Protokoll:
18142

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 142

  • date_rangeDatum: 2. Dezember 2015

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 12:30 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:36 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/142 Textrahmenoptionen: 16 mm Abstand oben Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 142. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2015 Inhalt: Begrüßung einer Delegation des Ausschusses für europäische Angelegenheiten der fran- zösischen Nationalversammlung unter Vor- sitz von Frau Auroi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13882 B Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Einsatz be- waffneter deutscher Streitkräfte zur Ver- hütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13875 B Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13875 C Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13876 C Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13876 C Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13877 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13877 C Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13877 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 13878 C Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13878 D Dr . Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13879 A Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . 13879 B Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 13879 B Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13879 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13880 A Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13880 B Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13880 D Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13881 A Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13881 A Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13881 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13881 C Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13881 D Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaff- neter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Hand- lungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen Drucksache 18/6866 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13882 B Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13882 C Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 13884 D Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . 13887 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015II Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 13888 D Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . 13889 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13889 C Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 13891 C Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . 13892 A Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13893 D Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13895 B Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 13897 A Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13897 B Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/6845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13897 C Mündliche Frage 8 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kenntnisse über den Tod des indonesischen Umweltaktivisten Indra Pelani und Unter- stützung der indonesischen Regierung bei der Eindämmung von Ur- und Torfwaldbränden Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13897 D Zusatzfragen Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13898 B Mündliche Frage 9 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Forderungen des US-amerikanischen Öl- konzerns Occidental Petroleum gegenüber Ecuador aufgrund von Verstößen gegen das bilaterale Investitionsabkommen mit den USA Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13899 A Zusatzfragen Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13899 B Mündliche Frage 19 Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Position der Bundesregierung zum Eck- punktepapier zur zweiten Mietrechtsnovelle Antwort Ulrich Kelber, Parl . Staatssekretär BMJV . . . 13900 A Zusatzfragen Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13900 A Mündliche Frage 20 Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mehrbelastungen für Bund und Länder durch die steuerliche Förderung des Woh- nungsbaus Antwort Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13900 C Zusatzfragen Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13900 D Mündliche Frage 41 Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen auf die Arbeitsplätze bei Kaiser‘s Tengelmann im Falle einer Fusion mit Edeka Antwort Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13901 D Zusatzfragen Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13902 B Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13902 D Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13903 A Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13903 C Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13903 D Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13904 B Mündliche Frage 42 Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Interessenten für die Übernahme von Kaiser‘s Tengelmann Antwort Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi 13904 D Zusatzfragen Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13904 D Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13905 A Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . . 13905 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 III Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemäß Anla- ge 5 Nummer 1 Buchstabe b GO-BT zu der Antwort der Bundesregierung auf die Fra- ge 42 auf Drucksache 18/6845 . . . . . . . . . . . 13906 A Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13906 A Dr . Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 13907 B Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 13908 B Dr . Hans-Joachim Schabedoth (SPD) . . . . . . . 13909 B Dr . Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13910 B Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13911 A Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13912 A Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13912 D Dr . Kristina Schröder (Wiesbaden) (CDU/ CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13913 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 13914 D Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13916 B Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13917 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13918 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 13919 A Anlage 2 Mündliche Frage 1 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zustimmung der Bundesregierung zu einem NATO-Beschluss bezüglich einer stärkeren Unterstützung des afghanischen Militärs Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13919 B Anlage 3 Mündliche Frage 2 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Unterbrechung der Handels- und Versor- gungswege des „Islamischen Staates“ Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13919 D Anlage 4 Mündliche Frage 3 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Unterbindung der Zufuhr von Waffen nach Syrien Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13920 A Anlage 5 Mündliche Frage 4 Heike Hänsel (DIE LINKE) Stellungnahme zu den Vorwürfen einer Be- teiligung von Mitgliedstaaten der EU am Kauf von Erdöl aus Schmuggelgeschäften der Terrororganisation Da'isch Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13920 A Anlage 6 Mündliche Frage 5 Heike Hänsel (DIE LINKE) Schmuggelrouten der Terrororganisation Da'isch für Erdölgeschäfte Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13920 C Anlage 7 Mündliche Frage 6 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Bedeutung der Aktivierung der militäri- schen Beistandsklausel für die Europäische Union Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13920 D Anlage 8 Mündliche Frage 7 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Begründung der Annahme einer allgemei- nen Rechtspflicht durch das Auswärtige Amt infolge der Aktivierung der militäri- schen Beistandsklausel Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13921 A Anlage 9 Mündliche Frage 10 Inge Höger (DIE LINKE) Ergebnis der Intervention bei bestimmten israelischen Stellen zum Schutz und zur Freilassung von mit deutschen Organisatio- nen verbundenen Menschenrechtsverteidi- gern in den palästinensischen Gebieten Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13921 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015IV Anlage 10 Mündliche Frage 11 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ausschreibungen nach Artikel 36 Absatz 3 des SIS-II-Beschlusses und Eingabe von systematischen Daten über mutmaßliche ausländische terroristische Kämpfer in das SIS II Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13921 C Anlage 11 Mündliche Frage 12 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen ehrenamtlich Tätige in der Flüchtlingsar- beit wegen des Verdachts der Beihilfe zum Verstoß gegen bestimmte Aufenthaltsbe- stimmungen seit Juli 2015 Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13922 A Anlage 12 Mündliche Frage 13 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Entscheidungspraxis des BAMF bei Asylan- trägen mit geringen Erfolgsaussichten Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13922 B Anlage 13 Mündliche Frage 14 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Angaben des BAMF zum Zeitraum zwi- schen EASY-Registrierung und Asylantrag- stellung Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13922 D Anlage 14 Mündliche Frage 15 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaiger Einsatz von modifizierten Waffen bei den jüngsten Pariser Terroranschlägen durch Waffenhandel mit deutscher Beteili- gung Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13923 B Anlage 15 Mündliche Frage 16 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Eindämmung des Handels von modifizier- ten Waffen innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13923 C Anlage 16 Mündliche Frage 17 Andrej Hunko (DIE LINKE) Teilnehmer des im Dezember 2015 in Brüs- sel startenden Forums der Internetdienst- leister Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13924 A Anlage 17 Mündliche Frage 18 Andrej Hunko (DIE LINKE) Mögliche Überarbeitung bzw. Anpassung der in dem Abkommen über Rechtshilfe mit den USA niedergelegten Verfahren Antwort Christian Lange, Parl . Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13924 C Anlage 18 Mündliche Frage 21 Inge Höger (DIE LINKE) Auswertung der durch deutsche Tornados über türkischem und syrischem Luftraum gesammelten Daten und Einfluss der Bun- deswehr auf die Zielplanung im Zuge des Krieges gegen den IS Antwort Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13924 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 V Anlage 19 Mündliche Frage 22 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abstimmung beim Europäischen Rat über die EU-Frauenquote Antwort Caren Marks, Parl . Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13925 A Anlage 20 Mündliche Frage 23 Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsatz verbotener Abschalteinrichtungen bei Fahrzeugen mit 3-Liter-Motoren von VW-Marken Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13925 B Anlage 21 Mündliche Frage 24 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung bei der Geltendmachung zi- vilrechtlicher Ansprüche von Verbrauchern im Rahmen des VW-Abgasskandals durch das BMJV und das BMVI Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13925 C Anlage 22 Mündliche Frage 25 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Beseitigung der Abweichungen bei den Stickoxid-Werten zwischen Prüfstandswer- ten und realem Fahrbetrieb durch Senkung der Emissionen Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13925 C Anlage 23 Mündliche Frage 26 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Etwaige Neuermittlung von bestimmten Emissionswerten bei VW-Modellen mit EA-189-Dieselmotoren Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13925 D Anlage 24 Mündliche Frage 27 Sabine Leidig (DIE LINKE) Veröffentlichung des Rückruferlasses des Kraftfahrt-Bundesamtes für VW-Fahrzeu- ge mit dem Dieselmotor EA 189 Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13926 A Anlage 25 Mündliche Frage 28 Sabine Leidig (DIE LINKE) Information der Halter von VW-Fahrzeu- gen mit dem Dieselmotor EA 189 Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13926 A Anlage 26 Mündliche Frage 29 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Hinweise zur Manipulierbarkeit der für die Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Abgasreinigung vorgesehenen Onboard-Di- agnose Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13926 B Anlage 27 Mündliche Frage 30 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mögliche Verpflichtung von Automobilher- stellern zur Offenlegung ihrer Motorensoft- ware Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . 13926 B Anlage 28 Mündliche Fragen 31 und 32 Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bearbeitungsstand des neuen Bundesver- kehrswegeplans und Beginn der Öffentlich- keitsbeteiligung Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13926 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015VI Anlage 29 Mündliche Frage 33 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ergebnisse der ICAO-Verhandlungen der European Air Navigation Planning Group zum Anlagenschutzbereich für VOR- bzw. DVOR-Anlagen Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13926 D Anlage 30 Mündliche Frage 34 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rechtsgrundlage der Entscheidung des Ei- senbahn-Bundesamtes zur Neigung von Gleisen beim Umbau des Bahnknotens Stuttgart Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13927 A Anlage 31 Mündliche Frage 35 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unternehmerische Verantwortung der Deutschen Bahn AG für die Gründung neuer nicht tarifgebundener Tochtergesell- schaften Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13927 B Anlage 32 Mündliche Frage 36 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Fortschritte der zweiten Sitzung der ge- meinsamen Arbeitsgruppe des BMUB und der Energieversorgungsunternehmen Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13927 B Anlage 33 Mündliche Frage 37 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschluss der Stellungnahme der Gesell- schaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit zur Sumpfsiebproblematik im Atomkraft- werk Gundremmingen Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13927 D Anlage 34 Mündliche Frage 38 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Entwicklung des Abfallvolumens in den Haushalten im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13928 A Anlage 35 Mündliche Frage 39 Niema Movassat (DIE LINKE) Anrechnung der Ausgaben für die Flücht- lingshilfe auf den Entwicklungshilfeetat und mögliche Verwendung deutscher Ent- wicklungsgelder zur Migrationsabwehr und Abschottung Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13928 B Anlage 36 Mündliche Frage 40 Niema Movassat (DIE LINKE) Engagement der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft in dem Ma- keni-Projekt von Addax in Sierra Leone Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13928 C Anlage 37 Mündliche Frage 53 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Höhe der voraussichtlichen Zahlungen für vermiedene Netzentgelte im Jahr 2015 Antwort Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13928 D Anlage 38 Mündliche Frage 54 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 VII Konsequenzen der Bundesregierung auf- grund der Forderung im aktuellen Ener- giewende-Monitoringbericht zur Verringe- rung des Primärenergieverbrauchs Antwort Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13929 A Anlage 39 Mündliche Frage 55 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Maßnahmen der Bundesregierung in Be- zug auf die Feststellung der Erhöhung des Energieverbrauchs im aktuellen Energie- wende-Monitoringbericht Antwort Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13929 C Anlage 40 Mündliche Frage 56 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zugang für nationale Abgeordnete der eu- ropäischen Mitgliedstaaten zu den konsoli- dierten TTIP-Verhandlungstexten Antwort Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13929 D Anlage 41 Mündliche Frage 57 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zugang für alle Abgeordnete zu den konso- lidierten TTIP-Verhandlungstexten Antwort Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13930 A Anlage 42 Mündliche Frage 58 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Anteil der in Deutschland mangelhaft um- gesetzten EU-Richtlinien und daraus resul- tierende Vertragsverletzungsverfahren Antwort Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13930 C (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13875 142. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2015 Beginn: 12 .30 Uhr
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    (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13919 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bareiß, Thomas CDU/CSU 02 .12 .2015 De Ridder, Dr . Daniela SPD 02 .12 .2015 Freitag, Dagmar SPD 02 .12 .2015 Gabriel, Sigmar SPD 02 .12 .2015 Gleicke, Iris SPD 02 .12 .2015 Grindel, Reinhard CDU/CSU 02 .12 .2015 Gunkel, Wolfgang SPD 02 .12 .2015 Jantz, Christina SPD 02 .12 .2015 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02 .12 .2015 Lach, Günter CDU/CSU 02 .12 .2015 Lagosky, Uwe CDU/CSU 02 .12 .2015 Lamers, Dr . Karl A . CDU/CSU 02 .12 .2015 Lezius, Antje CDU/CSU 02 .12 .2015 Mortler, Marlene CDU/CSU 02 .12 .2015 Nahles, Andrea SPD 02 .12 .2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02 .12 .2015 Pronold, Florian SPD 02 .12 .2015 Schmitt, Ronja CDU/CSU 02 .12 .2015 Schnieder, Patrick CDU/CSU 02 .12 .2015 Spinrath, Norbert SPD 02 .12 .2015 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02 .12 .2015 Wicklein, Andrea SPD 02 .12 .2015 Anlage 2 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 1): Hat die Bundesregierung einem NATO-Beschluss (Ber- liner Morgenpost vom 23 . November 2015, „Geheimbericht”) zu stärkerer Unterstützung des afghanischen Militärs zuge- stimmt, wonach durch die Ausweitung des NATO-Mandats Resolute Support unter anderem NATO-Ausbilder wieder di- rekter in dortigen Krisenregionen eingesetzt werden und diese Truppen ins Gefecht begleiten sollen, in dem die Ausbilder bei Beschuss durch NATO-Luftangriffe geschützt werden sollen, und wird die Bundesregierung diesem Vorhaben auch auf dem NATO-Außenminister-Treffen am 1 . und 2 . Dezember 2015 in Brüssel zustimmen mit der Folge, dass dadurch nach meiner Auffassung auch Bundeswehrsoldaten vor allem als Ausbilder bzw . Berater afghanischer Truppen erhöhter Gefahr ausgesetzt würden, künftig in Kampfhandlungen verwickelt, verletzt oder getötet zu werden? Die NATO hat keinen Beschluss gefasst – weder ge- heim noch öffentlich –, Ausbilder der Mission Resolute Support verstärkt afghanische Truppen ins Gefecht be- gleiten zu lassen . Die Ausbildung und Beratung der afghanischen Ver- teidigungs- und Sicherheitskräfte erfolgt auf Ebene der Armeekorpsführung und der vergleichbaren Polizeizo- nen . Nur bei Spezialkräften ist Ausbildung und Beratung auf taktischer Ebene nach NATO-Beschlusslage grund- sätzlich möglich . Für den Einsatz deutscher Truppen ist das Mandat des Bundestags maßgeblich . Darin ist eine Begleitung der taktischen Ebene nicht vorgesehen . Dies gilt sowohl für das laufende Jahr, als auch für den Entwurf für das nächs- te Jahr, den wir diese Woche beraten werden . Anlage 3 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6845, Frage 2): Kann die Bundesregierung den Stand ihrer Bemühungen darstellen, die Handels- und Versorgungswege des „Islami- schen Staates“ (IS) zu unterbrechen und insbesondere den ille- galen Ölhandel aus dem Gebiet des IS zu unterbinden? Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus- finanzierung als zentrales Element im Kampf gegen den internationalen Terrorismus kann nur durch enge regio- nale und internationale Zusammenarbeit erfolgreich sein . Um die Handels- und Versorgungswege des IS/ Da'isch zu unterbrechen und insbesondere den illegalen Ölhandel aus dem Gebiet des IS zu unterbinden, enga- giert sich Deutschland deshalb aktiv in den zuständigen internationalen Gremien, wie der Financial Action Task Force, der EU sowie in den G20 und den G7 und durch Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des Sicher- heitsrats der Vereinten Nationen . Auch als Mitglied der Anti-IS/Da'isch-Koalition be- teiligt sich Deutschland aktiv an der Arbeitsgruppe der Koalition gegen Terrorismusfinanzierung. An dieser Ar- beitsgruppe sind auch Staaten aus der Region beteiligt, auf deren Zusammenarbeit es besonders ankommt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513920 (A) (C) (B) (D) Anlage 4 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6845, Frage 3): Kann die Bundesregierung den Stand ihrer Bemühungen darstellen, die Zufuhr an Waffen nach Syrien und insbesondere an den IS zu unterbinden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass weiterhin Waffenexporte aus Deutschland in die Region stattfinden und genehmigt werden? Syrien unterliegt einem nationalen Embargo für Rüs- tungsgüter . Der sogenannte „Islamische Staat“ erhielt nach Einschät- zung der Bundesregierung vor allem Waffen durch die Eroberung von Rüstungsdepots der irakischen Regierung und des syrischen Regimes im letzten Jahr, hierzu in ge- ringem Maße über den Schwarzmarkt . Dass der „Islami- sche Staat“ in Einzelfällen Waffen gegnerischer Kämpfer erbeutet, ist nicht zu verhindern . Die Bundesregierung verfolgt eine zurückhaltende, ver- antwortungsvolle Rüstungsexportpolitik . Wir haben keine Hinweise dafür, dass in die Region gelie- ferte Rüstungsgüter unter Verstoß gegen Endverbleibserklä- rungen an in Syrien kämpfende Gruppen geliefert wurden . Anlage 5 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 18/6845, Frage 4): Wie äußert sich die Bundesregierung zu Vorwürfen, de- nen zufolge auch Mitgliedstaaten der Europäischen Union Erdöl aus den Schmuggelgeschäften der Terrororganisation Da'isch („Islamischer Staat“) kaufen und/oder bei diesen Ge- schäften helfen, wie dies die EU-Botschafterin im Irak, Jana Hybaskova, bereits im September 2014 vor dem Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlaments erklärt hatte, und was will die Bundesregierung im Rahmen der EU dagegen unter- nehmen? Die Mitgliedstaaten der EU kaufen kein Öl bei IS/ Da'isch oder handeln damit . Behauptungen der EU-Botschafterin im Irak, Jana Hybaskova, vor dem Auswärtigen Ausschuss des Euro- päischen Parlaments, dass auch Mitgliedstaaten der Eu- ropäischen Union Erdöl aus den Schmuggelgeschäften der Terrororganisation IS/Da'isch kaufen und/oder bei diesen Geschäften helfen, werden von der Bundesregie- rung nicht kommentiert oder bewertet . Weder die EU noch einzelne Mitgliedstaaten haben diese Behauptungen kommentiert, da es sich um persön- liche Äußerungen handelte, die nicht belegt worden sind . Zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung enga- giert sich Deutschland aktiv in den zuständigen internatio- nalen Gremien, neben der EU in der Financial Action Task Force, durch Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in G7 und G20 sowie als Mitglied der Anti-IS/Da'isch-Koalition . Anlage 6 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6845, Frage 5): Über welche Schmuggelrouten werden die Erdölgeschäf- te der Terrororganisation Da'isch („Islamischer Staat“) nach Kenntnissen der Bundesregierung getätigt? Der Bundesregierung liegen zu konkreten Schmug- gelrouten des IS/Da'isch bezüglich Erdöl oder -gas keine gesicherten Erkenntnisse vor . Es ist jedoch bekannt, dass der IS das Öl und Gas üb- licherweise an Mittelsmänner verkauft, die dieses wie- derum sowohl an das Regime in Syrien, sonstige Nach- barstaaten sowie andere verfeindete Rebellengruppen weiterveräußern . Bei den Mittelsmännern handelt es sich in der Regel um Mitglieder der Organisierten Kriminali- tät, die von großen einflussreichen kriminellen Netzwer- ken gesteuert werden und die weitgehend autonom vom IS und ausschließlich profitorientiert agieren. Darüber hinaus soll das Öl teilweise über kurdische Zwischenhändler zusammen mit Öl aus den kurdischen Autonomiegebieten aus etablierten Schmuggelkanälen nach Iran und in geringer Menge in die Türkei und nach Jordanien verbracht worden sein . Der Umfang dieser Aktivitäten dürfte allerdings stark abgenommen haben, da die Ölproduktion in IS-kontrol- lierten Gebieten durch Geländeverluste des IS und die zuletzt intensivierten Luftangriffe gegen den IS stark ge- sunken ist . Der weit überwiegende Teil der IS-Ölproduktion dürf- te mittlerweile für die Versorgung in den vom IS kon- trollierten Gebieten verbraucht werden . Für den illegalen Handel dürfte nur noch ein kleiner Teil des geförderten Öls zur Verfügung stehen . Anlage 7 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6845, Frage 6): Sieht die Bundesregierung die Europäische Union nach der Aktivierung der militärischen Beistandsklausel im Krieg? Artikel 42 Absatz 7 des Vertrags über die Europäische Union sieht ausdrücklich vor, dass im Falle eines bewaff- neten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht ste- hende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Arti- kel 51 der Charta der Vereinten Nationen, schulden . Da- bei handelt es sich um jedwede Art der Hilfe, nicht nur um militärische Unterstützung . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13921 (A) (C) (B) (D) Anlage 8 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6845, Frage 7): Wie begründet es die Bundesregierung, dass das Aus- wärtige Amt infolge der Aktivierung der militärischen Bei- standsklausel von einer „allgemeinen Rechtspflicht“ ausgeht und gleichzeitig behauptet, es handele sich lediglich um eine „politische Willenserklärung“ (Bericht der Bundesregierung über die außenpolitischen Konsequenzen aus den Ereignissen vom 13 . November 2015 in Paris im Auswärtigen Ausschuss sowie im Europaausschuss des Deutschen Bundestages)? Gemäß Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags schulden die anderen Mitgliedstaaten im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Natio- nen, zur Verfügung zu stellen . Es handelt sich hierbei um eine Beistandspflicht aus dem EU-Vertrag. Es gibt jedoch einen Beurteilungsspielraum hinsicht- lich des Inhalts des zu leistenden Beistands . Unser Beistand ist ein deutliches politisches Signal: Wir unterstützen Frankreich in seinem Kampf gegen den Terror, einen Terror, der gegen uns alle gerichtet ist . Anlage 9 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6845, Frage 10): Mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung bei wel- chen israelischen Stellen zum Schutz und zu der Freilassung der mit deutschen Organisationen verbundenen Menschen- rechtsverteidigerinnen und -verteidiger in den palästinensi- schen Gebieten interveniert, von denen einer nach mir vor- liegenden Informationen im Auftrag des Ökumenischen Begleitdienstes EAPPI in Hebron eingesetzt war und wegen konkreter Bedrohungen durch israelische Siedler zu seinem Schutze abgezogen worden ist und zwei weitere Opfer von gewaltsamen und überfallartigen Verhaftungen durch den israelischen Geheimdienst bzw . das Militär geworden sind – konkret der Mitarbeiter der gewaltfreien ZFD-Partnerorgani- sation YAS, Mohammed Zoghour, am 28 . Oktober 2015 und außerdem der Mitarbeiter der gewaltfreien ZFD-Partnerorga- nisation PSCC Nablus, Wa’el al-Faqeeh, am 25 . Oktober 2015 durch das israelische Militär? Das Auswärtige Amt und das Vertretungsbüro Ramallah haben regelmäßigen Kontakt mit dem Ökume- nischen Begleitdienst EAPPI . In diesem konkreten Fall wurden in Hebron Aushänge gefunden, die einen EAPPI-Mitarbeiter im Bild zeigen und eine indirekte, aber unmissverständliche Gewaltan- drohung enthalten . Dies ist eine neue Form der Bedro- hung durch radikale Siedler, die die Bundesregierung sehr ernst nimmt . Nach Bekanntwerden dieser Aushänge haben das Ver- bindungsbüro in Ramallah und die Botschaft Tel Aviv sofort mit den israelischen Behörden Kontakt aufgenom- men . Das Auswärtige Amt hat die israelische Botschaft kontaktiert, und wir haben um Schutz des Betroffenen sowie um Unterstützung bei der Strafverfolgung der Tä- ter gebeten . Die Aushänge sind nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes kurze Zeit nach Bekanntwerden wieder entfernt worden . EAPPI entschied sich, den Mitarbeiter an einem anderen Ort der Westbank einzusetzen . Der Fall der beiden palästinensischen Mitarbeiter der Partnerorganisationen des Zentralen Friedensdienstes (ZfD) YAS und PSCC Nablus wird vom Verbindungs- büro in Ramallah aufmerksam verfolgt . Herr Zoghour befindet sich nach Kenntnis der Bundesregierung wieder auf freiem Fuß . Nach Bekanntwerden der Verhaftungen wurden die europäischen Partner informiert . Die Bundesregierung wird die Verfahren weiter beob- achten . Anlage 10 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 11): In wie vielen Fällen haben nach Kenntnis der Bundesregie- rung deutsche Behörden seit Anfang des Jahres 2015 eine Aus- schreibung nach Artikel 36 Absatz 3 des SIS-II-Beschlusses (SIS: Schengener Informationssystem) veranlasst, und welche Maßnahmen wird die Bundesregierung treffen, um sicher- zustellen, dass die deutschen Behörden „systematisch Daten über mutmaßliche ausländische terroristische Kämpfer in das SIS II – insbesondere nach Artikel 36 Absatz 3 – eingeben (und) Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen in Bezug auf die Nutzung des SIS durchführen” (Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union vom 20 . November 2015)? Die Gesamtzahl der veranlassten Ausschreibungen wird nicht erhoben . Abgefragt werden kann lediglich der Bestand . Die vom Bundeskriminalamt (SIRENE Deutschland) ausgewerteten Ausschreibungszahlen im SIS II gemäß Artikel 36 Absatz 3 SIS-II-Ratsbeschluss belaufen sich auf: – Stand 1 . Januar 2015: 845 Ausschreibungen; – Stand 27 . November 2015: 1 265 Ausschreibungen . Nicht enthalten in den Zahlen sind Ausschreibungen, – welche hinter einer höherwertigeren, deutschen SIS-Ausschreibung zurückstehen (zum Beispiel: verdeckte Registrierung hinter Festnahme); – die im Laufe des Jahres eingeleitet wurden, inzwi- schen durch Fristablauf oder aus anderen Gründen gelöscht wurden . Die in den Ratsschlussfolgerungen geforderten Sen- sibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen werden durchgeführt . Die Bedarfsträger werden anlassbezogen über die zuständigen Gremien über Veränderungen und Neuerungen informiert . Darüber hinaus erfolgen Schu- lungsmaßnahmen bei den Nachrichtendiensten und Po- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513922 (A) (C) (B) (D) lizeibehörden. Zudem finden annähernd arbeitstäglich telefonische Beratungen der zuständigen in- und auslän- dischen Polizeibehörden sowie der Nachrichtendienste in diesem Kontext statt . Anlage 11 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 12): In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesre- gierung seit Juli 2015 Ermittlungsverfahren wegen des Ver- dachts der Beihilfe zum Verstoß gegen Meldepflichten (§§ 85 Nummer 1, 50 Absatz 6 des Asylgesetzes – AsylG –, § 27 des Strafgesetzbuches – StGB), der Beihilfe zum Verstoß ge- gen räumliche Beschränkungen (§§ 85 Nummer 2, 56, 59 b Absatz 1 AsylG, § 27 StGB), der Beihilfe zum Verstoß ge- gen Wohnsitzauflagen (§§ 85 Nummer 3, 60 Absatz 2 Satz 1 AsylG, § 27 StGB) und der Beihilfe zum illegalen Aufenthalt (§§ 95 Absatz 1 Nummer 3, 14 Absatz 1 Nummern 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG –, § 27 StGB) gegen Menschen eingeleitet, die sich ehrenamtlich in der Flücht- lingsarbeit engagieren, und was wird die Bundesregierung unternehmen, um die Kriminalisierung von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit in der gegenwärtigen Situation und auf Dauer zu verhindern? Die Anzahl der Ermittlungsverfahren ist der Bundes- regierung nicht bekannt . In der Polizeilichen Kriminal- statistik werden die einzelnen strafbaren Handlungen nach § 85 des Asylgesetzes in einem Summenschlüs- sel – Nummer 725520 – erfasst . Ebenso werden strafbare Handlungen nach § 95 des Aufenthaltsgesetzes in einem Summenschlüssel – Nummer 725100 – erfasst . Eine weitergehende Differenzierung, wie sie der Fragesteller vornimmt, erfolgt bei der Erfassung in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht . Auch in der Staatsanwaltschafts- statistik werden die mit der Frage erbetenen Daten nicht erfasst . Die genannten Vorschriften dienen der Sicherung der staatlichen Steuerungsmöglichkeit im Bereich Migrati- on . Der besonderen Situation ehrenamtlicher Helfer kann durch die Justizbehörden im Rahmen des Opportunitäts- prinzips hinreichend Rechnung getragen werden . Anlage 12 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6845, Frage 13): Was ist der Grund dafür, dass Asylanträge mit geringen Erfolgsaussichten nicht bereits im Rahmen der geltenden Gesetze innerhalb einer Wochenfrist durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entschieden werden (bitte so konkret wie möglich ausführen; vergleiche hinsichtlich sich anschließender Gerichtsverfahren auch § 36 Asylgesetz), und wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die gegenwärtige Praxis in den „Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen“ für Asylsuchende insbesondere aus den Westbalkanländern in Bayern (Manching und Ingolstadt; bitte genau ausführen, wie viel Personal welcher Behörden dort eingesetzt wird, wie viele Personen dort leben, wie viele Verfahren in welcher Zeitdauer abgeschlossen werden, welche Probleme und Umsetzungs- schwierigkeiten es gibt usw .)? Die Gründe für derzeit noch längere Verfahrensdauern liegen hauptsächlich in folgenden Ursachen: – Die Personalressourcen des Bundesamtes für Migra- tion und Flüchtlinge (BAMF) sind noch im Aufbau . Die Stellen werden voraussichtlich im Laufe des Jah- res 2016 besetzt werden . – Die Bettenkapazitäten in den Aufnahmeeinrichtungen der Länder sind ebenfalls im Aufbau, so dass es derzeit noch nicht gewährleistet werden kann, dass alle Asyl- antragsteller aus den sicheren Herkunftsstaaten gemäß § 47 Abs . 1a AsylG bis zur Entscheidung des BAMF in der Aufnahmeeinrichtung bleiben . – Die in § 47 Absatz 1a Asylgesetzes (AsylG) veranker- te Verpflichtung eines Asylsuchenden, in der für ihn zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, zielt auf eine Beschleunigung des Asylverfahrens . Sie soll gewährleisten, dass der Asylsuchende für die zustän- digen Behörden und Gerichte jederzeit erreichbar ist . Dies ist gerade in Zeiten erheblich angestiegener Asyl- bewerberzahlen und des damit verbundenen organi- satorischen und verfahrensmäßigen Aufwands unver- zichtbar . Derzeit verzeichnen sowohl die Asylantrags- als auch die EASY-Statistik im Hinblick auf Antragsteller und Asylsuchende aus sicheren Herkunftsstaaten einen sig- nifikanten Rückgang. Anlage 13 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6845, Frage 14): Wieso können fachkundige Bedienstete des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einerseits keine unge- fähren Angaben zum Zeitraum zwischen EASY-Registrierung und Asylantragstellung machen (vergleiche Antwort der Bun- desregierung zu Frage 4 e und g auf Bundestagsdrucksache 18/6860), obwohl sie andererseits mit dem Hinweis darauf, die Wartezeiten auf die Entgegennahme eines Asylantrags beim BAMF betrügen derzeit ein Jahr, derzeit überhaupt kei- ne Asylanträge mehr entgegennehmen (dpa vom 6 . November 2015, „Amt überlastet – Asylanträge nur eingeschränkt mög- lich“, bitte angeben, inwieweit der Bericht zutrifft), und wie lange sind derzeit die Wartezeiten für Termine für eine Asyl- antragstellung (bitte nach Bundesländern und, soweit praxis- relevant, auch nach wichtigsten Herkunftsländern differenziert angeben)? Wie in der Antwort der Bundesregierung auf die Klei- ne Anfrage 18/6353 der Fraktion DIE LINKE . dargelegt, werden im EASY-System keine personenbezogenen Daten erfasst . Es kann daher keine direkte Verbindung hergestellt werden zwischen einer EASY-Registrierung und der beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) später erfolgten Antragstellung . Die Wartezeit von der Erstregistrierung durch die Län- der bis zur Asylantragstellung beim BAMF wird statis- tisch nicht erfasst . Statistische Auswertungen zur Frage, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13923 (A) (C) (B) (D) welcher Zeitraum durchschnittlich zwischen einer Regis- trierung in EASY und einer Antragstellung beim BAMF vergeht, sind daher weder im Gesamtdurchschnitt noch nach Ländern oder Herkunftsländern möglich . In der Praxis stellt sich folgendes Bild dar: In der Ver- gangenheit betrug der Zeitraum zwischen EASY-Regis- trierung und Antragstellung beim BAMF maximal we- nige Wochen . Die sehr hohen Zugangszahlen der letzten Monate haben dazu geführt, dass Antragsteller in einzel- nen Außenstellen bedauerlicherweise mehrere Monate auf einen Termin zur Asylantragstellung warten müssen . Es ist Ziel des BAMF, dass alle Antragsteller wieder sehr zeitnah nach ihrer Registrierung einen Termin zur Antragstellung erhalten . Die bereits erfolgte und noch weiter geplante personelle Aufstockung und die Maß- nahmen zur effizienteren Gestaltung des Asylverfahrens werden hier Verbesserung schaffen und die Zeiten bis zur Antragstellung 2016 maßgeblich verkürzen . Selbstverständlich nimmt jede Dienststelle des BAMF auch weiterhin so viele Asylanträge wie möglich entge- gen . Anderslautende Berichterstattung trifft nicht zu . Die Zahl der gestellten Asylanträge kann der Ge- schäftsstatistik des BAMF entnommen werden: August: 36 422; September: 43 071; Oktober: 54 877 . Die Zahl der entgegengenommenen Anträge ist jeden Monat kontinuierlich und deutlich gewachsen . Die durch- schnittliche Verfahrensdauer eines Asylverfahrens beträgt derzeit circa 5,2 Monate (Stand: 30 . November 2015) . Anlage 14 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 15): Welche Hinweise liegen der Bundesregierung dazu vor, dass bei den jüngsten Pariser Terroranschlägen eventuell auch modifizierte Waffen (Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow) zum Einsatz gekommen sein könnten, die offenbar über einen deutschen Händler gehandelt wurden? An den Tatorten in Paris wurden mehrere vollautoma- tische Waffen durch die französische Polizei sicherge- stellt . Ob diese Schusswaffen in irgendeiner Form modi- fiziert waren, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die bei den Terroranschlägen verwendeten Modelle sowie Seriennummern der Waffen wurden von den französi- schen Behörden dem Bundeskriminalamt übermittelt . Zu den Waffen liegen dem Bundeskriminalamt keine Erkenntnisse vor . Der in den Medien aufgegriffene Sach- verhalt bezüglich eines Waffenhändlers aus Deutschland wird auf mögliche Bezüge zu den Anschlägen in Paris hin geprüft . Bislang liegen keine Erkenntnisse vor, die auf eine Verbindung zwischen den in Paris genutzten Waffen und dem genannten Waffenhändler aus Deutsch- land hindeuten . Anlage 15 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 16): Gibt es bereits Überlegungen aufseiten der Bundesregie- rung, welche Konsequenzen man hieraus gegebenenfalls zie- hen muss, und wie man den Handel – auch mit derart umge- bauten – Waffen innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union schnellstmöglich effektiv eindämmen will? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich der Fragesteller mit seiner ersten Teilfrage inhaltlich auf Fra- ge 34 („Welche Hinweise liegen der Bundesregierung dazu vor, das bei den jüngsten Pariser Terroranschlägen eventuell auch modifizierte Waffen [Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow] zum Einsatz gekommen sein könn- ten, die offenbar über einen deutschen Händler gehan- delt wurden?“) und damit ganz grundsätzlich auf die Bekämpfung des illegalen Waffenhandels und der Waf- fenkriminalität bezieht . Die Bundesregierung hat schon seit längerem die Ge- fahren im Blick, die sich aus dem illegalen Handel mit Feuerwaffen ergeben . In einem Europa der offenen Gren- zen ist es für die Bewertung der Gefahrenlage und die daraus zu ziehenden Konsequenzen letztlich zweitran- gig, ob tatsächlich eine Verbindung zu einem in Deutsch- land ansässigen Händler hergestellt werden kann, oder ob Waffen über einen anderen EU-Mitgliedstaat nach Frankreich gelangt sein sollen . Die Bundesregierung wird vielmehr weiterhin zusammen mit ihren europäi- schen Partnern den Kampf gegen Feuerwaffenkrimina- lität und illegalen Waffenhandel fortsetzen . So wurde durch den Rat der Europäischen Union bereits 2010 der EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der Organisierten und schweren internationalen Kriminalität eingerichtet . Im Rahmen des EU-Politikzyklus wurde eine begrenzte Anzahl von regionalen und europaweiten Prioritäten er- mittelt . Deutschland beteiligt sich seit diesem Jahr aktiv an der Priorität „Feuerwaffen“ . Daneben wirkt Deutsch- land auch an anderen Gremien zur Bekämpfung der Waffenkriminalität (zum Beispiel „European Firearms Experts“ oder „Expert Advisory Group“ im Rahmen der Task Force Firearms) aktiv mit . Auch auf operativer Ebe- ne steht Deutschland insoweit in engem Austausch mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie mit Europol . Soweit es die zweite Teilfrage anbelangt, ist nur der legale Handel mit Waffen einer unmittelbaren Regulie- rung durch den Gesetzgeber zugänglich . In Deutschland ist der Handel mit Schusswaffen bereits streng und um- fassend reguliert . Um Missbrauchsrisiken zu begegnen, die sich aus abweichenden Rechtsvorschriften der Mit- gliedstaaten ergeben, sind auf europäischer Ebene Recht- sänderungen erfolgt bzw . geplant: Die EU-Kommission hat am 18 . November eine Durch- führungsverordnung betreffend die Deaktivierung von Schusswaffen verabschiedet . Diese sieht europaeinheitliche Maßnahmen zur Bearbeitung von Schusswaffen vor, deren Schussfähigkeit dauerhaft und unumkehrbar aufgehoben werden soll . Im Rahmen einer geplanten Änderung der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513924 (A) (C) (B) (D) EU-Feuerwaffenrichtlinie sollen gemäß dem Regelungs- entwurf der EU-Kommission zudem einheitliche techni- sche Standards zum Beispiel für Schreckschusswaffen ge- prüft werden, die deren Umbau in „scharfe“ Schusswaffen verhindern . Zudem soll der Handel über das Internet für Privatpersonen beschränkt werden . Die Bundesregierung prüft diese Vorschläge derzeit und wird sich auf europäi- scher Ebene für Änderungen einsetzen, von denen ein ech- ter Sicherheitsmehrwert zu erwarten ist . Der Ausbau der Waffenregister wird ausdrücklich begrüßt . Mit der Einbin- dung von Herstellung und Handel könnte der Lebensweg der (legalen) Waffen lückenlos abgebildet werden . Eine Vernetzung der Register könnte in der Zukunft die erfor- derliche Standardisierung befördern und den Informations- austausch zwischen den Polizeien, aber auch im Bereich des Exportes und des Zolls wesentlich erleichtern . Anlage 16 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Druck- sache 18/6845, Frage 17): Welche behördlichen und privaten Teilnehmenden (insbe- sondere aus Deutschland) des am 3 . Dezember 2015 in Brüs- sel startenden Forums der Internetdienstleister, in dem sich die EU-Innenministerinnen und -Innenminister mit Internetanbie- tern und eigentlich auch der „Zivilgesellschaft“ koordinieren wollten (COM(2015) 185 final vom 28. April 2015) und das eine möglichst schnelle Beseitigung unliebsamer Internetin- halte ermöglichen soll, sind der Bundesregierung bekannt, und welche aktive oder reaktive Haltung vertreten an dem Forum am 3 . Dezember 2015 teilnehmende Vertreter der Bundesre- gierung hinsichtlich der Frage, welche technischen oder sons- tigen Zusammenarbeitsformen zu „Bedenken der Strafverfol- gungsbehörden in Bezug auf neue Verschlüsselungstechniken“ diskutiert oder umgesetzt werden müssten, was laut der Euro- päischen Kommission weiterhin auf der Tagesordnung dieses ersten offiziellen Treffens des Forums der lnternetdienstleister steht („European Agenda on Security – State of Play“, 17 . No- vember 2015)? Die Europäische Kommission hat den Bundesminister des Innern für den 3 . Dezember 2015 zu einem Abend- essen auf hochrangiger Ebene eingeladen . Dabei soll das Forum der Internetdienstleister offiziell gestartet werden . Der Bundesminister des Innern wird aufgrund pa- ralleler Verpflichtungen an diesem Termin nicht teilneh- men können . Er wird sich vertreten lassen . Soweit der Bundesregierung bekannt, werden an dem Abendessen neben Vertretern der Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission, des Europäischen Rats und Europol auch Mitarbeiter der Unternehmen Google, Facebook, Twitter, Microsoft, und ask .fm teilnehmen . Die Bundesregierung hat das vom Fragesteller ange- sprochene Fact Sheet der Kommission „European Agenda on Security – State of Play“ vom 17 . November 2015 so- wie frühere Verlautbarungen der Kommission zum Thema zur Kenntnis genommen . Dennoch sollen – ausweislich der Einladung für den 3 . Dezember 2015 – die vom Frage- steller genannten Bedenken der Strafverfolgungsbehörden in Bezug auf neue Verschlüsselungstechniken nicht Gegen- stand der Gespräche im Rahmen des Abendessens sein . Anlage 17 Antwort des Parl . Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Druck- sache 18/6845, Frage 18): Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu der Fra- ge, inwiefern die in dem Abkommen über Rechtshilfe mit den USA niedergelegten Verfahren überarbeitet oder angepasst werden müssten, etwa um den gegenseitigen elektronischen Datentransfer zu beschleunigen, untereinander Strafregister- und Bankkontodaten auszutauschen oder die Zusammenarbeit von Internetanbietern mit europäischen Polizei- und Geheim- dienstbehörden zu verbessern, und mit welcher Haltung haben Bundesbehörden in diesem Jahr an internationalen Treffen teilgenommen, bei denen die Frage eines direkten Zugangs von europäischen Strafverfolgungsbehörden auf Daten bei Internetanbietern in den USA (Metadaten oder Inhaltsdaten) diskutiert wurde (bitte die einzelnen Treffen benennen)? Die Bundesregierung hat im Rahmen der Überprüfung des Abkommens vom 25 . Juni 2003 zwischen der Euro- päischen Union und den Vereinigten Staaten von Ameri- ka über Rechtshilfe zusätzlich zu den von der Kommissi- on vorgeschlagenen Diskussionspunkten vorgeschlagen, sich mit der Bedeutung der Safe-Harbour-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für den Rechtshilfever- kehr mit den USA sowie der Erörterung von Möglichkei- ten zur Reduzierung der von den USA geforderten Sach- verhaltsdarstellung zu beschäftigen . Das Abkommen verhält sich ausschließlich zur justiziellen Rechtshilfe und regelt nicht die Zusammenarbeit mit Polizei- oder Geheimdienstbehörden . Bundesbehörden haben nach bisherigen Erkenntnis- sen nicht an multilateralen Treffen im Jahr 2015 teil- genommen, bei denen die Thematik des unmittelbaren Zugangs von europäischen Strafverfolgungsbehörden zu Daten bei Internetanbietern in den USA diskutiert wur- de . Aufgrund der Kürze der zur Beantwortung zur Ver- fügung stehenden Zeit kann eine abschließende Antwort hierzu nicht gegeben werden . Anlage 18 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Ralf Brauksiepe auf die Fra- ge der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Druck- sache 18/6845, Frage 21): Wer wertet die durch die deutschen Tornados über türki- schem und syrischem Luftraum gesammelten Daten aus, und welchen Einfluss hat die Bundeswehr auf die Zielplanung im Zuge des Krieges gegen den IS in der Region? Ein möglicher deutscher militärischer Beitrag zum Kampf der internationalen Allianz gegen den sogenann- ten ,,Islamischen Staat“ (IS) steht unter dem Vorbehalt der konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundesta- ges . Bislang finden daher weder Aufklärungsflüge statt, noch werden Aufklärungsergebnisse an Partner der inter- nationalen Allianz gegen den IS weitergeleitet . Deutsch- land ist daher bislang auch nicht in den für die Auswer- tung und die Zielauswahl verantwortlichen Stäben und Hauptquartieren vertreten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13925 (A) (C) (B) (D) Der Beschlussantrag der Bundesregierung zur Entsen- dung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS sieht keine Aufklärungsflüge über der Türkei vor . Zur Vorbereitung einer möglichen militärischen Be- teiligung der Bundeswehr finden derzeit Gespräche und Erkundungsreisen statt, die sich auch mit konkreten Fra- gen der Einbettung eines deutschen Beitrags beschäfti- gen . In diesem Rahmen wird die Bundesregierung auch auf einen dem deutschen militärischen Anteil entspre- chenden Einfluss in den Hauptquartieren und Stäben Wert legen, um den mandatskonformen Umgang mit den gesammelten und ausgewerteten Daten im Einklang mit den Grundsätzen des humanitären Völkerrechts si- cherzustellen . Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, erfolgen die entsprechenden Aufklärungsflüge durch die deutschen Streitkräfte, die auch die Erstauswertung der gesammelten Daten vornehmen . Anschließend erfolgt die Weitergabe der ausgewerteten Daten an die Internati- onale Allianz gegen den IS . Dabei wird Deutschland den mandatskonformen Einsatz des deutschen Beitrags im Einklang mit den Grundsätzen des humanitären Völker- rechts überwachen . Anlage 19 Antwort der Parl . Staatssekretärin Caren Marks auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 22): Wie wird die Bundesregierung beim Europäischen Rat am 7 . Dezember 2015 über die vorgeschlagene EU-Frauenquote (40 Prozent) abstimmen, nachdem sie die Zustimmungsforde- rung der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig (vergleiche Süddeutsche Zeitung vom 24 . November 2015) abgewogen hat gegen die (laut SZ, am angegebenen Ort) bisher angekündigte Regierungsposition bloßer Enthaltung (mit der bekannten oder gar gewollten Folge, dass dieser EU-Vorschlag die nötige Mehrheit verfehlt) wegen ihres formalen Einwands, derlei müsse mangels EU-Zustän- digkeit national geregelt werden, und wann wird die Bundesre- gierung – falls sie nicht zustimmt – dem Deutschen Bundestag dann noch in dieser Wahlperiode einen Gesetzentwurf vorlegen, welcher die bisherige deutsche Frauenquote (30 Prozent) auf den von der gesamten Europäischen Kommission für angemes- sen erachteten Standard (40 Prozent) anhebt? Die Bundesregierung befindet sich noch in der Abstim- mung, wie sie sich zu diesem Tagesordnungspunkt beim Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Ver- braucherschutz“ am 7 . Dezember 2015 verhalten wird . Anlage 20 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 23): Setzen die Audi AG oder andere VW-Marken nach bishe- riger Kenntnis der Bundesregierung auch in Deutschland bei Fahrzeugen mit 3-Liter-Motoren verbotene Abschalteinrich- tungen wie in den USA ein (vergleiche tinyurl .com/pyf7md6), und plant die Bundesregierung, auch Autos mit 3-Liter-Mo- toren im Rahmen der eingesetzten Untersuchungskommission nachzukontrollieren? Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen . Anlage 21 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage der Abgeordneten Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 24): Welche Maßnahmen haben das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur konkret ergriffen, um Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Geltendmachung aller ihnen möglicherweise im Rahmen des VW-Abgasskan- dals zustehenden zivilrechtlichen Ansprüche zu unterstützen, und welche Ansprüche (konkret bezogen auf die Art der Män- gel und der unterschiedlichen Motoren) kommen nach Kennt- nis der Bundesregierung infrage? Die Bundesregierung hat die Prüfung des Sachver- halts und der notwendigen Maßnahmen noch nicht ab- geschlossen . Anlage 22 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/6845, Frage 25): Wird nach Kenntnissen der Bundesregierung die von der Volkswagen AG (VW) angekündigte Beseitigung der Abwei- chungen bei den Stickoxid-Werten zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb (siehe Auszug aus der Pressemitteilung von VW vom 22 . September 2015: „Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen . Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt . Volks- wagen arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen .“) durch die nun von VW dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) vorgestellten und vom KBA bestätigten „Maßnahmen“ (siehe Pressemitteilung von Volkswagen vom 25 . November 2015) erreicht, indem die Emissionen im realen Fahrbetrieb gesenkt werden? Nein . Anlage 23 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/6845, Frage 26): Bezieht sich die vom KBA angeordnete Neuermittlung von Schadstoffemissions-, Kraftstoffverbrauchs- und CO2-Emissi- onswerten bei „allen betroffenen Modellen“ (siehe Pressemit- teilung des KBA vom 10 . November 2015) auch auf diejeni- gen Modelle mit EA-189-Dieselmotoren? Nein . Die voraussichtlich betroffenen Fahrzeug-Ty- pen verfügen über keine EA-189-Motoren . http://tinyurl.com/pyf7md6 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513926 (A) (C) (B) (D) Anlage 24 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage der Abgeordneten Sabine Leidig (DIE LINKE) (Druck- sache 18/6845, Frage 27): Wann und wie (zum Beispiel im Internet, mit oder ohne geschwärzte Passagen) wird der Rückruferlass des Kraft- fahrt-Bundesamtes (KBA) vom 15 . Oktober 2015 veröffent- licht, der die rund 2,4 Millionen Fahrzeuge aus dem VW-Kon- zern mit dem Dieselmotor EA 189 betrifft, und warum ist dies bisher noch nicht geschehen? Das Kraftfahrt-Bundesamt stellt grundsätzlich keine Verwaltungsakte ins Internet . Anlage 25 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage der Abgeordneten Sabine Leidig (DIE LINKE) (Druck- sache 18/6845, Frage 28): Warum ist dieser Rückruf auf der Internetseite des Kraft- fahrt-Bundesamtes (KBA) für die betroffenen Modelle noch nicht zu finden, und auf welchen Wegen (über den VW-Kon- zern oder auch über das KBA bzw . eine andere Behörde) wer- den die Halter informiert? Die Datenbank des Kraftfahrt-Bundesamtes wird mit Start einer Rückrufaktion aktualisiert . Dies wird auch in diesem Fall erfolgen . Der VW-Konzern wird die betroffenen Halter infor- mieren . Anlage 26 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 29): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Hinweisen (zum Beispiel Wirtschaftswoche vom 13 . Novem- ber 2015), dass die Onboard-Diagnose (OBD), welche die Funk- tionsfähigkeit der Abgasreinigung überprüft, manipulierbar ist? Die Bundesregierung sieht es als erforderlich an, dass der ordnungsgemäße Zustand des Abgasverhaltens über die Lebensdauer von Kraftfahrzeugen sichergestellt ist . Vor die- sem Hintergrund prüft die Bundesregierung fortlaufend die mögliche Weiterentwicklung der AU-Bestimmungen . Anlage 27 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 30): Plant die Bundesregierung, Automobilhersteller zu ver- pflichten, ihre Motorensoftware insbesondere bei der Typge- nehmigung offenzulegen? Eine Offenlegung der Motorensoftware durch den Auto- mobilhersteller ist im Rahmen der Typgenehmigung gegen- über dem Technischen Dienst oder der Typgenehmigungs- behörde auf begründete Nachfrage bereits heute möglich . Anlage 28 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Fragen 31 und 32): Wie ist der aktuelle Bearbeitungsstand des neuen Bun- desverkehrswegeplans, und aus welchen Gründen kommt es gegebenenfalls zu Verzögerungen bei der Vorstellung des Ent- wurfs? Inwiefern wird der Entwurf des neuen Bundesverkehrs- wegeplans, wie im Ausschuss für Verkehr und digitale Infra- struktur des Deutschen Bundestages mehrfach angekündigt, im Dezember 2015 zunächst den Abgeordneten des Deutschen Bundestages vorgestellt, und wann soll die Öffentlichkeitsbe- teiligung gemäß den Vorgaben der Strategischen Umweltprü- fung beginnen? Die Fragen 31 und 32 werden wegen ihres Sachzu- sammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung hat sich mit den Koalitionsfrak- tionen darüber verständigt, den Entwurf des Bundesver- kehrswegeplans inklusive der strategischen Umweltprü- fung den Abgeordneten vorzustellen . Die Strategische Umweltprüfung ist noch nicht abgeschlossen . Anschlie- ßend wird auch die Öffentlichkeitsbeteiligung beginnen . Anlage 29 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 33): Welches Ergebnis haben die ICAO-Verhandlungen (ICAO: International Civil Aviation Organization) der Euro- pean Air Navigation Planning Group (EANPG) vom 23 . bis 26 . November 2015 hinsichtlich des Anlagenschutzbereiches (Prüfradius) für VOR- und/oder DVOR-Anlagen (DVOR: Doppler-UKW-Drehfunkfeuer), gebracht (siehe auch Antwort der Bundesregierung vom 24 . November 2015 zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 18/6850), und geht daraus die Emp- fehlung hervor, die Anlagenschutzbereiche (Prüfradien) um VOR- und/oder DVOR-Anlagen auf 10 km herabzusetzen? Die European Air Navigation Planning Group hat die Veröffentlichung des geänderten ICAO EUR DOC 015 beschlossen . Aus dem neuen ICAO EUR DOC 015 geht hervor, dass der Anlagenschutzbereich um ein Doppler-UKW-Dreh- funkfeuer (DVOR) generell auf ein Gebiet mit einem Ra- dius von 10 Kilometern um die Anlage verringert wird, wobei der Anlagenschutzbereich unter anderem in Ab- hängigkeit der Vorbelastung der Anlage verändert wer- den kann . Der Anlagenschutzbereich um ein konventio- nelles UKW-Drehfunkfeuer (VOR) ist von der Änderung des ICAO EUR DOC 015 nicht betroffen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13927 (A) (C) (B) (D) Anlage 30 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 34): War für die Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes im Planfeststellungsbeschluss für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart, Planfeststellungsabschnitt 1 .1, vom 28 . Januar 2005, die Neigung von Gleisen abweichend von 2,5 von Tausend (vergleiche § 7 Absatz 2 der Eisenbahn-Bau- und Vertriebsord- nung, EBO) zu genehmigen (Seiten 372 f . des Beschlusses), Rechtsgrundlage § 2 Absatz 2, § 7 Absatz 2 oder § 3 EBO, oder aufgrund welcher Norm bzw . sonstiger Vorschriften muss die Vorhabenträgerin bei Längsneigungen die „notwendigen Vorkehrungen zur Gewährleistung der gleichen Sicherheit” einhalten bzw . darstellen (siehe Seite 373 des Planfeststel- lungsbeschlusses)? Rechtsgrundlage für die Entscheidung, das Vorhaben mit der von der Vorhabenträgerin beantragten Gleisnei- gung planfestzustellen, ist grundsätzlich § 18 Absatz 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (a . F .) . Im Übrigen bezieht sich der Planfeststellungsbeschluss in der Begründung zu diesem Aspekt ausdrücklich auf § 7 Absatz 2 Eisen- bahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) . Dabei handelt es sich um eine Soll-Vorschrift; das heißt, abweichende Planungen sind in begründeten Einzelfällen möglich . Die DB Netz AG hat die hierfür notwendigen Vorkehrungen in ihren Antragsunterlagen dargestellt, wie dem Planfeststel- lungsbeschluss (ab Seite 372) entnommen werden kann . Anlage 31 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage des Abgeordneten Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 35): Weshalb rechnet die Bundesregierung die mögliche Grün- dung neuer, nicht tarifgebundener Tochtergesellschaften des Bundesunternehmens Deutsche Bahn AG der unternehmeri- schen Verantwortung des Konzernvorstands (siehe Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage auf Bun- destagsdrucksache 18/6760) und damit dem operativen Ge- schäft zu, und wo zieht die Bundesregierung als Vertreter des Eigentümers die Grenze einerseits zwischen dem operativen Geschäft, das alleine vom Konzernvorstand verantwortet wird, und andererseits der strategischen Ausrichtung des Konzerns, für die auch der Bund als Eigentümer des Bahnkonzerns eine Mitverantwortung trägt? Die Gründung von Tochtergesellschaften unterliegt der Unternehmensstrategie, die nach § 76 Absatz 1 Akti- engesetz (AktG) vom Vorstand eigenverantwortlich fest- gelegt wird . Anlage 32 Antwort der Parl . Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 36): Welche Fortschritte wurden in der laut Antwort der Bundes- regierung auf meine mündliche Frage 11 in der Fragestunde vom 11 . November 2015 (vergleiche Plenarprotokoll 18/135, Anlage 4) für November 2015 terminierten zweiten Sitzung der gemeinsamen Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und der Energieversorgungsunternehmen (EVU) erzielt, insbesondere hinsichtlich der von den EVU ins Auge gefassten Zwischenla- gerstandorte (bitte möglichst mit Angabe von Datum und Teil- nehmern der Sitzung), und wie lautet nach derzeitigem Stand das weitere Arbeitsprogramm dieser Arbeitsgruppe (bitte mit Angabe von deren Kalenderdatum)? Thema der Sitzung der gemeinsamen Arbeitsgrup- pe des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und von Vertretern der vier Energieversorgungsunternehmen (EVU) am 16 . Novem- ber 2015 waren genehmigungsrechtliche und technische Fragestellungen im Zusammenhang mit der im Gesamt- konzept zur Rückführung von verglasten radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung unter Nummer II .4 genannten Primärdeckelwechselstation . Zu den im Ge- samtkonzept genannten Zwischenlagerstandorten wur- den seitens der Energieversorgungsunternehmen in den bisherigen Sitzungen dieser Arbeitsgruppe keine mögli- chen Alternativen angesprochen . Ein weiterer Sitzungs- termin der gemeinsamen Arbeitsgruppe wurde noch nicht vereinbart . An der Sitzung am 16 . November 2015 haben je ein Vertreter der Energieversorgungsunternehmen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall sowie aus dem Bundesmi- nisterium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi- cherheit der zuständige Unterabteilungsleiter sowie der zuständige Referatsleiter teilgenommen . Anlage 33 Antwort der Parl . Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 37): Ist die in der Antwort der Bundesregierung vom 8 . Sep- tember 2015 auf meine schriftliche Frage 81 auf Bundestags- drucksache 18/5977 genannte Stellungnahme der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) zur Sumpfsieb- problematik im Atomkraftwerk Gundremmingen mittlerweile schon abgeschlossen (gegebenenfalls bitte mit Angabe des Kalenderdatums), und falls ja, ist sie seitens des Bundesminis- teriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) schon ausgewertet und abgenommen? Die „Stellungnahme zum Rückfluss zu den GRS-Wei- terleitungsnachrichten 14/92, 14A/92, 14B/92 und 14C/92 bezüglich des Kernkraftwerks Gundremmingen II“ zur Sumpfsiebthematik wurde von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) am 30 . Okto- ber 2015 an das Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz, Bau und Reaktorsicherheit übermittelt . Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat seine Bewertung dieser Stellungnahme der Gesellschaft für Anlagen- und Reak- torsicherheit noch nicht abgeschlossen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513928 (A) (C) (B) (D) Anlage 34 Antwort der Parl . Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 38): Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Ab- fallvolumen in den Haushalten im Jahr 2014 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr entwickelt (absolut und pro Ein- wohner), und welchen Verwertungsarten wurde der Haushalts- müll in den jeweiligen Jahren zugeführt (bitte in Prozent am Gesamtaufkommen angeben)? Angaben über das Abfallaufkommen im Jahr 2014 lie- gen der Bundesregierung noch nicht vor . Die Statistik der Abfallentsorgung für das Jahr 2013 erfolgte durch das Statistische Bundesamt am 7 . Okto- ber 2015 . Endgültige statistische Daten für das Jahr 2014 dürften demnach voraussichtlich Mitte des Jahres 2016 vorliegen. Erste vorläufige Angaben für das Jahr 2014 werden zu Beginn des Jahres 2016 erwartet . Das Statistische Bundesamt weist aus, dass im Jahr 2013 das Aufkommen an Haushaltsabfällen 36,6 Mio . Tonnen betragen hat; dies entspricht einem Aufkommen von 453 kg je Einwohner . Im Jahr 2013 wur- den nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in der Abfallbilanz rund 65 Prozent der „Haushaltstypischen Siedlungsabfälle“ einer stofflichen Verwertung zugeführt und entsprechend als „Recyclingquote“ ausgewiesen . 22 Prozent der „Haushaltstypischen Siedlungsabfälle“ wurden einer energetischen Verwertung zugeführt . Anlage 35 Antwort des Parl . Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 18/6845, Frage 39): Inwiefern gibt es vonseiten der Bundesregierung Überle- gungen, Ausgaben für die Flüchtlingshilfe auf den Entwick- lungsetat anrechnen zu lassen, was von Experten der Europä- ischen Kommission mit großer Skepsis gesehen wird (www . evangelisch .de/Inhalte/128781/24-11-2015/eu-kommissi- on-fluechtlings-und-entwicklungshilfe-nicht-vermischen), und kann die Bundesregierung ausschließen, dass deutsche Entwicklungsgelder jetzt und zukünftig zur Migrationsabwehr und Abschottung zweckentfremdet werden, wie es laut der entwicklungspolitischen Dachorganisation CONCORD bei- spielsweise von Malta und Spanien praktiziert wird (www .con- cordeurope .org/publications/item/480-aidwatch-report-look- ing-to-the-future-don-t-forget-the-past-aid-beyond-2015)? Die Bundesregierung meldet bereits teilweise Ausga- ben für Flüchtlinge im Inland als öffentliche Entwick- lungshilfe . Die in dem zitierten Artikel geäußerte Sorge, dass dadurch weniger Geld in Entwicklungsländer flie- ßen könne, ist mit Blick auf Deutschland nicht berechtigt . Die Bundesregierung plant nicht, Entwicklungsgelder für die Zwecke der „Migrationsabwehr und Abschot- tung“ zu verwenden . Anlage 36 Antwort des Parl . Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 18/6845, Frage 40): Kann die Bundesregierung die mir von der Nichtregierungs- organisation Green Scenery zugetragene Information, dass die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) ihr Engagement in dem Makeni-Projekt von Addax in Sierra Leone beendet, bestätigen, und inwiefern bleibt die Bundesregierung unter diesen Umständen sowie der generel- len Unsicherheit bezüglich der Fortführung des Makeni-Pro- jekts bei ihrer Einschätzung, dass sie und die DEG „von den positiven entwicklungspolitischen Effekten des Engagements mit ADDAX in Sierra Leone überzeugt“ sind (siehe Antwort zu Frage 15 der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Bundestagsdrucksache 18/6025)? Die in der Mündlichen Frage getroffenen Äußerungen über mögliche Veränderungen des DEG-Engagements im Makeni-Projekt sind spekulativer Natur, weshalb die Bundesregierung hierzu keine Stellung bezieht . Als Entwicklungsfinanzierer ist die DEG an das Bank- geheimnis gebunden und verweist auf die durch das Un- ternehmen regelmäßig über dessen Website öffentlich gemachten Informationen zum Stand des Projekts . Der Antwort der Bundesregierung auf Frage 15 der ge- nannten Kleinen Anfrage ist nichts hinzuzufügen . Da rin wird dargestellt, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der DEG von den positiven Effekten des Engage- ments mit Addax überzeugt ist und dass die DEG über umfassende Monitoring- und Beurteilungsmechanismen verfügt, um den Stand des Engagements einzuschätzen und bei gegebenem Anlass Konsequenzen zu ziehen . Dabei werden alle verfügbaren Quellen der Meinungs- bildung einbezogen, inklusive Medien und NRO . Insbe- sondere wird Kritik am DEG-Engagement eingehend auf Anpassungsbedarf geprüft . Anlage 37 Antwort der Parl . Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 53): Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Höhe der vo- raussichtlichen Zahlungen für das Jahr 2015 für vermiedene Netzentgelte, und wenn ja, wie hoch waren diese (bitte auf- schlüsseln nach der Gesamthöhe nur für EEG-Anlagen, nur für KWK-Anlagen und übrige Nichterneuerbare-Stromerzeu- gungsanlagen)? Ausweislich des kürzlich veröffentlichten Monito- ringberichts 2015 von der Bundesnetzagentur und dem Bundeskartellamt werden für die Netzbetreiber in der Zuständigkeit der Bundesnetzagentur inklusive der Netz- betreiber aus der Organleihe für 2015 vermiedene Netz- entgelte in Höhe von 1 547 Millionen Euro erwartet . Der Bundesregierung liegen keine erhobenen Daten der voraussichtlichen vermiedenen Netzentgelte 2015 für Deutschland insgesamt vor . Sie verfügt nur über ge- schätzte Angaben, die die Bundesnetzagentur auf Basis http://www.evangelisch.de/Inhalte/128781/24-11-2015/eu-kommission-fluechtlings-und-entwicklungshilfe-nicht-vermischen http://www.evangelisch.de/Inhalte/128781/24-11-2015/eu-kommission-fluechtlings-und-entwicklungshilfe-nicht-vermischen http://www.evangelisch.de/Inhalte/128781/24-11-2015/eu-kommission-fluechtlings-und-entwicklungshilfe-nicht-vermischen http://www.concordeurope.org/publications/item/480-aidwatch-report-looking-to-the-future-don-t-forget-the-past-aid-beyond-2015 http://www.concordeurope.org/publications/item/480-aidwatch-report-looking-to-the-future-don-t-forget-the-past-aid-beyond-2015 http://www.concordeurope.org/publications/item/480-aidwatch-report-looking-to-the-future-don-t-forget-the-past-aid-beyond-2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13929 (A) (C) (B) (D) der in ihre Zuständigkeit fallenden Netzbetreiber hoch- gerechnet hat . Danach schätzt die Bundesnetzagentur die Höhe der vermiedenen Netzentgelte für Gesamtdeutschland in 2015 auf insgesamt etwa 1 820 Millionen Euro . Davon entfallen grob geschätzt etwa 721 Millionen Euro auf KWK-Anlagen und etwa 406 Millionen Euro auf sonsti- ge dezentrale Erzeugungsanlagen . Der auf EEG-Anlagen entfallende Anteil wird mit 693 Millionen Euro ange- nommen . Anlage 38 Antwort der Parl . Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 54): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Forderung der Expertenkommission in deren Stellungnahme zum aktuellen Energiewende-Monitoringbericht der Bun- desregierung, dass „erhebliche zusätzliche Anstrengungen“ erforderlich seien, um die angestrebte Verringerung des Pri- märenergieverbrauchs zu erreichen, „zumal gerade in den ver- gangenen vier Jahren der Zielpfad erkennbar verfehlt wurde“ (www .bmwi .de/BMWi/Redaktion/PDF/M-O/monitoringbe- richt-energie-der-zukunft-stellungnahme-2014,property=pd- f,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true .pdf, Seite Z-3), und mit welchen konkreten zusätzlichen Maßnahmen will die Bundesregierung den Primärenergieverbrauch verringern? Die Beobachtung der Entwicklung des Primärener- gieverbrauchs ist fester Bestandteil des Monitoring-Pro- zesses „Energie der Zukunft“ . Unbestritten ist, dass weiterhin konsequent Anstrengungen zur Steigerung der Energieeffizienz geleistet werden müssen. Deswegen hat die Bundesregierung bereits umfangreiche Impulse ge- setzt . Mit dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) wurden im Dezember 2014 zahlreiche Sofort- maßnahmen und weiterführende Arbeitsprozesse be- schlossen . Eine Vielzahl dieser Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits umgesetzt . Hierzu zählen zum Beispiel die Weiterentwicklung, Verstetigung und Auf- stockung des CO₂-Gebäudesanierungsprogrammes, die Fortentwicklung des Marktanreizprogramms für erneu- erbare Energien im Wärmemarkt und die Energieaudit- pflicht für Nicht-KMU. Eine Reihe weiterer Maßnahmen des NAPE werden im ersten Halbjahr 2016 wirksam, wie zum Beispiel das Nationale Heizungslabel . In der ersten Jahreshälfte 2016 soll zudem die erste Ausschreibung im Rahmen des wettbewerblichen Ausschreibungsmodells für Energieeffizienz erfolgen. Ergänzt werden die NAPE-Maßnahmen durch ein weiteres Effizienz-Paket auf Grundlage der Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 1 . Juli 2015 zu Eckpunk- ten für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende . Bis 2020 sollen 5,5 Mio . t CO2 durch zusätzliche Effizi- enzmaßnahmen im Gebäudebereich, in den Kommunen, in der Industrie sowie der Deutschen Bahn erbracht wer- den . Diese bereits geleisteten Impulse benötigen Zeit zur Entfaltung . Die Wirkungen all dieser Maßnahmen wird die Bundesregierung mit dem jährlichen Monitoring be- obachten . Gleichzeitig werden die weiterführenden Arbeits- prozesse – wie etwa die am 18 . November im Kabinett verabschiedete Energieeffizienzstrategie Gebäude – dazu genutzt, das Instrumentarium zur Steigerung der Ener- gieeffizienz weiterzuentwickeln. Anlage 39 Antwort der Parl . Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 55): Mit welchen Maßnahmen reagiert die Bundesregierung auf die Feststellung der Expertenkommission in ihrer Stellung- nahme zum aktuellen Energiewende-Monitoringbericht der Bundesregierung, dass die Erhöhung des Energieverbrauchs im Verkehr im Jahr 2014 „einen weiteren Rückschritt in Bezug auf das Ziel des Energiekonzepts“ darstellt (am angegebenen Ort), und wie will die Bundesregierung insbesondere vor dem Hintergrund der Falschinformationen bei Pkw-Verbrauchs- werten beim Verkauf von Neuwagen die notwendige Energie- einsparung im Verkehrssektor sicherstellen? Im Verkehr ist der Endenergieverbrauch im Jahr 2014 rund 1,7 Prozent höher als im Jahr 2005 . Um die ange- strebte Verringerung des Endenergieverbrauchs im Zeit- raum 2005 bis 2020 um 10 Prozent zu erreichen, sind weitere Maßnahmen im Dezember 2014 mit dem „Akti- onsprogramm Klimaschutz 2020“ und dem „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ beschlossen worden. De- ren zukünftige Wirkungen sind bei der Zielerreichung im Rahmen des Monitoring-Berichts „Energie der Zukunft“ noch nicht berücksichtigt . Des Weiteren wird die Wei- terentwicklung der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie vorangetrieben . Anlage 40 Antwort der Parl . Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 56): Welche genaue Einigung zwischen der Europäischen Kom- mission und den USA (bitte Akteure und Zeitpunkt nennen) wurde nach Kenntnis der Bundesregierung auf der Basis wel- cher Dokumente bezüglich der Frage des Zugangs zu konsoli- dierten Texten der TTIP-Verhandlungen in Leseräumen für na- tionale Abgeordnete der europäischen Mitgliedstaaten erzielt? Nach Information der Bundesregierung aus der De- marche des deutschen Botschafters beim US-Handels- beauftragten vom 12 . November 2015 wurde zwischen EU-Kommission und den USA eine grundsätzliche Ei- nigung darüber erzielt, dass – wie von der Bundesregie- rung mehrfach nachdrücklich gefordert – Leseräume in den EU-Mitgliedstaaten eingerichtet werden können, in denen auch nationale Parlamentarier Zugang zu konsoli- dierten Texten erhalten sollen . http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/M-O/monitoringbericht-energie-der-zukunft-stellungnahme-2014,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/M-O/monitoringbericht-energie-der-zukunft-stellungnahme-2014,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/M-O/monitoringbericht-energie-der-zukunft-stellungnahme-2014,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513930 (A) (C) (B) (D) Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de Die genauen Modalitäten werden derzeit noch zwi- schen der EU-Kommission und den USA diskutiert und müssen zudem noch EU-intern abgestimmt werden . Anlage 41 Antwort der Parl . Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 57): Welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung, um zügig einen „unkomplizierten Zugang für alle Abgeordneten“ (Antwort auf meine Schriftliche Frage, Drucksache 18/6846) zu den konsolidierten TTIP-Verhandlungstexten zu ermögli- chen? Die Bundesregierung steht zu den Modalitäten für den Leseraum in Deutschland mit der Europäischen Kom- mission und der EU-Ratspräsidentschaft in Kontakt . Ziel der Bundesregierung ist es, den Leseraum in Deutschland möglichst im Deutschen Bundestag selbst einzurichten, damit dort der Zugang für Abgeordnete unter Wahrung der erforderlichen Vertraulichkeit der Dokumente statt- finden kann. Anlage 42 Antwort der Parl . Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6845, Frage 58): Wie viel Prozent der geltenden Richtlinien sind in der Bun- desrepublik Deutschland so mangelhaft umgesetzt, dass die Europäische Kommission bereits ein Vertragsverletzungsver- fahren eingeleitet hat (bitte nach Ressorts aufschlüsseln)? Gegen die Bundesrepublik Deutschland sind derzeit nach Auswertung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie 41 Vertragsverletzungsverfahren (VVV) we- gen Nichtmitteilung/Nichtumsetzung von Richtlinien bzw . Falschumsetzung oder unvollständiger Umsetzung von Richtlinien durch den Bund und/oder die Länder anhängig . Die Verfahren teilen sich auf die Ressorts wie folgt auf: Ressort VVV wegen Nichtumset- zung bzw . Nichtmitteilung der RL-Umsetzung VVV wegen Falschumset- zung oder unvollständiger RL-Umsetzung VVV gesamt der Vorrubriken BMVI 6 4 10 BMUB 6 3 9 BMI 5 2 7 BMWi 4 1 5 BMJV 2 1 3 BMAS 2 2 BMF 2 2 4 BMG 1 1 Bundesregierung gesamt 28 13 41 Die Europäische Kommission veröffentlicht kei- ne Gesamtzahl der geltenden Richtlinien und konnte auch auf Nachfrage keine Zahl übermitteln . Eine Ge- genüberstellung von Vertragsverletzungsverfahren zur Gesamtzahl bestehender Richtlinien ist daher nicht möglich . 142. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 1 Bundeswehreinsatz gegenTerrororganisation IS TOP 2 Fragestunde Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26 Anlage 27 Anlage 28 Anlage 29 Anlage 30 Anlage 31 Anlage 32 Anlage 33 Anlage 34 Anlage 35 Anlage 36 Anlage 37 Anlage 38 Anlage 39 Anlage 40 Anlage 41 Anlage 42
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814200000

