Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet .Ich grüße Sie von ganzem Herzen . Herzlich willkom-men, Herr Minister de Maizière und die anderen Kolle-gen auf der Regierungsbank! Ich grüße auch meine Kol-legen recht herzlich .Wundern Sie sich bitte nicht, wenn die Medienwandzu meiner Linken heute nicht funktioniert . Bei der letztenSitzung betraf es die andere Wand . Das hat sich jetzt ge-ändert: Dieses Mal funktioniert die Wand auf der rechtenSeite, und die andere wird repariert .Ich möchte Ihnen vor Eintritt in die Tagesordnungeine Mitteilung machen: Interfraktionell ist vereinbartworden, den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung derberuflichen Weiterbildung und des Versicherungsschut-zes in der Arbeitslosenversicherung auf der Drucksa-che 18/8042 dem Ausschuss für Gesundheit zur Mit-beratung zu überweisen . Des Weiteren soll der Antragauf Drucksache 18/8395 mit dem Titel „Vorsorgeprinzipernst nehmen – Keine erneute Genehmigung für Gly-phosat“ dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, demAusschuss für Gesundheit, dem Ausschuss für Umwelt,Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie dem Aus-schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Unionebenfalls zur Mitberatung überwiesen werden . Da Siees interfraktionell vereinbart haben, gehe ich davon aus,dass Sie damit einverstanden sind . – Ich sehe und hörekeinen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungIch möchte die Parlamentarischen Geschäftsführerund Geschäftsführerinnen bitten, uns, falls es Fragengibt, die Namen der Fragesteller und Fragestellerinnenschon einmal zur Kenntnis zu geben, damit wir es richtiggeordnet machen können . Wenn der Innenminister da ist,müssen wir uns ja anstrengen .
– Wir strengen uns immer an . Stimmt!Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zumbesseren Informationsaustausch bei der Bekämpfungdes internationalen Terrorismus.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat der Bundesminister des Innern, Dr . Thomas de Mai-zière . Bitte, Herr Minister .Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Die Terrorgefahr in Europa, auch für Deutschland, istund bleibt hoch . Wir haben in dieser Legislaturperiodeviel gemacht: Gesetze verändert, Personal aufgestockt .Wir werden das auch weiter tun . Dennoch haben wir unsnach den Anschlägen von Istanbul, Brüssel und Paris ge-fragt: Was ist noch zu tun? Gibt es Sicherheitslücken, diees vernünftigerweise auch im Rahmen der Gesetzgebungzu schließen gilt, um die Sicherheit der Bürgerinnenund Bürger in Deutschland zu erhöhen? Ergebnis dieserÜberlegungen ist der Gesetzentwurf, den die Bundesre-gierung heute auf meinen Vorschlag hin beschlossen hatund der sehr bald im Deutschen Bundestag beraten wird .Es geht dabei um drei Kernregelungen:Die erste Regelung betrifft Rechtsgrundlagen für ge-meinsame Dateien, die das Bundesamt für Verfassungs-schutz mit wichtigen ausländischen Nachrichtendiensteneinrichten und betreiben kann . Dabei geht es ganz we-sentlich um EU-Partner, um NATO-Partner und um mitNATO-Mitgliedern gleichgestellte Partner . Nach den An-schlägen in Paris und Brüssel war klar, dass die Terror-netzwerke sich international vernetzen . Sie arbeiten ausdem Ausland, sie schleusen Menschen nach Europa, siearbeiten mit Menschen zusammen, die in Europa aktivsind oder dort leben . Wenn sich Terroristen internationalvernetzen, dann müssen sich auch Sicherheitsbehördeninternational vernetzen . Es gab nach den Anschlägen jaauch viel Kritik am mangelnden Informationsaustausch .Da ist in Europa einiges passiert . Jetzt schaffen wir dieRechtsgrundlage dafür, dass etwa das Bundesamt fürVerfassungsschutz mit anderen Nachrichtendiensten einegemeinsame Datei führen kann, also nicht nur Daten aus-
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tauschen kann . Natürlich muss dabei ein ausreichendesDatenschutzniveau gewährleistet sein; das ist für unsselbstverständlich .Die zweite Regelung betrifft die Herkunftsermittlungvon Telefonen und Telefonanschlüssen . Die Erbringervon Telekommunikationsleistungen sind auch jetzt schonverpflichtet, den Namen desjenigen, dem sie ein Pre-paidhandy verkaufen, festzustellen . Allerdings werdenoft Fantasienamen wie Donald Duck oder irgendwelchewildfremden Namen aus Telefonbüchern aufgeschriebenund damit akzeptiert . Das macht Strafverfolgung unmög-lich . Das ist nicht in Ordnung . Das ist eine schwere Si-cherheitslücke . Mit dem Gesetzentwurf wollen wir jetztregeln, dass die Daten von Prepaidkunden anhand geeig-neter Identitätsdokumente zu überprüfen sind . Die Rege-lung wird technikoffen gestaltet . Die Bundesnetzagenturwird das mit der Wirtschaft so regeln, dass die gängigenGeschäftsmodelle, auch im Sinne des Kunden, weiterhingut betrieben werden können . Aber Bequemlichkeit istnicht alles, Sicherheit hat auch ihren Preis, und im Zwei-fel hat Sicherheit Vorrang vor Bequemlichkeit .Der dritte Regelungsgegenstand betrifft den Einsatzvon verdeckten Ermittlern . Wohlgemerkt: Ich sprechenicht von V-Leuten, sondern von Beamten, die als ver-deckte Ermittler Kriminalität aufklären . Solche verdeck-ten Ermittler kann nach der bisherigen Rechtsgrundlagedas Bundeskriminalamt einsetzen . Wir wollen jetzt auchder Bundespolizei – zu etwa den gleichen Bedingungen –den Einsatz von verdeckten Ermittlern, insbesondere zurAufklärung abgeschotteter Strukturen der Schleusungs-kriminalität, ermöglichen .Es gibt noch ein paar weitere kleinere Regelungenetwa im strafrechtlichen Bereich des Vereinsrechts, näm-lich dass Vereinsverbote nicht so leicht umgangen wer-den können, und anderes mehr; aber in meinem Bericht,Frau Präsidentin, möchte ich mich erst einmal auf diedrei genannten Kernregelungen beschränken .
Vielen herzlichen Dank, Herr Minister . – Wie Sie wis-
sen, sagt unsere Regel, dass wir zunächst Fragen zum
Themenbereich stellen, zu dem der Minister gerade vor-
getragen hat . Ich habe als erste Fragestellerin Petra Pau
für die Linke .
Herr Bundesminister, Sie haben eben die bisher vor-
herrschende Nichtregistrierung bzw. -identifikation der
Erwerber von Prepaidkarten als schwere Sicherheits-
lücke bezeichnet . Ich bin jetzt allerdings auf einen Wi-
derspruch gestoßen . Das Bundesamt für Sicherheit in
der Informationstechnik empfiehlt die Nutzung von Pre-
paidtelefonie für Mobilfunkteilnehmer mit erhöhtem Si-
cherheitsbedarf . Die EU-Kommission schreibt in einem
Papier, dass es keine Beweise für die Wirksamkeit der
vorgesehenen Maßnahme bei der Strafverfolgung gibt .
Und der Verband der Anbieter von Telekommunikations-
und Mehrwertdiensten schreibt Ihnen, dass durch diese
Maßnahme die Kosten für die Verbraucher deutlich er-
höht würden, ohne die Sicherheitslage auch nur granu-
lar – schönes Wort – zu verbessern . Deshalb würde mich
interessieren: Welche Erkenntnisse oder Fakten haben
Sie veranlasst, genau diese Maßnahme trotzdem in das
Gesetz aufzunehmen? Gibt es Untersuchungen, die uns
nicht zugänglich sind, oder anderes?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Frau Abgeordnete Pau, das Ergebnis von Auskunfts-
verfahren nach den Regeln des Telekommunikationsge-
setzes – das betrifft die §§ 112 und 113 – erlaubt den
Sicherheitsbehörden nach Maßgabe der jeweiligen Fach-
gesetze bei Verdacht auf Straftaten oder zur Gefahrenab-
wehr, Bestandsdaten aufzurufen . Wenn man aber danach
fragt, stellt sich oft heraus, dass Anschlussinhaber mit
Donald Duck oder mit anderen Fantasienamen bezeich-
net werden; und das macht Strafverfolgung unmöglich .
Das wollen wir beenden . Wir wollen diese Sicherheits-
lücke schließen .
Vielen herzlichen Dank . – Der nächste Fragesteller:Konstantin von Notz für die Grünen .
Herr Minister, ich möchte daran anschließen . Bezüg-lich der Burner Phones kann man auf eine Ausweispflichtbestehen . Ich stimme Ihnen zu: Bisher schon gilt eigent-lich diese Regelung, aber sie wird umgangen .Aber wenn Sie von schweren Sicherheitslücken reden:Wie verhält sich das denn mit öffentlichen Telefonzel-len, mit der Möglichkeit, in Internetcafés zu telefonieren,oder mit der Möglichkeit – die, glaube ich, auch heutenoch problemlos weiter besteht –, dass man ein solchesTelefon einfach über das Internet in den Niederlandenbestellt? Schließt man hier also tatsächlich eine Lücke,oder ist das eher eine symbolische Handlung?Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Herr Abgeordneter von Notz, ist das jetzt der Vor-schlag, diese anderen Themen auch noch alle anzuge-hen? Das würde mich wundern bei den Grünen .
Werde ich befragt? Also, wir können das umdrehen .Ich hätte viele Meinungen zu dem Thema, Herr Minister .Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Nein, das war ein Spaß, den verstehen Sie ja auch .
Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
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Natürlich gibt es, wie immer, Gegenargumente . InÖsterreich zum Beispiel gibt es diese Regelung nicht .Man kann sich in Österreich eine Prepaidkarte kaufen,das ist wahr . Aber, sehen Sie: Man kann im Kampf ge-gen schwere Straftaten nicht immer jede Sicherheitslü-cke schließen . Aber die großen Lücken, die wollen wirschließen . Und es kann nicht richtig sein, dass jemand,wenn er sich ein Smartphone kauft und sich umfangreichbei einem Telekommunikationsdienstleister anmeldet,damit ermöglicht, dass strafrechtlich gegen ihn ermit-telt werden kann, dass jedoch jemand, der ein Prepaid-handy in einer Drogerie kauft, sozusagen dazu beiträgt,dass gegen ihn nicht ermittelt werden kann . Da machenwir es Straftätern zu leicht, und das wollen wir beenden .Das heißt nicht, dass es nicht andere Sicherheitslückengibt und dass man auf ein einziges Mittel im Bereich derStraftatenbekämpfung setzt . Aber diese Sicherheitslücke,die groß ist, wollen wir schließen .
Vielen Dank . – Die nächste Frage hat Kollegin Martina
Renner für die Linke .
Herr Minister, meine Frage betrifft den Datenaus-
tausch deutscher Sicherheitsbehörden mit denen anderer
Staaten in der EU bzw . der NATO . Darunter sind ja auch
Länder, die im bewaffneten Drohnenkrieg involviert
sind . Sie wissen, diese Problematik treibt uns derzeit
im NSA-Untersuchungsausschuss um . Deswegen meine
Frage: Inwieweit wird bei diesem Datenaustausch, der
jetzt vereinbart ist, die Weisung aus dem November 2011
fortgeschrieben, dass keine Daten an bestimmte Länder
weitergegeben werden dürfen, die zur Geolokalisation
von Personen geeignet sind? Oder wurde diese Weisung
mittlerweile aufgehoben? Wie ist da der Sachstand im
Ministerium?
Insbesondere interessiert mich in diesem Zusammen-
hang auch, was passiert, wenn entgegen den Absprachen
unter den Ländern die Daten dennoch zur Zielerfassung
genutzt werden, wie es ja in der Vergangenheit insbeson-
dere durch die USA geschehen ist . Wird es dann Restrik-
tionen geben, was die Datenweitergabe angeht?
Vielen Dank .
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Frau Abgeordnete Renner, der Datenaustausch zwi-
schen Staaten ist gar nicht Gegenstand dieses Gesetzes,
sondern Gegenstand dieses Gesetzes ist auf Dienstebene,
nicht auf Polizeiebene, die Einrichtung gemeinsamer Da-
teien . Ich vermute aber, Sie meinen mit Ihrer Frage den
Datenaustausch etwa mit den Vereinigten Staaten von
Amerika und in dem Zusammenhang möglicherweise die
Vereinbarung, die ich in der letzten oder in der vorletzten
Woche mit meiner amerikanischen Kollegin unterzeich-
net habe . Ist es das, worauf Ihre Frage zielt?
Beides! Auch Daten, die ich in Datenbanken einspei-
sen kann, können Telekommunikationsdaten zu Personen
enthalten und können geeignet sein, dann auch im Droh-
nenkrieg eingesetzt zu werden . Natürlich zielt die Frage
auch auf das MoU, aber ich halte diese Problematik auch
bei den Datenbanken für relevant .
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Der Austausch richtet sich auch bei dem Datenaus-
tausch immer nach deutschem Recht, sodass alles, was
dort an Restriktionen besteht, auch weiterhin gilt .
Was den Gesetzentwurf angeht, so wird unterschie-
den zwischen EU- und NATO-Staaten – in diesen Fäl-
len brauchen wir ein erhebliches Sicherheitsinteresse,
ein ausreichendes Datenschutzniveau und die Achtung
rechtsstaatlicher Prinzipien – und anderen Staaten . Bei
diesen sind die Anforderungen höher: Da muss ein er-
höhtes Sicherheitsinteresse bestehen und auch ein erhöh-
tes Datenschutzniveau . Zusammenarbeit ist in solchen
Fällen auch durch das Bundesinnenministerium geneh-
migungspflichtig. Bei den anderen Staaten, die EU- und
NATO-Staaten gleichgestellt sind, muss dies sogar und
erstmalig durch den Bundesminister des Innern in Person
erfolgen . Es gibt also eine Reihe von Sicherheitsvorkeh-
rungen, die dafür sorgen, dass es nicht zu Missbräuchen
kommen kann .
Vielen Dank . – Nächste Frage von Irene Mihalic für
die Grünen .
Ich möchte eine Frage zu den neuen Registrierungs-
vorschriften in Bezug auf SIM-Karten stellen: Sollen
diese Vorschriften nur für SIM-Karten gelten, oder sind
damit auch neue Registrierungsvorschriften für ande-
re Wege der Kommunikation wie beispielsweise für
E-Mail-Adressen gemeint oder mitenthalten?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Das gilt auf jeden Fall für SIM-Karten – mit all dem,
was jetzt im Vertrieb möglich ist . Wenn Sie mit den
SIM-Karten entsprechende Dienste anbieten, dann gilt
das auch . Es geht also um den Erwerb von SIM-Karten .
Der Kollege Marian Wendt hat die nächste Frage .
Herr Minister, vielen Dank für Ihren Vortrag . Sie ha-ben ja ausgeführt, dass das neue Gesetz auch zur Verbes-serung der Arbeit der Nachrichtendienste in Deutschlandführen wird . Vor dem Hintergrund zahlreicher Gefähr-der – das sind Tausende, zum Beispiel Menschen, die ausEuropa nach Syrien gereist sind und nun auf dem Wegzurück sind – ist zu fragen, wie sich das Ganze auf eu-ropäischer Ebene gestaltet . Von daher zielt meine FrageBundesminister Dr. Thomas de Maizière
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auf die Bemühungen der Bundesregierung zur Koordi-nierung des Austausches von Daten über potenzielle Ter-roristen auf europäischer Ebene . Was ist diesbezüglichgeplant, und was wurde bereits umgesetzt? Wie wurdendie Datenschutzbedenken in diesem Rahmen erläutert,bzw . wie kann für ein einheitliches Datenschutzniveaugesorgt werden, wenn es zu einem entsprechenden Aus-tausch kommt?Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Da ist ja viel passiert, nachdem es jahrelang Ver-säumnisse gab . Wir haben die europäische Fluggastda-tenrichtlinie, PNR, geschaffen . Wir tauschen jetzt alsoFluggastdaten von Flügen nach Europa und auch inner-halb Europas aus; diese Richtlinie müssen wir mit einemBundesgesetz noch umsetzen .Wir hatten im bestehenden Recht Mängel bei der Zu-lieferung von Daten an Europol . Vier, fünf Länder, darun-ter Deutschland, hatten 80 Prozent der Daten geliefert;andere Staaten waren zögerlich . Das ist noch verbesse-rungsfähig; aber immerhin hat sich der Anteil der Liefe-rungen deutlich erhöht, auch angesichts der Anschläge .Wir sehen Vorschlägen, die auch auf deutsche Initia-tive hin zustande gekommen sind, für ein sogenanntesSmart-Border-System, also für eine intelligente Steue-rung an den EU-Außengrenzen, entgegen . Wir wollenwissen, wer in den Schengen-Bereich ein- und wiederausreist . Das ist ein technisch anspruchsvolles Vorhaben;das wird aber durch die EU-Kommission betrieben .Und die Nachrichtendienste sind dabei, in Den Haageine Austauschplattform aufzubauen, um besser Infor-mationsaustausch betreiben zu können .In diesem Bereich ist also sehr viel passiert . Im letztenJahr ist mehr passiert als in den letzten zehn oder fünfJahren, sage ich mal . Aber wir müssen dranbleiben, da-mit das fortgesetzt wird .
Vielen Dank . – Die nächste Frage bekommen Sie von
Frank Tempel von der Linken .
Herr Minister, Sie haben sich ja kurz zum Einsatz
verdeckter Ermittler geäußert, die auch im Bereich der
Gefahrenabwehr zum Einsatz kommen sollen . Wir haben
uns die Fakten angeschaut: An den Grenzen gibt es re-
lativ wenige Feststellungen von Schleusern; es gibt da
Taxifahrer und andere Leute, die sich etwas dazuverdie-
nen wollen, aber keine Feststellungen in nennenswerten
Größenordnungen .
Wir schauen uns natürlich an, ob die vorgeschlagenen
Maßnahmen dem angegebenen Zweck auch tatsächlich
dienlich sind: Wie soll also dieser Einsatz verdeckter Er-
mittler aussehen? In welchen Bereichen sollen sie über-
haupt eingesetzt werden? Und vor allen Dingen: Wie
wird dieser Einsatz mit den Ländern abgestimmt? Wie
wird also sichergestellt, dass der Einsatz der Bundespoli-
zei, die stärker in den präventiven Bereich, in den gefah-
renabwehrenden Bereich eingreifen soll, im Einklang mit
dem föderalen Prinzip steht?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Zur zweiten Frage: Die Verteilung der Zuständigkei-
ten zwischen Bund und Ländern wird hier nicht angetas-
tet . Ich würde es anders betrachten: Jede Landespolizei
kann im Rahmen der Gesetze verdeckte Ermittler ein-
setzen . Auch das Bundeskriminalamt kann auf Basis des
Bundeskriminalamtgesetzes verdeckte Ermittler einset-
zen . Es stellt sich doch die Frage, warum der Einsatz von
verdeckten Ermittlern nicht längst auch zum normalen
polizeilichen Instrumentarium der Bundespolizei gehört .
Diesen Mangel beheben wir jetzt mit diesem Gesetz .
Bezüglich der grenzüberschreitenden Schleuserkrimi-
nalität bin ich anderer Meinung als Sie, Herr Tempel . Die
Zahlen sind gestiegen; gerade in den letzten Tagen sind
sie wieder gestiegen . Und für eine erfolgreiche Arbeit ge-
gen Schleuser muss man mehr tun, als Taxifahrer kritisch
anzuschauen . Man muss vielmehr die OK-Strukturen,
die hinter den organisierten Reisebewegungen von Men-
schen aus bestimmten Staaten in Afrika nach Deutsch-
land stecken, und die Wertschöpfungsketten, die damit
verbunden sind – es gibt Banden, die damit sehr viel
Geld verdienen –, besser ausforschen, um sie bekämpfen
zu können . Und dafür sind verdeckte Ermittler exakt das
richtige Instrument .
Die nächste Frage: Hans-Christian Ströbele für dieGrünen .
Danke, Frau Präsidentin . – Herr Minister, ich habezunächst eine kleine Vorfrage: Ich habe Ihr Ministeriumam 20 . und am 25 . Mai dieses Jahres gebeten, mir denGesetzentwurf zur Verfügung zu stellen . Leider habe ichkeine Reaktion bekommen, obwohl ich einen Anspruchdarauf habe . Ich konnte dann nur voll Neid auf die Jour-nalisten schauen, die Sie ausreichend versorgt hatten . DieJournalisten hatten den Gesetzentwurf, das Parlamenthatte ihn nicht . Vielleicht können Sie mir die Frage be-antworten, wie so etwas kommt .Meine zentrale Frage ist folgende: Nach welchemGesetz werden die gemeinsamen Dateien errichtet, alsowelches Gesetz ist maßgeblich? Ist es das deutsche? Undwer ist für die Kontrolle zuständig: der bzw . jetzt dieBundesbeauftragte für Datenschutz oder das deutscheParlament? Wie funktioniert das dann, wenn Sie zumBeispiel mit Ungarn oder Bulgarien vereinbaren, einesolche gemeinsame Datei zu errichten?Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Zur ersten Frage: Das kann ich jetzt aus dem Standnicht beantworten . Normalerweise sind Sie relativ gut in-Marian Wendt
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formiert, was Dinge angeht, über die Sie normalerweisenicht unterrichtet sein sollten .
Es wundert mich, dass es hier anders gewesen sein soll .
Allerdings hat auch die Ressortabstimmung lange gedau-ert . Sie ist erst kurz vor der Kabinettssitzung abgeschlos-sen worden . Sie sollen jedenfalls nicht schlechter unter-richtet werden als andere Abgeordnete . Das ist, glaubeich, richtig .Zur Sache selbst . Die Rechtsgrundlage für die Er-richtung der Dateien kann natürlich nur deutsches Rechtsein . Wir ändern hierfür vor allem das Bundesverfas-sungsschutzgesetz . Das richtet sich also nach deutschemRecht . Die Führung einer Datei wird dann sicherlichdurch ein Abkommen mit dem entsprechenden Land eineweitere Rechtsgrundlage bekommen . Aber dieses Ab-kommen kann die Ermächtigung nach deutschem Rechtnicht toppen .
– Kontrolle findet dann nach deutschem Recht statt. Ichhatte im Zusammenhang mit einem solchen Abkommennicht an Ungarn als erstes Land gedacht, sondern eheran Frankreich . Ich denke, dass wir dann nach deutschemRecht das Verhalten deutscher Behörden kontrollierenund nicht nach deutschem Recht das Verhalten französi-scher Behörden . Wir werden sicher auch keinen Drittenakzeptieren, der das nach supranationalem Recht macht .
Vielen Dank . – Jetzt haben wir noch vier Kolleginnen
und Kollegen, die zu diesem Themenkomplex Fragen ha-
ben . – Ich fange an mit Petra Pau .
Herr Minister, ich komme noch einmal auf die Pre-
paidkarten zurück . Es ist ja vorgesehen, dass die Tele-
kommunikationsanbieter die Daten für Anschlüsse, die
ab dem 22 . Juni 2004 bestanden, nacherheben sollen .
Jenseits der Frage, ob diese Regelung, die jetzt vorgese-
hen ist, uns überhaupt etwas bringt, stellen sich mir die
Fragen: Warum dieses Datum? Ist das hinsichtlich des
Aufwandes, der den Telekommunikationsanbietern ent-
steht, verhältnismäßig? Also welche Begründung gibt es
dafür?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Die Antwort auf die Frage, warum dieses Datum ge-
wählt wurde, würde ich Ihnen gerne schriftlich nachrei-
chen . Das kann ich Ihnen aus dem Stand nicht sagen .
Ich finde nur, es darf keine Prämie für die Anbieter
geben, wenn sie das, wozu sie längst verpflichtet gewe-
sen wären, wie Herr von Notz zu Recht festgestellt hat,
bisher nicht gemacht haben .
Wir haben aber erstens in dem Gesetzentwurf vorge-
sehen, dass wir im nächsten halben Jahr mit den Anbie-
tern ein technikoffenes und für die Kunden praktikables
Verfahren entwickeln .
Zweitens haben wir eine Übergangsfrist, die sehr lang
ist – ich finde sie recht lang; vielleicht kann man sie noch
verkürzen –, eingeräumt . Sie beträgt 18 Monate . Inner-
halb dieser 18 Monate sind, glaube ich, alle diese Fragen,
ohne dass es zu einer übergroßen Belastung der Unter-
nehmen kommt, zu regeln .
Konstantin von Notz .
Herr Minister, zu dem Punkt des Kollegen Ströbelenur die Anmerkung: Dass die Presse sozusagen überdiesen Gesetzentwurf informiert wurde, bevor das Parla-ment informiert wurde, ist kein guter Stil .Ich wollte noch einmal bezüglich der Datenbankennachfragen . Meiner Ansicht nach ist es ein Paradigmen-wechsel, dass man gemeinsam mit anderen Ländern Da-tenbanken errichtet . Gibt es dann Errichtungsanordnun-gen durch die BfDI?Und: Um welche Staaten könnte es sich handeln? Siereden jetzt gerne von Frankreich und sagen zu Ungarn:Vielleicht . Wie ist es denn mit Syrien oder Ägypten? Istdas ausgeschlossen?Vor allen Dingen im Hinblick auf den Zweck mussman sagen: Das Paket ist ja überschrieben mit „Antiter-ror“ . Sie haben eben von Sicherheitsbelangen geredet,die Grundlage für die Errichtung dieser Datenbankensein können . Kann es also sein, dass sogar für andereZwecke als Antiterror deutsche Staatsbürgerinnen undStaatsbürger – ich spitze es jetzt einmal zu – in Daten-banken gemeinsam mit Assad landen, auf diedann von Nachrichtendiensten beider Seiten zugegriffenwerden kann – ist das möglich? –, oder könnten Sie ab-schließend die Zwecke, für die solche gemeinsamen Da-teien errichtet werden können, aufzählen?Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Ich kann Ihnen erst einmal sagen: Ihr Beispiel ist voll-ständig abwegig .
Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
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– Meine Meinung ist, dass Ihr Beispiel vollkommen ab-wegig ist; das kann ja so stehen bleiben . Sie sagen, es seinicht abwegig . Ich bin der Meinung, es ist abwegig .
Sie sprachen von einem Paradigmenwechsel . DiesesWort ist vielleicht ein bisschen zu groß . Das Wort „Para-digmenwechsel“ wird meines Erachtens ein bisschen zuhäufig verwendet.
Aber ich stimme Ihnen zu: Es ist tatsächlich eine qualita-tive Veränderung, dass wir mit bestimmten Staaten nichtnur Daten austauschen, sondern auch eine gemeinsameDatei mit ihnen führen . Das ist ein großer sicherheitspo-litischer Gewinn .Sozusagen als Vorsichtsmaßnahme muss man dann na-türlich entsprechende Vorkehrungen treffen . Dabei spieltdie Definition eine Rolle. Es geht um erhebliche Sicher-heitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland; dieseDefinition ist noch genauer, schränkt weiter ein: Die Teil-nahme setzt notwendige Standards wie ein angemessenesDatenschutzniveau und die Einhaltung rechtsstaatlicherPrinzipien voraus . Darüber muss sich das Bundesamt fürVerfassungsschutz vergewissern; das wird genau geprüft .Das BMI muss in allen Fällen gemeinsamer Dateien zu-stimmen, und der Bundesminister des Innern in Personmuss zustimmen, wenn es um Drittstaaten außerhalb desKreises unserer Nachbarn oder unserer Sicherheitspart-ner in EU und NATO geht . Das wird aber die große Aus-nahme sein . Mit den Staaten, die Sie genannt haben, wol-len wir keine gemeinsamen Sicherheitsdateien führen .
– Wenn mir die Präsidentin noch ein bisschen Zeit gibt, –
Ja, die ist heute gut aufgelegt .
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
– will ich schnell nachsehen, welche Zwecke es sind .
Es müssen jedenfalls Tatsachen vorliegen, bestimmte
Bestrebungen existieren, es müssen erhebliche Sicher-
heitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland betrof-
fen sein . Das sind die Voraussetzungen .
– Nicht zwingend Terror .
Vielen Dank . – Es haben sich noch André Hahn und
Irene Mihalic gemeldet . Dann frage ich, zu welchem
Punkt es weitere Fragen gibt . – Herr Hahn .
Vielen Dank . – Herr Minister, der Gesetzentwurf ent-
hält die Regelung, dass Daten nur dann übermittelt wer-
den dürfen, wenn der andere Nachrichtendienst zusagt,
dass er über die weitere Verwendung dieser Daten später
im Zweifel auch Auskunft gibt . Es gibt diese Regelung
bereits jetzt im Hinblick auf die Übermittlung personen-
bezogener Daten an ausländische Dienste .
Wir haben in einer Kleinen Anfrage nachgefragt, in
wie vielen Fällen das Bundesamt für Verfassungsschutz
oder der BND nachgehakt haben, was mit diesen Daten
passiert ist, und ob die Auskunft erteilt worden ist . Sie
haben uns diese Frage nicht beantworten können . Inso-
fern gibt es derzeit gar keine parlamentarische Möglich-
keit der Kontrolle, ob dieser Schutzmechanismus, der im
Gesetz steht, auch greift . Deshalb möchte ich gerne fra-
gen, ob Sie inzwischen Erkenntnisse zusammengetragen
haben, was die Weitergabe oder Weiterverwendung von
Daten durch andere Dienste angeht, und was dabei das
Ergebnis gewesen ist .
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Nein, ich kann Ihnen aus dem Stand nicht sagen, ob
es weitere Erkenntnisse gibt . Aber es gibt keinen An-
haltspunkt dafür, dass die Staaten, mit denen dies im
Wesentlichen stattfindet – etwa europäische Staaten wie
Frankreich und Großbritannien, aber auch andere –, die
Daten, die sie von uns bekommen, rechtsmissbräuchlich
verwenden .
Vielen Dank . – Nun steht noch Kollegin Irene Mihalic
für die Grünen auf der Liste .
Herr Minister, ich möchte noch einmal darauf zurück-kommen, dass Sie eben sagten, dass Sie gemeinsame Da-teien auch mit Sicherheitspartnern anstreben . Wir habenvorhin gehört: Das Bundesamt für Verfassungsschutztauscht Daten mit Syrien aus . An dieser Stelle möchte ichgerne noch einmal konkret nachfragen: Ist Syrien solchein Sicherheitspartner?Die gleiche Frage bezieht sich auch auf Ägypten . Siewaren ja kürzlich in Ägypten und haben sich mit demdortigen Innenminister über eine engere, auch polizei-liche, Zusammenarbeit ausgetauscht . Möglicherweiseging es dabei auch um den Austausch von Informationender Nachrichtendienste .Meine konkrete Frage lautet: Welche Länder könnenSie ausschließen, wenn es um eine Zusammenarbeit imHinblick auf gemeinsame Datenbanken geht? Bei wel-chen Ländern käme Ihrer Ansicht nach eine Zusammen-arbeit also nicht infrage?Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
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Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Das sind alle Staaten, bei denen die Einhaltung rechts-staatlicher Prinzipien nicht gewährleistet ist .
Unser besonderes Interesse richtet sich auf dieEU-Staaten, auf die NATO-Staaten und auf die derNATO gleichgestellten Staaten . Da Sie Sicherheitsexper-tin sind, wissen Sie, welches Land dafür insbesondere inBetracht kommt .
Vielen Dank, Herr Minister . – Damit kommen wir
jetzt – das wissen Sie – zum zweiten Punkt der Regie-
rungsbefragung . Ich frage Sie daher, ob es Fragen zu
anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung gibt . –
Christian Ströbele .
Mir drängt sich eine Frage auf, Herr Minister: Ist heu-
te in der Kabinettssitzung auch über die neueste, jetzt
bekanntgewordene Panne beim Bundesamt für Verfas-
sungsschutz – offenbar sind SIM-Karten des verstorbe-
nen V-Mannes „Corelli“ aufgetaucht; das ist ja nur eine
Panne in einer ganzen Pannenserie – gesprochen worden,
und ist auch darüber gesprochen worden, wer und wel-
ches Ministerium nun langsam einmal die Verantwortung
für diese Pannenserie, die jetzt ja schon seit drei Jahren
andauert, übernimmt?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Herr Abgeordneter Ströbele, darüber ist im Kabinett
nicht gesprochen worden .
Vielen Dank, Herr Minister . – Damit kommen wir jetzt
zum dritten Punkt der Regierungsbefragung, nämlich zu
den Fragen zu Themen, über die in der Kabinettssitzung
zwar nicht gesprochen wurde, die für die Kolleginnen
und Kollegen hier aber gleichwohl von Interesse sind . –
Zuerst hat sich die Kollegin Petra Pau gemeldet .
