbeziehungen der Diyanet in Ankara,
in Deutschland im Rahmen des Aufenthalts von Herrn
Yildirim weiß und ob sie mit mir die Annahme teilt, dass
Herr Keskin selbstverständlich nicht die Immunität ge-
nießt, die womöglich der Ministerpräsident genießen
mag .
Wer antwortet seitens der Bundesregierung? – Herr
Staatssekretär Frings . – Krings!
D
Klingt besser . Genau .
Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege, ich kann Ihnen
dazu aktuell nichts sagen . Wir können das gerne recher-
chieren . Ich kann auch zum Status nichts sagen . Wenn
er nur die von Ihnen beschriebene Funktion hat, würde
ich mich auch sehr wundern, wie man da auf Immunität
kommen sollte . Ich kann aber zu der Person ad hoc hier
nichts sagen . Wir können die Informationen gerne bei-
bringen .
Ich wäre für eine schriftliche Unterrichtung sehr dank-
bar .
Vielen Dank . – Dann bedanke ich mich bei den Fra-gern, bei Herrn Bundesminister Gröhe, bei Frau Staats-ministerin und Herrn Staatssekretär Krings für dieBeantwortung der Fragen und schließe jetzt die Regie-rungsbefragung ab .Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:FragestundeDrucksache 18/11364 Ich rufe die mündlichen Fragen auf der Drucksache18/11364 in der üblichen Reihenfolge auf .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 2017 22017
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Zunächst kommen wir zum Geschäftsbereich desBundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau undReaktorsicherheit .Die Fragen 1 und 2 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhlwerden schriftlich beantwortet .Damit ist dieser Geschäftsbereich abgeschlossen .Damit kommen wir zum Geschäftsbereich der Bun-deskanzlerin und des Bundeskanzleramts . Für die Be-antwortung ist Herr Staatssekretär Klaus-Dieter Fritschehier .Ich rufe die Frage 3 der Abgeordneten Martina Rennerauf:Wie bewertet die Bundesregierung, dass der Bundesnach-richtendienst laut Medienberichten über mehrere Jahre hinwegJournalisten und Redaktionen überwacht haben soll?K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin, vielen Dank . – Frau Abgeord-
nete, ich gehe davon aus, dass Ihre Frage sich auf den
Spiegel-Artikel „Neue Dimension“ vom 25 . Februar
2017 bezieht .
Zunächst muss ich festhalten, dass ich dem Artikel
nicht entnehmen kann, dass dem BND der Vorwurf ge-
macht wird, er habe „über mehrere Jahre hinweg Journa-
listen und Redaktionen überwacht“, wie Sie das in Ihrer
Frage formulieren .
Ganz allgemein kann ich Folgendes sagen: Der Bun-
desnachrichtendienst sammelt nach § 1 Absatz 2 des
BND-Gesetzes „zur Gewinnung von Erkenntnissen über
das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer
Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die
erforderlichen Informationen und wertet sie aus .“ Die
Bundesregierung und auch der BND messen dabei der
Pressefreiheit große Bedeutung zu . Nachrichtendienstli-
che Maßnahmen, die Journalisten betreffen, sind daher
nicht die Regel, sondern die Ausnahme, bei der die Ver-
hältnismäßigkeit im Besonderen zu prüfen ist . Darüber
hinaus gelten im Bundesnachrichtendienst in diesen Fäl-
len weitere besondere Vorgaben .
Dass aber Journalisten nicht generell von staatlichen
Maßnahmen ausgenommen sind – und dies schließt auch
die Überwachung der Telekommunikation ein –, zeigt
sich an verschiedenen Stellen im Gesetz, etwa in § 3b
Absatz 2 des Artikel 10-Gesetzes . Nach diesem Para-
grafen sind bestimmte Zeugnisverweigerungsrechte,
zum Beispiel von Journalisten, bei Beschränkungsmaß-
nahmen nach § 3 des Artikel 10-Gesetzes im Rahmen
der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu
berücksichtigen . Der Gesetzgeber hat sich folglich aus-
drücklich dagegen entschieden, einen absoluten Schutz
der Kommunikation von Journalisten einzuführen; viel-
mehr hat er sich für eine entsprechende Berücksichtigung
im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ausgesprochen .
Vielen Dank . – Frau Kollegin Renner, Sie haben si-
cher eine Nachfrage . Bitte schön .
Frau Präsidentin, ja, die habe ich . – Herr Fritsche,
ich würde gerne wissen, inwieweit das Bundeskanzler-
amt als zuständige Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht im
Nachgang zu der Spiegel-Veröffentlichung geprüft und
insbesondere beim BND nachgefragt hat, ob die in Rede
stehenden Suchbegriffe, die sich wohl auf Redaktionen
im Ausland beziehen, im Rahmen von G-10-Anordnun-
gen gesteuert wurden oder ob es sich hier um eine ge-
zielte Steuerung zu bestimmten Sachverhalten handelt,
die dem Auftragsprofil des Bundesnachrichtendienstes
entsprechen, oder ob es dritte Gründe gab, die zu der
Steuerung dieser Ziele führten . Also: Was haben Sie seit
der Veröffentlichung unternommen, um zu klären, wie es
zu der Überwachung von Journalisten – ich würde es tat-
sächlich so nennen – gekommen ist?
K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Tatsächlich haben wir – und das ist für die Fach- und
Dienstaufsicht ganz selbstverständlich – beim BND
nachgefragt, was zu dem, was im Spiegel steht, zu sagen
ist . Wir sind derzeit noch bei der Prüfung . Sie wissen aus
dem 1 . Untersuchungsausschuss dieser Legislaturperi-
ode, dass es um die Selektoren der Nachrichtendienste
geht, und darüber kann nicht in öffentlicher Sitzung ge-
sprochen werden . Ich kann Ihnen aber zweierlei sagen:
Wir werden zum einen die dafür vorhandenen parlamen-
tarischen Gremien unterrichten – das ist selbstverständ-
lich –, und zum anderen bin ich gerne bereit, Ihnen eine
eingestufte Antwort über die Geheimschutzstelle des
Deutschen Bundestages zur Verfügung zu stellen .
Frau Kollegin Renner? – Bitte .
Ich habe noch eine zweite Nachfrage . – Sie sprachen
von besonderen Vorkehrungen, die über die Rechtslage
hinaus getroffen würden . Gibt es im Bundesnachrich-
tendienst eine schriftlich formulierte Weisungslage zum
Einsatz von Selektoren, die Journalistinnen oder Journa-
listen oder Presse- und Medienvertreter und -vertreterin-
nen betreffen? Wenn ja, würde ich darum bitten, dass uns
entsprechende Informationen gegebenenfalls auch über
den Weg der Geheimschutzstelle zugänglich gemacht
werden .
K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin gerne bereit, Ihnen das über die Geheimschutz-
stelle zur Verfügung zu stellen .
Jetzt hat der Kollege Ströbele noch eine Zusatzfrage .
Danke, Frau Präsidentin . – Das hat Herr Fritschewahrscheinlich schon erwartet .Vizepräsidentin Ulla Schmidt
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722018
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(D)
Manches kann man voraussehen .
Ja . – Mich interessiert zu den Selektoren, zu den Er-
kenntnissen, die im Spiegel veröffentlicht worden sind,
ob die Meldung, die der Spiegel herausgegeben hat, sich
auf Sachverhalte bezog, die der Bundesregierung zum
Zeitpunkt der Veröffentlichung schon bekannt waren .
Wenn ja: Wann war das, und wann fanden diese Ab-
höraktionen statt?
K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich gehe davon aus, dass Sie meinen, dass die aktuel-
le Veröffentlichung bzw . ihr Inhalt der Bundesregierung
vorher bekannt waren .
Das ist nach meiner Kenntnis nicht der Fall . Es ist viel-
mehr so – das habe ich auch der Abgeordneten Renner
gesagt –, dass wir, nachdem wir das gehört haben, beim
BND nachgefragt haben und die entsprechenden parla-
mentarischen Gremien darüber unterrichten werden .
Vielen Dank . – Herr van Aken .
Herr Fritsche, mich würde interessieren, ob Sie, je-
mand im BND oder jemand in der Bundesregierung ei-
gentlich mal auf die Betroffenen zugegangen ist, also so-
wohl auf die, die direkt überwacht worden sind, aber auch
auf die Redaktionen von Washington Post, von Reuters
und von der BBC, um mit ihnen zu erörtern, wann, wa-
rum, wie und mit welchem Ergebnis die Überwachung
stattgefunden hat und wann sie eingestellt worden ist .
Denn auf der Seite der Journalisten gibt es wahrschein-
lich eine große Verunsicherung .
K
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zunächst einmal: Ich habe bereits der Abgeordneten
Renner gesagt, dass wir derzeit noch prüfen, was an dem
Sachverhalt dran ist – da scheint manches historisch
sehr weit zurückzuliegen –, und dass es vor dem Hinter-
grund – das ist Frau Abgeordneter Renner ja bekannt –,
dass es im Bundesnachrichtendienst aus anderer Tätig-
keit gespeichert worden ist, von uns noch aufgeklärt wer-
den muss .
Zum anderen Teil Ihrer Frage . Wenn wir das aufgeklärt
haben, dann werden wir natürlich nur allgemein – so wie
ich es vorhin in der Antwort gesagt habe: dass es nicht
einen generellen Schutz der Kommunikation von Jour-
nalisten gibt; nicht einmal im G 10-Gesetz, das der Ge-
setzgeber hier in diesem Haus verabschiedet hat – dazu
Stellung nehmen können, aber niemals zu Einzelfällen;
dafür gibt es die Berichterstattung gegenüber den dafür
zuständigen Gremien . Das ist notwendig und richtig .
Vielen Dank . – Damit gibt es zu dieser Frage keine
Nachfragen mehr .
Die Kollegin Renner hat aber noch die Frage 4 ge-
stellt:
Wie will die Bundesregierung verhindern, dass dies auch
künftig ständige Praxis des Bundesnachrichtendienstes bleibt?
Bitte schön . – Oder waren Sie mit allem, was geant-
wortet worden ist, schon zufrieden? – Das ist auch mal
was Neues . Gut .
Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Auswär-
tigen Amtes .
Die Frage 5 des Kollegen Movassat wird schriftlich
beantwortet .
Wir kommen zur Frage 6 der Abgeordneten
Dr . Franziska Brantner:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus
dem am 1 . März 2017 veröffentlichten Bericht der UN-Un-
tersuchungskommission über Kriegsverbrechen der syrischen
Bitte schön, Frau Staatsministerin Böhmer .
D
Danke, Frau Präsidentin . – Ich darf Ihnen wie folgt
antworten, Frau Kollegin Brantner: Der jüngste Bericht
der unabhängigen Untersuchungskommission des Men-
schenrechtsrats der Vereinten Nationen zu Syrien über
die Eroberung von Aleppo im Herbst 2016 ist erschüt-
ternd .
Es wird ein weiteres Mal eindeutig dokumentiert, mit
welcher Brutalität und Rücksichtslosigkeit insbesondere
das syrische Regime und seine Verbündeten vorgehen .
Damit wird erneut unterstrichen, wie dringlich die
Beendigung dieser gravierenden Verletzungen der Men-
schenrechte und des humanitären Völkerrechts ist und
wie wichtig es ist, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen .
Die Bundesregierung wird sich daher weiterhin so-
wohl in den internationalen Foren und in politischen
Gesprächen als auch in der Zusammenarbeit mit zustän-
digen Organen der Vereinten Nationen, die Ihnen be-
kannt sind, und durch die Unterstützung dieser Organe
mit Nachdruck dafür einsetzen, dass diese Ziele erreicht
werden .
Dafür ist es auch wichtig, die Verhandlungen in Genf
fortzusetzen und dabei schnell in Substanzgespräche ein-
zusteigen .
Frau Kollegin Brantner .http://www.tagesschau.de/ausland/syrien-un-bericht-kriegsverbrechen-101.htmlhttp://www.tagesschau.de/ausland/syrien-un-bericht-kriegsverbrechen-101.html
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(D)
Danke für die Antwort . – Ich habe noch eine Rückfra-ge . Es gab ja vor allen Dingen mit Blick auf den Einsatzder Chemiewaffen auch Sanktionsversuche durch denSicherheitsrat der Vereinten Nationen, die am Veto vonRussland und China gescheitert sind . Daher meine Nach-frage, inwieweit Sie als Bundesregierung vorhaben, diesauch im Rahmen der Generalversammlung zu diskutie-ren und dort mögliche Sanktionen voranzubringen .D
Frau Kollegin Brantner, ich war auch sehr erschüttert .
Hier geht es ja um Chlorgas, das nicht unter die zu ver-
nichtenden Chemiewaffen fällt . Man lernt immer noch
dazu . – Aber die Wirkung von Chlorgas ist ebenfalls ka-
tastrophal .
Wir haben leider hinnehmen müssen, dass eine ent-
sprechende UN-Resolution durch Russland und China
verhindert worden ist . Aber ich kann Ihnen versichern:
Wir bleiben am Ball .
Auch auf EU-Ebene geht es um die Verschärfung
möglicher Sanktionen . In Bezug darauf, inwieweit das
wirklich etwas ändert, habe ich zwar meine Zweifel, wie
ich gestehen muss . Ich glaube aber, dass wir an dieser
Stelle trotzdem nicht lockerlassen dürfen und das auf al-
len Ebenen der Politik und in allen Gremien brandmar-
ken müssen .
Vielen Dank . – Frau Kollegin Brantner, sind Sie zu-
frieden? – Sie haben noch eine Frage .
Sie haben gerade gesagt, dass Sie sich nicht sicher
sind, ob das etwas bringt . Eigentlich gibt es ja ein Che-
miewaffenabkommen . Chlorgas fällt allerdings nicht
darunter . Inwieweit arbeiten Sie daran, das zu erweitern
und Chlorgas dort eindeutig mit hinzuzufügen?
D
Das scheint mir von der rechtlichen Möglichkeit der
Kategorisierung her schwierig zu sein . Deshalb habe ich
in den Diskussionen, die wir auch im Auswärtigen Amt
führen, den Blick noch einmal besonders auf die Frage
gerichtet – darauf bezog sich dann auch meine Anmer-
kung –, ob eine Verschärfung der Sanktionen möglich
ist und ob andere Sanktionsmöglichkeiten auf EU-Ebene
weitergeführt werden können . Das wird derzeit geprüft .
Meine Zweifel, die ich eben anmerkte, bezogen sich
auf die Sanktionen . Wie Sie wissen, haben wir jetzt
schon sehr zahlreiche und auch verschärfte Sanktionen .
Sie führen nicht zu dem Ergebnis, das Sie sich wünschen,
das wir anstreben und das wir uns alle erhoffen .
Meines Erachtens müssen wir deshalb alles daranset-
zen – unabhängig von der Frage, ob es gelingt, weitere
Verbote bzw . weitere Verschärfungen herbeizuführen –,
dass dieser so mühselige Prozess, der jetzt in Genf wie-
der in Gang gekommen ist, fortgesetzt wird und dass sub-
stanzielle Fragen dann auch miteinander erörtert werden .
Es geht um die Menschen und deren Schicksal . Und das,
was sich dort abspielt, ist grauenhaft .
Vielen Dank . – Wir haben noch eine Zusatzfrage des
Kollegen van Aken . Bitte schön .
Dieser UN-Bericht ist ja eindeutig: Einige der Che-
miewaffeneinsätze in Syrien werden dem sogenannten
IS zugewiesen, andere eindeutig dem Regime . – Jetzt
befindet sich das Regime ja in dem Prozess zum Beitritt
zur Chemiewaffenkonvention . Meine Frage lautet: Wel-
che Auswirkungen hat das eigentlich im Exekutivrat der
OVCW? Was passiert dort? Wird das dort thematisiert?
Wird der Beitritt Syriens bzw. die Ratifizierung der Che-
miewaffenkonvention durch Syrien infrage gestellt?
Welche Konsequenzen hat das dort?
D
Herr Kollege van Aken, das habe ich vor dieser Fra-
gestunde nicht abgeklopft; aber ich teile Ihnen das gerne
mit .
Vielen Dank . – Die Frage 7 des Abgeordneten Omid
Nouripour, die Fragen 8 und 9 des Abgeordneten Özcan
Mutlu sowie die Fragen 10 und 11 der Abgeordneten
Tabea Rößner werden schriftlich beantwortet .
Ich rufe die Frage 12 der Abgeordneten Inge Höger
auf:
In welcher Form hat die Bundes-
kanzlerin im Rahmen ihres Besuches in Ägypten die ägypti-
sche Regierung vor dem fortgesetzten Abbau von Menschen-
rechten durch die vom Machthaber Abdel Fattah el-Sisi zu
unterzeichnende Nichtregierungsorganisationsgesetzgebung
Deutschland und Ägypten?
Bitte schön, Frau Staatsministerin . Sie sind heute sehr
gefragt .
D
Ja, das sind ja auch politische Fragen, die uns alle der-zeit sehr intensiv bewegen . – Frau Kollegin Höger, ichdarf Ihnen wie folgt antworten: Bei ihrem Besuch in Kairohat die Bundeskanzlerin Dr . Angela Merkel die Lage derMenschenrechte und der Zivilgesellschaft in Ägypten alszentrales Thema angesprochen . Ein Schwerpunkt ihrerGespräche lag auf der Situation der deutschen politischenStiftungen, die selbst und über ihre lokalen Partner einenwichtigen Beitrag zur Demokratieförderung, zur politi-schen Partizipation und zum zivilgesellschaftlichen En-gagement leisten . Gespräche mit Menschenrechtsaktivis-tinnen und -aktivisten und Vertreterinnen und Vertretern
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der Zivilgesellschaft waren wesentlicher Bestandteil desProgramms .Über den Entwurf eines neuen NGO-Gesetzes ist dieBundesregierung besonders besorgt . Das Gesetz schränktdie Freiheiten der Zivilgesellschaft in Ägypten in emp-findlicher Weise ein. Auch die Bundeskanzlerin hat denEntwurf eines neuen NGO-Gesetzes gegenüber Staats-präsident el-Sisi angesprochen . Sie hat insbesondereauf die Bedeutung hingewiesen, die wir freien Medien,Rechtsstaatlichkeit, politischen Mitwirkungsrechten undeiner aktiven Zivilgesellschaft für eine gute Entwicklungund die Stabilität des Landes beimessen . Sie hat auchbessere Arbeitsmöglichkeiten für Menschenrechtsorga-nisationen und NGOs gefordert und dabei auch konkreteFälle angesprochen .Im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit habenDeutschland und Ägypten am 11 . Juli 2016 ein Sicher-heitsabkommen unterzeichnet . Es dient dazu, die Zusam-menarbeit der zuständigen Behörden insbesondere beider Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität unddes Terrorismus zu verbessern und dadurch die innere Si-cherheit beider Staaten zu erhöhen . Das Abkommen istbislang noch nicht in Kraft getreten . Darüber hinaus un-terstützt Deutschland Ägypten durch Einzelmaßnahmenim Bereich der polizeilichen Aufbau- und Ausstattungs-hilfe .Die militärische Zusammenarbeit mit Ägypten be-schränkt sich auf das Angebot von Lehrgangsplätzenin Deutschland im Rahmen der militärischen Ausbil-dungshilfe . Für 2017 sind unter anderem ein Erfahrungs-austausch im Bereich der Bekämpfung improvisierterSprengfallen, ein Seminar zur inneren Führung sowieInformationsbesuche beim ägyptischen Sanitätsdienstvorgesehen .