Die Sitzung ist eröffnet . Nehmen Sie bitte Platz .

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie
herzlich . Ich möchte Ihnen, bevor wir mit unserer Tages-
ordnung beginnen, mitteilen, dass es eine interfraktionel-
le Vereinbarung gibt, den Antrag der Bundesregierung
auf einen Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur
Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlun-
gen durch die Terrororganisation IS auf der Drucksa-
che 18/6866 heute als Zusatzpunkt 1 mit einer Debatten-
dauer von 77 Minuten auf die Tagesordnung zu nehmen .
Die Fragestunde danach soll auf 90 Minuten begrenzt
werden, was auch sicher auskömmlich ist . Auf diesem
Wege können wir sicherstellen, dass die für heute Nach-
mittag vereinbarte gemeinsame Sitzung der Ausschüsse
für Verteidigung und Auswärtiges zusammen mit unse-
ren Gästen aus der israelischen Knesset termingerecht
stattfinden kann. Darf ich fragen, ob Sie mit diesem
Verfahren einverstanden sind? – Das ist offenkundig der
Fall . Dann können wir so verfahren .

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Ich weise darauf hin, dass wir mit Blick auf unser
Zeitmanagement die Vereinbarung unter allen Fraktio-
nen haben, den Befragungszeitraum auf eine halbe Stun-
de zu begrenzen, damit wir um 13 Uhr mit der Debatte
beginnen können . Das wird inhaltlich mehr oder weniger
ineinander übergehen; denn die Bundesregierung hat als
Thema ihrer Kabinettssitzung mitgeteilt: Einsatz be-
waffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und
Unterbindung terroristischer Handlungen durch die
Terrororganisation IS.

Es besteht die Möglichkeit, nach dem einleitenden Be-
richt der Bundesministerin der Verteidigung dazu einige
Rückfragen zu stellen . Ich mache aber schon jetzt darauf
aufmerksam, dass es das angemeldete Interesse gibt,
auch nach anderen Punkten zu fragen, sodass wir das
zeitlich ein bisschen sortieren müssen . Ich denke aber,
das kriegen wir bewältigt .

Frau Bundesministerin, Sie haben das Wort .

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gerne
einige einleitende Bemerkungen zu dem Mandat ma-
chen, das gestern im Kabinett verabschiedet worden ist .
Wir haben dieses Mandat zur Bekämpfung des IS in Sy-
rien und Irak nicht als ersten Schritt verabschiedet, son-
dern wir sind bereits seit über einem Jahr in der Allianz
gegen den Terror im Kampf gegen den IS . Wir haben
im Nordirak Verantwortung für die Ausrüstung und die
Ausbildung der Peschmerga übernommen . Die Terroran-
schläge von Paris haben uns aber noch einmal vor Augen
geführt, dass wir noch entschlossener gegen den IS vor-
gehen müssen . Wir haben in diesem Zusammenhang in
enger Abstimmung mit unseren französischen Freunden
und der Koalition gegen den Terror dieses Mandat mit
den Fähigkeiten, auf die ich gleich eingehen werde, be-
schlossen .

Das Ziel dieses Mandates ist sehr klar umrissen . Es
geht darum, den IS zu bekämpfen, seine Rückzugsräume
zu zerstören und zu unterbinden, dass er weltweit Ter-
ror ausüben kann . Dieses Ziel ist auch detailliert in der
VN-Resolution 2249 dargelegt, die wenige Tage nach
den Terroranschlägen von Paris verabschiedet worden
ist .

Wir haben dieses Mandat auf einer völkerrechtlich
und verfassungsrechtlich tragfähigen Basis verabschie-
det . Was werden wir durch dieses Mandat beisteuern?
Was umfasst das Mandat? Es sind vor allem fünf Kom-
ponenten:

Erstens geht es um Schutz . Es geht um den Schutz des
Flugzeugträgers „Charles de Gaulle“, den die Franzosen
in die Region schicken werden . Sie haben darum gebe-
ten, dass wir eine Fregatte beisteuern, die in der Lage
ist, dem Trägerverband durch ihre Fähigkeiten Schutz zu
geben .

Zweitens geht es um Aufklärung . Wir können gar
nicht genug Aufklärung in Syrien und im Irak haben . Wir
haben Fähigkeiten, die weltweit kaum jemand anders hat .
Deshalb haben wir angeboten – das ist auch sehr gern
angenommen worden –, die deutsch-französische Satel-
litenkooperation zur Verfügung zu stellen . Das ist eine

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513876


(A) (C)



(B) (D)


Kombination, die außergewöhnlich ist: Der französische
Satellit ist in der Lage, optisch aufzuklären, und unser
Satellit ist in der Lage, radargestützt aufzuklären . Die
Kombination der beiden bringt technisch exzellente Bil-
der über einen weiten Raum, bei Tag und Nacht und bei
jeder Wetterlage . Hinzu kommen sechs Recce-Tornados,
die wir für die fliegende Aufklärung angeboten haben.
Durch sie können Bilder in Echtzeit produziert und sehr
stark angepasst werden, je nachdem, was gerade ge-
braucht wird .

Drittens werden wir Tankflugzeuge zur Verfügung
stellen . Auch das ist eine sehr knappe Ressource; denn
die Tankflugzeuge sind nicht nur in der Lage, unsere ei-
genen Recce-Tornados in der Luft zu betanken, sondern
sie sind auch zertifiziert für die französischen Kampfjets
Mirage und Rafale .

Viertens werden wir Personal in die Stäbe entsenden .
Bei diesem Thema wird häufig nachgefragt: Wie ist die
Kommandostruktur? In welche Stäbe wird Personal ent-
sandt? – Wir haben, US-geführt aus Tampa, Florida, das
US CENTCOM, das – wie übrigens am Anfang auch
im Irak, als wir das Mandat für die Peschmerga auf die
Beine gestellt haben – sozusagen den Chapeau darüber-
legt . Darunter ist, von Kuwait aus, das Hauptquartier der
Allianz gegen den Terror, das multinational besetzt ist .
Dieses gliedert sich noch einmal in zwei verschiedene
Stränge auf . Der eine Strang, der für die Landstreitkräfte
zuständig ist – das betrifft uns hier jetzt nicht –, ist in
Bagdad lokalisiert, der andere Strang ist in al-Udeid an-
gesiedelt, wo wir Stabspersonal haben werden .

