Gesamtes Protokol
Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle
herzlich .
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen
Kabinettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Neunten
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbe-
werbsbeschränkungen.
Das ist nicht ganz so harmlos, wie es sich anhört . Des-
wegen begrüße ich es auch, dass der zuständige Minister
für einen Bericht zu diesem Thema und seinen Implika-
tionen zur Verfügung steht . – Lieber Herr Gabriel, Sie
haben damit das Wort .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Sehr geehrter Herr Präsident, ich darf ja keine Fragen
stellen, aber wenn ich es doch dürfte, würde ich fragen,
warum Sie mich mit „nicht so harmlos“ in Zusammen-
hang bringen .
Nein, bei Ihnen würde ich auf diesen Zusammenhangnatürlich niemals kommen,
aber bei diesem Gesetz könnte man den Verdacht haben,dass es nicht ganz so harmlos ist, wie es sich anhört .Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Womit Sie recht haben .Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Das Kabinett hat heute die neunte Novelle desGesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beschlos-sen und damit unser zentrales Regelwerk in diesemBereich auf den Stand der Zeit im Zeitalter der Digitali-sierung gebracht . Die vergangenen Jahre haben gezeigt,dass das althergebrachte Instrumentarium des Wettbe-werbsrechts nur zum Teil auf die neuen Geschäftsmo-delle der digitalisierten Wirtschaft passt . Mit der Novellebeginnen wir nun, ein Wettbewerbsrecht 4.0 zu schaffen.Das Bundeskartellamt hat sich bereits intensiv mitFacebook, Amazon und Co . befasst . Wir geben ihm fürsolche Fälle nun neue Beurteilungskriterien an die Hand,unter anderem auch, weil uns die Monopolkommissionin einem Gutachten dafür Vorschläge gemacht hat .Das neue Regelwerk erfasst nun auch die Konsequen-zen neuer Netzwerk- und Skaleneffekte oder des Zugangszu wettbewerbsrelevanten Daten . Gleichzeitig erweiternwir die Fusionskontrolle auf Fälle, die bislang außerhalbunseres Radars geblieben sind . Zum Beispiel zeigt dieÜbernahme von WhatsApp durch Facebook, dass auchUnternehmen ohne große Umsätze eine erhebliche wett-bewerbliche Bedeutung haben können . Beim internati-onalen Zusammenschluss von Unternehmen gibt es dieGröße von, glaube ich, über 500 Millionen Euro, beimnationalen Zusammenschluss immerhin von 25 Millio-nen Euro, und einer der beiden Teile muss mindestens5 Millionen Euro Umsatz haben . Bei WhatsApp lag derUmsatz deutlich darunter . Gleichzeitig wissen wir, dassder Verkauf 19 Milliarden Dollar gebracht hat, was zeigt,dass fehlende Umsätze allein kein Kriterium sind, umden Wert eines Zusammenschlusses und die damit mög-licherweise einhergehende marktbeherrschende Stellungzu prüfen . Das ändern wir jetzt .Dabei haben wir bewusst darauf geachtet, dass diedeutsche Start-up-Szene nicht beeinträchtigt wird . DieRegelung greift bei Unternehmensübernahmen erst ab ei-nem Kaufpreis von mehr als 400 Millionen Euro . SolcheÜbernahmen gab es in den letzten Jahren in Deutschlandmaximal einmal pro Jahr . Wir gehen davon aus, dass dasso bleibt .Im Übrigen ist wichtig: Eine Prüfung von wettbe-werbsrechtlichen Nachteilen heißt nicht, dass die Fusionverboten ist . Es geht nur darum, dass das Kartellamt hin-schauen kann .
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Bei den Bußgeldern schließen wir mit der Novelle eineLücke, die uns schmerzlich bewusst wurde, als die Kar-tellbehörde in der Fleischwarenindustrie Kartellrechts-verstöße festgestellt hat. Das betroffene Unternehmenhat nach Ergehen eines Bußgeldbescheids genau den Teildes Unternehmensverbundes aufgelöst, der davon betrof-fen war, und sich damit letztlich der Bußgeldzahlung ent-zogen . Das wollen wir nicht noch einmal zulassen . Wirschließen diese Lücke und führen eine Konzernhaftungein . Das geht leider nicht rückwirkend, aber das soll ebennicht noch einmal vorkommen . Künftig wird sowohl dieMuttergesellschaft für ihre Tochter als auch der Nachfol-ger eines Unternehmens die Bußgelder für frühere Kar-tellrechtsverstöße zahlen müssen .Damit schließen wir, glaube ich, auch eine Gerechtig-keitslücke am Markt; denn derartige Tricks können sichMittelständler nicht leisten . Diese Möglichkeit haben nurKonzerne, und die wollen wir ihnen nehmen . Ein Mittel-ständler mit einfacher Unternehmensstruktur, der häufignicht die treibende Kraft bei einem Kartell gewesen ist,konnte bisher nur zuschauen, wie die großen Kartellan-ten davonkamen .Neben hohen Bußgeldern fürchten die betroffenenUnternehmen zu Recht zunehmend hohe Schadenersatz-forderungen von Geschädigten, die zum Beispiel über-teuerte Produkte gekauft haben . Auch da verbessern wirdie Situation der Geschädigten .Mit der Novelle setzen wir die EU-Richtlinie zumSchadenersatz bei Kartellen um . Die Klagen von Ge-schädigten sollen künftig erleichtert werden .Wir geben mit der Novelle des Wettbewerbsrechtsauch ein wichtiges Signal gegen den Preiskampf imBereich des Lebensmitteleinzelhandels, indem wir dasVerbot entfristen, Lebensmittel unter Einstandspreis zuverkaufen, um Kunden sozusagen ins Geschäft zu lockenund damit einen unfairen Wettbewerb zu betreiben . Daswar ein großes Anliegen insbesondere der Landwirt-schaft und der Lebensmittelhersteller .Schließlich erleichtern wir mit der Novelle die Koope-ration von Presseverlagen . Das hatte sich die Koalitionim Koalitionsvertrag vorgenommen . Künftig könnenVerlage außerhalb der redaktionellen Zusammenarbeit,also in der klassischen Verlagszusammenarbeit – damitist letztlich das Anzeigengeschäft gemeint –, kooperierenund das Geschäft gemeinsam organisieren; wie gesagt,nicht im Bereich der redaktionellen Zusammenarbeit .Das wird gerade kleinen Verlagen und Lokalzeitungenhelfen, ihre wichtige Aufgabe auch in digitalen Zeiten zuerfüllen .Meine Damen und Herren, die neunte GWB-Novelleumfasst Projekte mit ganz unterschiedlichen Maßnah-men, die das deutsche Wettbewerbsrecht neu gestaltensollen und den Kartellbehörden die notwendige Durch-setzungskraft geben .Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .
Ich danke Ihnen, Herr Minister . – Ich habe bislang
dazu nur Wortmeldungen von der Fraktion Die Grünen
vorliegen, was immer das für einen Grund haben mag .
Vielleicht entschließt sich der eine oder andere noch oder
gibt mir ein Signal, wenn es übersehene Fragewünsche
gibt . – Wir beginnen mit der Kollegin Dröge .
Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für die Vor-stellung der GWB-Novelle. Ich finde es erst einmal sehrbegrüßenswert, dass Sie einen Schwerpunkt auf das The-ma „Regulierung digitaler Plattformen“ gelegt haben .Dort besteht aus meiner Sicht großer Handlungsbedarf .Dass Sie in dem Entwurf der GWB-Novelle Vorschlägeaufgegriffen haben, ist ein richtiger Schritt in die richtigeRichtung . Sie greifen auch viele Vorschläge auf, die ausunserer Sicht wirklich gute Verbesserungen mit sich brin-gen . Darüber freue ich mich zunächst einmal .Ich hätte zu einigen Regelungen allerdings nochNachfragen an Sie . Zum Beispiel wollen Sie einführen,dass bei der Prüfung von Fusionen der Kaufpreis eineRolle spielt . Das ist eine Lehre aus der Fusion von Face-book und WhatsApp . Ich frage mich, warum nicht auchdie Zahl der Nutzerinnen und Nutzer, die durch die Fusi-on zusammengeführt werden, bei der Prüfung eine Rollespielen kann; denn gerade das macht die Marktmacht imdigitalen Wettbewerb aus . Die Frage ist, welche Nutzer-zahlen, welche Portfolios dort zusammengeführt werden .Die zweite Möglichkeit wäre, den Zugang zu Analy-semethoden bei der Fusionskontrolle mit zu berücksich-tigen, also Algorithmen, die sich die Firmen teilweisepatentieren lassen, wodurch mehr Marktmacht entsteht .Sollte nicht auch das bei der Fusionskontrolle berück-sichtigt werden?Ein weiteres Thema ist die Marktabgrenzung . Bei derFusion von Facebook und WhatsApp haben die Kartell-behörden gesagt, dass das zwei unterschiedliche Märktesind . Muss das Wettbewerbsrecht nicht auch dahin ge-hend novelliert werden, um das in Zukunft verhindernzu können?Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Vielen Dank für die Nachfrage, die mehr als berech-tigt ist . – Nach meinem Verständnis ist es so, dass all dieFragen, die Sie gestellt haben, jetzt durch die Kartell-rechtsbehörde geprüft werden müssen . Bisher gab es eineAufgreifschwelle, sodass sie das gar nicht konnte . DieseAufgreifschwelle haben wir jetzt neu definiert. Sie hängtnicht mehr vom Umsatz ab, sondern von dem genanntenKaufpreis, den man übrigens nach ein paar Jahren sicherauch noch einmal überprüfen muss, um zu sehen, ob daseigentlich die richtige Schwelle war . Bislang gehen wirdavon aus, dass es gut abgewogen ist .Wenn die Prüfung stattfindet, muss, finde ich, sozusa-gen die marktbeherrschende Stellung genau auf die Da-ten hin überprüft werden, nach denen Sie eben gefragthaben; denn bei WhatsApp geht es um die Frage, wieviele Daten man eigentlich ansammelt . Das ist die eigent-Bundesminister Sigmar Gabriel
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liche Währung, die offensichtlich so wertvoll war wiemehr als 19 Milliarden Dollar; ich glaube, das war dieSumme . Insofern wäre meine Interpretation dessen, waswir gesetzlich besser möglich machen – ich hoffe, dasKartellamt teilt das –, dass genau die Fragen, die Sie ebengestellt haben, geprüft werden müssen . Wir haben jetztendlich eine Aufgreifschwelle, mit der das erfolgen kann .
Frau Andreae .
Vielen Dank für die Möglichkeit, zur GWB-Novel-
le zu sprechen . Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie die
Konzernhaftung angesprochen haben, weil diese Proble-
matik unter dem Stichwort „Wurstlücke“ aufgetaucht ist .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Ich wollte es nicht sagen .
Ich denke, ich darf es hier einmal aussprechen . – Tat-
sächlich beschäftigt das Thema der Eigentümerstruktu-
ren uns generell . Ist es aus Ihrer Sicht notwendig, dass
die Kartellbehörden bei Fusionen auch prüfen können,
wer die Anteilseigner der Unternehmen sind, die fusio-
nieren? Planen Sie Veränderungen, um das Kartellrecht
auch da nachzuschärfen? Vorstellbar ist ja durchaus, dass
durch Verflechtungsstrukturen und durch Anteilseigner
an den fusionierenden Unternehmen am Ende wettbe-
werbsverzerrende Situationen auftreten .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Nach meinem Verständnis müsste das die Kartell-
rechtsbehörde schon heute tun .
Wenn sie das nicht tun muss, ist das ein Thema – das
kann ich als Regierungsmitglied jetzt nur empfehlen –,
das im parlamentarischen Verfahren in der Tat noch ein-
mal geprüft werden sollte . Aber nach meinem Verständ-
nis wäre das eigentlich schon heute notwendig .
In der Sache besteht offenkundig jedenfalls Einver-
nehmen . – Der Kollege Janecek hat die dritte Frage .
Sehr geehrter Herr Minister Gabriel, wir haben ja das
Grundproblem, dass große amerikanische Plattformen –
es können in der Zukunft auch chinesische und indische
sein – ihre Regeln diktieren und wir unsere eigenen Re-
geln zum Teil nicht durchsetzen, insbesondere was den
Wettbewerb angeht . Die jüngste Entscheidung des Ham-
burger Datenschutzbeauftragten gehört zum Beispiel
auch in diesen Kontext; das ist jetzt nicht direkt in Ihrem
Metier . Er hat entschieden, dass WhatsApp die Daten an
Facebook nicht weitergeben darf . Aber eine Marktmacht
entsteht natürlich durch die Weitergabe von Daten . Wie
bewerten Sie dieses Urteil?
Zum Zweiten: Die Portabilität von Daten, also dass
Sie Daten mitnehmen können, wenn Sie irgendwo
sind, zum Beispiel bei Facebook, ist jetzt in der Daten-
schutz-Grundverordnung vorgesehen . Würden Sie sagen,
dass es etwas Gutes für den Wettbewerb, für den Markt,
ist, dass wir darauf achten, dass das möglich ist?
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Erstens . Es geht uns genau um diese Unternehmen,
bei denen Sie Allgemeine Geschäftsbedingungen unter-
schreiben und mit denen dann eine solche Datennutzung
möglich wird . Es geht uns darum, dass wir sozusagen
einen Zugriff bekommen, den wir bislang nicht hatten.
Zweitens . Wir haben natürlich mit der Daten-
schutz-Grundverordnung und übrigens auch mit dem
EuGH-Urteil zum Marktortprinzip eine rechtliche Klar-
stellung, dass jedes Unternehmen, das in Europa tätig
ist, die in Europa geltenden Datenschutzregeln einhalten
muss .
Drittens . Ich erwarte nicht, dass das hier die letzte
GWB-Novelle ist, was diese Frage angeht . Deswegen
habe ich gesagt: Wir beginnen, uns damit auseinander-
zusetzen . Denn zum Beispiel das Kartellamtsverfahren
gegen Facebook wegen des Themas Datennutzung, das
es aktuell gibt, aber auch das Verfahren der Wettbewerbs-
kommissarin Frau Vestager in Brüssel gegen Google –
ich glaube, auch noch gegen Amazon; aber gegen Google
auf jeden Fall – werden uns Hinweise bringen, ob wir
in diese Richtung sozusagen weiterarbeiten müssen . Das
wird mit Sicherheit nicht die letzte Frage oder das letzte
Instrument sein . Ich bin jetzt auf das gespannt, was aus
der Kommission kommt . Ich bin nach den letzten Ent-
scheidungen von Frau Vestager jedenfalls außerordent-
lich optimistisch, dass die Kommission hier eine klare
Position zugunsten der Verbraucherinnen und Verbrau-
cher einnimmt .
Frau Dröge .
Herr Minister, ich möchte noch einmal auf das The-ma Marktabgrenzung zu sprechen kommen; es kam jaetwas zu kurz am Ende meiner vorherigen Frage . Bei derFusion von Facebook und WhatsApp haben die Kartell-behörden ja so argumentiert, dass es sich um zwei unter-schiedliche Märkte handelt und deshalb die Marktmachtnicht relevant steigen würde . Einen ähnlichen Fall – al-lerdings auf einem ganz anderen Markt – haben wir jetztgegebenenfalls mit der Fusion von Bayer und Monsan-to . Auch dort stellt sich die Frage, ob es sich hierbei umzwei unterschiedliche Märkte handelt, auf der einen Seiteden Saatgutmarkt und auf der anderen Seite den Pesti-zidmarkt .Bundesminister Sigmar Gabriel
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Deswegen ist meine Frage hinsichtlich Ihrer Ein-schätzung – das werden in diesem Fall zwar die euro-päischen Kartellbehörden prüfen; bei einer niedrigerenUmsatzschwelle könnten es auch die deutschen prüfen –:Reicht das jetzige Kartellrecht aus, um sich auch vor-und nachgelagerte Märkte anzuschauen? Beim Thema„Saatgut und Pestizide“ handelt es sich ja eigentlich umeinen Markt, wenn man das Ganze als Koppellösungverkauft . Reicht das jetzige Kartellrecht also schon aus,oder müssen wir als Gesetzgeber es so präzisieren, dasswir den Wettbewerbsbehörden die klare Leitlinie geben:„Wir wollen, dass ihr euch die gesamte Produktkette an-schaut“, sodass man eine Fusion von Bayer und Monsan-to gegebenenfalls auch verhindern könnte?Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Ich habe die von Ihnen aufgeworfene Frage zwar nichtim Fall von Bayer und Monsanto, aber im Fall von Goo-gle gegenüber der Monopolkommission thematisiert .Denn natürlich bildet auch dieses Unternehmen mit demGeschäftszweck „Advertising“ inzwischen eine Kette,und es hat eine Marktdurchdringung erreicht – angefan-gen beim Browser bis hin zum Content –, angesichts derman sich die Frage stellen kann: Gibt es für einen Wett-bewerber überhaupt noch die Chance, dort am Markt zubestehen? Es gab ja immer das Argument: Das geht ganzschnell, auch im Zeitalter des Internets .Die Monopolkommission hat uns die Antwort gege-ben, sie glaube, dass das derzeitige Kartellrecht dieseFragen abdeckt . Das habe ich erst einmal zur Kenntnisgenommen . Auch da, glaube ich, wird uns die Entwick-lung – die Entscheidungen der Wettbewerbskommissionund auch das Facebook-Verfahren – Anlass geben, nocheinmal der Frage nachzugehen, ob wir hier weitergehenmüssen, als wir es mit der jetzigen Novelle getan haben .
Frau Andreae noch einmal .
Vielen Dank . – Das bisherige GWB klärt folgenden
Tatbestand: Die Erforderlichkeit für eine Ministerer-
laubnis muss begründet werden . Jetzt haben wir ja den
Fall der Ministererlaubnis bei der Fusion von Edeka und
Kaiser’s Tengelmann . Es gab einen Vermerk aus Ihrem
Haus, der nach dem Übernahmeangebot von Rewe klar-
gestellt hat, dass die Ministererlaubnis nicht mehr erteilt
zu werden braucht . Nach dem GWB hätten Sie dann die
Erforderlichkeit begründen müssen . Sie haben sich aber
dafür entschieden, eine Ministererlaubnis auszusprechen .
Hätten Sie zu dem Zeitpunkt des Vermerkes eigentlich
nicht wissen müssen, dass die Ministererlaubnis einer ge-
richtlichen Prüfung nicht standhält?
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Ich habe den Vermerk, den Sie mir vorhalten, nicht
vor mir . Aber ich weiß, dass mein Haus empfohlen hat,
den Antrag von Edeka nicht zu genehmigen . Das haben
wir auch nicht getan; denn der Antrag von Edeka be-
hauptete, man könne die Arbeitsplätze – die für uns ein
Gemeinwohlgrund sind – durch Betriebsvereinbarungen
schützen . Das war schon deshalb fragwürdig, weil die
Betriebsräte nur in zwei von drei Regionen bereit waren,
eine solche Betriebsvereinbarung zu schließen .
Wir haben – auch durch Nachfragen im Bundesar-
beitsministerium – festgestellt, dass es sehr fragwürdig
ist, ob damit der Gemeinwohlgrund der Sicherung der
Arbeitsplätze zu erfüllen ist . Deswegen sind wir dem
Antrag nicht gefolgt, sondern haben einen ganz anderen
Weg gewählt, der in unserem Haus einvernehmlich für
richtig empfunden wurde, nämlich den über Tarifverträ-
ge . Der Erfolg der Tarifvertragsverhandlungen zeigt Ih-
nen ja, dass wir damit den Gemeinwohlgrund der Siche-
rung der Arbeitsplätze erfüllen könnten .
Jetzt droht etwas, was eher zeigt, wie wichtig eine
Ministererlaubnis gewesen wäre . Wenn es jetzt nämlich
nicht zu einer einvernehmlichen Lösung zwischen den
Unternehmen kommt, die während des Verfahrens über-
haupt nicht denkbar war, dann passiert das, was passiert
wäre, wenn ich die Ministererlaubnis verweigert hätte:
Dann verlieren bis zu 8 000 Menschen ihren Arbeits-
platz . Das ist der Grund, warum ich der festen Überzeu-
gung bin, dass gerade das, was jetzt passiert, zeigt, wie
richtig es gewesen ist, eine Ministererlaubnis zu erteilen,
um bis zu 8 000 Arbeitsplätze zu sichern .
Ich erinnere an die Eine-Minute-Regel für Fragen und
Antworten . – Frau Dröge .
Herr Minister Gabriel, um beim Thema Ministerer-laubnis zu bleiben: Das GWB beinhaltet ja eine zeitli-che Vorgabe, bis wann Sie entscheiden sollen, nämlichvier Monate . Bei dieser Ministererlaubnis haben Sie aberdeutlich länger gebraucht . Wenn man sich anschaut, inwelcher Situation das Unternehmen Kaiser’s Tengel-mann jetzt ist, stellt man fest: Es wurden zwei Jahre fürdas Fusionsprüfverfahren gebraucht . Es ist so, dass Kun-den wegbleiben, dass teilweise Mietverträge nicht ver-längert werden, dass Lieferanten Aufträge aufkündigen,dass sich gute Mitarbeiter wegbewerben . Das heißt, dasUnternehmen steht jetzt deutlich schlechter da als vorzwei Jahren . Das Unternehmen hat zwei Jahre verloren,in denen es auf der Suche nach nachhaltigen beschäfti-gungssichernden Lösungen für die Mitarbeiter hätte vo-rankommen können, um heute deutlich besser dazuste-hen .Aus dieser Sicht ist unsere Interpretation, dass durchdieses lange Verfahren auch Sie Verantwortung tragenfür die Situation, in der Kaiser’s Tengelmann jetzt ist .Nun frage ich Sie: Sollte man vor diesem Hintergrundnicht über deutlich striktere zeitliche Vorgaben der Prü-fung nachdenken? Denn Unternehmen, die mit solchenmonatlichen Verlusten operieren, können sich ein solchlanges Prüfverfahren aus meiner Sicht einfach nicht leis-ten .Katharina Dröge
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Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Frau Kollegin, Sie vermischen zwei Zeiträume, näm-lich den des Fusionsprüfverfahrens beim Kartellamt undden des Prüfverfahrens für die Ministererlaubnis . Beidezusammen haben die zwei Jahre ergeben, nicht allein diePrüfung des Ministererlaubnisverfahrens .
– Ich beantworte gerade nur Ihre Frage . – Im Übrigenmuss man im Zuge des Ministererlaubnisverfahrens auchAnhörungsfristen einhalten; wenn zum Beispiel Verfah-rensbeteiligte beantragen, eine längere Frist zu bekom-men, verlängert sich das Verfahren . Wir haben uns präzi-se an die Verfahrensvorschriften gehalten .Übrigens, jedes Unternehmen, das sich auf den Wegmacht, eine Fusion zu beantragen, weiß, dass es das Ri-siko trägt, dass das Kartellamt prüft, danach im Minister-erlaubnisverfahren die Monopolkommission prüft, dannAnhörungsverfahren stattfinden und erst am Ende eineMinistererlaubnis erfolgt . Dieses Risiko eines so langenVerfahrens können wir dem Unternehmen nicht abneh-men . Aber, wie gesagt, das Ministererlaubnisverfahrenselber hat nicht zwei Jahre gedauert, sondern das vor-herige Fusionsverfahren und die Beteiligung der vielenBeigeladenen haben ebenfalls dazu beigetragen .Ob man das strecken kann, muss man überlegen . Ichbin ja der festen Überzeugung, dass wir vor dem Bun-desgerichtshof obsiegen würden . Dann hätten wir, glaubeich, einen guten Anlass, über das Verfahren zu reden .
Frau Andreae noch einmal .
Eine Möglichkeit, die Ministererlaubnis noch einmal
in ihrer Struktur zu diskutieren und über die Frage, ob
sie reformbedürftig ist, ist die GWB-Novelle . Wir haben
wahrgenommen, dass Sie über die Ministererlaubnis für
Kaiser’s Tengelmann und Edeka verschiedene Gesprä-
che mit vielen Leuten geführt haben, unter anderem mit
Verdi . Im gesamten Verfahren haben Sie den Deutschen
Bundestag nicht informiert . Das ist aus unserer Sicht
nicht gut . Wir hätten gerne eine Diskussion und auch eine
Reform der Ministererlaubnis – die wir im Übrigen nicht
abschaffen wollen – dergestalt, dass es auch eine Erklä-
rung des Wirtschaftsministers gegenüber dem Deutschen
Bundestag gibt .
Deswegen fragen wir, ob im Rahmen der GWB-No-
velle geplant ist, die Ministererlaubnis an dieser Stelle
oder bezüglich der Fristen zu reformieren .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Von uns aus nicht . Wenn das Parlament das möchte,
kann es das machen . Es widerspricht allerdings dem
Ansatz von Frau Dröge, die Verfahren zu verkürzen . Da
müssen Sie sich einfach entscheiden .
– Das können Sie doch beantragen, dann beraten wir da-
rüber; das ist ja nicht das Problem .
Das Zweite ist: Man muss interessanterweise sehen,
dass gerade Ihre Fraktion schon vor der Ministererlaub-
nis der Meinung war, man sollte sie verweigern . Wenn
man das schon vorher weiß, dann sollte man hinterher
auch dazu stehen, wenn das Ergebnis da ist, nämlich dass
8 000 Leute ihren Job verlieren können . Da sollte man
sagen: Das ist ein Risiko, das wir bewusst in Kauf neh-
men wollten. – Das, finde ich, gehört zur Fairness. Ich
wollte das nicht in Kauf nehmen . Deswegen habe ich die
Ministererlaubnis erteilt .
Jedenfalls braucht es, falls das Parlament eine solche
Beteiligung für notwendig hält, dafür nicht eine Geneh-
migung der Bundesregierung .
Dann müssen wir das ins Gesetz reinschreiben, und dann
muss sich die Bundesregierung daran halten .
Letzte Frage jetzt von Frau Dröge .
Einen Antrag, Herr Präsident, mit den entsprechendenReformvorschlägen haben wir bereits eingebracht . Da re-geln wir auch die zeitlichen Fristen, sodass es zu keinerVerzögerung kommt . Herr Gabriel, um es noch einmalkonkret zu sagen: Sie hätten innerhalb von vier Monatenentscheiden müssen und haben ein Jahr gebraucht, umdie Entscheidung zu treffen. Das ist deutlich länger.Aber weil Sie auf das Thema Information und Beteili-gungsrechte in dem ganzen Verfahren eingegangen sind,möchte ich Sie noch Folgendes fragen: Experten könnensich eigentlich nicht erklären, warum Herr Haub denriskanten Weg gegangen ist, allein auf Edeka zu setzenund sich auf diese langwierige Ministererlaubnis einzu-lassen – außer es hat frühzeitig Signale aus dem BMWigegeben, dass das Ganze durchgezogen wird . Jetzt ha-ben wir Sie gefragt: Was haben Sie mit Herrn Haub undHerrn Moser am 23 . September 2014 – damals habenSie ja mit ihnen über das Fusionsverfahren gesprochen –besprochen? Ist das Wort „Ministererlaubnis“ gefallen?Darauf habe ich keine Antwort bekommen . Deswegenwüsste ich gerne, ob Sie mit den beiden damals schonkonkret über die Ministererlaubnis gesprochen haben .