Frau Kollegin Höger, Sie haben bestimmt eine Nach-
frage .
Ja . – Vielen Dank, Frau Staatsministerin . Ich habe eine
Nachfrage zu einer konkreten NGO . Das ägyptische Al
Nadeem Center, ein Menschenrechtszentrum für Folter-
opfer, das allein für Februar die Tötung oder Ermordung
von 107 Menschen festgestellt hatte, wurde inzwischen
geschlossen . Hat die Bundeskanzlerin nachgefragt, wie
diese NGO weiterarbeiten kann, weil sie eine sehr wich-
tige menschenrechtspolitische Arbeit leistet?
D
Ich verstehe, dass Sie danach fragen . Solche Gesprä-
che werden in der Regel vertraulich gehandhabt; aber ich
darf Ihnen sagen, dass die Bundeskanzlerin auch sehr
konkret nachgefragt hat .
Eine weitere Zwischenfrage?
Ich hätte noch eine Nachfrage zu dem Sicherheitsab-
kommen bzw . der bisherigen Zusammenarbeit mit der
Polizei . Das ägyptische Regime ist ja für Folterungen
im Gefängnis und andere schwere Menschenrechtsver-
letzungen bekannt . Wie können Sie ausschließen, dass
die Polizei, die Sie mit ausbilden, an solchen Menschen-
rechtsverletzungen beteiligt ist?
D
Das ist eine Frage, die uns im Vorfeld des Abkommens
natürlich schon sehr bewegt hat und die für alle Sicher-
heitsabkommen gilt . Wir werden ja nachher über Tunesi-
en sprechen . Daher darf ich Ihnen sagen: Wenn Sie diese
Fragen auch bezogen auf Tunesien haben, werde ich sie
in gleicher Weise beantworten .
Das Sicherheitsabkommen mit Ägypten – analog
Tunesien – sieht vor, dass die Zusammenarbeit der Ver-
tragsparteien in allen Bereichen nach den Maßgaben ih-
res jeweiligen innerstaatlichen Rechts erfolgt . Das heißt,
es enthält eine allgemeine Vorbehaltsklausel zur Ableh-
nung der Zusammenarbeit, wenn diese in Widerspruch
zum innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei steht .
Eine Anwendung des Vertrags ist also bei drohenden
Menschenrechtsverletzungen ausgeschlossen .
Vielen Dank . – Wir kommen dann zur Frage 13 der
Abgeordneten Inge Höger:
Tunesien?
Bitte schön, Frau Staatsministerin .
D
Danke schön, Frau Präsidentin . – Ich darf Ihnen wiefolgt antworten: Im September 2016 hat die Bundesre-gierung ein Sicherheitsabkommen mit Tunesien unter-zeichnet . Das Abkommen ist bislang noch nicht in Kraftgetreten . Es dient dazu, die Zusammenarbeit der zustän-digen Behörden insbesondere bei der Bekämpfung dergrenzüberschreitenden Kriminalität und des Terrorismuszu verbessern und dadurch die innere Sicherheit beiderStaaten zu erhöhen .Zudem ist Tunesien eines von fünf Schwerpunktlän-dern der im Jahr 2016 erstmals aufgelegten Ertüchti-gungsinitiative . Im Jahr 2016 wurden Projekte im Wertvon 17,5 Millionen Euro durchgeführt . Für 2017 sindProjekte im Wert von 30,7 Millionen Euro geplant . Beiden Projekten geht es unter anderem um die Sicherungder Grenzen zu Libyen, um die Grenzpolizei und den Po-lizeiaufbau allgemein . Ich kann Ihnen auch die Beträgenennen: im ersten Fall 16 Millionen Euro, im zweiten2,1 Millionen Euro und im dritten 0,5 Millionen Euro .Tunesien ist auch Schwerpunktland des 2017 anlauf-enden vierjährigen Programms zur polizeilichen Ausbil-dungs- und Ausstattungshilfe . Das Projektvolumen fürStaatsministerin Dr. Maria Böhmer
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Tunesien beträgt allein 2017 circa 2,7 Millionen Euro .Die Schwerpunkte sind Grenzmanagement, Aus- undFortbildung, Führungsmanagement und kriminalpolizei-liche Spurensicherung .Zudem werden seit 2004 im Rahmen bilateraler Jah-resprogramme zahlreiche Kooperationsmaßnahmendurchgeführt . Das Programm 2017 beinhaltet unter an-derem Maßnahmen zum Kampf gegen improvisierteSprengfallen, zur allgemeinen Stabsoffiziersausbildung,zur Seeraum- und Küstenüberwachung sowie ein Semi-nar zu Streitkräften in der Demokratie .Tunesien erhält schließlich seit 1972 militärische Aus-bildungshilfe . Bisher schlossen 400 tunesische Soldateneine Ausbildung in Deutschland erfolgreich ab . Schwer-punkt ist die Technikerausbildung .In Tunesien wurde ein Polizeiprojektbüro eingerich-tet . Inhaltliche Schwerpunkte liegen auf dem Grenzma-nagement, der Aus- und Fortbildung, der Dokumenten-und Urkundensicherheit, der maritimen Sicherheit, derSchulpartnerschaften, dem Sachbeweis und der Ausbil-dung von Führungskräften . Zudem gibt es ergänzendeAusstattungshilfen .
Vielen Dank . – Frau Kollegin Höger, Ihre Nachfrage .
Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort . – Ich
habe eine Nachfrage zu der sogenannten Ertüchtigungs-
initiative . In diesem Rahmen sind der tunesischen Re-
gierung elektronische Grenzüberwachungsanlagen ge-
schenkt worden . Die Firma Airbus, die diese Anlagen
installiert hat bzw . herstellt, bewirbt die Anlagen auf ihrer
Webseite als besonders zur Migrationskontrolle geeignet .
Geht es Ihnen im Rahmen dieser Ertüchtigungs initiative
um Unterstützung der Grenzsicherung, oder geht es Ih-
nen vorrangig um die Begrenzung von Migrationsbewe-
gungen?
D
Bei der Ertüchtigungsinitiative – das habe ich Ihnen ja
gesagt – geht es um die Sicherung der Grenze zu Libyen,
die Grenzpolizei und den Polizeiaufbau allgemein .
Eine weitere Nachfrage?
Sie haben im Rahmen der militärischen Grenzüberwa-
chung in Tunesien den Aufbau von Polizeistationen ent-
lang der Grenze zu Libyen gefördert und monetisiert . In-
zwischen plant die Europäische Union, an der libyschen
Grenze ein Flüchtlingslager für aus der EU Abgeschobe-
ne aufzubauen . Steht das miteinander in Verbindung, und
welche Überlegungen stellt die Bundesregierung zu dem
Bau dieses Flüchtlingslagers an?
D
Ein solcher Zusammenhang ist mir nicht bekannt .
Da die Kollegin Dağdelen um schriftliche Beantwor-
tung der Frage 14 gebeten hat, Frau Staatsministerin, be-
danke ich mich bei Ihnen für die Beantwortung der Fra-
gen . Wir schließen diesen Geschäftsbereich ab .
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums des Innern auf . Zur Beantwortung steht der Parla-
mentarische Staatssekretär Dr . Günter Frings – – Krings
zur Verfügung .
– Das war eine Freud’sche Fehlleistung .
– Man denkt eben immer ans Fringsen, weil es ja um das
Innere geht .
Die Frage 15 der Kollegin Britta Haßelmann wird
schriftlich beantwortet .
Ich rufe die Frage 16 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:
Warum beantwortet die Bundesregierung den zweiten
Teil meiner schriftlichen Frage 13 auf Bundestagsdrucksa-
che 18/11220 nicht, der lautete, warum die im Gemeinsamen
Terrorismusabwehrzentrum am 2 . November 2016
vereinbarte Prüfung der Erkenntnisse durch das Bundesamt
für Verfassungsschutz beim marokkanischen Nachrich-
tendienst vollständig unterblieb, und wer hat diese Nichterfül-
Mitteilungen aus Marokko vom 19 . September, 11 . Oktober,
13 . Oktober, 26 . Oktober 2016 mit Erkenntnissen zu deutsch-
landfeindlichen Äußerungen Anis Amris, zu einem Projekt,
das er ausführt, und zu IS-Anhängern in Berlin, bei denen er
unterkommt, zu prüfen, veranlasst bzw . zu verantworten?
D
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Es ist schon richtig:Das Innenministerium ist ja sowohl das Sicherheits- alsauch das Kirchenministerium . Insofern kann sich bei„Frings“ der doppelte Vergleich schon anbieten . Auch alsProtestant betrachte ich das als durchaus ehrbaren Ver-sprecher .Lieber Herr Kollege Ströbele, die Antwort auf IhreFrage ist nicht, wie Sie unterstellen, unterblieben . Sieist im Kontext der Antwort sehr wohl zu verstehen . DerVollständigkeit halber gebe ich diese gern noch einmalwieder, um Missverständnisse, die Sie angesprochen ha-ben, auszuräumen .Bei den Meldungen des marokkanischen Nachrich-tendienstes handelte es sich um Erkenntnisanfragen . Inder Regel werden mit einer Erkenntnisanfrage natürlichStaatsministerin Dr. Maria Böhmer
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722022
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auch Erkenntnisse übermittelt . So war es auch hier . NachAbwägung des Informationsinteresses im GTAZ, alsoim Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum, wurdezunächst eine Erkenntnisanfrage an einen anderen Nach-richtendienst gestellt, um die Informationen weiter an-zureichern oder bewerten zu können . Dies geschah nichtzuletzt, weil die Mitteilungen nach einer gemeinsamenBewertung der Sicherheitsbehörden keine konkretisie-renden Informationen enthielten und für eine weiter ge-hende Gefährdungsbewertung nicht geeignet waren .Diese Vorgehensweise ist nicht unüblich, sondern re-gelmäßige Praxis . Die Überprüfung von Informationenausländischer Partner ist nachrichtendienstliches Tages-geschäft; das wissen Sie als langjähriger Kontrolleur .Dabei obliegt die Art der Vorgehensweise natürlich demNachrichtendienst, hier dem Bundesamt für Verfassungs-schutz . Das BfV hat die Informationen in diesem Fallvorerst über Dritte bewerten lassen . Diese Vorgehenswei-se entspricht, wie bereits ausgeführt, zu Recht und mitguten Gründen der gängigen Praxis . Weitere, vor alleminhaltliche Angaben zur Arbeit der Nachrichtendienstekann ich in diesem Rahmen aus den Ihnen bekanntenGründen natürlich nicht machen .
Vielen Dank . – Herr Kollege Ströbele, ich sehe, Sie
sind nicht zufrieden . Sie haben die Gelegenheit zu zwei
Nachfragen .
Herr Staatssekretär, Sie drücken sich weiter . Ich habe
Ihnen doch vorgehalten – das können Sie auch nachle-
sen –, dass in der Chronologie unter dem 2 . November
2016 der Satz steht: „Bundesamt für Verfassungsschutz
prüft“, und zwar nicht irgendwo, bei irgendwem, son-
dern bei marokkanischen Behörden . Dabei geht es um
die Meldungen, die da gekommen sind . Das andere, was
Sie sagen, stimmt ja alles . Aber dieser Prüfauftrag, der
eindeutig und klar ist, wurde nicht ausgeführt . Dazu habe
ich die Frage gestellt: Warum nicht, und wer hat das ent-
schieden?
D
Lieber Herr Kollege, ich habe doch gerade ausge-
führt, dass die Überprüfung – unabhängig davon, was
ursprünglich im GTAZ angedacht worden ist –
natürlich auf eine solche Art und Weise durchgeführt
werden muss, dass sie etwas bringt, dass sie zielführend
ist, dass die Informationen dadurch wirklich werthaltiger
werden . Die Fachleute im entsprechenden Dienst waren
offenbar nicht der Auffassung, dass dies der richtige Weg
ist, und haben einen anderen Weg eingeschlagen, der
erfolgversprechender war . Das war gut so, weil sie das
fachlich natürlich eher bewerten können als eine Gruppe,
die vielleicht nicht so sehr im operativen Geschäft tätig
ist .
Herr Ströbele, die zweite Nachfrage .
Das befriedigt mich überhaupt nicht . – Sie sagen, die
Fachleute haben das gemacht . Aber warum werden im
GTAZ als Adressat dieser Prüfung ganz eindeutig die
marokkanischen Behörden genannt? Es stimmt auch
nicht, dass diese Meldungen oder Erkenntnisse, die der
eigenen Anfrage beigefügt waren, nichts Neues erbracht
hätten . Da war sensationell Neues dabei, zum Beispiel,
dass Amri ein Projekt ausführt . Da müssen doch – es geht
schließlich um einen Höchstgefährder – alle Alarmglo-
cken klingeln: Was ist das für ein Projekt, wo haben die
das her, und was kann das bedeuten? – Vielleicht ging
es bei diesem Projekt um den Anschlag auf dem Weih-
nachtsmarkt in Berlin . Man konnte doch nur bei den ma-
rokkanischen Behörden herausbekommen, was das zu
bedeuten hat und woher das stammt . Warum haben Sie
das nicht gemacht?
D
Herr Kollege, natürlich hat man diese Hinweise ernst
genommen . Gerade deshalb hat man den Weg gewählt,
der die bestmögliche Klärung versprach, und das war
eben der Weg, den man hier aus fachlicher Sicht einge-
schlagen hat .
Ich rufe die Frage 17 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:
Welche Angaben macht die Bundesregierung zu Inhalt und
Herkunft der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden des Bun-
des, Bundesnachrichtendienst, BfV, Bundeskriminalamt, aus
den beiden libyschen Telefonnummern, die im Februar 2016
gung bis zum Anschlag in Berlin am 19 . Dezember 2016, und
welche Informationen aus Erkenntnissen zu den libyschen Te-
lefonnummern hat sie nicht nur an Tunesien im Februar 2016,
wie ausweislich des Protokolls der Parlamentarische Staatsse-
kretär Dr . Günter Krings in der Fragestunde vom 15 . Februar
2017 in der Antwort auf meine Frage 22 behauptete, sondern
bis zum 19 . Dezember 2016 auch an andere ausländische Be-
Herr Staatssekretär .
D
Ja, sehr gerne . – Frau Präsidentin! Lieber Herr Kolle-ge! Meine Damen und Herren! Wie ich der Fragestellungentnehmen kann, gibt es zu dem Komplex der libyschenRufnummern ganz offenbar einen andauernden Infor-mationsbedarf . Ich komme dem gerne nach und will dasnoch einmal zusammenhängend in einigen Sätzen dar-stellen .Parl. Staatssekretär Dr. Günter Krings
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 2017 22023
(C)
(D)
Bei Anis Amri wurde im Februar 2016 im Zuge ei-ner Personenkontrolle im Zentralen Omnibusbahnhofin Berlin ein mitgeführtes Mobiltelefon aufgrund einer INPOL-Ausschreibung zur Eigentumssicherung sicher-gestellt und durch das Landeskriminalamt Berlin mit Un-terstützung des Landeskriminalamtes Nordrhein-West-falen ausgewertet . Die Auswertung des Mobiltelefonsergab keine Hinweise auf Anschlagsplanungen odersonstige Straftaten . Im GTAZ wurden im Februar 2016die bis dahin vorliegenden Erkenntnisse zu Amri aus-getauscht und die weitere Vorgehensweise abgestimmt .Die Zuständigkeit zur Gefahrenabwehr lag beim Lande-skriminalamt Berlin . Das Bundeskriminalamt wurde inAmtshilfe um Sicherung der Inhalte des sichergestelltenMobilfunkgerätes gebeten .Durch das Bundeskriminalamt wurden daraufhin imRahmen der Auswertung und der Zentralstellenfunktionim Februar 2016 zwei libysche Kontaktrufnummern desAmri an Tunesien übermittelt . Die tunesischen Behördenwurden gebeten, zu prüfen, ob zu Anis Amri, den genutz-ten Alias-Personalien sowie den genannten libyschen Te-lefonnummern Erkenntnisse vorliegen . Dabei haben alledurchgeführten Abklärungen zu den in Rede stehendenRufnummern keinen Tatzusammenhang ergeben .Das sind alle vorliegenden Informationen aus der Be-fassung der Sicherheitsbehörden zum Fall Amri im Zu-sammenhang mit den libyschen Rufnummern, die ichIhnen hier auf diesem Weg mitteilen kann .Ich kann inzwischen erkennen, dass Ihre Frage auchauf die Arbeit und den Umgang der Nachrichtendiens-te abzielt . Hierzu kann ich Ihnen aber – das wissen Sieja bestens – aus Gründen des Staatswohls keine offenenAngaben machen; denn dies würde die Arbeit der Nach-richtendienste gefährden und gegen die Ihnen bekannte„Third Party Rule“ verstoßen . Dennoch können Sie ge-wiss sein, dass alle Informationen hierzu bereits ausführ-lich – und die Unterlagen im Original – der Task Forcedes Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Verfügunggestellt worden sind . Insofern empfehle ich gerade Ih-nen eine Einsichtnahme in diese Unterlagen in dem dafürvorgesehenen Gremium . Sie haben ja als Mitglied dieMöglichkeit, das zu tun .
Herr Kollege Ströbele .
Danke, Frau Präsidentin . – Ich würde ja gerne alle
Akten einsehen, wenn sie da wären . Darum geht es jetzt
aber nicht .
Sie behaupten, dass – die Nachrichtendienste lassen
wir einen Augenblick beiseite – das Bundeskriminalamt
und die LKAs keine anderen Erkenntnisse über den In-
halt der Telefonate und über den sonstigen Informations-
austausch, der mittels der Handys vorgenommen wurde,
haben . Gab es also keine Informationen beim BKA oder
bei den LKAs? Und warum teilen Sie sie hier nicht mit,
wenn es welche gegeben hat?
D
Ich habe geschildert, wann welche Informationen
he rausgegangen sind, und Sie haben jetzt noch einmal
intensiv nachgefragt; das verstehe ich auch . Ich habe
dargelegt, dass das Bundeskriminalamt erst nach dem
Vorfall Informationen an andere Dienste, die Sie hier an-
gesprochen haben, weitergegeben hat .
Herr Ströbele, noch eine weitere Nachfrage?
Ja . – Gibt es außer den beiden Handys noch andere
Handys, die bei Amri gefunden worden sind und libysche
Telefonnummern enthielten?
D
Lieber Kollege, das kann ich Ihnen aus dem Stegreif
nicht beantworten . Mir sind darüber keine Kenntnisse
zugetragen worden . Ich kann das gerne noch einmal ab-
klären .
Vielen Dank . – Die Frage 18 des Kollegen Dr . André
Hahn, die Fragen 19 und 20 des Kollegen Andrej Hunko,
die Frage 21 der Kollegin Sevim Dağdelen und die Fra-
ge 22 der Kollegin Beate Walter-Rosenheimer werden
schriftlich beantwortet .
Dann kommen wir zu Frage 23 des Abgeordneten
Volker Beck:
In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesre-
gierung in den Jahren 2016 und 2017 Staatsangehörigen aus
se erfolgten Taufe und der fortbestehenden Mitgliedschaft in
einer christlichen Kirche die Abschiebung angedroht, und in
D
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege Beck,
Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Bun-
desregierung nicht vor . Derartige Sachverhalte werden
weder im Ausländerzentralregister noch in der Asyl-
geschäftsstatistik des Bundesamts für Migration und
Flüchtlinge noch in den Statistiken der Bundespolizei
gesondert erfasst .
