Protokoll:
18053

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 53

  • date_rangeDatum: 24. September 2014

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:00 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/53 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 53. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 I n h a l t : Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 4835 A Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Jahresbe- richt der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4835 B Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4835 B Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4836 B Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4836 C Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4837 A Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4837 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4837 C Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4837 D Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 4838 A Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4838 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 4838 D Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4839 A Daniela Kolbe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4839 A Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4839 B Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4839 D Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4840 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4840 C Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4840 D Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . 4841 B Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4841 B Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/2567 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4841 C Mündliche Fragen 1 und 2 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Sanktionsliste für Journalistinnen und Journalisten im Zusammenhang mit der Berichterstattung aus der Ukraine Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4841 D Zusatzfragen Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4842 A Mündliche Frage 3 Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) Berufung des ungarischen Außenministers Tibor Navracsics zum neuen EU-Kommis- sar für Bildung, Jugend, Kultur und Bür- gergesellschaft Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4843 A Zusatzfrage Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 4843 B Mündliche Frage 8 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Realisierung der diesjährigen Pride Parade in Belgrad und Einstufung Serbiens als sicheres Herkunftsland Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4843 C Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4843 D Mündliche Frage 12 Andrej Hunko (DIE LINKE) Mögliche Unterstützung des „Islamischen Staats“ durch die Türkei Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4845 A Zusatzfragen Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4845 A Mündliche Frage 15 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Hilfsmaßnahmen für geläuterte Dschiha- disten aus Syrien und dem Irak Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4845 D Zusatzfragen Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4846 A Mündliche Frage 16 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Offenlegung des Suchalgorithmus des Unternehmens Google Inc. Antwort Ulrich Kelber, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4847 A Zusatzfragen Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4847 B Mündliche Fragen 17 und 18 Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gesetzgeberischer Handlungsbedarf bei §§ 177 und 179 StGB hinsichtlich der Straf- barkeit von nicht einvernehmlichen sexuel- len Handlungen Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4848 B Zusatzfragen Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4848 C Mündliche Frage 19 Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Pauschale Reduzierung der Behördenaus- gaben bei Bundesämtern im Haushalts- jahr 2015 Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4849 A Zusatzfragen Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4849 A Mündliche Frage 27 Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Maßnahmen zur Vereinfachung der passi- ven Leistungen im SGB II Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4849 D Zusatzfragen Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . 4850 A Mündliche Frage 28 Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Reform der Sanktionen im SGB II Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4850 B Zusatzfrage Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . 4850 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 III Mündliche Fragen 29 und 30 Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wartezeitunterschiede zwischen gesetzlich und privat krankenversicherten Personen Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . 4850 D Zusatzfragen Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4851 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4851 C Mündliche Fragen 33 und 34 Dr. Katarina Barley (SPD) Barrierefreier Aus- und Umbau von Ver- kehrsstationen gemäß der neuen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Deutscher Bahn Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4852 D Zusatzfragen Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4853 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4853 D Mündliche Frage 35 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Steigerung des Preises für CO2-Emissio- nen zur Verbesserung des Klimaschutzes Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4854 A Zusatzfragen Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4854 B Mündliche Frage 38 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Finanzielle Zusagen im Zusammenhang mit einem möglichen Export von AVR- Brennelementen aus Jülich in die USA Antwort Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4855 A Zusatzfragen Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4855 B Mündliche Frage 39 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Errichtung eines neuen erdbebensicheren Zwischenlagers auf dem Gelände des For- schungszentrums Jülich Antwort Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4855 D Zusatzfragen Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4856 B Mündliche Frage 43 Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausstieg aus der Kohleverstromung und Beendigung der Subventionierung von Kohlekraftwerken Antwort Brigitte Zypries, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4856 D Zusatzfragen Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4857 B Mündliche Frage 44 Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abkehr von der internationalen Kohle- finanzierung Antwort Brigitte Zypries, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4857 D Zusatzfragen Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4857 D Mündliche Frage 45 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Änderung der in der Europäischen Union verbreiteten Definition von Subventionen Antwort Brigitte Zypries, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4858 B Zusatzfragen Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4858 C IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 Zusatztagesordnungspunkt 1: Vereinbarte Debatte: Deutschlands Beitrag zur Eindämmung der Ebolaepidemie . . . . . 4859 B Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4859 B Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 4860 B Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4862 A Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4862 B Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4863 D Michaela Engelmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 4865 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4865 D Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4866 C Dr. Georg Kippels (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4867 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4867 C Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4868 C Charles M. Huber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4869 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4870 B Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4871 B Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4871 D Thomas Stritzl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4872 D Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 4873 D Thomas Stritzl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4874 A Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4874 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 4875 A Anlage 2 Mündliche Frage 4 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bereitstellung eines Feldlazaretts und des dazugehörigen Personals zur Unterstüt- zung Liberias bei der Bewältigung der Ebolaepidemie Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4875 C Anlage 3 Mündliche Frage 5 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Weitere Unterstützung Westafrikas bei der Bekämpfung der Ebolaepidemie Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4875 D Anlage 4 Mündliche Frage 6 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung der in Bahrain inhaftier- ten Menschenrechtsaktivistin Maryam al-Chawadscha Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4876 A Anlage 5 Mündliche Frage 7 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Berichte über Sexualdelikte von AMISOM- Soldaten in Somalia Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4876 C Anlage 6 Mündliche Frage 9 Heike Hänsel (DIE LINKE) Mögliche Waffenlieferungen aus NATO- Staaten an die Ukraine Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4876 D Anlage 7 Mündliche Frage 10 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Einfluss des ukrainischen Oligarchen Igor Kolomoiskij auf die ukrainische Regierung Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4877 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 V Anlage 8 Mündliche Frage 11 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Finanzierung der Terrorgruppe „Islami- scher Staat“ durch staatliche Behörden und Einzelpersonen Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4877 B Anlage 9 Mündliche Frage 13 Andrej Hunko (DIE LINKE) Überprüfung des „No-Spy-Erlasses“ hin- sichtlich geltender Rechtsvorschriften Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4877 C Anlage 10 Mündliche Frage 14 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zu ändernde Gesetze und Verordnungen zur Beseitigung von Diskriminierungen von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4878 A Anlage 11 Mündliche Frage 20 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Inanspruchnahme der Riester-Zulagenför- derung Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4878 B Anlage 12 Mündliche Fragen 21 und 22 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verlängerung der Energiesteuerermäßi- gung für Erdgas und Autogas Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4878 D Anlage 13 Mündliche Frage 23 Richard Pitterle (DIE LINKE) Übergangsfrist bei der Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsemp- fängers bei Lieferungen bestimmter Me- talle und Elektronikprodukte Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4879 A Anlage 14 Mündliche Frage 24 Richard Pitterle (DIE LINKE) Zahlung von Kindergeld an Steuerpflich- tige mit Kindern ohne Wohnsitz in Deutsch- land Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4879 C Anlage 15 Mündliche Frage 25 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Steuerliche Förderung der Bereitstellung von Wagniskapital Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4879 D Anlage 16 Mündliche Frage 26 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Ökonomische Wirkung von Patent- und Lizenzboxen sowie einer steuerlichen För- derung von Forschungs- und Entwick- lungsaufwendungen Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4880 A Anlage 17 Mündliche Frage 31 Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einheitliches Honorarsystem für Ärzte im Rahmen einer Bürgerversicherung VI Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . 4880 B Anlage 18 Mündliche Frage 32 Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen von Minderausgaben auf die Nutzung der vom Bundesamt für See- schifffahrt und Hydrografie betriebenen Schiffe Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4880 D Anlage 19 Mündliche Frage 36 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufstockung der Mittel bei der Wohngeld- reform Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4881 A Anlage 20 Mündliche Frage 37 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kosten des Exports von Brennelementen aus dem AVR Jülich in die USA Antwort Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4881 B Anlage 21 Mündliche Frage 40 Jens Spahn (CDU/CSU) Haftung für Schäden aufgrund eines un- kontrollierten Austritts von Öl aus einer Kaverne in Gronau Antwort Brigitte Zypries, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4881 D Anlage 22 Mündliche Frage 41 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Probebohrungen für Schiefergas Antwort Brigitte Zypries, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4882 A Anlage 23 Mündliche Frage 42 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Probe- und Erkundungsbohrungen zur Ausbeutung von Gaslagerstätten bzw. Er- forschung des Fracking Antwort Brigitte Zypries, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4882 B Anlage 24 Mündliche Frage 46 Heike Hänsel (DIE LINKE) Sicherstellung der Nichtweitergabe von an die Peschmerga gelieferten Waffen Antwort Brigitte Zypries, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4882 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 4835 (A) (C) (D)(B) 53. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 Beginn: 13.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 4875 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht (D) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 24.09.2014 Alpers, Agnes DIE LINKE 24.09.2014 Beckmeyer, Uwe SPD 24.09.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 24.09.2014 Dr. De Ridder, Daniela SPD 24.09.2014 Flosbach, Klaus-Peter CDU/CSU 24.09.2014 Groth, Annette DIE LINKE 24.09.2014 Hardt, Jürgen CDU/CSU 24.09.2014 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 24.09.2014 Dr. Hendricks, Barbara SPD 24.09.2014 Horb, Margaret CDU/CSU 24.09.2014 Korte, Jan DIE LINKE 24.09.2014 Kretschmer, Michael CDU/CSU 24.09.2014 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 24.09.2014 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 24.09.2014 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 24.09.2014 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.09.2014 Radomski, Kerstin CDU/CSU 24.09.2014 Scheuer, Andreas CDU/CSU 24.09.2014 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 24.09.2014 Strässer, Christoph SPD 24.09.2014 Veit, Rüdiger SPD 24.09.2014 Weiss (Wesel I), Sabine CDU/CSU 24.09.2014 Anlage 2 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/2567, Frage 4): Wann wird das von der Bundesregierung zugesagte Feld- lazarett zur Unterstützung Liberias bei der Bewältigung der Ebolaepidemie geliefert, und erwägt die Bundesregie- rung – so wie es die Organisation Ärzte ohne Grenzen in ih- rem offenen Brief an die Bundeskanzlerin sowie in Interviews (zum Beispiel am 18. September 2014 im Deutschlandfunk) fordert –, auch das zum Aufbau und Betrieb nötige qualifi- zierte Personal zur Verfügung zu stellen? Die Bundeswehr plant die Abgabe von Material zum Aufbau einer Behandlungseinrichtung mit einer Kapa- zität von 50 Betten. Dieses Material kann binnen 10 bis 14 Tagen bereitgestellt werden. Das Material soll zum Betrieb der Einrichtung an OCHA, das Amt für die Koordinierung humanitärer An- gelegenheiten der Vereinten Nationen, die Weltgesund- heitsorganisation WHO oder eine geeignete Nichtregie- rungsorganisation, gegebenenfalls Ärzte ohne Grenzen oder DRK, übergeben werden. Die Auswahl des Partners ist noch nicht abschließend geklärt. Der tatsächliche Lieferzeitpunkt wird in Abspra- che mit dem Partner festgelegt werden. Bei Bedarf kann der Partner auch beim Aufbau unterstützt werden. Überdies wird die Bundesregierung das Deutsche Rote Kreuz sowohl finanziell als auch logistisch dabei unterstützen, ein mobiles Krankenhaus mit mehr als 200 Betten sowie zwei Basisgesundheitsstationen in der Region aufzubauen und zu betreiben. Anlage 3 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/2567, Frage 5): Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Bundesregierung für weitere Unterstützung aus deutschen zivilen und staatlichen Kapazitäten ergeben (vergleiche www.bundesregierung.de/ Content/DE/Artikel/2014/09/2014-09-17-ebola.html), um den von der Ebolaepidemie betroffenen Staaten Westafrikas kurz- fristig zu helfen, und welche Ergebnisse hat die Konferenz am 15. September 2014 in Brüssel zur Koordinierung der Hilfs- angebote der EU-Mitgliedstaaten ergeben? Die Bundesregierung wird ihre finanzielle Unterstüt- zung für die Weltgesundheitsorganisation, internationale humanitäre Organisationen und Nichtregierungsorgani- sationen weiter aufstocken, von 12 auf 17 Millionen Euro. Die Verfügbarkeit weiterer Mittel zur Finanzierung von Materiallieferungen wird geprüft. Die Bundeswehr plant die Einrichtung einer Luftbrü- cke in die betroffenen Länder zum Transport von Hilfs- materialien und Personal. Unterstützungsmöglichkeiten Anlagen 4876 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 (A) (C) (D)(B) für die Ausbildung internationaler und lokaler medizini- scher Helfer werden geprüft. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Kata- strophenhilfe kann aus vorhandenen Beständen bei Be- darf kurzfristig umfangreiche medizinische Ausrüstung zur Verfügung stellen. Das Technische Hilfswerk wird sich nach Bedarf an der logistischen Unterstützung der Hilfsmaßnahmen in Deutschland sowie in der Region beteiligen. Deutschland ist bereits stark engagiert bei der Bereit- stellung medizinischer Diagnostik. Hier wäre bei Bedarf Aufstockung möglich. Bei der Konferenz vom 15. September in Brüssel ging es um die Klärung des Bedarfs und die Abstimmung von Hilfsleistungen. Dabei wurden als wichtige Fragen unter anderem die Rekrutierung von medizinischem Personal, die Evakuierung erkrankter Helfer und der Aufbau wei- terer Behandlungszentren identifiziert. Die Lösung die- ser Frage wird auch auf EU-Ebene geprüft. Anlage 4 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 6): Inwiefern hat die Bundesregierung Schritte unternommen, die in Bahrain zwischenzeitlich verhaftete, im Land festge- setzte Menschenrechtsaktivistin Maryam al-Chawadscha, die unter anderem wegen „Beleidigung des Königs in sozialen Medien“ angeklagt wird (vergleiche www.thetimes.co.uk/tto/ news/world/middleeast/article4192532.ece), zu unterstützen, und welche Schlussfolgerung zieht sie aus dem Umgang der bahrainischen Regierung mit der Aktivistin für ihr Verhältnis zu Bahrain? Maryam al-Chawadscha ist nach sieben Tagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die Bundesregierung setzt sich in Gesprächen mit bahrainischen Stellen immer wieder für die Garantie rechtsstaatlicher Verfahrensweisen ein. Sie fördert bahrainische Menschenrechtsinstitutionen wie die National Institution for Human Rights, die in ih- rem kürzlich erschienenen Jahresbericht mehr Mei- nungsfreiheit und die Aufhebung von Beschränkungen in der Versammlungsfreiheit einforderte. In diesem Be- richt wurde auch eine Neuregelung der Untersuchungs- haft gefordert, die ihrer Einschätzung nach zu rasch und für zu lange Zeiträume verhängt wird. Die Bundesregie- rung teilt diese Einschätzung. Das neu eingerichtete Büro des Ombudsmans, das ebenfalls von der Bundesregierung unterstützt wird, geht Beschwerden über Behandlung in der Haft nach. Die Fa- milie Chawadscha hat hier bisher keine Beschwerde ein- gereicht. Anlage 5 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 7): Wie schätzt die Bundesregierung die in dem am 8. Sep- tember 2014 im Papier „The Power These Men Have Over Us“ von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch veröffentlichen Berichte über Vergewaltigungen und andere Sexualdelikte durch Soldaten der AMISOM-Einheiten der Afrikanischen Union in Somalia ein, und welche Schritte hat sie im Rahmen der Europäischen Union, die die Gehälter der AMISOM-Soldaten bezahlt, unternommen, um diese Vor- fälle zu ahnden und in Zukunft zu verhindern? Die Bundesregierung nimmt diesen erschütternden Bericht sehr ernst. Die darin gemachten Angaben wer- den als glaubwürdig eingeschätzt. AMISOM als Mission leistet ohne Zweifel einen ent- scheidenden Beitrag für die Sicherheit der Bevölkerung und die Zukunft Somalias. Aber auf der Ebene einzelner Soldaten ist es dem Bericht zufolge jedoch zu einer Reihe von äußerst bedrückenden Verfehlungen gekom- men. Danach haben Soldaten unter Ausnutzung ihrer dienstlichen Machtstellung dem Schutzauftrag der Mis- sion zuwidergehandelt, indem sie die Schwäche schutz- bedürftiger somalischer Frauen und Mädchen missbrauch- ten. Diese Straftaten müssen aufgeklärt und geahndet werden. Nach den rechtlichen Rahmenbedingungen ob- liegt die straf- und disziplinarrechtliche Verfolgung der- artiger Delikte den jeweiligen Truppenstellern. In Gesprächen im EU-Verbund vor Ort mit AU und AMISOM sowie mit den truppenstellenden Ländern wurden und werden die Vorwürfe thematisiert. Der EU-Botschafter in Kampala wird im ugandischen Außenministerium démarchieren und die Sorge über die im Human-Rights-Watch-Bericht niedergelegten Vor- würfe ausdrücken. Dabei wird ihn der deutsche Bot- schafter in Kampala begleiten. In Burundi wurde durch die EU-Delegation bereits in dieser Frage demarchiert. Die betroffenen Soldaten sind laut Aussage des Außenministers bereits unehrenhaft aus Somalia abgezogen worden. Es wird auf Lösungen gedrungen, um das Bewusst- sein für diese Thematik zu stärken und künftig Vorfälle dieser Art zu verhindern. Anlage 6 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 18/2567, Frage 9): Welche eigenen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über mögliche Waffenlieferungen aus NATO-Staaten an die Ukraine (siehe http://orf.at/stories/2245718/), und kann die Bundesregierung dabei gegebenenfalls ausschließen, dass von NATO-Staaten auch Waffen aus deutschen Waffenexporten an die Ukraine weitergegeben werden? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 4877 (A) (C) (D)(B) Im NATO-Rahmen ist vereinbart, dass Unterstüt- zungsanfragen der ukrainischen Regierung bezüglich militärischer Ausrüstung rein bilateral zu behandeln sind. Die NATO hat keine sogenannte Clearinghouse- Funktion für Ausrüstungshilfen oder sonstige Unterstüt- zungsmaßnahmen, die der Ukraine von NATO-Bündnis- partnern zur Verfügung gestellt werden. Daher hat die Bundesregierung keinen Überblick über bilaterale Liefe- rungen einzelner NATO-Bündnispartner. Voraussetzung für Genehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in NATO-Staaten ist ebenso wie für diejenigen in andere Staaten in der Regel die Vorlage ei- ner Endverbleibserklärung mit einer Re-Export-Klausel, nach der eine Weitergabe der Rüstungsgüter in Drittstaa- ten nicht ohne Zustimmung der Bundesregierung erfol- gen kann. Anfragen bezüglich einer Weitergabe von Rüstungsgütern aus NATO-Staaten in die Ukraine wur- den nicht gestellt. Anlage 7 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck- sache 18/2567, Frage 10): Inwieweit kann die Bundesregierung bestätigen, dass der „finanzielle Einfluss (des ukrainischen Oligarchen) Igor Kolomoiskij auf die politische Riege der Ukraine (es ihm) er- laubt …, der neuen Führung des Landes praktisch seine Spiel- regeln zu diktieren“ (www.welt.de/wirtschaft/article 131480672/In-der-Ukraine-tobt-der-Krieg-der-Oligarchen. html), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregie- rung daraus? Die Bundesregierung kann die aus den Medien zi- tierte Aussage, dergemäß der finanzielle Einfluss von Igor Kolomoiskyj es ihm erlauben würde, der neuen Führung des Landes seine Spielregeln zu diktieren, aus eigenen Erkenntnissen nicht bestätigen. Anlage 8 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck- sache 18/2567, Frage 11): Welche Erkenntnisse – auch nachrichtendienstliche – hat die Bundesregierung zur Finanzierung der Terrorgruppe „Is- lamischer Staat“, IS, bzw. „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“, ISIS, durch staatliche Behörden und/oder Einzelper- sonen (www.standard.co.uk/news/world/qatari-minister-an- grily-denies-claims-country-is-funding-isis-9741714.html)? Nach Erkenntnissen der Bundesregierung erfolgt die Finanzierung der Terrororganisation IS durch die Erpres- sung von Schutzgeldern sowie Einnahmen aus Ölfeldern, Enteignungen, Wegzoll und anderen Formen kriminellen Handelns sowie Spenden aus dem In- und Ausland. Der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine Er- kenntnisse zur Finanzierung der IS-Terrorgruppe oder ge- listeter Einzelpersonen durch staatliche Behörden vor. Der Emir von Katar hat dies in seinen jüngsten Ge- sprächen mit dem Bundespräsidenten und der Bundes- kanzlerin für Katar ausdrücklich ausgeschlossen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 18/2567, Frage 13): Auf welche Weise hat das Bundesministerium des Innern bzw. das ihm unterstellte Beschaffungsamt geprüft, ob der im April 2014 herausgegebene und wegen des „öffentlichen Inte- resses“ auch publik gemachte „No-Spy-Erlass“ überhaupt rechtlich einwandfrei ist und nicht gegen Vergaberichtlinien verstößt, bitte auch mitteilen, wer die Überprüfung vornahm und auf welche Fundstellen einschlägiger Verordnungen oder Richtlinien sich diese stützt, und welche Schlussfolgerungen zieht sie aus einem Beschluss der 2. Vergabekammer des Bun- des (VK 2 – 39/14) vom Juni 2014, wonach der in den euro- päischen Richtlinien vorgegebene Katalog der zulässigen Eig- nungsanforderungen bzw. der Ausschlussgründe abschließend sei und nicht durch den Auftraggeber „beliebig erweitert wer- den“ kann, Bieterinnen und Bieter demnach „nicht für die all- gemein geltende Rechtsordnung, der sie unterworfen sind, haftbar gemacht werden (können), ansonsten stünde die Eig- nungsprüfung nicht in Einklang mit rechtsstaatlichen Grund- sätzen“? Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des an das Beschaf- fungsamt des Bundesministeriums des Innern gerichte- ten Erlasses des Bundesministeriums des Innern vom 30. April 2014 – Geschäftszeichen 11032/23#14 – er- folgte durch das Bundesministerium des Innern nach Konsultation des Beschaffungsamts des Bundesministe- riums des Innern und des Bundesministeriums für Wirt- schaft und Energie zur im Erlass enthaltenen Eigenerklä- rung und Vertragsklausel anhand der nachstehenden Rechtsgrundlagen: – Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I Seite 1750, 3245), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I Seite 1066) ge- ändert worden ist, – Vergabeverordnung in der Fassung der Bekanntma- chung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I Seite 169), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 15. Okto- ber 2013 (BGBl. I Seite 3854) geändert worden ist, – Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – Teil A, Ausgabe 2009 vom 20. November 2009 (BAnz. Num- mer 196a vom 29. November 2009) sowie – Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen, Aus- gabe 2009 vom 18. November 2009 (BAnz. Num- mer 85a vom 8. Dezember 2009). Durch die genannten Vorschriften wird unter anderem das Vergaberecht der Europäischen Union umgesetzt, namentlich die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsauf- träge (ABI. EU L 134 vom 30. April 2004, Seite 114). 4878 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 (A) (C) (D)(B) Aus vergaberechtlicher Sicht stellt die Vertragsklausel kein Element dar, das im Rahmen der Prüfung der Eig- nung des Bieters oder Bewerbers zu berücksichtigen ist. Die Vertragsklausel ist eine sogenannte Ausführungsbe- dingung nach § 97 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die im Rahmen der Auf- tragsausführung zwingend vom Auftragnehmer zu berück- sichtigen ist. Die diesbezüglich verlangte Eigenerklä- rung ist die ausdrückliche, schriftliche Bestätigung des Bieters/Bewerbers, diese Ausführungsbedingung später auch einzuhalten. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 14): Wann und wie – bitte zu ändernde Gesetze und Verordnun- gen enumerativ auflisten – wird die Bundesregierung den Satz „Wir werden darauf hinwirken, dass bestehende Diskriminie- rungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen beendet werden. Rechtliche Re- gelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen“ aus dem Koali- tionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD umsetzen? Die Meinungsbildung der Bundesregierung zur Um- setzung der Koalitionsvereinbarung ist noch nicht abge- schlossen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 20): Wie viele Personen mit Riester-Zulagenförderung haben seit dem Jahr 2002 ihren individuellen Zulagenanspruch in voller Höhe geltend gemacht – bitte nach Jahren und Ge- schlecht differenzieren –, und hält die Bundesregierung die Inanspruchnahme der Zulagenförderung durch Geringverdie- nerinnen und Geringverdiener für ausreichend? Zur genauen Anzahl der Personen, die ihren Zula- geanspruch in den von Ihnen gefragten Jahren ab 2002 vollständig ausgeschöpft haben, kann ich Ihnen gern eine Tabelle nachreichen. Im Beitragsjahr 2011 haben 2 480 613 Männer und 3 939 388 Frauen ihren Zulagen- anspruch vollständig ausgeschöpft. 2002 waren es 615 243 Männer und 847 134 Frauen. Werden die Zula- geempfänger des zuletzt vollständig ausgewerteten Bei- tragsjahres 2010 nach ihrem Jahreseinkommen, das der Zulageberechnung zugrunde liegt, differenziert, so zeigt sich, dass 46,5 Prozent von ihnen ein Einkommen von weniger als 20 000 Euro erzielten. Daran zeigt sich, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Geringverdiener – wie auch kinderreiche Familien – beim Aufbau einer zusätz- lichen privaten Altersvorsorge im Rahmen der Riester- Rente von den zum Teil erheblichen Förderquoten pro- fitieren – je nach Fallgestaltung können diese über 90 Prozent betragen. Dies wurde auch durch die für den Alterssicherungsbericht 2012 im Auftrag des Bundes- ministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführte Per- sonenbefragung zur „Verbreitung der Altersvorsorge 2011“ bestätigt. Unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter zwischen 25 und 65 Jahren besit- zen Geringverdiener sogar etwas häufiger einen Riester- Vertrag als Besserverdiener. Während knapp 42 Prozent der Personen mit einem Bruttolohn von weniger als 1 500 Euro pro Monat angaben, über einen Riester-Ver- trag für das Alter vorzusorgen, sind es insgesamt gut 35 Prozent der Beschäftigten. Im Übrigen hat der Gesetzgeber bereits Maßnahmen beschlossen bzw. wird sie noch ergreifen, die den weite- ren Auf- und Ausbau der zusätzlichen Altersversorgung – Riester-Rente, betriebliche Altersversorgung – insgesamt stärken und von denen auch Geringverdiener profitieren werden. Dazu gehören im Bereich der Riester-Rente unter anderem die mit dem Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz eingeleiteten und nunmehr verordnungsrechtlich umzu- setzenden Verbesserungen im Verbraucherschutz, wie etwa die Einführung eines Produktinformationsblatts und verschiedene Kostenbegrenzungen. Hintergrund: Tabelle (Stand 15. Mai 2014) Beitrags- jahr Männer Frauen Gesamt 2011* 2 480 613 3 939 388 6 420 001 2010 2 209 355 3 570 247 5 779 602 2009 2 025 837 3 330 741 5 356 578 2008 2 027 162 3 264 649 5 291 811 2007 1 729 285 2 740 637 4 469 922 2006 1 289 363 2 013 059 3 302 422 2005 919 955 1 359 110 2 279 065 2004 689 368 1 041 309 1 730 677 2003 721 603 1 020 936 1 742 539 2002 615 243 847 134 1 462 377 * Es handelt sich hierbei um Zwischenergebnisse, da die Anträge auf eine Zulage noch bis Ende 2013 gestellt werden können. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Fra- gen des Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Fragen 21 und 22): Beabsichtigt die Bundesregierung, noch dieses Jahr den Gesetzentwurf für die Verlängerung der bis Ende 2018 befris- teten Energiesteuerermäßigung für Erdgas, CNG: Compressed Natural Gas, und Autogas, LPG: Liquefied Petroleum Gas, vorzulegen? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 4879 (A) (C) (D)(B) In welcher Höhe und mit welcher Laufzeit soll die im Ko- alitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD verankerte Ver- längerung der Energiesteuerermäßigung für Erdgas, CNG, und Autogas, LPG, über das Jahr 2018 hinaus erfolgen? Zu Frage 21: Dass bereits in diesem Jahr ein entsprechender Geset- zesvorschlag vorgelegt wird, halte ich für unrealistisch. Die Umsetzung bedarf einer gründlichen Vorbereitung, insbesondere, weil die Maßnahme unter Umständen er- hebliche Steuerausfälle zur Folge haben kann. Laut Koalitionsvertrag gilt der Grundsatz einer unmittelbaren, vollständigen und dauerhaften Gegenfinanzierung im gleichen Politikbereich. Zu Frage 22: In der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie vom Sommer 2013 wurde unter anderem festgelegt, dass im Falle einer Verlängerung der Steuerermäßigung für Erd- gaskraftstoff und Autogas über das Jahr 2018 hinaus die Begünstigung degressiv gestaffelt und befristet ausge- staltet werden soll. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie infrage zu stellen. Auch der Koalitionsvertrag bekennt sich zur Mo- bilitäts- und Kraftstoffstrategie. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Richard Pitterle (DIE LINKE) (Drucksache 18/2567, Frage 23): Inwieweit plant die Bundesregierung Maßnahmen, um die durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften beschlossene Erweiterung der Steu- erschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Lieferungen von Edelmetallen und unedlen Metallen sowie von Tablet- Computern und Spielekonsolen mit einer zeitlichen Über- gangsfrist zu versehen, sodass die gesetzlichen Änderungen nicht bereits zum 1. Oktober 2014 in Kraft treten, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, inwieweit die Wirtschaft zeitliche Probleme bei der Umsetzung der Ände- rungen im Rahmen der Buchführung hat? Das Bundesministerium der Finanzen hat gemeinsam mit den obersten Finanzbehörden der Länder beschlos- sen, den in der Frage genannten Unternehmern, die von der Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leis- tungsempfängers betroffen sind, eine längere Umstel- lungsfrist bis zum 31. Dezember 2014 zu ermöglichen. Unternehmern, denen es möglich ist, die Neuregelung anzuwenden, haben die Wahl und können beide Rege- lungen anwenden. Auch eine Reihe von betroffenen Wirtschaftsverbän- den, insbesondere des Metall- und Stahlhandels, haben gefordert, die Anwendung der Erweiterung der Steuer- schuldnerschaft des Leistungsempfängers zu verschie- ben. Diese Forderung wurde damit begründet, dass die Neuregelung für die Unternehmen wegen umfangreicher Umstellung der Abrechnungssysteme kurzfristig nicht umsetzbar ist. Diese von den Verbänden angesprochenen Probleme waren nachvollziehbar. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Richard Pitterle (DIE LINKE) (Drucksache 18/2567, Frage 24): In welcher Gesamthöhe wird derzeit Kindergeld an Steu- erpflichtige für Kinder gewährt, die sich nicht in Deutschland aufhalten, und inwieweit plant die Bundesregierung Ein- schränkungen bei der Zahlung des Kindergeldes für die ge- nannte Fallkonstellation? Nach der in Anhang A-18 auf Seite 88 des Abschluss- berichts des Staatssekretärsausschusses zu „Rechtsfra- gen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ vom 27. August 2014 abgebildeten Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit wurde zum 31. Dezember 2013 für 91 886 Kinder, die ihren Wohnsitz außerhalb von Deutschland haben, Kindergeld gewährt. Die daraus resultierenden Zahlungen können rechnerisch mit rund 200 Millionen Euro jährlich bezif- fert werden. Die Gewährung von Kindergeld an Kinder, die in ei- nem anderen EU-Mitgliedstaat wohnen, geht auf europa- rechtliche Vorgaben zurück, die von Deutschland auch eingehalten werden. Der oben genannte Abschlussbe- richt enthält einen Prüfauftrag zur Höhe des Kindergel- des für Kinder mit Wohnsitz außerhalb Deutschlands. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 18/2567, Frage 25): Welche Maßnahmen strebt die Bundesregierung an, um die Bereitstellung von Wagniskapital steuerlich zu fördern, und welche Erkenntnis hat die Bundesregierung darüber, in welchem Umfang eine steuerliche Förderung die Bereitstel- lung von Wagniskapital erhöht? Die Bundesregierung prüft, wie die Vereinbarung des Koalitionsvertrags zur Förderung von Wagniskapital ausgefüllt werden können. Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, Wagnis- kapital steuerlich durch die Einführung einer Steuerbe- freiung für den INVEST-Zuschuss für Wagniskapital zu fördern. Die Steuerfreistellung ist im Entwurf des Geset- zes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollko- dex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften enthalten (§ 3 Nummer 71 EStG-E). Des Weiteren wird sich die Bundesregierung für die Beibehaltung der Steuerbegünstigung des Carried Inte- rest (§ 18 Absatz 1 Nummer 4 in Verbindung mit § 3 Nummer 40a EStG) einsetzen, deren Aufhebung von einzelnen Ländern gefordert wird. 4880 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 18/2567, Frage 26): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die ökonomische Wirkung von Patent- und Lizenzboxen, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die ökono- mische Wirkung einer steuerlichen Förderung von For- schungs- und Entwicklungsaufwendungen? Die G-20-Finanzminister haben am vergangenen Wo- chenende in Cairns fristgemäß die ersten sieben Ergeb- nisse der Arbeiten zu international abgestimmten Stan- dards gegen BEPS verabschiedet. Ein Teilbereich dieses Projekts sind die Arbeiten der OECD zu schädlichem Steuerwettbewerb. Dies betrifft insbesondere Regelungen, mit denen mobile Einkünfte wie Lizenzeinnahmen steuerlich privilegiert werden, so- genannte Patentboxen. Die Bundesregierung setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass solche Vergünstigungen nur gewährt werden dürfen, wenn eine hinreichende wirtschaftliche Substanz zugrunde liegt. Hier sind noch weitere Gespräche erforderlich. Grundsätzlich kann innerhalb fairer Grenzen über steuerliche Maßnahmen zur FuE-Förderung nachgedacht werden. Diese müssen aber vor dem Hintergrund der be- stehenden und sehr zielgerichteten direkten Förder- instrumente für Forschung und Entwicklung beurteilt werden. Diese Instrumente haben sich in Deutschland bewährt. Steuerliche Maßnahmen müssen sich außerdem in die notwendige Haushaltskonsolidierung einfügen. Eigene Studien über die ökonomische Wirkung von Patent- und Lizenzboxen hat die Bundesregierung nicht durchgeführt, allerdings werden die einschlägigen wis- senschaftlichen Veröffentlichungen in diesem Bereich sorgfältig verfolgt und analysiert. Regelmäßig stellt sich das Problem der Aktualität der den Studien zugrunde lie- genden Datenbasen. Zeitverzögerungen ergeben sich, da die Steuerveranlagung ebenso wie die statistische Verar- beitung Zeit erfordert; hinzu kommen Zeitverzögerun- gen durch faktische Anonymisierungserfordernisse, demzufolge arbeiten viele Forscher mit Daten vor der Unternehmensteuerreform 2008. Hieraus können zwar Wirkungszusammenhänge, nicht aber fiskalische Wir- kungen und präzise ökonomische Quantifizierungen her- geleitet werden. Der Erfolg der FuE-Aktivitäten deutscher Unterneh- men zeigt jedenfalls, dass wir mit den derzeit praktizier- ten Förderinstrumenten einen guten Weg gehen. Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage des Abgeordneten Dr. Harald Terpe (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 31): Warum packt die Bundesregierung das Problem der gro- ßen Wartezeitenunterschiede zwischen gesetzlich und privat Versicherten nicht an der Wurzel, indem sie für ein einheitli- ches Honorarsystem im Rahmen einer Bürgerversicherung sorgt? Die Gründe für Wartezeiten sind unterschiedlich: Ne- ben möglichen Versorgungsengpässen kann insbeson- dere auch die besondere Frequentierung eines Arztes dazu führen, dass eine kurzfristige Terminvergabe nicht möglich ist. Die Einführung einer Bürgerversicherung würde diese Gründe für Wartezeiten nicht abstellen kön- nen. Eine gute, qualitativ hochwertige und gut erreich- bare Versorgung überall in Deutschland mit Haus- und Fachärzten ist Voraussetzung, um diese Gründe für War- tezeiten zu beheben. Auch kann eine Terminservicestelle Abhilfe schaffen. Diese Punkte wird die Bundesregie- rung in einem Versorgungsstärkungsgesetz aufgreifen. Sofern unterschiedlich lange Wartezeiten – unabhän- gig von anderen Gründen, zum Beispiel Versorgungssi- tuation, Beliebtheit, Praxisorganisation und Auslastung der Arztpraxen – auch durch eine Anpassung der Regeln bei der Verteilung der Gesamtvergütung vermieden wer- den können, ist dies Angelegenheit der ärztlichen Selbst- verwaltung, die hierfür hinreichenden Gestaltungsspiel- raum hat. Das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenversicherung und der damit einhergehende Sys- temwettbewerb hat sich im Hinblick auf die Qualität der Krankenversicherung in Deutschland bewährt. Das deut- sche Gesundheitssystem hat im internationalen Ver- gleich eine hohe Versorgungsdichte und ermöglicht allen Patientinnen und Patienten einen einfachen Zugang zu medizinischen Leistungen. Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 32): Inwieweit haben Minderausgaben im Jahr 2014 Auswir- kungen auf die Nutzung der durch das Bundesamt für See- schifffahrt und Hydrographie, BSH, betriebenen Schiffe – bitte Detailangaben zu den Einsatzzeiten der BSH-Schiffe in den Jahren 2013 und 2014 machen? Ob es im Jahr 2014 zu Minderausgaben kommen wird, kann erst nach Ende des Haushaltsjahres beurteilt werden. Zu den Einsatzzeiten der BSH-Schiffe wird auf die nachstehenden Tabellen verwiesen. 2013 Schiff Seever- mes- sung For- schungs- und Erpro- bungs- fahrten Ausfall: Wetter/ Repara- tur/ Hafen Ge- samt VS Komet 168 / 92 260 VS Capella 162 / 88 250 VWFS Atair 139 60 49 248 VWFS Wega 155 47 44 246 VWFS Deneb 179 28 54 261 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 4881 (A) (C) (D)(B) 2014 bis einschließlich August Schiff Seever- mes- sung For- schungs- und Erpro- bungs- fahrten Ausfall: Wetter/ Repara- tur/ Hafen Ge- samt VS Komet 46 / 120 166 VS Capella 97 / 80 177 VWFS Atair 91 42 33 166 VWFS Wega 99 40 21 160 VWFS Deneb 117 26 22 165 Der hohe Anteil der Liegezeiten für das VS „Komet“ und VS „Capella“ ergeben sich aus umfangreichen Werftaufenthalten der beiden Schiffe im 1. Quartal 2014. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 36): Wie setzt sich die Aufstockung um 130 Millionen Euro auf nunmehr 630 Millionen Euro bei der Wohngeldreform im Bundeshaushalt 2015 (Kapitel 1606 Titel 632 01) konkret zu- sammen – hier insbesondere bei der Wiedereinführung der Heizkostenkomponente –, und welche klimapolitische Steue- rungswirkung wird damit nach Ansicht der Bundesregierung erreicht? Bei der Bewertung der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BMUB, konzipierten Wohngeldverbesserung ist zum ei- nen zu berücksichtigen, dass ohne Wohngeldnovelle die Ausgaben weiter zurückgehen. Zum anderen spiegelt der Ansatz von 630 Millionen Euro die Planung wider, dass die Novelle etwa Mitte des Jahres 2015 in Kraft treten soll. Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung über die konkrete Ausgestaltung der Wohngeldnovelle ist noch nicht abgeschlossen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stefan Müller auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 37): Wie setzen sich die im Bundeshaushalt 2014 genannten Kosten (Kapitel 30 04 Titelgruppe 80 Titel 685 80-641) für den Export der Brennelemente aus dem AVR Jülich für die „US-Option“ zusammen – bitte aufschlüsseln nach vorberei- tenden Prüfaufträgen, Forschung, Transport, Lagerung, Auf- arbeitung etc. –, und wer trägt die Gesamtkosten? Die im Bundeshaushaltsplan 2014 bei Kapitel 30 04 Titel 685 80 für die „US-Option“ ausgewiesenen Gesamt- ausgaben des Bundes in Höhe von rund 246 Millionen Euro beruhen auf Informationen des Forschungszen- trums Jülich zu einer vorläufigen Kostenabschätzung zwecks vorsorglicher Sicherung der Finanzierung einer möglichen Verbringung der AVR-Brennelemente in die USA. Diese vorläufig und vorsorglich veranschlagten Kosten betreffen Ausgaben für: – die Prüfung der technischen und rechtlichen Mach- barkeit einer Verbringung der hochangereicherten AVR-Brennelemente in die USA – als Herkunftsland des uranhaltigen Kernbrennstoffs – und ihrer dortigen schadlosen Verwertung, – eine Räumung des Behälterzwischenlagers Jülich, – einen Transport der AVR-Brennelemente, – eine schadlose Verwertung der AVR-Brennelemente in den USA. Im Falle einer Realisierung jeder Transportoption wä- ren die – dann unmittelbar beim Forschungszentrum Jülich anfallenden – Gesamtkosten von Bund und Land Nordrhein-Westfalen als Zuwendungsgeber zu tragen. Die Erläuterung der unter Nummer 20 im Haushalts- plan ausgewiesenen Kosten im Hinblick auf die „US- Option“ beruht unter anderem darauf, dass die im Bun- deshaushaltsplan 2014 erfolgte Veranschlagung von 10 Millionen Euro für das laufende Haushaltsjahr in ers- ter Linie den Finanzierungsanteil des Bundes für die Prüfung der technischen und rechtlichen Machbarkeit ei- ner Verbringung der hochangereicherten AVR-Brennele- mente in die USA und ihrer dortigen schadlosen Verwer- tung betrifft. Diese Prüfungen dauern noch an. Anlage 21 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage des Abgeordneten Jens Spahn (CDU/CSU) (Drucksa- che 18/2567, Frage 40): Wer haftet nach Kenntnis der Bundesregierung für die durch den unkontrollierten Austritt von Öl aus einer Kaverne im westfälischen Gronau, in der Teile der gesetzlich festgeleg- ten nationalen Ölreserve eingelagert sind, entstandenen Schä- den, und für Schäden welchen Umfangs wird gehaftet? Nach allgemeinem Haftungsrecht sind die Betreiber von Untergrundspeichern (Kavernen) für die von ihnen verursachten Schäden verantwortlich. Daher haben Ge- schädigte zunächst Ansprüche im Sinne der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Zusätzlich enthalten das Bodenschutzrecht und das Wasserrecht Regelungen, die das verursachende Unter- nehmen zu Sanierungsmaßnahmen bzw. zum Schadens- ersatz verpflichten. Die konkreten Ersatzpflichten be- stimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls zwischen den Beteiligten, zu denen die Bundesregierung nicht gehört. Allerdings hat nach Auskunft der zuständigen Berg- behörde des Landes Nordrhein-Westfalen die Versiche- rung des hier betroffenen Unternehmens bestätigt, dass sie im Rahmen ihrer Haftungspflicht sämtlichen berech- tigten Forderungen nachkommen wird. Das Unterneh- 4882 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. September 2014 (A) (C) (D)(B) men hat außerdem der Bergbehörde mitgeteilt, dass es Rückstellungen für Schadensersatz in ausreichender Höhe gebildet habe. Anlage 22 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 41): Nach welchen Kriterien will die Bundesregierung festle- gen, wo es Probebohrungen für Schiefergas geben soll vor dem Hintergrund, dass die Ergebnisse des Gutachtens des Umweltbundesamtes zur Schiefergasförderung vom Juli 2014 darauf hinweisen, dass die Gegebenheiten eines möglichen Schiefergasfeldes nicht auf ein anderes übertragbar sind, und wie viele Probebohrungen sind aus Sicht der Bundesregierung notwendig, um im Jahr 2021 zu einer fachlich fundierten Neu- bewertung der Regelungen zum Fracking zu kommen? In Schiefer- und Kohleflözgesteinen oberhalb von 3 000 Meter wurde in Deutschland die Fracking-Techno- logie zur Gewinnung von Erdgas bisher noch nicht ein- gesetzt. Daher haben wir bisher keine umfassenden Er- fahrungen über die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Umwelt – insbesondere auf den Wasserhaushalt und den Untergrund. Wissenschaftliche Erprobungsmaß- nahmen zu Forschungszwecken sollen die Kenntnislü- cken schließen. Anlage 23 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/2567, Frage 42): In welchen Aspekten unterscheiden sich die von der Bun- desregierung in den Eckpunkten zum Fracking angekündigten Probebohrungen von Erkundungsbohrungen zur Vorberei- tung einer kommerziellen Ausbeutung von Gaslagerstätten, und wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die ange- kündigten Probebohrungen zur Erforschung des Fracking in Schiefer- und Kohleflözgaslagerstätten nicht dazu dienen, die kommerzielle Ausbeutung dieser Lagerstätten vorzubereiten? Die in den Eckpunkten des BMUB und des BMWi aufgeführten Erprobungsmaßnahmen sollen nur zulässig sein, wenn durch diese Maßnahmen die Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich erforscht werden. Anlage 24 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Zypries auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Druck- sache 18/2567, Frage 46): Wie genau will die Bundesregierung sicherstellen, dass Waffen, die an die Peschmerga geliefert werden, nicht weiter- gegeben werden trotz Endverbleibserklärung, wie bereits im Falle Sig Sauer mit Waffen für die USA geschehen, die trotz Endverbleibserklärung an die kolumbianische Polizei weiter- gegeben wurden? Den Fällen der Genehmigung der Waffenlieferung an die Regierung der autonomen Region Kurdistan im Irak und der Genehmigung zur Ausfuhr von Pistolen durch die Firma SIG SAUER liegen völlig unterschiedliche Sachverhalte zugrunde. Im Fall der Waffenlieferung an die Regierung der au- tonomen Region Kurdistan im Irak handelt es sich um eine politische Ausnahmeentscheidung aufgrund der akuten Bedrohung der Bevölkerung im Irak durch die Terrororganisation IS. Die Regierung der autonomen Re- gion Kurdistan im Irak hat der Bundesregierung den Endverbleib der Waffen durch ihre Streitkräfte zugesi- chert. Die Bundesregierung hat keinen Grund zur An- nahme, dass die kurdischen Behörden ihre Zusage nicht einhalten werden. Im Übrigen vertrauen auch unsere Bündnispartner, die ebenfalls die Regierung der autono- men Region Kurdistan im Irak beliefern, auf diese Zusi- cherungen. Was den Fall SIG SAUER angeht, liegt der Sachver- halt völlig anders. Hier gibt es Anhaltspunkte dafür, dass das Unternehmen Genehmigungen für das unproblemati- sche Empfängerland USA beantragt hat, obwohl es von Anfang an wusste, dass die Pistolen tatsächlich für Ko- lumbien bestimmt waren. Dies ist ein wesentlicher Un- terschied. Im Übrigen ermitteln in dieser Angelegenheit seit Bekanntwerden der offensichtlichen Verstöße durch das in Rede stehende Unternehmen die zuständigen Staatsanwälte. Abschließend möchte ich in aller Klarheit auch darauf hinweisen, dass es keine 100-prozentige Sicherheit ge- gen einen Missbrauch der von uns gelieferten Waffen gibt. Die Bundesregierung hat sich die Entscheidung nicht einfach gemacht und alle Handlungsmöglichkeiten abge- wogen. Die Alternative, dem Wirken der IS weiter taten- los zuzusehen, war für die Bundesregierung jedoch inak- zeptabel. 53. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Befragung der Bundesregierung TOP 2 Fragestunde ZP 1 Vereinbarte Debatte zur Ebola-Epidemie Anlagen
Gesamtes Protokol
Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805300000