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Die zweite Frage wäre: Sieht das Verfahren des GWBsolche frühzeitigen Gespräche vor, oder sollte es sie ausIhrer Sicht vorsehen?Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Erstens . Die beiden Unternehmen haben sich bei mirangemeldet, um mir mitzuteilen, dass sie die Absichthaben, eine Fusion vorzubereiten . Ich glaube, kein Ge-setz, egal was drinsteht, wird es Unternehmen verbietenkönnen, dem Minister mitzuteilen, dass sie eine solcheAbsicht haben . Daraufhin haben wir den Unternehmenerklärt, wie das formale Verfahren ist . Ich vermute – dasweiß ich, ehrlich gesagt, nicht –, dass wir gesagt haben:Sollte das Kartellamt das verweigern, bleibt Ihnen dieMöglichkeit der Beantragung einer Ministererlaubnis .Konkret über die Ministererlaubnis haben wir ganz ge-wiss nicht geredet .
– Ganz gewiss nicht .Zweitens . Sie sprachen gerade von vier Monaten . Ichweise darauf hin, dass wir schon deshalb nicht verant-wortlich für die Beantragung einer Ministererlaubnissein können, weil wir den Antrag von Edeka und Kai-ser’s Tengelmann, den sie gestellt haben, abgelehnt ha-ben . Wir haben gesagt: Diesen Antrag, in dem ihr nursehr unsicher die Arbeitsplätze schützt, können wir euchnicht genehmigen . Das Verfahren ist auch deshalb längergeworden, weil wir die Bedingungen von Edeka und Kai-ser’s Tengelmann nicht akzeptiert haben, da sie uns kei-ne Sicherheit für die betroffenen Arbeitsplätze gebrachthaben .Schon daran sehen Sie, dass es selbst bei größtem Be-mühen der Opposition wohl schwerlich möglich ist, eineVerbindung zwischen dem Antrag und unserem Verhal-ten herzustellen .
Weitere Fragen zu diesem Thema der Kabinettssit-
zung liegen nicht vor . – Der Kollege Beck wollte zu ei-
nem anderen Thema des Kabinettes eine Frage stellen .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Ich habe eine Frage
zur Kabinettsplanung. Sie betrifft den Geschäftsbereich
des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucher-
schutz . Wann, in welcher Kabinettssitzung, wird das
Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung
und Entschädigung von nach § 175 StGB verurteilten
Homosexuellen beschließen, und welchen Stand gibt es
im BMJV bezüglich des Referentenentwurfes?
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Keine Ahnung .
Schlichtweg die Frage: Wo ist er?
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Das weiß ich nicht .
Ich wäre einverstanden, wenn Sie das an das Justizmi-
nisterium weitergeben würden .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Aber selbstverständlich . – Die ehrliche Antwort lautet,
dass das heute nicht Gegenstand der Kabinettsberatung
war, dass ich das nicht weiß und dass ich nur hoffen kann,
dass dieser Gesetzentwurf schnell kommt .
Ich gebe Ihre Frage aber gerne weiter und bin an der
Antwort genauso interessiert wie Sie .
Herr Minister, da an der wahrheitsgemäßen Auskunft,
dass das heute nicht im Kabinett beraten worden ist, ja
kein Zweifel besteht, muss ich nur darauf aufmerksam
machen, dass die Möglichkeit besteht, diese Frage, ob
und welche Planungen sie insofern hat, nachher an die
Bundesregierung zu richten, was die Wahrscheinlichkeit
nahelegt, dass dann doch ein anderes Mitglied auf der
Regierungsbank diese Frage beantworten müsste . Das
könnten wir auch gleich haben, falls jemand dazu bereit
ist und sich in der Lage sieht, eine Auskunft zu geben . –
Das sieht so aus . Wie schön! Danke . – Herr Staatssekre-
tär Lange .
– Bleiben Sie aber einmal stehen, weil es ja gut sein
könnte, dass es noch weitere Fragen gibt .
C
Ich kann die Antwort von Herrn Bundesminister
Gabriel nur bestätigen, dass wir im Augenblick dabei
sind, den Referentenentwurf zu erstellen, und zwar so
schnell wie möglich . Herr Bundesminister Maas hat er-
klärt, dass er dies im Monat Oktober finalisieren möchte,
und daran arbeiten wir .
Ja .
Ich hatte danach gefragt, in welcher Kabinettssitzungder Gesetzentwurf nach Planung der Bundesregierungbeschlossen werden soll, Herr Lange .Katharina Dröge
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Dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben, weil nach
dem Referentenentwurf traditionell die Ressortabstim-
mung stattfindet, und wenn die Ressortabstimmung er-
folgreich abgeschlossen worden ist, dann wird es – da
bin ich mir sicher – auch im Kabinett aufgesetzt werden .
So ähnlich haben wir uns das gedacht .
Jetzt gibt es weitere Fragen an die Bundesregierung .
Zunächst Herr Kollege Wunderlich .
Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Minister, die
Erweiterung des Unterhaltsvorschussgesetzes als ein
wirksames Instrument gegen Kinderarmut, das hat sich
inzwischen ja bis in die Regierungskreise herumgespro-
chen . Sie selbst haben im Sommer die Entfristung der
Zahlungen und die Anhebung der Altersgrenze von 12
auf 18 Jahre gefordert . Familienministerin Schwesig er-
hebt die gleichen Forderungen, weite Teile des Famili-
enausschusses teilen diese Auffassung, und nach meiner
Kenntnis ist das auch Beschlusslage in der SPD-Fraktion
und in Ihrer Partei .
Deswegen meine Frage: War das Thema „Änderung
des Unterhaltsvorschussgesetzes“ heute Thema in der
Kabinettssitzung, und ist mit einem entsprechenden Ge-
setzentwurf noch in diesem Jahr zu rechnen, um auch die
notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen?
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Antwort zum ersten Teil der Frage: Auf der Tagesord-
nung der Kabinettssitzung stand das heute nicht .
Antwort zum zweiten Teil der Frage: Ich gehe davon
aus, dass die Kollegin Schwesig einen entsprechenden
Vorschlag erarbeitet, der dann aber in das gleiche Ver-
fahren geht, wie eben bereits besprochen, nämlich in die
Ressortabstimmung . Wenn wir uns dort einig sind, dann
wird es auch das Kabinett und danach das Parlament er-
reichen .
Ich halte eine Änderung – das ist meine persönliche
Auffassung – für zwingend erforderlich.
Kollege Krischer .
Herr Minister, ich habe in der vergangenen Woche ge-
lesen, dass Sie zu Protesten gegen die USA und Russland
aufrufen und dass Sie angesichts des Kriegs in Syrien ei-
nen Aufschrei fordern. Das finde ich richtig. Ob man nun
da die USA und Russland in einem Atemzug nennen und
auf der gleichen Ebene sehen sollte, sei einmal dahinge-
stellt . Aber grundsätzlich ist der Aufruf richtig .
Sie waren zwei Tage vorher bei Herrn Putin in Russ-
land . Da habe ich diesen Aufschrei von Ihnen so nicht
wahrgenommen . Vielleicht habe ich ihn auch nicht mit-
bekommen . Aber in diesem Zusammenhang interessiert
mich konkret: Denken Sie, auch angesichts Ihrer eigenen
Äußerungen und der Entwicklungen globaler Art, darü-
ber nach, Ihre positive Einstellung zu Nord Stream 2 und
Ihre Haltung, dass die Sanktionen gegenüber Russland
eigentlich aufgehoben werden sollten – so habe ich Sie
bisher immer verstanden –, zu ändern, sich also gegen
Nord Stream 2 und für die Beibehaltung der Sanktionen
auszusprechen?
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Erstens . Ich habe gesagt, dass ich mich wundere, dass
zu Themen wie CETA Hunderttausende auf die Straßen
gehen, aber gegen die Tötung von vielen Tausend Men-
schen in Syrien in ganz Europa niemand .
Zweitens . Ich habe gesagt, dass ich mich selbst frage,
warum diejenigen, die aus meiner Generation in der Frie-
densbewegung aktiv gewesen sind, da so wenig machen,
und dass ich relativ sicher bin, dass es, wären die Haupt-
verantwortlichen für den Krieg in Syrien die Vereinigten
Staaten, diese Demonstrationen längst gäbe .
Drittens . Ich habe gesagt: Es gibt nur zwei Länder, die
helfen können, diesen Krieg zu beenden . Das sind die
USA und Russland . Genau an sie muss man appellieren .
Viertens . Genau darüber und auch über die katastro-
phalen Folgen in der deutschen Öffentlichkeit im Ver-
hältnis zu Russland habe ich sehr wohl mit dem russi-
schen Präsidenten gesprochen .
Fünftens . Ich glaube, dass Deutschland in der Frage
von wirtschaftlichen Interessen und Menschenrechtsin-
teressen nie so tun darf, als ob wir nur eines von beiden
verfolgen würden . Es nutzt überhaupt nichts, darüber
hinwegzutäuschen, dass wir ein Land sind, das mit Staa-
ten weltweit wirtschaftliche Beziehungen pflegt, zum
Beispiel mit China, wo die Menschenrechtslage vermut-
lich noch deutlich schlechter ist als in Russland, und dass
wir immer einen doppelten Dialog führen müssen: den
über wirtschaftliche Beziehungen und den über Frieden,
Abrüstung und Menschenrechte .
Frau Haßelmann .
Schade, dass Sie Ihre Position nach dem Russlandbe-such nicht laut und vernehmlich artikuliert haben .
Aber das kann ja jeder für sich beurteilen . – Wenn sichder Ministerrat am 18. Oktober treffen soll und bis zumAusschuss der Ständigen Vertreter am 12 . Oktober die-
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ses Jahres alle vermeintlichen Klarstellungen zu CETAvorliegen sollen: Wieso liegen dann dem Deutschen Bun-destag bis heute, 14 Tage vor Abschluss, keine Entwürfeüber Beschlüsse oder Klarstellungen vor? Oder plant dieBundesregierung, dem Deutschen Bundestag dahin ge-hend nichts vorzulegen?Ich frage das vor dem Hintergrund, dass hier in derletzten Woche in der CETA-Debatte das Thema einerdringend notwendigen Klarstellung einen so breitenRaum eingenommen hat, dass der Tenor war: Entwederist CETA abzulehnen oder nur mit Klarstellungen undPräzisierungen anzunehmen . Daher gehe ich davon aus,dass Sie das dem Deutschen Bundestag noch vorlegenwollen . Aber wir haben bis dahin gar keine Sitzung mehr .Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Erstens . Frau Kollegin, ich habe meine Position ge-nauso laut geäußert wie hier . Das ist übrigens auch inZeitungen nachzulesen . Insofern bitte ich Sie um Ver-ständnis dafür, dass ich diesen Vorwurf nicht akzeptierenkann . Wenn man allerdings gar nicht hinfährt, dann kannman den Beteiligten auch nichts sagen .
Zweitens . Hier vor der entscheidenden Abstimmung,die in einem Sonderhandelsministerrat am 18 . Oktoberstattfinden soll, etwas vorzulegen, ist Aufgabe der Euro-päischen Kommission . Das hat die Handelskommissarinder EU zugesagt, und zwar rechtlich verbindlich, da dasAbkommen mit Kanada ausgehandelt wurde . Es sprichtüberhaupt nichts dagegen, das Ergebnis dessen, was dieKommission uns gegenüber, den Handelsministern, vor-legt, dem Bundestag zuzuleiten . Ich wüsste nicht, wasdagegen spräche .
Im Gegenteil, Herr Minister: Die Bundesregierung ist
verpflichtet, das zu tun.
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Dann werden wir das natürlich machen, weil wir uns
ja an Recht und Gesetz halten .
– Ich habe doch gerade gesagt, dass die Europäische
Kommission diejenige ist, die das machen muss . Ich
kann keine rechtsverbindlichen Abkommen mit Kanada
schließen, weil es ein Abkommen mit der EU ist . Übri-
gens: 26 Mitgliedstaaten der Europäischen Union finden
dieses Abkommen super .
Ich möchte dazu raten, in der öffentlichen Debatte ein
bisschen aufzupassen, nicht auch in der Handelspolitik
den Eindruck zu vermitteln, wir Deutschen wollten allein
bestimmen, was in Europa passiert .
Frau Dröge .
Herr Gabriel, Ihrer Antwort auf die Frage von FrauHaßelmann entnehme ich, dass die deutsche Bundes-regierung nicht vorhat, der Europäischen Kommissi-on eigene Vorschläge zu übermitteln, wie das Ganzeausgestaltet werden könnte . Denn diese könnten Sie jadem Deutschen Bundestag zur Verfügung stellen . Oderspricht etwas inhaltlich dagegen, uns eigene konkreteTextvorschläge vorzulegen?Heute im Wirtschaftsausschuss konnte man mir nochnicht einmal klar erläutern, welche Rechtsnatur dieseProtokollerklärungen haben sollen . Auch das blieb imNebulösen . Auch das sollte den Deutschen Bundestagdoch interessieren .Ich frage Sie deshalb noch einmal konkret: HabenSie in Bratislava vorgeschlagen, die Dienstleistungender öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem Vertrag aus-zunehmen? Herr Machnig schien das heute Morgen imWirtschaftsausschuss anders zu sehen. In der Öffentlich-keit wurde aber suggeriert, dass es die Position des Wirt-schaftsministers sei, dass man das tun sollte . Das hat derSPD-Konvent auch beschlossen .Die zweite Frage bezieht sich auf TTIP . Denn Sie ha-ben in der Haushaltsdebatte gesagt: Sie fordern einenNeustart der Verhandlungen, oder TTIP ist gescheitert .Ich entnehme jetzt den Berichten: Sie haben zugestimmt,dass die Verhandlungen unverändert fortgesetzt werden .Sie haben sich nicht dem Vorschlag der Franzosen ange-schlossen, den Abbruch der Verhandlungen zu fordern,und Sie haben sich auch nicht dafür ausgesprochen, einneues Verhandlungsmandat zu fordern . Was haben Siedenn überhaupt getan, um die TTIP-Verhandlungen inirgendeiner Art und Weise zu verändern?Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Erstens, Frau Kollegin Dröge: Wir haben selbstver-ständlich der Kommission Vorschläge übermittelt .
– Die kennen Sie, wenn Sie den Vorschlag der kanadi-schen Handelsministerin und meinen gelesen haben . Derist schriftlich niedergelegt; den haben wir übermittelt .
– Wenn Sie mich bei der Antwort unterbrechen: Es gibtMenschen, die können zuhören und reden . Ich kann im-mer nur eins von beiden .
Britta Haßelmann
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– Ich bewundere Sie auch in dieser Fähigkeit . Ich ver-suche nur, Ihre Frage zu beantworten . – Wir haben alsoVorschläge übermittelt .Zweitens ist es so, dass nicht ich, sondern die Kom-mission diese Vorschläge vorlegen muss . Sie müssendann eben bewerten, ob Ihnen das ausreicht oder nicht .Nochmals: Ich rate dringend davon ab, zu glauben,Deutschland könne sich in Europa mal eben über 26 an-dere Mitgliedstaaten hinwegsetzen . Außer in Österreichgibt es eine solche kritische Debatte über CETA nicht .Wir werden sehen, was die Kommission vorlegt . Ichbin sehr optimistisch .Zu TTIP, Frau Kollegin Dröge, gab es überhaupt kei-nen Antrag, die Verhandlungen abzubrechen, auch nichtvon Frankreich .
– Nein, das gab es nicht; glauben Sie mir . Und es ist auchnicht abgestimmt worden . Frau Kollegin, das war eininformeller Handelsministerrat . Der kann gar keine Be-schlüsse fassen – um einmal damit anzufangen . Es gabauch keinen Antrag dazu .Im Übrigen liegt das auch nicht in der Kompetenz desHandelsministerrats; vielmehr gibt es einen Mandats-auftrag der Europäischen Kommission . Die EuropäischeKommission ist bekanntermaßen anderer Auffassung.Sie will im Oktober eine weitere Verhandlungsrundedurchführen . Ich glaube, dass das Ziel, in diesem Jahr eingutes Abkommen zu verabschieden, nicht erreichbar ist .Ob es überhaupt zur Fortsetzung dieser Verhandlungenkommt, hängt vom Ausgang der amerikanischen Präsi-dentschaftswahlen ab. Meine persönliche Auffassung ist:Ohne ein neues Mandat wird ein Neustart nicht gelingen .
Frau Hajduk .
Herr Minister, ich habe eine Nachfrage zu den sinn-
vollen Vorbereitungen, die jetzt auf der europäischen
Ebene zu treffen sind, wenn es, wie Sie gerade gesagt
haben, Ihre Überzeugung ist, dass man bei TTIP jetzt so
nicht zum Abschluss kommen wird . Ich möchte Sie auch
fragen, inwiefern Sie bei dieser informellen Runde, die
Sie gerade erwähnt haben, die Chance ergriffen haben –
oder wenn nicht, warum Sie sie ausgelassen haben –, im
Kreis der Minister zu erörtern, was gegebenenfalls für
einen erfolgreicheren Neustart sinnvoll und notwendig
wäre .
Ich glaube, wenn man eine so tiefe Überzeugung hat
wie Sie, dass TTIP so nichts werden kann, wie Sie auch
die Öffentlichkeit wissen lassen, dann ist Ihr Interesse an
dem Thema groß genug, um jetzt schon Ihre alternativen
Ideen einzubringen . Deswegen bitte ich Sie, in diesem
Sinne Stellung zu nehmen, was Sie für einen erfolgrei-
chen Neustart wichtig finden und wie Sie dem Ausdruck
gegeben haben bzw . beabsichtigen, dem demnächst Aus-
druck zu geben .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Wir haben natürlich darüber diskutiert, und die Ant-
wort ist ganz einfach: Den Standard von CETA zu errei-
chen, wäre klasse . Das ist der Standard, den wir für die
USA brauchen . Das ist das, was die USA ablehnen, mehr
noch: Sie haben versucht, Kanada massiv unter Druck
zu setzen, dieses Abkommen nicht so zu schließen, wie
wir es jetzt mit ihnen verhandeln und verhandelt haben .
Daran können Sie erkennen, dass CETA ein Schutz vor
einem schlechten TTIP ist . Wenn Sie wissen wollen, was
in TTIP stehen müsste, dann lesen Sie CETA .
Ich lasse noch zwei Fragen vom Kollegen Beck und
Frau Haßelmann zu . Ich möchte damit die Regierungsbe-
fragung abschließen .
Zu einem anderen Thema, zu dem Sie durchaus einen
Bezug haben, Herr Minister . Ich möchte wissen, was der
Stand der Vorbereitung eines eventuellen Besuchs des
iranischen Staatspräsidenten Rohani in Berlin ist und
wann ein solcher Besuch möglicherweise geplant ist .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Ich weiß, dass es Gespräche zwischen dem Bundes-
kanzleramt und dem Amt des iranischen Staatspräsiden-
ten gibt . Wenn ich aber richtig informiert bin, gibt es da-
für bislang keinen konkreten Termin .
Frau Haßelmann .
Danke, Herr Präsident . – Herr Minister, ich möchte
gern auf die Frage von Frau Dröge zurückkommen . Sie
haben auf das gemeinsame Papier von Frau Freeland und
Bundeswirtschaftsministerium hingewiesen . In dem Do-
kument, das uns vorliegt, sind die Klarstellungen, die Sie
angesprochen haben, nicht enthalten . Vielleicht kennen
wir das Dokument, über das Sie sprechen, nicht . Deshalb
bitte ich Sie, uns das zur Verfügung zu stellen . Das, was
im Wirtschaftsausschuss vorlag, enthält jedenfalls die
nun angeführten Punkte nicht .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Natürlich können Sie das bekommen .
Sehr schön .Bundesminister Sigmar Gabriel
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Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Das steht, glaube ich, im Internet . Das sind die Punkte,die Frau Freeland und ich verabredet haben .
Da ist das nicht drin .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:
Ich weiß, dass es schöner ist, zu reden als zuzuhören .
Das geht mir genauso .
Dann haben wir ein doppeltes Einvernehmen . Uns
geht es gelegentlich wechselseitig so . Die Dokumente
sind verfügbar . Auf welchem Weg, stellen wir noch fest,
sie werden jedenfalls zugänglich gemacht .
Damit beende ich die Regierungsbefragung . Vielen
Dank, Herr Minister .
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2:
Fragestunde
Drucksache 18/9730
Ich werde die eingereichten Fragen in der Ihnen be-
kannten Reihenfolge der Ressorts aufrufen .
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit . Für die Beantwortung steht der Parlamen-
tarische Staatssekretär Florian Pronold zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Peter Meiwald auf:
Welche umweltpolitischen Konsequenzen zieht die Bun-
desregierung aus den zu hohen Nitratbelastungen des Grund-
wassers in Deutschland, und wie gedenkt die Bundesregierung
die Klage der Europäischen Kommission gegen Deutschland
vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Gewässerverunrei-
nigung durch Nitrat abzuwenden?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Fl
Lieber Kollege Meiwald, ein wesentlicher Schritt hin
zu einer Reduzierung der Nitratbelastung ist die An-
passung des Aktionsprogramms an die Nitratrichtlinie
der EU . Wesentlich für die Umsetzung des Aktionspro-
gramms ist die Düngeverordnung, die in nationales Recht
umgesetzt werden soll . Derzeit wird die Düngeverord-
nung umfassend überarbeitet . Durch die vorgesehenen
Änderungen wird ein Rückgang der Nitratbelastung des
Grundwassers erwartet .
Die Düngeverordnung muss einer Strategischen Um-
weltprüfung unterzogen werden . Das federführende
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
hat den Umweltbericht zur Novelle betreffend die Dün-
geverordnung in dieser Woche veröffentlicht. Der Um-
weltbericht und der Verordnungsentwurf liegen einen
Monat lang öffentlich aus. Danach können andere be-
troffene Behörden und die betroffene Öffentlichkeit noch
einen Monat Stellung nehmen . Im Anschluss werden die
übermittelten Stellungnahmen geprüft und gegebenen-
falls erforderliche Änderungen am Entwurf der Novelle
vorgenommen .
Die Europäische Kommission hat bereits entschieden,
vor dem Europäischen Gerichtshof Klage zu erheben .
Die Klageschrift liegt uns allerdings noch nicht vor .
Ihre erste Zusatzfrage, Herr Kollege Meiwald .
Vielen Dank, Herr Präsident . Vielen Dank, Herr
Staatssekretär . – Sie selber haben gerade Bezug auf die
Klage der Europäischen Kommission genommen . Meine
Rückfrage lautet dahin gehend: Ruht das Verfahren nach
Ihrer Einschätzung so lange, bis das von Ihnen skizzier-
te Verfahren in den nächsten zwei oder drei Monaten in
Deutschland zum Abschluss gekommen ist, oder treibt
die EU-Kommission auch in dieser Zeit ihr Verfahren
voran?
Fl
Da uns die Klageschrift noch nicht vorliegt, ist es mir
zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer möglich, eine Ein-
schätzung abzugeben . Sobald wir weitere Erkenntnisse
haben, kann ich diese gerne mitteilen . Wir bemühen uns
schon seit längerem, die Düngeverordnung zügig umzu-
setzen .
Wir sind jetzt in einem Stadium, wo es Licht am Ende
des Tunnels gibt .
Ihre zweite Zusatzfrage .
Vielen Dank . – Ich habe noch eine Zusatzfrage, diesich nicht auf die Düngeverordnung und das entspre-chende Verfahren, das wir schon eine gewisse Zeit ver-folgen, bezieht . Es gibt andere Hebel, die man ansetzenkann, wenn es um Überdüngung und Nitratbelastungdes Grundwassers geht . Einen haben Sie in Ihrem Hausschon benannt . Dabei geht es um eine Veränderung derPrivilegierung von Stallbauten im Baugesetzbuch . SehenSie sich angesichts der aktuellen, dramatischen Entwick-lung der Nitratbelastung motiviert, das Verfahren schnel-ler voranzutreiben? Haben Sie schon einen Zeitplan, ausdem hervorgeht, wie es mit einer Novelle zum Bauge-setzbuch betreffend die Stallbauten vorangeht?
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Fl
Wie ich in der letzten Fragestunde vor exakt einer
Woche dazu geantwortet habe, ist es so, dass wir dem-
nächst einen Entwurf vorlegen und der in die Ressortab-
stimmung geht . Dann gilt das, was auch für die vorher
beantwortete Frage gilt . Sobald er ressortabgestimmt ist,
kann der Entwurf ins Kabinett gehen . Ich kann nur un-
terstreichen: Angesichts der Grundwasserbelastung, die
wir haben, und im Wissen, wie lange es dauert, bis sich
solche Belastungen zurückentwickeln, ist dringende Eile
geboten .
Frau Lemke, bitte .
Herr Staatssekretär, dem leichten Lächeln auf Ihren
Lippen während Ihrer Ausführungen beim Benutzen der
Worte „zügig“ und „Eile geboten“ entnehme ich, dass Sie
selber die Situation nicht so beurteilen, dass es wirklich
um Eile ging . Wir haben seit, ich glaube, zwei Jahren die
Ankündigung, dass die Novelle der Düngeverordnung
demnächst dem Parlament vorgelegt werden soll . Mein
letzter Stand nach der Information im Umweltausschuss
war, dass September jetzt wirklich die absolute Deadline
zur Vorlage der Novelle sein soll. „Zügig“ ist da definitiv
nicht die richtige Beschreibung .
Der ganze Vorgang ist verschleppt und verzögert wor-
den . Das Landwirtschaftsministerium hat blockiert, dass
wir endlich zu einer Novelle kommen . Die Probleme sind
währenddessen aber noch größer geworden . Eine Anfra-
ge der Kollegin Höhn hat erst kürzlich ergeben, wie gra-
vierend die Verschmutzung von Grundwasserkörpern ist
und wie hoch die Nitratbelastung bereits vorangeschrit-
ten ist, während die Bundesregierung tatenlos verharrt
hat . Das wollte ich noch zur Korrektur Ihrer Aussagen
hier anfügen .
Außerdem wollte ich konkret nachfragen: Für den
Fall, dass die EU-Kommission das Vertragsverletzungs-
verfahren gegen Deutschland fortsetzt und weiter gegen
die Bundesregierung vorgeht: Haben Sie Szenarien er-
rechnet, welche Konsequenzen das auch in monetärer
Form haben kann? Das heißt: Was wird es die deutschen
Steuerzahler im Zweifelsfall kosten, dass dort nicht hin-
reichend schnell gehandelt worden ist, wenn die Klage
von der Europäischen Kommission vorangetrieben wer-
den wird?
Fl
Sehr geehrte Frau Kollegin, ich finde es spannend, wie
Sie meine Körpersprache deuten . Wir arbeiten nun seit
2013 gemeinsam an der Umsetzung; federführend ist das
Landwirtschaftsministerium . Es ist tatsächlich so, dass
sich viele mehr Eile gewünscht haben, aber manchmal
dauern Abstimmungsprozesse länger. Ich finde, das Er-
gebnis, das jetzt vorliegt, rechtfertigt, dass wir uns die
Zeit genommen haben . Ich glaube, dass es zu wesent-
lichen Verbesserungen des Grundwasserschutzes durch
diese Novellierung der Düngeverordnung in Zukunft
kommen wird .
