Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wün-
sche Ihnen einen guten Tag in schweren Stunden, in de-
nen die Welt, glaube ich, nicht einfacher geworden ist .
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin in diesen
schweren Stunden sehr froh über unsere politische Kultur
in unserem Land und in unserem Haus, und ich hoffe,
dass wir das auch als Reichtum verstehen und daran fest-
halten werden .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist er-
öffnet .
Interfraktionell ist vereinbart worden, dass der Antrag
auf der Drucksache 18/10029 zu den Entwürfen für eine
Durchführungsverordnung und zwei Durchführungsbe-
schlüsse der Europäischen Kommission über das Inver-
kehrbringen von Saatgut zum Anbau der gentechnisch
veränderten Maislinien MON 810, 1507 und Bt 11 für
eine Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung ge-
mäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes dem Aus-
schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung zur Mitberatung überwiesen werden soll .
Des Weiteren soll die Unterrichtung der Bundesregie-
rung über die Stellungnahme des Bundesrates zum be-
reits überwiesenen Entwurf eines Vierten Gesetzes zur
Änderung des Regionalisierungsgesetzes auf der Druck-
sache 18/10225 an den federführenden Ausschuss für
Verkehr und digitale Infrastruktur sowie zur Mitberatung
an den Haushaltsausschuss überwiesen werden . Sind Sie
mit diesen Vorschlägen einverstanden? – Ich höre und
sehe keinen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .
Dann rufe ich jetzt den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Zweite Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes
zur Änderung arzneimittelrechtlicher und an-
derer Vorschriften
Drucksachen 18/8034, 18/8333, 18/8461 Nr. 1.5
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit
Drucksache 18/10056
Zu Artikel 2 Nummer 11 – § 40b – liegen Änderungs-
anträge vor . Drei Änderungsanträge – erstens der Abge-
ordneten Uwe Schummer, Ulla Schmidt und weiterer Ab-
geordneter, zweitens der Abgeordneten Hilde Mattheis
und Sabine Dittmar und drittens der Abgeordneten
Dr . Georg Nüßlein, Dr . Karl Lauterbach und weiterer
Abgeordneter – betreffen die gruppennützige klinische
Prüfung von Arzneimitteln an nichteinwilligungsfähigen
Personen . Über diese Änderungsanträge werden wir spä-
ter namentlich abstimmen .
Unabhängig davon liegt ein weiterer Änderungsan-
trag des Kollegen Hubert Hüppe vor, über den wir dann
durch Handaufheben abstimmen werden . Er bezieht sich
auf jeden der drei anderen Änderungsanträge . Also, egal
welchem Antrag zugestimmt wird: Im Anschluss daran
wird per Handaufheben auch über diesen Änderungsan-
trag abgestimmt .
Ich weise schon jetzt darauf hin, dass die dritte Be-
ratung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfs am
Freitag stattfinden wird.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 96 Minuten vorgesehen . – Auch dazu
höre und sehe ich keinen Widerspruch . Dann ist das so
beschlossen .
Ich eröffne diese Aussprache und gebe als erstem Red-
ner Dr . Georg Nüßlein für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort .
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natür-lich hat die gruppennützige Forschung an nicht mehr ein-willigungsfähigen Erwachsenen eine ethische Dimensi-on . Deshalb ist das von uns gewählte Verfahren, über dieFraktionsgrenzen hinweg offen zu diskutieren und dannBeschlüsse zu fassen, richtig .
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619698
(C)
(D)
Aber ich möchte einleitend darauf hinweisen, dasssich das Thema für Skandalisierungen nicht eignet, wiewir sie im Rahmen der Debatte bereits erlebt haben . Esist deshalb nicht geeignet, weil wir sonst das, was Ärztein der NS-Diktatur gemacht haben, bagatellisieren wür-den . Es ist deshalb nicht geeignet, weil großes Vertrauenin die forschende Ärzteschaft – ich habe es jedenfalls –gerechtfertigt ist . Es ist auch deshalb nicht geeignet, weilwir hier nichts anderes tun, als eine Verordnung, die unsauf europäischer Ebene vorgegeben ist, weiter zu präzi-sieren und zu verschärfen . Nach geltendem europäischemRecht wird die gruppennützige Forschung an nicht mehreinwilligungsfähigen Erwachsenen unter bestimmten,ganz engen Auflagen ermöglicht.Worum geht es im Detail? Es geht um gruppennützigeStudien . Die spannende Frage lautet in diesem Zusam-menhang: Was bedeutet Gruppennutz? Eigennutz kenntin diesem Land jeder . „Gruppennützig“ bedeutet nicht,dass jeder Teilnehmer solcher Studien einen individu-ellen Nutzen davon hat, wohl aber, dass Patienten mitder gleichen Krankheit wie die Studienteilnehmer einenNutzen davon haben können . Davon zu unterscheidensind fremdnützige klinische Studien, von denen nur Ge-sunde oder Patienten mit einem anderen Krankheitsbildeinen Nutzen haben können . Um das ganz klar an dieserStelle festzuhalten: Nichteinwilligungsfähige dürfen inDeutschland nicht an fremdnützigen Studien teilnehmen .Das soll auch in Zukunft so bleiben .
Natürlich steht auch fest, dass niemand gezwungen wer-den darf . Deshalb ist es sehr wichtig, dass zu jedem Zeit-punkt die Möglichkeit zum Ausstieg besteht, auch dann,wenn der nicht mehr Einwilligungsfähige nur seinen Un-willen zeigt .Worin besteht nun der Streitpunkt? Der Streitpunkt ist,ob man zu einem Zeitpunkt, an dem man noch einwil-ligen kann, in Voraussicht auf die Zukunft eine solcheEntscheidung treffen kann . Ich sage: Ja, das kann man,allerdings unter engen Voraussetzungen, die dem Schutzdienen .Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist ausmeiner Sicht die Patientenverfügung . Hier besteht einesehr ähnliche Problematik: Ich entscheide heute, wo ichnoch gesund bin, was passiert, wenn mein Leben demEnde zugeht, wenn es um die Frage geht, ob noch le-benserhaltende Maßnahmen ergriffen werden sollen odernicht . Jeder wird sicherlich verstehen, dass das eine an-dere, eine größere Tragweite hat, als heute zu entschei-den, ob man sich an minimalinvasiven Studien beteiligenmöchte .Weil die Patientenverfügung in Deutschland – Gott seiDank – Realität ist und vielen Menschen selbst hilft, binich der Auffassung, dass wir jedem auch die Möglichkeiteröffnen sollten, etwas für andere zu tun . Es geht darum,auf Grundlage des Selbstbestimmungsrechts zu sagen:Ich möchte im Rahmen einer gruppennützigen Studieetwas für andere tun, weil ich zum Beispiel bestimmteErfahrungen im familiären Umfeld habe, weil ich erlebthabe, wie es meinem Großvater oder meinem Vater er-gangen ist, weil ich einer Risikogruppe angehöre und derArzt mir gesagt hat, dass mich dasselbe Schicksal ereilenkann . – Dann ist es doch naheliegend, dass so jemand fürsich entscheidet: Jawohl, dann möchte ich in dem Stadi-um, in dem ich nicht mehr einwilligungsfähig bin und indem man an der bei mir fortgeschrittenen Krankheit for-schen kann, etwas dafür tun, dass anderen geholfen wird,wenn man schon mir nicht mehr helfen kann .Wenn man das so regelt, dann vermeidet man, dasserst Eigennutz vorgetäuscht werden muss, um Forschungzu ermöglichen . Man kann bei einer entsprechenden Re-gelung offensiv sagen: Die Wahrscheinlichkeit, dass esdem Patienten noch hilft, ist überschaubar, aber gruppen-nützig ist es auf jeden Fall . „Gruppennützig“ bedeutetaltruistisch: Ich tue etwas für andere .Meine Damen und Herren, das sage ich an die Adressederjenigen, die genauso wie ich unter einem christlichenBlickwinkel argumentieren: Nächstenliebe ist ein tragen-des Prinzip des Christentums . Dann soll mir niemandsagen: Eigennutz, das geht für einen Christen . Aber ei-nem anderen zu helfen, das kommt nicht infrage, das istnicht zulässig, das soll der Staat verbieten . – Das ist dochder falsche Ansatz . Wenn man das noch als christlich be-zeichnet, dann, glaube ich, sollte man ernsthaft in sichgehen und genau darüber nachdenken .
– Ich habe offenbar einen wunden Punkt getroffen, stelleich fest .Meine Damen und Herren, wir diskutieren hier überdie Schutzrechte der Prüfungsteilnehmer . Da geht eszunächst einmal um die verpflichtende Aufklärung, dieaus unserer Sicht – das unterscheidet unseren Antrag bei-spielsweise von dem der Kollegin Mattheis – wichtig ist .Wir sagen klar: Eine Aufklärung durch den Arzt musssein . Sie muss sein, um den Patienten zu schützen, siemuss aber auch sein, um das, was er vorhat, nämlich spä-ter zu helfen, wirklich auf eine Grundlage zu stellen, da-mit man später nicht infrage stellen kann, ob er damals,als er sich entschieden hat, überhaupt gewusst hat, umwas es geht . Es macht also Sinn, sich beraten zu lassen .Die Beratung sorgt dafür, dass man am Ende tatsächlichdie Option hat, dass man helfen kann, wenn man es dennwill. Deshalb sind wir für eine verpflichtende ärztlicheBeratung an dieser Stelle .
Ich habe darauf hingewiesen, dass man den Probandenüber Wesen, Ziele, Nutzen, Folgen, Risiken und Nachtei-le der klinischen Prüfung aufklären muss . Die Erklärungkann jederzeit – das habe ich einleitend schon gesagt –formlos widerrufen werden . Eine Unwilligkeitsäußerungmuss ausreichen . Auch das halte ich für ganz wichtig .
Dr. Georg Nüßlein
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19699
(C)
(D)
Wenn die Thematik dann konkret wird, wenn der Pro-band nicht mehr einwilligungsfähig ist, wenn es so weitist, dass man mit dieser klinischen Studie beginnen will,dann ist auch der Betreuer gefragt . Er muss – wiede rumnach ärztlicher Aufklärung – tatsächlich einwilligen .Auch das ist ganz entscheidend . Und es muss ein direkterZusammenhang der klinischen Prüfung mit dem lebens-bedrohlichen oder zur Invalidität führenden klinischenZustand bestehen . Es darf nicht irgendetwas sein, dasman testet, sondern es muss ein Zusammenhang mit demKrankheitsbild vorhanden sein .Es muss einen Gruppennutzen geben, und es darf nurum ein minimales Risiko, um einen minimalen Eingriffgehen . Gestern hat jemand behauptet, das gehe bis hinzur Fixierung des Patienten . Das widerspricht sich kom-plett. Das ist undenkbar, weil man erstens, wenn man fi-xiert ist, nicht seinen Unwillen zeigen kann – wenn eineFixierung notwendig ist, zeigt das vielmehr schon denUnwillen –, und zweitens, weil es nur um einen minima-len Eingriff – Speichelprobe, Blutentnahme – gehen darf .Das halte ich für ganz entscheidend .Insbesondere ist mir die Rolle der Ethikkommissionwichtig . Diese Ethikkommission muss bei jeder einzel-nen beantragten klinischen Prüfung kontrollieren, ob dieVorgaben, ob die Auflagen erfüllt sind. Es wird sogardoppelt geprüft, von der zuständigen Bundesoberbehör-de und der zuständigen Ethikkommission .
Doppelte Prüfung: Das ist gut, und das ist richtig so .Ganz wesentlich ist: Es darf keine finanziellen oderandere Anreize geben . Auch das ist entscheidend . Wirwollen nichts kommerzialisieren, ganz im Gegenteil . Ichwill auch darauf hinweisen, dass eine gruppennützigeForschung mit Menschen, die bereits als Kind einwilli-gungsunfähig waren, weiterhin verboten bleibt; also, esgeht auch nicht um Minderjährige an dieser Stelle .Ich glaube, dass das, was wir hier in einem Bundesge-setz präzisieren wollen und was auf europäischen Vorga-ben fußt, eine Frage der Selbstbestimmung ist, die natür-lich in Grenzen gelten muss, aber auch ein Beitrag dazusein kann, schwierige Krankheitsverläufe wie beispiels-weise Alzheimer in Zukunft sinnvoll zu erforschen . Daswollen wir ermöglichen, sonst nichts . Der Schutz stehtfür uns an oberster Stelle, und dieser Schutz ist eben auchdurch ärztliche Aufklärung zu gewährleisten .Vielen Dank .
Vielen Dank, Kollege Dr . Nüßlein . – Nächste Redne-
rin: Kathrin Vogler für die Linke .
Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Meine Damen und Herren! Der medizini-sche Fortschritt ist mit großen Erwartungen verbunden .Schwerkranke Menschen erhoffen sich von neuen Arz-neimitteln Heilung oder zumindest Linderung . Sie hoffenauf eine Verlängerung des Lebens oder auf mehr Lebens-qualität .Doch – das dürfen wir nicht vergessen – es gibt auchdie dunkle Seite der Forschung . Um sich das zu verge-genwärtigen, muss man, lieber Kollege Nüßlein, garnicht bis zu den grausamen Menschenversuchen in denKZs und in Behinderteneinrichtungen während der Na-zizeit zurückgehen . Auch nach 1945 gab es in beidenTeilen Deutschlands ethisch bedenkliche Forschung anMenschen ohne deren Zustimmung . In Nordrhein-West-falen sorgt gerade eine Studie für Entsetzen – wir habengerade im Gesundheitsausschuss darüber gesprochen –,die nachweist, dass bis in die 1970er-Jahre hinein Heim-kinder und Bewohner von Behinderteneinrichtungen alsunfreiwillige Versuchspersonen übel missbraucht wor-den sind .Weil wir diese dunkle Seite der Medizin in Deutsch-land ganz besonders gut kennen, haben wir uns auch hierganz besonders klare Regeln gegeben, die die Testper-sonen schützen sollen: Arzneimitteltests müssen von ei-ner unabhängigen Ethikkommission genehmigt werden .Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen umfassendärztlich aufgeklärt werden . Sie müssen in die Teilnahmean der Studie einwilligen, und sie haben das Recht, siejederzeit abzubrechen . Und: Menschen, die nicht ein-willigen können, zum Beispiel, weil sie bewusstlos sindoder weil sie nicht verstehen, worum es eigentlich geht,dürfen nur dann als Versuchspersonen eingesetzt werden,wenn sie von der Studie einen direkten individuellenNutzen haben .
Diese Regeln hat der Deutsche Bundestag am 31 . Ja-nuar 2013 in einem einstimmigen Beschluss quer durchalle Fraktionen bekräftigt . Er hat damals die Bundesre-gierung aufgefordert, sich bei der Erarbeitung der jetztvorliegenden EU-Richtlinie dafür einzusetzen, dass die-ses Schutzniveau uneingeschränkt erhalten bleibt . Da-mals haben wir festgestellt, dass sich die bisherige Rege-lung in Deutschland – ich zitiere – „sowohl hinsichtlichdes Schutzes von Teilnehmerinnen und Teilnehmern anklinischen Prüfungen als auch aus der Sicht der Sponso-ren klinischer Arzneimittelforschung insgesamt bewährthat“ .Jetzt hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurfvorgelegt, der diesem einstimmigen Beschluss des Bun-destages und der bisherigen Praxis in einem überauswichtigen Punkt widerspricht . Sie wollen nun auch For-schung ohne direkten individuellen Nutzen an nichtein-willigungsfähigen Erwachsenen erlauben . Dazu sollensich diese vorab in einer Patientenverfügung bereit er-klärt haben, und ihr gesetzlicher Betreuer soll zustim-men müssen . Jetzt sage ich noch einmal, was das heißt:Nichteinwilligungsfähig im Sinne des Gesetzes ist einePerson, die nicht in der Lage ist, Wesen, Bedeutung undDr. Georg Nüßlein
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619700
(C)
(D)
Tragweite der klinischen Prüfung zu erkennen und ihrenWillen danach auszurichten .Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen UweSchummer, Cordula Schulz-Asche, Ulla Schmidt undvielen anderen Abgeordneten habe ich jetzt einen frakti-onsübergreifenden Änderungsantrag eingebracht, für denich hier werben möchte . Durch seine Annahme soll dieseVerschlechterung verhindert werden .
Wir meinen, dass es keinen vernünftigen Grund gibt, dieRegeln für diese besonders schutzbedürftige Patienten-gruppe aufzuweichen . Deswegen wollen wir die jetzigeGesetzeslage beibehalten .
In Reaktion auf unseren Antrag haben sich noch zweiandere Abgeordnetengruppen gebildet, die jetzt ihrer-seits Änderungen vorschlagen . Sie unterscheiden sichaber nur in der Frage, wie eine solche Vorabverfügungkonkret aussehen soll . Ich habe den Eindruck – das mussich ganz ehrlich sagen –, dass es hier weniger um unter-schiedliche Positionen geht als um ein taktisches Manö-ver, eine gespielte Kontroverse, um von der eigentlichenFrage abzulenken . Die eigentliche Frage lautet doch:Wollen wir wirklich, dass Arzneimittel in diesem Landan Menschen getestet werden, die nicht in der Lage sind,Wesen, Bedeutung und Tragweite einer Studie zu erken-nen und ihren Willen danach auszurichten,
und zwar auch dann, wenn sie selber davon keinen Nut-zen haben?Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass esgleichgültig ist, ob ein Arzt oder eine Ärztin bei der Ab-fassung einer solchen Probandenerklärung beteiligt ist .Denn was soll der oder die schon erklären, da es dochnoch gar kein konkretes Studiendesign gibt, in das je-mand einwilligen könnte? Man könnte höchstens sehrallgemein über Arzneimittelstudien informieren . Ichsage: Das verstößt sehr klar gegen das Prinzip des Infor-med Consent, der informierten Zustimmung . Sie ist einesder wichtigsten Patientenrechte .
Sie behaupten nun, dass man an diesen Menschen for-schen müsse, um zum Beispiel Mittel gegen Alzheimerzu entwickeln . Das ist aber einfach nicht wahr . Auch aufmehrere Nachfragen konnte uns das Ministerium nichteine einzige Studie nennen, die unter den bisher gel-tenden Bedingungen in Deutschland nicht durchgeführtwerden konnte .
Die einzige Studie, die Sie genannt haben, hätte auchnach den von Ihnen beantragten Änderungen in der EUnicht zugelassen werden können .Selbst die forschende Pharmaindustrie sieht keinenBedarf für solche Forschungen . Medizinerinnen und Me-diziner bestätigen, dass alle erfolgversprechenden Thera-pieansätze in einem frühen Stadium von Alzheimer-De-menz ansetzen müssen, und dann können die Patientennoch selbst bestimmen, ob sie an einer Studie teilnehmenwollen, und gegebenenfalls einwilligen .Die Idee mit der vorab erteilten Pauschalzustimmungbringt übrigens nicht nur ethische Probleme mit sich,sondern auch ganz praktische . Wer soll denn zum Bei-spiel die Zustimmungserklärungen sammeln und aufbe-wahren? Wer hilft gesetzlichen Betreuern, solche Arznei-mittelstudien zu verstehen und richtig zu interpretieren?Welche Folgen hat es für die Betreuer, wenn sie nicht er-kennen, dass ein Schutzbefohlener eigentlich nicht mehrmitmachen möchte und die Teilnahme an der Studie ei-gentlich abbrechen möchte? Auf all diese Fragen habenSie keine Antwort .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland ist einhervorragender Standort für die Arzneimittelforschung .Der hohe Probandenschutz ist da kein Hindernis, sondernein Qualitätsmerkmal .
Deswegen sollten wir hier keinerlei Abstriche machen .Bitte stimmen Sie für den Änderungsantrag „Schummer,Schmidt und andere“ .
Vielen Dank, Kollegin Vogler . – Nächste Rednerin:
Ulla Schmidt für die SPD-Fraktion .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Zunächst einmal möchte auch ich mich bedanken, dasswir diese Frage hier so ausführlich diskutieren können .Ich glaube, es ehrt dieses Parlament, dass wir uns in ethi-schen Fragen immer die Zeit genommen haben, die ver-schiedenen Argumente gegeneinander abzuwägen .Der Ausgangspunkt ist – da habe ich keine Zweifel,dass wir uns da einig sind –, dass kranke Menschen, dienicht selbst in Forschungsvorhaben einwilligen können,eine besonders verletzliche und damit auch eine beson-ders schützenswerte Personengruppe sind, so wie dasauch in der Deklaration von Helsinki beschrieben ist .Im Hinblick auf all diese Fragen hat schon der Nürn-berger Kodex von 1947 gesagt, dass Aufklärung überNutzen, Risiken und möglicherweise auch Belastun-gen eine zwingende Voraussetzung dafür sein soll, dasseinwilligungsfähige Menschen, Probandinnen und Pro-banden, in ein Forschungsvorhaben einsteigen können .Dabei ist klar, glaube ich, dass von Nutzen nur danngesprochen werden kann, wenn es eigennützig ist . BeiKathrin Vogler
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19701
(C)
(D)
„fremdnützig“ stehen immer die Belastungen und auchdie eventuellen Risiken im Vordergrund; bei fremdnüt-zigen und gruppennützigen Forschungsvorhaben gibt eskeinen individuellen Nutzen .Ich glaube, dass das der Grund ist, warum bisher beiallen Debatten über die Frage „Forschung an Nichtein-willigungsfähigen“ hier im Parlament einstimmig Kon-sens war, in dieser schwierigen Abwägung zwischen demhohen Schutzbedürfnis des Nichteinwilligungsfähigenauf der einen Seite und dem vielleicht vorhandenen Nut-zen und den Notwendigkeiten medizinischen Forschensauf der anderen Seite zu sagen: Nichteinwilligungsfähigekönnen dann an Forschungsvorhaben teilnehmen, wennsie davon einen individuellen Nutzen haben . Denn voneinem solchen Nutzen wollte man auch Nichteinwilli-gungsfähige nicht ausschließen .Die aktuelle Gesetzeslage – auch Frau Vogler hat da-rauf hingewiesen – wurde Anfang 2016 noch einmaleinstimmig bestätigt – mit dem Auftrag, bei der Arznei-mittelrichtlinie dafür zu sorgen, dass dieses hohe Schutz-niveau in Deutschland erhalten bleibt .
Dem ist die EU-Kommission nachgekommen, aber da-von soll jetzt abgewichen werden . Das ist schon ein Wi-derspruch in sich . Das war etwas, was uns geeint hat, undjetzt soll es geändert werden . Man soll als Einwilligungs-fähiger sagen können: „Für irgendwann gebe ich meineEinwilligung“, mit oder ohne ärztliche Beratung .Jetzt frage ich Sie einmal, Herr Kollege Nüßlein:Bleibt denn dann wirklich alles so, wie es ist? Ich glaube,drei Gründe sprechen dagegen .Erstens . Zu dem Zeitpunkt, an dem ich eine solcheVorabentscheidung treffe, kenne ich den Forschungsin-halt nicht, sonst wäre es zeitnah . Keiner, auch kein Arzt,kann mich über Risiken, Nutzen oder Sonstiges aufklä-ren .
Herr Kollege Kauder, wenn schon bei Einwilligungsfä-higen die Information über Nutzen, Risiken und Belas-tungen eine Voraussetzung ist, damit sie an einer Studieteilnehmen können, dann kann man bei Nichteinwilli-gungsfähigen nicht plötzlich auf diesen Schutz und dieseInformation verzichten .
Zweitens . Jeder Proband und jede Probandin, die aneiner Studie teilnehmen, haben das Recht, jederzeit ohneNachteil selbstbestimmt aus einer Studie wieder ausstei-gen zu können . Auch das kann der Nichteinwilligungs-fähige nicht wahrnehmen, weil die Möglichkeit, selbst-bestimmt auszusteigen, für ihn nicht mehr gegeben ist .Damit ist es auch eine Benachteiligung gegenüber denen,die einwilligungsfähig sind .
Drittens . Wir überschreiten diese Grenze, ohne dasswirklich ein Nutzen vorhanden ist . Die Kollegin Voglerhat gesagt: Niemand kann uns sagen, welche Forschungnicht möglich ist, wenn wir diesen Weg nicht gehen . –Professor Dr . Johannes Pantel, Leiter des ArbeitsbereichsAltersmedizin der Universität Frankfurt, hat auf dieseFrage so geantwortet:Ich kann mir nicht wirklich eine klinische For-schung vorstellen, die zu wesentlichen Fortschrittenführt und ausschließlich mit einer solchen Gesetzes-änderung möglich wäre .Irgendwann werden im Zuge der Teilnahme an einemForschungsvorhaben medizinische Belastungen bei denMenschen auftreten . Er spricht sich weiter dafür aus, dassdas, was wir hier machen, ausschließlich dem Wohle derPatienten dienen solle . Dem steht aber die gruppennützi-ge Forschung entgegen . Wir brauchen keine neuen Wege .Lassen Sie mich abschließen mit dem, was die Deut-sche Alzheimer Gesellschaft gesagt hat . Sie ist dieSelbstvertretung der Menschen mit Demenz . Sie hat dazuaufgefordert, die Regelung, wie wir sie jetzt haben, bei-zubehalten, und sie setzt sich dafür ein, dass Menschenmit Demenz, die nicht mehr einwilligungsfähig sind, sel-ber entscheiden können müssen, ob sie aus einer Studieaussteigen .
Weiterhin sagt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft,dass das, was wir hier vorhaben, nämlich dass die Be-treuer es entscheiden sollen, nicht mit dem geltenden Be-treuungsrecht zu vereinbaren ist; denn die Betreuer sindausschließlich dem Wohle des Einzelnen verpflichtet.
Deshalb bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen:Lassen Sie uns diesen Vorschlägen folgen . Lassen wir dieGesetzeslage, wie sie ist . Sie reicht aus . Deutsche For-schung ist immer noch Spitze in der Welt .Danke schön .
Vielen Dank, Kollegin Ulla Schmidt . – Nächste Red-nerin: Kordula Schulz-Asche für Bündnis 90/Die Grü-nen .
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! De-menzielle Erkrankungen breiten sich immer mehr aus .Inzwischen sind ungefähr 1,6 Millionen Menschen inDeutschland betroffen . Diese Erkrankungen bedeutenunendliches Leid für die Betroffenen, aber auch für ihreFamilien . Vor der Diagnose Demenz haben viele Men-schen große Angst . Demenz ist bisher nicht heilbar .Umso intensiver suchen Forscherinnen und Forscherweltweit nach geeigneten Therapien . Alle hier im Haus,Ulla Schmidt
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619702
(C)
(D)
meine Damen und Herren, wollen die Forschung dabeiunterstützen, geeignete Therapien zu finden.
Sowohl meine Mutter als auch mein Vater waren aneiner Demenz erkrankt . So können Sie mir wirklichglauben, dass ich alles Interesse daran habe, dass wir soschnell wie möglich mehr wissen über diese Erkrankung,ihre Ursachen, ihre Prävention, ihre Diagnostik und ihreTherapie . Ja, meine Damen und Herren, wir brauchenmedizinischen Fortschritt in diesem Bereich, aber wirbrauchen dafür eine Forschung, die den Schutz der Stu-dienteilnehmerinnen und -teilnehmer in jeder Phase einerArzneimittelstudie in den Vordergrund stellt .
Unsere derzeitige Rechtslage macht das . Sie leistet bei-des . Arzneimittelstudien mit nicht mehr einwilligungsfä-higen Erwachsenen sind heute möglich, allerdings unterder Voraussetzung, dass sie selbst von einer Studie einenindividuellen Nutzen haben . Das ist die aktuelle Rechts-lage, und sie ist auch mit dem EU-Recht vereinbar .Daraus ergibt sich die Frage: Wird aufgrund der ak-tuellen Rechtslage Forschung verhindert? Auf mehrfa-che Nachfragen, die wir an die Bundesregierung gestellthaben – auch in den Anhörungen –, konnte uns keineeinzige Forschung in Deutschland genannt werden, dieunter den heutigen Bedingungen nicht durchgeführt wer-den könnte . Im Gegenteil: Klinische Forschungen mitDemenzkranken finden in Deutschland seit langem statt.Das Deutsche Register Klinischer Studien führt aktuellacht interventionelle Arzneimittelstudien allein zu Alz-heimer-Demenz auf . Die überwältigende Mehrzahl derbereits heute durchgeführten klinischen Studien zu De-menzerkrankungen konzentriert sich aber auf geringe bismäßige Schweregrade, also auf noch einwilligungsfähigePatientinnen und Patienten, auch und gerade, um das Vo-ranschreiten in ein späteres Stadium der Nichteinwilli-gungsfähigkeit hinauszuzögern oder sogar zu verhindern .
Natürlich ist auch Forschung mit Menschen mit einerErkrankung im fortgeschrittenen Stadium möglich . Abermit welchem Ziel? Das Ziel muss doch sein, dass es zurerhofften Erleichterung oder Verbesserung des Krank-heitszustandes kommt, es also einen individuellen Nut-zen gibt. Das ist eine andere Definition des Eigennutzesals die Definition, die Sie, Herr Nüßlein, hier eingeführthaben und die wirklich unanständig ist .