Herr Kollege Beck, Sie haben die Möglichkeit, nach-zufragen .Parl. Staatssekretär Dr. Günter Krings
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722024
(C)
(D)
Es ist bedauerlich, dass ich offensichtlich mehr weiß
als die Bundesregierung; aber das kann ja mal vorkom-
men .
D
Ich bin gespannt, was Sie uns so erzählen können .
Da Sie hier ja schon als Kardinal Frings tituliert wur-
den, hoffe ich, dass Sie auch ein gewisses Maß an Em-
pathie für verfolgte Christen aus Ländern mitbringen, wo
auf Apostasie die Todesstrafe steht . – Mir sind zwei Fälle
von getauften Iranern aus dem Kirchensprengel Soest
bekannt, die nach ihrer Taufe in der evangelischen Kir-
che – das ist nicht irgendein obskurer Klub – Abschiebe-
androhungen bekommen haben . Ich möchte Sie fragen,
ob Sie mit mir der Auffassung sind, dass man getaufte
Christen, denen man Apostasie vorwerfen kann, nicht in
Länder zurückschicken kann, in denen dies unter Todes-
strafe steht .
D
Frau Präsidentin, vielleicht sollten wir für alle anderen
noch einmal erklären: Apostasie ist – jedenfalls in diesem
konkreten Fall – der Abfall vom Islam .
Das steht in manchen Ländern unter Strafe, bis hin zur
Androhung von Strafen entsprechend einem Kapitalver-
brechen . Es gibt hier aber erfreulicherweise positive Ent-
wicklungen . Dabei denke ich an die neuesten Nachrich-
ten aus Marokko, wo man offenbar von der Ächtung der
Apostasie abrückt . Sie ist allerdings in der Tat in vielen
Ländern ein sehr ernster Vorwurf .
Man muss sich jetzt das ganze Verfahren anschauen:
Den Entscheidern des Bundesamts für Migration und
Flüchtlinge liegen für die Prüfung der Asylanträge von
zum Christentum konvertierten Antragstellern immer
umfangreiche Informationen auch über die Lage in den
Herkunftsländern vor, also ob dort die freie Ausübung
des Christentums möglich ist oder nicht und welche
Sanktionen drohen . Ist der Antragsteller getauft worden,
hat die Kirche zuvor bereits die Ernsthaftigkeit des Glau-
bensübertritts geprüft; davon gehen wir jedenfalls aus .
Dies wird nach Mitteilung des Bundesamts für Migra-
tion und Flüchtlinge von ihm auch nicht infrage gestellt
und erneut geprüft . Das Bundesamt prüft im Rahmen des
Asylverfahrens vielmehr, ob christlichen wie auch allen
anderen Antragstellern bei Rückkehr in ihr Herkunfts-
land wegen ihres Glaubens Verfolgung droht . Dies gilt
gleichermaßen für Antragsteller, die bereits in ihrem
Herkunftsland Christen waren – das gibt es ja auch –,
wie auch für Konvertiten, die in Deutschland zum christ-
lichen Glauben übergetreten sind . Im Rahmen der per-
sönlichen Anhörung – die, glaube ich, sehr wichtig ist –
prüft das BAMF darüber hinaus im Einzelfall, wie der
Antragsteller seinen Glauben in Deutschland lebt, um
daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können, wie er sich
bei seiner Rückkehr ins Herkunftsland voraussichtlich
verhalten wird und ob daraus konkret eine Verfolgungs-
gefahr entsteht .
Herr Kollege Beck .
So weit, so bürokratisch . – Mir geht es ganz konkret
um Personen . Wir sind uns sicher einig, dass im Iran
Menschen, die im Christentum aufgewachsen sind, in
der Regel keiner Verfolgung ausgesetzt sind, zumindest,
wenn sie den etablierten orthodoxen oder katholischen
Kirchen angehören . Bei Protestanten sieht das aber schon
anders aus, und gänzlich anders sieht es bei Konvertier-
ten aus . Teilen Sie mit mir die Auffassung, dass wir keine
hier getauften Christen in den Iran zurückschicken kön-
nen, weil ihnen dort ansonsten die Todesstrafe droht?
D
In bestimmten Ländern – Sie haben eben eines ge-
nannt – –
– Ich will versuchen, darauf zu antworten, und schaue
mir die konkreten Fälle gerne auch noch einmal an .
Bei der Antwort auf Ihre Frage handelte es sich nicht
um Bürokratendeutsch, sondern schon um eine klare Dif-
ferenzierung . Ich glaube, grundsätzlich – das gilt für viele
Fälle – würde die Taufe dazu führen, dass eine Abschie-
bung in solche Länder gar nicht möglich ist . Vielleicht
ist sogar Asyl bzw . der Flüchtlingsstatus zu gewähren .
Es gibt aber auch Fälle – die sind dokumentiert, teilwei-
se auch gerichtlich –, wo man sich zum Zeitpunkt der
Taufe zwar hat ernsthaft taufen lassen, diesen Glauben
allerdings überhaupt nicht auslebt . Insofern würde je-
mandem, der den Glauben in Deutschland nicht auslebt,
auch im Heimatland keine Verfolgung drohen . Jedenfalls
sind solche Konstellationen vorstellbar . Deshalb würde
ich mich in Bezug auf eine ganz generelle Aussage zu-
rückhalten . Ich sage aber: Abgesehen von diesen Fällen
ist es richtig, dass die Taufe natürlich ein sehr starker
Hinweis darauf ist, dass asylrechtlich entsprechend ver-
fahren werden muss .
Vielen Dank . – Wir sind damit am Ende dieses Ge-schäftsbereichs . Ich bedanke mich bei StaatssekretärKrings für die Beantwortung der Fragen .Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-ums der Justiz und für Verbraucherschutz auf . Zur Beant-
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 2017 22025
(C)
(D)
wortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatsse-kretär Christian Lange bereit .Ich rufe die Frage 24 des Abgeordneten Volker Beckauf:Inwiefern erwägt die Bundesregierung, das Protokoll Num-mer 12 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte undGrundfreiheiten über das Diskriminierungsverbot vom 4 . No-vember 2000 zu ratifizieren, und wie rechtfertigt sie, dassdies bislang nicht geschehen ist, vor dem Hintergrund der am28 . Februar 2017 veröffentlichten Stellungnahme der Euro-päischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, die
Bitte schön, Herr Staatssekretär .C
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege, ich be-
antworte Ihre Frage wie folgt: Deutschland bleibt bei sei-
ner Haltung, das Protokoll Nummer 12 zur Europäischen
Menschenrechtskonvention zum jetzigen Zeitpunkt noch
nicht zu ratifizieren.
Bis heute haben von den 47 Mitgliedstaaten des Euro-
parats 26 das Protokoll nicht ratifiziert; 9 Mitgliedstaaten
der Europäischen Union haben es nicht einmal gezeich-
net . Das sind die Staaten Bulgarien, Dänemark, Frank-
reich, Litauen, Monaco, Polen, Schweden, die Schweiz
und das Vereinigte Königreich . Deutschland hat das Pro-
tokoll am Tag der Auflegung zur Zeichnung zwar unter-
zeichnet, aber bisher nicht ratifiziert.
Maßgeblich für diese Entscheidung ist, dass bestimm-
te Unterscheidungen, die das deutsche Recht mit Blick
auf die Nationalität macht, vom EGMR, dem Europäi-
schen Gerichtshof für Menschenrechte, als Verstoß gegen
das generelle Diskriminierungsverbot nach Artikel 1 des
Protokolls Nummer 12 eingestuft werden könnten . Das
Verbot der Diskriminierung in Artikel 1 des Protokolls
Nummer 12 eröffnet sehr weitreichende Auslegungs-
möglichkeiten, nicht zuletzt aufgrund des weitgefassten
Kriteriums der Diskriminierung aufgrund eines soge-
nannten sonstigen Status . Konkrete Auslegungsvorga-
ben des EGMR liegen dazu bisher nicht vor . Vor diesem
Hintergrund bleibt die Bundesregierung bei ihrer abwar-
tenden Haltung, bis sich eine klare Rechtsprechungslinie
des EGMR zur Auslegung des Artikels 1 des Protokolls
Nummer 12 entwickelt hat .
Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass die
geltende deutsche Rechtsordnung Diskriminierungen be-
reits umfassend verbietet, insbesondere durch Artikel 3
des Grundgesetzes, an den Gesetzgebung, Verwaltung
und Rechtsprechung unmittelbar gebunden sind . Im Ar-
beits- und Zivilrecht gewährleistet das am 18 . August
2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungs-
gesetz einen weitgehenden Diskriminierungsschutz .
Herr Kollege Beck .
Gerade beim Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz
haben wir aber Diskriminierungsschutz auf zwei Ni-
veaus: zum einen die Regelungen, die wir aufgrund von
Richtlinien umzusetzen gezwungen sind, zum anderen
fehlen uns Regelungen, weil die Bundesregierung die
entsprechende Richtlinie blockiert, etwa für das Zivil-
recht . Da haben wir ein Zweiklassenrecht .
Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie den „sonsti-
gen Status“ im Zusatzprotokoll neu für sich entdecken .
Ist Ihnen bekannt, dass Artikel 14 der Europäischen
Menschenrechtskonvention, das allgemeine Diskrimi-
nierungsverbot der geltenden Konvention, diesen Begriff
bereits enthält? Was hat das für die Positionierung, die
Sie gerade vorgetragen haben, für Auswirkungen? Von
Anfang an stand das drin . – Ich sehe an Ihrem verdutz-
ten Gesicht, dass Ihnen das nicht bekannt war . Aber dann
war Ihr ganzer Vortrag neben der Sache .
C
Herr Kollege Beck, an der Position der Bundesregie-
rung hat sich durch Ihre Ausführungen sicher nichts ge-
ändert. Ich weise noch einmal darauf hin, dass Defizite
im praktischen Bereich, die durch eine Ratifizierung be-
seitigt werden könnten, in Deutschland nicht nachgewie-
sen werden konnten . Das ist ein weiterer Grund für die
Bundesregierung, bei ihrer Haltung zu bleiben .
Herr Beck, noch eine Nachfrage?
Das wäre zumindest ein neues Verhältnis der Bundes-
regierung gegenüber internationalen Menschenrechts-
konventionen . Ist es in Zukunft so, dass wir nur noch
unterzeichnen, wenn wir erheblichen Umsetzungsbedarf
haben? Ich habe es immer so verstanden, dass wir zur
Durchsetzung von Menschenrechten auf internationaler
Ebene gerade dann unterzeichnungsfreudig sind, wenn
dem kein Umsetzungsbedarf oder rechtliche Bedenken
entgegenstehen . Das wäre eine völlig neue Positionie-
rung der Bundesregierung, die Sie hier gerade vorge-
nommen haben . Ist das abgestimmt?
C
Herr Kollege Beck, auch diese Äußerungen sind nicht
sensationell . Die Bundesregierung nimmt die Empfeh-
lung internationaler Gremien stets sehr ernst und setzt
sich mit ihnen auseinander, freilich nicht unkritisch . Kei-
nes der Gremien, die die Ratifikation des 12. Protokolls
empfehlen, hat auf praktische Defizite in Deutschland
hingewiesen, die durch eine solche Ratifikation beseitigt
werden könnten . Das ist ein weiterer Grund, weshalb wir
bei unserer seitherigen Position bleiben .
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs ange-langt . Herzlichen Dank für die Beantwortung der Frage .Vizepräsidentin Ulla Schmidthttp://www.coe.int/t/dghl/monitoring/ecri/Country-by-Country/Germany/DEU-IFU-V-2017-006-ENG.pdfhttp://www.coe.int/t/dghl/monitoring/ecri/Country-by-Country/Germany/DEU-IFU-V-2017-006-ENG.pdf
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722026
(C)
(D)
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-ums der Finanzen auf . Zur Beantwortung steht der Par-lamentarische Staatssekretär Dr . Michael Meister zurVerfügung .Die Frage 25 des Abgeordneten Manuel Sarrazin wirdschriftlich beantwortet .Ich rufe deshalb die Frage 26 des Abgeordneten UweKekeritz auf:Inwiefern sind die von Bundesfinanzminister Dr. WolfgangSchäuble in seinem Gastbeitrag in der Zeit angekündigtenInvestitionspartnerschaften mit den fünf afrikanischen Län-dern – Elfenbeinküste, Marokko, Ruanda, Senegal und Tu-nesien – im Rahmen des von ihm initiierten „Compact with
mit dem „Marshallplan“ von BundesentwicklungsministerDr . Gerd Müller, und wurden die aktuellen Pläne des Bun-desfinanzministers vorab mit der Bundeskanzlerin und demBundesentwicklungsminister abgestimmt, ehe diese in derneunten Kalenderwoche die Elfenbeinküste und Tunesien be-sucht haben?Bitte schön, Herr Staatssekretär .D
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Kekeritz, die G-20-Partnerschaft mit Afri-
ka ist ein zentrales Vorhaben im Rahmen der deutschen
G-20-Präsidentschaft . Die G-20-Initiative im Finanz-
strang der G 20 verfolgt das Ziel, Investitionspartner-
schaften – das sind die sogenannten Compacts – zwi-
schen einzelnen afrikanischen Ländern, internationalen
Organisationen wie etwa der Weltbank, der Afrikani-
schen Entwicklungsbank und dem Internationalen Wäh-
rungsfonds und gegebenenfalls bilateralen Partnern ab-
zuschließen mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für
private Investitionen zu verbessern . Diese Compact-Ini-
tiative ist nachfrageorientiert . Das heißt, die Länder müs-
sen ihr Interesse und ihre Bereitschaft signalisieren, die
Rahmenbedingungen für private Investitionen in ihrem
Land zu verbessern . Die Initiative steht grundsätzlich al-
len afrikanischen Ländern offen .
Fünf Länder haben bisher starkes Interesse an der Ini-
tiative bekundet und dieses mit einem Schreiben an den
Bundesminister der Finanzen unterstrichen . Das sind die
Elfenbeinküste, Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesi-
en . Diese Länder wurden daraufhin zum G-20-Treffen
der Finanzminister und Notenbankgouverneure in Ba-
den-Baden eingeladen und sollen auch an der G-20-Kon-
ferenz zur Afrika-Partnerschaft am 12 . und 13 . Juni 2017
teilnehmen .
Mögliche deutsche Beiträge zu solchen Compacts
werden gemeinsam von dem Bundesministerium der
Finanzen und dem Bundesministerium für wirtschaftli-
che Zusammenarbeit und Entwicklung konzipiert und
nach Sachlage mit anderen Ressorts abgestimmt . Hierbei
können die im Papier des Bundesministeriums für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung „Afrika
und Europa – Neue Partnerschaft für Entwicklung, Frie-
den und Zukunft“ dargestellten Eckpunkte in die Diskus-
sion mit einfließen.
Vielen Dank . – Jetzt hat der Kollege Kekeritz die Mög-
lichkeit, noch zwei Nachfragen zu stellen . Bitte schön .
Herzlichen Dank . – Eines der neuesten Wörter in
der Regierung ist „Kohärenz“ . Das heißt, die einzelnen
Ministerien sollten möglichst weit abgesprochen po-
litische Initiativen ergreifen, und zwar nicht nur in der
Bundesrepublik, sondern auch mit der EU oder darüber
hinaus . Dabei stellt sich die Frage, wie viele solcher Ini-
tiativen parallel sinnvoll sind . Es gibt bekanntlich den
Müller’schen Marshallplan, es gibt den Juncker’schen
Plan zur EIB, und jetzt gibt es noch den „Compact with
Africa“ auf G-20-Ebene . Wie korrelieren diese drei Plä-
ne miteinander, wie ist das abgesprochen? Und warum
bestand niemals der Versuch, diese drei Initiativen zu
vereinigen?
D
Zunächst einmal habe ich den Eindruck, Herr Kollege
Kekeritz, dass das Verhalten und die Handlungsweise der
Bundesregierung kohärent sind, weil die drei Initiativen,
die Sie in Ihrer Frage angesprochen haben, miteinander
korrelieren und miteinander abgestimmt sind, aber je-
weils unterschiedliche Zielrichtungen haben .
Bei der G-20-Initiative, die unser Haus vorantreibt,
geht es darum, dass wir auf Ebene der G 20 ein gemein-
sames Vorgehen organisieren . Es geht also weniger um
Beiträge, die die Bundesrepublik Deutschland direkt
aus öffentlichen Mitteln leistet, sondern um ein abge-
stimmtes Vorhaben auf G-20-Ebene . Wir zielen darauf,
Rahmenbedingungen für private Investitionen in Afrika
zu verbessern, und wollen dazu animieren, dass bereits
existierende internationale Organisationen sich in diesem
Sinne an Investitionen privater Natur oder Infrastruktur-
investitionen in Afrika beteiligen .
Wenn die Frage gestellt werden sollte, inwieweit die
Bundesrepublik Deutschland sich aus öffentlichen Mit-
teln beteiligt: Das könnte im Rahmen dessen erfolgen,
was der Kollege Müller vorgeschlagen hat und Sie in Ih-
rer Frage als Marshallplan für Afrika bezeichnet haben .
Das würde sozusagen ergänzend in dieses Konzept pas-
sen und wäre dann ein originär deutscher Beitrag in die-
sem Zusammenhang . Selbstverständlich kann sich im
Geleitzug internationaler Organisationen auch die Euro-
päische Union einbringen . Dort wäre der dritte Teil, den
Sie angesprochen haben, als Initiative möglich .
Insofern passen die Dinge in der Struktur sehr gut zu-
einander .
Herr Kekeritz .Vizepräsidentin Ulla Schmidthttp://www.bundesregierung.de/Content/DE/Namensbeitrag/2017/03/2017-03-02-zeit-schaeuble.htmlhttp://www.bundesregierung.de/Content/DE/Namensbeitrag/2017/03/2017-03-02-zeit-schaeuble.html
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 2017 22027
(C)
(D)
Herzlichen Dank . – Diese Antwort hätte mir auch das
BMZ gegeben, und zwar mit der genau gleichen Begrün-
dung . Ich sehe keinen Unterschied zwischen den Plänen
des Herrn Müller, seinem Marshallplan, und den Plänen
des Global Compact .
Aber zur Sache noch einmal: Es gibt einen gemein-
samen Bericht der Afrikanischen Entwicklungsbank, der
Weltbank und des IWF . Dieser Bericht sollte analysieren,
welche Projekte und welche Investitionen sinnvoll sind
und wie sie gefördert werden können . Das ist sicherlich
eine interessante Studie . Aber sie liegt uns nicht vor . Wa-
rum liegt sie uns bislang nicht vor, und wann legen Sie
uns diese Studie vor?
D
Das kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht beantwor-
ten, Herr Kekeritz .
Dann bekomme ich die Antwort schriftlich . – Danke
schön .
D
Zu dieser Frage: Ja . Ich möchte aber noch darauf hin-
weisen, dass ich in der Antwort, die ich gegeben habe,
nicht den Eindruck erweckt habe, dass die beiden Initi-
ativen – Marshallplan mit Afrika vom Kollegen Müller
und „Compact with Africa“ – ein und dasselbe seien .