Für den französischen Flugzeugträger sei zum Thema
Kommando noch gesagt, dass wir unsere Fregatte dem
französischen Kommando unterstellen, da der Flugzeug-
trägerverband allein unter französischem Kommando
bleiben wird .

Wir haben in dem Mandat eine Obergrenze von
1 200 Soldatinnen und Soldaten . Sie wissen, dass die
Obergrenze immer einen gewissen Puffer in sich birgt,
den wir für Kontingentwechsel brauchen, wenn sie nötig
sind . Aber grob gesprochen, gliedert es sich folgender-
maßen auf: Allein für die Fregatte brauchen wir round
about 300 Männer und Frauen . Die tornadogestützte
und satellitengestützte Aufklärung bewegt sich, wenn
man beides zusammenzählt, in einem Gebinde ungefähr
zwischen 400 und 500 – die Zahl ist so hoch, weil da-
rin die gesamte Infrastruktur der Bodenstationen und das
Auswertpersonal enthalten sind –, Tankflugzeuge round
about 150 Personen, etwa 50 Personen als Stabsoffizie-
re in den Hauptquartieren und, wie gesagt, ein gewisser
Puffer, der notwendig ist .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814200100

Sie denken bitte an die Zeit .

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:

Ja . – Die fünfte Komponente: Wir werden die Daten
der Aufträge ausschließlich dem Kreis zur Verfügung
stellen, der an der Luftoperation innerhalb der Allianz
gegen den Terror beteiligt ist . Genauso wird die Aus-

wertung nur diesem engen Zirkel zur Verfügung gestellt
werden .

Das sind die rein technischen Beschreibungen dieses
Mandates . Ich stehe gerne für Fragen zur Verfügung .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814200200

Vielen Dank . – Die erste Frage stellt Tobias Lindner .


Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814200300

Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihre Ausführungen .

Vielen Dank, Herr Präsident . – Frau Ministerin, Sie ha-
ben eben ausgeführt, dass die Bundesregierung davon
ausgeht, dass dieses Mandat auf einer, ich glaube, Ihre
Worte waren: tragfähigen verfassungsrechtlichen und
völkerrechtlichen Grundlage fußt . Jetzt hat das Bundes-
verfassungsgericht per Urteil festgestellt, dass ein sol-
cher Einsatz nur im Rahmen und vor allem nach den Re-
geln eines Systems kollektiver Sicherheit erfolgen darf .
Sie haben viele Teilaspekte genannt . Aber meine Frage
an Sie ist: Was ist das System der kollektiven Sicherheit,
in dem wir tätig werden, und was sind vor allem dessen
Regeln? Gibt es überhaupt einen Operationsplan für das
Mandat, das die Bundesregierung beabsichtigt hier zur
Abstimmung zu bringen?

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:

Ich erläutere gerne den groben Rahmen . Kollege
Steinmeier wird weiter ausführen .

Zunächst einmal leitet sich die völkerrechtliche Basis
aus dem Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen
ab: das Recht auf Selbstverteidigung eines jeden Landes,
und zwar nicht nur individuell, sondern auch kollektiv .
Dem sind flankierend die entsprechenden VN-Resoluti-
onen zur Seite gestellt, von denen es mehrere gibt . Die
jüngste habe ich kurz erwähnt: Resolution 2249 . Sie for-
dert sehr klar dazu auf, alles im Kampf gegen den IS zu
tun . Das ist jetzt kein wörtliches Zitat; aber die drei Zie-
le, die ich eben skizziert habe, werden dort umfänglicher
beschrieben .

Unabhängig davon gibt es den Artikel 42 (7) EUV, auf
den sich Frankreich beruft und der alle Europäer auffor-
dert, einem angegriffenen Mitglied – jetzt zitiere ich –
„alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung“
zur Verfügung zu stellen . Das ist der Rahmen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814200400

Die nächste Frage geht an Britta Haßelmann .


(Dr . Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Steinmeier wollte noch! – Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister: Darf ich?)


– Ja, das können wir gerne einmal machen . Ich mache
nur darauf aufmerksam: Wenn wir auf jede Frage zwei
Antworten bekommen, dann sind wir nach drei Fragen
mit der Redezeit, die wir vereinbart haben, durch . – Herr
Steinmeier, bitte .

Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13877


(A) (C)



(B) (D)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

In Ergänzung der Ausführungen, die Frau Bundes-
ministerin eben gemacht hat, will ich Ihnen sagen: Es
ist nicht nur die Bundesregierung, die fest davon über-
zeugt ist, dass wir auf einer legitimen völkerrechtlichen
Grundlage handeln . Wenn ich es gestern richtig gelesen
habe, dann ist es auch der Wissenschaftliche Dienst des
Deutschen Bundestages, der zu dem gleichen Ergebnis
kommt . Das ist auch nicht erstaunlich .

In der ganzen öffentlichen Debatte, soweit ich sie ver-
folgt habe, wird allein darauf geschaut, ob ein Mandat
nach Artikel 42 (7) des Vertrags über die Europäische
Union vorliegt, als sei das die einzige völkerrechtliche
Legitimation, um die wir uns zu kümmern und zu sor-
gen hätten . Tatsächlich – das bringt das Mandat ja auch
zum Ausdruck – stützen wir unsere Legitimation auf
Artikel 51 der UN-Charta, die das Recht zur kollektiven
Selbstverteidigung der angegriffenen Staaten enthält .
Wir leisten Unterstützung für diejenigen, die angegriffen
sind und sich angegriffen fühlen .

Das steht nicht für sich alleine . Wir haben mittlerwei-
le in drei UN-Sicherheitsratsresolutionen der letzten an-
derthalb Jahre jeweils die klare Feststellung, dass IS den
Weltfrieden und die internationale Sicherheit gefährdet .
Wenn ich nur einen Satz aus der letzten Resolution, 2249,
die ja eine Reaktion –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814200500

Herr Minister, gucken Sie gelegentlich auch einmal

auf die Uhr?


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So geht das nicht! Wenn da jeder jedes Mal antwortet, dann ist das eine Farce!)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:
– auf die Attentate von Paris war, zitieren darf; dort steht
ausdrücklich:

… in dem unter der Kontrolle von IS stehenden Ge-
biet in Syrien . . . alle notwendigen Maßnahmen zu
ergreifen, ihre Anstrengungen zu verstärken und zu
koordinieren, um terroristische Handlungen zu ver-
hüten und zu unterbinden …

Und so weiter .

Ich glaube, wir können wirklich darauf verweisen,
dass wir eine völkerrechtliche Grundlage haben, so wie
das auch alle anderen Staaten für sich in Anspruch neh-
men, die in den letzten Tagen ihre Solidarität mit Frank-
reich erklärt haben .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814200600

Ich erinnere noch einmal an unser Zeitregime, das für

die eine wie für die andere Seite des Hauses in gleicher
Weise gilt .

Im Übrigen nehme ich Ihre freundliche Würdigung
des Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes als An-
lass für den Hinweis, dass die Bundesregierung diese

Gutachten sicherlich genauso ernst nimmt, wenn sie zu
anderen Schlussfolgerungen kommen als die Bundesre-
gierung .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun hat Frau Haßelmann das Wort .


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814200700

Danke, Herr Präsident . – Der bisherige Verlauf der

heutigen Befragung der Bundesregierung macht das Di-
lemma deutlich, in dem wir uns befinden. Es gibt jede
Menge Fragen und auch Antwortbedarf . Wir haben dafür
eine halbe Stunde . Wenn jedes Mal beide Regierungsmit-
glieder antworten, können vielleicht drei Leute fragen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814200800

Machen wir ja nicht .


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814200900

Meine Frage richtet sich an die Bundesregierung . Mir

ist egal, wer antwortet, Hauptsache, eine Person und
konkret . Ich beziehe mich auf Ihre Art der Information
des Parlamentes . Wie erklären Sie dem Parlament, dass
Sie der Presse, sowohl Tagesschau als auch Spiegel On-
line und dpa, die Kabinettsvorlage bereits am Montag
zugestellt haben – um 10 .01 Uhr berichtete bereits die
Tagesschau, dass ihr die Kabinettsvorlage vorliegt, am
Mittag, um 14 .18 Uhr, berichtete Spiegel Online darüber,
dpa eine Stunde später; ich verzichte hier darauf, alles
wörtlich zu zitieren – und dem Parlament dann erst am
Dienstagmorgen die Kabinettsvorlage zugegangen ist?
Ich finde, das ist ein unverantwortlicher Vorgang, was
das Informationsrecht des Parlaments angeht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Und Sie können sich nicht damit herausreden, dass Sie
nicht wissen, woher die Information kommt, bzw . sagen,
dass sie sicherlich aus dem Parlament kommt; denn wir
hatten diese Vorlage nicht .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das zeigt einfach, dass die Regierung mit vertraulichen Angaben nicht vernünftig umgeht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814201000

Bitte schön . Wer beantwortet diese Frage?

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Ich weiß nicht, ob ich Ihnen darauf eine befriedigende
Antwort geben kann . Ich kann Ihnen nur sagen: Genauso
wenig, wie ich unterstelle, dass das aus den Reihen des
Parlaments zugespielt worden ist,


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, kann ja nicht! Wir haben das ja gar nicht gehabt! – Dr . Anton Hofreiter [BÜND Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513878 NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist logisch unmöglich!)


(A) (C)


(B) (D)


genauso wenig sollten Sie unterstellen, dass die Vorlage
vonseiten der Regierung irgendeinem Medienorgan un-
tergeschoben worden ist . Ich kann Ihnen jedenfalls mit
Sicherheit sagen – –


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben damit ganz offensive Pressearbeit gemacht! Das ist der Punkt!)


– Möchten Sie meine Antwort hören?


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja! Ihre offensive Pressearbeit, die möchte ich gerne erklärt bekommen als Parlamentarierin!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814201100

Jetzt lassen Sie ihm doch auch einmal die Möglichkeit,

zwei Sätze zu sagen . Dann ziehen wir daraus Schlussfol-
gerungen .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Ich kann Ihnen jedenfalls sagen, dass wir nichts unter-
nommen haben, um Presseorgane eher als das Parlament
zu informieren .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss gelogen sein!)


Ich kann Ihnen auch versichern: Das ist nicht mein Stil,
wie ich mit dem Parlament, dem Hohen Hause, umgehe .
Ich habe ihn nicht geändert in Bezug auf dieses Mandat
und werde das auch in Zukunft nicht tun .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814201200

Gut . – Ich möchte eine Bemerkung dazu machen . Es

ist ja nicht der erste Vorgang, bei dem wir uns wechsel-
seitig darüber beklagen, dass Dokumente, die jedenfalls
zu dem Zeitpunkt nicht in die Öffentlichkeit gehören,
schon gar nicht zuerst, gleichwohl dort aufschlagen, und
zwar im vollen Wortlaut . Dann gibt es die regelmäßigen
wechselseitigen Vermutungen darüber, wo denn wohl
die undichte Stelle sei . In diesem Fall ist logisch ausge-
schlossen, dass es aus dem Bundestag gekommen sein
kann . Das ist logisch ausgeschlossen .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen nehme ich das als ausdrücklichen Hinweis an
die Bundesregierung, sicherzustellen, dass Dokumente,
die der Bundestag als Grundlage seiner eigenen Ent-
scheidung benötigt, den Bundestag jedenfalls mindestens

so früh wie die Presse erreichen und nicht in umgekehrter
Reihenfolge .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Herr Kollege Gehrcke .


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814201300

Schönen Dank, Herr Präsident, nicht nur für die Ge-

legenheit, dass ich fragen darf, sondern auch für Ihre
Klarstellungen hier. Ich finde es toll, dass wir einen Prä-
sidenten haben, der die Rechte des Parlamentes auch
gegenüber der Bundesregierung verteidigt und vertritt .
Vielen Dank .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zu meiner Frage . Ich rufe mir noch einmal in Erinne-
rung: Deutschland soll sich, wenn die Bundesregierung
sich durchsetzt, an einem Krieg beteiligen, an dem wohl
schlimmsten und umfassendsten Kriegseinsatz nach Ju-
goslawien und Afghanistan .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!)


Eine vorangegangene Bundesregierung hatte die
Frage, ob sie sich am Krieg im Irak beteiligt, mit Nein
beantwortet . Das war vorbildlich . Warum ist diese Bun-
desregierung nicht bereit, zu sagen: „Wir verhandeln in
Wien und machen alles, um zu einer Lösung zu kommen,
aber wir setzen nicht auf Militär, und wir sagen Nein zu
einem militärischen Einsatz; denn der Krieg im Irak war
der Auslöser für die Macht des IS“? – Ich richte die Frage
an den Außenminister .

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Verehrter Herr Kollege, diese Auseinandersetzung ha-
ben wir schon das eine oder andere Mal im Ausschuss
miteinander geführt . Ich kann Sie nur bitten, sich die
Antworten nicht zu einfach zu machen . Dieser Fall liegt
anders als der Fall Irak . Wir hatten im Fall Irak 2003 gute
Gründe dafür – und glauben Sie mir: ich war nah ge-
nug dran, um das beurteilen zu können –, zu sagen: Der
Grund für eine militärische Intervention liegt nicht vor .

Ich kann Sie und Ihre Fraktion nur bitten, sich genau
zu überlegen – wir werden in der Debatte nachher noch
darauf zu sprechen kommen –, ob die einfachen Antwor-
ten, die scheinbar konsequenten Antworten wirklich die
Antworten sind, die denen helfen, denen Sie helfen wol-
len . Ich sage Ihnen: Niemand von uns ist so naiv, zu glau-
ben, dass wir uns auf eine militärische Logik beschränken
können . Ganz im Gegenteil, Sie hören von mir und auch
von der Verteidigungsministerin in allen öffentlichen Äu-
ßerungen: Das Ganze ist nur dann verantwortbar, wenn
es eingebettet ist in einen politischen Prozess .


(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Der ist nicht erkennbar!)


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13879


(A) (C)



(B) (D)


Nennen Sie mir einen weltweit, der sich mehr darum be-
müht, dass dieser politische Prozess zustande kommt .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Verehrter Herr Kollege Gehrcke, am Ende müssen Sie
sich eine Frage beantworten: Wenn der politische Pro-
zess Erfolg haben soll am Ende, dann muss in Syrien et-
was übrig bleiben, was noch befriedet werden kann und
für das wir eine Zukunft schaffen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Und das muss man erst zerbomben, oder was?)


Deshalb kommt es darauf an, dass wir neben dem politi-
schen Prozess nicht einfach abwarten, sondern die Aus-
breitung von ISIS in Syrien beschränken – und das im
Interesse einer Zukunft Syriens .

Vielen Dank .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814201400

Nächste Frage: Frithjof Schmidt .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Bundesministerin, können Sie mir sagen, was
und welche Maßnahmen die Bundesregierung unter dem
folgenden Satz im Mandat versteht:

Das umfasst den Einsatz militärischer Gewalt zum
Schutz eigener Kräfte, anderer Partner im Kampf
gegen IS sowie zur Nothilfe .

Verstehen Sie unter „anderen Partnern“ etwa Milizen
oder vielleicht auch Verbände der syrischen Armee oder
Russland? Oder können Sie das ausschließen?

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:

Unter „anderen Partnern“ verstehen wir die Partner,
die wir in der Koalition gegen den Terror haben . Sie wis-
sen, dass die Koalition gegen den Terror eine weite Ko-
alition ist – über 60 Länder –, dass aber diejenigen, die
Luftoperationen fliegen, einen sehr viel engeren Kreis
bilden . Dieser enge Kreis ist derjenige, der mit uns in den
Luftoperationen ist und damit einerseits in der gesam-
ten Rettungskette und andererseits im Informationsaus-
tausch eingeschlossen ist . Das sind die engen Partner der
Luftoperation innerhalb der Koalition gegen den Terror .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814201500

Kollege Movassat .


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814201600

Danke schön . – Herr Bundesminister, Sie haben in Ih-

ren Ausführungen unter anderem auf Artikel 51 UN-Char-
ta Bezug genommen, auf das Selbstverteidigungsrecht .
Normalerweise wird das Selbstverteidigungsrecht ja so
interpretiert, dass man sich gegen einen staatlichen An-
griff wehren darf . Nun sind wir uns in diesem Hause,

glaube ich, alle einig, dass der IS kein Staat ist, sondern
eine Terrorbande . Er nennt sich nur selber „Staat“; aber
ich glaube, diese Interpretation will hier keiner überneh-
men . Insofern frage ich mich: Interpretiert die Bundesre-
gierung Artikel 51 UN-Charta so, dass man gegen jedwe-
den terroristischen Akt militärische Mittel ergreifen darf?
Wird das Selbstverteidigungsrecht so weit interpretiert,
dass Terrorismus sozusagen gleichgesetzt wird mit einem
staatlichen Angriff? Sind Sie nicht der Auffassung, dass
Terrorismus eigentlich ein krimineller Akt ist, der ent-
sprechend polizeilich bekämpft werden müsste?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814201700

Nächste Frage: Kollegin Keul .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der muss ja erst einmal antworten!)


– Entschuldigung . Ich bitte um Nachsicht, dass mir das
wegen der Parallelverhandlungen über die Debatten-
struktur entgangen ist .

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Die Frage bezog sich einerseits auf die völkerrechtli-
che Grundlage und andererseits auf die Instrumente, mit
denen wir gegen Angriffe wie diese vorgehen, die offen-
sichtlich von fundamentalistischen Terroristen durchge-
führt wurden . Ganz eindeutig sage ich zunächst zu der
Frage nach Artikel 51 der UN-Charta – Selbstverteidi-
gungsrecht –: Wir sind ja hier nicht in einem Seminar,


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Aber es geht um die rechtlichen Grundlagen Ihres Einsatzes!)


sondern wir sind hier in einem


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In einem Rechtsstaat!)


Parlament, im Deutschen Bundestag . Ich glaube, nach
insgesamt acht Anschlägen, die in Frankreich stattgefun-
den haben, ist dies nicht die Stunde, den Franzosen zu
erklären – machen Sie es; ich mache es nicht –, dass sie
sich deshalb nicht angegriffen fühlen müssen,


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das hat er ja gar nicht gesagt! – Andrej Hunko [DIE LINKE]: Unglaublich!)


nach 130 Toten, die allein die sieben Anschläge am
13 . November dieses Jahres verursacht haben .


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Das ist aber keine rechtliche Argumentation!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814201800

Herr Minister .

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Frankreich hat erklärt, dass das Land sich angegriffen
fühlt . Frankreich hat erklärt, dass es das Selbstschutz-

Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513880


(A) (C)



(B) (D)


recht für sich in Anspruch nimmt . Und wir begründen
in dem Mandat, warum wir Frankreich in der Wahrneh-
mung dieses Rechtes aus Artikel 51 der UN-Charta un-
terstützen wollen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814201900

Kollegin Keul .


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814202000

Herr Außenminister, Sie hatten eben erklärt, Ziel des

Einsatzes sei es, den IS in Syrien zurückzudrängen . Jetzt
frage ich mit Blick darauf, dass uns tunesische Verteidi-
gungspolitiker bei ihrem Besuch erklärt haben, dass sie
sehr gut feststellen können, dass der Rückzugsraum in
Libyen, seit die Russen in Syrien bombardieren, noch
stärker vom IS genutzt wird: Was ist Ihre Strategie, wenn
das Bombardement in Syrien schlichtweg dazu führt,
dass sich der IS verstärkt in Libyen niederlässt? Zumal in
dem Mandat das Territorium, das Sie einbeziehen, sehr
weit formuliert ist . Dort steht:

. . . in Syrien sowie auf dem Territorialgebiet von
Staaten, von denen eine Genehmigung der jeweili-
gen Regierung vorliegt, sowie im Seegebiet östli-
ches Mittelmeer, Persischer Golf, Rotes Meer und
angrenzende Seegebiete .

Also noch einmal: Was machen Sie, wenn der IS nach
Libyen ausweicht?

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Das ist ehrlicherweise kein Prozess, der mit den Luft-
schlägen entweder der Amerikaner oder der Russen be-
gonnen hat . Vielmehr gibt es diesen Prozess schon seit
einiger Zeit . Er steht aus meiner Sicht, nach meiner Ana-
lyse gar nicht so sehr im Zusammenhang mit den Luft-
schlägen, sondern mit der wachsenden Destabilisierung
Libyens selbst . Deshalb – da haben Sie recht – wäre es
falsch, unsere Außenpolitik nur auf die Stabilisierung
Syriens zu beziehen . Wir tun dasselbe mit großer Inten-
sität auch auf Libyen bezogen . Ich habe in einer meiner
letzten Reden hier im Deutschen Bundestag darauf hin-
gewiesen, dass wir, seitdem der Sonderbeauftragte der
Vereinten Nationen ein ehemaliger deutscher Botschafter
ist – er hat in vielen UN-Einsätzen Erfahrung gesammelt;
ich und viele andere schätzen ihn aus seiner Tätigkeit im
Kongo, und er kann sich auf Wertschätzung innerhalb der
gesamten Vereinten Nationen stützen –, im Augenblick
sozusagen unter besonderer und herausgehobener Beob-
achtung hinsichtlich der Unterstützung dieses Prozesses
stehen .

Sie wissen, dass wir dabei sind, den entscheidenden
Stabilisierungsbeitrag in Libyen dadurch zu erreichen,
dass wir die miteinander im Streit befindlichen Zentren
der Macht zusammenbringen . Das ist in der Vergangen-
heit trotz heftiger Bemühungen von Bernardino León,
dem bisherigen Sondergesandten, nicht gelungen . Martin
Kobler unternimmt gerade eine neue Anstrengung . Wir

haben gerade heute Morgen in Brüssel darüber geredet,
dass wir, wenn es irgendwie geht, noch vor Weihnach-
ten ein ministerielles Zusammentreffen in Rom erreichen
wollen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814202100

Vielen Dank .

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Kurz und knapp: Wir erkennen – –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814202200

Nein, kurz und knapp ist es ja schon nicht . Es tut mir

ja leid .

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Bitte?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814202300

Wir haben eine Minute verabredet . Sie haben jetzt je-

des Mal deutlich mehr gebraucht, was ich verstehe . Aber
wir haben uns hier gemeinsam ein Zeitregime gesetzt,
das wir einhalten müssen .

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Gut . Ich habe Interesse vorausgesetzt . – Danke .


(Zurufe von der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814202400

Ja, ich auch. – Frau Dağdelen.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814202500

Vielen Dank, Herr Präsident . – Herr Steinmeier, ich

kann Sie beruhigen: Wir haben sehr großes Interesse, vor
allem deshalb, weil unsere Fragen, die wir aufgrund un-
seres parlamentarischen Fragerechts stellen, in den Aus-
schüssen, beispielsweise heute Morgen, überhaupt nicht
beantwortet werden .


(Michael Brand [CDU/CSU]: Im Verteidigungsausschuss schon!)


Deshalb haben wir als Parlament ein großes Interesse,
hier Antworten auf unsere Fragen zu bekommen .

Ich würde gerne in diesem Zusammenhang eine Frage
stellen . Sie haben ja gesagt: Artikel 42 Absatz 7 EU-Ver-
trag . Die Bundesregierung laviert seit einer Woche und
sagt: Einerseits ist es eine politische Willenserklärung,
andererseits ergibt sich daraus eine allgemeine Rechts-
pflicht. Ich möchte gerne wissen: Inwiefern ergibt sich
aus dieser politischen Willenserklärung nach Artikel 42
Absatz 7 EU-Vertrag – die Franzosen haben ja diese
Klausel aktiviert und um militärischen Beistand gebe-
ten – eine allgemeine Rechtspflicht? Und ist es richtig, –

Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13881


(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814202600

Frau Dağdelen.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814202700

– wie Ihr Staatssekretär Steinlein bei uns in der Fraktion
letzte Woche gesagt hat, dass die Europäische Union da-
mit im Krieg ist, Herr Minister?

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Ich glaube nicht, dass Herr Steinlein das bei Ihnen so
gesagt hat . Ich war nicht dabei .

Ansonsten – ganz kurz und eindeutig –: Ich habe die
völkerrechtliche Legitimation hier erläutert . Wir stützen
uns auf Artikel 51 der UN-Charta in Verbindung vor al-
len Dingen mit Resolution 2249 des UN-Sicherheitsrats .
Ergänzend dazu – so steht es auch im Mandat – stützen
wir uns auf die Anforderung und Bitte der Franzosen,
Unterstützung zu leisten; dem kommen wir nach .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814202800

Ich habe noch zwei Wortmeldungen von den Kollegen

Trittin und Ströbele . Sind Sie einverstanden, dass ich die
beiden noch aufrufe? – Das ist der Fall . Dann hat der
Kollege Trittin das Wort .


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814202900

Herr Bundesminister, es gibt ein Selbstverteidigungs-

recht gegen nichtstaatliche Akteure – unbestritten . Die
entscheidende Frage ist: Wie weit reicht es? Wir haben
diese Frage damals, nach 9/11, in unserer gemeinsamen
Bundesregierung so beantwortet: Beschluss des Sicher-
heitsrates, Bezugnahme auf Kapitel VII der UN-Charta .
Damit sind wir in einen schwierigen Krieg gezogen, des-
sen Ergebnisse, glaube ich, keinen von uns hier im Hause
zufriedenstellen .

Jetzt haben wir den Fall, dass eine Sicherheitsratsre-
solution vorliegt – sie ist unmittelbar davor verfasst wor-
den –, die sich auf diese schwierige Situation bezieht . Sie
benennt aber explizit nicht Kapitel VII der UN-Charta .
Daraus kann man ja wohl schließen, dass der Sicherheits-
rat gerade nicht ermächtigt hat; denn sonst hätte er das
hineingeschrieben .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Warum haben Sie jetzt plötzlich, anders als vorher, die
Rechtsauffassung der damaligen US-Präsidentschaft un-
ter Bush übernommen, dass das Recht und die Souverä-
nität der Staaten – das ist ein wichtiges Völkerrechtsprin-
zip – hinter dem War on Terror zurückzustehen haben?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Herr Trittin, ich kann Sie ja vermutlich nicht überzeu-
gen, wenn Sie zu der Auffassung gelangt sind, das von
uns vorgelegte Mandat nicht zu unterstützen . Aber ich

glaube, es ist einfach nicht fair und nicht richtig, wenn
Sie behaupten, allein Kapitel-VII-Mandate würden völ-
kerrechtliches Handeln legitimieren .


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht getan!)


Wäre es so, brauchte es Artikel 51 der UN-Charta über-
haupt nicht .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich so nicht gesagt!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814203000

Herr Kollege Ströbele .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Herr Präsident . – Ich frage die Bundesregie-
rung, Minister Steinmeier und Frau Ministerin von der
Leyen: Haben Sie bei Ihrer Entscheidung, ein solches
Mandat zu beschließen und hier vorzulegen, die Erfah-
rungen aus Afghanistan und aus dem Irak berücksichtigt?
In Afghanistan wurde der Krieg nach 14 Jahren – nach
14 Jahren – verloren . Im Irak wurde die Erfahrung ge-
macht, dass dieser Krieg wahrscheinlich eine der zentra-
len Ursachen für die Entstehung von ISIS bzw . des IS
war . Das ist gerade erst vor wenigen Tagen wieder ein-
mal von einem US-General so formuliert worden, der
nicht nur den Irakkrieg für falsch angesehen, sondern
auch erklärt hat, dass er einer der zentralen Gründe für
die Entstehung von ISIS war .

Warum machen Sie jetzt den gleichen Fehler und
schlagen das gleiche Vorgehen vor,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Rot!)


das im Wesentlichen in Bombardierungen besteht,


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Es blinkt schon eine halbe Stunde!)


wobei immer wieder auch zivile Ziele getroffen und Zi-
vilisten verletzt und getötet werden, was dazu führt, dass
der Hass in der Bevölkerung und bei Sympathisanten
zunimmt, wodurch neue Selbstmordattentäter und Ähnli-
ches hervorgebracht werden?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt ist aber Ruhe!)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Herr Ströbele, ich bin teilweise durchaus Ihrer Mei-
nung, wenn Sie sagen, dass die damalige militärische In-
tervention im Irak falsch war . Wie Sie habe auch ich sie
damals abgelehnt . Ich bin, wie Sie, auch der Meinung,
dass der Mittlere Osten anders aussähe, wäre es damals
nicht dazu gekommen . Das damalige Vorgehen hat Dy-
namiken in Gang gesetzt, die bis heute wirken .

Nur – noch einmal –: Ich bin kein Historiker . Ich kann
mich nicht hierhinstellen und Vorgänge aus der Vergan-

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513882


(A) (C)



(B) (D)


genheit bewerten, sondern wir müssen mit der eingetre-
tenen Lage umgehen .


(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Aber man kann ja lernen!)


Da widerspreche ich Ihnen ganz heftig, weil wir uns ge-
rade nicht auf eine militärische Logik beschränken . Viel-
mehr ist es so, wie ich in vielen Reden, die ich vor diesem
Hohen Haus gehalten habe, immer wieder gesagt habe:
Niemand glaubt daran, dass der Syrien-Konflikt am Ende
militärisch zu lösen ist . Wir setzen auf eine politische
Lösung . Aber wir müssen die Chance dafür in der Hand
behalten .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814203100

Vielen Dank . – Nach der getroffenen Vereinbarung

sind wir damit am Ende der Befragung der Bundesregie-
rung .

Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 1 auf:

Beratung des Antrags der Bundesregierung

Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte
zur Verhütung und Unterbindung terroristi-
scher Handlungen durch die Terrororganisa-
tion IS auf Grundlage von Artikel 51 der Sat-
zung der Vereinten Nationen in Verbindung
mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über
die Europäische Union sowie den Resolutio-
nen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen

Drucksache 18/6866

Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss gemäß § 96 der GO

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf der Ehrentri-
büne eine Delegation des Ausschusses für europäi-
sche Angelegenheiten der französischen Nationalver-
sammlung unter Führung der Ausschussvorsitzenden
Madame Auroi begrüßen .


(Beifall)


Ihnen wie auch dem Herrn Botschafter gilt unser beson-
derer Gruß . Wir freuen uns, dass Sie gerade an diesem
Tag an unseren Beratungen im Deutschen Bundestag An-
teil nehmen . – Vielen Dank .


(Beifall)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
diese jetzt folgende Aussprache 77 Minuten vorgese-
hen . – Das ist offenkundig einvernehmlich . Dann können
wir so verfahren .

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Botschafter Etienne! Liebe Kolleginnen und Kol-
legen der französischen Nationalversammlung! Es gibt
eine Botschaft, die im Internet zirkuliert und schon zig-
tausend Mal geteilt wurde, nämlich die Worte eines jun-
gen Vaters, der seine Frau bei den Anschlägen von Paris
verloren hat . Er schreibt an die Mörder: „Ihr bekommt
meinen Hass nicht .“ Er schaut dabei auf seinen Sohn, der
gerade 17 Monate alt ist, und schreibt weiter:

. . . sein ganzes Leben wird dieser kleine Junge euch
beleidigen, indem er glücklich und frei ist . Denn
nein, auch seinen Hass werdet ihr nicht bekommen .

Das sagt dieser Mann in der Stunde größter Trauer,
und er hat so recht . Hass wird uns auf der Suche nach
den Gründen für die barbarischen Taten der Terroristen
von Paris nicht helfen, und Hass darf für uns natürlich
auch nicht Ratgeber für die politische Antwort auf IS und
islamistischen Terror sein . Darin sind wir uns, ganz un-
abhängig davon, wie wir zu dem konkreten Mandat und
dem Einsatz stehen, hier in diesem Hohen Haus hoffent-
lich einig .


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der IS-Terror richtet sich gegen die offene Gesell-
schaft und gegen alle, die frei und ohne staatliche, ideo-
logische und religiöse Bedrängnis leben wollen – ob hier
in Europa, im Mittleren Osten, in Paris, in Tunis oder
in Beirut . Er richtet sich gegen Christen und Atheisten,
gegen Juden und Muslime . Er hat fundamentale und fa-
natische Ausmaße, und so fundamental und umfassend
dieser Terror wirken will, so umfassend und geschlossen
müssen wir ihm begegnen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus Paris, der franzö-
sische Präsident hat Europa um Unterstützung gebeten,
und Europa hat fast ausnahmslos Unterstützung verspro-
chen . Die Europäische Union rückt zusammen . In Frank-
reich wurde ganz Europa getroffen, und deshalb muss
Europa gemeinsam mit Frankreich eine Antwort geben .

Bei der Suche nach der Antwort bleibt richtig: Am
Ende wird es keine militärische Lösung für den syrischen
Konflikt geben. Natürlich wissen wir alle, dass der Ter-
rorismus am Ende nicht allein militärisch besiegt werden
kann . Deshalb haben alle, die das sagen und vorbringen,
recht . Ich füge hinzu: Das ist aber nicht die ganze Ant-
wort, sondern wir müssen auf mehreren Ebenen Antwor-
ten geben . An erster Stelle stehen natürlich politische
Verhandlungen zur Konfliktlösung. Zweitens brauchen
wir eine regionale Stabilisierung, und drittens, ja, sind
zurzeit auch noch militärische Mittel notwendig .

Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13883


(A) (C)



(B) (D)


Wenn wir nicht verhindern, dass sich der IS noch
weitere Teile Syriens unter den Nagel reißt, dann wird
in Syrien nichts übrig bleiben, was wir befrieden und
durch einen politischen Prozess in eine andere, hoffent-
lich bessere, Zukunft überführen können . Das ist nicht
allein meine Erkenntnis oder die der gesamten Bundes-
regierung, so sehen es auch Amerikaner, Russen und re-
gionale Akteure . Ich füge hinzu: In einem Jahr könnten
wir mit all diesen Überlegungen möglicherweise zu spät
kommen . In einem Jahr gibt es vielleicht auch für eine
Opposition, die in Syrien noch vorhanden und aktiv ist,
möglicherweise nichts mehr zu bestellen und auszurich-
ten . Auch davor dürfen wir die Augen nicht verschließen .

Deshalb ist ein einfaches und kategorisches Nein zu
jeder militärischen Auseinandersetzung mit dem IS trotz
der Priorität der politischen Lösung, für die ich nun wirk-
lich eintrete, eben kein Beitrag zur Sicherung Syriens
und der Zukunft Syriens . Das muss sich jeder klarma-
chen, der schon jetzt weiß, dass er dieses Mandat ableh-
nen wird .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich habe letzte Woche an dieser Stelle gesagt: Die
Bundesregierung steht zum Versprechen der Solidarität,
das wir Frankreich gegeben haben . – Wir haben unser
Angebot – Frau von der Leyen hat es eben gesagt – sorg-
fältig abgewogen . Wir tun das, was militärisch gebraucht
wird . Wir tun das, was wir können, und wir tun das, was
wir verantworten können .

Die Bundesverteidigungsministerin wird dazu unter-
richten: Im vorliegenden Mandat fallen darunter Maß-
nahmen zum Schutz, zur Aufklärung und zur logistischen
Unterstützung der internationalen Koalition gegen IS .
Aber in die Strategie gehört eben auch die Aufstockung
der wichtigen VN-Mission MINUSMA in Mali und eben-
so die Fortsetzung dessen, was Deutschland schon seit
dem Sommer 2014 leistet, nämlich Unterstützung durch
Ausbildung und Ausrüstung der Peschmerga im Irak .

Wenn man es einmal genau betrachtet, sind es in den
letzten anderthalb Jahre die Peschmerga im Nordirak ge-
wesen, die den IS am Boden bekämpft und die nicht nur
den Vormarsch des IS im Irak gestoppt haben, sondern in
den letzten Tagen und Wochen mit Blick auf Sindschar
sogar vom IS beherrschtes Territorium befreien und zu-
rückgewinnen konnten . Ich werde mir davon in aller-
nächster Zeit selbst vor Ort ein Bild machen .

Der Einsatz, über den wir in dieser Woche entschei-
den, ist nicht nur Erfüllung eines Solidaritätsverspre-
chens gegenüber Frankreich . Er ist aus meiner Sicht not-
wendig . Er ist völkerrechtlich legitimiert . Deutschland
unterstützt Frankreich, Irak und andere im Kampf gegen
IS auf Grundlage des Rechts der kollektiven Selbstver-
teidigung, wie es in Artikel 51 der UN-Charta zum Aus-
druck gebracht wird .

In mittlerweile drei Resolutionen hat der VN-Sicher-
heitsrat festgestellt, dass IS weltweit eine Bedrohung für
Frieden und Sicherheit ist . In der Resolution 2249, erst
drei Wochen alt, hat der Sicherheitsrat nach den Anschlä-
gen von Paris die Staatengemeinschaft aufgerufen, alle
notwendigen Maßnahmen gegen diese Bedrohung zu er-

greifen . Ebenfalls nach den Anschlägen von Paris hat sich
Frankreich als erster Mitgliedstaat der EU auf die Bei-
standsklausel in Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages,
also des Lissabon-Vertrages, berufen . Deutschlands mi-
litärische Beiträge erfolgen, soweit die kollektive Selbst-
verteidigung zugunsten von Frankreich geleistet wird,
zusätzlich auch in Erfüllung dieser EU-Beistandsklausel .

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat,
wenn ich es richtig sehe, ebenfalls die verfassungs- und
völkerrechtliche Legitimität des Auslandseinsatzes der
Bundeswehr festgestellt . Das wird hoffentlich zur Klä-
rung der offenen und hier diskutierten Fragen sowie der
rechtlichen Aspekte der Debatte beitragen .

Meine Damen und Herren, jenseits des Politischen,
jenseits der rechtlichen Debatte, gibt es auch diejenigen,
die sagen: Wenn wir jetzt in diesem militärischen Kampf
mitmachen, ziehen wir dann nicht geradezu den Zorn der
Terroristen auf uns in Deutschland? Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Das hal-
te ich am Ende doch für eine perfide Logik. Abschottung,
Lichter aus, Rollläden runter, wenn Terroristen durch die
Straßen ziehen, und hoffen, dass sie beim Nachbarn lan-
den, wo die Fenster noch hell erleuchtet sind, das kann
nicht unsere Logik sein .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich glaube, wenn wir nach dieser Logik handeln würden,
dann würde das weder unsere Umgebung noch die Nach-
barschaft sicherer machen, sondern das Gegenteil wäre
der Fall . Wir würden, wenn wir so handelten und uns so
verhielten, freiwillig etwas von dem preisgeben,


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind das Argumente?)


was uns ausmacht und wofür wir eigentlich öffentlich
streiten sollten . Das ist jedenfalls meine Auffassung .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Damit komme ich zu dem, was ich für wirklich wich-
tig und entscheidend halte: Für die Bundesregierung be-
wegt sich dieses militärische Engagement, über das wir
aus Anlass des Mandates, das wir Ihnen vorlegen, reden
und debattieren müssen, in einem ganz festen Rahmen .
Alles, was wir tun, tun wir eben gerade nicht beschränkt
auf eine militärische Logik, sondern eingebettet in einen
politischen Prozess . Dafür, dass dieser überhaupt statt-
findet, hat – glaube ich – kaum einer mehr gestritten als
diese deutsche Bundesregierung .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich will sagen: Unser militärisches Engagement, über
das wir hier im Verlauf dieser Woche entscheiden wer-
den, ist Teil unserer Politik gegen den IS, aber es ist ganz
gewiss nicht Ersatz für Politik . So wollen wir jedenfalls
nicht verstanden werden, so will ich nicht verstanden
werden . Deshalb: So notwendig die militärische Aus-
einandersetzung ist, über die wir heute debattieren und
vielleicht auch streiten, so sehr bleibe ich dabei, dass wir
auf der politischen Ebene weiter beharrlich für eine po-
litische Lösung arbeiten müssen, mit dem Ziel, ein Ende
des syrischen Bürgerkriegs zu erreichen .

Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513884


(A) (C)



(B) (D)


Darum werden wir ganz zuvorderst die in Wien be-
gonnenen diplomatischen Anstrengungen für ein Ende
der Kampfhandlungen in Syrien fortsetzen . Es gibt kei-
nen Grund für Optimismus; das wird jeder bestätigen,
der den Nahen und Mittleren Osten kennt . Aber nach fünf
Jahren Bürgerkrieg, nach 300 000 Toten, nach 12 Milli-
onen Menschen, die in Syrien ihre Heimat verloren ha-
ben, haben wir mit dem, was in Wien begonnen hat, zum
ersten Mal immerhin so etwas wie einen kleinen Hoff-
nungsschimmer . Es ist ein Hoffnungsschimmer, der nur
darin besteht, dass zum ersten Mal alle internationalen
Partner an einem Tisch sitzen . Es sind alle diejenigen,
die wir brauchen, um über die Zukunft Syriens zu reden:
Russland, die USA und natürlich die Europäer, der Iran,
Saudi-Arabien, die Türkei . Es sind Kontrahenten, von
denen ich noch vor einigen Wochen nicht geglaubt hätte,
dass sie durch dieselbe Tür in denselben Raum gehen und
dort gemeinsam an einem Tisch bleiben .

Ich sage deshalb: Es gibt zum ersten Mal eine ganz
schmale Basis – ich übertreibe nicht – für Common
Ground, was das weitere Vorgehen der internationalen
Staatengemeinschaft gegenüber Syrien angeht . Alle, die
da sitzen, wollen, dass das Krebsgeschwür IS, das im
Mittleren Osten alle und nicht nur Syrien bedroht, be-
seitigt wird . Alle haben Angst davor, dass ein Zerfall Sy-
riens auch die Nachbarstaaten wie den Libanon in den
Abgrund reißt . Deshalb gibt es eine wichtige, wenn auch
eine noch ganz vorsichtige Verständigung auf die nächs-
ten Schritte, die innerhalb der nächsten 18 Monate, be-
ginnend in der nächsten Woche mit den Gesprächen mit
der Opposition, die in Riad stattfinden, gegangen werden
sollen .

Dann wird es hoffentlich noch vor Weihnachten, viel-
leicht in der dritten Dezemberwoche, eine erneute Zu-
sammenkunft im Format der Wiener Runde geben, bei
der der Versuch gemacht werden soll, nach den Gesprä-
chen mit der Opposition zu ernsthaften Gesprächen über
einen Waffenstillstand zwischen den bewaffneten Kräf-
ten der Opposition und den bewaffneten Kräften des Re-
gimes – ich betone: nicht nur der Armee – zu kommen .
Wenn dieser Schritt gelänge, dann wäre die Chance gege-
ben, dass wir im Weiteren tatsächlich in Gespräche über
die Errichtung einer Übergangsregierung eintreten . Das
ist zwar alles noch weit weg, aber umso härter müssen
wir dafür arbeiten, dass wir diesem Ziel näher kommen .

Was bedeutet das für Assad? Diese Frage ist im Au-
genblick in allen Zeitungen zu lesen . Die Frage, wie man
mit Assad umgeht, hat unterschiedliche Konjunkturen .
Vor drei Wochen haben wir in vielen Zeitungen gelesen,
dass der eigentliche Fehler sei, dass man nicht mit As-
sad rede . Wenn man die Zeitungen von gestern und heute
aufschlägt, dann hat sich das im Augenblick wieder ge-
ändert . Jetzt ist eher der Vorwurf: Ihr macht den Pakt mit
dem Teufel, ihr macht euch mit Assad gemein .

Ich sage für die Bundesregierung: Niemand in der
Bundesregierung vergisst die furchtbaren, die grausa-
men Verbrechen, für die Assad Verantwortung trägt . Das,
was wir tun, hat mit militärischer Kooperation mit Assad
nichts zu tun . Richtig ist aber auch: Solange sich die syri-
schen Bürgerkriegsparteien nur untereinander bekriegen
und abnutzen, ist nur einer der Gewinner, und das ist IS .

Daran hat auf Dauer niemand ein Interesse, jedenfalls
niemand derjenigen, die in Wien mit uns an einem Tisch
sitzen .

Das Regime kann jetzt zeigen, ob es wirklich bereit
ist, gegen IS-Terroristen zu kämpfen, oder ob es weiter
Fassbomben oder Chemiewaffen gegen die eigene Be-
völkerung einsetzen will . Die Entscheidung liegt nicht
bei uns . Sie liegt nicht einmal bei der syrischen Oppositi-
on . Sie liegt bei Assad selbst .

Das sind Dinge, auf die es ankommt, meine Damen
und Herren . Der politische Prozess steht für uns im Vor-
dergrund . Das militärische Handeln wird in diesen po-
litischen Prozess eingebettet sein und bleiben . Deshalb
werbe ich für die Unterstützung unseres Antrags zu dem
Mandat, den wir Ihnen vorgelegt haben, und ich werbe
mit dem Versprechen, dass wir unsere ganze Kraft der am
Ende notwendigen politischen Lösung widmen werden .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1814203200

Das Wort erhält nun der Kollege Dietmar Bartsch für

die Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814203300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Herr Botschafter! Liebe französischen Kolleginnen und
Kollegen! Die Befragung der Bundesregierung und auch
die Rede des Außenministers haben viel erklärt . Aber
eines bleibt: Deutschland wird Kriegspartei . Wenn am
Freitag im Deutschen Bundestag eine Mehrheit zustande
kommen sollte, werden deutsche Soldaten in ein neues
militärisches Abenteuer geschickt . Die Linke wird diesen
Auslandseinsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den
IS geschlossen ablehnen .


(Beifall bei der LINKEN)


Lieber Frank-Walter Steinmeier, eines darf ich ein-
fordern: Diejenigen, die Ja sagen, machen sich mit Si-
cherheit Gedanken . Aber diejenigen, die Nein sagen, mit
Sicherheit auch .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Aber die falschen!)


Es kann doch nicht sein, dass das eine ein einfaches Nein
und das andere ein überlegtes Ja ist . Das ist nicht die Lo-
gik .


(Beifall bei der LINKEN)


Im Übrigen gibt es auch bei den Sozialdemokraten eini-
ge, die Nein sagen .


(Dr . Rolf Mützenich [SPD]: Eben! Das ist der Unterschied!)


Diese Position ist keineswegs ausgeschlossen .

Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13885


(A) (C)



(B) (D)


Ja, Sie haben recht: Der Terror sollte uns alle treffen .
Das waren Anschläge gegen die Zivilisation, gegen die
offene Gesellschaft, gegen die Werte der Aufklärung
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit . Das ist unbestrit-
ten . Die Linke ist solidarisch mit allen Kräften der Zi-
vilisation, und sie ist solidarisch mit dem französischen
Volk . Das ist völlig unbestritten .

Aber Freundschaft kann auch bedeuten, wie wir alle
wissen, dass man Nein sagt, dass man widerspricht,
wenn man glaubt, dass eine falsche Entscheidung getrof-
fen wird . Alle Erfahrungen bestätigen: Terror lässt sich
nicht mit Krieg besiegen . Terror lässt sich nicht mit Bom-
ben besiegen, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist eben daran erinnert worden: Der IS selbst ist
ein Produkt des Krieges . Der US-Krieg gegen den Irak
hat zumindest einen Beitrag zum Erstarken des IS ge-
leistet . Ich will auch daran erinnern, dass Bundeskanzler
Gerhard Schröder aus gutem Grund Nein gesagt hat . Das
war eine der vernünftigen Entscheidungen der damaligen
Legislaturperiode . Auch daran kann erinnert werden .

Wir können aber mit dieser Entscheidung, wenn wir
uns jetzt beteiligen, in eine Spirale von Gewalt und Ver-
geltung kommen . Das ist die Gefahr . Ja, Herr Steinmeier:
Hass ist keine Antwort . Das ist doch völlig klar .

Wir begrüßen es im Übrigen, wenn dieser schmale
Grat, den Sie in Wien gefunden haben, weiter führt . Das
ist richtig . Aber jede Bombe, die auf Rakka fällt, und jede
Bombe, die auf andere Städte fällt, treibt dem „Islami-
schen Staat“ neue Kämpfer zu . Das ist die Wahrheit . Es
wird auch die Grundlage für neue Attentate gelegt . Das
ist die Wahrheit .

Wir wissen doch alle, dass dort Wahnsinnige am Werk
sind . Das ist unbestritten; darin sind wir uns in diesem
Haus doch einig . Das sind Menschen, die Jesiden und
Christen enthaupten, und sie enthaupten andere, die aus
ihrer Sicht Ungläubige sind . Sie vergewaltigen Frauen
und junge Mädchen, betreiben Sklavenhandel und zer-
stören jahrtausendealte Kulturgüter . Das alles ist wahr .
Sie terrorisieren und morden inzwischen weltweit .

Ja, denen muss das Handwerk gelegt werden . Aber
Bomben sind die falsche Antwort . Kann es sein, dass wir
deren Logik bedienen? Bedienen wir damit vielleicht die
Logik des IS?


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Die Logik des IS ist doch ganz einfach: Es handelt sich
um einen Kreuzzug des Westens gegen alle Muslime . –
Dieser Logik dürfen wir nicht folgen . Wir agieren ge-
meinsam gegen die Barbarei und nicht gegen Muslime .


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich zum Mandat selbst etwas sagen . Was
ist eigentlich das Ziel dieses Einsatzes? Ich habe gehört,
dass es die Zerstörung des IS ist . Einverstanden! Aber
nach allen Darlegungen und allem, was ich gehört habe,
gibt es keine Strategie, noch nicht einmal eine militäri-
sche . Wer agiert dort wie? Ich kenne nicht einen militä-

risch Verantwortlichen, der sagt, mit Luftschlägen sei das
Problem zu lösen .


(Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister: Das sagt auch niemand!)


Aber Sie entscheiden sich für Luftschläge . Das kann
doch nur der falsche Weg sein . Was soll denn damit er-
reicht werden?


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass
aktuell die Kurden die Einzigen sind, die entschlossen
gegen den IS kämpfen und auch Erfolge vorzuweisen
haben . Da müssen Sie mir eines erklären: Der US-Ver-
teidigungsminister Carter hat die Türkei aufgefordert,
gegen den IS zu kämpfen und nicht Bomben auf Kurden
zu werfen . Die Kurden unterstützen wir doch . Es ist doch
völlig absurd, dass wir die Kurden unterstützen, während
die Türkei gegen die Kurden agiert .

Erklären Sie mir noch etwas . Wenn die Tornados dort
Bilder machen, die dann natürlich auch den NATO-Ver-
bündeten zur Verfügung gestellt werden: Können Sie ei-
gentlich garantieren, dass die Türkei diese Bilder nicht
gegen die Kurdinnen und Kurden nutzt?


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Ja!)


Können Sie das eigentlich garantieren? Das können Sie
eben nicht .


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Doch!)


Die Türkei hat über viele Jahre eine extrem problema-
tische Rolle als Transitland des Terrorismus eingenom-
men . Jetzt, wo es eine Erpressungssituation wegen der
Flüchtlinge gibt, wird die Türkei auf einmal unterstützt .
Das darf so nicht sein . Hier muss Klarheit herrschen .
Hier darf es keine unterschiedlichen Maßstäbe für die
Türkei geben .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man in ein solches Kriegsabenteuer geht, muss
zu Beginn die Frage beantwortet werden: Wie kommen
wir da wieder heraus?


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist doch allgemeiner Kenntnisstand, dass zu Beginn
eines solchen Einsatzes über eine Exitstrategie geredet
werden muss . Wie sieht denn das Konzept für danach
aus? Der Deutsche BundeswehrVerband sagt, der Einsatz
dauere mindestens zehn Jahre . Hier im Parlament ent-
scheiden wir darüber innerhalb von zehn Stunden, aber
das sei dahingestellt . Es fehlt jedenfalls eine wirkliche
Perspektive für Syrien . Wie soll diese aussehen? Es fehlt
eine Perspektive für den Irak . Es fehlt eine Perspektive
für die Kurdinnen und Kurden . Wenn der BND nun so-
gar sagt, dass Saudi-Arabien ein gefährlicher Partner ist,
dann ist das, was dort betrieben wird, völlig absurd .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der IS ist heute die stärkste und reichste Terrororga-
nisation . Auch das ist nicht vom Himmel gefallen . Er

Dr. Dietmar Bartsch

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513886


(A) (C)



(B) (D)


finanziert sich weiterhin aus privaten Geldspenden aus
der Golfregion. Der Ölhandel floriert noch immer. Der
Handel mit geraubten und antiken Kulturgütern blüht
weiterhin . Was geschieht denn nun, um Waffen- und Mu-
nitionslieferungen in diese Region zu verhindern? Was
passiert denn, damit der Zustrom von Kämpfern, der
gerade wieder größer geworden ist, beendet wird? Jede
Nacht kommen Kämpfer über die türkische Grenze; das
wissen die Dienste . Dieser Zustand muss doch beendet
werden . Wir müssen Druck auf die Türkei ausüben und
dafür sorgen, dass die Grenze geschlossen wird . Da kön-
nen wir doch nicht einfach zusehen .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer sorgt denn praktisch dafür, dass Konten des IS und
seiner Sponsoren ausfindig gemacht und dann gesperrt
werden? Das wäre eine Aufgabe, die wir erledigen soll-
ten .

Eine Anmerkung sei mir noch gestattet, die mir wirk-
lich wichtig ist . Viele Staaten stellen nun für die Bombar-
dements Millionen zur Verfügung . Aber in den Flücht-
lingslagern mangelt es an Nahrungsmitteln . Ich habe
unlängst einen Bericht über ein Lager im Irak gesehen .
Der UNHCR beklagt, dass dieses Lager kurz vor einem
Choleraausbruch steht . Ich glaube, alle hier im Raum
wissen, was das bedeutet . Es wird Tausende Tote geben,
wenn das geschieht . Es ist doch unfassbar, dass die zivi-
lisierte Welt das zulässt . Da muss doch sofort Geld in die
Hand genommen werden .


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ein solcher Ausbruch führt nicht nur zu Tod und Leid,
sondern verstärkt auch den Zulauf des IS . Hier sind nicht
nur wir, sondern auch viele andere gefragt . Dafür muss
möglichst schnell Geld zur Verfügung gestellt werden .

Zum Rechtlichen wurden schon umfangreiche Aus-
führungen gemacht . Der Kollege Lindner hat darauf
hingewiesen . Jürgen Trittin hat das sehr vernünftig dar-
gelegt .

Sie wollten doch ein UN-Mandat nach Kapitel VII der
UN-Charta . Das ist doch Ihr Wille gewesen . Wenigstens
dieser Logik muss man doch folgen . Aber es gibt diesen
Beschluss nicht . Dafür muss es doch Gründe geben . Viel-
leicht gibt es Gründe dafür, dass es ihn nicht gibt . Wenn
das so ist, dann sind mindestens Nachfragen gestattet .

Wir werden das von Fachleuten – auch ich bin kein
Fachmann – prüfen lassen und werden sehen, wie wir zu
diesem Mandat stehen . Es scheint mir zumindest auf sehr
wackligen Füßen zu stehen .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Eine Frage sei mir noch gestattet: Was haben Sie ei-
gentlich aus den anderen Bundeswehreinsätzen gelernt?


(Zuruf von der LINKEN: Nichts!)


Ich will an die Debatte von damals – ich war schon
dabei – erinnern, als es um den Afghanistan-Einsatz ging .
Es wurde heftig debattiert . Fakt ist – das müssen wir heu-

te doch gemeinsam konstatieren –: Zehntausende zivile
Opfer, über 50 tote Bundeswehrsoldaten, und der Terror
hat weiterhin in Afghanistan eine Adresse . Die Taliban
sind auf dem Vormarsch . Alle gesteckten Ziele sind nicht
erreicht worden .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


Da sollten wir gemeinsam sehr nachdenklich werden .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Denken Sie an die vielen Schulen, die geschaffen worden sind, und daran, dass Mädchen in die Schule gehen können!)


Sie sollten aus diesem Einsatz lernen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


– Wissen Sie, ich kann die Aufregung ein bisschen ver-
stehen .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist überhaupt keine Aufregung! Wir wollen nur Ihre fehlerhafte Rede korrigieren!)


Aber das Thema ist viel zu ernst; denn wir alle ge-
meinsam gehen nicht dorthin, sondern wir schicken Sol-
datinnen und Soldaten dorthin . Da ist ein etwas höheres
Maß an Seriosität gefragt .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Gerade von Ihnen! Haha!)


Ich will damit schließen, dass die entsetzlichen Atten-
tate von Paris weltweit junge Menschen auf die Straßen
gebracht haben, die mehr Offenheit und mehr Demokra-
tie gefordert haben . Sie wollen eine zivilisierte Antwort
auf den Terror .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Aber wir beraten heute über den Einsatz der Bundeswehr .

Wir sagen Nein zu diesem Mandat, wir sagen Nein
zum Krieg gegen den Terror .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814203400

Vielen Dank, Dietmar Bartsch . – Guten Tag, lie-

be Kolleginnen und Kollegen! Guten Tag, liebe Gäste!
Bienvenue chers collègues!

Nächste Rednerin in der Debatte ist die Bundesminis-
terin Dr . Ursula von der Leyen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Dietmar Bartsch

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13887


(A) (C)



(B) (D)


Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:

Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Chers amis français! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Lieber Herr Bartsch, Sie haben das
eben als ein Abenteuer bezeichnet, in das wir die Solda-
tinnen und Soldaten schicken .


(Zuruf von der CDU/CSU: Unmöglich!)


Ich empfinde das als unmöglich. Das ist bitterer Ernst.
Das ist kein Abenteuer .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Diese Bundesregierung treibt Hasardeurspiele auf Kosten der Menschen!)


Sie haben zu Recht die grauenvollen Taten geschil-
dert, die der IS anrichtet . Sie haben zu Recht geschildert,
wie die Jesiden abgeschlachtet worden sind, wie Frauen
und Kinder auf den Basaren jeden Freitag in dem vom
IS eroberten Gebiet verkauft werden . Sie haben nicht er-
wähnt – aber auch das gehört dazu – die Massengräber,
die jetzt in Sindschar gefunden worden sind: 120 Tote
in dem sechsten Massengrab, vorwiegend ältere Frau-
en, weil der IS sie nicht mehr gebrauchen konnte . Wenn
ich mir diese Gedankenwelt vor Augen führe und Sie
dann sagen – zu Recht –, man müsse diesen Barbaren
das Handwerk legen, dann erwarte ich auch, dass Sie sa-
gen, wie . Dazu haben Sie kein einziges Wort gesagt, kein
einziges Wort . Sie werden mit dem IS nicht einfach nur
verhandeln können .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zuruf von der LINKEN: Flinten-Uschi!)


Es gibt noch einen weiteren Punkt, der mich wirklich
ärgert . Wenn Sie hier sagen – zu Recht –, dass es eine
perfide Propaganda des IS ist, das als Kreuzzug gegen
alle Muslime zu bezeichnen, und uns dann gleichzeitig
sagen, wir müssten aufpassen, dass wir diese nicht auch
noch nähren, dann gehen Sie doch genau dieser Propa-
ganda auf den Leim . Sie überhöhen sie doch, Sie tragen
sie doch ins Land hinein . Wir kuschen davor nicht .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg . Dr . Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Abg . Christine Buchholz [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814203500

Frau Ministerin .

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:

Meine Damen und Herren, dieses Mandat zu erteilen,
fällt uns nicht leicht . Es ist eine schwere Entscheidung .
Wir werden einen langen Atem brauchen, und es ist ein
gefährlicher Einsatz .

Wir tun das auch in Solidarität mit unseren französi-
schen Freunden, weiß Gott, aber nicht nur; es ist auch in
unserem eigenen Interesse . Paris hat uns doch gezeigt,
dass wir längst im Fadenkreuz des IS stehen; machen wir

uns da doch nichts vor . Es sind die Kreuzfahrernationen,
die bei den Anschlägen während des deutsch-französi-
schen Fußballspiels angesprochen gewesen sind . Die
Aussage des IS war doch eindeutig: Ihr sollt euch nir-
gends mehr sicher fühlen, weder in den Fußballstadien
noch in den Cafés, in den Theatern, den Museen, am
Strand, in Flugzeugen oder Zügen . Aber, meine Damen
und Herren, das ist auch eine klare Ansage und Antwort
darauf: Wir lassen uns nicht einschüchtern! Wir lassen
uns unsere freie Art, zu leben, nicht nehmen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich erinnere mich noch sehr gut, welche Debatten wir
im vergangenen Jahr an dieser Stelle hier geführt haben
mit Blick auf das Irakmandat: Kann es richtig sein, von
der Regel abzuweichen, Waffen in Konfliktgebiete zu
entsenden? Was für einen Nutzen hat die Ausbildung der
Peschmerga? Sind sie überhaupt in der Lage, den IS zu
bekämpfen? Das waren und sind alles berechtigte Fra-
gen; gar kein Zweifel .

Wir haben uns damals entschlossen, diesen Schritt zu
gehen, den uns viele übrigens nicht zugetraut haben . Ich
höre heute fast niemanden mehr, der noch am Sinn der
Unterstützung der Peschmerga zweifelt . Sie haben ihr
Gebiet zurückerobert . Sie haben den IS gestoppt . Sie ha-
ben Millionen Flüchtlingen Zuflucht gegeben: 1,5 Milli-
onen Flüchtlinge leben im Gebiet der Kurden, die selbst
dort nur 5 Millionen sind . Sie haben dem IS – ja, auch
dank der MILAN – empfindliche Verluste zugefügt. Die
Peschmerga haben sich als die wirksamsten Bodentrup-
pen herausgestellt .

Heute ist klar, dass Deutschland zu Recht von Beginn
an die Koalitionen gegen den Terror unterstützt hat, und
zwar nicht nur militärisch, sondern auch politisch . Es war
eine richtige Entscheidung .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg . Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


Deshalb gilt es, heute zu handeln . Ich bin dem Au-
ßenminister dankbar, dass er den politischen Prozess,
der von vorneherein auch im Irak da war, ausführlich
geschildert hat . Von vorneherein war das Bestreben – es
ist bisher erfolgreich gewesen –, diesen fragilen Irak in
seiner Einheit zusammenzuhalten . Sunniten, Schiiten,
Kurden – von vorneherein hat Deutschland die Stabili-
sierungsbemühungen, wenn Gebiete zurückerobert wor-
den sind, unterstützt . Tikrit ist wieder erobert worden .
Deutschland ist dort gewesen und hat den Wiederaufbau,
die Versöhnungsarbeit nach dem militärischen Einsatz
unterstützt . Meine Damen und Herren, man kann nicht
behaupten, dass das hier nur eine militärische Aktivität
sei . Diese Aktivität ist eingebettet in einen sinnvollen po-
litischen Prozess, und dafür stehen wir mit ganzer Kraft .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Auch dieser zusätzliche Beitrag ist sinnvoll . Es eilt .
Wir müssen eine entschlossene Antwort auf das, was
in Paris geschehen ist, geben . Unsere Fähigkeiten wer-
den dringend gebraucht . Man kann gar nicht genügend
Aufklärung in diesem Gebiet leisten . Wir haben ja einen
doppelten Auftrag: Ja, er ist einerseits die Bekämpfung

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513888


(A) (C)



(B) (D)


des IS; das muss man auch so klar aussprechen, mit al-
ler Konsequenz . Aber es gilt genauso, am Boden Zivi-
listen zu schützen, die, die auf unserer Seite kämpfen,
zu schützen . Das heißt, man muss stündlich, minütlich
eine genaue Kenntnis über das, was am Boden in einem
unübersichtlichen Gebiet geschieht, haben . Deshalb sind
die Fähigkeiten der Satellitentechnik und der Recce-Tor-
nados sinnvoll und richtig . Auch die Fregatte ist ein
starkes Zeichen der Solidarität an unsere französischen
Freundinnen und Freunde .

Die vielen Fragen, die gestellt werden, sind legitim –
das will ich ganz deutlich in den Raum stellen –; aber ich
glaube, wir sind an einem Punkt, an dem wir uns sagen
müssen: Nicht nur durch Handeln kann man sich schul-
dig machen, sondern auch durch Nichthandeln kann man
schwere Fehler begehen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Wer will denn das?)


Legitim ist auch die Frage: Kann die Bundeswehr,
kann Deutschland diesen Kampf aufnehmen? Überneh-
men wir uns nicht an einer hochkomplexen, gefährlichen
Aufgabe, an der schon weit größere Länder zu scheitern
drohten? Auch viele andere Länder nehmen dies auf sich .
Sie sind bereits zu Lande, zu Wasser, aus der Luft gegen
den IS vorgegangen, und sie leisten damit einen Beitrag
zum Gelingen des Ganzen . Das ist ein weltweiter Kampf
gegen den IS und dessen Phänomene . Die Niederlan-
de, Belgien, Großbritannien, Italien, Dänemark, Frank-
reich – keines der genannten Länder hat es sich leicht
gemacht . Ja, es ist schwer, ja, es braucht Courage – von
uns allen hier im Hohen Hause, aber auch von den Solda-
tinnen und Soldaten, die wir in diesen Einsatz schicken
werden . Meine Damen und Herren, ich glaube, das Hohe
Haus ist gemeinsam der Meinung: Es hat unseren hohen
Respekt und unsere Anerkennung, wie die Soldatinnen
und Soldaten im Einsatz für uns diese Leistung meistern .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Viele der genannten Länder haben diese Risiken und
Anstrengungen schon seit geraumer Zeit auf sich genom-
men . Deutschland ist fest verankert in seinen Bündnis-
sen . Es ist ein verlässlicher Partner . Zuverlässig zeigen
wir Solidarität . So wie wir Solidarität einfordern, so müs-
sen wir sie auch leisten, auch in schwierigen Zeiten, auch
militärisch .

Wegen der Behauptung, es gäbe kein Ziel, wiederhole
ich hier, was ich schon in der Befragung der Bundesregie-
rung gesagt habe: Unser Ziel nennt die Resolution 2249
sehr klar, nämlich den IS bekämpfen – mit allen Mitteln .
Dazu gehört das Militärische . Dazu gehört aber vor allem
der politische Prozess . Dazu gehört der wirtschaftliche
Prozess, nämlich die Finanzströme trockenzulegen; das
hat der Gipfel von Antalya mit sich gebracht . Es geht da-
rum, dem IS die Rückzugsräume zu zerstören . Es geht
darum, zu verhindern, dass er von Syrien und Irak aus
weiterhin auch terroristische Operationen weltweit steu-
ern kann .

Aber es geht noch um mehr . Es geht darum, den politi-
schen Einigungsprozess, den Versöhnungsprozess in Sy-
rien und Irak vorzubereiten – für die Zeit nach IS, wenn
wir IS erfolgreich bekämpft haben; denn die Menschen,
die dort vor dem IS gelebt haben, haben in der grauen-
haften Zeit der letzten Jahre tiefe Narben erlitten, weil
zwischen Ethnien, die bis dahin friedlich zusammen-
gelebt haben, Verletzung, Enttäuschung, Verrat stattge-
funden haben . Wir werden auch die Versöhnungsarbeit
mit begleiten . Nachdem wir den militärischen Kampf
geschlagen haben werden, kommt eigentlich die echte
Bewährungsprobe auf uns zu: wie es in Syrien und Irak
weitergeht .


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Nachher ist es zu spät!)


Unser Ziel ist, daran zu arbeiten, dass wir – dazu ist
die Welt aufgefordert – den IS bekämpfen: nicht nur
militärisch – aber auch –, sondern dies auch politisch,
humanitär und wirtschaftlich flankieren, indem wir seine
Öleinnahmen und andere Finanzquellen versiegen las-
sen. Die Gedankenwelt des IS ist teuflisch; ich glaube,
darüber besteht gar kein Zweifel in diesem Hohen Haus .
Wir müssen ihn bekämpfen, und wir wollen ihn bekämp-
fen . Dazu soll dieses Mandat einen Baustein nur, aber
einen wichtigen Baustein liefern, und dafür bitten wir um
Ihre Zustimmung .

Danke schön .


(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814203600

Vielen Dank, Frau Dr . von der Leyen . – Das Wort zu

einer Kurzintervention hat Christine Buchholz .


Christine Buchholz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814203700

Vielen Dank . – Frau von der Leyen, es gehört zur De-

magogie von Kriegsreden,


(Beifall des Abg . Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE] – Widerspruch bei der CDU/CSU)


denjenigen, die den Krieg ablehnen, zu unterstellen, sie
hätten keine Antworten . Wenn Sie Herrn Bartsch zuge-
hört hätten, wüssten Sie: Natürlich – das ist ganz klar –
gibt es Antworten im Kampf gegen den IS .


(Beifall bei der LINKEN – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Welche denn? Welche hat er gegeben? Keine einzige! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Welche denn?)


Schauen wir, was die US-Regierung gesagt hat, ein
Jahr nachdem sie die Bombardierung von IS-Stellungen
in Syrien und Irak begonnen hat . Sie hat gesagt: Es wur-
den IS-Kämpfer getötet, aber die Gesamtzahl ist gleich
geblieben . – Das heißt, durch die Bombardierung wurde
der IS nicht geschwächt, sondern er wurde letztendlich
politisch gestärkt .


(Zuruf von der CDU/CSU: Ist das die Antwort?)


Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13889


(A) (C)



(B) (D)


Zugleich hat das zu massiven Vertreibungen und Flucht
sowie zu zivilen Opfern geführt . Darüber müssen wir
hier auch reden .

Ich frage mich, ob Sie, wenn Sie die Bilder für die
Bomben liefern wollen, die in den nächsten Wochen und
Monaten auf Syrien, auf Rakka, auf andere Städte gewor-
fen werden, nicht tatsächlich einen Beitrag dazu leisten,
dass der IS Unterstützung erhält, sowohl in Syrien und
im Irak als auch von denen, die ihm in Europa zugehören,
oder ob das tatsächlich ein Beitrag zum Frieden ist .

Wir sind der Auffassung: Mit Krieg, mit Bomben kann
man keinen Terror bekämpfen .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja, wir haben es gehört! – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Aber kein Rezept angeboten! Wo ist Ihr Rezept?)


Ich möchte, dass Sie sich hier dazu auch einmal positi-
onieren und uns nicht pauschal unterstellen, wir hätten
keine Antworten . Die haben wir . Sie haben die falschen .


(Beifall bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814203800

Frau Ministerin, Sie haben jetzt die Möglichkeit, zu

antworten .


(Zuruf: Aufstehen!)


– Ja, sie bleibt selbstverständlich während der Antwort
stehen .


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist doch egal!)


Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der
Verteidigung:

Frau Buchholz, habe ich eben meinen Ohren getraut,
dass Sie tatsächlich insinuieren, die Flüchtlingsströme
aus Syrien und dem Irak kämen wegen des Kampfes ge-
gen den IS, den wir gemeinsam leisten? Ich höre wohl
nicht richtig!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Hat sie nicht gesagt!)


Die Flüchtlinge fliehen vor dem IS. Die Flüchtlinge sind
vor dem Bürgerkrieg geflohen, der in Syrien stattfindet,
nicht davor, dass wir gegen den IS kämpfen .


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Selektive Wahrnehmung!)


Zweiter Punkt . Sie haben uns eben versucht, zu zeigen,
wie man den IS stoppen kann . Ich habe aber nichts dazu
gehört, was dieses Massakrieren der Menschen, das uns
der IS vorführt, stoppen könnte . Würden Sie das, was Sie
eben als Strategie geäußert haben, tatsächlich den Jesi-
den ins Gesicht sagen: So hätte man den versuchten Mas-
senmord an den Jesiden stoppen können? – Dann wären
die Jesiden aber weiß Gott aufgeschmissen gewesen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Das war die PKK, die die rausgeholt hat, nicht Sie! Ein Glück, dass die das gemacht hat!)


Ich glaube, es ist richtig, gelegentlich zu handeln,
auch wenn es schwerfällt .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814203900

Die nächste Rednerin in der Debatte ist Katrin Göring-

Eckardt für Bündnis 90/Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Krieg in Syrien tobt seit fast fünf Jahren . Man könn-
te viel sagen über versäumte Chancen, über die Breite
und Unschärfe roter Linien, über das Versagen der Staa-
tengemeinschaft, über Nichtwahrnehmen, Nichthandeln,
über Schutzverantwortung und andere Versäumnisse .
Schlicht: Man könnte viel darüber sagen, warum wir ge-
nauso lange nicht richtig hingeschaut haben, als kaum
Flüchtlinge aus Syrien bei uns ankamen .

Syrien ist eine Chiffre geworden für eine Vielzahl von
Dilemmata . Es ist eine Chiffre geworden für die Abwe-
senheit von einfachen Antworten, für die Abwesenheit
von einfachen Wahrheiten .

Ich stehe hier nicht mit der Attitüde derjenigen, die al-
les besser wissen oder schon immer gewusst haben . Aber
was ich von Ihnen verlange, ist die Wahrheit über die Si-
tuation und Klarheit über die Linie, Frau von der Leyen .
Schon der Zickzackkurs in Bezug auf die Beteiligung der
Regierungstruppen von Assad ist doch alles andere als
eine echte Vertrauensgrundlage .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn man sagt, dass es nicht einfach ist, Antworten
zu geben, Herr Steinmeier, dann ist es wirklich bodenlos,
uns vorzuwerfen, unsere Motivation sei ein möglicher
Anschlag in Deutschland . Nein, wir reden gerade über
Verantwortung, und das wissen Sie ganz genau .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit den Anschlägen in Ankara, in Bagdad, in Beirut,
in Tunis und in Paris haben wir die grauenvolle Gewiss-
heit, dass die mörderische Ideologie des IS, von Da'isch,
ihren Weg über seinen unmittelbaren Herrschaftsbe-
reich hinaus nach Europa gefunden hat . Sie ist nicht mit
Schlauchbooten und überfüllten Zügen zu uns gekom-
men, wie die Menschen, die vor der grauenvollen Ideolo-
gie und den fürchterlichen Auswirkungen geflohen sind.
Nein, sie ist durch Websites, durch Videos in die Köpfe
derer gekommen, die hier mit Maschinengewehren und
Sprengstoffgürteln gegen unsere europäischen Werte
kämpfen wollen .

Radikale Auslegungen des Islam wie der Wahhabis-
mus verbreiten sich weltweit mithilfe von Sponsoren
aus Saudi-Arabien und Katar, die zwar gute Wirtschafts-
beziehungen zu Europa pflegen – das muss sich Herr
Gabriel anhören –, aber mit ihren Gewinnen genau das

Christine Buchholz

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513890


(A) (C)



(B) (D)


ideologische und materielle Fundament für diesen unsin-
nigen Terror liefern, meine Damen und Herren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg . Dr . Sascha Raabe [SPD])


Syrien ist, genau wie der Irak, zu einem Ort geworden,
in dem das machtpolitische Vakuum von diesem Terror-
netzwerk gefüllt worden ist – ein Terrornetzwerk, das
beide Teile seines selbst gewählten Namens in grausamer
Weise pervertiert, nämlich Islam und Staat . Beides ist es
nicht, und beides wird auf diese Art und Weise perver-
tiert .

Meine Damen und Herren, nach den brutalen Terror-
anschlägen haben unsere Partner in Paris unsere Solidari-
tät verdient . Der Anschlag galt uns und unseren gemein-
samen Werten . Es ist alles andere als leicht, hier zu stehen
und einem Mandat nicht zustimmen zu können, von dem
behauptet wird, es sei die Ausfüllung dieser Solidarität .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ISIS muss militärisch bekämpft werden; da sind wir
mit Ihnen einig . Wir sind uns wahrscheinlich auch einig,
wenn wir sagen: Besiegt werden kann er nur politisch
und ökonomisch . Militärisch? Ja . Aber wie und von wem
und mit welcher Strategie? Darauf haben Sie noch immer
keine Antwort gegeben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auf die erste Frage haben Sie eine schlechte Antwort
gegeben . Ihre schlechte Antwort lautete, es gäbe Angriffe
aus der Luft und unsere Verbündeten wären Putin und der
Massenmörder Assad, die wir irgendwie, aber in jedem
Fall einbinden wollten . Das sind aber zwei Verbündete,
deren Feind mitnichten zuerst ISIS, sondern die syrische
Opposition ist . Kommt Ihnen das nicht völlig schräg vor?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Ergebnis wird doch sein, dass Assad gestärkt wird .
Sie meinen, man müsse endlich mit ihm reden . Aber was
passiert denn bitte schön seit vielen Jahren? Was tut denn
Staffan de Mistura? Das Ergebnis dieser Gespräche ist zu
sehen . Stabilität jedenfalls ist es nicht . Wem genau hilft
denn diese Partnerschaft?

Herr Bartsch, dies geht an Ihre Adresse: Davon zu
reden, dass der Westen gegen die Muslime kämpft, und
die Rolle Putins und Russlands dabei vollkommen auszu-
blenden, ist weder ehrlich noch hat das irgendetwas mit
einer echten Strategie zu tun .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Während andere schon am Wochenende mit einem
einfachen Nein oder einem bedingungslosen Ja ent-
schieden haben, haben wir das vorliegende Mandat sehr
bewusst ausgiebig geprüft und debattiert . Ich kann nur
sagen: Sie haben uns nicht überzeugt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Niels Annen [SPD]: Sie uns auch nicht!)


Die Zweifel an der völkerrechtlichen Grundlage blei-
ben . Vor allem aber können Sie die zentralen Fragen über
diesen Einsatz nicht beantworten: Unter welchen Bedin-

gungen wird der Einsatz denn wieder beendet? Wie soll
ISIS wirklich verdrängt werden? Wer schließt das Vaku-
um am Boden, nachdem ISIS aus diesen Gebieten verjagt
worden ist? Wer genau sind eigentlich unsere Partner am
Boden, und wie stabilisieren und unterstützen wir sie?
Welche Ziele verfolgen Sie konkret mit diesem Einsatz?

Sie sprechen von einer Allianz von 64 Staaten; Sie
haben das bei der Befragung der Bundesregierung eben
noch einmal gesagt . Was Sie nicht sagen, ist, dass die-
se Akteure völlig unterschiedliche Ziele verfolgen . Herr
Erdogan behauptet, ISIS zu bekämpfen, bekämpft aber
die Kurden, die ihrerseits den IS bekämpfen . Wladimir
Putin bekämpft zuallererst die Freie Syrische Armee
rund um den Stützpunkt Latakia und hält seine schüt-
zende Hand über den Schlächter Assad . Russland hat
in diesem Krieg bereits Fakten geschaffen . Es stellt die
Luftwaffenbasis für Assads Bodentruppen und hat an der
Grenze zur Türkei faktisch eine Flugverbotszone errich-
tet . Wie wollen Sie bitte sicherstellen, dass die von den
deutschen Tornados gewonnenen Informationen nicht
über Putin dann auch bei Assad landen? Darauf gibt es
bis heute keine Antwort .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Frage lautet: Mit wem, für wen und mit welchem
Ziel?

Sie sagen, Sie hätten eine Koalition der Willigen . Nur:
Der Wille in dieser Koalition ist sehr unterschiedlich .
Das Rumeiern in puncto Kooperation mit Assad oder sei-
nen Truppen bedient doch die Rekrutierungspropaganda
von ISIS . Damit werden die Sunniten in die Arme von
ISIS getrieben . Das können wir nicht wollen . Das können
wir alle nicht wollen, meine Damen und Herren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das gilt übrigens auch für die Linken . Frau
Wagenknecht hat am Wochenende erst einmal reflexar-
tig Nein gesagt, dann aber, dass die Zusammenarbeit mit
Russland und Assad begrüßt werden müsse .


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Richtig!)