Wenn es aber so ist, wie ich es gerade gesagt habe,nämlich dass Forschung derzeit auf breiter Basis möglichist, dann ist doch jetzt die nächste Frage: Warum soll einbewährtes Gesetz überhaupt geändert werden?
Erst 2013 hat sich der Bundestag explizit dafür ausge-sprochen, den hohen Schutzstandard in Deutschlandaufrechtzuerhalten und entsprechend mit der EU zu ver-handeln . Noch im Referentenentwurf der Bundesregie-rung war die Erhaltung dieses Schutzstandards vorge-sehen . Aber – Minister Gröhe, das hat mich persönlich,ehrlich gesagt, sehr erstaunt – ohne jede Not und jedeVorankündigung ist nun dieser tiefgreifende Einschnittin die Rechtslage in Bezug auf Nichteinwilligungsfähigeerfolgt – zwischen dem Referentenentwurf und der Ka-binettsvorlage . Diese rasante Kehrtwende konnten Siebisher nicht erklären .
Wir befürchten, dass sie auf Zuruf einer einzelnen Inte-ressengruppe erfolgt ist . Was anfangs lediglich als kleineAnpassung an EU-Recht ausgegeben wurde, entpupptsich jetzt in Wahrheit als eine bedeutende ethische Frage .Es gibt gleich mehrere Gründe, die gegen eine Neure-gelung sprechen:Erstens . Es gibt aus Sicht der Forschung keine Not-wendigkeit, die Personengruppe für Arzneimittelstudienauszuweiten . Die bisherige Gesetzeslage führt im Be-reich Demenzforschung weder aktuell noch in der Zu-kunft zur Behinderung eines wesentlichen Fortschritts,noch koppelt sie die Demenzkranken vom medizinischenFortschritt ab – was ja auch ein Argument für eine Ände-rung wäre . Die gegenwärtige Gesetzeslage ist völlig aus-reichend, um die ethisch gebotene Forschung in diesemBereich zu ermöglichen .
Zweitens . Es gibt keine renommierte Forschergruppe,die neue Rahmenbedingungen gefordert hat, um laufendeoder geplante Forschungsvorhaben erfolgreich aufsetzenund fortsetzen zu können . Deutschland nimmt trotz deshohen Schutzniveaus für Probandinnen und Probandeninternational einen Spitzenplatz in der klinischen For-schung ein .Drittens . Die beiden anderen Änderungsanträge, diehier heute zur Abstimmung stehen, gehen mit einer im-mensen Rechtsunsicherheit einher . Hier gilt umso mehr:Wir alle im Bundestag sollten dem Prinzip folgen, dassman keine bewährten Gesetze ändern sollte, wenn es da-für keine triftigen Gründe gibt .
Weder die im Gesetzentwurf vorgesehene Patien-tenverfügung noch die in den beiden zur AbstimmungKordula Schulz-Asche
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19703
(C)
(D)
stehenden Anträgen vorgesehene Probandenverfügungschaffen mehr Rechtssicherheit . Im Gegenteil: Währendeine Patientenverfügung ja wenigstens noch ein klar de-finiertes, eingeführtes und an sehr hohe Anforderungenunserer jetzigen Rechtsprechung geknüpftes Instrumentist, ist die Probandenerklärung ein neu erfundenes Ins-trument, für das überhaupt kein Rechtsrahmen vorgege-ben ist . Sie unterscheiden in Ihren Anträgen lediglich, obärztliche Beratung stattfinden soll oder nicht. So schafftman keine Rechtssicherheit . Aber gerade in diesem Be-reich brauchen wir eine sehr hohe Rechtssicherheit, umMenschen zu schützen .
Was Sie mit Ihren Änderungsanträgen einführen wol-len, ist eine Vorausverfügung mit einer Unterschrift zueinem sehr frühen Zeitpunkt . Das ist eine Blankounter-schrift, die zu einem Zeitpunkt gegeben wird, zu dem derProband noch einwilligungsfähig ist, zu dem aber dasZiel und das Design der Studie, an der er teilnehmen soll,überhaupt nicht bekannt sind . Was soll das denn für eineVerfügung sein? Was soll denn in der Verfügung stehen,wenn sie einigermaßen rechtssicher sein und die Proban-den vor Eingriffen schützen soll, die sie nicht wollen?Deshalb mein Fazit: Forschung, von der nichteinwil-ligungsfähige Patienten nicht selbst profitieren, ist nichtnur unnötig, sondern medizinisch, juristisch und ethischfragwürdig .Herr Kollege Nüßlein, Sie haben auf die Ethikkom-missionen verwiesen . Wir werden am Freitag über dasgesamte Gesetz abstimmen, und das beinhaltet leiderauch die Entmachtung der Ethikkommissionen, die sichauf Länderebene bewährt haben . Auch das steht nebenanderen Punkten im Gesetz .
Außerdem: Es wird nicht heute endgültig darüber abge-stimmt, sondern am Freitag . Auch das muss man der Ehr-lichkeit halber sagen .Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Ihre Un-terstützung für den Änderungsantrag von Schummer,Schmidt, Vogler und mir . Ich glaube, dass wir ein gutesWerk tun, wenn wir die seitens der Bundesregierung vor-gesehene Gesetzesänderung und die in den anderen Än-derungsanträgen enthaltenen Vorschläge verhindern undbei der bewährten Rechtslage bleiben .Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit .
Vielen Dank, Kordula Schulz-Asche . – Der nächste
Redner ist Hubert Hüppe, CDU/CSU-Fraktion .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Es ist schon ein paarmal ge-sagt worden, dass wir 2013 beschlossen haben, dass wirfremdnützige Forschung an nichteinwilligungsfähigenPatienten nicht wollen . Ich will einmal vorlesen – weildas noch nicht gesagt worden ist –, wie der Text lautete .Die Forderung war:Bei Forschung an nicht einwilligungsfähigen Er-wachsenen und an Personen in Notfallsituationenist ein direkter … Nutzen vorauszusetzen .Alle haben dem zugestimmt, übrigens auch viele von de-nen, die jetzt anders reden und sich für die Öffnung derRegelung aussprechen . Da fragt man sich in der Tat: Wel-che Gründe gibt es dafür? Noch im Referentenentwurfwurde sich ja daran gehalten – ich war als Berichterstat-ter hochzufrieden, dass man sich daran gehalten hat, wasim Parlament beschlossen wurde –, aber dann wurde derEntwurf plötzlich geändert . Ich habe einmal nachgefragt:Woran lag es? Es hieß: Die Allianz für Menschen mit De-menz sei dafür . Dann habe ich die Allianz für Menschenmit Demenz gefragt . Da sagte man mir: Auf keinen Fall!Wir sind für Forschung, aber nicht an nichteinwilligungs-fähigen Patienten, das würden wir unseren Patienten niezumuten . – Dann wird gesagt – das höre ich immer wie-der –: Ja, aber andere sind dafür, Forscher sind dafür,das KKS-Netzwerk der Koordinierungsstellen für Kli-nische Studien ist dafür, der Arbeitskreis MedizinischerEthik-Kommissionen und auch die Forschungsgesell-schaften sind für unseren Antrag . – Meine Damen undHerren, das stimmt nicht . Die sind nicht für die Anträge,in denen eine Öffnung gefordert wird . Alle diese Gremi-en wollen viel mehr: Sie wollen fremdnützige Forschungohne eine Verfügung . Sie verfolgen ein anderes Ziel . Sienehmen die Vorschläge nur an, weil sie wissen, dass manirgendwann sagen wird: Es gibt so viel Bürokratie, undihr habt der fremdnützigen Forschung grundsätzlich dochschon zugestimmt, nun macht doch bitte weiter, damitwir endlich ohne Einwilligung forschen können . Damitsind aber eben nicht nur die Alzheimerpatienten gemeint,sondern auch Menschen mit Downsyndrom . Und das istdie Angst, die wir haben, nämlich dass das immer weitergeht; denn das haben wir in der Diskussion schon erlebt .Gestern hat mir ein Kollege gesagt: Aber wir habendoch schon 2004 fremdnützige Forschung an Kindern,sogar an Kleinkindern zugelassen . Die Forschung erfolgtohne Einwilligung der Kinder; denn sie können nicht ein-willigen . Ich war damals Berichterstatter, und ich musszugeben: Ich habe damals zugestimmt . Wenn ich aber ge-wusst hätte, dass das jetzt als Argument benutzt wird, umnoch einen Schritt weiterzugehen, dann hätte ich damalsniemals zugestimmt, meine Damen und Herren . Man hatmir als Berichterstatter damals versprochen: Es geht nurum Kinder, sie haben einen anderen Stoffwechsel, das istetwas ganz Besonderes, wir achten darauf, und eine sol-che Forschung mit nichteinwilligungsfähigen Erwachse-nen werden wir in Deutschland nie und nimmer wiedereinführen . – Jetzt wollen das einige aber doch einführen .Kordula Schulz-Asche
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619704
(C)
(D)
Aber, meine Damen und Herren, das darf nicht stattfin-den!
Es ist eben gesagt worden, es gehe nicht um Fixie-rung . Entschuldigung, aber dazu muss ich Folgendes sa-gen: Die Bundesregierung ist gefragt worden: Kennt ihrirgendeine vergleichbare Studie mit Nichteinwilligungs-fähigen, die bei uns nicht gemacht werden könnte? Eineeinzige hat sie gefunden, die sogenannte Wong-Studieaus 2007 . Worum ging es dabei? Es ging um ein Dia-gnostikum . Es ging nicht um ein Heilmittel, sondern umein Diagnostikum . Es ging darum, ein Diagnostikum zufinden, das eine längere Halbwertszeit hat, das also bes-ser zu verpacken und besser zu lagern ist . Es ging nichtum Therapie, es ging um Ökonomie . Dafür Menschen,wie ich sage, zu missbrauchen, die nicht einwilligungsfä-hig sind, das darf hier in Deutschland nicht beschlossenwerden .
Ich habe mich mit der Studie beschäftigt . Ich will Ih-nen sagen, was in dieser Studie stand . Darin stand, dassdie Probanden 90 Minuten in einem PET liegen musstenund in einen MRT, also in eine Röhre gesteckt werdenmussten . Das geht bei einem Alzheimerpatienten, der dasStadium der Nichteinwilligungsfähigkeit erreicht hat,nur, wenn Sie ihn fixieren, weil er sich nämlich dagegenwehrt . – Das haben nicht die Gegner vorgebracht, son-dern das ist Teil der Antwort, die wir von der Bundesre-gierung bekommen haben .Es wurde immer wieder gesagt, dass es um eine mi-nimale Belastung geht, dass nur Speichelproben und zu-sätzliche Blutentnahmen anfallen würden – höchstens .Aber darum geht es nicht . Es gibt keine Prüfung, diedamit auskommt, nicht eine einzige . Wir haben nachge-fragt: Gibt es eine Prüfung, die nur mit Speichel- undBlutprobe auskommt? – Nein, es gibt sie nicht .Sie müssen sich einmal vorstellen, was das bedeutet,was dazugehört . Sie müssen die Leute aus ihrem Wohn-umfeld herausholen . Mein Schwiegervater, ein Alzhei-merpatient, war bis letzte Woche in einer Einrichtung,in einem Krankenhaus; jetzt ist er wieder zu Hause . Erweint jedes Mal, wenn man ihn aus seinem Wohnumfeldherausholt . Sie müssen diese Leute in Studienzentrenbringen, Sie müssen mit ihnen MRTs machen, und Siemüssen vieles andere machen . Für uns ist das kein Pro-blem; aber für diese Menschen ist das ein großes Pro-blem . Wer Alzheimerpatienten kennt, weiß das .
Ich will ein Letztes sagen . – Frau Präsidentin, mei-ne Redezeit ist knapp . Vielleicht darf ich, da ich eineneigenen Änderungsantrag eingebracht habe, eine Minu-te länger reden . – Nein, gut, okay . Dann rede ich ganzschnell . – Meine Damen und Herren, wir haben im gel-tenden Recht eine Regelung, die beinhaltet, dass es beinichteinwilligungsfähigen Kindern reicht, dass sie eineabwehrende Haltung zeigen, damit die Studie abgebro-chen wird . Wenn dieser Gesetzentwurf rechtskräftigwird, gilt das nicht mehr . Dann muss man ausdrücklichsagen und beteuern – das gilt nicht nur für die Kinder,sondern auch für die nichteinwilligungsfähigen Erwach-senen –, dass man das nicht will . Aber selbst das reichtdann nicht aus . Dann reicht es nicht, dass Sie sagen:„Nein, nein, ich will das nicht“, weil die Verordnung, aufdie dieser Gesetzentwurf Bezug nimmt, eindeutig besagt,dass Sie nicht nur Ihren Willen äußern müssen, sondernSie sich auch darüber im Klaren sein müssen, was dasWesen dieser Studie ist, wie lange sie dauert und wel-che Risiken sie für Sie bedeutet . – Aber Sie sind ja nichtmehr einwilligungsfähig, und auch kein Kleinkind kanndas abschätzen, meine Damen und Herren .Deswegen habe ich diesen Antrag eingebracht . Ich bit-te um Entschuldigung, dass ich ihn so spät eingebrachthabe; aber wir haben das Protokoll erst am Montag, dreiWochen nach der Anhörung, bekommen . Gestern habeich den Antrag formuliert und vor 19 Uhr eingebracht .Diese vorgesehene Regelung würde nicht nur ein abso-lutes Absenken des Schutzstandards von Menschen, dienicht einwilligungsfähig sind, bedeuten, sondern auchein Absenken des Schutzstandards von Kindern . Die-ser Antrag hat mit den drei anderen Änderungsanträgennichts zu tun . Er ist ergänzend und ersetzt die anderenAnträge nicht .Ich bitte Sie, wenigstens meinen Änderungsantraganzunehmen, auch wenn er erst vor kurzem vorgelegtwurde . Das kann nicht als Begründung dienen, ihn nichtanzunehmen . Dafür kann ich nichts . So ist das nun ein-mal gewesen . Ich möchte Sie eindrücklich bitten, hiermit Ja zu stimmen, damit, selbst wenn die andere Lö-sung kommt, dieser Schutzstandard erhalten bleibt . Ichmöchte Sie bitten, dass wir keine Tür öffnen, wo wir auchkeine Tür öffnen müssen; denn sonst denken wir – zu-mindest der eine oder andere – in einigen Jahren: Hättenwir dies doch nie getan .Vielen Dank, meine Damen und Herren .
Vielen Dank, Hubert Hüppe . – Nächste Rednerin:
Dr . Petra Sitte für die Linke .
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachden klinischen Tests gab es Gewissheit: Die Vergess-lichkeiten meines Vaters waren keine Zeichen von Un-aufmerksamkeit oder Schusseligkeit, es waren Vorbotender Alzheimererkrankung . Schnell kamen dann auch dieschwer erträglichen Bilder von Menschen, die immerweniger verstehen oder in sich versunken leben, Bildervon Menschen aus der Nachbarschaft, die sich verlorenhatten, oder eben auch Nachrichten über Menschen, diein ihren besten Zeiten Weltgeschehen mitbestimmt hat-ten, Menschen wie beispielsweise Walter Jens, die mitihren Ideen, ihrem Geist und ihrer Redekunst ganze Ge-nerationen inspiriert haben .Hubert Hüppe
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19705
(C)
(D)
Aktuell beziehen sich – das ist schon gesagt worden –Forschungsstudien vor allem auf die Frühstadien . Gegen-wärtig ist es so, dass man gar nicht so weit ist, um andereStadien zu untersuchen . Die Forschung kann erst einmalnur diese Frühstadien untersuchen . Deshalb hat sich dieFrage, ob es in diesem Land Forschung bzw . Studien zuweiteren Stadien geben sollte, eigentlich erledigt . Das istalso kein gutes Argument .
Auch in meinem Wahlkreis in Halle forscht man zuAlzheimer . Ich weiß noch ganz genau, wie mein Vaterdamals zu mir sagte: Mädel, wenn ich eine Chance habe,in solch eine Studie zu kommen, dann sieh zu, dass ichda auch reinkomme . Vielleicht bringt es mir etwas; wennnicht, dann hilft es vielleicht anderen . – Natürlich hat ertief im Inneren auf einen direkten individuellen Nutzengehofft; das ist doch völlig klar . Beides kam nie: wederdie Chance noch eine Verbesserung . Aber zu dem Zeit-punkt war er einwilligungsfähig . Er wusste, dass die Stu-dien ihm diesen persönlichen Nutzen nicht garantierenkönnen . Nicht einmal der Nutzen für andere kann sicher-gestellt werden . Niemand kann das . Es macht ja geradedas Wesen von Forschung aus, dass man vorher nichtweiß, was sie erbringt .
Das verkennt leider der Antrag von Uwe Schummer undanderen .Es wäre aber sehr wohl der Wille meines Vaters undauch sein Selbstbestimmungsrecht gewesen, sich solida-risch, sich altruistisch gegenüber später Erkrankten zuverhalten . Eine Einwilligungserklärung im Zusammen-hang mit seiner viel weiter reichenden Patientenverfü-gung oder von mir aus auch eine Probandenerklärungwäre ganz sicher kein Problem gewesen . Ob es dazu ärzt-licher Aufklärung, freiwillig oder verpflichtend, bedurfthätte, sei jetzt einmal dahingestellt . Vielleicht hätte er da-rauf verzichten wollen, so wie man auch auf die Aufklä-rung zu einer bevorstehenden Operation verzichten kann .Insofern liegen mir zwei Anträge nahe, nämlich der vonHilde Mattheis und der von Karl Lauterbach .Mein Vater wie auch wir hätten uns damals überhauptkein äußeres Ereignis vorstellen können, aus dem heraussich sein Grundsatz, sich an einer solchen Studie zu be-teiligen, erledigt hätte . Allein der Verlauf seiner Erkran-kung setzte diese Grenzen . Denn es zeigte sich im späte-ren Krankheitsverlauf, dass er aggressiv reagierte . Er ließsich ungern anfassen . Dieser Entwicklung wegen hätteseine Studienteilnahme abgebrochen werden müssen,sowohl aus unserer Betreuungsverantwortung als ebenauch aus der ärztlichen Ethik heraus, aber genauso auchaufgrund der Festlegungen der Ethikkommissionen wieauch der zuständigen Bundesoberbehörden .
Insofern ist dieses MRT-Szenario – in einen MRT habenwir ihn gar nicht mehr hineinbekommen – eine völlig fik-tive Konstruktion, die gar nicht zutrifft, wenn sich derPatient wehrt .
Auch nichteinwilligungsfähige Menschen äußern ih-ren Willen und ebenso ihren Gegenwillen . Das wissenPflegende, das wissen Angehörige. Darüber gibt es keineIrrtümer . Dieser Gegenwille ist unbedingt zu respektie-ren . Insofern kann man dem Antrag von Herrn Hüppezustimmen . Zudem werden in der EU-Verordnung von2014 und in nationalen Regelungen weitere ganz klareBedingungen formuliert, die für die Studienteilnahmevon nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen erfüllt seinmüssen . Davon will hier überhaupt niemand abgehen .Über die Frage der individuellen Einwilligung, derärztlichen Einschätzung oder der eingesetzten Betreuerbedarf es darüber hinaus der Zustimmung von Ethikkom-missionen und Bundesoberbehörden zu solchen Studien;das habe ich ja schon gesagt . Demzufolge kann überhauptnicht von einem systematisch möglichen Missbrauchspo-tenzial gesprochen werden .
Meine Damen und Herren, es ist für mich nicht hin-nehmbar, dass durch den Antrag von Herrn Schummerund anderen viele Menschen in höheren Stufen der Alz-heimererkrankung trotz aller berechtigterweise bestehen-den Kontroll- und Begrenzungsregelungen gänzlich vommedizinischen Fortschritt ausgeschlossen werden sollen .
Wenn der Bundestag den im Voraus verfügten Willen,sich selbst aus Solidarität mit gleichermaßen Erkranktender Forschung zur Verfügung zu stellen, aus einem pa-ternalistischen Sendungsbewusstsein heraus ignorierenwill, ist das aus meiner Sicht eine Anmaßung gegenüberallen, die auf Heilung hoffen, und auch gegenüber allen,die in künftigen Generationen daran erkranken .
Nicht zuletzt: Im Umfeld der Organtransplantationwurde die hier zur Debatte stehende altruistische, solida-rische Bereitschaft als Akt der Nächstenliebe ausdrück-lich auch von den Kirchen gelobt .
Meine Damen und Herren, abschließend: Aktuell gibtes in Deutschland circa 700 000 Menschen mit verschie-denen demenziellen Erkrankungen . Finden wir keineDr. Petra Sitte
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619706
(C)
(D)
Gegenmittel, sind es bis 2050 1,5 Millionen . Wir allewissen, dass das eine riesige gesellschaftliche Herausfor-derung ist . Ich betrachte es als ein Gebot der Humanität,dass wir auch aus der Perspektive der fortgeschritten Er-krankten denken und handeln . Wir haben einfach nichtdas Recht – so empfinde ich das –, Menschen die Hoff-nung zu nehmen, sich selbst mit auf den Weg zur Heilungdieser Krankheit zu machen .Danke schön .
Vielen Dank, Petra Sitte . – Nächste Rednerin: Hilde
Mattheis, SPD-Fraktion .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass die Ver-treter der Änderungsanträge Schummer/Schmidt undHüppe gesagt haben: Wir haben hohe Schutzstandards,und wir wollen sie nicht senken . – Jemand, der sagt:„Diejenigen, die einem anderen Antrag zustimmen, wol-len diese Schutzstandards senken“, hat sich geirrt .
Dass die Schutzstandards unangetastet bleiben sollen,heißt: Bei eigennütziger Forschung sollen der Betreuerbzw . die Betreuerin und auch die Ethikkommission na-türlich mitsprechen . Derzeit gibt es für Eltern das Recht,einzuwilligen, dass an ihren minderjährigen Kindern ge-forscht wird . Diese hohen Schutzstandards, die alle dazubeitragen, dass wir die Sicherheit haben, dass diese For-schungsprojekte nicht ausufern, werden selbstverständ-lich auch beim Thema „Gruppennützige Forschung anNichteinwilligungsfähigen“ Anwendung finden. Das istbislang von niemandem hier bestritten worden .Jetzt geht es darum: Was ist der Unterschied zwischengruppennütziger Forschung und eigennütziger For-schung? Wie viele andere fand auch ich sehr interessant,was uns die Sachverständigen in der Anhörung gesagthaben .
Die Grenzen sind fließend. Jeder, der an eigennützigerForschung teilnimmt, nachdem der Betreuer bzw . die Be-treuerin und die Ethikkommission dem zugestimmt ha-ben, hat womöglich nicht direkt etwas davon, kann aberaufgrund der intensiveren Betreuung und BegleitungNutzen daraus ziehen . Dies wird dann unter eigennützi-ger Forschung verbucht .
Jetzt kommt der nächste Punkt: Was unterscheideteine Vorausverfügung zur Teilnahme an einer gruppen-nützigen Forschung von dem, was wir bei der Patien-tenverfügung und bei der Organspende schon kennen?Wenn wir diese Kriterien nämlich auch hier anwendenwürden, müssten wir das, was wir bei der Patientenver-fügung und bei der Organspende kennen, logischerweiselängst infrage stellen .
Wir als Gesetzgeber werben aber für die Organspende
– Ich greife diesen Hinweis gerne auf .Im letzten Jahr gab es fast 700 Lebendspender . Ist dasdie Ausnahme? Nein, das ist nicht die Ausnahme, undauch hier gelten selbstverständlich ganz hohe Schutz-standards .
– Augenblick .Nehmen wir den Fall an, dass ich nicht mehr einwilli-gungsfähig bin und an einer gruppennützigen Forschungteilnehmen möchte . Ich frage Sie: Worin besteht hier derUnterschied zwischen einer Patientenverfügung, dem ge-äußerten Willen zur Organspende und einer Vorausverfü-gung? Auch bei der Vorausverfügung gelten die Schutz-mechanismen . Der Betreuer bzw . die Betreuerin sagt:„Ja, der Wille des Patienten vor 20 Jahren ist auch jetztvorauszusetzen“, und die Ethikkommission sagt: Das istein Projekt, das wir vertreten können .
Hier gibt es also überhaupt keinen großen Unterschied .Wenn Sie jetzt sagen, die gruppennützige Forschungan Nichteinwilligungsfähigen soll verboten werden,dann würde das bedeuten, dass ich über die Teilnahmemeines minderjährigen Kindes an einem Forschungspro-jekt verfügen darf, während ich aber nicht mit 40 oder50 Jahren sagen kann, dass ich im Falle meiner Nicht-einwilligungsfähigkeit unter Beachtung der gegebenenSchutzmaßnahmen an dem Forschungsprojekt teilhabenmöchte . Worin besteht hier bitte die Logik für Sie? Fürmich gibt es hier keine .
Ich komme jetzt zum Thema „Ärztliche Beratungs-pflicht“. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt die Mög-lichkeit – das wurde schon zitiert –, auf eine Aufklärungzu verzichten . Wenn eine Vorausverfügung abgegebenwird – auch das wurde schon gesagt –, weiß niemand, umwelches Forschungsprojekt es sich handelt . Uns wurdeDr. Petra Sitte
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19707
(C)
(D)
gesagt, Basisinformationen könne man in einem Faltblattmitliefern .
Ja, aber ich glaube nicht, dass wir durch die ärztliche Be-ratungspflicht irgendeine sichere Information über dieseBasisinformationen hinaus liefern können . Warum soll-ten wir also bei der Organspende und bei der Patienten-verfügung keine ärztliche Beratungsverpflichtung vorse-hen, bei diesem Thema aber schon? Auch das erschließtsich mir nicht .
All diese Dinge werden jetzt sehr emotional und auchunter ethisch-moralischen Gesichtspunkten diskutiert .Ich will hier niemandem die Redlichkeit absprechen, bit-te aber auch darum, den jeweils anderen diese Redlich-keit ebenfalls nicht abzusprechen .
Denken Sie bitte an Ihre Redezeit .
Sehr gerne .
Ja .
Unter diesen Voraussetzungen bitte ich um die Unter-
stützung des Antrags Dittmar/Sitte/Mattheis .
Danke schön .
Vielen Dank, Frau Kollegin . – Der nächste Redner:
Dr . Harald Terpe für Bündnis 90/Die Grünen .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich nehme zunächst ein paar Stichworte derjenigen auf,die den jetzigen Schutzstandard bei nichteinwilligungs-fähigen Patienten verlassen wollen, und fange mit demKollegen Nüßlein an, der den Begriff „Eigennutz“ in die-ser Diskussion für mich abwegigerweise mit einer Nega-tivkonnotation verbunden hat. Ich finde, das ist für dieseDiskussion nicht angemessen .
Wir haben jetzt wiederholt gehört, dass Patientenver-fügungen, Organtransplantationen und die von Ihnen an-gestrebte Probandenverfügung in einen Topf geworfenwerden . Ich komme zunächst zu den Organtransplanta-tionen:Es geht auf der einen Seite um postmortale Transplan-tationen . Sie erfolgen also nach dem Tode und haben mitdem Schutzstatus zu Lebzeiten überhaupt nichts zu tun .
Die Lebendspende von Nichteinwilligungsfähigen istverboten; sie gibt es gar nicht . Dazu muss man nämlicheinwilligungsfähig sein und den konkreten Tatbestandabwägen können .
Es ist unzulässig, das miteinander zu vermengen .Das Gleiche gilt für Patientenverfügungen . Die Pati-entenverfügung ist ein Instrument, womit man ärztlichesoder medizinisches Handeln am Lebensende sozusagenablehnen will . Nach dem Informed Consent für Behand-lungen im ärztlichen Bereich ist jeder Eingriff, der aneinem informierten Patienten gegen seinen Willen vor-genommen wird, eine Körperverletzung . Die Patienten-verfügung zielt darauf ab, diesen Informed Consent zuverlassen, indem verfügt wird, keine Behandlung mehrhaben zu wollen .
Beim Probandenschutz geht es ja gerade darum, ei-nen Eingriff vorzunehmen . Er entspricht, auch wenn ernoch so klein ist, einer Körperverletzung . Werfen Siealso nicht alle Begriffe in einen Topf, und bringen Sie sienicht durcheinander .
Jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen Sie sichmit mir Folgendes vor: Ein naher Angehöriger hat wegeneiner schweren Krankheit seine Einwilligungsfähigkeitverloren . Ich würde nun mit der Frage konfrontiert, ob anihm Forschungen zum Nutzen anderer durchgeführt wer-den dürfen, zu fremden Zwecken, jedenfalls nicht zumWohle des mir Nahestehenden . Ich fände ein solches An-sinnen unverschämt, es wäre eine schwere Zumutung fürsein Leid und mein Mitgefühl .
Vermutlich würde ich noch emotionaler reagieren . MeineEmotionalität schützt meinen Angehörigen vor Verzwe-ckung, noch bevor ich realisiere, dass es sich um eineschwerwiegende ethische Frage handelt .