Vielmehr habe ich ausführlich dargelegt, dass es sich um
unterschiedliche Initiativen handelt, die aber untereinan-
der in vernünftiger Beziehung stehen .
Dann kommen wir zur Frage 27 des Abgeordneten
Uwe Kekeritz:
Welche konkreten Inhalte umfassen die von Bundesfinanz-
minister Dr . Wolfgang Schäuble angestrebten Investitionsver-
einbarungen zwischen den einzelnen afrikanischen Ländern,
internationalen Organisationen und Partnerländern, und wel-
che Rolle nehmen Vertreterinnen und Vertreter des Bundesent-
wicklungsministeriums bzw . der Bundesentwicklungsminister
beim Treffen der G-20-Finanzminister und -Notenbankgou-
verneure am 17 . und 18 . März 2017 in Baden-Baden ein?
Bitte schön .
D
Frau Präsidentin! Herr Kollege Kekeritz, die indivi-
duellen Investitionspartnerschaften werden zwischen
den Compact-Ländern, den internationalen Organisa-
tionen, wie etwa dem Internationalen Währungsfonds,
der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank,
sowie den interessierten bilateralen Partnern entwickelt,
zu denen unter anderem Deutschland gehören kann . Die
internationalen Organisationen erstellen zurzeit einen
Bericht – diesen haben Sie angesprochen –, der mögli-
che Elemente zusammenstellt, aus denen sich Compacts
zusammensetzen können und die geeignet sind, die Rah-
menbedingungen für private Investitionen zu verbessern .
Der Bericht kann dann, wenn er fertiggestellt ist, als Ori-
entierung für die Erarbeitung konkreter Investitionspart-
nerschaften in Afrika dienen .
Das Treffen der Finanzminister und Notenbankgou-
verneure am 17 . und 18 . März dieses Jahres in Baden-Ba-
den ist eine Veranstaltung der deutschen G-20-Präsi-
dentschaft . Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind
Finanzminister und Notenbankgouverneure der G 20, der
Gastländer und Vertreter internationaler Organisationen .
Im Hinblick auf Afrika wird im Rahmen dieses Treffens
ausschließlich die „Compact with Africa“-Initiative be-
handelt, die eine Säule der „Partnership with Africa“-In-
itiative darstellt und zusammen mit den anderen Dialog-
strängen bei der G-20-Afrikakonferenz im Juni adressiert
wird . Eine aktive Teilnahme des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist
dort nicht vorgesehen . Zur Rolle des Bundesministeri-
ums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung bei der Entwicklung deutscher Beiträge darf ich auf
das, was ich vorhin gesagt habe, verweisen .
Eine Nachfrage?
Ja, zwei .
Bitte schön .
Das ist hochinteressant . Sie haben gerade erklärt, dass
die einzelnen Konzepte – Marshallplan, EIB und Com-
pact – sich ergänzende Systeme darstellen sollen, die
irgendwie harmonisch zusammenarbeiten werden . Ange-
sichts dessen stelle ich die Frage, warum der Entwick-
lungsminister hier nicht mitarbeitet . Selbstverständlich
müsste er mitarbeiten, um Doppelungen oder Parallel-
strukturen zu verhindern . Es kann doch nicht sein, dass
Sie ein so großes Projekt verfolgen, während Herr Müller
parallel ebenfalls ein riesengroßes Projekt initiiert . Da
kann es eigentlich nicht zu Kohärenz kommen . Welche
Maßstäbe haben Sie eigentlich angelegt, um zu sagen,
dass Herr Müller daran nicht teilnehmen darf, und nach
welchen Kriterien wurden die betreffenden fünf Länder
ausgewählt? Sie haben vorhin gesagt, dass sich diese
Länder beworben haben . Aber soviel ich weiß, ist die
Anzahl der Bewerbungen viel höher als fünf .
D
Die G 20 ist von ihrer Entstehungsgeschichte her ur-sprünglich ein Arbeitsgremium der Finanzminister undder Notenbankgouverneure . Später gab es eine Auswei-tung, die dazu geführt hat, dass die Regierungschefs imRahmen ihres eigenen Formats auf G-20-Ebene tätig ge-worden sind . Die Bundesrepublik Deutschland hat nundafür gesorgt, dass „Compact with Africa“ als eines der
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722028
(C)
(D)
zentralen Themen der deutschen Präsidentschaft in die-sem Jahr in das G-20-Format aufgenommen wird .Es ist selbstverständlich, dass sich dadurch das For-mat der G 20, wie es seit Jahrzehnten besteht, nicht ver-ändert; denn es geht, wie ich ausdrücklich gesagt habe,nicht um eine deutsche Initiative beim „Compact withAfrica“, sondern darum, dass wir als Präsidentschaft dasThema für alle G-20-Staaten und die internationalen Or-ganisationen aufsetzen . Wenn wir dann als Bundesrepu-blik Deutschland einen konkreten Beitrag leisten wollen,dann muss das die Bundesregierung intern abstimmen .Dann stellt sich auch die Frage der Abstimmung mitanderen Ressorts, speziell mit dem BMZ . Aber für dasFormat in Baden-Baden sind grundsätzlich Notenbank-gouverneure und Finanzminister vorgesehen .Was die Bewerbung der Länder betrifft, so haben wireinfach beschrieben, worum es geht . Dann haben wir dieBewerbungen in der zeitlichen Reihenfolge entgegen-genommen und diese mit den vorhandenen Zielen ab-geglichen; denn es geht um die Frage, wie vernünftigemakroökonomische bzw . wirtschaftliche Rahmenbedin-gungen entstehen können, um speziell private Investitio-nen, wie ich es genannt habe, zu aktivieren . Vor diesemHintergrund haben wir uns bei den Bewerbungen ange-sehen, welche Länder am ehesten infrage kommen, umbei diesen entscheidenden Punkten der Initiative voran-zukommen und als Pilotprojektländer dienen zu können .
Herr Kekeritz .
Meine letzte Frage ist: Solche großen Projekte verlan-
gen natürlich eine Finanzierung . Wir wissen, dass beim
Marshallplan zurzeit null Euro zur Verfügung stehen .
Vielleicht ändert sich das noch . Wie viele Mittel wollen
Sie denn in das Projekt „Compact with Africa“ einstel-
len? Welche Hebel wollen Sie da ansetzen? Wie hoch soll
der Anteil der öffentlichen Gelder sein, wie hoch soll der
private Anteil sein? Sie kennen das Projekt von EIB und
Kommission, den Juncker-Plan . In dem heißt es, dass
die öffentlichen Kassen 3,5 Milliarden Euro geben, und
wie durch einen Zauber entstehen dann Investitionen von
über 88 Milliarden Euro . Wir sind alle gespannt darauf .
Wie schaut das beim „Compact with Africa“ aus? Sind da
auch solche Zaubertricks geplant?
D
Bei dem „Compact with Africa“ geht es um etwas
ganz anderes .
Beim „Compact with Africa“, Herr Kollege Kekeritz,
geht es darum, dass die Zielländer für Investoren at-
traktiv werden . Ich habe eben gesagt, dass wir uns die
makroökonomischen Rahmenbedingungen in den Ziel-
ländern anschauen, um zu erkennen, wie die gesamt-
wirtschaftliche Stabilität und die Schuldentragfähigkeit
aussehen, wie es mit dem Management von öffentlichen
Investitionen in diesen Ländern aussieht, wie es mit der
Staatswirtschaft aussieht, wie es in den Bereichen Regu-
lierung und Institutionen für Regulierung aussieht, wie
es in diesen Ländern mit der Projektvorbereitung aus-
sieht, wenn Projekte realisiert werden sollen, wie es mit
der Standardisierung von Projektverträgen und Finanzie-
rungsverträgen aussieht, wie es mit den Regulierungsrah-
men für Langzeitinvestitionen aussieht – denn ein Inves-
tor will nicht nur wissen, wie die Situation zum Zeitpunkt
der Investition ist, sondern welchen Erwartungswert er
über die Laufzeit der Investition hat –, wie man Risiken,
die in diesen Ländern vorhanden sind, reduzieren kann,
wie man im Inland Fremdkapitalmärkte aufbauen und
strukturieren kann und wie Finanzinstrumente für Infra-
strukturinvestitionen entwickelt werden können .
Was wir wollen, sind nachhaltige Investitionen von
privaten Investoren, die nicht aus ideellem Grund, son-
dern weil sie glauben, dass sich die Investition für sie
rentiert, dort investieren . Dann ist unser Ziel, ausgehend
von den fünf Pilotländern, das auf andere Länder Afri-
kas zu erweitern . Wir glauben, dass das ein Ansatz ist,
bei dem es nicht darum geht, ein Budget zur Verfügung
zu stellen und sich dann zu beruhigen, sondern dass es
um eine ganz neue Struktur, einen ganz neuen Ansatz der
nachhaltigen Hilfeleistung geht .
Es liegen keine weiteren Fragen zu diesem Geschäfts-bereich vor . Ich bedanke mich bei Ihnen für die Beant-wortung der Fragen .Die Fragen 28 und 29 des Abgeordneten OliverKrischer zum Geschäftsbereich des Bundesministeri-ums für Wirtschaft und Energie, die Fragen 30 und 31der Abgeordneten Katrin Werner, die Fragen 32 und 33der Abgeordneten Corinna Rüffer und die Frage 34 derAbgeordneten Brigitte Pothmer zum Geschäftsbereichdes Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dieFragen 35 und 36 des Abgeordneten Friedrich Ostendorffzum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Er-nährung und Landwirtschaft, die Frage 37 der Abgeord-neten Beate Walter-Rosenheimer zum Geschäftsbereichdes Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauenund Jugend, die Frage 38 des Abgeordneten Dr . AndréHahn, die Fragen 39 und 40 der Abgeordneten SabineZimmermann sowie die Fragen 41 und 42 der Abge-ordneten Pia Zimmermann zum Geschäftsbereich desBundesministeriums für Gesundheit werden schriftlichbeantwortet .Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-ums für Verkehr und digitale Infrastruktur auf . Zur Be-antwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staats-sekretär Norbert Barthle zur Verfügung .Die Fragen 43 und 44 des Abgeordneten HerbertBehrens werden schriftlich beantwortet .Ich rufe die Frage 45 des Kollegen Matthias Gastelauf:Welche Kriterien legt die Bundesregierung bei der Perso-nalauswahl für ihren Vorschlag gegenüber dem Aufsichtsratder Deutschen Bahn AG für die Bestellung des künftigenParl. Staatssekretär Dr. Michael Meister
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Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG zugrunde,und plant die Bundesregierung eine personelle Neubesetzungder Position des Aufsichtsratsvorsitzenden der DeutschenBahn AG innerhalb der nächsten sechs Monate?N
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrter Herr
Kollege Gastel, ich gehe einmal davon aus, dass der Kern
Ihrer Fragestellung sich durch Zeitlauf und getroffene
Entscheidungen eigentlich ein Stück weit überholt hat .
Ich will aber hinzufügen, dass sich die Bundesregierung
zu Personalspekulationen, wie Sie sicherlich wissen,
grundsätzlich nicht äußert .
Um aber einer Nachfrage vielleicht zuvorzukommen,
darf ich Ihnen mitteilen, dass die erforderliche Neubeset-
zung in der vermutlich nächsten Aufsichtsratssitzung der
DB AG am 22 . März 2017 erfolgen soll .
Bitte schön, Herr Kollege Gastel .
Herr Staatssekretär Barthle, ich glaube, ich habe da
irgendetwas nicht mitbekommen . Also, ich habe seitens
der Bundesregierung noch keinen Personalvorschlag für
die Besetzung des Postens des Vorstandsvorsitzenden bei
der Deutschen Bahn gehört . Deswegen ist die Frage na-
türlich nach wie vor aktuell, und ich bitte Sie um Beant-
wortung: Welche Kriterien legt die Bundesregierung bei
ihrem Vorschlag, wer das werden soll, wer die Nachfolge
von Herrn Grube antreten soll, zugrunde? Was ist für Sie
wichtig? Wie gewichten Sie das Ganze? Der Hintergrund
der Frage ist klar: Es geht auch darum, welches Verständ-
nis die Bundesregierung als Vertreterin des Eigentümers,
des Bundes, gegenüber dem Bahnkonzern hat, der ja ein
etwas seltsames Konstrukt ist, nämlich als Aktiengesell-
schaft gewinnorientiert arbeiten soll, aber gleichzeitig
mit Mobilitätsdienstleistungen auch öffentliche Aufga-
ben zu erfüllen hat . Ich möchte gerne von Ihnen hören,
welche Kriterien Sie ansetzen . Was ist Ihnen bei der Stel-
lenbesetzung wichtig an Voraussetzungen, die diese Per-
son mitbringen soll?
N
Danke, Herr Kollege Gastel . Ich will nochmals darauf
abheben, dass die Entscheidungen noch nicht getroffen
worden sind; das ist richtig .
– Die Kriterien, die zugrunde gelegt werden, sind – wie
immer – die notwendige Qualifikation, die die Persön-
lichkeit mitbringen muss, um einen solchen Konzern zu
führen . Das ist eine Vielzahl von Kriterien, die auch un-
terschiedlich zu gewichten sind, und diese Kriterien wer-
den zugrunde gelegt .
Eine weitere Nachfrage .
Lieber Herr Staatssekretär, ob das jetzt das Beste für
die Deutsche Bahn erwarten lässt, wenn Sie so genau sa-
gen können, was die Person mitbringen soll, die einen der
größten und schwierigsten Konzerne, die es in Deutsch-
land gibt, führen soll, das wage ich einmal zu bezweifeln .
Da habe ich dann doch wirklich größte Befürchtungen,
wenn Sie nicht einmal wissen, was die Kriterien sind
und was die Qualifikation ausmacht. Das ist ein bisschen
dünne Suppe . Also, jede Stellenausschreibung für einen
Pförtner ist da doch etwas detaillierter als Ihre Kriterien
für die Suche nach dem neuen Bahnchef; das muss ich ja
schon einmal deutlich sagen . Ich bin da sehr verwundert .
Die Frage hat aber noch einen zweiten Frageteil, auf
den Sie ebenfalls nicht eingegangen sind . Ich kann mir
nicht vorstellen, dass das Vertrauen zum Aufsichtsrats-
vorsitzenden seitens der Bundesregierung noch gegeben
ist, nachdem ihr Vorschlag, den Vertrag mit Herrn Grube
zu verlängern, nicht durchgesetzt werden konnte, offen-
sichtlich auch, weil in der Kommunikation durch den
Aufsichtsratsvorsitzenden vieles schiefgelaufen ist und
die Aufsichtsratsmitglieder nicht ausreichend mitgenom-
men worden sind . Deswegen bitte auch hier die Frage:
Wie geht es weiter mit dem Vorsitzenden des Aufsichts-
rats? Halten Sie am jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden
fest, oder haben Sie vor, hier eine Neubesetzung in An-
griff zu nehmen?
N
Herr Kollege Gastel, das sind Angelegenheiten des
Aufsichtsrats der DB AG, die im Aufsichtsrat auch ent-
sprechend behandelt werden . Die Vertreter der Bundes-
regierung und des Parlaments, die in diesem Aufsichtsrat
zugegen sind, werden sicherlich Sorge dafür tragen, dass
dieser Aufsichtsrat ordentlich arbeiten kann . Aber aus
Sicht der Bundesregierung bin ich nicht befugt, mich zu
diesen Interna öffentlich entsprechend zu äußern .
Vielen Dank .
Dann rufe ich die Frage 46 des Abgeordneten Matthias
Gastel auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem
drohenden Ausschluss der Tochter des bundeseigenen Bahn-
konzerns Deutsche Bahn AG, DB Regio, von laufenden und
bevorstehenden Vergabeverfahren aufgrund anhaltender Un-
zuverlässigkeit des Bahnunternehmens bei der Erbringung
vereinbarter Leistungen auf Bahnstrecken wie der Franken-
bahn, der Rems- und Filstalbahn und der Bodenseegürtelbahn
macht die Bundesregierung ihre Einflussmöglichkeiten auf
das im Staatseigentum befindliche Unternehmen dahin gehend
geltend, dass sich die Fahrgäste wieder auf vertragsgemäße
Bahnangebote verlassen können?
Bitte schön, Herr Staatssekretär .
N
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Zu dieser Fra-ge 46 lautet die Antwort wie folgt: Bei der DeutschenVizepräsidentin Ulla Schmidt
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Bahn AG, DB AG, und ihren Tochtergesellschaften wieder DB Regio AG handelt es sich um in privatrechtlicherForm geführte gewinnorientierte Wirtschaftsunterneh-men, welche den Regelungen des Aktiengesetzes unter-liegen . Gemäß § 76 Absatz 1 des Aktiengesetzes werdensie vom Vorstand in eigener Verantwortung geleitet .Das operative Geschäft fällt nicht in den Zuständig-keitsbereich des Gesellschafters . Hierzu gehören dievertragsgemäße Erbringung von Leistungen im Schie-nenpersonennahverkehr und die Erfüllung der Voraus-setzungen zur Beteiligung an wettbewerblichen Vergabe-verfahren .
Herr Gastel, möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? –
Bitte .
Herr Staatssekretär, eine solche Antwort habe ich be-
fürchtet . Sie haben vom operativen Handeln des Unter-
nehmens gesprochen . Das ist zunächst einmal richtig .
Aber es ist erstens Ihr Unternehmen, das Unternehmen
des Bundes; für dieses Unternehmen trägt die Bundes-
regierung in besonderer Weise Verantwortung . Zweitens
ist es so, dass sich das operative Ergebnis, also das mo-
netäre Ergebnis in der Bilanz, auch auf den Haushalt des
Bundes auswirkt . Wenn nämlich die Deutsche Bahn nicht
mehr die Gewinne erzielt, die der Bund erwartet, dann
kann keine Dividende gezahlt werden, und davon ist der
Bundeshaushalt betroffen . Deswegen können Sie sich
nicht so billig davonstehlen wie hier, indem Sie einfach
sagen: Wir haben damit nichts zu tun . Das soll die Deut-
sche Bahn entscheiden . – Es wirkt sich auf den Bundes-
haushalt aus . Deswegen muss es auch im Interesse des
Bundes sein, dass die Geschäfte laufen .
Darüber hinaus sollte es auch im Interesse des Bundes
sein, die Fahrgastinteressen zu vertreten . Die Fahrgastin-
teressen werden eben nicht vertreten, wenn die Leistun-
gen Ihres bundeseigenen Konzerns nicht erbracht wer-
den . Ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen .
N
Selbstverständlich, Herr Kollege Gastel . Sie haben
vollkommen recht: Es ist ein zentrales verkehrspoliti-
sches Ziel der Bundesregierung, die Qualität der öffent-
lichen Personennahverkehre weiter zu verbessern und
auch bedarfsgerechte Angebote im Schienenpersonen-
nahverkehr in der Fläche sicherzustellen . Das ist ein Ziel
der Bundesregierung . Aber – das füge ich mit großem
Nachdruck hinzu – das ist eine Aufgabe der Länder;
sie sind hierfür zuständig . In diesem Fall ist es der ba-
den-württembergische Landesverkehrsminister, den wir
alle noch gut kennen: Winfried Hermann .