Die Sitzung ist eröffnet.

Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
nung um eine Vereinbarte Debatte mit dem Thema
„Deutschlands Beitrag zur Eindämmung der Ebolaepide-
mie“ zu erweitern und diese im Anschluss an die Frage-
stunde als Zusatzpunkt 1 mit einer Debattendauer
von einer Stunde aufzurufen. Gibt es dagegen Wider-
spruch? – Das ist nicht der Fall. Ich sehe, Sie sind damit
einverstanden. Dann verfahren wir so.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Jahresbericht der Bundesre-
gierung zum Stand der deutschen Einheit.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundes-
minister für Wirtschaft und Energie, Frau Iris Gleicke. –
Bitte schön.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805300100


Schönen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Heute auf den Tag genau vor 25 Jahren,
am 24. September 1989, wird die Botschaft der Bundes-
regierung in Prag zum Sammelpunkt für fast 900 DDR-
Flüchtlinge; 200 Kinder waren darunter. Einen Tag spä-
ter, am 25. September 1989, fordern mehrere Tausend
Demonstranten auf der Montagsdemo in Leipzig demo-
kratische Reformen und die Zulassung des Neuen Fo-
rums. Stasivizechef Mittig ruft am 26. September 1989
die Chefs der MfS-Bezirksverwaltungen zusammen und
fordert, die „feindlich-oppositionellen Zusammen-
schlüsse“ mit dem Ziel der Zerschlagung „operativ zu
bearbeiten“. Auf Grundlage eines Honecker-Befehls zur
– ich zitiere – „Verhinderung von Provokationen unter-
schiedlicher Art“ zum 40. Jahrestag der DDR bringt Ver-
teidigungsminister Keßler vorsorglich die NVA für den
Einsatz in Ostberlin in Stellung. – So viel zu den Tagen
im September vor 25 Jahren. Heute klingt das wie ein
Bericht aus einer fernen Welt oder aus einem anderen
Zeitalter.

Der vorliegende Jahresbericht zum Stand der deut-
schen Einheit würdigt in besonderer Weise die mutigen
Proteste und Demonstrationen im Herbst 1989 in Leip-
zig und in vielen anderen Städten der DDR. Die Demon-
stranten haben mit ihrer Zivilcourage den Grundstein für
Freiheit und Demokratie in Ostdeutschland gelegt. In-
dem sie die Mauer niedergerissen haben, haben sie die
Einheit unseres Landes ermöglicht.

Die Aufarbeitung der Diktatur in der DDR, die Wür-
digung und Rehabilitierung der Opfer der Diktatur blei-
ben über den Tag hinaus auf der Tagesordnung.

Die Annäherung der Lebensverhältnisse zwischen
Ost und West in den letzten 25 Jahren ist weitgehend
gelungen. Denken Sie an die Modernisierung der Infra-
struktur, den Wiederaufbau vieler Innenstädte, die Ver-
besserung der Wohnsituation, die Beseitigung der verhee-
renden Umweltverschmutzung, den Aus- und Neubau
eines modernen Verkehrsnetzes. Und: Die ostdeutsche
Wirtschaft steht auf einem breiten Fundament. Aber wir
müssen heute feststellen: Der wirtschaftliche Aufholpro-
zess der neuen Länder im Verhältnis zu Westdeutschland
ist in den vergangenen Jahren nur noch sehr langsam vo-
rangeschritten. Deshalb ist die weitere Stärkung der
Wirtschaftskraft unbedingt erforderlich. Denn das si-
chert und schafft Arbeitsplätze, verbessert die Steuer-
kraft der Länder und hat positive Auswirkungen auf die
Länderhaushalte.

2019 läuft der Solidarpakt II aus. Vor diesem Hinter-
grund kommt der Neuordnung der Bund-Länder-Finanz-
beziehungen für die Zeit ab 2020 eine überragende Be-
deutung zu. Eines ist klar: Eine reine Ostförderung kann
und wird es ab 2020 nicht mehr geben. Wir müssen die
bisherige Förderung weiterentwickeln zu einem System
der Förderung strukturschwacher Regionen in ganz
Deutschland. Wir brauchen ein festes Bündnis der struk-
turschwachen Regionen in Ost und West.