Als gesetzgebender Abgeordneter fühle ich gera-de wegen des Fehlens dieses skizzierten emotionalenHilde Mattheis
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619708
(C)
(D)
Schutzschildes eine besondere Verantwortung für dennichteinwilligungsfähigen Schutzbefohlenen,
der sich gegen fremdnützige Zwecklogik nicht wehrenkann . Seien wir uns deswegen gemeinsam dieser bioethi-schen Dimension bewusst .
In unserem Parlament war es bisher Tradition, dassmedizinethische Fragen aus dem Parlament heraus de-battiert und dann entschieden wurden, nicht aber auf derBasis von Änderungsanträgen . Bislang sind wir damitgut gefahren, weil dies genügend Raum und Zeit für Ge-wissensentscheidungen ermöglichte . Da kann ich, wennich mich hier umgucke, schon einmal sagen: In dieserHinsicht haben wir unsere Verpflichtung als Parlamentnur teilweise erfüllt . Erinnern Sie sich an alle bioethi-schen Fragen, die wir diskutiert haben: Da war das Parla-ment voll bis zum letzten Platz und nicht nur so besetzt,wie es jetzt ist . Das heißt, meine Befürchtung ist folgen-de: Manchen ist noch gar nicht klar geworden, dass sichhinter diesem Gesundheitsthema eigentlich eine schwer-wiegende bioethische Frage verbirgt .
Jetzt noch einmal zur Europäischen Kommission: Esist schon vielfach darauf hingewiesen worden, dass wirals Bundestag 2012, 2013 einen einstimmigen Beschlussgefasst haben, übrigens zusammen mit vielen Abgeord-neten, die jetzt noch im Bundestag sind . Wahrscheinlichist sogar die Mehrheit derjenigen, die damals zugestimmthaben, jetzt noch im Parlament . Aber es hat noch nie-mand darauf hingewiesen, was eigentlich der Ausgangs-punkt war . Damals hat nämlich die Europäische Kom-mission einen Vorschlag für eine Richtlinie verfasst unddort hineingeschrieben, dass fremdnützige Forschung inZukunft zugelassen werden soll . Wir wussten also, umwelche Frage es da geht, und haben aus diesem Grun-de unserer Regierung den Rücken gestärkt, genau dafüreinzutreten, dass unser Schutzstandard nicht durch euro-päische Richtlinienkompetenz ausgehebelt wird und dasswir genau diesen Schutzstandard bei uns erhalten .
Ich glaube, es sind genügend Argumente dafür ge-nannt worden, warum das notwendig ist: Es geht nämlichum eine Verzweckung . Sie verwahren sich jetzt gegendie Verzweckung . So etwas wird in den Anhörungen vonSachverständigen gesagt .
Bitte denken Sie an die Redezeit .
Da sage ich als letzten Satz: Das widerspricht auch
unserer Verfassung. Genau das darf nicht stattfinden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit . Ich bitte alle
Fraktionen, sich diese Dinge zu Herzen zu nehmen und
für den Antrag Schummer und andere zu stimmen .
Vielen Dank, Dr . Harald Terpe . – Der nächste Redner
für die Bundesregierung: Minister Hermann Gröhe .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!Auch wenn es in dieser Debatte zuallererst um die Zu-lässigkeit sogenannter gruppennütziger Forschung geht,möchte ich doch zunächst etwas zum Gesetzentwurf ins-gesamt sagen .Wir setzen mit diesem Vierten AMG-Änderungsge-setz eine EU-Verordnung um, deren Ziel die Harmoni-sierung von Genehmigung, Überwachung und Verfahrenklinischer Studien ist . Diese Harmonisierung wird dazuführen, dass auch Menschen in unserem Land schnellerZugang zum medizinischen Fortschritt erhalten . Wereinmal erlebt hat, wie viele Menschen Hoffnung aufdie Möglichkeit zur Beteiligung an einer solchen Studiesetzen, wird wissen, was das bedeutet . Ich denke auchdaran, dass im letzten Jahr die Europäische Arzneimit-tel-Agentur Zulassungen von Arzneimitteln zurückgezo-gen hat, weil es zu Recht Zweifel an klinischen Studienin anderen Kontinenten gab . Es geht also im Kern umden Schutz von Patientinnen und Patienten und um denZugang zum medizinischen Fortschritt .Darum geht es auch bei dem Thema, über das wir hiermit großer Leidenschaft diskutieren . Diese Leidenschaftist angemessen . Ich persönlich will aber auch sagen, wo-rum es aus meiner Sicht nicht geht . Es geht nicht um eineAbwägung zwischen Lebensschutz und Forschungsinte-resse . Würde es darum gehen – da kann ich wirklich aufmein Abstimmungsverhalten in der Vergangenheit hin-weisen –, wäre für mich klar, dass ich auf der Seite desLebensschutzes stünde .
Deshalb lehne ich wie viele beispielsweise jede verbrau-chende Embryonenforschung ab, bei der Lebensschutz-interessen gegenüber Forschungsinteressen hintange-stellt werden . Nein, worum es heute geht, ist, wie wir indiesen schwierigen Fragen die Orientierung auf die Men-schenwürde, zu der wir alle verpflichtet sind, behalten.Dr. Harald Terpe
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19709
(C)
(D)
Dazu aus meiner Sicht drei Anmerkungen .Erstens . Gerade die Schwächsten brauchen unserenSchutz .
Ich lehne die „Verzweckung“ eines Menschen – ein Be-griff aus der Anhörung – ausdrücklich ab . Sie darf esnicht geben . Deswegen freue ich mich darüber, dass esin Wahrheit bei allem notwendigen Ringen einen großenKonsens darüber gibt und dass wir, egal welcher Antragheute beschlossen wird, die strengste Regelung in derEuropäischen Union haben und wir gemeinsam eine For-schung an Nichteinwilligungsfähigen ohne deren Einwil-ligung ablehnen . Dafür hatten wir in Brüssel im Rahmender Beauftragung durch den Bundestag gekämpft . Dieshaben wir durchgesetzt . Davon machen wir Gebrauch,unabhängig davon, welcher Antrag heute hier beschlos-sen wird .Zweitens . Zum Menschsein gehört es auch, Leid lin-dern zu wollen, Krankheiten besser zu verstehen, ja hei-len zu können . Mich bedrückt der in Teilen – wenigerhier, aber in der öffentlichen Debatte – forschungsfeindli-che Ton; denn gerade solche Töne gefährden die notwen-dige Debatte über die ethischen und rechtlichen Grenzenunseres Forschens .Ich habe viele in Behandlung und Forschung täti-ge Ärztinnen und Ärzte kennengelernt . Wir vertrauenSchwerstkranke und auch Kinder ihrem Können, ihremethischen Kompass an . Natürlich ist eine gruppennützigeForschung ohne Nutzen für den Probanden etwas ande-res . Aber genau diese Ärztinnen und Ärzte haben einenderartigen Generalverdacht wahrlich nicht verdient, mei-ne Damen, meine Herren .
Drittens . Menschsein verwirklicht sich auch in derWahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts, auch wennes weit darüber hinausgeht . Dass das Selbstbestim-mungsrecht auch Vorausverfügungen für den Fall eigenerNichteinwilligungsfähigkeit umfasst, ja sogar zwingendumfassen muss, ist durch die Rechtsprechung und Ge-setzgebung zur Patientenverfügung immer wieder betontworden . Dabei können solche Verfügungen beispielswei-se einen Behandlungsabbruch oder einen Behandlungs-verzicht vorgeben und damit eine Entscheidung treffen,die bis zur schnelleren Lebensbeendigung führen kann .Um weit weniger geht es bei den Entscheidungen überdie Beteiligung an einer Studie, bei der Belastung undRisiko minimal sein müssen .Wir haben damit ja Erfahrungen durch die Anwendungder entsprechenden Regelung seit 2004 bei Kindern – aufdie wir übrigens, weil wir viel zu wenig ausdrücklich fürKinder zugelassene Arzneimittel haben, so dringend an-gewiesen sind . Ich möchte doch sehr deutlich sagen, dassnach meiner Überzeugung auch die Anhörung klar erge-ben hat, dass die Verweise auf die Verordnung insgesamtdeutlich machen, dass mit der Annahme des Gesetzent-wurfes keine Schutzabsenkung für die Beteiligung Min-derjähriger an entsprechenden Studien verbunden ist .Meine Damen, meine Herren, diese drei Gedankenhaben uns bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes ge-leitet . Ich will aber ausdrücklich sagen, dass ich es gutfinde, dass wir – nach sehr intensiven parlamentarischenBeratungen und zwei Anhörungen – Sorgen und Anfra-gen bezüglich des Gesetzentwurfes heute auch in Formvon Änderungsanträgen aufnehmen und uns insoferneine Weiterentwicklung vorgenommen haben . Deswe-gen unterstütze ich ausdrücklich den Änderungsantragder Kollegen Nüßlein, Lauterbach, Henke und weiterer .Ich glaube, es ist gut, wenn wir mit den darin vorgesehe-nen Regelungen – etwa über das klare Erfordernis einerärztlichen Beratung im Vorfeld der eigenen Entschei-dung – stärker verdeutlichen, dass dieser Entscheidungim Zustand völliger geistiger Kräfte eine reflektierteEntscheidung vorausgehen muss. Diese Reflexion mussnicht jedes Detail eines späteren Studiendesigns umfas-sen, aber die Grundprinzipien, nach denen eine solcheStudie möglich ist . Im Übrigen wird es für den Proban-den die Möglichkeit geben, einzugrenzen, an welcher Artvon Test er bereit ist mitzuwirken oder nicht .
Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Ja, gerne .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Vielen Dank auch,
Herr Minister, dass Sie die Frage zulassen . Sie sprachen
gerade über die strengen Regeln . Was ist denn mit den
schon vorhandenen strengen Regeln der Patientenverfü-
gung? Die unterliefen wir doch mit den Regelungen des
Antrags Lauterbach, Gröhe und andere oder des Antrags
Mattheis und andere, wenn wir einem von diesen Anträ-
gen folgen würden .
Die unterlaufen wir nicht . Zunächst ist klar: Eine sol-che Probandenerklärung ist völlig freiwillig .
Wer sich nicht ausreichend beraten fühlt, wer darauf ver-zichtet, sich damit zu beschäftigen, oder sich überhauptnicht damit beschäftigen will, wird niemals in eine sol-che Studie einbezogen . Aber dass eine solche Erklärungmöglich ist, auch in Beziehung zu anderen Vorausverfü-gungen, die ja eine ganz andere Lebenssituation betref-fen – wie im Falle von Patientenverfügungen –, ist klar .Und sollte es im Ausnahmefall – diesen Streit gibt esauch beim Verhältnis vom Organspendeausweis zur Pa-tientenverfügung – Interpretationsunsicherheiten geben,
Bundesminister Hermann Gröhe
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619710
(C)
(D)
wacht darüber der Betreuer, und der Patient darf imZweifel eben nicht einbezogen werden . Insofern gibt esdiesen Widerspruch nicht .
Ich lege Wert darauf, dass es richtig ist, mit dem heutevorliegenden Antrag der Kollegen Lauterbach und weite-re auch auf Kritiker zuzugehen . Ich will einmal deutlichsagen, weil das Stichwort „Verzweckung“ aus der Anhö-rung zitiert wurde, dass der Vorsitzende des DeutschenEthikrats, Peter Dabrock, ausdrücklich erklärt hat, dasses bei Annahme dieses Antrages einen Schutz vor Ver-zweckung gibt und es um eine konkrete Ausgestaltungdes Selbstbestimmungsrechts geht . Das wurde ebensofestgehalten wie die Aussagen des Bevollmächtigtender EKD, der sich zwischenzeitlich sehr kritisch zumGesetzentwurf geäußert hat und den jetzt vorliegendenRegelungsvorschlag als gangbaren Weg bezeichnet hat .
Meine Damen, meine Herren, wir streiten immerwieder um das Wort „Notwendigkeit“ . Frau KolleginSchmidt, Sie haben Herrn Professor Pantel zitiert .
Sie könnten aber auch auf andere Professoren verweisen .Es ist interessant, dass man sich nur einen herauspickt .Wenn Sie Herrn Maier und Kollegen Schneider sehen –
Herr Kollege Gröhe, erlauben Sie noch eine Zwi-
schenfrage?
– ich würde jetzt gerne diesen Satz vollenden –, dann
werden Sie jedenfalls – – Ich räume doch ein, dass es ver-
schiedene Meinungen gibt . Sie haben, mit Verlaub, nur
eine Meinung zitiert . Ich sage ausdrücklich: Ja, es gab
Herrn Pantel, den Sie zu Recht zitieren . Es gibt aber auch
andere, die eine gegenteilige Position haben . Vielleicht
nehmen Sie auch noch zur Kenntnis, dass die, die eine an-
dere Position haben als die, die Sie zitieren, den Medizi-
nischen Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland,
den Verband der Universitätsklinika der Bundesrepublik
Deutschland, das Koordinierungszentrum für Klinische
Studien auf ihrer Seite haben und den Arbeitskreis Me-
dizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik
Deutschland, auf den ja zu Recht ein Hohes Lied gesun-
gen wurde . Das gehört dann auch dazu .
Im Übrigen gilt: Die konkrete Notwendigkeit muss
eine Ethikkommission erstens prüfen und zweitens be-
jahen .
Dazu gehört ausdrücklich, dass sie feststellen muss, dass
ein entsprechender Forschungsstudieninhalt in anderer
Weise nicht erarbeitet werden kann . Insofern ist es, glau-
be ich, klar, dass hier ein hohes Maß an Schutz besteht .
Meine Damen, meine Herren, wir haben uns in die-
ser Legislaturperiode entschieden, in einem besonderen
Kraftakt die Pflege von Menschen mit einer Demenz um-
fassend zu verbessern . Für mich gehört dies eindeutig zur
ersten Aufgabe, wenn es um Menschen mit demenzieller
Erkrankung geht .
Aber ich bin genauso davon überzeugt, dass es richtig,
ja menschengemäß ist, zu fragen, wie wir diese Krank-
heit besser verstehen und eines Tages auch heilen oder
ihr vorbeugen können .
Ich zitiere abschließend noch einmal Peter Dabrock,
den Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats:
Wir brauchen Forschung und den Schutz der
Schwächsten . Beides, verantwortlich gestaltet, be-
dingt sich gegenseitig .
Herzlichen Dank .
Vielen Dank, Hermann Gröhe . – Nächster Redner:
Dr . Karl Lauterbach, SPD-Fraktion .
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Zunächst einmal möchte ich mich für die De-batte bedanken. Ich finde, die Debatte ist angemessenund emotional . Das Haus ist nicht komplett voll, aber wirhaben uns sehr intensiv mit der Sachlage auseinander-gesetzt, und es gibt gute Gründe für alle drei Anträge –das ist ganz klar –, sodass jeder, der nachher darüber ab-stimmt, in gewisser Weise richtig entscheidet . Denn es isttatsächlich eine Situation, in der es keine alleinig richtigeEntscheidung gibt .Ich will trotzdem für unseren Antrag werben, zu demHerr Nüßlein und Herr Gröhe vorgetragen haben . Ichfange zunächst einmal mit der ganz wichtigen faktischenFrage an: Ist es überhaupt notwendig, bei fortgeschritte-ner Demenz Studien zu machen, oder hat der Sachver-ständige Pantel, der schon zitiert wurde, recht, dass manalles bereits in früheren Stadien untersuchen kann?Das ist abwegig . Dann wäre die Demenz die einzigeErkrankung, bei der sich alle Stadien in frühen StadienBundesminister Hermann Gröhe
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19711
(C)
(D)
untersuchen ließen und es in späteren Stadien keine Ver-änderungen mehr gäbe . Es ist bestens bekannt, dass dieDemenz verschiedene Stadien durchläuft, angefangenbei der beginnenden Neuroinflammation. Dann bauensich Proteine auf; dann verhalten sich die Proteine, undzum Schluss folgt eine weitere Phase der Neuroinflam-mation und auch der Gefäßbeschädigung . Diese Stadiensind voneinander getrennt, und selbstverständlich sinddie späten Stadien nur bei fortgeschrittener Erkrankunguntersuchbar; das ist klar .Übrigens wäre, wenn das Argument von Herrn Pantelrichtig wäre, bei fortgeschrittener Demenz gar keine ei-gennützige Forschung mehr nötig .
Denn dann würde auch bei der eigennützigen Forschungbei Demenz alles ausreichen, was in den früheren Stadi-en untersucht wird . Dann müssten wir sagen: Bei fort-geschrittener Demenz brauchen wir gar keine Forschungmehr,
weil sich im Gegensatz zu allen anderen Erkrankungenalles schon in den frühen Erkrankungsstadien untersu-chen lässt . – Das ist nicht die Wahrheit .Die Wahrheit ist: Es gibt zahlreiche Untersuchungen .Ich nenne wegen der Kürze der Zeit nur ein paar,
die derzeit durchgeführt werden, zum Beispiel die Un-tersuchung mit dem sogenannten Pittsburgh Compound,bei der man mithilfe einer Positronenemissionstomogra-fie feststellt, ob bei späten Stadien der Demenz noch dieMöglichkeit besteht, den Prozess umzukehren .
– Das ist kein minimaler Eingriff . Ich habe nicht gesagt,dass das ein minimaler Eingriff ist . Ich bringe aber jetzteinen minimalen Eingriff .Wir lernen zunehmend, dass bei der fortgeschrittenenDemenz die sogenannten Interleukine – das sind Boten-stoffe der Inflammation im Gehirn – eine große Rollespielen . Die lernen wir jetzt erst kennen . Wenn man wis-sen will, wie diese Botenstoffe wirken, dann muss mandamit Blutuntersuchungen machen . Davon hat der Pa-tient nichts, weil er derzeit keine Behandlung abwartenkann . Es ist nur deshalb derzeit möglich, diese Studien zumachen, weil wir, wenn wir ehrlich sind, immer so tun,als würden wir diese Studien für den Patienten durch-führen . Die Wahrheit ist aber: Es ist eine gruppennützigeForschung .
Dafür brauchen wir uns nicht zu schämen . Das müssenwir nicht verbergen . Aber wenn wir uns ehrlich machen,dann machen wir derzeit sehr viele Studien bei Demenz-kranken, bei denen wir so tun, als wären sie zum Eigen-nutz . Dabei ist es Gruppennutz . Daher ist diese Debatteauch ein Fortschritt in der Ehrlichkeit .
Ich komme jetzt zum Kern . Wieso ist das keine Ver-zweckung? Wenn ich mich selbst für gruppennützigeForschung zur Verfügung stelle, weil ich die Erkrankungerforschen oder bei der Erforschung der Krankheit helfenmöchte, an der ich selbst leide und an der durch die ge-netische Belastung beispielsweise meine eigenen Kindermöglicherweise erkranken werden, und wenn ich diesnicht mache, um selbst zu profitieren, sondern um ande-ren – möglicherweise meinen Kindern und auch der Ge-sellschaft – zu helfen, worin liegt dann die Verzweckung?Mit welchem Recht sprechen Sie Demenzerkrankten dasRecht ab, sich selbst zu verwirklichen und zu sagen: „Ichbin von der Erkrankung befallen und möchte noch einenBeitrag leisten, und zwar nach klaren Regeln“? Das istaus meiner Sicht keine Verzweckung, sondern Selbstver-wirklichung, die auch Demenzkranken zusteht . Sie sindzu dem Zeitpunkt, zu dem sie sich zugunsten der For-schung aussprechen, nicht entmündigt .
Ich komme nun zu der Argumentation, dass die Men-schen möglicherweise fixiert werden und sich nicht mehrwehren können . Herr Hüppe, Sie haben völlig recht: Dasist nicht akzeptabel . Das darf nie passieren . Aber das pas-siert derzeit bei der eigennützigen genauso wie bei dergruppennützigen Forschung . Wir müssen das grundsätz-lich verbieten . Daher bin ich für Ihren Zusatz . Aber die-ser Zusatz hat mit der eigentlichen Frage nichts zu tun;denn das gilt für jede Forschung an Demenzkranken undNichteinwilligungsfähigen . Diese Vorsichtsmaßnahmeist richtig .Ich habe großen Respekt vor dem von Frau Mattheisinitiierten Antrag, in dem es heißt, dass Selbstverwirkli-chung jedem zusteht und dass jeder für sich selbst ent-scheiden soll . Wir sind lediglich aus Sicherheitsgründendazu übergegangen, noch eine ärztliche Beratung vorzu-schalten . Wir wollen dadurch das Sicherheitsniveau er-höhen . Ich nenne Ihnen ein Beispiel, das deutlich macht,warum das einen Unterschied macht . Ich kann als Pati-ent, der sich im Frühstadium einer Demenzerkrankungbefindet und der viele Studien bereits kennt, sagen: DieseUntersuchung möchte ich, jene aber nicht . – So habenviele Demenzerkrankte zu Recht Angst vor weiteren Li-quorpunktionen . Wenn ich mich von einem Arzt beratenlasse und sie ausschließe, dann ist das ein wesentlicherFortschritt . Dann ist nicht mehr alles erlaubt . Man kannaber auch sagen: Bei mir dürfen bestimmte Blutuntersu-chungen gemacht werden, aber ich möchte keine bild-gebende Positronenemissionstomografie, weil ich nichtfixiert werden möchte. – Für eine Positronenemissions-tomografie muss der Patient fast immer fixiert werden.Auch wenn ich als Patient die Details der Studien nochnicht kenne, kann ich mit dem Arzt über wichtige FragenDr. Karl Lauterbach
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619712
(C)
(D)
diskutieren und festlegen, was gemacht werden soll undwas nicht .Das Gesetz deckt sicherlich den im von Frau Mattheisund ihren Kolleginnen und Kollegen eingebrachtenÄnderungsantrag formulierten Anspruch auf Selbstver-wirklichung ab . Aber in Anbetracht der hohen ethischenStandards, die hier berücksichtigt werden müssen, undauch, weil ich glaube, dass wir den Betreffenden so einenbesseren Eindruck von dem Unterschied zwischen eigen-nütziger und gruppennütziger Forschung vermitteln, er-höhen wir das Sicherheitsniveau .
Herr Lauterbach, erlauben Sie eine Zwischenfrage
oder Bemerkung von Renate Künast?
Sehr gerne .
Herr Kollege, Sie haben darauf hingewiesen, dass eine
ärztliche Aufklärung und Beratung aus Sicherheitsgrün-
den notwendig sind . Ich versuche, zu verstehen, wie das
zukünftige Verfahren aussehen soll . Bei Operationen und
Forschungen, die voll geschäfts- und einwilligungsfähi-
ge Menschen betreffen, hat uns die Rechtsprechung über
mehrere Jahre in zunehmendem Maße Details vorgege-
ben . Zur Absicherung geht die Medizin bei Operationen
und Behandlungsmaßnahmen sehr detailliert und genau
vor und erklärt, welche Nebenwirkungen zu erwarten
sind und welche Langzeitschäden auftreten können . Nun
versuche ich, nachzuvollziehen, was Sie in Ihrem Ände-
rungsantrag unter ärztlicher Aufklärung verstehen . Sie
haben gesagt, dass das nicht in allen Details geregelt wer-
den soll . Wenn aber eine Person heute schriftlich erklärt,
dass sie sich in 10, 20 oder 30 Jahren einer gruppennützi-
gen Forschung unterzieht: Können Sie mir einmal genau
erklären, wie Sie als Arzt diese Person über Details einer
Forschung aufklären wollen, die Sie noch gar nicht ken-
nen, weil diese Forschung erst Jahrzehnte später betrie-
ben wird? Ist diese Aufklärung nur ein Placebo? Können
Sie mir einmal genau erklären, wie das gehen soll?
– Ich habe Zeit und bleibe gerne zehn Minuten hier ste-
hen .
Ich nenne Ihnen ein praktisches Beispiel . Da ich michfür die Alzheimerforschung sehr intensiv interessiere,habe ich vor drei Wochen Professor Richard Isaacsonvon der Cornell Universität besucht . Er führt Studienüber beginnende und fortgeschrittene Demenz durch,unter anderem bei Risikopatienten aus Upper East Sidein Manhattan . In dieser Sprechstunde spricht er mit Pa-tienten – ich habe selbst an einer solchen Sprechstundeteilgenommen –, bei denen die Demenz schon begonnenhat, und erklärt ihnen, wie die Studie funktioniert .
– Sie haben mich etwas gefragt . Bitte geben Sie mir dieEhre, dass ich das zu Ende führen kann .Irgendwann wird dieser Patient, der jetzt an der Studieteilnimmt, nicht mehr in der Lage sein, die Fragen, dieIsaacson ihm jetzt stellt, zu beantworten, weil er dannschlicht und einfach diese Fähigkeit nicht mehr hat .
Ich kann zum Beispiel sagen, dass ich im Rahmen die-ser Studie weiter diese oder jene Blutuntersuchung zu-lassen möchte, aber an einer Liquorpunktion nicht mehrteilnehmen möchte, ich kann zum Beispiel im Rahmeneiner solchen Aufklärung erklären, dass Genuntersu-chungen gemacht werden dürfen, dass ich aber nicht fürMedikamententests zur Verfügung stehe, oder ich kannzum Beispiel sagen, dass ich an Studien teilnehme, diedie Cornell-Universität macht, aber nicht an Pharma-studien . Das alles sind hochrelevante Informationen, dieder Patient versteht . Sie müssen bedenken: Patienten, diesich für gruppennützige Studien zur Verfügung stellen,sind sehr häufig Patienten, die jahrelang entweder schondie Risikofaktoren oder die frühen Stufen der Demenzgehabt haben .
Diese Gespräche werden von Fachleuten geführt . Mankann aus ärztlicher Sicht sehr genau einengen, was derPatient später zulassen möchte oder nicht .
Ich komme zum Abschluss . Ich glaube, dass alle Ar-gumente, die hier ausgebreitet werden, in gewisser Weisenachvollziehbar sind . Ich verstehe das hohe Schutzbe-dürfnis . Ich glaube übrigens auch nicht, dass wir dann,wenn wir die gruppennützige Demenzforschung nichtzulassen, wesentlich von der internationalen Forschungabgekoppelt sein werden . Der Ehrlichkeit halber mussich zugeben: Die Studien, um die es hier geht, machennur einen kleinen Teil der Studien aus . Wir werden nichtvon der Forschung abgekoppelt .Es geht mir in erster Linie um das Selbstverwirkli-chungsargument bei höchster Sicherheit und die Mög-lichkeit, einen Beitrag zu dieser Forschung zu leisten,insbesondere dann, wenn man selbst betroffen ist, diesweiß und einen Beitrag leisten möchte, damit dieseKrankheit von anderen Betroffenen und von den eigenenKindern abgewendet werden kann .Vielen Dank .
Dr. Karl Lauterbach
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19713
(C)
(D)
Vielen Dank, Dr . Karl Lauterbach . – Nächster Redner:
Uwe Schummer für die CDU/CSU oder von der CDU/
CSU . Heute muss man es anders sagen .
Kollege Lauterbach, die Teilhabe an einer klinischenForschung auch an Menschen, die ihre Zustimmung nichtgegeben haben, als einen Akt der Selbstverwirklichungzu definieren, war heute eine sehr steile These.
Darüber werden wir uns im Rahmen der Definition derSelbstverwirklichung noch einmal auseinandersetzen .Ich will noch eines sagen, nämlich dass niemand vondenjenigen, die den Antrag, den auch ich vertrete, mittra-gen, in seiner Rede irgendetwas Forschungsfeindlichesgesagt hat .
Im Gegenteil, Ulla Schmidt hat gesagt: Wir sind einSpitzenstandort der Gesundheitsforschung . Auch derVerband Forschender Arzneimittelhersteller sagte, dasszur Bekämpfung von Demenz und anderen Krankheitendie Ausweitung der Gruppe auf diejenigen, die nicht fä-hig sind, ihre Einwilligung zu klinischen Forschungenzu geben, nicht notwendig ist . Wenn auf der anderenSeite jetzt der Eindruck erweckt wird, dass Fortschritteerst dann möglich sind, wenn die Gruppe erweitert wird,dann wird doch etwas vorgegaukelt, was selbst in derForschungslandschaft nicht vertreten wird .
Wir haben aus guten Gründen bis Dezember letztenJahres immer wieder einstimmig im Deutschen Bundes-tag beschlossen, dass Forschung nur dann sinnvoll undakzeptabel ist, wenn ein direkter individueller Nutzenvorauszusetzen ist . Dass man ihn nicht garantieren kann,ist klar; deshalb ist es Forschung . Es ist auch so, dassnatürlich derjenige, der an Demenz erkrankt ist, auch Teileiner solchen Gruppe ist, weshalb man bei der Definiti-on, was eigennützig oder auch für die betroffene Gruppenützlich ist, sehr vorsichtig sein muss . Es gibt im Grundekeine Notwendigkeit für eine neue Definition, um For-schung zu verbessern .