Meine Frage schließt sich an die Frage des Kollegen
Ströbele an: Haben Sie nach dem wundersamen Auf-
tauchen eines Handys vor circa drei Wochen, welches
dem ehemaligen V-Mann „Corelli“ zugerechnet wird,
im Rahmen Ihrer Dienstaufsicht Maßnahmen getroffen,
um eventuell weitere noch vorhandene Beweismittel im
Bundesamt für Verfassungsschutz zu sichern, und haben
Sie dienstliche Erklärungen von denjenigen eingeholt,
die in irgendeiner Weise damit befasst waren?
Wie gesagt, wir sind in dieser Woche mit der Tatsache
konfrontiert, dass plötzlich vier SIM-Karten aufgetaucht
sind . Auch hier gab es übrigens das Phänomen, dass ich
schon mittags Anrufe von Journalisten bekommen habe,
die mich zu diesem Sachverhalt befragten, während Ihr
Ministerium mich erst um 17 .31 Uhr im Vorfeld des Ob-
leutegesprächs per E-Mail über diese Tatsache unterrich-
tet hat .
Mich interessiert: Was geschieht in Ihrem Ministeri-
um, um dort die Dienstaufsicht entsprechend wahrzuneh-
men und uns vielleicht vor weiteren Überraschungen zu
bewahren?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Dass dort vier SIM-Karten gefunden worden sind,
war auch für das Bundesministerium des Innern über-
raschend . Die Vorfälle sind Anlass zu sehr kritischer
Dienst- und Fachaufsicht . Wir schicken Mitarbeiter dort-
hin, die dort alles überprüfen, und dann wird es einen
Bericht an uns geben, der auch in den entsprechenden
parlamentarischen Gremien mündlich oder schriftlich
vorgestellt werden wird . Bevor dieser Bericht nicht da
ist, möchte ich allerdings keine Bewertung abgeben .
Britta Haßelmann .
Herr Minister, das ist aber doch ein skandalöser Vor-gang . Wir werden jeden Tag mit neuen Dingen kon-frontiert . Gegenüber den Familien und den Opfern desNSU-Terrors ist diese Entwicklung eine dramatischeSituation . Wir hatten einen Sonderbeauftragten . JerzyMontag hat einen umfangreichen „Corelli“-Bericht ver-fasst . Danach wurden die Parlamentarier in einer Art Sa-lamitaktik mit immer neuen Vorgängen in dieser Sachekonfrontiert – und zwar nachdem die Presse informiertwurde, wie Petra Pau gerade gesagt hat –, die skandalössind, was das Bundesamt für Verfassungsschutz und wasIhre Dienst- und Fachaufsicht angeht .Erst war es das eine Handy . Dann sind es plötzlich vierHandys oder inzwischen sogar sieben oder acht . Jetztsind es vier neue SIM-Karten . In jeder Woche wird unsgesagt: Das war es jetzt . – Das scheint aber nicht der Fallzu sein . Daher meine Frage: Hat nicht das Parlament einRecht darauf – schließlich unterhalten sich anscheinendauch alle möglichen Leute mit der Presse darüber –, aus-reichend und umfangreich darüber informiert zu werden,und das vielleicht auch einmal im Rahmen einer Regie-rungsbefragung?Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Ja, ich teile Ihre Auffassung . Dieses Recht haben Sie .
Ich werde dem auch nachkommen, in welcher Form Siedas auch immer mögen . Soweit es geheimhaltungsbe-dürftig ist, wird dies in den dafür vorgesehenen parla-mentarischen Gremien geschehen . Das kann ich aber erstdann tun, wenn auch wir im Ministerium einen klarenÜberblick darüber haben, was dazu geführt hat, dass jetzt
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plötzlich vier SIM-Karten auftauchen, nachdem schondieses Handy nachträglich gefunden worden war, wor-über wir in der Tat auch nicht erfreut waren . Wir möchtenjetzt genauer wissen, was da los ist, und können erst dannden Vorgang bewerten .
Ich gehe davon aus, dass Frau Renner auch zu diesem
Bereich fragen möchte und Harald Ebner deswegen be-
reit ist, noch ein bisschen zu warten . Sie kommen aber
auf jeden Fall dran, Herr Ebner . – Dann hat jetzt Martina
Renner das Wort .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Nur der Vollständig-
keit halber: Vor den Handys und den SIM-Karten ist ja
auch schon die von Thomas Richter an das BfV überge-
bene NSU/NSDAP-CD aufgetaucht .
Ich halte diese ganze Geschichte nicht für eine Baga-
telle oder etwas, über das wir einfach hinweggehen dür-
fen . Es handelt sich um Beweismittel in einem Strafver-
fahren, in dem es um zehnfachen Mord und Terror von
rechts geht . Die Daten, die sich auf diesen Gegenstän-
den befinden, ob nun CD, SIM-Karte oder Handy, sind
Beweismittel in diesem Verfahren und hätten seit Jahren
den zuständigen Ermittlungsbehörden, zum Beispiel dem
BKA, und dem OLG München zur Verfügung gestellt
werden müssen .
Deswegen lautet meine Frage an Sie als Dienstherr
des Bundeskriminalamtes: Ist es nicht an der Zeit, dass
das Bundeskriminalamt eine Beweissicherungsmaßnah-
me im Bundesamt für Verfassungsschutz durchführt,
um sicherzustellen, dass alle dort noch befindlichen Be-
weismittel zum Komplex NSU wenigstens noch in das
laufende Verfahren vor dem OLG München eingeführt
werden können?
Ich denke, nach den ganzen Vorgängen – es geht um
einen Zeitraum von viereinhalb Jahren und um mehr-
fache offensichtliche Vertuschungsaktionen, also nicht
etwa Fehler oder Pannen – ist es an der Zeit, dass Sie tat-
sächlich auch die zuständige Ermittlungsbehörde in den
Stand versetzen, sämtliche Beweismittel im Bundesamt
für Verfassungsschutz zu sichern . Was ist Ihre Haltung
dazu?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Frau Renner, zunächst möchte ich sagen, dass auch
ich das nicht für eine Bagatelle halte . Aber ich möchte
erst klarer wissen, was genau los war, warum das nicht
vorher erfolgt ist, welche Motive es dafür möglicherwei-
se gab und was auf den SIM-Karten gespeichert ist . Dann
muss man den Vorgang bewerten .
Irene Mihalic .
Herr Minister, es gab inzwischen schon mehrere Gele-
genheiten, diesen Vorgang entsprechend zu bewerten . Sie
haben vorhin in diesem Zusammenhang auch parlamen-
tarische Berichte angesprochen, die Sie uns hier vorlegen
wollen, nachdem Sie diese Vorgänge im BfV hoffentlich
tatsächlich einmal lückenlos aufgeklärt haben werden .
Ich möchte nur daran erinnern, dass wir uns mit der
Angelegenheit V-Mann „Corelli’“ nicht nur ein einziges
Mal im Innenausschuss befasst haben . Von Mai 2014 bis
Februar 2015 gab es regelmäßig Befassungen mit diesem
Thema im Innenausschuss . Es waren regelmäßig Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter Ihres Hauses im Innenaus-
schuss zu Gast . Auch BfV-Präsident Maaßen war regel-
mäßig Gast im Innenausschuss und hat uns auf unsere
dezidierten Nachfragen immer versichert, es gebe im
Zusammenhang mit dem ehemaligen V-Mann „Corelli“
fünf Handys und die dazugehörigen SIM-Karten . Auch
auf mehrmalige Nachfrage hat er diese Feststellung nicht
ergänzt, und es ist auch nicht noch einmal nachgeschaut
worden, sondern das war definitiv. Damit mussten wir
uns als Parlament ausreichend informiert fühlen . Wir
mussten in dem Moment davon ausgehen: Okay, das war
es jetzt .
Jetzt kommt ein Ding nach dem anderen, um es ein-
mal so zu formulieren: Erst wird ein Handy gefunden,
dann vier weitere SIM-Karten . Wir dürfen gespannt sein,
was man vielleicht sonst noch alles findet. Ich jedenfalls
bin sehr gespannt, was Ihre Mitarbeiter, die Sie ins BfV
nach Köln entsenden, dort noch finden werden. Deshalb
möchte ich erst einmal wissen: Wem können wir, die wir
in Innenausschusssitzungen informiert werden, in die-
sem Zusammenhang noch glauben?
Ich möchte noch etwas von Ihnen wissen . Wenn Sie
jetzt Ihre Mitarbeiter ins BfV nach Köln entsenden: Wel-
che konkreten Maßnahmen werden sie dort treffen? Die
Kollegin Renner hat vorhin zutreffend festgestellt, was
jetzt eigentlich die richtige Maßnahme wäre, nämlich die
Beweismittelsicherung durch das Bundeskriminalamt .
Die Frage ist also: Was werden die Mitarbeiter des BMI
im BfV tun, um diese Angelegenheit tatsächlich einmal
lückenlos aufzuklären?
Ich darf die Kollegen auf Folgendes hinweisen: EineMinute ist die Fragezeit, eine Minute ist die Antwortzeit .Sie haben diese Zeit deutlich überzogen . Das heißt, wennder Minister ebenfalls überziehen möchte, hat er dazu dasRecht .Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Zur ersten Frage, wem Sie glauben können: Diese Fra-ge müssen Sie höchstpersönlich beantworten .
Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
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– Sie können dem Bundesministerium des Innern glau-ben . Die Auskünfte beziehen sich natürlich immer aufden aktuellen Kenntnisstand .Zum Auftrag . Der Auftrag der Mitarbeiter ist umfas-send . Ich möchte jetzt nicht alle Prüffragen vortragen . Esgeht zum Beispiel um Fragen wie: Ist es derselbe Safe?Wer hat Zugang zu dem Safe? Was ist eigentlich gesche-hen, nachdem dieses Handy gefunden wurde? Wer hatwo und wie was protokolliert? Wer hat Zugang zu diesenSchränken? Gibt es noch mehr Schränke? All diese Fra-gen werden natürlich Gegenstand der Untersuchungensein .
Dann Frank Tempel und danach Konstantin von Notz
noch zu diesem Punkt .
Herr Minister, meine Kollegen haben zu Recht ge-
fragt, welche Maßnahmen und welche Überprüfungen
im Rahmen der Beweismittelsicherung erfolgen werden .
Mir geht es aber noch um etwas anderes . Da Sie ge-
sagt haben, es würden Mitarbeiter zur Überprüfung hin-
geschickt, bitte ich darum, die Frage zu beantworten:
Welche Maßnahmen werden ergriffen, um grundsätzlich
etwas zu ändern? Sie wissen, dass ich ein ehemaliger
Polizeibeamter bin . Ich weiß, wie man Asservate sicher-
stellt und wie man solche Fehler grundsätzlich vermeiden
kann . Ein wichtiger Zeuge im Untersuchungsausschuss,
der zu einer Aussage hätte fähig sein müssen, konnte uns
nicht die Frage beantworten, wie normalerweise das Ver-
fahren bei der Sicherstellung solcher Gegenstände ist .
Jetzt ist es mehrfach passiert, dass offensichtlich et-
was völlig unkontrolliert herumliegt, das nicht mehr
zugeordnet werden kann . Ich kann mir in einer deut-
schen Behörde mit Beamten, ehrlich gesagt, eine solche
Schlamperei nicht vorstellen . Was wird getan werden,
um das grundsätzlich für die Zukunft auszuschließen?
Es geht nicht nur darum, was im Einzelfall passiert ist
und welche Beweismittel noch vorhanden sind . Vielmehr
ist die Frage: Wie kann so etwas ein für alle Mal ausge-
schlossen werden?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Herr Abgeordneter, das wird man sicher sehen, wenn
der Bericht da ist . Ich gehe davon aus, dass der Präsident
des Bundesamts für Verfassungsschutz selbst ein hohes
Interesse an vollständiger Aufklärung hat .
Konstantin von Notz .
Herr Minister, die Bundeskanzlerin selbst hat während
der Trauerfeier für die NSU-Opfer und in Anwesenheit
der Familien der Opfer rückhaltlose Aufklärung verspro-
chen . Viele Kollegen, die dabei waren, sind auch heute
hier im Saal .
Die jetzige Faktenlage spricht dafür, dass es diese
rückhaltlose Aufklärung nicht gab und dass das Parla-
ment in verschiedenen Gremien falsch informiert wurde .
Mich interessiert einfach, wer dafür die Verantwortung
übernimmt, völlig unabhängig von Einzelheiten und auch
davon, ob dabei eine große Verschwörung herauskommt
oder nicht . Der Sachverhalt, wie viele Handys und wie
viele SIM-Karten es gab – darüber gab es Extrasitzungen
im Innenausschuss –, war zu dieser Zeit hochrelevant,
aber die Wahrheit wurde uns nicht erzählt .
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Herr von Notz, ich teile Ihre Auffassung nicht . Der
deutsche Rechtsstaat, das Parlament, die Länderparla-
mente haben in einer beispielhaften Weise all diese Zu-
sammenhänge aufgeklärt, Erkenntnisse auf den Tisch
gelegt sowie Empfehlungen gegeben . Es hat in einer bei-
spiellosen Weise Selbstkritik der Verfassungsschutz- und
Polizeibehörden gegeben .
– Ich komme gleich darauf zu sprechen . – Es hat einen
Reformprozess im Bundesamt für Verfassungsschutz
und in den entsprechenden Landesämtern gegeben . Wir
haben Empfehlungen des Untersuchungsausschusses be-
kommen, die im Wesentlichen umgesetzt worden sind
und werden . Es gibt einen neuen Untersuchungsaus-
schuss . Wir haben das Gesetz über das Bundesamt für
Verfassungsschutz geändert, etwa was die V-Mann-Füh-
rung angeht . Wir haben einen Strafprozess, in dem jetzt
sehr gründlich verhandelt wird .
Der deutsche Rechtsstaat hat also wirklich mit großer
Leidenschaft und nüchternem Verstand diese Mordserie
zum Anlass genommen, auch strukturelle Defizite aufzu-
klären und abzustellen . Wenn sich jetzt herausstellt, dass
das noch nicht genug war, weil noch weitere Dinge auf-
tauchen, dann ist das zu bewerten . Das muss aber erst
einmal aufgeklärt werden, und dann muss weiter dafür
gesorgt werden, dass so etwas nicht mehr vorkommt .
Aber ich halte es für falsch, zu sagen, wegen dieser
vier SIM-Karten, von denen wir noch nicht wissen, was
darauf gespeichert ist, sei sozusagen der gesamte Prozess
der Aufarbeitung der NSU-Mordserie nicht gelungen .
Auch das wäre, glaube ich, den Opfern gegenüber nicht
richtig und nicht angemessen .
Ich lasse jetzt noch vier Fragen zu, bevor wir dannin die Fragestunde übergehen . Ich hoffe, Sie sind da-mit einverstanden . – Noch zu diesem Komplex FrauBundesminister Dr. Thomas de Maizière
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(D)
Haßelmann und Frau Mihalic, und dann Herr Ebner undHerr Krischer, die sich ebenfalls gemeldet hatten . Da-nach schließe ich die Regierungsbefragung ab, und dannkommen wir zur Fragestunde . – Frau Haßelmann, bitte .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Minister, gera-
de weil wir das alle wollen und weil wir es mit der Auf-
klärung und der Verantwortung gegenüber den Familien
ernst meinen, kann man das doch nicht vertreten . Unse-
ren Untersuchungsausschüssen im Deutschen Bundes-
tag – dem ersten in der letzten Legislatur und dem zwei-
ten in dieser – und den Untersuchungsausschüssen in
den Länderparlamenten sowie unserem Sonderermittler
Jerzy Montag, der extra für den Fall „V-Mann Corelli“
eingesetzt worden war und einen riesenlangen Untersu-
chungsbericht dazu vorgelegt hat, sind alle diese Dinge,
über die wir gerade sprechen, vorenthalten worden, und
zwar von einer deutschen Behörde . Das kann man ein-
fach nicht erklären . Das ist doch verantwortungslos .
Daher kann man nicht sagen: Wir haben alles getan . –
Wir haben nicht alles getan, und es hat ein Versagen ge-
geben . Angesichts dieses Versagens ist für uns die Fra-
ge: Was kommt noch? Dass es nach der Vorgeschichte
Zweifel gibt, müssen Sie doch nachvollziehen können .
Es gibt Zweifel, ob wir jetzt wirklich alles wissen, und
die Befürchtung, dass vielleicht in der nächsten Woche
wieder drei SIM-Karten und vier weitere Handys auftau-
chen, obwohl man uns seitens des Bundesamtes für Ver-
fassungsschutz zum dreiundzwanzigsten Mal erklärt hat:
Das war jetzt alles . – Das ist die Frage, die uns alle nach
den neuen Informationen umtreibt .
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Frau Haßelmann, ich glaube nicht, dass wir sozusagen
in dem Motiv und in dem, was uns ärgert oder bedrückt,
auseinander sind . Wir teilen das . Ich habe auf die Frage
der Abgeordneten Renner gesagt: Es ist keine Bagatelle,
um die es hier geht .
Allerdings kann man den Begriff „vorenthalten“, den
Sie verwendet haben, so deuten, als gäbe es irgendwelche
Beamte, die gesagt haben: Wenn Herr Montag kommt,
dann zeigen wir ihm dieses und jenes extra nicht .
Ich hoffe nicht, dass das so war .
Aber es gibt noch andere Gründe, warum man irgend-
etwas nicht findet. Auch das wäre nicht in Ordnung. Um
das vollständig aufzuklären, sind Mitarbeiter vor Ort, um
das in gemeinsamer Arbeit mit dem Bundesamt aufzu-
klären, und dann wird man weitersehen .
Vielen Dank, Herr Minister . – Irene Mihalic .
Was man aber doch auf jeden Fall sagen kann – und
dem stimmen Sie offensichtlich auch zu –, ist, dass dem
Sonderermittler Jerzy Montag nicht alle Informationen
zur Verfügung standen und dass wir in zahlreichen Sit-
zungen des Innenausschusses nicht die Informationen
erhalten haben, die wir benötigt hätten, um die ganze
Angelegenheit tatsächlich aufklären zu können oder dem
im Sinne einer umfassenden Aufklärung Rechnung zu
tragen .
Deswegen muss ich noch einmal die Frage stellen,
wer für diese Falschinformationen des Parlaments – es
waren falsche Angaben, die uns gemacht worden sind,
aus welchen Gründen auch immer sie getroffen wurden –
die Verantwortung übernimmt . Wen aus Ihrem Haus ent-
senden Sie nun in das Bundesamt für Verfassungsschutz,
um das aufzuklären? Was sind das für Mitarbeiter?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Zu Ihrer ersten Frage: Es ist zu früh, das zu beantwor-
ten . Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz
unterrichtet das Parlament auf Basis seines jeweiligen
Kenntnisstandes . Nun werden wir sehen, wie die Kennt-
nisse waren und wie sie zustande gekommen sind .
Zu Ihrer zweiten Frage: Es sind Mitarbeiter – diese
will ich jetzt nicht namentlich nennen – aus dem Auf-
sichtsbereich der Abteilung Öffentliche Sicherheit .
Vielen Dank . – Nächster Fragesteller ist Harald Ebner,
Bündnis 90/Die Grünen .
Dann wechseln wir das Thema . In der letzten Wochehat der Deutsche Ärztetag gefordert, die Zulassung desPflanzenkillers Glyphosat zu widerrufen. Am nächstenMontag wird ein Gremium der Europäischen Union, dasStanding Committee on Plants, Animals, Food and Feed,über die Verlängerung der Zulassung dieses Pflanzenkil-lers um 12 bis 18 Monate ohne jedwede Beschränkungentscheiden .Genau das Gleiche sollte schon am 18 . Mai passieren .Aber damals gab es keine deutliche Mehrheit . Deshalbwurde das verschoben . Wir hatten dazu einen Antrag imPlenum eingebracht . Dieser wurde – so will ich es ein-mal formulieren – nicht sachgerecht in die Ausschüsseüberwiesen und seine Beratung heute in dem zuständigenAusschuss abgesetzt .Wenn am Montag die erwähnte Abstimmung stattfin-det, brauchen wir eine Positionierung Deutschlands zurVerlängerung der Zulassung von Glyphosat . War dasheute doch noch Thema im Kabinett, und wenn ja, wa-rum gibt es dann kein Ergebnis? Frau StaatssekretärinFlachsbarth hat heute Morgen im Ausschuss gesagt, esgebe dazu momentan keine Position . Wenn nein: Wa-rum wurde das nicht behandelt? Wie gedenkt die Bun-desregierung ihre Position in dieser wichtigen Frage bisMontag zu finden und öffentlich zu kommunizieren, wasVizepräsidentin Claudia Roth
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(C)
(D)
auch wichtig ist, nachdem das Parlament aus dieser Frageoffenbar herausgehalten werden soll?Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-nern:Zu Ihrer ersten Frage: Es war heute nicht Gegenstandder Kabinettsberatungen . Warum etwas nicht Gegen-stand der Kabinettssitzung war, lässt sich nicht beantwor-ten; denn es wird nur das behandelt, was aufgesetzt wird .Deswegen ist Ihre Frage so nicht zu beantworten .Die Willensbildung der Bundesregierung zu diesemPunkt ist nach meiner Kenntnis noch nicht abgeschlos-sen . Es ist durchaus kein ungewöhnlicher Vorgang, dassvor wichtigen Sitzungen – manchmal bis hin zur letztenMinute vor einer europäischen Entscheidung – die Wil-lensbildung einer Bundesregierung erst kurzfristig abge-schlossen ist . Das wird hier vermutlich auch so sein . Dasmuss nicht bis in die letzten Stunden gehen . Aber heuteist erst Mittwoch . Bis Montag ist also noch viel Zeit .
Vielen Dank . – Der letzte Fragesteller: Oliver Krischer .
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Minister,
auf der Internetseite des Bundeswirtschaftsministeri-
ums findet sich heute eine Erklärung zur Umsetzung der
Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der
Finanzierung des Kernenergieausstiegs . Ich habe gerade
vor fünf Minuten gesehen, dass diese Erklärung Gegen-
stand der Kabinettssitzung war . In dieser Erklärung ist
zu lesen, dass das Nachhaftungsgesetz, dessen Entwurf
bereits in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde
und das in den Tiefen der Großen Koalition irgendwie
untergegangen ist, erweitert werden soll .
Meine Fragen lauten: Erstens . Wie wird diese Erwei-
terung vonstattengehen? Bringen Sie ein neues oder ein
geändertes Gesetz ein? Wie sieht die technische Planung
aus? Das soll schließlich sehr zügig geschehen . Zweitens .
Es wird gesagt, dass die Empfehlungen der Kommission
umgesetzt werden sollen und dass die Bundesregierung
eine Gesetzesinitiative dazu vorbereitet, um die weite-
ren Fragen im Zusammenhang mit der Finanzierung des
Atomausstiegs zu klären . Wann können wir mit dieser
Gesetzesinitiative rechnen?
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
Es trifft zu, dass das heute Gegenstand der Kabinetts-
sitzung war . Die Erklärung, die Sie im Internet gelesen
haben, ist vermutlich identisch mit der, die wir heute im
Kabinett beschlossen haben . Der Wirtschaftsminister hat
auch dazu vorgetragen, dass wir der Kommission, insbe-
sondere den drei Vorsitzenden, danken, dass es ihr gelun-
gen ist, ein einstimmiges Votum zu diesem sehr schwie-
rigen Thema zustande zu bringen, und dass das jetzt nach
und nach gesetzgeberisch umgesetzt wird . Der Zeitplan
und das Tempo dieser Gesetzgebung waren heute nicht
Gegenstand der Kabinettsberatung . Aber der zuständige
Wirtschaftsminister wird das in seiner bewährt klugen
Weise so machen, dass das Gesetz rechtzeitig kommt .
Herzlichen Dank . – Damit beende ich die Befragung .
Ich bedanke mich bei den Fragestellerinnen und Frage-
stellern und selbstverständlich auch beim Minister .
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
Drucksache 18/8566
Ich rufe die Fragen in der üblichen Reihenfolge auf .
Bezüglich der Frage 1 der Abgeordneten Erika
Steinbach – Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – verfahren
wir, wie in unserer Geschäftsordnung vorgesehen, weil
die Kollegin Steinbach nicht mehr im Raum ist .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Gesundheit . Die Fragen 2 und 3 der Kollegin
Katrin Kunert werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Ich begrü-
ße Staatssekretär Norbert Barthle .
Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Dr . André Hahn auf:
In welcher Weise wurden die Belange von Menschen mit
Behinderungen inhaltlich im Sinne der UN-Behinderten-
rechtskonvention sowie personell durch
ihre Organisationen bei der Durchführung des 9 . Weltver-
kehrsforums sowie den
vorhergehenden Weltverkehrsforen berücksichtigt, und wel-
che Initiativen gab es diesbezüglich vom Bundesministerium
für Verkehr und digitale Infrastruktur?
Ich gebe Ihnen zur Beantwortung das Wort .
N
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege Hahn,die volle Verwirklichung aller Menschenrechte undGrundfreiheiten für alle Menschen ist Grundanliegendes Weltverkehrsforums . Organisatorisch bietet der Ver-anstaltungsort Messe Leipzig, wo der Jahresgipfel derVerkehrsminister 2016 bereits zum neunten Mal in Folgestattfand, ideale Bedingungen: Spezielle Parkplätze, Vor-fahrt des Shuttleservices bis ans Gelände, Audioguidesund Liaisonoffiziere sind wichtige Aspekte barrierefreierVeranstaltungsstätten .Inhaltlich setzen sich die 57 Mitgliedstaaten seit demersten Gipfel 2008 kontinuierlich dafür ein, dass inklusi-ver Verkehr in die jahresübergreifende Zusammenarbeit,überjährige Forschung, den Jahresgipfel der Verkehrsmi-nister und dort thematisch und personell in die PodienEingang findet. Für den diesjährigen Ministergipfel 2016wurde „Inklusion“ als thematischer Schwerpunkt fest-gelegt und fand Eingang in den Forumstitel „Green andInclusive Transport“ .Da ich selbst während der gesamten Veranstaltung vorOrt war, konnte ich mich persönlich davon überzeugen,dass dies so war .Harald Ebner
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(C)
(D)
Dr . Hahn .
Herr Staatssekretär, die Antwort war insofern für mich
unbefriedigend, als ausdrücklich nach barrierefreier
Mobilität gefragt worden war . Sie haben selber gesagt,
Deutschland sei zum neunten Mal Gastgeber gewesen .
Nach unserem Kenntnisstand war noch nicht ein einziges
Mal die Frage der barrierefreien Mobilität offiziell auf
der Agenda . Es haben aber alle Staaten, die Sie genannt
haben, die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert.
Deshalb ist meine Frage: Wann und in welcher Weise
werden Sie bzw . das Ministerium dafür Sorge tragen,
dass das Thema der barrierefreien Mobilität endlich tat-
sächlich auch im Weltverkehrsforum eine zentrale Rolle
spielt?
N
Nochmals, Herr Kollege Hahn: Es gab eine Abschluss-
erklärung zu diesem Weltverkehrsforum . In dieser Ab-
schlusserklärung waren die Themen soziale Inklusi-
on – das beinhaltet nun einmal auch Barrierefreiheit –,
Chancengleichheit, Zugang zu Jobs, zu Ausbildung, zu
Gütern und Services, der Nutzen bzw . die Aufgabe des
Verkehrssektors, die Möglichkeiten neuer Technologien,
Digitalisierung und Planungsprozesse Hauptgegenstand .
Insofern ist dieser Themenbereich während des Weltver-
kehrsforums präsent .
Ich darf aber auch daran erinnern, dass das Weltver-
kehrsforum kein Entscheidungsorgan ist, sondern eine
Denkfabrik, ein wichtiger Ort, um verkehrsträgerüber-
greifende internationale Dialoge mit annähernd 70 Staa-
ten zu führen .
Dr . Hahn, haben Sie eine weitere Frage?
Ja . – Ich muss noch einmal nachfragen, weil Sie von
Erklärungen sprechen . Die Frage ist ja, was dann tat-
sächlich passieren bzw . umgesetzt wird . Auf nationaler
Ebene scheint die Schaffung von Barrierefreiheit auf der
Liste des Verkehrsministeriums ziemlich weit hinten zu
stehen . Ich habe einmal nachgeschaut: Seit Amtsantritt
von Herrn Dobrindt gab es 376 Pressemitteilungen seines
Ministeriums . Lediglich fünf davon betrafen Themen der
Barrierefreiheit bzw . des barrierefreien Verkehrs . Bayern
dagegen war fast achtmal so oft – nämlich 38-mal – Ge-
genstand von Presseerklärungen . Deshalb meine Frage:
Welche konkreten Akzente will das Verkehrsministerium
bzw . Minister Dobrindt bis zum Ende der Legislaturpe-
riode noch setzen, um die Barrierefreiheit im Verkehr zu
verbessern?
N
Herr Kollege Hahn, die Frage, wie oft ein Stichwort
in einer Pressemitteilung erscheint, ist, glaube ich, nicht
das Entscheidende . Ich darf daran erinnern, dass wir
schon sehr viel unternommen haben, um die Barriere-
freiheit in Deutschland voranzubringen . Ein Beispiel ist
die Erhöhung von Bahnsteigen, um das Einsteigen in
Nahverkehrszüge zu erleichtern . Weiter ging es darum,
in Omnibussen Mitnahmemöglichkeiten für behinderte
Menschen zu schaffen . Auch da haben wir gesetzliche
Änderungen erreicht . Wir haben also schon viel unter-
nommen, um die bestehenden Barrieren, die es zuge-
gebenermaßen noch gibt, weiter abzubauen, um damit
einen barrierefreien Zugang zu allen Verkehrsträgern zu
ermöglichen .
Vielen Dank .
Wir kommen jetzt zur Frage 5 des Kollegen Markus
Paschke:
Stimmt die Aussage, dass derzeit unter Beteiligung des
Bundesverkehrsministeriums an alternativen Szenarien für
Herr Barthle, bitte .
N
Vielen Dank . – Sehr geehrter Herr Kollege Paschke,
die Antwort lautet: Nein . Das Bundesministerium für
Verkehr und digitale Infrastruktur, vertreten durch die
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, ist Part-
ner des Masterplans Ems 2050 und führt in dem Zusam-
menhang die Machbarkeitsstudie für den Bau einer Sohl-
schwelle im Bereich des Emssperrwerks durch .
Neben diesem Projekt beinhaltet der Masterplan
weitere Maßnahmenvorschläge, um die zunehmende
Verschlickung zu stoppen . Hierbei ist das Bundesminis-
terium für Verkehr und digitale Infrastruktur grundsätz-
lich auch offen für darüber hinausgehende Vorschläge .
Herr Paschke, bitte .
Es war ja ein langer Prozess, bis die Vertragspartner
endlich zueinander gefunden und Vertrauen zueinander
gefasst hatten, sodass dieser Vertrag möglich wurde . Teilt
das Ministerium die Einschätzung, dass durch eine un-
abgestimmte Infragestellung des gesamten Masterplans
oder von Teilen des Plans seitens einzelner Partner ein
Keil zwischen die mühsam errungene Einigkeit der Ver-
tragspartner getrieben und Vertrauen zerstört wird, das ja
für eine gute Zusammenarbeit in den nächsten 35 Jahren
unumgänglich ist?
N
Herr Kollege, Teil dieser Vereinbarungen aller Ver-tragspartner sowie dieser Machbarkeitsstudie ist ja auch,dass alle im Masterplan verankerten Elemente entspre-chend berücksichtigt werden . Dies ist Aufgabe des soge-
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(C)
(D)
nannten Lenkungskreises . Diesem Lenkungskreis obliegtes, alle Lösungsansätze bzw . Maßnahmenvorschläge ent-sprechend zu bewerten und dann einen Maßnahmenplanzu erstellen . Das wird sicherlich auch so geschehen .
Sind Sie zufrieden? Haben Sie noch eine Frage? –
Nein .
Gehe ich – weil Herr Barthle sehr deutlich mit Nein
geantwortet hat – recht in der Annahme, dass sich die
nächste Frage, die Frage 6, gar nicht mehr stellt, denn sie
lautet: „Wenn ja, wie sehen diese aus . . .?“, oder soll er sie
trotzdem beantworten, auch wenn er mit Nein geantwor-
tet hat? – Er soll sie trotzdem beantworten .
Dann rufe ich die Frage 6 des Kollegen Paschke auf:
Wenn ja, wie sehen diese aus, und wurden die anderen Ver-
tragspartner darüber informiert?
Herr Barthle, bitte .