Zum zweiten Punkt . Ich kann das derzeit nicht ab-
schätzen . In meinen Unterlagen steht, dass die Bundes-
regierung nicht davon ausgeht, dass es zu Strafzahlungen
kommen wird . Aber ich bin heute – das bitte ich zu ver-
zeihen – ein bisschen beim Sehen gehandicapt und kann
deswegen meine Vorlage nur aus dem Kopf wiedergeben .
Ich werde das schriftlich nachreichen .
Dann rufe ich jetzt die Frage 2 des Kollegen Meiwald
auf:
Welche umweltpolitischen Schlüsse zieht die Bundesregie-
rung aus der Initiative Frankreichs, bis zum Jahr 2020 Plas-
tikbesteck, -teller und -becher verbieten zu wollen, und plant
die Bundesregierung gesetzliche Initiativen in diese Richtung?
Fl
Ausgangspunkt Ihrer Frage war die Ankündigung
in Frankreich, die den Eindruck erweckt hat, dass man
Einwegteller und Einwegbecher in Frankreich verbietet .
Nach unserem Kenntnisstand ist es so, dass in Frankreich
die angesprochenen Einwegteller und Einwegbecher,
welche unter den Anwendungsbereich der Richtlinie
über Verpackungen und Verpackungsabfälle der EU fal-
len, von der Reglung ausgenommen sind und deswegen
nicht, wie das öffentlich wahrgenommen worden ist, mit
einem Verbot belegt werden können .
Damit sind Einwegteller und -becher der sogenannten
Schnellgastronomie vom vorgesehenen Verbot in Frank-
reich auch nicht betroffen. Deswegen ist es nicht mög-
lich, eine vergleichbare Regelung, die es in Frankreich
auch gar nicht gibt, auf Deutschland zu übertragen .
Zusatzfrage?
Deutschland ist erwiesenermaßen trotzdem Verpa-
ckungseuropameister, was die absoluten Mengen an Ver-
packungsmaterial angeht . Auch wenn es in Frankreich
weiterhin kein umfassendes Verbot gibt, müssen wir
uns trotzdem die Frage stellen, was wir in Deutschland
tun können, um insbesondere diese Form von Einweg-
verpackungen, gerade aus der Convenienceindustrie, zu
reduzieren . Haben Sie im Moment konkrete Vorhaben,
die noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden
sollen?
Fl
Sie wissen, dass wir erstens an dem Verpackungsge-setz arbeiten, da auch in der Endphase sind und bald indie parlamentarischen Beratungen gehen . Das Zweite ist,
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dass wir gerade bei den Getränkeverpackungen – wiein vielen anderen Bereichen auch – feststellen, dass dieMehrwegquote stetig nach unten geht, und dass wir nuneine freiwillige Übereinkunft mit der Getränkewirtschaftgetroffen haben, die auf eine bessere Kennzeichnunghinausläuft . Sie wissen, dass wir schon lange auch übereine verbesserte Kennzeichnung an den entsprechendenRegalen in den Supermärkten diskutiert haben, die in diegleiche Richtung zielt wie diese freiwillige Übereinkunft .Der Dreh- und Angelpunkt ist das Verbraucherverhal-ten . Da bedarf es auch weiterhin der Aufklärung und derAppelle, weil es ohne verändertes Verbraucherverhaltennicht gelingen wird, Einwegverpackungen wirksam zureduzieren; denn es handelt sich um Verpackungen, die,wie ich vorher gesagt habe, der entsprechenden Richt-linie unterfallen, wodurch Verbote schwer durchsetzbarerscheinen .
Zweite Zusatzfrage .
Wenn es darum geht, über Einsicht, aber auch über
Reduzierung an der Quelle, also nicht nur über besseres
Recycling zu arbeiten, dann ist das sicherlich etwas, wo
es noch viel zu tun gibt . Die End-of-Pipe-Frage stellt sich
aber auch . Heute ging über den Ticker, dass die Bundes-
regierung sich in Brüssel dafür einsetzt, die Recycling-
quoten im EU-Kreislaufwirtschaftspaket zu reduzieren
oder deutlich herunterzufahren . Wie verträgt sich diese
Positionierung damit, oder ist das eine Falschmeldung?
Fl
Es tut mir leid, ich kann zu dieser Meldung nichts sa-
gen, weil Sie sie eher gelesen haben als ich . Ich gehe dem
jedoch gerne nach . Nach dem, was wir bisher gemacht
haben, dass wir uns nämlich für die Erhöhung von Recy-
clingquoten eingesetzt haben, kann ich mir aber schlech-
terdings nicht vorstellen, dass es sich um eine richtige
Meldung handelt .
Die Frage 3 der Kollegin Kotting-Uhl wird schriftlich
beantwortet .
Ich rufe deswegen die Frage 4 der Kollegin Lemke zur
Eisschmelze in der Arktis auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem
Fl
Die Arktisschmelze ist, glaube ich, in diesem Hause
entsprechend bekannt . Die Entwicklungen sind drama-
tisch . Der Weltklimarat weist in seinem Fünften Sach-
standsbericht ausführlich darauf hin .
Es war ja auch die Frage, wie wir als Bundesrepublik
Deutschland auf dieses Abschmelzen reagieren . Der zen-
trale Hebel ist natürlich das, was wir in Paris beschlossen
haben . Wir haben letzte Woche in diesem Haus einstim-
mig die zügige Ratifikation des Übereinkommens von
Paris beschlossen . Es geht jetzt um die ambitionierte
Umsetzung. Das müssen wir in Angriff nehmen, und
zwar nicht nur in Deutschland und in der EU, sondern
auch weltweit .
Mitverantwortlich für das starke Abschmelzen des Ei-
ses in der Arktis sind auch die Schadstoffe, die sich in
der Luft befinden. Sie wissen, dass es auch hier insbe-
sondere um die Frage der Rußpartikel geht . Insbesondere
wird durch die dunkle Farbe auf dem hellen Eis eine noch
stärkere Wirkung hervorgerufen . Deutschland mindert
bereits die Rußemissionen aus allen relevanten Quellen
nach dem Stand der Technik mittels diverser Regelun-
gen . Ich nenne nur die Verordnung zur Durchführung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes bezüglich Klein- und
Großfeuerungsanlagen, die wir dazu gemacht haben, und
die Förderung von Rußpartikelfiltern in den Kraftfahr-
zeugen .
Worauf es jetzt ankommt, ist aber, dass wir interna-
tional den Druck erhöhen, dass der Ruß im arktischen
Raum, der insbesondere durch die Abfackelung von Erd-
gas dort hervorgerufen wird, drastisch reduziert wird .
Zusatzfrage?
Danke, Herr Staatssekretär . Mir ging es mit meiner
Frage durchaus um das nationale Handeln . Dass wir in-
ternational die Anstrengungen zum Klimaschutz verstär-
ken müssen, ist in Paris dokumentiert und beschlossen
worden . Mir geht es jedoch darum, ob die Bundesregie-
rung aus den Informationen über das Fortschreiten der
Klimakatastrophe in Form von Arktisschmelze – ich hät-
te auch anführen können, dass 2015, das heißeste Jahr
seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, voraussichtlich
von 2016 getoppt werden wird, wie wir auch anhand des
Wetterberichts in diesem Jahr feststellen mussten –, die
2010 noch nicht vorgelegen haben, im Hinblick auf den
Klimaschutzplan 2050 Schlussfolgerungen zieht, die Än-
derungen zur Folge haben, ob sie also weiter bei dem Er-
kenntnisstand von 2010 verharrt oder ob sie zur Kenntnis
nimmt, dass sich die Welt seitdem weitergedreht und die
Klimakatastrophe massiv verschärft hat .
Fl
Wie Sie aus allen Debatten, die wir hier im Ausschussund auf internationalen Konferenzen führen, wissen,handeln wir immer auf Basis der aktuellen Entwicklun-gen . Selbstverständlich wird der Klimaschutzplan, dersich auf das Jahr 2050 bezieht und der sich derzeit in derRessortabstimmung befindet, daraus Schlussfolgerungenziehen. Aber er befindet sich noch, wie gesagt, in derParl. Staatssekretär Florian Pronold
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Ressortabstimmung . Wir können über das Ergebnis re-den, sobald die Ressortabstimmung erfolgt ist .
Zweite Nachfrage .
Das stimmt mich nicht optimistisch, weil die Res-
sortabstimmung nach öffentlichen Berichten gegenwär-
tig ja eher in die andere Richtung driftet . Die Deutsche
Umwelthilfe hat es als Katastrophe für den Klimaschutz
beschrieben, was sich dort gerade abspielt: dass sich die
Verbände aus Protest teilweise aus der Diskussion zu-
rückziehen . Deshalb meine Frage: Müssen Sie denn nicht
den Erkenntnisstand, wenn er im Umweltministerium
hinreichend vorhanden ist, vielleicht innerhalb anderer
Ressorts der Bundesregierung doch noch auf das aktuelle
Niveau bringen?
Fl
Sie können davon ausgehen, dass der Kenntnisstand,
der in der wissenschaftlichen Debatte insgesamt vorhan-
den und breit verankert ist, in allen Ressorts gleicherma-
ßen vorliegt. Wir befinden uns derzeit in einer Abstim-
mung zwischen den Ressorts darüber – Sie wissen das –,
wie wir den Klimaschutzplan 2050 ausgestalten werden .
Ich kann dem Ergebnis nicht vorgreifen . Ich rate nur dazu,
dass man darüber tatsächlich auf Basis von Ergebnissen
und nicht auf der Basis von Befürchtung diskutiert .
Es gibt keine weiteren Wünsche nach Zusatzfragen
hierzu .
Ich rufe die Frage 5 der Abgeordneten Steffi Lemke
auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den
Eintrag von Wattestäbchen mit Kunststoffträgern, Kosmetik-
tüchern und Ähnlichem aus unter anderem Kläranlagen in
Oberflächengewässer und daraus resultierend in Uferland-
schaften und Strände, und welche Schlussfolgerungen zieht
die Bundesregierung daraus?
Fl
In Deutschland ist es so, dass normalerweise gröbere,
mit dem Abwasser angelieferte Stoffe in den Kläranlagen
durch mechanische Vorbehandlung mithilfe von Rechen-
sieben und Sand- und Fettfängen vollständig zurückge-
halten werden . Es kann allerdings bei Starkregenereig-
nissen passieren, dass es dazu kommt, dass – ich sage es
jetzt einmal untechnisch – ungereinigtes Abwasser in den
normalen Wasserkreislauf kommt . Das ist relativ selten;
aber es kommt vor . Uns liegen Informationen über Art
und Ausmaß solcher Einträge in das Oberflächengewäs-
ser nicht vor .
Die Abwasserbeseitigung gehört – das wissen Sie – zu
den Aufgaben der Länder und Kommunen . Das Problem
ist nach unserem Kenntnisstand dort bekannt und muss
von den Abwasserbeseitigungspflichtigen in Angriff ge-
nommen werden . Das heißt, es müssen auch bestehende
Kläranlagen umgerüstet werden, damit diese mechani-
sche Vorklärung auch bei Starkregenereignissen stattfin-
den kann .
Erste Zusatzfrage .
Ich bedauere, Herr Staatssekretär, dass im Bundesum-
weltministerium dazu keine Kenntnisse vorliegen . Ich
halte es für notwendig, dass ein solcher Kenntnisstand
herbeigeführt wird .
Hintergrund meiner Frage ist, dass ich im Sommer
selber auf mehreren Flüssen, an mehreren Oberflächen-
gewässern zum Mülleinsammeln unterwegs gewesen bin
und eine erschreckende Menge der beschriebenen Pro-
dukte – ich könnte Ihnen jetzt noch eine halbe Stunde
lang weitere Produkte aufführen; ich habe mich in mei-
ner Frage auf einige wenige konzentriert – festgestellt
habe . Anscheinend sammelt sich über Kläranlagen und
vermutlich auch auf anderen Wegen in Deutschland, in
unseren Bundesländern massenhaft Plastikmüll an, der
dann natürlich zumindest teilweise in die Meere gespült
wird und dort zum Plastikstrudel beiträgt . Aber mir geht
es jetzt um die nationale Verunreinigung . Ich glaube,
dass das Bundesumweltministerium da nicht einfach nur
auf die Länder verweisen kann, sondern sich dieser Pro-
blematik annehmen muss .
Fl
Gut .
Ich deute das „gut“ so: Sie werden einen Kenntnis-
stand herbeiführen und den Umweltausschuss unterrich-
ten, sobald der Kenntnisstand vorliegt?
Fl
Wir können eine Abfrage bei den Ländern machen;da sehe ich überhaupt kein Problem . Wir sind allerdingsauf die Daten der Länder angewiesen, und es geschiehtja öfter, dass die Auskünfte, die wir auf Bundesebenebei einer Länderbeteiligung erlangen, nicht immer ganzzufriedenstellend sind . Da verweise ich nur einmal aufden Bereich des sozialen Wohnungsbaus oder auf andereDinge .Wir können dem gerne nachgehen . Ich halte das fürein relevantes Problem . Aber die bisherigen Erkenntnis-se, die wir zu dem sogenannten Littering in Deutschlandhaben, sprechen nun nicht dafür, dass es von hier ausmassenhaft Einträge von Plastikabfällen in die Flüssebzw . später dann in die Meere gibt . Wir gehen dem je-doch nach, und wir erbitten von den zuständigen LändernParl. Staatssekretär Florian Pronold
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 192 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 28 . September 201619096
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einen Bericht dazu, in welchem Umfang solche Einträgestattfinden und was aus ihrer Sicht da zu unternehmen ist.
Danke, Herr Staatssekretär .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Bildung und Forschung . Die Frage 6 der
Kollegin Beate Walter-Rosenheimer wird schriftlich be-
antwortet .
Die Fragen 7 und 8 des Kollegen Niema Movassat aus
dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden
ebenfalls schriftlich beantwortet .
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirt-
schaft und Energie: Die Frage 9 der Kollegin Bärbel
Höhn, die Frage 10 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl
und die Frage 11 der Kollegin Heike Hänsel sollen auch
schriftlich beantwortet werden .
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amts . Zur Beantwortung der Fragen steht der
Staatsminister Michael Roth zur Verfügung .
Die Frage 12 der Kollegin Heike Hänsel und die Fra-
ge 13 der Kollegin Sevim Dağdelen werden schriftlich
beantwortet .
Ich rufe die Frage 14 der Kollegin Inge Höger auf:
Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung in der „Of-
fenen Arbeitsgruppe zu nuklearer Abrüstung“ auf UN-Ebene
im August 2016 gegen die Aufnahme von Verhandlungen
Bitte, Herr Staatsminister .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Kollegin Höger,
Sie haben dazu zwei Fragen gestellt . Ich will mit der Be-
antwortung der ersten Frage beginnen .
Ein Vertrag, der die Ächtung oder das Verbot von
Atomwaffen zum Ziel hat, ohne die Kernwaffenstaaten
als die maßgeblichen Akteure und Verantwortlichen mit
einzubinden, greift aus Sicht der Bundesregierung ins
Leere . Deshalb drängt die Bundesregierung darauf, auch
im Verbund mit ihren Partnern – es gibt eine sogenannte
Nichtverbreitungs- und Abrüstungsinitiative, NPDI; der
gehören wir an, und da arbeiten wir auch aktiv mit –,
die Kernwaffenstaaten zu weiteren konkreten Abrüs-
tungsschritten aufzufordern . Das ist zuletzt geschehen
am 15. September 2016 bei einem Treffen dieser Gruppe
von Staaten, der auch Deutschland angehört, und der so-
genannten P-5-Staaten, also der Staaten, die selbst über
Atomwaffenarsenale verfügen.
Aus Sicht der Bundesregierung sollte die nächste nu-
kleare Abrüstungsrunde zwischen den USA und Russ-
land erfolgen . Sie alle müssen wissen, dass 90 Prozent
der Atomwaffenarsenale in den Händen dieser beiden
Staaten liegen . Es ist bedauerlich, dass Russland bislang
eine Antwort auf den Vorschlag von Präsident Obama
aus dem Jahr 2013 in Berlin schuldig geblieben ist, bei
dem es um ein Angebot ging, zur weiteren Reduzierung
bei den nuklearen Sprengköpfen beizutragen .
Darüber hinaus leitet die Bundesregierung die Sorge,
dass die Orientierung an einem Nuklearwaffenverbot zu
einer Schwächung des Nichtverbreitungsvertrags, NVV,
führt . Dieser ist bislang für uns der Eckpfeiler des gel-
tenden völkerrechtlichen Regimes für Nichtverbreitung
und nukleare Abrüstung . Diesem NVV haben eben alle
Staaten zugestimmt, bzw . es leisten dazu auch Staaten
einen Beitrag, die über Atomwaffenarsenale verfügen.
Auch dort ist das Ziel Global Zero, also eine Welt ohne
Atomwaffen, schon festgelegt. Entscheidend ist aus Sicht
der Bundesregierung, dass Maßnahmen und Schritte hin
zu nuklearer Abrüstung im Kontext genau dieses Vertra-
ges, des NVV, entwickelt und umgesetzt werden sollen .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank, Herr Staatsminister . – Sie wissen sicher-
lich auch, dass der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag
zwar seit Jahrzehnten besteht und auch zum Ziel hat,
alle Atomwaffen abzurüsten, dass aber die atomwaffen-
besitzenden Staaten bisher zu keinerlei Schritten bereit
sind . Auch die USA und NATO-Staaten sind dazu bisher
nicht bereit. Deswegen finde ich es nicht richtig, Russ-
land einseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben . Die
letzten beiden NVV-Überprüfungskonferenzen sind fast
gescheitert, weil die Staaten, die keine Atomwaffen be-
sitzen, nicht länger bereit sind, abzuwarten . Genau des-
halb haben sie diese Initiative gestartet . Ich frage mich
da schon: Wieso können nicht beide Initiativen, wo sie
doch das Ziel haben, Atomwaffen weltweit abzurüsten,
nebeneinander bestehen?
Frau Kollegin Höger, erst einmal kann ich Ihren Ein-
druck nur bestätigen . Ich selbst habe an der letzten Kon-
ferenz über eine Weiterentwicklung von NVV in New
York teilgenommen . Ich kann mich an die zähen und,
offen gestanden, auch enttäuschenden Debatten erinnern.
Wir haben da versucht, mit ambitionierten Vorschlägen
gemeinsam voranzukommen .
Ich will aber noch einmal begründen, warum ich dif-
ferenziere, auch zwischen Russland und den Vereinigten
Staaten . In meiner ersten Antwort hatte ich schon darauf
hingewiesen, dass es von Präsident Obama einen kon-
kreten Vorschlag gibt . Er ist bislang von russischer Sei-
te komplett unbeantwortet geblieben . Für uns bleibt das
NVV-Regime immer noch die nachhaltigste und wirk-
mächtigste Chance, konkret zu einer Welt ohne Atom-
waffen beizutragen. Denn genau das ist das Ziel, dem
sich die Bundesregierung verpflichtet fühlt.
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .
Pa
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Wie ist das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen damit
vereinbar, dass im Moment Atomwaffen modernisiert
und aufgerüstet werden? Das gilt auch für die Atomwaf-
fen, die in Büchel, also in Deutschland lagern . Das unter-
stützt die Bundesregierung ja .
Liebe Frau Kollegin Höger, ich würde Ihnen gerne
einige konkrete Schritte benennen, die einen spürbaren
Beitrag leisten könnten .
Ein wichtiges Instrument ist beispielsweise das Verbot
von Atomtests . Trotz breiter Unterstützung ist der Atom-
teststoppvertrag, Comprehensive Nuclear Test Ban Trea-
ty, CTBT – ich kann Ihnen das leider nicht ersparen –,
immer noch nicht in Kraft getreten . Aber immerhin: Es
gibt bislang schon ein weltumspannendes technisches
Netzwerk . Es ist aufgebaut und ist im Einsatz . Dessen
Messeinrichtungen sind in der Lage, weltweit jeden mili-
tärisch relevanten Atomtest zu erfassen, so zum Beispiel
auch den jüngsten nordkoreanischen Atomwaffentest am
9 . September 2016 .
Weitere effektive Schritte wären die Aufnahme von
Verhandlungen über ein Verbot der Produktion von
atomwaffenfähigem Material sowie die Stärkung der so-
genannten negativen Sicherheitsgarantie für Nichtkern-
waffenstaaten.
Das waren einige Beispiele, die illustrieren sollen,
dass wir nicht tatenlos sind, sondern dass wir schon kon-
krete Schritte erwarten . Bei deren Realisierung gibt es
aber sehr viele Schwierigkeiten, die Sie ja auch geschil-
dert haben .
Wir kommen zur Frage 15 der Kollegin Höger:
Was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen, dass
die internationale Ächtung von Atomwaffen den Druck auf die
Bitte, Herr Staatsminister .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Kollegin Höger,
auch das kann ich Ihnen jetzt nicht ersparen: Da die zwei-
te Frage in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der
ersten Frage steht, überschneidet sich die Antwort ein
klein wenig, aber ich möchte Ihnen so ausführlich wie
irgend möglich antworten .
Noch einmal: Die Bundesregierung bleibt dem Ziel
verpflichtet, zu einer Welt ohne Atomwaffen beizutra-
gen . Dieses Ziel ergibt sich auch aus Artikel VI des so-
genannten Nichtverbreitungsvertrages, auf den ich schon
mehrfach zu sprechen gekommen bin . Fortschritte bei
der nuklearen Abrüstung – auch hier sind wir völlig ei-
ner Meinung – sind dringend erforderlich . Deshalb haben
wir uns auch intensiv an den Verhandlungen der offenen
Arbeitsgruppe, OEWG, wo diese Debatten ja auch statt-
gefunden haben, beteiligt .
Unser Ansatz, den wir schon seit Jahren vertreten, ist
bekannt . Wir sind für einen schrittweisen und vor allem
auch pragmatischen Ansatz hin zu einer Welt ohne Atom-
waffen. Für einen solchen Ansatz haben wir uns auch im
Rahmen der OEWG-Verhandlungen eingesetzt .
Noch einmal – das ist für mich, für uns, für die Bun-
desregierung der wichtigste Punkt –: Verhandlungen über
ein Kernwaffenverbot und über einen Antrag, ohne dass
die Staaten eingebunden sind, die selbst über Kernwaf-
fen verfügen, sind aus Sicht der Bundesregierung nicht
zielführend . Grund sind vor allem auch – darauf haben
Sie mich auch schon angesprochen – unsere Verpflich-
tungen als NATO-Bündnispartner, die nukleare Teilhabe
einschließen, aber natürlich auch deutsche Sicherheits-
interessen .
Zudem – auch das hatte ich bereits erwähnt – wird von
vielen Seiten das Risiko einer Schwächung des Nichtver-
breitungsvertrags gesehen, falls ein Nuklearwaffenverbot
ohne Einbeziehung der Nuklearwaffenstaaten erfolgt.
Denn – das will ich noch einmal unterstreichen – Global
Zero ist auch das Ziel des NVV .
In der Schlussphase der Verhandlungen der OEWG
traten dann Empfehlungen hin zu einem sofortigen Verbot
von Atomwaffen in den Vordergrund, und die Bundesre-
gierung hat daher – ganz auf ihrer Linie, einen schrittwei-
sen Ansatz zu verfolgen – gegen den Abschlussbericht
der OEWG gestimmt . Ein sofortiges Verbot von Atom-
waffen wäre zudem mit Deutschlands Verpflichtungen
im NATO-Bündnis, zu denen die Bundesregierung un-
eingeschränkt steht, unvereinbar . Wir haben aber, weil
das komplex und auch begründungswürdig ist, unseren
Standpunkt in einer nationalen Stimmerklärung zum
OEWG-Abschlussbericht erläutert . Ich kann Ihnen den
bei Bedarf gerne zukommen lassen, Frau Höger .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank für die Antwort . Gerne würde ich das An-
gebot annehmen, mir diese Stellungnahme zukommen zu
lassen .
Sie verweisen ja immer auf die anderen atomwaffen-
besitzenden Staaten . Da stellt sich die Frage: Inwieweit
hat sich die Bundesregierung mit ihren NATO-Partnern
bezüglich des Abstimmungsverhaltens abgestimmt, wa-
rum haben die anderen atomwaffenbesitzenden Staaten
nicht auch an dieser offenen Arbeitsgruppe teilgenom-
men, und warum haben Sie nicht in der Richtung Druck
auf die Partner ausgeübt und gesagt, wir müssen da end-
lich einen Schritt weiterkommen? Es gibt ja auch aus der
letzten Legislaturperiode einen Antrag hier aus dem Bun-
destag, in dem alle Fraktionen im Deutschen Bundestag
zumindest den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland
gefordert haben .
Ich kann Ihnen noch einmal versichern, Frau KolleginHöger, dass die Bundesregierung alles in ihren Möglich-
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keiten Stehende tut, um dem Beschluss des DeutschenBundestages entsprechend Rechnung zu tragen . Ich habein meinen vorhergehenden Antworten erläutert, wo dieSchwierigkeiten konkret liegen . Wir stehen natürlichmit den Staaten, die über Atomwaffen verfügen, in ei-nem engen Gespräch . Ich hatte die Gespräche mit densogenannten P 5, die jetzt im September in New Yorkstattfanden, schon erwähnt . Leider ist dort nicht die Be-wegung erkennbar, die wir brauchen . Ich darf auch daranerinnern, wie die Verhandlungen im vergangenen Jahr inNew York über eine Weiterentwicklung des NVV gelau-fen sind . Daran wird deutlich, dass wir derzeit in einerausgesprochen schwierigen Phase sind .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Die beiden letzten Überprüfungskonferenzen in New
York sind im Grunde an der starren Haltung der atomwaf-
fenbesitzenden Staaten gescheitert . Deshalb sind ja die
Nichtatomwaffenstaaten so ungeduldig und haben den
anderen Prozess angestoßen . Es gibt aus der vorletzten
Überprüfungskonferenz zum Beispiel den Beschluss zur
Einrichtung einer Konferenz, um Verhandlungen über
eine atomwaffenfreie Zone in Nahost zu führen. Auch da
gibt es kein Vorankommen . Inwieweit sehen Sie da einen
Zusammenhang?
Frau Kollegin Höger, ich bleibe dabei: Für uns ist der
Nichtverbreitungsvertrag die wesentliche Grundlage . Er
bietet die einzige Chance, die wir überhaupt haben – völ-
kerrechtlich gesehen –, auf die Staaten Einfluss zu neh-
men, die über Atomwaffen verfügen, weil sie sich eben
auf das verpflichtet haben, was Bestandteil des NVV ist.
Ansonsten engagieren wir uns in vielerlei Formaten und
Gesprächen, auf die ich auch schon eingegangen bin, um
Ihrem, unserem gemeinsamen Ziel näherzukommen .