Meine Damen und Herren, fast 25 Jahre nach der
Wiedervereinigung brauchen wir endlich ein einheitli-
ches Rentenrecht in ganz Deutschland. Hier soll entspre-





Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke


(A) (C)



(D)(B)

chend der Koalitionsvereinbarung mit Ende des Solidar-
pakts II, wenn die Lohn- und Gehaltsangleichung weiter
fortgeschritten sein wird, in einem letzten Schritt eine
vollständige Angleichung erfolgen. Die Bundesregie-
rung wird 2016 prüfen, ob ein Zwischenschritt erforder-
lich ist.

Zum Arbeitsmarkt. Im Jahresdurchschnitt 2013
wurde die niedrigste Arbeitslosenzahl seit der Wieder-
vereinigung registriert. Aber auch hier gibt es ein großes
„Aber“; denn gegenüber der Arbeitslosenquote West mit
6,0 Prozent ist die Arbeitslosenquote Ost mit 10,3 Pro-
zent im Jahresdurchschnitt 2013 noch immer unverhält-
nismäßig hoch. Die Jugendarbeitslosigkeit ist in den
letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Sie lag im Jahr
2013 in Ostdeutschland bei 9,6 Prozent und damit im eu-
ropäischen Vergleich auf einem niedrigen Niveau.

Auch die Binnenwanderungsverluste zwischen Ost
und West sind in den letzten Jahren deutlich zurückge-
gangen. Nach Projektionen des Statistischen Bundesam-
tes wird die Bevölkerungszahl in den ostdeutschen Flä-
chenländern allerdings weiter abnehmen. Dies wirkt sich
auf alle Lebensbereiche aus. Beim Umgang mit den da-
durch verursachten Veränderungen vor Ort leisten die
ostdeutschen Länder in Bezug auf intelligente Modelle
der Daseinsvorsorge seit Jahren Pionierarbeit. Der Osten
ist hier Avantgarde.

Mein Damen und Herren, Sie finden in diesem Be-
richt einen Satz, der mir sehr wichtig ist: „Der ganz gro-
ßen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger“ der DDR
„ging es darum, ein anständiges Leben zu führen.“ Dies
gilt es zu erkennen, zu akzeptieren und in einem solidari-
schen Miteinander zu verbinden. Wir brauchen einen un-
verkrampften Umgang miteinander, wie ihn die junge
Generation heute schon so erfreulich vorlebt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805300200

Danke schön. – Die erste Frage hat der Kollege

Wolfgang Tiefensee, SPD-Fraktion.


Wolfgang Tiefensee (SPD):
Rede ID: ID1805300300

Sehr verehrte Frau Staatssekretärin, ganz herzlichen

Dank für den Vortrag und für die Vorlage des Berichtes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst konstatiere
ich: Der Bericht trägt eindeutig die Handschrift des Vi-
zekanzlers und seiner Beauftragten. Die Situation wird
sehr kritisch beschrieben, es werden aber auch die Vor-
teile aufgezeigt. Vor allen Dingen wird erstmalig das En-
gagement der Bürgerinnen und Bürger vor 1989 dezi-
diert gewürdigt.

Frau Staatssekretärin, wir haben eine gute Entwick-
lung bezüglich des Bruttoinlandsproduktes und der Ar-
beitslosigkeit, auch wenn wir hier sicherlich noch Nach-
holbedarf haben. Meine Fragen:

Erstens. Es gibt Förderprogramme wie zum Beispiel
INNO-KOM und ZIM. Ich wünschte mir, dass bei
INNO-KOM nicht gekürzt wird. Warum kürzen wir da
um 500 000 Euro, von 65,5 Millionen Euro auf 65 Mil-
lionen Euro?

Zweitens. Sie haben die Angleichung der Rentensys-
teme angesprochen. Reden wir nach wie vor auch da-
rüber, dass es einen Härtefallfonds geben könnte?

Schließlich: Mich interessiert, wenn es um die Ar-
beitslosigkeit geht: Wenden Sie sich auch ganz beson-
ders der Langzeitarbeitslosigkeit zu, und was ist dort ge-
plant?

Vielen Dank.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805300400


Schönen Dank. – Zum Thema Arbeitslosigkeit: Es ist
so, dass die Bundesministerin für Arbeit und Soziales
auch und gerade mit den ESF-Mitteln, die jetzt zur Ver-
fügung stehen, ein Programm auflegen will, das in die-
sem Jahr beschlossen werden soll, damit im nächsten
Jahr Förderungen ermöglicht werden, um gerade unter
dem Aspekt der Altersarmut die Langzeitarbeitslosigkeit
zu bekämpfen und um den Menschen, die dem Arbeits-
prozess schon lange nicht mehr zur Verfügung gestanden
haben, eine Perspektive zu ermöglichen.

Zu den verschiedenen Förderprogrammen. Sie wis-
sen, dass wir die Förderkulisse der Gemeinschaftsauf-
gabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“
schon zu einer gesamtdeutschen umgestaltet haben. Die
Präferenz ist aufgrund der Wirtschaftsdaten nach wie vor
in Ostdeutschland gegeben. Es fließen also nach wie vor
mehr Mittel nach Ostdeutschland.

Programme wie das Zukunftsinvestitionsprogramm
Mittelstand, INNO-KOM-Ost usw. liegen uns besonders
am Herzen und entfalten eine besondere Wirkung für
Ostdeutschland, die wir auch erhalten wollen. Deshalb
haben wir beispielsweise beim Zukunftsinvestitionspro-
gramm 30 Millionen Euro draufgelegt, wir haben bei
den IKT etwas draufgelegt, finanziert aus den Mitteln in
Höhe von 3 Milliarden Euro, die im Bundeshaushalt zu-
sätzlich für Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen
zur Verfügung stehen.

Zum Thema Rente. Wir haben in den Koalitionsver-
handlungen vereinbart, die Rentenangleichung bis zum
Jahr 2019, also bis zum Auslaufen des Solidarpakts, zu
schaffen. Sie kennen meine persönliche Meinung aus der
Zeit, als ich noch auf der anderen Seite des Parlaments
gesessen habe, und wissen, dass ich immer für die Ein-
richtung eines Härtefallfonds gestritten habe. Dieser ist
aber in der Koalitionsvereinbarung nicht enthalten. Des-
halb ist natürlich die Frage, ob und inwieweit sich die
Koalitionsfraktionen zum Beispiel über einen solchen
Mechanismus verständigen könnten. Aber ich bitte ganz
herzlich um Verständnis: Das ist im Moment nicht vor-
derste Aufgabe der Bundesregierung, sondern eine Par-
lamentsangelegenheit.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805300500

Als Nächstem erteile ich das Wort dem Abgeordneten

Stephan Kühn, Bündnis 90/Die Grünen.






(A) (C)



(D)(B)

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, auch ich möchte
auf die Zeit zu sprechen kommen, als Sie auf der Abge-
ordnetenseite saßen. Da haben wir gemeinsam davor ge-
warnt, diesen Bericht zu einem reinen Routinebericht
verkommen zu lassen, der sozusagen nur den Status quo
beschreibt, und waren uns einig: Wenn man sich die Ar-
beit macht, einen solchen Bericht zu erstellen, dann
muss er wirklich neue Ideen und Impulse enthalten. Da
wir noch nicht die Gelegenheit hatten, den Bericht zu
studieren, möchte ich die Frage stellen: Welche zentralen
Impulse und Ideen enthält der Bericht?

Die Frage, die sich daran anschließt, ist mit der For-
mulierung verknüpft, Ostdeutschland sei Avantgarde,
oder anders ausgedrückt: Ostdeutschland ist für die Trans-
formationsprozesse sozusagen das Labor. Ganz entschei-
dend ist die Frage der Rahmenbedingungen dafür, dass
– so wurde es im letzten Bericht genannt – noch nicht
genutztes Potenzial für bürgerschaftliches Engagement
gehoben werden kann, sprich: welche Rahmenbedingun-
gen die Leute vor Ort haben, um Eigeninitiative ergrei-
fen und die zukünftige Entwicklung selber in die Hand
nehmen zu können. Welche Instrumente schlagen Sie da
in dem neuen Bericht jetzt vor?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805300600


Zunächst: Wenn ich über Modellprojekte oder da-
rüber rede, dass Ostdeutschland an vielen Stellen Avant-
garde ist, weil eben versucht wird, mit weniger Mitteln
den gesetzlichen Vorschriften zur öffentlichen Daseins-
vorsorge nachzukommen und sie auch aufrechtzuerhal-
ten, dann denke ich dabei nicht zuerst an Labormäuse.


(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch nicht!)


Ich will einfach sagen: Es geht uns nicht darum, irgend-
eine Grundsicherung zu schaffen, sondern darum, Le-
bensqualität zu schaffen und dafür zu sorgen, dass es
auch in strukturschwachen Regionen Perspektiven gibt.
Das hat sehr viel mit dem zweiten Teil Ihrer Frage zu
tun.

Natürlich geht es uns darum, Menschen zu aktivieren,
sodass sie sich zum Beispiel selbstständig machen. Wir
fangen schon bei den Schülerinnen und Schülern an; wir
wollen mit Projekten an Schulen tatsächlich den Grün-
dergeist stärken. Wir versuchen, gerade auch die Poten-
ziale von Frauen zu heben. Das ist insgesamt eine wichtige
Aufgabe. Denn der Fachkräftemangel in Ostdeutschland
wird aufgrund der demografischen Entwicklung und der
Wanderungsverluste der letzten Jahre einen viel höheren
Stellenwert bekommen.

Es ist heute schon so, dass die ostdeutschen Unterneh-
men – die ostdeutsche Wirtschaft ist nach wie vor von
kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt –
händeringend nach Führungspersonal suchen. Insofern
wollen wir den Mittelstand unterstützen, damit er weiter
wachsen kann. Dazu braucht er entsprechendes Füh-
rungspersonal. Wir wollen natürlich überall dafür wer-
ben. Sie kennen wahrscheinlich die Thüringer Initiative,
die sich an Rückkehrer wendet: „Thüringen braucht
dich.“ – Das sind Dinge, von denen ich glaube, dass sie
wirklich zum Erfolg führen. An der Stelle wollen wir an-
setzen.

Dazu gehört aber auch eine ordentliche Wirtschafts-
förderung – gar keine Frage –, damit das Größenwachs-
tum der kleinteiligen ostdeutschen Wirtschaft weiter vo-
ranschreiten kann.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805300700

Nächste Fragestellerin die Abgeordnete Annalena

Baerbock, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Frau Gleicke, für den kurzen Bericht. Es
ist natürlich wirklich bedauerlich, dass die Koalitions-
fraktionen schon einen Blick darauf werfen konnten, die
Opposition aber nicht. Deswegen kommen wahrschein-
lich auch mehr Fragen von unserer Seite.

Ich knüpfe an das an, was mein Kollege Kühn schon
zur Neustrukturierung des Berichts gesagt hat; Sie haben
es ganz kurz angesprochen. Insbesondere über die finan-
zielle Ausstattung nach dem Auslaufen der Solidarpakt-
mittel haben wir mit Ihnen im Zusammenhang mit dem
letzten Bericht intensiv diskutiert. Wir haben damals in
der Debatte auch die Korb-II-Mittel angesprochen und
gefragt, wo sie sich in der neuen Finanzgestaltung wie-
derfinden könnten. Könnten Sie vielleicht einen Satz
dazu sagen, ob bereits entsprechende Überlegungen in
dem Bericht enthalten sind? Die Investitionsmittel für
Ostdeutschland werden ja nach wie vor noch anders be-
messen.

Wir hatten auch bereits gemeinsam festgestellt, dass
insbesondere die Ausstattung der Kommunen – gerade
viele ostdeutsche Gebiete haben ja strukturell eine an-
dere Prägung – bisher nicht in den Berichten aufgetaucht
ist. Daran anknüpfend möchte ich Sie fragen, inwieweit
im jetzt vorliegenden Bericht ein Schwerpunkt auf die
Situation der Kommunen gelegt wird und inwieweit auf
Kassenkredite und weitere Fragen eingegangen wird.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805300800


Frau Baerbock, die von Ihnen angesprochenen The-
men kommen in dem Bericht in beschreibender Weise
vor. Wir weisen dabei darauf hin, dass die Ausstattung
der Kommunen von zentraler Bedeutung ist, wenn es da-
rum geht, öffentliche Daseinsvorsorge auch in struktur-
schwachen Regionen zu erhalten. Sie finden dazu im Be-
richt ein paar kurze Ausführungen. Wir sagen allerdings
ganz klar: In der Diskussion über die Bund-Länder-
Finanzbeziehungen muss es uns auch darum gehen, eine
entsprechende Ausstattung für die finanzschwachen
Länder hinzubekommen, damit die öffentliche Daseins-
vorsorge wirklich erhalten werden kann. Das ist mir
ganz wichtig. Das ist im Endeffekt auch die Quintessenz
des vorliegenden Berichtes. Wir brauchen in Ostdeutsch-
land also auch nach 2019 eine besondere Förderung.





Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke


(A) (C)



(D)(B)

Ich habe an dieser Stelle zwar hauptsächlich die Si-
tuation in Ostdeutschland im Blick, sehe aber auch die
Probleme in den alten Bundesländern. Deshalb sage ich:
Wir brauchen ein Fördersystem, durch das die struktur-
schwachen Regionen in Ost und West gleichermaßen ge-
fördert werden, damit wir da vorankommen können.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805300900

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Karin

Binder, Fraktion Die Linke.


Karin Binder (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805301000

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Liebe Kollegin

Gleicke, Sie haben die Annäherung zwischen Ost und
West als weitgehend gelungen bezeichnet. Ich muss sa-
gen: Da haben wir doch eine unterschiedliche Sicht der
Dinge. Ich sehe nach wie vor Unterschiede bei der
Rente, ich sehe nach wie vor unterschiedliche Löhne und
Gehälter, ich sehe nach wie vor unterschiedliche Lebens-
standards. Ich glaube, dass wir noch einiges zu tun ha-
ben.

Was ich gar nicht verstehen kann, ist, dass auch
25 Jahre nach der deutschen Einheit von dieser Bundes-
regierung immer noch unterschiedliche Mütterrenten für
Ost und West beschlossen werden. Wir erklären Sie das
im Zusammenhang mit dem Bestreben, ein einheitliches
Rentenrecht zu schaffen?

Ich habe noch eine andere Frage: Wird in Ihrem Be-
richt endlich auch einmal die Rolle der Treuhand ordent-
lich beleuchtet? Ich glaube, dass die Treuhand eine we-
sentliche Rolle im Zusammenhang mit der meiner
Auffassung nach noch nicht stattgefundenen Annähe-
rung zwischen Ost und West spielt. Ich glaube schon,
dass die Politik, die die Treuhand mit ihrem Ausverkauf
der Ost-Bundesländer betrieben hat, in diesem Zusam-
menhang von entscheidender Bedeutung ist.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805301100


Frau Kollegin Binder, zum Thema Mütterrente. Ganz
klar: Die unterschiedlichen Werte bei der Mütterrente
entstehen dadurch, dass wir ein unterschiedliches Ren-
tensystem in Ost und West haben. Deshalb ist es das er-
klärte Ziel der Bundesregierung, ab 2019 gleiches Ren-
tenrecht zu verankern. Es wurde also nicht beschlossen,
die Mütterrente in Ost oder West unterschiedlich zu ge-
stalten, sondern das resultiert aus den unterschiedlichen
Rentenwerten.

Im Bericht ist kein Kapitel explizit zur Treuhandan-
stalt enthalten. Es gab ja nach Abschluss der Arbeit der
Treuhandanstalt einen Untersuchungsausschussbericht,
dessen Länge, glaube ich, fast einen Meter im Bücherre-
gal umfasst und der eine ganze Menge Hinweise enthält
bzw. deutlich macht, was gut oder was weniger gut ge-
laufen ist.

Wir sind darauf eingegangen, was die Deindustriali-
sierung Anfang der 90er-Jahre für das zukünftige
Wachstum in Ostdeutschland bedeutete, nämlich dass
eine Kleinteiligkeit bei den Unternehmen entstanden ist.
Das ist ja im Kern das Problem, weil uns natürlich die
Headquarters mit entsprechenden Forschungs- und Ent-
wicklungsabteilungen fehlen und eben auch die Kon-
zernzentralen, die aufgrund der Wertschöpfungskette
Steuereinnahmen für die Länder generieren würden. In-
sofern ist es an der Stelle unsere Hauptaufgabe, dass wir
weiter am Transformationsprozess arbeiten.

Ich bin auf die unterschiedlichen Renten eingegan-
gen. Ich bin auch auf die unterschiedlichen Löhne einge-
gangen. Die Lohnhöhe ist nach wie vor ein großes Pro-
blem. Wir reden über einen durchschnittlichen Abstand
von 20 Prozent zwischen den Löhnen in Ost und West.
Wir wissen, dass der Abstand in einzelnen Branchen
sehr viel größer ist, in anderen Branchen aber auch klei-
ner. Wenn wir uns das genau anschauen – damit komme
ich noch einmal auf die Fragen von Herrn Kühn und
Frau Baerbock zurück – und uns insbesondere dem
Aspekt Fachkräfte zuwenden, dann wird klar, dass das
Thema Einkommen im Zusammenhang mit der Gewin-
nung von Fachkräften und Führungspersonal in Ost-
deutschland ganz entscheidend ist. Wer gute Ingenieu-
rinnen und Ingenieure in Ostdeutschland halten will, der
wird sie auch gut bezahlen müssen. Insbesondere in der
Großindustrie bzw. in größeren Betrieben manifestiert
sich dieses Problem. Das Einkommensniveau liegt in
diesem Bereich erst bei 73 Prozent des Westniveaus.
Entscheidend ist, dass wir in diesem Bereich hinsichtlich
der Angleichung der Einkommensverhältnisse weiter
vorankommen.

Ansonsten möchte ich noch einmal Folgendes beto-
nen: Wenn ich mich in meiner Thüringer Heimat um-
schaue, sehe ich sehr wohl, wie sich der Lebensstandard
aller Menschen und nicht nur der, die ein höheres Ein-
kommen beziehen, an das Westniveau angeglichen hat.
Ich glaube – das wird auch deutlich, wenn man sich die
aktuellen Umfrageergebnisse ansieht –, dass die Ost-
deutschen durchaus sehen und anerkennen, dass sich viel
getan hat. Das heißt aber nicht, dass wir nicht weiter da-
nach schauen, wo es nach wie vor die großen Abers und
Probleme gibt. Gerade das tut diese Bundesregierung.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805301200

Nächster Fragesteller ist der Abgeordnete Wolfgang

Gehrcke, Fraktion Die Linke.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805301300

Frau Parlamentarische Staatssekretärin, ich will Sie

ausdrücklich unterstützen. Ich finde es gut, dass Sie in
Ihrem Bericht nicht nur die harten Fakten genannt ha-
ben, die natürlich wichtig sind – Arbeitslosigkeit, soziale
Standards –, sondern auch auf das kulturelle Umfeld der
Veränderungen aufmerksam gemacht haben. Das ist ein
neuer Ton; den finde ich sehr gut.

Finden Sie nicht auch, dass der Umstand, dass in Thü-
ringen möglicherweise ein Mitglied der Linken zum Mi-
nisterpräsidenten gewählt wird, ein Ausdruck dafür ist,
dass sich das kulturelle Umfeld in diesem Land im posi-
tiven Sinne entwickelt hat? Es handelt sich um ein west-
deutsches Mitglied.





Wolfgang Gehrcke


(A) (C)



(D)(B)


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Mit Sicherheit nicht!)


I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805301400


Herr Kollege Gehrcke, die Thüringer SPD wird sich
in Sondierungsverhandlungen mit der CDU und auch
mit den Linken und den Grünen unterhalten. Wenn Sie
den – so sage ich es einmal – Zuwanderer Bodo
Ramelow ansprechen,


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


sage ich: Wir freuen uns über Zuwanderung nach Ost-
deutschland. Wir sind sehr froh darüber, dass sich außer
den vielen Studentinnen und Studenten, die in den letz-
ten Jahren gekommen sind, auch eine ganze Menge an-
derer aufgrund der verbesserten Lebensqualität Ost-
deutschland zuwenden.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Danke!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805301500

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Daniela

Kolbe, SPD-Fraktion.


Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1805301600

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Vielen Dank für

die Vorlage des Berichts zum Stand der deutschen Ein-
heit. Er kommt zum rechten Zeitpunkt. Er wird nicht nur
rechtzeitig zu den 25-Jahr-Feiern vorgelegt, zum Bei-
spiel anlässlich der Großdemonstration in Leipzig am
9. Oktober 1989, sondern auch in einer spannenden
Phase der Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanz-
beziehungen. Ich denke, dass in dem Bericht einige
spannende Fakten zur Steuerkraft der ostdeutschen Wirt-
schaft und zu den Steuereinnahmen sowie zur Wirt-
schaftskraft und Wirtschaftsstruktur in den neuen Bun-
desländern zu finden sind.

Ich habe zwei Fragen:

Erstens. Diese Bundesregierung hat einen gesetzli-
chen Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt, der insbe-
sondere in den neuen Bundesländern greifen wird. Kön-
nen Sie mir darlegen, welche Auswirkungen dieser
Mindestlohn Ihrer Einschätzung nach haben wird, wo-
möglich auch auf die Angleichung der Rentensysteme in
Ost und West?

Meine zweite Frage stelle ich angesichts der niedri-
gen Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen: Inwiefern
halten Sie Programme für eine lebendige Demokratie
weiter für notwendig? Können Sie noch einmal darle-
gen, was diesbezüglich geplant ist?

Vielen Dank.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805301700


Schönen Dank. – Was Programme für mehr Demo-
kratie und Teilhabe angeht: Da wurde einiges auf den
Weg gebracht. Verschiedene Häuser sind beteiligt und
engagieren sich auf diesem Gebiet. Das Ministerium von
Frau Schwesig zum Beispiel oder auch die BKM bemü-
hen sich immer wieder, durch Programme deutlich zu
machen, wie Demokratie und Teilhabe funktionieren.
Der Engagementbericht hat ja gezeigt, dass sich immer
mehr Menschen in Ostdeutschland engagieren und in
den verschiedensten Vereinen einbringen. Ich glaube,
auch das gehört ein Stück weit zur veränderten Lebens-
qualität dazu. Ich bin jetzt nicht in der Lage, im Einzel-
nen die Programme herunterzurattern, aber wir werden
sicherlich im Ausschuss und in den Fraktionen Gelegen-
heit haben, darüber zu diskutieren. Es gibt ja einiges,
was an ganz verschiedenen Stellen schon auf den Weg
gebracht wurde.

Thema Mindestlohn. Natürlich wird der Mindestlohn
in Ostdeutschland eine positive Wirkung haben. Denn
überproportional viele Ostdeutsche, die bisher deutlich
weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdient haben, wer-
den davon profitieren. Ich glaube, dass sich dann auch
der Lohnabstand in den normalen Tarifbereichen verrin-
gern wird. Dazu gehört, dass wir für eine größere und
stärkere Tarifbindung in Ostdeutschland werben; sie ist
dort deutlich geringer als in den alten Bundesländern. In
diesem Zusammenhang muss ich auch sagen, dass das
getrennte Rentenrecht an dieser Stelle von Vorteil für
Ostdeutschland ist. Denn dadurch, dass mehr Ostdeut-
sche vom Mindestlohn profitieren, wird es in der Folge
eine größere Steigerung der Renten in Ostdeutschland
geben. Dadurch wird die Lücke ein Stück weiter ge-
schlossen. Insofern profitieren auch die ostdeutschen
Rentnerinnen und Rentner vom Mindestlohn. Wir wol-
len natürlich trotzdem ein einheitliches Rentenrecht
schaffen; aber im Moment sieht die Analyse so aus.

Sie haben vollkommen recht: Löhne und Einkommen
haben natürlich auch Auswirkungen auf die Länderhaus-
halte. Sie sprachen die Bund-Länder-Finanzbeziehungen
an. Man muss rekapitulieren, dass Ostdeutschland nur
62 Prozent der Steuerkraft der vergleichbaren finanz-
schwachen Flächenländer in Westdeutschland hat. Das
muss man einfach zur Kenntnis nehmen, wenn man jetzt
in die Verhandlungen geht. Uns muss es darum gehen,
ein wirklich solidarisches System der Bund-Länder-
Finanzbeziehungen zu schaffen. Ich bin ganz zuversicht-
lich, dass Herr Schneider uns da helfen wird.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805301800

Danke schön. – Der Abgeordnete Stephan Kühn,

Bündnis 90/Die Grünen, hat sich zu einer weiteren Frage
gemeldet. Bitte.

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Staatssekretärin, ich wollte noch auf die Themen
Engagementbereitschaft und Initiative vor Ort zu spre-
chen kommen. Wie kann man Eigeninitiative stärken,
sozusagen eine Kultur der Selbstständigkeit entwickeln?
Der vorletzte zuständige Minister, Thomas de Maizière,
hatte in der zurückliegenden Legislaturperiode ja Regio-
nalbudgets vorgeschlagen, um die Verantwortung ein
Stück weit an die Regionen abzugeben; von Berlin aus
wissen wir ja nicht, was das Beste und Richtige ist. Er





Stephan Kühn (Dresden)



(A) (C)



(D)(B)

wollte auch in diesem Bereich die Rahmenbedingungen
so verändern, dass die Leute selber entscheiden können.
Wie ist Ihre Position dazu? Gibt es in der Regierung
Überlegungen dazu? Findet da in dieser Legislaturpe-
riode noch Regierungshandeln statt?