N
Frau Präsidentin, Ihre logische Schlussfolgerung ist
eigentlich völlig richtig . Ich will trotzdem ergänzen, dass
sämtliche Maßnahmen oder Alternativvorschläge inner-
halb des über den Masterplan Ems 2050 eingerichteten
Lenkungskreises mit allen Partnern erörtert und gemein-
sam festgelegt werden . Das ist das, was ich Ihnen gerade
eben auch schon erläutert habe . Wir legen großen Wert
darauf, dass alle Maßnahmen im Lenkungskreis erörtert
und festgelegt werden .
Herr Paschke, bitte .
Ich habe noch eine Nachfrage . In dem Zusammenhang
wurde in der Öffentlichkeit ja auch ein Kanal ins Ge-
spräch gebracht . Gibt es denn neue Erkenntnisse in Be-
zug auf diesen vorgeschlagenen Kanal, der schon 2011
in dieser Projektgruppe als nicht durchführbar abgelehnt
wurde, die eine neue Überprüfung notwendig machen?
N
Ein solcher Kanal, Herr Kollege, kann nach unserer
Einschätzung nicht die Maßnahmen des Masterplans
ersetzen und darf deshalb auch nicht in Verbindung mit
diesem Masterplan gesehen werden . Sie weisen richti-
gerweise darauf hin, dass dieser Kanal durch europäische
Schutzgebiete führt und dass er bereits 2011 nicht nur
auf Verwaltungsseite, sondern auch von den Umweltver-
bänden abgelehnt wurde . Das ist Stand der Dinge . Uns
liegen keine anderen Beschlüsse vor .
Wir kommen jetzt zur Frage 7 des Kollegen Johann
Saathoff:
Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass,
falls, wie die Ostfriesen-Zeitung am 20 . Mai 2016 berichtet
hat, alternative Szenarien zum Masterplan Ems 2050 erarbei-
tet werden, die Europäische Kommission doch ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland
einleiten wird?
N
Herr Kollege Saathoff, das Bundesministerium für
Verkehr und digitale Infrastruktur, vertreten durch die
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, ist Part-
ner des Masterplans Ems 2050 und hält sich an die dort
festgelegten Inhalte . Insofern erkennt die Bundesregie-
rung keine entsprechende Gefahr .
Herr Saathoff .
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär . – In diesem
Zusammenhang frage ich mich, wie eine Berichterstat-
tung zustande kommen kann, in der es heißt – ich zitie-
re –, man arbeitet zurzeit unter Beteiligung des Bundes-
verkehrsministeriums an „alternativen Szenarien“ . Da
möchte ich gerne fragen: Welche alternativen Szenarien
sind das?
Ist es nicht viel besser – zumal erst ein Jahr seit der er-
folgreichen Verhandlung, die schwierig genug war, ver-
gangen ist –, die Erreichung der im Masterplan Ems 2050
verankerten Ziele konstruktiv anzugehen, statt Planalter-
nativen auf einer fragwürdigen Ebene zu entwickeln und
dann vor allen Dingen auch zu kommunizieren?
N
Herr Kollege, ich darf nochmals betonen: Der Mas-
terplan sieht vor, dass entsprechende Maßnahmen in ei-
nem Lenkungskreis erörtert werden und dass dann erst
Schlussfolgerungen gezogen werden . Sollte es sich um
Maßnahmen handeln, die über den bisher bekannten
Maßnahmenkatalog hinausgehen, gilt für diese das eben
Gesagte .
Herr Saathoff .
Ist der gerade zitierte Kanal, Herr Staatssekretär, über-
haupt schon in diesem Jahr Bestandteil der Verhandlun-
gen zum Masterplan Ems 2050 gewesen? Oder liegt er
sozusagen außerhalb des Verhandlungsrahmens, der bis-
her gegolten hat?
N
Da ich diesem Verhandlungskreis nicht angehöre,kann ich dazu keine dezidierte Auskunft geben . Einesolche Auskunft werde ich Ihnen aber gerne schriftlichnachreichen .Parl. Staatssekretär Norbert Barthle
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(C)
(D)
Wir kommen jetzt zur Frage 8 des Abgeordneten
Johann Saathoff:
Trifft die Aussage zu, dass die mit dem Masterplan
Ems 2050 verfolgte Idee, den Schlickeintrag mithilfe von
N
Die Machbarkeitsstudie für die Tidespeicherbe-
cken wird entsprechend der Festlegung im Masterplan
Ems 2050 vom Land Niedersachsen erarbeitet . Es obliegt
dann dem über den Masterplan Ems 2050 eingerichteten
Lenkungskreis, über die Realisierung von Maßnahmen
zu beraten und zu entscheiden . Dies kann erst erfolgen,
wenn die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen .
Herr Saathoff, bitte .
Vielen Dank, Herr Staatssekretär . – Liegen in diesem
Zusammenhang denn bereits jetzt, schon zu so früher
Zeit, Erkenntnisse vor, dass ein Tidepolder ungeeignet
ist, um die Probleme der Ems in diesem Bereich tatsäch-
lich zu lösen?
N
Herr Kollege, da ich in meinem Ministerium für die
Wasserwege nicht zuständig bin, ich das Fragerecht des
Parlaments aber als ein hohes Gut betrachte, möchte ich
nicht ausweichend und herumeiernd antworten, sondern
möchte Ihnen diese Frage schriftlich beantworten .
Herzlichen Dank dafür . – Eine Frage hätte ich noch,
Frau Präsidentin .
Ja .
Herr Staatssekretär, Sie haben beschrieben, dass Er-
stellung und Umsetzung des Masterplans Ems 2050 in
Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen und der
Bundesebene erfolgen, was aus meiner Sicht auch ab-
solut sinnvoll ist . Wie würden Sie die Zusammenarbeit
zwischen dem Land Niedersachsen und der Bundesre-
gierung gerade hinsichtlich des Umstandes beschreiben,
dass sozusagen auf der Landesebene gar nicht bekannt
ist, dass in diesem Masterplan an Alternativszenarien wie
einem Kanalausbau gearbeitet wird?
N
Mir ist bisher nicht bekannt, dass die Zusammenarbeit
nicht funktioniere – im Gegenteil . Ich glaube, alle sind
sich darüber einig, dass die durch das unterschiedliche
Tideverhalten an der Unterems aufgetretenen Probleme
gelöst werden müssen . Wie das geschehen soll, muss sich
erweisen .
Vielen herzlichen Dank, Herr Barthle . – Die Fragen 9
und 10 des Kollegen Matthias Gastel, die Fragen 11 und
12 des Abgeordneten Herbert Behrens und die Frage 13
des Kollegen Stephan Kühn werden schriftlich beant-
wortet .
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit . Frage 14 des Abgeordneten Stephan Kühn
wird schriftlich beantwortet .
Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Bildung und Forschung . Antworten
wird der Parlamentarische Staatssekretär Stefan Müller .
Herzlich willkommen!
Die erste Frage ist die Frage 15 von Sylvia Kotting-
Uhl:
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich des
genauen Datums des für Juni 2016 angekündigten Termins des
ITER-Verwaltungsausschusses, an dem über den Umgang mit
dem überarbeiteten Zeit- und Kostenplan für den Fusionsre-
findet voraussichtlich das nächste Beratungstreffen für die
weitere Finanzierung auf EU-Ebene statt?
S
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Kollegin
Kotting-Uhl, ich darf Ihnen mitteilen, dass nach Infor-
mationen der EU-Kommission der ITER-Rat in seiner
Sitzung am 15 . bzw . 16 . Juni dieses Jahres über die über-
arbeitete Zeit- und Kostenplanung für das ITER-Projekt
auf der Grundlage der Begutachtung durch ein unabhän-
giges Expertengremium befinden wird. Dabei muss man
wissen, dass die Befassung des ITER-Verwaltungsaus-
schusses hier nur empfehlenden Charakter hat . Insofern
ist die Frage: Wie wird der Ministerrat dort verfahren?
Da möchte ich Ihnen mitteilen, dass uns derzeit nicht
bekannt ist, wann der Ministerrat bzw . dessen Gremien
oder das EU-Parlament die überarbeitete Projektplanung
behandeln werden .
Frau Kollegin Kotting-Uhl .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Vielen Dank, HerrStaatssekretär . Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir unsüber dieses Fusionsforschungsprojekt ITER austauschen .Es wurde auch heute Vormittag im Forschungs- und Bil-dungsausschuss ganz kurz gestreift .Nun gibt es bei ITER nicht nur zum wiederholten Maleeine Zeitverlängerung, sondern auch zum wiederholtenMale eine Kostensteigerung . Diesmal stehen 4,6 Milliar-http://www.heise.de/tr/artikel/Fusionsforschung-Zittern-beim-ITER-3208603.htmlhttp://www.heise.de/tr/artikel/Fusionsforschung-Zittern-beim-ITER-3208603.html
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den Euro zusätzliche Mittel im Raum . Wie steht die Bun-desregierung dazu? Hält sie das weiterhin für tragbar?S
Ihre Frage zielt darauf ab: Welche Erkenntnisse hat
die Bundesregierung bezüglich möglicher Mehrkosten?
Nach Mitteilung der EU-Kommission ist im ITER-Rat
verabredet worden, dass vor der Sitzung des ITER-Rats
Mitte Juni keine Zahlen in die Welt gesetzt werden, weil
man jedenfalls nicht ausschließen kann, dass diese Zah-
len sich durch die unabhängige Begutachtung noch ein-
mal ändern . Dementsprechend hat sich die EU-Kommis-
sion gegenüber den Mitgliedstaaten bislang noch nicht
zur Höhe von Mehrkosten geäußert .
Im Fortschrittsbericht von Fusion for Energy, der eu-
ropäischen Beschaffungsagentur für ITER, der allerdings
auf Ende 2015 bezogen ist, ist von Mehrkosten in Höhe
von 2,4 Milliarden Euro die Rede . Fusion for Energy
weist aber darauf hin, dass diese Kostenschätzung von
einer ganzen Reihe von Vorbehalten und auch Unsicher-
heiten geprägt ist, solange keine aktualisierte Zeit- und
Kostenplanung vorliegt . Weitere Angaben bzw . Zahlen-
schätzungen liegen jedenfalls uns nicht vor .
Frau Kollegin Kotting-Uhl .
Ja, gerne, danke . – Nach den bisherigen Erfahrungen
und auch nach Einschätzung des Experten-Panels sind es
eher die 4,6 Milliarden Euro . Hier gehen die Zahlen ja
immer nach oben, eigentlich selten nach unten, und sie
stagnieren auch nicht .
Ich habe noch eine grundsätzliche Frage . Wir haben
heute Morgen ganz kurz den Wendelstein 7-X gestreift .
Sie wissen, ich bin keine Fusionsforschungsbefürworte-
rin – aus Gründen, die zu erläutern ich jetzt keine Zeit
habe; Sie kennen sie . Trotzdem muss man deutlich kons-
tatieren, dass dieses deutsche Projekt in Greifswald mehr
Fortschritte macht und dabei deutlich günstiger ist als
dieses gewaltige ITER-Projekt . Ändert das denn die Ein-
stellung der Bundesregierung dahin gehend, eventuell
doch einmal zu schauen, wo es Sinn macht, Forschungs-
gelder, die letztlich auch eine begrenzte Ressource sind,
hineinzustecken, wenn man denn die Kernfusion für un-
erlässlich hält, ob man sich nicht doch besser auf so et-
was wie Wendelstein 7-X konzentriert und vielleicht das
Milliardengrab – anders kann man es nicht bezeichnen –
ITER einmal etwas skeptischer betrachtet?
S
Kollegin Kotting-Uhl, ich glaube, es ist schwierig, die
beiden Projekte miteinander zu vergleichen . Wir haben
es bei Wendelstein mit einem Fusionsforschungsprojekt
zu tun, das seinerseits Beiträge leisten soll für ITER .
Daran wird deutlich, dass ITER einen größeren Ansatz
hat . Wichtig ist, dass bei Wendelstein die Planungen – je-
denfalls soweit ich informiert bin – eingehalten worden
sind . Ich denke aber nicht, dass das Rückschlüsse darauf
zulässt, wie es bei ITER vorangeht .
Dass auch die Bundesregierung in der Vergangenheit
mit dem Fortgang des ITER-Projektes nicht zufrieden
war, ist ja nun in der Tat kein Geheimnis . Wir haben un-
sererseits immer wieder Beiträge dazu geleistet, dass dort
auch im Projektmanagement Verbesserungen zustande
kommen . Mein Eindruck ist, dass der neue Generaldi-
rektor auch das Projektmanagement anders angeht, dass
wir dort jetzt mehr verlässliche Daten haben und daran
gearbeitet wird, das Projekt zum Abschluss zu bringen .
Vielen Dank . – Ich rufe Frage 16 des Kollegen Oliver
Krischer auf:
Wie hat sich die Bundesregierung im Rat „Wettbewerbs-
fähigkeit“ der Europäischen Union am 26 ./27 . Mai 2016 zum
Beschlussvorschlag „Draft Council conclusions on Research
and Innovation friendly regulation“ im
Hinblick auf die gegenüber dem vorherigen Beschlussvor-
schlagstext erfolgte Einfügung unter Punkt 3 „and technology
neutral“ verhalten, die die Basis für Forschungsförderung für
Atom- und Kohlekraft auf EU-Ebene ermöglicht, und was hat
die Bundesregierung konkret gegen die Aufnahme dieser For-
mulierung in den Beschlusstext unternommen?
Herr Staatssekretär .
S
Herr Kollege Krischer, die Bundesregierung ist der
Auffassung, dass unter den in Ziffer 3 genannten Begriff
„Technologieneutralität“ nicht die finanzielle Förderung
von Kernkraftwerken fällt . Die Bundesregierung hatte
sich entsprechend bereits am 26 . Mai im EU-Wettbe-
werbsfähigkeitsrat, Teil Industrie, in diesem Sinne dazu
eingelassen .
Herr Krischer .
Herzlichen Dank . – Herr Staatssekretär, mich wundert
jetzt, dass das Forschungsministerium diese Frage beant-
wortet .
S
Ich wundere mich da auch manchmal . Aber das sind
Dinge, die wir nicht zu beeinflussen haben.
Ich habe jetzt den Geschäftsverteilungsplan der Bun-desregierung nicht ganz im Kopf; aber ich würde eigent-lich davon ausgehen, dass die Frage des Wettbewerbs-rechts im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist .Wer hat denn an diesem Rat teilgenommen? Wie undmit welcher Äußerung hat er oder sie sich zu dieser Än-derung, die sehr kurzfristig in den Text eingefügt wor-den ist, eingebracht? Man muss diese Änderung auch vordem Hintergrund von anderen Papieren zur Atomförde-Sylvia Kotting-Uhl
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rung sehen; ich habe dazu eine Frage gestellt, ich glaube,Frau Kotting-Uhl auch . Wie ist das vor diesem Hinter-grund zu sehen?S
Es handelt sich bei dieser Entschließung in der Tat um
eine Beschlussvorlage, in der es um Innovations- und
Forschungspolitik, um bessere Rechtssetzung und um
Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung
geht . Insofern fällt die Beantwortung der Frage natürlich
in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung .
Die Antwort auf die Frage, wer konkret daran teilge-
nommen hat, würde ich Ihnen gerne nachreichen . Weil
es in der Beschlussvorlage um allgemeine Rahmenbedin-
gungen geht, spielt der Begriff „technologieneutral“ im
Übrigen beispielsweise in Bezug auf die Förderung von
Kernkraftwerken keine Rolle . Solche Beschlussvorlagen
haben lediglich Empfehlungscharakter . Demzufolge sind
die nationalen Politiken, auch einzelne Fachpolitiken,
nicht davon tangiert .
Herr Krischer .
Sind Sie denn, wenn Sie das so sehen, nicht mit mir
einer Auffassung, dass die explizite Einfügung des Be-
griffes „technologieneutral“ in einen lange vorher ab-
gestimmten Text die Möglichkeit eröffnet, am Ende eu-
ropäische Mittel, wie in anderen Papieren nachzulesen,
in die Atomkraftforschung zu stecken, zumal es in dem
Kontext stattfindet, dass es auf europäischer Ebene be-
wusst das Wollen gibt – das kann ja niemand ernsthaft
bestreiten –, die Atomkraftforschung wieder einzufüh-
ren?
S
Die Antwort auf die Frage ist Nein . Ich bin nicht Ih-
rer Meinung, und zwar ganz einfach deswegen, weil
Schlussfolgerungen des Rates politische Willenserklä-
rungen der Mitgliedstaaten sind . Wenn man sich Ziffer 3
der Beschlussvorlage ansieht, die den Begriff „technolo-
gieneutral“ beinhaltet, dann erkennt man, dass es nicht
um Fragen der Nuklearforschungsförderung geht . Für die
Nuklearforschungsförderung bleibt der geltende Rechts-
rahmen des Euratom-Forschungsprogrammes erhalten;
darauf ist es beschränkt . Dieser beschränkt sich wieder-
um auf die Fragen der nuklearen Sicherheit, der Entsor-
gung und des Strahlungsschutzes .
Frau Kotting-Uhl .
Herr Staatssekretär, wir können nicht daran vor-
beischauen, dass es auf europäischer Ebene, gerade von
der EU-Kommission aus, eine ganz deutliche neue Hin-
wendung zur Atomkraft gibt, sowohl, was den Rat an-
geht, diese als Mittel zur Bekämpfung der Klimakrise
anzuwenden, als auch, was die Forschung angeht . Ich
nenne jetzt nur einmal die SMRs, die Small Modular Re-
actors . Da gibt es eine ganz eindeutige Ausrichtung, die
sehr viel stärker ist als noch vor ein paar Jahren .
Wenn Sie von der Beschränkung der Forschung auf
den Bereich der nuklearen Sicherheit reden, dann muss
ich Sie schon daran erinnern, dass es vor einiger Zeit –
es ist schon ein paar Jahre her; das war damals Herr
Hennenhöfer – ein Strategiepapier aus dem Bundesum-
weltministerium gab, in dem die Erforschung neuer Re-
aktorlinien als Teil der Sicherheitsforschung bezeichnet
wurde, da neue Reaktorlinien immer sicherer sind als die
althergebrachten . Das schützt uns also nicht .
Meine Frage an Sie: Wenn die Bundesregierung auch
im internationalen Austausch die Energiewende als Al-
ternative propagiert, wo schlägt sich das von deutscher
Seite aus in diesem Forschungsbereich innerhalb der
EU-Kommission nieder?
S
Frau Kotting-Uhl, wir haben in der Tat, wie Sie schon
erwähnt haben, heute früh im Forschungsausschuss da-
rüber diskutiert . Es wird permanent versucht, der Bun-
desregierung zu unterstellen, wir würden gewissermaßen
über die Hintertür und über die Europäische Kommission
den Wiedereinstieg in die Kernenergie forcieren wollen .
Dieser Eindruck ist ausdrücklich falsch .
Es bleibt dabei – jedenfalls, was Deutschland an-
geht –: Die Positionierung der Bundesregierung in Nu-
klearfragen ist, wie sie ist . Wir lehnen einen europäischen
Förderrahmen für Kernkraftwerke weiterhin entschieden
ab .
Vielen Dank, Herr Kollege . Ich bedanke mich für dieBeantwortung .Ich hätte eine Bitte: Könnte man die Mikrofone ein-mal ölen? Das ist ein schreckliches Geräusch, wenn dieMikrofone zurückgeschoben werden .
Das erinnert mich an irgendwelche anderen Instrumente .Es wäre gut, wenn man sie ölen könnte . Vielen herzli-chen Dank .Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung . Ich begrüße den Parlamentarischen Staats-sekretär Thomas Silberhorn .Die Frage 17 des Abgeordneten Niema Movassat wirdschriftlich beantwortet .Oliver Krischer
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Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Uwe Kekeritzauf:Stimmt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung der Aussage zu, dassein Ministerium, das von seinen Partnern Good Governanceund Transparenz einfordert, jeden Verdacht der Begünstigungausräumen sollte, um seine Glaubwürdigkeit nicht aufs Spielzu setzen, und aufgrund welcher entwicklungspolitischenEignung hat das Bundesministerium vor diesem Hintergrund
Herr Silberhorn, Sie haben das Wort .Th
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege
Kekeritz, Sie haben in Ihrer Frage schon auf eine Ant-
wort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage Ihrer
Fraktion verwiesen . Dort wurde bereits erläutert, dass das
Personalauswahlverfahren für die Besetzung der Leitung
der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung von unserer
Durchführungsorganisation, der Gesellschaft für Interna-
tionale Zusammenarbeit, nach fachlichen Gesichtspunk-
ten und unter Beachtung der Persönlichkeitsrechte der
Bewerberinnen und Bewerber durchgeführt worden ist .
Das BMZ hat dem nach Abschluss des Auswahlverfah-
rens übermittelten Besetzungsvorschlag zugestimmt .
Herr Kekeritz .
Herr Staatssekretär, diese Antwort entspricht der Ant-
wort auf die schriftliche Kleine Anfrage . Sie beantworten
hier eigentlich nichts . Wenn das Bewerbungsverfahren
so korrekt abgelaufen ist, warum können Sie dann die
wesentlichen Bestandteile dieses Bewerbungsprozes-
ses nicht offenlegen? Warum beantworten Sie auch die
Frage nicht, warum die Personalvorschläge von GIZ und
DEG – es wurden weitere kompetente Kandidaten ge-
nannt – schlicht ignoriert worden sind?
Th
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat die Gesellschaft für In-
ternationale Zusammenarbeit und die Deutsche Inves-
titions- und Entwicklungsgesellschaft damit beauftragt,
die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung zu betrei-
ben . Deswegen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
dieser Agentur Angestellte der DEG bzw . der GIZ . Das
Personalauswahlverfahren hat – wie ich bereits darge-
stellt habe – die GIZ durchgeführt .
Eine weitere Nachfrage, Herr Kekeritz?
Ja, ich habe eine weitere Nachfrage . – Es geht mir
um den Prozess . Wenn man eine neue Institution grün-
det, dann geht es insbesondere bei der Leitungsposition
um Aufgabenbeschreibungen und auch um die ungefäh-
re Besoldungshöhe . Ich wundere mich schon, dass eine
Arbeitsgruppe von vier Personen mit einer Arbeitsgrup-
penleiterin in der Besoldungsgruppe zwischen B 9 und
B 10 angesiedelt wird . Das entspricht einer Besoldung
von ungefähr 140 000 Euro im Jahr .
Ich komme aus Bayern . Ich weiß, dass der Landrat
dort ungefähr B 6 bekommt, aber er hat Personalverant-
wortung für 300 Menschen und in der Regel einen Ver-
waltungsetat von ungefähr 150 bis 250 Millionen Euro .
Wie ist die Einstufung in diese Besoldungsgruppe zu-
stande gekommen?
Th
Die Besoldung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
im Geschäftsbereich des BMZ orientiert sich an der Auf-
gabenstellung und an der Tragweite der Tätigkeit . Dass
die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft für uns eine hohe
Bedeutung hat, das wird unmittelbar einsichtig, wenn Sie
sich in Erinnerung rufen, dass die Nachhaltigkeitsziele,
die die Vereinten Nationen im letzten September in der
Agenda 2030 beschlossen haben, mit unseren öffentli-
chen Geldern gar nicht umgesetzt werden können, son-
dern dringend auch die Einbeziehung des privaten Sek-
tors erforderlich ist . Zu diesem Zweck wurde die Agentur
für Wirtschaft und Entwicklung gegründet . Diese Agen-
tur ist insofern ein Instrument zur Umsetzung dieser
Nachhaltigkeitsziele .
Dazu eine Rückfrage vom Kollegen Movassat .
Danke schön . – Herr Staatssekretär, ich habe eine in-
haltliche Frage zur Agentur für Wirtschaft und Entwick-
lung . Der BDI forderte Anfang dieser Woche, dass 5 Pro-
zent der Mittel des Bundesentwicklungsministeriums für
die Unternehmensförderung verwendet werden sollen
und dass die Wirtschaft gleichbehandelt werden solle mit
zivilgesellschaftlichen Organisationen . Mich würde inte-
ressieren, ob die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung
in diese Richtung orientiert ist .
Th
Diese Forderung des BDI haben wir ebenfalls derPresse entnommen . Wir werden nach der Veröffentli-chung dieser Vorstellung des BDI zur Entwicklungszu-sammenarbeit gern den Kontakt suchen . Ich kann vonmeiner Seite aus sagen, dass schon seit einiger Zeit eineUnterredung mit mir und dem Arbeitskreis Entwick-lungspolitik des BDI vereinbart ist, die im Septemberstattfinden wird, sodass wir hier in guten Gesprächen da-Vizepräsidentin Claudia Roth
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rüber sind, wie wir den privaten Sektor noch stärker indie Richtung einbeziehen können, dass private Investiti-onen und generell private Finanzierung entwicklungsför-derlich gestaltet werden .
Die nächste Frage ist die Frage 19 vom Kollegen
Kekeritz:
Kann das Bundeskanzleramt als koordinierende Stelle
innerhalb der Bundesregierung verbindlich bestätigen – und
damit die offensichtliche Unstimmigkeit zwischen den per-
sönlichen Auskünften der beteiligten Minister gegenüber
Abgeordneten und der daraufhin erfolgten gegenteiligen Be-
antwortung meiner schriftlichen Frage 73 auf Bundestags-
drucksache 18/8458 ausräumen –, dass die Bundesregierung
dem Deutschen Bundestag ein Ratifizierungsgesetz zu dem
wird, und wann beabsichtigt sie, das Gesetz vorzulegen?
Herr Staatssekretär .
Th
Vor der deutschen Ratifikation muss das Wirtschafts-
partnerschaftsabkommen mit den ECOWAS-Staaten
durch sämtliche Vertragsparteien unterzeichnet und dann
von der Europäischen Union ratifiziert werden. Erst im
Anschluss daran wird die Beteiligung des Deutschen
Bundestags konkret .
Derzeit stehen die Unterzeichnungen dreier westafri-
kanischer Staaten noch aus . Wann genau diese erfolgen
werden, ist bisher ungewiss, sodass wir keine Progno-
se über den weiteren Verfahrensverlauf geben können .
In jedem Fall wird die Bundesregierung den Deutschen
Bundestag umfassend einbinden, sobald die Vorausset-
zungen für die Einleitung des Ratifikationsverfahrens
vorliegen . Wenn die juristische Bewertung dies ergibt,
wird die Bundesregierung zum geeigneten Zeitpunkt ei-
nen Entwurf für ein Vertragsgesetz vorlegen .
Herr Kollege Kekeritz .
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist es immer
noch nicht klar, ob die Bundesregierung dem Deutschen
Bundestag ein Ratifikationsgesetz vorlegen wird.
Th
Die Bundesregierung muss zunächst einmal die Unter-
zeichnung dieses Wirtschaftspartnerschaftsabkommens
durch alle Vertragsparteien abwarten . Danach erfolgt,
wie angedeutet, die Ratifikation durch die Europäische
Union . Dann wird innerhalb der Bundesregierung durch
das Justizministerium und durch das Innenministerium
eine verfassungsrechtliche Bewertung und Prüfung er-
folgen . Auf dieser Basis kann das federführende Bun-
desministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung dann gegebenenfalls einen Entwurf eines
Vertragsgesetzes vorlegen .
Herr Kollege Kekeritz?
Ich schließe jetzt aus Ihrer Antwort, dass Sie das jetzt
noch nicht wissen .
Eine andere Frage ist für mich: In 14 Tagen oder in
3 Wochen wird im Rat über die Annahme und die vor-
läufige Anwendung der Verträge mit Sadek und der ost-
afrikanischen Community abgestimmt . Ich hätte gern ge-
wusst, wie sich die Bundesregierung bei der Abstimmung
verhalten wird . Wird sie den Verträgen zustimmen? Wird
sie vor allen Dingen einer vorläufigen Anwendung, also
einer Anwendung, bevor die Verträge in den nationalen
Parlamenten ratifiziert sind, zustimmen?
Th
Die Bundesregierung wird diesen Abkommen zustim-
men und sich auch für eine vorläufige Anwendung ein-
setzen .
Vielen Dank, Herr Kollege Silberhorn .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Wirtschaft und Energie . Ich begrüße herzlich
den Staatssekretär Uwe Beckmeyer .
Wir kommen zur Frage 20 der Kollegin Sylvia
Kotting-Uhl:
Inwiefern war das „Issues Paper No . 10 ‚Nuclear‘“ der Eu-
ropäischen Kommission, das am 6 . April 2016 vom Sekreta-
riat des Strategieplans für Energietechnologie der
Europäischen Kommission online veröffentlicht wurde, vor
dem 13 . Mai 2016 mit der Bundesregierung abgestimmt – ins-
besondere im Rahmen des SET-Plan-Lenkungsausschusses, in
nenfalls welche Rückmeldungs- bzw . Stellungnahmemöglich-
keiten bezüglich des „Issues Paper No . 10 ‚Nuclear‘“ und der
darauf basierenden Entwurfserarbeitung einer nichtbindenden
Absichtserklärung im Rahmen des SET-Plans haben Bundes-
behörden, insbesondere das federführend zuständige Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Energie, vor dem 13 . Mai 2016
Herr Staatssekretär .
U
Frau Kollegin Kotting-Uhl, die Antwort auf IhreFrage lautet wie folgt: Das Diskussionspapier „IssuesPaper No . 10 ‚Nuclear’“ wurde nicht mit der Bundes-regierung abgestimmt . Wie in der Antwort der Bundes-regierung vom 24 . Mai dieses Jahres auf Ihre schriftlicheParl. Staatssekretär Thomas Silberhorn
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Frage dargelegt wurde, hat das SET-Plan-Sekretariat inder Generaldirektion für Forschung und Innovation am6 . April 2016 eine Konsultation von Stakeholdern ausForschungsorganisationen, Universitäten, Industrie so-wie Gremien von Aufsichtsbehörden eingeleitet . DerSET-Plan-Lenkungsausschuss wurde über diese Stake-holderkonsultation am 7 . April 2016 informiert . Die Bun-desregierung wurde bei der Erarbeitung des Entwurfs derAbsichtserklärung vom 13 . Mai 2016 nicht beteiligt .Eine erste Konsultation mit Vertretern der Mitglied-staaten fand am 24 . Mai 2016 im Rahmen einer Sitzungdes Lenkungsausschusses zum SET-Plan unter Leitungder verantwortlichen Generaldirektion der EU-Kommis-sion und mit Beteiligung der gemeinsamen Forschungs-stelle sowie Stakeholdern statt . Der Vertreter des Bun-desministeriums für Wirtschaft und Energie hat dortdargelegt, dass die Bundesregierung eine EU-Förderungoder einen europäischen Förderrahmen für Kernkraft-werke entschieden ablehnt und kein Interesse an einerZusammenarbeit oder Finanzierung von Forschung undEntwicklung in den Bereichen „Cost of electricity“ –betrifft Kostenoptimierung bei Neubauten und durchLaufzeitverlängerungen – und „Advanced and innova-tive fission reactors“ hat. Ebenso soll sich eine Absichts-erklärung entsprechend dem Ziel des SET-Plans alleinauf die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung undEntwicklung konzentrieren und sollen darüber hinaus-gehende Inhalte nicht im Rahmen des SET-Plans behan-delt werden . Eine Zusammenarbeit bei Forschungs- undEntwicklungsarbeiten in den Bereichen „nukleare Si-cherheit“ sowie „Entsorgung und Rückbau“, die ebensoGegenstand des Entwurfs der Absichtserklärung sind,wird seitens der Bundesregierung hingegen ausdrücklichunterstützt .
Frau Kotting-Uhl .
Vielen Dank, Herr Staatssekretär . Die letzte Botschaft
gefällt mir durchaus . Aber ich habe doch noch eine Fra-
ge . Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wurden Sie am
7 . April 2016 informiert, und am 13 . Mai 2016 wurde
der SET-Plan vorgelegt . Warum haben Sie vor der Ver-
öffentlichung nicht noch einmal interveniert? Es geht ja
nicht nur darum, dass Deutschland jetzt nicht begeistert
sagt: „Ja, her damit, wir machen das auch“, sondern auch
um die Botschaft, die wir in andere Länder senden . Und
die Botschaften, die derzeit von der EU kommen, sind
in meinen Augen nicht allzu gut, wenn man die Energie-
wende für den besseren Pfad hält als die Rückkehr zur
Atomkraft, als den Ausbau der Atomkraft . Ich denke, da-
rüber sind wir Grüne uns mit der Bundesregierung einig .
Ich vermisse – das muss ich Ihnen so sagen – mehr
Engagement und entsprechende Initiativen, um diese
Idee in andere Länder zu tragen, um das als einen positi-
veren Weg zu beschreiben . Warum haben Sie nach dem
7 . April 2016 nicht die Gelegenheit genutzt, auf diesen
Plan Einfluss zu nehmen?