Wir kommen damit zur Frage 16 der Kollegin
Christine Buchholz . Es geht um eine mögliche Konven-
tion zur Ächtung von Atomwaffen.
Frau Kollegin Buchholz, Ihre Fragen schließen unmit-
telbar an die Fragen von Frau Höger an .
Ihre erste Frage kann ich ganz kurz beantworten: Die
Bundesregierung pflegt hervorragende bilaterale Bezie-
hungen sowohl zu Österreich als auch zu Mexiko . Wenn
wir unterschiedliche Auffassungen – beispielsweise zur
Frage eines möglichen Kernwaffenverbots – haben, be-
einträchtigt das in keiner Weise unsere sehr guten Bezie-
hungen .
War das jetzt die Antwort auf Frage 16 oder Frage 17?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das war die Antwort auf Frage 16 .
– Also, bei mir lautet – entschuldigen Sie! – die Frage 16:
Inwieweit beeinträchtigt die Frage des Kernwaffen-
verbots die bilateralen Beziehungen der Bundesre-
gierung zu Österreich und Mexiko . . .?
Bei mir in der Drucksache ist das die Frage 17; aber
dann haben wir das schon einmal geklärt .
Oh, dann bitte ich um Nachsicht .
Das ist gar kein Problem . Dann rufe ich jetzt die Fra-
ge 17 der Kollegin Buchholz auf:
Inwieweit beeinträchtigt die Frage des Kernwaffenverbo-
tes die bilateralen Beziehungen der Bundesregierung zu Ös-
terreich und Mexiko, die in der „Open-ended Working Group
on Nuclear Disarmament“ auf UN-Ebene Verhandlungen für
Die Kollegin Buchholz stellt jetzt ihre Nachfragen zu
dieser Antwort . Und dann gehen wir noch einmal zurück
zu Frage 16 .
Okay, prima .
Dann stelle ich an der Stelle nur eine kurze Nachfrage,
um die Verwirrung hier nicht noch weiter anzuheizen .
Wenn man bei einer derart grundlegenden Frage eine
unterschiedliche Position vertritt, stellt sich natürlich
ganz konkret die Frage: Wie kann man da als Bünd-
nispartner gemeinsam agieren? Das würde ich von Ihnen
gerne noch einmal ausgeführt haben. Ich finde, das, was
Sie geantwortet haben, ist nicht nachvollziehbar, weil ja
Österreich und Mexiko die Debatte über das Kernwaf-
fenverbot auf UN-Ebene vorangebracht haben und von
daher eine andere Zielrichtung als die Bundesregierung
vertreten .
Wir sind darüber, Frau Kollegin Buchholz, ja in engenGesprächen mit den Partnern – nicht nur mit Österreichund Mexiko, sondern auch mit anderen –, weil uns natür-lich schon die Frage umtreibt: Was wird aus dem NVV?Wir versuchen, die Partner da natürlich auch zu sensibi-lisieren .Es ist so, dass wir im Ziel übereinstimmen, dass esaber auf dem Weg dahin ein paar unterschiedliche Auf-Staatsminister Michael Rothhttp://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/
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fassungen gibt . Zum einen vertreten wir einen eherpragmatischen, schrittweisen Ansatz . Das ist nicht neu .Die Bundesregierung vertritt ihn seit vielen Jahren . Derzweite Aspekt ist, dass wir unter keinen Umständen wol-len, dass das, was wir in den Händen halten, nämlichder Nichtverbreitungsvertrag, in irgendeiner Weise ge-schwächt wird .Unsere Partner können unsere Argumente – so habeich zumindest das immer verstanden – durchaus nach-vollziehen. Wir reden auch sehr vertraulich, sehr offen,sehr freundschaftlich und konstruktiv darüber . Also ma-chen Sie sich keine Sorgen um die Beziehungen zu Ös-terreich und Mexiko .
Gut . – Ich habe es so verstanden, dass Sie auf die
zweite Nachfrage verzichten .
Ja .
Dann gehen wir zurück zur Frage 16 der Kollegin
Buchholz:
Welche politischen und völkerrechtlichen Widersprüche
sieht die Bundesregierung zwischen dem Atomwaffensperr-
vertrag und einer möglichen internationalen
Konvention zur Ächtung aller Atomwaffen vor dem Hinter-
grund der anstehenden Abstimmung darüber in der UN-Voll-
Frau Präsidentin, Frau Kollegin Buchholz, ich kann
es jetzt den Kolleginnen und Kollegen nicht ersparen,
noch einmal die zwei wesentlichen Punkte zu benennen .
Selbstverständlich ist die Bundesregierung dem Ziel ver-
pflichtet, zu einer Welt ohne Atomwaffen aktiv beizutra-
gen . Es gibt für uns zwei wesentliche Punkte, bei denen
wir offenkundig auch einen Dissens haben.
Erstens greift für uns ein Vertrag ins Leere, der die
Ächtung von Atomwaffen vorsieht, ohne dass die Staa-
ten, die Atomwaffen besitzen, mit am Verhandlungstisch
sitzen, konstruktiv mitberaten und dazu auch Zustim-
mung erteilen .
Ein zweiter Aspekt, der mir sehr wichtig ist: Wir wol-
len den Nichtverbreitungsvertrag NVV als den wesent-
lichen Eckpfeiler des geltenden völkerrechtlichen Regi-
mes für Nichtverbreitung und nukleare Abrüstung nicht
gefährden .
Sie haben das Wort zu einer Nachfrage .
Laut Völkerrecht bricht doch die weiter gehende ver-
tragliche Regelung die weniger weitgehende . Folglich
wäre ein Kernwaffenverbot für alle Staaten, die einen
entsprechenden Vertrag unterzeichnen, bindend, wäh-
rend für alle anderen die weniger weitgehenden Bestim-
mungen des Atomwaffensperrvertrages gelten würden.
Das Argument der Bundesregierung, dass ein Kernwaf-
fenverbot den Atomwaffensperrvertrag untergraben wür-
de, ist meines Erachtens damit entkräftet. Ich finde, das
ist eine Ausrede . Vielleicht können Sie aber noch einmal
auf dieses konkrete Argument von mir eingehen .
Vielen Dank .
Frau Kollegin Buchholz, das ist mitnichten eine Aus-
rede – ganz im Gegenteil . Wir haben eine Grundlage .
Dieser völkerrechtlichen Grundlage sind ja auch die
Staaten beigetreten, die selbst über Atomwaffen verfü-
gen . Wir haben seit Jahren daran gearbeitet, den NVV
noch ambitionierter zu machen und ihn – sicherlich in
unser aller Interesse – konkret weiterzuentwickeln . Das
ist bislang nicht gelungen . Alles andere, was darauf hi-
nausläuft, Verträge zu entwickeln und zu verabreden, die
ohne eine Mitwirkung der Atomwaffenstaaten auf den
Weg gebracht werden, halten wir für nicht zielführend .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Welche Rolle spielt im Kontext der NATO-Abschre-
ckungspolitik die nukleare Teilhabe bei der Entschei-
dung, das Kernwaffenverbot nicht zu unterstützen?
Selbstverständlich steht die Bundesregierung, Frau
Kollegin Buchholz, zu ihren entsprechenden Verpflich-
tungen im Rahmen der NATO . Das habe ich eingangs
schon deutlich bekundet, und das deckt sich auch mit un-
seren Sicherheitsinteressen .
Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Ströbele
das Wort .
Danke, Frau Präsidentin . – Herr Staatsminister, ich
bin aufmerksam geworden bei dem Satz: Die Bundes-
regierung setzt sich ein für eine Welt ohne Atomwaf-
fen . – Liegt es da nicht nahe, als Allererstes in der Bun-
desrepublik Deutschland eine atomwaffenfreie Zone
einzurichten, das heißt, die Atomwaffen, die sich in
Deutschland befinden, zu entfernen bzw. Verhandlungen
zu führen, dass die endlich aus Deutschland abgezogen
werden?
Herr Kollege Ströbele, ich bleibe dabei: Die Bundes-regierung ist dem Ziel einer Welt ohne Atomwaffen ver-pflichtet. Insofern gibt es dem auch nichts hinzuzufügen.Staatsminister Michael Rothhttp://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/
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Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Beck das
Wort .
Herr Staatsminister, Sie haben gerade die Bedeutung
des Nichtverbreitungsvertrags ausgeführt . Dazu gehört
sicher auch das Wiener Abkommen mit dem Iran . Wir
hatten im Innenausschuss in der letzten Sitzungswoche
das Bundesamt für Verfassungsschutz, das berichtet hat,
dass nach dem Wiener Abkommen die Proliferations-
versuche von iranischen Stellen in Deutschland weiter
auf hohem Niveau sind . Das sind womöglich versuch-
te Vertragsbrüche gegenüber dem Wiener Abkommen .
Ich wollte Sie fragen – wenn Sie dazu jetzt nichts sagen
können, dann bin ich auch mit einer schriftlichen Be-
antwortung einverstanden –: Welche Initiativen hat die
Bundesregierung ergriffen, um das zu unterbinden, bzw.
inwiefern geht sie dem nach und macht gegenüber den
iranischen Stellen geltend, dass Proliferationsversuche
hier in Deutschland nicht geduldet werden?
Lieber Kollege Beck, ich bin Ihnen zunächst einmal
dankbar, dass Sie das Wiener Abkommen benannt haben .
Man kann das in diesem Zusammenhang durchaus er-
wähnen, weil es einer der wenigen Erfolge ist, die wir in
mühseliger Arbeit erreicht haben . Die Bundesregierung
ist natürlich nicht nur froh über diesen Vertrag, sondern
sie ist noch viel froher, wenn das, was im Vertrag steht,
auch konkret beachtet und restriktivst gehandhabt wird .
Ich kann Ihnen versichern, Herr Kollege Beck, dass
wir allem nachgehen, was uns möglicherweise dazu ver-
anlassen könnte, daran zu zweifeln, dass man den vertrag-
lichen Vereinbarungen nachkommt . Konkrete Hinweise
liegen mir derzeit nicht vor . Ich bin aber gerne bereit,
mit meinem Haus Rücksprache zu halten und Ihnen diese
Frage gegebenenfalls schriftlich zu beantworten .
Wir sind im Moment aber nicht im Dialog, sondern in
der Fragestunde .
– Ja . Sie können trotzdem gleich stehen bleiben, Kolle-
ge Beck; denn ich rufe jetzt die Frage 18 des Kollegen
Volker Beck auf:
Wie weit ist die Bundesregierung fortgeschritten bei dem
Nachgehen von „Hinweisen …, dass die Palästinensische
Behörde … das Budget der PLO-Kommission für Gefange-
regierung seither gegenüber der Palästinensischen Behörde
und der PLO deutlich gemacht, dass eine Finanzierung von
sogenannten Märtyrerrenten, also finanzielle Leistungen an
Bitte, Herr Staatsminister .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Lieber Herr Kollege
Beck, Sie haben mich in der vergangenen Woche ja dazu
gefragt . Deswegen bin ich froh, dass ich Ihnen heute eine
Antwort geben kann . Sie haben ja noch einmal nachge-
hakt, und jetzt bin ich gut im Bilde. Ich hoffe, dass ich
auch Ihren Ansprüchen zu genügen vermag .
Die Bundesregierung beteiligt sich selbstverständlich
nicht an Zahlungen, die von palästinensischer Seite an
die Familien von Gefangenen oder an Hinterbliebene
gezahlt werden, weder direkt noch indirekt über die Eu-
ropäische Union . Der Grund dafür ist ziemlich klar: Die
palästinensische Seite sieht sich nicht in der Lage, bei
diesen Zahlungen nach den Straftaten zu unterscheiden,
die jeweils zu einer Verurteilung geführt haben, bzw .
nach den Umständen, unter denen jemand ums Leben
gekommen ist . Es erhalten also zum Teil auch Angehö-
rige von Menschen Zuwendungen, die für schwere und
schwerste Straftaten verantwortlich sind . Diese Thematik
ist für ein Gros der Gebergemeinschaft in Palästina ins-
gesamt von großem Interesse .
Aus Sicht der Bundesregierung sollten solche Zahlun-
gen auch nicht aus dem Haushalt der palästinensischen
Behörde kommen . Das haben wir denen gegenüber auch
deutlich zum Ausdruck gebracht . Es hat sich herausge-
stellt, dass dies durch einen Zuschuss aus dem Haushalt
der Palästinensischen Behörde an die Gefangenenkom-
mission der Palästinensischen Befreiungsorganisation,
PLO, der Fall gewesen ist . Das haben wir natürlich, auch
im Nachgang zu Ihrer ersten Frage dazu vor einigen Wo-
chen, zur Sprache gebracht .
Ich möchte zum einen erwähnen, dass unser Regio-
nalbeauftragter für Nah- und Mittelost und Maghreb
dies mit dem palästinensischen Premierminister Rami
Hamdallah besprochen hat .
Darüber hinaus wurde die Problematik auch zum
Thema eines Gesprächs des Parlamentarischen Staats-
sekretärs beim Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung, Thomas Silberhorn, mit
Premierminister Rami Hamdallah gemacht .
Des Weiteren hat unser Vertretungsbüro in Ramallah
dieses Thema im EU-Kreis angesprochen, um die Kolle-
ginnen und Kollegen der Europäischen Union für dieses
Thema zu sensibilisieren .
Ich kann Ihnen versichern, Herr Kollege Beck: Die
Bundesregierung bleibt bei diesem Thema am Ball .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .http://www.volkerbeck.de/wp-content/uploads/2016/09/160905_PLOPA_Terroristen.pdfhttp://www.volkerbeck.de/wp-content/uploads/2016/09/160905_PLOPA_Terroristen.pdfhttp://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.htmlhttp://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.htmlhttp://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.htmlhttp://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.html
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Es ist ja nicht nur so, dass es sozusagen aufgrund von
Ungenauigkeiten mögliche Fehlallokationen gibt . Der
RBB hatte ja in seinem Kontraste-Bericht den Fall nach-
gewiesen, dass die Familie eines Palästinensers, der ein
Siedlermädchen von drei Jahren im Bett erdolchte, eine
sogenannte Märtyrerrente bekommt . Wie das alles funk-
tioniert, wissen wir aus den Unterlagen des Kongresses .
Das, was darin steht, ist schon lange bekannt, wurde
aber noch nie so gut dokumentiert wie vom Middle East
Media Research Institute . Da wird aufgeführt – es ist ja
nicht so, dass das nicht spezifiziert würde –, für welche
Taten man welche Renten bekommt und nach welchen
Gefängnisstrafen man welche Position bekommt . Das ist
ein klares Leistungssystem, das fast den Charakter eines
Sozialgesetzbuches für Terroristen hat .
Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie fragen, ob Sie
der palästinensischen Seite gemeinsam mit der EU-Kom-
mission deutlich gemacht haben, dass es nicht sein kann,
dass ein Teil der Budgethilfe, die wir zahlen, an die PLO
überwiesen wird, um so etwas zu finanzieren. Ansons-
ten stimmt der Satz, den Sie eingangs zitiert haben und
den Herr Steinmeier schon im Juni geschrieben hat, dass
wir weder direkt noch indirekt an solchen Zahlungen
beteiligt sind, nicht . Wenn unser Geld in einen Haushalt
fließt, aus dem das Geld dann in diese Richtung wieder
rausfließt, dann kann man nicht sagen, dass Geld weder
direkt noch indirekt in diese Richtung fließt.
Kollege Beck .
Man müsste schon alle Augen verschließen, um sagen
zu können, dass man sich an dieser Finanzierung nicht
beteiligt .
Herr Kollege Beck, ich will es noch einmal klar-
stellen: Wir haben gegenüber der Palästinensischen
Autonomiebehörde mehrfach unsere Position unmiss-
verständlich zum Ausdruck gebracht . Es hat mehrere
Gespräche gegeben . Gleichzeitig will ich aber auch
noch einmal darauf hinweisen, dass es keinerlei Bud-
getzuschüsse gibt .
– Ich rede von der Bundesregierung .
Kollege Volker Beck, ich bitte Sie, sich an die Regeln
zu halten . Ansonsten wäre das jetzt schon die zweite
Nachfrage, ohne dass der Staatsminister die erste hätte
beantworten können .
Wir leisten konkret Entwicklungszusammenarbeit .
Die ist streng und ausschließlich projektbezogen . Wir
haben auch nicht vor, diese Entwicklungszusammenar-
beit in irgendeiner Weise einzustellen . Wir werden natür-
lich darauf achten, dass sie unseren strengen Maßstäben
Rechnung trägt, auch im Interesse der Menschen in den
palästinensischen Gebieten .
Sie haben jetzt die Möglichkeit zu einer zweiten Nach-
frage, und zwar bitte im Rahmen der vorgegebenen Zeit .
Präsident Abbas ist ja auch der Chef der Palästinen-
sischen Befreiungsorganisation; es gibt da also Doppel-
funktionen . Inwiefern machen Sie gegenüber der PLO
deutlich, dass man jemanden, der eine solche Praxis übt,
nicht zum politischen Partner haben kann? Versuchen
Sie auch über die Europäische Kommission, weil wir auf
diesem Weg Budgethilfe leisten, Druck zu machen, da-
mit klar ist, dass Zahlungen von europäischer Seite auf
Dauer nur dann geleistet werden können, wenn solche
Praktiken der Finanzierung von Terroristen – gegen Isra-
el – eingestellt werden?
Frau Präsidentin, Herr Beck, das Ganze hat ja auch
eine Vorgeschichte . Ich will noch einmal daran erinnern,
dass wir sehr auf die Schließung des sogenannten Mi-
nisteriums für Gefangenenfragen gedrängt haben . Diese
Schließung fand im Jahr 2014 statt . Die Kritikpunkte, die
Sie eben angeführt haben, bezogen sich im Wesentlichen
auf dieses Ministerium . Nach der Schließung hatten wir
erst einmal keinerlei Vermutung, dass das, was das Mi-
nisterium geleistet hat, dann aus Mitteln der PLO finan-
ziert wurde .
Nun ist es in Staaten durchaus üblich, dass Staats- und
Regierungschefs auch Vorsitzende von Parteiorganisati-
onen sind; das soll ja auch in Deutschland vorkommen .
Ich kann Ihnen versichern, dass wir trotzdem nicht zwei
Sprachen, sondern eine klare Sprache sprechen . Wir ha-
ben das getan, und wir werden das natürlich auch kon-
tinuierlich tun, nicht nur gegenüber den Vertretern der
Palästinensischen Autonomiebehörde oder auch gegen-
über dem Präsidenten, sondern natürlich auch gegenüber
Repräsentanten der PLO .
Die Kollegin Hajduk hat noch eine Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich möchte noch eineNachfrage stellen . Herr Staatsminister, Sie haben auf Ge-spräche verwiesen, in denen die Zielsetzung der Bun-desregierung zu diesem Sachverhalt verdeutlicht wor-den ist, zum einen durch den Vertreter des BMZ, HerrnSilberhorn, und zum anderen auch vor Ort im Kreisevon Vertretern der Europäischen Union . Ich möchte Sieeinmal danach fragen, ob die Reaktionen auf diese ge-
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nannten Gespräche, insbesondere auch die im Kreiseder Vertreter der Europäischen Union, einhellig in die-selbe Richtung gingen, sodass man sagen kann, dass dieDurchsetzungsstrategie in dieser Frage wirklich belast-bar ist . Denn Sie haben vorhin gesagt – ich zitiere dasaus meiner Erinnerung –: Wir bleiben da am Ball . – Michwürden jetzt die Durchsetzungsstrategie sowie die Be-schreibung möglicherweise anderslautender Bewertun-gen im EU-Kreis interessieren .
Vielen Dank, Frau Kollegin, für die Frage . – Die Bun-
desregierung ist ja dem Ziel verpflichtet, dass die Euro-
päische Union auch in außen- und sicherheitspolitischen
Fragen möglichst mit einer Stimme auf einer strategi-
schen Grundlage spricht . Die Tatsache, dass das nicht
immer der Fall ist, sollte uns eher darin bestärken, bei
diesem Ziel nicht nachzulassen .
Mir sind jetzt keinerlei Informationen darüber be-
kannt, dass es in dieser Frage innerhalb der EU bzw .
zwischen Mitgliedstaaten der EU einen Dissens gibt .
Ich hake aber auch dort gerne noch einmal nach und bin
selbstverständlich gerne bereit, Sie zu informieren, sollte
es zu einem Dissens gekommen sein . Über einen Dissens
weiß ich aber bislang nichts .
Vielen Dank, Herr Staatsminister . – Die Fragen 19 und
20 des Kollegen Nouripour sowie die Frage 21 des Kol-
legen Hunko zu Ihrem Geschäftsbereich sollen schrift-
lich beantwortet werden .
Dann danke ich Ihnen .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums des Innern . Zur Beantwortung der Fragen steht
der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Krings
zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 23 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu, dass
US-Sicherheitsdienste Schadsoftware, mit der die USA im Be-
darfsfall ein ganzes Land lahmlegen können, in die Infrastruk-
tur Deutschlands – wie zum Beispiel Kraftwerke – eingebaut
Bundesregierung daraus gezogen?
Bitte, Herr Staatssekretär .
D
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Wenn ich es richtig
sehe, kann man auch in meinem Geschäftsbereich über
die mündlich zu beantwortenden Fragen im Singular
sprechen . Umso mehr freue ich mich, lieber Herr Kolle-
ge Ströbele, dass ich Ihnen die Antwort mündlich geben
darf, allerdings fällt sie – wahrscheinlich zu Ihrer Enttäu-
schung – kurz aus: Der Bundesregierung liegen hierzu
keine Erkenntnisse vor .
Ich darf ergänzen: Ich halte es auch für wenig sach-
dienlich, in der Fragestunde Spielfilme zu kommentieren.
Der Herr Kollege Ströbele hat das Wort zur ersten
Nachfrage .
Herr Staatssekretär, das mag ja sein, aber das ist eine
Information, die von einem Mann gegeben wird – ich
kann den Film nur empfehlen –, der uns seit über drei
Jahren intensiv beschäftigt, weil er geheimdienstliche
Praktiken der NSA weltweit, auch in Deutschland, aufge-
deckt hat . Wenn er nun sagt, dass so etwas stattgefunden
hat, sollte die Bundesregierung doch zumindest etwas
unternehmen, um der Frage nachzugehen .
Deshalb meine Frage – auch wenn Sie den Film noch
nicht gesehen haben, haben Sie ja diese Informationen
von mir bekommen –: Sind Sie, also die Bundesregie-
rung oder ihr unterstellte Ermittlungsstellen, dieser Frage
einmal nachgegangen?
D
Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Ströbele, ichbedaure wirklich ausdrücklich, dass ich Ihre cineastischeBegeisterung nicht ganz teilen kann . Aber ich darf Ihnenversichern – weil es ja auch schon vorher entsprechendeHinweise aus Medienberichten gab und auch im Untersu-chungsausschuss Thema war, dass es Behauptungen gibt,es seien sogenannte Hintertüren eingebaut und ähnlicheStrukturen aufgebaut worden, um in die Infrastrukturenund andere Sicherheitssysteme einzudringen –, dass wirdiese Medienberichte schon zum Anlass genommen ha-ben, dieser Frage nachzugehen, und zwar nicht erst seites einen solchen Film gibt .Wir haben veröffentlichte Dokumente analysiert.Seit Sommer 2013 gibt es auch vermehrte Aktivitätendes Bundesamts für Verfassungsschutz . Sie kennen dasStichwort „360-Grad-Überwachung“ . Wir nehmen alsodie Aktivitäten von Nachrichtendiensten, auch wenn essich um westliche handelt, komplett ins Visier . Der An-satz der 360-Grad-Überwachung schließt, wie gesagt,auch die Aktivitäten westlicher Nachrichtendienste, auchdie der USA, ein, wenn es um solche Fragen wie die, dieSie eben angesprochen haben, geht .Wir haben weiterhin – das ist wichtig – auch das BSI,das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik,in diese Strategie eingebunden, gerade wenn es um Prä-ventionsarbeiten geht . Sie wissen, dass der Generalbun-desanwalt einen Beobachtungs- und Prüfvorgang ange-legt hat . Es wird auch geprüft, ob die geheimdienstlicheAgententätigkeit in Bezug auf solche Maßnahmen unter§ 99 Strafgesetzbuch fällt .Anja Hajduk
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Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Herr Staatssekretär, dann will ich es ein bisschen
konkreter machen . Die Frage benennt ja einen konkre-
ten Sachverhalt, nämlich dass Schadsoftware eingebaut
worden sein soll, um in einem möglichen Bedarfsfalle
Atomkraftwerke, die in Deutschland noch laufen, lahm-
zulegen . Sind solche Untersuchungen und Ermittlungen
in Atomkraftwerken durchgeführt worden und, wenn ja,
wann, wo und von wem?
D
Wenn ich diese Frage beantworten darf, Frau Präsi-
dentin: Ich kann Ihnen nichts zu konkreten Untersu-
chungsprojekten und -aufträgen sagen . Einen möglichen
Cyberangriff auf kritische Infrastrukturen haben wir ja
keineswegs nur von westlichen Diensten zu befürchten .
Meine Befürchtung jedenfalls ist, dass andere Gefahren-
quellen da viel größer sein könnten . Aber man kann nicht
ausschließen, dass dabei die gleichen Hintertüren benutzt
würden .
Dieses Thema ist natürlich schon seit einigen Jahren
Teil unserer Strategie, auch im Bereich der kritischen
Infrastrukturen und auch bei der Kooperation mit der
Wirtschaft . Wir haben in diesem Zusammenhang ein
IT-Sicherheitsgesetz erlassen . Diese Fragen haben wir
also immer im Blick, gerade auch dann – nicht nur, aber
auch –, wenn es um Kernkraftwerke geht .
Allerdings sind auch andere Aspekte und Teilbereiche
kritischer Infrastrukturen im Blick der Sicherheitsbehör-
den . Das gilt nicht nur für das Gefahrenszenario, das Sie
angesprochen haben, sondern unsere Perspektive ist viel
breiter angelegt . Es wäre, glaube ich, auch ziemlich ge-
fährlich, wenn wir uns hier nur auf eine mögliche Gefah-
renquelle konzentrieren würden .
Danke, Herr Staatssekretär . – Die Fragen 24 und 25
der Kollegin Ulla Jelpke und die Fragen 26 und 27 des
Kollegen Dr . André Hahn zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums des Innern werden schriftlich be-
antwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Justiz und für Verbraucherschutz .
Die Fragen 28 und 29 der Kollegin Caren Lay werden
schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Finanzen . Zur Beantwortung der Frage steht
der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Michael Meister
zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Volker Beck auf:
Welche Hinweise auf Verstöße gegen Sanktions- und Em-
unterstellter Behörden und Stellen bekannt, und in welchen
dieser Fälle wurden diese Hinweise auf Verstöße gegen Sank-
tions- und Embargovorschriften den zuständigen Staatsan-
Bitte, Herr Staatssekretär .