Wir, die Bundesregierung, stellen den Ländern über
das Regionalisierungsgesetz jährlich 1,2 Milliarden Euro
zur Verfügung, und die Länder haben diese Mittel in
erster Linie zur Finanzierung der Verkehrsleistungen im
Schienenpersonennahverkehr oder für Investitionen zur
Verbesserung des ÖPNV einzusetzen . Insofern liegt die
Verantwortlichkeit eindeutig und klar bei den Ländern .
Herr Kollege Gastel, Ihre zweite Nachfrage .
In der Tat setzen die Länder die Regionalisierungsmit-
tel des Bundes ein, um den Schienenpersonennahverkehr
zu bestellen; so macht das auch Baden-Württemberg . Das
heißt aber umgekehrt auch, dass die Deutsche Bahn bzw .
die Deutsche-Bahn-Tochter DB Regio die Mittel des
Bundes, die über die Länder vergeben werden, nicht ver-
tragsgemäß einsetzen . Insoweit kann mein Appell an die
Bundesregierung nur lauten, die Sache ernst zu nehmen .
Es fließen Bundesmittel über die Länder an die DB Re-
gio, die ihre Verträge nicht erfüllt und die Zugfahrten zu
häufig ausfallen oder Züge zu spät fahren lässt. Damit ha-
ben Sie auch über diese Schiene – im wahrsten Sinne des
Wortes – eine Verantwortung dafür, welche Leistungen
die Deutsche-Bahn-Tochter DB Regio erbringt .
Ich möchte hier nicht nur nach der Verwendung der
Regionalisierungsmittel fragen . Sie haben jetzt gesagt:
Die Länder können dann ja handeln . – Das Land Ba-
den-Württemberg verlangt Pönale, also Strafzahlungen,
droht der Deutschen Bahn mit dem Ausschluss, und jetzt
sagen Sie: Die Länder sollen handeln . Was sollen die
Länder aus Ihrer Sicht denn noch machen? Was raten Sie
den Ländern, wenn die Möglichkeiten, die sie haben, of-
fensichtlich nicht fruchten, um die Züge im Interesse der
Fahrgäste regelmäßig und zuverlässig fahren zu lassen?
N
Herr Kollege Gastel, wie Sie richtigerweise dargestellt
haben, schließen die Länder Verträge mit der DB Regio .
Wenn die DB Regio den Wortlaut dieser Verträge nicht
erfüllt und ihren Leistungen nicht nachkommt, dann ist
es Aufgabe der Länder, für die Einhaltung dieser Verträ-
ge zu sorgen, und zwar mit dem entsprechenden Nach-
druck, bzw . die Verträge so auszugestalten, dass für die
DB Regio kein Ausweg möglich ist . Noch einmal: Der-
jenige, der die Verträge mit der Bahn schließt, der muss
auch für die Einhaltung dieser Verträge sorgen . Das ist
nicht Aufgabe des Bundes .
Herr Gastel, Sie haben schon zwei Zusatzfragen ge-stellt . – Die Frage 47 des Abgeordneten Stephan Kühnwird schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Endedieses Geschäftsbereiches . Ich bedanke mich beimStaatssekretär Barthle für die Beantwortung .Wir sind auch am Ende der Fragestunde angelangt .Ich unterbreche die Sitzung des Deutschen Bundesta-ges bis circa 15 .35 Uhr .
Parl. Staatssekretär Norbert Barthle
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 2017 22031
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Die unterbrochene Sitzung eröffne ich jetzt wieder
und rufe den Zusatzpunkt 2 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Ehe für alle
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Volker Beck für Bündnis 90/Die Grü-
nen das Wort .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute istInternationaler Frauentag .
Als schwuler Mann möchte ich da einmal Danke sa-gen: der Frauenbewegung, den Feministinnen für ihrenKampf für Gleichberechtigung und gegen patriarchaleRollenbilder. Davon haben wir Schwule heftig profitiert.
Wir Schwulen sind die Kriegsgewinnler des Geschlech-terkampfs . Dass wir heute diese Debatte führen können,ist auch ein Erfolg der Frauenbewegung .
Meine Damen und Herren!Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht undder Würde des Menschen, unabhängig von Her-kunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexuellerOrientierung oder politischer Einstellung .Das sind unsere gemeinsamen Werte . – Das sagte Bun-deskanzlerin Merkel am 9 . November 2016, und rechthat sie .Aber 2013 hat Frau Merkel gesagt: Ich tue michschwer mit der völligen Gleichstellung . – Ich sage: Allesandere als Gleichberechtigung ist Diskriminierung .
Lassen Sie uns Deutschland zum 21 . Land machen, dasdie Ehe für alle einführt!
Es ist hohe Zeit, und wir müssen uns langsam daranma-chen .Wir diskutieren seit 1990, damals aufgrund einer Ini-tiative der damaligen Grünenfraktion in diesem HohenHause, also schon 27 Jahre lang, über diese Frage . Wirhaben in dieser Wahlperiode 34 Sitzungswochen lang imRechtsausschuss die Vorlagen von Linken und Grünensowie vom Bundesrat vertagt . Jetzt sind Entscheidungengefragt .
Für wen machen Sie eigentlich Politik?
83 Prozent sind für die Ehe für alle . Sie machen eine sek-tiererische Politik für 17 Prozent im Land, für die AfD,die nur bei der Bundesversammlung hier saß, und für dieSplittergruppe der CSU aus Bayern .
63,2 Prozent sind für gleiches Adoptionsrecht für homo-sexuelle Paare .Deshalb war es richtig – ich unterstütze da die Sozial-demokraten ausdrücklich –, dass Ihr Fraktionsvorsitzen-der Thomas Oppermann im Spiegel gesagt hat:CDU und CSU sollten endlich über ihren Schattenspringen und die „Ehe für alle“ nicht weiter blockie-ren . . . Derzeit sprechen alle davon, dass es gilt, un-sere Werte zu verteidigen . Das darf aber nicht nurin Sonntagsreden passieren, sondern muss konkretePolitik sein .Und das sollten wir jetzt hier machen .
Was haben denn Ihre Obermohren – es gibt bei Ihnenauch viele, die für die Öffnung der Ehe für alle sind – da-gegen einzuwenden?
Ich zitiere Ihren Fraktionsvorsitzenden aus der Frankfur-ter Allgemeinen Zeitung:Für mich ist die Ehe im Sinne des Grundgesetzes dieVerbindung von Mann und Frau . . . . Die sogenann-te Homo-Ehe, also die Öffnung der Ehe auch fürgleichgeschlechtliche Verbindungen, lehne ich ab . . .Grund: keiner . Weil ich es kann, weil ich die Mehrheithabe, weil ich in der Blockadeposition bin . So geht dasaber nicht im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat .
Das Grundgesetz überlässt es dem Gesetzgeber undder gesellschaftlichen Entwicklung, was unter Ehe undFamilie zu verstehen ist . Das haben Sie nie verstehenwollen . Das Bundesverfassungsgericht hat den Fami-lienbegriff mehrmals geändert . Heute gibt es eheliche,nichteheliche und lebenspartnerschaftliche Familien .Das hat das Bundesverfassungsgericht als Wandel desBegriffs der Familie festgestellt . Früher verstand man da-runter immer nur die eheliche Familie . Das Gleiche gilt
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722032
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für den Ehebegriff . Schon 1993 hat das Gericht gesagt,dass der Begriff der Ehe einem gesellschaftlichen Wan-del unterliegen kann . Der gesellschaftliche Wandel isteingetreten . Schauen Sie sich die Meinungsumfragen an,wie Ihre Wählerinnen und Wähler darüber reden . Wennzwei Schwule oder zwei Lesben zum Standesamt gehen,dann reden sie von Ehe, von heiraten und dergleichenmehr und nicht von verpartnern, eintragen und wie es bü-rokratisch alles heißt .
Das Bundesverfassungsgericht selbst hat die erstengleichgeschlechtlichen Ehen mit seiner Entscheidungzum Transsexuellengesetz geschaffen . Es gibt also be-reits gleichgeschlechtliche Ehen in Deutschland, wennauch wenige . Die internationale Rechtsentwicklung istauch heranzuziehen, wenn man sich den Begriff an-schaut: 20 Länder, die die Ehe geöffnet haben . Damitkönnen Sie nicht mehr behaupten, der Geschlechtsver-schiedenheit der Ehe käme eine prägende Bedeutung zu .
Meine Damen und Herren, zum Schluss will ich denAbgeordneten Kahrs zitieren, der nach mir reden wird .Sie haben schon 2016 gesagt:Es reicht . Ich habe einfach keine Lust mehr . Ichverspreche Ihnen eines: Wenn das Thema hier imDeutschen Bundestag noch einmal aufkommt, dannwerden wir in der SPD-Fraktion darüber abstim-men, wie wir hier abstimmen .Ja, meine Damen und Herren, dann lassen Sie es uns end-lich machen .
Lassen Sie uns vor dem 30 . Juni den Gesetzentwurf desBundesrates, der im Rechtsausschuss liegt, hier in dritterLesung beraten und ihn mit einer Mehrheit verabschie-den . Dann ist die Frage endlich erledigt . Wenn Sie dasnicht tun, muss man den Verdacht haben, Sie wollen ewigSklave in der Großen Koalition bleiben . Hüten Sie sichdavor; denn wir wissen nicht, wer die Mehrheit in dernächsten Wahlperiode hat . Wir hoffen, dass es anderskommt .
Aber es könnte auch sein, dass AfD und Union knappüber 50 Prozent der Sitze haben . Dann hätten wir dieseMehrheit, die wir heute haben, auf jeden Fall nicht mehr .
Deshalb haben Sie eine hohe Verantwortung, jetzt zuhandeln, wenn es möglich ist, statt den 199 . Wahlkampfzum Thema „Öffnung der Ehe für alle und 100 ProzentGleichstellung nur mit uns“ zu machen . Machen Sie dieGleichstellung jetzt, dann wissen die Leute auch, woransie sind .Vielen Dank .
Für die CDU/CSU spricht jetzt die Kollegin Elisabeth
Winkelmeier-Becker .
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Die These der heutigen Diskussion lautet of-fenbar: Wer nicht für die Ehe für alle ist, der ist homo-phob, der ist diskriminierend .
Dieser These möchte ich zunächst einmal ganz ausdrück-lich widersprechen .
Für meine Person und für fast alle, die ich kenne, ist dieszu widerlegen .Ich weiß nicht, wem Sie mehr Unrecht tun: denen, de-nen Sie permanent zu Unrecht unterstellen, dass sie ho-mophob sind und diskriminierend,
oder vielleicht den Betroffenen selber, die sich dadurchviel mehr gesellschaftlicher Ablehnung ausgesetzt sehen,als es der Wahrheit entspricht .
Es gibt andere Gründe dafür, an zwei Begriffen fest-zuhalten . Der wesentliche Einwand ist, dass die Ehe keinstaatlicher Begriff ist, sondern es ist ein seit langer Zeitkulturell und religiös vorgeprägter Begriff, der uns indiesem Sinne überhaupt nicht gehört und über den wirnicht alleine verfügen können .
Er wird von der Kirche immer noch so verstanden,
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er wird von der Gesellschaft in weiten Teilen so verstan-den . Deshalb können wir dies nicht abschaffen, solangehier nicht Einigkeit besteht .Es kommen verfassungsrechtliche Bedenken hinzu .Ohne Zweifel haben die Mütter und Väter des Grundge-setzes ganz klar die Gemeinschaft von Mann und Frauvor Augen gehabt, als sie Artikel 6 formuliert haben .
Auch das Bundesverfassungsgericht sagt ganz klar, zuden wesentlichen Merkmalen der Ehe gehört die Ver-schiedengeschlechtlichkeit und die Anlegung auf Dau-er, und das auch in der jüngeren Rechtsprechung . Dassdem Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle jemandHomophobie vorgeworfen hätte, habe ich in diesem Jahr-tausend jedenfalls noch nicht gehört .
Ich rate uns im Übrigen, Veränderungen im Rechtnicht im Wege der Begriffsjurisprudenz, im Wege desUmdefinierens von Begriffen, vorzunehmen. Das gehtschief, wie auch im aktuellen Gesetzentwurf des Famili-enministeriums zum Mutterschutz .
Meine Damen und Herren, nach Einführung der ein-getragenen Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 haben wirviele Änderungen durchgebracht, die wirklich dazu ge-führt haben, dass eine gleiche rechtliche Situation bei Eheund Lebenspartnerschaft besteht: Zwischen den Partnernbestehen die gleichen Rechte . Es gibt die gleichen Form-vorschriften . Das Erbrecht, das Steuerrecht, weitgehendauch das Adoptionsrecht sind angepasst . Mir persönlichist die Diskussion über die steuerliche Gleichstellungnoch sehr gut in Erinnerung, weil ich mich persönlichsehr stark gegen die damalige echte Diskriminierung ein-gesetzt habe
und damit in meiner Partei nicht nur Freude ausgelösthabe .Es bleibt die Frage, ob allein die Verwendung unter-schiedlicher Begriffe eine Diskriminierung darstellt . DasGrundgesetz gibt uns da eigentlich schon ein Gegenbei-spiel . Da heißt es nämlich in Artikel 3 Absatz 2:Männer und Frauen sind gleichberechtigt .Auch hier gibt es also unterschiedliche Begriffe, abergleiche Rechte .
Wenn auch gerade am Weltfrauentag natürlich zu bekla-gen ist, dass gleiche Rechte noch nicht zu 100 Prozenterreicht sind, kommt keiner auf die Idee, dass man das imWege der Definition ändern kann.
Dann wird immer argumentiert, es schade doch derEhe nicht, wenn wir sie für gleichgeschlechtliche Part-nerschaften öffnen . Das ist auch nicht meine Sorge . Aberes geht auch andersrum: Ich war vor meiner Zeit im Bun-destag als Familienrichterin tätig und habe viele Famili-ensachen behandelt . Von daher kann ich Ihnen glaubhaftversichern, dass allein der Begriff der Ehe nicht die Ga-rantie für glückliche Partnerschaft und glückliches Zu-sammensein ist,
sondern dabei kommt es auf andere Dinge an, auf Ge-meinsamkeit, auf die Beziehung, auf die Liebe, auf denSchatz an Gemeinsamkeiten und die Substanz der Be-ziehung .Wir haben hier eine Aktuelle Stunde . Das ist normaler-weise eine spontane Debatte über eine Frage, die keinenAufschub verträgt . Nun hatten wir Karneval im Rhein-land – vielleicht habe ich etwas verpasst . Aber eigentlichwar hier der einzige Anlass – das Einzige, was sich geän-dert hat – die Äußerung von Fraktionschef Oppermann,dass er an das Thema noch mal ran will . Eigentlich hättees gereicht, wenn Sie sich deshalb mit ihm zum Kaffeegetroffen hätten . Aber okay, wir diskutieren das auch ger-ne hier in dieser Debatte .
Es wurde gerade klar, dass Sie die SPD unter Drucksetzen wollen und der Union ein altbackenes Image an-hängen wollen .
Ich will dem ausdrücklich entgegentreten . Wir haben einklares Menschenbild, das Würde und Werte eines Men-Elisabeth Winkelmeier-Becker
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722034
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schen nicht davon abhängig macht, welcher sexuellenOrientierung er anhängt .
Wir wollen die Rehabilitierung der früher nach § 175verurteilten Männer . Wir haben die LSU in unserer Par-tei; sie wird sehr geschätzt . Da wird natürlich auch fürdie Öffnung der Ehe geworben . Wir haben eine Vertei-digungsministerin, die sich als Erste an das Thema he-rangewagt hat, die Situation von Homosexuellen in derBundeswehr aufzuarbeiten .
Wir haben da, auch was den Zugang zu interessantenund einflussreichen Positionen in unserer Partei angeht,wirklich kein Defizit; auch Menschen mit homosexuellerOrientierung kommen in die entsprechenden Ämter,
und das nicht, weil sie homosexuell sind, auch nicht, weilsie nicht homosexuell sind oder trotzdem, sondern ein-fach völlig unabhängig davon, weil sie einfach gut sind .Das ist unsere Herangehensweise . Ich denke, es mussso normal und unspektakulär sein, wie es ist . Daher geheich schlicht davon aus, dass wir weiterhin bei den Begrif-fen „Ehe“ und „Lebenspartnerschaft“ bleiben und dasssich daran auch der Koalitionspartner bis zum Ende derLegislaturperiode hält .Vielen Dank .
Nächste Rednerin ist die Kollegin Caren Lay, Fraktion
Die Linke .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-ren! Es ist jetzt knapp zwei Jahre her, dass ich an die-ser Stelle zum gleichen Thema, Ehe für alle, gesprochenhabe, und ich stelle fest: Im Grunde könnte ich die glei-che Rede hier noch einmal halten .
Denn was ist seitdem passiert? Im Grunde ist nichts pas-siert . Stattdessen gab es jahrelangen Stillstand in einerFrage, die doch eigentlich ganz einfach zu beantwortenwäre,
und diese Frage lautet: Sollen zwei Menschen, die sichlieben, auch heiraten dürfen? Aber natürlich, und zwarvöllig unabhängig davon, ob es sich dabei um einenMann und eine Frau, um zwei Frauen oder um zwei Män-ner handelt . Das sollte heutzutage doch selbstverständ-lich sein .
In sehr vielen europäischen Ländern wurde das in-zwischen auch erkannt . Finnland, Großbritannien, Dä-nemark, Frankreich, Holland, Portugal, aber auch so ka-tholische Länder wie Irland und Spanien haben die Ehefür alle längst eingeführt, ohne dass der heilige SanktPatrick vom Sockel gefallen wäre oder die heilige Jung-frau Maria blutige Tränen geweint hätte . Meine Damenund Herren, es wird höchste Zeit, dass Deutschland hierendlich aufholt .
Zum Schutz der Ehe im Grundgesetz . Es steht dochnirgendwo, dass damit nur die Heteroehe gemeint ist .Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wer Lesben undSchwulen die Ehe verweigert, der verstößt gegen denGeist des Grundgesetzes, nämlich gegen die Gleichheitaller Menschen vor dem Gesetz .
Seit 2013 liegt ein Gesetzentwurf der Linken zumThema „Ehe für alle“ vor . Seit 2015 gibt es einen ähn-lichen Gesetzentwurf der Grünen ebenfalls zum Thema„Ehe für alle“ . Inzwischen gibt es auch einen Gesetzent-wurf des Bundesrates . Nur von der Koalition liegt nichtsdazu vor . Leider haben Sie zu diesem Thema nichts hin-bekommen in dieser Legislatur .Die SPD hat im letzten Wahlkampf noch stolz verkün-det: 100 Prozent Gleichstellung gibt es nur mit uns .
Ich weiß jetzt, ehrlich gesagt, nicht genau, was Ihre Stra-tegie ist . Thomas Oppermann hat angekündigt, er wol-le den Koalitionsausschuss anrufen und die Ehe für allenoch in dieser Legislatur einführen .
Vor lauter Schreck ist Horst Seehofer dann aber leiderkrank geworden .
Woanders heißt es, die SPD wolle damit in den Wahl-kampf ziehen, das sei Bedingung für einen neuen Koa-litionsvertrag . Der SPD-Parteivorstand hat zum Beispielgetwittert: Es ist Zeit für die Ehe für alle! Es ist Zeit fürAdoption für gleichgeschlechtliche Paare! Es ist Zeit fürMartin!