U
Wir haben keinen Einfluss auf diesen Plan genommen,
weil der Plan ohne unser Zutun entstanden ist . Wir haben
zum ersten Mal am 24 . Mai 2016 im Lenkungsausschuss
darauf reagiert, und zwar eindeutig ablehnend . Das ist
der Kreis, in dem dies zu geschehen hat, in dem das ar-
tikuliert werden kann und muss . Ich denke, das war das
richtige Zeichen .
Im Übrigen sage ich an dieser Stelle: Die bundesdeut-
sche Energiepolitik wird weltweit und auch innerhalb
Europas hinsichtlich des klaren Bekenntnisses zum Aus-
phasen der Atomenergie in 2022, wie aber auch des kla-
ren Bekenntnisses zu erneuerbaren Energien sehr wohl
beachtet . Sie ist ein Vorbild für viele Länder .
Frau Kotting-Uhl .
Danke schön . – Dieses Signal ist leider nicht mehr so
klar, wie Sie das darstellen . Vor etwa zehn Tagen habe ich
in Japan wieder gehört, dass das deutsche Beispiel zeige,
dass das alles sehr schwierig, sehr teuer und nicht unbe-
dingt leicht zu machen sei . So klar ist unsere Botschaft
also nicht mehr .
Ich möchte Sie auf die nukleare Sicherheit ansprechen .
Sie wird immer wieder als Begründung dafür angeführt,
warum man diese Forschung über Euratom usw . betrei-
ben muss, warum sich auch Deutschland daran beteiligen
muss, trotz des Atomausstiegs . Ihnen ist schon bewusst,
dass das Argument der nuklearen Sicherheit und der
Fortführung dieser Sicherheit immer auch genutzt wird,
um zu fordern, dass neue Reaktorlinien, die sicherer als
alte Reaktorlinien sind, erforscht, entwickelt und damit
natürlich auch angewandt werden müssen?
U
Liebe Kollegin, das, was Sie aus Japan berichten, tei-le ich nicht . Ich bin in der letzten Zeit, also im Mai, imAuftrag der Bundesregierung durch einige Länder dieserWelt gereist und habe dort Gegenteiliges erlebt, nämlichdass wir sehr wohl aufmerksam betrachtet werden, dassdas deutsche Beispiel hohe Aufmerksamkeit erregt unddass uns viele fragen – Offizielle aus den Regierungen,aber auch Unternehmen –: Wie macht ihr das in Deutsch-land? Sie merken und wissen, dass die Lernkurve, die wirin einigen Bereichen bezahlt haben, für sie von großemVorteil ist . Insofern bitte ich Sie persönlich, wenn Sie inJapan solche Gespräche führen, darauf hinzuweisen, wieerfolgreich die Energiewende in Deutschland ist .Zum Thema Sicherheitsforschung . Mithilfe sicher-heitsorientierter Forschung – ich denke, das ist auch Ih-nen bekannt – will sich die Bundesregierung die Kompe-tenz bewahren, die Sicherheit von Kernkraftwerken imIn- und Ausland weiterhin unabhängig beurteilen zu kön-nen . Ich glaube, wir sind es auch unserer Bevölkerungschuldig, dass wir uns dafür einsetzen, dass alte Nuklear-anlagen an unseren Grenzen möglichst bald geschlossenParl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 172 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 1 . Juni 201616962
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werden . Ich denke, wir müssen die Kompetenz haben,das ordentlich beurteilen zu können . Das Entscheidendeist, dass wir in internationalen Gremien sprechfähig sind .Dafür setzen wir uns auch im Bundeswirtschaftsministe-rium mit Nachdruck ein .
Oliver Krischer .
Herr Staatssekretär Beckmeyer, in dem Papier geht es
ja nicht nur um Forschung und Weiterentwicklung von
neuen Reaktoren und Minireaktoren – das wird dort al-
les erläutert –, sondern dort steht auch, dass Stresstests
bei alten Reaktoren, zum Beispiel den beiden belgischen
Reaktoren Tihange und Doel, die Risse aufweisen, erst
2025 durchgeführt werden, diese also erst dann noch ein-
mal grundsätzlich überprüft werden . 2025 ist, wenn ich
richtig rechne, in neun Jahren . Was wird die Bundesre-
gierung unternehmen, damit sich eine solche Grundhal-
tung, die die Kommission – nach meinem Eindruck auch
unter Mitwirkung des deutschen Kommissars Herrn Oet-
tinger – an den Tag legt, nicht durchsetzt, sondern dass
gerade bei den problematischen Altreaktoren an unseren
Grenzen, die nicht nur in Belgien stehen, wesentlich frü-
her entsprechende Überprüfungen stattfinden mit dem
Ziel, sie stillzulegen?
U
Unsere Aufgabe wird es sein, mit Nachdruck darauf
hinzuarbeiten, dass sich die deutsche Position auch auf
europäischer Ebene durchsetzt . Sie wissen: Die einzel-
nen Mitgliedstaaten haben das Recht, den Energiemix
selbst zu bestimmen . Das tun einige Länder mit Nach-
druck . Das sehen Sie zum Beispiel, wenn Sie nach
Großbritannien schauen . Unsere Aufgabe ist es, bei der
Spezifizierung dieser Ziele darauf zu achten, dass unsere
Interessenlage in Europa ebenfalls Beachtung findet und
sich möglichst durchsetzt . Wir teilen den Inhalt der teil-
weise von Kommissionsgremien erarbeiteten Unterlagen
nicht . Das haben wir auch bei unserer ersten Stellungnah-
me dazu ausdrücklich zum Ausdruck gebracht .
Vielen Dank, Herr Beckmeyer . – Dann kommen wir
jetzt zur Frage 21 des Kollegen Oliver Krischer:
Welche konkrete Stellungnahme hat die Bundesregierung
zu dem öffentlich bekanntgewordenen Papier „SET-Plan Draft
Declaration of Intent on Strategic Targets in the context of Ac-
tion 10: ‚Maintaining a high level of safety of nuclear reactors
and associated fuel cycles during operation and decommis-
sioning, while improving their efficiency‘“ in der Sitzung der
Arbeitsgruppe „Forschung“ des Rates der Europäischen Uni-
on in der 20 . Kalenderwoche und gegebenenfalls in weiteren
Gremien auf europäischer Ebene abgegeben, und was wird die
Bundesregierung weiterhin unternehmen, damit ein derartiges
Papier in keiner Weise Beschlussgrundlage oder Ähnliches auf
europäischer Ebene wird?
U
Herr Krischer, Sie fragen in eine ähnliche Stoßrich-
tung wie Ihre Kollegin . Die Antwort der Bundesregie-
rung zu Ihrer Frage lautet wie folgt: Die Bundesregie-
rung hat zu dem genannten Entwurf einer nichtbindenden
Absichtserklärung im Rahmen des europäischen Strate-
gieplans für Energietechnologie, abgekürzt SET-Plan, im
Verlauf der Sitzung des Lenkungsausschusses zum SET-
Plan am 24 . Mai 2016 Stellung bezogen . Der Vertreter
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie hat
dort dargelegt, dass die Bundesregierung eine EU-För-
derung oder einen europäischen Förderrahmen für Kern-
kraftwerke entschieden ablehnt und kein Interesse an ei-
ner Zusammenarbeit oder Finanzierung von Forschung
und Entwicklung in den Bereichen „Cost of electricity“ –
das betrifft Kostenoptimierung bei Neubauten und durch
Laufzeitverlängerungen – oder „Advanced and innovati-
ve fission reactors“ hat. Ebenso soll sich eine Absichts-
erklärung entsprechend dem Ziel des SET-Plans allein
auf die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und
Entwicklung konzentrieren, und darüber hinausgehende
Inhalte sollen nicht im Rahmen des SET-Plans behandelt
werden .
Des Weiteren unterstützt die Bundesregierung eine
EU-Förderung im Rahmen des Euratom-Forschungspro-
gramms in den Bereichen „nukleare Sicherheit“, „Ent-
sorgung“ sowie „Strahlenschutz“ . In diesen Bereichen
ist eine Zusammenarbeit bei Forschungs- und Entwick-
lungsarbeiten ebenso Gegenstand des Entwurfes der Ab-
sichtserklärung . Die Bundesregierung wird diese Positi-
on auch im weiteren Abstimmungsprozess entschieden
vertreten .
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass das ge-
nannte Dokument nach Überarbeitung zu einer unver-
bindlichen Absichtserklärung der Kommission und inte-
ressierter Mitgliedstaaten der EU führen soll und dabei
weder rechtlich bindend noch präjudizierend sein würde .
Mitgliedstaaten, die die Kernenergie für die Stromerzeu-
gung nicht nutzen möchten bzw . diese Nutzung beenden
möchten, würden nicht an diese Absichtserklärung ge-
bunden sein .
In der 20 . Kalenderwoche fand keine Sitzung der Ar-
beitsgruppe „Forschung“ des Rates der Europäischen
Union statt . Die Arbeitsgruppe „Forschung“ wurde bis-
her nicht mit dem Entwurf der Absichtserklärung befasst .
Bevor Herr Krischer nachfragt, möchte ich den Vertei-
digungsminister Kanadas mit Begleitung herzlich will-
kommen heißen . A warm welcome in our Parliament!
Welcome in our House! Bienvenue au parlement!
Herr Krischer, bitte .
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beant-wortung . – Teilen Sie denn meine Einschätzung, dass esnicht nur um die Frage geht, ob Mitgliedstaaten, wie esParl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer
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Großbritannien tut, selber in Atomenergie investieren,sondern auch darum, dass dieses Papier ausdrücklich be-inhaltet, dass europäische Institutionen wie beispielswei-se die Europäische Investitionsbank, die dies bisher nichttun konnte, jetzt in Atomenergie investieren können?Insofern sind wir als Bundesrepublik, da es hier um ge-meinschaftliche Institutionen geht, schon tangiert, wenndies in Zukunft ermöglicht würde . Deshalb meine Fragean Sie: Was werden Sie ganz konkret unternehmen – auchwenn es sich hier, wie Sie sagen, um ein unverbindlichesPapier handelt, wird es im weiteren Prozess genutzt wer-den, um konkrete Maßnahmen zu ermöglichen –, um zuverhindern, dass auf gemeinschaftlicher Ebene Investiti-onen in Atomkraft möglich sind?U
Herr Krischer, Vertreter des Bundeswirtschaftsminis-
teriums und insbesondere der Bundeswirtschaftsminister
haben die Position Deutschlands bereits bei ihren Ge-
sprächen in Brüssel sehr deutlich zum Ausdruck gebracht
und klargestellt: Atomkraft ist nicht nur hoch gefährlich,
sondern auch verdammt teuer . – Jeder Mitgliedstaat hat
letztendlich selbst zu entscheiden – das wissen Sie –,
ob er eine Atomanlage bauen will . Wir allerdings sind
der festen Überzeugung und der festen Meinung: Eine
EU-Förderung für den Bau von Atomkraftwerken kön-
nen und werden wir nicht unterstützen . Wir treten dafür
ein, dass es keine Förderung dieser Technologie von ges-
tern gibt . Vielmehr muss die EU-Kommission endlich
eine konkrete Strategie zum Ausbau der Erneuerbaren
und zum Energiesparen in ganz Europa entwickeln; das
ist unsere Position . Wir sind gern bereit, die Erfahrungen
aus Deutschland auch hier einzubringen . Unser Stand-
punkt ist eindeutig zum Ausdruck gebracht worden, und
die europäischen Institutionen, denke ich, haben ihn zur
Kenntnis genommen .
Herr Krischer .
Herzlichen Dank, Herr Beckmeyer . – Ich habe eben –
es war Frage 16 – eine Frage gestellt, die interessan-
terweise der Kollege aus dem Forschungsministerium
beantwortet hat . Es ging um den Wettbewerbsrat . Ich
vermute aber, dass jemand aus Ihrem Hause dabei war;
denn ich glaube, an den Sitzungen des Wettbewerbsrates
nimmt ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums teil .
Wir erleben ja immer mehr, dass die EU-Kommissi-
on über das Wettbewerbsrecht konkrete Energiepolitik
macht . Ob beim Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz oder
beim Erneuerbare-Energien-Gesetz, überall wird durch
das Wettbewerbsrecht in konkrete Entscheidungen der
deutschen Politik, aber auch der Politik anderer Staaten
eingegriffen . Gleichzeitig erleben wir, dass die gleiche
Kommission – das haben Sie ja sehr ausführlich be-
schrieben und auch sehr kritisch kommentiert – die För-
derung und Unterstützung von Atomkraft ermöglicht .
Mich würde interessieren, was die Bundesregierung und
Ihr Haus – ich gehe davon aus, dass jemand aus Ihrem
Haus dort anwesend war – in Gremien wie dem Wettbe-
werbsrat, in denen plötzlich von Technologieneutralität
die Rede ist, unternehmen, damit sich solche Möglich-
keiten der Förderung und Finanzierung der Atomkraft
nicht in allen möglichen Dokumenten manifestieren .
U
Gehen Sie davon aus, dass wir dort genau aufpassen
und uns auch entsprechend einbringen .
Natürlich haben wir im Bereich des Beihilferechtes
auch mit dem Wettbewerbsrat zu tun; das wissen Sie .
Das EEG 2014 und das EEG 2016 sind Themen, die wir
natürlich aktuell auch mit Brüssel verhandeln . Am Ende
ist das auch die Aufgabe der Kommission als Hüterin der
Verträge . Das sieht sie so, und das sehen wir auch so . Wir
würden allerdings intervenieren, wenn wir das Gefühl
bekämen, dass dort die Hüterfunktion missbraucht wird .
Frau Kotting-Uhl .
Herr Beckmeyer, ich möchte vorab gerne noch kurz
auf Ihre Bemerkung bezüglich Japan eingehen und Ihnen
sagen: Sie können versichert sein, –
U
Gut .
– dass ich in Japan vor allem in meiner Funktion als
Vorsitzende der deutsch-japanischen Parlamentarierge-
sellschaft vor dortigen Abgeordneten oder Regierungs-
mitgliedern keine Dissense aufmache, sondern die deut-
sche Politik vertrete .
Ich habe jetzt noch eine letzte kleine Frage: Sie sag-
ten bezüglich des Bereichs, über den wir die ganze Zeit
reden, die Zusammenarbeit von Deutschland aus beziehe
sich auf Forschung und Entwicklung . Gilt das auch in
Bezug auf neue Reaktorlinien? Wenn ja: Wäre das nicht
doch inkonsequent?
U
Ich will dazu sagen: Wir müssen durch Forschung undEntwicklung in der Lage sein – ich glaube, das ist auchdie Position, die die Bundesregierung Ihnen immer wie-der vermittelt hat –, unabhängige eigene Sicherheitsbeur-teilungen durchführen zu können . Das gilt auch in Bezugauf neue Reaktoren und neue Reaktorkonzepte, die imAusland geschaffen werden .Wir müssen uns also in die Lage versetzen, solcheReaktoren beurteilen zu können . Das heißt nicht, dasswir an der Entwicklung dieser Reaktoren beteiligt sind,sondern das heißt, dass wir sprechfähig sein müssen .Sprechfähigkeit bedeutet, dass wir uns technologischdamit auseinandersetzen müssen; sonst werden wir über-Oliver Krischer
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haupt nicht zur Kenntnis genommen, wenn wir uns in ir-gendeiner Weise international dazu einlassen . Ich glaube,das ist der entscheidende Punkt . SicherheitsorientierteForschung bedeutet für mich, dass wir in der Lage sind,technologisch zu verstehen, was Dritte tun .Sie haben vorhin von den kleinen Minireaktoren ge-sprochen, die hier einige im Kopf haben und die, wennsie hintereinander zusammengeschaltet werden, sicher-lich eine größere Menge von Energie – wo auch immer –erzeugen können und sollen . Ich glaube schon, dass wirin Deutschland in der Lage sein müssen, unsere Meinungüber deren Sicherheit technologisch so fundiert zu äu-ßern, dass sie akzeptiert wird .
Vielen Dank . – Wir bleiben in Ihrem Geschäftsbe-
reich und kommen jetzt zur Frage 22 der Kollegin Bärbel
Höhn:
Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, die Merco-
fortzuführen, das lange vor der Verabschiedung des Lissa-
bon-Vertrags und damit unter ganz anderen Vorzeichen erteilt
wurde, und wenn nein, warum strebt sie die Möglichkeit einer
Mandatserneuerung und Anpassung an die aktuellen handels-
politischen Debatten und Interessen bisher nicht an?
U
Frau Abgeordnete Höhn, die Antwort lautet wie folgt:
Die Mercosur-Verhandlungen sind von der EU im Jah-
re 2010 und damit nach Inkrafttreten des Lissabon-Ver-
trages auf Grundlage des bereits erteilten Verhandlungs-
mandates wieder aufgenommen worden . Im Übrigen
hatte die EU bereits vor Inkrafttreten des Lissabon-Ver-
trages die grundsätzliche Zuständigkeit für die Verhand-
lung und den Abschluss von Handelsabkommen . Vor
diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung weder
rechtlich noch tatsächlich die Notwendigkeit einer Man-
datserneuerung .
Frau Kollegin Höhn .
Herr Staatssekretär, im Rahmen der Mercosur-Ver-
handlungen sollten Lateinamerika große Mengen zusätz-
licher Rindfleisch- und Ethanol-Exporte nach Europa
zugestanden werden . Frankreich und die Hälfte der Mit-
glieder der EU haben sich gegen diese großen Importe
gewehrt, Deutschland nicht . Warum hat Deutschland sich
nicht gewehrt?
U
Wir führen die Verhandlungen nicht, liebe Frau Kol-
legin .
Frau Höhn .
Noch einmal wiederholen?
U
Nein . Ich habe gesagt, dass wir die Verhandlungen
nicht führen .
Das heißt aber, Sie finden sie trotzdem gut, oder? Ich habe
ja danach gefragt, warum das Mitgliedsland Deutschland
auf der EU-Ebene nicht interveniert hat . Diese Verhand-
lungen führen Sie doch wohl . Oder sind Sie anders als
Frankreich kein Mitgliedsland?
U
Frau Höhn, natürlich sind wir Mitgliedsland . Wie ich
gerade ausgeführt habe, führt aber – auch entsprechend
der Aufgabenstellung innerhalb der Europäischen Uni-
on – die Kommission für uns die Verhandlungen mit dem
Mercosur . Es hat dabei einige Unterbrechungen gegeben .
Diese Unterbrechungen haben jahrelang gedauert . Zu-
letzt hat jetzt ein erneuter Anlauf stattgefunden, nachdem
der Mercosur im Herbst 2015 endlich erklärt hat, welches
abgestimmte Warenangebot er im Grunde verhandeln
möchte .
Seitdem gewann der Prozess dieser Verhandlungen
auch mit der neuen Regierung in Argentinien wieder an
Dynamik, und ein Austausch von Angeboten wurde ver-
einbart . Insofern sind die Verhandlungen zwar noch nicht
abgeschlossen, aber zumindest wieder in Gang gekom-
men .
Frau Höhn .
Ich habe noch eine zweite Nachfrage . Angesichts Ih-rer Antwort muss ich Folgendes sagen: Das Landwirt-schaftsministerium hat gerade einen Krisengipfel zurLandwirtschaft durchgeführt . Frankreich interveniert beiden Mercosur-Verhandlungen im Sinne seiner Landwir-te . Deutschland hat das offensichtlich nicht nötig . Des-halb habe ich Ihre Antwort am Anfang auch gar nichtverstanden .Angesichts dieser Situation hätte ich aber doch ger-ne gewusst, ob die Bundesregierung eine ökonomischeModellrechnung durchführt, was es eigentlich für dieLandwirte bedeutet, wenn wir momentan de facto pa-rallel mit Kanada und den USA – das sind große Län-der mit Landwirtschaft –, außerdem mit Lateinamerika,beispielsweise Argentinien und Brasilien, mit Australienund mit Neuseeland verhandeln? Gibt es schon eine Mo-dellrechnung der Bundesregierung, was das für die Land-wirte bedeutet?Parl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer
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U
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, die Mercosur-Staa-
ten haben einen erleichterten Zugang zum europäischen
Markt für ihre Agrargüter adressiert . Das sind, wie Sie
zu Recht sagen, Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch,
Ethanol, Zucker und Soja .
Für die Europäische Union sind Marktzugangsverbes-
serungen für Industriegüter und Dienstleistungen von be-
sonderem Interesse . Das ist unsere Interessenlage .
Das BML hat sich aber, wie auch andere Länder in
der Europäischen Union, dafür ausgesprochen, vor An-
gebotsaustausch eine Folgenabschätzung durchzuführen .
Das werden wir in der Bundesregierung tun und auch
für den gesamten EU-Agrarmarkt tun . Dies ist selbstver-
ständlich . Das gehört zu unserem Geschäft .
Dann kommen wir zur Frage 23 der Kollegin Bärbel
Höhn:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das
Ausmaß von Arbeitsrechtsverletzungen in den USA, zum
Beispiel über die Verweigerung von Toilettenpausen für
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der amerikanischen Ge-
möglichkeiten werden nach Kenntnis der Bundesregierung in
TTIP geplant, um
im Falle derartiger Missstände Handelsbeschränkungen zu
erlassen?
U
Frau Höhn, ich beantworte die Frage wie folgt: Der
Bundesregierung liegen über die Verweigerung von Toi-
lettenpausen für Mitarbeiter in der US-Geflügelindustrie
keine weiteren Informationen vor als die von Ihnen in
Frage 23 genannte Berichterstattung aus Spiegel Online
vom 13. Mai 2016 über die Vorfälle in der US-Geflü-
gelindustrie .
Auch über Planungen für Handelsbeschränkungen
seitens der EU, sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern Toilettenpausen durch amerikanische Unternehmen
verweigert werden, liegen der Bundesregierung keine
Informationen vor .
Nähere Angaben zur Anwendung internationaler Ar-
beitsstandards in den USA finden sich auf der Webseite
der Internationalen Arbeitsorganisation, ILO, mit Aus-
führungen des Ausschusses für Vereinigungsfreiheit und
der weiteren Normenüberwachungsausschüsse der ILO .
Frau Höhn, bitte .
Welchen Zeithorizont für einen Abschluss der
TTIP-Verhandlungen hält die Bundesregierung für rea-
listisch und für wünschenswert? Welche Vorteile für die
ökonomische Entwicklung – so verstehe ich die G-7-Er-
klärung – sieht die Bundesregierung bei einem Abschluss
in diesem Jahr gegenüber einem Abschluss zu einem spä-
teren Zeitpunkt, und sei er dann auch mit mehr Substanz?
U
Frau Abgeordnete, der letzte Begriff ist der entschei-
dende: mehr Substanz . Es ist ja bei weitem noch nicht
die überwiegende Zahl der entsprechenden Punkte über-
haupt verhandelt worden . Insofern bin ich skeptisch, dass
wir innerhalb der Präsidentschaft des aktuellen US-ame-
rikanischen Präsidenten eine solche Verhandlung zu
Ende bringen .
Frau Höhn, Ihre zweite Frage, bitte .
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass das
Interesse der Amerikaner an TTIP nach dem Abschluss
von TPP merklich nachgelassen hat, wie man insbeson-
dere daran sieht, dass sich zum Beispiel die neuen Präsi-
dentschaftskandidaten ja eher negativ zu TTIP geäußert
haben? Folgt daraus nicht, dass ein Entgegenkommen bei
den Verhandlungen kaum zu erwarten ist, insbesondere
wenn die Verhandlungen in einer großen Schlussphase
verhandelt werden?
U
Man könnte nach einigen Veröffentlichungen dieser
Meinung sein . Aber ich möchte mich bei meiner Antwort
im Namen der Bundesregierung nicht auf Spekulationen
stützen . Insofern kann ich dazu keine weiteren konkreten
Antworten geben .
Herr Ebner, bitte .
Hält
die Bundesregierung nach dem, was jetzt öffentlich zu
lesen war, ein Gegeneinanderausspielen verschiedener
Wirtschaftssektoren, beispielsweise die Interessen der
Automobilindustrie gegen Belange der Agrar- und Le-
bensmittelwirtschaft, in Europa für sachgerecht? Ich
meine die Forderungen aus den USA, dass Zugeständnis-
se für die Automobilindustrie in Europa nur zu erreichen
sind, wenn beispielsweise Zugeständnisse im Bereich
der Gentechnik und weiteren Feldern im Agrarbereich
seitens der EU gemacht werden . Hält das die Bundes-
regierung für sachgerecht? Und wenn nein: Wie möchte
sie es vermeiden, dass unserem Agrarsektor erhebliche
Nachteile ins Haus stehen?
U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, dass es außerordentlich unangebracht ist,sich im Rahmen einer Fragestunde über Strategien in denVerhandlungen, die die Europäische Kommission im In-http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/oxfam-vielen-arbeitern-in-us-gefluegelindustrie-wird-toilettenpause-verwehrt-a-1092346.htmlhttp://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/oxfam-vielen-arbeitern-in-us-gefluegelindustrie-wird-toilettenpause-verwehrt-a-1092346.htmlhttp://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/oxfam-vielen-arbeitern-in-us-gefluegelindustrie-wird-toilettenpause-verwehrt-a-1092346.html
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(D)
teresse von Mitgliedstaaten zu führen hat, auszutauschen .Zum einen sind die Verhandlungen noch nicht an diesemPunkt . Zum anderen halte ich es für unangemessen, vorBeginn der Verhandlungen zu diesen einzelnen Punktenschon Absichtserklärungen seitens der Bundesregierungabzugeben . Wir werden uns im Rahmen dieses Prozesseseinbringen und unsere Interessen wahren .
Vielen Dank, Herr Staatssekretär .
Ich darf jetzt eine weitere Delegation auf der Ehrentri-
büne recht herzlich begrüßen . Es ist eine Delegation von
Abgeordneten aus dem Rechts- und Menschenrechtsaus-
schuss aus Tunesien . Bienvenue au parlement!
Wir kommen jetzt – das passt gut – zum Geschäftsbe-
reich des Auswärtigen Amts . Ich begrüße Staatsminister
Michael Roth recht herzlich .
Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Movassat auf:
Inwiefern plant die Bundesregierung einen Ausbau der
Sicherheitszusammenarbeit mit Ägypten, und welche Rolle
spielen die wiederholten massiven Menschenrechtsverlet-
dass es als Transitland für Flüchtlinge in den Fokus rückt
ihren Erwägungen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Lieber Herr Kollege
Movassat, lassen Sie mich einmal mit einer Grundsatz-
bemerkung beginnen . Die Zusammenarbeit der Bundes-
republik Deutschland mit anderen Staaten im Bereich
der Sicherheit dient niemals der Schwächung von De-
mokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten . Im
Gegenteil: Wir sind diesen drei Prinzipien verpflichtet.
Deshalb spielen sie bei Sicherheitsabkommen mit ande-
ren Staaten – Sie bezogen sich ja auf Ägypten – eine he-
rausragende Rolle .
Die bisherige Sicherheitszusammenarbeit mit Ägyp-
ten soll in Kürze durch ein bilaterales Sicherheitsabkom-
men bekräftigt werden . Wir konzentrieren uns in der
Zusammenarbeit vor allem auf folgende Bereiche: Be-
kämpfung des Terrorismus einschließlich Geldwäsche,
Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, der Schleu-
serkriminalität und der organisierten Kriminalität sowie
die Luftsicherheit. Dieses Sicherheitsabkommen befindet
sich derzeit in der Endabstimmung .
Auf die besondere Bedeutung der Menschenrechtsla-
ge habe ich als ein ganz herausragendes Kriterium schon
hingewiesen . So sollen zum Beispiel im Rahmen der Si-
cherheitskooperation die polizeilichen Kompetenzen der
ägyptischen Polizeibehörden einschließlich der Grenz-
polizeibehörden gestärkt sowie das Verständnis einer
nach demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen
und Menschenrechten verpflichteten Polizei vermittelt
werden .
Selbstverständlich nehmen wir die entsprechenden
Berichte zur Menschenrechtslage in Ägypten seitens der
Menschenrechtsorganisationen und weiterer Nichtregie-
rungsorganisationen ausgesprochen ernst und thematisie-
ren diese immer wieder ganz konkret im Gespräch mit
Repräsentanten der ägyptischen Regierung .
Zusatzfrage, Herr Kollege .
Danke, Herr Staatsminister . – Mich würde noch inte-
ressieren, welche konkreten Maßnahmen geplant sind .
Vielleicht könnten Sie das ausführen, insbesondere wer
die Akteure auf deutscher Seite sein werden, die dort für
die Zusammenarbeit zuständig sind, Stichwort Bundes-
kriminalamt, Bundeswehr oder andere Organisationen .
Hat die ägyptische Seite angemeldet, in welchen Sekto-
ren sie einen besonderen Bedarf an einer Zusammenar-
beit sieht?
Herr Abgeordneter Movassat, ich habe Ihnen eben
schon deutlich gemacht, was die Schwerpunkte dieses
Sicherheitsabkommens sind, nämlich Terrorismusbe-
kämpfung, organisierte Kriminalität und Schleusungskri-
minalität . Bei der Ausbildung bzw . der Ertüchtigung und
Sensibilisierung der ägyptischen Polizei- und Grenzpoli-
zeibehörden spielen die Kompetenzen und die Experti-
se unserer Bundespolizei und Sicherheitsbehörden eine
ganz entscheidende Rolle .
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?
Die Menschenrechte
werden natürlich besonders angesprochen . – Ich bin mir
nicht so sicher, ob man das für bare Münze nehmen kann .
Man braucht sich doch nur Berichte über die Menschen-
rechtslage in Ägypten anzuschauen: Seit dem Amtsantritt
des Präsidenten el-Sisi sind 40 000 Menschen aus politi-
schen Gründen in Haft genommen worden, 40 000 Men-
schen! Im Januar letzten Jahres wurden an einem Tag
183 Menschen zum Tod verurteilt . Es gibt ein massives
Menschenrechtsproblem, das wirklich von allen ange-
sprochen wird: von Human Rights Watch, von Amnesty
International, von Thinktanks wie der SWP und von der
Opposition im Land . Menschen, die an einer Demonstra-
tion teilnehmen, werden zu fünf Jahren Haft verurteilt .
Das war vor kurzem wieder der Fall .
Meine Frage an Sie ist: Überlegen Sie nicht, ob es
wirklich sein kann, mit einer solchen Militärdiktatur zu
einer Zusammenarbeit zu kommen, die letztlich immer
auch ein Stück weit Hofierung eines fragwürdigen Re-
gimes ist? Senden Sie nicht die falschen Signale, wenn
zum Beispiel der Herr Vizekanzler davon spricht, dass
Herr el-Sisi ein beeindruckender Präsident ist? Wenn ich
Pa
//www.hrw.org/de/news/2016/04/21/aegypten-kinder-gefoltert-und-verschleppthttp://www.hrw.org/de/news/2016/04/21/aegypten-kinder-gefoltert-und-verschleppthttp://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-146929.htmlhttp://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-146929.htmlhttp://www.focus.de/politik/videos/muessen-verhindern-dass-schmuggler-fuss-fassen-vor-dieser-neuen-fluechtlingsroute-fuerchtet-sich-jetzt-europa_id_5568090.htmlhttp://www.focus.de/politik/videos/muessen-verhindern-dass-schmuggler-fuss-fassen-vor-dieser-neuen-fluechtlingsroute-fuerchtet-sich-jetzt-europa_id_5568090.htmlhttp://www.focus.de/politik/videos/muessen-verhindern-dass-schmuggler-fuss-fassen-vor-dieser-neuen-fluechtlingsroute-fuerchtet-sich-jetzt-europa_id_5568090.html
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(D)
so etwas höre, habe ich nicht den Eindruck, dass die Bun-desregierung wirklich auf dem Schirm hat, wie massiv inÄgypten die Menschenrechte verletzt werden .
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Movassat, die Besorgnis über die
innenpolitische Lage in Ägypten, insbesondere bezogen
auf die Beispiele, die Sie eben genannt haben, teilen wir
ausdrücklich, und – ich will das noch einmal wiederho-
len – sie ist regelmäßig Thema der Gespräche, die wir mit
Repräsentanten der ägyptischen Regierung führen .
Darüber hinaus will ich Ihnen in einem Punkt sehr
offen widersprechen: Sicherheitsabkommen orientie-
ren sich an den rechtsstaatlichen Prinzipien nicht nur
des anderen Landes, sondern selbstverständlich auch
an den rechtsstaatlichen Prinzipien der Bundesrepublik
Deutschland . Diese sehr hohen und sehr strengen Maß-
stäbe – darin stimmen Sie mir sicherlich zu – sind dem-
entsprechend Richtschnur des Handelns und verpflichten
im Übrigen beide Seiten .