Die Frage ist, weshalb wir die Gruppe und dieseKriterien, die bis Dezember letzten Jahres galten, seitSeptember dieses Jahres nicht mehr so definieren, unddas, obwohl wir, wie mehrfach gesagt, in der Europäi-schen Union dafür gesorgt haben, dass unsere deutschenSchutzstandards in die betreffende europäische Verord-nung übertragen wurden .Was hat sich in der Welt so fundamental verändert?Dazu haben wir in Richtung der Vertreter der Wissen-schaft in der Anhörung Fragen gestellt . Darauf gab eskeine Antworten . Es gibt keine fundamentale Verände-rung, keine neue Erkenntnis . Daher ist es gut und sinn-voll, wenn man denen folgt, mit denen wir in besondererWeise verbunden sind und die uns warnen, nämlich dieAngehörigen der Gruppe, die davon profitieren soll, bei-spielsweise die Deutsche Alzheimer Gesellschaft .
Sie hat uns vehement aufgefordert, diesen Schritt nichtzu vollziehen .
Auch die Deutsche Bischofskonferenz hat in einemBeschluss die Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dassdavon erhebliche Gefahren und Belastungen für eine ex-trem schutzbedürftige Gruppe von Menschen – wie De-menzkranken im fortgeschrittenen Stadium – ausgehen .Die Deutsche Bischofskonferenz ist für mich als christ-lich orientierten Politiker ein wesentlicher, ein wichtigerRatgeber in dieser ethischen Frage .
Natürlich kann Forschung nicht ohne weitere Eingrif-fe auskommen – dabei geht es ja nicht nur um Blutabnah-me –, wenn sie bis zum Ende durchgeführt werden soll .Am Ende will man auch schauen, wie sich Arzneimittelim Körper verteilen . Dann kann es eben, wie geschildertwurde, zu einer Fixierung kommen, um CT-Aufnahmenzu ermöglichen . Ich weiß, dass im Rahmen einer Staa-tenprüfung mit Blick auf die UN-Behindertenrechtskon-vention die Fixierung – als ein Stück Folter – dargestelltworden ist, als etwas, was man beseitigen sollte und wasnicht mehr stattfinden darf.
Von daher ist die Fixierung eine wesentliche Maßnah-me . Ohne diese Maßnahme wäre ein Abschluss der For-schung kaum möglich .Wie ist es, wenn wir Ja zu der vorgesehenen Auswei-tung der klinischen Forschung sagen? Ich kann nur sa-gen – Hubert Hüppe hat das dargestellt –: 2004 ist dererste Schritt eigentlich schon vollzogen worden, indemman Forschung an Kindern zugelassen hat . Heute müs-sen wir uns sagen lassen: Weil damals, 2004, Forschungan Kindern zugelassen wurde, können wir sie jetzt auchan Erwachsenen ohne deren Einwilligungsmöglichkeitzulassen . – Ich brauche keine große Fantasie, um zu ah-nen, dass in fünf Jahren der dritte Weg kommt . Das heißt,die schiefe Ebene ist dann erreicht . Es würde gesagt wer-den: Die ganzen bürokratischen Hemmnisse, die dazuführen, dass wir diese Forschung nicht wirklich durch-führen können, muss man beseitigen, damit man dieseForschung – sie ist ja schon beschlossen worden – über-haupt praktizieren kann . – Dann sind auch diese Hemm-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619714
(C)
(D)
nisse weg. Befindet man sich einmal auf der schiefenEbene, geht es immer weiter nach unten .Deshalb hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe zumSchutz ihrer Mitglieder und deren Kinder, die beispiels-weise geistig behindert sind und in die Entscheidungennie selbst einwilligen können, einstimmig beschlossen,dass die schiefe Ebene nicht mehr betreten werden soll,dass wir vielmehr Dämme halten sollen, die heute not-wendiger denn je sind .
Wer selber Sterbebegleitung in der Familie erlebt hat,etwa bei einem Demenzkranken, weiß: Diese Menschenbrauchen eine helfende Hand, sie brauchen Menschen,die bei ihnen sind . Sie wollen auch keine Apparatemedi-zin . Es ist wichtig und richtig – da sind wir konform mitHermann Gröhe –, dass wir die Palliativmedizin ausge-baut haben, dass wir den Hospizbereich ausgebaut haben .Aber dies alles wird mit einem solchen Beschluss, dernicht notwendig ist, konterkariert, durch den Menschenzu einem medizinischen Versuchsobjekt gemacht wer-den . Menschen in einer solchen Situation sind Objekt undnicht nur Subjekt des Handelns . Niemand, kein Arzt, undauch niemand, der eine Patientenverfügung mit formulie-ren kann, weiß 20 Jahre im Voraus, woran der Betreffen-de erkranken kann . Das kann auch ein Unfall sein . Mankann auch ins Koma fallen . Niemand kann vorhersehen,welche klinischen Forschungen in 20 Jahren betriebenwerden, damit er darüber im Detail aufklären kann .
Wir würden damit erwarten, dass Ärzte nichts anderestun, als mit den Menschen einen Blick in die Glaskugelzu werfen – und das als Voraussetzung für eine so zen-trale und schwerwiegende Entscheidung . Das halte ichaus christlicher Überzeugung nicht für akzeptabel, unddeshalb gibt es diesen Änderungsantrag .Es ist wichtig, dass wir diese Debatte miteinander füh-ren . Es war wichtig, dass wir dieses Thema in der Anhö-rung ausführlich geklärt haben, miteinander besprochenhaben .Richtig ist: Je schwächer der Mensch ist, gerade amEnde des Lebens, umso stärker muss die Schutzfunktiondes Staates sein . – Dieser Grundsatz muss bestehen blei-ben . Das wollen wir so bewahren, und dafür bitte ich umIhre Unterstützung .
Vielen Dank, Uwe Schummer . – Die nächste Redne-
rin: Martina Stamm-Fibich von der SPD-Fraktion .
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen undKollegen! Liebe Besucher auf der Tribüne! 99 Prozentder sogenannten vierten AMG-Novelle sind unstrittig .Aber hinter dem einen verbleibenden Prozent verbirgtsich die umstrittene ethische Frage .Als Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion fürdas Thema Arzneimittel habe ich den Gesetzgebungspro-zess von Anfang an begleitet, und ich habe mich über dieeine oder andere mediale Berichterstattung doch sehr ge-wundert . Medien sollten komplizierte Sachverhalte ihrenLesern bzw . Zuschauern verständlich machen . Bei dervierten AMG-Novelle ist dies aus meiner Sicht nur unzu-reichend gelungen . Schnell waren Artikel mit Aussagenwie „Gesetz für Tests an Demenzkranken“ oder „Ver-suchskaninchen Demenzkranke“ zu lesen . Das schürteÄngste, und es baute sich ein Schreckensszenario auf .Eine ausgewogene Diskussion gab es selten . Meist gabes nur einseitige Positionierungen .Wir als Politik waren daran nicht unschuldig; denn derParagraf zur gruppennützigen Forschung kam spät undfast unbemerkt in den Gesetzentwurf . Im Referentenent-wurf der AMG-Novelle war die strittige Formulierungdes neuen § 40b noch nicht enthalten . Im Gegenteil: Aus-drücklich wurde damals nochmals auf die Entschließungdes Bundestages vom Januar 2013 gegen diese Art klini-sche Prüfung verwiesen .
Im Kabinettsentwurf tauchte dann die Möglichkeitfremdnütziger Forschung plötzlich auf – verbunden mitder Auflage, dass der Betreffende die Teilnahme zuvor ineiner Patientenverfügung erlaubt haben muss . Warum dieSenkung des Schutzniveaus für genau diese vulnerablePersonengruppe nötig ist, lässt der Entwurf aber offen .
Die erste Lesung des Gesetzes wurde am 14 . Aprildieses Jahres als Tagesordnungspunkt 17 in die Abend-stunden verbannt . Die Reden wurden zu Protokoll gege-ben . Doch zum Glück scheiterte dann im Sommer derVersuch, das Gesetz still und heimlich zu verabschieden .Gerade bei medizinethischen Themen ist ein breiter ge-sellschaftlicher Diskurs unabdingbar .
Mit der heutigen offenen und nicht durch die Fraktions-disziplin gezähmten Debatte bekommt die Thematik daseinzig adäquate Forum .Ich unterstütze den Antrag „Schummer, Schmidt,Vogler, Schulz-Asche, u . a .“ und möchte an der aktuel-len Rechtslage festhalten . Gruppennützige Studien annichteinwilligungsfähigen Erwachsenen sollen verbotenbleiben .
Vielen ist bis heute nicht bewusst, dass im Gesetz-entwurf nicht ein einziges Mal das Wort „Demenz“ oder„demenzielle Erkrankung“ zu finden ist.
Uwe Schummer
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19715
(C)
(D)
Der Gesetzentwurf macht die gruppennützige Forschungan nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen zum Thema,und zwar ohne Verknüpfung mit dem Thema Demenz .Der Gesetzentwurf will also nicht nur Demenzstudienermöglichen, sondern öffnet Tür und Tor für Arzneifor-schung zu einer Vielzahl von Krankheiten .Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte bedenken Siebei Ihrer Entscheidung, ob Sie eine Tür öffnen wollen,die wir nicht mehr zubekommen .Herzlichen Dank .
Vielen Dank, Martina Stamm-Fibich . – Der nächste
Redner: Rudolf Henke von der CDU/CSU-Fraktion .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ei-nige Punkte aufgreifen, die in der Diskussion eine Rollegespielt haben und von denen ich das Gefühl habe, dasszum Teil Vorstellungen existieren, die nicht so richtigfundiert sind .Fangen wir einmal mit der Frage an, ob es wirklich nurum das Thema Demenz geht . Ja, das Thema Demenz –Frau Sitte hat auf die Zahlen aufmerksam gemacht – be-drückt uns besonders, weil es niemanden unter uns gibt,der im Kreis der Freunde oder Angehörigen keinen hätte,der davon betroffen ist . Aber wenn wir über Forschungan nichteinwilligungsfähigen Menschen sprechen, dannsprechen wir nicht nur über das Thema Demenz,
sondern wir sprechen auch über andere Krankheiten, fürdie es bisher keine Heilungschance in irgendeiner Weisegibt . Ein paar weitere Beispiele: Da sprechen wir überMenschen, die mit Tollwut, Rabies, auf der Intensivsta-tion liegen, oder über Menschen, bei denen wir nichtwissen können, wie ihre Heilungsperspektiven sind,weil sie in einem Wachkoma liegen – die einen habenein Absterben des Gehirns erlitten und die anderen ha-ben ein Locked-in-Syndrom –, also in einer Situation, inder eine Chance besteht, dass sie aus diesem Wachkomaerwachen und wieder gesunden . Ich will daran erinnern,dass wir vor Jahren alle aufgeregt waren beim Rinder-wahnsinn . Auch hier gibt es eine menschliche Form die-ser Krankheit: die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit . DieseKrankheit spielt heute in der Debatte keine Rolle . Aberdamals war eine Verlaufsforschung zu dieser Krankheitdas Gebot der Stunde .Ich will damit sagen: Es sind nicht alles Therapiestu-dien, es geht nicht immer um die Einwirkung von Arz-neimitteln .
Es ist gesagt worden, der vfa ist so bedeutend, weil erArzneimittelstudien machen kann .
Natürlich gibt es auch Krankheitssituationen, in denengar keine Arzneimittel zur Verfügung stehen,
aber auch für diese Situationen muss man Forschungs-möglichkeiten zur Unterstützung der Patienten haben,beispielsweise zu der Frage: Wie kann man ihnen diebeste unterstützende Pflege geben?
Das kann nur anhand der Regeln stattfinden, die man fürvergleichende Arzneimittelstudien anwendet . Natürlichsetzen wir auch für diese klinische Forschung mit demArzneimittelgesetz den Standard, an den sich die zustän-dige Bundesoberbehörde, die Ethikkommissionen zuhalten haben .
Nächster Punkt . Ja, die Menschen haben große Er-wartungen . Ich glaube aber, dass sich Fortschritte eher inkleinen Schritten vollziehen werden und dass wir nichterleben werden, dass übermorgen das Arzneimittel zurVerfügung steht, mit dem man den Schalter einfach um-legt und plötzlich für viele die Tür zur Heilung geöffnetist . Es gibt das Versprechen der Selbstnützigkeit, der Ei-gennützigkeit . Man muss übersetzen, was damit gemeintist: Es ist ein potenzieller, ein möglicher, ein denkbarerEigennutz . Bei vergleichenden Arzneimittelstudien wis-sen wir, wer das Arzneimittel und wer das Placebo be-kommt . Man hat möglicherweise in beiden Fällen Belas-tungen und Risiken . Nur die Hälfte hat überhaupt eineChance, von den Arzneimitteln zu profitieren. Aber den-noch sagen wir: Diese Studie kann durchgeführt werden,weil sie einen potenziellen Eigennutzen vermittelt .Es wird gesagt: Keine einzige Studie ist untersagtworden . – Ja, aber es ist auch keine einzige Studie er-laubt worden .
Wir wissen doch gar nicht, unter welchen Voraussetzun-gen in Zukunft welche Ansätze entwickelt werden .
Aber es ist doch klar, dass niemand Anträge stellt, wenner von vornherein annehmen kann, dass der Antrag nichtgenehmigt wird .
Martina Stamm-Fibich
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619716
(C)
(D)
Dann wird gefragt: Kann man im Voraus informiertsein? Kann man im Voraus wissen, worin man einwilligt?
Das ist die Frage . Das hängt davon ab, welche Erklärungman abgibt . Wir haben heute im Patientenverfügungs-recht die Möglichkeit, weit im Voraus zu sagen: Ichmöchte niemals an Maschinen hängen, ich möchte nie-mals beatmet werden, ich möchte niemals künstliche Er-nährung haben . – Wenn man das für sich erklärt, ist dieseErklärung für die gesundheitliche Versorgung bindend .Ob sie sinnvoll oder nicht sinnvoll ist, wird im Einzelnennicht überprüft . Weil es möglich ist, diese Entscheidungzu treffen, frage ich mich: Wo liegt eigentlich der Unter-schied, wenn man eine solche Entscheidung auch für an-dere Bedingungen als den Abbruch von Therapien trifft,wenn man eben nicht unterbindet, dass bestimmte Thera-pien stattfinden, sondern erklärt, dass man bereit ist, anbestimmten Maßnahmen mitzuwirken, die dem Erkennt-nisgewinn dienen und mit denen möglicherweise nichtmehr einem selber, aber anderen geholfen werden kann?Übrigens – nur damit sich keiner Illusionen macht –:Im Grunde akzeptiert das jeder von uns; denn jeder vonuns ist damit einverstanden, dass es möglich ist, sich voreiner Narkose damit einverstanden zu erklären, dass maneiner Operation unterzogen wird .
Wenn ich eine solche Erklärung vor einem Eingriff abge-be, dann ist auch das eine Vorausverfügung;
denn in dem Moment, in dem die Operation beginnt,habe ich meine Einwilligungsfähigkeit längst verloren,in dem Moment bin ich narkotisiert und kann nicht mehreinwilligen . Trotzdem gilt diese Vorausverfügung auchfür diesen Moment .
Herr Henke, erlauben Sie eine Zwischenfrage von
Frau Haßelmann?
Ja, gern .
Aber lassen Sie mich erst mal etwas sagen . – Liebe
Kolleginnen und Kollegen, wir sind in einer sehr intensi-
ven Debatte . Ich bitte diejenigen, die jetzt andere Gesprä-
che führen wollen, dies nicht hier im Raum zu tun, son-
dern sich hinzusetzen und dieser Debatte zu folgen . Sie
ist intensiv, und sie verdient es, dass den Kolleginnen und
Kollegen, die hier am Redepult stehen oder Zwischen-
fragen stellen, Aufmerksamkeit geschenkt wird, auch im
Interesse derjenigen, die zuhören wollen .
Bitte setzten Sie sich hin, und hören Sie den Kolleginnen
und Kollegen zu . Es geht in Richtung Ende der Debatte,
aber wir sind noch nicht am Ende, und jeder Kollege hat
das Recht, dass ihm hier im Haus Aufmerksamkeit ge-
schenkt wird . – Bitte, Frau Haßelmann .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Vielen Dank, Herr
Kollege Henke, für die Zulassung der Frage . Aber jetzt
mal ganz im Ernst: Sie wollen uns doch nicht erklären,
dass die Vorauserklärung bei einer Narkose, die in die-
sem Gesetzentwurf vorgesehene Probandenerklärung
und die Patientenverfügung mit Blick auf die Frage, was
das denn eigentlich bedeutet, in irgendeiner Art und Wei-
se auf eine Stufe zu stellen sind .
Es kann doch nicht ernsthaft Ihr Interesse sein, dem Haus
das so zu erläutern .
Frau Kollegin, was ich deutlich zu machen versuchthabe,
ist, dass es möglich sein muss, Vorausverfügungen füreinen Zeitpunkt zu treffen, zu dem man die eigene Ein-willigungsfähigkeit nicht mehr zu Gebote hat . DieseMöglichkeit muss es geben, und diese Möglichkeit wirdnatürlich bei jeder unter Narkose stattfindenden Operati-on in Deutschland eingeräumt .
Wenn es nicht möglich wäre, überhaupt eine Voraus-verfügung für den Zeitpunkt zu treffen, zu dem man dieEinwilligungsfähigkeit eingebüßt hat, dann müsste dasja bedeuten, dass man im Grunde immer gegen Rechtverstoßen würde, wenn man sich damit einverstandenerklärte, dass man zu einem Zeitpunkt beispielsweiseoperiert wird, zu dem man die Einwilligungsfähigkeitverloren hat .
Rudolf Henke
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19717
(C)
(D)
Insofern sage ich: Die zentrale Frage, über die wirheute hier diskutieren, ist nicht die Frage des Schutzni-veaus . Das Schutzniveau ist gewaltig: Wir haben eineBundesoberbehörde, die jede einzelne Studie zu prüfenhat . Wir haben örtliche Ethikkommissionen, die jede ein-zelne Studie zu prüfen haben .
Der Prüfplan ist im Einzelnen vorzulegen . Dieser Prüf-plan ist im Einzelnen darauf zu prüfen, ob er mit derWillenserklärung desjenigen übereinstimmt, der sich ein-verstanden erklärt hat . Wir haben im EU-Recht die Ge-neralklausel: Der Prüfungsteilnehmer wird so weit wiemöglich in den Einwilligungsprozess einbezogen . – Dasschließt auch den natürlichen Willen mit ein, auf den derAntrag von Hubert Hüppe abzielt und gegen dessen An-nahme ich nichts habe .Der einzige Punkt, über den wir diskutieren und ent-scheiden müssen, ist die Frage, ob man im Voraus dieFreiheit hat, darüber zu entscheiden, dass man sich aneinem Forschungsprojekt beteiligt . Das ist die zentraleFrage . Diese Entscheidung darf jeder Elternteil, jeder Er-ziehungsberechtigte für seine eigenen Kinder treffen . ImJahr 2004 haben wir das so entschieden,
und es ist auch notwendig, dass wir das so entschiedenhaben . Es kann doch nicht sein, dass ein Erwachsenereine Entscheidung darüber treffen kann, ob sein Kind anForschungsprojekten beteiligt wird – es wird natürlichnicht selbst gefragt; darüber darf der Erwachsene ent-scheiden –, aber nicht über sich selbst bestimmen undsagen darf: In zwei Jahren, wenn bei mir die Demenz soweit ist, dass ich meinen Verstand verloren habe, dannbin ich bereit, mich an einer solchen Forschung zu be-teiligen . – Das wollen wir verbieten? Das wollen wir un-tersagen? Ich finde, das kann nicht sein. Deswegen bitteich Sie sehr herzlich um die Zustimmung zu dem Ände-rungsantrag, den ich mit anderen Kollegen gestellt habe .Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .
Vielen Dank, Kollege Henke . – Ich möchte noch ein-
mal darauf hinweisen – und das gilt für alle –: Wir sind
nicht am Ende der Debatte . Es sprechen noch zwei Kol-
legen . Ich bitte Sie, die Gespräche einzustellen und den
Kollegen die nötige Aufmerksamkeit zu schenken .
Nächste Rednerin: Sabine Dittmar von der SPD-Frak-
tion .
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ichmöchte für den Änderungsantrag Mattheis/Dittmar wer-ben und Ihnen meine Gründe dafür nennen .Vertreter der Grundlagenforschung haben mir sehrdeutlich dargelegt, dass klinische Forschung auch mitnichteinwilligungsfähigen Probanden notwendig ist,
um diese vulnerable Patientengruppe nicht vom medizi-nischen Fortschritt abzukoppeln .
Mit einer großen Mehrheit von 80 Prozent hat sich daherder Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen,der sich aus den 50 nationalen Ethikkommissionen zu-sammensetzt, für die Zulassung von gruppennützlicherForschung ausgesprochen . Mit unserem Änderungsan-trag schlagen wir einen Weg vor, um den besonderenSchutzbedürfnissen dieser vulnerablen Patientengruppegerecht zu werden und notwendige Forschung zu er-möglichen; denn nur, wenn ich in einwilligungsfähigemZustand festlege, dass ich meine Einbeziehung in grup-pennützliche Forschung gestatte, komme ich später alsProband infrage . Wenn ich nichts regele und keine Erklä-rung abgebe, bleibt es beim Status quo .
Wer nie einwilligungsfähig war, zum Beispiel geistig be-hinderte Menschen von Kindheit an, der wird auch nie-mals in Studien einbezogen, Herr Kollege Schummer .
Für mich ist die Voraberklärung Ausdruck meinesSelbstbestimmungsrechtes, und sie ist kein Freibrief fürungezügelte Forschung an Nichteinwilligungsfähigen .Bundesoberbehörde und Ethikkommissionen prüfen im-mer sehr genau, ob eine Studie gemäß dem Subsidiari-tätsprinzip nicht auch mit einwilligungsfähigen Proban-den erfolgen könnte .Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, dassInterventionen während einer Studie nur minimal belas-tend sein dürfen, und was minimal ist, das hat der deut-sche Gesetzgeber definiert, als er die gruppennützlicheForschung bei Minderjährigen erlaubte: zum BeispielUrinproben, zusätzliche Blutproben, Blutdruckmessen,aber ganz sicher keine Zwangsfixierung und auch keine,Kollege Lauterbach, Liquorpunktion .
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eine ent-scheidende Rolle kommt dem gesetzlichen Vertreter zu .Er muss letztendlich nach dann erfolgter Aufklärung ent-scheiden, ob der vorab geäußerte Wille noch mit der ak-tuellen Situation übereinstimmt, und niemals übertrumpftder Vorabwille den gegebenenfalls auch nur vermutetenaktuellen Willen . Das ist eine hohe Anforderung, die wiran den Betreuer stellen . Aber diese Kolleginnen und Kol-Rudolf Henke
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619718
(C)
(D)
legen müssen ja auch darüber entscheiden, ob die Teil-nahme an einer eigennützigen klinischen Studie möglichist . So ist es also nichts Neues .Kolleginnen und Kollegen, Sie werden sich vielleichtwundern, dass ich als Ärztin eine verpflichtende ärztli-che Aufklärung bei der Voraberklärung ablehne . Einesolche Aufklärung könnte nur sehr allgemein sein: überSinn und Zweck, über Gruppennutzen, Individualnut-zen, Fremdnutzen und über mögliche Interventionen .Das kann genauso gut, wenn nicht in manchen Fällensogar besser, in einer standardisierten, fachlich fundier-ten schriftlichen Form erfolgen, ähnlich wie wir dies beiPatientenverfügungen und Organspendeausweisen prak-tizieren . Natürlich hat man immer das Recht auf ärztlicheBeratung; aber eine Pflicht zur Beratung darf es nichtgeben,
da davon eine Gültigkeit der Voraberklärung abhängiggemacht werden kann .
Kolleginnen und Kollegen, wir entscheiden heute, obwir eine vulnerable Patientengruppe von erwartbaremmedizinischen Fortschritt abkoppeln oder Forschungunter hohen Schutzstandards zulassen . Derzeit sindwir – das ist für mich ein moralisch-ethisches Dilem-ma – Nutznießer von Zulassungsstudien, die im Auslanddurchgeführt wurden,
von Studien, die bei den Schutzstandards, die die Kol-legen Hüppe, Schmidt und Schummer wünschen, nichtzulässig wären .
Deshalb bin ich davon überzeugt, dass der Weg, den wirvorschlagen, der richtige ist, nämlich klinische Studienunter sehr hohen Schutzstandards zuzulassen .Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit .
Vielen Dank, Kollegin Dittmar . – Der letzte Redner in
der Debatte: Dirk Heidenblut aus der SPD-Fraktion .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Um es vor-weg zu sagen: Ich bitte Sie dringend: Stimmen Sie demAntrag von Schmidt und Schummer zu, und sorgen Siedafür, dass wir das höchste Schutzniveau für Menschen,die nicht einwilligungsfähig sind, erhalten,
wenn sie keinerlei Nutzen von der Arzneimittelfor-schung, der sie unterworfen werden sollen, haben . Zuallen anderen Anträgen sage ich: Natürlich geht es dabeium die Aufhebung dieses Schutzniveaus .
Es geht bei unserem Antrag nicht darum – dagegen ver-wahre ich mich ausdrücklich –, dass irgendjemand vonder medizinischen Forschung abgekoppelt wird . Natür-lich können Forschungen betrieben werden; sie wer-den ja auch betrieben . Es gibt auch überhaupt keinenNachweis dafür – in der ganzen Anhörung ist nicht eineinziger Nachweis erbracht worden –, dass im Auslandirgendetwas wild erforscht worden wäre, was man hiernicht erforschen könnte .
Deutschland ist ein guter Forschungsstandort . Ja, wirkommen weiter und wir müssen auch weiterkommen beider Alzheimerforschung und in anderen Forschungsbe-reichen . Aber das verhindert unser Antrag nicht . UnserAntrag verhindert es vielmehr, dass der Schutzstandardvon Menschen abgesenkt wird .Jetzt komme ich auf Selbstverwirklichung – das halteich für den völlig falschen Ansatz – bzw . Selbstbestim-mung zu sprechen . Nein, es geht hier nicht um Selbst-bestimmung . Es geht um die Frage, ob die WissenschaftZugriff auf bestimmte Personengruppen erhalten soll .Die Selbstbestimmung soll lediglich ins Gesetz einge-führt werden, um einen vermeintlich neuen Schutzme-chanismus aufzubauen . Dazu ist sie aber nicht da .
Diese Selbstbestimmung läuft im Übrigen ins Leere –das ist mehrfach gesagt worden –, weil das nur einevermeintliche Selbstbestimmung ist: Ich stelle eineBlankovollmacht aus, und ich werde vermeintlich bera-ten . Lieber Kollege Lauterbach, ja, ich kann dem Arztsagen, dass ich mir kein Blut abnehmen lassen möchte,und mit dieser selbstbestimmten Entscheidung schließeich obendrein alle Forschungsvorhaben aus . Das ist nunauch wenig sinnvoll . – Ich erhalte also eine vermeintli-che Selbstbestimmung, habe aber nicht die Möglichkeit,auszusteigen .
Das ist einer der Gründe, warum die Deutsche AlzheimerGesellschaft sagt: Nein, das wollen wir nicht .
All denen, die die Selbstbestimmung so in den Vor-dergrund stellen, sage ich: Es gab an dieser Stelle dochüberhaupt keinen Druck von irgendjemandem, der sichSabine Dittmar
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19719
(C)
(D)
eingezwängt oder fremdbestimmt fühlt . Der Druck kamdoch ausschließlich von der Wissenschaft, weil man For-schung machen möchte .
Hier wird die Idee der Selbstbestimmung genutzt, umeine vermeintliche Sicherheit vorzuschieben . Das gehtnicht . Das macht überhaupt keinen Sinn .Zur Türöffnungsfunktion . Wenn die vorliegenden An-träge durchkommen, werden wir in den kommenden 15bis 20 Jahren feststellen, dass sie der Forschung über-haupt nichts bringen, weil das im Zweifel erst in Patien-tenverfügungen oder woanders verankert werden muss .Natürlich kommt dann der Ruf: Ihr habt ja schon einge-sehen, dass das nötig ist; das bringt aber alles nichts; jetztmüssen wir die Schutzmechanismen doch ein bisschenweiter aushebeln . – Das wollen wir doch wohl nicht .
Deshalb kann ich nur dringend bitten: Sagen Sie Ja zuunserem Antrag, zu dem Antrag Schmidt/Schummer, undsagen Sie Nein zu den anderen Anträgen . Dann haben wirwieder eine klare, geschützte Regelung .Danke schön .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit schließe ich
die Aussprache .
Wir kommen zu den Abstimmungen .
– Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, jetzt konzen-
triert zu sein und ihre Gespräche einzustellen . Das gilt für
alle Kolleginnen und Kollegen .
Wir kommen zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Vierten
Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und an-
derer Vorschriften . Der Ausschuss für Gesundheit emp-
fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 18/10056, über Artikel 2 Nummer 11 –
§ 40b – des Gesetzentwurfes der Bundesregierung auf
Drucksachen 18/8034 und 18/8333 einen Beschluss her-
beizuführen . Eine inhaltliche Beschlussempfehlung wird
zu dieser Vorschrift nicht abgegeben .