Wer Assad für das kleinere Übel hält, muss die Frage
beantworten, wie er es denn mit den beschlossenen und
nicht umgesetzten UN-Resolutionen hält, die ein Ende
des Abwurfs von Fassbomben und die Einrichtung von
humanitären Zugängen fordern . Diese Frage wird in die-
sen Tagen überhaupt nicht gestellt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer von Realpolitik reden will, der muss auch rea-
listisch sein . Glauben Sie denn im Ernst, ein Flüchtling
kehrt in ein Syrien zurück, in dem Assad und seine Scher-
gen eine Rolle spielen? Es bleibt dabei: Wer ISIS und die
Islamisten wirklich demoralisieren will, der muss ihrer
Ideologie den Boden entziehen . Dort, wo sie verbreiten,
wie schrecklich und abgründig das Leben im Westen
ist, dort, wo sie behaupten, dass Menschen, die Musli-
me sind, hier schlecht behandelt werden, setzen wir hier
eine Kultur von Willkommen und Integration entgegen .
Nein, das ist nicht radikalpazifistisch, das ist auch nicht
die andere Wange, die man hinhält, das ist der härteste
Kurs gegen ISIS, den wir fahren können, meine Damen

Katrin Göring-Eckardt

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13891


(A) (C)



(B) (D)


und Herren . Wenn Sie sich anschauen, was die im Inter-
net verbreiten, dann sehen Sie, dass genau diese Position
gestützt wird .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Sabine Leidig [DIE LINKE])


Wir müssen fragen, was dieses aktionistische militä-
rische Eingreifen zu diesem Zeitpunkt für den in Wien
aufgestellten Fahrplan der Friedensgespräche bedeutet .
Wenn Sie schon nicht mehr über türkische und russische
Innenpolitik reden wollen, dann bitte ich Sie, doch we-
nigstens klarzumachen, wie deutlich wir die Umsetzung
von Minsk II in der Ukraine weiterhin einfordern, meine
Damen und Herren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Außenminister, zum Schluss: In
unserer Fraktionssitzung am Donnerstag haben Sie uns
über die Pläne der Bundesregierung informiert . Sie ha-
ben zwei Fragen genannt, anhand derer wir heute über
dieses uns nun vorliegende Mandat entscheiden sollen .
Sie haben die Fragen gestellt: Können wir das leisten?
Halten wir es für verantwortbar?

Die erste Frage ist vermutlich mit Ja zu beantworten .
Die entsprechenden Fähigkeiten sind vorhanden; hof-
fentlich auch die Ersatzteile .

Es ist die zweite Frage, die bei unserer Entscheidung
viel schwerer wiegt: Halten wir es für verantwortbar?
Selbst wer die rechtlichen Bedenken beiseiteschieben
wollte – das wollen wir nicht – oder die Rechtsgrundlage
für tragfähig halten mag – das sagen Sie –, kommt nicht
umhin, festzustellen, dass es mehr Fragen als Antworten
gibt . Niemand will den Feinden der Freiheit und den An-
griffen auf unsere Werte und unser Leben tatenlos zuse-
hen . Aber Handeln ohne Perspektive, ohne Idee über das
Danach, mit Deals zulasten Dritter und zulasten derer,
die in Syrien unter ISIS leben und leiden, aber vor allem
unter Assad, nein, das ist nicht verantwortlich, das ist zu-
erst einmal hilflos.

Für die Solidarität mit Frankreich gilt auch: Es braucht
eine langfristige Strategie . In diese können Einsätze ein-
gebunden sein, auch militärische Einsätze, aber mit Part-
nern, mit denen man es verantworten kann . Sie machen
einen Einsatz, der kopflos ist, der planlos ist. Am Ende
besteht die Gefahr, dass er das Gegenteil dessen bewirkt,
was er bewirken soll . Deswegen bitte ich Sie sehr darum,
sich zu überlegen, ob dieser Einsatz wirklich das Ziel
verfolgt, ISIS zu bekämpfen, oder ob er kontraproduktiv
ist, meine Damen und Herren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Sabine Leidig [DIE LINKE])



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814204000

Vielen Dank, Katrin Göring-Eckardt . – Der nächste Red-
ner: Jürgen Hardt für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Jürgen Hardt (CDU):
Rede ID: ID1814204100


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Da ich die Hoffnung nicht ganz aufgegeben habe, dass
bei den Grünen der eine oder andere noch mit sich ringt,
möchte ich ganz konkret auf Sie, liebe Frau Kollegin
Göring-Eckardt, antworten .

Die Frage, die Sie zu Anfang und zum Ende Ihrer Rede
gestellt haben, nämlich, mit wem wir mit diesem Mandat
gegen den IS kämpfen, ist ganz klar zu beantworten: mit
unseren Freunden aus Frankreich, mit den französischen
Streitkräften . Der französische Präsident hat uns um Hil-
fe und Unterstützung gebeten . Deshalb stehen wir Frank-
reich zur Seite, sowohl im Mittelmeer, wo der Flug-
zeugträger unterwegs ist, als auch durch Luftbetankung
und durch Zurverfügungstellung von Aufklärungsdaten .
Deswegen ist diese Frage meines Erachtens doch recht
einfach zu beantworten .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dann möchte ich noch einen Gedanken mit Ihnen tei-
len . Die Grünen stellen die völkerrechtliche Grundlage
für diesen Einsatz infrage . Wesentliches Element dieser
völkerrechtlichen Grundlage ist unserer Meinung nach
die UN-Resolution 2249 . Sie ist am 20 . November im
Wesentlichen dadurch zustande gekommen, dass der
französische Staatspräsident mit großem Verhandlungs-
und Vermittlungsgeschick dafür gesorgt hat, dass diese
Resolution von allen fünf Vetomächten des Sicherheits-
rates mitgetragen wird . Wenn Sie sagen, dies ist keine
ausreichende Grundlage für unsere von Frankreich ge-
forderte Unterstützung, sagen Sie auch, dass der fran-
zösische Staatspräsident es nicht vermocht hat, die not-
wendige Unterstützung bei den Vereinten Nationen zu
bekommen . Das kann man machen . Das muss man aber
insbesondere dann nicht machen, wenn es eine genügend
solide Rechtsgrundlage gibt . Es gibt Rechtsauffassun-
gen, nicht zuletzt die des Wissenschaftlichen Dienstes
des Bundestages, die besagen, dass diese Rechtsgrund-
lage eindeutig ist . Ich würde Sie wirklich bitten, auch im
Zeichen der Solidarität, diese filibusterartig vorgetrage-
ne, beckmesserische, seminarmäßig differenzierte Be-
trachtung der Rechtsfrage hintanzustellen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dann möchte ich, liebe Frau Kollegin Göring-Eckardt,
auch die Frage nach den Daten beantworten . Wir haben
das vorhin im Auswärtigen Ausschuss ausführlich dis-
kutiert . Wir entscheiden darüber, was mit unseren Daten
geschieht . Wir geben keine Streams der Daten an das ent-
sprechende Hauptquartier der Streitkräfte weiter, sondern
wir entscheiden über die Nutzung . Deswegen können wir
auch ausschließen, dass diese Daten in russische Hän-
de gelangen . Wir können damit auch ausschließen, dass
sie über russische Kanäle an Assad weitergehen . Diese
Sorge würde ich Ihnen gerne an dieser Stelle nehmen .


(Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Und die Türkei? Die Türkei ist auch interessant!)


Katrin Göring-Eckardt

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513892


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– Auch die Türkei wird verantwortungsvoll mit diesen
Daten umgehen .


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch nicht im Ernst! Das ist doch absurd, wirklich absurd!)


– Selbstverständlich wird unser NATO-Partner Türkei
verantwortungsvoll mit diesen Daten umgehen . Wir wer-
den natürlich keine Daten übermitteln, die im Kampf ge-
gen den IS nicht benötigt werden .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814204200

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder

-bemerkung von Herrn Gehrcke?


Jürgen Hardt (CDU):
Rede ID: ID1814204300

Herr Gehrcke, bitte schön .


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814204400

Herzlichen Dank, Herr Kollege . Danke, Frau Prä-

sidentin . – Ich will mich nur vergewissern, ob ich das
richtig gehört habe – ob ich es richtig verstanden habe,
ist dann eine andere Frage . Sie haben gesagt, die Türkei
werde mit den Daten verantwortungsvoll umgehen . Das
kann man im Protokoll nachlesen . Das heißt aber, dass
die Türkei die Daten, die von den deutschen Recce-Tor-
nados erhoben werden, erhält .


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Nein!)


Wie sie dann damit umgeht, ist eine ganz andere Frage .
Im Auswärtigen Ausschuss ist betont worden, die Türkei
bekomme diese Daten nicht .


(Florian Hahn [CDU/CSU]: So ist es!)


Ich bitte Sie, mir zu sagen: Habe ich Sie falsch verstan-
den?


Jürgen Hardt (CDU):
Rede ID: ID1814204500

Lieber Herr Kollege Gehrcke, ich habe gerade in den

letzten Sätzen meiner Ausführungen gesagt, dass wir da-
rüber bestimmen, welche Daten weitergegeben werden,
und dass wir nur Daten weitergeben, die im Kampf gegen
den IS notwendig sind . Insofern gibt es nicht das Pro-
blem, das Sie vielleicht vermuten, nämlich dass eine an-
dere Nation mit diesen Daten Schindluder treiben könnte .
Das können wir mit hinreichender Sicherheit ausschlie-
ßen . Diese Frage ist meines Erachtens ausreichend und
befriedigend beantwortet .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Mandat ist angemessen und effektiv . Wir haben
mit unseren Tornados Aufklärungsmöglichkeiten, die so
in der NATO relativ einzigartig sind . Deswegen sind sie
auch erforderlich, damit man den Kampf gegen den IS
sorgfältig führen kann . Wir haben bereits im Afghanis-
tan-Einsatz bewiesen, dass diese Daten ausgesprochen
sinnvoll sind und wir damit entsprechend einen Beitrag
leisten können .

Wir haben mit unseren Luftbetankungskapazitäten Fä-
higkeiten, die innerhalb der Europäischen Union und der
NATO ebenfalls nicht alle Nationen haben . Wir haben
das Verfahren bereits mit den Franzosen mit Blick auf
den Mali-Einsatz geübt . Auch die Luftbetankung ist also
ein wesentlicher, substanzieller Beitrag .

Der Schutz des französischen Flugzeugträgers
„Charles de Gaulle“ durch eine Fregatte der Deutschen
Marine – vermutlich wird es die Fregatte „Augsburg“
sein – ist angesichts dessen, dass Flugzeugträger immer
im Verbund operieren, zum Schutz der entsprechenden
Einheiten, ebenfalls ein wichtiger Beitrag zur Entlastung
unserer Partner . Die Fregatte „Augsburg“ hat bereits bei
der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ihre Leis-
tungsfähigkeit unter Beweis gestellt .

Warum machen wir diesen Einsatz jetzt? Weil es drei
konkrete Gründe gibt, die in den letzten Wochen im
Kampf gegen den IS neu hinzugekommen sind: erstens
die Bitte Frankreichs, Frankreich im Kampf gegen den
IS zu unterstützen, zweitens die UN-Resolution 2249,
mit der alle UN-Mitgliedstaaten ganz klar aufgefordert
werden, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen,
um den IS zu bekämpfen und drittens der auf der Wiener
Konferenz vereinbarte Friedensprozess für Syrien .

Durch die Gespräche unter gemeinsamer Leitung der
Vereinigten Staaten von Amerika und der Russischen
Föderation, vertreten durch die beiden Außenminister
Kerry und Lawrow, und unter Einbeziehung des Iran und
Saudi-Arabiens ist ein Prozess in Gang gekommen, den
wir noch vor wenigen Wochen nicht für möglich gehal-
ten hätten . Dieser Prozess mündet nun unter Führung
Saudi-Arabiens in eine ganz konkrete Konferenz mit den
Kräften der syrischen Opposition . Ich erwarte, dass er in
eine Friedenskonferenz münden wird .

Der syrische Friedensprozess darf jedoch nicht da-
durch gefährdet werden, dass sich der IS in Syrien immer
weiter ausbreitet und die Kräfte, die sich in Syrien gegen-
überstehen, auch von dieser Seite in Bedrängnis geraten .
Die Beteiligung Deutschlands an diesem Einsatz ist eine
ganz wesentliche Voraussetzung dafür, dass der in Wien
angestoßene Friedensprozess für Syrien zu einem guten
Erfolg geführt werden kann . Das ist ein wichtiges Ziel
des Einsatzes .

Ich mache mir keine Illusionen, dass wir durch die
Unterstützung von Luftschlägen den IS zerstören kön-
nen . Ich glaube aber, dass sie ein wichtiger Beitrag zur
Eindämmung des IS ist, damit sich die beiden Optionen,
die wir haben – Bekämpfung des IS durch die Peschmer-
ga und Befriedung Syriens –, in den nächsten beiden Mo-
naten positiv entfalten können .

Die Bekämpfung des IS durch die Peschmerga erfolgt
in, wie ich finde, sehr beeindruckender Art und Weise
mit deutscher Unterstützung . Die Ministerin hat darauf
hingewiesen, dass es wahrscheinlich eine unserer klügs-
ten Entscheidungen in diesem Bereich war, über unseren
Schatten zu springen und das Mandat für die Unterstüt-
zung der Kurden im Norden des Irak einzuleiten . Wir
sollten den eingeschlagenen Weg fortsetzen . Ich erwarte,
dass wir in den nächsten Wochen über eine entsprechen-

Jürgen Hardt

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13893


(A) (C)



(B) (D)


de Verlängerung und Ausweitung des Mandats reden
werden .

Die Eindämmung des IS auf syrischem Boden zu be-
fördern, das ist eine der ganz zentralen Voraussetzungen
für den syrischen Friedensprozess . Wenn es uns nicht
gelingt, Frieden in Syrien herzustellen, dann werden wir
auch keinen erfolgreichen Kampf gegen den IS führen
können . Denn der IS wird dann im Zweifel nach Syrien
ausweichen können .

Meiner Fraktion und mir ist ganz wichtig, dass der mi-
litärische Einsatz, sowohl die Unterstützung der Pesch-
merga im Norden des Irak als auch das neue Anti- IS-
Mandat, nur eine Komponente unseres Bemühens sein
kann . Die zivile Dimension wird umso wichtiger . Die zi-
vile Dimension wird durch den Militäreinsatz allerdings
auch befördert .

Ich habe bereits über den Wiener Prozess und über
die Notwendigkeit, dass der IS niedergehalten wird, ge-
sprochen . Ich möchte auch dafür werben, dass wir wei-
tere Anstrengungen unternehmen, dafür zu sorgen, dass
in Bagdad eine inklusive Regierung ans Ruder kommt,
dass wir in Bagdad eine Stabilisierung des Staates hinbe-
kommen, sodass die unterschiedlichen religiösen Grup-
pen an der Regierungsmacht und an den Früchten der
politischen Arbeit teilhaben können . Der Außenminister
reist in Kürze nach Bagdad, wenn ich das richtig gesehen
habe . Ich vermute, das wird an oberster Stelle der Tages-
ordnung stehen .

Wir müssen uns darüber hinaus den anderen Partnern
in der Region zuwenden . Wir sollten noch stärker, als wir
das bisher tun, darauf achten, die Partner um Syrien he-
rum, also Jordanien, Libanon, natürlich auch die Türkei
und den Irak sowie die Staaten im Norden Afrikas, die
durch IS oder IS-ähnliche Bestrebungen bedroht sind, zu
stabilisieren und zu unterstützen .

Ich finde, es ist eine enorme und beachtliche Leistung,
dass Jordanien und Libanon, aber natürlich auch die Tür-
kei derart viele Flüchtlinge bei sich aufnehmen und ihnen
Obdach geben . Wir sollten diese Staaten in ihrem Bemü-
hen unterstützen . Wir sollten sie ermutigen, diesen Weg
weiterzugehen . Wir sollten dafür sorgen, dass insbeson-
dere Jordanien, dem als Freund Israels in der Region eine
besondere Bedeutung zukommt, stabilisiert wird .

Insgesamt sollten wir mit Blick auf das, was wir errei-
chen wollen, zu einer Politik aufbrechen, die sich stärker
als bisher dem Thema Nachhaltigkeit zuwendet . Ich hof-
fe, dass es uns in Libyen gelingen wird, eines Tages mit
einer Regierung über den Aufbau des Landes und über
die Weiterentwicklung zu sprechen . Ich hoffe, dass wir
die stabilisierenden Prozesse, die derzeit in den anderen
Staaten Nordafrikas stattfinden, aktiv unterstützen kön-
nen .

Ich glaube, dass wir über die Anstrengung, die wir im
Bundeshaushalt 2016 unternommen haben, hinaus im
Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und im
Bereich der humanitären Hilfe zusätzliche Finanzmit-
tel einsetzen sollten, wenn wir das als sinnvoll ansehen .
Außerdem glaube ich, dass die Arbeit für uns im Deut-
schen Bundestag und für alle diejenigen, die an den Frie-

densprozessen interessiert sind, dann in eine neue Phase
eintritt, wenn wir mit unseren diplomatischen Bemühun-
gen Erfolg haben; denn falls es ein Friedensmandat für
Syrien gibt, falls es einen Friedensschluss gibt, werden
natürlich folgende Fragen gestellt werden: Wer garantiert
diesen Frieden? Wer unterstützt diesen Frieden? Wer hilft
beim Wiederaufbau dieses Landes? Wer hilft der neu ge-
schaffenen Regierung, das Land vernünftig und auf der
Grundlage von Menschenrechten zu regieren? – Da wird
Deutschland nicht an der Seite stehen, sondern sich si-
cherlich entsprechend seiner wirtschaftlichen und politi-
schen Bedeutung einbringen .

Ich kann nur dafür werben, dieses Mandat zu unter-
stützen . Ich tue es aus vollem Herzen, weil ich davon
überzeugt bin, dass es ein angemessener und effizienter
Beitrag ist . Ich wünsche den Soldatinnen und Soldaten,
die in diesen Tagen vor Weihnachten damit konfrontiert
sind, sich auf diesen Einsatz vorbereiten zu müssen, dass
sie gut in diesen Einsatz gehen und vor allem gesund und
wohlbehalten aus dem Einsatz zurückkommen . Ich wün-
sche alles erdenkliche Soldatenglück .

In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerk-
samkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814204600

Vielen Dank, Kollege Jürgen Hardt . – Nächster Red-

ner in der Debatte: Niels Annen für die SPD .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Niels Annen (SPD):
Rede ID: ID1814204700

Vielen Dank, liebe Frau Präsidentin . – Meine sehr ver-

ehrten Damen und Herren! Ich möchte gerne etwas zu
der politischen Ausgangslage sagen, in der diese Debatte
hier heute stattfindet, insbesondere weil wir unsere fran-
zösischen Gäste auf der Tribüne begrüßen dürfen .

Lassen Sie mich, bevor ich zu Syrien komme, feststel-
len, dass sich die Europäische Union, unser europäisches
Einigungsprojekt, in einer tiefen, in einer schweren, ja,
möglicherweise sogar in einer existenziellen Krise befin-
det . Schauen wir uns einmal um: Es gibt in unserem eige-
nen Land, aber auch in Frankreich und anderen wichtigen
europäischen Ländern inzwischen Parteien, die im Kern
antieuropäisch sind; in einigen Ländern sind sie sogar in
der Regierung, in anderen hat sich die Regierung, wie in
Dänemark, von ihnen abhängig gemacht .


(Beifall der Abg . Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir erleben eine neue polnische Regierung, die sich sehr
unsolidarisch, auch zur Flüchtlingsfrage, zu Wort gemel-
det hat . Wir erleben in Ungarn eine rechtspopulistische
Regierung und sogar in Skandinavien .

Deswegen möchte ich auf eines hinweisen: Natürlich
sind all die Fragen, die hier formuliert worden sind, vom
Kollegen Bartsch und anderen Rednerinnen und Red-
nern, legitime Fragen . Sie haben auch in unserer Fraktion

Jürgen Hardt

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513894


(A) (C)



(B) (D)


eine Rolle gespielt . Ja, wir haben zwei Stunden darüber
diskutiert, auch über rechtliche Fragen und die Frage der
politischen Einschätzung . Es ist gar kein Geheimnis, dass
es auch in unserer Fraktion vermutlich die eine oder an-
dere Neinstimme geben wird . Das ist Teil der Debatte in
einer lebendigen Demokratie. Ich finde, das ist gut so,
und darauf können wir auch stolz sein .

Nur, meine Damen und Herren, wir müssen doch un-
sere eigenen Prinzipien ernst nehmen . Wir müssen doch
unsere eigenen Reden, die wir sonntags halten, auf den
Prüfstand stellen, wenn es darauf ankommt . Was sind die
grundlegenden Prinzipien der europäischen Politik, die
von allen Regierungen dieses Landes in den letzten Jahr-
zehnten beachtet worden sind? Die europäische Integra-
tion; dass Deutschland seinen Weg niemals alleine gehen
soll; dass wir uns nicht isolieren dürfen .

Deswegen will ich hier einmal diese Frage stellen:
Wie hätte man denn auf eine Bitte um Unterstützung
unseres wichtigsten Bündnispartners in Europa in einer
solchen Situation reagieren können? Wenn wir da Nein
gesagt hätten, was wäre die Reaktion gewesen? Ich finde
im Übrigen, dass wir schnell entscheiden, ohne parla-
mentarische Rechte zu beschränken, ist auch eine politi-
sche Antwort: Wir stehen zu dieser Solidarität, nicht nur
auf dem Papier, sondern auch in der Praxis .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg . Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Jetzt will ich etwas zu der Diskussion über unsere Sy-
rien-Politik sagen: Ich wundere mich manchmal ein we-
nig. Wir befinden uns im fünften Jahr dieses Krieges. Der
Außenminister hat es gesagt: Es gibt um die 300 000 Tote
und Millionen von Vertriebenen . Das Land ist zerstört .
Die Infrastruktur dieses Landes, aber auch das, was an
Zivilisation über Jahrtausende in dieser Region entwi-
ckelt und aufgebaut worden ist, gerade auch in Syrien,
ist in weiten Teilen zerstört . Das Vertrauen ist zerstört .
Das ist lange nicht mehr nur ein syrischer Bürgerkrieg .
So schlimm der auch wäre, dafür gäbe es möglicherwei-
se eine einfachere Lösung . Es ist ein regionaler Krieg .
Deswegen ist es doch absurd, bei der Debatte über ein
begrenztes Mandat der Bundeswehr für einen Einsatz
in Syrien so zu tun, als hätte hier irgendjemand von der
Großen Koalition oder den Vertreterinnen und Vertretern
der Bundesregierung, die hier gesprochen haben, be-
hauptet, wir würden Ihnen mit diesem Mandat sozusagen
die Blaupause für die Lösung eines Konfliktes, der jetzt
ins fünfte Jahr geht, vorlegen .

Lassen Sie uns offen über die Probleme, die Kon-
fliktlagen, ja, auch die Tragik in diesem Krieg sprechen
und auch über die Begrenztheit der Möglichkeiten, die
uns zur Verfügung stehen . Niemand hat behauptet, dass
es hier ein Gesamtkonzept gibt; denn wir arbeiten an die-
sem Gesamtkonzept, Frau Göring-Eckardt .


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hinterher?)


Deswegen können wir es hier natürlich noch nicht vor-
legen .

Was macht denn der Außenminister seit Monaten vor
und hinter den Kulissen?


(Zurufe von der LINKEN)


Er arbeitet daran, dass die regionalen Akteure, die sich
hier – zum Teil auch unsere eigenen Verbündeten; wir
haben ja auch über die Türkei geredet – in einer Art und
Weise verhalten, wie es sich nicht gehört, wenn man den
UN-Prinzipien nachkommen will, an einen Tisch kom-
men . Das ist doch die einzige Lösung, die uns für dieses
Problem, für diesen Krieg zur Verfügung steht .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg . Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich bitte sehr darum, hier nicht so zu tun, als wäre das
Mandat, das dem Deutschen Bundestag jetzt vorliegt,
quasi der Einstieg Deutschlands in die Diskussion über
die Lösung des Syrien-Problems . Das ist doch absurd .
Unsere Politik basiert auf drei Säulen, und zwar nicht erst
seit den furchtbaren Anschlägen in Paris . Wir haben mit
dem Haushalt, den wir gerade verabschiedet haben, die
humanitäre Hilfe aufgestockt, um den Menschen in der
Region zu helfen, nicht nur aus humanitären Gründen,
sondern auch, weil es eine eminente politische Aufgabe
ist, dafür zu sorgen, dass die Nachbarländer nicht von
dem Krieg in Syrien weiter in Mitleidenschaft gezogen
werden,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


dass sie nicht weiter destabilisiert werden, was ja ein
Kriegsziel des sogenannten „Islamischen Staates“ ist, um
seinen Machtbereich auszuweiten . Das tun wir .

Wir unterstützen ganz konkret die Akteure in der
Region, im Irak, die in der Lage sind – das haben sie
bewiesen –, sich gegen den sogenannten „Islamischen
Staat“ zu stellen, und zwar auch in einer militärischen
Auseinandersetzung . Deswegen hat der Deutsche Bun-
destag beschlossen und unterstützt, dass wir den Kurden
Waffen liefern . Herr Bartsch, eine Frage, glaube ich,
müssen Sie sich selber stellen: Luftschläge – niemand in
diesem Hause unterstützt militärische Mittel leichtfertig .
Ich kenne niemanden .


(Zuruf von der LINKEN: Da bin ich mir nicht sicher!)


Gerade aus Ihrer Fraktion haben wir hier in der Diskus-
sion über Syrien immer wieder – ich will auch sagen:
durchaus zu Recht – gehört, dass es die syrischen Kur-
den sind, die sich dem IS entgegenstellen . Wir alle waren
froh darüber, dass Kobane befreit worden ist, dass es jetzt
Fortschritte in Sindschar und in vielen anderen Gebieten
gibt . Glauben Sie denn, dass die YPG-Peschmerga in Sy-
rien diese Erfolge hätten vorweisen können,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Niemals!)


ohne dass sie ihre militärischen Operationen mit den
Amerikanern, mit der Anti-IS-Koalition abgestimmt hät-
ten, die mit Luftschlägen dafür gesorgt hat, dass diese
Erfolge möglich gewesen sind?


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Niels Annen

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13895


(A) (C)



(B) (D)


Lassen Sie uns unsere eigenen Möglichkeiten richtig
einschätzen . Dieses Mandat wird nicht den Krieg in Sy-
rien beenden . Wir brauchen die Ausdauer, die Energie
und – ich sage das einmal so – auch die Frustrationsresis-
tenz, die unser Außenminister hier an den Tag gelegt hat .
Deswegen bleibt der Wiener Prozess im Mittelpunkt der
deutschen Politik; denn nur darum kann es gehen . Wer
den Eindruck vermittelt, dass wir uns von diesem Krieg
abwenden könnten, dass wir sagen könnten, dass wir uns
damit nicht beschäftigen, dass wir uns nicht einmischen,
den möchte ich nur einmal daran erinnern, dass wir wahr-
scheinlich in jedem unserer Wahlkreise im Moment die
Folgen dieses Krieges merken . Dazu müssen wir nur
mit den Menschen reden, die zu uns fliehen vor diesem
Krieg, vor den Fassbomben von Assad und vor den Ver-
werfungen und Verheerungen dieses Krieges .

Bei allem Verständnis für viele kritische Fragen, die
wir alle miteinander haben und auch formuliert haben:
Lassen Sie uns dieses Mandat unterstützen . Es ist der
richtige Weg in der Solidarität mit Frankreich, aber auch
in der Solidarität mit den Menschen in Syrien . Denn das
sind diejenigen, die am meisten leiden .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814204800

Vielen Dank, Niels Annen . – Der letzte Redner in die-

ser Debatte: Florian Hahn für die CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1814204900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Herr Kollege Bartsch, Sie haben ja versucht,
mit übertriebener Seriosität


(Lachen bei der LINKEN – Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ich bin so! Ich bin einfach so!)


ein Stück weit Ihre dogmatische Ablehnung militärischer
Einsätze und vor allem auch Ihre Ratlosigkeit, wie der IS
ohne Militär zu bekämpfen ist, zu kaschieren .


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das vor allem! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das hat man doch gemerkt! – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Wie denn? Mit Bomben?)


Kurz danach rief ein Vertreter Ihrer Fraktion bei der Rede
der Ministerin „Flinten-Uschi!“ ins Plenum, und Frau
Buchholz sprach von Kriegsreden . Ich kann Ihnen nur
sagen: Das zeigt den wahren Charakter Ihrer Fraktion .
Mit Seriosität hat das nichts zu tun .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Seriosität und Linke, das geht eigentlich gar nicht!)


Mit viel Brimborium, mit Nebelkerzen will die Op-
position von einigen schlichten Wahrheiten, über die es
an sich keinen Streit geben sollte, ablenken . Ich möchte
diese Punkte in Erinnerung rufen:

Erstens . Einer unserer engsten Freunde ist in Not .
Er bittet uns um Beistand . Wir wollen diesen Beistand
leisten . Es müssten schon erhebliche, schwerwiegende
Zweifel da sein, die rechtfertigen, diesen erbetenen Bei-
stand zu verweigern . Ich vermute vielmehr, dass einige
krampfhaft nach Scheinargumenten suchen, um irgend-
wie aus dieser Verantwortung herauszukommen und vor
allem innerparteilichen Diskussionen aus dem Weg zu
gehen . Das ist so nicht in Ordnung . Morgens färben Sie
noch Ihre Facebook-Profile in den Farben der Trikolore
und schwören den französischen Freunden grenzenlo-
se Solidarität, und abends gehen Sie dann zufrieden ins
Bett, weil Sie gegen den militärischen Einsatz Deutsch-
lands gestimmt haben . Das ist unglaubwürdig, meine Da-
men und Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Franzosen wissen: Freiheit und Gleichheit sind wich-
tig . Aber es muss auch die Brüderlichkeit, die Fraternité,
hinzukommen . Man kann Solidarität nicht nur von ande-
ren einfordern, sondern man muss sie auch selbst leisten .

Eine zweite einfache Wahrheit: Der IS ist eine mörde-
rische Terrorbande, die Europa angreift . Wir bekämpfen
ihn in vielfältiger Weise, auch militärisch . Der Sicher-
heitsrat hat mehrfach einhellig festgestellt, dass der IS
eine Gefahr für den internationalen Frieden ist und be-
kämpft werden muss . Wir sind schon seit langem Teil
der Allianz gegen den „Islamischen Staat“ . Mit unse-
ren Waffenlieferungen und der Ausbildungshilfe für die
Pesch merga leisten wir einen der effektivsten Beiträge
im Kampf gegen den IS .

Mit unserem Beistand haben wir dem IS bereits
schwer geschadet. Die Kurden haben ihm empfindliche
Schläge beibringen können . Diese Taktik war richtig und
effektiv . Wir geben sie nicht auf, sondern führen sie fort .
Zusätzlich ergänzen wir unser Engagement um einige
Komponenten, um die uns unsere Freunde konkret gebe-
ten haben . Warum sollten wir dadurch mehr zum Ziel des
IS werden, als wir es ohnehin schon sind? Die Terrorge-
fahr in Deutschland steigt dadurch nicht . Wir sind bereits
im Fadenkreuz; das ist doch die Wahrheit, die ausgespro-
chen werden muss .


(Dr . Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Was zu beweisen wäre! – Gegenruf des Bundesministers Dr . Frank-Walter Steinmeier: Wie bitte? „Was zu beweisen wäre“?)


Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass der IS auch
militärisch bekämpft werden muss . Natürlich müssen wir
gegen den Terror auch hier in Deutschland und in Europa
vorgehen . Natürlich müssen wir unsere Grenzen besser
schützen, die Polizei stärken, den Informationsaustausch
unserer Dienste verbessern, die Propaganda zum Schwei-
gen bringen und in Prävention investieren, um Radika-
lisierungen zu verhindern; das alles ist völlig unstrittig .

Trotzdem hat ein Kommentator zu Recht gesagt:
Wenn wir einen Kraken bekämpfen wollen, dürfen wir
nicht immer nur auf die Arme zielen . Wir müssen auch
den Kopf des Ganzen ins Visier nehmen . – Dabei helfen
wir mit unseren vernünftigen militärischen Beiträgen .

Niels Annen

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513896


(A) (C)



(B) (D)


Wir helfen dort, wo die Ressourcen knapp sind . Natürlich
sind wir durch die Luftbetankung und die Aufklärung an
den Bombenangriffen gegen den IS beteiligt; hier müs-
sen wir uns nichts vormachen . Aber das ist auch richtig
so. Man kann sogar sagen: Die Bombardierungen finden
ohnehin – mit oder ohne uns – statt . Nur, „ohne uns“ be-
deutet dann auch: mit unsichererer Zielführung . Unser
Beitrag hilft aber, durch präzise Lagebilder auch zivile
Opfer zu vermeiden .

Die dritte einfache Wahrheit: Das Völkerrecht ermög-
licht solche Notwehr und Nothilfe . Sie aber mäkeln am
Mandat herum und sagen, einige Völkerrechtler hätten
Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes; Sie wol-
len das prüfen lassen .


(Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ja!)


Ich kann nur sagen: Ja, natürlich haben einige Professo-
ren Zweifel; das ist meistens so im Bereich des Rechts .
Sie werden kaum eine Frage finden, in der sich alle einig
sind .

Das Mandat ruht aber auf einer soliden rechtli-
chen Grundlage . In Abwandlung eines amerikanischen
Ausspruches kann man sagen: Das Völkerrecht ist
kein Suicide Pact . Es erwartet von uns nicht, dass wir
uns und unsere Freunde sehenden Auges von Terroris-
ten abschlachten lassen, weil uns leider noch nicht die
ideale Kapitel-VII-Resolution vorliegt . Artikel 51 der
UN-Charta sagt vielmehr klar: Wir dürfen uns wehren,
und wir dürfen unseren Freunden auch zur Hilfe eilen .

Schließlich – abschließend – gibt es eine Gesamtstra-
tegie für Syrien und die Region . Sie ist jedem mit ein
wenig gesundem Menschenverstand klar, und sie wird
von uns und allen maßgeblichen Mächten mit Einfluss in
der Region mit Nachdruck verfolgt, zum Beispiel bei den
Wiener Gesprächen .


(Abg . Stefan Liebich [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814205000

Herr Kollege .


Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1814205100

Das kann er im Anschluss machen, bitte . – Unser

Hauptziel ist es, das entsetzliche Morden in Syrien so
schnell wie möglich zu beenden . Die Wiener Gespräche
aller wichtigen Akteure sind ein Zeichen der Hoffnung
und verdienen jegliche Unterstützung . Wir müssen dieses
Momentum, das es hier gibt, entsprechend nutzen .

Ein Waffenstillstand und Gespräche mit den nichtter-
roristischen Oppositionsgruppen über die Bildung einer
Übergangsregierung sind vorrangige Zwischenziele .
Dann können wir die langfristigen Ziele in Angriff neh-
men, wie den Wiederaufbau des Landes und den Versöh-
nungsprozess .

Die Verhandlungen in Wien ersetzen aber doch nicht
den Kampf gegen den „Islamischen Staat“ . Zu einer Ge-
samtstrategie gehört, dass wir parallel Anstrengungen
unternehmen . Wir müssen die Verhandlungen in Wien
mit einem energischen Vorgehen gegen den IS begleiten .

Sonst bleibt am Ende nichts, um die Gesamtstrategie um-
zusetzen .

Wollen Sie warten, bis der IS in Damaskus sitzt und
von den Golanhöhen seinen Traum vom Sturm auf Isra-
el in die Tat umsetzt? Wir setzen uns mit dem Mandat
realistische Ziele . Wir erwarten nicht, den Terrorismus
ein für alle Mal ausrotten zu können, aber wir wollen die
weitere Ausbreitung des IS in Syrien und im Irak verhin-
dern und das Kalifat weiter zurückdrängen . Strukturen
der Terrormiliz sollen zerschlagen und Rückzugsräume
zerstört werden .

Das haben 64 Staaten der Allianz begriffen, und das
haben alle Mitglieder des Weltsicherheitsrats als Ziel for-
muliert . Nur Sie wollen offensichtlich nicht begreifen .
Letztlich lässt sich Ihre Kritik so zusammenfassen: Das
Mandat ist Ihnen noch nicht schön genug formuliert, und
Sie würden gerne noch ein paar Wochen weiterdiskutie-
ren . – Ich frage mich, ob Sie ernsthaft erwarten, dass der
Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ warten soll, bis die
Grünen ausreichend diskutiert und getagt haben .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen unsere
französischen Freunde bei der Bekämpfung der barba-
rischen Verbrecher des IS unterstützen . Wir tun das mit
sinnvollen Fähigkeiten . Unsere Soldaten werden keinen
unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt . Das Mandat ist sau-
ber vorbereitet und stützt sich auf eine ausreichende völ-
kerrechtliche Grundlage .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Lesen Sie sie mal vor!)


Allein militärisch lässt sich der IS nicht endgültig be-
kämpfen . Dazu braucht es auch einen erfolgreichen Frie-
densprozess in Syrien . Daran arbeiten wir intensiv . Ohne
einen militärischen Einsatz kann sich der IS weiter aus-
breiten und manifestieren und sein menschenverachten-
des Morden und Versklaven fortsetzen . Das dürfen wir
nicht zulassen . Wir sind ein verlässlicher Bündnispartner
und Freund . Wir wollen keinen deutschen Sonderweg
und keine Isolation .

„Nous sommes Charlie“! „Nous sommes Paris“! Wah-
re Freunde erkennt man in der Not . Deshalb müssen wir
uns in Syrien mit unserer Bundeswehr engagieren .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814205200

Vielen Dank, Kollege Hahn . – Das Wort zu einer

Kurzintervention hat Stefan Liebich .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Mit welcher Begründung? – Volker Kauder [CDU/CSU]: Nur weil eine Frage nicht zugelassen wird, geht das nicht!)


– Herr Straubinger, ich habe das Recht, am Ende einer
Rede zu entscheiden,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Florian Hahn

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13897


(A) (C)



(B) (D)


ob jemand, der sich zu einer Kurzintervention gemeldet
hat, das Wort bekommt oder nicht, und dieses Recht neh-
me ich jetzt in Anspruch .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Deswegen hat der Kollege Liebich jetzt diese Möglich-
keit, und selbstverständlich hat der Kollege Hahn das
Recht, darauf zu antworten, wenn er möchte . – Herr
Liebich, Sie haben das Wort .


Stefan Liebich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814205300

Ich danke Ihnen recht herzlich, Frau Präsidentin . –

Herr Hahn, an Ihrer Rede hat mich vieles entsetzt, und
wir sind uns in vielem politisch uneinig. Einen Punkt fin-
de ich aber ganz besonders schlimm, nämlich, wie acht-
los Sie hier mit dem Völkerrecht umgegangen sind .

Es kann doch nicht sein, dass Sie sagen: Es ist egal,
ob es einen Kapitel-VII-Beschluss des UN-Sicherheits-
rats gibt oder nicht . – Es gibt nach dem Völkerrecht nur
zwei Voraussetzungen für fremde Mächte, unter denen
sie in einem Land militärisch agieren dürfen, nämlich,
wenn sie dazu eingeladen werden – es gibt hier aber kei-
ne Zustimmung der syrischen Regierung, egal wie wir
sie finden – oder wenn es einen entsprechenden Kapi-
tel-VII-Beschluss gibt . Den gibt es auch nicht, und zwar
aus gutem Grund; darüber ist diskutiert worden . Wir
finden keinen Verweis auf Kapitel VII der UN-Charta.
Jetzt zu sagen: „Ja, aber das liest sich so ähnlich“, ist
doch Wahnsinn . Wenn Sie jetzt sagen: „Das ist eigentlich
egal“, wissen Sie, was Sie dann tun? Damit schwächen
Sie sich und uns für jeden anderen Fall .

Können Sie sich noch erinnern, was los war, als sich
Russland nicht an das Völkerrecht gehalten hat? Da
wurde plötzlich von Ihrer Seite und von vielen anderen
gesagt: Das geht doch nicht! Das Völkerrecht, das Völ-
kerrecht!


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ein Unsinn!)


Sie werden das nächste Mal solche Argumente nicht
mehr vortragen können, wenn Sie heute das Völkerrecht
so achtlos beiseitelegen. Das finde ich eine ganz fatale
Entscheidung .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814205400

Herr Hahn, bitte . – Es macht nichts, wenn Sie wäh-

rend der Beantwortung stehen bleiben .


Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1814205500

Herr Kollege Liebich, ich habe nicht gesagt, dass mir

das Völkerrecht egal ist . Ich habe auch nicht gesagt, dass
wir keine völkerrechtlichen Regeln mehr beachten sol-
len . Ich glaube, der Bundesaußenminister hat die völker-
rechtliche Ableitung für dieses Mandat sauber vorgetra-
gen . Ich teile seine Einschätzung, dass dies absolut valide
ist .

Ich habe nur darauf hingewiesen, dass wir nicht war-
ten können, bis wir sozusagen die Eindeutigkeit einer
Resolution bekommen, um gegen den IS vorzugehen,
sondern wir müssen die Regeln, die wir nutzen können,
auch nutzen, um jetzt gegen den „Islamischen Staat“ zu
kämpfen .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814205600

Vielen Dank . – Liebe Kollegen, damit schließe ich die

Aussprache .

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 18/6866 an die in der Tagesordnung auf-
geführten Ausschüsse vorgeschlagen . – Ich sehe keinen
Widerspruch . Dann ist die Überweisung so beschlossen .

Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen, die nicht
an der Fragestunde teilnehmen wollen, bitten, den Raum
zügig zu verlassen .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde
Drucksache 18/6845

Ich möchte daran erinnern, dass für die heutige Frage-
stunde 90 Minuten vorgesehen sind .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amts . Für die Beantwortung ist Staatsminister Michael
Roth anwesend . Ist er so weit? – Er ist so weit . Er steht
sogar schon .

Frage 1 des Kollegen Christian Ströbele soll schriftlich
beantwortet werden . Auch die Fragen 2 und 3 des Kolle-
gen Wolfgang Gehrcke werden schriftlich beantwortet,
ebenso die Fragen 4 und 5 der Kollegin Heike Hänsel
sowie die Fragen 6 und 7 der Kollegin Sevim Dağdelen.

Wir kommen zur Frage 8 des Kollegen Uwe Kekeritz:
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Tod

des indonesischen Umweltaktivisten Indra Pelani, der am

(www .globalwitness .org/engb/campaigns/environmental-activists/climate-change-conference-paris/)

indonesische Regierung bei der Eindämmung der Brände von
Ur- und Torfwäldern?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814205700

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ihre Frage, Herr

Kollege Kekeritz, besteht eigentlich aus zwei Fragen .
Deswegen möchte ich sie gerne hintereinander zu beant-
worten versuchen .

Den ersten Teil Ihrer Frage beantworte ich wie folgt:
Im Prozess zum Tod des indonesischen Umweltaktivis-
ten Indra Pelani wurden am 6 . Oktober dieses Jahres
fünf Angeklagte wegen Totschlags in erster Instanz zu
Freiheitsstrafen zwischen 8 und 14 Jahren verurteilt . Die
Staatsanwaltschaft hatte Freiheitsstrafen zwischen 15
und 18 Jahren gefordert . Das von der Verteidigung ange-
strengte Berufungsverfahren dauert noch an . Ich kann Ih-
nen also dazu noch keine weiteren Informationen geben .

Bei den Verurteilten handelt es sich um inzwischen
aus dem Arbeitsverhältnis entlassene Sicherheitsange-

Vizepräsidentin Claudia Roth

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513898


(A) (C)



(B) (D)


stellte des Forstunternehmens PT Wira Karya Sakti, ei-
ner Tochtergesellschaft des Unternehmens Asia Pulp &
Paper . Laut indonesischen Presseberichten waren Indra
Pelani und einer seiner Begleiter am 27 . Februar dieses
Jahres in der Nähe einer Plantage des Unternehmens in
einen Streit mit den Sicherheitsangestellten geraten . An-
schließend sollen diese Sicherheitsangestellten den Akti-
visten zu Tode geprügelt haben .

Nun komme ich zum zweiten Teil Ihrer Frage . Im
Zeitraum 2010 bis 2015 hat die Bundesregierung bislang
80 Millionen Euro als Zuschuss für Waldschutz in Indo-
nesien zur Verfügung gestellt . Wirksames Waldmanage-
ment und eine integrierte Landnutzungsplanung sind
Voraussetzungen für vorausschauende Forstfeuerpräven-
tion .

Sie wissen vermutlich genauso gut wie ich, worauf
die deutsche Entwicklungszusammenarbeit besonderen
Wert legt: Zum einen fördern wir die Zertifizierung für
verantwortungsvolle Waldwirtschaft, zum anderen hel-
fen wir bei der Verwaltung von wichtigen Wasserein-
zugsgebieten, in denen der Wald zur Stabilisierung der
Böden unerlässlich ist . Wir unterstützen die Etablierung
dezentraler Waldbewirtschaftungsstrukturen nach dem
Vorbild der deutschen Forstämter . Wir unterstützen eine
Landnutzungsplanung, die auf die traditionellen Land-
nutzungsrechte Rücksicht nimmt, und wir fördern im
Übrigen Agroforstwirtschaft, zum Beispiel beim Kakao,
den Ökotourismus und die eigenständige nachhaltige Be-
wirtschaftung von Gemeindewäldern .

Konkrete Maßnahmen zur Prävention und Brand-
bekämpfung in Indonesien waren Gegenstand der
deutsch-indonesischen Regierungsverhandlungen in die-
sem Jahr . Sie fanden ja erst im November statt . Verein-
bart wurde, dass die Bundesregierung Indonesien bei der
Einrichtung einer neuen Einheit zur Forstfeuerprävention
und -bekämpfung und der Entwicklung und Umsetzung
eines entsprechenden Maßnahmenplans unterstützen
wird .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814205800

Liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich Sie noch

einmal auf die Zeitregeln hinweisen: Für die erste Ant-
wort zwei Minuten, dann eine Minute . – Jetzt hat Herr
Kekeritz die Möglichkeit einer Nachfrage für eine Mi-
nute – maximal .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814205900

Danke schön, Herr Staatsminister . – Damit die Leu-

te wissen, worum es geht: Es geht ganz speziell um die
Frage der Palmölwirtschaft in Indonesien, aber es geht
natürlich auch weiter darum, inwieweit die Palmölplan-
tagen in Mittel- und Südamerika, aber auch in Afrika
ausgedehnt werden . Diese Palmölwirtschaft wird eine
ökologische Katastrophe, auf die wir zugehen, nur noch
verstärken .

Daher hat es mich sehr gefreut, dass der Herr Land-
wirtschaftsminister Schmidt gesagt hat, er wird das The-
ma Palmöl und Palmölproduktion bei der UN-Klima-
konferenz in Paris auf die Tagesordnung setzen lassen .
Jetzt läuft die Konferenz . Wissen Sie zufällig, was Herr

Minister Schmidt oder diese Bundesregierung unternom-
men haben, damit diese Thematik dort auch tatsächlich
breit diskutiert wird?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814206000

Michael Roth, bitte .


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814206100

Herr Abgeordneter Kekeritz, ich freue mich mindes-

tens genauso wie Sie über die Aussagen unseres Bundes-
landwirtschaftsministers . Wenn er das so gesagt hat, bin
ich mir ziemlich sicher, dass wir das auch entsprechend
unterstützen .

Ich darf dies in aller Offenheit sagen: Ich habe durch
Ihre Frage eine Menge gelernt . Ich wusste zum Beispiel
nicht, dass Indonesien zu den größten CO2-Emittenten
gehört . Insofern ist es notwendig, dass wir Indonesien
konkret dabei unterstützen, die entsprechenden Emissi-
onen deutlich zu verringern . Entsprechende Forderungen
Indonesiens liegen uns vor .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814206200

Herr Kekeritz .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814206300

Die Freude ist ganz auf meiner Seite . Jetzt warten wir

aber erst einmal ab, ob Herr Schmidt das Thema tatsäch-
lich auf die Agenda bringt . Wir werden sehen, was darü-
ber gesprochen wird .

Sie haben es angesprochen: Indonesien ist ein enor-
mer CO2-Emittent . In diesem Jahr hat sich herausgestellt,
dass durch die Waldbrände 1,7 Milliarden Tonnen CO2
freigesetzt worden sind . Das hat natürlich auch etwas mit
der Degeneration der Böden und der Wälder usw . zu tun,
die in einem direkten Zusammenhang mit Palmöl steht .

Wir können hier relativ wenig machen, es sei denn,
wir entschließen uns, tatsächlich verbindliche Standards
für Palmölprodukte einzuführen . Ist die Bundesregierung
jetzt bereit, auf europäischer und auf nationaler Ebene
dazu beizutragen, dass verbindliche Standards im Be-
reich der Palmölwirtschaft eingeführt werden? Denn bis-
her sind hier nur sehr schwache Siegel vorhanden, mit
denen bei weitem nicht die ökologischen Anforderungen
erfüllt werden können, die man an die Produktion von
Palmöl stellen müsste?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814206400

Ich kann Ihnen zumindest versichern, dass die Bun-

desregierung nicht nur mit Ihnen einig darüber ist, dass
das ein großes Problem ist, sondern auch, dass wir eine
Veränderung zum Positiven unterstützen . Ich bin gerne
bereit, Sie in Abstimmung mit dem Bundeslandwirt-
schaftsminister darüber zu informieren, wie es beim
Palm öl weitergeht .

Ich kann Ihnen darüber hinaus noch ein paar Infor-
mationen zur Verfügung stellen, die etwas mit der Um-
setzung des Verbots von Forstfeuern zu tun haben . Wir
brauchen ein entsprechendes Forstmoratorium – das
muss verstetigt werden –, und wir brauchen ein Verbot

Staatsminister Michael Roth

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13899


(A) (C)



(B) (D)


der Bewirtschaftung und Trockenlegung von Torfmoor-
flächen sowie die Fertigstellung und Veröffentlichung
einer einheitlichen Basiskarte als Grundlage für nachhal-
tige Landnutzungsplanung .

Es war meinem Haus wichtig, Ihnen auch das mitzu-
teilen . Denn mir wurde erklärt, dass vor allem der Brand
der Torfmoorflächen – die bis zu 6 Metern in die Erde
hineinreichen – maßgeblich zu diesen hohen Emissionen
beiträgt .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814206500

Vielen herzlichen Dank, Michael Roth .

Dann kommen wir jetzt zu Frage 9 des Kollegen
Kekeritz:

Inwiefern hält die Bundesregierung die Forderung des
US-amerikanischen Ölkonzerns Occidental Petroleum (Oxy)

über 1,1 Milliarden Dollar gegenüber Ecuador, die das Unter-
nehmen wegen Verstößen gegen das bilaterale Investitionsab-
kommen mit den USA vor dem Schiedsgericht der Weltbank
einklagen will, für berechtigt, und welche Schlüsse zieht die
Bundesregierung daraus in Bezug auf die Schiedsgerichtsbar-
keit in den bilateralen Investitionsabkommen der Bundesre-
gierung mit sogenannten Entwicklungsländern?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814206600

Frau Präsidentin, jetzt bin ich schneller . Das versiche-

re ich Ihnen .

Die Entschädigung eines US-amerikanischen Unter-
nehmens für eine Verstaatlichung durch den ecuadoria-
nischen Staat ist Angelegenheit der bilateralen Beziehun-
gen zwischen Ecuador und den Vereinigten Staaten von
Amerika . Ich kann seitens der Bundesregierung sagen,
dass uns keine eigenen Erkenntnisse über die Höhe und
die Begründung der von Occidental Petroleum erhobe-
nen Forderungen vorliegen . Die Bundesregierung kann
deshalb auch keine Einschätzung darüber geben, ob die
Höhe der von Ihnen genannten Forderung berechtigt ist .

Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im
Jahr 2009 sind neue Investitionsförderungs- und Inves-
titionsschutzverträge nicht mehr Kompetenz der Mit-
gliedstaaten und damit auch nicht der Bundesregierung,
sondern sie obliegen der Europäischen Union . Das heißt,
dass sich die Frage der Schiedsgerichtsbarkeit in bilatera-
len Investitionsschutzverträgen derzeit nicht mehr stellt .
Es ist eine EU-Kompetenz .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814206700

Herr Kekeritz .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814206800

Sie haben recht: Es ist eine EU-Kompetenz . Nichts-

destotrotz ist es diese Bundesregierung, die diese Verträ-
ge – TTIP und CETA nur als Beispiele genannt – vertei-
digt .

Inwieweit sieht die Bundesregierung die Möglichkeit,
die bestehenden bilateralen Verträge – die Bundesrepu-
blik Deutschland hat über 120 solcher Verträge, die meis-
ten davon mit Schiedsgerichtsklauseln – zu kündigen
bzw . in dieser Frage zu verändern?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814206900

Die Position der Bundesregierung dazu ist, dass die be-

reits bestehenden Investitionsschutzabkommen vertrags-
getreu behandelt werden, einschließlich der etwa enthal-
tenen Klauseln bezüglich einer Schiedsgerichtsbarkeit .

Ansonsten haben Sie auf die derzeit laufenden Ver-
handlungen hingewiesen . Sie wissen auch, dass wir ge-
rade die Schiedsgerichtsklauseln sehr sorgfältig prüfen
und auch unseren Einfluss auf die Verhandlungen der
EU-Kommission geltend machen . Unsere Position dazu
ist Ihnen bekannt .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814207000

Herr Kekeritz .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814207100

Die Botschaft höre ich wohl, doch fehlt mir das Ver-

trauen . – Ich habe noch eine andere Frage zum Thema
ISDS-Mechanismus in bilateralen Verträgen . Wahr-
scheinlich haben Sie die Zahl jetzt nicht parat, aber viel-
leicht können Sie es mir nachliefern . Mir wäre daran
gelegen, zu erfahren, wie oft in den bilateralen Verträ-
gen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den
Vertragspartnern, also in Altverträgen, tatsächlich dieses
Verfahren angewendet worden ist .


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1814207200

Herr Kollege Kekeritz, Sie sind geradezu ein Weissa-

ger oder Vorherseher . Ich kann Ihnen die konkrete Zahl
nicht nennen . Ich bedaure das . Ich hoffe, dass wir trotz-
dem gute Kollegen bleiben . Ich hätte Ihnen sonst noch
viele andere Antworten geben können, auf die ich mich
exzellent vorbereitet habe, aber leider nicht auf diese
Frage . Ich kann Ihnen aber versichern: Sie bekommen
alsbald Nachricht .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814207300

Vielen herzlichen Dank, Michael Roth . Wir freuen uns

auf die Antworten .

Die Frage 10 der Kollegin Inge Höger wird schriftlich
beantwortet .

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern .

Die Fragen 11 und 12 des Kollegen Volker Beck, die
Fragen 13 und 14 der Kollegin Ulla Jelpke, die Fragen 15
und 16 des Kollegen Dr . Konstantin von Notz und die
Frage 17 des Kollegen Andrej Hunko werden schriftlich
beantwortet .

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Justiz und für Verbraucherschutz .

Die Frage 18 des Kollegen Andrej Hunko wird eben-
falls schriftlich beantwortet .

Ich rufe die Frage 19 des Kollegen Christian Kühn
auf:

Ist das in der 48 . Kalenderwoche des Jahres 2015 beschlos-
sene Eckpunktepapier zur zweiten Mietrechtsnovelle die Posi-
tion der gesamten Bundesregierung, und wenn nicht, wo lie-
gen die Unterschiede innerhalb der Bundesregierung?

Staatsminister Michael Roth

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513900


(A) (C)



(B) (D)


Ich begrüße den Parlamentarischen Staatssekretär
Ulrich Kelber, der zur Beantwortung der Fragen zur Ver-
fügung steht .

U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1814207400


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Sehr geehrter Kol-
lege Kühn, ich kann Ihnen Ihre Frage wie folgt beant-
worten: Das Bundesministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz hat in der vergangenen Woche unter
Berücksichtigung der Vorgaben des Koalitionsvertrags
und der Diskussion der Sachverständigengruppen, die
im Ministerium im letzten Jahr getagt haben, einen ers-
ten Vorschlag zur weiteren Reform des Mietrechts in
der 18 . Legislaturperiode vorgelegt . Das dient jetzt als
Grundlage für weitere Diskussionen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814207500

Herr Kühn .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Danke, Herr Staatssekretär . – Wann gedenken Sie, die-
se Diskussion abzuschließen? Denn viele Mieterinnen und
Mieter in Deutschland warten auf die zweite Mietrechts-
novelle . Es geht insbesondere um die Modernisierungs-
umlage . Beispiel Berlin: Viele Mieterinnen und Mieter
werden aus ihren Wohnungen heraussaniert und verlieren
bezahlbaren Wohnraum . Gerade in einer Stadt wie Berlin
ist dieses Thema in der Mietrechtsdebatte omnipräsent .
Hier ist Zeit im Verzug . Meine Frage lautet nun: Wann
gedenkt die Bundesregierung, hier zu einem Kabinetts-
beschluss zu kommen, damit wir endlich im Parlament in
dieser wichtigen Frage – Sie haben im Koalitionsvertrag
zu Recht eine Vereinbarung dazu aufgenommen – das Ge-
setzgebungsverfahren beginnen können?

U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1814207600


Herr Kollege Kühn, wir haben als Deutscher Bundes-
tag bereits im Jahr 2015 ein erstes Paket verabschiedet,
das insbesondere die Mietpreisbremse und das Bestel-
lerprinzip beinhaltet . Das ist ein großer Fortschritt für
Mieterinnen und Mieter . Wir haben zusammen mit den
Arbeitsgruppen versucht, eine exzellente Fachgrundlage
für den zweiten Teil dieses Pakets zu legen, insbesondere
wenn es um den Mietspiegel und die Modernisierung der
tatsächlichen Wohnfläche geht; auch das ist im Koaliti-
onsvertrag angesprochen worden . Auf Grundlage eines
Erstentwurfs finden weitere Debatten statt, und zwar un-
ter Beteiligung der Fachöffentlichkeit . Wir streben einen
Referentenentwurf im ersten Quartal 2016 an .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814207700

Chris Kühn .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Ich habe noch eine Nachfrage . Nach meinem Kennt-
nisstand ist nun § 5 Wirtschaftsstrafgesetz dort nicht ent-

halten, obwohl wir über alle Fraktionsgrenzen hinweg es
für sinnvoll erachtet haben, dass dieser Paragraf in das
Mietrecht übernommen werden sollte . Warum enthält
das Eckpunktepapier diesen Paragrafen nicht?

U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1814207800


Im Rahmen des ersten Mietrechtspakets, Herr Kolle-
ge Kühn, hat Ihre Fraktion, glaube ich, beantragt, diesen
Paragrafen im Vergleich zur bisherigen Rechtsform zu
verschärfen . Das ist damals von einer Mehrheit des Deut-
schen Bundestages abgelehnt worden . Deswegen haben
wir nun nicht erneut eine Debatte über diesen Beschluss
des Deutschen Bundestages angestrengt .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814207900

Vielen Dank, Herr Kollege Kelber . – Damit kommen

wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
Finanzen . Ich begrüße Dr . Michael Meister dafür .

Es geht weiter mit der Frage 20 des Kollegen Christian
Kühn:

Mit welchen Mehrbelastungen für Bund und Länder rech-
net das Bundesministerium der Finanzen in Bezug auf den
Vorschlag des Bundesministers der Finanzen, Dr . Wolfgang
Schäuble, den Wohnungsbau steuerlich fördern zu wollen?

Herr Meister, bitte .

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1814208000


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Kollege Kühn, der Bundesminister der Finan-
zen plant begrenzte Steueranreize für die Förderung des
Wohnungsneubaus in Gebieten mit angespannten Woh-
nungsmärkten. Die finanziellen Auswirkungen können
gegenwärtig noch nicht ermittelt werden, weil sich die
konkrete Ausgestaltung der Maßnahme derzeit sowohl
innerhalb der Bundesregierung als auch mit den Ländern
in der Abstimmung befindet.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814208100

Chris Kühn, bitte .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Genauso wie bei der zweiten Mietrechtsnovelle streitet
sich die Koalition erneut und ist noch zu keinem Ergeb-
nis gekommen . Wann planen Sie denn, einen Vorschlag
zu machen, hinter dem die ganze Bundesregierung steht,
und dann mit diesem auf die Länder zuzugehen? Denn
die Länder müssen dem auch zustimmen . Wir wollen bei
der steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus weiter-
kommen, den wir dringend brauchen angesichts fehlen-
der Sozialwohnungen in Deutschland, steigender Mieten
in den Städten und angesichts der Tatsache, dass wir den
Menschen endlich Wohnraum auf den Wohnungsmärk-
ten anbieten müssen . Daher lautet meine Frage: Wann
plant die Bundesregierung denn, einen Referentenent-
wurf vorzulegen und ihn in das Gesetzgebungsverfahren
zu bringen, damit wir auch bei der steuerlichen Förde-
rung weiterkommen? Haben Sie einen Zeitplan?

Vizepräsidentin Claudia Roth

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13901


(A) (C)



(B) (D)


D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1814208200


Herr Kollege Kühn, mir ist bisher entgangen, dass sich
die Bundesregierung an dieser Stelle streitet . Ich habe
Ihnen eben vorgetragen, dass die Ressorts einen Vor-
schlag erarbeiten werden, aus dem hervorgeht, wie wir
das Problem der Wohnraumbereitstellung insbesondere
vor dem Hintergrund der Herausforderungen der Flücht-
lingsbewegungen in Deutschland auf angespannten Woh-
nungsmärkten lösen wollen . Ich kann da keinen Streit er-
kennen. Wir befinden uns in guten Gesprächen mit den
zuständigen Ressorts der Bundesregierung; wir sind in
Gesprächen mit den Ländern . Sobald diese Gespräche zu
einem Ergebnis geführt haben, legt die Bundesregierung
einen Entwurf vor . Es steht selbstverständlich den Frak-
tionen des Bundestages frei, hier selbst die Initiative zu
ergreifen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814208300

Vielen Dank, Herr Dr . Meister . – Dann kommen wir

zu den weiteren Fragen .


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich habe eine weitere Frage!)


– Nein .


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Zwei Nachfragen!)


– Das war die zweite .


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war die erste!)


– Entschuldigung . – Eine zweite Frage .


(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es sei dir vergeben, Claudia!)


– Du kannst dich bei Herrn Dr . Meister bedanken . – Dan-
ke schön .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Der Vorschlag des Finanzministers ist in Teilen sehr
konkret . Ich frage: Gibt es Studien oder Erkenntnisse,
wie Sie zu diesem Vorschlag und zu diesen ersten Eck-
punkten – so nenne ich sie jetzt einmal –, die der Finanz-
minister vorgelegt hat, gelangt sind? Auf der Grundlage
welcher Studien oder Gutachten ist denn diese Einschät-
zung entstanden? Man hätte auch ganz andere Instru-
mente ins Feld führen können . Ich nenne als Beispiel
ein Wiederbeleben der Wohnungsgemeinnützigkeit, den
§ 7 k EStG oder anderes .

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1814208400


Wir haben zunächst einmal die Verabredung der Füh-
rung der drei Koalitionsparteien, die besagt, dass wir
zur Lösung dieses Problems auch steuerliche Maßnah-
men in Erwägung ziehen sollen . Vor diesem Hintergrund
haben wir uns überlegt, dass wir sehr unterschiedliche
Wohnungsmärkte in Deutschland haben . Deshalb ist die
Grundüberlegung bei uns: Wir schauen, wo die Woh-

nungsmärkte in unserem Land tatsächlich angespannt
sind .

Die zweite Überlegung ist: Wir gehen von einer tem-
porären Herausforderung aus . Deshalb wollen wir versu-
chen, eine temporäre Antwort im Bereich der Steuer zu
geben . Wie die genaue Ausgestaltung aussieht, an wel-
cher Stelle des Steuerrechts angesetzt wird und wie die
genauen Fördertatbestände aussehen, wird sich im Dia-
log mit den Ressorts und den Ländern ergeben .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814208500

Entschuldigen Sie bitte, dass ich gerade etwas unauf-

merksam war . Danke Herr Dr . Meister, dass Sie geholfen
haben .

Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Vertei-
digung . Die Frage 21 der Abgeordneten Inge Höger wird
schriftlich beantwortet .

Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Fa-
milie, Senioren, Frauen und Jugend . Die Frage 22 des
Abgeordneten Hans-Christian Ströbele wird schriftlich
beantwortet .

Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ver-
kehr und digitale Infrastruktur . Die Frage 23 des Abge-
ordneten Markus Tressel, die Frage 24 der Abgeordneten
Renate Künast, die Fragen 25 und 26 der Abgeordne-
ten Lisa Paus, die Fragen 27 und 28 der Abgeordneten
Sabine Leidig, die Fragen 29 und 30 des Abgeordneten
Stephan Kühn, die Fragen 31 und 32 der Abgeordneten
Dr . Valerie Wilms, die Frage 33 des Abgeordneten Oliver
Krischer und die Fragen 34 und 35 des Abgeordneten
Matthias Gastel werden schriftlich beantwortet .

Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Die Fra-
gen 36 und 37 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl
und die Frage 38 der Abgeordneten Bärbel Höhn werden
schriftlich beantwortet .

Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . Die Fra-
gen 39 und 40 des Abgeordneten Niema Movassat wer-
den schriftlich beantwortet .

Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Energie . Ich begrüße
recht herzlich Brigitte Zypries, die die Fragen beantwor-
ten wird .

Ich rufe die Frage 41 der Kollegin Kerstin Andreae
auf:

Welche Erkenntnisse bzw . Schätzungen hat die Bundes-
regierung darüber, wie viele Arbeitsplätze bei der Kaiser‘s
Tengelmann GmbH durch eine Fusion mit der Edeka Zentrale
AG & Co . KG voraussichtlich verloren gehen würden, und
welche Szenarien hat Edeka nach Kenntnis der Bundesregie-
rung für den Stellenabbau entwickelt?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814208600


Frau Präsidentin! Wir haben mehrere Fragen zu die-
sem Komplex . Die Frage stellt sich, ob wir diese nicht
zusammen beantworten, weil die Schwierigkeit darin be-

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513902


(A) (C)



(B) (D)


steht, dass wir immer dieselbe Antwort geben werden .
Vielleicht kann man das Verfahren etwas vereinfachen .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kommt auf die Antwort an!)


– Na gut . Wir fangen an, und dann sehen wir, wie es wei-
tergeht .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814208700

Wir liegen gut in der Zeit . Deswegen fangen wir jetzt

mit der Frage 41 an .

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814208800


Die Frage bezieht sich auf das Erlaubnisverfahren, das
Kartellverfahren, das im Moment läuft . Wir haben heute
Morgen im Ausschuss schon darüber diskutiert . Es geht
um eine Ministererlaubnis im Rahmen dieses Kartellver-
fahrens; die Ministererlaubnis ist dabei vorgesehen . Das
Bundeskartellrecht schreibt die Entscheidung ausdrück-
lich dem Bundeswirtschaftsminister zu .

Uns liegt ein Antrag der Unternehmen Edeka und
Kaiser’s Tengelmann vor . Der Bundeswirtschaftsmi-
nister als zuständige Instanz prüft im Moment, welche
Entscheidung er treffen will . Dazu gab es eine Anhörung
am 16 . November im Hause . Diese Anhörung wird aus-
gewertet, und dann wird eine Entscheidung ergehen . Wir
haben das heute Morgen schon ausführlich im Ausschuss
erörtert . Es handelt sich um ein zivilrechtliches Verfah-
ren, und im Rahmen von zivilrechtlichen Verfahren darf
man keine weiteren Auskünfte geben . Deswegen ist das
leider hier nicht zu vertiefen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814208900

Dann hat Frau Andreae jetzt die erste Nachfrage .


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814209000

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . – Ich bin gar nicht

auf die juristischen Einschätzungen, die Sie gerade ge-
geben haben, aus . Vielmehr möchte ich Sie bitten, auf
meine Frage einzugehen, die ja auf Ihre Abwägungen
abzielte . Sie wissen: Im Kartellverfahren und bei der
jetzigen Prüfung vor einer Ministererlaubnis werden ge-
meinwohlorientierte Interessen angeführt . Das betrifft
natürlich vor allem die Arbeitsplätze . In diesem Rahmen
haben wir die Frage gestellt: Welche Einschätzung haben
Sie, wie sich diese Fusion, wenn die Ministererlaubnis
erteilt wird, auf die Arbeitsplätze auswirkt? Gefragt habe
ich nicht nach der Entscheidung, sondern nur nach Ihrer
Einschätzung im Hinblick auf die Arbeitsplätze .

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814209100


Frau Abgeordnete, ich kann verstehen, dass Sie gern
Genaueres über solche Überlegungen von der Bundesre-
gierung erfahren möchten . Aber noch einmal: Es handelt
sich um ein Verfahren, das den zivilprozessualen Vor-
schriften angenähert ist . Kein Richter eines Gerichts wird
Ihnen vorher sagen, welche Erwägungen er bei seiner
Entscheidung zugrunde legt . Denn dann macht er genau

das, was er nicht darf: Er macht seine Entscheidung vor-
ab öffentlich und legt dar, was Sache ist . Sie kennen den
bekannten Spruch: Das Gericht spricht durch sein Urteil .
Anders ist auch das hier nicht zu sehen . Deswegen kann
ich Ihnen dazu jetzt keine weiteren Auskünfte geben .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814209200


Frau Andreae, Ihre zweite Zusatzfrage .


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814209300


Dann muss ich als Nichtjuristin jetzt einmal nachfra-
gen . Sie haben gesagt, der Minister Gabriel fungiere in
diesem Verfahren analog einem Richter in einem Zivil-
verfahren und dürfe keine Auskunft geben . Jetzt frage ich
Sie: Auf welcher Grundlage fußt „Der Minister fungiert
wie ein Richter“? Wo ist die Grundlage, die dies belegt?
Wie ist dies eigentlich mit der verfassungsrechtlich ge-
regelten Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exe-
kutive vereinbar? Ich frage das, weil ich an dieser Stelle
wirklich anfange, verärgert zu sein . Sie verweigern jede
Antwort auf die Frage nach Einschätzungen, politischen
Einschätzungen, und berufen sich auf etwas, was Sie uns
auch im Ausschuss nicht erklären konnten, was nämlich
die Grundlage Ihrer Einschätzung ist, dass er gar nichts
sagen dürfte .

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814209400


Na ja, Frau Andreae, das ist doch bei allen Verfahren
so, die wir haben . Das gilt für Verwaltungsverfahren ge-
nauso .

Ich meine, die Rechtsgrundlage ist § 42 des Gesetzes
gegen Wettbewerbsbeschränkungen; darin ist die Mi-
nistererlaubnis geregelt . Das Verfahren ist ja auch ein
justiziables Verfahren . Gegen den Entscheid des Minis-
ters kann dann ein Rechtsmittel eingelegt werden, und
die Verfahrensbeteiligten können sich insofern dagegen
wehren . Also, das ist schon so ausgestaltet . Insofern tut
es mir leid, dass ich Ihnen da nicht mehr sagen kann .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814209500


Eine Zusatzfrage des Kollegen Kekeritz .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814209600


Ich melde mich als Entwicklungspolitiker . Ich be-
schäftige mich schon ganz viele Jahre mit Marktmacht,
Konzentration hier in der Bundesrepublik oder auch in
anderen Ländern und den Auswirkungen der Marktmacht
auf die Produktionsbedingungen in Entwicklungslän-
dern, zum Beispiel auf die Kaffeeplantagen oder auf die
Orangenplantagen . Haben Sie bei Ihren Überlegungen
über die potenzielle Fusion auch diesen Blickwinkel?
Schauen Sie nach Afrika? Schauen Sie nach Süd- und
Mittelamerika, um festzustellen, welche Auswirkungen
die gesteigerte Marktmacht eines Konzerns hier auf die
Arbeitsbedingungen dort hat?

Parl. Staatssekretärin Brigitte Zypries

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13903


(A) (C)



(B) (D)


B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814209700


Herr Kekeritz, am 16 . November 2015 hat im Bun-
desministerium für Wirtschaft und Energie eine große,
mehrstündige Anhörung stattgefunden, zu der alle mög-
lichen Beteiligten eingeladen waren, ihre Stellungnah-
men abzugeben . Ich selber war nicht zugegen; aber ich
gehe davon aus, dass solche Erörterungen dort geführt
wurden .

Der Bundesminister wird die Erörterungen, die da
stattgefunden haben, in seine Entscheidung sicherlich
einbeziehen . Er war ja auch fast die ganze Zeit dabei .
Wie das dann aber konkret aussieht, kann ich Ihnen nicht
sagen; denn ich bin nicht er .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814209800

Kollegin Katharina Dröge .


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814209900

Vielen Dank, Frau Zypries . – Ich muss darauf zurück-

kommen, dass Sie ja argumentieren, Sie könnten unsere
Fragen zur Sache – es geht nicht um die Frage, ob Sie die
Ministererlaubnis erteilen oder nicht – nicht beantwor-
ten, weil Herr Gabriel quasi wie ein Richter im Verfahren
fungiert und damit denselben Prozessvorschriften wie ein
Richter unterliegt . Ich habe mir § 42 des GWB für diese
Debatte mitgebracht, weil Sie das schon im Ausschuss so
vorgetragen haben . Da steht an keiner Stelle, dass Herr
Gabriel quasi wie ein Richter fungiert oder dem Parla-
ment, der Opposition auf Fragen zur Sache keine Ant-
wort geben kann . Da steht nur, dass er im Einzelfall die
Ministererlaubnis erteilen kann . Punkt!

Deshalb noch einmal konkret die Frage an Sie: Wo
sind die juristischen Argumente, auf die Sie sich stützen,
wenn Sie sagen, dass Sie der Opposition keine Antworten
auf Fragen zur Sache geben können? Sie sind als Regie-
rung verpflichtet, uns Fragen zur Sache zu beantworten.

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814210000


Frau Dröge, das ist genau der Unterschied, auf den ich
schon heute Morgen im Ausschuss abgestellt habe . Es
ist ein Unterschied, ob Sie als Parlament die Regierung
fragen


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir ja gemacht!)


und die Regierung in ihrer politischen Verantwortung
antwortet oder ob es, wie hier, um die Frage eines Ver-
fahrens im Wege des Kartellrechts geht, in dem der Mi-
nister eine Ministererlaubnis gemäß § 42 erteilen kann
und somit in das dem Zivilprozess entsprechende Ver-
fahren des Kartellrechts eingebunden ist . Das ist genau
der Unterschied .

Der Minister ist hier nicht in seiner politischen Verant-
wortung angesprochen, sondern in seiner Verantwortung
als Entscheider im kartellrechtlichen Verfahren, und da
kann er zum Verfahren keine Auskunft geben . Wenn er
die Entscheidung getroffen hat und diese Entscheidung
veröffentlicht ist, dann ist es sowohl möglich, dass die

Beteiligten dagegen Rechtsmittel einlegen, als auch
möglich, dass Parlamentarier sich dazu äußern und diese
Entscheidung bewerten . Aber vorher – da bitte ich sehr
um Nachsicht – ist es nicht möglich, dass man diese ver-
schiedenen Elemente breit diskutiert .


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht denn das?)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814210100

Vielen Dank . – Jetzt hat sich der Kollege Janecek zu

einer Frage gemeldet . Bitte schön .


Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814210200

Vielen Dank . – Frau Staatssekretärin, in meinem

Wahlkreis München-West/Mitte läge die Marktkonzen-
tration bei einer Fusion von Edeka und Tengelmann bei
90 bis 95 Prozent . Das hat auch der Chef der Monopol-
kommission in einem Interview in diesem Jahr bestätigt .
Halten Sie es für zielführend, dass es zu solchen Konzen-
trationen kommt, und welche Effekte könnte das haben,
was Arbeitsplätze und Standortschließungen angeht?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814210300


Herr Janecek, was ich für zielführend halte, ist hier,
ehrlich gesagt, nicht gefragt . Die Bundesregierung ist in
einem förmlichen Verfahren . Dieses förmliche Verfahren
führen wir durch . Im Rahmen dieses förmlichen Ver-
fahrens geben wir Ihnen keine Auskunft über die unter-
schiedlichen Kriterien . Aus der Entscheidung wird sich
ergeben, was da zugrunde gelegt wurde, was wie bewer-
tet wurde . Dass solche Aussagen natürlich Gegenstand
der Beratungen sind, das versteht sich von selbst .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814210400

Vielen Dank . – Jetzt hat sich die Kollegin Nicole

Maisch gemeldet .


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814210500

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Nun können oder

wollen Sie sich nicht zur Sache äußern . Andere Mitglie-
der der Bundesregierung, namentlich im Agrarausschuss,
haben sich sehr kritisch zu dieser Fusion geäußert . Von-
seiten des Agrarministeriums, vonseiten des Parlamenta-
rischen Staatssekretärs Bleser wurden vor einiger Zeit im
Ausschuss durchaus Bedenken hinsichtlich einer weite-
ren Konzentration auf dem Lebensmitteleinzelhandels-
markt geäußert . Deshalb frage ich Sie, ob Sie uns sagen
können, wie es jenseits des von Ihnen für nicht sprachfä-
hig erklärten Wirtschaftsministers die Bundesregierung
bewertet, dass eine weitere Konzentration negative Fol-
gen für die Verbraucherinnen und Verbraucher auf dem
Lebensmittelmarkt haben könnte .

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814210600


Frau Maisch, wir reden hier nicht über die Frage, was
die Bundesregierung zu bestimmten entwicklungspoliti-

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513904


(A) (C)



(B) (D)


schen, verbraucherpolitischen, landwirtschaftlichen oder
auch sozialpolitischen Fragen denkt,


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss doch das Entscheidende sein! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat sie aber doch gefragt!)


sondern es geht hier nur um die Frage des Kartellverfah-
rens .


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein! Hier geht es nicht um das Kartellverfahren! – Gegenruf von der SPD: Worum denn?)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814210700

Jetzt hat aber erst noch die Frau Staatssekretärin Gele-

genheit, zu antworten . – Bitte schön .


(Marcus Held [SPD]: Welche Position haben die Grünen?)


B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814210800


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Weder kann ich jetzt
beurteilen, was der Kollege Bleser im Agrarausschuss
gesagt hat, noch spielt das für die Entscheidung des Wirt-
schaftsministeriums eine Rolle .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814210900

Danke . – Jetzt hat sich die Kollegin Müller-Gemmeke

noch gemeldet . – Bitte schön .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Staatssekretä-
rin, ich habe das Gefühl, hier werden überhaupt keine
Antworten gegeben auf unsere Fragen nach Auswirkun-
gen, nach Befürchtungen und nach Überlegungen, die
aus unserer Sicht schon wichtig sind . Ich frage jetzt noch
einmal nach einer politischen Einschätzung .

Sie kennen bestimmt die Kritik von Verdi und auch
vom Betriebsrat Region München, die am 16 . Novem-
ber bei der öffentlichen Anhörung zur Ministererlaubnis
geäußert wurde . Beide haben davor gewarnt, dass Ede-
ka auch die neuen Filialen, falls Edeka die Filialen von
Kaiser’s Tengelmann bekommen würde, an sogenannte
selbstständige Kaufleute übertragen werde. Die selbst-
ständigen Kaufleute bei Edeka haben zu 90 Prozent keine
Tarifbindung und keine Betriebsräte . Von daher hätte ich
schon gerne eine Einschätzung von Ihnen, ob nicht zu
befürchten ist, dass dies nach einer solchen Übernahme
erneut droht . Dass dies dann zulasten der Beschäftigten
ginge, ist wohl klar . Von daher hätte ich gerne eine Ein-
schätzung, wie Sie diese Befürchtung von Verdi und dem
Betriebsrat bewerten .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814211000

Frau Staatssekretärin .

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814211100


Es ist richtig, dass das Spektrum der Beigeladenen für
die Sitzung am 16 . November ausgesprochen groß war .
Gerade die Arbeitnehmerseite war sehr prominent vertre-
ten . Es war der Gesamtbetriebsrat von Kaiser’s Tengel-
mann da . Es war der Gesamtbetriebsrat von Birkenhof
da, der Gesamtbetriebsrat München und Oberbayern und
von dem Lager Nieder-Olm . Zudem waren, wie Sie eben
sagten, die Gewerkschaften Verdi und NGG vertreten .
Sie haben die Positionen, die sie für richtig halten, deut-
lich gemacht . Der Minister wird in seiner Eigenschaft als
zu entscheidende Figur in diesem Kartellverfahren alle
diese Punkte abwägen und mit einbeziehen .