Elisabeth Winkelmeier-Becker
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Ja, was gilt denn jetzt eigentlich? Will die SPD dennjetzt alle überfälligen Reformen auf den Sankt-Nimmer-leins-Tag verschieben?
Will sie warten, bis der Heilige Sankt Martin, so eine ArtMessias aus Würselen, herabsteigt und es dann endlichrichten wird? Also ich meine: Die Ehe für alle ist dochkeine Schwungmasse für den Wahlkampf von MartinSchulz, sondern ein Grundrecht, das wir endlich einfüh-ren müssen .
Sie, Herr Kahrs, kündigen ja immer wieder an, dassSie, wenn sich die Union nicht bewegt, Mehrheiten jen-seits der Union suchen werden . Dann tun Sie das dochendlich! Sie können die Ehe für alle sofort haben, noch indieser Legislatur . Geben Sie die Abstimmung bitte frei!
Ich finde es einfach schade, dass Sie es verhindern,dass unser linker Gesetzentwurf und der der Grünenzur Abstimmung gestellt werden . Wir haben es jetzt imRechtausschuss 24-mal durch, immer das gleiche Ritual:Sie verhindern, dass die Gesetzentwürfe weiter behandeltwerden . Ich halte das wirklich für ein parlamentarischesTrauerspiel .Die Frage ist: Was würde denn eigentlich passieren,wenn Sie die Abstimmung freigeben und die SPD denGesetzentwürfen von Linken und Grünen zustimmenwürden? Erstens . Wir hätten eine Mehrheit . Ja, wir habeneine rot-rot-grüne Mehrheit hier im Haus . Ja, es gibt eineMehrheit für die Ehe für alle . Lassen Sie uns das dochendlich nutzen!
Zweitens . Ja, dann würde die Koalition vielleicht platzenund Frau Merkel zurücktreten, aber ehrlich gesagt: Ichkann mir Schlimmeres vorstellen, und die meisten Bür-gerinnen und Bürger auch .
Ich weiß, dass die Blockierer auf der rechten Seitedes Parlaments sitzen. Ich finde, dass die Union hier denSchuss nicht gehört hat .
In Ihrer eigenen Wählerschaft ist inzwischen eine Mehr-heit für die Öffnung der Ehe und für das Appellations-recht von lesbischen und schwulen Paaren .Es wundert mich auch selbst ein bisschen, dass ichjetzt hier stehe und für die Ehe werbe . Das ist persönlichüberhaupt nicht mein Lebensentwurf . Politisch bin ichfür die Gleichstellung aller Lebensweisen .Sie müssten doch für die Ehe streiten . Sie sollten sichdarüber freuen, dass es Menschen gibt, die heiraten wol-len . In meinem persönlichen Bekanntenkreis sind das,ehrlich gesagt, viel mehr Lesben und Schwule als He-teros .
Das ist doch eigentlich Ihr Thema . Aber Sie haben es völ-lig verbockt .
Ich muss in Richtung der SPD sagen: Augen auf beider Partnerwahl! Das gilt nämlich nicht nur bei der Wahldes Ehepartners, sondern vor allen Dingen auch bei derWahl des Koalitionspartners. Ich finde, es ist höchsteZeit, dass Sie die Scheidung endlich einleiten .
Zu guter Letzt, meine Damen und Herren: Aus meinerSicht sollte auch die katholische Kirche ihre Positionenüberdenken .
Die römisch-katholischen Bischöfe wollen nämlichnicht, dass Lesben und Schwule heiraten dürfen . LiebeBischöfe, damit zwingen Sie aber Lesben und Schwulegewissermaßen zum außerehelichen Sex . Das kann docheigentlich nicht die Position der katholischen Kirchesein . Das sollten Sie dringend überdenken .Vielen Dank .
Bevor gleich der Kollege Johannes Kahrs für die SPDspricht, doch ein verfahrensleitender Hinweis: Fünf Mi-nuten Redezeit sind für alle gleich . – Herr Kollege Kahrs,jetzt haben Sie das Wort .
Caren Lay
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 220 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 8 . März 201722036
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie-be Kollegin Winkelmeier-Becker, Karneval soll das hiernicht sein, glaube ich . Ich glaube auch nicht, dass mandas mit einem Kaffee bei Herrn Oppermann erledigenkann . Ehrlich gesagt, wollen wir Ihnen auch kein altba-ckenes Image verpassen . Das haben Sie ohnehin .
In Teilen Ihrer Rede schimmern Dinge durch, die ichvernünftig finde. Sie haben auch in der Vergangenheit beibestimmten Abstimmungen entsprechend mitgestimmt .Das Problem ist aber der Grundtenor dahinter .Ich halte das tatsächlich für eine Frage, über die manin diesem Hohen Haus wirklich ernsthaft streiten kann .Wenn es keine Gleichstellung gibt, dann ist das Diskrimi-nierung . Insofern können Sie sich jetzt nicht hierhinstel-len und sagen, das sei überhaupt keine Diskriminierung .Wenn Menschen nicht gleichbehandelt werden, dann istdas nun einmal Diskriminierung .Ich würde gerne meinen Freund heiraten . Mit ihm binich seit 24 Jahren zusammen .
Wegen Ihrer Fraktion kann ich das nicht . Ich persönlichfühle mich diskriminiert . Ehrlich gesagt: Ich will Ihnenkein altbackenes Image verschaffen, sondern ich würdegerne heiraten .
Ich weiß nicht, ob mich das am Ende glücklichermacht, als ich jetzt bin . Ehrlicherweise gestehe ich Ihnendas zu . Und ob das nun mit außerehelichem Sex besseroder schlechter ist, weiß ich auch nicht .
Das konnte ich noch nicht ausprobieren; denn bisher wares immer außerehelich .
Wie gesagt, kann ich das nicht beurteilen . Ich würde esaber vielleicht gerne einmal beurteilen können .Das Ganze hat auch deswegen nichts mit Karneval zutun, weil es einen wirklich tragischen Hintergrund hat .Bei den schwulen und lesbischen Jugendlichen liegt dieSelbstmordrate deutlich höher als bei vielen anderen .Und das am häufigsten gebrauchte Schimpfwort an deut-schen Schulen ist nun einmal „du Schwuler“ oder „duSchwuchtel“ .Ehrlich gesagt, kriegt man einen gesellschaftlichenWandel nur dann hin, wenn man das gemeinsam macht .
Dafür ist der Deutsche Bundestag auch da . Wenn wirnach vorne gehen, dann ist das nicht immer populär,führt aber dazu, dass sich auch gesellschaftliche Positi-onen verschieben . Ich habe bei der Bundeswehr einmalgelernt: Führen durch Vorbild .Wir sind bei bestimmten Gesetzen vielleicht nicht im-mer auch in der Bevölkerung in der Mehrheit . Aber wirsind es häufig nach vielen Jahren, weil wir auch eine Vor-bildfunktion haben . Diese sollte man wahrnehmen .Ich habe ja zur Kenntnis genommen, dass man Siezu einigen Punkten auch nötigen konnte und dass Siedurchaus mitgemacht haben – allerdings nie wirklichfreiwillig; entweder hat Rot-Grün es beschlossen, oderdas Bundesverfassungsgericht hat Sie genötigt. Ich findeaber, dass man das irgendwann einmal – ich mache dashier seit 1998 – hinbekommen muss; und ich würde dasgerne in dieser Legislaturperiode hinbekommen .
Es gibt einen Koalitionsvertrag; das Stichwort ist ebengenannt worden . Lesen wir einmal im Koalitionsvertrag .
Ich bin immer für eine gemeinsame Lektüre . Vielleichtbildet das weiter . Im Koalitionsvertrag steht:Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtlicheLebenspartnerschaften schlechter stellen, werdenwir beseitigen .
Ehrlicherweise muss ich jetzt sagen: Ich weiß nicht, wasman daran nicht verstehen kann . Die Öffnung der Ehegehört dazu .
Jetzt können Sie natürlich sagen: Wir subsumieren dieÖffnung der Ehe nicht unter diesem Satz . – Dann habenwir natürlich ein echtes Problem miteinander, weil ichdas deutlich anders verstehe . Ich fände es gut, wenn wirdas gemeinsam hier hinbekommen, weil gemeinsam solles sein .Thomas Oppermann hat gesagt, dass wir den Gesetz-entwurf zur Öffnung der Ehe in die nächste Sitzung desKoalitionsausschusses einbringen werden .
Deswegen war ich über diese Aktuelle Stunde gar nichtso unglücklich . Gestern wäre nämlich eigentlich eine Sit-zung des Koalitionsausschusses gewesen, und dann hätteman das hier heute abfeiern können . Leider ist die Sit-zung gestern ausgefallen . Ich weiß nicht, ob vor Schreckoder weswegen sonst .
Wir Sozialdemokraten jedenfalls wollen in dieserLegislaturperiode mit allen Parteien, die hier vertreten
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sind – CSU, CDU, Grüne, SPD und Linke –, die Öffnungder Ehe beschließen, weil das einen Vorbildcharakter fürdie Menschen in diesem Land hätte .
Deswegen: Geben Sie sich einen Ruck, und seien Siedabei .
Vielleicht bekommt man es ja, wenn die CDU nicht will,mit der CSU hin . Es sollen ja noch Wunder passieren .Vielen Dank .
Der Kollege Marcus Weinberg spricht jetzt für die
CDU/CSU .
Vielen Dank . – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Lieber Johannes Kahrs, du hast gerade zitiert,worauf wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben .Du weißt natürlich, dass das eine klare inhaltliche Aus-richtung hatte: Alle Diskriminierungssachverhalte sollenabgestellt werden;
das heißt auch steuerliche Gleichstellung . Über eineandere Frage diskutieren wir gerade . Und ich erinneremich, dass vor zwei Jahren, als wir schon einmal überdieses Thema diskutierten, eine Rehabilitierung der nach§ 175 StGB Verurteilten noch in weiter Ferne war . Mitt-lerweile diskutieren wir darüber, wie wir das machen .
Das bezieht sich auf das Gebiet der Diskriminierungs-sachverhalte, auf den Bereich, wo wir Diskriminierungin der Beziehung zueinander abstellen können . Wie ge-sagt, beim Dienstrecht und beim Steuerrecht sowie beiden sich aus § 175 StGB entstandenen Folgen haben wirdas gemacht .
Zwei Vorbemerkungen sind mir wichtig:Erstens . Ich weiß, dass das eine hochemotionale De-batte ist, weil man betroffen ist, weil man meint, mansei betroffen, oder weil man sich betroffen fühlt . Deshalbist es umso wichtiger, dass wir bei dieser Debatte einenkühlen Kopf bewahren, zwar eine hitzige, aber auch eine,wie ich finde, sachlich gerechtfertigte Debatte führen.
Der zweite Punkt . Man kann ja Positionen vertreten .Ich rede gleich über die Positionen innerhalb der Union,die sehr weit auseinanderliegen .
Eines muss hier aber, wie ich finde, Gültigkeit haben: derRespekt vor einer anderen Position .
Herr Beck, dass Sie uns mit Ihrem Hinweis auf die83 Prozent indirekt vorwerfen, dass wir hier eine Minder-heit verteidigen oder vertreten, finde ich ziemlich skurril.Ich finde, auch eine Minderheit hat Anspruch darauf, par-lamentarisch vertreten zu werden, und das machen wirals CDU und CSU .
Deswegen bitte ich um den nötigen Respekt und darum,in der Debatte zu versuchen, auch die Position der ande-ren zu verstehen .Noch einmal zum Koalitionsvertrag . Ich glaube, allenist klar, was mit der Formulierung im Koalitionsvertraggemeint war .
Die SPD muss also aufpassen, was sie macht, wenn siejetzt das Thema „Ehe für alle“ für den Koalitionsaus-schuss anmeldet . – Johannes Kahrs ist doch ein seriöserHanseat,
Sozialdemokrat; wenn der Hamburger einem die Handgibt, dann zählt sein Wort . Ich glaube, Johannes, du wirstdafür sorgen, dass das Wort der SPD in dieser Fragezählt . – Im Koalitionsvertrag haben wir uns damals da-rauf verständigt, dass die Ehe für alle nicht in dieser Le-gislaturperiode kommt,
und dazu stehen wir auch . Dazu solltet ihr auch stehen .
Jetzt noch einmal zur Diskussion innerhalb der Uni-on . Dass es unterschiedliche Positionen gibt, ist in denletzten Debatten immer deutlich geworden . Es ist keineSchwäche von zwei Parteien bzw . einer Fraktion, wennJohannes Kahrs
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sie über verschiedene Positionen debattiert und sie kri-tisch beleuchtet .
Es gibt tatsächlich viele in der Union, die unvoreinge-nommen für die Öffnung der Ehe stehen .
Es gibt andere in der CDU, auch in der CSU, die die Öff-nung der Ehe komplett ablehnen, und es gibt den einenoder anderen – dazu würde ich mich zählen –, der ernst-haft darüber nachdenkt, welchen Weg man gehen kann,wie man Stellschrauben verändern kann, damit man bei-den Seiten gerecht wird,
denjenigen, die das kritisch sehen, ebenso wie denje-nigen, die das voranbringen wollen . Die Stärke einerVolkspartei ist, diese Debatte zu führen und auch auszu-halten . Sie müssen schon Geduld aufbringen . Zunächsteinmal führen wir die Debatte bei uns, und dann kommenwir möglicherweise auf Sie zu .
Also spiegelt die Union auch die gesellschaftliche De-batte wider .Noch einmal: Ob es 80, 70 oder 83 Prozent sind, esgibt viele, die damit ein Problem haben, die sagen: Nein,Ehe und Familie – jetzt komme ich sozusagen zum Kernder 49er-Diskussion – stehen unter dem besonderenSchutz des Staates .
Damit ist und war von den Verfassungsvätern und denvier Verfassungsmüttern ganz deutlich gemeint: Ehe alsdie Beziehung der Personen zueinander, aber auch dieMöglichkeit, dass aus dieser Beziehung Kinder erwach-sen können und eine Familie gegründet wird .
Deswegen ist es auch in der Verfassung ein Alleinstel-lungsmerkmal .
Herr Beck, mit Respekt meine ich auch, dass man ineiner parlamentarischen Debatte Stil haben muss . Mo-mentan vermisse ich bei Ihnen den Stil . Sie müssen aucheinmal zuhören .
Die Debatte ist weitergeführt worden . FrauWinkelmeier-Becker hat das Thema Adoptionsrechtschon angesprochen . Da sage ich persönlich für michganz klar: Ich bin der Meinung, dass auch gleichge-schlechtlichen Paaren die Adoption zugestanden werdensollte . Das ist gar keine Frage .Auch da gibt es in der Union eine Diskussion . Am Endeder Diskussion werden wir auch eine Entscheidung tref-fen und in den politischen Diskurs bringen .
– Kollege Bartke, warten Sie es doch ab .
Noch ein verfassungsrechtlicher Blick auf die Ehe:Es ist richtig und wichtig, Artikel 6 rechtsgeschichtlichunter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass die Verfas-sungsväter und -mütter damals gesehen haben, dass esmit Blick auf die Familiengründung ein Alleinstellungs-merkmal der Beziehungen von Frau und Mann gibt .
Ob eine Verfassungsänderung irgendwann notwendigsein wird, lasse ich einmal dahingestellt . Natürlich sehenauch wir, dass sich Menschen diskriminiert fühlen, wennsie „verpartnert“ eintragen müssen . Das ist ein Problem,aber darüber diskutieren wir ja auch gerade innerhalb derUnion .
Wir haben deutlich gemacht, dass wir diesen Diskussi-onsprozess zu Ende führen wollen, weil wir möchten,dass es einen möglichst großen Konsens gibt .Ich sage noch einmal: Ich glaube, auch die soge-nannte Minderheit – Herr Beck, es ist immer gut, wennman sich für Minderheiten einsetzt – sollte in dieserFrage mitgenommen werden . Da stehen wir als Unionals Ansprechpartner zur Verfügung . Das ist auch unseredemokratische Pflicht. Und dann werden wir in der Uni-on sicherlich eine mögliche Entscheidung treffen . Nocheinmal, Johannes Kahrs: Das ist in der Koalitionsverein-barung so geregelt .
Herr Bartke, auch mit Blick auf die Zukunft rate ichIhnen, uns zu ersparen, hier jetzt solch ein Spiel – üb-Marcus Weinberg
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rigens hat dies Frau Lay gerade richtig dargestellt – zutreiben .
Sechs Monate vor der Wahl Wahlkampfmanöver zu fah-ren, mit der Einberufung des Koalitionsausschusses zutaktieren und den Bruch der Koalition anzudrohen, das,glaube ich, sollte nicht der Stil am Ende der Großen Ko-alition sein .
Der Kollege Harald Petzold hat das Wort für die Frak-
tion Die Linke .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen undKollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Der Kol-lege Weinberg hat gerade in dieser Debatte, in der Ak-tuellen Stunde zum Thema „Ehe für alle“, beklagt, dasshier eine hitzige Debatte geführt werde .
Der Einzige, der hier hitzig debattiert hat, war, glaubeich, der Kollege Weinberg selbst,
weil er jetzt offensichtlich gemerkt hat, dass die Mehr-heiten hier in diesem Haus tatsächlich andere sind, diedas, was er inhaltlich vorgetragen hat, nicht teilen .
Frau Kollegin Winkelmeier-Becker, niemand hier hatgesagt, dass derjenige oder diejenige, die oder der nichtfür die Homo-Ehe ist, homophob sei . Das hat niemandgesagt .
Vielmehr ist gesagt worden: Wer einem anderen dieGleichstellung verweigert, diskriminiert . – Das ist etwasanderes .
Sie haben zu Recht darauf verwiesen, dass man in derUnion im Zuge von Diskussionsprozessen Fortschritteerzielt hat . Ich bin ja Zeuge solcher Diskussionsprozessegeworden . Sie haben hier das Beispiel der LSU ange-sprochen . Ich kann Sie nur einladen: Kommen Sie einmalmit zum Straßenfest in die Motzstraße hier in Berlin
im Sommer, und schauen Sie sich den Stand der LSUan . Die Kolleginnen und Kollegen der LSU stehen ja im-mer gegenüber von unserem Stand, neben dem Stand derGrünen und neben dem Stand der SPD . Die Leute kom-men immer gerne zum Weißwurstessen dorthin, aber in-haltlich nimmt inzwischen niemand mehr ein Stück Brotvon diesen Kolleginnen und Kollegen .
Das ist einfach schade, weil sie möglicherweise etwas zurDiskussion beizutragen haben . Das wäre doch wichtig .Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Sie möchten,dass der Kollege Professor Hirte bei der nächsten Po-diumsdiskussion zum CSD in Köln – vielleicht wird erja wieder angefragt – wieder wie der letzte Depp aus-gebuht wird, wenn er verkünden muss, dass es wiedernicht gelungen ist, die Gleichstellung der eingetragenenLebenspartnerschaft mit der Ehe durchzusetzen . Ich kannmir ebenfalls nicht vorstellen, dass Sie das der KolleginSütterlin-Waack zumuten wollen, dass Sie das dem Kol-legen Kaufmann zumuten wollen oder dass Sie das demKollegen Luczak zumuten wollen . Letzterer hat ja schongetwittert, dass es endlich Zeit wird, hier für Gleichstel-lung zu sorgen .