Es liegen vier Änderungsanträge vor . Drei Änderungs-
anträge, nämlich der Änderungsantrag der Abgeordne-
ten Uwe Schummer, Ulla Schmidt und weiterer Abge-
ordneter, der Änderungsantrag der Abgeordneten Hilde
Mattheis und Sabine Dittmar sowie der Änderungsantrag
der Abgeordneten Georg Nüßlein, Karl Lauterbach und
weiterer Abgeordneter, betreffen die gruppennützige kli-
nische Prüfung von Arzneimitteln an nichteinwilligungs-
fähigen Personen . Hierzu ist namentliche Abstimmung
verlangt . Wird einer dieser Änderungsanträge angenom-
men, bekommt er also mehr als 50 Prozent der abgege-
benen Stimmen, entfällt die Abstimmung über die ande-
ren dieser drei Änderungsanträge . Ich werde daher die
Sitzung jeweils bis zum Vorliegen des Ergebnisses der
namentlichen Abstimmung über den jeweiligen Ände-
rungsantrag unterbrechen, damit wir die Stimmen aus-
zählen und anhand des Ergebnisses feststellen können,
ob es weitere Abstimmungen gibt oder ob ein Antrag be-
reits die Mehrheit der anwesenden Kolleginnen und Kol-
legen gefunden hat . Im Anschluss an die letzte namentli-
che Abstimmung stimmen wir über den Änderungsantrag
des Abgeordneten Hubert Hüppe ab . – Ich hoffe, alle
Kolleginnen und Kollegen konnten dem folgen .
Wir kommen jetzt zu der ersten namentlichen Abstim-
mung, nämlich der Abstimmung über den Änderungs-
antrag der Abgeordneten Uwe Schummer, Ulla Schmidt
und weiterer Abgeordneter . Das ist der Antrag auf Druck-
sache 18/10233 . Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen . –
Sind alle Urnen mit Schriftführerinnen und Schriftfüh-
rern besetzt? – Die erste namentliche Abstimmung über
den Änderungsantrag auf Drucksache 18/10233 ist eröff-
net .
Gibt es eine Kollegin oder einen Kollegen, die oder
der noch nicht abgestimmt hat? – Das ist nicht der Fall .
Dann schließe ich die Abstimmung . Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, die Stimmkarten auszu-
zählen .
Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen in wenigen
Minuten bekannt gegeben . Bis dahin ist die Sitzung un-
terbrochen .
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet . Ich bit-te Sie, Ihre Plätze wieder einzunehmen; die Auszählungist erfolgt .Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen undSchriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichenAbstimmung bekannt: Abgegeben wurden 583 Stim-men . Mit Ja haben gestimmt 254 Kolleginnen und Kolle-gen, mit Nein haben gestimmt 321 Kolleginnen und Kol-legen, 8 Kollegen haben sich enthalten . Damit ist dieserÄnderungsantrag abgelehnt worden .
– Lieber Kollege, ich bitte Sie, Beifallsbekundungen zuunterlassen .
– Das gilt generell .Dirk Heidenblut
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619720
(C)
(D)
Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 583;davonja: 254nein: 321enthalten: 8JaCDU/CSUDorothee BärVeronika BellmannSteffen BilgerPeter BleserKlaus BrähmigMichael BrandThomas DörflingerIris EberlJutta EckenbachDirk Fischer
Thorsten FreiAlexander FunkDr . Thomas GebhartAlois GerigEberhard GiengerJosef GöppelManfred GrundChristian HaaseMatthias HauerDr . Stefan HeckDr . Matthias HeiderFrank Heinrich
Ansgar HevelingThorsten Hoffmann
Franz-Josef HolzenkampMargaret HorbBettina HornhuesAnette HübingerHubert HüppeBernhard KasterJens KoeppenKordula KovacDr . Günter KringsUwe LagoskyDr . Silke LaunertPaul LehriederDr . Andreas LenzPhilipp Graf LerchenfeldMatern von MarschallHans-Georg von der MarwitzDr . Michael MeisterVolker MosblechMichaela NollWilfried OellersSylvia PantelMartin PatzeltJosef RiefKathrin RöselKarl SchiewerlingGabriele Schmidt
Patrick SchniederBernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerJohannes SelleReinhold SendkerDr . Patrick SensburgJohannes SinghammerMarcus Weinberg
Peter Weiß
Sabine Weiss
Marian WendtWaldemar WestermayerKlaus-Peter WillschDr . Matthias ZimmerSPDHeike BaehrensBettina Bähr-LosseHeinz-Joachim BarchmannKlaus BarthelBärbel BasLothar Binding
Willi BraseMartin BurkertDr . Lars CastellucciJürgen CoßeBernhard DaldrupDr . Karamba DiabySiegmund EhrmannMichaela EngelmeierKarin Evers-MeyerDr . Fritz FelgentreuDr . Ute Finckh-KrämerChristian FlisekDagmar FreitagAngelika GlöcknerKerstin GrieseMichael GroßMetin HakverdiUlrich HampelSebastian HartmannMichael Hartmann
Dirk HeidenblutGabriela HeinrichMarcus HeldHeidtrud HennFrank JungeJosip JuratovicThomas JurkJohannes KahrsArno KlareLars KlingbeilDaniela KolbeDr . Hans-Ulrich KrügerSteffen-Claudio LemmeBurkhard LischkaHiltrud LotzeDr . Birgit Malecha-NissenKlaus MindrupBettina MüllerDetlef Müller
Michelle MünteferingDr . Rolf MützenichDietmar NietanUlli NissenMahmut Özdemir
Aydan ÖzoğuzMarkus PaschkeJeannine PflugradtDetlev PilgerFlorian PostAchim Post
Martin RabanusStefan RebmannGerold ReichenbachAndreas RimkusDennis RohdeDr . Martin RosemannMichael Roth
Susann RüthrichBernd RützelSarah RyglewskiAnnette SawadeDr . Hans-JoachimSchabedothMarianne SchiederUdo SchiefnerDr . Dorothee SchlegelUlla Schmidt
Matthias Schmidt
Dagmar Schmidt
Elfi Scho-AntwerpesUrsula SchulteEwald SchurerFrank SchwabeRita Schwarzelühr-SutterNorbert SpinrathSvenja StadlerMartina Stamm-FibichSonja SteffenKerstin TackMichael ThewsDr . Karin ThissenFranz ThönnesRüdiger VeitDirk VöpelGabi WeberDirk WieseWaltraud Wolff
Gülistan YükselStefan ZierkeBrigitte ZypriesDIE LINKEHerbert BehrensKarin BinderMatthias W . BirkwaldHeidrun BluhmEva Bulling-SchröterSevim DağdelenDr . Diether DehmWolfgang GehrckeNicole GohlkeDr . Gregor GysiDr . André HahnInge HögerAndrej HunkoSigrid HupachUlla JelpkeJutta KrellmannSabine LeidigRalph LenkertMichael LeutertDr . Gesine LötzschBirgit MenzCornelia MöhringNiema MovassatNorbert Müller
Dr . Alexander S . NeuThomas NordPetra PauMichael SchlechtDr . Kirsten TackmannAzize TankDr . Axel TroostAlexander UlrichKathrin VoglerHarald WeinbergKatrin WernerJörn WunderlichHubertus ZdebelPia ZimmermannBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENKerstin AndreaeAnnalena BaerbockVolker Beck
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19721
(C)
(D)
Dr . Franziska BrantnerAgnieszka BruggerEkin DeligözKatja DörnerKatharina DrögeHarald EbnerDr . Thomas GambkeMatthias GastelKai GehringKatrin Göring-EckardtAnja HajdukBritta HaßelmannDr . Anton HofreiterBärbel HöhnDieter JanecekUwe KekeritzSven-Christian KindlerMaria Klein-SchmeinkSylvia Kotting-UhlOliver KrischerStephan Kühn
Christian Kühn
Renate KünastMarkus KurthMonika LazarSteffi LemkeDr . Tobias LindnerNicole MaischPeter MeiwaldIrene MihalicBeate Müller-GemmekeÖzcan MutluDr . Konstantin von NotzOmid NouripourFriedrich OstendorffCem ÖzdemirLisa PausBrigitte PothmerTabea RößnerClaudia Roth
Corinna RüfferElisabeth ScharfenbergUlle SchauwsDr . Gerhard SchickDr . Frithjof SchmidtKordula Schulz-AscheDr . Wolfgang Strengmann-KuhnHans-Christian StröbeleDr . Harald TerpeMarkus TresselJürgen TrittinDr . Julia VerlindenDoris WagnerBeate Walter-RosenheimerNeinCDU/CSUStephan AlbaniKatrin AlbsteigerArtur AuernhammerThomas BareißNorbert BarthleGünter BaumannMaik BeermannManfred Behrens
Sybille BenningDr . André BergheggerDr . Christoph BergnerUte BertramPeter BeyerClemens BinningerDr . Maria BöhmerNorbert BrackmannDr . Reinhard BrandlHelmut BrandtDr . Ralf BrauksiepeDr . Helge BraunHeike BrehmerRalph BrinkhausCajus CaesarGitta ConnemannAlexandra Dinges-DierigAlexander DobrindtMichael DonthMarie-Luise DöttHansjörg DurzHermann FärberUwe FeilerEnak FerlemannIngrid FischbachAxel E . Fischer
Dr . Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachDr . Astrid FreudensteinDr . Hans-Peter Friedrich
Michael FrieserDr . Michael FuchsHans-Joachim FuchtelIngo GädechensCemile GiousoufUrsula Groden-KranichHermann GröheKlaus-Dieter GröhlerMichael Grosse-BrömerAstrid GrotelüschenMarkus GrübelOliver GrundmannMonika GrüttersDr . Herlind GundelachFritz GüntzlerOlav GuttingFlorian HahnRainer HajekDr . Stephan HarbarthJürgen HardtGerda HasselfeldtMark HauptmannHelmut HeiderichMechthild HeilMark HelfrichUda HellerJörg HellmuthRudolf HenkeMichael HennrichDr . Heribert HirteChristian HirteRobert HochbaumAlexander HoffmannKarl HolmeierDr . Hendrik HoppenstedtCharles M . HuberErich IrlstorferThomas JarzombekSylvia JörrißenDr . Franz Josef JungAndreas JungXaver JungBartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KanitzAlois KarlAnja KarliczekVolker KauderDr . Stefan KaufmannRonja KemmerRoderich KiesewetterDr . Georg KippelsVolkmar KleinAxel KnoerigMarkus KoobCarsten KörberMichael KretschmerGunther KrichbaumRüdiger KruseBettina KudlaDr . Roy KühneGünter LachDr . Dr . h .c . Karl A . LamersAndreas G . LämmelDr . Norbert LammertKatharina LandgrafUlrich LangeBarbara LanzingerDr . Katja LeikertDr . Ursula von der LeyenAntje LeziusIngbert LiebingMatthias LietzAndrea LindholzDr . Carsten LinnemannPatricia LipsWilfried LorenzDr . Claudia Lücking-MichelDr . Jan-Marco LuczakDaniela LudwigKarin MaagYvonne MagwasThomas MahlbergDr . Thomas de MaizièreGisela ManderlaAndreas MattfeldtStephan Mayer
Reiner MeierDr . Angela MerkelJan MetzlerMaria MichalkDr . h .c . Hans MichelbachDr . Mathias MiddelbergDietrich MonstadtKarsten MöringElisabeth MotschmannDr . Gerd MüllerCarsten Müller
Stefan Müller
Dr . Philipp MurmannDr . Andreas NickHelmut NowakDr . Georg NüßleinFlorian OßnerDr . Tim OstermannHenning OtteIngrid PahlmannDr . Martin PätzoldUlrich PetzoldDr . Joachim PfeifferSibylle PfeifferEckhard PolsThomas RachelKerstin RadomskiAlexander RadwanAlois RainerDr . Peter RamsauerEckhardt RehbergLothar RiebsamenJohannes RöringDr . Norbert RöttgenErwin RüddelAlbert Rupprecht
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619722
(C)
(D)
Anita Schäfer
Dr . Wolfgang SchäubleAndreas ScheuerJana SchimkeNorbert SchindlerTankred SchipanskiChristian Schmidt
Nadine Schön
Dr . Kristina Schröder
Dr . Klaus-Peter Schulze
Christina SchwarzerDetlef SeifBernd SiebertThomas SilberhornTino SorgeJens SpahnCarola StaucheDr . Frank SteffelDr. Wolfgang StefingerAlbert StegemannPeter SteinErika SteinbachSebastian SteinekeJohannes SteinigerChristian Frhr . von StettenRita StockhofeGero StorjohannStephan StrackeMax StraubingerMatthäus StreblThomas StritzlLena StrothmannMichael StübgenDr . Sabine Sütterlin-WaackDr . Peter TauberAntje TillmannAstrid Timmermann-FechterDr . Hans-Peter UhlDr . Volker UllrichArnold VaatzThomas ViesehonMichael VietzVolkmar Vogel
Sven VolmeringChristel Voßbeck-KayserKees de VriesDr . Johann WadephulMarco WanderwitzKarl-Heinz WangeNina WarkenKai WegnerDr . h .c . Albert WeilerDr . Anja WeisgerberIngo WellenreutherKarl-Georg WellmannPeter WichtelAnnette Widmann-MauzHeinz Wiese
Elisabeth Winkelmeier-BeckerOliver WittkeDagmar G . WöhrlBarbara WoltmannTobias ZechHeinrich ZertikGudrun ZollnerSPDNiels AnnenIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldUlrike BahrDr . Katarina BarleyDr . Matthias BartkeSören BartolUwe BeckmeyerBurkhard BlienertDr . Karl-Heinz BrunnerDr . h .c . Edelgard BulmahnPetra CroneDr . Daniela De RidderSabine DittmarMartin DörmannPetra ErnstbergerSaskia EskenDr . Johannes FechnerElke FernerGabriele FograscherDr . Edgar FrankeUlrich FreeseMichael GerdesMartin GersterIris GleickeUli GrötschBettina HagedornRita Hagl-KehlHubertus Heil
Gustav HerzogGabriele Hiller-OhmThomas HitschlerMatthias IlgenChristina Jantz-HerrmannOliver KaczmarekRalf KapschackGabriele KatzmarekUlrich KelberMarina KermerCansel KiziltepeDr. Bärbel KoflerAnette KrammeHelga Kühn-MengelChristine LambrechtChristian Lange
Dr . Karl LauterbachGabriele Lösekrug-MöllerKirsten LühmannCaren MarksKatja MastHilde MattheisDr . Matthias MierschSusanne MittagThomas OppermannChristian PetrySabine PoschmannJoachim PoßDr . Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr . Sascha RaabeDr . Simone RaatzMechthild RawertDr . Carola ReimannSönke RixPetra Rode-BosseRené RöspelDr . Ernst Dieter RossmannJohann SaathoffAxel Schäfer
Dr . Nina ScheerSwen Schulz
Stefan SchwartzeAndreas SchwarzChristoph SträsserClaudia TausendCarsten TrägerUte VogtBernd WestphalAndrea WickleinDagmar ZieglerManfred ZöllmerDIE LINKEDr . Dietmar BartschRoland ClausKerstin KassnerJan KorteKatrin KunertCaren LayStefan LiebichThomas LutzeRichard PitterleDr . Petra SitteKersten SteinkeBirgit WöllertBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENDr . Valerie WilmsEnthaltenCDU/CSUDr . Thomas FeistDr . Philipp LengsfeldDieter StierOswin VeithSPDDoris BarnettUlrike GottschalckRainer SpieringDIE LINKEKatja KippingAbgeordnete, die sich wegen gesetzlichen Mutterschutzes für ihre Abwesenheit entschuldigt haben, sind in der Liste derentschuldigten Abgeordneten aufgeführt.Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wirfortfahren, wie angekündigt, und jetzt über den zweitenÄnderungsantrag, nämlich den Änderungsantrag derAbgeordneten Hilde Mattheis und Sabine Dittmar aufDrucksache 18/10234, abstimmen . Hierzu bitte ich dieSchriftführerinnen und Schriftführer wieder, die vorgese-henen Plätze einzunehmen . – Sind alle Urnen mit Schrift-führerinnen und Schriftführern besetzt? – Das ist der Fall .Dann eröffne ich die zweite namentliche Abstimmungüber den Änderungsantrag auf Drucksache 18/10234 .
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19723
(C)
(D)
Gibt es eine Kollegin oder einen Kollegen, die oder dernoch nicht abgestimmt hat? – Das ist nicht der Fall . Ichschließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnenund Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen .Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen in einigenMinuten bekannt gegeben . Die Sitzung ist bis dahin un-terbrochen .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrocheneSitzung ist wieder eröffnet . Ich bitte Sie, Ihre Plätze ein-zunehmen .Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über den Änderungsantrag der AbgeordnetenHilde Mattheis und Sabine Dittmar bekannt: Abgegebenwurden 581 Stimmen . Mit Ja haben gestimmt 69, mitNein haben gestimmt 508, 4 Kolleginnen und Kollegenhaben sich enthalten . Damit ist auch dieser Änderungs-antrag abgelehnt worden .
Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 581;davonja: 69nein: 508enthalten: 4JaCDU/CSUKatharina LandgrafDr . Silke LaunertDr . Peter RamsauerSPDRainer ArnoldUlrike BahrKlaus BarthelSören BartolBärbel BasBurkhard BlienertDr . h .c . Edelgard BulmahnMartin BurkertJürgen CoßePetra CroneDr . Daniela De RidderSabine DittmarSaskia EskenDr . Johannes FechnerElke FernerGabriele FograscherDr . Edgar FrankeMichael GerdesUli GrötschBettina HagedornRita Hagl-KehlGabriele Hiller-OhmMatthias IlgenRalf KapschackGabriele KatzmarekMarina KermerCansel KiziltepeDr. Bärbel KoflerHelga Kühn-MengelChristine LambrechtKirsten LühmannCaren MarksHilde MattheisFlorian PronoldDr . Simone RaatzMechthild RawertSönke RixPetra Rode-BosseRené RöspelBernd RützelMarianne SchiederStefan SchwartzeAndreas SchwarzSonja SteffenChristoph SträsserDr . Karin ThissenCarsten TrägerUte VogtDagmar ZieglerDIE LINKEDr . Dietmar BartschHeidrun BluhmRoland ClausDr . Gregor GysiKerstin KassnerJan KorteKatrin KunertCaren LayMichael LeutertStefan LiebichThomas LutzeRichard PitterleMichael SchlechtDr . Petra SitteKersten SteinkeHalina WawzyniakBirgit WöllertNeinCDU/CSUStephan AlbaniKatrin AlbsteigerArtur AuernhammerDorothee BärThomas BareißNorbert BarthleGünter BaumannMaik BeermannManfred Behrens
Veronika BellmannSybille BenningDr . André BergheggerDr . Christoph BergnerUte BertramPeter BeyerSteffen BilgerClemens BinningerPeter BleserDr . Maria BöhmerNorbert BrackmannKlaus BrähmigMichael BrandDr . Reinhard BrandlHelmut BrandtDr . Ralf BrauksiepeDr . Helge BraunHeike BrehmerRalph BrinkhausCajus CaesarGitta ConnemannAlexandra Dinges-DierigAlexander DobrindtMichael DonthThomas DörflingerMarie-Luise DöttHansjörg DurzIris EberlJutta EckenbachHermann FärberUwe FeilerDr . Thomas FeistEnak FerlemannIngrid FischbachDirk Fischer
Axel E . Fischer
Dr . Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachThorsten FreiDr . Astrid FreudensteinDr . Hans-Peter Friedrich
Michael FrieserDr . Michael FuchsHans-Joachim FuchtelAlexander FunkIngo GädechensDr . Thomas GebhartAlois GerigEberhard GiengerCemile GiousoufJosef GöppelUrsula Groden-KranichHermann GröheKlaus-Dieter GröhlerMichael Grosse-BrömerAstrid GrotelüschenMarkus GrübelManfred GrundOliver GrundmannMonika GrüttersDr . Herlind GundelachFritz GüntzlerOlav GuttingChristian HaaseFlorian HahnRainer HajekDr . Stephan HarbarthJürgen HardtGerda HasselfeldtMatthias HauerVizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619724
(C)
(D)
Mark HauptmannDr . Stefan HeckDr . Matthias HeiderHelmut HeiderichMechthild HeilFrank Heinrich
Mark HelfrichUda HellerJörg HellmuthRudolf HenkeMichael HennrichAnsgar HevelingDr . Heribert HirteChristian HirteRobert HochbaumAlexander HoffmannThorsten Hoffmann
Karl HolmeierFranz-Josef HolzenkampDr . Hendrik HoppenstedtMargaret HorbBettina HornhuesCharles M . HuberAnette HübingerHubert HüppeErich IrlstorferThomas JarzombekSylvia JörrißenDr . Franz Josef JungAndreas JungXaver JungBartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KanitzAlois KarlAnja KarliczekBernhard KasterVolker KauderDr . Stefan KaufmannRonja KemmerRoderich KiesewetterDr . Georg KippelsVolkmar KleinAxel KnoerigJens KoeppenMarkus KoobCarsten KörberKordula KovacMichael KretschmerGunther KrichbaumDr . Günter KringsRüdiger KruseBettina KudlaDr . Roy KühneGünter LachUwe LagoskyDr . Dr . h .c . Karl A . LamersAndreas G . LämmelDr . Norbert LammertUlrich LangeBarbara LanzingerPaul LehriederDr . Katja LeikertDr . Philipp LengsfeldDr . Andreas LenzPhilipp Graf LerchenfeldDr . Ursula von der LeyenAntje LeziusIngbert LiebingMatthias LietzAndrea LindholzDr . Carsten LinnemannPatricia LipsWilfried LorenzDr . Claudia Lücking-MichelDr . Jan-Marco LuczakDaniela LudwigKarin MaagYvonne MagwasThomas MahlbergDr . Thomas de MaizièreGisela ManderlaMatern von MarschallHans-Georg von der MarwitzAndreas MattfeldtStephan Mayer
Reiner MeierDr . Michael MeisterDr . Angela MerkelJan MetzlerMaria MichalkDr . h .c . Hans MichelbachDr . Mathias MiddelbergDietrich MonstadtKarsten MöringVolker MosblechElisabeth MotschmannDr . Gerd MüllerCarsten Müller
Stefan Müller
Dr . Philipp MurmannDr . Andreas NickMichaela NollHelmut NowakDr . Georg NüßleinWilfried OellersFlorian OßnerDr . Tim OstermannHenning OtteIngrid PahlmannSylvia PantelMartin PatzeltDr . Martin PätzoldUlrich PetzoldDr . Joachim PfeifferSibylle PfeifferEckhard PolsThomas RachelKerstin RadomskiAlexander RadwanAlois RainerEckhardt RehbergLothar RiebsamenJosef RiefJohannes RöringKathrin RöselDr . Norbert RöttgenErwin RüddelAlbert RupprechtAnita Schäfer
Dr . Wolfgang SchäubleAndreas ScheuerKarl SchiewerlingJana SchimkeNorbert SchindlerTankred SchipanskiChristian Schmidt
Gabriele Schmidt
Patrick SchniederNadine Schön
Dr . Kristina Schröder
Bernhard Schulte-DrüggelteDr . Klaus-Peter SchulzeUwe Schummer
Christina SchwarzerDetlef SeifJohannes SelleReinhold SendkerDr . Patrick SensburgBernd SiebertThomas SilberhornJohannes SinghammerTino SorgeJens SpahnCarola StaucheDr . Frank SteffelDr. Wolfgang StefingerAlbert StegemannPeter SteinErika SteinbachSebastian SteinekeJohannes SteinigerChristian Frhr . von StettenDieter StierRita StockhofeGero StorjohannStephan StrackeMax StraubingerMatthäus StreblThomas StritzlLena StrothmannMichael StübgenDr . Sabine Sütterlin-WaackDr . Peter TauberAntje TillmannAstrid Timmermann-FechterDr . Hans-Peter UhlDr . Volker UllrichArnold VaatzOswin VeithThomas ViesehonMichael VietzVolkmar Vogel
Sven VolmeringChristel Voßbeck-KayserKees de VriesDr . Johann WadephulMarco WanderwitzKarl-Heinz WangeNina WarkenKai WegnerDr . h .c . Albert WeilerMarcus Weinberg
Dr . Anja WeisgerberPeter Weiß
Sabine Weiss
Ingo WellenreutherKarl-Georg WellmannMarian WendtWaldemar WestermayerPeter WichtelAnnette Widmann-MauzHeinz Wiese
Klaus-Peter WillschElisabeth Winkelmeier-BeckerOliver WittkeBarbara WoltmannTobias ZechHeinrich ZertikDr . Matthias ZimmerGudrun ZollnerSPDNiels AnnenIngrid Arndt-BrauerHeike BaehrensBettina Bähr-LosseHeinz-Joachim BarchmannDr . Katarina BarleyDr . Matthias BartkeUwe BeckmeyerLothar Binding
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19725
(C)
(D)
Willi BraseDr . Karl-Heinz BrunnerDr . Lars CastellucciDr . Karamba DiabyMartin DörmannSiegmund EhrmannMichaela EngelmeierPetra ErnstbergerKarin Evers-MeyerDr . Fritz FelgentreuDr . Ute Finckh-KrämerChristian FlisekUlrich FreeseDagmar FreitagMartin GersterIris GleickeAngelika GlöcknerKerstin GrieseMichael GroßMetin HakverdiUlrich HampelSebastian HartmannMichael Hartmann
Dirk HeidenblutHubertus Heil
Gabriela HeinrichMarcus HeldHeidtrud HennGustav HerzogThomas HitschlerChristina Jantz-HerrmannFrank JungeJosip JuratovicThomas JurkOliver KaczmarekJohannes KahrsUlrich KelberArno KlareLars KlingbeilAnette KrammeDr . Hans-Ulrich KrügerChristian Lange
Dr . Karl LauterbachSteffen-Claudio LemmeBurkhard LischkaGabriele Lösekrug-MöllerHiltrud LotzeDr . Birgit Malecha-NissenKatja MastDr . Matthias MierschKlaus MindrupSusanne MittagBettina MüllerDetlef Müller
Michelle MünteferingDr . Rolf MützenichDietmar NietanUlli NissenThomas OppermannMahmut Özdemir
Aydan ÖzoğuzMarkus PaschkeChristian PetryJeannine PflugradtDetlev PilgerSabine PoschmannJoachim PoßFlorian PostAchim Post
Dr . Wilhelm PriesmeierDr . Sascha RaabeMartin RabanusStefan RebmannGerold ReichenbachDr . Carola ReimannAndreas RimkusDennis RohdeDr . Martin RosemannDr . Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Susann RüthrichSarah RyglewskiJohann SaathoffAnnette SawadeDr . Hans-JoachimSchabedothAxel Schäfer
Dr . Nina ScheerUdo SchiefnerDr . Dorothee SchlegelUlla Schmidt
Matthias Schmidt
Dagmar Schmidt
Elfi Scho-AntwerpesUrsula SchulteSwen Schulz
Ewald SchurerFrank SchwabeRita Schwarzelühr-SutterNorbert SpinrathSvenja StadlerMartina Stamm-FibichKerstin TackClaudia TausendMichael ThewsFranz ThönnesRüdiger VeitDirk VöpelGabi WeberBernd WestphalAndrea WickleinDirk WieseWaltraud Wolff
Gülistan YükselStefan ZierkeManfred ZöllmerBrigitte ZypriesDIE LINKEHerbert BehrensKarin BinderMatthias W . BirkwaldEva Bulling-SchröterSevim DağdelenDr . Diether DehmWolfgang GehrckeNicole GohlkeDr . André HahnInge HögerAndrej HunkoSigrid HupachUlla JelpkeKatja KippingJutta KrellmannSabine LeidigRalph LenkertDr . Gesine LötzschBirgit MenzCornelia MöhringNiema MovassatNorbert Müller
Dr . Alexander S . NeuThomas NordPetra PauDr . Kirsten TackmannAzize TankDr . Axel TroostAlexander UlrichKathrin VoglerKatrin WernerJörn WunderlichHubertus ZdebelPia ZimmermannBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENKerstin AndreaeAnnalena BaerbockVolker Beck
Dr . Franziska BrantnerAgnieszka BruggerEkin DeligözKatja DörnerKatharina DrögeHarald EbnerDr . Thomas GambkeMatthias GastelKai GehringKatrin Göring-EckardtAnja HajdukBritta HaßelmannDr . Anton HofreiterBärbel HöhnDieter JanecekUwe KekeritzSven-Christian KindlerMaria Klein-SchmeinkSylvia Kotting-UhlOliver KrischerStephan Kühn
Christian Kühn
Renate KünastMarkus KurthMonika LazarSteffi LemkeDr . Tobias LindnerNicole MaischPeter MeiwaldIrene MihalicBeate Müller-GemmekeÖzcan MutluDr . Konstantin von NotzOmid NouripourFriedrich OstendorffCem ÖzdemirLisa PausBrigitte PothmerTabea RößnerClaudia Roth
Corinna RüfferElisabeth ScharfenbergUlle SchauwsDr . Gerhard SchickDr . Frithjof SchmidtKordula Schulz-AscheDr . Wolfgang Strengmann-KuhnHans-Christian StröbeleDr . Harald TerpeMarkus TresselJürgen TrittinDr . Julia VerlindenDoris WagnerBeate Walter-RosenheimerDr . Valerie WilmsEnthaltenSPDDoris BarnettBernhard DaldrupUlrike GottschalckRainer Spiering
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619726
(C)
(D)
Abgeordnete, die sich wegen gesetzlichen Mutterschutzes für ihre Abwesenheit entschuldigt haben, sind in der Liste derentschuldigten Abgeordneten aufgeführt.Damit setzen wir unsere Abstimmungen, wie ange-kündigt, fort . Wir kommen zur dritten namentlichenAbstimmung, und zwar über den Änderungsantrag derAbgeordneten Dr . Georg Nüßlein, Dr . Karl Lauterbachund weiterer Kolleginnen und Kollegen auf der Drucksa-che 18/10235 . Ich bitte auch hier die Schriftführerinnenund Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzuneh-men . – Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Dann istdie Abstimmung eröffnet .Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte verlassen Sienicht das Plenum . Es wird weitere Abstimmungen geben .Die Abstimmungen sind noch nicht beendet . Ich bitte,das auch den Kolleginnen und Kollegen mitzuteilen, diesich schon entfernt haben .Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es eine Kolle-gin oder einen Kollegen, die oder der noch nicht abge-stimmt hat? – Das ist nicht der Fall . Dann schließe ichdie Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen undSchriftführer, mit der Auszählung zu beginnen .Ich wiederhole: Es gibt anschließend weitere Abstim-mungen . Deshalb wäre es notwendig und wichtig, dassdie Kolleginnen und Kollegen anwesend sind .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ergebnis derAbstimmung liegt vor . Ich bitte die Kolleginnen undKollegen, ihre Plätze einzunehmen .Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über den Änderungsantrag der AbgeordnetenDr . Georg Nüßlein, Dr . Karl Lauterbach und anderen aufDrucksache 18/10235 bekannt: Abgegeben wurden 581Stimmen . Mit Ja haben gestimmt 330, mit Nein habengestimmt 243, und 8 Kolleginnen und Kollegen habensich enthalten . Damit ist dieser Änderungsantrag ange-nommen worden .
Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 580;davonja: 330nein: 242enthalten: 8JaCDU/CSUStephan AlbaniKatrin AlbsteigerArtur AuernhammerThomas BareißNorbert BarthleGünter BaumannMaik BeermannManfred Behrens
Sybille BenningDr . André BergheggerDr . Christoph BergnerUte BertramPeter BeyerClemens BinningerPeter BleserDr . Maria BöhmerNorbert BrackmannDr . Reinhard BrandlHelmut BrandtDr . Ralf BrauksiepeDr . Helge BraunHeike BrehmerRalph BrinkhausCajus CaesarGitta ConnemannAlexandra Dinges-DierigAlexander DobrindtMichael DonthMarie-Luise DöttHansjörg DurzHermann FärberUwe FeilerDr . Thomas FeistEnak FerlemannIngrid FischbachDr . Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachDr . Astrid FreudensteinDr . Hans-Peter Friedrich
Michael FrieserDr . Michael FuchsHans-Joachim FuchtelIngo GädechensEberhard GiengerCemile GiousoufUrsula Groden-KranichHermann GröheKlaus-Dieter GröhlerMichael Grosse-BrömerAstrid GrotelüschenMarkus GrübelOliver GrundmannMonika GrüttersDr . Herlind GundelachFritz GüntzlerOlav GuttingChristian HaaseFlorian HahnRainer HajekDr . Stephan HarbarthJürgen HardtGerda HasselfeldtMark HauptmannHelmut HeiderichMechthild HeilMark HelfrichUda HellerJörg HellmuthRudolf HenkeMichael HennrichDr . Heribert HirteChristian HirteRobert HochbaumAlexander HoffmannThorsten Hoffmann
Karl HolmeierDr . Hendrik HoppenstedtCharles M . HuberErich IrlstorferThomas JarzombekSylvia JörrißenDr . Franz Josef JungAndreas JungXaver JungBartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KanitzAlois KarlAnja KarliczekVolker KauderDr . Stefan KaufmannRonja KemmerRoderich KiesewetterDr . Georg KippelsVolkmar KleinAxel KnoerigMarkus KoobCarsten KörberMichael KretschmerGunther KrichbaumDr . Günter KringsRüdiger KruseBettina KudlaDr . Roy KühneGünter LachUwe LagoskyDr . Dr . h .c . Karl A . LamersAndreas G . LämmelDr . Norbert LammertUlrich LangeBarbara LanzingerDr . Katja LeikertVizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19727
(C)
(D)
Dr . Ursula von der LeyenAntje LeziusIngbert LiebingMatthias LietzAndrea LindholzDr . Carsten LinnemannPatricia LipsWilfried LorenzDr . Claudia Lücking-MichelDr . Jan-Marco LuczakDaniela LudwigKarin MaagYvonne MagwasThomas MahlbergDr . Thomas de MaizièreGisela ManderlaAndreas MattfeldtStephan Mayer
Reiner MeierDr . Angela MerkelJan MetzlerMaria MichalkDr . h .c . Hans MichelbachDr . Mathias MiddelbergDietrich MonstadtKarsten MöringVolker MosblechElisabeth MotschmannDr . Gerd Müller
Stefan Müller
Dr . Philipp MurmannDr . Andreas NickHelmut NowakDr . Georg NüßleinFlorian OßnerDr . Tim OstermannHenning OtteIngrid PahlmannDr . Martin PätzoldUlrich PetzoldDr . Joachim PfeifferSibylle PfeifferEckhard PolsThomas RachelKerstin RadomskiAlexander RadwanAlois RainerDr . Peter RamsauerEckhardt RehbergLothar RiebsamenJohannes RöringDr . Norbert RöttgenErwin RüddelAlbert RupprechtAnita Schäfer
Dr . Wolfgang SchäubleAndreas ScheuerJana SchimkeNorbert SchindlerTankred SchipanskiChristian Schmidt
Gabriele Schmidt
Nadine Schön
Dr . Kristina Schröder
Bernhard Schulte-DrüggelteDr . Klaus-Peter Schulze
Christina SchwarzerDetlef SeifBernd SiebertThomas SilberhornJohannes SinghammerTino SorgeJens SpahnCarola StaucheDr . Frank SteffelDr. Wolfgang StefingerAlbert StegemannPeter SteinErika SteinbachSebastian SteinekeJohannes SteinigerChristian Frhr . von StettenDieter StierRita StockhofeGero StorjohannStephan StrackeMax StraubingerMatthäus StreblThomas StritzlLena StrothmannMichael StübgenDr . Sabine Sütterlin-WaackDr . Peter TauberAntje TillmannAstrid Timmermann-FechterDr . Hans-Peter UhlDr . Volker UllrichArnold VaatzOswin VeithThomas ViesehonMichael VietzVolkmar Vogel
Sven VolmeringChristel Voßbeck-KayserKees de VriesDr . Johann WadephulMarco WanderwitzKarl-Heinz WangeNina WarkenKai WegnerDr . h .c . Albert WeilerDr . Anja WeisgerberIngo WellenreutherKarl-Georg WellmannPeter WichtelAnnette Widmann-MauzHeinz Wiese
Elisabeth Winkelmeier-BeckerOliver WittkeBarbara WoltmannTobias ZechHeinrich ZertikGudrun ZollnerSPDNiels AnnenIngrid Arndt-BrauerUlrike BahrDr . Katarina BarleyDr . Matthias BartkeSören BartolBärbel BasUwe BeckmeyerLothar Binding
Dr . Karl-Heinz BrunnerDr . h .c . Edelgard BulmahnJürgen CoßeBernhard DaldrupDr . Daniela De RidderMartin DörmannPetra ErnstbergerSaskia EskenDr . Johannes FechnerDr . Fritz FelgentreuDr . Edgar FrankeUlrich FreeseMichael GerdesMartin GersterIris GleickeBettina HagedornRita Hagl-KehlHubertus Heil
Gustav HerzogGabriele Hiller-OhmThomas HitschlerMatthias IlgenChristina Jantz-HerrmannOliver KaczmarekJohannes KahrsRalf KapschackUlrich KelberDr. Bärbel KoflerAnette KrammeChristian Lange
Dr . Karl LauterbachSteffen-Claudio LemmeGabriele Lösekrug-MöllerKirsten LühmannKatja MastDr . Matthias MierschSusanne MittagThomas OppermannChristian PetryJeannine PflugradtSabine PoschmannJoachim PoßDr . Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr . Sascha RaabeMechthild RawertDr . Carola ReimannRené RöspelDr . Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Susann RüthrichBernd RützelJohann SaathoffAxel Schäfer
Dr . Nina ScheerSwen Schulz
Andreas SchwarzRita Schwarzelühr-SutterRainer SpieringSonja SteffenClaudia TausendCarsten TrägerRüdiger VeitUte VogtDirk VöpelBernd WestphalAndrea WickleinManfred ZöllmerDIE LINKEDr . Dietmar BartschRoland ClausDr . Gregor GysiKerstin KassnerKatja KippingJan KorteKatrin KunertCaren LayMichael LeutertStefan LiebichThomas LutzeRichard Pitterle
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619728
(C)
(D)
Dr . Petra SitteKersten SteinkeAlexander UlrichBirgit WöllertNeinCDU/CSUDorothee BärVeronika BellmannSteffen BilgerKlaus BrähmigMichael BrandIris EberlJutta EckenbachDirk Fischer
Axel E . Fischer
Thorsten FreiAlexander FunkDr . Thomas GebhartAlois GerigJosef GöppelManfred GrundMatthias HauerDr . Stefan HeckDr . Matthias HeiderFrank Heinrich
Ansgar HevelingFranz-Josef HolzenkampMargaret HorbBettina HornhuesAnette HübingerHubert HüppeBernhard KasterKordula KovacKatharina LandgrafPaul LehriederDr . Andreas LenzPhilipp Graf LerchenfeldMatern von MarschallHans-Georg von der MarwitzDr . Michael MeisterMichaela NollWilfried OellersSylvia PantelMartin PatzeltJosef RiefKathrin RöselKarl SchiewerlingPatrick SchniederUwe SchummerJohannes SelleReinhold SendkerDr . Patrick SensburgMarcus Weinberg
Peter Weiß
Sabine Weiss
Marian WendtWaldemar WestermayerKlaus-Peter WillschDr . Matthias ZimmerSPDRainer ArnoldHeike BaehrensBettina Bähr-LosseHeinz-Joachim BarchmannKlaus BarthelBurkhard BlienertWilli BraseMartin BurkertDr . Lars CastellucciPetra CroneDr . Karamba DiabySabine DittmarSiegmund EhrmannMichaela EngelmeierKarin Evers-MeyerElke FernerDr . Ute Finckh-KrämerChristian FlisekGabriele FograscherDagmar FreitagAngelika GlöcknerKerstin GrieseMichael GroßUli GrötschMetin HakverdiUlrich HampelSebastian HartmannMichael Hartmann
Dirk HeidenblutGabriela HeinrichMarcus HeldHeidtrud HennFrank JungeJosip JuratovicThomas JurkGabriele KatzmarekMarina KermerCansel KiziltepeArno KlareLars KlingbeilDr . Hans-Ulrich KrügerHelga Kühn-MengelChristine LambrechtBurkhard LischkaHiltrud LotzeDr . Birgit Malecha-NissenCaren MarksHilde MattheisKlaus MindrupBettina MüllerDetlef Müller
Michelle MünteferingDr . Rolf MützenichDietmar NietanUlli NissenMahmut Özdemir
Aydan ÖzoğuzMarkus PaschkeDetlev PilgerFlorian PostDr . Simone RaatzMartin RabanusStefan RebmannGerold ReichenbachAndreas RimkusSönke RixPetra Rode-BosseDennis RohdeDr . Martin RosemannSarah RyglewskiAnnette SawadeDr . Hans-JoachimSchabedothMarianne SchiederUdo SchiefnerDr . Dorothee SchlegelUlla Schmidt
Matthias Schmidt
Dagmar Schmidt
Elfi Scho-AntwerpesUrsula SchulteEwald SchurerFrank SchwabeStefan SchwartzeNorbert SpinrathSvenja StadlerMartina Stamm-FibichKerstin TackMichael ThewsDr . Karin ThissenFranz ThönnesGabi WeberDirk WieseWaltraud Wolff
Gülistan YükselDagmar ZieglerStefan ZierkeDIE LINKEHerbert BehrensKarin BinderMatthias W . BirkwaldHeidrun BluhmEva Bulling-SchröterSevim DağdelenDr . Diether DehmWolfgang GehrckeNicole GohlkeDr . André HahnInge HögerAndrej HunkoSigrid HupachUlla JelpkeJutta KrellmannSabine LeidigRalph LenkertDr . Gesine LötzschBirgit MenzCornelia MöhringNiema MovassatNorbert Müller
Dr . Alexander S . NeuThomas NordPetra PauMichael SchlechtDr . Kirsten TackmannAzize TankDr . Axel TroostKathrin VoglerHarald WeinbergKatrin WernerJörn WunderlichHubertus ZdebelPia ZimmermannBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENKerstin AndreaeAnnalena BaerbockVolker Beck
Dr . Franziska BrantnerAgnieszka BruggerEkin DeligözKatja DörnerKatharina DrögeHarald EbnerDr . Thomas GambkeMatthias GastelKai GehringKatrin Göring-EckardtAnja HajdukBritta HaßelmannDr . Anton HofreiterBärbel HöhnDieter JanecekUwe KekeritzSven-Christian Kindler
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19729
(C)
(D)
Maria Klein-SchmeinkSylvia Kotting-UhlOliver KrischerStephan Kühn
Christian Kühn
Renate KünastMarkus KurthMonika LazarSteffi LemkeDr . Tobias LindnerNicole MaischPeter MeiwaldIrene MihalicBeate Müller-GemmekeÖzcan MutluDr . Konstantin von NotzOmid NouripourFriedrich OstendorffCem ÖzdemirLisa PausBrigitte PothmerTabea RößnerClaudia Roth
Corinna RüfferElisabeth ScharfenbergUlle SchauwsDr . Gerhard SchickDr . Frithjof SchmidtKordula Schulz-AscheDr . Wolfgang Strengmann-KuhnHans-Christian StröbeleDr . Harald TerpeMarkus TresselJürgen TrittinDr . Julia VerlindenDoris WagnerBeate Walter-RosenheimerDr . Valerie WilmsEnthaltenCDU/CSUThomas DörflingerJens KoeppenDr . Silke LaunertDr . Philipp LengsfeldSPDDoris BarnettUlrike GottschalckChristoph SträsserBrigitte ZypriesAbgeordnete, die sich wegen gesetzlichen Mutterschutzes für ihre Abwesenheit entschuldigt haben, sind in der Liste derentschuldigten Abgeordneten aufgeführt.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen jetzt zudem Änderungsantrag des Abgeordneten Hubert Hüppeauf Drucksache 18/10236 . Wer stimmt für diesen Ände-rungsantrag? –
Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit hatder Änderungsantrag von Hubert Hüppe eine Mehrheitgefunden und ist angenommen worden .
Ich rufe nun Artikel 2 Nummer 11 – § 40b – des Ge-setzentwurfes einschließlich der Änderungsanträge aufden Drucksachen 18/10235 und 18/10236, die wir ebenangenommen haben, auf . Wer für den Gesetzentwurfeinschließlich der soeben beschlossenen Änderungenstimmt, den bitte ich um das Handzeichen .Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist jetzt einewichtige Entscheidung . Ich bitte, konzentriert zu sein .Ich wiederhole die Abstimmung, weil offensichtlichnicht alle konzentriert bei der Sache waren . Wir sind beider zweiten Lesung . Nehmen Sie bitte Ihre Plätze ein .Das gilt auch für die Kollegen, die immer noch da hintenstehen . Liebe Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie bit-te Ihre Plätze ein . Ich werde die Abstimmung sonst nichtfortsetzen . – Dort hinten stehen noch drei Kollegen .
Ich wiederhole die Abstimmung über den Gesetzent-wurf einschließlich der eben beschlossenen Änderun-gen auf den Drucksachen 18/10235 und 18/10236 . Werstimmt für diesen Gesetzentwurf einschließlich der be-schlossenen Änderungen? – Wer stimmt dagegen?Darf ich wiederholen: Ich möchte auszählen lassen,um sicherzustellen, dass wir eine eindeutige Mehrheitdafür oder dagegen haben .Also darf ich noch einmal bitten: Wer stimmt dem Ge-setzentwurf zu? – Wer stimmt dagegen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt keine ein-stimmige Meinung des Präsidiums . Deshalb müssen wireinen Hammelsprung machen . Es tut mir leid, aber es istso . Daher möchte ich Sie jetzt bitten, den Saal zu verlas-sen . Wir machen jetzt die Abstimmung über den Gesetz-entwurf einschließlich, wie gesagt, der beschlossenenÄnderungen . Wir stimmen jetzt nur über § 40b ab . Dasist, glaube ich, aber auch allen klar .Für alle Kolleginnen und Kollegen, die es nicht nach-vollzogen haben: Wir stimmen jetzt, wie gesagt, überArtikel 2 Nummer 11 – § 40b – des Gesetzentwurfes ab .Darum geht es bei dem Hammelsprung .Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie nocheinmal bitten, den Sitzungssaal zu verlassen . Solangehier noch Abgeordnete anwesend sind, können wir mitdem Hammelsprung nicht beginnen .
– Es wird über Artikel 2 Nummer 11 – § 40b – des Ge-setzentwurfes in der Fassung mit den beiden soeben be-schlossenen Änderungen, Drucksachen 18/10235 und18/10236, abgestimmt .Liebe Kolleginnen und Kollegen, einige wissen offen-sichtlich nicht genau, worüber abgestimmt wird . Deshalbwiederhole ich das jetzt, glaube ich, zum vierten Mal:Wir stimmen ab über Artikel 2 Nummer 11 –§ 40b – desGesetzentwurfes einschließlich der soeben beschlosse-nen Änderungen . Es wird jetzt sozusagen über den neuen§ 40b abgestimmt .
– Doch . Ich darf Sie korrigieren: Das kann man auch inder Lobby hören .
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619730
(C)
(D)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Abstimmung istjetzt eröffnet . Ich bitte, langsam durch die Türen zu ge-hen, damit die Schriftführerinnen und Schriftführer dieMöglichkeit haben, gut mitzuzählen .Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es noch jeman-den in der Lobby, der noch nicht durch eine der Türen ge-gangen ist? Falls das der Fall sein sollte, dann müssen dieKolleginnen und Kollegen jetzt bitte kommen, danach istes zu spät . – Dann bitte ich, die Türen zu schließen . DieAbstimmung ist geschlossen .Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Abstimmungs-ergebnis über den Artikel 2 Nummer 11 – § 40b – desGesetzentwurfes liegt vor . Dafür haben gestimmt 327,dagegen 151, 3 haben sich enthalten . Es ist ein eindeu-tiges Ergebnis . Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen,ist Artikel 2 Nummer 11 – § 40b – des Gesetzentwurfeseinschließlich der zuvor beschlossenen Änderungen an-genommen worden .Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die übrigenTeile des Gesetzentwurfes in der Ausschussfassung . DerAusschuss für Gesundheit empfiehlt, die übrigen Teiledes Gesetzentwurfes in der Ausschussfassung anzuneh-men . Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in derAusschussfassung einschließlich der Änderungen, diewir beschlossen haben, und der sich daraus ergebendenredaktionellen Änderungen zustimmen möchten, umdas Handzeichen . – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältsich? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den zuvor be-schlossenen Änderungen angenommen worden .Die dritte Beratung und Schlussabstimmung erfolgtam Freitag, nicht heute . Damit ist dieser Tagesordnungs-punkt abgeschlossen .Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigenKabinettssitzung mitgeteilt: Nationaler Strategierah-men über den Aufbau der Infrastruktur für alterna-tive Kraftstoffe als Teil der Umsetzung der Richtli-nie 2014/94/EU.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat der Bundesminister für Verkehr und digitale Infra-struktur, Herr Alexander Dobrindt . – Herr Minister, Siehaben das Wort .Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehrund digitale Infrastruktur:Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Frau Präsidentin! Wir haben heute im Ka-binett den Nationalen Strategierahmen über den Aufbauder Infrastruktur für alternative Kraftstoffe beraten undverabschiedet . Dabei geht es darum, eine seit langemschwelende Debatte einer Lösung zuzuführen, bei deres um ein Henne-Ei-Problem geht, nämlich die ewigeDiskussion darüber, ob wir als Erstes die Infrastrukturfür die alternativen Antriebe aufbauen müssen oder alsErstes die Fahrzeuge zur Verfügung stehen müssen unddann eine entsprechend angepasste Infrastruktur geschaf-fen werden sollte .Wir haben im Nationalen Strategierahmen festgelegt,dass es eine Mindestausstattung an Tank- und Lademög-lichkeiten für alternative Kraftstoffe geben soll . Unter al-ternativen Kraftstoffen verstehen wir Strom, Wasserstoff,Erdgas und LNG . Das ist eine in Europa abgestimmteStrategie . Das heißt, auch die anderen Länder in Europasind angehalten, eine entsprechende Strategie vorzustel-len, damit wir in die Lage versetzt werden, mit Fahrzeu-gen mit alternativen Antrieben durch ganz Europa zukommen, ohne Bedenken haben zu müssen, dass irgend-wo eine Versorgung mit Kraftstoff nicht möglich ist . Wirwollen mit diesem klaren Signal für den Aufbau einer In-frastruktur für alternative Kraftstoffe den Markthochlaufder Fahrzeuge mit alternativen Antrieben begleiten undunterstützen .Der Nationale Strategierahmen beinhaltet sowohlFormulierungen zum aktuellen Stand des Infrastruktur-aufbaus als auch zu den entsprechenden Zielen . Im Ein-zelnen geht es zum Beispiel im Bereich der E-Mobilität,also der Versorgung mit Strom, darum: Wir sind aktu-ell dabei, auf allen bewirtschafteten Raststätten an denBundesautobahnen bis Ende 2017 eine Schnellladeinfra-struktur zu errichten . Das läuft ja auch aktuell im Rah-men eines Programms . Die Ladestationen werden geradeaufgebaut . Alle Raststätten werden Ende 2017 damit aus-gestattet sein . Des Weiteren geht es dabei um das Förder-programm mit einem Volumen von 300 Millionen Euro,über das 15 000 Ladepunkte geschaffen werden sollen,davon 5 000 im Bereich der Schnellladung und 10 000 imBereich der Normalladung . Das ist die Maßnahme, diewir in Kombination mit dem sogenannten Umweltbonus,also dem Kaufanreiz für Elektrofahrzeuge, beschlossenhaben . Auch wird im Strategierahmen auf das Elektro-mobilitätsgesetz und andere Maßnahmen Bezug genom-men, die wir in diesem Bereich ergriffen haben .Des Weiteren geht es um die Wasserstoffversorgung,das heißt um die Unterstützung des Aufbaus der Infra-struktur für Fahrzeuge mit Brennstoffzelle . Wir gehendavon aus, dass Brennstoffzellenfahrzeuge in der Zu-kunft eine höhere Bedeutung erlangen werden . Im nächs-ten Jahr wird ein deutscher Hersteller ein Serienfahrzeugim Bereich der Brennstoffzellentechnologie auf denMarkt bringen . Wir sind aktuell dabei, bis zum Jahr 2020 100 Tankstellen für Wasserstofffahrzeuge aufzubauen,und werden bis 2025 400 Tankstellen in Deutschland fürdie Wasserstoffversorgung der Brennstoffzellenfahrzeu-ge errichten können .Im Bereich Erdgas ist die aktuelle Situation so, dasswir bereits 900 CNG-Tankstellen errichtet haben . Das istim Sinne unseres Nationalen Strategierahmens . Damitsorgen wir dafür, dass Erdgasfahrzeuge auf ein ausrei-chendes Netz von Tankstellen zugreifen können .Im Bereich LNG-Tankstellennetz wird darauf gesetzt,dass es Tankanlagen gibt, die vor allem auch für die Be-stückung von Schiffen vorgesehen sind . Es geht also umdie Bebunkerung . Im Wesentlichen kann man die Ver-sorgung durch LNG-Tankwagen sicherstellen . Auch daswird im Nationalen Strategierahmen so vorgesehen .In der Summe führt all dies dazu, dass wir eine Un-terstützung des Hochlaufs an alternativen FahrzeugenVizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19731
(C)
(D)
erreichen und im vorgesehenen Zeitraum sicherstellenkönnen, dass für die alternativen Antriebe die entspre-chende Infrastruktur zur Verfügung steht und dass man,wenn man in Zukunft auf alternative Antriebe setzt, kei-ne Bedenken haben muss, dass es keine ausreichendeLade- oder Versorgungsinfrastruktur gibt und dass mandie gewünschten Entfernungen nicht zurücklegen kann .Wir haben die Hoffnung, dass, ähnlich wie in Deutsch-land, auch in unseren europäischen Nachbarländern derFortschritt beim Aufbau der Infrastruktur vorangeht, so-dass wir in Europa eine gleiche Entwicklung haben, diedazu führt, dass wir überall in Europa mit alternativenAntrieben unterwegs sein können .Herzlichen Dank .
Vielen Dank . – Ich bitte, zunächst Fragen zu dem The-
menbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde .
Hierzu liegen mir mehrere Wortmeldungen vor . Zuerst
hat der Kollege Lenkert das Wort .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Minister, Sie
haben Ihren Plan vorgestellt, der vorsieht, dass eine In-
frastruktur für alternative Antriebe aufgebaut werden
soll . Ich erinnere daran, dass schon einmal Infrastruk-
tur für alternative Antriebe aufgebaut wurde, und zwar
im landwirtschaftlichen Bereich für Fahrzeuge, die mit
Biodiesel oder Pflanzenöl betrieben werden. In diese In-
frastruktur wurde investiert, aber da einige Jahre später
die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert wurden,
waren das Fehlinvestitionen . Für mich stellt sich daher
die Frage: Inwieweit ist diesmal sichergestellt, dass nicht
auch durch dieses Projekt des unionsgeführten Verkehrs-
ministeriums Fehlinvestitionen ausgelöst werden? Wei-
terhin stellt sich mir die Frage: Wie wollen Sie gerade
in diesem Bereich die Verkehrswende herbeiführen? Wie
passt Ihr geäußerter Wille, mehr in Schienen- und Was-
serstraßenverkehr und nicht so sehr in den individuellen
Pkw-Verkehr zu investieren, mit den im Bundesverkehrs-
wegeplan vorgesehenen Maßnahmen zusammen? Kön-
nen Sie mir das bitte erklären?
Herr Kollege, Sie haben Ihre Fragezeit deutlich über-
schritten . – Herr Minister, Sie haben das Wort .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Lieber Kollege, das passt natürlich zusammen . Im
Bundesverkehrswegeplan ist zum allerersten Mal vorge-
sehen, dass mehr als die Hälfte der Mittel in die Schiene
und in Wasserstraßen und nicht in die Straße investiert
wird . Das heißt, dass wir die ökologischen Verkehrsträ-
ger stärken .
Wenn Sie mir zugehört haben, dann haben Sie fest-
gestellt, dass wir derzeit den Umbau von Schiffen vo-
rantreiben, sodass sie LNG nutzen können . Es gibt ent-
sprechende Förderprogramme – über sie wird auch in
unserem Nationalen Strategierahmen berichtet –, damit
Schiffe zukünftig vermehrt mit alternativen Kraftstoffen
betrieben werden können .
Sie haben auf Biodiesel und Pflanzenöl hingewiesen.
Wenn ich mich richtig erinnere, hat es damals steuerli-
che Veränderungen in diesem Bereich gegeben, aber
das steht hier überhaupt nicht an . Hier geht es darum,
dass wir Antriebstechnologien fördern, die sich bereits
am Markt befinden, und wir wollen dafür sorgen, dass
diese entsprechend genutzt werden können . Deswegen
brauchen wir die Infrastruktur . Auch wenn wir an dem
Grundprinzip, die Güterverkehre stärker auf die Schie-
ne zu verlagern, festhalten, wird der Individualverkehr
weiterhin zu einem großen Teil auf der Straße stattfin-
den . Das ist für uns ein wesentlicher Grund, mit diesem
Strategierahmen die Voraussetzungen für den Umbau der
Antriebstechnologien im Bereich Straße zu schaffen .
Frau Bulling-Schröter hat als nächste Fragestellerin
das Wort .
Vielen Dank . – Herr Minister, mich würde interes-
sieren, ob die Tatsache, dass für den Anbau von Palmöl
Menschen vertrieben und Wälder gerodet werden, Ein-
gang in den Strategierahmen gefunden hat .
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Sehr geehrte Kollegin, wir bauen keine Infrastruktur
für Palmöl auf, sondern wir bauen eine Infrastruktur für
Strom, für Wasserstoff, für Gas und für LNG auf . Ich
habe im Detail ausgeführt, um welche Maßnahmen es da-
bei geht . Es geht nicht um die Verwendung von Palmöl .