Die zweite Frage. Das Programm „Stadtumbau Ost“
läuft 2016 aus. Ob man 25 Jahre nach der Wende Stadt-
umbauprogramme noch nach Ost und West, also nach
Himmelsrichtungen, benennen muss, sei dahingestellt.
Aber klar ist: Die Aufgabe Stadtumbau steht unverändert
an, Revitalisierung der Innenstädte, Rückbau etc. Das
Thema ist also 2016 nicht erledigt. Daher frage ich: Was
wird aus dem Programm, wenn es 2016 planmäßig aus-
läuft? Wird es verlängert? Wie geht es damit weiter?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805301900


Zunächst zum Thema Engagement. Ich glaube, dass
die Finanzausstattung von Ländern und Kommunen eine
zentrale Voraussetzung ist, um auch in ländlich struk-
turierten Regionen, die nicht immer, aber sehr häufig
strukturschwache Regionen sind, Engagement zu för-
dern. Deshalb ist für mich im Moment die zentrale
Frage: Was passiert bei den Verhandlungen zu den
Bund-Länder-Finanzbeziehungen? Schaffen wir es, an
der Stelle für eine vernünftige Ausstattung zu sorgen?

Ob sich Programme daraus entwickeln lassen, will ich
dahingestellt sein lassen. Ich persönlich finde es span-
nend, über Regionalbudgets nachzudenken. Wir haben
auch schon im Kulturbereich über solche Projekte nach-
gedacht. Dies muss sich aber noch ergeben. Herr Kühn,
nehmen Sie es mir nicht übel, aber heute kann ich für die
Bundesregierung keine Aussage dazu treffen, weil wir
dies natürlich auch in unterschiedlichen Ressorts zu be-
werten und zu entwickeln haben. Da bitte ich herzlich
um Verständnis.

Das Programm „Stadtumbau Ost“ hat seit 1999 – seit-
dem gibt es das Programm – eine gigantische Aufgabe
erfüllt. Ich bin sehr stolz darauf, dass ich persönlich ei-
nen Anteil daran gehabt habe, dass es zu einem solch er-
folgreichen Programm geworden ist. Wir haben in den
Koalitionsverhandlungen vereinbart, die Bezeichnun-
gen „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“ abzu-
schaffen – wir hatten das Programm ja später auch für
Westdeutschland eingeführt – und die Benennung zu
vereinheitlichen. Dabei werden wir aber eine besondere
Förderung für Ostdeutschland, weil die Aufgaben dort
noch größer sind, beibehalten. Wir haben im Koalitions-
vertrag festgehalten, dass diese Vereinheitlichung unter
Beibehaltung der Intention des Korbs II, also der über-
proportionalen Ausgaben, erfolgt.

Wir werden sicherlich darüber zu reden haben – ich
bin gespannt, was dazu in den Fachausschüssen disku-
tiert wird; es liegt ja nicht in unserem Ressort –, wie es
weitergeht. Eine Aufgabe bleibt die, ich will es mal so
sagen, Anpassung an veränderte Bedingungen, was die
Zuwanderung bzw. die Abwanderung betrifft. Wir haben
ja Städte, die Zuwanderung erfahren, Dresden zum Bei-
spiel; diese Städte stehen unter einem ganz anderen
Druck, was beispielsweise den Wohnungsneubau an-
geht. Auf der anderen Seite haben wir nach wie vor Re-
gionen, die sich entleeren. Diesen Befund gibt es übri-
gens in Westdeutschland genauso. Deshalb muss man
natürlich schauen, dass man entsprechende Förderinstru-
mentarien zur Verfügung stellt. Bei sich entleerenden
Regionen ist der Anpassungsdruck sicherlich deutlich
größer; denn dort muss die öffentliche Daseinsvorsorge
von den wenigen Bürgern, die dann noch dort leben,
finanziert werden können. Darüber werden wir uns un-
terhalten müssen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805302000

Die Abgeordnete Annalena Baerbock hat sich auch

noch zu einer Frage gemeldet. – Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im letzten Bericht hat die Energiewirtschaft eine
große Rolle gespielt, weil die ostdeutschen Länder hier
Vorreiter waren, insbesondere beim Ausbau der erneuer-
baren Energien. Wir hatten schon damals festgestellt,
dass es aufgrund der Änderungen im EEG vor allen Din-
gen im Bereich der Solarwirtschaft zu einem massiven
Einbruch und auch zu einer Abwanderung von Firmen
gekommen ist. Liegt Ihnen eine Analyse vor, wie sich
die jetzigen Änderungen des EEG auswirken werden
– wieder ist der Bereich Photovoltaik stark betroffen –,
gerade im Hinblick auf die Arbeitsplätze in der Region?

Der zweite Punkt. Die Stromkosten sind in Ost-
deutschland tendenziell ein Stück höher, weil der Aus-
bau der erneuerbaren Energien vorangetrieben wurde
und die Modernisierung der Energienetze vor allen Din-
gen über die Netzentgelte bezahlt wird. Es gibt Initiati-
ven aus den Ländern – auch aus dem Bundesland, aus
dem ich komme, aus Brandenburg –, über die Netzent-
gelte zu sprechen. In welcher Form greifen Sie das als
auch dafür zuständiges Ministerium auf, und wie wollen
Sie diesem aus meiner Sicht berechtigten Anliegen der
ostdeutschen Länder nachkommen?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805302100


Frau Baerbock, Sie haben vollkommen recht: Die Er-
zeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ist in
Ostdeutschland ein ganz wichtiger Wirtschaftszweig ge-
worden. In Brandenburg hat sich das Verhältnis zwi-
schen Braunkohle und erneuerbaren Energien in den
letzten Jahren zugunsten der erneuerbaren Energien ver-
ändert. Das ist ein positiver Befund, gar keine Frage.

Wir sehen es nicht so, dass wir mit der Novelle des
EEG den erneuerbaren Energien sozusagen den Stecker
ziehen. Wir verhelfen den erneuerbaren Energien mit
den klaren Vorgaben, die im Erneuerbare-Energien-Ge-
setz festgelegt wurden, auch in Zukunft zu einem ver-
nünftigen Ausbau.

Wichtig ist aber auch, dass wir die Kostendynamik,
die durch die EEG-Umlage entstanden ist, brechen
mussten. Das ist nicht nur für die westdeutsche Wirt-
schaft wichtig gewesen, sondern gerade auch für die ost-





Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke


(A) (C)



(D)(B)

deutsche Wirtschaft, die natürlich durch die hohen
Strom- bzw. Energiepreise belastet wird.

Nun haben Sie einen besonderen Punkt angespro-
chen: Tatsächlich sind die Netzentgelte in Ostdeutsch-
land deutlich höher. Das hat etwas damit zu tun, dass
Anfang der 90er-Jahre eine Sanierung der maroden In-
frastruktur anstand. Diese Sanierungsleistungen werden
nach wie vor auf die regionalen Stromkunden umgelegt.
Hinzu kommt, dass das Mehr an Energie, das in Ost-
deutschland produziert, aber nicht verbraucht wird und
somit in andere Bundesländer transportiert werden muss,
einen gewissen Netzausbau erforderlich macht, welcher
auch hauptsächlich regionale Stromkunden trifft. Des-
halb steht in dem Bericht auch ganz klar, dass das Sys-
tem der Netzentgelte überprüft werden soll und gegebe-
nenfalls im Zuge der Energiewende an die gewandelten
Rahmenbedingungen angepasst werden muss. Wir müs-
sen nur – das ist auch ganz klar – darauf achten, dass
Ostdeutschland an dieser Stelle nicht doppelt bezahlt;
schließlich sind wir da einen ganzen Schritt vorange-
kommen.

Ich glaube, dass die Aussagen im Bericht insgesamt
zum EEG Ihr besonderes Interesse finden sollten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805302200

Wir sind zwar schon fast am Ende der Befragung der

Bundesregierung; aber ich lasse noch die Frage vom
Kollegen Harald Petzold, Fraktion Die Linke, zu. – Bitte
schön.


Harald Petzold (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805302300

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich würde gerne auf

die gerade gestellte Frage zurückkommen. Denn eigent-
lich haben Sie nicht beantwortet, wie Sie mit den Vor-
schlägen der Bundesländer, was die Ungerechtigkeit der
Umlage der Netzausbaukosten lediglich auf diejenigen
Stromkunden betrifft, in deren Bereich das Netz ausge-
baut wird, umgehen wollen. Die ostdeutschen Länder
schlagen seit mindestens 2009 beispielsweise vor, dass
die Kostenwälzung gesamtdeutsch erfolgen muss. Wel-
che Position vertritt die Bundesregierung hier?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1805302400


Die Position der Bundesregierung steht auf Seite 33
des Berichtes. Da heißt es:

Das System der Netzentgelte soll daher überprüft
und ggf. an die im Zuge der Energiewende gewan-
delten Rahmenbedingungen angepasst werden.

Es ist auch Aufgabe dieses Berichtes, dies zu doku-
mentieren. Wir kennen den Befund in Ostdeutschland
natürlich; gleichwohl ist es nicht Aufgabe des Berichtes,
Bundesratsverhandlungen sozusagen vorwegzunehmen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805302500

Danke schön. – Gibt es weitere Fragen zu anderen

Themen der Kabinettssitzung oder sonstige Fragen an
die Bundesregierung? – Das ist nicht der Fall. Dann
schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 2:

Fragestunde

Drucksache 18/2567

Ich rufe die mündlichen Fragen in der üblichen Rei-
henfolge auf.

Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Auswär-
tigen Amts. Zur Beantwortung steht Frau Staatsministe-
rin Professor Dr. Maria Böhmer bereit.

Die Fragen 1 und 2 hat der Abgeordnete Wolfgang
Gehrcke, Fraktion Die Linke, gestellt.

Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Gehrcke auf:
Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu den, nach

mir vorliegenden Informationen, auf der Beratung des Aus-
schusses der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten, AStV,
am 10. September 2014 erhobenen Forderungen, dass die
Europäische Union mit einer Listung von Journalistinnen und
Journalisten auf die neue „unkonventionelle Art der Kriegs-
führung“ antworten müsse?

Frau Staatsministerin, bitte.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805302600


Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege, ich
beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung
hat sich in der genannten Sitzung im Rahmen einer all-
gemeinen Aussprache zur möglichen Listung von Jour-
nalisten und Propagandisten mit Blick auf Bedenken im
Hinblick auf eine mögliche Einschränkung der Mei-
nungsfreiheit zurückhaltend geäußert.

Eine Listung soll aus Sicht der Bundesregierung
grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn einer Person die
Beteiligung an Aktivitäten, die den EU-Listungskriterien
entsprechen, gerichtsfest nachgewiesen werden kann.
Dies betrifft beispielsweise die aktive Unterstützung der
Destabilisierung der Ukraine. Eine Listung allein auf-
grund der Tatsache, dass eine Person journalistisch tätig
ist, schließt sich für die Bundesregierung aus. Die voll-
ständige Übersicht der aktuellen Listungskriterien findet
sich im EU-Ratsbeschluss vom 8. September 2014.

Darf ich die Antwort auf die zweite Frage gleich an-
schließen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805302700

Dann rufe ich auch die Frage 2 des Kollegen

Wolfgang Gehrcke auf:
Ist es zutreffend, dass die Bundesregierung eine Listung

von Journalistinnen und Journalisten nicht mit dem Verweis
auf das Grundgesetz generell abgelehnt hat, sondern nur auf
die Schwierigkeit einer „Unterscheidung zwischen Journalis-
mus und Propaganda“ verwiesen hat?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805302800


Es handelte sich um eine grundsätzliche Aussprache
zur möglichen Listung von Journalisten oder Propagan-
disten, die an Aktivitäten beteiligt sind, die den Lis-
tungskriterien der Europäischen Union entsprechen. Sol-
che Aktivitäten betreffen beispielsweise die aktive





Staatsministerin Dr. Maria Böhmer


(A) (C)



(D)(B)

Unterstützung der Destabilisierung der Ukraine, wie ich
bereits ausgeführt habe.

Die Einlassung Deutschlands erfolgte zu einem Zeit-
punkt, als unter anderem der Vertreter des EAD bereits
klargestellt hatte, dass eine Einschränkung der Mei-
nungsfreiheit nicht hinnehmbar sei – eine Position, zu
der in der EU ohnehin Einigkeit besteht. Die Linie des
EAD wurde im Raum allgemein unterstützt. Deutsch-
land hat, wie andere Partner, ergänzend darauf hingewie-
sen, dass eine Differenzierung zwischen Journalisten
und Propagandisten oft nur schwer möglich ist. Deutsch-
land hat zudem betont, dass mit Blick auf eine mögliche
Listung in jedem Fall eine Einzelfallprüfung und eine
gerichtsfeste Listenbegründung erforderlich sind. Eine
Listung allein aufgrund der Tatsache, dass eine Person
journalistisch tätig ist, schließt sich aus Sicht der Bun-
desregierung aus.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805302900

Der Abgeordnete Gehrcke hat jetzt das Recht auf vier

Nachfragen. Das heißt nicht, dass er sie alle stellen
muss; aber er darf sie stellen. – Ihre erste Nachfrage,
bitte.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805303000

Herr Präsident, das konnte ich ja eben fast wie eine

Aufforderung verstehen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805303100

Das war ein Hinweis.


(Heiterkeit)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805303200

Herzlichen Dank. – Frau Staatsministerin, finden Sie

es nicht in einem gewissen Umfang befremdlich, dass im
21. Jahrhundert in einem Leitungsgremium der Europäi-
schen Union überhaupt über die Listung von Journalis-
ten debattiert wird? Ich habe das Protokoll gelesen.
Einige haben sich ja sehr deftig für die Listung ausge-
sprochen. Ich stimme Ihnen zu: Die Bundesregierung
war etwas zurückhaltend. Aber ich denke, es ist berech-
tigt, zu fragen: Passt das aus Sicht der Bundesregierung
ins 21. Jahrhundert, oder passt das nicht?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805303300


Kollege Gehrcke, ich glaube, das hat nichts mit dem
21. Jahrhundert zu tun, sondern es geht um die entspre-
chenden Aktivitäten. Ich betone noch einmal sehr deut-
lich, dass die bloße Tätigkeit als Journalist auf keinen
Fall ein hinreichendes Kriterium ist. Ein Journalist kann
aber auch anders als journalistisch handeln, und darum
geht es hier.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805303400

Noch eine Zusatzfrage.

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805303500

Genau für den Fall, dass zu Gewalt oder Ähnlichem

aufgerufen wird, gibt es das Strafrecht. Das hat ja nichts
mit diesem Bereich zu tun.

Die Bundesregierung will, dass zwischen Propagan-
disten und Journalisten unterschieden wird. Eine solche
Unterscheidung wäre übrigens, wenn man so manchen
Artikel liest, zum Teil auch in der Innenpolitik gut. Wel-
che Auswirkungen wird die Festlegung, dass eine solche
Unterscheidung vorgenommen werden soll, nach Mei-
nung der Bundesregierung auf osteuropäische Journalis-
ten in Deutschland haben?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805303600


Ich wiederhole gerne das, was ich schon gesagt habe
– auf Ihre Fragen habe ich Ihnen bereits eine Antwort
gegeben –: Wir haben sehr deutlich gesagt, dass es Lis-
tungskriterien gibt, die sich im EU-Ratsbeschluss wie-
derfinden, und wir legen großen Wert darauf, dass ent-
sprechende Aktivitäten auch gerichtsfest nachgewiesen
werden können.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805303700

Sie haben noch zwei Zusatzfragen. Jetzt kommt die

dritte.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805303800

Ihr Kollege, Herr Staatsminister Roth, war heute im

Auswärtigen Ausschuss sehr viel deutlicher. Er hat ge-
sagt: Es kommt nicht infrage, dass Journalisten gelistet
werden. – Ich will Ihre Antwort auch so verstehen. Weil
ich möchte, dass die russischen und anderen Kollegen,
die hier arbeiten, eine gewisse Rechtssicherheit haben
– dafür muss die Bundesregierung sorgen –, frage ich
aber noch einmal: Darf ich Ihre Antwort so verstehen,
dass die reine journalistische Tätigkeit nicht zu einer
Listung führen wird?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805303900


Es gibt zwischen meiner Auffassung und der des Kol-
legen Roth keinen Unterschied; die gesamte Bundes-
regierung ist der gleichen Auffassung. Ob Sie jetzt das
Wort „reine“ oder „bloße“ benutzen – ich habe es schon
einmal gesagt –: Die bloße bzw. die reine Tätigkeit als
Journalist ist auf keinen Fall ein hinreichendes Krite-
rium.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805304000

Ich habe eine letzte Frage zu diesem Bereich.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805304100

Bitte schön.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805304200

Wie würde man es Ihrer Ansicht nach in Deutschland

einschätzen, wenn die russische Regierung über eine
mögliche Listung deutscher Journalistinnen und Journa-
listen in Russland für den Fall, dass sie dieses oder jenes





Wolfgang Gehrcke


(A) (C)



(D)(B)

nicht beachten, überhaupt nur debattieren würde? Ich
würde so etwas entsetzlich finden, und ich hoffe, die
Bundesregierung auch.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805304300

Bitte, Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805304400


Wir legen selbstverständlich die gleichen Maßstäbe
an.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805304500

Schönen Dank. – Wir kommen damit zur Frage 3 des

Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Fraktion Die
Linke:

Begrüßt die Bundesregierung die geplante Berufung des
ungarischen Außenministers Tibor Navracsics zum neuen
EU-Kommissar für Bildung, Jugend, Kultur und Bürger-
gesellschaft angesichts seiner „Verdienste“ um Demokratie-
abbau, die Einschränkung der Pressefreiheit und die staatliche
Bevormundung von Kunst und Kultur in seinem Heimatland
Ungarn (bitte begründen)?

Frau Staatsministerin, bitte.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805304600


Ich möchte Ihnen folgende Antwort auf Ihre Frage
geben: Die Bundesregierung kommentiert die Nominie-
rung anderer EU-Regierungen für das Amt eines Kom-
missars nicht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805304700

Kollege Petzold, bitte.


Harald Petzold (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805304800

Sie sind sich natürlich darüber im Klaren, dass damit

jemand berufen wird, der gerade für die Themenberei-
che, für die er verantwortlich sein soll, erhebliche Maß-
nahmen mit zu verantworten hat, die von der Bundes-
regierung früher durchaus schon einmal kritisiert worden
sind. Insofern interessiert mich hier noch einmal Ihre
Stellungnahme dazu, inwieweit Sie sich wirklich da-
rüber bewusst sind.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805304900


Ich bleibe dabei, dass wir das nicht kommentieren.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805305000

Die Fragen 4 und 5 des Kollegen Kekeritz und die

Fragen 6 und 7 des Kollegen Nouripour werden schrift-
lich beantwortet.

Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Volker Beck

(Köln), Bündnis 90/Die Grünen, auf:


Ist der Bundesregierung bekannt, ob der Belgrad Pride ge-
nehmigt bzw. mit der Begründung erneut abgesagt wird, dass
die Polizei nicht willens oder in der Lage sei, die Teilnehmer
vor Gewalt von Homosexuellenfeinden zu schützen, und wie
rechtfertigt die Bundesregierung die Einstufung von Serbien
als sicheres Herkunftsland, wenn der Staat nicht willens oder
in der Lage ist, seine Bürger vor gewalttätigen Übergriffen zu
schützen?

Frau Staatsministerin, bitte.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805305100


Ja, gerne. – Herr Kollege Beck, der Bundesregierung
ist derzeit nicht bekannt, ob die für den 28. Septem-
ber 2014 geplante Pride Parade in Belgrad stattfinden
können wird. In den vergangenen Jahren – das wissen
Sie – erfolgte die Absage jeweils sehr kurzfristig.

Die Bundesregierung hat gegenüber der serbischen
Regierung in verschiedenen Gesprächen in den letzten
Tagen klar die Erwartung formuliert, die Parade nicht zu
verbieten und die Teilnehmer zu schützen. Der Beauf-
tragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik
und Humanitäre Hilfe, Herr Kollege Strässer, besuchte
Belgrad vom 11. bis 14. September 2014 anlässlich einer
LGBTI-Konferenz. Er hat dort mit dem Premierminister
und dem Innenminister über das Thema Pride Parade ge-
sprochen.

Sie fragen auch nach sicheren Herkunftsstaaten. Bei
sicheren Herkunftsstaaten wird vermutet, dass keine
politische Verfolgung existiert. Dies ist im Einzelfall wi-
derlegbar, schließt also eine Asyl- oder Flüchtlingsaner-
kennung nicht aus, wenn der Asylbewerber im Einzelfall
darlegen kann, dass er Verfolgungsmaßnahmen unter-
liegt. Dadurch wird eine bessere Fokussierung auf Ver-
folgungsschicksale ermöglicht. Bosnien und Herzegowina,
Serbien und die ehemalige jugoslawische Republik Ma-
zedonien haben deutliche Fortschritte beim Aufbau de-
mokratischer Strukturen gemacht. Systematische Verfol-
gung politisch Andersdenkender oder gesellschaftlicher
Minderheiten ist dort nicht gegeben.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805305200

Sie kennen die Begründung, warum die serbische Re-

gierung seit 2011 alle Paraden untersagt hat: 2010 ist
eine Parade in Chaos und in massiver Gewalt unterge-
gangen. – Bislang hat die serbische Regierung die Nicht-
genehmigung dieser Parade immer wieder damit begrün-
det, sie könne – in Klammern: sie wolle – diese
Veranstaltung nicht vor rechter Gewalt schützen und un-
tersage sie deshalb.

Sind Sie als Bundesregierung nicht auch der Auffas-
sung, dass eine solche Argumentation, wenn sie erneut
zur Einschränkung der Rechte serbischer Bürger durch
ein Demonstrationsverbot führen würde, faktisch nicht-
staatlicher Verfolgung nahekommt, da sozusagen die
Grundrechte nicht gewährt werden und die Menschen,
wenn sie die Grundrechte dennoch wahrnehmen, unge-
schützt der rechtsradikalen Gewalt auf Belgrads Straßen
ausgesetzt werden?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805305300


Herr Kollege Beck, ich teile die Schlussfolgerung so
nicht. Aber ich möchte Ihnen sehr deutlich sagen, dass
wir uns vonseiten der Bundesregierung – das wissen Sie
auch aus verschiedenen Gesprächen; wir haben uns da-





Staatsministerin Dr. Maria Böhmer


(A) (C)



(D)(B)

rüber am Rande auch schon unterhalten – bei der serbi-
schen Regierung sehr dafür einsetzen, dass diese Parade
stattfinden kann. Ich bin dem Kollegen Strässer auch
sehr dankbar dafür, dass er sich in Gesprächen immer
wieder so intensiv darum bemüht. Auch vonseiten der
Botschaft erfolgt dies. Die serbische Regierung sagt uns
in Reaktion darauf immer wieder, sie werde nur kurzfris-
tig aufgrund der Lageeinschätzung handeln können.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir auch vonseiten der
Bundesregierung deutlich für das Stattfinden dieser Pa-
rade eintreten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805305400

Zweite Zusatzfrage.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805305500

Ich kenne den Einsatz von Herrn Strässer gut. Wir

waren nämlich gemeinsam auf derselben Veranstaltung
in Belgrad.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805305600


Sehr schön.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805305700

Diese Veranstaltung war weniger schön, –

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805305800


Das meinte ich damit nicht.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805305900

– weil ein deutscher Teilnehmer an dieser Veranstal-

tung auf den Straßen in Belgrad mit einem Aschenbe-
cher angegriffen wurde, hinfiel und danach wegen einer
Gehirnblutung nur durch eine Notoperation gerettet wer-
den konnte. Er ist jetzt Gott sei Dank in einer Spezial-
klinik in Deutschland, und wir wollen hoffen, dass er das
Ganze ohne Schäden übersteht. Das ist aber überhaupt
nicht gewiss.

Die Reaktionen der serbischen Behörden waren, dass
sie deutschen Stellen gegenüber im Hinblick auf die Pa-
rade argumentiert haben: Angesichts dieser Gewalt kön-
nen wir niemanden schützen.

Ich finde, ein Staat, der seine Bürgerinnen und Bürger
vor Gewalttaten nicht schützen will und sagt: „Bei Ver-
anstaltungen auf der Straße kann kein hundertprozenti-
ger Schutz gewährleistet werden“, erfüllt nicht die Krite-
rien eines sicheren Herkunftslandes. Deshalb würde ich
Sie, weil ja Bundestag und Bundesrat auf Initiative Ihrer
Regierung nun festgestellt haben, dass Serbien ein siche-
res Herkunftsland ist, noch einmal fragen, wie Sie denn
reagieren werden, sollten die Belgrader Behörden bzw.
die serbische Regierung sich jetzt nicht entschließen
können, diese Veranstaltung zu genehmigen. Ich finde,
das können Sie jetzt eigentlich nicht mehr hinnehmen;
denn Sie haben Verantwortung übernommen, indem Sie
Bundestag und Bundesrat diese Einstufung vorgeschla-
gen haben, die nun auch vom Gesetzgeber vollzogen
wurde.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805306000


Herr Kollege Beck, Sie sprechen hier ja verschiedene
Dinge an. Wenn ich eben sagte, wir hätten uns kurz aus-
getauscht, dann stand das auch im Zusammenhang mit
den Angriffen auf diesen jungen Mann. Ich war sehr be-
troffen, als ich von diesem Vorfall gehört habe. Ich habe
mich in unserem Haus noch einmal sehr kundig ge-
macht, wie vonseiten der deutschen Botschaft vor Ort
reagiert worden ist. Sie wissen, dass der deutsche Bot-
schafter persönlich den Betroffenen im Krankenhaus be-
sucht hat. Wir haben uns also sehr intensiv gekümmert.
Ich sage nicht, dass das eine Selbstverständlichkeit ist,
sondern es ist Ausdruck einer besonderen Achtung, dass
man sich kümmert. Ich hoffe genauso wie Sie, dass er
auf dem Weg der Besserung ist und dass keine bleiben-
den Schäden zurückbleiben. – Das ist das eine, was uns
umtreibt.