D
Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, Zuwiderhand-
lungen gegen materiellrechtliche Beschränkungen im
Zusammenhang mit Sanktions- und Embargomaßnah-
men der Vereinten Nationen und der Europäischen Uni-
on stellen bei vorsätzlicher Begehungsweise grundsätz-
lich Straftaten nach § 17 Absatz 1 oder § 18 Absatz 1
des Außenwirtschaftsgesetzes dar . Werden sie fahrlässig
begangen, sind sie grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit
zu ahnden und bußgeldbewehrt nach § 19 des Außenwirt-
schaftsgesetzes . Eine Ausnahme hiervon stellen leicht-
fertige Verstöße gegen Waffenembargomaßnahmen dar,
bei denen es sich nach § 17 Absatz 5 Außenwirtschafts-
gesetz ebenfalls um Straftaten handelt .
Liegen Hinweise vor, die einen strafrechtlichen An-
fangsverdacht begründen, werden diese durch die betref-
fenden Ermittlungsbehörden an die jeweils zuständigen
Staatsanwaltschaften übermittelt . Die in Betracht kom-
menden Strafnormen gelten für alle länderbezogenen
Embargomaßnahmen in gleichem Maße .
Zur Beantwortung Ihrer Frage wären insoweit um-
fangreiche statistische Daten in Bezug auf das Bestim-
mungsland Iran auszuwerten, was wegen des damit
verbundenen Aufwands allerdings in der Kürze der Zeit
nicht realisierbar gewesen ist . Zudem wären umfang-
reiche Erhebungen, unter anderem bei den zuständigen
Staatsanwaltschaften und beim Generalbundesanwalt,
erforderlich . Darüber hinaus wäre eine Konkretisierung
hinsichtlich etwaiger Tatzeiträume, auf die sich die Aus-
wertung der statistischen Daten beziehen soll, zwingend
erforderlich .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Zur Eingrenzung des Zeitraums: selbstverständlichmit Auslösung des Sanktionsregimes im Zusammenhangmit dem Atomprogramm des Iran bis zum Wiener Ab-kommen . Das wäre der Zeitraum, der hier von Interesseist . Es gab ja Presseberichte, dass die Akkreditierungs-stelle über eine TÜV-Stelle im Saarland, glaube ich, TÜVInterCert, mehrmals widerrechtlich Firmen für den Au-ßenhandel zertifiziert hat. Da geht es um Dual-Use-Gü-ter, die da womöglich verbracht wurden und wo auchgegen die Embargovorschriften verstoßen wurde .Ich bin ein bisschen erstaunt, dass Sie darüber nachwie vor nichts wissen . Denn der Kollege Janecek und ichfragen Sie seit nunmehr vier Monaten zu dieser Thema-tik, und wir bekommen immer die Antwort, dass Ihnenim Wesentlichen nichts bekannt ist oder nur ein einzigerFall bekannt ist, wo das gerichtsanhängig geworden ist .
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(D)
Gleichzeitig lesen wir in den Verfassungsschutzberichtenvon ganz anderen Dingen, und es gab auch schon eineentsprechende Berichterstattung in der Jerusalem Postund in der Bild-Zeitung .Ich erwarte eigentlich, dass Sie dem Parlament überdiese Frage Auskunft geben . Wenn Sie sagen, Sie brau-chen dafür Zeit, ist mir eine gründliche, umfassende,vollständige Auskunft lieber als eine schnelle sofort . Ichwäre Ihnen dankbar, wenn Sie dem Hohen Haus das zu-sagen könnten .
Bitte .
D
Frau Präsidentin, Herr Kollege Beck, die Regularien
für die Zeiträume zur Beantwortung mündlicher Fragen
legt nicht die Bundesregierung fest, sondern der Deut-
sche Bundestag . Eine nachhaltige Bekämpfung der Pro-
liferation von Massenvernichtungs- und Kriegswaffen
sowie Dual-Use-Gütern zählt zu den Eckpfeilern deut-
scher Außen- und Sicherheitspolitik und ist integrativer
Bestandteil der deutschen Exportkontrolle . Die pauschal
von Ihnen angefragten Angaben liegen derzeit nicht als
kurzfristig abrufbare und aufbereitete Informationen vor,
da statistische Erhebungen über Fallzahlen und inhaltlich
zu unterscheidende Fallgruppen nicht verfügbar sind .
Dort müssten umfangreiche Recherchen mit den zustän-
digen Landesbehörden, die ich angesprochen habe, statt-
finden.
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .
Können Sie denn Auskünfte geben, in wie vielen Fäl-
len solche Delikte begangen wurden im Zusammenhang
mit der Akkreditierungsstelle, für die das Bundeswirt-
schaftsministerium ja die Aufsichtsbehörde ist? Das ist
Ihr Geschäftsbereich als Bundesregierung . Für die Fach-
aufsicht tragen Sie die politische und die verwaltungs-
rechtliche Verantwortung . Wissen Sie, wie viele Verstö-
ße mit unzulässigen Akkreditierungen über TÜV-Stellen
von iranischen Firmen es gab, die genutzt wurden, um
das Embargo zu brechen?
D
Frau Präsidentin, Herr Kollege Beck, das liegt in der
Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft .
Im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wer-
den Genehmigungen beantragt und, falls die Gesetzes-
lage es zulässt, auch erteilt . Das im Bereich des Bun-
deswirtschaftsministeriums zuständige Amt befasst sich
allerdings nicht mit der Aufklärung von Straftaten und
Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht . Insofern
liegen Zahlen, wie Sie sie hier ansprechen, der Bundes-
regierung nicht vor .
Danke, Herr Staatssekretär .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Arbeit und Soziales . Zur Beantwortung steht
die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme
zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 31 der Kollegin Katrin Werner auf:
Wie hoch war die Summe der Ausgleichsabgabe nach In-
formation der Bundesregierung, welche die Integrationsämter
in den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2015 erhalten haben, und
wofür wurden diese Gelder vorrangig verwendet?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
A
Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin . – Das Auf-kommen der Ausgleichsabgabe hat sich in den Jah-ren 2012 bis 2014 wie folgt entwickelt: In 2012 warenes 486,3 Millionen Euro, in 2013 531,38 Millionen Euround in 2014 542,96 Millionen Euro .80 Prozent des Ausgabevolumens stehen den Integrati-onsämtern zur Verfügung . Dieser Anteil ist vorrangig fürLeistungen zur Förderung des Arbeits- und Ausbildungs-platzangebotes für schwerbehinderte Menschen und fürLeistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben zuverwenden . Zulässig sind aber auch Leistungen für Ein-richtungen und zur Durchführung von Forschungs- undModellvorhaben . Ich kann insoweit auf die Schwerbe-hinderten-Ausgleichsabgabeverordnung verweisen . Da-neben bilden die Integrationsämter aber auch Rücklagen,damit eventuelle Einnahmeschwankungen nicht langfris-tig erforderliche Leistungen, etwa zur Förderung von In-tegrationsunternehmen, gefährden .Die Ausgaben der Integrationsämter stellen sich wiefolgt dar – auch hier erfolgt wieder die Betrachtung desZeitraumes von 2012 bis 2014 –: Für Arbeitsmarktpro-gramme wurden in 2012 30,96 Millionen Euro, in 2013 25,16 Millionen Euro und in 2014 43,11 Millionen Euroverwendet . Weitere Ausgaben werden für die begleiten-den Hilfen im Arbeitsleben getätigt . In 2012 waren es330,37 Millionen Euro, in 2013 waren es 346,08 Milli-onen Euro, und in 2014 waren es 403,01 Millionen Euro .Für die institutionelle Förderung standen Gelder wiefolgt zur Verfügung: in 2012 52,2 Millionen Euro, in2013 57,81 Millionen Euro und in 2014 57,84 MillionenEuro . Die sonstigen Leistungen lagen im Jahr 2012 bei14,99 Millionen Euro, in 2013 bei 17,58 Millionen Euround in 2014 bei 3,12 Millionen Euro .Daraus ergeben sich die Summen, die ich vorhin ge-nannt habe .Volker Beck
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(D)
16 Prozent des Aufkommens erhält die Bundesagenturfür Arbeit . Die Bundesagentur für Arbeit bestreitet damitdie besondere Förderung der Teilhabe schwerbehinder-ter Menschen am Arbeitsleben . Da werden insbesondereEingliederungszuschüsse an Arbeitgeber gezahlt .4 Prozent gehen in den Ausgleichsfonds, der vomBundesministerium für Arbeit und Soziales verwaltetwird . Mit Mitteln des Ausgleichsfonds werden befristeteüberregionale Vorhaben zur Teilhabe schwerbehinderterMenschen am Arbeitsleben gefördert, wie beispielsweisedie Initiative Inklusion .
Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage .
Die Erhöhung der Ausgleichsabgabe ist in den letzten
Wochen und Monaten immer wieder Thema gewesen . Ich
glaube, die Zahlen belegen auch, wie wichtig der Beitrag
ist . Genau darauf bezieht sich meine Nachfrage: Plant
die Bundesregierung, nachdem sich Herr Schäuble, aber
auch Herr Gabriel schon einmal dahin gehend geäußert
haben, dass man die Ausgleichsabgabe erhöhen müsste
bzw . könnte, eine solche Erhöhung der Ausgleichsabga-
be?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
A
Dazu gibt es keine abgestimmte Position der Bundes-
regierung . Bei uns im Hause ist natürlich darüber disku-
tiert worden . Wir haben uns dagegen entschieden .
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage . – Sie
verzichten .
Ich rufe die Frage 32 der Kollegin Werner auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der
Kritik von Selbstvertreterinnen und Selbstvertretern von Men-
schen mit Behinderungen, dass eine stärkere Regionalisierung
von Leistungen zu unterschiedlichen Lebensbedingungen von
Menschen mit Behinderungen führt?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
A
Herzlichen Dank . – Zunächst einmal Folgendes als
Ausgangspunkt: Die Bundesregierung bekennt sich na-
türlich zum Grundsatz „Gleichwertige Lebensverhältnis-
se“, wie ihn auch das Grundgesetz postuliert . Der Be-
griff „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ zielt wohl auf
Vereinheitlichung, akzeptiert aber auch nachvollziehbare
Unterschiedlichkeiten der Lebensverhältnisse, wie etwa
zwischen Regionen .
Ich kann auf Ihre Frage im Übrigen nur mit einer Ver-
mutung antworten, weil ich nicht genau weiß, auf was
Sie mit dieser Fragestellung hinauswollen . Wir vermu-
ten, dass Sie wahrscheinlich eine Frage mittelbar zum
Bundesteilhabegesetz stellen wollten und davon ausge-
hen, dass es in den verschiedenen Bundesländern zu ei-
ner ungleichen Rechtsanwendung kommt . Das lässt sich
rechtstechnisch leider nicht ausschließen . Es ist so: Das
liegt in der eigenen Verantwortung der Bundesländer .
Wir haben versucht, der ungleichen Anwendung in ge-
wissem Maße etwas entgegenzusetzen, indem wir in die-
sen Entwurf des Bundesteilhabegesetzes möglichst viel
Verfahrensrecht hineingenommen haben, wie beispiels-
weise den Teilhabeplan, die Teilhabekonferenz, den Ge-
samtplan und eine Reihe anderer Verfahrensvorschriften .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Ihre Vermutung war richtig . Wie jeden Mittwoch stel-
le ich in der Fragestunde Fragen zum Bundesteilhabege-
setz . Um das vielleicht zu konkretisieren – ich glaube,
dass das Ihrem Haus klar ist und Sie wissen, in welche
Richtung das geht –: Es geht nicht nur um 16 verschie-
dene Varianten der Rechtsanwendung, weil wir 16 Bun-
desländer haben – wir hatten das Thema auch heute im
Ausschuss –, sondern es geht speziell auch um die Um-
setzung in den Kommunen .
Es ist nicht so, dass es nur Mitarbeiter gibt, die nicht
wissen, wie dieses Gesetz umgesetzt werden soll . Ich
glaube, vielen Menschen ist Inklusion eine Herzensange-
legenheit, und sie wissen, wie wichtig dieses Thema ist .
Es gibt aber auch – darauf weise ich wieder hin – einen
Zusammenhang zwischen einer kommunalen Haushalts-
lage und gewissen Entscheidungen, die getroffen werden
können oder müssen .
Wenn in dem Gesetz Formulierungen wie „zumutbar“
oder „angemessen“ stehen oder wenn nach dem Gesetz
eine Zustimmung erforderlich ist, ist der Hinweis, den
Sie ab und zu geben, der Betroffene könne klagen, die
eine Sache . Die andere Sache ist: Sie wissen doch, wie
so etwas vonstattengeht . Natürlich gibt es die Möglich-
keit einer Dienstaufsichtsbeschwerde . Aber wie stellen
Sie sicher, dass in den Verwaltungen der gleiche Ansatz
verfolgt wird?
Gestatten Sie mir zwischendurch den Hinweis: Wir
haben Regeln und Verabredungen . Wenn die optische
Hilfe rot leuchtet, dann ist die tatsächliche Fragezeit wie
auch auf der anderen Seite die Antwortzeit überschritten .
Ich bitte darum, in Zukunft besser darauf zu achten . –
Bitte, Frau Staatssekretärin .
A
Frau Werner, das Problem lässt sich nicht lösen, wennwir nicht das Föderalismusprinzip abschaffen wollen.Es ist so: Bundesgesetze werden überwiegend durch dieBundesländer ausgeführt, die diese Ausführung wieder-um an die Kommunen delegieren können . Das lässt sichParl. Staatssekretärin Anette Kramme
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nicht umgehen . Wie gesagt, wir haben versucht, dem mitVerfahrensregeln weitgehend entgegenzuwirken . – Dasist das eine .Das andere zur Erläuterung: Wir könnten natürlich ander einen oder anderen Stelle versuchen, mit Pauschalenzu arbeiten . Aber Sie wissen auch, wie sehr sich die Situ-ationen von Menschen mit Behinderung unterscheiden .Deshalb würde das nicht weiterhelfen . Also, wir sind in-soweit an den Grenzen des Möglichen angelangt .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Nur eine kurze Nachfrage . Es müsste aber eine Hand-
reichung geben, auf welcher Grundlage gewisse Ent-
scheidungen getroffen werden sollen. Ich meine, das
Gesetz enthält nun einmal unklare Formulierungen .
Manchmal ist nicht klar, ob man sich auf die Menschen-
rechtskonvention oder auf die UN-Behindertenrechts-
konvention bezieht . Wird es eine solche Handreichung
geben? Oder sagt man auch da, dass das dann die Länder
umsetzen müssen und dass sie ihren Kommunen mittei-
len sollen, nach welchen Maßstäben die Gesetze umge-
setzt werden sollen?
A
Frau Werner, selbst wenn wir eine solche Handrei-
chung machten, wäre diese nicht verbindlich; denn das
Gesetz wird tatsächlich vor Ort umgesetzt . Was wir
selbstverständlich machen werden, ist, dass wir Informa-
tionsmaterial umfassend zur Verfügung stellen . Bei jeder
Rechtsauslegung ist der historische Wille des Gesetzge-
bers, also hier des Hauses, von höchster Relevanz . Des-
halb müssen Kommunen beispielsweise die Gesetzesbe-
gründungen mit heranziehen . Das ist zwingend .
Danke, Frau Staatssekretärin . – Die Frage 33 der Kol-
legin Sabine Zimmermann zu Ihrem Geschäftsbereich
soll schriftlich beantwortet werden .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Ernährung und Landwirtschaft . Die Fra-
gen 34 und 35 des Kollegen Ostendorff und die Frage 36
der Kollegin Höhn sollen schriftlich beantwortet werden .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Verteidigung . Die Frage 22 des Kollegen
Hunko wird schriftlich beantwortet . Die Frage 37 der
Kollegin Dağdelen sowie die Fragen 38 und 39 des Kol-
legen Neu sollen ebenfalls schriftlich beantwortet wer-
den .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend . Die
Frage 40 des Kollegen Gehring soll schriftlich beantwor-
tet werden .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Zur Beant-
wortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatsse-
kretär Norbert Barthle zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 41 des Kollegen Matthias Gastel
auf:
Zu welchem Zeitpunkt erfolgte der Auftrag der Bundes-
regierung zur Projektdefinition und -bewertung des Pro-
K-005-V99 für den neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 an
die Gutachter, und wann erwartet die Bundesregierung einen
Bitte, Herr Staatssekretär .
N
Danke, Frau Präsidentin . – Herr Kollege Gastel, der
Auftrag zur Projektdefinition und Projektbewertung
des Projekts Großknoten ist seit April 2016 eingeleitet .
Aufgrund der hohen Anforderungen und der Komplexi-
tät kann ein Zeitpunkt für den Abschluss der Bewertung
derzeit noch nicht genannt werden .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Staatssekretär,
meines Wissens hat die Deutsche Bahn im Jahr 2013 die-
sen Antrag gestellt . Wenn Sie dann den Prüfauftrag im
Jahr 2016 vergeben, heißt das: Es ist sehr, sehr viel Zeit
vergangen, in der nichts passiert ist . Ist Ihnen dieses The-
ma so unwichtig, dass Sie sich so viel Zeit nehmen, einen
entsprechenden Auftrag zu vergeben, mit der Folge, dass
bereits der Bundesverkehrswegeplan verabschiedet wur-
de, ohne die Problematik der Großknoten zu berücksich-
tigen, und dass Sie dann auch noch das entsprechende
Ausbaugesetz auf den Weg bringen, ohne dass die Ergeb-
nisse vorliegen, die entsprechend in das Gesetz aufge-
nommen werden könnten?
N
Vielen Dank für die Nachfrage, Herr Kollege Gastel . –Sie verweisen zu Recht auf den Bundesverkehrswege-plan . Die Themen, die Sie angesprochen haben, erfor-dern fahrplanbasierte Untersuchungen, die aufgrundihres Umfangs und Zeitbedarfs erst im Nachgang zumBundesverkehrswegeplan abgearbeitet werden können .Das war übrigens auch bei den Bundesverkehrswegeplä-nen 1992 und 2003 der Fall . Damals war meiner Erinne-rung nach Ihre Partei in der Regierung . Also auch damalswurde das erst im Nachgang abgearbeitet .Die Bewertung der Schienenprojekte erfolgt daherimmer in zwei Phasen . In der ersten Phase werden dieProjekte identifiziert, in denen – abgeleitet von den Eng-passanalysen – am dringendsten höhere Kapazitäten bzw .kürzere Fahrzeiten erforderlich sind . In der zweiten Pha-se werden dann die sinnvollen Ergänzungen untersucht .Parl. Staatssekretärin Anette Kramme
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Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Herr Staatssekretär, die Frage, weshalb die Bundesre-
gierung so spät zu Potte gekommen ist und erst einmal
den Untersuchungsauftrag vergeben hat, ist aber damit
noch lange nicht beantwortet . Natürlich ist das Ganze
langwierig und aufwendig . Aber die Frage ist wie bei al-
lem: Wann beginnt man mit etwas?
Interessant ist, dass Sie mit den Straßen offensichtlich
sehr früh begonnen haben . Sie hätten sich nie getraut,
einen Bundesverkehrswegeplanentwurf vorzulegen, in
dem nicht alle Straßen geprüft sind . Bei der Schiene trau-
en Sie sich das, und zwar auch in den Bereichen, die von
zentraler Bedeutung für die Frage sind, ob es gelingen
wird, mehr Güter- und mehr Personenverkehr von der
Straße auf die Schiene zu verlagern .
Meine Frage schließt sich direkt daran an . Ähnlich
verhält es sich im Zusammenhang mit dem Deutsch-
land-Takt, also gut vertakteten Knotenbahnhöfen mit
optimalen Umsteigemöglichkeiten . Auch hier haben Sie
den Auftrag viel zu spät vergeben . Das ist nicht im Bun-
desverkehrswegeplan mit den Ergebnissen und der ent-
sprechenden Einstufung berücksichtigt . Es ist auch nicht
für das entsprechende Ausbaugesetz vorgesehen . Wann
werden die Ergebnisse für den Deutschland-Takt vorlie-
gen?
N
Danke, Herr Kollege Gastel . – Ich hatte mich schon
gewundert, dass das Stichwort „Deutschland-Takt“ nicht
kam .
Aber Sie wissen so gut wie ich, dass sowohl die Über-
holgleise als auch die Großknoten und der Deutsch-
land-Takt im Grunde genommen zusammen bewertet
werden müssen . Es handelt sich um einen Auftrag . Die
Themen bedingen einander und können nur gemeinsam
sinnvoll bewertet werden .
Wie ich eben schon dargelegt habe, hat sich die
Bundesregierung in der ersten Phase intensiv mit dem
Bundesverkehrswegeplan beschäftigt, in dem über
2 000 Maßnahmen bewertet wurden . Gerade bei den
Bahnmaßnahmen war es so, dass wir bei einer Reihe von
Maßnahmen noch keine endgültige Bewertung vorneh-
men konnten, weil noch entsprechende Unterlagen oder
Bewertungen fehlen oder gefehlt haben . Das gilt unter
anderem für die Gäubahn, für die das Land Baden-Würt-
temberg eine eigene Bewertung verspätet eingereicht hat .
Erst dann kann man im Nachhinein die Maßnahmen voll-
ends und endgültig bewerten . Deshalb haben wir dort zu-
erst den Potenziellen Bedarf gebildet, aus dem dann noch
ein Vordringlicher Bedarf werden kann .
Sie haben das Wort zur Nachfrage .
Herr Staatssekretär, ich habe aufmerksam zugehört .
Dass komplexe Planungen erforderlich sind, habe ich
verstanden . Mein Kollege Gastel hat aber auch danach
gefragt, warum das Bundesministerium im Gegensatz zu
seinen Erfahrungen mit Straßenprojekten nicht frühzeitig
genug mit Planungen für Schienenprojekte begonnen hat,
um nun handlungsfähig zu sein . Ich bitte Sie, genau auf
diese Frage noch einmal zu antworten .
N
Frau Kollegin Hajduk, ich habe gerade ausgeführt,
dass es sich um sehr komplizierte, komplexe und fahr-
planbasierte Untersuchungen handelt . Wenn es um Stra-
ßen geht, muss man keine Fahrpläne studieren . Es ist bei
der Erstellung eines Bundesverkehrswegeplans durchaus
gang und gäbe, die erste Phase abzuarbeiten und dann
mit dem zweiten Teil zu beginnen .
Zur Frage nach dem Projekt Großknoten und dem
Deutschland-Takt . Beides gehört zusammen . Es handelt
sich um einen Auftrag des Koalitionsvertrags . Die Bun-
desregierung wird sich diesem Auftrag widmen, aber zu
gegebener Zeit .
Wir kommen nun zur Frage 42 des Kollegen Gastel:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den
zwei aktuellen Prüfberichten des Bundesrechnungshofes zu
dem Projekt Stuttgart 21, in denen weitere Mehrkosten und
Belastungen für den Bundeshaushalt als ein Einfallstor für
eine unkontrollierte Finanzierung zulasten des Schienenbe-
standsnetzes und eine vereinfachte Bauausführung befürchtet
werden sowie die Kontrollfunktion des Bundesverkehrsminis-
teriums bemängelt wird, und weshalb hat nach mir vorliegen-
den Informationen bislang niemals ein Vertreter der Bundesre-
gierung an einer Sitzung des Lenkungskreises zu Stuttgart 21
teilgenommen, obgleich die Bundesregierung nach der Ge-
schäftsordnung des Lenkungskreises ein Teilnahmerecht hat
und die Bundesregierung von der Deutschen Bahn AG sowie
der Landesregierung Baden-Württemberg mehrfach aufgefor-
dert wurde, an den Sitzungen teilzunehmen?
Bitte, Herr Staatssekretär .
N
Danke, Frau Präsidentin . – Herr Kollege Gastel, dieaus dem Bundeshaushalt zu finanzierenden Investitionenin das Schienenbestandsnetz sind durch Finanzierungs-vereinbarungen geregelt . Die Höhe der von der DB AGzu erbringenden Instandhaltungsleistungen ist verbind-lich in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarunggeregelt . Das Projekt Stuttgart 21 ist kein Projekt des Be-darfsplans des Bundes, sondern ein eigenwirtschaftlichesProjekt der Deutschen Bahn AG . Vorhabenträger sind dieEisenbahninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn
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(D)
AG . Nach § 76 Absatz 1 Aktiengesetz leitet der Vorstandder DB AG das Unternehmen in eigener unternehmeri-scher Verantwortung .Die Bundesregierung nimmt ihre Kontrollfunktionenüber den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG wahr . Ein-zelheiten dazu unterliegen der Verschwiegenheitspflichtnach § 395 Aktiengesetz . Die Deutsche Bahn AG nimmtals Vorhabenträgerin und Bauherrin an den Sitzungen desLenkungskreises teil .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Diese Gelegenheit nutze ich selbstverständlich sehr
gerne, Frau Präsidentin . – So kommen Sie mir hier nicht
davon, Herr Staatssekretär . Der Verweis auf den Finan-
zierungsvertrag ist keine Antwort auf meine Frage; denn
dieser Vertrag lässt ausdrücklich die Frage offen, was
passiert, wenn es teurer wird als die dort festgelegten
4,5 Milliarden Euro . Das heißt, darüber wird zwar dann
geredet . Aber wer die Mehrkosten übernimmt, ist nicht
geregelt . Deswegen kann darauf nicht verwiesen werden .
Jedenfalls ist das keine Antwort auf meine Frage .
Wie Sie wissen, sieht die Leistungs- und Finanzie-
rungsvereinbarung keinen Verwendungsnachweis seitens
der Deutschen Bahn vor . Deshalb befürchtet der Bundes-
rechnungshof, dass Mittel aus der Leistungs- und Finan-
zierungsvereinbarung, die für den Erhalt der vorhandenen
Infrastruktur gedacht sind, für den Neubau Stuttgart 21
verwendet werden, ohne dass es nachher entsprechend
ausgewiesen werden muss . Die diesbezüglichen Fragen
sind ebenfalls nicht beantwortet .
Ich möchte nun von Ihnen als Vertreter der Bundesre-
gierung wissen: Prüfen Sie, ob die Gesamtfinanzierung
dieses Projekts, das laut der Einschätzung des Bundes-
rechnungshofs wahrscheinlich teurer wird, gesichert ist,
und woher nimmt die Bundesregierung entsprechende
Erkenntnisse?
N
Herr Kollege Gastel, vorab will ich an dieser Stelle
feststellen, dass der Bericht des Bundesrechnungshofs
als VS klassifiziert ist. Insofern werde ich zu Einzelhei-
ten dieses Berichts im öffentlichen Raum keine Aussagen
machen können . Ich kann Ihnen aber versichern, dass die-
ser Bericht des Bundesrechnungshofs von der Bundesre-
gierung auf entsprechende Weise gewürdigt und beurteilt
werden wird . Wir werden selbstverständlich über diesen
Bericht in den zuständigen Gremien des Parlaments be-
raten, also im Haushaltsausschuss, im Rechnungsprü-
fungsausschuss und im Finanzierungsgremium, das sich
mit Beteiligungen des Bundes befasst . Dort wird dieser
Bericht mit Sicherheit diskutiert und bewertet werden .