Doch er wird in Berlin-Schöneberg genauso „verprü-gelt“, weil Sie sich weigern, endlich dafür zu sorgen,dass es gemäß der Mehrheitsmeinung, die es hier in die-sem Hause gibt und die inzwischen auch Teile Ihrer Frak-tion mittragen, zu einer gesetzlichen Regelung kommt .Ich kann Ihnen, wenn Sie hier auf Minderheitenmei-nungen rekurrieren, nur sagen: Niemand will von Ih-nen, dass Sie ab morgen eine schwule Ehe führen, HerrWeinberg . Niemand! Sie können hier Ihre Minderheiten-meinung gerne weiter vertreten; dagegen hat doch nie-mand etwas . Aber die Mehrheitsmeinung, die es hier indiesem Haus, zumindest rechnerisch, gibt, muss endlichzum Tragen kommen . Deswegen fordern wir, dass SieIhre Blockadehaltung endlich aufgeben und wenigstensdie Abstimmung freigeben .
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, eineskann ich Ihnen natürlich nicht ersparen:
Sie haben sich heute im Rechtsausschuss
Marcus Weinberg
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zum 24 . Mal zum Deppen gemacht,
indem Sie das schmutzige Geschäft der Union in dieserFrage freiwillig übernommen und zum 24 . Mal verhin-dert haben, dass die drei vorliegenden Gesetzentwürfewenigstens beraten werden . Wenigstens beraten! Nachder Rede von Frau Winkelmeier-Becker müsste Ihnendoch endlich aufgegangen sein, dass Sie warten können,bis Sie schwarz werden,
bis die Union bei der Gleichstellung von eingetragenerLebenspartnerschaft und Ehe gemeinsame Sache mit Ih-nen macht . Wenn Sie nicht begreifen, dass Sie die rech-nerische Mehrheit, die wir im Deutschen Bundestag jetzthaben, endlich nutzen müssen, dann werden Sie auchnoch dafür sorgen, dass Ihre neue Gallionsfigur, MartinSchulz, zur Witzfigur verkommt. Das passiert nämlich,wenn er nur Versprechungen macht und dann die Leutemerken, dass an den Versprechungen nichts dran ist .
Der Kollege Beck hat den Kollegen Kahrs ja schonzitiert . Den entscheidenden Satz, Volker, hast du aberausgelassen .
Der Kollege Kahrs hat nämlich versprochen, dass dieUnion im Deutschen Bundestag eine Abstimmungsnie-derlage erleiden werde,
und die sei auch verdient. Dieser Satz ist, wie ich finde,wichtig .
Denn es geht darum, dass es hier Abgeordnete gibt, diezu ihrem Wort stehen, und Abgeordnete, die nur ankündi-gen . Aber das Ankündigen muss endlich ein Ende haben,wenn wir Vertrauen in Politik zurückgewinnen wollen .
Ich habe in meiner ersten Rede hier gesagt, dass iches satt habe, wie ein Bittsteller auftreten und betteln zumüssen, wenn es darum geht, dass ich dieselben Rechtein diesem Land haben möchte, wie sie der Fraktionsvor-sitzende der CDU/CSU oder der Fraktionsvorsitzendeder SPD ganz selbstverständlich haben . Ich habe auchgesagt, dass ich es satt habe, dass gute Gesetzentwürfewieder einmal dem sogenannten Prinzip des Verfallensanheimfallen, wenn die Wahlperiode abgelaufen ist .
Das werden wir nicht zulassen .Ich kündige schon jetzt an – darauf können Sie sichverlassen –: Sie haben noch bis zum 26 . April dieses Jah-res Zeit . Dann sind die nächsten zehn Wochen abgelau-fen . Die Ausschussvorsitzende muss dann Bericht erstat-ten, was mit den Gesetzentwürfen im Rechtsausschusspassiert ist . Dann werden wir hier die nächste Debatteüber dieses Thema führen . Dann wird sich zeigen, ob derKollege Kahrs nur die Backen aufgeblasen hat oder obwir hier tatsächlich zu einer Abstimmung kommen undendlich für Gleichstellung und Gleichberechtigung sor-gen können .Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit .
Der Kollege Dr . Karl-Heinz Brunner spricht jetzt für
die SPD .
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen undKollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Sie aufden Rängen dort oben werden wahrscheinlich denken:Was soll die ganze Diskussion heute überhaupt?
Das, was man hier hört, sind ja keine Argumente, son-dern ist eigentlich nur die Wiedergabe von teilweise ganzpersönlichen Empfindungen.Ich sage aber auch Ihnen, lieber Herr Kollege Petzold,ganz deutlich: Eigentlich schätze ich Sie . Aber das, wasSie jetzt gerade gesagt haben, hat Sie in gewisser Hin-sicht disqualifiziert. Sie wissen, was im Koalitionsver-trag von SPD und Union steht . Sie wissen auch, dass dieUnion, wenn sie die Ehe für alle nicht umsetzt, den Ko-alitionsvertrag aus meiner Sicht – Kollege Kahrs hat esausgesprochen – missachtet und bricht .
Wir, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten,haben nicht die Absicht, zuzulassen, dass der Koalitions-vertrag gebrochen wird . Deshalb verhandeln wir mit un-serem Koalitionspartner, und ich hoffe, Horst Seehoferwird schnell so weit gesundet sein, dass er an dem nächs-ten Koalitionsgipfel teilnehmen kann . Wir verhandeln,um das, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben,nämlich Ungleichbehandlungen zu vermeiden und ab-zubauen, auch umzusetzen, also hier in diesem HauseHarald Petzold
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gemeinsam zu beschließen, dass die Ehe für alle Wirk-lichkeit wird .
Es wird vonseiten der Opposition immer gerne argumen-tiert, dass wir, die SPD, das verhinderten . Dazu muss ichanmerken: Wir sind zwar in einer Großen Koalition, aberwir sind noch nicht der größere Partner . Wir müssen nochbis zum 24 . September 2017 warten, bis wir die Mehrheitin Deutschland haben .
Meine Kolleginnen und Kollegen von der Union, werwill denn in Deutschland die Ehe für alles?
– Für alle! – 83 Prozent aller Deutschen wollen sie .
Auch die Mehrheit dieses Hohen Hauses und die Mehr-heit des Bundesrates will sie, und wenn Sie ganz ehr-lich sind, dann müssen Sie zugeben: Das will auch dieMehrheit innerhalb der Unionsfraktion . Deshalb frageich mich: Warum passiert hier nichts, obwohl wir im Ko-alitionsvertrag vereinbart haben, Diskriminierung abzu-bauen?Ich gebe der Kollegin Künast recht, die in ihrer Pres-seerklärung gesagt hat, dass Spielchen gespielt werdenund man sich fragen müsse, ob das Taktik, Machtkalküloder nur Trotz ist . Es kann ja nicht sein, dass es um religi-öse Gefühle geht . Die Mehrheit der Evangelischen Lan-deskirchen in Deutschland schließt bei Lebenspartner-schaften inzwischen nämlich Ehen, was nur ein bisschenillegal ist . Die Menschen wollen also die Ehe für alle .Deshalb kann ich diese parteitaktische Argumentationpolitisch nicht akzeptieren . Sie ist unredlich .
Ich sage aber: Ich akzeptiere es – hier haben Sie michvoll an Ihrer Seite –, wenn jemand in diesem HohenHause oder in diesem Lande sagt, dass er aus Gewissens-gründen, seinem persönlichen Gewissen folgend, einebestimmte Entscheidung – zum Beispiel für die Ehe füralle – nicht mittragen kann . Wenn dies der Fall ist – dassage ich nicht nur den Kolleginnen und Kollegen derUnion, sondern vorrangig auch unserer Kanzlerin, diemit ihrem Bauchgefühl ja offensichtlich ihr Gewissenausdrückt –, dann bedeutet das, dass die Entscheidung indiesem Hohen Hause freizugeben ist und hier eine Ge-wissensentscheidung zu treffen ist .
Wenn eine Abstimmung im Zuge einer solchen Gewis-sensentscheidung durchgeführt wird, werte Kolleginnenund Kollegen aller Fraktionen, dann – da bin ich mir si-cher – werden wir hier über die Parteigrenzen hinaus eineMehrheit für die Ehe für alle haben .
Wenn nun der eine oder andere erklärt, dass dies schonaus formellen Gründen in dieser Legislaturperiode viel-leicht nicht mehr klappen könne, halte ich ihm entgegen:Wenn wir etwas gewollt haben – Hilfe für Menschen,für Europa, für unsere Freunde in Griechenland –, dannhaben wir in diesem Hohen Haus in weit kürzerer ZeitMehrheiten organisieren, Gesetzesentscheidungen tref-fen und Gesetze beschließen können .Ich möchte nicht, dass wir bei dieser wichtigen Fragenoch länger zuwarten; denn es geht um Menschen, diein Liebe verbunden sind, die gegenseitig Verantwortungübernehmen wollen, die unsere Gesellschaft entlastenund in diesem Land solche Werte leben, wie wir es unswünschen, indem sie füreinander einstehen, miteinanderalt werden und Verantwortung für Kinder übernehmenwollen . Deshalb glaube ich, dass es gut und richtig ist,wenn möglichst schnell ein Gesetzentwurf der Bundesre-gierung in diesem Hohen Hause beraten wird,
um danach die Ehe für alle hier mit großer Mehrheit zubeschließen .Viele Dank für die Aufmerksamkeit .
Die Kollegin Renate Künast spricht jetzt für Bünd-
nis 90/Die Grünen .
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Heute ist ja ein besondererTag . Es ist eigentlich eine gute Sache, dass wir am Inter-nationalen Frauentag, wo es ja auch um Gleichstellunggeht, nicht nur über die Gleichstellung zwischen den Ge-schlechtern, sondern auch einmal über Liebe und Verant-wortung reden .Seit einem Vierteljahrhundert sind wir an diesem The-ma dran . Es ist ja schon gesagt worden: 83 Prozent allerDeutschen befürworten Gleichstellung auch bei der Ehe .Das muss man doch endlich einmal realisieren, meineDamen und Herren .
Ich meine, bei der Atomkraft haben Sie es ja auch irgend-wann gelernt, dass das Volk einfach nachhaltig nicht – –
Dr. Karl-Heinz Brunner
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– Ach, Herr Lengsfeld ist auch noch da! – Also, warumist es ein guter Vergleich? Weil es um den Punkt geht,dass man sich teilweise ewig lange ziert, es aber am Endedoch, wenn auch ein bisschen spät, tut .Ich finde, Sie von der CDU/CSU haben hierbei ziem-lich komische Pirouetten vorgeführt . Frau Winkelmeier-Becker ist hier angekommen und hat gesagt, das Wort„Ehe“ gehöre uns gar nicht . Auf die Idee wäre ich garnicht gekommen, Frau Winkelmeier-Becker . Das wareine Pirouette am Redepult des Deutschen Bundestages,bei der ich schon fast den Zwischenruf machen wollte,ihn aber nicht kurz genug hinbekam: Melden Sie das fürden Eistanz an! Da sucht man auch immer nach neuen Fi-guren; und wenn Sie Glück haben, kommen Sie am Endewieder mit beiden Kufen auf dem Boden an .Es ist doch eine absurde Debatte, darüber zu spre-chen, ob uns das Wort „Ehe“ gehört oder nicht, meineDamen und Herren . Es geht um den Punkt, dass wir ge-sellschaftlich mit diesem Begriff etwas ausdrücken wol-len . Wir wollen mit ihm ausdrücken, dass wir Liebe undVerantwortung respektieren und schützen wollen . Es gibtnach unserem Grundgesetz keinen Grund, Gleiches nichtgleich zu behandeln . Das ist der Kern .
Ich finde es bedauerlich, dass wir im Rahmen desparlamentarischen Verfahrens GO-Eiertänze vollziehen .Seit Herbst 2015 werden die Anträge der Fraktion DieLinke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jedesMal wieder vertagt . So auch heute . Herr Brunner hatleider den Job übernommen, das immer wieder per Ge-schäftsordnung zu beantragen . Mittlerweile ist aber auchschon mehrere Male die Behandlung des Bundesratsbe-schlusses vertagt worden, meine Damen und Herren . Ichempfehle Ihnen einen Blick ins Grundgesetz . Das Grund-gesetz sagt in Artikel 76 Absatz 3 letzter Satz:Der Bundestag hat über die Vorlagen– des Bundesrates –in angemessener Frist zu beraten und Beschluss zufassen .Also irgendwann werden Sie im Plenum dieses Bundes-tages einen Beschluss über den Beschluss des Bundesra-tes fassen müssen .
Alles andere, meine Damen und Herren, ist verfassungs-widrig, echt verfassungswidrig .Herr Weinberg hat hier gesagt, wir sollten einen küh-len Kopf behalten . Das tue ich, Herr Weinberg, meinKopf wird in dieser Angelegenheit immer kühler undklarer . Ich kann Ihnen deshalb sagen: Ich habe nicht ver-standen, wo jetzt eigentlich Ihr Problem ist und wo Sienoch Klärungsbedarf haben .
Sie führen jetzt eine Diskussion, die zum Beispiel umden Begriff „Reproduktionsgemeinschaft“ kreist . DieEhe ist keine Reproduktionsgemeinschaft bzw . Repro-duktionsinstitution . Das ist so an keiner Stelle unseresGrundgesetzes festgelegt worden . Insofern brauchen Siesich mit diesem Begriff gar nicht mehr abzumühen . DieEhe beinhaltet eine Verantwortungsübernahme, hat aberverfassungsrechtlich nicht zwingend etwas mit Repro-duktion zu tun, meine Damen und Herren .Warum können Sie als Partei mit dem großen „C“ imNamen eigentlich nicht einmal der Idee des christlichenEhegelübdes folgen? Da heißt es doch: In guten wie inschlechten Zeiten . – Was hindert Sie eigentlich, wennMenschen zueinander sagen: „Wir beide wollen uns inguten wie in schlechten Zeiten nicht nur lieben, sondernauch Verantwortung übernehmen . Wir wollen uns beiKrankheit gegenseitig helfen, unsere Eltern pflegen, Pa-tenkindern beim Aufwachsen helfen oder selber Kinderadoptieren“, froh darüber zu sein, dass Menschen Verant-wortung übernehmen? Ich verstehe es nicht .
Ich verstehe es schon gar nicht in diesen Tagen, wo anmanchen Stellen so wenig Verantwortung wahrgenom-men wird, aber so viel Hass vorhanden ist .Wir haben vor 15 Jahren mit dem Lebenspartner-schaftsgesetz den ersten Schritt gemacht . 15 Jahre danachgibt es meines Erachtens nicht mehr viel zu diskutieren .Lassen Sie uns einfach das Wort „gleichgeschlechtlich“in § 1353 BGB hineinschreiben, meine Damen und Her-ren . Das Bundesverfassungsgericht wird es Ihnen einesTages sowieso überhelfen . Es überhilft Ihnen ja alles,und Sie müssen dann – so auch bei der Adoption – nach-her hinterherklappern .Ich suche manchmal nach eindrucksvollen Lebens-weisheiten und Menschen, die mir eine Wegweisung ge-ben .
Ich habe einen solchen Menschen gefunden: WilhelmBusch .
– Na ja, Wilhelm Busch hat das auch schon diskutiert;das werden Sie gleich merken . Er hat nämlich festge-stellt, dass es keine Liebe zweiter Klasse gibt . Ich habeallerdings auch festgestellt, dass der Mann neugierig ist .Ein kurzes Zitat von ihm lautet:Liebe – sagt man schön und richtig –, ist ein Ding, was äußerst wichtig . Nicht nur zieht man in Betracht, Renate Künast
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was man selber damit macht, nein, man ist in solchen Sachen auch gespannt, was andre machen .
Das finden Sie nur heraus, wenn Sie die Ehe für allezulassen, meine Damen und Herren . Ich bin überzeugt:Es ist genug Ehe für alle da .
Die Kollegin Dr . Sabine Sütterlin-Waack spricht jetzt
für die CDU/CSU .
Warten Sie es ab .
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Kurz und im Ergebnis wahrscheinlich wenigüberraschend eins vorweg: An der Position der CDU/CSU-Fraktion hat sich seit unserer letzten Debatte zurGeschäftsordnung Ende letzten Jahres nichts geändert .
Vor wenigen Monaten habe ich an gleicher Stelleschon darauf hingewiesen: Die weit überwiegende Mehr-heit in der CDU/CSU-Fraktion ist hinsichtlich des Inhal-tes der Gesetzentwürfe der Grünen, der Linken und desBundesrates entschieden: Wir sind der Auffassung, dassdie Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner-schaften der Wertentscheidung des Verfassungsgesetzge-bers vorbehalten ist . Werte Kolleginnen und Kollegen,mit dieser Auffassung stehen wir übrigens nicht allein .Verfassungsrechtler stützen unsere Position .
Die Entscheidung zur Eheöffnung kann also nicht ein-fach durch Änderung des Bürgerlichen Gesetzbucheserfolgen, wie Sie sich das vorstellen und wie das auchim Bundesrat gesehen wird . Unsere Position hierzu wirdsich kurzfristig nicht ändern .
Genauso wenig wird sich aber, lieber Herr Beck, unse-re Einstellung verändern, dass Menschen, die sich liebenund dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen,die einander Stabilität und Halt geben wollen, unsereAnerkennung und Wertschätzung verdienen, unabhän-gig davon, ob sie gleich- oder verschiedengeschlechtlichsind .
Sie verdienen die Unterstützung der Gesellschaft und desStaates . Wir freuen uns, dass die bürgerlichen Lebens-formen nach Jahren der totalen Ablehnung auf ein derartgroßes Interesse bei der Opposition stoßen .
Ausdruck der staatlichen Wertschätzung und Unter-stützung war und ist das Institut der eingetragenen Le-benspartnerschaft .
Dessen Rechte und Pflichten haben der Gesetzgeberund auch das Bundesverfassungsgericht in den letzten15 Jahren immer weiter konkretisiert . Auch in dieser Le-gislaturperiode war hier kein Stillstand . Wir haben gleichzu Beginn der Wahlperiode die Sukzessivadoption fürgleichgeschlechtliche Paare ermöglicht .
Überdies haben wir das nationale Recht im Sinne derGleichstellung bereinigt .Wir haben schon so viele Debatten zur Öffnung derEhe in dieser Wahlperiode geführt . Deshalb sehen Sie esmir nach, wenn Sie von mir Bekanntes hören .
Die Eheöffnung ist eine politische Forderung von vielen .Sie ist aber eben keine zwingende grundgesetzliche Not-wendigkeit .
Ohne Eheöffnung, aber bei völliger rechtlicherGleichstellung könnte ich den Vorwurf nicht verstehen,dass weiter staatliche Diskriminierung betrieben werde .Viele in meiner Fraktion, auch ich, treten daher für einevollständige rechtliche Gleichstellung ein und versuchen,eine Konsenslösung herbeizuführen .
Über die Idee, die eingetragene Lebenspartnerschaftim Grundgesetz zu verankern und den Artikel 6 desGrundgesetzes um den Begriff „Lebenspartnerschaft“ zuerweitern, wird aber leider überhaupt nicht diskutiert .