Das andere, worauf Sie mit Ihrer Frage eigentlich ab-
zielen, ist die Sache mit den sicheren Herkunftsstaaten.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist die Genehmigung dieser Veranstaltung! Ich finde, dass Sie dafür jetzt eine politische Verantwortung mit übernommen haben, weil Sie diese Einstufung vorgenommen haben! – Beifall des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])


– Ich habe eben sehr deutlich gemacht, wie die Haltung
der Bundesregierung hierzu ist. Ich betone noch einmal,
dass wir uns immer wieder und sehr nachhaltig dafür
einsetzen, dass diese Parade durchgeführt werden kann
und auch durchgeführt wird. Aber ich will trotzdem noch
einmal, weil das in Ihrer Frage mitschwingt – Stichwort
„sicherer Herkunftsstaat“; Sie haben das eben mit ange-
sprochen –, auf die Entscheidung des Bundesrates vom
vergangenen Freitag verweisen; auch Sie diskutieren ja
innerhalb Ihrer Partei mit dem Ministerpräsidenten des
Landes Baden-Württemberg darüber.

Ich möchte Ihnen, was die Frage eines sicheren Her-
kunftsstaates angeht, die sehr ausführlichen Erläuterun-
gen der Bundesregierung in dem Gesetz zur Einstufung
weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten ans Herz
legen. Hier wird deutlich, dass diese Einstufung sehr,
sehr gründlich geprüft wurde und nicht aus der Lamäng
heraus entschieden worden ist.


(Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805306100

Lieber Kollege Beck, es ist jetzt gut.

Die Frage 9 der Abgeordneten Heike Hänsel und die
Fragen 10 und 11 der Abgeordneten Sevim Dağdelen
werden schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 12 des Abgeordneten Andrej
Hunko, Fraktion Die Linke, auf:





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die
Unterstützung des „Islamischen Staats“, IS, oder von mit dem

(beispielsweise aktiv in Form von Waffenlieferungen, Rüstungsgütern, logistischer, medizinischer oder finanzieller Unterstützung oder passiv in Form von Durchreisemöglichkeiten oder Nichtverfolgung auf türkischem Staatsgebiet)

sche Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, Civaka Azad, in

(http://civaka-azad.org/ypg-hef tigste-angriffe-auf-kobane)

sie aus derartigen Erkenntnissen oder Berichten für die Bezie-
hungen zum NATO-Partner Türkei?

Zur Beantwortung, Frau Staatsministerin, bitte.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805306200


Gerne. – Die Bundesregierung, Herr Kollege Hunko,
hat diesbezüglich keine eigenen Erkenntnisse. Der türki-
sche Außenminister versicherte bei seinem Besuch in
Berlin am 18. September dieses Jahres, dass die Türkei
potenziellen IS-Kämpfern die Einreise in die Türkei ver-
wehre und bereits etwa 1 000 insoweit verdächtige Per-
sonen ausgewiesen habe.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805306300

Zusatzfrage, Herr Kollege Hunko?


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805306400

Vielen Dank, Frau Dr. Böhmer. Dieses sehr aktuelle

Thema werden wir auch morgen hier diskutieren. – Vor
einigen Tagen wurden türkische Geiseln aus den Händen
des IS befreit – Gott sei Dank. Haben Sie irgendwelche
Erkenntnisse darüber, was der Deal hinter dieser Geisel-
befreiung war, auf welcher Grundlage die Geiseln plötz-
lich freigekommen sind? Auch Erdogan hat angedeutet,
dass es hier möglicherweise Absprachen gegeben hat.
Haben Sie darüber irgendwelche Erkenntnisse?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805306500


Ich kenne, wie Sie auch, die Mutmaßungen dazu in
der Presse. Aber ich kann Ihnen dazu nicht aus eigener
Erkenntnis eine Antwort geben.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805306600

Noch eine Zusatzfrage, Kollege Hunko?


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805306700

Ja, eine Zusatzfrage zum Thema der Flüchtlingslager

in der Türkei. Ich selbst habe Flüchtlingslager an der
syrischen Grenze besuchen können, die, soweit sie zu-
gänglich sind, vom humanitären Standpunkt einen guten
Eindruck machen. Es ist eine große Leistung, so viele
Flüchtlinge aufzunehmen.

Allerdings hat man mir von quasioffizieller türkischer
Seite signalisiert, dass es auch andere Lager gibt, die für
uns nicht zugänglich sind und die auch für die Unterstüt-
zung von islamischen Dschihadisten genutzt wurden,
zum Beispiel in Reyhanli in der Provinz Hatay. Haben
Sie darüber irgendwelche Erkenntnisse?
D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1805306800


Mir ist darüber jetzt nichts bekannt. Aber wenn Sie
konkreter werden könnten und nicht nur Vermutungen
aussprechen, dann dürfen Sie uns das gerne direkt mit-
teilen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805306900

Das darf er jetzt nicht mehr, aber er kann das sicher-

lich hinterher tun.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums des Innern. Die Frage 13 des Kollegen Hunko soll
schriftlich beantwortet werden. Gilt das noch? – Ja.

Dann verlassen wir diesen Geschäftsbereich und
kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums
der Justiz und für Verbraucherschutz. Hier stehen die
Staatssekretäre Lange und Kelber zur Beantwortung zur
Verfügung. Die Fragen 14, 15, 17 und 18 beantwortet
der Parlamentarische Staatssekretär Lange, Frage 16 der
Parlamentarische Staatssekretär Kelber.

Die Frage 14 des Abgeordneten Volker Beck soll
schriftlich beantwortet werden.

Wir kommen zur Frage 15 der Abgeordneten Renate
Künast, Bündnis 90/Die Grünen:

Wo und wie genau beabsichtigt der Bundesminister der
Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, geläuterten

(vergleiche Leipziger Volkszeitung vom 13. September 2014)


Herr Staatssekretär Lange, bitte.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1805307000


Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin Künast,
der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz
hat in einem Interview vom 12. September 2014 zum
Problem deutscher Dschihadisten im Irak und in Syrien
erklärt – ich zitiere –:

Wir haben es mit einem ganz neuen Phänomen zu
tun. Fertige Antworten gibt es nicht. Unter den
Rückkehrern sind vielleicht auch solche, die dem
Terror abschwören wollen, weil sie erkannt haben,
auf welchem Irrweg sie waren. Man wird sich da-
rüber unterhalten müssen, wie diese wieder den
Weg zurück in die Realität finden können. Denen
muss man Angebote machen, Hilfe geben. Wer aber
hierher zurückkommt mit der Absicht, Straftaten zu
begehen, der wird die volle Härte des Strafrechts
spüren.

Zitatende.

Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucher-
schutz hat damit einen Denkanstoß für eine weitere ge-
samtgesellschaftliche Debatte gegeben, wie über bereits
bestehende Ausstiegshilfen hinaus Rückkehrern speziell
aus Irak und Syrien, die dem Terror abschwören wollen,
geholfen werden und ihre Reintegration in die Gesell-
schaft vorbereitet werden kann.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805307100

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805307200

Danke, Herr Staatssekretär. – Ich nehme zur Kennt-

nis, dass an dieser Stelle wie auch an vielen anderen
Stellen der Minister Denkanstöße gegeben oder Ankün-
digungen gemacht hat. – Das Mikro rutscht immer wie-
der nach unten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805307300

Das ist absolut eine Einschränkung der Opposition

– das sehe ich ein –, aber die Technik wird dafür sorgen,
dass es bis zum nächsten Mal funktioniert.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805307400

Gut. Aber ich schaffe es noch so lange. Ich halte es

einfach fest.

Also, es gibt eine Menge von Ankündigungen. Manch-
mal vermisse ich, dass der Ankündigung dann auch die
Umsetzung bzw. eine Vorlage folgt. Wenn jemand einen
Denkanstoß gibt, dann wird der Denkanstoß doch sicher-
lich schon eine Idee beinhalten. Der Staat sollte ein Bün-
del an Maßnahmen für Aussteigerhilfen schnüren. Das
habe ich, glaube ich, bei Spiegel Online als Aussage des
Ministers gelesen.

Deshalb frage ich: Was beinhaltet das? Beinhaltet das,
dass man zum Beispiel wie früher bei anderen Terror-
gruppen entsprechende Anlaufstellen bei Verfassungs-
schutzämtern und Polizeidienststellen hat? Beinhaltet
das, dass es ein Aussteigerprogramm gibt wie das Pro-
gramm Exit für den Bereich Rechtsextremismus, das
dann dementsprechend entweder vom Justizministerium
oder von anderen Stellen gefördert wird? Beinhaltet das,
dass man sich gemeinsam mit den Familien und musli-
mischen Gemeinden, die sich teilweise auch um ihre
Mitglieder sorgen – über die Ausnahmen unter ihren
Mitgliedern, würde ich sagen –, Gedanken macht und
vielleicht auch Ideen hat, wo man ansetzen kann?

Ist das alles darin mit enthalten und führt es, weil es
ein dringendes Problem ist, noch in der laufenden Haus-
haltsberatung zu Vorlagen oder Finanzierungsvorhaben
für das Jahr 2015? Das muss schließlich irgendwie zu
der angekündigten schwarzen Null passen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805307500

Herr Staatssekretär.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1805307600


Zunächst einmal herzlichen Dank, Frau Kollegin
Künast, dass Sie in Ihren Worten auf die seitherigen Ak-
tivitäten der Bundesregierung hingewiesen haben. Diese
möchte ich zunächst einmal darstellen.

Die Bundesregierung hat verschiedene Ebenen, auf
denen ein Gesprächsangebot an geläuterte Dschihad-
Rückkehrer in Betracht kommen kann. Hier kommen die
unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund und Län-
dern zum Tragen. Aus Sicht meines Hauses kommt es
hierbei auf ein gutes Zusammenwirken aller verantwort-
lichen Dienststellen an. Dazu gehört die Zuständigkeit
des Auswärtigen Amtes für die konsularische Betreuung
von geläuterten rückkehrwilligen Personen, die sich in
den deutschen Auslandsvertretungen melden. Dazu ge-
hört das Ausstiegsprogramm im Zuständigkeitsbereich
des Bundesministeriums des Innern. Das ist das Aus-
stiegsprogramm HATIF: „Heraus aus Terrorismus und
islamistischem Fanatismus“. Schließlich gehören dazu
auch die von den Ländern im Rahmen ihrer Zuständig-
keit für den Strafvollzug anzustellenden Überlegungen
für eine spezifische Vorbereitung der im Strafvollzug
einsitzenden ehemaligen Dschihadisten auf ihre Reinte-
gration in die Gesellschaft.

Was das konkrete Nachdenken angeht, was über die
bisherigen Möglichkeiten hinaus zu tun ist: Viele der aus
Deutschland ausgereisten Dschihadisten sind jung und
unerfahren und wissen wenig über die ganz sicherlich
wenig romantische Realität in Syrien und im Irak. Diese
Realität hat mit der im Internet verbreiteten Dschihadisten-
Romantik wenig bis gar nichts zu tun. Der Bundesminis-
ter schließt es nicht aus – er hält es vielmehr für wahr-
scheinlich –, dass viele dieser jungen Dschihadisten
durch ihre Erfahrungen in Syrien und im Irak ihre Illu-
sionen verlieren, einsichtig werden und lernen, welches
hohe Gut der Rechtsstaat mit seinem staatlichen Gewalt-
monopol und seiner Rechtssicherheit tatsächlich für sie
persönlich und ihre Familien darstellt.

Der Rechtsstaat ist aus seiner Sicht gut beraten, den
Lernprozess aus den Erfahrungen mit zynischen Macht-
kämpfen jenseits aller Ideologien und religiösen Bekennt-
nisse in Syrien und im Irak zur Kenntnis zu nehmen und
unter anderem durch Gespräche und Hilfsangebote zu
unterstützen, und die ersten, die wir bereits haben, habe
ich Ihnen genannt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805307700

Zusatzfrage?


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805307800

Ja.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805307900

Bitte schön.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805308000

Verstehe ich Sie richtig, dass es in den Haushaltsbera-

tungen 2015 noch keine konkreten Ideen gibt, wenn es
um die Frage geht, ob die Programme fortgesetzt bzw.
ausgeweitet und entsprechend finanziell unterlegt wer-
den sollen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805308100

Herr Staatssekretär.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1805308200


Frau Kollegin, ich habe Ihnen bereits gesagt, dass es
sich hier um einen gesellschaftlichen Denkanstoß des
Herrn Ministers handelt.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805308300

Wir kommen damit zu Frage 16 der Abgeordneten

Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen.
Wie genau beabsichtigt der Bundesjustizminister Heiko

Maas zu erreichen, dass das Unternehmen Google Inc. in
Deutschland den Algorithmus offenlegt, der die Suchergeb-

(vergleiche Financial Times vom 13. September 2014)

der Bundesregierung der derzeitige Zustand, wonach der
Suchalgorithmus nicht offengelegt wird?

Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Kelber bereit. – Bitte, Herr Staatssekretär.

U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1805308400


Herr Präsident! Werte Kollegin Frau Künast, ich darf
Ihre Frage wie folgt beantworten: Gegenwärtig ist für
die Nutzerinnen und Nutzer der Suchmaschine nicht
ohne Weiteres nachvollziehbar, welche Kriterien und In-
formationen für die Bestimmung der Reihenfolge der auf
eine Anfrage hin angezeigten Suchergebnisse verwendet
werden. Die Bundesregierung wird im Zuge der Digita-
len Agenda prüfen, wie Nichtdiskriminierung durch
Plattformbetreiber und diskriminierungsfreier Zugang zu
Inhalten sichergestellt werden können. Die berechtigte
Erwartung der Verbraucherinnen und Verbraucher, die
Kriterien nachvollziehen zu können, nach denen Inter-
netplattformen ihnen Suchergebnisse anzeigen, wird
hierbei einbezogen. Mehr Transparenz gegenüber ihren
Nutzerinnen und Nutzern ist eine Möglichkeit, mit der
Suchmaschinenbetreiber diesen Erwartungen entspre-
chen können.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805308500

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Kollegin?


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805308600

Ja, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, Sie haben

gesagt, dass im Rahmen der Digitalen Agenda darüber
beraten wird. Das dauert mir, ehrlich gesagt, zu lang.
Schließlich geht es um die Frage, welche konkreten
Maßnahmen jetzt ergriffen werden. Seit 2010 gibt es auf
europäischer Ebene ein Wettbewerbsverfahren hinsicht-
lich der Suchergebnisse. Dabei wurde der Vorwurf erho-
ben, dass Dienste, die Google selbst betreibt, bei den
Suchergebnissen an viel prominenterer Stelle angezeigt
werden als Dienste von Dritten, zum Beispiel bei Flug-
reisen und Shoppingdiensten. Man schien sich am An-
fang des Jahres geeinigt zu haben. Dann ist aber aus
Brüssel erneut Kritik geübt und die Forderung erhoben
worden, wie das darzustellen ist.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Was konkret
unternehmen Sie zusammen mit der Wettbewerbsbe-
hörde auf Brüsseler Ebene, und gibt es Ihrerseits Überle-
gungen, hier gesetzliche Regelungen vorzunehmen? Al-
gorithmen bereiten uns an vielen Stellen Probleme, zum
Beispiel bei der Schufa; das betrifft das Bundesdaten-
schutzgesetz. Es ist nicht klar, wie die Schufa zu Ergeb-
nissen und Bewertungen kommt. Daher stellt sich für
mich die Frage, was jenseits der Debatte über die Digi-
tale Agenda konkret unternommen wird.
U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1805308700


Frau Kollegin, die Bundesregierung hatte sich mit ei-
nem Brief an Kommissar Almunia, der diesen Bereich in
der scheidenden Kommission verantwortet hatte, ge-
wandt und dies auch öffentlich gemacht. Sie hat dabei
darauf gedrängt, den von Almunia angekündigten Kom-
promiss mit Google nicht einzugehen, sondern stärker
auf ein transparentes Verfahren hinzuwirken; das ist ein
Schritt. Außerdem suchen wir – auch das haben wir in
der Öffentlichkeit dargelegt – direkte Gespräche mit den
Anbietern, um zu sehen, inwieweit die Bereitschaft zu
einem transparenten Verfahren gegeben ist. Ansonsten
ist die Digitale Agenda ein Prozess, der nicht nur am
Ende ein Ergebnis zeitigen kann, sondern auch zwi-
schendurch, wenn die entsprechenden Gespräche, Über-
legungen und Einschätzungen abgeschlossen sind.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805308800

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin?


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805308900

Ja, Herr Präsident. – Grundsätzlich soll Transparenz

für die Nutzer solcher Suchdienste hergestellt werden.
Ich bezweifle, dass es sinnvoll ist, mit jedem Betreiber
einer Suchmaschine einzeln zu sprechen, nach dem
Motto: Könntest du bitte bei dir etwas mehr Transparenz
herstellen, bis hin zur Offenlegung des Algorithmus,
also der Bewertung und der daraus entstehenden Reihen-
folge der präsentierten Angebote? – Mich interessiert als
Nutzerin, wenn ich beispielsweise eine Schiffsreise nach
Alaska buchen möchte, in welcher Reihenfolge mir was
angeboten wird. Dabei geht es um die entscheidende
Frage, ob die Kriterien, die zur Bestimmung der Reihen-
folge der angezeigten Suchergebnisse verwendet wer-
den, für mich als Kundin nachvollziehbar sind. Wo ist
für Sie die Deadline, ab der Sie darauf drängen, dass es
eine entsprechende rechtliche Regelung gibt, wenn es
State of the Art ist, dass nicht alle Betreiber ihre Algo-
rithmen freiwillig veröffentlichen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805309000

Herr Staatssekretär, bitte.

U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1805309100


Danke schön, Herr Präsident. – Frau Kollegin, paral-
lel versuchen wir, Einfluss auf die Gesetzgebung und die
Richtlinienentscheidungen auf europäischer Ebene aus-
zuüben. Als Beispiel nenne ich die Datenschutz-Grund-
verordnung, die europaweite Regelungen vorsieht. Man
kann hierbei auf unterschiedliche Weise vorgehen. Man
kann auf nationaler Ebene entsprechende Erkenntnisse
gewinnen, Druck aufbauen und zu Entscheidungen kom-
men. Aber man muss auch die Partnerinnen und Partner
– bis hin zur Europäischen Kommission – überzeugen,
entsprechend zu handeln. Es ist ein Irrglaube, zu glau-
ben, dass es möglich ist, morgen eine rote Linie zu zie-
hen und dann schnell einen entsprechenden Gesetzent-
wurf durchzusetzen.





Parl. Staatssekretär Ulrich Kelber


(A) (C)



(D)(B)

Sie haben zum Beispiel bei der Reaktion auf das Ur-
teil des Europäischen Gerichtshofs zu den Löschberech-
tigungen gemerkt, dass das zwar für die unmittelbar in
Europa angedachten Webseiten durchgesetzt werden
konnte, aber jeder Europäer, der unmittelbar auf die
amerikanischen Angebote geht, bekommt dort die glei-
chen Informationen, die in Europa nach europäischem
Recht gelöscht werden. Von daher sind gute Entschei-
dungen besser als schnelle Entscheidungen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Morgen ist nicht nötig! Nächste Woche würde mir reichen! Danke!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805309200

Diese Zusatzbemerkung nehmen wir noch friedlich

entgegen.

Ich rufe die Frage 17 der Abgeordneten Ulle Schauws
auf:

Warum hat die Bundesregierung die Prüfung, ob und in-
wieweit sich aus der Umsetzung des Artikels 36 des Überein-
kommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von

(ETS 210 – Istanbul-Konvention)

den §§ 177, 179 des Strafgesetzbuchs im Hinblick auf die
Strafbarkeit nicht einvernehmlicher sexueller Handlungen be-
steht, noch nicht abgeschlossen, obwohl, wie sich aus der
Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage 17
auf Bundestagsdrucksache 18/1590 ergibt, diese Prüfung be-
reits seit Mai 2014 andauert?

Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Lange zur Verfügung.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1805309300


Vielen Dank, Herr Präsident. – Wegen des Sachzu-
sammenhangs möchte ich die Fragen 17 und 18 gerne
gemeinsam beantworten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805309400

Dann rufe ich auch die Frage 18 der Abgeordneten

Ulle Schauws auf:
Sieht die Bundesregierung jetzt doch Handlungsbedarf für

eine Änderung der §§ 177, 179 StGB, nachdem dies die Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen bereits mit ihrem Antrag „Arti-
kel 36 der Istanbul-Konvention umsetzen – Bestehende Straf-
barkeitslücken bei sexueller Gewalt und Vergewaltigung
schließen“ auf Bundestagsdrucksache 18/1969 vom 2. Juli
2014 gefordert hat und nun auch die rechtspolitische Spreche-
rin der CDU/CSU-Fraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker,
am 17. Juli 2014 erklärt hat, dass die „… beim Vergewalti-
gungsparagrafen bestehende Gesetzeslücke dringend ge-
schlossen werden muss“ sowie auch die Abgeordnete Eva
Högl, SPD, in der Frankfurter Rundschau vom 12. September
2012 erklärt hat: „Für mich ist völlig klar, dass eine Reform
noch diese Legislaturperiode kommt“?

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1805309500


Die Bundesregierung wird sich unabhängig von der
im Detail unterschiedlich beurteilten Frage, ob das ge-
nannte Europaratsübereinkommen tatsächlich konkreten
Änderungsbedarf im Sexualstrafrecht auslöst, der Frage
der Strafbarkeit nicht einvernehmlicher sexueller Hand-
lungen grundsätzlich und umfassend annehmen.
Um eine möglichst weitgehende Übersicht über Re-
gelungsnotwendigkeiten und Regelungsmöglichkeiten
zu erhalten, hat das Bundesministerium der Justiz und
für Verbraucherschutz die Landesjustizverwaltungen ge-
beten, gegebenenfalls konkrete Beispiele aus der straf-
rechtlichen Praxis mitzuteilen, die auf Probleme bei der
Anwendung der gegenwärtigen gesetzlichen Regelungen
hindeuten. Die Stellungnahmen der Landesjustizverwal-
tungen werden Ende nächsten Monats erwartet und müs-
sen dann ausgewertet werden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805309600

Frau Kollegin, Sie haben bis zu vier Nachfragen, weil

die beiden Fragen zusammen beantwortet wurden.


Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805309700

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Sie haben die Fra-

gen jetzt zusammen beantwortet. Meine Frage ist: Wa-
rum hat diese Prüfung so lange gedauert, und warum ist
mir bisher noch keine Information zugegangen? Denn
die Frage ist bereits im Mai gestellt worden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805309800

Herr Staatssekretär, bitte.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1805309900


Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass wir die Landesjus-
tizverwaltungen um Stellungnahme gebeten haben. Wir
müssen ihnen eine Frist einräumen. Diese Frist endet
Ende nächsten Monats. Danach müssen wir auswerten.
Wenn wir Auswertungen haben, können wir darüber be-
richten. Vorher können wir auch nicht informieren.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805310000

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Schauws?


Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805310100

Ich wüsste gerne, ob Sie dazu noch eine Stellung-

nahme der Frauenministerin Manuela Schwesig einge-
holt haben und deren Stellungnahme in die Beurteilung
einbeziehen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805310200

Herr Staatssekretär.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1805310300


Wie Sie wissen, spricht die Bundesregierung immer
mit einer Zunge.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie geht das denn bei so vielen Leuten?)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805310400

Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-

desministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht
der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Michael Meister
bereit.





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Ich rufe die Frage 19 der Abgeordneten Dr. Valerie
Wilms, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Wird die Bundesregierung im Haushaltsjahr 2015 die Pra-
xis aus dem Jahr 2014 fortsetzen, nach der bei den Bundesäm-
tern die Behördenausgaben pauschal um 5 Prozent reduziert
werden und eventuell nicht verausgabte Mittel den jeweiligen
Ämtern zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zur Verfü-
gung stehen – bitte jeweils begründen?