Für die Bundesregierung aber ist es so, dass wir an
dem Projekt Stuttgart 21 laut Finanzierungsvereinbarung
mit einem Festbetrag in Höhe von 563,8 Millionen Euro
beteiligt sind . Der Festbetrag umfasst genau die Kos-
ten, die entstehen würden, wenn der Knoten Stuttgart in
das Fernverkehrsnetz ohne den Neubau eines Bahnhofs
eingebunden werden müsste . Deshalb wird dieser Fest-
betrag auch nicht von Kostensteigerungen tangiert; der
steht . Die Finanzierungsvereinbarung sieht lediglich eine
Sprechklausel unter den Vorhabenträgern vor . Zu den
Vorhabenträgern gehört nicht der Bund .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Die Gelegenheit, Frau Präsidentin, lasse ich mir nicht
entgehen . – Das ist natürlich aus meiner Sicht deswegen
jetzt auch wieder keine richtige Antwort, weil sich der
Bund nicht mit einem Festbetrag beteiligt, und zwar aus
dem einen Grund, dass die LuFV-Mittel durchaus in einem
höheren Umfang für Stuttgart 21 verwendet werden könn-
ten, als es eigentlich vorgesehen ist . Da kontrollieren Sie
offensichtlich nicht ausreichend. Damit kann es doch ge-
schehen, dass mehr Bundesmittel in dieses Projekt fließen.
Das Zweite – das haben Sie jetzt gar nicht angespro-
chen – ist, dass wir seit einigen Tagen wissen, dass der
Bund die Deutsche Bahn AG mit 2,4 Milliarden Euro
fördert, und zwar zu einem Großteil dadurch, dass die
Dividendenerwartung an den bundeseigenen Konzern
reduziert wird, wodurch der Konzern finanziell entlastet
wird, zum anderen dadurch, dass der Bund 1 Milliarde
Euro zum Eigenkapital der DB AG zuschießt und damit
natürlich die Spielräume des Bahnkonzerns für Stutt-
gart 21 entsprechend erweitert .
Was ich aber von Ihnen jetzt wissen möchte – auch das
hat mit dem Bericht des BRH zu tun –, ist: Wird die Bun-
desregierung künftig ihr Berichtswesen gegenüber dem
Bundestag dahin gehend erweitern, dass der Bundestag
regelmäßig über Baufortschritte, Kostenentwicklungen,
Finanzierungsfragen etc . pp . des Projekts Stuttgart 21 in-
formiert wird, was derzeit überhaupt nicht der Fall ist? Es
mangelt komplett an der Transparenz .
N
Herr Kollege Gastel, ich kann einige Dinge, die Siein den Raum gestellt haben, nicht so stehen lassen . DieBundesregierung geht so lange davon aus, dass der Kos-tendeckel von 6,5 Milliarden Euro hält, solange derBahnvorstand dieses versichert . Das hat er übrigens beider Grundsteinlegung zu Stuttgart 21 öffentlich wiedergetan . Sie waren eingeladen, aber Sie waren leider nichtda . Solange der Aufsichtsrat an dieser Beurteilung fest-hält, sieht die Bundesregierung keine Veranlassung, da-ran zu zweifeln .Der Aufsichtsrat beschäftigt sich intensiv mit denKosten dieses Projekts . Im Aufsichtsrat ist die Bundes-regierung auf Staatssekretärsebene vertreten . Der Auf-sichtsrat hat ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben,das in Kürze vorliegen wird . Auch dieses Gutachten wirddann im Aufsichtsrat mit Sicherheit behandelt werden .Über dieses Instrument nimmt die Bundesregierung ihreAufsicht wahr .Parl. Staatssekretär Norbert Barthle
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Dass in das Schienenprojekt – nicht in das Bahn-hofsprojekt – auch noch andere Mittel fließen, ist korrekt,Herr Kollege Gastel . Man muss aber beides ein Stückweit auseinanderhalten . Das wird immer vermischt . Esist richtig: Da fließen noch Mittel aus dem Bundesschie-nenwegeausbaugesetz hinein, und es fließen Mittel ausdem GVFG und aus der LuFV . Aber es handelt sich hierum das Schienenprojekt Stuttgart 21, das bis Ulm weiter-führt, und nicht nur um den Bau eines Bahnhofs .
Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Hajduk
das Wort .
Auch das habe ich jetzt mit Interesse verfolgt, Herr
Staatssekretär . Deswegen möchte ich nachfragen . Sie ha-
ben davon gesprochen, dass es einen Festbetrag gibt und
dass Sie, bezogen auf diesen Festbetrag, davon ausgehen,
dass dieser für die Zahlungsverpflichtungen des Bundes
wirksam ist und nichts anderes . Deswegen möchte ich
fragen, ob Sie ausschließen können – ich habe jetzt ge-
rade die Reichweite, auf die sich der Festbetrag bezieht,
nicht vor Augen; vielleicht können Sie mir dazu Aufklä-
rung geben –, dass die Verpflichtungen, auf die sich der
Festbetrag bezieht, in Zukunft nicht durch Mittel aus der
LuFV erweitert werden?
N
Bei dem Festbetrag – ich wiederhole es – handelt es
sich um den Betrag, der zur Einbeziehung des Knotens
Stuttgart in das gesamte Schienennetz ohne den Umbau
eines Bahnhofs notwendig wäre . Deshalb ist dieser Fest-
betrag unabhängig von den Baukosten des eigentlichen
Bahnhofs ein Festbetrag, der so in der Finanzierungsver-
einbarung steht . Die Bundesregierung geht davon aus,
dass dieser Festbetrag nicht zur Disposition steht .
Danke, Herr Staatssekretär . – Die Fragen 43 und 44
des Abgeordneten Stephan Kühn sowie die Fragen 45
und 46 des Abgeordneten Oliver Krischer zu Ihrem Ge-
schäftsbereich sollen schriftlich beantwortet werden .
Wir sind damit am Ende der Fragestunde .
Ich unterbreche die Sitzung des Deutschen Bundesta-
ges bis zum Beginn der Aktuellen Stunde um 15 .35 Uhr .
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENKonsequenzen aus Berichten über nicht trag-bare Verhältnisse in TierställenIch eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kolle-ge Friedrich Ostendorff für die Fraktion Bündnis 90/DieGrünen .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Am Ende dieser Legislaturperiode wird es den Tie-ren besser gehen, versprach Minister Schmidt 2014 .Seit Donnerstagabend wissen wir alle es besser . DasARD-Magazin Panorama zeigte schreckliche, abstoßen-de Bilder aus dem Inneren der deutschen Mastindustrie .Die Menschen sind einmal mehr schockiert und entsetzt .Ein Desaster!Doch wer ist für diese Situation verantwortlich zu ma-chen, Herr Minister? Die Betriebsleiter, die sich schein-bar nicht um ihre Tiere scheren? Die Tiere, die in her-metisch abgeschotteten Räumen zu Kannibalen werdenkönnen und leider manchmal übereinander herfallen?Dass dieses nur in den schlechten Ställen von schwarzenSchafen des Berufsstandes geschieht, glaubt Ihnen, HerrMinister, doch keiner mehr .
Dieses Mal ist das „Who’s who“ der sogenannten Ver-edlungswirtschaft – oh, dieses Wort, ich kämpfe schonseit 40 Jahren mit diesem Wort! – betroffen. Der Fischstinkt vom Kopfe her . Hier in Berlin philosophiert manüber Tierwohl, zu Hause ist man davon weit entfernt .Doch wo liegt dann das Problem? Bei den Verbrauchernetwa? Bei den Menschen, die vonseiten des Bauernver-bandes und von Ihnen immer wieder beschuldigt wer-den, dumm zu sein und von Bullerbü zu träumen? Wiewürden sich die Menschen entscheiden, wenn sie wählensollten einerseits zwischen blutig gebissenen Reststum-melschwänzen, bewegungsunfähigen Tieren mit großflä-chigen Bissverletzungen und Bullerbü andererseits? DieEntscheidung wäre klar .Man kann auch sagen: Agrobusiness gegen Agrarkul-tur . Dialog wird da unmöglich . Dieses Mal ist es anders .Es gibt nur Verlierer: Das sind einmal die Bauern, die zwi-schen schlechten Preisen, falscher Beratung und hohenKonsumentenansprüchen aufgerieben werden . Verlierersind vor allem aber die Nutztiere, die jeder Möglichkeitberaubt werden, ein artgerechtes Leben zu führen .Sie von CDU/CSU wissen wie wir, dass die Industri-alisierung der Tierhaltung die Grenzen des Erträglichenüberschritten hat und gnadenlos gegen die Wand kracht .
Man kann fühlende Lebewesen nicht in größter Enge inzwangsbelüfteten Riesenhallen, wo einem selbst das At-men doch schon schwerfällt, tiergerecht halten . Das wol-len wir Grüne nicht, das will die Gesellschaft nicht längerhinnehmen, meine Damen und Herren!
Nehmen Sie diesen gesellschaftlichen Anspruch dochendlich einmal ernst . Da genügt es doch nicht, immerParl. Staatssekretär Norbert Barthle
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wieder zu erklären, dass man tagein, tagaus nur für dieTiere und mit den Tieren lebt .Diese scheinbar aussichtslose Situation mit Verlierernauf allen Seiten haben Sie von der Union und Sie, HerrMinister, zu verantworten .
In Ihrer Hand, Herr Minister, liegt der Schwarze Peter .Wenn Sie ein bisschen Rückgrat zeigen würden, würdenSie klar sagen: Die Tierhaltung muss sich verändern . Die„Initiative Tierwohl“ hat seit dem Ausstieg des Deut-schen Tierschutzbundes massive Glaubwürdigkeitspro-bleme . Der Abschlussbericht des Kompetenzkreises der„Initiative Tierwohl“, der vor wenigen Tagen vorgelegtwurde, ist wie immer beim Minister sang- und klanglosunter den wachsenden Aktenberg von Nichtentscheidun-gen geschoben worden – hin zu den anderen kritischenwissenschaftlichen Expertisen über Nutztierhaltung .Herr Minister, so kann es doch nicht weitergehen, dakönnen Sie noch so viele freiwillige Selbstverpflichtun-gen am Fließband unterschreiben . Dieses Kuschen vorder Agrarlobby haben Sie nun lange genug betrieben .
Jahrelang haben Sie, Herr Minister, wertvolle Zeit ver-geudet und die Interessen der Fleischindustrie zu Ihrempolitischen Handeln erklärt . Kompetenzkreis Tierwohl,freiwillige Selbstverpflichtung, ein ominöses Grün-buch – all das sind Beispiele Ihres hilflosen, oft lächerli-chen Agierens. Sie geben sich und Ihr Amt in der Öffent-lichkeit der Lächerlichkeit preis .„Was tut eigentlich Minister Schmidt?“, fragte letzteWoche selbst top agrar, das Leitmagazin der industri-ellen Tierhaltung; nicht gerade verdächtig, Grünen-nahzu sein . Das ist eine interessante Frage . Die Ansprüchevon Verbrauchern, Bauern und vor allem die Ansprücheder Tiere, aber auch des Handels müssen in Einklang ge-bracht werden . Wir brauchen einen Neuanfang, um eineTierhaltung zu entwickeln, die nicht nur Verlierer undmillionenfaches Leid produziert, meine Damen und Her-ren . Das ist Ihre politische Verantwortung .
Um Ihre Haut zu retten, soll nun ein staatliches Tierwohl-siegel kommen . Bis vor wenigen Tagen war es noch desTeufels, jetzt, in der Not, kommt es also doch . Ja, bitte,dann sagen Sie: Wann und wie, Herr Minister? Wo sinddie Vorschläge? Draußen im Land nimmt Ihnen dieseewigen Ankündigungen doch niemand mehr ab .
Sie frischen den Lack auf, dabei ist der Unterboden schonkomplett durchgerostet, Herr Minister . Leider steht dasMärchenschloss „Tierwohl“ in Flammen .
Das Wort hat der Kollege Dieter Stier für die CDU/
CSU-Fraktion .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Wir bewerten heute den Fern-sehbeitrag des Norddeutschen Rundfunks aus der ReihePanorama von letzter Woche, doch diese Bewertungenwerden meiner Meinung nach unterschiedlicher nichtausfallen können .
Welche Bilder konnten wir sehen? Es waren Bilder,die den meisten Bürgerinnen und Bürgern in ihrer all-täglichen Lebenswelt fremd sind, und ja, es waren Auf-nahmen von kranken und verletzten Tieren; daran gibt esnichts zu rütteln, die ausgestrahlten Bilder belegen das .Wir konnten zum Beispiel die Tötung eines Ferkels se-hen, die nicht gesetzeskonform erfolgte . Solche Vorfällesind abzustellen und auch zu ahnden . Deshalb ist einekritische Befassung mit dem Gesehenen durchaus gebo-ten . Meine Schlussfolgerungen sind aber vollkommenandere als die der Panorama-Redaktion .
Erstens . Die gezeigten Bilder belegen nicht den Alltagoder einen Dauerzustand in der deutschen Tierhaltung,
wie Sie, lieber Kollege Ostendorff, uns das immer weis-machen wollen, sondern sie sind jeweils Momentaufnah-men kranker Tiere; ein Zustand, der von den betroffenenTierhaltern weder gewünscht noch gebilligt und schongar nicht akzeptiert worden ist .
Die Verantwortlichen haben sich zum Teil der Kritik ge-stellt, und sie waren wie jeder verantwortungsbewussteLandwirt bestrebt, solche Vorfälle sofort abzustellen .Zweitens . Zu den Tatsachen gehört aber leider auch,dass Erkrankungen und Verletzungen bei Tieren immerwieder auftreten können, dass Tiere auch verenden kön-nen, im konventionellen wie im Biobetrieb, und zwar imganzen Land, nicht nur bei bestimmten Verbandsfunk-tionären . Das wird nie vollständig zu vermeiden sein .Keiner konnte den Bildern entnehmen, ob zum Beispieleine Behandlung erfolgte . Auch die strengsten Vorschrif-ten und die besten Tierärzte können Erkrankungen nichtverhindern .Drittens will ich feststellen: In unserem Land gibt esdie nötigen Gesetze und Regelungen . Diese sind im Voll-zug von den Ländern umzusetzen . Das Tierwohl ist zuverbessern . Das ist in unser aller Sinn, und das bleibt eineDaueraufgabe .Friedrich Ostendorff
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Der eigentliche Skandal liegt für mich woanders . Erliegt in einer suggerierten Schlussfolgerung, die daraufabzielt, von den gesehenen Defiziten auf die gesamtedeutsche Tierhaltung zu schließen .
Es ist für mich auch erschreckend, dass sich das bei-tragsfinanzierte öffentlich-rechtliche Fernsehen für einesolche Kampagne gegen die deutsche Landwirtschaft in-strumentalisieren lässt .
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Auftrag,durch objektive Berichterstattung einen Beitrag zur öf-fentlichen Meinungsbildung zu leisten .
Bildung, Information und Beratung wären meiner Mei-nung nach seine Pflichten, stattdessen erleben wir erneuteine gezielte und bewusst gesteuerte einseitige Darstel-lung gegen Tierhalter,
die jegliche Ausgewogenheit der Berichterstattung ver-missen lässt .Viertens . Richtig wäre es meiner Meinung nach gewe-sen, die Probleme umgehend dem zuständigen Veterinär-amt zu melden, sie sofort abzustellen und sie nicht mitpolitischem Kalkül zu verwenden .
Verbandsvertreter zu diskreditieren oder die ganze Bran-che zu verteufeln, das gehört nicht zum Aufgabenspek-trum der ARD .
Die Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Betriebe, dietagtäglich, auch sonn- und feiertags, die Nahrungsgrund-lagen für alle Menschen in diesem Land bereitstellen,und das in einer Zeit, in der die Branche genügend Pro-bleme zu bewältigen hat, haben es in der Gesamtheitnicht verdient, generell immer wieder an den Prangergestellt zu werden .
Im Gegenteil: Wir sind ihnen für ihre Arbeit zu Dank ver-pflichtet. Das sollten wir immer wieder deutlich machen.Lassen Sie mich abschließend noch auf einen anderenwichtigen Punkt eingehen . Für mit den geltenden Geset-zen unvereinbar halte ich die angewandten Methodender Nachrichtenbeschaffung. Auch darüber müssen wirreden . Wer Einbrüche in Tierhaltungsanlagen großzügigals elementaren Bestandteil von Pressefreiheit interpre-tiert, der lebt außerhalb unserer Rechtsordnung .
Eine Straftat mit einer anderen zu rechtfertigen, das kannkein gangbarer Weg sein .
Es ist abenteuerlich genug, wenn sich sogenannte Ak-tivisten unerlaubt Zutritt zu Betrieben verschaffen, dort,wie ein Fall im Bördekreis in meinem Heimatland Sach-sen-Anhalt zeigt, auch noch unerlaubt Videoaufnahmenanfertigen und dann vom zuständigen Amtsgericht frei-gesprochen werden, weil sie sich auf den rechtfertigen-den Notstand berufen durften .
Auch ein derartiges Urteil ist ein falsches Signal . Icherwarte, dass wir darüber reden . Ich erwarte, dass auchunser Justizminister dazu Stellung nimmt .
– Da können Sie gerne schreien; das ist meine Meinung .Wir haben es hier meiner Meinung nach mit einer Ver-schiebung des Wertesystems zu tun,
die zumindest ich so nicht mittragen kann .
Meine Damen und Herren, die Notwendigkeit eineseffektiven Tierschutzes ist und bleibt unbestritten. Diedeutschen Tierschutzstandards sind im europäischen undinternationalen Vergleich hoch .
Sie setzen Maßstäbe, die andere erst einmal erreichenmüssen . Wir sollten uns daher von dramatisierten undkampagnenmäßig verbreiteten Verfehlungen nicht denBlick aufs Ganze verstellen lassen .In der Summe bleiben wir Vorreiter im Tierschutz . Ichsage es Ihnen noch einmal: Den Tieren in unserem Landgeht es insgesamt so gut wie noch nie .Dieter Stier
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Vielen Dank .
Das Wort hat die Kollegin Dr . Kirsten Tackmann für
die Fraktion Die Linke .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Liebe Gäste! Herr Stier, Ihr Verständnis von der Unab-hängigkeit von Gerichten ist sehr spannend .
Um eines am Anfang ganz klar zu sagen: Die Zustän-de in den Ställen, die in der Panorama-Sendung gezeigtwurden, sind absolut inakzeptabel . Diese Bilder sind fürmich als Tierärztin wirklich sehr, sehr schwer zu ertra-gen . Man muss, glaube ich, kein tiefes Fachwissen besit-zen, um zu erahnen, welche Schmerzen die Tiere in denVideosequenzen haben und dass diese Tiere schon längerunter den Schmerzen leiden . Den Einschätzungen meinerbeiden Berufskolleginnen, die in dem Beitrag zu Wortkommen, ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen, undsie bieten auch keinen Bewertungsspielraum . Natürlichmuss das endlich ganz konsequent aufgeklärt werden,und zwar ohne Ansehen der Person .
Ehrlich gesagt überlege ich seit Tagen, was mich ei-gentlich mehr entsetzt: das unnötige Leid der Tiere,das aus diesen Bildern spricht, oder die Ausflüchte undRechtfertigungsmanöver der Verantwortlichen, die im-merhin hohe Funktionen im Berufsstand bekleiden? Ausvielen Betriebsbesuchen weiß ich, dass es eben nicht inallen Ställen so aussieht wie in diesen Videos . Geradedeshalb sind diese Bilder wahrscheinlich für viele Tier-halterinnen und Tierhalter wirklich bitter . Sie kämpfenseit Monaten ums Überleben und fühlen sich jetzt zu Un-recht an den Pranger gestellt . Umso wichtiger ist es fürmich als Linke, die Kritik richtig zu adressieren .Dabei ist es für mich übrigens nicht wichtig, wie dieBilder zustande gekommen sind und warum . Entschei-dend ist, dass sie real existierende Probleme zeigen . Ja,natürlich sehe gerade ich als gelernte Tierseuchenbe-kämpferin Guerillaaktionen, bei denen man sich illegalZutritt zu Ställen verschafft, problematisch. Auch dietotale Ablehnung jeder Nutztierhaltung, die oft hintersolchen Aktionen steckt, entspricht nicht meiner Positi-on – im Gegenteil . Aber das darf uns doch nicht darüberhinwegtäuschen, dass wir reale und ernsthafte Problemein der Nutztierhaltung haben,
und zwar nicht nur in der konventionellen und auch nichtnur in größeren Ställen . Auch hier ist die Welt eben buntund nicht schwarz-weiß . Aber deshalb macht es doch ge-rade Sinn, über die Botschaft zu diskutieren und nichtden Boten zu verteufeln . Wenn allerdings bei Kenntnisder Missstände durch die Akteurinnen und Akteure nichtsofort eine Anzeige erstattet wurde,
dann riecht das eben ein bisschen sehr nach Kampagne,und zwar auf Kosten der Tiere . Auch das ist nicht akzep-tabel .
Aber die eigentlich spannende Frage an uns als Ge-setzgeber ist doch bei dem Thema Tierwohl folgende:Handelt es sich nur um persönliches Fehlverhalten oderum einen Systemfehler? Die eigentliche Ursache derProbleme in der Nutztierhaltung ist doch, dass Tiere oderauch die menschliche Arbeitskraft zur Ware degradiertwerden, die möglichst billig sein muss . Das ist natürlichein Systemfehler .
Wer profitiert denn von diesem System? Das sind dochnicht die Landwirtschaftsbetriebe, die um ihre Existenzkämpfen, sondern die Handels-, Schlachthof- und Mol-kereikonzerne, die nicht bereit sind, die Erzeugerpreisezu zahlen, die für mehr Tierwohl und für gute Löhne fürgute Arbeit gebraucht werden . Ihr Geschäftsmodell be-ruht doch auf Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur .Davor muss der Gesetzgeber schützen .
Die moralischen Appelle der Bundesregierung sinddoch glatte Arbeitsverweigerung . Politik muss den Rah-men dafür setzen, dass unmoralisches Verhalten nicht zu-gelassen, sondern verhindert wird . Ohne die erpresseri-sche Marktübermacht nicht endlich wirksam zu beenden,werden wir auch die Probleme in den Ställen nicht lösen .Verlierer sind nicht nur die Tiere, sondern auch die Men-schen, die sie betreuen . Sie fühlen sich zu Recht oft imStich gelassen . Es läuft doch grundsätzlich etwas schiefin einem Land, wenn diejenigen, die unsere Existenz-grundlage, die Versorgung mit Lebensmitteln, sichern,selbst nicht davon leben können . Viele sind allerdingslängst weiter als mancher Bauernverbandsfunktionär . Siewollen Veränderungen . Wir sollten sie dabei unterstüt-zen .
Wir sollten übrigens auch die Kontrollbehörden vorOrt unterstützen . In der Haut der Kontrolleure möch-te ich, ehrlich gesagt, auch nicht stecken . Wer sich mitihnen unterhält, weiß, dass sie im Brennpunkt diesesDieter Stier
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Konfliktes stehen. Einerseits wachsen die Erwartungenvieler Menschen, dass es mehr Tierwohl in den Ställengibt, und damit allerdings auch die Erwartungen an dieKontrollbehörden, genau das durchzusetzen . Anderer-seits wird die Lücke zwischen dem, was die Gesellschafterwartet, und dem, was mit den bestehenden Gesetzentatsächlich durchgesetzt werden kann, immer größer .Ergebnis ist, dass die Kontrollbehörden wieder für dieMissstände verantwortlich gemacht werden, die gar nichtsie zu verantworten haben, sondern wir als Gesetzgeber .Deswegen ist es wichtig, dass wir endlich handelnund nicht nur reden . In diesem Zusammenhang weise ichauch darauf hin, dass das Personal in den Kontrollbehör-den oft so gering ist, dass eine lückenlose oder annäherndvernünftige Überwachungsdichte in den Ställen gar nichtrealisiert werden kann . Ich sage ganz klar: Das ThemaTierwohl ist sehr wichtig . Es ist uns ein großes Anliegen,hier Lösungen zu finden, die tatsächlich auch für die Be-triebe funktionieren . Wir müssen hier endlich handeln;sonst eskaliert die Situation . Ich möchte nicht, dass wirdie einheimische Tierhaltung verlieren .Vielen Dank .
Das Wort hat der Kollege Dr . Wilhelm Priesmeier für
die SPD-Fraktion .
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!Als tierschutzpolitischer Sprecher meiner Fraktion habeich mich lange Zeit mit den verschiedensten Entwick-lungen des Tierschutzrechtes beschäftigt . Wir haben imLaufe der Jahre einen Diskussionsprozess durchlaufen .Tierschutz ist zu einem zentralen Thema in der Gesell-schaft geworden und wird auch in Zukunft die Entwick-lungschancen vor allen Dingen des Veredelungssektorsund vieler landwirtschaftlicher Betriebe und Familienganz entscheidend bestimmen .Deshalb haben mich die Bilder und auch die Videose-quenzen, die ich mir angeschaut habe, als Tierarzt sehrbetroffen gemacht. Denn, ich glaube, ich kann aufgrundmeiner Ausbildung einschätzen, was chronisch ist . Ent-zündete Gelenke, Abszesse oder großflächige Wundenmit viel Granulationsgewebe entstehen nicht von heuteauf morgen, sondern sind im Regelfall die Folge eineslängeren Entzündungsprozesses; andere Tiere haben sichdort sozusagen auch bedient .Wir wissen um die Schwierigkeiten in dem Sektor inGänze . Wir wissen auch, dass solche Unterlassungen –so sehe ich das – in dem Zusammenhang nicht immervorsätzlich oder absichtlich geschehen . Manchmal sinddie Betriebe auch einfach überfordert: auf der einen Sei-te aufgrund der Erwartungen, die wir an sie haben, aufder anderen Seite im Hinblick auf die Möglichkeiten, diesie haben . Jeder, der einen Betrieb führt, hat dafür dieVerantwortung zu tragen . Recht und Gesetz gelten füralle und für jeden . Da kann sich keiner ausnehmen, auchnicht diejenigen, die jetzt namhaft gemacht worden sind .Der Bauernverband hat ja eine Klarstellung verlangt .Ich gehe davon aus, dass es eine Klarstellung geben wird .Ich hoffe im Sinne der jetzt namentlich Erwähnten undBetroffenen, dass sie nicht in der Weise betroffen sind,wie es auf diesen Bildern deutlich wird . Sie werden ei-nen Vertrauensverlust erleiden . Das gilt erst recht fürdiejenigen, die, wie es zum Teil der Fall ist, eine öffent-liche Funktion in Verbänden wahrnehmen . Das Kapital,das man hat und mit dem man überzeugen kann, ist dieGlaubwürdigkeit . Wenn Aussage und Handeln nichtübereinstimmen, dann ist man nicht mehr glaubwürdig,dann bekommt man auch in den Funktionen, die manwahrnimmt, Probleme .