Renate Künast
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Unser Werteverständnis vom Schutz von Familie undEhe, verbunden mit der Gleichberechtigung und Tole-ranz gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens,würden wir damit festschreiben. Ich finde es äußerstschade, dass dieser Weg nicht mehr als Alternative undKompromiss diskutiert wird . Damit könnte doch die Eheals Verbindung zwischen Mann und Frau beibehaltenwerden und die eingetragene Lebenspartnerschaft gleich-berechtigt danebenstehen . Eine zusätzliche Änderungdes Personenstandsgesetzes wäre denkbar . Dann bliebegleichgeschlechtlichen Paaren in administrativen Vor-gängen die Offenlegung ihrer sexuellen Identität erspart .Es hat zwar nichts mit der Frage nach der Öffnung derEhe zu tun, aber damit etwas – darüber haben wir schongesprochen –, was uns als Fraktion in diesen Debattenimmer unterschwellig entgegenschlägt . Dort schwingtmit: Die CDU/CSU-Fraktion ist, weil sie sich gegen dieÖffnung der Ehe stellt, irgendwie homophob . Weil siesich das öffentlich nicht zu sagen traut, wird das latentdurch die Abwehrhaltung in dieser Frage ersetzt . Ichmöchte diese Aktuelle Stunde dafür nutzen, zu sagen:Das ist großer Unsinn .
Sicher waren wir nie die Speerspitze der Bewegung,
und sicherlich wird es nicht sonderlich schwerfallen, inalten Plenarprotokollen Aussagen zu finden, die nicht ge-rade von einer ganz großen Aufgeschlossenheit für die-ses Thema zeugen .
Aber das ist lange her . Das zeigt im Übrigen auchunsere Herangehensweise an eine Thematik wie die derRehabilitierung der Opfer des ehemaligen § 175 Strafge-setzbuch .
Wir erkennen an, dass die Rehabilitierung der Betroffe-nen ein wichtiges moralisches, politisches und gesell-schaftliches Anliegen ist .
Der Kabinettsbeschluss fehlt noch – das stimmt –,aber uns allen ist klar, dass die verurteilten Personen oft-mals hochbetagt sind und wir deshalb einen Abschlussdes Gesetzgebungsverfahrens in dieser Legislaturperiodebrauchen . Dafür werden wir uns einsetzen . Wir wollen,dass die Betroffenen ihre Rehabilitierung noch erleben,und hoffen, dass sie dadurch mit unserem Rechtssystemversöhnt werden .Denen, die mir zugehört haben, danke ich dafür .
Die Kollegin Mechthild Rawert spricht jetzt für die
SPD .
Liebe Frauen! Liebe Lesben! Gratulation zum Interna-tionalen Frauentag! – Seit Anfang März können Lesbenund Schwule auch im konservativ-liberal regierten Finn-land heiraten . Dort gilt nun die Ehe für alle; dort gibt esauch für alle das gleiche Adoptionsrecht . Das ist nun inmehr als 20 Staaten der Welt der Fall, und in allen diesenStaaten gelten gleiche Rechte für hetero- und homosexu-elle Paare . So sieht dort die politische und gelebte Reali-tät aus . Und was machen wir? In Deutschland hinken wirschmählich hinterher .Sie alle wissen: Der Widerstand gegen die Ehe für allekommt aus der Union . Dieser Widerstand ist mir unver-ständlich . Denn – die Umfragen wurden schon angespro-chen – die in Deutschland lebenden Menschen wollendie vollständige Gleichstellung . Die vollständige Gleich-stellung wollen auch Ihre Wählerinnen und Wähler, nichtnur die der anderen Parteien .
Sozialdemokratische Wähler und Wählerinnen in Ber-lin und anderswo – insbesondere in meinem WahlkreisTempelhof-Schöneberg –
wollen 100 Prozent Gleichstellung . Deswegen hat sichdie Landesgruppe der Berliner SPD-Bundestagsabgeord-neten bereits 2015 an die CDU/CSU-Bundestagsfraktionund die Bundesregierung gewandt und gefordert: Ge-ben Sie die Abstimmung im Deutschen Bundestag frei!Schließen Sie sich der Position der Bundesländer undder SPD an! Setzen Sie sich mit uns gemeinsam für dieEinführung des Rechts auf Eheschließung für gleichge-schlechtliche Paare ein!Wir alle sind Parlamentarierinnen und Parlamentari-er . Meine Bitte ist daher: Hören Sie auf das Votum IhrerWähler und Wählerinnen! Dann können auch der Wider-stand und das Bauchgefühl der Kanzlerin überwundenwerden . Ich sage ganz deutlich: Wir werden als SPD ei-nen Gesetzentwurf vorlegen, und wir werden dafür Sorgetragen – zumindest hoffe und erwarte ich dies auch vonmeiner eigenen Fraktion –, dass es tatsächlich noch indieser Legislaturperiode zu einer Entscheidung kommenwird .
Denn wir haben gesagt und das auch schriftlich nie-dergelegt: Wir wollen mit jeglicher Form von Diskrimi-nierung Schluss machen . Das heißt, gleiche Rechte füralle schaffen: Menschenrechte und – weil Frauentag ist –Frauenrechte, aber selbstverständlich auch gleiche Rech-te für heterosexuelle, homosexuelle, trans- oder auch in-tersexuelle Menschen .Dr. Sabine Sütterlin-Waack
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Frau Winkelmeier-Becker, Sie kennen vielleicht nochnicht die neueste Studie zum Thema „Geschlecht imRecht“ .
Wir werden noch intensiv darüber debattieren . Vieleder Fragen, die Sie jetzt angerissen haben, werden nochGegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen werden,befürchte ich . Denn das ganze Thema Geschlecht wirdnoch große Debatten nach sich ziehen, nicht nur zu denFragen, über die wir heute sprechen, sondern auch imHinblick auf Transsexualität und Intersexualität . Die Un-tersuchungen und Studien liegen vor . Auf die Debattenbis hin zu der über das dazugehörige Familienbild freueich mich jetzt schon .Ich selber stamme gebürtig aus einer konservativenFamilie . Aber niemand aus dem CDU-geprägten ländli-chen Umfeld meiner Familie macht sich für Ungleichheitzwischen Menschen stark . Ich hoffe, dass das alle Par-teien eint . Wir wollen gleiche Rechte für alle; denn jederMensch ist, unabhängig von seiner sexuellen Identität,gleich zu behandeln . Die Menschenwürde ist unteilbar .
Deswegen sollen gleichgeschlechtliche Paare genausoviel Unterstützung erhalten wie andere . Lassen Sie unsendlich die Streitfrage „Soll es die Ehe für alle geben?“überwinden! Kämpfen wir für die Ehe für alle! Ich fügehinzu: Kämpfen wir auch für ein gemeinschaftlichesAdop tionsrecht; denn auch die Kinder sind gleich zu be-handeln . Ihnen allen gebührt die gleiche Liebe, unabhän-gig von der sexuellen Identität der Eltern; das beweisenalle Studien . Das schulden wir sowohl den Erwachsenenals auch den Kindern, und das nicht nur heute, am Inter-nationalen Frauentag .
Der Kollege Alexander Hoffmann spricht jetzt für die
CDU/CSU .
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnenund Kollegen! Lieber Kollege Brunner, Sie wissen, dassich Sie schätze .
Ich sage Ihnen aber angesichts Ihrer Rede ganz ehrlich:In dieser Debatte stelle ich nicht mehr unbedingt so hoheAnsprüche an Inhalt und Qualität . Wenn die KollegenBeck und Kahrs sprechen, dann weiß ich, dass Emotio-nen im Spiel sind und dass das manchmal auf Kosten derparlamentarischen Fairness geht .
Wenn die Kollegin Künast spricht – das weiß ich aus demAusschuss –, fehlt manchmal vielleicht die inhaltlicheTiefe .
Ich sage Ihnen aber ganz ehrlich, Kollege Brunner:Was Sie heute vorgetragen haben, hatte für mich dieZüge einer Büttenrede . Ich will Ihnen auch sagen, wa-rum . Als Sie behauptet haben, dass wir den Koalitions-vertrag brechen, war ich kurz davor, mich kaputtzula-chen; denn ich kann mich an von Ihnen gestellte Anträgezur Geschäftsordnung im Rechtsausschuss erinnern, indenen Sie selbst auf den Koalitionsvertrag verwiesen ha-ben . Mir ist wichtig, dass wir bei der Wahrheit bleiben .
Ich möchte noch vier Aspekte ansprechen, die mirwichtig erscheinen . Auch in dieser Debatte wird der Ein-druck erweckt, dass Deutschland in Sachen Gleichstel-lung das Schlusslicht sei .
Bisweilen werden Länder – ich höre es schon wieder –wie Mexiko, die USA und Brasilien in diesem Zusam-menhang genannt . Ich möchte davor warnen, solcheLänder als beispielgebende Vorbilder für Deutschlandin Sachen Gleichstellung zu nennen; denn wenn Sie sichdiese Länder genau anschauen und eine Bestandsauf-nahme machen, dann werden Sie feststellen, dass es indiesen Ländern im Moment tragischerweise nur um einEtikett geht . Aber Inhalte wie Diskriminierungsschutzim Arbeitsrecht und entsprechende Regelungen fehlenin diesen Ländern noch komplett . Deswegen schlage ichvor, damit aufzuhören, hier nur über das Etikett zu dis-kutieren . Vielmehr sollten wir schauen, was Gesellschaftund Politik in Sachen Gleichstellung tatsächlich geleistethaben .
Des Weiteren wird behauptet, das Bundesverfassungs-gericht fordere die Ehe für alle . Das ist fast eine Origi-nalaussage des Kollegen Beck . Kollegin Künast hat esgenauso formuliert . Darüber wundere ich mich jedesMal . Es gibt eine Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts vom 7 . Mai 2013 . Ich bitte Sie inständig, diesezu lesen . Dort heißt es nämlich, dass die Ehe ein Institutist, das alleine der Verbindung von Mann und Frau vor-behalten ist .
Dann kommt oft die Aussage – das ist der dritte As-pekt –: Nur die Bezeichnung als Ehe beseitigt jeglicheDiskriminierung . – In der Anhörung am 28 . SeptemberMechthild Rawert
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2015 – der Kollege Kahrs war leider verhindert; sonstwürde er die Aussagen kennen – wurde Professor Ipsengefragt, ob wir eine gleichgeschlechtliche Partnerschaftals Ehe bezeichnen müssen, um jegliche Diskriminierungzu vermeiden . Die Aussage des Juristen lautete: Nein .Im Übrigen ist es so – die Kollegin Winkelmeier-Becker hat es vorhin schon angesprochen –: Auch beiMann und Frau gibt es unterschiedliche Bezeichnungen,aber gleiche Rechte . Sie selbst, wenn ich Sie erinnerndarf, haben immer von Gleichstellung gesprochen . WennSie schauen, was der Begriff „Gleichstellung“ bedeutet,dann sehen Sie, dass es unterschiedliche Dinge sind, diegrundsätzlich gleichzubehandeln sind . Und es sind unter-schiedliche Dinge, auch wenn Sie das nicht hören mögen .
Damit komme ich zu meinen Argumenten . Aus einerEhe, der Verbindung zwischen Mann und Frau, könnenpotenziell Kinder hervorgehen . Deswegen steht sie unterdem besonderen Schutz des Grundgesetzes, ob Ihnen dasgefällt oder nicht .
Dann kommt der Satz: Das gesellschaftliche Verständ-nis der Ehe hat sich gewandelt . – Auch das kann ich sonicht mittragen . Die Ehe ist nach wie vor die mit Abstandhäufigste Form menschlichen Zusammenlebens. 70 Pro-zent aller Kinder werden in der Ehe groß . Ich bin dankbarfür ein ganz wichtiges Zitat – da dürfen die Grünen im-mer wieder zuhören –, welches lautet:
So ist und bleibt die klassische Ehe die bevorzug-te Lebensform der meisten Menschen – und das istauch gut so .Das wurde gesagt von Winfried Kretschmann am 6 . Ok-tober 2016 in der Zeit.
– Herr Beck, ich verstehe Ihre Emotionen . In diesem Falltut wahrscheinlich Zuhören weh .
Sie sehen also, es gibt tatsächlich viele Argumente,Dinge anders zu sehen .
Diese andere Meinung werde ich mir nicht nehmen las-sen . Ich werde mich auch nicht wegducken . Ich persön-lich – das sage ich Ihnen ganz ehrlich – habe keinen Be-ratungsbedarf . Wir führen diese Debatte nur aus einemGrund, und zwar weil sich die SPD in diesem Punkt nichtfindet und sagt: Wir würden ja so gerne, aber wir könnennicht wegen denen .
Ich kann nichts dafür – deswegen scheue ich michauch nicht vor dieser Debatte –, dass die SPD an dieserStelle so saft- und so kraftlos ist .
Danke .
Zum Abschluss der Aktuellen Stunde spricht jetzt die
Kollegin Barbara Woltmann für die CDU/CSU .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-ren! Der Präsident hat es gesagt: Ich bin die letzte Red-nerin in dieser Debatte, die zwölfte Rednerin zu diesemThema in der Aktuellen Stunde . Ich wage die Prognose:Auch wenn noch weitere zehn Redner heute hier redenwürden
– und Rednerinnen, vielen Dank –, dann würden wir unsheute hier dennoch nicht annähern;
denn die Positionen sind miteinander ausgetauscht . Invielen Sitzungswochen – das ist auch schon von Vorred-nern angesprochen worden – ist das Thema immer wie-der intensiv im Rechtsausschuss und auch in Debattenhier im Parlament behandelt worden .
– Gut, aber es ist immer wieder debattiert worden .
Ich weiß, dass es hier im Plenum beraten worden ist unddass Positionen ausgetauscht worden sind .Alexander Hoffmann
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Eines möchte ich auch einmal sagen: Ich möchte mirhier nicht mit einem missionarischen Eifer eine Meinungaufzwingen lassen . Wir sind im politischen Diskurs,
und da ist es schon erlaubt, dass jemand eine andere Mei-nung haben kann . Da gibt es unterschiedliche Meinun-gen, auch bei uns in der Fraktion . Es ist schon angespro-chen worden, dass wir da nicht alle einer Meinung sind .Aber ich finde, auch das gehört zu einer Volkspartei.
Wir müssen sehen, wie wir da zu einer gemeinsamen Li-nie kommen .Für uns ist es so, dass die Öffnung dieses Rechtsin-stituts Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften derWertentscheidung des Verfassungsgebers vorbehalten ist .
Das bedeutet nicht, dass die Union den Menschen, diesich lieben und die dauerhaft Verantwortung füreinan-der übernehmen und sich Stabilität geben wollen, keineAnerkennung oder Wertschätzung zuteilwerden lassenwill . Ganz im Gegenteil: Ob verschieden oder gleichge-schlechtlich, der Staat unterstützt alle Lebensformen, dievon Verantwortung füreinander getragen werden .
Auch wir wollen, dass Menschen Verantwortung fürein-ander übernehmen, egal welchem Geschlecht sie angehö-ren . Wir entziehen uns nicht einer Diskussion über einevollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Part-nerschaften, im Gegenteil .
Wir haben in den vergangenen Jahren bei der Anpas-sung der Rechtsvorschriften des Partnerschaftsgesetzeseine Fast-Gleichstellung der Ehe erreicht .
– Gut, vielleicht nicht immer freiwillig, aber wir habenes gemacht . – Der Gesetzentwurf des Bundesrats vom11 . November 2015 spricht daher auch von einer symbo-lischen Diskriminierung . Um Symbolik geht es aber beider Verfassung nicht . Der verfassungsmäßige Ehebegriffhat sich eben nicht verändert .Was sich durchaus verändert hat, ist die Gesellschaft;das ist hier ja auch schon angesprochen worden .
Auch das sehen wir natürlich . Viele wollen gar nicht odererst später heiraten . Es gibt Ehen, in denen man sich ge-gen oder erst später für Kinder entscheidet, weil man sichvielleicht erst beruflich entfalten möchte. Es gibt alsoganz unterschiedliche Lebensentwürfe . Es ist ja auch gutso, dass es diese unterschiedlichen Lebensentwürfe gibt .Es hat sich – das ist auch gut so – auch gesellschaftlichdie Einsicht breitgemacht, dass gleichgeschlechtlicheLebenspartnerschaften in keiner Form diffamiert oderdiskriminiert werden dürfen .
Das bewerten ich und unsere Fraktion sehr positiv . DieGleichberechtigung ist – in der Tat: bis auf die Eheschlie-ßung – erreicht .Schauen wir doch einmal ins Grundgesetz . Artikel 6Absatz 1 des Grundgesetzes schützt die Ehe und die Fa-milie . Mit dem Begriff „Ehe“ ist die auf Dauer angelegte,auf freiem Entschluss und auf Gleichberechtigung beru-hende und förmlich geschlossene Lebensgemeinschaftzwischen Mann und Frau gemeint . Das ist ja auch durchUrteile des Bundesverfassungsgerichts mehrfach so be-stätigt worden .Nicht erfasst werden nichteheliche oder eheähnlicheLebensgemeinschaften . Auch gleichgeschlechtliche Ver-bindungen wie die eingetragene Lebenspartnerschaftsind nach dem Grundgesetz und auch nach Meinung desBundesverfassungsgerichts keine Ehe, da Artikel 6 Ab-satz 1 des Grundgesetzes allein heterosexuelle Lebens-gemeinschaften meint . Die Ehe zwischen Mann und Frauhat also Verfassungsrang . Da hilft es uns auch nicht wei-ter, wenn Sie auf andere Länder verweisen . Das Grund-gesetz gilt hier .
Nun zu Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz: Gleichheitvor dem Gesetz . Was ist die Bedeutung dieses Artikels?Er greift, wenn es eine Ungleichbehandlung gibt, alsoeine unterschiedliche Behandlung zweier vergleichbarerSachverhalte .
Die heterosexuelle ist eben nicht mit der gleichge-schlechtlichen Ehe vergleichbar, da zwei Männer oderzwei Frauen keine Kinder zeugen und gebären können .
Das heißt, dass es kein gleicher Sachverhalt ist . Arti-kel 3 Absatz 1 Grundgesetz verbietet nicht nur die Un-gleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sondernauch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem .
– Das können Sie in Kommentaren nachlesen; da findenSie das . – Da ist auf der einen Seite eine heterosexuel-le und auf der anderen Seite eine gleichgeschlechtlichePartnerschaft . Das ist eben etwas Unterschiedliches .Barbara Woltmann
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Die Ungleichbehandlung aufgrund sexueller Orientie-rung als ein personengebundenes Merkmal unterliegt al-lerdings einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung . Beidieser Überprüfung hat das Bundesverfassungsgericht inder Vergangenheit entschieden, dass es Ungleichbehand-lungen gab . Diese sind mittlerweile beseitigt worden; dasist von Vorrednern schon angesprochen worden . Insofernsehen wir hier keine Verletzung des Artikels 3 oder desArtikels 6 . Daher muss man, wenn von Benachteiligunggesprochen wird, sagen: Die Verfassung sieht das sonicht .Es bleibt also festzuhalten – der Präsident meldetsich; ich muss zum Ende kommen –, dass wir zu keinemKompromiss kommen werden . Was die Adoption angeht,glaube ich, wird es Veränderungen geben . Das könnte ichmir vorstellen, aber nicht bei der Ehe .
Die Aktuelle Stunde ist damit beendet, und wir sind
am Schluss unserer heutigen Tagesordnung .
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 9 . März 2017, 9 Uhr,
ein .
Kommen Sie alle gesund wieder . Die Sitzung ist ge-
schlossen .