Herr Staatssekretär, bitte.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1805310500


Herr Präsident! Liebe Kollegin Wilms, im Regie-
rungsentwurf zum Haushaltsgesetz 2015, der sich der-
zeit im parlamentarischen Beratungsverfahren befindet,
ist eine vergleichbare Regelung nicht enthalten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805310600

Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Wilms? – Bitte.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805310700

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, es

ist schön, zu hören, dass Sie diesen Fehler 2015 nicht
wieder machen wollen. Zu welchen negativen Auswir-
kungen für die Behörden führte denn diese Praxis 2014
mit der pauschalen Begrenzung auf 95 Prozent des
Haushaltsansatzes? Es interessiert mich insbesondere,
welche Folgen das für das Bundesamt für Seeschifffahrt
und Hydrografie gehabt hat; denn darüber ist ausführlich
in der Presse berichtet worden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805310800

Herr Staatssekretär.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1805310900


Frau Kollegin Wilms, es steht mir als Mitglied der
Bundesregierung nicht zu, den Deutschen Bundestag für
seine Entscheidungen bei der Haushaltsgesetzgebung zu
kritisieren. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in die-
sem Haushaltsvermerk seitens des Bundestages eine
volle Deckungsfähigkeit zwischen den Haushaltsgrup-
pen 5 bis 8 innerhalb des jeweiligen Kapitels vorgesehen
haben, sodass die Möglichkeit gegeben ist, die gegensei-
tige Deckungsfähigkeit herbeizuführen. Zudem besteht
für jedes Ressort, das von der Sperre betroffen ist, die
Möglichkeit, einen Antrag beim Bundesministerium der
Finanzen zu stellen, um eine Aufhebung zu erreichen,
wenn erkennbar sein sollte, dass es sachlich oder zeitlich
unabweisbar zu einer Überschreitung der gesetzlichen
Obergrenze kommen würde. Ein solcher Antrag liegt
uns nach meiner Kenntnis bisher nicht vor.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805311000

Frau Dr. Wilms, haben Sie noch eine Zusatzfrage? –

Bitte.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805311100

Vielen Dank, Herr Präsident. – Was mich noch inte-

ressieren würde – in einem Artikel im Hamburger
Abendblatt wurde sehr deutlich gesagt, dass ein Kapitän
mit seinem Schiff nicht auslaufen konnte, weil nicht ge-
nügend Kraftstoff und auch nicht genügend Rettungs-
inseln da waren –: Was hat das wirklich für Auswirkun-
gen auf die Sicherheit in der Nordsee und in der Ostsee
gehabt? Gerade die Schiffe des BSH sind durchaus dem
Havariekommando unterstellt. Hat man da hinsichtlich
der Sicherheit nicht ein bisschen sehr nachlässig gehan-
delt? Insofern wundert es mich, dass Sie diesen Antrag
noch nicht bekommen haben.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1805311200


Ich habe in meiner vorherigen Antwort darauf hinge-
wiesen, dass es mir als Vertreter der Bundesregierung
nicht zusteht, den Deutschen Bundestag für seine Ent-
scheidungen zu kritisieren. Insofern ist die Frage, wer
nachlässig gehandelt hat, eine Frage, die Sie anderweitig
adressieren müssen.

Zum Zweiten habe ich darauf hingewiesen, dass es
eine Festlegung des Parlaments bezüglich dieser Haus-
haltssperre gibt. Jedoch gibt es die Möglichkeit, innerhalb
der Haushaltsgruppen durch eigene Bewirtschaftung
Schwerpunkte zu setzen. Wenn man nicht zurechtkommt
und der Meinung ist, dass weitere Haushaltsmittel not-
wendig sind, kann außerdem durchaus ein Antrag auf
Anhebung der Haushaltsmittel gestellt werden. Das ist
bisher nicht der Fall.

Sehen Sie mir bitte nach, dass das Bundesfinanz-
ministerium nicht im Einzelnen nachvollziehen kann,
welches Schiff sachlich oder personell in der Lage ist,
auszulaufen oder auch nicht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805311300

Die Frage 20 des Abgeordneten Markus Kurth, die

Fragen 21 und 22 des Abgeordneten Stephan Kühn

(Dresden), die Fragen 23 und 24 des Abgeordneten

Richard Pitterle sowie die Fragen 25 und 26 des Abge-
ordneten Dr. Axel Troost werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beantwortung
der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin
Anette Kramme bereit.

Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Welche Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft
zur Vereinfachung der passiven Leistungen im Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch, SGB II, beabsichtigt die Bundesregierung
in ihren Referentenentwurf aufzunehmen, und welche zusätz-
lichen Maßnahmen plant die Bundesregierung in ihrem Refe-
rentenentwurf zur Vereinfachung der passiven Leistungen im
SGB II?

Frau Staatssekretärin, bitte.

A
Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1805311400


Herr Strengmann-Kuhn, der Referentenentwurf für
ein Neuntes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch ist hausintern fertiggestellt. Wir befin-
den uns jedoch noch in weiteren internen Abstimmungs-
gesprächen, sodass ich zu einzelnen Inhalten – ich denke,





Parl. Staatssekretärin Anette Kramme


(A) (C)



(D)(B)

das beantwortet sowohl Ihre Teilfrage eins als auch Ihre
Teilfrage zwei – noch keine Stellung nehmen kann.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805311500

Eine Nachfrage, Herr Kollege Strengmann-Kuhn? –

Bitte.


(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben gesagt: Der Referentenentwurf ist fertig. –
Vielleicht können Sie schon zu der Frage Stellung neh-
men, ob Bezug genommen wird auf die 36 Punkte aus
dem Endbericht der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft
oder ob einzelne Punkte davon aus politischen oder aus
verfassungsrechtlichen Gründen gestrichen worden sind.
Werden in dem Referentenentwurf Themen behandelt,
die von diesen 36 Punkten nicht umfasst sind?

A
Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1805311600


Ich habe Sie bereits vorhin darauf hingewiesen, dass
wir uns in internen Abstimmungsprozessen befinden.
Das beinhaltet natürlich, dass einzelne Vorschläge weg-
fallen und dass andere Vorschläge hinzukommen kön-
nen. Sie werden sich also leider noch etwas gedulden
müssen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805311700

Noch eine Zusatzfrage? – Bitte.


(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie lange wird sich das Parlament da gedulden müs-
sen? Wie ist der weitere Zeitplan?

A
Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1805311800


Es ist geplant, dass die Kabinettsbefassung bis Ende
des Jahres erfolgen soll.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805311900

Ich rufe die Frage 28, ebenfalls von Dr. Wolfgang

Strengmann-Kuhn, auf:
Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung bei der

Reform der Sanktionen im SGB II, und sieht die Bundesregie-
rung verfassungsrechtliche Probleme bei den derzeitigen Son-
derregeln bei den Sanktionen im SGB II für die unter 25-Jäh-
rigen?

Frau Staatssekretärin, bitte.

A
Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1805312000


Auch da kann ich nur auf den Koalitionsvertrag ver-
weisen, in dem steht, dass das Sanktionsregime für die
unter 25-Jährigen überprüft werden soll. In diesem
Überprüfungsprozess, der natürlich auch Diskussionen
beinhaltet, befinden wir uns derzeit.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805312100

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.

(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich habe eine Nachfrage, die sich auf den zweiten Teil
meiner Frage bezieht. Das BMAS hat sicherlich auch ge-
prüft, ob die geplanten Regelungen verfassungsrechtlich
problematisch sind. Das Ergebnis dieser Prüfungen kön-
nen Sie uns vielleicht mitteilen, weil es ja jenseits des
politischen Prozesses ist.

A
Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1805312200


Zu dieser Frage haben wir Ihnen gegenüber bereits
mehrfach Stellung bezogen. Insoweit ergibt sich kein
neues Prüfergebnis. Es ist so, dass es bislang keinerlei
gerichtliche Entscheidungen, die das Sanktionsregime
beanstanden, gibt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805312300

Danke schön. – Es gibt keine weiteren Zusatzfragen

dazu.

Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Gesundheit. Zur Beantwortung steht
die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-
Mauz bereit.

Ich rufe die Fragen 29 und 30 der Abgeordneten
Maria Klein-Schmeink, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun, dass
zwei Drittel der privat Krankenversicherten bereits innerhalb
von drei Tagen einen Facharzttermin erhalten, während mehr
als zwei Drittel der gesetzlich Krankenversicherten erst inner-
halb eines Monats einen Termin erhalten, wie unter anderem
eine Erhebung von Bundestagsabgeordneten der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen aus Nordrhein-Westfalen ergab?

Sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf, wenn
gesetzlich Krankenversicherte drei Wochen länger warten als
privat Krankenversicherte, solange sie innerhalb eines Monats
einen Termin erhalten?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1805312400


Frau Kollegin Klein-Schmeink, zur Frage unter-
schiedlicher Wartezeiten für gesetzlich Versicherte und
Privatversicherte liegen verschiedene Untersuchungen
vor. Unbestritten ist, dass eine angemessen zeitnahe Be-
handlungsmöglichkeit Ausdruck eines funktionierenden
medizinischen Versorgungssystems ist und daher in
Deutschland für alle Versicherten gewährleistet sein
muss, unabhängig davon, ob sie gesetzlich oder privat
versichert sind.

Mit der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Regelung
zur Reduzierung der Wartezeiten auf einen Facharztter-
min sollen die Wartezeiten der gesetzlich Versicherten
reduziert werden. Beabsichtigt ist, den Sicherstellungs-
auftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen insoweit zu
konkretisieren, dass diese verpflichtet werden, Termin-
servicestellen einzurichten. Aufgabe dieser Terminser-
vicestellen wird es sein, gesetzlich Versicherten, die eine
Überweisung zu einem Facharzt haben, innerhalb einer
Woche einen Behandlungstermin bei einem Facharzt zu
vermitteln. Die Wartezeit auf diesen Behandlungstermin
darf im Regelfall vier Wochen nicht überschreiten. Kann





Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz


(A) (C)



(D)(B)

die Terminservicestelle keinen Termin innerhalb der
Vierwochenfrist vermitteln, ist sie – außer in medizi-
nisch nicht begründeten Fällen – verpflichtet, dem Versi-
cherten einen Behandlungstermin in einem Krankenhaus
anzubieten. Damit kann sich der Versicherte darauf ver-
lassen, dass er eine fachärztliche Behandlung innerhalb
von vier Wochen erhält, sei es bei einem niedergelasse-
nen Facharzt oder in medizinisch begründeten Fällen in
einem Krankenhaus.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805312500

Zusatzfrage, Frau Kollegin?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja. – Meine Frage war etwas genauer gestellt, weil
wir in unserer eigenen Untersuchung, die wir kürzlich in
NRW durchgeführt haben – eine solche hatten wir auch
schon 2011 durchgeführt –, festgestellt haben, dass zwei
Drittel aller Privatversicherten innerhalb von drei Tagen
einen Termin beim Facharzt erhalten, während zwei
Drittel aller gesetzlich Versicherten innerhalb von vier
Wochen einen solchen Termin erhalten. Das ist eine sehr
deutliche Diskrepanz, ein Unterschied von durchschnitt-
lich 23 Tagen. Da frage ich Sie: Was gedenkt die Bun-
desregierung zu tun, damit gesetzlich Versicherte nicht
so deutlich oder gar nicht benachteiligt werden?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805312600

Frau Staatssekretärin.

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1805312700


Frau Kollegin, ich weise noch einmal darauf hin, dass
angemessen zeitnahe Behandlungsmöglichkeiten und
angemessene Wartezeiten insgesamt Ausdruck eines
funktionierenden Versorgungssystems sind und daher für
beide Patientengruppen, also gesetzlich Versicherte und
Privatversicherte, zu gelten haben. Ich möchte auch da-
rauf hinweisen, dass Unterschiede in den Wartezeiten
unterschiedliche Ursachen haben können, was in den
verschiedenen Untersuchungen nicht unbedingt zum
Ausdruck kommt. Ursachen können tatsächliche Versor-
gungsengpässe sein. Da können wir Unterschiede insbe-
sondere zwischen ländlichen und städtischen Regionen
feststellen. Es kann von der Frequentierung des Arztes
abhängen. Auch die Praxisorganisation kann eine Rolle
spielen. Deshalb muss es uns insgesamt darum gehen,
die Wartezeiten zu verkürzen. Das wollen wir in einem
der nächsten Gesetzgebungsverfahren umsetzen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805312800

Noch eine Zusatzfrage dazu?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja, ich habe noch eine Zusatzfrage. – Heißt das, dass
Sie Wartezeiten von bis zu vier Wochen als zulässig im
Sinne einer zeitnahen Behandlung ansehen? Das Verfah-
ren mit den Terminservicestellen und der Termingarantie
stellt ja auf vier Wochen ab. Wenn schon jetzt zwei Drit-
tel aller gesetzlich Versicherten innerhalb von vier Wo-
chen einen Termin erhalten, bleibt die große Frage: Ist es
tatsächlich zeitnah, wenn die Wartezeit drei Wochen und
mehr beträgt?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1805312900


Frau Kollegin, welche Wartezeit angemessen ist, ist
sehr stark vom individuellen medizinischen Einzelfall
abhängig. Deshalb sind pauschale Aussagen dazu nur
sehr schwer möglich. Aus unserer Sicht bieten Termin-
servicestellen die Möglichkeit, eine solche Beurteilung
vorzunehmen.

Angesichts der insgesamt guten Versorgungssituation
in Deutschland ist allerdings die Zugänglichkeit medizi-
nischer Leistungen in unserem Land grundsätzlich auf
einem hohen Niveau gewährleistet. Das gilt insbeson-
dere auch für dringende medizinische Fälle.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805313000

Es gibt dazu eine Frage der Kollegin Haßelmann.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805313100

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin

Widmann-Mauz, Ihren Antworten entnehme ich, dass
die Bundesregierung bestreitet, dass es eine Diskrepanz
zwischen den Wartezeiten von Privatversicherten und
gesetzlich Versicherten gibt. Ich frage Sie, wie Sie das
angesichts der vielen Untersuchungen und auch öffent-
lich immer wieder thematisierten Feststellungen, die in
diesem Bereich getroffen wurden, weiterhin behaupten
können.

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1805313200


Frau Kollegin, ich verweise an dieser Stelle ausdrück-
lich auf die Beantwortung einer Kleinen Anfrage der
Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann
und anderer, Fraktion Die Linke, worin wir deutlich ma-
chen, wie viele unterschiedliche Untersuchungen mit
sehr unterschiedlichen Aussagen es zu diesem Thema
gibt. Zum Beispiel können Sie dieser Kleinen Anfrage
entnehmen, dass einer Umfrage der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung aus dem Jahr 2013 zufolge 21 Pro-
zent der GKV-Versicherten mehr als drei Wochen auf ei-
nen Termin warten. Das widerspricht den Aussagen, auf
die Sie sich in Ihrer Fragestellung beziehen.

Es ist uns wichtig, dass die Menschen, egal ob gesetz-
lich versichert oder privat versichert, möglichst schnell,
innerhalb eines angemessenen Zeitraumes von höchstens
vier Wochen, Zugang zu einem niedergelassenen Fach-
arzt oder der Behandlung in einem entsprechenden
Krankenhaus erhalten. Es muss uns gemeinsam daran
gelegen sein, dass sich die Situation, unabhängig von der
Region und der sonstigen Versorgungssituation, für alle
Versicherten in unserem Land verbessert.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805313300

Danke schön. – Da die Fragen 29 und 30 zusammen

beantwortet wurden, stehen Frau Kollegin Klein-
Schmeink noch zwei Zusatzfragen zu.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme jetzt noch einmal auf meine Frage zurück:
Heißt das im Endeffekt, dass Sie eine Versorgung von
gesetzlich Versicherten innerhalb von vier Wochen als
zeitnah und angemessen betrachten, während Sie es als
normal hinnehmen, dass Privatversicherte in der Regel
innerhalb von drei Tagen einen Facharzttermin erhalten?
Wollen Sie tatsächlich nichts gegen diese unterschiedli-
che Behandlung tun?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1805313400


Frau Kollegin Klein-Schmeink, ich weise noch ein-
mal darauf hin, dass die Frage, welche Wartezeit auf ei-
nen Arzt- oder Facharzttermin angemessen ist, aus der
Situation des konkreten medizinischen Einzelfalls he-
raus zu beurteilen ist, da es sich einerseits um Notsitua-
tionen und andererseits um planbare Facharztbesuche
handeln kann, also eine sofortige Behandlung oder eine
Behandlung innerhalb von wenigen Tagen nicht notwen-
dig ist.

Es kommt für uns darauf an, dass genau diese medizi-
nische Einzelfallbetrachtung im Vordergrund steht. War-
tezeiten auf einen Facharzttermin von mehr als vier Wo-
chen sind für uns nicht akzeptabel, es sei denn, es
handelt sich um routinemäßige Kontrollen; aber auch
das kommt auf den Einzelfall an. In der Regel ist in ei-
nem Zeitraum von vier Wochen eine gute medizinische
Versorgung möglich. Das schließt natürlich nicht aus,
dass sie deutlich schneller erfolgen muss, wenn es sich
um entsprechende Notfälle handelt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805313500

Haben Sie noch eine Zusatzfrage? Das wäre dann Ihre

letzte. – Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben sowieso eine ganz klare Regelung, was in
Notfällen zu passieren hat. Insofern reden wir jetzt nicht
über akute Notfälle, sondern über die Regelversorgung.
Dabei geht es zum Beispiel um einen Termin beim Ra-
diologen oder Hautarzt, der eine Kontrolluntersuchung
macht, die einen fraglichen Befund mit sich bringt, was
für die Patienten mitunter sehr belastend sein kann.

Ich frage Sie noch einmal: Wollen Sie als Maßstab für
eine angemessene, zeitnahe Versorgung tatsächlich einen
Zeitraum von vier Wochen hinnehmen? Das ist nämlich
der Zeitraum, den ein gesetzlich Versicherter hinzuneh-
men hat, während sich nach etlichen Untersuchungen
– im Übrigen auch der KBV selber – zeigt, dass Privat-
versicherte innerhalb kürzester Zeit – in der Regel inner-
halb von drei Tagen; das ist in unserer Studie erneut un-
terlegt – einen Termin erhalten.
A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1805313600


Frau Kollegin Klein-Schmeink, auch wenn Sie es mit
einer vierten Nachfrage bei mir versuchen: Wir beurtei-
len keinen konkreten Zeitraum als Normzeitraum. Er ist
vom individuellen medizinischen Einzelfall abhängig.
Die Terminservicestellen, die wir in die Verantwortung
der Kassenärztlichen Vereinigungen legen, können auf-
grund einer Überweisung des Hausarztes für den Fach-
arzt Beurteilungen vornehmen, inwieweit ein kurzfristi-
ger Termin, zum Beispiel innerhalb einer Woche oder
weniger Tage, für eine entsprechende Vermittlung erfor-
derlich ist und wo aus medizinischen Gründen ein Zeit-
raum von bis zu vier Wochen durchaus akzeptabel sein
kann. Längere Wartezeiten sind aus unserer Sicht nur in
seltenen medizinisch begründeten Ausnahmefällen mög-
lich. Deswegen wollen wir durch die Terminservicestel-
len insgesamt zu einer deutlichen Beschleunigung und
zu mehr Sicherheit für die Patientinnen und Patienten
beitragen und generell zu einer Verkürzung von Warte-
zeiten kommen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805313700

Schönen Dank. – Die Frage 31 des Abgeordneten

Dr. Harald Terpe wird schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Zur
Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretä-
rin Katherina Reiche zur Verfügung.

Frage 32 der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms wird
schriftlich beantwortet.

Ich rufe Frage 33 der Abgeordneten Dr. Katarina
Barley, SPD-Fraktion, auf:

Welche Rolle wird der barrierefreie Aus- und Umbau von
Bahnhöfen in der neuen Leistungs- und Finanzierungsverein-
barung, LuFV, zwischen Bund und Deutscher Bahn AG spie-
len?

Frau Staatssekretärin, bitte.

K
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1805313800


Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, ich be-
antworte Ihre Fragen aufgrund des Sachzusammenhangs
zusammen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805313900

Dann rufe ich zusätzlich Frage 34 der Abgeordneten

Katarina Barley auf:
Welche Voraussetzungen müssen nach der neuen LuFV

gegeben sein, um zukünftig Mittel aus der LuFV für den bar-
rierefreien Ausbau von Verkehrsstationen einsetzen zu dür-
fen?

K
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1805314000


Die Verhandlungen zur LuFV II sind noch nicht abge-
schlossen. Die DB Station & Service AG als Eigentüme-
rin und Bauherrin der Verkehrsstationen wird durch die
LuFV II ermächtigt sein, Bundesmittel aus der LuFV zur





Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche


(A) (C)



(D)(B)

Finanzierung von Investitionen in die barrierefreie Aus-
gestaltung von Bahnstationen einzusetzen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805314100

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Kollegin?


Dr. Katarina Barley (SPD):
Rede ID: ID1805314200

Meine erste Zusatzfrage ist, ob es eine Erhöhung der

Mittel für den barrierefreien Umbau von Bahnhöfen ge-
ben wird. Ist dies bereits absehbar?

K
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1805314300


Wir verhandeln gerade die LuFV II. Insoweit kann
ich Ihnen zum konkreten Ausgang derzeit nichts sagen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805314400

Noch eine Zusatzfrage? – Bitte.


Dr. Katarina Barley (SPD):
Rede ID: ID1805314500

Gibt es ein mittel- oder langfristiges Ziel, bis wann

wie viel Prozent der Bahnhöfe in Deutschland barriere-
frei umgebaut werden sollen?

K
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1805314600


Sie müssen in diesem Punkt zwischen Bahnhöfen mit
Fernverkehr und solchen mit Regionalverkehr unter-
scheiden. Das Bundesverkehrsministerium kümmert
sich gemeinsam mit der Bahn um den Fernverkehr.
Wenn es um einen Ausbau von Bahnhöfen mit Regional-
verkehr geht, sind die Länder mit im Boot und in der
Pflicht. Wenn Sie einen konkreten Einzelfall vor Augen
haben, müssten wir dies prüfen. Für unseren Bereich
kann ich sagen, dass alle großen Bahnhöfe im DB-Fern-
verkehr barrierefrei umgebaut sind. Dies ist ein ganz
wichtiges Ziel. Auch bei den Bahnhöfen mittlerer Größe
sind wir sehr weit. Der Umbau von Bahnhöfen mit bis zu
1 000 Passagieren pro Tag hat begonnen. Noch einmal:
Auch Mittel der LuFV II stehen dafür zur Verfügung.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805314700

Noch eine Zusatzfrage? – Bitte.


Dr. Katarina Barley (SPD):
Rede ID: ID1805314800

Ja, ich habe tatsächlich einen konkreten Bahnhof vor

Augen und habe eine Nachfrage zu der Messzahl von
1 000 Passagieren pro Tag. Ist es angedacht oder aus Ih-
rer Sicht denkbar, dass man von dieser willkürlich ge-
griffenen Größe von 1 000 Fahrgästen abweicht, wenn
es in einem konkreten Ort zum Beispiel eine besondere
Häufung von Einrichtungen für Senioren oder Menschen
mit Behinderungen gibt?

K
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1805314900


Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Zahl von
1 000 Passagieren sicherlich nicht willkürlich ist. Es lie-
fen bzw. laufen zwei Programme; einmal von 2005 bis
2010 und jetzt in der Periode von 2010 bis 2015. Es wur-
den erhebliche Fortschritte gemacht. Wenn Sie einen
konkreten Bahnhof im Blick haben, würde ich Sie bitten,
sich noch einmal an uns zu wenden, damit wir uns die
Situation anschauen können.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805315000

Noch eine Zusatzfrage?


Dr. Katarina Barley (SPD):
Rede ID: ID1805315100

Dann würde es mich interessieren, welche Indikato-

ren dazu geführt haben, die Zahl 1 000 festzulegen.

K
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1805315200


Man braucht wie in vielen Bereichen Größenordnun-
gen, bis zu denen man prioritär baut; die Maßnahmen für
darunter liegende Größenordnungen stellt man zurück.

Die LuFV umfasst nicht nur Maßnahmen im Bereich
des barrierefreien Ausbaus, der – das will ich noch ein-
mal betonen – sehr wichtig ist; sie sieht Finanzinvestitio-
nen in die gesamte Eisenbahninfrastruktur vor. Hier ist
es sicherlich nicht unüblich, bestimmte Grenzen festzu-
legen –, was nicht heißt, dass unterhalb dieser Grenze
gar nichts passiert.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805315300

Frau Haßelmann, Bündnis 90/Die Grünen, hat eine

Zusatzfrage dazu.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805315400

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Reiche, ich kann

mir nicht so richtig vorstellen, was es heißen soll, wenn
Sie sagen, bei Bahnhöfen mittlerer Größe seien Sie
schon relativ weit. Was soll das heißen? – Ich bitte Sie,
das einmal dem Parlament zu erklären. Ich kann mir da-
runter nichts vorstellen.

Wenn Sie nicht in der Lage sind, jetzt mündlich dazu
Stellung zu nehmen, würde ich Sie bitten, uns eine Über-
sicht darüber zu geben, welche Bahnhöfe den Standards
entsprechen bzw. umgebaut sind und welche noch nicht.
Das würde sicherlich uns allen konkretisieren, was es
heißt, wenn Sie sagen, Sie seien bei Bahnhöfen mittlerer
Größe relativ weit.

K
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1805315500


Ich verstehe Ihre Frage als Bitte an die Regierung,
eine solche Übersicht zu erstellen; ich bin mir sicher,
dass sie im Haus vorhanden ist. Das war aber nicht Ge-
genstand der Fragen, die an uns gegangen sind. Wenn
Sie das interessiert, werden wir Ihnen das Datenmaterial,
das uns vorliegt, sicherlich zukommen lassen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805315600

Herzlichen Dank.

Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Re-
aktorsicherheit. Zur Beantwortung der Fragen steht der
Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold bereit.





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Ich rufe Frage 35 der Abgeordneten Bärbel Höhn,
Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Deutsche-
Bank-Experten Caio Koch-Weser, der einen CO2-Preis von

(www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ wirtschaftspolitik/expertenbericht-vor-klimagipfel-studie-grue nes-wachstum-ist-moeglich-13154992.html)

schaft effektive Signale für mehr Klimaschutz zu geben, und,
wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus für die
anstehende Reform des Emissionshandels?

Herr Staatssekretär, bitte.

Fl
Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1805315700


Sehr geehrte Frau Kollegin, die Frage bezieht sich auf
eine Pressemitteilung zur Vorstellung des Expertenbe-
richts im Vorfeld des Klimasondergipfels, der gerade in
New York stattgefunden hat. In diesem Bericht beschrei-
ben alle beteiligten Sachverständigen die zentralen He-
rausforderungen der kommenden 15 Jahre, um die lang-
fristigen Klimaschutzziele und ein angemessenes
Wirtschaftswachstum zu erreichen. Eine der zentralen
Forderungen dieses Berichts ist die Schaffung eines in-
ternationalen Kohlenstoffmarktes mit robusten und vor-
hersehbaren Kohlenstoffpreisen

Die Bundesregierung teilt die Vorstellung, dass es ei-
nen solchen robusten und vorhersehbaren Kohlenstoff-
preis geben muss. Wir benötigen allerdings zuerst ein
neues und verbindliches Klimaschutzabkommen auf in-
ternationaler Ebene. 2015 in Paris ist der Zeitpunkt, zu
dem es dazu kommen soll und muss.