In dem Abkommen ist eine allgemeine Vorbehalts-
klausel enthalten . Das heißt, es kann zu einer Aufkün-
digung der Zusammenarbeit kommen, wenn diese im
Widerspruch zu dem innerstaatlichen Recht einer Ver-
tragspartei steht . Also: Sollten die Sicherheitsbehörden
im Rahmen des Abkommens Dinge tun oder verantwor-
ten, die sich mit den Rechtsstaatsprinzipien und den Men-
schenrechtsprinzipien der Bundesrepublik Deutschland
nicht vereinbaren lassen, dann gibt es die Möglichkeit,
dieses Abkommen aufzukündigen . Das gilt im Übrigen
für alle Sicherheitsabkommen, die die Bundesregierung
geschlossen hat .
Ein weiterer Punkt: Bei drohenden Menschenrechts-
verletzungen ist die Anwendung des Vertrages ebenfalls
ausgeschlossen .
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herzlichen Dank .
Die Frage 25 der Abgeordneten Sevim Dağdelen wird
schriftlich beantwortet .
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern . Zur Beantwortung der Fra-
gen steht der Parlamentarische Staatssekretär Professor
Dr . Günter Krings bereit .
Die Frage 26 der Abgeordneten Sevim Dağdelen, die
Fragen 27 und 28 der Abgeordneten Ulla Jelpke und die
Fragen 29 und 30 des Abgeordneten Volker Beck werden
schriftlich beantwortet .
Dann kommen wir zur Frage 31 des Abgeordneten
Hans-Christian Ströbele, Bündnis 90/Die Grünen:
Wie sind Inhalt und Wortlaut der Zusagen bzw . der Verein-
barungen des Bundesministers des Innern bei seiner US-Reise
vom 17 . bis 19 . Mai 2016 gegenüber US-Regierungsvertretern
zum Datenaustausch im Sicherheitsbereich etwa über isla-
nern dabei – neben kurzfristiger Unterrichtung des Deutschen
Bundestages darüber – sicher, dass beim Datenaustausch die
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten sind, die
Zweckbindung der Daten zu wahren und diese weder für Fol-
ter noch für Tötungen zu nutzen oder an Dritte weiterzuleiten,
insbesondere, mit deutscher Billigung im Einzelfall, nicht an
Staaten mit geringerem bzw . zweifelhaftem Datenschutzni-
veau?
Herr Staatssekretär, bitte .
D
Auf Herrn Ströbele ist Verlass . – Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kol-
lege Ströbele, es freut mich, dass ich wenigstens diese
Frage mündlich beantworten kann . Die Vereinbarung,
auf die Sie in Ihrer Frage anspielen, wurde in der Tat
zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem
Terrorist Screening Center, TSC, das dem FBI zugeord-
net ist, welches wiederum zum Geschäftsbereich des
US-amerikanischen Justizministeriums gehört, getrof-
fen . Bei dem Terrorist Screening Center werden US-Be-
hörden-übergreifend Daten zu bekannten und mutmaßli-
chen Terroristen zusammengeführt . Sinn und Zweck des
Memorandum of Understanding ist die Einigung auf ein
gemeinsames Verfahren beim Datenaustausch zu Perso-
nen, die im begründeten Verdacht stehen, terroristische
Straftaten zu begehen, also sogenannte Gefährder . Diese
Absprache thematisiert den Austausch von biografischen
Grunddaten zur Identität, wie zum Beispiel Name, Ge-
burtsdatum und Nummern von Reisedokumenten . Erst
im Fall eines Treffers aufgrund übermittelter Grunddaten
sollen in einem zweiten Schritt Anfragen zu Hintergrund-
informationen folgen . Diese Anfragen bzw . Ersuchen
werden im Rahmen des innerstaatlich geltenden Rechts,
das heißt auf der Grundlage bestehender nationaler Ge-
setze und des Unionsrechts, beantwortet . Für das Bun-
deskriminalamt, das auf deutscher Seite datenübermit-
telnde Stelle sein wird, ändern sich daher die rechtlichen
Rahmenbedingungen sowie die Möglichkeiten und Be-
fugnisse für Datenübermittlungen durch die Absprache
nicht . Vielmehr fußt die mit der Absprache bezweckte
Intensivierung des Datenaustauschs auf dem geltenden
innerstaatlichen Recht sowie den darin bereits enthalte-
nen und auch durch die Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts geprägten Befugnissen zur Datenüber-
mittlung .
Die Absprache ist als „Verschlusssache – Nur für den
Dienstgebrauch“ eingestuft . Daher kann der Wortlaut
nicht veröffentlicht werden . Das Bundesministerium des
Innern hat den Obleuten der Fraktionen in der heutigen
Sitzung des Innenausschusses angeboten – das habe ich
getan –, den Text in den Räumen des Innenministeriums
einzusehen und erläutert zu bekommen . Auch Ihre Frak-
tion ist herzlich eingeladen, in Gestalt ihres Obmanns, zu
dem Sie ja sicherlich volles Vertrauen haben, Einsicht zu
nehmen .
Zusatzfrage, Kollege Ströbele .Niema Movassat
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 172 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 1 . Juni 201616968
(C)
(D)
Zuerst möchte ich meinen Dank für den ersten Teil derAntwort aussprechen . Noch wichtiger als das, was dortgeschrieben steht, ist der Teil, in dem es darum geht, wieSie sicherstellen, dass die Vorgaben der Rechtsprechungdes Bundesverfassungsgerichts, das uns erst vor wenigenWochen in einer denkwürdigen Entscheidung gesagt hat,unter welchen Voraussetzungen Daten weitergegebenwerden dürfen, eingehalten werden, insbesondere wennes um die Zweckbindung und das Problem geht, dassDaten möglicherweise zu Zwecken gebraucht bzw . miss-braucht werden, die nach deutschem Recht nicht zulässigsind, wie die gezielte Tötung durch Drohnen . Wie habenSie sichergestellt, dass die Vorgaben zuverlässig einge-halten werden?D
Das ist eine durchaus verständliche Nachfrage . Darü-
ber haben wir heute schon ausführlich im Innenausschuss
gesprochen . Ich möchte das gerne auch hier erläutern .
Zunächst einmal – nur der guten Ordnung halber –: Na-
türlich ist nicht jeder Einsatz einer bewaffneten Drohne
gleich völkerrechtswidrig . Es gibt aber Einsätze, die wir
mit großen Sorgen und Bedenken sehen . Insofern haben
wir das Interesse, dass Daten dafür nicht verwandt wer-
den . Ich glaube, hier sind wir uns, in der Richtung jeden-
falls, einig .
Wir haben bei dem Abschluss des erwähnten Memo-
randums großen Wert darauf gelegt, dass wir im Einklang
mit der von Ihnen angesprochenen jüngsten Entschei-
dung des Karlsruher Verfassungsgerichts stehen . Eine
wesentliche Vorgabe ist, dass relevante Daten, die weiter
für konkrete polizeiliche Einsätze genutzt werden kön-
nen, mit einem – auf Neudeutsch – Handling-Code ver-
sehen werden sollen . Das entspricht der Zielrichtung des
Bundesverfassungsgerichts . Die Daten werden also mit
Kautelen versehen, sodass sie nicht frei, sondern nur für
bestimmte Zwecke genutzt werden können . Dafür gibt es
entsprechende Vereinbarungen mit den Amerikanern im
Einzelfall . Wichtig ist: Daten, die zu dem führen können,
was Sie gerade beschrieben haben, gehören nicht zur
ersten Stufe . Hier geht es nur um Name, Geburtsdatum
und wenige andere Daten . Alles, was darüber hinaus-
geht, erfolgt in der zweiten Stufe . Es handelt sich da um
eine Einzelfallübermittlung, die im Gespräch zwischen
deutschen und amerikanischen Behörden zu erfolgen hat .
Dann kann man entsprechende Vorgaben machen . Das
ist der Weg, den auch das Bundesverfassungsgericht für
gangbar und richtig hält .
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ströbele? –
Bitte schön .
Herr Staatssekretär, wie Sie wissen, befassen wir uns
gerade im NSA-Untersuchungsausschuss intensiv mit
der Frage – damit hat sich das Bundesamt für Verfas-
sungsschutz offenbar schon vor Jahren befasst –, ob sich
die USA tatsächlich an solche Zweckbindungen halten
oder ob sie beispielsweise weitergegebene Handydaten
doch nutzen, um etwa im Jemen oder in Somalia gezielte
Tötungen – ich sage: illegale Hinrichtungen – durchzu-
führen .
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu Auflagen ge-
macht und gesagt, das müsse regelmäßig überprüft wer-
den . Wir haben eine Entscheidung des Europäischen Ge-
richtshofs, die klar besagt: Bei den USA ist Misstrauen
angebracht, weil es zweifelhaft ist, dass die Daten wirk-
lich nur für den Zweck verwendet werden, für den sie
übermittelt werden .
D
Mir ist bekannt, dass Sie sich mit diesen Fragen be-
schäftigen . Es gilt hier der Satz, auch unter Verbündeten
und Partnern: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser . Dass
wir dem nachgehen müssen, ist richtig . Nur, das muss so
geschehen, dass wir in den Einzelfällen, in denen es re-
levant wird, darauf hinweisen, zu welchen Zwecken die
Daten verwendet werden können und zu welchen Zwe-
cken sie nicht verwendet werden können .
Dass hier Restrisiken bleiben, mag sein . Wenn wir
diese komplett ausschließen wollten, dann müssten wir
ausschließen, nicht nur mit den Amerikanern, sondern
mit fast allen Staaten der Welt jemals Telekommunikati-
onsdaten, Handynummern usw . auszutauschen . Das kann
nicht der Weg sein . Das böte zwar die hundertprozentige
Sicherheit, dass nie ein Missbrauch erfolgen kann, das
würde aber auch jegliche internationale Zusammenarbeit
verhindern . Das kann nicht in unser aller Interesse sein .
Deshalb müssen wir den schwierigen Weg gehen, der
auch Restrisiken beinhaltet . Wir müssen auf die Zweck-
bindung hinweisen und Hinweisen, dass man sich viel-
leicht nicht daran gehalten hat, nachgehen . Das ist der
Weg, den Karlsruhe und andere vorgeben . Im Einzelfall
müssen wir die Zweckbindung vornehmen und dafür
Sorge tragen, dass die Amerikaner davon Kenntnis haben
und das auch beachten .
Schönen Dank . – Die Fragen 32 und 33 des Abgeord-neten Andrej Hunko werden schriftlich beantwortet .Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-teriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Zur Beant-wortung steht der Parlamentarische Staatssekretär UlrichKelber bereit .Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten ChristianKühn , Bündnis 90/Die Grünen, auf:Warum will die Bundesregierung das Mietrechtsnovellie-
re vergangen sind (vergleiche Antwort der Bundesregierungauf die Kleine Anfrage „Wohnen und Leben in Deutschland“der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksa-che 18/8570), seit die ersten Länder davon Gebrauch gemachthaben, also frühestens im Jahr 2018?Herr Staatssekretär, bitte .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 172 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 1 . Juni 2016 16969
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(D)
U
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Lieber Kollege Kühn, ich darf Ihre Frage wie folgt
beantworten: Eine umfassende wissenschaftliche Evalu-
ierung der Vorschriften zur Mietpreisbremse, wie sie im
Gesetz vorgesehen ist, setzt voraus, dass die Vorschriften
eine gewisse Zeit in Kraft sind und hinreichende Erfah-
rungen aus der Anwendungspraxis vorliegen . Das ist bis-
lang nicht der Fall .
Als erstes Bundesland hat Berlin vor genau einem
Jahr, am 1 . Juni 2015, von der Ermächtigung Gebrauch
gemacht, Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt
auszuweisen . Im weiteren Verlauf des Jahres 2015 sind
die Bundesländer Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Bay-
ern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Bre-
men und Schleswig-Holstein gefolgt . Brandenburg und
Thüringen haben erst im Jahr 2016 Gebiete mit ange-
spanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen; Niedersachsen
plant die Einführung der Vorschriften der Mietpreisbrem-
se ebenfalls im Jahr 2016 .
Eine umfassende Evaluierung kann sich nicht allein
auf die Untersuchung der Entwicklung der Angebotsmie-
ten in Portalen beschränken . Die Angebotsmieten geben
zunächst nur Auskunft darüber, zu welchem Mietpreis
Wohnungen angeboten werden . Dazu, ob Mietverträ-
ge zu diesen Mieten tatsächlich abgeschlossen werden,
liefern sie keine Erkenntnisse . Zudem liefern sie keine
Erkenntnisse, ob sich Mieterinnen und Mieter nach Ab-
schluss des Mietvertrags auf die Vorschriften der Miet-
preisbremse berufen und gegenüber dem Vermieter eine
zu hohe Miete geltend machen . Ein solches Vorgehen
der Mieter dürfte mit einer zeitlichen Verzögerung zu
erwarten sein . Vor diesem Hintergrund dürfte derzeit
auch noch kaum Rechtsprechung zu den Vorschriften der
Mietpreisbremse vorliegen .
Von daher: Für eine umfassende wissenschaftliche
Evaluierung ist es noch zu früh . Gleichwohl beobachtet
die Bundesregierung die Entwicklung auf den Mietwoh-
nungsmärkten genau, auch in dieser Frage, und wird auf
erforderlichen Änderungsbedarf reagieren .
Zusatzfrage, Herr Kollege .
Christian Kühn (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Danke, Herr Staatssekretär Kelber . – Das Deutsche In-
stitut für Wirtschaftsforschung sieht das ein bisschen an-
ders . Das DIW hat dieser Tage eine Studie zur Mietpreis-
bremse veröffentlicht und kommt zu der Einschätzung,
dass die Mietpreisbremse, wie sie die Große Koalition
auf den Weg gebracht hat – zunächst einmal: sie kam zu
spät; es gab einen hohen Vorzieheffekt bei den Mietstei-
gerungen – und wie sie jetzt in der Praxis besteht, nicht
funktioniert, weil sie ein großes Einfallstor hat .
Dieses große Einfallstor besteht darin, dass Rüge-
pflicht und Auskunftspflicht in diesem Gesetz nicht vor-
gesehen sind . Der Minister Heiko Maas hat jetzt bekannt
gegeben, dass er sich unter Umständen vorstellen kann,
diesbezüglich gesetzlich tätig zu werden . Plant also das
Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, in die-
ser Legislaturperiode in Bezug auf diese beiden Punkte –
Rügepflicht und Auskunftspflicht – noch einmal tätig zu
werden?
U
Wie ich in der Antwort auf die ursprüngliche Frage
schon ausgeführt habe, verlassen wir uns nicht allein
auf die umfassende wissenschaftliche Evaluierung, son-
dern beobachten den Wohnungsmarkt genau . Dabei geht
es bei der Mietpreisbremse insbesondere um folgende
Fragen: Hält sich die überwiegende Mehrzahl der Ver-
mieterinnen und Vermieter an die Vorgaben? Und sind
Mieterinnen und Mieter bereit und in der Lage, ihr Recht,
das ihnen die Mietpreisbremse einräumt – nämlich den
bestehenden Mietpreis zu rügen und Auskunft über die
vorherige Miete zu verlangen –, in Anspruch zu nehmen?
Festzustellen, ob dies passiert oder nicht, gehört zu un-
serer Prüfung . Die Ergebnisse solcher Prüfungen bzw .
Beobachtungen sind dann dafür entscheidend, ob wir
weitere Maßnahmen vorschlagen .
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege?
Christian Kühn (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Wie ich schon ausgeführt habe: Die Studie des Deut-
schen Instituts für Wirtschaftsforschung sagt ja schon
jetzt ganz klar, dass die Befunde ausreichen, um festzu-
stellen, dass die bestehende Mietpreisbremse keine brem-
sende Wirkung hat . Vielmehr ist sie – so, wie sie jetzt
konstruiert ist – ein Rieseneinfallstor für weitere Miet-
steigerungen . Sie erfüllt nicht ihren eigentlichen Zweck,
den Anstieg der Mieten in Deutschland zu bremsen .
Zur Evaluierung, von der Sie gesprochen haben: In der
Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Grünen haben
Sie gesagt, dass Sie für die Evaluierung drei Jahre brau-
chen . Heißt das also, dass die jetzt geltende Mietpreis-
bremse frühestens nach Beendigung dieser Legislaturpe-
riode wieder angefasst wird, womit der augenblickliche
Zustand einer nicht funktionierenden Mietpreisbremse
fortbestehen würde? Damit würde das zentrale Projekt
der Bundesregierung zur Begrenzung von Mieten eigent-
lich fehlerhaft bleiben und die angestrebten Wirkungen
sowie den beabsichtigten politischen Zweck nicht erfül-
len .
U
Ich kann noch nicht zu allen Details der Studie desDIW, die es heute veröffentlicht hat, Stellung nehmen .Entschuldigen Sie bitte, dass ich sie noch nicht vollstän-dig auswerten und wissenschaftlich bewerten konnte . Esgibt darin natürlich Punkte, über die man reden muss,zum Beispiel: Ist es richtig, benachbarte Wohnungsmärk-te – wobei der eine als angespannt ausgewiesen wurde,der andere nicht – miteinander zu vergleichen? Oder
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(D)
müssen beispielsweise angespannte Wohnungsmärktemiteinander verglichen werden?Mein Haus hat im Zusammenhang der BeantwortungIhrer Kleinen Anfrage in der Tat auf die Regelungen ausdem Gesetz hingewiesen, dass nämlich die umfassendewissenschaftliche Evaluierung nach drei Jahren erfolgensoll . Ich habe aber gerade ausgeführt, dass wir natürlichdarüber hinaus den Wohnungsmarkt auch unabhängigvon einer umfassenden wissenschaftlichen Evaluierungbeobachten .In Ihrer Kleinen Anfrage hatten Sie sich auf eine an-dere Studie bezogen, aus der ich nur einen Satz zitierendarf . Es heißt dort zur Frage „Wirkt die Mietpreisbremsedoch?“:Dieser Befund legt die Vermutung nahe, dass dieEinführung der Mietpreisbremse am 01 .06 .2015 diedynamische Entwicklung der Vorjahre tatsächlichgebremst hat .Das war die Grundlage Ihrer damaligen Anfrage .
Herzlichen Dank . – Wir kommen zur Frage 35 des Ab-
geordneten Harald Ebner, Bündnis 90/Die Grünen:
Teilt die Bundesregierung die Position der Europäischen
Kommission, dass eine Erklärung der Europäischen Kom-
mission zur genaueren Auslegung der Biopatentrichtlinie
Richtlinie im Gegensatz dazu keine Lösung wäre, um das Pa-
tentierungsverbot bei konventionell gezüchteten Pflanzen und
Tieren wirksam durchzusetzen ,
und falls die Bundesregierung im Gegensatz zur Europäischen
Kommission eine Änderung der Biopatentrichtlinie zur Klar-
stellung des Patentierungsverbotes für notwendig erachtet,
welche konkreten Initiativen plant die Bundesregierung auf
EU-Ebene in diesem Bereich für das laufende Jahr?
Herr Staatssekretär, bitte .
U
Sehr geehrter Kollege Ebner, ich darf Ihre Frage wie
folgt beantworten: Die Bundesregierung teilt die Position
der EU-Kommission, die im Übrigen auch mit der Positi-
on des Europäischen Parlaments übereinstimmt . Wir hal-
ten eine Erklärung der EU-Kommission zur genaueren
Auslegung der Patentierungsausnahmen in der Biopa-
tentrichtlinie für eine geeignete und sinnvolle Maßnah-
me . Dieses Ergebnis deckt sich mit den Ergebnissen der
Gespräche, die ich in den letzten Monaten für das Bun-
desministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit
zahlreichen namhaften Experten geführt habe . Niemand
in diesen Runden hat eine Öffnung der Biopatentrichtli-
nie als ersten Schritt gefordert .
Die von der Kommission zur Biopatentrichtlinie ein-
gesetzte Expertengruppe lehnt eine Änderung der Biopa-
tentrichtlinie ab . Auch sie befürwortet als ersten Schritt
eine Maßnahme unterhalb der Schwelle eines legislati-
ven Eingriffs .
Schließlich deckt sich dieses Ergebnis auch mit der
Mehrheit der Stellungnahmen, die am 18 . Mai in Brüssel
auf dem Symposium der niederländischen EU-Ratsprä-
sidentschaft zum Thema Biopatente abgegeben wurden .
Zusatzfrage, Herr Kollege?
Demnach gehe ich davon aus, dass Sie auch die Posi-
tion der Expertengruppe teilen, die von der Kommission
eingesetzt wurde und Mitte Mai ihren Bericht veröffent-
licht hat . In dieser Expertengruppe ist es die mehrheitli-
che Einschätzung, dass sowohl bezüglich einer Auswei-
tung des beschränkten Züchterprivilegs im Patentrecht
als auch hinsichtlich des Konflikts zwischen Patentschutz
und Sortenschutz kein Handlungsbedarf besteht .
Ich muss Sie an dieser Stelle fragen: Wie wollen Sie
dieses Problem lösen? Bei welchen Punkten sehen Sie
jetzt vordringlichen Handlungsbedarf, um diesen Kon-
flikt aufzulösen, wenn Sie es nicht auf legislativem Weg
machen wollen?
U
Es ist ein Fehler, aus der Zustimmung zu einem Er-
gebnis der Expertenkommission die Schlussfolgerung zu
ziehen, dass allen Empfehlungen der Expertenkommissi-
on zugestimmt wird . Ich habe eben insbesondere darüber
Auskunft gegeben, dass wir die Position teilen, dass der
Schritt, dass die EU-Kommission eine solche Aussage
trifft, der wichtige erste Schritt in diesem Bereich ist . Das
ist ja auch vom Europäischen Parlament unterstützt wor-
den; das entspricht auch dem, was von den Nichtregie-
rungsorganisationen in diesem Bereich beschlossen wur-
de: Es ist ein kräftiges politisches Signal aller politischen
Ebenen der Europäischen Kommission . Darin kommt ein
anderes Verständnis der Frage der Biopatentierung zum
Ausdruck als in den Entscheidungen der Großen Be-
schwerdekammer des Europäischen Patentamtes .
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege?
Ob wir legislativ vorgehen oder über den von Ihnen
genannten ersten Schritt: Wir müssen in jedem Fall
von einem langen Prozess ausgehen, bis eine rechtliche
Klarstellung des Verbotes der Patentierung von konven-
tionell gezüchteten Pflanzen durchgesetzt ist; ich hoffe,
dass wir uns darüber einig sind, dass es notwendig ist .
Insofern meine Frage: Wie schützt die Bundesregierung
in der Zwischenzeit, bis diese Klarstellung erfolgt ist,
das Gemeinwohlinteresse, und wie verhindert sie eine
fortschreitende Privatisierung genetischer Ressourcen?
Erwägt die Bundesregierung etwa, selber Einspruchs-
und Klageverfahren gegen Patente auf konventionell ge-
züchtete Pflanzen und Tiere anzustrengen oder solchen
Klagen zumindest beizutreten – auch das wäre schon ein
wichtiger Schritt – und, wenn nein, warum nicht?
Pa
//deutsch.eu2016.nl/aktuelles/nachrichten/2016/05/24/durchbruch-in-der-debatte-uber-das-patent--und-sortenschutzrechthttp://deutsch.eu2016.nl/aktuelles/nachrichten/2016/05/24/durchbruch-in-der-debatte-uber-das-patent--und-sortenschutzrechthttp://deutsch.eu2016.nl/aktuelles/nachrichten/2016/05/24/durchbruch-in-der-debatte-uber-das-patent--und-sortenschutzrecht
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 172 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 1 . Juni 2016 16971
(C)
(D)
U
Im Ziel sind wir uns einig – das habe ich ja auch in
den verschiedenen Sitzungen im Ausschuss für Recht
und Verbraucherschutz deutlich gemacht . Wir sehen die-
se Patentierungen kritisch . Die davon abweichende deut-
sche Rechtspraxis und die Beschlusslage des Deutschen
Bundestages umschreiben unsere Position .
Wir haben auf europäischer Ebene natürlich keines-
wegs zugesehen; vielmehr ging es auch auf die Initia-
tive der deutschen Bundesregierung zurück, dass es zu
diesem Symposium der niederländischen Ratspräsident-
schaft gekommen ist . Ich hatte das Thema im Vorfeld
meines Besuches beim Kollegen in den Niederlanden an-
gesprochen . Ich habe übrigens die gleichen Punkte auch
in Italien angesprochen . In der nächsten Woche werde
ich sie in Polen vortragen . Auf Fachebene sind wir nicht
nur im Kontakt mit der EU-Kommission, sondern eben-
falls mit zahlreichen anderen Mitgliedstaaten, um sie zu
überzeugen, diese Position mitzutragen .
Ich glaube übrigens, dass diese Positionierung der
EU-Kommission die schnellstmögliche politische Positio-
nierung ist . Ob die Bundesregierung eine Klage einreicht
oder sich einer Klage anderer Organisationen, eventuell
sogar nichtstaatlicher Organisationen, anschließt, wird die
Bundesregierung natürlich als Gesamtheit beschließen .
Das hat im Augenblick aber nicht erste Priorität . Wir ver-
suchen im Augenblick, eine gemeinsame politische Positi-
onierung zustande zu bringen . Darin sind wir uns übrigens
mit allen Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen des Eu-
ropäischen Parlamentes, die auch hier vertreten sind, einig .
Danke schön . – Wir kommen zum Geschäftsbereich
des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . Zur Be-
antwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staats-
sekretärin Anette Kramme bereit .
Die Fragen 36 und 37 der Abgeordneten Petra Pau
sowie die Frage 38 des Abgeordneten Dr . André Hahn
werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zur Frage 39 der Abgeordneten Katrin
Werner, Fraktion Die Linke:
Aus welchen Gründen waren bei der Verbändeanhörung
zum Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes am
24 . Mai 2016 im Bundesministerium für Arbeit und Soziales
weder die Bundesministerin Andrea Nahles, die Parlamenta-
rische Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller noch der
Frau Staatssekretärin, bitte .
A
Frau Werner, Sie stellen eine Frage zur Anwesenheit
der Ministerin bzw . der Parlamentarischen Staatssekretä-
rin Lösekrug-Möller bei der Verbändeanhörung zum Re-
ferentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes am 24 . Mai
2016 . Alle Anhörungen zum Referentenentwurf des Bun-
desteilhabegesetzes, das heißt die Länderanhörung am
23 . Mai 2016, die Verbändeanhörung am 24 . Mai 2016
und die Ressortanhörung am 25 . Mai 2016, wurden von
den fachlich zuständigen Unterabteilungsleitern moderiert
und durch die Fachreferate in jeweils identischer personel-
ler Besetzung unterstützt . Selbstverständlich ist es so, dass
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in eigener
Verantwortung entscheidet, wie und in welcher Besetzung
die Anhörungen durchgeführt werden . Dabei wurde kein
Anlass gesehen, für die Verbändeanhörung ein von den üb-
rigen Anhörungen abweichendes Verfahren anzuwenden .
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete?
Ja . – Frau Kramme, Ihnen ist ja bekannt, dass man seit
Monaten auf diesen Referentenentwurf des Bundesteil-
habegesetzes gewartet hat und dass es schon ein extremer
Spannungsbogen war, den das Ministerium aufgebaut
hat: Die Veröffentlichung wurde sehr oft verschoben;
dann gab es die Möglichkeit der Stellungnahme . Dass die
Erwartungen in diesen Gesetzentwurf sehr groß sind, ist
Ihnen auch bekannt . Das ist klar und deutlich kommuni-
ziert worden im Beteiligungsprozess . Jetzt gibt es – auch
aufgrund der Nichtanwesenheit von Vertretern des Mi-
nisteriums bei der Anhörung; sogar der Abteilungsleiter
war nicht anwesend – den Vorwurf, dass das Ganze als
Pseudobeteiligung anzusehen ist .
Mich würde, weil dem Ministerium dieser Vorwurf ja
bekannt ist, schon interessieren, wie Sie das bewerten .
Für mich wäre vor allen Dingen ganz wichtig – denn der
Gesetzentwurf ist ja noch nicht im parlamentarischen
Verfahren –, welche Konsequenzen Sie aus diesen Vor-
würfen ziehen . Denn wir müssen doch wirklich die Be-
teiligten mitnehmen und dürfen nicht in unserem Raum-
schiff weiterschweben .
Frau Staatssekretärin .
A
Frau Werner, Sie wissen selber, dass zu dem Bun-
desteilhabegesetz im Ministerium unzählige Gespräche
und Runden durchgeführt worden sind . Dass man hier
die Betroffenen nicht in hinreichender Weise einbezogen
hat, kann an dieser Stelle wahrlich nicht gesagt werden .
Das ist das eine .
Das andere bezieht sich im Prinzip auf Ihre nächste
Frage . Ich schlage vor, dass ich gleichzeitig Ihre Frage 40
beantworte, wenn der Herr Präsident einverstanden ist .
Er ist einverstanden . – Ich rufe die Frage 40 auf:Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Forde-rung vieler Selbstvertretungsorganisationen und Verbände, dievorgesehenen Verbesserungen im Entwurf, beispielsweise dasBudget für Arbeit und die Stärkung der Schwerbehinderten-vertretungen, ins SGB IX zu übernehmen und den Referenten-entwurf zurückzuziehen?http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/33805/Deutliche-Worte-an-Andrea-Nahles.htmhttp://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/33805/Deutliche-Worte-an-Andrea-Nahles.htmhttp://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/33805/Deutliche-Worte-an-Andrea-Nahles.htm
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 172 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 1 . Juni 201616972
(C)
(D)
Sie haben dann Zusatzfragen en masse, Frau Werner . –Bitte, Frau Staatssekretärin .A
Selbstverständlich ist es so, dass wir nach wie vor der
Überzeugung sind, dass dieser Referentenentwurf und
hoffentlich das spätere Gesetz eine spürbare Entlastung
für Menschen mit Behinderung bringen werden . Aber na-
türlich ist es auch so – es wäre unsinnig, wenn wir anders
agieren würden –, dass wir uns sehr genau anhören, was
es an Kritik, an Einwendungen und an Anregungen gibt .
Im Moment sind wir dabei, das alles auszuwerten und
erneut zu beleuchten .
Aber Sie wissen auch: Wir befinden uns im Moment
noch im Prozess des regierungsinternen Handelns, so-
dass ich zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Auskünfte
geben kann .
Sie haben, Frau Kollegin, jetzt noch drei Zusatzfragen .
Das müssen Sie nicht ausschöpfen, aber Sie können es .
Ich habe noch eine Zusatzfrage . – Sie haben selber
gesagt, dass Sie im Prozess sind und dass Sie die Betrof-
fenen eingeladen haben und ihnen das Gefühl gegeben
haben, dass ihre Vorschläge aufgenommen bzw . gehört
werden . Sie haben jetzt, wenn ich das richtig verstanden
habe, gesagt, dass Sie alle Vorschläge prüfen . Insofern
geht meine Zusatzfrage genau in diese Richtung .
Am Montag fand eine Fachtagung der SPD-Bundes-
tagsfraktion zum Bundesteilhabegesetz statt . Ich möchte
Sigrid Arnade zitieren, die auf dieser Konferenz gesagt
hat: Es sind
die Betroffenen . . ., die dieses Gesetz nicht wollen .
Für wen ist es denn? Wer soll denn davon profi-
tieren? Die Betroffenen wollen es nicht . Kann das
vielleicht mal gehört werden? Kann das ernst ge-
nommen werden? Kann das zu irgendwelchen Kon-
sequenzen führen?
Kann ich aus Ihrer Antwort schließen, dass Sie genau
diese Variante auch prüfen, dass Sie den Gesetzentwurf
in der Form stoppen und wirklich nur die positiven Din-
ge, die im Moment darin enthalten sind, ins SGB IX auf-
nehmen?
Frau Staatssekretärin .
A
Zunächst einmal haben wir eine andere Wahrnehmung
als Sie . Dass es diese Äußerung gegeben hat, ist sicher-
lich richtig . Ich habe Ihnen vorhin bereits dargelegt, dass
wir der festen Überzeugung sind, dass es spürbare Ver-
besserungen für die Betroffenen geben wird . Wir werden
an diesem Gesetzentwurf festhalten . Aber wir werden,
wie gesagt, Punkte im Detail selbstverständlich noch ein-
mal neu diskutieren .
Herzlichen Dank . – Dann kommen wir zum Ge-
schäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung
und Landwirtschaft . Zur Beantwortung steht die Parla-
mentarische Staatssekretärin Dr . Maria Flachsbarth be-
reit .