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber wieder keine politische Einschätzung!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814211200

Es gibt keine Nachfrage . – Danke schön .

Jetzt kommen wir zu Frage 42 der Kollegin Kerstin
Andreae:

Welche alternativen Interessenten für die Übernahme von
Kaiser’s Tengelmann in Gänze oder in Teilen – neben Ede-
ka – wurden im Rahmen der Kausalitätsprüfung berücksich-
tigt (bitte begründen), und mit welchen Zusicherungen für die
Übernahme von Arbeitnehmern von Kaiser’s Tengelmann sind
diese verbunden?

Frau Staatssekretärin .

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814211300


Frau Präsidentin! Liebe Frau Andreae, es bleibt dabei,
dass die Überlegungen, die im Rahmen der Kartellrechts-
entscheidung anzustellen sind, hier nicht verhandelt wer-
den können .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814211400

Nachfrage? – Bitte schön .


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814211500

Frau Staatssekretärin, ich möchte Sie bitten, zu abs-

trahieren und nicht über die Fusion von Kaiser’s Tengel-
mann und Edeka zu sprechen . Ich frage Sie: Was sind
Ihrer Ansicht nach gesamtwirtschaftliche Erwägungen,
die es rechtfertigen, eine Entscheidung des Kartellamts
zu überstimmen?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814211600


Das kann man so allgemein und generell gar nicht sa-
gen . Das sind Entscheidungen, die man in jedem Einzel-
fall zu prüfen und zu bewerten hat . Das muss man dann
auch entsprechend tun .


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814211700

Dann habe ich noch eine Rückfrage . Ich glaube, man

kann sie allgemein beantworten; ich möchte Sie aber im
Hinblick auf das Thema Machtkonzentration ansprechen .

Parl. Staatssekretärin Brigitte Zypries

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13905


(A) (C)



(B) (D)


Glauben Sie – ganz allgemein –, dass wir schon jetzt im
Lebensmittelbereich eine Machtkonzentration haben –
vier Große teilen sich den Markt – und dass wir gerade
im Hinblick auf einen potenziellen Marktführer darauf
achten sollten, dass es nicht eine weitere Stärkung seiner
Marktführerposition gibt?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814211800


Ganz allgemein kann man das, glaube ich, nicht be-
antworten . Vielmehr muss man immer sehr konkret auf
die Frage eingehen: Wie ist die Position der Verbrauche-
rinnen und Verbraucher in diesem Zusammenhang, und
wie ist die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer? Das ist ein wichtiges Thema, gerade für Sozial-
demokraten, wie Sie wissen . Man muss sich das in allen
Einzelheiten angucken und bewerten . Deshalb kann ich
ganz allgemein hier keine Auskünfte dazu geben .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814211900

Vielen Dank . – Die Kollegin Dröge hat sich gemeldet .


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ach! Macht ein Ende!)



Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814212000

Wir haben jetzt zu Fragen in der Sache keine Antwort

bekommen . Meine Kollegen haben Fragen unter ande-
rem an das Landwirtschaftsministerium und an das Ar-
beitsministerium gestellt, die alle Ihnen zugeordnet wor-
den sind . Nun sitzt aber Herr Gabriel als Person dort und
entscheidet über die Ministererlaubnis . Ich glaube nicht,
dass das ganze Kabinett am Ende gemeinsam beraten
wird, ob Herr Gabriel die Ministererlaubnis erteilt . Das
heißt, die Unfähigkeit, auf unsere Fragen zu antworten,
müsste sich auf Herrn Gabriel und damit dann auch auf
Sie als Vertreterin des Bundeswirtschaftsministeriums
beschränken .

Wir können dann aber doch in der Sache Fragen an das
Landwirtschaftsministerium stellen, da es nicht in dieses
prozessuale Verfahren eingebunden ist, genauso wie wir
an das Arbeitsministerium Fragen stellen können müss-
ten . Es wäre doch ganz gut, wenn wir die Fragen dann
auch stellen könnten . Sie haben sie aber alle Ihnen zu-
geordnet . Damit erscheint es uns so, als wollten Sie die
Fragen nicht beantworten, weil Sie dazu in der Sache kei-
ne Auskunft geben wollen . Deswegen möchte ich fragen:
Warum haben Sie die Fragen alle Ihrem Haus zugeord-
net?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1814212100


Liebe Frau Dröge, wie die Fragen innerhalb der Bun-
desregierung verteilt werden, geschieht ja nicht will-
kürlich – danach, ob man Fragen beantworten will oder
nicht –, sondern richtet sich nach der Zuständigkeit .


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben ja das BMELV gefragt!)


Da das Bundeswirtschaftsministerium in Person des
Bundeswirtschaftsministers dafür zuständig ist, dieses

Kartellverfahren durchzuführen, hat uns das Bundes-
kanzleramt, wenn ich es richtig sehe, all diese Fragen
zugeordnet und gesagt: Das gehört alles zu diesem Kom-
plex . Wir wollen das nicht in irgendeiner Art und Weise
aufspalten und dadurch Gefahr laufen, dass Themen, die
in anderer Rolle durch den Bundeswirtschaftsminister zu
entscheiden sind, hier politisch verhandelt werden . – Das
machte die Entscheidung des Bundeswirtschaftsminis-
ters hinterher natürlich sehr leicht angreifbar . Das will
man nicht . Das ist ja der tiefere Sinn dieser Veranstal-
tung .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814212200

Vielen Dank. – Jetzt hat sich die Kollegin Steffi Lemke

zur Geschäftsordnung gemeldet .


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Völlig überraschend!)



Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814212300

Ob das jetzt überraschend ist oder nicht, Herr Kolle-

ge, ist, glaube ich, nicht entscheidend . – Entscheidend ist
die Frage, ob die Bundesregierung aus Unvermögen oder
aus Unwillen heraus nicht in der Lage ist, die Fragen des
Parlamentes zu beantworten . Wir sind jedenfalls nicht
damit einverstanden, dass ein so gravierender Prozess,
der Auswirkungen auf Arbeitsplätze, auf Wirtschaftsbe-
ziehungen und natürlich auch auf Verbraucherinteres-
sen hat, dem öffentlichen Diskurs und dem Diskurs des
Parlaments entzogen wird, indem Sie, wie gesagt, aus
Unwillen oder aus Unvermögen heraus die Fragen unse-
rerseits nicht beantworten . Deshalb beantrage ich hiermit
namens meiner Fraktion nach § 106 unserer Geschäfts-
ordnung eine Aktuelle Stunde .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Die hätte sie anmelden können, diese Schnarchfraktion! – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gegenruf der Abg . Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitte? Geht’s noch? – Gegenruf des Abg . Manfred Grund [CDU/CSU]: Noch geht’s!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814212400

Das muss ich jetzt zurückweisen . Man hat das Recht,

Geschäftsordnungsanträge zu stellen . – Ich sehe nieman-
den, der dagegenredet . Dann nehme ich zur Kenntnis,
dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Antwort
der Bundesregierung auf Frage 42 eine Aktuelle Stunde
verlangt hat . Das entspricht Anlage 5 Nummer 1 Buch-
stabe b unserer Regelungen für die Aktuelle Stunde .

Ich hätte jetzt gerne von Bündnis 90/Die Grünen ge-
wusst: Binden wir die Fragen 43 bis 51, die sich alle auf
dieses Thema beziehen, in die Aktuelle Stunde ein? –
Gut . Dann können wir darauf verzichten, dass diese Fra-
gen hier noch beantwortet werden .

Ich fahre in der Fragestunde fort . Wir kommen zu Fra-
ge 52 . Herr Behrens ist nicht da . Dann entfällt die Beant-
wortung . Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung
vorgesehen .

Kerstin Andreae

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513906


(A) (C)



(B) (D)


Die Frage 53 des Kollegen Krischer, die Fragen 54 und
55 der Kollegin Dr . Julia Verlinden, die Fragen 56 und 57
der Kollegin Britta Haßelmann sowie die Frage 58 der
Kollegin Bärbel Höhn werden schriftlich beantwortet .

Damit sind wir am Ende der Fragestunde angelangt .

Ich bitte jetzt einmal die Geschäftsführer zu mir . Wir
müssen die Rednerliste erstellen . Dafür unterbreche ich
die Sitzung bis 15 .30 Uhr . Ich bitte Sie aber, hierzublei-
ben, damit wir möglichst zügig weitermachen können .


(Unterbrechung von 15 .14 bis 15 .30 Uhr)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814212500

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene

Sitzung wird fortgesetzt . Ich bitte Sie jetzt alle, Ihre Plät-
ze wieder einzunehmen .

Ich rufe den Zusatzpunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gemäß Anlage 5 Nummer 1
Buchstabe b GO-BT

zu der Antwort der Bundesregierung auf die
Frage 42 auf Drucksache 18/6845

Das Wort hat die Kollegin Kerstin Andreae .


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814212600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es wäre schön, wenn die Bundesregierung jetzt da wäre .


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Wieso? Der Staatssekretär ist doch da! – Gegenruf der Abg . Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber doch nicht der Zuständige!)


– Da ist die zuständige Staatssekretärin . – Wir haben ja
schon darüber gesprochen, dass unsere Fragen nicht nur
ungenügend, sondern überhaupt nicht beantwortet wur-
den .


(Ingbert Liebing [CDU/CSU]: Die werden auch in dieser Aktuellen Stunde nicht beantwortet!)


Es ist doch so: Seit sieben Monaten läuft ein Verfah-
ren . Vor sieben Monaten hat Edeka die Ministererlaubnis
beantragt . Im Ministerium wird über Gemeinwohlgründe
diskutiert . Im Übrigen ist es richtig, dass sehr genau hin-
geschaut wird . Der Fall ist schwierig . 16 000 Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer sind betroffen . Deswegen ist
eine sorgfältige Prüfung notwendig .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt ist es aber so, dass sich das Bundeskartellamt
klar gegen den Erwerb der rund 450 Kaiser’s-Tengel-
mann-Filialen durch Edeka ausgesprochen hat . Das ist
der Grund, warum jetzt die Prüfung der Ministererlaub-
nis im Raum steht . Ende April 2015 wurde sie beantragt .
Nach GWB sollte – das haben wir heute schon einmal
gehört – nach ungefähr vier Monaten eine Entscheidung
fallen . Am 16 . November 2015 fand eine Anhörung im
Ministerium statt . Staatssekretärin Zypries hat heute im

Ausschuss gesagt, dass diese Anhörung eigentlich keine
wesentlichen neuen Erkenntnisse gebracht habe und die
Entscheidung des Ministers weiterhin ausstehe . Der Mi-
nister prüft also, ob Gemeinwohlgründe es rechtfertigen,
die Entscheidung des Bundeskartellamts zu überstim-
men .

Ich frage Sie, welche Gemeinwohlgründe das sein
können . Wir haben nicht nur eine Entscheidung der Kar-
tellbehörde . Auch die Monopolkommission hat gesagt:
Die Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhan-
del ist sehr groß, und sie ist rasant gestiegen . Vier Unter-
nehmen haben Marktanteile von 85 Prozent . Edeka ist
mit rund 27 Prozent der Marktführer und würde bei einer
Zustimmung zu dieser Fusion, bei Erteilung einer Minis-
tererlaubnis weitere Marktmacht bekommen . Ich frage
Sie als Wirtschafts- und Wettbewerbspolitiker, denen
dieses Thema wichtig sein muss: Sind Sie der Meinung,
dass eine weitere Konzentration im Lebensmittelmarkt
richtig wäre? Wir sagen: Nein, das wäre nicht richtig .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Karin Binder [DIE LINKE] – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Es gibt aber ein ordentliches Verfahren!)


Damit sind wir nicht alleine . Der Bauernverband
spricht sich gegen diese Fusion aus,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Den haben Sie doch noch nie gelobt! Das ist ja ganz was Neues!)


weil er die Sorge hat, dass die Konzentration im Einzel-
handel faire Vermarktungsbedingungen untergräbt . Sie
alle kennen die Debatte, die wir diesen Sommer, aber
auch letzten Sommer über die Milchpreise und die Si-
tuation der Milcherzeuger geführt haben . Das sind doch
Themen, die wir ernst nehmen und berücksichtigen müs-
sen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Auch die mittelständischen Hersteller von Nah-
rungs- und Genussmitteln und Haushaltswaren sowie
die Privatbrauereien und die Verbraucherschützer sind
dagegen . Warum sind die Verbraucherschützer dagegen?
Sie sagen: Der Wettbewerb würde dadurch untergraben,
und das wiederum würde der Vielfalt und den Standor-
ten schaden . Ein funktionierender, fairer Wettbewerb ist
wichtig für faire Preise und ein vielfältiges Angebot .

Natürlich ist der Erhalt der Arbeitsplätze wichtig, ganz
wichtig sogar . Aber auch Verdi spricht sich gegen diese
Fusion aus . Auch das sollten wir berücksichtigen . Ja, es
ist wichtig, dass wir die Arbeitsplätze schützen und er-
halten . Es ist aber auch wichtig, dass wir auf die Stim-
men der Zivilgesellschaft hören: Verdi, Bauernverband,
Verbraucherzentrale und wir Grünen sprechen uns gegen
diese Fusion aus .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt sagen Sie: Na ja, einmal ganz langsam, es ist ein
Verfahren . Deswegen können wir gar nichts dazu sagen .
Irgendwann fällt die Ministererlaubnis oder nicht, und

Vizepräsidentin Ulla Schmidt

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13907


(A) (C)



(B) (D)


dann können wir sagen, warum sie so gefallen ist oder
warum nicht .


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir nennen das Rechtsstaat!)


Ich frage Sie als Parlamentarier und als Parlamentarie-
rinnen: Finden Sie es richtig, dass wir bei einer derar-
tigen politischen Debatte, die die Bevölkerung bewegt,
die die 16 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer be-
wegt, die uns alle bewegen muss – ich habe die Phalanx
der Leute, der Verbände, die sich hier positionieren, ge-
nannt –,


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Aufgabe der Exekutive! Eindeutig!)


an keiner Stelle die Möglichkeit haben, die Argumente
auszutauschen und dieses gesamtwirtschaftliche Interes-
se hier einmal abzuwägen?


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Machen Sie doch gerade! Ist doch alles gut!)


Es ist doch notwendig, dass das Ministerium und der
Minister hört, was wir als gewählte Parlamentarier zu
dieser Frage sagen, wie wir uns hier positionieren . Sie
als Wettbewerbspolitiker haben eine Meinung zur Markt-
konzentration . Sie als Landwirtschaftspolitiker wissen,
dass der Druck auf Erzeuger ein großes Problem ist .
Ich sage Ihnen: Wenn wir einen Beweis gebraucht ha-
ben, dass die Ministererlaubnis in dieser Form reformiert
werden muss, dann haben wir diesen Beweis heute be-
kommen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es kann nicht sein, dass Sie sich auf Verfahrensvorgänge
zurückziehen und der politische Diskurs ausbleibt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sagen ganz klar: Prüfung alternativer Fortfüh-
rungskonzepte – ja . Gute Arbeitsplätze – ja . Aber diese
heiß gelaufene Konzentrationsspirale im Handel ist ein
Problem . Hier möchte ich eine Aussage von Ihnen . Daher
haben wir diese Aktuelle Stunde beantragt .

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814212700

Vielen Dank . – Nächster Redner für die CDU/

CSU-Fraktion ist Dr . Matthias Heider .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Matthias Heider (CDU):
Rede ID: ID1814212800

Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! „Warum eine Aktuelle Stunde zum Minis-
tererlaubnisverfahren Edeka und Kaiser’s Tengelmann?“,
das ist hier die Frage . Damit sind wir auch gleich beim
Kern des Problems Ihrer Aktuellen Stunde . Das Thema
ist leider inhaltlich wenig geeignet, zum jetzigen Zeit-
punkt hier darüber zu debattieren . Aber ich verstehe:
Alle Marktteilnehmer sitzen da im Moment auf heißen

Kohlen . Das Bundeswirtschaftsministerium ist bei einer
Ministererlaubnis verfahrenstechnisch nicht in der Lage,
Auskunft über das laufende Verfahren zu geben; denn es
ist als Kartellbehörde tätig und muss sich bis zur Ent-
scheidung zurückhalten .

Davon abgesehen, dass diese Aktuelle Stunde natür-
lich auch keine Brechstange der Opposition ist, um an
Neuigkeiten zu kommen, möchte ich kurz etwas zum In-
halt des Verfahrens sagen .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wunderbar! Endlich mal einer!)


Worum geht es eigentlich im Wesentlichen? Bei dem
Übernahmevorhaben von Edeka gibt es aus wettbewerb-
licher Sicht zwei Blickwinkel . Die einen argumentieren
mit geringen Marktanteilen von Kaiser’s Tengelmann
und halten deswegen eine Übernahme für nicht wettbe-
werbsgefährdend . Die anderen betrachten die Verteilung
der 451 Kaiser’s-Tengelmann-Filialen in Deutschland als
schwierig und prophezeien erhebliche Wettbewerbsver-
zerrungen .

Ich tendiere zur zweiten Ansicht . Die Kaiser’s-Tengel-
mann-Märkte konzentrieren sich auf einige wenige Ge-
biete in Nordrhein-Westfalen, in Berlin und in Bayern .
Hier wird es nach Ansicht des Bundeskartellamtes zu
einer erheblichen Verschlechterung der Wettbewerbsbe-
dingungen kommen . Die Auswahl- und Ausweichmög-
lichkeiten für die Verbraucher wären nach einem solchen
Schritt stark eingeschränkt . Es könnte – das ist wahr-
scheinlich – zu Preiserhöhungen kommen . Auch im Be-
reich des Einkaufs würde ein bedeutsamer unabhängiger
Abnehmer für die Hersteller von Markenartikeln nicht
mehr zur Verfügung stehen . Ordnungspolitisch halte ich
daher die Untersagung durch das Bundeskartellamt für
völlig richtig .


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Voraussetzungen für eine Ministererlaubnis sind
andere . Hier wird geprüft, ob Wettbewerbsbeschrän-
kungen von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zu-
sammenschlusses aufgewogen werden oder ob der Zu-
sammenschluss durch ein überragendes Interesse der
Allgemeinheit gerechtfertigt ist . Aber auch diese Voraus-
setzungen sehe ich – jedenfalls nach unserem Kenntnis-
stand – im Moment nicht als eindeutig erfüllt an . Kaiser’s
Tengelmann behauptet, dass durch die Versagung einer
Ministererlaubnis ein Verlust von 8 000 Arbeitsplätzen
bevorstehe . Ich denke nicht, dass es dazu kommen wird .
Wir haben im Moment nur 2,6 Millionen Arbeitslose .
Das ist der geringste Stand seit 25 Jahren . Genügend
Wettbewerber im Lebensmitteleinzelhandel stehen in
den Startlöchern, um diese Arbeitsplätze zu erhalten .

Auch für den Fall eines Zusammenschlusses ist aus
meiner Sicht eine Arbeitsplatzgarantie nicht gesichert .
Kaiser‘s Tengelmann hat zwar mit den Betriebsräten in
den Regionen Nordrhein und Berlin eine Betriebsverein-
barung zur Beschäftigungssicherung geschlossen, und
Edeka betont in der Öffentlichkeit, dass es eine vertrag-
liche Absicherung für die Mitarbeiter durch eine Ergän-
zung im Unternehmenskaufvertrag gebe . Doch ob all

Kerstin Andreae

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513908


(A) (C)



(B) (D)


diese Vereinbarungen tatsächlich rechtlich bindend sind
und ob irgendwann nicht mehr Arbeitnehmer in einer
Transfergesellschaft landen und in den normalen Arbeits-
markt integriert werden müssen, das ist fraglich .

Meine Damen und Herren, zum Schluss: Ich glaube,
die Sache ist entscheidungsreif . Der Bundeswirtschafts-
minister muss zu einer Entscheidung kommen . Frau Par-
lamentarische Staatssekretärin, Sie haben heute Morgen
im Wirtschaftsausschuss berichtet, dass in der Anhörung
der Beteiligten am 16 . November dieses Jahres im We-
sentlichen nichts Neues zur Sachlage herausgekommen
ist . Der Prozess dauert jetzt schon länger als die aller-
meisten Ministererlaubnisverfahren . Eine Ministerer-
laubnis – das wissen wir alle – verschiebt den Rahmen
des geltenden Kartellrechts, erweitert ihn um gemein-
wohlbedingte Voraussetzungen. Deshalb, finde ich, ist
der Monopolkommission, die zu diesem aktuellen Ver-
fahren gesagt hat, dass eine Ministererlaubnis in diesem
Fall nicht erteilt werden soll, an dieser Stelle zuzustim-
men .

Ich glaube, meine Damen und Herren, die Märkte
brauchen jetzt ein eindeutiges Signal, damit nicht noch
länger auf die Entscheidung gewartet werden muss, und
ich glaube, es muss ein wettbewerbliches Signal sein .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814212900

Vielen Dank . – Als Nächstes hat der Kollege Michael

Schlecht, Fraktion Die Linke, das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814213000

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu

Ihrer letzten Bemerkung kann man nur zynisch sagen:
Die Märkte warten wieder einmal auf ein Schlachtop-
fer von 16 000 Beschäftigten . – Denn darum geht es im
Kern .


(Dr . Matthias Heider [CDU/CSU]: Eine schlechte Bemerkung!)


Noch eine Vorbemerkung . Ich habe in den letzten zehn
Tagen mit relativ vielen Akteuren in diesem Umfeld dis-
kutiert; ich habe mit Betriebsräten geredet, ich habe mit
Hauptamtlichen geredet . Ich will eine Klarstellung tref-
fen: Es ist nicht so, wie eben von Frau Andreae darge-
stellt, dass sich Verdi eindeutig gegen diese Fusion aus-
spricht . Die Spitzenfunktionärin, die dafür zuständig ist,
hat eine eher abwägende Haltung . Ich selbst habe heute
Morgen lange mit ihr telefoniert und darüber gesprochen .


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Andere sagen da aber etwas anderes!)


Es gibt auch andere Sekretäre und andere Betriebsräte,
die eine differenzierte Sicht auf dieses Thema haben . –
Das nur als Vorbemerkung .

Einen Punkt muss man, um das einordnen zu können,
sehen: dass Tengelmann und die 16 000 Beschäftigten

Opfer eines gnadenlosen Konkurrenzkampfes im Einzel-
handelsbereich sind .


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Edeka!)


– Die anderen kommen noch hinzu; ich rede jetzt aber
erst einmal über die Tengelmänner . – Dieser gnadenlose
Konkurrenzkampf hat zentral etwas damit zu tun, dass
wir im deutschen Einzelhandel seit 15 Jahren eine de-
saströse Lohnentwicklung und eine desaströse Entwick-
lung bei den Transfereinkommen haben, kurzum: dass
die Binnennachfrage – politisch gewollt –, ausgehend
von der Agenda 2000, erheblich zusammengeschnürt ist .

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass Tengelmann
seit zehn Jahren defizitär ist. Nach meinen Informationen
wurden mittlerweile 500 Millionen Euro zugeschossen,
um das Unternehmen zu erhalten, und jedes Jahr werden
weitere 50 Millionen Euro zugeschossen . Wir haben die
Situation, dass sich ein Unternehmen in einem gnaden-
losen Konkurrenzkampf befindet und dadurch auch die
Beschäftigten an den Rand gedrängt werden . Das wissen
auch die Betroffenen im Betrieb, und das weiß vor allen
Dingen auch der Betriebsrat .

Jetzt stehen wir im Grunde genommen vor folgender
Situation: Wenn es nicht zur Fusion kommt, dann finden
auch keine – manch einer träumt noch davon – weiter
gehenden Verhandlungen statt . Wenn es nicht zu der
Fusion kommt, dann wird es aller Voraussicht nach zur
Liquidierung dieses Unternehmens kommen . Das würde
bedeuten, dass die 16 000 Beschäftigten oder zumindest
die allermeisten von ihnen schlagartig zur Disposition
stünden oder nur noch ein kleiner Teil verwendet würde .


(Dr . Matthias Heider [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das? Das ist die Glaskugel von Herrn Schlecht! – Marcus Held [SPD]: Quatsch!)


Die Mehrheit der Betriebsräte, der betrieblichen Inte-
ressenvertretung präferiert deshalb die Fusion mit Edeka,
nicht weil sie sie toll finden, sondern weil sie sagen, dass
sie dann bessere Möglichkeiten und mehr Zeit haben, um
den Abbau- und Umstrukturierungsprozess, um den man
in Anbetracht der sehr dramatischen gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen aus ihrer Sicht überhaupt nicht he-
rumkommt, zu organisieren .

Es gibt natürlich Probleme, zum Beispiel mit der Ta-
rifbindung . Diese gibt es perspektivisch natürlich auch
deshalb, weil die Tarifbindung von gesetzlicher Seite
nicht gerade positiv begleitet wird . Es wäre für den Ein-
zelhandel zum Beispiel von herausragender Bedeutung,
dass die Regelungen zur Allgemeinverbindlichkeit von
Tarifverträgen deutlich verbessert werden . Eine Forde-
rung, die der DGB hat und die wir, die Linke, haben, ist
zum Beispiel, dass die Allgemeinverbindlichkeit von Ta-
rifverträgen auch gegen den Willen eines Unternehmer-
verbandes erzwungen werden kann . Das wäre ein ganz
wichtiger Punkt,


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


weil dadurch auch die tarifvertraglichen Standards für
die Beschäftigten, die dann zu Edeka gehören, deutlich
besser als durch die – Sie haben das ja richtigerweise

Dr. Matthias Heider

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13909


(A) (C)



(B) (D)


referiert – geschlossenen Betriebsvereinbarungen abge-
sichert werden würden . Diese Betriebsvereinbarungen
bieten aber zumindest über vier Jahre einen Schutz . Ich
finde, das ist ein gewichtiger Punkt.

Deswegen will ich Ihnen deutlich sagen: Aus mei-
nen Diskussionen in den letzten zehn Tagen – vor allen
Dingen aus den Diskussionen mit meiner alten Kolle-
genschaft; ich komme ja von Verdi und kenne dort vie-
le Kolleginnen und Kollegen, auch Betriebsräte – habe
ich den Eindruck, dass diese Fusion der am wenigstens
schlechte Weg für die 16 000 Beschäftigten ist . Das ist
zwar kein guter Weg, aber der andere Weg, nämlich die
Liquidierung, die Zerschlagung und die Vernichtung von
16 000 Arbeitsplätzen, wäre der weitaus dramatischere .


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt doch andere Angebote!)


Das Ganze kann man nur verhindern, indem man ge-
sellschaftlich wieder zu anderen Bedingungen kommt
und die Binnennachfrage in Deutschland stärkt, um auf
die Krise und die notleidende Situation im Einzelhandel
entsprechend zu reagieren und den absolut brutalen Kon-
kurrenzkampf auszuhebeln . Das ist der entscheidende
Weg . Wenn man das nicht macht, dann muss man in der
Tat solche Notfalldiskussionen darüber führen, was der
am wenigsten schlechte Weg ist . Das ist leider so .

Danke schön .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814213100

Vielen Dank . – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der

Kollege Dr . Hans-Joachim Schabedoth .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD):
Rede ID: ID1814213200

Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Ein Teil dieser Debatte erinnert an die
Dramatik einer Seifenoper . Sie kennen das: Der reiche
Bräutigam steht mit der geneigten Braut vor dem Altar,
und von hinten ruft es nach vorne: Nein, ihr dürft nicht
heiraten, es gibt noch viel schönere Ehepartner . Außer-
dem bestehen Zweifel, dass ihr gut zu euren Kindern sein
werdet .

Ich respektiere den Eifer, Wirtschaftsminister Gabriel
anzuhalten, die Übernahme von Kaiser‘s Tengelmann
durch Edeka in ähnlicher Weise last minute zu verbie-
ten . Das Bundeskartellamt und die Monopolkommission
haben das ja schon getan . So weit, so einfach . Ist es aber
wirklich so einfach?

Zunächst sollten wir uns bewusst sein: Die Minister-
erlaubnis heißt so, weil der Minister und nicht das Par-
lament der Erlaubnisgeber oder -verweigerer ist . Gleich-
wohl sind wir Parlamentarier nicht daran gehindert, ihm
unsere eigenen Erwägungen vorzutragen . Das tun wir
heute .


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, vielen Dank!)


Wer ihm diesbezüglich einen Rat geben will, kann das
also tun . Dass sich Ratschläge auch widersprechen kön-
nen, hat schon die Sonderanhörung gezeigt . Am Ende
muss er also doch wieder allein entscheiden, ob und wie-
so er sich über das Votum des Bundeskartellamtes hin-
wegsetzen will oder nicht .

Kritiker schwarz-gelber Regierungsarbeit behaupten,
es sei deren Markenzeichen gewesen, unbequemen Ent-
scheidungen auszuweichen, sie zu verzögern und gar das
Fähnlein nach dem Wind wahltaktischer Kalküle zu rich-
ten . Das mag viele Jahre klappen, aber nicht auf ewig .
Wer Kanzlerin bleiben will oder Kanzler werden möchte,
muss also auch entscheiden – mit allen Schwierigkeiten,
die das gerade in diesen Tagen mit sich bringt .

Ich habe den Eindruck, dass wir einen Wirtschaftsmi-
nister haben, der sich vor Entscheidungen nicht drückt .
Das gilt auch im hier diskutierten Fall . Politik machen
heißt, Entscheidungen zu treffen und sie auch wertbezo-
gen zu begründen .

Was sind die Werte, die dafür maßgeblich sind? Zu-
allererst stellen sich einige Fragen: Was stiftet den größ-
ten gesellschaftlichen Nutzen? Was ist am besten für die
16 000 noch unter relativ guten tariflichen Bedingungen
arbeitenden Beschäftigten bei Kaiser’s Tengelmann?
Und was nützt es den Kunden und den Lieferanten? Sol-
che Fragen waren für den Mann an der Spitze von Ten-
gelmann ganz offensichtlich nicht so spielentscheidend;
wohl sind sie es aber für den Wirtschaftsminister .

In der Seifenoper wird die Braut das letzte Wort ha-
ben .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Minister ist die Braut?)


In unserem Fall geht es aber nicht um die Entscheidung
des Herzens, sondern um soziale und ökonomische Ver-
nunft . Wir alle wollen gute Qualität zu angemessenen
Preisen . Deshalb hat es einen hohen Wert, wenn in allen
Regionen möglichst viele Anbieter im Wettbewerb ste-
hen und Erzeuger und Lieferanten nicht vor Abnehmer-
monopolisten kapitulieren müssen .

Dem Kaiser’s-Tengelmann-Eigner ist das egal . Er be-
harrt auf seiner Eigentümerallmacht und will sich nur mit
der Goldmarie verheiraten . Mit der vielleicht doch hüb-
scheren Pechmarie hat er gar nicht ernsthaft verhandelt .


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Minister Gabriel ist die Braut oder die Goldmarie? – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin ausgestiegen aus der Geschichte!)


Auch regional differenzierte Marktstrukturen haben bei
seiner Verkaufsstrategie keine Rolle gespielt . Dass Ei-
gentum verpflichtet und sein Gebrauch der Allgemein-
heit zu dienen hat, steht bekanntermaßen in Artikel 14
Absatz 2 des Grundgesetzes. Das ist keine fixe Idee aus
Nordkorea .

Gibt der Verkäufer seine bockige Ignoranz gegen-
über kartellrechtlichen Bedenken nicht auf, dann wird
er riskieren, dass der Wirtschaftsminister nicht anders
entscheidet als die Kartellwächter . Deshalb empfehle ich

Michael Schlecht

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513910


(A) (C)



(B) (D)


nicht nur dem Wirtschaftsminister, bei seiner Entschei-
dung unsere Debatte zu berücksichtigen .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schön!)


Auch der Verkäufer sollte seine gesellschaftliche Ver-
pflichtung anerkennen. Alle potenziellen Käufer wieder-
um sollten wissen: Es geht nicht um ein Verdienen durch
Arrondieren, sondern um ein Maximieren des Kunden-
nutzens . Auch damit ließ sich früher gut Geld verdienen .

Um im Bild zu bleiben: Die Braut hat die Wahl . Ers-
tens . Sie muss sich nicht an den einen binden . Sie kann
auch prüfen, ob es nicht doch andere gibt, die besser zu
ihr passen . Zweitens . Sie wird die Verantwortung für
ihre bisherigen Kinder, also alle Tengelmann- und Kai-
ser‘s-Beschäftigten, nicht so einfach loswerden . Drittens .
Ein Pastor wird die Trauung umso lieber vollziehen,
wenn keine Zweifel bleiben, ob auf der Ehe ein Segen
ruht .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814213300

Danke schön . – Nächster Redner für die CDU/

CSU-Fraktion ist der Kollege Dr . Andreas Lenz .


(Beifall bei der CDU/CSU – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So, Herr Lenz, jetzt müssen Sie auf die Geschichte erwidern! – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Braut oder Bräutigam?)



Dr. Andreas Lenz (CSU):
Rede ID: ID1814213400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir führen
heute eine Debatte über etwas, was wir hier im Parlament
gar nicht zu entscheiden haben, nach dem Motto: Schön,
dass wir darüber gesprochen haben .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na, na!)


Im vorliegenden Fall ist der Minister Kartellrechtsbe-
hörde im Sinne des Gesetzes . Er entscheidet über eine
etwaige Ministererlaubnis . Deswegen heißt sie auch so .

Wie sich hier die Grünen als Ordnungspolitiker er-
finden, finde ich bemerkenswert, fast etwas rührend. Ei-
gentlich fallen Sie sonst eher als Verbotspartei auf .


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich denke, mit Wettbewerb und Marktwirtschaft kann
man Sie eigentlich nicht in Verbindung bringen . Dass Sie
außerdem an der Seite des Bauernverbandes stehen, ist
mir auch neu . Aber in dieser Debatte können wir eben
immer wieder neue Erkenntnisse gewinnen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Bundeskartellamt hat am 1 . April 2015 den Er-
werb der 451 Kaiser‘s-Tengelmann-Filialen durch Edeka
untersagt; aus meiner Sicht aus gutem Grund . Der Le-
bensmittelmarkt in Deutschland ist hoch konzentriert .

Die großen Vier, Edeka, Rewe, Lidl und Aldi, vereinen
im Lebensmitteleinzelhandel 85 Prozent Marktanteil auf
sich . Edeka hat dabei eine doppelt so hohe Standortdich-
te wie der nächste Konkurrent . Außerdem hat Edeka mit
rund 27 Prozent den bei weitem höchsten Marktanteil . So
weit nichts Neues .

Eine Übernahme der Kaiser’s Gruppe würde dazu
führen, dass sich zukünftig Preiserhöhungsspielräume
ergeben könnten, auch wenn man das jetzt noch nicht
beobachten kann . Momentan werden niedrige Preise im
Lebensmitteleinzelhandel häufig zulasten der Produzen-
ten umgesetzt . Wenige Nachfrager drücken durch ihre
Marktmacht die Preise der Erzeuger von Lebensmitteln .
Das geht vor allem zulasten der heimischen Landwirt-
schaft . Diese Tendenz würde durch die Übernahme eines
Wettbewerbers weiter verstärkt werden .

Häufig wird argumentiert, dass nur durch eine Über-
nahme durch Edeka die Arbeitsplätze bei Kaiser’s Ten-
gelmann zu retten seien . Das sehe ich nicht so . Entschei-
dend, ob ein Standort weitergeführt wird, ist vor allem
seine Attraktivität . Auch deshalb ist der Fall Kaiser’s
Tengelmann nicht mit dem Fall Schlecker zu verglei-
chen. Hier waren die Filialen häufig auch in ländlichen
Gegenden verteilt . Die Filialen von Kaiser’s Tengelmann
konzentrieren sich auf attraktive Standorte im Großraum
Berlin, in NRW sowie in München und Oberbayern . In
diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass al-
lein in München durch eine Übernahme von Tengelmann
eine Marktkonzentration teilweise von bis zu 95 Prozent
auftreten würde .

Die Monopolkommission hat am 3 . August in einem
Sondergutachten festgestellt, dass etwaige Gemeinwohl-
vorteile die Wettbewerbsbeschränkungen nicht aufwie-
gen würden . Dies würde auch für eine Ministererlaubnis
mit Auflagen gelten. Auch aus diesem Grund ist es nicht
ganz verständlich, warum Kaiser’s Tengelmann dem
Anschein nach andere Angebote nicht oder nur unzurei-
chend geprüft hat .

Walter Eucken stellte einst verärgert fest: Überall
kann man erkennen, dass die Monopolfreunde vordrin-
gen . – Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
wurde 1957 von Ludwig Erhard ja genau aus dem Grund
geschaffen, den Wettbewerb zu fördern, letztlich zum
Wohle aller . Man sieht auch aus der Geschichte: Wo kein
Wettbewerb stattfindet, ist letztlich die Vielfalt des Wa-
renangebots sehr eingeschränkt .

Edeka wirbt mit dem Slogan „Wir lieben Lebensmit-
tel“ . Das überzeugt . Wir sollten nach dem Motto handeln:
Wir lieben Ordnungspolitik, wir lieben Marktwirtschaft,
letztlich zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger . Das
überzeugt mich .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wie gesagt, es entscheidet der Minister nach
§ 42 GWB . Der Minister war bei der mündlichen Anhö-
rung anwesend und kennt die Faktenlage . Es ist gerade

Dr. Hans-Joachim Schabedoth

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13911


(A) (C)



(B) (D)


Advent, die Zeit der Ankunft . Vielleicht ist es auch die
Zeit der Entscheidungsfindung.

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814213500

Vielen Dank . – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt

Jutta Krellmann .


(Beifall bei der LINKEN)



Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1814213600

Vielen Dank . – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr

verehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Wir reden
gerade über 16 000 Beschäftigte hier in Deutschland, die
bei Tengelmann noch arbeiten . Diese Kolleginnen und
Kollegen bangen jetzt schon seit Monaten um ihre Ar-
beitsplätze und wissen nicht, was in Zukunft mit ihnen
passiert .

Als Gewerkschaftssekretärin habe ich unheimlich
viele solcher Konflikte in den Betrieben erlebt. Ich habe
erlebt, wie viele Tränen da geflossen sind. Ich habe er-
lebt, was das für die Leute bedeutet hat; denn wenn wir
von 16 000 Menschen reden, dann reden wir auch von
16 000 Existenzen, um die es in diesem Fall gerade geht .


(Beifall bei der LINKEN)


Es sind in der Regel nicht die Beschäftigten, die sol-
che Situationen verursacht haben und die dafür gesorgt
haben, dass das Kind kurz davor ist, in den Brunnen zu
fallen . Das sind aber diejenigen, die am Ende immer un-
ter den Konsequenzen zu leiden haben . Das passiert mit
den Beschäftigten . Im Grunde kann es den Betroffenen
und auch mir als Gewerkschaftssekretärin scheißegal
sein, wie am Ende dieser Auseinandersetzung der Eigner
des Betriebes heißt und wem er am Ende gehört . Ent-
scheidend ist, was mit den Existenzen passiert, was mit
den Arbeitsplätzen passiert und wo die Menschen arbei-
ten . Im Grunde ist es egal, wie der Eigner am Ende heißt .
Wichtig ist, was am Ende in der Packung drin ist .

Entscheidend wird sein, unter welchen Bedingungen
es für diese Beschäftigten weitergehen wird . Wenn man
die Branche betrachtet, stellt man fest, dass der Einzel-
handel im Grunde eine der größten Branchen ist, die wir
hier in Deutschland haben . Dort arbeiten circa 2,7 Mil-
lionen Beschäftigte, und das sind überwiegend Frauen .
Über 50 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, und das
gilt natürlich auch für Kaiser’s Tengelmann . Diese Frau-
en arbeiten überwiegend in Teilzeit, oftmals in Minijobs .
Es gibt einen massiven Verdrängungswettbewerb in den
Einkaufsstraßen und Einkaufszentren . Im Grunde stellt
sich schon lange die Frage, was mit den Arbeitsplätzen
im Einzelhandel passiert .