Bei der Reform des europäischen Emissionshandels
setzt sich die Bundesregierung für die frühzeitige Festle-
gung eines verbindlichen EU-Klimaschutzziels für 2030
ein: Minderung der Treibhausgasemissionen um mindes-
tens 40 Prozent gegenüber 1990. Wenn wir das erreichen
wollen, dann muss der Emissionshandel funktionieren.

Im Hinblick auf die kurzfristige Stärkung des EU-
Emissionshandels unterstützt die Bundesregierung den
Vorschlag der EU-Kommission, die wegen der Wirt-
schafts- und Finanzkrise entstandenen Zertifikatsüber-
schüsse in eine Marktstabilitätsreserve zu überführen.
Allerdings soll dieser Mechanismus nach unseren Vor-
stellungen und den Vorstellungen einiger anderer Mit-
gliedstaaten bereits deutlich früher und konsequenter
eingeführt werden, damit er funktioniert.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805315800

Eine Nachfrage, Frau Kollegin? – Bitte schön.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805315900

Danke schön, Herr Staatssekretär. Einer der wesentli-

chen Gründe, warum wir momentan – nicht nur in
Deutschland, sondern weltweit – viel zu hohe CO2-
Emissionen haben, sind die Kohlekraftwerke. Deshalb
gibt es eine Diskussion darüber, inwieweit der Bau von
Kohlekraftwerken im Ausland weiter mit Hermesbürg-
schaften und durch die KfW unterstützt werden kann,
wie es momentan noch der Fall ist. In diesem Zusam-
menhang hat Bundesumweltministerin Hendricks in der
Presse angekündigt, dass sie eine Abkehr von der inter-
nationalen Finanzierung des Baus von Kohlekraftwerken
– zum Beispiel durch die KfW, aber auch in anderen Be-
reichen – erreichen will. Das ist durch die Aussage des
Bundeswirtschaftsministeriums relativiert worden. Da
hätte ich gerne gewusst: Gibt es jetzt eine verbindliche
Position der Bundesregierung im Hinblick auf das Aus-
laufen der Finanzierung von ausländischen Projekten im
Bereich des Kohlekraftwerksbaus? Welche konkreten
Schritte sind da geplant, und wann?

Fl
Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1805316000


Die Bundesumweltministerin hat in New York noch
einmal bekräftigt, dass dies für die Frage der Förderung
von Auslandsvorhaben durch die KfW gilt. Wir befinden
uns dort in einem guten Abstimmungsprozess innerhalb
der Bundesregierung.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805316100

Ich interpretiere Ihre Antwort so, dass es doch keine

gemeinsame Positionierung war, die Sie soeben vorge-
tragen haben.

Sie haben den Ban-Ki-moon-Gipfel in New York an-
gesprochen. Teilen Sie die Auffassung – Sie teilen ja
nicht die der gesamten Bundesregierung –, dass die
Kanzlerin auch deshalb nicht zu diesem Gipfel gefahren
ist, weil sie nichts vorzuweisen hat?

Deutschland wird sein Klimaziel einer CO2-Reduk-
tion um 40 Prozent bis 2020 nicht erfüllen können; das
hat die Bundesumweltministerin bereits anklingen las-
sen. Auch sonst steht Deutschland schlecht da: mehr
CO2-Emissionen in den letzten zwei Jahren als in den
Jahren zuvor. Ist es richtig, dass die CO2-Bilanz so
schlecht ist, dass die Kanzlerin entschieden hat, lieber zu
einer im gleichen Zeitraum stattfindenden langweiligen
BDI-Veranstaltung zu gehen?

Fl
Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1805316200


Liebe Frau Höhn, Sie haben zusammen mit der Frak-
tion Die Grünen der Terminplanung der Kanzlerin zu
diesem Zeitpunkt eine Kleine Anfrage gewidmet. Wir
haben diese Kleine Anfrage ausführlich beantwortet.

Ich darf darauf verweisen und Ihnen gleichzeitig auch
den Hinweis geben – da ich wie auch Sie nicht in New
York war, ist mir das nur schriftlich übermittelt wor-
den –, dass insbesondere das Engagement Deutschlands
– die Bereitschaft, in den Clean Climate Fund einzuzah-
len, und viele andere Maßnahmen – von vielen Staaten
und Nichtregierungsorganisationen sehr positiv bewertet
worden ist. Das Engagement der Bundesrepublik
Deutschland und unser Engagement im Zuge der Ener-
giewende sind auf ein besonders positives Echo gesto-
ßen.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805316300

Die Frage 36 des Kollegen Oliver Krischer wird

schriftlich beantwortet.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwor-
tung steht der Parlamentarische Staatssekretär Stefan
Müller bereit.

Die Frage 37 des Kollegen Oliver Krischer wird
schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 38 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl
auf:

Welche finanziellen Zusagen wurden bisher vonseiten der
Bundesregierung an das US-amerikanische Department of
Energy im Zusammenhang mit einem möglichen Export der
AVR-Brennelemente aus Jülich getroffen – bitte, wenn mög-
lich, den Zeitraum angeben –, und für welche Zwecke wurden
bzw. werden diese Mittel verwendet?

Herr Staatssekretär, bitte.

S
Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1805316400


Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin
Kotting-Uhl, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die
Bundesregierung hat gegenüber dem Department of
Energy der Vereinigten Staaten von Amerika im Zusam-
menhang mit einer möglichen Verbringung der AVR-
Brennelemente und der damit verbundenen Rückführung
des von den USA gelieferten Kernbrennstoffs bisher
keine finanziellen Zusagen gegeben.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805316500

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete?


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805316600

Danke schön, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,

das finde ich jetzt verwunderlich. Dem Savannah River
Nation Lab, wohin diese abgebrannten Brennelemente
verbracht werden sollen, falls der Option US-Export zu-
gestimmt wird, wurden bereits 10 Millionen Dollar zu-
gesprochen, die sich auch im Haushalt für das Jahr 2015
niederschlagen. Unter dem Titel „US-Option“ sind im
Haushalt 65,4 Millionen Euro eingestellt. Für die Jahre
2016 bis 2018 sind noch einmal 170,9 Millionen Euro
veranschlagt. Können Sie diesen Widerspruch aufklä-
ren?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805316700

Herr Staatssekretär.

S
Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1805316800


Ich will es gerne versuchen, Frau Kollegin. Die im
Bundeshaushaltsplan entsprechend für die US-Option
ausgewiesenen Gesamtausgaben des Bundes in Höhe
von rund 246 Millionen Euro beruhen auf Informationen
des Forschungszentrums Jülich zu einer vorläufigen
Kostenabschätzung zwecks vorsorglicher Sicherung der
Finanzierung einer möglichen Verbringung der AVR-
Brennelemente in die USA. Diese vorläufig und vor-
sorglich veranschlagten Kosten betreffen Ausgaben für
zum Beispiel die Prüfung der technischen und rechtli-
chen Machbarkeit einer Verbringung der hochangerei-
cherten AVR-Brennelemente in die USA – übrigens das
Herkunftsland dieses uranhaltigen Kernbrennstoffs –
oder betreffen Ausgaben für die Räumung des Behälter-
zwischenlagers Jülich, den Transport der AVR-Brenn-
elemente und eine schadlose Verwertung der AVR-
Brennelemente in den USA. Im Falle einer Realisierung
jener Transportoption wären die unmittelbar für das For-
schungszentrum Jülich anfallenden Gesamtkosten von
Bund und Land Nordrhein-Westfalen als Zuwendungs-
geber entsprechend zu tragen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805316900

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kotting-Uhl?


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805317000

Ja. – Herr Staatssekretär, ich bin immer noch verwun-

dert über Ihre Aussage, es gebe keine Zusagen an die
USA. Das Statement of Intent wurde sowohl von der
Bundesregierung, vom zuständigen Ministerium in
Nordrhein-Westfalen als auch von der US-Seite unter-
schrieben.

Hier steht unter Punkt II.4:

Forschungszentrum Jülich … is to bear the costs of
the preparatory phase work and, if there is a de-
cision to proceed with the project, the costs associa-
ted with the acceptance, processing, and disposition
of the fuel.

Also alles. Wie können Sie angesichts der Tatsache, dass
das hier steht – Sie haben das alle unterschrieben – sa-
gen, dass Sie keine Zusagen gemacht haben?

S
Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1805317100


Frau Kollegin, ich weise noch einmal darauf hin: Die
Bundesregierung hat gegenüber dem Department of
Energy der Vereinigten Staaten keinerlei Zusagen in fi-
nanzieller Hinsicht gemacht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805317200

Schönen Dank. – Ich rufe die Frage 39 der Abgeord-

neten Sylvia Kotting-Uhl, Bündnis 90/Die Grünen, auf:
Welche konkreten Schritte bezüglich der Option der Er-

richtung eines neuen und erdbebensicheren Zwischenlagers
auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich oder in un-
mittelbarer Nähe sind nach Kenntnis der Bundesregierung
bisher unternommen worden, und welche Erkenntnisse haben
diese Prüfungen erbracht?

Herr Staatssekretär.

S
Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1805317300


Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, Ihre
Frage will ich gern wie folgt beantworten: Auf Bitten der
Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen hat der Auf-
sichtsrat der Forschungszentrum Jülich GmbH vor ge-
raumer Zeit mit entsprechenden Beschlüssen den Vor-
stand gebeten, einen geeigneten Standort für den Bau
eines neuen Zwischenlagers auf dem Gelände des For-





Parl. Staatssekretär Stefan Müller


(A) (C)



(D)(B)

schungszentrums Jülich im Rahmen eines Auswahlver-
fahrens zu identifizieren und eine Umweltverträglich-
keitsuntersuchung durchzuführen. Es konnte dabei
seinerzeit ein potenziell geeigneter Standort ermittelt
werden. Laut Auskunft des Vorstands der Forschungs-
zentrum Jülich GmbH auf der 91. Aufsichtsratssitzung
am 20. November 2013 ergaben sich aus dieser Umwelt-
verträglichkeitsuntersuchung keine grundsätzlichen Be-
denken gegen diesen ausgewählten Standort auf dem
Gelände des Forschungszentrums.

Seitdem hat es natürlich Änderungen gegeben. Mitte
des Jahres 2014 ist bekannt geworden, dass nach der
Einschätzung des Erdbebengutachtens von Professor
Savidis im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur
dreijährigen Verlängerung der Aufbewahrungsgenehmi-
gung der AVR-Brennelemente bei der Annahme eines
bestimmten Referenzerdbebens eine Bodenverflüssi-
gung am Standort des AVR-Behälterlagers nicht ausge-
schlossen werden kann. Dies und die nicht absehbaren
Folgen für das Verlängerungsgenehmigungsverfahren
hat die atomrechtliche Genehmigungsbehörde in Nord-
rhein-Westfalen, das Ministerium für Wirtschaft, Ener-
gie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, am 2. Juli die-
ses Jahres dazu veranlasst, die unverzügliche Räumung
des AVR-Zwischenlagers in Jülich anzuordnen, und es
hat das FZJ aufgefordert, ein Konzept hierzu vorzulegen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805317400

Zusatzfrage, Frau Kollegin?


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805317500

Ja. Danke schön, Herr Präsident. – Herr Staatssekre-

tär, was Sie referiert haben, ist öffentlich bekannt. Auch
den Inhalt des von Ihnen benannten Gutachtens kenne
ich. Meine Frage war: Welche konkreten Schritte werden
nach Ihrer Kenntnis unternommen, um die dritte Option
zu prüfen? Der Auftrag des zuständigen Ministeriums in
Nordrhein-Westfalen, das für die Atomaufsicht zustän-
dig ist, war, drei Optionen zu prüfen, nämlich den Export
in die USA, den Export nach Ahaus und die Option – das
ist die dritte Option, die aus vielerlei Gründen die zu prä-
ferierende wäre –, auf dem Gelände des Forschungszen-
trums Jülich nach einem neuen geeigneten Standort zu
suchen. Ich fragte nach konkreten Schritten; denn auf
der Homepage des Forschungszentrums Jülich ist nur
von der USA-Option die Rede. Von anderen Optionen
liest man dort nichts. Ich gehe davon aus, dass der Bun-
desregierung, die mit 90 Prozent, also zum absolut über-
wiegenden Teil Inhaber des Forschungszentrums Jülich
ist, weitere Kenntnisse vorliegen, und um die bitte ich.

S
Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1805317600


Sie haben recht. Es gibt drei Optionen, die zur Dis-
kussion gestanden haben. Die erste Option ist die US-
Option, über die wir schon geredet haben. Die zweite
Option ist eine Verbringung der Brennelemente in das
TBL Ahaus. Die dritte Option ist die Errichtung eines
Zwischenlagers in Jülich. Insbesondere aufgrund der si-
cherheitsrechtlichen Veränderungen, die sich durch die
Untersuchungen im Hinblick auf die Erdbebensicherheit
des Standorts ergeben haben, wird die dritte Option der-
zeit nicht aktiv weiterverfolgt. Ich verweise diesbezüg-
lich auch auf die Stellungnahme des Landesministers
Duin vom vergangenen Montag in der Sitzung der End-
lagerkommission.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805317700

Landesminister Duin hat in der Sitzung der Endlager-

kommission, deren Mitglied ich ja bin, nicht eindeutig
Stellung bezogen, sondern er hat die Fakten referiert.
Dem ist auch gar nichts hinzuzufügen. Es bleibt aber die
Frage offen, warum diese Option, die sowohl aus Sicher-
heitsgründen wie auch aus vielen anderen Gründen zu
präferieren wäre, nicht verfolgt wird. Es erschwert uns
die Arbeit in der Atomendlagersuchkommission extrem,
wenn die Bundesregierung einen Atommüllexport ins
Ausland vorbereitet, während wir versuchen, ein Verfah-
ren zu entwickeln, um einen sicheren Standort für hoch-
radioaktiven Müll in Deutschland zu finden, der auch
von der Gesellschaft akzeptiert wird. Das ist eine unge-
heure Erschwernis unserer Arbeit.

Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie noch einmal
danach fragen, und ich möchte Sie, falls Ihre Antwort
ähnlich ausfällt wie die gerade eben gegebene, auffor-
dern, sich für eine ernsthafte Untersuchung dieser Op-
tion, die als einzige all diese Gefährdungen ausschließt,
starkzumachen.

S
Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1805317800


Frau Kollegin, ein mögliches Zwischenlager in Jülich
setzt voraus, dass es aus sicherheitsrechtlichen Gründen
keine Bedenken gibt. Diese Bedenken sind jedenfalls
nach dem Gutachten zur Erdbebensicherheit am Standort
Jülich nicht ausgeräumt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805317900

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-

desministeriums für Wirtschaft und Energie.

Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staats-
sekretärin Brigitte Zypries zur Verfügung.

Die Frage 40 des Kollegen Jens Spahn sowie die Fra-
gen 41 und 42 der Kollegin Dr. Julia Verlinden werden
schriftlich beantwortet.

Wir kommen damit zur Frage 43 der Abgeordneten
Annalena Baerbock, Bündnis 90/Die Grünen:

Welche konkreten Schlussfolgerungen zieht die Bundesre-
gierung aus dem in New York vorgestellten sogenannten
Stern-II-Bericht und der darin formulierten Erkenntnis, dass
der Ausstieg aus der Kohleverstromung und ein Ende der
Subventionierung von Kohlekraftwerken einzuleiten ist, und

(bitte mit Zeitangaben)


Frau Staatssekretärin, bitte.

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805318000


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Frau Baerbock, die Frage befasst sich ja mit
einem Thema, das gerade schon Gegenstand war. Die





Parl. Staatssekretärin Brigitte Zypries


(A) (C)



(D)(B)

Bundesregierung unterstützt die internationalen Bestre-
bungen, sich auf solche einheitlichen Standards für die
Finanzierung von Energietechnologien zu verständigen,
die mit dem Ziel einer Begrenzung des globalen Klima-
wandels auf maximal 2 Grad Celsius vereinbar sind. Vor
diesem Hintergrund muss jeder Neubau selbst der effi-
zientesten Kohlekraftwerke kritisch geprüft werden. Ei-
nes der Hauptanliegen hierbei ist die Transformation der
Energiesysteme von fossilen hin zu erneuerbaren Ener-
gien, um die globale Energieversorgung bis Mitte dieses
Jahrhunderts fast vollständig zu dekarbonisieren.

Weiterhin wird die Bundesregierung in der klima- und
entwicklungspolitischen Zusammenarbeit keine Finan-
zierung für den Neubau von Kohlekraftwerken mehr zur
Verfügung stellen und die Modernisierung laufender
Kohlekraftwerke in diesem Zusammenhang nur noch
eingeschränkt nach klar definierten Kriterien finanzieren.
Damit schließt sich die Bundesregierung der Initiative
mehrerer Industriestaaten an. Die genaue Formulierung
von Finanzierungskriterien ist essenzieller Bestandteil
der laufenden Ressortabstimmung und wird, wie ange-
kündigt, noch diesen Herbst im Wirtschaftsausschuss
des Deutschen Bundestages vorgelegt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805318100

Schönen Dank. – Haben Sie dazu eine Zusatzfrage,

Frau Kollegin? Bitte.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das war jetzt zum Teil die Beantwortung der
Frage 44. In Frage 43 geht es ja vor allen Dingen um die
Schlussfolgerungen aus dem Stern-II-Bericht, also um
ein Auslaufen der Nutzung der fossilen Energie und ins-
besondere um den Ausstieg aus der Kohleverstromung,
auch national. Deswegen würde mich jetzt interessieren,
was aus Sicht der Bundesregierung die Schlussfolgerun-
gen des Stern-II-Berichtes sind und was sie gedenkt, hin-
sichtlich der nationalen Maßnahmen und des Ausstiegs
aus der Kohleverstromung national zu tun. Denn das
Bundesumweltministerium hat ja angekündigt, einen
Vorschlag für den Kraftwerkspark zu machen. Aus Ih-
rem Hause hört man aber immer, dass sich an dem fossi-
len Kraftwerkspark mittelfristig nichts ändern wird. Was
sind Ihre Antworten auf den Stern-II-Bericht konkret bei
der nationalen Kohlefrage?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805318200


Das ist ja Teil der Abstimmung, um die es eben schon
einmal ging. Deswegen kann ich eigentlich nur wieder-
holen, was ich eben schon einmal sagte. Wir werden eine
Gesamtschau erarbeiten und im Ausschuss für Wirt-
schaft in diesem Herbst vorstellen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805318300

Zusatzfrage?

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gut, also haben Sie derzeit nur die Auslandsfinanzie-
rung im Blick?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805318400


Genau, generell. Die zwei unterschiedlichen Kompo-
nenten, Auslands- und Inlandsfinanzierung, werden
beide bearbeitet.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Inland wird ja nichts direkt finanziert, sondern da
geht es darum, den Ausstieg einzuleiten.

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805318500


Erneuert.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805318600

Wir kommen zur Frage 44 ebenfalls der Abgeordne-

ten Annalena Baerbock, Bündnis 90/Die Grünen:
Bis wann soll es nach Plänen der Bundesregierung einen

verbindlichen Beschluss über die von der Bundesministerin
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,
Dr. Barbara Hendricks, vor der Bundespressekonferenz am
17. September 2014 angekündigten Abkehr von der interna-
tionalen Kohlefinanzierung geben, und welche konkrete Posi-
tionierung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie zu diesen Plänen?

Frau Staatssekretärin.

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805318700


Dabei geht es im Grunde um dieselben Anhörungen.
Wir haben am 16. September eine Anhörung mit Um-
weltverbänden und am 21. August eine Anhörung mit
der betroffenen Industrie durchgeführt. Wir sind jetzt im
Abstimmungsprozess zwischen den Ressorts und wer-
den nach Beendigung dieses Abstimmungsprozesses
zwischen den Ressorts den Ausschuss informieren.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805318800

Danke schön. – Haben Sie eine Frage dazu?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja. – Meine Nachfrage bezieht sich auf die Abstim-
mung der Ressorts. Es ist verwunderlich, dass das Bun-
desumweltministerium auf einer internationalen Konfe-
renz schon das Ergebnis verkündet, während hier im
Hause, sowohl vorhin im Umweltausschuss als auch
jetzt hier von den beiden Staatssekretären, erklärt wird,
man sei noch in der Abstimmung.

International ist jetzt nachzulesen, man wolle aus der
entwicklungspolitischen und klimapolitischen Kohlefi-
nanzierung aussteigen. Dann bleibt da noch die wirt-
schaftspolitische Kohlefinanzierung, die zwei Drittel der





Annalena Baerbock


(A) (C)



(D)(B)

entsprechenden Finanzierung durch die KfW ausmacht;
der andere Teil macht nur ein Drittel aus.

Deswegen stelle ich jetzt ganz konkret die Frage:
Wird es bei der Ressortabstimmung auch um den IPEX-
Teil der KfW gehen und um die Hermesbürgschaften,
oder werden Sie sich nur um den Teil – er macht ein
Drittel aus – der entwicklungspolitischen Zusammenar-
beit kümmern?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805318900


Wir haben mit diesen beiden Aktivitäten unter einem
Dach, unter dem Dach der KfW, die Sie eben sehr an-
schaulich geschildert haben, ein internationales Novum;
so etwas gibt es sonst nicht. Deswegen glaube ich schon,
dass wir bei unserer Abstimmung beide Teile in den
Blick nehmen müssen. Ob wir dann tatsächlich zu bei-
den Teilen Entscheidungen fällen, ist aber eine andere
Frage.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805319000

Noch eine Zusatzfrage?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja, ich habe noch eine Frage zu einem Punkt, über den
es eine internationale Debatte gab. Die KfW hängt auch
in der Finanzierung des Kohlehafens nahe des Great
Barrier Reefs mit drin. Unter welchen Teil der KfW
würde diese Finanzierung fallen, und würden Sie den
mit berücksichtigen? Schließlich geht es hier auch um
erhebliche umweltpolitische Auswirkungen.

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805319100


Das muss ich Ihnen schriftlich beantworten, Frau
Kollegin; das weiß ich schlicht nicht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805319200

Schönen Dank. – Dann kommen wir zur Frage 45 der

Abgeordneten Bärbel Höhn, Bündnis 90/Die Grünen:
Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, die in der Euro-

päischen Union verbreitete Definition, gemäß der Internatio-
nalen Energie-Agentur, IEA, von Subventionen, wonach eine
Subvention auf der Nachfrageseite dann vorliegt, wenn das
inländische Preisniveau den um Transport- und Distributions-
kosten bereinigten Weltmarktpreis unterschreitet, breiter zu
fassen und auch steuerliche Begünstigungen als Subvention
auszuweisen, und welche konkreten Schritte unternimmt sie
– auch als Gastgeber des G-7-Gipfels 2015 – selbst, um der
im Rahmen der G 20 getroffenen Übereinkunft zum Abbau
fossiler Subventionen Nachdruck zu verleihen?

Zur Beantwortung Frau Staatssekretärin Zypries bitte.

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805319300


Die G 20 haben in Pittsburgh im Jahre 2009 beschlos-
sen, ineffiziente Subventionen für fossile Energieträger
mittelfristig abzubauen. Dazu zählen die Hilfen für An-
bieter fossiler Energieträger, aber eben auch Subventio-
nen für Nachfrager von Energieträgern, mit denen die lo-
kalen Preise unter das Weltmarktpreisniveau gedrückt
werden. Der Großteil dieser Subventionen wird außer-
halb der Industrieländer gewährt. Von den in Deutsch-
land gewährten Subventionen fallen nur die Steinkohle-
beihilfen in diese Kategorie.

Wir verfolgen im Rahmen der Subventionspolitik ei-
gene Leitlinien, die sich auch – selbstverständlich – an
umweltpolitischen Wirkungen orientieren. Der Abbau
von Subventionen für fossile Energieträger wird insbe-
sondere in der Gruppe der G 20 diskutiert. Wir setzen
uns auch auf dieser Ebene für den Abbau von Subventio-
nen ein. Das gilt nicht nur für die generelle Diskussion in
diesen Gremien, sondern auch für bilaterale Kooperatio-
nen mit anderen Ländern. Aber, Frau Höhn – weil das
ein Teil Ihrer Frage war –, es gibt derzeit keine Initiative,
diese Definition von Subventionen zu ändern.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805319400

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Höhn?


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805319500

Ja, habe ich. – Frau Staatssekretärin, das Wuppertal-

Institut hat bekanntlich den Bereich Braunkohle unter-
sucht und festgestellt, dass im Zusammenhang mit der
Braunkohle eine Menge Kosten entstehen, welche die
Gesellschaft zu tragen hat, indirekte Subventionen, die
auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr hochgerechnet
wurden. Somit hat, wenn man den Subventionsbegriff
des Wuppertal-Instituts zugrunde legt, auch die Förde-
rung von Braunkohle hier in Deutschland – es geht jetzt
nicht international um Braunkohle – direkte oder indi-
rekte Subventionen bekommen. Habe ich Ihre Antwort
eben richtig verstanden, dass Sie genau diese Tatbe-
stände, die das Wuppertal-Institut aufgelistet hat, nicht
als Subventionen werten?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805319600

Frau Staatssekretärin.