Ich rufe die letzte Frage der Fragestunde, die Frage 41
des Abgeordneten Harald Ebner, auf:
Wie ist der Stand der Ressortabstimmung zur Glypho-
sat-Neuzulassung bezüglich des Abstimmungsverhaltens
Deutschlands im Fall einer möglichen Abstimmung, und wird
die Bundeskanzlerin von ihrer Richtlinienkompetenz Ge-
brauch machen, um ein eindeutiges Votum Deutschlands zu
erreichen?
Frau Staatssekretärin, bitte .
D
Herr Kollege, wie bereits Herr Bundesminister de
Maizière eben in der Regierungsbefragung ausgeführt
hat, hat die Bundesregierung ihre Meinungsbildung dazu
noch nicht abgeschlossen .
Laut § 74 Absatz 6 der Gemeinsamen Geschäftsord-
nung der Bundesministerien ist die Haltung der Bun-
desregierung in den Gremien der Europäischen Union
einheitlich darzustellen . Sollte im Ausnahmefall einmal
keine gemeinsame Haltung der Bundesregierung her-
gestellt werden können, so enthält sich Deutschland auf
EU-Ebene der Stimme . Auch im Koalitionsvertrag wird
mittelbar auf dieses Vorgehen verwiesen, da vereinbart
ist, dass die Bundesregierung geschlossen gegenüber den
europäischen Partnern und Institutionen auftreten soll .
Schönen Dank . – Zusatzfrage, Herr Kollege Ebner?
Ja . – Danke schön, Frau Staatssekretärin . Heute hat
der Kommissar Andriukaitis seinen Vorschlag einer
Laufzeitverlängerung für Glyphosat vorgelegt . Er hat
darin Erstaunliches verlauten lassen . Er möchte nämlich
keine Einschränkungen vornehmen . Er sieht die Kom-
mission auch nicht in der Pflicht, das Vorsorgeprinzip
anzuwenden . Teilt die Bundesregierung die Position des
EU-Kommissars, dass das Vorsorgeprinzip nach Arti-
kel 191 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäi-
schen Union hinsichtlich der Verlängerung der Zulassung
von Glyphosat nicht zur Anwendung zu kommen hat?
D
Herr Kollege Ebner, die Beurteilung und Prüfung desVorschlags von Herrn Kommissar Andriukaitis ist imRahmen der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen .Das können Sie sich vorstellen, da dieser Vorschlag erstseit heute Morgen um halb zwölf auf dem Tisch liegt .Vizepräsident Peter Hintze
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(C)
(D)
Ich möchte aber gerne darauf hinweisen, dass der HerrKommissar vorgeschlagen hat, dass es zu einer Verlänge-rung der derzeitig gültigen Genehmigung bis Ende 2017bzw . sechs Monate nach der Legaleinstufung durch dieECHA kommen solle . Das ist wesentlich kürzer als eineangedachte Frist für die Verlängerung der Genehmigung,wie Sie sie in Ihrem Antrag, der heute Morgen im Aus-schuss zwar aufgerufen, aber nicht diskutiert worden ist,vorschlagen . Dort führen Sie aus, dass eine allenfalls aufzwei bis drei Jahre befristete Verlängerung der Genehmi-gung ein gangbarer Kompromiss wäre .
Haben Sie noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter
Ebner?
Aber gerne doch . – Frau Staatssekretärin, wenn Sie
daraus zitieren, dann würde ich Sie angesichts der Kürze
des Antrags bitten, ihn durchaus vollständig zu zitieren .
Es würde sich nämlich lohnen, zu sagen, was wir auch
geschrieben haben, nämlich dass die Verlängerung dann
selbstverständlich mit Einschränkungen vorzunehmen
wäre . Das sieht die EU-Kommission jetzt nicht vor; sie
möchte es den Mitgliedstaaten allenfalls in einem zwei-
ten Schritt empfehlen .
Da es völlig offen zu sein scheint, wie die entspre-
chende Abstimmung in Brüssel am Montag, dem 6 . Juni,
ausgehen wird, nachdem die Position Deutschlands noch
nicht klar ist, Frankreich aber schon erklärt hat, mit ei-
nem Nein in die Abstimmung gehen zu wollen – es könn-
te ähnlich knapp werden wie bei den letzten Nichtab-
stimmungen –, möchte ich Sie fragen: Wenn jetzt keine
qualifizierte Mehrheit für den Vorschlag der Kommission
erreicht würde und die Genehmigung für Glyphosat dann
am 30 . Juni ohne Verlängerung ausliefe, was würde das
ganz konkret bedeuten? Welche Übergangsfristen gäbe
es für den Verkauf und die Anwendung von Glyphosat?
Haben Sie dazu Informationen?
D
Herr Kollege Ebner, wir haben die Kommission sehr
wohl dahin gehend verstanden – wie gesagt, eine ab-
schließende Prüfung steht noch aus –, dass sie die Ver-
ordnung zur Verlängerung der geltenden Genehmigung
in den zuständigen Ausschuss überweisen würde . Wenn
es dort zu keinen Mehrheiten käme, würde sie in den Be-
rufungsausschuss gehen und hätte dann die Möglichkeit,
selbst über eine Verlängerung zu befinden.
Darüber hinaus möchte ich Sie darüber informieren,
dass die Kommission nach unseren Informationen für
den Fall, dass es zu einer Verlängerung der derzeit gel-
tenden Genehmigung käme, vorsähe, entsprechende Ver-
schärfungen zum Beispiel in Bezug auf Tallowamine, auf
die sogenannte Sikkation und auf die Anwendung außer-
halb der Landwirtschaft einzubringen, und zwar in die
derzeit gültige Genehmigung .
Danke schön . – Es gibt noch zwei Fragen, die ich
zulasse, und zwar des Abgeordneten Kekeritz und der
Abgeordneten Höhn . Zuerst der Abgeordnete Kekeritz,
bitte .
Frau Staatssekretärin, nicht seit heute früh, sondern
seit anderthalb Wochen ist bekannt, dass das Donauwas-
ser, das ganz massiv als Trinkwasserressource dient, mit
Glyphosat hochbelastet ist . Ich könnte ganz simpel die
Frage stellen: Was will die Bundesregierung tun, damit
das in Zukunft nicht mehr geschieht? Die Antwort kann
ich Ihnen gleich geben: Man muss Glyphosat verbieten .
Spielt die Trinkwasserqualität bei Ihren Überlegun-
gen eine entscheidende Rolle? Welche Untersuchungen
haben Sie in Bezug auf Trinkwasser durchgeführt, und
zwar nicht nur bei Trinkwasserressourcen, sondern auch
bei Flüssen, die letztlich Trinkwasserressourcen speisen?
D
Der Schutz von Umwelt und Gesundheit, Herr Kolle-
ge, spielt die entscheidende Rolle bei den Überlegungen
der Bundesregierung bezüglich einer möglichen Wieder-
zulassung von Glyphosat . Nach unseren Informationen
ist das Donauwasser tatsächlich auch Fundstätte von
Glyphosat . Jedoch liegen die Werte weit unterhalb der
Grenzwerte für Trinkwasser .
Insgesamt sind im Rahmen der Wiederzulassung von
Glyphosat über tausend unterschiedliche Studien gesich-
tet worden . Welche sich im Detail mit Trinkwasser bzw .
Oberflächenwasser beschäftigen, kann ich Ihnen gerade
nicht sagen . Das würde ich Ihnen aber gerne nachliefern .
Schönen Dank . – Die letzte Frage zu diesem Themen-
komplex stellt die Abgeordnete Höhn . Bitte .
Frau Staatssekretärin, letzten Freitag hat der Deutsche
Ärztetag, das Gremium der Bundesärztekammer, einen
Beschluss gefasst, in dem die Bundesregierung und die
EU-Kommission aufgefordert werden, Glyphosat nicht
länger zuzulassen, weil es das Erbgut negativ verändern
kann . Bisher war es immer das Landwirtschaftsministe-
rium, das auf einer Langfristgenehmigung von Glyphosat
bestanden hat . In welcher Weise verändert diese Auffor-
derung der deutschen Ärzteschaft die Positionierung des
Bundeslandwirtschaftsministeriums?
D
Die Bundesärzteschaft hat auf noch nicht abgeschlos-sene Studien bezüglich der Genotoxizität hingewiesen .Zu diesen Studien liegen aber sehr wohl Zwischenergeb-nisse vor . Sie weisen darauf hin, dass vermutlich eineParl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 172 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 1 . Juni 201616974
(C)
(D)
Genehmigungsfähigkeit vorliegt . Die abschließendenUntersuchungen sollen aber erst in einem Jahr vorlie-gen . Wenn sich der Weg abzeichnet, den der Kommis-sar Andriukaitis heute Morgen in seiner Stellungnahmegegenüber der Presse angedeutet hat, dann werden dieseErgebnisse selbstverständlich in eine endgültige Zulas-sung einfließen.Ich möchte in diesem Zusammenhang aber daraufhinweisen, dass, wenn sich nach einer endgültigen Wie-derzulassung eines Pflanzenschutzmittels neue Befundeergeben sollten, die auf eine massive Gesundheitsgefähr-dung oder auf eine Gefährdung der Umwelt hinweisen,eine solche Zulassung selbstverständlich jederzeit auchwieder entzogen werden kann .
Herzlichen Dank . – Wir sind damit am Ende der Fra-
gestunde . Ich schließe die Aussprache zu diesem Tages-
ordnungspunkt .
Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Haltung der Bundesregierung zur Zukunft
der erneuerbaren Energien in Deutschland
und Europa
Ich eröffne die Aussprache . Als erster Rednerin er-
teile ich das Wort der Abgeordneten Dr . Julia Verlinden,
Bündnis 90/Die Grünen .
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Was wir zurzeit in der Debatte umden Ausbau erneuerbarer Energien erleben, das ist eineunverfrorene Konterrevolution der alten, dreckigen Ener-giewirtschaft und deren Fürsprecher hier im Parlament .
Sie von der Bundesregierung wollen den Ausbau der er-neuerbaren Energien nämlich begrenzen, um den Koh-ledreckschleudern von RWE und Vattenfall einen Be-standsschutz zu geben . Unfassbar! Es ist ja so: Sobalddie erneuerbaren Energien einen beträchtlichen Anteilder Stromnachfrage decken konnten, und das zu sinken-den Kosten, haben Sie gemerkt: Huch, das heißt ja, dassdie Marktanteile der fossilen Kraftwerke zurückgehen .
Ich sage Ihnen etwas: Genau das ist der Sinn der Ener-giewende .
Erneuerbare Energien sollen fossile Energien und Atom-kraftwerke ersetzen .
Jetzt beklagen Sie etwas, was Sie selbst zu verantwor-ten haben . Wir haben einen Stromüberschuss, weil Sieden Kohleausstieg nicht angehen . Die alten Kohle- undAtommeiler verstopfen das Netz .Und irgendwie passt es Ihnen auch nicht, dass dieEnergiewende vor allem von kleinen und mittelständi-schen Unternehmen, von Genossenschaften, Landwirtenund Bürgerinnen getragen wird . Dass die Energiewendevon unten die Energieoligopole der Vergangenheit ablöst,das passt Ihnen nicht .
Es wäre ein Leichtes, alle Projekte unter einer De-mi-nimis-Grenze von 18 Megawatt vom Ausschreibungs-zwang zu befreien, wie es die EU-Kommission explizitzulässt . Damit würde man für die Akteursvielfalt tatsäch-lich etwas Sinnvolles unternehmen . Weniger Bürokratiebedeutete dies allemal . Sie aber wollen das weitere En-gagement und Investitionen dieser Akteure abwürgen,und das finde ich unverantwortlich.
Erst sollten die Menschen den Aufbruch in eine neueStromwelt gestalten, dann, ein paar Jahre später, sagenSie die Energiewende von unten wieder ab .
Dieser Zickzackkurs ist das Gegenteil von verlässlicherPolitik .
Vor gerade einmal sechs Monaten hat diese Bundes-regierung in Paris einen Vertrag verhandelt, der eine Be-grenzung der Klimaerwärmung auf deutlich unter 2 GradCelsius vorsieht .
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, mirscheint, Sie und auch die Bundesregierung haben sichbisher gar keine Gedanken darüber gemacht, was diesesZiel und diese Zusagen ganz konkret bedeuten . Um dieseinternationalen Vereinbarungen zu erreichen, brauchenwir nicht darüber zu streiten, ob wir einen Anteil von42,5 Prozent oder 45 Prozent an erneuerbaren Energienbis 2025 im Stromsektor brauchen, denn wir bräuchtenmindestens 60 Prozent bis dahin .
Ihr Plan, den Ausbau der erneuerbaren Energien zubegrenzen, steht auch im krassen Widerspruch zur in-ternationalen Entwicklung in dieser Branche . Es ist alsoParl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth
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nicht nur klimapolitisch, sondern auch wirtschaftspoli-tisch dumm von der Bundesregierung, die Energiewendein Deutschland aufzuhalten . Der Ausbau von Windener-gie und Photovoltaik steigt weltweit rapide an . LetztesJahr wurde global mehr in die erneuerbaren Energieninvestiert als in fossile Kraftwerke . Und was treibt dieBundesregierung? Sie zerstören Zukunftsbranchen . Ganznebenbei haben Sie damit Zigtausende Arbeitsplätze ver-nichtet . Das ist ein Skandal .
Auch die regionale Wertschöpfung, von der die Kom-munen und die Menschen vor Ort profitieren, setzen Sieaufs Spiel, indem Sie kräftig auf die Bremse treten, unddas unterscheidet uns voneinander . Ich will als Grünenicht nur eine vernünftige Politik für die Menschen heutein Deutschland .
Ich will eine verantwortungsvolle, global gerechte undzukunftsfähige Politik für die Menschen, die uns nichtwählen können, für die zukünftigen Generationen .
Sie von der Bundesregierung machen das Gegenteil . Siemachen weder eine Politik für die Zukunft, noch machenSie eine Politik, die dem Willen Ihrer eigenen Wählerentspricht . Das ist doch verrückt . Es ist nämlich so: DieMehrheit der Menschen in Deutschland will, dass dieerneuerbaren Energien noch stärker ausgebaut werden .Nach einer Umfrage will selbst die große Mehrheit Ihrereigenen Anhänger den Kohleausstieg . Bei der SPD sindes 74 Prozent, bei der Union sogar 80 Prozent, die daswollen .Morgen demonstriert ein breites Bündnis von Wirt-schaftsverbänden, Gewerkschaft, Bauernverband, Um-weltverbänden und Bürgerenergiegesellschaften hier inBerlin . Gemeinsam fordern diese Menschen Sie auf, dieEnergiewende zu retten .
Gehen Sie da mal hin, liebe Kolleginnen und Kollegen,und hören Sie diesen Menschen zu . Dann können Sieihnen entweder erklären, warum Sie deren Engagementnicht mehr wollen oder warum Sie Arbeitsplätze in derEnergiewirtschaft mit zweierlei Maß messen, oder Sienehmen die Kritik an und bringen endlich eine kluge,vernünftige EEG-Novelle auf den Weg, eingebettet ineine konsistente und verlässliche Energiepolitik, die denEnergiewendestandort Deutschland stärkt und den ent-scheidenden Beitrag zum Klimaschutz leistet .
Frau Kollegin .
Das wäre verantwortungsvolle Politik .
Für die folgenden Redner sage ich: Ganz verant-
wortungsvoll ist es, wenn man zwischendurch immer
mal wieder auf die Uhr schaut . – Nächster Redner ist
Dr . Michael Fuchs, CDU/CSU-Fraktion .
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!Wenn man sich dieses Gejammere anhört, dann meintman, man ist auf einem falschen Stern .
Ich kann mir natürlich sehr gut vorstellen, dass die Grü-nen Probleme damit haben, dass Firmen, an denen siemassiv beteiligt sind, wie Prokon, in Schwierigkeitensind .
Das liegt aber nicht daran, dass die Energiewende falschläuft, sondern daran, dass es in dieser Branche unterneh-merisches Missmanagement bis zum Gehtnichtmehr gibt .
Wenn Sie darunter leiden, dann kann ich das nicht än-dern .
Meine Damen und Herren, die Branchen im Bereichder erneuerbaren Energien, auch die Windbranche, kas-sieren mittlerweile rund 25 Milliarden Euro von den Bür-gerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen, und zwarjedes Jahr . Rechnen wir das mal 20 – das können wir janoch im Kopf, jedenfalls die meisten von uns –, dannkommen wir auf 500 Milliarden Euro Subventionen fürdie verschiedenen Branchen im Bereich der erneuerbarenEnergien .
Das muss für uns doch verdammt noch mal ein Zeichensein, dass wir ein bisschen aufpassen müssen . Deswegenfinde ich das, was wir gemacht haben, völlig verantwort-lich . Wir müssen uns damit beschäftigen, ob wir nichtdoch an der einen oder anderen Stelle eine Bremse ein-bauen müssen .Der Ausbau im Bereich der Windenergie war weitausgrößer, als wir das geplant hatten .
Dr. Julia Verlinden
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Sie wissen, dass wir gesagt haben: Wir wollen maximal2 500 Megawatt pro Jahr . – Stattdessen hatten wir 2013 –ich darf das vorlesen – über 3 000 Megawatt, 2014 4,8 Gigawatt und 2015 3,7 Gigawatt .
Wir haben also schon deutlich mehr, als wir geplant hat-ten .
Das zeigt ziemlich deutlich, dass wir nicht gebremst ha-ben . Wir haben es eher zu weit laufen lassen . Dafür zah-len die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmerund die Unternehmerinnen . Das kann so nicht weiterge-hen; denn das wird zu teuer . Wir liegen jetzt bei 6,35 CentEEG-Umlage . In diesem Jahr werden wir die 7,5 Centerreichen und im nächsten Jahr über 8 Cent . Rechnen Siedie Mehrwertsteuer dazu, dann sind das 10 Cent . Dannzahlt der Vierpersonenhaushalt 500 Euro pro Jahr nur fürdie erneuerbaren Energien .Jetzt kommt es noch schlimmer:
Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht unglaublichschnell voran .
Was aber nicht schnell vorangeht – daran sind Sie massivschuld –, ist der Ausbau der Netze .
– Es wäre besser, wenn Sie zuhören würden; denn dannwürden Sie etwas lernen . – Ich will Ihnen ein Beispielnennen: Auch in Niedersachsen gilt das EnLAG . Die-ses EnLAG ist im Jahr 2002 von Rot-Grün beschlossenworden . 2007 herrschte Planungssicherheit . In Nieder-sachsen sollten laut EnLAG 405 Kilometer Höchstspan-nungsleitungen mit 380 kV gebaut werden . Wissen Sie,wie viel bis jetzt in Niedersachsen gebaut wurde? NullKilometer . Dafür tragen Sie Verantwortung . Der zustän-dige Minister ist ein Grüner . Er verhindert, dass die Lei-tungen gebaut werden .Jetzt kommt das Schönste: Der Netzverknüpfungs-punkt BorWin 3 – das muss man anerkennen – wirdschneller fertig, als wir gedacht haben, sogar deutlichschneller . 2018 wird man fertig sein . 2018 wird dieseAnlage an Land angekommen sein, und zwar in Emden;dann liegt das Seekabel in Emden . Aber jetzt kommtdas kleine Problem: Die Leitung, die von Emden nachConneforde führt, ist nicht fertig . Das heißt, das Seeka-bel endet blind . Jedes Jahr werden 900 Millionen Euroausgegeben, und zwar für nichts – und das haben Sie zuverantworten –; denn der Strom kann nicht weggeleitetwerden, das Stromkabel endet sozusagen im Sand .So können wir nicht weitermachen .
Das ist der Grund, warum wir sagen: Der Ausbau dererneuerbaren Energien muss einhergehen mit einemAusbau der Netze . Nur dann, wenn die Netze vorhandensind, darf der Ausbau der erneuerbaren Energien in demMaße weiter betrieben werden .
Wir wollen den Strom nach Süddeutschland leiten . Dagehört er hin . Da wird er gebraucht . Im Norden habenwir bereits heute viel zu viel Strom . Wir haben in Schles-wig-Holstein eine ausgebaute Leistung von rund 8 Giga-watt . Gebraucht werden in Schleswig-Holstein, wenn alleBügeleisen an sind, wenn alle Stromverbraucher laufen,maximal 3 Gigawatt . Wir haben also round about dreimalso viel Strom zur Verfügung, wie gebraucht wird . Alsomuss es doch unser Ziel sein, die Leitungen auszubauen .
– Ich muss Ihnen eines sagen: Da sind Sie überall in derRegierung . Sie tun aber nichts . Das ist Ihr Problem .
– Herr Krischer, außer schreien tun Sie nichts . Wo istdenn der Leitungsausbau? Wann werden Sie mit HerrnHabeck und mit Herrn Wenzel reden, damit sie ein biss-chen schneller machen? Sie sind doch die Bremser .
Bei jeder Bürgerinitiative gegen die Leitungen sind Siedabei . Das kann so nicht weitergehen .
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge-
ordneten Eva Bulling-Schröter, Fraktion Die Linke .
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben ja die große Gabe,Herr Gabriel, mit einem Lächeln im Gesicht ständig zuDr. Michael Fuchs
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beteuern, wie wichtig Ihnen die Energiewende ist, dieseaber gleichzeitig mit dem Hintern einzureißen .
Ich halte das für unaufrichtig . Das erweist der Energie-wende einen Bärendienst .
Ich sage Ihnen eines: Die Menschen merken das,
und sie sind erbost .Sie sprechen ja gerne vom Ende des Welpenschutzesfür die Erneuerbaren, jetzt seien Windhunde daraus ge-worden .
Leider kennen Sie sich mit Hunden nicht so gut aus;denn was Sie machen, nämlich die Hunde, ob Wind-oder Jagdhunde, dauerhaft in den Zwinger zu verbannen,macht die Hunde krank .
Nichts anderes ist der rigide Ausbaukorridor bei Wind-kraft an Land .
Zudem haben Sie erfolgreich wieder eine unsäglicheKostendebatte losgetreten; Herr Fuchs macht da mit .Diesmal wird Herr Homann, der Chef der Bundesnetz-agentur, vorgeschickt . Er hat uns am Montag erzählt, dassim Jahre 2023 4 Milliarden Euro Redispatch-Kosten an-fallen, weil der Windstrom aus dem Norden aufgrund desfehlenden Netzausbaus nicht nach Süden abgeleitet wer-den kann . Dies ist wieder so eine Story wie in der letztenLegislaturperiode .
Das ist grober Unfug . Herr Homann ist uns während derBeiratssitzung am Montag – Sie waren nicht dabei; aberlassen Sie es sich erzählen – die fachliche Grundlage die-ser Schätzung schuldig geblieben .
Daher muss ich sagen: Das sind einfach schlechte Zah-lenspiele . Wir lassen es nicht zu, dass auf dem Rückender Erneuerbaren schäbige Politik gemacht wird .
2011 musste im Rahmen der EEG-Reform die Photo-voltaik mit schätzungsweise 100 000 verlorenen Arbeits-plätzen daran glauben und 2014 unter Gabriel die Bio-energie, deren Ausbauzahlen mittlerweile wirklich einJammer sind . Diesmal hat der Herr Bundeswirtschafts-minister es besonders auf die Windenergie an Land – siesoll beschnitten werden –
und auf die Bürgerenergie abgesehen . Ich sage Ihnen nur:Die Menschen im Ausland, die dies beobachten, reibensich die Augen und wundern sich .
Sie sagen: Deutschland hat mit seiner Vorreiterrolle einstdafür gesorgt, dass die erneuerbaren Energien bezahlbarwerden, und jetzt will man die Früchte dieser Arbeit nichternten und fährt den Ausbau herunter . Wir fragen uns:Was soll das?Heute Nacht haben Sie sich mit den Länderchefs of-fenbar auf 2 800 Megawatt brutto für Wind an Land geei-nigt . Sie wissen selbst, dass ab 2020 zahlreiche Altanla-gen vom Netz gehen oder durch neue ersetzt werden . MitIhrer Vereinbarung wird nach 2020 der Zubau stagnieren .Rechnen Sie es nach, Kollegen! Ich hoffe, dass sich dannnoch viele daran erinnern, dass Herr Gabriel für den Fa-denriss bei der Windenergie an Land verantwortlich war .
Viele fragen sich: Wollen Sie den Ausbau der Erneu-erbaren verzögern, um den Energiekonzernen Luft zuverschaffen, damit die fossil-atomare Energiewirtschaftnoch eine Weile länger von ihrer dreckigen Kohlever-stromung leben kann? Diesen Eindruck macht es .Ich finde, wir müssen einfach einmal Klartext reden.
Wir müssen bald aus der Kohle aussteigen, um die Kli-maziele zu erreichen .
Paris hat das gezeigt, wohl wahr, und jetzt müssen wirliefern . Die Wählerinnen und Wähler brauchen Klarheitund Wahrheit .
Zur Wahrheit gehört auch, dass die Kohleverstromungtrotz der Energiewende steigt . Ich frage mich dannschon, welche Arbeitsplätze Ihnen wichtiger sind: die beider Kohle oder die bei den Erneuerbaren . Es geht ja da-rum, dass wir ein Ausstiegsszenario brauchen . Da sindSie einfach nicht bereit, etwas zu tun .2011 hat Herr Gabriel aus der Opposition heraus ange-sichts der Atompolitik von Schwarz-Gelb vor den Folgenschlecht gemachter Gesetze gewarnt
– ich zitiere ihn jetzt einmal –:Eva Bulling-Schröter
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Die Energieversorgung ist das Herz-Kreislauf-Sys-tem der deutschen Volkswirtschaft . Sie, FrauMerkel, operieren alle sechs Monate am offenenHerzen . . .
Mittlerweile sind Sie der Chefarzt, Herr Gabriel . Sieoperieren so an der Energiewende herum, dass sie immerkränker wird .
Das ist für uns Murks . Eine aufstrebende Zukunftsbran-che wird geschwächt und kaputtgemacht .Wir setzen uns für die erneuerbaren Energien ein, fürdie Windhunde .
Wir wollen, dass sie wachsen und nicht eingesperrt wer-den . Wir wollen auch, dass die Bürgerenergie eine echteChance bekommt; denn wir brauchen die Beteiligung derMenschen an der Energiewende .Ich hoffe, dass morgen zur Demo ganz viele Leutekommen und dass auch Sie sich das einmal anschauen .
– Der Kollege von der SPD sagt, er habe keine Zeit . Prio-ritäten setzen, Kollege! Das gilt auch für die Sozis .
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-
ordneten Bernd Westphal, SPD-Fraktion .
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! DieEnergiewende basiert auf drei energiepolitischen Zielen:Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltver-träglichkeit .
Das, was wir bei meinen Vorrednern eben gehört haben,widerspricht genau diesem Zieldreieck . Die erneuerba-ren Energien genießen Privilegien; sie haben den Ein-speisevorrang . Das sollten Sie wissen, Frau Verlinden .Das, was Sie hier behauptet haben, stimmt einfach nicht .
Diese Privilegien gibt es genau deswegen, weil wir er-neuerbare Energien stärker fördern wollen .Was haben wir für eine Situation? Die heutige Aktuel-le Stunde bietet zumindest die Gelegenheit, über einigeDinge zu reden . Wenn man sich nur auf die Umweltver-träglichkeit konzentrieren würde, dann könnte man na-türlich sagen: Reform des EEG, Ausbau der erneuerbarenEnergien, und das unbegrenzt – Punkt . – Das würde abernicht funktionieren . Das würde einen Akzeptanzverlustbedeuten, das würde eine Kostenexplosion bedeuten, unddas würde bedeuten, dass wir keine Nachahmer für unserProjekt der erneuerbaren Energien bekommen . Das wol-len wir mit dieser Reform verhindern .
Sie müssen die tatsächlichen Rahmenbedingungen be-rücksichtigen . Wir haben in dieser Woche die EU-Wochefür nachhaltige Entwicklung . Auch da gibt es drei As-pekte . Wir müssen dieses Zieldreieck mit einbauen . WirSozialdemokraten glauben, dass wir im Sinne der Nach-haltigkeit auch im Hinblick auf andere Aspekte, die denMenschen in diesem Land wichtig sind, Verantwortungübernehmen . Hier geht es nicht nur um den Ausbau dererneuerbaren Energien auf Teufel komm raus, sondernauch darum, dass wir vernünftige wirtschaftliche Struk-turen erhalten .Es war die SPD, die ein wichtiger Antriebsfaktor undMotor für die Energiewende war . Das waren wir nichtnur in der Vergangenheit, das werden wir auch zukünftigbleiben . Wir haben kein Fukushima gebraucht, um ausder Kernenergie aussteigen zu wollen,
sondern wir haben das fertiggebracht, weil wir diesesThema auf die politische Agenda gesetzt haben . Genauso verfolgen wir auch den Ausbau der erneuerbarenEnergien .Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Siemich offen reden: Umweltverträglichkeit ist nicht alleinein Erfolgsfaktor . Zu einer erfolgreichen Energiewendegehört auch die Berücksichtigung anderer Faktoren . Da-bei geht es auch um Versorgungssicherheit, die wir ge-währleisten müssen, weil wir einen hohen Qualitätsstan-dard für unseren Wirtschaftsstandort brauchen . Was dieEnergieversorgung angeht, sind dies wichtige Aspekte .Für die Zukunft brauchen wir den Ausbau von Netzen,und wir brauchen zukünftig mehr Investitionen in Spei-cher .
Was unsere Wettbewerbsfähigkeit angeht, so zeigtsich, dass wir aus der Struktur unserer Wirtschaft, dieindustriell geprägt ist und einen Mittelstand hat, enormePotenziale schöpfen, die uns helfen, globale Herausfor-derungen wie die Energiewende, den Klimaschutz undandere zu bewältigen . Insofern brauchen wir eine starkeEva Bulling-Schröter
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Wirtschaft mit Investitionen und Innovationen, die unshilft, diese Lösungspotenziale zu heben .
Gleichzeitig geht es uns aber auch um Bezahlbarkeit;hier unterscheiden sich die Sozialdemokraten von denGrünen . Uns liegt es schon am Herzen, dass nicht nurdie Unternehmen, sondern auch die Haushalte zukünftigihre Stromrechnungen bezahlen können . Deshalb bügelnwir jetzt die Fehler der erneuerbaren Energien aus derVergangenheit, die im System liegen, aus .
Wir werden dafür sorgen, dass wir nicht mit ideologi-schen Kampfparolen, wie Sie hier in dieser Debatte, son-dern mit einem vernünftigen Konzept in Bezug auf diewichtigen Infrastrukturmaßnahmen in Deutschland, dasArbeit und Umwelt nicht als Gegensatz konstruiert, denUmbau wirtschaftlich und sozial balanciert und austariertgemeinsam gestalten .
Was die Ausbaupfade angeht, war das, was die Mi-nisterpräsidenten gestern zustande gebracht haben, schonhilfreich . Ich denke, sie haben mit der Sitzung im Kanz-leramt den entscheidenden Durchstoß erreicht, und siehaben den Willen gezeigt, hier einen klaren Ausbaupfadfür erneuerbare Energien aufzuzeigen, gleichzeitig aberauch die Kosteneffizienz nicht aus dem Blick zu verlie-ren . Ausschreibungen sind ein Instrument, um diesenAusbaupfad zu steuern und kosteneffiziente Dinge zu be-rücksichtigen . Diese Zielmarken sind wichtig für die par-lamentarische Debatte, die nach dem Kabinettsbeschlusshier zu erfolgen hat .Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Energie-wende ist und bleibt ein Projekt, das international hoheAufmerksamkeit hat . Dementsprechend müssen wir die-ses Vorzeigeprojekt mit den entsprechenden Parameternausstatten, sodass es diese Aufmerksamkeit behält undwir Nachahmer finden. Wir müssen dafür sorgen, dasswir diesen gesellschaftlichen Konsens hinbekommen .Deshalb geht es nicht um ein Gegeneinander, sondernum ein Miteinander .Wir brauchen eine Energiewende, bei der wir denschwierigen Drahtseilakt zwischen Umweltverträglich-keit, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit meistern .Ich bin mir sicher, dass wir das nur mit dieser Variantehinbekommen . Hören Sie endlich auf, die Energiewen-de zu entwerten und schlecht darzustellen! Wir brauchendie Energiewende mit der Wirtschaft, für die Umwelt undvor allen Dingen mit den Bürgerinnen und Bürgern un-seres Landes .Vielen Dank .
Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten
Dr . Georg Nüßlein, CDU/CSU-Fraktion, das Wort .