Frau Binder, Sie haben als Nächste das Wort .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Minister, wel-
che Maßnahmen haben Sie denn vorgesehen, um beim
Aufbau der für alternative Energien notwendigen Infra-
struktur die bestehenden Oligopole auf dem Energie-
markt und dem Kraftstoffmarkt zu durchbrechen? Also,
welche Maßnahmen helfen tatsächlich alternativen An-
bietern, sich gegen diese Großen auf dem Markt zu be-
haupten und durchzusetzen?
Herr Minister .Bundesminister Alexander Dobrindt
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619732
(C)
(D)
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehrund digitale Infrastruktur:Dem Aufbau der Infrastruktur ist ein Ausschreibungs-verfahren vorgeschaltet . Das heißt, wir sorgen dafür, dassall diejenigen, die heute im Energiesektor unterwegssind, nicht zwingend und automatisch diejenigen sind,die zukünftig alternative Kraftstoffe anbieten . Es wirdmöglicherweise ganz andere Anbieter geben, auch regio-nal sehr unterschiedliche Anbieter .Wir werden im Bereich der Ladeinfrastruktur, beimStrom, unser Modell der 15 000 Ladesäulen vorstellen .Die Regelung wird zurzeit in Brüssel behandelt . Wir war-ten auf die entsprechende Genehmigung . Danach könnenwir Ihnen das Programm vorstellen und sagen, wie dasAusschreibungsverfahren funktioniert . Es ist so ausge-staltet, dass auch andere Anbieter als die großen und be-kannten Anbieter in diesem Bereich die Chance haben,zum Zuge zu kommen .
Herr Kühn .
Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Herr Minister, Sie haben in das Thema eingeführt . In
der Richtlinie steht ja auch, dass im Nationalen Strate-
gierahmen „eine Bewertung des gegenwärtigen Stands
und der zukünftigen Entwicklung des Markts für alter-
native Kraftstoffe“ enthalten sein soll . Ich will deshalb
fragen, wie Sie die Marktentwicklung von Erdgas beur-
teilen . Hier haben wir ja kein klassisches Henne-Ei-Pro-
blem mehr, sondern wir haben eine Infrastruktur . In dem
Bericht, den Sie nach Brüssel gemeldet haben, wird ja
auch darauf Bezug genommen, dass die Infrastruktur
insbesondere in Ballungsräumen vorhanden ist . Dennoch
sind Erdgasfahrzeuge, wenn man so will, Ladenhüter;
denn wir haben keine 100 000 Erdgasfahrzeuge . Wie be-
urteilen Sie die Marktsituation heute und künftig? Wel-
che Rolle wird Erdgas insbesondere im Personenverkehr,
aber auch im Güterverkehr – da ist aber eher über flüssi-
ges Erdgas zu reden – spielen? Mir geht es insbesondere
um CNG . Wie beurteilen Sie diesen Rahmen?
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Ich kann heute keine abschließende Einschätzung ab-
geben, worauf im Bereich alternativer Kraftstoffe und
Antriebstechnologien am Schluss das Hauptaugenmerk
liegen wird . Deswegen wollen wir ja technologieoffen
bleiben . Wir fördern hinsichtlich der Infrastruktur alle
Bereiche .
Im Bereich Erdgas haben wir eine schon länger am
Markt befindliche Technologie. Deswegen sagen Sie ja
zu Recht, dass eine ausreichende Ladeinfrastruktur vor-
handen ist, der Marktanteil dieser Fahrzeuge aber den-
noch – in der Tat – überschaubar ist . Ich glaube, dass der
für die Zukunft bleiben wird . In der Konkurrenz mit an-
deren, neu entstehenden Antriebstechniken wird Erdgas
einen Platz haben, langfristig wird es aber wahrschein-
lich durch den Einsatz von Batteriefahrzeugen, Brenn-
stoffzellen oder auch durch LNG ersetzt werden .
Herr Gastel .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Minister, ich
habe eine Frage an Sie, die sich auf Wasserstoff für die
Brennstoffzelle bezieht . Sie sind ja eingangs darauf ein-
gegangen, dass Sie auch hier für den Ausbau der Tank-
stelleninfrastruktur sorgen wollen . Jetzt ist es aber so,
dass es beim Wasserstoff entscheidend darauf ankommt,
wie er erzeugt wurde . Ob er energieaufwendig, ob er
aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde, ist ganz ent-
scheidend für die Ökobilanz am Ende . Deswegen ist die
Frage: Was unternimmt die Bundesregierung über den
Ausbau der Infrastruktur hinaus, damit Wasserstoff für
das Betanken von Fahrzeugen entsprechend nachhaltig
erzeugt wird?
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Sehr geehrter Herr Kollege, Wasserstoff ist ja ein klas-
sischer Energiespeicher . Wenn wir über die Speicher-
problematik diskutieren, dann reden wir in erster Linie
darüber, dass wir Wasserstoff als Energieträger und Ener-
giespeicher nutzen wollen, weil er in der Lage ist, öko-
logische Energie, Solar- und Windenergie, aufzunehmen,
wenn sie zur Verfügung steht . Das ist die Grundlage . Da-
her sollten wir dafür sorgen, dass auf diese Art erzeugter
Wasserstoff auch zukünftig zum Tanken zur Verfügung
steht . Das ist die große Frage, um die es an dieser Stel-
le geht . Der Wirkmechanismus ist richtig beschrieben:
Wasserstoff ist vor allem dann ökologisch, wenn er aus
grüner Energie erzeugt worden ist .
Frau Lemke .
Herr Minister, ich möchte auf das Thema Palmöl zu-rückkommen . Ich gehe davon aus, dass, wenn Sie imKabinett über Strategien für alternative Antriebe reden,auch der Anteil von Palmöl oder sogenannten Biokraft-stoffen eine Rolle spielt . Ich möchte Sie konkret fragen:Wie beurteilen Sie die Umweltauswirkungen, die Kli-maauswirkungen des massiven Palmöleinsatzes in Eu-ropa? Wie beurteilen Sie, dass sich zwischen 2010 und2014 der Einsatz von Palmöl in Europa versiebenfachthat und der allergrößte Teil davon in den Tanks landet?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19733
(C)
(D)
Wie wollen Sie technologieoffen ausbauen, solange derBeimischungszwang an unseren Tankstellen gilt?
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Sehr geehrte Kollegin, noch einmal: Das, was wir im
Bereich des Nationalen Strategierahmens über den Auf-
bau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe heute be-
raten haben, befasst sich mit Strom, Wasserstoff, Erdgas
und LNG .
Das ist die Herausforderung, der wir uns stellen . Die
Aufgabe ist die Schaffung einer neuen Infrastruktur . Da-
bei geht es nicht um Palmöl .
– Ja, selbstverständlich .
Herr Lenkert .
Herr Minister, ich frage noch einmal nach zu vorhin,
weil ja das Problem bei Biodiesel und bei Pflanzenölen
besteht . Inwieweit stellt die Bundesregierung sicher, dass
solche steuerlichen und andere gesetzlichen Veränderun-
gen nicht wieder Investitionen entwerten und damit zu
Ressourcenverschwendung führen?
Eine weitere, ergänzende Frage: Das große Problem
bei Diesel-Pkw, bei dem es um das Nachtanken des Rei-
nigungsmittels AdBlue, das den Ausstoß von Stickoxi-
den reduziert, geht, ist nicht gelöst . Haben Sie sich im
Zusammenhang mit dem Nationalen Strategierahmen
Gedanken darüber gemacht, wie dieses AdBlue-Problem
gelöst werden kann, und wird im Rahmen dieser Stra-
tegie auch über Nachtankmöglichkeiten für Diesel-Pkw
nachgedacht, damit diese die Vorgaben, die eigentlich für
sie gelten, erfüllen können?
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Wir haben hier nicht die Situation, die Sie schon vorhin
versucht haben zu beschreiben, die es bei Pflanzenölen
und Biodiesel in der Vergangenheit gab . Deswegen stellt
sich diese Problemlage hier nicht . Jetzt geht es darum,
eine Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die es über-
haupt möglich macht, dass Fahrzeuge mit alternativen
Antrieben auch mit Kraftstoff versorgt werden können .
Ihre Frage zum Diesel im Allgemeinen muss ich so
beantworten: Diesel ist kein alternativer Kraftstoff . Des-
wegen ist er auch nicht Teil unserer nationalen Strategie
zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe .
Frau Binder .
Vielen Dank . – Herr Minister, Sie stimmen mir sicher-
lich zu, dass wir ein besonders wichtiges Verkehrsmittel
haben, das mit alternativem Kraftstoff fährt: die Bahn .
Wir haben in Deutschland tatsächlich den Trend, dass
sehr viele Menschen von der Bahn zum Flugzeug wech-
seln . Nach wie vor gibt es eine Sonderbesteuerung von
Flugzeugbenzin . Welche Strategie haben Sie im Zusam-
menhang mit Ihrem jetzigen Programm, die Infrastruktur
von Bahn und Schiene zu forcieren und gleichzeitig die
nicht sehr umweltfreundliche Belastung durch Flugzeug-
benzin einzudämmen?
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Wir haben großes Interesse daran, dass die Bahn noch
attraktiver wird . Das hängt auch damit zusammen, dass
wir die Geschwindigkeiten, die auf den Strecken gefah-
ren werden können, erhöhen . Der Bundesverkehrswege-
plan bietet ausreichend Spielraum, dies möglich zu ma-
chen . Wir kennen ja entsprechende Beispiele, etwa das
VDE 8 zwischen München und Berlin . Durch die neue
Strecke wird eine Fahrzeitverkürzung in erheblichem
Umfang erreicht, nämlich von über sechs Stunden auf
unter vier Stunden . Das ist eine echte Alternative zu an-
deren Verkehrsmitteln wie dem Flugzeug .
Es geht darum, dass wir den Wettbewerb stärken und
die Bahn in eine bessere Position bringen . Dazu gehört
auch, dass wir die Elektrifizierung der Bahn, die weit
fortgeschritten ist, vollenden. Auch die Elektrifizierung
der Strecken, die bisher noch mit Dieselloks betrieben
werden, findet sich in ausreichendem Umfang im Bun-
desverkehrswegeplan wieder . Ich sage, weil Sie mich
schon wieder so anschauen, ausdrücklich: Nicht alle Vor-
haben sind im Vordringlichen Bedarf .
– Nein, das geht schnell . – Aber es gibt erhebliche Maß-
nahmen, die dazu führen, dass das Bahnfahren weiterhin
attraktiv bleiben wird .
Herr Kühn .Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich habe eine Fra-ge zum Aufbau der Ladeinfrastruktur im Hinblick aufdas Tanken von E-Fahrzeugen . Wer kein eigenes HausSteffi Lemke
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619734
(C)
(D)
hat, sondern in einem Mietshaus wohnt, muss natürlichauch dort die Möglichkeit haben, zu tanken, sprich: dasElek trofahrzeug aufzuladen . Da sind wir beim ThemaWohneigentumsgesetz . Auch für Mieter soll in Häu-sern, die ihnen nicht gehören, also in Mietshäusern, eineLadeinfrastruktur aufgebaut werden . Ist damit zu rech-nen, dass noch in dieser Legislaturperiode eine parla-mentarische Initiative dazu auf den Weg gebracht wird?Das Zweite . Aus anderen Ländern kennen wir, dassbeispielsweise im Baurecht bzw . in Bebauungspläneneine Ladeinfrastruktur verankert ist . Das heißt, wenn eineöffentliche oder halböffentliche Infrastruktur aufgebautwird, dann ist sichergestellt, dass in diesem Zusammen-hang auch die Ladeinfrastruktur berücksichtigt wird . Dasist im deutschen Baurecht bisher nicht geregelt . Auchhier habe ich die Frage, ob noch in dieser Legislaturpe-riode entsprechende Änderungen und parlamentarischeInitiativen auf den Weg gebracht werden .
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
In der Tat gibt es Diskussionen darüber, wie beispiels-
weise in Städten, in denen es ja viele Mietshäuser gibt,
damit umgegangen wird, dass eine Ladeinfrastruktur
nicht so leicht wie in Siedlungen mit Einfamilienhäusern
zur Verfügung gestellt werden kann . Es gibt auch Diskus-
sionen darüber, ob mögliche Änderungen im Baurecht
vorgenommen werden müssen . Diese Diskussionen sind
aber noch nicht abgeschlossen . Von daher kann ich jetzt
keine Prognose abgeben, ob sie kurzfristig abgeschlossen
werden oder ob es längerer Diskussionen darüber bedarf .
Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass uns das The-
ma Ladeinfrastruktur weiterhin beschäftigen wird .
Herr Gastel .
Herr Minister, ich muss feststellen, dass Sie auf mei-
ne Frage von vorhin, was die Bundesregierung tut, damit
mehr Wasserstoff auf erneuerbare und damit nachhaltige
Art erzeugt wird, nicht antworten wollten . Ich probiere
es mit einer anderen Frage, auf die Sie in der vorletzten
Antwortrunde schon kurz eingegangen sind .
Elektromobilität auf der Straße finden wir gut, und
das unterstützen wir auch . Uns fehlt aber eine Art Ge-
samtstrategie für mehr Elektromobilität, und dazu gehört
eben auch die Schiene . Wenn man sich den Bundesver-
kehrswegeplan anguckt, dann reicht keine Lupe, sondern
dann braucht man schon ein Mikroskop, um das eine
oder andere entsprechende Projekt darin zu finden.
Deswegen lautet meine Frage: Wie passt es zusam-
men, dass Sie so energisch – das ist ja auch gut – den
Ausbau der Straßeninfrastruktur für die Elektromobili-
tät vorantreiben, während Sie bezogen auf die Schiene
schon im Vorfeld des Bundesverkehrswegeplanes über-
wiegend sagen: „Das ist gar nicht unsere Aufgabe . Das
sollen die Länder machen“, und zwar selbst dann, wenn
es Bundesschienenwege sind? Ohne dass sich die Länder
finanziell daran beteiligen, läuft da herzlich wenig. Die
meisten Projekte zur Elektrifizierung sind schon im Vor-
feld der Bundesverkehrswegeplanung aus dem ganzen
Prozess ausgeschieden .
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Sehr geehrter Herr Kollege, Sie versuchen hier na-
türlich, ein auf Ihrer Seite bestehendes Missverständnis
weiterzutragen, obwohl Sie es inzwischen besser wissen
müssten . Der Bundesverkehrswegeplan hat in der Tat das
Bundesschienennetz für die Fernverkehre und nicht die
Regionalverkehre im Blick .
Das liegt aber im System des Bundesverkehrswegepla-
nes begründet; das habe ich Ihnen im Ausschuss bereits
ausreichend erklärt . Deswegen sind die Regionalstre-
cken, die Sie jetzt ansprechen, dort nicht beinhaltet . Im
Bereich der Fernverkehrsstrecken machen wir genau das,
was ich vorhin beschrieben habe . Wir treiben nämlich die
Elektrifizierung der Fernverkehrsstrecken voran.
Nichtsdestotrotz findet sich in unserem Nationalen
Strategierahmen auch für den Bereich der Regionalstre-
cken eine entsprechende Initiative, nämlich die Nutzung
von Brennstoffzellen-Schienenfahrzeugen, das heißt, von
Lokomotiven, die mit Brennstoffzellen betrieben werden
und deswegen elektrisch auf Schienenstrecken fahren
können, die keine Oberleitungen haben . Wir fördern ge-
nau diese Initiative, bei der einige Bundesländer Partner
von uns sind .
Frau Bulling-Schröter, Sie haben die Möglichkeit, zu
fragen .
Danke schön . – Sehr geehrter Herr Minister, Sie ken-
nen sicher den Beschluss des Bundesrates, der besagt,
dass spätestens ab dem Jahre 2030 unionsweit – „EU-
weit“ ist damit gemeint – nur noch emissionsfreie Pkws
zugelassen werden . Ich würde jetzt gerne von Ihnen wis-
sen, inwieweit dieser Beschluss schon in Ihre Strategie
eingeflossen ist.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19735
(C)
(D)
Frau Lemke hat jetzt das Wort .
Herr Minister, ich möchte auch für die Zuhörer noch
einmal transparent machen, dass Sie mit Freuden bejaht
haben, dass Sie meiner Frage nach Palmöl und den ver-
heerenden Klimaauswirkungen von Palmöl gerne aus-
weichen möchten . Das war Ihr erklärter Wille, der auch
zur Erheiterung Ihrer Kabinettskollegen auf der Regie-
rungsbank beigetragen hat .
Weil die Biokraftstoffe sehr wohl Bestandteil der
Richtlinie 2014/94/EU sind, mit der Sie sich heute im
Kabinett befasst haben – diese Richtlinie enthält auch
Regelungen zu den sogenannten Biokraftstoffen –, möch-
te ich gerne nachfragen, ob Sie den Beimischungszwang
unverändert beibehalten wollen .
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Es bleibt bei dem, was ich Ihnen gesagt habe: Wir
reden in unserer Strategie über diejenigen alternativen
Kraftstoffe, die ich hier vorgestellt habe . Zu der von Ih-
nen wiederholt vorgetragenen Frage der Veränderung der
Beimischungsvorgaben bei bestehenden Kraftstoffen gibt
es bei uns keine Vorstellungen, die diskutiert werden .
Herr Lenkert .
Herr Minister, von welcher Entwicklung des Gesamt-
energiebedarfs für alternative Antriebe im Bereich der
Mobilität gehen Sie aus? Ich beziehe mich hier auf Ihre
Aussage von vorhin, wonach Sie 15 000 Ladestationen
installieren wollen . Bei den geplanten 1 Million Pkw
stellt das eine echte Herausforderung dar . Selbst wenn
Sie mit nur einer Stunde Ladezeit pro Tag rechnen, kön-
nen nämlich mit 15 000 Ladestationen in 24 Stunden nur
360 000 Pkw laden . Das heißt, da gibt es ein kleines Gap,
bzw . es kann dann passieren, dass man nicht jeden Tag
mit seinem E-Auto fahren kann, sofern man denn nicht
eine eigene Ladestation besitzt . Inwieweit haben Sie also
Ihre Planungen zur E-Mobilität mit der Planung der Er-
richtung von Ladestationen abgeglichen?
Die Folgefrage, die sich anschließt, lautet: Haben
Sie bei Ihren Planungen berücksichtigt, ob unsere Ver-
teilstromnetze und auch die gesamte Folgeinfrastruktur
überhaupt in der Lage sind, diese zusätzlichen Belastun-
gen aufzunehmen?
Herr Minister .
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Sehr geehrter Herr Kollege, erstens gehen wir davon
aus, dass eine E-Ladesäule da aufgestellt wird, wo es
auch ein Stromkabel gibt .
Zweitens . Ich bin mir nicht sicher, ob Sie das normale
Verhalten eines Besitzers eines Elektrowagens kennen:
Elektrofahrzeuge werden hauptsächlich zu Hause oder
an der Arbeitsstelle geladen . Jetzt geht es darum, eine
Ladeinfrastruktur zu schaffen, die den Fahrer in die Lage
versetzt, auch weitere Strecken zu überbrücken . Genau
das ist die Herausforderung, der wir uns hier stellen, so-
wohl auf den Autobahnen als auch in der Fläche .
Der letzte Punkt ist, dass dies ja nicht die abschließen-
de Zahl der aufzubauenden Ladeinfrastruktureinrichtun-
gen ist . Nicht jede Ladeinfrastruktur, die installiert wird,
wird vom Staat eingerichtet .
Selbstverständlich gibt es auch wirtschaftliche Alternati-
ven, indem eben Ladeinfrastruktur von der Industrie oder
auch von Privaten eingerichtet wird . Auch auf diese Wei-
se kann dafür gesorgt werden, dass Ladeinfrastruktur in
ganz Deutschland aufgebaut wird .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es Fragen zuanderen Themen der heutigen Kabinettssitzung? – Dannbeende ich die Befragung zu Themenbereichen der heu-tigen Kabinettssitzung .Gibt es darüber hinaus sonstige Fragen an die Bundes-regierung? – Das ist nicht der Fall . Dann beende ich dieBefragung der Bundesregierung .Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:FragestundeDrucksache 18/10201Ich erinnere daran, dass für die heutige Fragestunde90 Minuten vorgesehen sind .
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619736
(C)
(D)
Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-torsicherheit auf . Die Frage 1 des Abgeordneten Dr . Hahnwird schriftlich beantwortet .Nun rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesminis-teriums für Bildung und Forschung auf . Die Frage 2 desAbgeordneten Gehring und die Frage 3 der Abgeordne-ten Walter-Rosenheimer werden schriftlich beantwortet .Jetzt rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesmi-nisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung auf . Die Frage 4 des Abgeordneten Movassatund die Frage 5 des Abgeordneten Kekeritz werdenschriftlich beantwortet .Nun rufe ich den Geschäftsbereich der Bundeskanz-lerin und des Bundeskanzleramtes auf . Die Frage 6 desAbgeordneten Dr . Hahn wird ebenfalls schriftlich beant-wortet .Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Wirtschaft und Energie . Hier steht zurBeantwortung der Fragen die Parlamentarische Staatsse-kretärin Frau Brigitte Zypries zur Verfügung .Ich rufe die Frage 7 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl auf:Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die konkre-ten Gründe dafür, dass es beim Energieversorgungsunterneh-men EnBW Zwischen- und Endlagerrückstellungen zwar fürden Mehrzweckforschungsreaktor Karlsruhe , abernicht für die Kompakte Natriumgekühlte KernreaktoranlageKarlsruhe gibt, obwohl diese beiden der öffentlichenHand gehörenden Anlagen von derselben Tochtergesellschaftdes EnBW-Vorläuferunternehmens Badenwerk AG, der Kern-kraftwerks-Betriebsgesellschaft mbH, betrieben wurden und
und gegebenenfalls welche Rückbau- und Entsorgungsrück-stellungen existieren nach Kenntnis der Bundesregierungbei den Energieversorgungsunternehmen RWE und Eon für
Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort .B
Frau Abgeordnete, sowohl der Mehrzweckfor-
schungsreaktor Karlsruhe als auch die Kompakte Natri-
umgekühlte Kernreaktoranlage Karlsruhe wird von der
Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe Rückbau- und
Entsorgungs-GmbH, der sogenannten WAK GmbH,
betrieben . Diese steht im Eigentum des Bundes, und
zwar heißt hier die Gesellschafterin Energiewerke Nord
GmbH . Die Finanzierung für Stilllegung und Rückbau
dieser Anlagen sowie die Entsorgung der radioaktiven
Abfälle obliegt im Grundsatz dieser WAK GmbH und
damit eben dem Bund und dem Land Baden-Württem-
berg .
Aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen mit
der EnBW sind bestimmte Abfälle des Mehrzweckfor-
schungsreaktors der EnBW zugeordnet, und für deren
Entsorgung hat die EnBW nach derzeitiger Rechtslage
die Kosten zu tragen und dementsprechend Rückstellun-
gen zu bilden .
Der zweite Teil Ihrer Frage bezog sich auf den Thori-
um-Hochtemperaturreaktor Hamm-Uentrop . Da verhält
es sich so, dass für die Gesellschafter der Hochtempe-
ratur-Kernkraftwerk Gesellschaft wegen der einmaligen
Anlagenhistorie eine Zahlungspflicht besteht, und zwar
nach Maßgabe von besonderen vertraglichen Verein-
barungen mit der öffentlichen Hand . Die Unternehmen
Eon und RWE sind aufgrund dieser Vereinbarung nach
Kenntnis der Bundesregierung nicht verpflichtet, Rück-
stellungen zu bilden . Ergänzend dazu können Sie die
Antwort der Bundesregierung vom 31 . Oktober auf Ihre
schriftliche Frage vom 24 . Oktober dieses Jahres nach-
lesen .
Vielen Dank . – Frau Kotting-Uhl .
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Antwort . –
Sie können mir, nehme ich an, doch bestätigen, dass
RWE unmittelbar und Eon mittelbar an der THTR-Be-
triebsgesellschaft beteiligt sind und die THTR-Kosten –
das war ja die Vereinbarung – von Anfang an zu je einem
Drittel von Bund, NRW und Gesellschafterverbund, der
sogenannten THTR-Betriebsgesellschaft, getragen wur-
den und dass es von daher – ich sage einmal: eigentlich –
Rückstellungen bei RWE und Eon geben müsste .
B
Nach Kenntnis der Bundesregierung haben diese
Energieversorgungsunternehmen ihren Kostenanteil auf-
grund von vertraglichen Regelungen mit der öffentlichen
Hand bereits gezahlt . Deswegen sind Rückstellungen
nicht zu bilden . Das ist unser Kenntnisstand .
Dann rufe ich die Frage 8 der Abgeordneten Kotting-Uhl auf:Was ist die konkrete jeweilige Höhe der verschiedenenKosten der Energieversorgungsunternehmen in den Jah-ren 2015 und 2016, die laut dem von der Bundesregierungam 19 . Oktober 2016 beschlossenen Entwurf eines Gesetzeszur Neuordnung der Verantwortung der kerntechnischen Ent-
sieht im Detail die „realitätsnähere Barwertermittlung“ derEndlagerkosten aus, die in dem vorgenannten Gesetzentwurfin Artikel 1 § 7 Absatz 2 „zu einer Minderung des Barwerts
Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort .Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19737
(C)
(D)
B
Die Frage 8 besteht aus zwei Teilfragen . Zu dem ers-
ten Teil der Frage, in dem nach der Aufschlüsselung in
Einzelposten der Gesamtsumme von 939 Millionen Euro
gefragt wird, kann ich Ihnen sagen, dass wir keine Auf-
schlüsselung machen können . Der Grund dafür ist, dass
die Unternehmen die Angaben über die Einzelposten
an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein
Grant Thornton AG gegeben haben, und zwar vertrau-
lich . Diese Wirtschaftsprüfungsgesellschaft prüft die
Kostenpositionen im Auftrag des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Energie und haftet dafür, dass sie alles
richtig macht, genauso wie das Wirtschaftsprüfer ansons-
ten auch tun .
Zum zweiten Teil Ihrer Frage möchte ich gerne sagen,
dass im Hinblick auf die Endlagerung die Wirtschafts-
prüfungsgesellschaft für die Berechnung der Einzah-
lungsbeträge eine Barwertkorrektur vorgenommen hat,
und zwar insoweit, als es um die Frage der Endlagerbe-
hälter für abgebrannte Brennelemente sowie die anteili-
gen Kosten der Konditionierung geht . Wenn ich richtig
informiert bin, haben Sie darüber schon mit der Fach-
ebene gesprochen . Das heißt, Sie wissen, wie sich dieser
Barwert errechnet .
– Dann kann ich das gerne erklären . Die Idee ist, dass
man jetzt eine Summe einzahlt und sie bis zu einem be-
stimmten späteren Zeitpunkt angespart wird, wobei sie
entsprechend verzinst wird . Weil aber die Kosten für die
Abfallbehälter erst später anfallen, nämlich erst dann,
wenn das Endlager fertig gebaut ist – erst dann braucht
man ja die Behälter –, muss man hierfür nicht schon
jetzt Geld zahlen, das dann verzinst angelegt wird . Wenn
man diese Kosten mit hereinrechnet, dann hat man einen
geringeren Barwert . Wenn man also die Kosten für die
Behälter dazurechnet, dann ist am Ende genauso viel zu
bezahlen, obwohl der Barwert am Anfang geringer war . –
Alles nicht so einfach .
Frau Kotting-Uhl, Sie haben die Möglichkeit zur
Nachfrage .
Danke schön . – Frau Staatssekretärin, zunächst zum
ersten Teil . Ich hatte ja schon einmal schriftlich gefragt
und habe darauf auch die Antwort bekommen, dass man
das nicht im Einzelnen aufschlüsseln könne, aber dass
es sich insbesondere um Vorausleistungen auf Beiträge
nach der Endlagervorausleistungsverordnung, Umlagen
nach dem Standortauswahlgesetz und Betriebskosten
für die standortnahen Zwischenlager handele . Von die-
sen drei Posten stellt zwei Posten der Bund in Rechnung,
nämlich die Vorausleistungsbescheide – da dreht es sich
um Schacht Konrad; ich wüsste nicht, was das sonst sein
sollte – und die Umlagen nach dem Standortauswahlge-
setz – das können derzeit nur die Offenhaltungskosten für
Gorleben sein . Beides sind also Posten, die Sie benennen
können müssten . Deshalb würde ich gerne noch einmal
danach fragen bzw ., wenn Sie es nicht beantworten kön-
nen, Sie fragen, ob Sie bereit wären, das dann zu eruieren
und es mir schriftlich zukommen zu lassen .
B
Ich habe in der Vorbereitung der Antwort auf Ihre Fra-
ge mit der Fachebene gesprochen, und diese hat mir au-
ßer Schacht Konrad noch einen weiteren Posten genannt,
den ich mir aber leider nicht aufgeschrieben habe; des-
wegen kann ich es jetzt nicht mehr beantworten . Insofern
machen wir das dann gerne schriftlich .