Ich kann daher nur appellieren, wenn denn einige Be-troffene dabei sein sollten, die Vorgänge offen aufzuar-beiten und sich dazu zu bekennen . Dann wird es auch fürdie anderen Betriebe einfacher, die jetzt in Mithaftunggenommen werden . Denn ein Nichtkenner, also jemand,der nicht regelmäßig in solchen Ställen ist, weiß nicht,wie es dort zugeht, sondern er vermutet etwas . Deshalbist es meiner Einschätzung nach sehr wichtig, dass Trans-parenz gewährleistet wird . Wir brauchen Transparenz,Offenheit und Klarheit. Wir brauchen auch die Bereit-schaft, am Schlachthof erhobene Befunde zu dokumen-tieren und zugänglich zu machen, damit wir die Vorgän-ge nachvollziehen können .
Dazu gehört zum Beispiel die Betrachtung der Mortali-tätsrate; sie ist der wichtigste Indikator, wenn man eineAussage über den Hygienezustand eines Betriebes tref-fen will . Dazu gehören aber auch weitere Faktoren, dieeinzubeziehen sind, auch wenn es um die Weiterentwick-lung unseres Tierschutzrechtes geht .Das, was wir an Tierschutzrichtlinien auf europäischerEbene haben, ist eine Schweinehaltungsrichtlinie von1991, bei der wir in Deutschland nach langem Hin undHer nur die vorgegebenen Mindeststandards umgesetzthaben, nicht mehr . Der angekündigte Bericht, der 2008vorliegen und eine Bewertung enthalten sollte, ist aufeuropäischer Ebene nie aufgetaucht . Das macht deutlich,dass wir in der Gesellschaft zwar heftig über dieses The-ma debattieren, dass es aber auf anderen Ebenen und zumTeil auch in anderen europäischen Mitgliedstaaten nichtdie Bedeutung hat, die es bei uns hat .Wir sollten im Sinne unserer Betriebe und ihrer Wett-bewerbsfähigkeit dafür sorgen, dass wir auch im Hin-blick auf den europäischen Rechtsrahmen gleiche Bedin-gungen und Voraussetzungen haben . Wichtig ist vor allenDingen, dass derjenige, der bereit ist, höhere Standardsumzusetzen und den Tierschutzanforderungen besserzu entsprechen, für sein Produkt besser bezahlt wird .Deshalb halte ich es für vernünftig und richtig, solcheProdukte klar zu kennzeichnen . Was die Bemühungenbetrifft, im Rahmen der verschiedensten Strukturen inDr. Kirsten Tackmann
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 192 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 28 . September 201619114
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Schritten voranzugehen, muss man schauen, ob sie dau-erhaft Bestand haben .Verglichen mit dem, was der Lebensmitteleinzelhan-del und andere, die an der Landwirtschaft verdienen undihre Wertschöpfung daraus ziehen, übrig haben, hat einLandwirt im Regelfall zwar ein höheres Risiko, aberweniger übrig . Das ist der Punkt, an dem wir ansetzenmüssen . Wir müssen auch den Unternehmen und Betrie-ben deutlich machen, dass es so nicht weitergehen kann .Da macht es wenig Sinn, Vorgänge zu skandalisieren undjemanden in die Ecke zu stellen . Das alleine löst das Pro-blem nicht. Ich kann an diejenigen, die jetzt betroffensind, nur appellieren: Ändern Sie die Bedingungen in Ih-ren Beständen, und gestalten Sie Ihre Bestände so, dassman jederzeit hineinschauen kann!
Auch derjenige, der vielleicht zu einer anderen Einschät-zung kommt, weil er mit der Landwirtschaft nicht viel zutun hat, sollte hineinschauen dürfen .Vielen Dank .
Das Wort hat die Kollegin Marlene Mortler für die
CDU/CSU-Fraktion .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Wir distanzieren uns klar von allen schlim-men Bildern, die der Realität entsprechen und damit demTierschutz widersprechen . Mit der Tierschutz-Nutztier-haltungsverordnung und mit dem Tierschutzgesetz habenwir ein klares Regelwerk . Wenn sich jemand nicht daranhält, muss das verurteilt bzw . angezeigt werden .
Abstellen oder Betrieb einstellen!Aber mein Selbstverständnis als Bäuerin war bisher:Zuerst die Tiere und dann die Familie . Wenn es den Tie-ren gut geht, dann geht es auch der Familie gut . Dieseinnere Einstellung gilt für viele, viele Bäuerinnen undBauern in unserem Land, für große und für kleine Be-triebe, für konventionelle und für Biobetriebe . Das ist diegute Botschaft .Die schlechte Botschaft ist, dass genau diese Bauernund Bäuerinnen immer häufiger, immer gezielter mit denschwarzen Schafen in einen Topf geworfen werden . Dasist in hohem Maße unfair, und es ist gefährlich . Es ver-unsichert unsere Bäuerinnen und Bauern . Es verunsichertaber vor allem unsere Verbraucherinnen und Verbraucher,die sich fragen: Was sollen wir überhaupt noch glauben?Was sollen wir überhaupt noch machen?
Auf meinem Hof leben 100 Hühner – ich sage mal –so gut wie mit Familienanschluss . Trotzdem gibt es im-mer wieder tote und kranke Tiere . Das sind keine schö-nen und schon gar keine idyllischen Bilder .Auf der anderen Seite wissen wir: Auch von bestenBiohöfen kann man schlimme Bilder produzieren . Beijeder Geburt fließt Blut, es gibt die Nachgeburt.
Auch hier gibt es heftige Wunden, Geschwüre, Totgebur-ten oder den Einsatz von Antibiotika .
– Hören Sie doch zu! – Der anerkannte und renommierteBiobetrieb Herrmannsdorfer Landwerkstätten kann einLied davon singen. Der Hof öffnete dieses Jahr einemöffentlich-rechtlichen Sender bereitwillig seine Tür. Waser nicht wusste: Im Vorfeld war in den Betrieb eingebro-chen worden, um Bildmaterial zu besorgen . Dieses ille-gale Bildmaterial wurde dem öffentlich-rechtlichen Sen-der übergeben, entsprechend aufbereitet und gesendet .Wer steckte dahinter? Die SOKO Tierschutz, eine Or-ganisation, die die gesamte Tierhaltung abschaffen willund unsere Gesellschaft zur veganen Ernährungsweiseumerziehen will . Dafür scheint jedes Mittel recht: Ein-bruch, einseitige, verfälschende Bilder, verleumderischeAnschuldigungen .Solche „Vereine“ – in Anführungszeichen – schießeninzwischen wie Pilze aus dem Boden . Sie nennen sich„gemeinnützig“, sind im Grunde ein Closed Shop undleben davon, andere schlechtzumachen .
Sie bezeichnen Tierhalter als Serienverbrecher und Skla-venhalter und applaudieren, wenn, wie kürzlich, eine„Rinderpersönlichkeit“ ihren „Sklavenhalter“ fast alle-gemacht hat . Das muss man mal vom Anfang bis zumEnde denken . In welcher Welt leben wir? Wo soll dashinführen? Wir dürfen es nicht hinnehmen, wenn Land-wirte von selbsternannten Tierrechtsorganisationen nochim Tod verunglimpft werden . Es wäre auch ein Schlagins Gesicht aller Bäuerinnen und Bauern, wenn ein Ver-ein, der sich solcher Methoden bedient, weiterhin steuer-begünstigt Spenden sammeln könnte .
Und es ist ein Schlag ins Gesicht aller Bauernfamili-en, wenn sie – so sieht es das Gesetz vor – bestraft wer-den, diffamiert werden, öffentlich bloßgestellt werden,aber die Hausfriedensbrecher nicht . Der Glaube an denRechtsstaat gerät ins Wanken .Meine Bauern sagen mir: Wir beklagen uns nicht überfrühmorgendliche Stallarbeit, über Wochenendarbeit,über Arbeit bis spät in die Nacht . Wir ackern, wir rackernfür unsere Höfe, für unsere Familien, für unsere Tiere .Aber wenn der Einsatz für meinen Hof nichts mehr wertist, dann fühle ich mich als Mensch, als Person, auch in-frage gestellt . – Vertreter der Landjugend aus dem Saar-Dr. Wilhelm Priesmeier
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land haben es in der letzten Woche bei uns im Ausschussso gesagt: Wir fühlen uns immer mehr als Spielball zwi-schen Politik, Handel und Medien .
An dieser Stelle möchte ich innehalten und auf denkommenden Sonntag blicken, auf das Erntedankfest . Ichdanke an dieser Stelle allen Bauern und Bäuerinnen welt-weit,
die dafür sorgen, dass wir jeden Tag einen so reichhaltigund vielfältig gedeckten Tisch haben .Ich danke Ihnen .
Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter für
die Fraktion Die Linke .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich kann mich gut an 2002 erinnern, als wir hier in die-sem Hause den Tierschutz im Grundgesetz verankert ha-ben, und ich weiß noch, wie wir darum gerungen haben;denn die CDU/CSU wollte das ja absolut nicht . Kurz da-nach kam aber die Bundestagswahl, und dann hatte mandoch entschieden, dass man das tun sollte . Ich kann michauch noch daran erinnern, dass der Tierschutzbund drau-ßen ein großes Grundgesetz aufgestellt hatte . Wir habengefeiert und waren ganz froh .Der Tierschutzbund hatte sich an der Initiative Tier-wohl beteiligt, einer Initiative der Landwirtschaft, derFleischwirtschaft und des Lebensmitteleinzelhandels,und viele von uns dachten: Da wird etwas besser . – In-zwischen ist der Tierschutzbund aber wieder aus der Ini-tiative herausgegangen,
weil er ein Zeichen setzen wollte, dass es nicht hinnehm-bar ist, dass die Möglichkeiten so gering sind .Auch Panorama hat ein Zeichen gesetzt, und ich habejetzt schon das Panorama-Bashing gehört . Es geht umAgrarfunktionäre; es geht nicht um irgendjemanden .
Es geht darum, dass man nicht den Bock zum Gärtnermachen darf und dass sie eine Vorbildfunktion habenmüssten, sie aber offensichtlich nicht haben.
Aus diesem Grund gilt meine große Anerkennung denUndercover-Filmern und den Tierrechtsaktivisten;
denn diese Transparenz brauchen wir, und ich halte esfür richtig und wichtig, diese Verhältnisse aufzudecken .
Nachdem ich mir angehört habe, was Herr Stier alleszum Recht gesagt hat, kann ich Ihnen nur ein Urteil zitie-ren . In diesem Urteil wurde das Leid von Schweinen alsgewichtiger Notstand gewertet, und alle Tierrechtsakti-visten wurden freigesprochen . Und da können Sie natür-lich Gerichtsbashing betreiben .Ferner höre ich: Das öffentlich-rechtliche TV hat dieseAufgabe nicht . – Da haben Sie Demokratie falsch ver-standen. Wir wollen definitiv Aufklärung.
Stichwort „Rechtsstaat“: Wenn das TV das nicht mehrbringen und keine Aufklärung betreiben darf – wir findenes richtig, dass es das tut –, dann landen wir bei ungari-schen Verhältnissen . Wollen Sie das?
Jetzt reden wir über die Ursachen . Es gibt ein weite-res Dumping bei Fleischpreisen . Wenn wir uns die Ar-beitsverhältnisse in den Schlachtereien anschauen – daskommt immer wieder –, dann sehen wir, dass dort osteu-ropäische Arbeiter unter miesesten Bedingungen arbei-ten . Bis jetzt ist in dieser Sache noch nicht viel passiert –auch nicht gegen die Dumpingpreise .Wir haben gehört: Die Bäuerinnen und Bauern stehendazwischen . – Es stimmt, dass sie dazwischenstehen .Aber was machen Sie denn als Bundesregierung? Nichts!Sie lassen sie im Regen stehen .
Der Wettbewerb wird immer brutaler, und die Dis-counter tragen ihn auf dem Rücken der Bäuerinnen undBauern aus . So geht es nicht weiter .
Ich kann Ihnen sagen: Ich war auf einem Bauern-hof bei mir in der Region in Bayern . Der Bauer hatte50 Kühe . Die hat er jetzt verkauft, weil er davon nichtmehr leben konnte .
Ich habe das fotografiert, und er hat geweint. – Das istdas, was man den Menschen antut . Das ist die Verunsi-cherung der Bäuerinnen und Bauern, Frau Mortler .Marlene Mortler
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Was erwarten jetzt die Menschen? Wir erwarten, dasses endlich Tierschutzgesetze gibt, die so etwas nicht zu-lassen .
Es darf keine freiwilligen Vereinbarungen mehr geben,sondern vernünftige Gesetze müssen her . Wir erwarten,dass wir wirklich durchgreifen und nicht dem Druck wei-chen .
Ich habe gehört, dass sich einige umgebracht haben – esgibt sogar Selbstmorde –, weil sie den Druck nicht mehrausgehalten haben . Vor die muss man sich stellen, unddie muss man schützen . Die Länder müssen mehr Geldzur Verfügung stellen, damit systematisch kontrolliertwird .Wir wollen nicht immer mehr und immer billigeresFleisch . Wir brauchen auch nicht immer mehr Exporte,sondern wir wollen gesunde Lebensmittel .
Die Mehrheit der Bevölkerung will gesunde Nah-rungsmittel, ohne fürchten zu müssen, dass sich durchden Verzehr von Fleisch Antibiotikaresistenzen ein-stellen könnten, sodass die Menschen im Krankenhausvielleicht keine Chancen mehr haben . Wir wollen keineGentechnik . Wir müssen das Verhältnis Mensch-Tier neudiskutieren . – Ja, Mensch, wo ist denn die Empathie vonIhnen allen?Wir brauchen bessere Gesetze und Kontrollen . Wirbrauchen natürlich auch ein anderes Verbraucherverhal-ten . „Geiz ist geil“ funktioniert eben nicht, sondern guteWare hat natürlich ihren Preis . Ich denke, das müssenauch die Menschen wissen . Das heißt, wie gesagt, wirbrauchen ein anderes Verbraucherverhalten, hin zu we-niger Fleisch . Ich persönlich bin seit fünf Jahren Vege-tarierin .
Ich finde das richtig. Wir brauchen keine neuen undgrößeren Mastanlagen . Wir müssen auch an den Klima-schutz denken, an den CO2-Ausstoß und den Schutz desWassers .Zum Schluss möchte ich noch Pythagoras zitieren, derschon 570 vor Christus gesagt hat:Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt aufden Menschen wieder zurück .Das war vor wirklich sehr langer Zeit .Danke .
Das Wort hat die Kollegin Christina Jantz-Herrmann
für die SPD-Fraktion .
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattie-ren heute in der Aktuellen Stunde „über nicht tragbareVerhältnisse in Tierställen“ . Aktuell ist das Thema, ja .Doch neu ist es wahrlich nicht. Betroffen macht es jedesMal aufs Neue .Jedem, der sich mit dem Thema Nutztierhaltung be-fasst, ist leider bekannt, dass es in den Ställen großeMissstände in Sachen artgerechte Tierhaltung gebenkann .
Hier darf man aber nicht der Versuchung erliegen, nurdie konventionelle Landwirtschaft zu nennen . Dennochist gerade sie besonders gefährdet, den Tierschutz demProfit unterzuordnen. Sie steht aktuell wie keine ande-re Form der Landwirtschaft unter dem ökonomischenDruck .Was zeigt uns die aktuelle Debatte? Erstens . Sie zeigtuns, dass die tierschutzrechtlichen Vorschriften hierzu-lande offensichtlich immer noch unzureichend sind.
Zweitens . Sie zeigt, dass selbst die unzureichenden gel-tenden Regelungen noch lange nicht eingehalten werden .Drittens . Sie zeigt, dass die Kontrollmechanismen vorOrt oft nicht greifen .Ich erwarte daher, dass die Kontrollbehörden ihreArbeit nun kritisch hinterfragen. Die Beschaffung desBildmaterials kann und muss – das klang hier an – sicherkritisiert werden. Doch sie scheint immer noch effektiverzu sein als die behördlichen Kontrollen .
Auch die Spitzenfunktionäre der Agrarverbände soll-ten ihre Arbeit kritisch hinterfragen . Sie zeichnen einBild von guter landwirtschaftlicher Praxis . Dieses Bildist mit den widerwärtigen Verhältnissen, die es, wie ge-sagt, leider immer noch in den deutschen Ställen gibt,absolut nicht in Einklang zu bringen .
Ein einfacher Verweis auf vermeintlich schwarze Schafeoder die Schaffung einer Wagenburgmentalität durch dieLandwirtschaft werden dies nicht ändern . Diese Taktikvergrößert eher die Kluft, die wir zwischen Gesellschaftund Bauernschaft haben . Sie nimmt darüber hinaus dieHöfe in Geiselhaft, die tatsächlich gute landwirtschaftli-Eva Bulling-Schröter
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che Praxis betreiben . Das ist, meine Damen und Herren,wie ich denke, immer noch die Mehrheit .
Gerade wenn ich in meinem Wahlkreis unterwegs bin,erlebe ich das .Es reicht nicht aus, die bereits relativ hohen Tier-schutzstandards in Deutschland immer wieder zu preisenund ansonsten nur die mangelnden Kontrollen zu bekla-gen . Als Deutscher Bundestag sind wir für die Recht-setzung zuständig . Doch hier fehlt an mancher Stelle derMut . Teilweise werden unsere Bemühungen für mehrTierschutz sogar konterkariert . Denn, liebe Kolleginnenund Kollegen der Union – ich möchte Sie auch einmaldirekt ansprechen – , warum lassen Sie Ihren Ministerbei dem Vorstoß, das Töten trächtiger Tiere zu verbieten,bislang im Regen stehen?
Hier übrigens lobbyiert der Deutsche Bauernverband –die Agrarverbände hatte ich vorhin schon erwähnt –gemeinsam mit dem Bundesverband PraktizierenderTierärzte dafür, das geplante Verbot der Schlachtunghochträchtiger Tiere auf Rinder zu beschränken . Aberwas ist mit Schweinen, Schafen und Ziegen? Hier rückensich die Akteure ganz von selbst in ein äußerst schlechtesLicht .Es gibt also viel zu tun, um die Situation der Tierein den Ställen zu verbessern: Wir müssen endlich einenSachkundenachweis für Nutztierhalter einführen . Wirmüssen gegen Qualzuchten vorgehen . Wir müssen dieganzjährige Anbindehaltung von Rindern verbieten . Undwir müssen vor allen Dingen – ein weiteres wichtigesThema, meine Damen und Herren – sicherstellen, dassmännliche Kälber in der Milchindustrie nicht als genausowertlos betrachtet werden, wie es derzeit bei männlichenEintagsküken in der Geflügelzucht der Fall ist.Immerhin tut sich etwas in Sachen Label . Um Land-wirten und auch gerade den Verbrauchern ein Instrumentan die Hand zu geben, welches ihnen die Entscheidungs-findung erleichtert und den Landwirten die Möglichkeitgibt, ihre guten Haltungsbedingungen zu beschreiben,brauchen wir das staatliche Tierschutzlabel .An Expertise zur Verbesserung des Tierschutzes inDeutschland mangelt es bekanntlich nicht . Alle Experti-se der Welt hilft aber nicht, wenn die Erkenntnisse dannkaum oder gar nicht umgesetzt werden .
Wir erwarten daher von Ihnen, Minister Schmidt, denAbschlussbericht des Kompetenzkreises Tierwohl, derseit kurzem vorliegt, nicht so stiefmütterlich zu behan-deln wie das Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlichakzeptierten Nutztierhaltung“ des WissenschaftlichenBeirats .Minister Schmidt, Sie müssen auch in Sachen Tier-schutz deutlich aktiver werden .
Denn ansonsten ist zu befürchten, dass Ihrem Wirkenleider nur das Prädikat „organisierte Unverantwortung“verliehen wird .
Insbesondere eine Novelle des Tierschutzgesetzes – dasist angeklungen – ist überfällig . Wir als SPD stehen dafürbereit .Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für IhreAufmerksamkeit .
Das Wort hat der Kollege Dr . Anton Hofreiter für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Uni-on, glauben Sie wirklich, dass Sie irgendeinem einzelnenanständigen Bauern oder irgendeiner einzelnen anstän-digen Bäuerin einen Gefallen tun, wenn Sie die Proble-me, die es im Bereich der Massentierhaltung gibt, kon-stant leugnen und konstant so tun, als gäbe es hier keinenHandlungsbedarf, und immer nur davon sprechen, dasses einzelne wenige schwarze Schafe gibt und wir keinProblem im System der Massentierhaltung haben? Glau-ben Sie, dass dies nur einem einzigen Bauern oder einereinzigen Bäuerin helfen wird, die in ihrer überwiegendenMehrheit anständige Leute sind?
Schauen Sie sich die Bilder doch einmal an! Dortwerden Tiere mit klaffenden Wunden gezeigt. Es werdenSchweine gezeigt, die über den Boden kriechen . Das isteine im Kern unanständige Haltung .Es werden ja nicht die Bilder vom Hof irgendeinesMassentierhalters gezeigt, den man schon wegen seinersystematischen Verstöße kennt wie Herrn Straathof, son-dern die Bilder stammen zum Beispiel von den Höfenvon Herrn Hegemann – er ist der Vorsitzende des Zen-tralverbands der Deutschen Schweineproduktion –, dieBilder stammen von Herrn Storck – er ist der Vorsitzendedes Verbands Deutscher Putenerzeuger –, und die Bilderstammen auch leider von Herrn Rörings Hof – er ist derVorsitzende des Fachausschusses Schweinefleisch imBauernverband . Das sind die Spitzenfunktionäre in denStandesorganisationen . Von deren Höfen stammt dasGanze .Da müssen Sie doch zugeben: Es gibt ein Problem imSystem .
Christina Jantz-Herrmann
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Wenn Sie vielleicht uns nicht glauben wollen, dannmöchte ich Professor Matthias Gauly zitieren . Er gehörtdem Wissenschaftlichen Beirat Ihres Bundeslandwirt-schaftsministeriums an und ist einer der höchsten Tierärz-te überhaupt . Er hat zu diesen Bildern, die ihm vorgelegtworden sind, wörtlich gesagt: Das ist „die schlechtesteForm der Schweinehaltung, die man sich vorstellenkann“ . Das hat der Vertreter des Wissenschaftlichen Bei-rats Ihres Bundeslandwirtschaftsministers dazu gesagt .Hören Sie doch einmal auf die Wissenschaft in diesemZusammenhang!
– Ich finde es interessant, dass Sie das lustig finden. Esist bezeichnend, dass Sie das Ganze witzig finden. Siehaben sich offensichtlich diese Bilder noch nicht ange-schaut. Ich jedenfalls finde daran überhaupt nichts wit-zig . Ich glaube, auch alle anständigen Bäuerinnen undBauern finden daran überhaupt nichts witzig.
– Sie können ruhig dazwischenschreien . Schauen Siesich einmal einen Bauernhof an! Ich habe mir viele Bau-ernhöfe angeschaut . Aber ich war noch nie auf einemBauernhof, auf dem solche Bilder zu sehen waren . Umsoentsetzlicher ist, dass die genannten Verbandsvertretersolche Zustände bei sich zulassen .
Schauen wir uns einmal an, was während der Amts-zeit von Herrn Schmidt passiert ist . Herr Schmidt ver-steckt sich hinter freiwilligen Selbstverpflichtungen.Herr Schmidt verteidigt das System . Herr Schmidt machteinfach weiter bei „Wachse oder weiche“ . Herr Schmidtunternimmt überhaupt nichts dagegen, dass der Milch-preis total abgestürzt ist .
Herr Schmidt unternimmt nichts dagegen, dass dieSchweinehalter de facto mit dem Rücken an der Wandstehen . Herr Schmidt redet davon, dass es vielleicht ir-gendwann einmal ein Tierwohlkennzeichen gibt . Was hatHerr Schmidt zu Beginn seiner Amtszeit versprochen?Dass es den Tieren am Ende seiner Amtszeit besser undnicht schlechter gehen soll . Nun gibt es solche Bilder .Glauben Sie noch irgendetwas von dem, was bekanntgegeben wird? Wann fängt dieser Herr Minister eigent-lich endlich an, zu arbeiten? Er hat jetzt noch ein knap-pes Jahr, ein Dreivierteljahr, Zeit . Wann kommen endlichGesetze und Regelungen? Wann wird etwas getan?Was zu tun ist, ist eigentlich klar . Wir brauchen end-lich eine vernünftige Kennzeichnung, sodass der Ver-braucher, über den häufig gelästert wird, dass er immernur das Billigste kauft, weiß, was er da kauft . Ich nenneals Beispiel die fachwerklich geschmückte und ländlicheIdylle suggerierende Marke „Gut Drei Eichen“ . Das istdie Handelsmarke von Aldi . Dieses Gut gibt es überhauptnicht . „Gut Ponholz“ von Netto und „Mühlenhof“ vonPenny gibt es in dieser Form ebenfalls nicht . Aber dasalles ist vollkommen legal . Gegen eine klare Kennzeich-nung, wie es sie schon bei den Schaleneiern gibt – damalswurde eine entsprechende Regelung unter Rot-Grün ge-schaffen –, wehren Sie sich; das verweigern Sie. Warumführen Sie nicht endlich eine klare Kennzeichnung ein,die simpel und nachvollziehbar ist? Das könnten Siedoch machen . Sie haben hier die Mehrheit .
Schauen wir uns die Verteilung der Gelder an . Über25 Prozent der Gelder bekommen 3 bis 4 Prozent dergrößten Betriebe . Warum verteilen Sie die Gelder nichtstärker nach Kriterien des Tierwohls, um so den Umbauhin zu anständigen Ställen voranzutreiben? Warum tunSie das alles nicht? Dafür ist es höchste Zeit . Wir brau-chen dringend eine Agrarwende, die dafür sorgt, dass esden Tieren, den Landwirten und am Ende auch der Um-welt besser geht; das ist angesagt . Stattdessen verleug-nen Sie, schieben es auf die Presse, ducken sich weg undwollen nicht verantwortlich sein . Handeln Sie endlich!Sie haben hier eine 80-Prozent-Mehrheit und stellen denMinister . Tun Sie endlich etwas!
Das Wort hat die Kollegin Rita Stockhofe für die
CDU/CSU-Fraktion .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Selbstverständlich sind die Bilder, die uns indem Fernsehbeitrag präsentiert wurden, nicht schön . Wiralle wissen, dass Bilder von Verletzungen und Krankhei-ten, die auch in freier Wildbahn oder in Freilandhaltungvorkommen, nie schön sind . Das ist auch hier der Fall .
Laut Aussage des behandelnden Tierarztes wurden alleMaßnahmen getroffen, die die Verletzung bzw. die Er-krankung erfordern . Deshalb werden die Bilder sicherlichnicht schöner . Aber die Tiere befanden sich in professi-oneller Betreuung und Behandlung . Wenn eine Wundedurch einen Tierarzt behandelt wird, sieht sie nicht auto-matisch schön aus . Heilungsprozesse brauchen ihre Zeit .Auch Bilder davon sind nicht immer schön anzusehen .Wir wissen aber auch, dass diese Organisation – ichmag sie ungern „Verein“ nennen – in den Ställen war,sich aber natürlich nicht im gesamten Stall umgesehenhat, sondern im Regelfall in die Krankenbucht, also imPrinzip in das Krankenhaus des Stalles, geht, wo die Tie-re, denen es nicht gut geht, untergebracht werden, damitsie eine Sonderbehandlung bekommen können, damitsich die Tierärzte verstärkt kümmern können, damit sieDr. Anton Hofreiter
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von den gesunden Tieren separiert sind, damit man dannversuchen kann, sie so zu behandeln, dass es ihnen bessergeht .Als Nächstes sollte sich der Betrachter fragen, wiees zu solchen Bildern kommen kann . Worauf wollen dieGrünen mit dem Titel der Aktuellen Stunde hinaus? Mei-ner Meinung nach sind solche Verhältnisse, nämlich dassin die Ställe eingedrungen – genauer gesagt: eingebro-chen – worden ist, nicht tragbar .