Die Tarifbedingungen sind unglaublich stark ausge-
höhlt worden . Es gibt viele Arbeitgeber – an der Spitze
die Firma Edeka –, die dafür sorgen, dass die Betriebe aus
den Arbeitgeberverbänden ausgegliedert werden . Damit
werden die Tarifverträge ad absurdum geführt . Die Tarif-
bindung in den Bereichen ist mittlerweile sehr schlecht,
und das ausgerechnet in einer Branche, mit der wir alle

immer wieder zu tun haben, wenn wir einkaufen gehen .
Weil wir wissen, dass die tariflichen Bedingungen in die-
sem Bereich nicht passen, muss das, finde ich, ganz be-
sonders intensiv diskutiert werden . Denn diese Situation
hat auch etwas damit zu tun, dass Firmen in Schwierigkei-
ten geraten und am Ende die Arbeitsplätze infrage stehen .

Prozentual gesehen ist die Tarifbindung der Beschäf-
tigten im Westen mittlerweile auf 42 Prozent und im Os-
ten auf 33 Prozent gesunken . Was die Betriebe angeht,
sind im Westen 70 Prozent der Betriebe ohne Tarifbin-
dung . Im Osten sind es 77 Prozent .


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Edeka hat nur 10 Prozent!)


– Edeka ist auch das Beispiel dafür . Edeka selbst ist im
Arbeitgeberverband und zahlt den Flächentarif . Aber alle
ausgegliederten Betriebe sind nicht mehr im Arbeitge-
berverband . Das sind Probleme in der Branche .

Von daher bin ich der Auffassung, dass man, wenn
man darüber diskutiert, auf jeden Fall mit diskutieren
muss, welche Anforderungen wir im Falle einer Zusage,
dass Edeka Tengelmann übernehmen kann, stellen . Ich
will den Werbespruch von Edeka aufgreifen: „Wir lie-
ben Lebensmittel“ . Die Arbeitnehmerrechte liebt Edeka
nicht . Da müsste eine ganze Menge passieren, damit
Edeka zu einem guten Betrieb wird .


(Beifall bei der LINKEN – Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: So ein Quatsch! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist eine Beleidigung der Mitarbeiter bei Edeka!)


– Nennen Sie das ruhig Quatsch . Wir können gerne darü-
ber diskutieren . Das würde ich gerne mit Ihnen machen .


(Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Dazu habe ich keine Lust! Mit Ihnen nicht! – Dr . Matthias Heider [CDU/CSU]: Sind Sie dafür oder dagegen?)


Die Forderung, die ich als Mitglied der Fraktion Die
Linke habe, ist: Die Entscheidung darf im Interesse der
Beschäftigten nicht an der Gewerkschaft Verdi, den Be-
triebsräten und den Beschäftigten vorbeigehen .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Gewerkschaftsinteressen! Nicht die Beschäftigten! Die Gewerkschaft!)


Und sie muss unter der Maßgabe erfolgen: Wir reden
über Flächentarifverträge und Mitbestimmung in den
Betrieben .


(Dr . Matthias Heider [CDU/CSU]: Das ist Ministererlaubnis! Keine Gewerkschaftserlaubnis!)


Wenn das erledigt ist, dann ist, finde ich, ein wichtiger
Schritt im Interesse der Beschäftigten bei der Firma Ten-
gelmann getan .

Vielen Dank .


(Beifall bei der LINKEN)


Dr. Andreas Lenz

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513912


(A) (C)



(B) (D)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814213700

Danke schön . – Als Nächstes hat Marcus Held,

SPD-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der SPD)



Marcus Held (SPD):
Rede ID: ID1814213800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Ich bin sehr überrascht darüber, dass wir uns
heute Nachmittag im Plenum Schlagwörter und Werbe-
strategien von Mitbewerbern im Einzelhandel um die
Ohren werfen . Wir sind im Deutschen Bundestag, und
ich denke, wir haben nicht zu bewerten, welches Unter-
nehmen mit welchen Schlagwörtern und Marktstrategien
am Markt ist . Wir haben vielmehr ein formelles Verfah-
ren – darauf möchte ich auch Sie, Frau Dröge und Frau
Andreae, noch einmal hinweisen –, das seit fast einem
Jahr läuft . In dieses Verfahren haben wir uns politisch im
Grunde überhaupt nicht einzumischen .

Denn wie hat das Verfahren begonnen, meine Da-
men und Herren? Am 1 . April hat das Bundeskartellamt
die Übernahme von Filialen von Kaiser’s Tengelmann
durch Edeka untersagt . Das Bundeskartellamt hat dies
damals auch sehr dezidiert begründet, weil dies nach
seiner Einschätzung zu erheblichen Verschlechterungen
der Wettbewerbsbedingungen auf zahlreichen ohnehin
schon stark konzentrierten regionalen Märkten im Groß-
raum Berlin, München und Oberbayern sowie in Nord-
rhein-Westfalen geführt hätte .

Wir diskutieren in diesem Hause und in den Ausschüs-
sen gegenwärtig auch über das Vergaberecht und das
Wettbewerbsrecht . Insofern ist, glaube ich, zunächst die-
se Entscheidung des Bundeskartellamtes zu akzeptieren,
insbesondere deshalb, weil das Bundeskartellamt sehr
selten zu solchen Einschätzungen auf dem Markt kommt .

Was ist nach einer solchen Entscheidung zu tun? § 42
des GWB tritt in Kraft . Hier kann der Antragsteller da-
für sorgen, dass eine entsprechende Ministererlaubnis
gegeben wird . Der Minister kann sich mit seiner Ent-
scheidung über die Entscheidung des Bundeskartellamts
stellen . In diesem Fall wurde eine entsprechende Erlaub-
nis beantragt . Dies wurde mit dem Bericht der Mono-
polkommission am 3 . August veröffentlicht . Die Mono-
polkommission hat in ihrem Gutachten ganz klar gesagt,
dass die Gemeinwohlvorteile die Wettbewerbsbeschrän-
kungen nicht aufwiegen und dass auch fraglich ist, dass
das Argument der Arbeitsplatzsicherheit – darauf möchte
ich besonders hinweisen – so klar zugunsten von Edeka
spricht . Die Länder und die Betriebsräte der betroffenen
Standorte haben unterschiedliche Stellungnahmen ab-
gegeben . Insofern kann man weder auf Arbeitgeberseite
noch auf Gewerkschaftsseite von einer geschlossenen
Front sprechen . Je nachdem, wie stark jemand betroffen
ist, ist die Stellungnahme ausgefallen .

Herr Schlecht, Sie haben in Ihrer Rede gesagt, dass es,
wenn die Ministererlaubnis nicht gegeben wird, zu einer
Zerschlagung von Kaiser’s Tengelmann kommen wird .
Wie Sie zu einer solchen Einschätzung kommen, ist mir
allerdings schleierhaft . Die Monopolkommission spricht
davon, dass es, wenn die Ministererlaubnis nicht gegeben
würde, dezentrale Vergaben in Teilpaketen geben könnte .

Ich persönlich bin mir ganz sicher: Der Eigentümer von
Kaiser’s Tengelmann wird dafür sorgen, dass es nicht
zu einer Liquidierung kommt . Er wird sicherlich einen
guten Preis für sein Unternehmen auf dem Markt erzie-
len wollen . Wenn das in Teilpaketen möglich ist, warum
nicht?

Wichtig für uns, die SPD, ist, dass die 16 000 Arbeits-
plätze bei Kaiser’s Tengelmann erhalten bleiben und dass
sie in Zukunft in einem Verbund sogar stärker ausgebaut
werden . Sie haben in diesem Zusammenhang von einem
brutalen Konkurrenzkampf gesprochen . Dieser Kampf
auf dem Markt bedeutet aber auch, dass Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer sowie insbesondere Menschen
mit geringem Einkommen in Deutschland zu günstigen
Preisen Lebensmittel erwerben können; das sollten Sie
nicht verschweigen . Als Vorsitzender einer regionalen
Tafel weiß ich, dass diese Möglichkeit vielen Menschen
leider nicht eröffnet ist . Aus diesem Grunde muss auch
die Kehrseite angesprochen werden .

Wie geht es weiter? Egal wie der Minister entschei-
det – das muss in der Debatte noch einmal gesagt wer-
den –, Frau Staatssekretärin Zypries, er kann es nur
falsch machen . Entweder gibt er die Ministererlaubnis –
dann werden die Mitbewerber klagen –, oder er gibt sie
nicht – dann geht das Spiel von vorne los .

Noch einmal eine Klarstellung an dieser Stelle: Poli-
tisch haben wir keine Entscheidung zu treffen, egal wie
viele Aktuelle Stunden Sie dazu noch beantragen werden .
Das ist zwar hochinteressant für die Kunden und alle an-
deren, weil es um Arbeitsplätze geht . Wir werden sehen,
wie es in den nächsten Wochen und Monaten weitergeht .
Vielleicht wird uns der entsprechende Erlass unter den
Weihnachtsbaum gelegt . Dann werden wir sehen . Ich bin
jedenfalls sicher, dass wir uns noch einige Monate, wenn
nicht sogar Jahre mit diesem Thema zu befassen haben .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814213900

Vielen Dank . – Nächste Rednerin ist Katharina Dröge,

Bündnis 90/Die Grünen .


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1814214000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! § 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-
schränkungen regelt zwar vieles nicht, was in der Debatte
erwähnt wurde, wohl aber folgende zwei Sachverhalte:
Der Minister darf dann eine Ministererlaubnis für eine
Fusion erteilen, die bereits durch das Bundeskartellamt
versagt wurde, wenn es entweder gesamtwirtschaftliche
Vorteile gibt, die eine solche Fusion begründen, oder
es ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gibt .
Aus diesem überragenden Interesse der Allgemeinheit
lässt sich ableiten, dass es sich um keine Hinterzimme-
rentscheidung, sondern um eine hochgradige politische
Entscheidung handelt, die der Minister, der kein Rich-
ter, sondern ein politischer Beamter ist, treffen muss und
über die wir diskutieren müssen . Das darf die Bundesre-

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13913


(A) (C)



(B) (D)


gierung nicht einfach wegwischen, wie sie es in der Fra-
gestunde getan hat .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was haben Sie gemacht, Frau Zypries? Frau Zypries,
wir haben Sie nicht danach gefragt, was Herr Gabriel tun
wird, ob er die Ministererlaubnis erteilen wird oder ob er
sie versagen möchte . Wir haben Sie zur Sache gefragt .
Sie haben jede einzelne Frage dadurch weggewischt,
dass Sie gesagt haben, Herr Gabriel prüfe die Minister-
erlaubnis .

Sie haben noch nicht einmal auf die Frage antworten
können, was denn grundsätzlich Allgemeinwohlgründe
sein könnten, um eine Ministererlaubnis auszusprechen .
Wenn die Bundesregierung noch nicht einmal über die
Grundsätzlichkeit mit dem Parlament sprechen kann,
obwohl das Gesetz regelt, dass diese Gründe diejenigen
sind, die Herr Gabriel berücksichtigen muss, dann frage
ich mich wirklich, ob Sie uns einfach nur für dumm ver-
kaufen oder ob Sie sich der Debatte nicht stellen wollen .
Ich glaube, Sie wollen sich der Debatte nicht stellen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


weil Sie ganz genau wissen, dass die Gründe, die dafür
sprächen, eine Ministererlaubnis auszusprechen, äußerst
schlechte Gründe sind . Denn was wäre das Ergebnis,
wenn diese Ministererlaubnis ausgesprochen würde?
Noch mehr Marktmacht für Edeka, noch weniger Wett-
bewerb im Supermarktbereich, noch weniger Auswahl
für die Verbraucher, noch mehr Druck auf die Erzeuger .

Dann kommt das ganz wichtige Argument der Ar-
beitsplätze . Durch die Übernahme durch Edeka würde
es im Bereich der Beschäftigten, die vorher bei Tengel-
mann gearbeitet haben, zu einem Verlust der Tarifbin-
dung kommen. Es kommt zu einer Auflösung von Mit-
bestimmungsstrukturen . Schauen wir uns einmal an, was
Edeka jetzt schon macht, nämlich das System der selbst-
ständigen Kaufleute und die Löhne, die Edeka zahlt. Es
ist genau das: Edeka umgeht die ordentlichen tariflichen
Strukturen, die Wettbewerber wie beispielsweise Rewe
immer noch haben .

Deswegen haben auch die Vertreterinnen von Verdi in
der Anhörung gesagt, dass sie sich gegen eine Minister-
erlaubnis aussprechen . Wir waren da . Verdi hat das ganz
klar gesagt . Schauen Sie sich das Verhalten von Herrn
Gabriel in dieser Anhörung an und wie er mit der Ver-
treterin von Verdi umgegangen ist . Er ist alles andere
als das, was ich mir unter einem neutralen Richter vor-
stelle . Wenn ich in einem Gerichtsverfahren von einem
Richter so angegangen worden wäre, wie Herr Gabriel
die Verdi-Vertreterin angegangen hat, dann Halleluja . So
stelle ich mir Gerichte in Deutschland nicht vor .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben jetzt viel über die Situation der Beschäftig-
ten bei Tengelmann und darüber gesprochen, ob sie zu
Edeka kommen . Wir haben noch nicht über die Beschäf-
tigten der Wettbewerber gesprochen; denn wenn Edeka,
das jetzt schon Marktführer im Bereich der Supermärkte
ist, seine Marktmacht noch weiter ausbaut, dann hat das
natürlich auch Beschäftigungseffekte auf die Wettbewer-

ber und die Zulieferer . Deshalb ist es relevant, dass wir
hier im Bundestag miteinander darüber reden und wir die
Bundesregierung und das Bundesministerium für Arbeit
und Soziales fragen, welche Beschäftigungseffekte sie
erwarten, wenn man die Konzentration im Lebensmittel-
bereich erhöht . Diese grundsätzliche Aussage hätten Sie
als Bundesregierung schon treffen können, und die hät-
ten Sie als Bundesregierung treffen müssen .

Wir diskutieren heute darüber, weil wir verhindern
wollen, dass Herr Gabriel am 23 . Dezember eben schnell
einmal eine Entscheidung trifft, die er dann hoffentlich
in der Weihnachtspause versenkt, wenn alle Journalisten
in Urlaub sind und wir vor dem Weihnachtsbaum sitzen
und nicht mitbekommen, dass Herr Gabriel Herrn Haub
ein Weihnachtsgeschenk gemacht hat . Wenn man sich
anschaut, wie Herr Haub agiert, dann stellt man fest, dass
das nicht fürsorglich gegenüber den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern ist .


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist eine Unterstellung!)


Herr Haub versucht mit der Brechstange, einen Ver-
kauf an Edeka durchzusetzen . Er hat die Angebote von
Rewe und anderen Wettbewerbern einfach völlig igno-
riert .


(Marcus Held [SPD]: Das ist doch seine Sache! Er ist der Eigentümer!)


Ich glaube, Herr Haub hat einfach einmal die Probe aufs
Exempel gemacht, ob er die Regeln des Bundeskartell-
amts und der Monopolkommission außer Kraft setzen
kann. Er möchte die Kraftprobe und zeigen, wie einfluss-
reich er ist .


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Einmal durchatmen!)


Wenn Herr Gabriel diese Fusion genehmigt, dann ist
das eine Lobbyentscheidung und nichts anderes . Das
ist weder gut für den Wettbewerb noch gut für die Be-
schäftigten, die Verbraucherinnen und Verbraucher oder
die Erzeuger . Deswegen kann ich nur an Sie appellieren:
Versagen Sie diese Genehmigung!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814214100

Vielen Dank . – Als Nächstes hat die Kollegin

Dr . Kristina Schröder, CDU/CSU-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1814214200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dass es bei einem Zusammenschluss von Kaiser’s Ten-
gelmann und Edeka zu erheblichen Wettbewerbsbe-
schränkungen käme, und zwar sowohl aus Sicht der Ver-
braucher als auch aus Sicht der Lieferanten, darüber sind
sich das Bundeskartellamt und die Monopolkommission
einig .

Aus Sicht der Verbraucher lässt sich das gut am
Beispiel von Berlin illustrieren . In Berlin wie in ganz
Deutschland teilen sich den Markt der Vollsortimenter im

Katharina Dröge

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513914


(A) (C)



(B) (D)


Grunde drei Unternehmen: Rewe, Kaiser’s und Edeka .
In Berlin ist es so, dass Edeka einen Anteil von 25 bis
30 Prozent hat, aber auch Kaiser’s sehr stark ist und in
einigen Bezirken einen Anteil von 20 bis 30 Prozent hat .
Sie müssen diese Prozentzahlen nur zusammenzählen,
damit Ihnen klar wird, was der Zusammenschluss zumin-
dest in einigen Ballungszentren wie Berlin, wie Düssel-
dorf, wie München bedeuten würde .

Was würde er aus Sicht der Lieferanten bedeuten? Da
stellt die Monopolkommission mit bestechender Logik
fest: Der Wegfall von Kaiser’s Tengelmann als Aus-
weichalternative wäre zumindest eine Verschlechterung
für diejenigen Lieferanten, für die Kaiser’s Tengelmann
eine Ausweichalternative ist . Hinzu kämen die Lieferan-
ten, die bisher nur an Kaiser’s Tengelmann geliefert ha-
ben, bei Edeka aber nicht gelistet sind . Ob die bei Edeka
unterkommen können – wahrscheinlich nur zu erheblich
schlechteren Bedingungen –, das ist fraglich . Deswegen
war auch das Votum des Bundeskartellamtes ganz ein-
deutig .

Jetzt haben die betroffenen Unternehmen Edeka und
Kaiser’s einen Antrag auf Ministererlaubnis gestellt .
Im Zentrum steht das Argument der Sicherung von Ar-
beitsplätzen . Aber auch hier ist die Monopolkommission
skeptisch . Sie erwartet zumindest mittel- bis langfristig
eher einen erheblichen Arbeitsplatzabbau, allein schon
deswegen, weil es bei solchen Zusammenschlüssen ja
auch Rationalisierungseffekte geben soll, die dann er-
fahrungsgemäß eher zu einem Abbau von Arbeitsplätzen
führen .

Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die
Gesamtbetrachtung der Argumente sollte uns skeptisch
machen. Kaiser’s Tengelmann ist hoch defizitär. Das Un-
ternehmen bezeichnet sich selbst als Sanierungsfall . Der
Zusammenschluss soll ermöglichen, dass alle Arbeits-
plätze erhalten bleiben oder zumindest Alternativarbeits-
plätze angeboten werden . Und: Die Lieferanten sollen
keine nennenswerten Nachteile haben . Also auch hier
würde es für das neue Unternehmen keine Möglichkeit
geben, Kosten zu senken .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da stellt sich doch
schon die Frage, warum Edeka für so ein Gesamtpaket
250 Millionen Euro auf den Tisch legen soll . Bei der An-
hörung im Bundeswirtschaftsministerium Mitte Novem-
ber gab es erhebliche Zweifel an der Betriebsvereinba-
rung zur Beschäftigungssicherung; denn die Frage ist, ob
die Dinge, die dort geregelt werden sollen, auch wirklich
dort geregelt werden können, und zwar wirksam . Die
Vertreterin von Verdi hat entsprechend betont, dass das
Übergangsszenario keinerlei Gewähr für den Erhalt be-
stehender Arbeitsplätze oder auch bestehender Arbeits-
bedingungen bietet . Sie bedürfen einer tarifvertraglichen
Absicherung .

Es gibt eine weitere Frage, die ich mir stelle . Der
Erhalt von Arbeitsplätzen ist ein hohes Gut . Aber ist er
wirklich nur durch den beabsichtigten Zusammenschluss
realisierbar? Ich finde, durch die Argumentation von Kai-
ser’s zieht sich so eine seltsame Alternativlosigkeit .


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo ist der Begriff bloß her?)


Rewe beteuert, man habe ja Interesse, aber man habe nie
eine Chance gehabt . Auch die Gesamtlösung mit meh-
reren Erwerbern scheint mir nicht wirklich vorbehaltlos
diskutiert worden zu sein . Daher frage ich mich schon,
ob die Voraussetzung für eine Ministererlaubnis – dass
nämlich nur so eine Arbeitsplatzsicherung möglich ist –
auch wirklich gegeben ist .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Damit, meine Damen und Herren, sind wir bei der
Ministererlaubnis . 21 Anträge auf eine Ministererlaub-
nis gab es in der Geschichte der Bundesrepublik . In den
meisten Fällen war das Votum der Monopolkommission
abschlägig . Die Unternehmen haben daraufhin den An-
trag zurückgezogen, oder der Minister hat sich an das
Votum der Monopolkommission gehalten und die Er-
laubnis nicht erteilt . Es gab nur vier Fälle, in denen sich
die Monopolkommission gegen den Zusammenschluss
ausgesprochen hat und der Minister dennoch die Erlaub-
nis erteilt hat, dann aber in drei Fällen mit Auflage. In
nur einem einzigen Fall in der Geschichte der Bundesre-
publik hat sich der Minister wirklich komplett gegen das
Votum der Monopolkommission gestellt und die Erlaub-
nis dennoch erteilt; das war 1974 .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der behutsame Um-
gang mit der Ministererlaubnis zeigt, dass die bisherigen
Minister das Kartellrecht und auch die Expertise der Mo-
nopolkommission sehr ernst genommen, sehr respektiert
haben .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814214300

Sie müssten jetzt zum Schluss kommen .


Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1814214400

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin . – Für eine

Ministererlaubnis, gar eine uneingeschränkte, gegen das
Votum der Monopolkommission müssten daher sehr ge-
wichtige und auch empirisch nachvollziehbare Gründe
vorliegen, die gar nicht erst den Verdacht aufkommen
lassen, Popularitätserwägungen hätten hier eine Rolle
gespielt . Ich bin mir sicher, dass unser Minister sich der
Bedeutung dieser Entscheidung bewusst ist .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814214500

Vielen Dank . – Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Kol-

legin Waltraud Wolff das Wort .


(Beifall bei der SPD)



Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1814214600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
frage mich die ganze Zeit, was die Grünen eigentlich be-

Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden)


Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13915


(A) (C)



(B) (D)


wogen hat, heute zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde
zu beantragen .


(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die Regierung unsere Fragen nicht beantwortet hat!)


Ein Grund ist: Die Zuschauerinnen und Zuschauer erle-
ben das Parlament, was Sie sonst am Mittwoch um diese
Uhrzeit nicht erleben würden .

Aber jetzt zum Ernst der Lage . Wir reden über eine
Marktangelegenheit . Wir reden darüber, dass Bundeskar-
tellamt und Monopolkommission die Aufsicht führen .
Wir reden darüber – das wissen wir; das haben wir schon
beredet –: Alle haben abgelehnt . Wir reden darüber, dass
der Bundesminister für Wirtschaft nach dem Gesetz ge-
gen Wettbewerbsbeschränkungen, § 42, die Möglichkeit
einer Ministererlaubnis hat .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist doch schön, wenn wir mal darüber reden!)


– Ja, das tun wir doch .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen beantragen wir es!)


Sie haben es beantragt .

Das sind die Fakten, und der wichtigste Fakt, meine
Damen und Herren, ist, dass wir als Parlament darüber
philosophieren können, in epischer Breite, aber nichts,
gar nichts zu entscheiden haben .


(Beifall bei der SPD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Minister hört es hoffentlich!)


Meine Damen und Herren, ich lebe in einer Kleinstadt,
die heißt Wolmirstedt . Wir haben 11 000 Einwohner, und
es gibt acht große Supermärkte . Für den neunten ist eine
Anfrage gestellt . – Das ist bloß ein Beispiel . – Was heißt
das? In ganz Deutschland wächst die Quadratmeterzahl
an Einkaufsfläche pro Kopf stetig, insbesondere im Le-
bensmitteleinzelhandel . Daneben sinken aber die Mitar-
beiterzahlen . Wer zieht den Kürzeren dabei? Die Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer .


(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Genau!)


Wir erleben ungebrochen Lohn- und Preisdumping . Am
Problem der ganzen Branche und am Verdrängungswett-
bewerb ändert sich nichts . Auch eine Ministererlaubnis
ändert daran nichts .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es gab am 16 . November die mündliche Verhandlung .
Der Verkauf von Tengelmann an Edeka zeigt einmal
mehr, dass dieser Preiskampf zu einer weltweit einmali-
gen Marktkonzentration im deutschen Lebensmittelein-
zelhandel geführt hat . Und: Der Preiskampf wird nicht
nur an der Supermarktkasse geführt, sondern er wird
auch bei den Erzeugern geführt – wir haben es gehört:

das geht bis hin zu den Erzeugern auch in den Entwick-
lungsländern –,


(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, klar!)


und er wird auch auf dem Lohnzettel der Beschäftigten
im In- und Ausland geführt .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen ist Wettbewerb wichtig!)


Aber, meine Damen und Herren, wie schwierig die
Entscheidung ist, zeigt die Tatsache, dass weder die Ge-
werkschaften noch die Betriebsräte zu einer einhelligen
Meinung kommen . Was uns allen hier wichtig ist – das
habe ich überall gehört –, ist der Erhalt der Arbeitsplät-
ze . Der hat natürlich auch einen großen gesellschaftli-
chen Nutzen; wir reden hier von 16 000 Mitarbeitern .
Allesamt haben Angst um ihren Job, und sie erwarten
natürlich die Sicherheit, dass ihre Arbeitsplätze erhalten
werden, wenigstens für einen gewissen Zeitraum . Das ist
auch das Ziel des Gesamtbetriebsrats, wie er in der An-
hörung gesagt hat .

Die Sorge um die Arbeitsplätze ist in jedem Fall be-
rechtigt, egal ob es zum Verkauf kommt oder nicht .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch bei einer Gesamtübernahme würden Arbeitsplät-
ze vakant werden, weil Verwaltungen zusammengelegt
würden, weil es in der Zukunft nicht mehr so viele Läger
geben würde usw . Von daher ist das schon eine wichtige
Frage, und es wird nicht dabei bleiben . Nicht alles bleibt
so, wie es ist .

Frau Andreae, Ihre Frage nach der Marktbeherrschung
am Anfang der Debatte, Ihre Frage danach, ob wir eine
weitere Konzentration wollen, stellt sich doch gar nicht
mehr . Der Lebensmitteleinzelhandel ist aufgeteilt, und
ob der Anteil von Edeka um 0,6 Prozent wächst oder
nicht, ist doch völlig egal .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch Frau Schröder gerade deutlich gesagt: Da gibt es Unterschiede!)


Wir müssen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer an einer ganz anderen Stelle den Stier bei den Hör-
nern packen . Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkun-
gen, § 42 Absatz 2, steht, dass die Ministererlaubnis an
Bedingungen geknüpft werden kann . Wenn es zu einem
Ja käme, hätte ich drei Vorschläge:

Erstens . Edeka sollte dazu bewegt werden, sich zu
einem festen Übernahmezeitraum zu verpflichten. Ich
werfe einfach einmal drei Jahre in den Raum . Das gäbe
Sicherheit .

Zweitens . Wir brauchen einen Flächentarifvertrag .
Die Tarifflucht muss ein Ende haben.


(Beifall bei der SPD)


Diese Ministererlaubnis gäbe uns wirklich die Chance,
hier einen vernünftigen Schritt weiterzukommen .

Waltraud Wolff (Wolmirstedt)


Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513916


(A) (C)



(B) (D)


Mein dritter Vorschlag ist: Edeka sollte sich verpflich-
ten, eine vernünftige Mitbestimmungsstruktur einzurich-
ten . Wir kennen das von der Telekom und von der Bahn .
Ich habe K+S bei mir . Dort gibt es Mitbestimmung bis
ins Letzte, vom Konzernbetriebsrat bis zum kleinsten
Glied . Auch die Kolleginnen und Kollegen, die bei Ein-
zelhändlern der großen Ketten arbeiten, hätten dann eine
Chance, mitzubestimmen .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814214700

Das ist ein wunderbares Schlusswort gewesen, Frau

Wolff .


Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1814214800

Ja . – Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Ant-

wort, was den Beschäftigten hilft, sind Ordnung auf dem
Arbeitsmarkt, der Mindestlohn, den wir eingeführt haben,
und die Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit
und Werkverträgen . Ich gehe davon aus, Frau Präsiden-
tin, dass der Bundeswirtschaftsminister die Ratschläge,
die ich ihm mit auf den Weg gebe, sowieso schon selbst
im Kopf hat und bedacht hat .

Vielen herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814214900

Sonst nimmt die Frau Staatssekretärin das Mikro in die

Hand . – Jetzt hat erst einmal der Kollege Axel Knoerig,
CDU/CSU-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Axel Knoerig (CDU):
Rede ID: ID1814215000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundes-
kartellamt hat Edeka untersagt, 451 Filialen von Kaiser’s
Tengelmann zu übernehmen . Deshalb haben die beiden
Lebensmittelkonzerne einen Antrag auf Ministererlaub-
nis gestellt . Derzeit prüft das Wirtschaftsministerium die
Möglichkeit einer Fusion . Wir wissen sehr wohl, dass das
ein Spagat juristischer und politischer Art ist . Entschei-
dend sind die Aspekte des Wettbewerbsrechts und des
Gemeinwohls, und die müssen entsprechend gewichtet
werden .

Edeka ist Marktführer im Einzelhandel . Die Zahlen
sind genannt worden: Edeka hat einen Anteil von 37 Pro-
zent, deutlich vor Rewe . Im vergangenen Jahr erzielte
Edeka einen Umsatz von über 47 Milliarden Euro . Zu
Edeka gehören 11 500 Märkte und über 336 000 Mitar-
beiter in Deutschland .

Tengelmann hat lediglich einen Umsatz von knapp
über 2 Milliarden Euro erwirtschaftet – das ist eine gro-
ße Diskrepanz: 47 zu 2 Milliarden Euro – und hat einen
Marktanteil von 0,5 Prozent .

Von der geplanten Übernahme sind 16 000 Arbeits-
plätze betroffen . Edeka hat zugesagt, sehr viele von die-
sen Arbeitsplätzen zu sichern .

Die Gewerkschaften haben gesagt, dass womöglich
ein Verlust von 4 000 bis 8 000 Stellen zustande kommt,
und haben deswegen keine Übernahmeempfehlung aus-
gesprochen .

Die Sicherung von Arbeitsplätzen ist ein wichtiges Ar-
gument zur Abwägung . Wir sollten dabei auch Beschäf-
tigungseffekte berücksichtigen, die durch einen Verkauf
an andere Interessenten möglich sein könnten . Bei einem
Verkauf an Rewe oder Norma beispielsweise wäre es
kartellrechtlich leichter, dies umzusetzen, weil hier we-
niger Marktmacht vorhanden ist . Auch das ist eine Ent-
scheidungsvariante .

Es ist sehr wohl auch die regionale Konzentration im
Hintergrund zu sehen, wenn 4 000 Tengelmann-Märk-
te in den Metropolregionen wie München, Berlin und
Düsseldorf dann einen Marktanteil erreichen, der allein
bei Tengelmann bis zu 30 Prozent in den großen Städten
beträgt . Dann würde eine Fusion mit Edeka sicherlich
Wettbewerbsbedingungen verändern .

Gerade vor dem Hintergrund, dass ich aus dem länd-
lichen Raum komme, möchte ich betonen, dass wir vor
allen Dingen auch Versorgungsstrukturen im Einzelhan-
del erhalten möchten . Marktstrukturen, die auf dem Land
wegbrechen, sind kaum wiederherzustellen . Dies hat das
Beispiel Schlecker gezeigt .

Ein wesentliches Kriterium ist, dass die Entschei-
dungsfindung heute sehr stark durch das Internet bedingt
ist . Im Onlinehandel wird der Warenkorb am Bildschirm
gefüllt und nicht mehr im Geschäft vor Ort .

Ein Beispiel aus meinem ländlich strukturierten
Wahlkreis Diepholz-Nienburg: Dort hat in einem Dorf
ein Feinschmeckerrestaurant eröffnet, das französische
Küche anbietet . Die Lebensmittel werden von dem Jun-
gunternehmer Detert online bestellt und täglich aus Paris
geliefert . Das zeigt: Die Konkurrenz im Einzelhandel ist
nicht länger lokal oder regional, sondern vielmehr inter-
national . Wir müssen deshalb unser analoges Kartellrecht
dem digitalen Wandel anpassen . Dazu ist gerade § 18 Ab-
satz 3 und 4 GWB zu ändern .

Vor diesem Hintergrund empfehle ich uns als Vertre-
ter der sozialen Marktwirtschaft: Vertrauen wir auf den
Markt . Im Internetzeitalter ist selbst bei großen Konzer-
nen keine dauerhafte Marktführerschaft sicher . Selbst
eine starke Stellung im Einzelhandel ist bestreitbar und
somit weit weniger gefährlich . Insofern sind beide Va-
rianten möglich: der Verkauf von Anteilen an kleinere
Konzerne wie Rewe oder Norma oder die Fusion mit
Edeka, die der Minister ruhigen Gewissens erteilen kann .
Er dient damit dem Wettbewerb, insbesondere in einem
europäischen Kontext – ich denke hier an E-Commerce,
den Onlinehandel –, sowie dem Sozialen durch Arbeits-
platzsicherung .

Eins, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe
Kolleginnen und Kollegen, darf nicht passieren: dass
Tengelmann pleitegeht und damit alle Arbeits- und Miet-
verträge verloren gehen . Deswegen ist ein geordneter
Übergang mit anderen Firmen immer besser, was bei
Schlecker, wie vorhin ausgeführt wurde, nicht möglich
gewesen ist .

Waltraud Wolff (Wolmirstedt)


Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 2015 13917


(A) (C)



(B) (D)


Vielen Dank .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814215100

Vielen Dank . – Nächster Redner ist der Kollege

Ingbert Liebing, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ingbert Liebing (CDU):
Rede ID: ID1814215200

Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Auf mich als letzten Redner in dieser De-
batte kommt es nun zu, ein Fazit zu ziehen . Schön, wenn
man das letzte Wort in einer Debatte hat .

Die Debatte hat gezeigt, dass wir über ein komple-
xes Thema sprechen, aber mit Sicherheit nicht über eine
politische Entscheidung . Der Minister ist mit seiner Mi-
nisterentscheidung an Recht und Gesetz gebunden . Wir
können darüber diskutieren, aber es ist keine politische
Entscheidung; es entzieht sich von daher unserer Ent-
scheidung . Insofern ist es leicht, darüber zu reden und zu
diskutieren, weil man am Ende nicht die Verantwortung
für die Entscheidung zu tragen hat . Diese Entscheidung
trägt der Minister, für die er sich öffentlich, auch gegen-
über den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch uns
gegenüber, zu rechtfertigen hat .


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nur fünf Minuten! Nicht so viel Zeit verplempern!)


Insofern finden darüber auch Debatten statt. Es kann aber
keine politische Entscheidung, erst recht keine politische
Willkürentscheidung in dieser Frage geben,


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


weder in die eine Richtung: „Ich tue etwas für meine
Edeka-Märkte und rede für sie“, noch in die andere Rich-
tung: „Ich will das nicht; diese Marktkonzentration passt
mir nicht“ . Vielmehr geht es um klare Kriterien .

Aus meiner Sicht geht es – das hat auch die Debat-
te gezeigt – um zwei Leitplanken . Die eine Leitplanke
ist die sachliche Erwägung, die die Kartellbehörde und
die Monopolkommission vorgenommen haben . Das ist
schlichtweg eine Tatsache, über die wir gar nicht mehr
streiten müssen . Eine Fusion würde zu einer weiteren
Marktkonzentration führen . Wenn Kartellbehörde und
Monopolkommission zu dem Ergebnis kommen, dass
diese weitere Marktkonzentration nicht verträglich ist,
dann ist auch das ein Faktum, das sich einer politischen
Bewertung entzieht . Das ist die eine feststehende Leit-
planke, an der ein Minister nicht vorbeikommt . Die Aus-
wirkungen auf den Wettbewerb – schon heute haben wir
eine hohe Konzentration im Markt –, die Auswirkungen
auf die Einkaufspreise, die Auswirkungen auf die Produ-
zenten – die Landwirtschaft ist in dieser Debatte schon
genannt worden –: Das alles sind Fakten, die die Kartell-
behörde und die Monopolkommission in ihre Stellung-
nahmen bereits einbezogen haben . Insofern ist dies ein
Faktum, das feststeht . Nur weil es dieses Faktum – die

Ablehnung durch die Kartellbehörde und die Stellung-
nahme der Monopolkommission – gibt, kommt es über-
haupt zu diesem Verfahren der Ministerentscheidung .
Der Minister entscheidet ja nicht über alles, sondern nur
dann, wenn wir diese Tatsachen schon vorliegen haben .
Das ist eine wesentliche Grundlage .

Aber es gibt auch eine zweite Leitplanke, und das ist
die Abwägung dieser feststehenden Fakten mit Gründen
des Allgemeinwohls . Kann es andere Gründe des Allge-
meinwohls geben – darüber haben wir rauf und runter
trefflich gestritten –, die den Minister zu einer anderen
Entscheidung führen als Kartellbehörde und Monopol-
kommission? Es ist deutlich geworden – das ist auch
meine persönliche Erwartungshaltung –, dass es schon
sehr schwer wiegende Argumente des Allgemeinwohls
sein müssen, wenn man sich über die Fakten, die die
Kartellbehörde und die Monopolkommission festgestellt
haben, hinwegsetzen will . Im Mittelpunkt steht dabei die
Betrachtung der Arbeitsplätze .

Aber auch das hat die Debatte gezeigt: dass dieses
Thema – Erhalt von Arbeitsplätzen – kein leichtes Thema
ist, dass es keine eindeutige Antwort auf die Frage gibt:
Bei welcher Lösung werden mehr Arbeitsplätze gesichert
oder gefährdet – bei der Fusion oder bei der Verweige-
rung der Fusion? Um eine Antwort zu finden, müssen wir
eine Gesamtbetrachtung anstellen, also nicht nur auf die
Arbeitsplätze bei Tengelmann schauen, sondern auch die
Folgewirkungen auf den Markt, auf die Wettbewerber,
auf die Produzenten mit einbeziehen . Auch das wird der
Minister in seiner Gesamtabwägung tun müssen . Denn
es geht um eine Störung des Marktgefüges; das ist die
Feststellung der Kartellbehörde und der Monopolkom-
mission .

Insofern ist es keine leichte Abwägung, die der Minis-
ter – nicht wir – treffen darf und muss . Wir können treff-
lich darüber streiten, aber der Minister muss die Abwä-
gung treffen; bei ihm liegt die Verantwortung . Die Hürde
für eine Zustimmung liegt sehr hoch . Kollegin Schröder
hat sehr deutlich herausgearbeitet, wie verantwortungs-
voll mit diesem Instrument in der Vergangenheit umge-
gangen wurde .

Zum Abschluss kann ich jedenfalls für mich per-
sönlich und für meine Fraktion feststellen: Es ist nicht
selbstverständlich, dass wir als Unionsabgeordnete hohes
Zutrauen zu Herrn Gabriel als SPD-Vorsitzenden haben;


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Was? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Warum das denn?)


aber wir haben höchstes Zutrauen zu ihm als unserem
Minister für Wirtschaft und Energie,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sehr gut! – Marcus Held [SPD]: Das haben wir nicht anders erwartet!)


dass er in dieser Sachfrage klug abwägen wird und in die-
sem Rahmen hoffentlich auch eine entsprechend kluge
Entscheidung treffen wird .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Axel Knoerig

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 142 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 2 . Dezember 201513918


(A) (C)



(B) (D)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1814215300


Vielen Dank . – Kollege Liebing hat schon darauf
hingewiesen, dass er der letzte Redner in der Aktuellen
Stunde war . Wir sind nicht nur hier am Ende angelangt,
sondern auch am Schluss unserer heutigen Tagesord-
nung .

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015,
9 Uhr, ein .

Die Sitzung ist geschlossen . Ich wünsche Ihnen allen
noch einen schönen Resttag .