Gut . – Nun zu der Frage der realitätsnäheren Barwert-
ermittlung, die wirklich ziemlich kompliziert ist . Ich hat-
te darüber in der Tat schon mit einem Ihrer Gutachter ge-
sprochen . Aber was sich mir noch nicht erschließt – und
das möchte ich Sie jetzt gerne fragen –: Handelt es sich
dabei um eine Korrektur der von Warth & Klein Grant
Thornton vorgenommenen Berechnungen?
Und in dem Zusammenhang: Diese Ausgaben belau-
fen sich ja immerhin auf etwas über eine halbe Milliarde
Euro . Werden diese noch mal dezidiert aufgeschlüsselt
vorgelegt? Wer prüft sie am Ende? Das ist alles ein biss-
chen vage . Es handelt sich ja immerhin um gewaltige Ab-
züge von den Geldern, aus denen schließlich der Fonds
für die Endlagerung und die Zwischenlagerung gebildet
werden soll . Also, war das ein Fehler, den Warth & Klein
Grant Thornton in ihren Berechnungen gemacht haben?
B
Das mit Warth & Klein Grant Thornton habe ich hier
nirgends . Waren das diejenigen, die den sogenannten
Stresstest gemacht haben?
Ja .
B
Dann kann man das vielleicht als Fehler bezeichnen,weil sie auf alle Fälle nicht in Rechnung gestellt haben,dass die Gelder zu einem unterschiedlichen Zeitpunktanfallen . Das ist genau das, was eben diesen Barwertausmacht . Das ist ja eine ganz logische Geschichte; manmacht das ja auch im Ablauf eines Bauvorhabens, dassman dann, wenn etwas fertig ist, wieder Geld hinein-schießt, um weiterzubauen . So ist das hier auch . Manbaut eben erst das Endlager, und erst dann benötigt manGeld für die Behälter, die man da einlagert . Solche Be-hälter sind natürlich auch hinreichend teuer . Ich nehmeeinmal an, das hatten die nicht bedacht; sonst hätten siees jetzt nicht anders darstellen müssen .
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619738
(C)
(D)
Herzlichen Dank . – Bei Frage 9 des Abgeordneten
Oliver Krischer wird um eine schriftliche Beantwortung
gebeten .
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amtes . Hier übernimmt die Beantwortung der
Fragen die Staatsministerin Professor Dr . Maria Böhmer .
Frage 10 des Abgeordneten Uwe Kekeritz, Frage 11
des Abgeordneten Kai Gehring, Frage 12 der Abgeordne-
ten Sevim Dağdelen, Frage 13 des Abgeordneten Andrej
Hunko sowie Fragen 14 und 15 der Abgeordneten Heike
Hänsel werden schriftlich beantwortet .
Damit rufe ich jetzt die Frage 16 des Kollegen Volker
Beck auf:
Welche Erkenntnisse – Quellen der Zahlungen, Höhe
lung von sogenannten Märtyrerrenten durch palästinen-
sische Stellen an palästinensische Ter-
roristen und/oder ihre Hinterbliebenen, und mit welchem
konkreten Ergebnis hat die Bundesregierung als einer der
größten Geber bei der Vierten Sitzung des Deutsch-Paläs-
meiner Auffassung inakzeptable Finanzierung des Terrors
durch den Präsidenten unterstellten Stellen an-
gesprochen?
Frau Staatsministerin .
D
Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, lassen Sie mich
zunächst noch einmal ausdrücklich klarstellen, dass
sich die Bundesregierung weder direkt noch indirekt
an Zahlungen beteiligt, die von palästinensischer Sei-
te an Gefangene oder Hinterbliebene gezahlt werden .
Die Bundesregierung verfolgt dieses Thema mit ihren
palästinensischen Gesprächspartnern, so zum Beispiel
jüngst mit Premierminister Hamdallah in Vorbereitung
des Deutsch-Palästinensischen Lenkungsausschusses .
Premierminister Hamdallah hat zugesagt, dass aus dem
Haushalt der palästinensischen Behörde auch indirekt
keine Zahlungen an Gefangene geleistet werden .
Herr Kollege Beck .
Also nach Recherchen des RBB bekommen
36 000 Familien in Palästina solche Renten; ein Großteil
davon sind Hinterbliebene von sogenannten Märtyrern,
die bei Terroranschlägen auf israelische Staatsbürger
oder israelische Soldaten zu Tode gekommen sind . Die-
se Leistungen werden seit 2014 – das ist richtig – nicht
direkt von der palästinensischen Autorität, sondern von
der Palästinensischen Befreiungsorganisation, der PLO,
gezahlt, und zwar sowohl im Gebiet von Gaza als auch
im Westjordanland . Der Vorsitzende der PLO ist Präsi-
dent Abbas, der Präsident der Autonomiebehörde . Es
fehlt mir jedes Verständnis dafür, dass Sie sich nun schon
zum fünften Mal im Plenum damit herausreden, dass das
unterschiedliche Kassen sind . Wir wissen genau, wie das
läuft .
Was hat die Bundesregierung, die mit der Regierung
der Palästinensischen Autorität in einem gemeinsamen
Lenkungsausschuss sitzt, gegenüber der PLO dazu ge-
sagt, was sie unternehmen wird, wenn diese Rentenzah-
lungen an Terroristen und ihre Hinterbliebenen als Be-
lohnung für Terror weiter von der PLO geleistet werden?
Das sind unsere politischen Partner, und ich erwarte ei-
gentlich, dass Sie dem Parlament sagen, welche Ansagen
Sie ihnen gegenüber machen .
Frau Staatsministerin .
D
Gern . – Herr Kollege Beck, Sie haben mich mitnich-
ten ein fünftes Mal dazu gehört .
– Richtig, mein Kollege Roth . – Ich habe die Debatte
mit dem Kollegen Roth im Protokoll nachgelesen; es
war auch nicht die erste . Sie haben zu der Frage auch ein
Schreiben des Bundesaußenministers erhalten, Sie haben
ein Schreiben von mir erhalten .
Ich kann es übrigens gut nachempfinden. Wir sind uns
ja sehr verbunden, wenn es um Israel und die Frage der
Sicherheit dort geht . Insofern glaube ich, dass wir bei
dem, was Sie in der heutigen Frage mit Blick auf den
Deutsch-Palästinensischen Lenkungsausschuss themati-
sieren, deutlich unterscheiden müssen: Ein solches Fo-
rum gibt es nicht für die PLO, sondern das gibt es für die
PA . Deshalb, Herr Kollege Beck – Sie mögen den Kopf
schütteln –, glaube ich, dass Ihre Frage an der Stelle nicht
das eigentliche Anliegen, das Sie haben, trifft .
Wie bewerten Sie die Schritte der britischen Regie-
rung, die mit einem Zahlungsstopp gegenüber der Pa-
lästinensischen Autorität gedroht hat, wenn diese Frage
nicht geklärt wird? Warum ist das für die Bundesregie-
rung, die von sich behauptet, dass die Sicherheit Israels
deutsche Staatsräson ist, bislang kein Thema gewesen?
D
Da widerspreche ich jetzt aber einmal heftig . Sie wis-sen selbst ganz genau, dass wir dieses immer wieder zumhttp://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.htmlhttp://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.htmlhttp://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.htmlhttp://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.htmlhttp://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/0/9305.htmhttp://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/0/9305.htmhttp://www.facebook.com/AuswaertigesAmt/videos/1084048998358936/?comment_id=1084345844995918&comment_tracking=%7B%22tn%22%3A%22R0%22%7Dhttp://www.facebook.com/AuswaertigesAmt/videos/1084048998358936/?comment_id=1084345844995918&comment_tracking=%7B%22tn%22%3A%22R0%22%7Dhttp://www.facebook.com/AuswaertigesAmt/videos/1084048998358936/?comment_id=1084345844995918&comment_tracking=%7B%22tn%22%3A%22R0%22%7Dhttp://www.facebook.com/AuswaertigesAmt/videos/1084048998358936/?comment_id=1084345844995918&comment_tracking=%7B%22tn%22%3A%22R0%22%7Dhttp://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/PalaestinensischeGebiete/161026-D-PAL_Lenkungsausschuss.htmlhttp://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/PalaestinensischeGebiete/161026-D-PAL_Lenkungsausschuss.htmlhttp://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/PalaestinensischeGebiete/161026-D-PAL_Lenkungsausschuss.html
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19739
(C)
(D)
Thema gemacht haben . Ich habe eben noch einmal daraufhingewiesen,
dass es in der Vorbereitung der Sitzung des jüngstenDeutsch-Palästinensischen Lenkungsausschusses zueinem nachdrücklichen Gespräch mit PremierministerHamdallah kam . Sie wissen von der Debatte im Rahmender Fragestunde mit meinem Kollegen Roth, dass es auchvorher schon entsprechende Gespräche meines Kollegen,des Parlamentarischen Staatssekretärs Silberhorn, gabund dass Hamdallah sehr klar erklärt hat, dass an dieserStelle keine Mittel fließen. Sie wissen ebenso, dass wirseit 2011 keine Budgethilfe an die PA zahlen .Aber ich glaube, es geht Ihnen um etwas anderes . Vondaher ist das nicht nur ein Thema für diese Fragestunde .Ich muss sagen, ich bewundere geradezu, wie Sie immerwieder dieses Thema aufgreifen . Es ist auch uns ein An-liegen, und Sie können nicht einfach so tun, als ob dasAuswärtige Amt und die Bundesregierung dieses Themanicht mit aller Kraft verfolgen würden . Das haben Sieaber – auch auf Facebook – gemacht .Darf ich jetzt vielleicht noch eine Empfehlung vonKollegin zu Kollegen geben? Ich würde sagen, das istein Thema, das im Auswärtigen Ausschuss intensiv be-handelt werden sollte, und ich stelle es Ihnen anheim, esdort anzusprechen .
Vielen Dank . – Die Frage 17 des Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele und die Frage 18 des Abgeordneten
Özcan Mutlu werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern . Die Frage 19 des Abge-
ordneten Özcan Mutlu, die Frage 20 des Abgeordneten
Hans-Christian Ströbele, die Frage 21 des Abgeordneten
Niema Movassat und die Fragen 22 und 23 der Abgeord-
neten Ulla Jelpke werden schriftlich beantwortet .
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz .
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatsse-
kretär Christian Lange zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 24 des Abgeordneten Volker Beck
auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Eröffnung eines
Ermittlungsverfahrens nach den §§ 175, 175a des Strafgesetz-
buchs auch im Falle einer Einstellung des Verfahrens oder ei-
Auswirkungen auf die heutige Rentenhöhe für die Betroffe-
nen, und wie will die Bundesregierung solchen Berufs- und
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort .
C
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich beantworte die
Frage wie folgt: Der Bundesregierung ist bekannt, dass
es bereits durch die Eröffnung eines Ermittlungsver-
fahrens, durch Ermittlungsmaßnahmen oder wegen der
Durchführung einer Hauptverhandlung zur Vernichtung
bürgerlicher Existenzen kommen konnte . Schon die blo-
ße Existenz der Strafvorschrift des § 175 Strafgesetzbuch
hat aufgrund der damit verbundenen Stigmatisierung zu
einer Einschränkung der Lebensführung und zu belasten-
den Biografien geführt.
Die Bundesregierung berät derzeit über einen Gesetz-
entwurf zur strafrechtlichen Rehabilitierung von Perso-
nen, die wegen einvernehmlicher homosexueller Hand-
lungen verurteilt worden sind . Das Gesetzesvorhaben
sieht vor, strafgerichtliche Verurteilungen aufzuheben
sowie den Betroffenen wegen der Verurteilung und einer
darauf beruhenden Freiheitsentziehung eine individuelle
Entschädigung zu zahlen .
Hinsichtlich der Beeinträchtigungen für Personen, die
nicht aus Verurteilungen resultieren, sind verschiedene
Modelle einer Rehabilitierung denkbar . Hierzu zählt na-
türlich vor allem eine Kollektiventschädigung . Mit dieser
besteht die Möglichkeit, die Beeinträchtigungen anzuer-
kennen und als Unrecht zu dokumentieren . Dies betrifft
natürlich auch die Berufs- und Rentenschäden .
Herr Kollege Beck, Sie haben die Möglichkeit zur
Nachfrage .
Herr Staatssekretär, zunächst einmal vielen Dank da-für, dass wir überhaupt so weit gekommen sind . Wir ha-ben ja immer gedrängt, und wir sind ganz bei Ihnen, wasdie Rehabilitierung angeht .Bei der Entschädigung will ich Ihnen Folgendes nahe-legen: Für Homosexuelle aus der Zeit des Nationalsozia-lismus gibt es schon eine entsprechende Entschädigungs-praxis: AKG-Härtefonds . Danach sind Freiheitsschäden,Gesundheitsschäden sowie Berufs- und Rentenschädenentschädigungsfähig . In Ihrem Gesetzentwurf sind nurnoch Freiheitsschäden aufgrund von Verurteilungen ent-schädigungsfähig .Die Menschen, deren Homosexualität damals auf-grund der Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens be-kannt wurde, wurden trotz strafgerichtlichem Freispruchaus dem Beamtenverhältnis entlassen, haben oftmalsihre Wohnung und ihren Arbeitsplatz verloren . DieseMenschen haben noch heute geringere Renten, weil ihreBerufskarriere nach dem Bekanntwerden ihrer Homose-xualität aufgrund der Eröffnung eines Verfahrens beendetwar . Diesen Menschen hilft eine Kollektiventschädigungnicht; denn ihre Renten bleiben dann weiterhin geringer,als wenn ihnen das aufgrund des Unrechtsparagrafen 175nicht passiert wäre .Ich will Sie fragen: Sind Sie bereit, noch einmal diePraxis des AKG-Härtefonds dahin gehend zu überprüfen,Staatsministerin Dr. Maria Böhmer
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619740
(C)
(D)
ob man daraus Regelungen auch für die Entschädigungder nach 1945 verfolgten Homosexuellen übernehmenkann?
Herr Staatssekretär .
C
Herr Kollege Beck, zunächst herzlichen Dank für die
anerkennenden Worte . – In der Tat ist es uns ein Anlie-
gen, den Gesetzentwurf zur Rehabilitierung von § 175
Strafgesetzbuch Betroffenen möglichst rasch voranzu-
treiben . Dazu gehört auch das, was Sie in Ihrer Frage
angesprochen haben . Deswegen will ich sie wie folgt
beantworten: Die Ressorts sind, wie Sie wissen, im Ab-
stimmungsprozess . Wir werden Ihr Anliegen in diesem
Zusammenhang noch einmal wägen .
Möchten Sie eine zweite Nachfrage stellen? – Dann
haben Sie das Wort .
Ein zweiter Aspekt, der bereits in der Grundfrage an-
gesprochen ist – wie ich gehört habe, stand das auch in
Ihrem ursprünglichen Diskussionsentwurf –, betrifft die
Frage der Kollektiventschädigung, also einer Kollektiv-
maßnahme . Ich möchte Sie fragen, ob Sie auch berück-
sichtigen, dass § 175 einer ganzen Generation sozusagen
die Möglichkeit zur freien Entfaltung des Lebens und
meiner Generation zumindest teilweise eine unbeschwer-
te Jugend gestohlen hat . Viele der betroffenen Menschen
sind heute im hohen Alter und finden oft keine Strukturen
der Seniorenbetreuung vor, die auf ihre Lebenswirklich-
keiten eingehen . Sehen Sie neben der Notwendigkeit der
historischen Aufarbeitung nicht in diesem Bereich auch
die Notwendigkeit, für die betroffene Generation etwas
im Sinne einer lebensweltlichen Wiedergutmachung zu
machen?
Herr Staatssekretär .
C
Ich kann das Argument sehr gut nachvollziehen . Ich
bitte aber um Verständnis, wenn ich feststelle, dass die-
se Fragen nicht mein Haus, das Bundesministerium der
Justiz und für Verbraucherschutz, sondern das BMAS
und auch das Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend tangieren . Trotzdem sage ich Ihnen
zu, dass im Rahmen der Ressortbeteiligung alle diese
Fragen eine Rolle spielen werden .
Vielen Dank . – Damit kommen wir, liebe Kollegin-
nen und Kollegen, zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Arbeit und Soziales . Hier übernimmt die
Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme die
Beantwortung der Fragen .
Ich rufe die Frage 25 der Abgeordneten Katrin Werner
auf:
Wie hoch sind die Kosten, die die Bundesregierung ins-
gesamt in der 18 . Legislaturperiode für ihr Marketing „zur
Bewusstseinsbildung für Menschen mit Behinderungen in der
Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort .
A
Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin . – Der Geld-
betrag, den Sie abfragen, beläuft sich auf 6,7 Millionen
Euro . Ich kann das auch für die einzelnen Jahre verdeut-
lichen: Für das restliche Jahr 2013 – soweit es die 18 . Le-
gislaturperiode betrifft – waren es 517 000 Euro, im Jahr
2014 2 030 000 Euro, im Jahr 2015 1 536 000 Euro und
im Jahr 2016 bislang 2 618 000 Euro .
Frau Werner .
Vielen Dank . – Ich bin noch ein bisschen benommen
von den Zahlen; denn wir sind ja eigentlich in dem Be-
reich Ausgaben für Bewusstseinsbildung gerade im Zu-
sammenhang mit dem Bundesteilhabegesetz . Ich möchte
deshalb auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen .
Am 29 . Oktober gab es in Hamburg eine Veranstaltung,
an der der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Frak-
tion und Ministerin Nahles teilgenommen haben . Dort
wurde gesagt, dass vor allen Dingen die Proteste unter
dem Motto „Nicht mein Gesetz“ daran schuld seien, dass
das Bundesfinanzministerium nicht gewillt ist, mehr Gel-
der für das Bundesteilhabegesetz in die Hand zu nehmen .
Nach Ihrer Antwort in der vorherigen Fragestunde sind
ja ungefähr 1 Million Euro nur für die Anzeigenschaltung
und die Plakatwerbung für die Kampagne „Weniger be-
hindern“ ausgegeben worden . Ist vielleicht die Priorität
bei den Ausgaben im Rahmen des Bundesteilhabegeset-
zes falsch gesetzt worden?
Frau Staatssekretärin .
A
Unter welchem Gesichtspunkt sollte das Geld falsch
eingesetzt worden sein?
Frau Werner .
Jetzt verschwende ich zwar meine zweite Nachfrage,aber ich glaube, dass Sie wissen, dass es massive KritikVolker Beck
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19741
(C)
(D)
daran gibt, dass man, nachdem man nur für das Schaltenvon Annoncen und Anzeigen sowie eine massive Plaka-tierung im Rahmen der Inklusionstage 1 Million Euroausgegeben hat, auf einer Veranstaltung erklärt hat, dassdie Proteste dazu geführt haben, dass das Finanzministe-rium nicht mehr Geld gibt . Das ist vom Zusammenhangher für diejenigen, die für ein besseres Teilhabegesetzkämpfen, absolut unverständlich . Das ist jetzt zwar indem Sinne keine Frage, aber ich empfinde das langsamals dreist, ehrlich gesagt .Auf der Veranstaltung der SPD in Hamburg sprachman zwar davon, dass es einen wunderbaren Beteili-gungsprozess gegeben habe, dass man aber überhauptnicht verstehen könne, dass nach zwei Jahren Beteili-gung so eine massive Kritik kommt . Ich habe da schondie Frage: Hat man denn erst heute, nachdem die Protesteaufkamen, über mehr Geld verhandelt? Oder hat man –im Koalitionsvertrag steht, dass keine neue Ausgabendy-namik entstehen soll – auch beim Bundesteilhabegesetzdie Kosten deckeln wollen? Es regt momentan ziemlichviele Betroffene auf, wie politische Entscheidungen ver-kauft werden und wie Schuld zugewiesen wird .
Frau Staatssekretärin .
A
Wenn ich Ihre Frage richtig verstehe, fragen Sie da-
nach, zu welchem Zeitpunkt mit dem Finanzministerium
über etwaige Mehrbedarfe verhandelt worden ist . Diese
Frage kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht beantwor-
ten . Die Antwort liefern wir deshalb schriftlich nach .
Herr Lenkert .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Staatssekretä-
rin, Sie führten gerade aus, dass Sie im Rahmen des Mar-
ketings 6,7 Millionen Euro für Plakatwerbung und even-
tuell Flyer in dieser Legislaturperiode ausgegeben haben .
Sind darin auch Gelder zum Beispiel für die Schulung
von Tourismusverbänden und Verbänden, die sich um
Behinderte kümmern, enthalten? In welchem Verhältnis
stehen die Ausgaben für diese Verbände, die im Prinzip
als Multiplikatoren wirken können, zu den Ausgaben für
Standardwerbung, die uns an jeder Straßenecke begeg-
net?
Frau Staatssekretärin .
A
Es sind dort beachtliche Beträge beispielsweise für
Veranstaltungen enthalten . Wir können Ihnen die diesbe-
züglichen Zahlen gerne nachliefern .
Ich rufe jetzt die Frage 26 der Abgeordneten Katrin
Werner auf:
Welche Voraussetzungen müssen aus Sicht der Bundesre-
gierung gegeben sein, damit die Begründung des „Progressi-
onsvorbehalts“ das Menschenrecht auf freie Wahl von Wohn-
ort und Wohnform für Menschen mit Behinderungen nicht
mehr verhindert, und wann wird es so weit sein?
Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort .
A
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin . – Ich kann kei-
nen Unterschied zu Ihrer Frage 32 vom September 2016
erkennen . Daher nehme ich Bezug auf die Antwort, die
damals gegeben worden ist . Damals hatte sich die Bun-
desregierung unter Verweis auf den sogenannten Pro-
gressionsvorbehalt nach Artikel 4 Absatz 2 der UN-Be-
hindertenrechtskonvention zu dem entsprechenden
Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Fortent-
wicklung des Leistungsrechts geäußert .
Frau Werner .
Auch ich habe die Antwort vom 21 . September 2016
hier vorliegen . Ich weiß, dass es in der Vergangenheit
durchaus schon einmal die eine oder andere Unterschied-
lichkeit in den Antworten gab; denn ich befinde mich
mittlerweile jeden Mittwoch einer Sitzungswoche hier .
Nach der letzten Antwort hat zufälligerweise eine
Anhörung stattgefunden . Zufälligerweise war in dieser
Anhörung die Monitoring-Stelle des Deutschen Instituts
für Menschenrechte vertreten – auf Einladung der Links-
fraktion, weil die Regierungsfraktionen dieses Institut
nicht benennen wollten . In dieser Anhörung wurde da-
nach gefragt, inwieweit der Progressionsvorbehalt in der
UN-Behindertenrechtskonvention mit den neuen Regeln
vereinbar ist . Eine Besserung sei an dieser Stelle nicht
erkennbar, meinte Herr Dr . Aichele . Genau deshalb frage
ich nach . In der Anhörung am Montag hatten wir zu vie-
len Punkten sehr viel Kritik – das haben, glaube ich, auch
Ihre Kollegen festgestellt –, und daher diese Nachfrage .
Frau Staatssekretärin .
A
Trotz Ihres Nachlegens kann ich Ihnen keine andereAntwort geben . Es gibt einen Gestaltungsspielraum desGesetzgebers . Diesen Gestaltungsspielraum haben wirunter anderem mit dem Bundesteilhabegesetz genutzt .Sie wissen, dass mit dem Bundesteilhabegesetz für Men-schen mit Behinderungen perspektivisch round about700 Millionen Euro jährlich zusätzlich ausgegeben wer-den .Katrin Werner
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 201619742
(C)
(D)
Frau Werner .
Gut . Dann frage ich vielleicht ein Stück weit allge-
meiner und beziehe mich einfach nur allgemein auf die
Anhörung . Ich hoffe, dass dadurch etwas mehr Erkennt-
nis zustande kommt .
Ich möchte darauf hinweisen, dass bei der Anhö-
rung am Montag der Obmann der CDU/CSU, Herr
Schiewerling, erwähnte, dass er in seiner parlamenta-
rischen Arbeit noch kaum einen Gesetzentwurf erlebt
habe, der derart heftig kritisiert worden sei . Ich glaube,
vor Ort waren nicht die Betroffenen, sondern hauptsäch-
lich Verbände . Ich erwähnte ja schon die Veranstaltung
der SPD in Hamburg, auf der Frau Nahles starke Kritik
aus Richtung der Betroffenen erhielt . Auch sie hatte vor-
her solch eine massive Kritik noch nicht erlebt, und das
nach einem zweijährigen Beteiligungsprozess .
Insofern ist schon die Frage: Müssen wir jetzt davon
ausgehen, dass alles, was Sie im Vorfeld schon geäußert
oder in den Gesetzentwurf geschrieben haben, Gesetz
wird, dass Sie also wenig Kritik annehmen und ändern?
Ist es so, dass es viele Personen in den anderen Regie-
rungsparteien gibt – auch das wurde in Hamburg er-
wähnt –, die eigentlich froh wären, wenn dieses Gesetz
gar nicht zustande käme, weil man dann 700 Millionen
Euro sparen und an anderer Stelle ausgeben könnte, wie
es Herr Kahrs in Hamburg geäußert hat?
Frau Staatssekretärin .
A
Frau Werner, gestatten Sie mir zunächst vielleicht die
Anmerkung, dass es unterschiedliche Einschätzungen
über Sachverständigenanhörungen geben kann .
Wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit dem
Bundesteilhabegesetz ein ganzes Stück zugunsten der
behinderten Menschen vorwärtskommen . Ich kann das
an verschiedenen Punkten festmachen . Es beginnt bei
der Einkommens- und Vermögensanrechnung . Es geht
weiter mit verbesserten Verfahrensabläufen, die meines
Erachtens zu einer wesentlich besseren Deckung von Be-
darfen bei Menschen mit Behinderung führen . Das sind
zwei Punkte, die ich an dieser Stelle als Beispiele nennen
mag . Ich kann außerdem nennen: das Budget für Arbeit
usw . usw .
Frau Werner, im Übrigen wissen Sie, dass sich die-
ser Gesetzentwurf mittlerweile in den parlamentarischen
Abläufen befindet. Es ist also in der Hand des Parlamen-
tes, gegebenenfalls an dem einen oder anderen Punkt
Änderungen vorzunehmen . Das ist nicht mehr Sache des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales .
Jetzt hat Herr Lenkert noch eine Frage .
Frau Staatssekretärin, wenn ich den Progressionsvor-
behalt in der UN-Behindertenrechtskonvention richtig
verstehe, bedeutet er, dass die Eingliederung und die
Beseitigung der Nachteile behinderter Menschen keinen
Staat überfordern, das heißt nur im Rahmen der finanzi-
ellen Möglichkeiten eines jeden Landes stattfinden soll.
Jetzt lautet die Frage der Kollegin Werner erneut, ob
das Menschenrecht auf freie Wohnungswahl nicht umge-
setzt werden kann, und zwar im Zusammenhang damit,
dass das Bundesfinanzministerium einen Haushaltsüber-
schuss verkündet . In diesem Zusammenhang kann von
einer Überforderung der Bundesrepublik nicht mehr die
Rede sein, wenn jetzt endlich diese Forderungen aus der
UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden sol-
len .
Mich würde also interessieren, wie Sie im Zusammen-
hang mit dem Haushaltsüberschuss, der nachweislich
keine Überforderung der Bundesrepublik mehr darstellen
lässt, an dieser Stelle endlich Verbesserungen für Men-
schen mit Behinderungen umsetzen wollen .
Frau Staatssekretärin .
A
Zunächst einmal: Sie geben den Gesetzentwurf
falsch wieder, wenn Sie so generell in den Raum stel-
len, dass es nicht das Recht auf freie Wohnungswahl
gibt . – Das ist der erste Punkt, den ich an dieser Stelle
anführen will .
Der zweite Punkt . Ich kann nur noch einmal wiederho-
len: Es liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers,
bezüglich der UN-BRK tätig zu werden . Im Übrigen ist
der Gesetzentwurf nunmehr in der Hand des Parlaments .
Es obliegt dem Parlament, gegebenenfalls Änderungen
vorzunehmen .
Vielen Dank . – Die Frage 27 der Kollegin SevimDağdelen wird schriftlich beantwortet.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-nisteriums für Ernährung und Landwirtschaft . Die Fra-gen 28 und 29 des Kollegen Harald Ebner sowie dieFragen 30 und 31 der Kollegin Bärbel Höhn werdenschriftlich beantwortet .Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-nisteriums der Verteidigung . Die Frage 32 der KolleginBeate Walter-Rosenheimer und die Frage 33 des Kolle-gen Andrej Hunko werden schriftlich beantwortet .Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-nisteriums für Gesundheit . Die Frage 34 der KolleginSabine Zimmermann wird schriftlich beantwortet .Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-teriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Die Fra-gen 35 und 36 des Kollegen Stephan Kühn, die Frage 37
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 198 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . November 2016 19743
(C)
(D)
des Kollegen Oliver Krischer, die Fragen 38 und 39 desKollegen Matthias Gastel sowie die Fragen 40 und 41des Kollegen Herbert Behrens werden schriftlich beant-wortet .Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir amSchluss unserer heutigen Tagesordnung .Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-tages auf morgen, Donnerstag, den 10 . November 2016,9 Uhr, ein .Die Sitzung ist geschlossen .