Schlimm ist, dass die Einbrecher nicht mit rechtlichenKonsequenzen rechnen müssen . Wir haben heute schonmehrfach gehört, dass bei Klagen wegen Hausfriedens-bruch das Verfahren per Gerichtsurteil eingestellt wordenist .
Wenn die Situation wirklich so wäre, wie sie unsdargestellt wird, hätte direkt nach Aufnahme des Film-materials das Veterinäramt informiert werden müssen .Warum ist das nicht erfolgt? Was wollen die Einbrechervon Animal Rights Watch mit dieser Aktion erreichen?Der Verein hat das Ziel formuliert, dass Menschen keinFleisch mehr essen sollen . Sie sollen sich ausschließlichvon Pflanzen ernähren.Ob es besser ist, wenn man sich von vegetarischenWürstchen ernährt, die, wie Stiftung Warentest geradefestgestellt hat, Mineralöle enthalten, soll jeder für sichentscheiden . Bitte nicht vorschreiben! Was ist an diesemZiel eigentlich gemeinnützig? Warum gibt es für diesenVerein Steuervorteile?
Nehmen die Einbrecher tierisches Elend in Kauf, umihre Ziele durchzusetzen, und zeigen deshalb Missständenicht beim Veterinäramt an? Wissen sie, dass nur durchdie Art der Darstellung der Bilder in ihren Filmen unddurch die Kommentare ein widerrechtliches Handelnvorgetäuscht wird?Einer eidesstattlichen Erklärung eines Tierarztes istzu entnehmen, dass das tote Schwein, das in dem Filmgezeigt wird, unmittelbar vor den Filmaufnahmen in denStall verbracht wurde .
Haben die Einbrecher das Schwein mitgebracht? Ohr-markennummern sind nicht zu erkennen . Haben sie dasgemacht, um Bilder zu machen, die ihrem Anliegen die-nen, und damit billigend in Kauf genommen, Seuchenoder Krankheiten in diesen Stall einzuschleppen?Zusammenfassend möchte ich zu diesem Bereich sa-gen: Wir müssen genau hinsehen, wenn Vereine als ge-meinnützig anerkannt werden . Vielleicht brauchen wirauch für solche Vereine eine Transparenzoffensive. Wiefinanzieren sie sich? Wie viele Vorstandsmitglieder ha-ben sie? Wer darf überhaupt Mitglied werden? Darf manvielleicht nur Fördermitglied werden? Geht es vielleichtin Wirklichkeit nicht nur um die hehren Ziele, die sienach außen tragen?Ich möchte nicht in die Situation geraten, dass in meinEigentum eingebrochen werden darf, ohne dass unsereJustiz das ahndet . Nachdem ich mit Freunden über dasThema dieser Aktuellen Stunde gesprochen habe, hatmich jemand gefragt: Kannst du das so sagen? Dann ste-hen sie morgen auch bei euch auf dem Hof . – Da habe ichgesagt: Sicher kann das sein . Diesen Aktivisten traue ichalles zu . Deshalb aber den Mund zu halten und Missstän-de nicht zu benennen, ist nicht meine Art und darf auchnicht die Konsequenz sein .
Als Nächstes möchte ich mein Augenmerk auf dieMedien lenken .
Welche Aufgabe haben sie? Pressefreiheit ist ein hohesGut, Presseverantwortung muss jedoch auch praktiziertwerden . Die Bilder wurden den Medien zugespielt, aberleider nicht überprüft, geschweige denn, dass der Be-triebsleiter vor Ort damit konfrontiert wurde . EigeneRecherchen dazu wurden augenscheinlich nicht vorge-nommen . Welchen Anspruch haben die Medien an sichselbst? Warum gehen öffentlich-rechtliche Medien so mitInformationen um? Geht es auch bei ihnen nur darum,hohe Einschaltquoten zu erreichen? Steht also nur dieWirtschaftlichkeit im Vordergrund?Dann muss gefragt werden, warum für diese Senderjeder Haushalt Rundfunkgebühren zahlen muss .
Die Frage ist an dieser Stelle, ob sie ihren Auftrag erfül-len. Ich erwarte von öffentlich-rechtlichen Medien, dasssie mich umfassend informieren und dass beide Seiten ei-nes Themas beleuchtet werden . Wir wissen im vorliegen-den Fall, dass die Äußerungen der Stallbesitzer vorlagen,aber nicht gesendet wurden . Hier liegt die Vermutungnahe, dass eine beabsichtigte Aussage des Senders nichtdurch andere Aussagen verwässert oder sogar umgekehrtwerden sollte . Hier fehlen mir die Professionalität unddie Sachlichkeit .Als letzten Punkt frage ich mich immer noch, warumgerade dieser Zeitpunkt der Veröffentlichung gewähltwurde . Wir alle wissen, dass die Bilder mindestens einJahr, manchmal anderthalb oder fast zwei Jahre alt sind .Auch hier kann man vieles vermuten, aber die Spekulati-on, dass es etwas damit zu tun haben könnte, das Abkom-men, über das zwischen dem Einzelhandel und der Bran-che – Stichwort Tierwohloffensive – verhandelt wird, zubeeinflussen, kann ich nicht belegen. Deshalb lasse ich esdarauf beruhen .
Rita Stockhofe
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Frau Kollegin Stockhofe, Sie müssen zum Schluss
kommen .
Ich komme zum Ende . – Ich halte es für nicht akzep-
tabel, dass Menschen, die im öffentlichen Leben stehen,
durch kriminelles Handeln in solche Situationen geraten .
Wir wissen, dass es nicht nur für die Betroffenen schlimm
ist . Auch ihre Familien leiden unter dieser Situation .
Sie trauen sich im Dunkeln nicht mehr auf den Hof . Das
heißt, sie fühlen sich in ihrem eigenen Zuhause nicht
mehr sicher . Ich will das nicht .
Das Wort hat die Kollegin Dr . Karin Thissen für die
SPD-Fraktion .
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich erspareIhnen jetzt, zu sagen, wie betroffen mich die Bilder beiPanorama und auch die, die man im Internet sehen kann,gemacht haben; denn ich habe 22 Jahre als amtliche Tier-ärztin am Schlachthof gearbeitet, und diese Bilder warenfür mich nichts Neues . Ich habe 22 Jahre erlebt, dass Tie-re in diesem Zustand am Schlachthof angeliefert wurden .
– Ich komme gleich darauf, ob es so ist, dass das nichtillegal gewesen sein kann . Nachdenken, bevor man etwassagt, wäre ganz angebracht .
Stellen wir uns doch einmal die Frage: Was ist denneigentlich Tierquälerei? Wenn ich mich mit Funktionä-ren der Bauernverbände darüber unterhalte, dann sagendie gerne: Tierquälerei ist, wenn ein Landwirt seine Tie-re vernachlässigt, wenn er sie verhungern lässt, sie alsonicht mehr füttert, nicht mehr tränkt; dann sterben siewirklich elendig im Stall . Das kommt vor . Das ist sehrselten, aber es kommt vor . Wir sind dagegen . Das sindhalt diese berühmten schwarzen Schafe, die es immermal gibt . – Wenn ich dann aber frage: „Einmal abgesehendavon, dass das sehr selten ist: Was ist mit allem ande-ren? Was sagen Sie denn zum Beispiel zu den Bildern,die wir bei Panorama gesehen haben?“, wird mir immergesagt: Ja, das war schon immer so . Das ist auch nichtvon der Betriebsgröße abhängig. Das finden Sie auch inBiobetrieben . – Das stimmt zwar alles; aber das macht esdoch nicht besser .
Was ist denn nun Tierquälerei? Ein Jurist wird Ihnensagen: Tierquälerei sind diejenigen Verstöße gegen Tier-schutzgesetze, die eindeutig eine Straftat sind . – Das sinddie allerwenigsten Tierschutzverstöße . Die meisten sindOrdnungswidrigkeiten, so ähnlich wie Falschparken . Dasist nicht schön . Aber deswegen ist es doch trotzdem nichtlegal .Was haben wir denn in diesem Panorama-Beitraggesehen? Was sehen wir auf den Bildern, die im Inter-net kursieren? Einmal sehen wir diese unsachgemäßeTötung eines Ferkels . Das geht wahrscheinlich wirklichin Richtung Straftat . Ich bin kein Staatsanwalt; aber daswürde ich ungefähr da ansiedeln . Alles andere, was wirda gesehen haben, sind Ordnungswidrigkeiten .Herr Stier und Frau Mortler, ich gebe Ihnen recht:Nicht die verletzten oder toten Tiere als solche sind inirgendeiner Form tierschutzrelevant, sondern die Tatsa-che, dass man sie sich selbst überlässt, dass sie eben nichtausgesondert wurden .
– Woher wissen wir das? Das sehe ich als Tierarzt .
– Das sind vielleicht für Sie Momentaufnahmen . DieFachfrau sieht, dass das Schwein schon länger tot ist, undes liegt noch immer drin .Frau Stockhofe, dass jemand das Schwein unter denArm genommen und da hineingebracht hat, das glaubenSie doch wohl nicht im Ernst .
– Das ist völlig egal . Ich verliere auch ab und zu einenOhrring . Schweine verlieren ihre Ohrmarke auch . Dasbesagt gar nichts .
– Ich als Tierärztin sehe, dass das Schwein aufgegast ist .Das passiert nicht von einer Minute auf die andere .
– Nein, das muss nicht unbedingt sein . Man sieht ja imFilm, dass die hingehen und daran herumschnuppern .Sie werden nicht zwingend zu Kannibalen, wenn da eintotes Schwein liegt . Aber das tote Schwein hätte heraus-genommen werden müssen . Auch die verletzten Tiere
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hätten herausgenommen und sauber, trocken und weichaufgestallt werden müssen . Die Verletzungen hätten be-handelt werden müssen . Es hätte eventuell ein Tierarzthingezogen werden müssen . Das steht alles in § 4 Tier-schutz-Nutztierhaltungsverordnung, und alle Landwirtehaben sich daran zu halten . Nur weil das so ähnlich istwie falsch parken, ist es trotzdem nicht legal .
Vorhin wurde gesagt: Man hätte das ja filmen können,das Material dann aber den Veterinärbehörden geben sol-len; die hätten sich kümmern müssen . – Dann wäre aberwahrscheinlich wieder nichts passiert .
– Nein, wir lassen es nicht gleich .Wir unterhalten uns hier über die Konsequenzen, diewir aus diesen Berichten ziehen wollen . Allein die Ver-schärfung von Gesetzen, sagen manche, wird es nichtbringen . Herr Stier, Sie sagen, wir hätten so hohe Tier-schutzstandards in Deutschland .
– Nein, haben wir nicht . – Wir können uns über unsereGesetze, unsere Bestimmungen und unsere Verordnun-gen unterhalten, darüber, ob die verankerten Standardswirklich so hoch sind . Wenn wir aber mit anderen eu-ropäischen Ländern vergleichen, wie bei uns Tierschutzbetrieben wird, dann stellen wir fest, dass wir erheblicheVollzugsdefizite haben.
Die Bußgelder, die bei Tierschutzverstößen verhängtwerden, sind in Deutschland am niedrigsten . Sie sindschon niedrig angesetzt . Hinzu kommen aber – wie sollich sagen? – schmerzfreie Amtsrichter, die auf das Ge-plärre der Landwirte hören – wir haben ja gehört, was fürAusreden es gibt – und dann einknicken und die Bußgel-der drastisch senken, wenn sie sie nicht sogar gleich aufnull reduzieren .
– Wie arbeite ich denn eigentlich?Die Veterinärämter sind personalmäßig schlecht aus-gestattet; das stimmt . Wenn man sich zum Beispiel diepersonelle Ausstattung im Veterinäramt im Kreis Borkenanschaut – ich weiß jetzt auch nicht, wie ich auf diesenKreis komme – und ins Verhältnis setzt, wie viele Betrie-be dort zu überwachen sind, dann kommt man zu dem Er-gebnis, dass die Veterinäre alle zwölf Jahre einmal einenBetrieb besuchen . Sie brauchen also zwölf Jahre, um alleBetriebe kontrolliert zu haben .Ich finde, der eigentliche Skandal sind unsere Voll-zugsdefizite. An jedem Schlachthof steht bei der Anliefe-rung ein Tierarzt, und er sieht genau, in welchem Zustanddie Tiere ankommen . Im Übrigen: Wer gegen die Tier-schutz-Nutztierhaltungsordnung verstößt, verstößt oft-mals auch gegen die Tierschutztransportverordnung . Deramtliche Tierarzt, der vor Ort ist, kann Missstände sofortahnden . Er sieht, in welchem Zustand die Tiere ankom-men . Als Fachmann sieht er, ob Tiere behandelt wordensind – er erkennt, wie frisch Verletzungen und Erkran-kungen sind – oder ob sie nicht behandelt worden sind .
Kollegin Thissen, es tut mir leid, dass ich Ihnen jetzt
einen Punkt setzen muss; aber das Minus vor der Zeitan-
gabe zeigt die Überziehung Ihrer Redezeit an .
Tatsächlich?
Tatsächlich .
Darf ich noch einen Satz sagen?
Einen Satz, der mit einem Punkt endet .
Okay, einen Satz, der mit einem Punkt endet . – Dann
will ich noch einen Satz zum investigativen Journalis-
mus sagen: Wenn staatliche Strukturen versagen, wenn
Missstände auf allen Ebenen bekannt sind und über Jah-
re hingenommen werden, dann hat die Presse das Recht,
mindestens die moralische Pflicht, diese Missstände zu
dokumentieren und anzuprangern .
Ich danke Ihnen fürs Zuhören .
Das Wort hat die Kollegin Ingrid Pahlmann für die
CDU/CSU-Fraktion .
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-legen! Wir haben in Deutschland ungefähr 200 000 tier-haltende Betriebe, die Tag für Tag, 365 Tage im Jahr, fürihre Tiere da sind, sie umsorgen und ordentlich mit ihnenumgehen . Wir als CDU/CSU-Fraktion stehen hinter die-sen Tierhaltern und hinter der vom Ministerium auf denWeg gebrachten Initiative Tierwohl .
Dr. Karin Thissen
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Die Landwirte sind kooperationsbereit und wollen auchim Interesse ihrer Bestände ein Mehr an Tierwohl errei-chen, wo immer es geht .
Dennoch sehen wir immer wieder Bilder wie die, die wirin der letzten Woche im Fernsehen sehen mussten . DieseMissstände müssen wir sehr ernst nehmen, und wir müs-sen sie auch zur Ahndung bringen; da bin ich ganz beimeinen Vorrednern .
Wir haben, Frau Thissen, sehr hohe Tierschutzstan-dards und erwarten auch, dass sie eingehalten und kon-trolliert werden . Ganz klar: Widerrechtliches, tierschutz-widriges Töten von Ferkeln gehört geahndet und bestraft .Wir haben auch Aufnahmen sehen müssen, bei denen essich nicht um kurzfristige Erkrankungen gehandelt ha-ben kann . Da stellt sich schon die berechtigte Frage, woneben der Pflicht der Betriebsleiter die Aufsichtspflichtder Tierärzte und Veterinärämter in diesen Fällen geblie-ben ist . Wird hier vielleicht auch von den Ländern amfalschen Ende gespart? Auch da sind wir der Meinung:Solche Missstände gehören geahndet und sind nicht hin-nehmbar .Nicht hinnehmbar ist allerdings auch die Art und Wei-se, wie diese Bilder zustande gekommen sind . Wenn wirso weit sind, dass toleriert wird, dass Gruppen nachtswiderrechtlich in Ställe einbrechen, in einem bekanntenFall sogar sechsmal, um endlich die gewünschten Bilderzu erhalten, und sich dann das öffentlich-rechtliche Fern-sehen anscheinend nicht zu schade ist, so entstandeneBerichte einzukaufen, ist das schon bedenklich . Wenndann allerdings so schlimme Tierquälereien angetroffenund gefilmt werden und nicht umgehend eine Meldungbeim Veterinäramt erfolgt, kann man in meinen Augennicht von Tierschützern sprechen . Dann muss man vongewissenlosen Menschen sprechen, die bewusst das Leidder Tiere verlängern, um zu gegebener Zeit – nach unge-fähr zwei Jahren – mit diesen Bildern Stimmung gegenlandwirtschaftliche Tierhaltung zu machen .
Das ist in meinen Augen genauso verwerflich wie die un-zureichende Betreuung von Tieren .Wir haben viele Bekannte und Freunde, die erfolg-reich ihre Betriebe führen, die mit viel Sachverstand,Empathie und Engagement ihre Tiere versorgen, Tierhal-ter, die auch bereit sind, ihre Betriebe der Öffentlichkeitzu präsentieren, die ihre Stalltüren öffnen, um zu zeigen,wie es den Tieren bei ihnen geht, und ein realistischesBild von den Landwirten vermitteln . Aber auch die sindmanchmal einfach frustriert, wenn ihre Bemühungen umdie Tiere nicht wahrgenommen werden, wenn sie undihre Familien immer wieder verallgemeinernd als Tier-quäler an den Pranger gestellt werden, wenn ihre Kinderin den Schulen gemobbt werden . Diese Betriebsleiterwissen, dass es immer mal wieder Krankheitsfälle in denStällen gibt, dass es bei allen Bemühungen auch um aus-reichendes Beschäftigungsmaterial immer mal wiederFälle von Schwanzbeißen gibt, dass es auch immer malwieder vorkommt, dass Technik nicht hundertprozentigfunktioniert . Diese Tierhalter sind es – und das ist dieMehrheit der Tierhalter –, die dann rund um die Uhr vorOrt sind und schnellstmöglich für Abhilfe sorgen . Abergegen die offensichtlich einseitige Darstellung in der Öf-fentlichkeit kommen sie oft nicht an .Lassen Sie mich ein Beispiel erzählen: Ein Bekann-ter von mir, Sauenhalter und Mäster, ist vor einigen Wo-chen fast fünf Stunden lang zu seiner Tierhaltung inter-viewt worden. Er hat seine Stalltüren geöffnet und dasFilmteam mehrere Stunden drehen lassen . Gespannt ha-ben wir dann abends die angekündigte Sendung in derARD verfolgt . Und was war? Nichts! Von den fast fünfStunden Interview und Filmaufnahmen wurde nichtsgezeigt .
Gezeigt wurden weniger schöne Bilder, die in dem so-genannten Schweinehochhaus in der Nähe von Magde-burg aufgenommen wurden . Diese Aufnahmen solltendie Öffentlichkeit aufpeitschen und die Tierhaltung dis-kreditieren und sind natürlich auch widerrechtlich durchnächtliche Einbrüche in die Ställe zustande gekommen .Unser Bekannter erhielt dann einen Brief des Senders, indem es unter anderem hieß – ich zitiere –:Im Zuge unserer Recherchen hat sich allerdings derSchwerpunkt des geplanten Beitrags deutlich verän-dert, so dass wir nicht alle Aspekte berücksichtigenkonnten .So viel zur breit aufgestellten Öffentlichkeitsarbeit!
Für uns alle war klar: Die Aufnahmen bei meinem Be-kannten konnten das Bild des Tierquälers nicht belegen .Sie waren zu positiv und passten leider nicht zu dem be-absichtigten Zweck, Tierhalter zu verunglimpfen . Diegrößte Frechheit war dann noch, dass Bilder von frei-laufenden Ferkeln und Sauen, die bei ihm aufgenommenworden sind, wie folgt betitelt wurden: Es geht auch an-ders, zum Beispiel Österreich . – Ein Witz!Unsere Fraktion wird sich nicht an der Hetze gegenunsere Bauern beteiligen, Bauern, die zurzeit hinnehmenmüssen, dass sie und ihr Eigentum nicht ausreichendgeschützt werden . Jeder, bei dem einmal eingebrochenwurde, weiß, was es mit den Menschen macht, wenn siesich in ihrem eigenen Umfeld nicht mehr sicher bewe-gen können . Tierhaltungsbetriebe sind Familienbetriebe .Wenn Ehefrauen oder halbwüchsige Kinder sich nachtsnicht mehr trauen, übliche und nötige Kontrollgänge inden Ställen durchzuführen, weil sie Angst vor militantensogenannten Tierschützern haben, kann das nicht hinge-nommen werden und muss Konsequenzen haben .
Genauso stringent muss es auch Konsequenzen für Tier-halter geben, die Verletzungen ihrer Tiere hinnehmenund kranke Tiere nicht ordentlich behandeln . Das sindwir den ordentlich arbeitenden Betrieben – und das istIngrid Pahlmann
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die Mehrzahl – schuldig, damit das Bild von unserenTierhaltern insgesamt wieder geradegerückt wird .Ich danke Ihnen .
Das Wort hat der Kollege Thomas Mahlberg für die
CDU/CSU-Fraktion .
Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Meine Kolleginnenund Kollegen! Meine Damen und Herren, die Sie dieserDebatte auf der Tribüne oder auch am Fernseher folgen!Sie haben sicherlich viele Aspekte gehört und machensich Ihr eigenes Bild . Die Kollegin Pahlmann hat nocheinmal die Einbrüche angesprochen . Einbrüche sind ansich schon etwas sehr Unangenehmes, wie ich finde. Aberjetzt spreche ich Sie, Frau Dr . Tackmann, einmal konkretan . Ich habe wirklich großen Respekt vor Ihnen – dassage ich Ihnen ganz ehrlich –, und Sie haben sicherlicheinen breiten fachlichen Hintergrund . Aber wenn Sie alsParlamentarierin im Deutschen Bundestag berichten, wiediese Bilder zustande gekommen sind, und damit sagen,Einbruch sei ein probates Mittel, um so etwas zu zeigen,dann habe ich keinen Respekt mehr vor Ihnen .
– Das haben Sie hier gesagt .
– Ich habe Ihnen zugehört . Das ist ja der Vorteil, wennman ein bisschen später in der Debatte redet:
Man hat die Chance, erst einmal den anderen zuzuhören,einmal zu hören, was die sagen . – Ich habe morgen eineSchulklasse hier .
Das sind junge Leute . Denen erzähle ich dann von dieserDebatte und sage: Hier gibt es Parlamentarier, die sagen,Einbruch sei ein probates Mittel, um diese Dinge aufzu-zeigen .
Wir können auch das nehmen, was Ihre Kollegin ge-sagt hat . Sie hat von großer Anerkennung gegenüber denUndercover-Filmern gesprochen . Hören Sie einmal: Dortwird kein Movie gedreht; bei den Leuten ist eingebro-chen worden!
Bei mir zu Hause in Duisburg ist auch schon einmaleingebrochen worden . Wissen Sie, was das mit einemmacht? Ich wünsche keinem Menschen, dass ihm daspassiert . Hinterher läuft immer ein Film ab; man hatAngst . Sie stellen sich aber hierhin und berichten davon,als sei dort ein Spielfilm gedreht worden. Das geht ein-fach nicht .
Das geht vor allen Dingen als Parlamentarier nicht .Damit das klar ist – wir haben es oft genug gesagt –:Tierschutzverstöße müssen geahndet werden, Missständemüssen behoben werden . Das ist doch völlig klar . An die-ser Stelle sind wir uns völlig einig .
Dann sollten wir auch vernünftig darüber diskutieren .
Herr Hofreiter, es ist Ihnen natürlich ein Vergnügen,Funktionäre anzugreifen; aber es spielt gar keine Rolle,wer einen Verstoß begeht, ob es Max Mustermann oderein Funktionär ist . Es spielt auch gar keine Rolle, ob esin einem großen Betrieb stattfindet oder in einem kleinenBetrieb . Aber das passt wieder nicht in Ihre Strategie,
weil Sie etwas gegen Massentierhaltung machen wollen .Kein Mensch definiert, was Massentierhaltung überhauptist . Der Verstoß in einem kleinen Betrieb muss genausogeahndet werden .
Das ist offensichtlich. Das will ich Ihnen auch noch ein-mal sagen .Sie haben gesagt, es gebe hier ein Systemproblem .
Ich habe Ihnen von dieser Stelle aus zugerufen: GehenSie einmal auf einen Bauernhof! – Sie haben darauf ge-sagt, Sie seien schon auf so vielen Bauernhöfen gewesen,da war alles in Ordnung . Wo ist denn das Systempro-blem, das wir hier haben?
Ingrid Pahlmann
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 192 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 28 . September 201619124
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Wo ist es denn? Wenn Sie auf einen Bauernhof gehen, istalles in Ordnung . Wie kann man das, was Sie hier erzäh-len, denn glauben?
Lassen Sie sich doch einmal eine vernünftige Redeschreiben . Ich habe Ihnen schon bei der letzten Debat-te gesagt: Gehen Sie einmal zum BfR! Lassen Sie sichvon den Leuten doch einmal beraten, wenn Sie auf einemBauernhof sind .Es spielt gar keine Rolle, wo die Verstöße begangenworden sind . Tierschutz ist für unsere Fraktion nicht teil-bar .
Deswegen sage ich an dieser Stelle sehr deutlich: Na-türlich muss man den Vorwürfen nachgehen; das ist garkeine Frage . Aber sogenannte Tierschützer, die solchesMaterial anfertigen, nur um eine Kampagne zu starten,und das Tierleid über ein, zwei Jahre billigend in Kaufnehmen und nicht zur Anzeige bringen, sind für micheben auch keine Tierschützer .
Wir haben in diesem Bereich eine Gesetzgebung . Wirhaben das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Nutztier-haltungsverordnung . Frau Dr . Thissen, Sie haben gesagt:Wir haben Probleme im Vollzug .
– Darüber kann man diskutieren . Dass wir aber keine ge-setzlichen Grundlagen haben, darüber können wir nichtdiskutieren .
Deshalb lade ich alle ein, und zwar parteiübergreifend,eine ernsthafte und sehr ehrliche Debatte in diesem Be-reich zu führen .
Der Minister hat den richtigen Weg gewiesen . Ich kennedoch Ihre Strategie . Sie haben kein Thema, und deswe-gen gehen Sie den Minister an .
– Ja, natürlich . Ihnen geht es doch darum, die Landwirt-schaft an dieser Stelle zu verteufeln .Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie haben sichein gutes Bild von dieser Debatte machen können . Die ei-nen wollen ernsthaft über Tierschutz debattieren; das warja auch das Thema . Aber Sie haben bei diesem Themawieder versagt, weil Sie versucht haben, Ihr parteipoli-tisch-strategisches Süppchen zu kochen .Herzlichen Dank .
Die Aktuelle Stunde ist beendet .
Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord-
nung .
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 29 . September 2016,
9 Uhr, ein .
Die Sitzung ist geschlossen . Ich wünsche Ihnen alles
Gute .