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! JürgenTrittin hat im Jahre 2004 gesagt: Das EEG wird eine Fa-milie pro Monat gerade einmal so viel kosten wie eineKugel Eis . – Ich will Jürgen Trittin an dieser Stelle garnicht kritisieren, und ich nutze die Gelegenheit, aucheinmal zu sagen, dass ich Herrn Trittin bei der Kommis-sion zur Überprüfung der Finanzierung des Kernener-gieausstiegs als einen ausgesprochen konstruktiven undfachlich idealen Partner erlebt habe . Insofern war das andieser Stelle keine Kritik, sondern nur eine Rückblende .Bei einer EEG-Umlage von 6,35 Cent sind aus der ei-nen Kugel Eis mittlerweile 222 Kugeln Eis geworden .Das ist schon eine ordentliche Portion Eis . Das schlägtwirklich bei den Familien, aber insbesondere auch imgewerblichen Bereich zu Buche, und niemand wird leug-nen, dass wir hier auf der Kostenseite ein Problem haben,wie das Kollege Fuchs vorhin auch beschrieben hat .Das EEG ist in der Tat teuer geworden . Das liegt zumeinen an ein paar systemimmanenten Dingen, zum Bei-spiel daran, dass wir in Zukunft Ersatzkapazitäten, Spei-cher und auch Netze brauchen werden . Zum anderen liegtdas aber auch daran, wie die Differenzkosten berechnetwerden – man muss einfach eingestehen, dass uns nochnichts Besseres eingefallen ist, um die Differenzkostenzu berechnen – und dass es uns im Deutschen Bundes-tag lange Zeit nicht gelungen ist, die Erfahrungskurvenin Bezug auf die einzelnen erneuerbaren Energiearten ab-zubilden . Es ist halt so: Die Kosten sind meistens schnel-ler gesunken, als der Deutsche Bundestag nachsteuernkonnte . Ganz extrem war es bei der Photovoltaik undist es jetzt aktuell im Bereich der Windenergie . Deshalbist es dringend geboten, dass wir hier zu Anpassungenkommen, und das werden wir gemeinschaftlich mit denKollegen von der SPD auch tun .
Ich möchte an dieser Stelle aber auch betonen, dasssich all die Schwierigkeiten, die wir an dieser Stellebeschreiben können – Überrenditen, die Tatsache, dassBauern bis zu 40 000 Euro pro vermieteter Fläche fürWindkrafträder bekommen, usw . –, am einfachsten durchdie Einführung der Ausschreibung beheben lassen, waswir jetzt tun . Das ist der zentrale Punkt dieses Erneuerba-re-Energien-Gesetzes und etwas, was uns in der Tat amSchluss in einer ganz besonderen Art und Weise weiter-bringen wird . Es stoppt die Energiewende nicht, meineDamen und Herren, sondern macht sie steuerbar . Darumgeht es nämlich: die Energiewende steuerbar machen, so-dass sie von den Bürgerinnen und Bürgern auch weiter-hin mitgetragen wird .
Dazu ist tatsächlich eine Synchronisierung zwischenAusbau der erneuerbaren Energien und Netzausbau er-forderlich . Das ist unstrittig . Vorhin haben einige Bay-ern kritisiert . Die Verhandlungsposition ist das eine; dasErgebnis ist das andere . Ich sage an dieser Stelle relativselbstbewusst: Sie werden sich wundern, wenn Sie amEnde sehen, wie die Leitungen am Schluss in Bayern um-Bernd Westphal
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gesetzt werden – Stichwort „Thüringer Strombrücke“ –und wie sie woanders umgesetzt werden .
Dann schauen wir uns einmal an, meine Freunde vonden Grünen, wie Sie diese Energiewende beim Netzaus-bau unterstützt und vorangebracht haben und wie das amEnde in Bayern der Fall gewesen ist .
Auch daran werden wir sehen, wer wirklich sinnvolleSachpolitik macht .Ich will auch noch einmal das aufgreifen, was KollegeFuchs zum Offshorebereich gesagt hat . Ich verstehe andieser Stelle jedes landespolitische Interesse . Aber großeWindmühlen auf die hohe See stellen und den Strom nichtweitertransportieren, das ist ein Schildbürgerstreich . Eskann sich jeder bewerben, der auf dem Foto sein möchteund zu den Schildbürgern gezählt werden will, wenn dasdann einmal groß in der Bild-Zeitung aufgemacht wird .Deshalb tun wir gut daran, uns noch einmal Gedankendarüber zu machen, wie wir gemeinsam genau in der Fra-ge steuern: Wie baut man aus, in welchem Tempo undmit welchem Ziel, und wie bringt man den Strom vomNorden in den Süden, also dorthin, wo er am Ende ge-braucht wird?
Darum geht es doch, nicht darum, die Energiewende zustoppen, sondern darum, sie rational und sinnvoll zu ma-chen . Ich habe gesagt, ich verstehe das strukturpolitischeInteresse an einem Anlagenbau im Norden .In Bezug auf die energieintensiven Unternehmen müs-sen wir bei dieser Gelegenheit auch das Thema adres-sieren: Wie schützen wir sie vor einer überbordendenEEG-Umlage und vor Verwerfungen, die uns gelegent-lich auch aus Brüssel erreichen? Wie realisieren wir dasGanze so, dass es am Schluss auch für die energieintensi-ven Unternehmen im Land funktioniert?Für die Landwirtschaft möchte ich noch einmal einebesondere Lanze brechen, meine Damen und Herren . DieBiomasse ist ein wichtiger Pfeiler dieser Energiewende .Wir müssen natürlich schauen, wie sie an dieser Stelleeine Zukunftsperspektive haben kann .
Das gilt nicht nur, weil die landwirtschaftliche Lagemomentan angespannt ist, sondern auch, weil wir hiereine besondere Situation haben . Aufgrund der Rohstoff-kosten wird es nämlich schwieriger, sich auf diesemMarkt in Zukunft zu behaupten .Unter dem Strich halte ich fest: Wir bringen die Ener-giewende voran . Wir gestalten sie so, dass sie weiterhinsteuerbar bleibt und sinnvoll ist und deshalb von denBürgerinnen und Bürgern auch mitgetragen wird . Wer esnicht glaubt, den verweise ich auf das, was ich zum The-ma „Stromsteuer auf den Eigenverbrauch im Rahmen desEEG“ gesagt habe . Eine solche Steuererhöhung wollenwir nicht . Wir wollen nämlich nichts bremsen, sondernwir wollen vorankommen, und zwar sachlich, rationalund gemeinsam .Vielen herzlichen Dank .
Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Bundesminis-ter Sigmar Gabriel das Wort . Herr Bundesminister, bitte .
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft undEnergie:Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Meine Damen undHerren! Ich habe mich bei der Rede von Frau Verlindengefragt, ob sie das, was sie gesagt hat, selbst glaubt . Wenndas zutreffen würde, was Sie sagen, Frau Verlinden, hät-ten doch Herr Kretschmann und Herr Murawski, dieVertreter der baden-württembergischen Landesregierungund Mitglieder Ihrer Partei, gestern Abend nicht zuge-stimmt .
– Ich sage Ihnen ja, was sie gestern gemacht haben .
– Hören Sie doch auf! – Gestern hat übrigens auch derVertreter Thüringens, der Ministerpräsident, der der Lin-ken angehört, am Ende des Abends gelobt, wie weit wirgekommen seien . Ich kann mir wirklich nicht vorstellen,dass Sie das glauben, was Sie hier erzählen .
– Nein, natürlich nicht . – Passen Sie einmal auf . Ich leseIhnen einmal etwas vor . Bei Ihnen geht es ja nach demMotto: Je schriller, desto besser .
Ich bin sicher, Herr Krischer übertrifft Sie nachher noch .Daran habe ich keinen Zweifel .
Aber das hat doch alles mit der Wirklichkeit nichtsmehr zu tun . Es geht doch nur noch darum, dass Sie miteiner scheinbaren Skandalisierung in die Zeitung kom-men wollen . Um mehr geht es doch gar nicht mehr .
Dr. Georg Nüßlein
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Herr Krischer, ich lese Ihnen einmal etwas vor .
– Dass Ihnen das unangenehm ist, das weiß ich . Abertrotzdem muss ich es Ihnen vorlesen . – Was haben Siedenn 2014 bei der EEG-Novelle gesagt? Meine Bittean alle, die sich für dieses Thema interessieren, ist: Le-sen Sie einmal die Protokolle mit den Reden von HerrnKrischer und anderen Mitgliedern der Grünen sowie vonFrau Bulling-Schröter zum EEG des Jahres 2014 – daswar ja der Vorläufer des jetzigen EEG – nach . Dann wer-den Sie die Reden, die heute hier gehalten wurden, fastwörtlich wiederfinden. Ich lese Ihnen hier einmal etwasvor . Herr Krischer – das kommt nachher bestimmt wie-der –: „Abbruchveranstaltung für die Erneuerbaren“ .
– Vorsicht! Mein Rat ist – ich mache das bei Ihnen auch –:Hören Sie einmal bis zum Ende zu . Mal gucken, ob Siedann noch so laut sind . – „Abrissbirne“, „Anschlag aufdie Energiewende“, auch der Vorwurf: „Sie reduzierendas Ausbautempo der erneuerbaren Energien um dieHälfte“ . Und es heißt, natürlich adressiert an die Lob-byisten der Branche, dass die Energiewende an Tempoverliert . Frau Bulling-Schröter, Ihr Zitat ist zu lang, aberes ist die gleiche Größenordnung .
Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas zu den Fakten . Seitder Schaffung des EEG im Jahr 2000 – hören Sie gutzu! –, und zwar egal unter welcher Regierung, unter Rot-Grün, Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb, gab es noch nieeinen so starken Aufwuchs der erneuerbaren Energienwie in den Jahren 2014 und 2015 . Das ist die Realität .
Jetzt mache ich einmal eine Prophezeiung . Wir tref-fen uns in zwei Jahren wieder . Wenn es geht, noch einbisschen früher, weil das für die Bundestagswahl gut ist .Dann halten wir wieder Ihre Reden hoch, sozusagen dieKonterrevolution gegen die Energiewende, und stellenfest: Gott sei Dank kümmert sich die Energiewende nichtum solche schrillen Reden . Gott sei Dank geht sie weiter .
Die erneuerbaren Energien sind 2014 um 2 Prozentund 2015 um 5,4 Prozent gewachsen, zusammen 7,4 Pro-zent . Ein Wachstum in zwei Jahren in dieser Größenord-nung gab es in der Geschichte der Erneuerbaren-Energi-en-Gesetze in Deutschland noch nie . Das ist die Realitätgegenüber den Brandreden, die Sie so halten . Ich fragemich: Gibt es eigentlich noch ein Minimum an Interessedaran, miteinander die Sachfragen zu bereden?
Wenn es das gibt: Trauen Sie sich doch einmal, zu demzu kommen, zu was gestern auch die Vertreter von Grün-Schwarz, Rot-Grün, Rot-Rot-Grün und was es noch allesso in Deutschland gibt, bereit waren: nämlich sich mitden Realitäten auseinanderzusetzen .Eine der Realitäten ist, dass wir im Jahr 2025 einenAnteil von 45 Prozent erneuerbarer Energien am Brut-tostromverbrauch erreichen werden, derzeit liegt er bei33 Prozent . Stichwort „Abbruch“: Bei Anwendung derGrundrechenarten ist eine Steigerung von 33 auf 45 Pro-zent schwer als Stoppen der Energiewende zu bezeich-nen .
Jetzt sagen Sie: Das ist viel zu wenig . Wir müssen nochmehr machen . – Da sagen wir: Es gibt dafür ein paar Be-dingungen. Ich finde, in diesem Punkt hat sich die gestri-ge Debatte gelohnt . Im Jahr 2010 – ich komme gleich zuIhrem Argument mit Kohle- und Atomstrom, der angeb-lich die Leitungen verstopft – lag die Leistung der abge-regelten Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energienbei 127 Gigawattstunden . Das sind Anlagen, bei denenwir den Betreibern gesagt haben: Du bekommst Geld da-für, dass du den Strom produzierst . Es tut uns leid, aberwir brauchen deinen Strom nicht . Wir regeln deine An-lage ab, aber das Geld bekommst du trotzdem . – DieseZahl ist von 127 Gigawattstunden 2010 auf 4 600 Giga-wattstunden im Jahre 2015 gestiegen . Wir bezahlen alsodafür Geld, dass Strom nicht verbraucht wird .
Die Kosten dafür liegen zurzeit bei 1,1 MilliardenEuro insgesamt . Wenn wir nichts tun, steigen diese Kos-ten auf über 4 Milliarden Euro . Ich bin nicht ganz sicher,ob Sie den Mut haben, auf einer Demonstration zu sagen:Meine sehr geehrten Damen und Herren, was Sie undauch wir als Grüne fordern, hat den Preis, 4 MilliardenEuro dafür zu zahlen, dass Strom produziert wird, abernie zum Kunden kommt . – Ich bin gespannt, ob Sie denMut haben, das den Menschen zu sagen .
Woran liegt das? Es liegt in diesem Fall, Herr KollegeHofreiter, gerade nicht am Thema Ausbau der Strombrü-cke im Süden . Sondern es liegt daran – ich war damalsUmweltminister und habe das Gesetz mit eingebrachtund beschlossen –, dass sich eine Vielzahl der sogenann-ten Energieleitungsausbauprojekte nicht hat realisierenlassen – unter anderem deshalb, weil unser Rat damalsnicht befolgt wurde, nämlich in die Erdverkabelung zugehen . Das ist damals nicht gemacht worden . Das ist garkeine Schuldzuweisung .Jetzt haben wir das endlich durchgesetzt .
– Hören Sie auf! – Ich glaube, das Ganze wird jetztschneller gehen . Es wird nicht so schnell gehen, wie Sieden Leuten wieder weismachen, weil jetzt nur andereklagen . Trotzdem wird es hoffentlich schneller gehen .Die bestehenden Leitungen haben Netzengpässe . FrauVerlinden, natürlich haben wir berechnet, wie sich dasBundesminister Sigmar Gabriel
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Netz entwickelt, wenn der Atomstrom abgeschaltet wird .Natürlich haben wir berechnet, wie sich das Netz entwi-ckelt, wenn die Leitung nach Norwegen zur Nutzung derWasserkraft dort steht . Trotzdem haben wir Engpässe .Und nicht einmal die Fraktion der Grünen traut sich, imDeutschen Bundestag zu sagen, dass wir im Jahr 2021oder 2022 sämtliche Kohle- und Gaskraftwerke in Nord-deutschland abregeln sollen . Nicht einmal Sie trauen sichdas .Das bedeutet, Sie haben es mit einem Netz zu tun,das in Norddeutschland für den Erfolg der Energiewen-de nicht ausreichend ist . Es ist immer noch genug . Wirbauen jetzt ungefähr 2 800 Megawatt pro Jahr zu . Das istnicht gerade ein Abbau .
– Es ist brutto . – Es ist in der Tat in der installierten Leis-tung – auch da machen Sie ja den Leuten etwas vor – keinZubau, aber in der Bruttostromproduktion . Sie wissen,dass die Anlagen leistungsfähiger sind . Hören Sie dochauf, den Menschen etwas vorzumachen! Sie sind doch alseine aufklärerische Partei gestartet . Hören Sie doch auf,Propaganda zu machen!
Herr Krischer, ich weiß, dass Sie das nachher allesfortsetzen . Ich biete Ihnen an: Ich komme in den Aus-schuss und zu Ihrer Fraktion, und wir diskutieren die Sa-che, aber nicht Ihre Propaganda .Noch ein Hinweis zum Thema „Wie entwickeln sichdie Netze?“: Wir haben das Problem und Gott sei Dankdie Freude, dass wir in den nächsten Jahren weit mehrOffshorewindenergie produzieren werden, als wir dasvor ein paar Jahren gedacht haben – wenn auch übrigensnoch immer nicht so viel, wie ein früherer grüner Um-weltminister gedacht hat . Jetzt müssen wir es schaffen,zu verhindern, dass der Strom bezahlt wird, ohne dasser die Kunden erreicht . Das ist eines der Probleme: dieSynchronisierung des Ausbaus der erneuerbaren Energi-en mit dem Infrastrukturausbau .Es ist doch völliger Unsinn, dass die Propaganda fort-gesetzt wird und die Frage der Energiewende daran ge-messen wird, wie viel Prozent wir erreichen . Es ist dochUnsinn, zu behaupten, dass die Energiewende toll ist,wenn der Anteil der Stromproduktion aus erneuerbarenEnergien 55 Prozent statt 45 Prozent beträgt . Sie müs-sen die Energiewende doch an der Frage messen, ob derproduzierte Anteil auch beim Kunden ankommt und wirdafür bezahlen, dass er nicht ankommt .
Das heißt, Sie schlagen die Schlachten der Vergangen-heit . Die Schlacht der Zukunft ist, dafür zu sorgen, dassInfrastruktur und Ausbau parallel erfolgen .Eine zweite dringende Notwendigkeit ist, durch Aus-schreibungen dafür zu sorgen, dass der Markt die Prei-se reduziert . Heute legt der Staat bei den erneuerbarenEnergien die Strompreise fest . Natürlich orientiert sichein Grundstückseigentümer an den staatlich festgelegtenPreisen und kassiert dann Pachteinnahmen von 30 000bis 40 000 Euro pro Jahr . Das entspricht einem mittlerenArbeitnehmereinkommen . Wenn wir ausschreiben, danngeht das auf einmal nicht mehr, weil der Grundstücksei-gentümer dann im Wettbewerb steht . Dann muss er da-mit rechnen, dass jemand anders niedrigere Pachtpreiseanbietet und er den Zuschlag nicht bekommt . Das wollenSie verhindern . Sie wollen, dass die Stromkunden dieseLeute weiter reich machen .
Ich will, dass die Stromkunden mithelfen, die Energie-wende durchzusetzen . Darum geht es .
Wir werden heute noch ein paar Reden in der Preis-klasse der Skandalisierung hören . Das ist auch alles gutund schön . Aber wenn Sie dann einmal ausgeatmet ha-ben, dann haben Sie doch den Mut, in einer Debatte imAusschuss an der Sache entlang zu diskutieren, übrigenswenn möglich in einer öffentlichen Ausschusssitzung .
Ich habe da gar kein Problem . Aber Sie müssen sich dannmit der Sache auseinandersetzen –
und übrigens auch mit der Tatsache, dass offensichtlichauch die Länder, in denen Sie an der Regierung beteiligtsind, bereit sind, zur Durchsetzung der EnergiewendeKompromisse einzugehen . Das ist, glaube ich, gesternganz gut auf den Weg gebracht worden .Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .
Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Oliver
Krischer das Wort .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Lieber Minister Gabriel, ich hätte mir gewünscht, dassSie hier und heute das fortgesetzt hätten, was Sie am Ka-tholikentag gefordert haben . Dort haben Sie getwittert:Wir brauchen mehr Klimaschutz . – Herr Gabriel, Sie hät-ten heute die Gelegenheit gehabt, hier zu erklären, wieSie die Klimaschutzziele erreichen wollen, wie Sie dasPariser Klimaabkommen umsetzen wollen . Wir brauchenmehr und nicht weniger erneuerbare Energie .
Sie sind herzlich eingeladen, unsere Fraktionssitzungenzu besuchen . Wir diskutieren über alles, was Sie wollen .Aber eines können Sie gar nicht abstreiten: Ihre geplanteEEG-Novelle führt dazu, dass der Ausbau der erneuerba-Bundesminister Sigmar Gabriel
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ren Energien um 70 Prozent reduziert wird . Das streitendie Kollegen der Union noch nicht einmal ab . Sie sagen:Genau das wollen wir; wir wollen das herunterfahren . –Sie drücken das zwar ein bisschen anders aus . Aber dasist nicht in Ordnung .
Was mich, ehrlich gesagt, ärgert, ist das Kostenargu-ment – das haben wir erneut gehört –, und das am heu-tigen Tag, an dem Sie im Kabinett eine Notoperationbeschlossen haben, um Mittel zur Deckung der Milliar-denkosten der Atomkraft hereinzuholen, für die die Kon-zerne nicht aufkommen können . Es ist schon verrückt,dass Sie den erneuerbaren Energien Kosten anlasten, ob-wohl Sie genau wissen, dass die Alternative viel teurerist und noch ganz andere Konsequenzen nach sich zieht .
Da es Ihnen um eine ehrliche Debatte geht: HerrFuchs hat behauptet, dass die EEG-Umlage explodierenwerde . Herr Gabriel hat das nicht erwähnt, weil er genauweiß, dass das nicht stimmt . Die EEG-Umlage wird nichtexplodieren .
Denn die Windenergie ist der Billigmacher der erneuer-baren Energien . Die EEG-Umlage ist in den letzten Jah-ren sogar gesunken . Sie hätte allerdings deutlicher ge-senkt werden können .
Wir haben 5 Milliarden Euro auf dem Konto liegen . Esgibt keine explodierende EEG-Umlage . Herr Fuchs, dasist Ihre – da komme ich auf die Wortwahl von HerrnGabriel zurück – freie Propagandaerfindung.
Da wir bei Zahlen und Fakten sind: Es wird behauptet,dass es 4 Milliarden Euro kostet, das Netz zu regeln . Ichversuche seit drei Wochen, herauszubekommen, woherdiese Zahl stammt, welches die Berechnungsgrundlageist . Herr Homann, der Präsident der Bundesnetzagentur,musste am Montag im Beirat eingestehen – einige Kolle-gen waren anwesend –: Diese Zahl ist geschätzt; es gibtkeine Grundlage . Sie könnte auch bei null liegen . – HerrGabriel, es ist Propaganda, wenn man mit solchen Zahlenarbeitet; das will ich Ihnen an dieser Stelle sagen .
Es handelt sich genauso um Propaganda, wenn erzähltwird, die erneuerbaren Energien würden die Netze ver-stopfen . Wir haben in Deutschland noch in keiner einzi-gen Minute oder Stunde eine hundertprozentige Deckungdes Verbrauchs durch die erneuerbaren Energien erlebt .Kein einziges Elektron an erneuerbaren Energien ist inDeutschland zu viel . Das Problem, das wir haben, ist,dass wir noch haufenweise Atom- und Kohlekraftwerkehaben, die rund um die Uhr laufen, nicht geregelt werdenkönnen und deshalb die Netze verstopfen . Es wäre eineehrliche Aussage, wenn Sie sich dazu bekennen würden,Herr Gabriel .
Ich erwarte von einem Wirtschaftsminister, dass eruns, wenn er schon auf dem Katholikentag von Klima-schutz redet, in dieser Aktuellen Stunde einmal erläutert,wie im Rest der Legislaturperiode der unbedingt notwen-dige Kohleausstieg angegangen werden soll . Aber dazukommt von Ihnen kein einziges Wort . Im Gegenteil: Siehaben in dieser Woche – so viel zu den Kosten – denGenehmigungsbescheid der EU-Kommission entgegen-genommen, der vorsieht, dass in Zukunft 1,6 MilliardenEuro als Braunkohlesubventionen gezahlt werden dür-fen, und zwar von den Stromkunden . Das, lieber HerrGabriel, erwähnen Sie hier nicht . Aber das sind Kosten,die die Menschen tragen müssen .
Dann noch etwas zu dem Thema „größter Ausbau inden letzten Jahren“: Ja, wir hatten in den letzten Jahreneinen starken Ausbau der Windenergie . Aber wenn Siehier schon Protokolle der Bundestagssitzungen zitie-ren – mich freut, dass die „Abrissbirne“ von Ihnen selberimmer wieder rezitiert wird –, dann müssten Sie eigent-lich auch sagen, dass es um Photovoltaik und Bioenergieging . Herr Gabriel, das können Sie sich auf die Fahneschreiben: Sie haben die Photovoltaikbranche und dieBioenergiebranche aus dem Land getrieben . Die habenin Deutschland keine Zukunft mehr .Dass wir bei Windenergie gut aussehen, ist auf derletzten Ministerpräsidentenkonferenz von den Bundes-ländern erreicht worden . Auch das ist im Protokoll nach-zulesen . Dazu habe ich etwas gesagt . Sie machen hinge-gen Propaganda und basteln sich die Wirklichkeit, wieSie wollen .
Es ist auch in den Protokollen des Deutschen Bun-destages nachzulesen, Herr Gabriel, dass Sie sich umjeden Arbeitsplatz in der energieintensiven Industrie, wodie Arbeiter in der IG BCE organisiert sind, persönlichkümmern . Aber ich habe noch nie von Ihnen gehört, dassSie als Wirtschaftsminister auch einmal Empathie fürArbeitsplätze in der Branche der erneuerbaren Energienentwickeln . Das ist unehrlich . Das ist zynisch .
Aber es geht noch schlimmer . Das möchte ich zumSchluss noch erwähnen . Ich habe gestern einen Tweetaus der CDU/CSU-Fraktion gelesen, in dem stand, dassdie „Windmafia“ jetzt einmal ausgebremst werde. Mei-ne Damen und Herren, ich empfinde es als eine Un-verschämtheit, dass mittelständische Unternehmer vonOliver Krischer
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CDU-Abgeordneten als Mafiosi bezeichnet werden.Dazu erwarte ich eine Klarstellung .
Ich erwarte, dass Sie diese Menschen, die die Energie-wende und den Klimaschutz voranbringen, unterstützenund sie nicht beschimpfen, indem Sie Begriffe wie „Blut-spur“ oder so etwas benutzen . Das ist nicht redlich .Für Sie gibt es offensichtlich zweierlei Wirtschaft .Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen; denn derKlimaschutz kann keine Pause vertragen . Der brauchtmehr erneuerbare Energien und nicht weniger . Aber Sielegen hier eine EEG-Novelle vor, die zu viel weniger er-neuerbaren Energien führt, als eigentlich notwendig sind .Ich danke Ihnen .
Als nächster Redner hat Thomas Bareiß das Wort .
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! LieberOliver Krischer, Frau Verlinden, ich muss offen sagen:Ich habe nicht geglaubt, dass solche Debatten zum The-ma Energiewende im Deutschen Bundestag noch mög-lich sind . Da wird von Konterrevolution gesprochen unddavon, dass Braunkohle die Stromleitungen verstopfe,Kernenergie natürlich auch . Die Grünen argumentierenan der Realität meilenweit vorbei .Wir haben in den letzten Jahren so viel gemacht – derMinister hat es beschrieben – wie keine andere Bundes-regierung zuvor . Heute kommen 33 Prozent der Strom-erzeugung aus erneuerbaren Energien . Wir sind überdas Ziel, das wir uns ursprünglich gesetzt hatten, weithi nausgeschossen . Wir haben mehr gemacht, als Sie nochvor zehn Jahren gefordert haben . Jetzt zu behaupten, wirwürden die Energiewende abwürgen, ist falsch . Das Ge-genteil ist der Fall . Wir versuchen, sie vernünftig undwirtschaftlich zu gestalten, die Systeme zu integrieren,zu vernetzen und Wirtschaftlichkeit und Verlässlichkeitin die Energiewende zu bekommen .Was mich aber am meisten an den Debatten, die dieGrünen angestoßen haben, stört, ist, dass es keinen Ver-such gibt, Vorschläge einzubringen, wie wir das EEGweiterentwickeln und wie wir auf die Herausforderungender Zukunft eingehen sollen .
Da kommt nichts von Ihnen, außer Debatten, die wirschon vor fünf Jahren hatten . Sie leben immer noch inder Welt der Markteintrittsinstrumente . Sie beklagen im-mer, dass die erneuerbaren Energien nicht marktfähigsind . Sie sind es aber . Sie können heute schon auf demMarkt bestehen . Wir haben heute nicht mehr ein zartesPflänzchen im Bereich der erneuerbaren Energien, son-dern einen starken Baum, der allerdings tragfähig seinmuss und den wir jetzt in den Markt und in die Systemeintegrieren müssen .Deshalb brauchen wir jetzt ein EEG 2016, in dem anden richtigen Stellschrauben gedreht wird . Dazu habenwir viele Dinge vor, die ganz wichtig sind . Eines der The-men – das wurde schon angesprochen – ist der Netzaus-bau, der in den Ausbau der erneuerbaren Energien inte-griert werden muss . Es wurden schon Zahlen genannt . Ichmöchte das Ganze etwas verdeutlichen . Wir haben 2009mit dem EnLAG, dem ersten großen Leitungsausbau-programm, 1 800 neue Leitungen für die nächsten Jahrebeschlossen . Wir haben dann nur zwei Jahre später imBundesbedarfsplan festgestellt, dass wir noch 6 200 Ki-lometer zusätzlich brauchen, um die erneuerbaren Ener-gien, die wir in den nächsten Jahren zubauen wollen, zuintegrieren . Es geht also um 8 000 Kilometer neue Lei-tungen . Davon haben wir heute 700 Kilometer realisiert .Eigentlich wollen wir in vier oder fünf Jahren fertig sein .Das heißt, wir haben gerade einmal 9 Prozent der Leitun-gen, die wir dringendst brauchen, fertiggestellt . Ich willgar nicht darüber diskutieren, woran das liegt; denn daswäre eine Scheindebatte . Die Realität aber ist, dass wirnicht so vorankommen, wie wir es bräuchten .Die andere Seite habe ich gerade beschrieben . Wirsind auf dem Stromsektor eigentlich schon bei über33 Prozent an erneuerbaren Energien . Eigentlich wolltenwir dieses Jahr erst bei 28 Prozent sein .
Das heißt, wir haben mit 120 Prozent die Quote eigent-lich schon übererfüllt . Die Netzausbauzahlen und dieAusbauzahlen bei den erneuerbaren Energien passennicht mehr zueinander . Sie müssen stärker zueinander-gebracht werden . Sonst würde das ganze System kei-nen Sinn mehr machen . Dann würden uns die Bürger zuRecht fragen, ob das, was wir hier machen, überhauptnoch eine Zukunft hat .Wir brauchen jetzt einen wirtschaftlich und technischbesser abgestimmten Prozess . Das sagen übrigens auchIhre Parteikollegen wie zum Beispiel Herr Habeck ausSchleswig-Holstein, der ja bald Ihr Spitzenkandidat seinwill . Er hat am 20 . Mai – ich zitiere – gesagt: Wir müs-sen jetzt „bei der Umsetzung der Energiewende Temporausnehmen“ . Er sieht vor Ort, wo die Probleme liegen,meine sehr verehrten Damen und Herren . Wir wollendas Tempo nicht herausnehmen, sondern in den nächs-ten Jahren die Tempi besser aufeinander abstimmen undden ursprünglich von uns vorgesehenen Korridor bessereinhalten . Ich glaube, dass wir das mit den vorgesehenenInstrumenten auch entsprechend schaffen können .
Wir müssen jetzt – das ist ganz wichtig; wir, die CDU/CSU, haben das schon lange gefordert – den System-Oliver Krischer
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wechsel hin zu Ausschreibungen vornehmen . Das bedeu-tet, dass wir eine bessere Mengensteuerung haben wer-den . Die Zubauraten werden für alle Seiten im Bereichder Stromversorgung verlässlicher sein . Wir müssen aberauch dafür sorgen, dass wir die Preise für erneuerbareEnergien durch Markt und Wettbewerb – und nicht mehrim Deutschen Bundestag – festlegen .
Das wird ganz wichtig sein . Im Übrigen funktioniert dasin anderen Ländern gut . Dänemark beispielsweise ist indiesem Bereich wesentlich weiter . Auch dort zeigt sich,dass es funktioniert . In Dänemark werden beispielsweisean Offshorewindparks 10 Cent die Kilowattstunde ge-zahlt . Bei uns sind es noch 15 Cent . Das heißt, dort hatman die Preissprünge schon realisiert und die Energie-wende wesentlich effizienter gestaltet.Im Übrigen funktioniert die Ausschreibung auch inDeutschland . Wir haben in Deutschland extra ein Pilot-projekt über Solarfreiflächenanlagen durchgeführt. Auchhierbei hat es sich gezeigt, dass wir auf dem richtigenWeg sind und die Vielfalt der Akteure entsprechend ge-währleisten können . Das heißt, dass auch kleine Anbie-ter mitmachen können . Auch das war ein ganz wichtigesAnliegen, dessen Berücksichtigung dazu führt, dass dieEnergiewende alle Bürger entsprechend mitnimmt .Ich komme zum Schluss . Das EEG, das wir jetztanpacken wollen, muss – das ist ganz wichtig – mehrMarkt beinhalten und verlässlicher sein . Wir brauchenPlanungssicherheit . Und es muss mit diesem Gesetzwirtschaftlicher und günstiger werden . Die Ministerprä-sidenten haben gestern Abend getagt . Ich kenne das Er-gebnis – darauf bin ich gespannt – im Detail noch nicht .Wir wollen noch vor der Sommerpause mit dem EEGfertig werden . Das heißt, wir müssen uns jetzt sputenund uns anstrengen . Es gibt aber noch weitere Punk-te, die wichtig sind . Eigenstrom und besondere Aus-gleichsregelungen sind zwei ganz große Bausteine, diefür uns – auch in der Debatte während der nächsten dreiWochen – wichtig sind . Das heißt, wir brauchen keineGrabenkämpfe – so wie sie von den Grünen geführt wer-den –, sondern wir brauchen jetzt Verlässlichkeit auch inder Gesetzgebung .Ich sage Ihnen nur eines: Trauen Sie den erneuerbarenEnergien etwas zu!Herzlichen Dank .
Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Ralph Lenkert
von der Linken das Wort .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnenund Kollegen! Seit letzter Woche toben Unwetter in ganzDeutschland . Es gab Überschwemmungen in Ilmenau,
eine Schlammflut in Braunsbach und 50 Zentimeter Ha-gel in Sachsen . Unser Mitgefühl gilt allen Opfern . Wieviel müssen Betroffene noch erleiden, bevor unsere Ge-sellschaft, bevor diese Regierungskoalition endlich ent-schlossen gegen den Klimawandel vorgeht?
Fragen Sie sich selbst: Sind Unwetter und Naturkatastro-phen wie Fluten, Stürme und Dürren nicht häufiger undstärker geworden?
Wir brauchen die Energiewende und Mut zur Um-setzung . Das Regierungsziel, bis 2025 45 Prozent desStroms aus erneuerbarer Energie zu gewinnen, ist zu we-nig . Ja, die Energiewende kostet Geld . Keine Energie-wende ist um ein Vielfaches teurer .Ich habe, bevor ich in den Bundestag kam, Fertigungs-linien geplant . Das Falscheste ist, eine neue Fertigungmit 100 Prozent Leistung aufzubauen und die alte Fer-tigung mit kompletter Kapazität zu erhalten . Der Anteildes Stroms aus erneuerbaren Energieträgern in Deutsch-land liegt heute bei 35 Prozent; aber die Bundesregierungwill sich nicht von 100 Prozent konventioneller Erzeu-gung trennen . Das macht die Energiewende teuer . Daserfordert diesen überdimensionierten Netzausbau .Aber es geht ums Geld, wie immer . Bürgerinnen undBürger können vielleicht Solaranlagen finanzieren. Land-wirte und Genossenschaften können Biogasanlagen undauch ein paar Windräder bauen, und Stadtwerke schaffenvielleicht einen Windpark an Land . Damit haben dieseTeilnehmer die Allmacht der Stromkonzerne gebrochen .Das unterstützt die Linke .
Die Union dagegen blockiert diese Entwicklung undschanzt das Geschäft mit Erneuerbaren-Strom internati-onalen Fonds und Konzernen zu . Ausschreibungsmodel-le benachteiligen Bürger und Energiegenossenschaften .Der Bruttodeckel bei Biomasse reduziert die Bioenergiein 20 Jahren auf ein Drittel des heutigen Standes . Ein ge-planter Deckel für Windkraft an Land bremst deren Aus-bau aus .Herr Gabriel, auch ich habe Informationen über dasgestrige Gespräch . Die Ministerpräsidenten hatten zweiMöglichkeiten: entweder Ihrer Weltformel, die den Aus-bau an Land völlig ausgebremst hätte, oder all dem, wasSie da vorgeschlagen haben, halbwegs zuzustimmen . Dasnenne ich Erpressung zum Nachteil der Energiewende .
Thomas Bareiß
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Das Einzige, was Sie noch richtig stark fördern, ist dieWindkraft auf See . Sie ist zwar teuer, aber damit verbun-den sind zentrale Großprojekte, bei denen Bürgerinnenund Bürger eben nicht mitbieten können . An Offshore-windparks verdienen beispielsweise Goldman Sachs,RWE, Vattenfall, Eon, der Staat Dänemark und Siemens .
Die Union nimmt den Bürgern die Energiewende, unddas zerstört die Akzeptanz . Das lehnt die Linke ab .
Jetzt komme ich zu Ihrem Gejammer über den feh-lenden Netzausbau . Solarenergie braucht selten Über-tragungsnetze . Da richten Sie einen Deckel ein wegendes fehlenden Netzausbaus . Windkraft in Bayern, Ba-den-Württemberg, Hessen, Thüringen verhindern Siedurch Ausschreibungen . Dieser Strom würde den Netz-ausbaubedarf sogar senken . Geschätzte 700 MillionenEuro – Herr Fuchs sprach von 900 Millionen Euro –werden Offshorewindparks für die Abschaltungszeitendieses Jahr erhalten, weil die Netzkapazität bis Hamburgfehlt . Aber diesen Ausbau bremsen Sie nicht . ErklärenSie mir einmal diese schwachsinnige Vorgehensweise .
Damit keine Irrtümer entstehen: Die Linke ist gegenden massiven Ausbau der Übertragungsnetze und derGleichspannungsleitungen . Fast 30 Milliarden Euro wirdder Ausbau der Stromnetze nach derzeitigen Planungenkosten, bezahlt von Verbraucherinnen und Verbrauchern,von Handwerkern und vom Mittelstand . Allein 1,1 Mil-liarden Euro jährlich garantierte Rendite für Ihre Freun-de von 50Hertz, von TenneT, von EnBW-Netz und vonAmprion schanzen Sie mit diesem Bauprogramm diesenKonzernen zu . Das nennen wir eine Umverteilung desGeldes von Verbraucherinnen und Verbrauchern hin zuden Aktionären dieser Gesellschaften . Das lehnt die Lin-ke ab .
Es gibt heute eine Übertragungskapazität zwischenNord- und Süddeutschland von 26 Gigawatt . Das reichtaus, um die Windkraftüberschüsse auch im Jahr 2023 si-cher nach Süden zu bringen, wenn man den Kohlestromreduziert . Speicher entlasten die Stromnetze und ersetzenReservekraftwerke für die Dunkelflaute. Deswegen istdie rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen bereit,in Energiespeicher zu investieren – für eine schnellereEnergiewende . Biomasse ist die erneuerbare Energie, dieunsere Energieversorgung in Zeiten fehlender Sonne undfehlenden Windes sichern kann . Der 100-Megawatt-Brut-todeckel muss weg . Wir fordern einen jährlichen Netto-zubau von mindestens 100 Megawatt . Das brauchen üb-rigens auch die Landwirte, damit ihnen wenigstens dieseVerdienstmöglichkeit erhalten bleibt . Nur mit Milch undAckerbau müssten viele aufgeben .Liebe Landwirte, die CSU-Regierung in Bayern, dierot-rot-grüne Regierung in Thüringen haben gemeinsamden 100-Megawatt-Zubau gefordert . Es ist die CDUim Bundestag, die diesen Vorschlag blockiert . DieseCDU-Abgeordneten nehmen unseren Bauern die Ver-dienstmöglichkeiten aus regionaler Stromerzeugungweg .Um noch einmal zu dem Preisargument von HerrnFuchs zu kommen: Im Jahr 2008 betrug der Börsen-strompreis, zu zahlen von allen mit Strom handelndenUnternehmen, 10 Cent je Kilowattstunde . Im Jahre 2016ist er auf 2,5 Cent je Kilowattstunde gesunken . Das isteine Reduzierung um 7,5 Cent . Konzerne wie Audi, wiedie Aluminiumhütten bezahlen zurzeit unter 3 Cent je Ki-lowattstunde für ihren Strom . Das nenne ich preiswert .Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Netzkunden, Sieund jeder Handwerker muss die EEG-Umlage bezahlen .Sie profitieren nicht von den Senkungen. Es ist eine Um-verteilung von den Kleinen zu den Großen, die hier statt-findet. Darüber wird im Zusammenhang mit den Kostennie gesprochen .Wenn wir den Klimawandel und zukünftige verhee-rende Folgen reduzieren wollen, dann müssen wir zügigauf 100 Prozent erneuerbare Energien kommen .
Wir in der Bundesrepublik sollten, im Interesse unsererBürgerinnen und Bürger, für diese sozialökologischeWende kämpfen – auch, damit die Zahl von Unwetternnicht noch weiter zunimmt .Vielen Dank .
Als nächster Redner spricht Johann Saathoff .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!„Konterrevolution“ der dreckigen Energie, „Abwürgen“der Erneuerbaren und deren Pioniere, Plan zur Begren-zung des Ausbaus der Erneuerbaren – so hieß es hier . Ichmöchte an dieser Stelle feststellen: Wir haben die Situati-on, dass wir den Ausbaukorridor von 45 Prozent, den wirim Koalitionsvertrag vorgegeben haben, überschreiten,auch wenn wir im EEG 2014 nichts verändern . Da kannvon „Konterrevolution“ und von „Abwürgen“ der Erneu-erbaren überhaupt keine Rede sein .
Das liegt zum einen natürlich an den guten Rahmen-bedingungen . Niemand hat darüber nachgedacht, wiesich der Zinssatz in den letzten Jahren entwickelt hat undinwiefern es sich lohnt, plötzlich zu viel niedrigeren Zin-sen in erneuerbare Energien zu investieren . Aber es liegtauch – ich glaube, das kann man an dieser Stelle prokla-mieren – an der guten Gesetzgebung, die wir mit demEEG 2014 durchgeführt haben .
Ralph Lenkert
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kol-leginnen und Kollegen, das EEG 2014 läuft in der Ge-nehmigung, wie sie bisher besteht, Ende 2016 aus . Darankann in diesem Hause niemand ein Interesse haben . Da-mit das nicht passiert, müssen wir das EEG 2016 ma-chen – also nicht, weil wir mit dem EEG 2014 sozusagenMurks gemacht hätten, sondern weil sich die Rahmenbe-dingungen mit zunehmendem Ausbau der erneuerbarenEnergien ständig verändern . Es kommen also ständig un-terschiedliche Probleme auf uns zu, die zu unterschied-lichen Zeiten eben unterschiedlich anzufassen sind . Manmuss ständig nachjustieren . Um es im ostfriesischenJargon zu sagen: Fang neet an, uptauhörn, hör neet up,antaufangen . Das ist ganz wichtig: Fang nicht an, aufzu-hören, und hör nicht auf, anzufangen .Zentrales Problem bei der Umsetzung sind die Kos-ten der Energiewende, aber auch die Koordinierung desNetzausbaus und der Ausbau der erneuerbaren Energien,trotz des atmenden Deckels . Warum? Es gibt einen enor-men Aufwand bei der Netzausbauplanung im Einklangmit den Bürgerinnen und Bürgern . Ich will das ganz deut-lich sagen: Ich freue mich darüber, dass wir die Netz-ausbauplanung in Kommunikation mit den Bürgern, unddamit bürgerakzeptiert, hinbekommen wollen . Aber alsVerwaltungsbeamter kann ich an dieser Stelle sagen: Dasmacht das Ganze natürlich viel komplizierter und dauertdamit auch länger . Das ist kein politischer Schaden, derhier entstanden ist, sondern ein Schaden, der der Naturder Sache geschuldet ist .Es gibt einen großen Erfolg beim Ausbau der Off-shoreindustrie: 3,3 Gigawatt Zubau in den letzten zweiJahren . Ich freue mich sehr, dass viele Vertreter dersüddeutschen Länder mittlerweile zu großen Freundenvon Offshorewindenergie geworden sind . Herr Fuchs,ich lade Sie gerne ein, einmal nach Emden zu kommen,um sich hautnah anzugucken, wie das eigentlich mit derNetz anbindung ist .
Es gibt auch einen nachhaltig großen Erfolg beimAusbau der Onshoreindustrie, und zwar entgegen denPrognosen von 2014 .Der Netzausbau aber kommt hinter dem Ausbau dererneuerbaren Energien nicht hinterher . Was ist da zu tun?Ausschreibung kann ein geeignetes Instrument sein, umden Ausbau der Erneuerbaren zu kanalisieren . Es gibteine Gefahr dabei, nämlich die Akteursvielfalt zu verlie-ren .
Deswegen begrüße ich es sehr, dass das BMWi sich be-sonders damit auseinandergesetzt und einen Vorschlaggemacht hat, der beinhaltet, dass es eben nicht passiert,dass die Akteursvielfalt in Gefahr gerät,
sondern Präqualifizierungskriterien gerade für Bürger-windparks heruntergefahren werden .
Es gibt große Chancen beim Ausbau der Erneuerba-ren über Ausschreibungen, nämlich dadurch, dass mandie Redispatch-Kosten in den Griff bekommt . Bürgerak-zeptanz hat auch etwas damit zu tun, ob wir diese Re-dispatch-Kosten in den Griff bekommen oder nicht .
Zu den Zahlen und den Ausführungen von Herrn Homann sagt Kollege Heil gleich noch etwas .Es gibt durch die Ausschreibung natürlich auch einenAnreiz für Effizienz und einen Anreiz für Kostenreduk-tion .Aber ich finde, wir müssen zusätzlich darüber nach-denken, was man noch machen kann, um den Netzausbauverstärkt in den Blick zu nehmen . Wir müssen uns also inden nächsten Monaten intensiv damit beschäftigen, wiewir die Sektorkopplung hinbekommen .
Wir müssen uns intensiv damit beschäftigen, wie wir mitder Speichertechnologie umgehen . Darin zu investieren,ist zugegebenermaßen zunächst teuer – keine Frage –,aber es ist auf jeden Fall eine Investition in die Zukunft .Ich glaube, dass sogar schon die ersten Mechanismen desneuen Strommarktgesetzes dafür sorgen werden, dasserste Anreize im Speicherbereich entstehen .Kleinvieh macht auch Mist, meine Damen und Her-ren . Über die Landstromversorgung haben wir im Zu-sammenhang mit dem EEG 2014 nachgedacht . Wir müs-sen sie vielleicht in diesem Zusammenhang auch nocheinmal diskutieren . Auch Power Barges und die Frage,wo in Deutschland ein Batteriewerk entstehen könnte,müssen in diesem Zusammenhang noch einmal diskutiertwerden, last, but not least auch die Potenziale der Elek-tromobilität .Wir beschäftigen uns also mit den Fragen . Wir fangennicht an, aufzuhören, wir hören nicht auf, anzufangen,sondern sind mitten im Prozess, auf einem guten Weg .Wir werden bis 2025 45 Prozent erneuerbare Energienim Netz haben und damit unser Koalitionsziel erreichen .Darauf sind wir stolz .
Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Dr . Andreas
Lenz von der CDU/CSU-Fraktion das Wort .
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damenund Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! EinigesJohann Saathoff
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habe ich heute schon gelernt: Die Grünen lesen Tweetsder Unionsfraktion . Da kann man prinzipiell nur lernen .
Es ist auch so, dass sich die Sozialisten mit den Herz-Je-su-Sozialisten der CSU vergleichen .
Da muss ich Sie enttäuschen; da gibt es wenig Überein-stimmungen .
Zum Thema . Der Koalitionsvertrag ist hinsichtlich derFrage der erneuerbaren Energien und ihres Ausbaus ei-gentlich sehr klar . Darin steht:Die Energiewende ist ein richtiger und notwendigerSchritt auf dem Weg in eine Industriegesellschaft,die dem Gedanken der Nachhaltigkeit und der Be-wahrung der Schöpfung verpflichtet ist.Wir wollen die Energiewende zum Erfolg führen .Aber Erfolg heißt nicht, möglichst viel Erneuerbare mög-lichst teuer zu erreichen . Gerade deshalb wurde im Ko-alitionsvertrag erstmals ein Ausbaukorridor festgelegt:40 bis 45 Prozent im Jahre 2025, 55 bis 60 Prozent imJahre 2035 .Schaut man sich an, wo wir jetzt stehen, dann siehtman, dass der entsprechende Korridor jetzt schon beiweitem überschritten ist . Würde der Referentenentwurf,wie er vorlag, umgesetzt, dann stünden wir 2020 bei ei-nem Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauchvon 44 Prozent . Das hieße, dass das Ziel bereits fünfJahre früher übererfüllt wäre . Da werden jetzt einige sa-gen – wir haben es ja auch gehört –: Das ist ja wunder-bar . Wir können nicht genügend Strom aus Erneuerbarenhaben . – Frau Verlinden, Sie haben es ja angesprochen .Die Erneuerbaren – das muss man so klar sagen – hel-fen uns aber überhaupt nicht, wenn der Netzausbau nurschleppend vorangeht, wenn der Strom also nicht dorthingebracht wird, wo er gebraucht wird . Die Synchronisie-rung des Ausbaus der Erneuerbaren mit dem Netzausbauist also entscheidend .Wenn man schaut, wo es beim Netzausbau hakt – Kol-lege Fuchs hat es angesprochen –, dann erkennt man,dass es rot-grün geführte Länder sind, beispielsweiseNiedersachsen . Laut Übertragungsnetzbetreiber ist esübrigens so, dass der Netzausbau in Bayern mittlerwei-le mit am besten läuft . Das liegt sicherlich auch daran,dass die Planungsbehörden und die Ministerien nicht vonGrünen besetzt sind .
Es hilft rein gar nichts, wenn es so ist wie am 8 . Mai,am Muttertag, als wir zwar 95 Prozent des Strombedarfsmit Erneuerbaren decken konnten, aber gleichzeitig21 Millionen Euro an negativen Strompreisen zahlenmussten . So haben wir übrigens auch die Strompreise inden europäischen Nachbarländern nach unten subventio-niert . Wir brauchen also eine bessere Steuerung und Ko-ordinierung der Energiewende . Auch die entsprechendenAusschreibungen sind Teil des Koalitionsvertrages undkönnen dazu beitragen, den Ausbau besser zu steuern .Die Frage ist heute: Wie geht es mit den erneuerbarenEnergien in Deutschland und Europa weiter? Auch aufeuropäischer Ebene gibt es klare Ziele und Festlegungenhinsichtlich der Erneuerbaren . Beispielsweise hat die EUinsgesamt das Ziel, bis 2030 einen Anteil der erneuerba-ren Energien am Energiemix von 27 Prozent zu generie-ren . Die EU hat das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis2030 um 40 Prozent zu senken, auch durch eine Reformdes Emissionshandelssystems, des ETS . Dabei bleibt esjedoch jedem Land selbst überlassen, für welchen Ener-giemix es sich entscheidet . Wir dürfen nicht dazu über-gehen, eine Art Diktatur irgendwelcher Ideologien imBereich der Energiepolitik auf europäischer Ebene aus-zuüben .
Die angeregte Verbesserung der Forschungszusammen-arbeit im Energiebereich betrifft alle Bereiche und ist au-ßerordentlich sinnvoll .
Der Expertenbericht der Kommission vom Montagbefasst sich auch mit Stromspeichern . Diese brauchenwir zum Gelingen der Energiewende ebenso wie flexibleErneuerbare wie die Biomasse, die netzdienlich, dezen-tral und grundlastfähig ist und wesentlich bei der Ein-sparung von CO2 hilft . Wir brauchen auch Akzeptanz inForm von Akteursvielfalt und einer breiten Bürgerbetei-ligung . Diese Punkte werden wir im parlamentarischenVerfahren berücksichtigen . Der Minister hat gestern an-gekündigt, dass hierzu noch genügend Zeit bleiben wird .Nach wie vor sind über 90 Prozent der Bevölkerungder Meinung, eine stärkere Nutzung von Erneuerbarenist wichtig oder außerordentlich wichtig . Nur 26 Prozentsind für Atomkraft; übrigens nur 5 Prozent sind für Koh-lestrom, und zwar aus guten Gründen . Aber der Umstieg,die Energiewende, ist eine Generationenaufgabe, und derUmstieg kostet Geld, Geld, das wir möglichst effizienteinsetzen müssen . Deshalb müssen wir jetzt nicht nur dasRichtige machen, sondern das Richtige auch richtig ma-chen, und das machen wir .Herzlichen Dank .
Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Hubertus Heilvon der SPD-Fraktion das Wort .
Dr. Andreas Lenz
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 172 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 1 . Juni 2016 16989
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Wenn wir über die Energiewende reden, dannreden wir über eines der größten Innovationsprojektefür unser Land . Ich glaube, es eint uns in diesem Haus,dass wir das so sehen, aber im Gegensatz zu einigen hiertun wir nicht so, als sei das ein Spaziergang . Wir wollenehrgeizige Klimaschutzziele umsetzen und gleichzeitigden Ausstieg aus der Atomkraft organisieren . Das ist eingrundlegender, ein fundamentaler Wandel in doppeltemSinne .
– Frau Verlinden, ich bin mein politisches Leben langGegner der Atomkraft gewesen wie Sie wahrscheinlichauch . Ich will, dass wir das miteinander hinkriegen .
– Sie sind sicherlich jünger als ich, die Gnade der spätenGeburt . Ich wollte deshalb daran erinnern .Ich habe Ihrer Rede und auch der Rede des KollegenKrischer genau zugehört . Ein Begriff hat bei Ihnen keineRolle gespielt: Kosten .
Frau Verlinden, Sie haben das Wort „Kosten“ – wir allekönnen das nachlesen – in Ihrer Rede nicht einmal ver-wandt . Jetzt müssen wir uns ehrlich machen und darüberreden .Gestern Abend saßen 16 Ministerpräsidenten, dieBundeskanzlerin und der Bundeswirtschaftsminister zu-sammen . Wir alle wissen doch, wenn wir ehrlich sind:Bei der Energiewende geht es um handfeste regionaleund strukturpolitische Interessen . Wenn man im Zuge derEnergiewende Jahr für Jahr 24 Milliarden Euro in denAusbau erneuerbarer Energien steckt –
noch einmal: 24 Milliarden Euro allein über das EEGplus Netzausbau und Ähnliches; und wir können das alsGesellschaft, weil wir den Strukturwandel wollen, FrauVerlinden –, dann ist doch nicht von der Hand zu weisen,dass viele Ministerpräsidenten aus Sicht der regionalenStrukturpolitik argumentieren; ich finde das auch völligberechtigt . Alle wollen ein Stück vom Kuchen . Die einenwollen Industrialisierung im Sinne von Offshore an denKüsten des Nordens, die anderen wollen im Landwirt-schaftsbereich etwas ausbauen usw . usf . Aber ich sageauch: Die Einzelinteressen regionaler Strukturpolitiksind noch kein gesamtenergiepolitisches Konzept; dennauch in der regionalen Strukturpolitik wird eine Fragenicht gestellt, nämlich die Frage: Was kostet es?Wir müssen auch die Frage stellen: Was bringt das?Gar keine Frage: Die Energiewende ist eine Riesenchan-ce für unser gesamtes Land, wenn wir sie miteinanderhinkriegen . Deshalb bin ich dankbar, dass die Minis-terpräsidenten gestern der offensichtlichen Versuchungwiderstanden haben, das Ganze zu einem Teppichhandelnur über regionale Strukturpolitik zu machen . Vielmehrhat man miteinander einen Korridor geöffnet, durch denman die Kosten im Blick behält und durch den man auchim Blick behält, Herr Kollege Krischer, dass wir nichtnur über den Ausbau Erneuerbarer reden, sondern auchüber Systemintegration und Systemtransformation . Dabeißt die Maus keinen Faden ab .Sie haben vorhin Zahlen genannt . Ich würde Ihnendas gerne einmal vorrechnen . Ich möchte zwei Zahlennennen, die zwar von einem Netzbetreiber stammen, abervon der Bundesnetzagentur und vom Wirtschaftsminis-terium für plausibel gehalten werden; die Vergangenheitund den Istzustand können Sie nicht bestreiten . Wir hat-ten 2010 – der Minister hat es vorhin gesagt – 120 Gi-gawatt abgeregelten EE-Strom . Im Jahr 2015 hatten wir4 698 Gigawatt abgeregelten Strom .
Um das einmal in Kosten auszudrücken: Wir haben2015 gut 1,1 Milliarden Euro, wobei darunter 400 Mil-lionen Euro Kosten des Redispatch und 475 MillionenEuro Kosten der Abregelung waren .
Alles zusammen ergab dies Kosten in Höhe von 1,1 Mil-liarden Euro . Die Prognose, die Sie zitiert haben, haltenwir für plausibel: Wenn wir jetzt nichts tun, dann könnendaraus im Jahr 2023 rund 4 Milliarden Euro werden .Ich sage Ihnen eines: Sie erzählen den Menschen dieUnwahrheit, wenn Sie sagen, dies liege an der Verstop-fung der Netze durch andere . Sie wissen es ganz genau:In § 14 EEG gibt es einen Einspeisevorrang für erneuer-bare Energien . Deshalb kann das Verstopfungsargumentan dieser Stelle nicht richtig sein .
Das Problem ist nicht die Verstopfung, sondern dasProblem ist vielmehr der Netzausbau . Wir müssen da-rüber reden, wie wir diesen hinkriegen, wie wir ihn be-schleunigen . Wir brauchen die Netze in diesem Bereich .Wir müssen den Ausbau der erneuerbaren Energien einStück stärker mit den Netzen synchronisieren, sonst or-ganisieren wir volkswirtschaftliche Kosten für Strom,der nicht gebraucht wird . Meine Damen und Herren, werdie Akzeptanz der Energiewende unterminieren will, dermuss genauso argumentieren wie Sie: Kosten spielenkeine Rolle . – Das wollen wir nicht .
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 172 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 1 . Juni 201616990
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Das Zweite, das ich Ihnen sagen will, ist, dass dieMinisterpräsidenten, wie ich finde, sehr vernünftig ar-gumentiert haben . Einer hat noch nicht unterschrieben,das ist der bayerische Ministerpräsident . Er hatte gesternAbend etwas anderes vor, er ist etwas früher gegangen .
Er hat nämlich noch ein Interesse, nämlich im Bereichder Biomasse nachzuverhandeln. Ich finde, Biomasse istein Sonderfall bei den erneuerbaren Energien und gehörtzum Energiemix der Zukunft dazu .Eines sage ich Ihnen aber auch: Wir werden nicht zu-lassen dürfen, dass wir hier ganz große und teure Fässeraufmachen, sondern wir müssen auch hier auf die Kostenachten . Das sage ich auch in die Richtung der Kollegin-nen und Kollegen von der Union . Es kann nicht sein, dassdie Kosten auf der einen Seite immer ein Argument sind,dass aber Kosten dann, wenn es um die bestimmten In-teressen bestimmter Gruppen in bestimmten Regionengeht, keine Rolle spielen . Das ist ganz klar .
Ich mahne bei allem Augenmaß ein bisschen Disziplinund auch Standhaftigkeit an, wenn wir jetzt ins Verfah-ren gehen . Dazu gehört auch, dass wir jetzt etwas nichtmehr gebrauchen können: ideologische Schlachten vongestern .
Es mag welche geben, die der Atomkraft hinterhertrauernund deshalb versuchen, jedes Windrad mit der Hacke zuzerschlagen .
Die gibt es auch noch . Es mag auch diejenigen geben,die denken, die Energiewende sei ein Spaziergang, manmüsse nur Wünsche haben, Kosten spielen keine Rolle .Man darf nicht ignorieren, dass es Menschen gibt, diehandfest – das sei ihnen gegönnt – daran verdienen . Dasist vorhin im Zusammenhang mit den Pachtpreisen be-schrieben worden .Ich sage aber: Unser Interesse ist es nicht, Einzelin-teressen von Menschen zu vertreten, die daran etwasverdienen . Unser Interesse ist es, das Gemeinwohl zuvertreten, und in diesem Sinne gestalten wir die Energie-wende . Deshalb unterstützen wir den Wirtschaftsministerauf diesem Kurs .Herzlichen Dank .
Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Andreas Jung
von der CDU/CSU-Fraktion das Wort .
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Es mag durch die Kontroverse in dieser Debatte etwasaus dem Blick geraten sein, dass wir alle, die wir hiersind, zunächst einmal ein gemeinsames Ziel verfolgen,und dieses gemeinsame Ziel ist: Wir wollen die Energie-wende zu einem Erfolg machen . Das nehme ich für unsganz deutlich in Anspruch . Das haben auch Sie, die Siehier kritisiert haben, vorgetragen . Ich glaube, es ist rich-tig, das immer wieder zu betonen, weil wir uns hier nurüber den Weg streiten . Wir streiten uns nicht über denGrundsatz .Weil die Fakten angesprochen worden sind: Es istdoch so, dass die Fakten insoweit eindeutig sind, dassder Ausbau bisher immer vorangeschritten ist, dass wirvorangekommen sind bei der Erreichung der Ausbau-ziele, dass wir auch bei der Erreichung der Klimazielevorankommen
und dass wir jetzt an einem Punkt sind, an dem die erneu-erbaren Energien den Systemwechsel schaffen müssenund auch schaffen werden, nämlich von dem bewährtenSystem des EEG hin zu einem System mit Wettbewerbund Marktwirtschaft . Diesen Weg gehen wir mit denAusschreibungen . Ich bin davon überzeugt: Das könnendie erneuerbaren Energien, weil sie immer besser gewor-den sind . Sie sind Tabellenführer, diesen Platz werden siebehaupten .
Sie werden dadurch Schub bekommen, um tatsächlichdie tragende Säule unseres Energiesystems zu werden .Darum geht es . Wir wollen die Energiewende zu einemErfolg werden lassen . Dazu gehören Ausbauziele, dazugehört Versorgungssicherheit, aber eben auch Energieef-fizienz. Das müssen wir alles unter einen Hut bekommen.Jetzt haben wir die EEG-Reform . Sie ist noch nichtganz ausgehandelt, deshalb können wir sicherlich auchin den nächsten Wochen noch ausführlich darüber disku-tieren . Für mich geht es dann darum, dass wir drei Dingesehr genau betrachten und prüfen, ob diese tatsächlichberücksichtigt sind, und dass wir diese zum Maßstab die-ser Reform machen . Ein Aspekt ist dann, wenn wir einenSystemwechsel machen, die Verlässlichkeit . Wer inves-tiert hat, wer Geld in die Hand genommen hat, der tatdies im Vertrauen auf eine gesetzliche Regelung, und dasgilt für alle Bereiche, so auch für diesen Bereich, und die-ses Vertrauen muss berücksichtigt werden . Dieses Ver-Hubertus Heil
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trauen muss geschützt werden . Das muss auch bei dieserReform gelten . Das ist für mich selbstverständlich .
Das Zweite ist, dass wir immer das Gesamtsystem imBlick haben müssen . Dazu gehören selbstverständlichdie dezentralen Speichertechnologien,
die Pumpspeicherkraftwerke, neue Technologien, dieForschung in diesem Bereich und die Umsetzung . Selbst-verständlich gehört auch der Netzausbau dazu, bei demwir vorankommen müssen .
Genauso selbstverständlich ist, dass wir einen breitenMix an erneuerbaren Energien brauchen .An dieser Stelle will ich Folgendes sagen: KollegeHeil, ich finde es nicht in Ordnung, wenn Sie sagen, dasses bei dem einen Bereich um das Gemeinwohl geht, indem anderen Bereich, bei der Biomasse, hingegen nurum irgendwelche Interessen . Gerade das ist falsch; dennauch die Biomasse ist eine systemdienliche Energieform .
Wir wollen für die Biogasanlagen, die Wärme nutzen,für die Biogasanlagen, die für das Stromsystem dienlichsind, für die Biogasanlagen, die effizient sind und die wirzum Beispiel mit Blick auf den CO2-Ausstoß brauchen,eine Anschlussregelung .
Wir wollen nicht, dass Investitionsruinen in der Land-schaft stehen . Deshalb müssen wir darüber diskutierenund brauchen hier eine Einigung; das hat auch SchorschNüßlein gesagt .
Drittens halte ich es für notwendig, dass wir die brei-te Basis der Energiewende sichern . Die breite Basis derEnergiewende stellt die Beteiligung der Bürger, die Bür-gerenergie dar .
Es hat bisher die Energiewende vorangebracht, dass sichdie Leute nicht nur interessieren und sie nicht nur po-litisch unterstützen, sondern sich auch im Rahmen vonBürgerenergiegenossenschaften tatsächlich engagieren .Hier gilt der Satz von Kurt Tucholsky, der einmal gesagthat: „Der eigene Hund macht keinen Lärm – er bellt nur .“Die Konflikte, die wir vor Ort in vielerlei Hinsicht ha-ben – sie kann man, glaube ich, nicht wegdiskutieren; dagibt es Dinge, die in Einklang zu bringen sind –, kön-nen wir besser auflösen, da können wir eine bessere Ak-zeptanz schaffen, wenn Bürger die Möglichkeit haben,sich breit zu engagieren . Deshalb ist ein Maßstab für dieBeurteilung dieser Reform und deren Umsetzung, dassdas, was wir bisher hatten, auch bei Umstellung auf dasAusschreibungssystem erhalten bleibt . Die Energiewen-de muss ein Bürgerprojekt bleiben . Dafür werden wir unseinsetzen .
Das wird ein Maßstab bei den Diskussionen, die wir jetztzu führen haben, sein .Herzlichen Dank .
Vielen Dank . – Ich schließe die Aktuelle Stunde .
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung .
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 2 . Juni 2016, 9 Uhr,
ein .
Die Sitzung ist geschlossen .