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805319700


Das ergibt sich aus der mir vorliegenden Antwort des
Hauses. Aber auf diese konkrete Nachfrage möchte ich
vorsichtshalber lieber sagen, dass wir das noch einmal
überprüfen lassen und wir Ihnen dazu schriftlich antwor-
ten.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805319800

Herzlichen Dank.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805319900

Haben Sie noch eine Zusatzfrage?


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805320000

Ja, ich habe noch eine zweite Zusatzfrage. – Wenn

wir, auch im Rahmen des Ban-Ki-moon-Gipfels, jetzt
über CO2-Reduktionen nachdenken und uns einmal an-
schauen: „Wer sind die größten Verursacher?“, dann stel-
len wir – das gilt auch für Deutschland – fest: Das ist
insbesondere die Braunkohle, bei deren Nutzung zur





Bärbel Höhn


(A) (C)



(D)(B)

Stromerzeugung ungefähr 1,5-mal mehr CO2 ausgesto-
ßen wird als bei der Nutzung von Steinkohle.

Die Bundesumweltministerin kämpft für Klimaschutz;
aber die Instrumente, mit denen man Klimaschutz errei-
chen kann, liegen im Bundeswirtschaftsministerium. Wie
weit will das Bundeswirtschaftsministerium hier auch
Auflagen gegen die Braunkohle machen, um angesichts
dieses besonders klimaschädlichen Produktionsverfah-
rens etwas für den Klimaschutz zu tun?

B
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1805320100


Auch diese Frage, Frau Kollegin, muss ich Ihnen
schriftlich beantworten, weil sich das Haus nur mit der
Frage der Steinkohle auseinandergesetzt hat; ich kann
dazu schlicht nichts sagen.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805320200

Okay.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1805320300

Die Frage 46 der Kollegin Hänsel wird schriftlich be-

antwortet.

Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Das ist ein
bisschen schade für die vielen Besucherinnen und Besu-
cher, die gerade auf die Besuchertribüne gekommen
sind. Ich unterbreche nämlich jetzt die Sitzung des Deut-
schen Bundestages, bis wir um 15.35 Uhr zur gemein-
sam vereinbarten Debatte über die Ebolaepidemie in
Afrika kommen.


(Unterbrechung von: 14.54 bis 15.35 Uhr)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805320400

Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe

Gäste auf den Tribünen! Liebe Regierungsvertreterinnen
und -vertreter! Ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen für
den Zusatzpunkt 1, den ich hiermit aufrufe:

Vereinbarte Debatte

Deutschlands Beitrag zur Eindämmung der
Ebolaepidemie

Zu dieser Debatte liegen uns ein Entschließungsan-
trag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD sowie je
ein Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 60 Minuten vorgesehen. Ich höre und
sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Debatte und gebe dem Staatsminister
Michael Roth das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1805320500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In unserer politischen Arbeit begegnen wir immer wie-
der tragischen Situationen, die uns bewegen und so
schnell nicht mehr loslassen. In diesen Momenten fällt
es schwer, zur Tagesordnung zurückzukehren. Die Mel-
dungen und Bilder, die uns derzeit aus der Krisenregion
in Westafrika erreichen, haben auch mich sehr berührt
und erschüttert.

Das Ebolavirus breitet sich immer schneller aus. Fas-
sungslos blicke ich auf die dramatisch wachsenden Op-
ferzahlen in Liberia, Guinea und Sierra Leone. Viele
Krankenstationen sind mittlerweile derart überfüllt, dass
neue Patienten nicht mehr behandelt werden können. Bei
diesen Zahlen und Bildern spüren wir alle: In Westafrika
spielt sich derzeit eine humanitäre Katastrophe von un-
vorstellbarem Ausmaß ab. Für die Bundesregierung ist
klar: Wir dürfen die Not leidenden Menschen in West-
afrika in dieser dramatischen Lage nicht alleinelassen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Ebolaepidemie besitzt eine andere Qualität als die
meisten Krisen, die die moderne Welt bislang gesehen
hat; sie verlangt andere, neue Antworten. Dies macht die
Reaktion auf Ebola eben auch so schwierig. Deswegen
hat die Weltgemeinschaft im Kampf gegen das Virus viel
Zeit verloren. Das will ich überhaupt nicht beschönigen.

Wir sind derzeit mit einer Vielzahl von humanitären
Großkrisen konfrontiert; Sie alle kennen sie: in Syrien,
im Nordirak, in der Ostukraine. Hinzu kommen die
Flüchtlingsströme im Libanon, in Jordanien und in der
Türkei. Umso wichtiger ist es, dass wir auf diese Krisen
koordiniert, zügig und entschlossen reagieren.

Eine Blaupause zur Lösung der Ebolakrise haben wir
nicht. Einfache Antworten gibt es ebenso wenig wie
schnelle Erfolge; denn wir wissen: Trotz all unserer Be-
mühungen wird es noch Monate dauern, bis die Epide-
mie endlich unter Kontrolle ist, und unabhängig von der
medizinischen und humanitären Lage wird uns auch der
Wiederaufbau der Wirtschaft und der Gesundheitssys-
teme in den betroffenen Staaten noch lange Zeit fordern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ebolaepidemie
in Westafrika ist weit mehr als nur eine humanitäre Kata-
strophe. Die Verbreitung der Krankheit hat sich auch zu
einer massiven Bedrohung von Frieden und Sicherheit in
der Welt entwickelt, wie der UNO-Sicherheitsrat kürz-
lich in seiner Resolution 2177 festgestellt hat.

Die betroffenen Länder Liberia, Guinea und Sierra
Leone werden in ihrer Entwicklung weit zurückgewor-
fen. Die jüngsten Fortschritte bei Friedenssicherung und
Entwicklung drohen durch die Folgen der Epidemie auf
einen Schlag zerstört zu werden. Deswegen hat sich die
Staatspräsidentin Liberias kürzlich in einem dramati-
schen Appell an die Bundeskanzlerin gewandt.

Über die Region Westafrika hinaus strahlt die Krise
auf den gesamten Kontinent aus. Auch deswegen steht
die internationale Gemeinschaft in der Verantwortung,
zügig und entschlossen zu handeln.

Mittlerweile bekämpfen wir Ebola mit zahlreichen
Projekten. Wir sind bereits seit Monaten – insbesondere
auch mein Haus – im Kampf gegen die weitere Verbrei-





Staatsminister Michael Roth


(A) (C)



(D)(B)

tung des Ebolavirus aktiv. Seit Ausbruch der Epidemie
haben wir Sofort- und Entwicklungshilfe in Höhe von
rund 17 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diese
Gelder fließen an erfahrene Helferinnen und Helfer, die
direkt vor Ort die dringend notwendige Unterstützung
leisten: die Weltgesundheitsorganisation, Ärzte ohne
Grenzen, Welthungerhilfe, das Robert-Koch-Institut und
das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. Ihnen
danke ich im Namen der Bundesregierung für ihren un-
ermüdlichen und herausragenden Einsatz.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundeswehr wird in den nächsten Tagen von ei-
nem Lufttransportstützpunkt in Dakar eine Luftbrücke in
die Krisengebiete aufbauen. Die Bundesregierung wird
das Deutsche Rote Kreuz sowohl finanziell als auch lo-
gistisch dabei unterstützen, ein mobiles Krankenhaus
mit mehr als 200 Betten aufzubauen. Auch die Bundes-
wehr bereitet die Einrichtung einer Krankenstation für
bis zu 50 Patienten in Liberia vor.

Wir helfen. Viele Projekte sind angelaufen. Bis sie die
Menschen in den Ebolagebieten erreichen, wird es aller-
dings noch Tage oder gar Wochen dauern. Dies liegt da-
ran, dass zunächst qualifiziertes medizinisches Personal
gewonnen und vorbereitet werden muss. Ebenso müssen
wir sicherstellen, dass die Helferinnen und Helfer im
Falle einer Infizierung mit Ebola schnell und sicher eva-
kuiert werden können. Aber seien Sie versichert: Die
Bundesregierung arbeitet mit Hochdruck daran.

Deutschland beteiligt sich an den internationalen
Hilfsmaßnahmen mit aller Entschiedenheit. Es ist uns al-
len ein Herzensanliegen, so vielen Menschen wie mög-
lich zu helfen. Dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen,
zählen wir insbesondere auf Ihre Unterstützung.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805320600

Vielen Dank, Michael Roth. – Nächster Redner in der

Debatte: Kollege Movassat für die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805320700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor kur-

zem sagte Außenminister Steinmeier, Deutschland sei
Motor im Kampf gegen Ebola. Das muss aber ein Motor
sein, bei dem einige Schrauben locker sitzen. Bis letzte
Woche ist er gar nicht angesprungen. Viel Starthilfe war
nötig. Und heute bewegt er sich immer noch im
Schritttempo.

Viele Hilfsorganisationen weisen schon länger darauf
hin, wie ernst die Lage in Westafrika ist, dass ganze
Staaten wie Sierra Leone und Liberia vor dem Zusam-
menbruch stehen. Ärzte ohne Grenzen hat schon am
23. Juni das erste Mal davor gewarnt, dass die Lage au-
ßer Kontrolle zu geraten droht. Dennoch unternahm die
Bundesregierung lange so gut wie nichts. Kollege Brand
von der CDU/CSU, Vorsitzender des Ausschusses für
Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, hat recht, wenn
er im Spiegel sagt:

Wenn wir ehrlich zu uns sind, müssen wir eingeste-
hen: Wir sind zu spät dran.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Deshalb ist nicht Eigenlob angebracht, sondern Selbst-
kritik.


(Beifall bei der LINKEN)


Als die Präsidentin Liberias letzte Woche ihren dra-
matischen Appell an Frau Merkel schrieb, hatte
Deutschland bis dahin gerade einmal 2,7 Millionen Euro
zugesagt. Die USA hatten da bereits über 140 Millionen
Dollar bereitgestellt. Laut Weltgesundheitsorganisation
hat den wertvollsten Beitrag zur Ebolabekämpfung das
arme Kuba zugesagt, die Entsendung von 165 Ärzten
und Pflegern. Deutschland aber, die viertgrößte Wirt-
schaftsnation der Welt, steht immer noch auf der
Bremse.

Vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung ihre kon-
kreten Maßnahmen gegen die Ebolaepidemie vorgestellt.
Ich lese einmal vor: Das Bundesamt für Bevölkerungs-
schutz und Katastrophenhilfe kann bei Bedarf kurzfristig
umfangreiche medizinische Ausrüstung zur Verfügung
stellen. Das THW wird sich nach Bedarf an der logisti-
schen Unterstützung der Hilfsmaßnahmen beteiligen.

Liebe Bundesregierung, „bei Bedarf“ und „kann“ – in
Westafrika tobt die größte Ebolaepidemie aller Zeiten.
Über 2 800 Menschen sind schon gestorben. Die Helfer
müssen Infizierte an den Türen der Krankenhäuser ab-
weisen, weil es keine freien Betten mehr gibt. Pessimis-
tische Schätzungen sprechen mittlerweile sogar von bis
zu 1,4 Millionen Infizierten bis Januar 2015. Zudem
droht eine Hungersnot.

Die Weltgesundheitsorganisation vergleicht die Lage
mit dem Tsunami 2004 und dem Erdbeben in Haiti. Bei
beiden Katastrophen gab es Hunderttausende Tote. Wel-
che Bedarfsprüfung brauchen Sie noch? Worauf warten
Sie? Handeln Sie endlich!


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen aber auch über die grundlegenden Ursa-
chen dieser humanitären Katastrophe sprechen. Dass die
Lage in Sierra Leone, Guinea und Liberia dermaßen au-
ßer Kontrolle geraten konnte, hat auch mit politischen
Fehlern Deutschlands zu tun;


(Lachen des Abg. Charles M. Huber [CDU/ CSU])


denn auch deutsche Pharmaunternehmen forschen vor
allem an profitträchtigen Medikamenten für reiche In-
dustrieländer. Käme Ebola nicht nur in armen afrikani-
schen Staaten vor, es gäbe seit Jahren einen Impf- oder
Wirkstoff gegen das Virus.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Niema Movassat


(A) (C)



(D)(B)

Nur 10 Prozent der globalen Forschungsausgaben be-
ziehen sich auf Krankheiten, die 90 Prozent zur globalen
Krankheitslast beitragen. Die Pharmabranche investiert
doppelt so viel Geld in Marketing wie in Forschung. Ge-
sundheit ist aber keine Ware. Wir dürfen die Erforschung
von lebenswichtigen Medikamenten nicht allein der Pri-
vatwirtschaft überlassen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zudem fördert Deutschland bis heute Privatisierun-
gen im Gesundheitsbereich auch in Entwicklungslän-
dern. Das erschwert aber den Aufbau funktionierender
staatlicher Gesundheitssysteme. In Nigeria gab es Ebola-
fälle bereits in der Millionenstadt Lagos, wo eine Aus-
breitung des Virus in den Slums eigentlich auf optimale
Bedingungen trifft. Dennoch hat es sich dort bisher nicht
weit verbreitet. Weshalb? Weil es in Nigeria ein wesent-
lich besseres staatliches Gesundheitssystem gibt als in
Liberia und Sierra Leone. Deshalb: Schluss mit Privati-
sierungen im Gesundheitsbereich!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es fehlt auch an Geld. Seit Jahren gibt es die Forde-
rung von Nichtregierungsorganisationen, mehr Geld für
globale Gesundheit auszugeben. 0,1 Prozent des Brutto-
inlandsproduktes sollen reiche Staaten dafür aufwenden.
Die Ausgaben für globale Gesundheit betrugen seitens
Deutschlands zuletzt aber nur 0,03 Prozent. Das ist
selbst im europäischen Vergleich nur absolutes Mittel-
maß.

Außerdem hat Deutschland seinen Finanzierungsbei-
trag für die Weltgesundheitsorganisation WHO immer
weiter zurückgefahren: von 33 Millionen Euro 2006 auf
heute noch 24 Millionen Euro. Insgesamt hat die WHO
in den letzten Jahren ein Fünftel ihrer Finanzmittel ver-
loren. Die WHO hat deshalb für ganz Afrika nur noch
drei Spezialisten für Epidemien im Einsatz. Die Zahl der
Mitarbeiter für Notfälle in der Zentrale ist von 100 auf
34 geschrumpft. Wäre die WHO handlungsfähiger ge-
wesen, hätte die Ebolaepidemie vielleicht rechtzeitig ge-
stoppt werden können. Deutschland muss seinen WHO-
Beitrag deutlich erhöhen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die jetzige Krise sagt aber auch einiges über die Prio-
ritätensetzung der Bundesregierung aus. Seit Monaten
hören wir vom Bundespräsidenten und von Regierungs-
mitgliedern viel über die gewachsene internationale
deutsche Verantwortung. Dass Sie diese Verantwortung
vor allem als militärische verstehen, zeigt sich nun wie-
der; denn jetzt, im historischen Fall einer im 21. Jahr-
hundert nur wenige Tausend Kilometer von Europa es-
kalierenden Seuche, hätten Sie die Gelegenheit gehabt,
wahrhaft internationale Verantwortung zu übernehmen:
massenhaft Menschenleben zu retten, ohne die Gefahr
einzugehen, dabei Unschuldige zu töten.

Sie aber liefern lieber für 70 Millionen Euro Waffen
in den Irak. Dort werden diese Jahrzehnte im Umlauf
sein und Schaden anrichten. Für die Bekämpfung von
Ebola haben Sie in den drei Monaten seit der ersten Ka-
tastrophenmeldung nicht einmal die Hälfte dieser Mittel
bereitgestellt, und das auch erst nach langem Zögern.
Bei den Waffenlieferungen ging alles ganz schnell.


(Beifall bei der LINKEN)


Solch eine Außenpolitik, die dem Militärischen den Vor-
rang vor dem Humanitären gibt, kann man nur noch als
zynisch bezeichnen.


(Beifall bei der LINKEN – Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Sind Sie sicher, dass Sie diese Rede so halten wollten?)


Nun ging ja der Aufruf an Bundeswehrangehörige,
sich freiwillig für einen Hilfseinsatz zu melden. Aber
wieso ging der Aufruf nur an Bundeswehrangehörige?
Die Bundesregierung muss einen Aufruf an das gesamte
in staatlichen Einrichtungen beschäftigte medizinische
Personal richten; denn die Profis, die helfen können, sit-
zen in den Tropeninstituten. Es braucht schnell einsetz-
bares Personal; denn vor Ort gibt es zu wenig Ärzte und
Pfleger.

Als die Seuche ausbrach, gab es für die 10 Millionen
Einwohner Liberias und Sierra Leones gerade einmal
170 Ärzte. Wer sich freiwillig meldet, braucht klare und
sichere Rahmenbedingungen. Eine zeitlich begrenzte
Freistellung und finanzielle Anreize sind wichtig, um die
nötigen Kräfte zu mobilisieren, aber auch die Gewähr-
leistung, ausgeflogen zu werden, falls man sich ansteckt;
denn unzählige Helfer haben sich beim Versuch, Leben
zu retten, mit Ebola angesteckt und sind selbst gestor-
ben.

Ich muss hier eine Selbstverständlichkeit deutlich sa-
gen: Humanitäre Katastrophenhilfe ist nicht Aufgabe der
Bundeswehr. Die Hilfsorganisation medico international
hat vor kurzem erklärt, dass ziviles Personal leichter das
Vertrauen der Bevölkerung gewinnt. Vertrauen ist ein
ganz entscheidender Faktor bei einer Erkrankung wie
Ebola, die die Menschen bisher nicht kennen und die so
massiv Todesopfer fordert.

Es kann nicht sein, dass bei humanitären Katastro-
phen immer der Ruf nach dem Militär kommt. Soldaten
sind keine humanitären Helfer.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen deshalb endlich zivile Krisenreaktions-
kräfte, die über ausreichende Ressourcen verfügen, um
jederzeit überall auf der Welt helfen zu können: mit eige-
nen mobilen Krankenhäusern, medizinischem Personal,
Flugzeugen, Schiffen, Helikoptern, Räumgeräten und al-
lem, was sonst noch dazugehört.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805320800

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder

-bemerkung von Frau Pfeiffer?


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805320900

Ja, bitte schön.






(A) (C)



(D)(B)


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1805321000

Herr Kollege Movassat, ich habe nur eine kurze

Frage: Meinen Sie nicht, dass es Ihnen, wenn Sie mit
Ebola infiziert sind und dringend auf Hilfe warten, völlig
egal ist, wer Ihnen hilft, ob das ein Bundeswehrsoldat ist
oder ob er vielleicht aus einem Krankenhaus wie der
Charité kommt? Mir persönlich wäre das, um ehrlich zu
sein, ziemlich egal.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ein Arzt wäre schon nicht schlecht, an und für sich! – Zuruf von der LINKEN: Ärzte wären schon besser!)



Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805321100

Frau Kollegin Pfeiffer, ich habe nichts dagegen ge-

sagt, dass man den Aufruf in der Bundeswehr gestartet
hat. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, es wäre
richtig, den Aufruf an das gesamte medizinische Perso-
nal in allen staatlichen Einrichtungen zu richten. An sie
müsste der Appell gerichtet werden. Dann habe ich ge-
sagt, dass in der Abwägung ziviles Personal, wenn mög-
lich, immer besser ist als militärisches. Ich habe die
Frage beantwortet.


(Beifall bei der LINKEN)


Zu dem, was akut zu tun ist, hat die Linke in ihrem
Entschließungsantrag viele Vorschläge gemacht. Am
wichtigsten ist es derzeit, nach kubanischem Vorbild me-
dizinisches Fachpersonal zu entsenden, außerdem Iso-
lierstationen zu liefern und zu betreiben und die Finanz-
zusagen auf 100 Millionen Euro zu erhöhen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805321200

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805321300

Ja. – Wenn die pessimistischen Prognosen stimmen

sollten, stehen wir vor einer Seuche, wie es sie seit Jahr-
hunderten nicht gegeben hat. Der Präsident von Ärzte
ohne Grenzen sagte heute, dass es nicht mehr um Wo-
chen und Monate, sondern um Stunden und Tage geht.
Ich appelliere daher an die Bundesregierung: Handeln
Sie jetzt!

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805321400

Danke, Herr Kollege Movassat. – Nächster Redner in

der Debatte: der Parlamentarische Staatssekretär
Thomas Silberhorn.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Th
Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1805321500


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das Ausmaß dieser Ebolaepidemie hat in der Tat in
Westafrika dramatische Züge angenommen. Nahezu
6 000 Menschen sind nach Angaben der Weltgesund-
heitsorganisation bisher infiziert. Mehr als 2 800 Men-
schen sind bereits an dieser Krankheit gestorben.

Das eigentlich Beunruhigende ist die hohe Anste-
ckungsrate. Es muss damit gerechnet werden, dass sich
die Zahl der Ebolafälle etwa alle drei Wochen verdoppelt.
Es kann also durchaus sein, dass sich in wenigen Monaten
die Zahl der Infizierten auf mehr als 100 000 beläuft. Da-
mit erleben wir den bei weitem schlimmsten Ausbruch
dieses Virus seit seiner Entdeckung vor fast 40 Jahren.

Jenseits all des menschlichen Leids, das mit dieser
Epidemie verbunden ist, hat diese Krise auch eine Reihe
weiterer gravierender Auswirkungen. Die Gesundheits-
systeme in Liberia, Guinea und Sierra Leone als den am
meisten betroffenen Staaten stehen vor dem vollständi-
gen Zusammenbruch. Das bedeutet, dass dann auch an-
dere Krankheiten nicht mehr behandelt werden können.

Es drohen Versorgungsengpässe. Der Ausbruch dieser
Epidemie fiel in die Erntezeit. Die Felder können jetzt
nicht mehr bestellt werden. Die Versorgung ist unterbro-
chen, weil die Grenzen dicht und die Straßen gesperrt
sind. Nahrungsmittel werden knapp. Die Preise steigen.
Der Handel funktioniert nicht mehr.

Es gibt auch soziale Auswirkungen dieser Ebolaepi-
demie, die wir noch gar nicht ganz absehen können. Es
ist eine Reihe von Haushalten unter Quarantäne gestellt.
Die Schulen sind geschlossen. Das Fußballspielen ist
den Kindern aus Sorge vor Ansteckung verboten, wie
wir heute Morgen im Ausschuss erfahren haben. Kranke
drohen stigmatisiert zu werden. Viele Frauen bleiben auf
sich allein gestellt. Viele Kinder werden zu Waisen.

Die wirtschaftlichen und die sozialen Auswirkungen
werden die betroffenen Länder noch lange spüren. Damit
werden nicht nur die Erfolge unserer Entwicklungszu-
sammenarbeit, die wir mühsam erreicht haben, wieder
gefährdet, sondern es droht auch neues Konfliktpoten-
zial in einer ohnehin fragilen Region. Deshalb dürfen
wir uns nicht abwenden von dieser Krise, sondern wir
müssen uns hinwenden zur Bevölkerung. Wir dürfen sie
nicht im Stich lassen. Wir müssen das Virus isolieren,
nicht die betroffenen Länder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eine gute Nachricht ist, dass ein Übergreifen auf wei-
tere Nachbarstaaten bislang weitgehend verhindert wer-
den konnte. In Nigeria und im Senegal gibt es derzeit
keine Neuinfektionen. Ein zweiter Ausbruch von Ebola
in der Demokratischen Republik Kongo konnte einge-
dämmt werden. Er stand aber auch nicht im Zusammen-
hang mit der Epidemie in Westafrika. Es ist sehr deutlich
geworden, dass es sich hier nicht um ein Problem einzel-
ner Länder handelt. Vielmehr stehen wir vor der Frage,
inwieweit die regionale bzw. sogar die globale Stabilität
gefährdet ist. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
hat festgestellt, dass die Epidemie eine Bedrohung für
den Weltfrieden und die internationale Sicherheit
darstellt. Sie ist eine Herausforderung für die gesamte
internationale Gemeinschaft. Wir müssen unsere An-
strengungen eng koordinieren. Deshalb begrüßt die Bun-





Parl. Staatssekretär Thomas Silberhorn


(A) (C)



(D)(B)

desregierung, dass die Vereinten Nationen am Samstag
eine Sondermission eingerichtet haben als Antwort auf
den Ebolanotfall, nämlich die United Nations Mission
for Ebola Emergency Response. Erste Vorausteams sind
vorgestern in der Region angekommen.

Wir haben uns mit unseren europäischen Partnern da-
rauf verständigt, dass die Europäische Union 170 Millio-
nen Euro bereitstellt, um diese Ebolaepidemie zu be-
kämpfen. Der deutsche Anteil daran beträgt etwa
20 Prozent. Wir leisten zudem einen nationalen Beitrag
mit den Fähigkeiten, die wir zur Verfügung stellen kön-
nen. Das Auswärtige Amt unterstützt Hilfsorganisatio-
nen, die vor Ort humanitäre Nothilfe leisten können. Das
Gesundheitsministerium unterstützt deutsche Forschungs-
institute, die bei der Diagnostik und der Ausbildung von
Fachpersonal vor Ort helfen. Das Verteidigungsministe-
rium beteiligt sich am Aufbau einer Luftbrücke und stellt
medizinische Hilfe bereit, ebenso wie das Innenministe-
rium. Ich finde, es ist ein bemerkenswertes Zeichen, dass
sich bei der Bundeswehr innerhalb von 24 Stunden Hun-
derte Freiwillige gemeldet haben, die an der Ebolabekämp-
fung mitwirken wollen. Es melden sich täglich mehr.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist ein beeindruckendes Signal von Hilfsbereitschaft
und praktizierter Nächstenliebe. Wir alle wissen, dass
dieser Einsatz mit Risiken verbunden ist. Deswegen
möchte ich allen, die hier helfen, unsere Hochachtung
und unseren Dank aussprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich beziehe in diesen Dank ausdrücklich die vielen Hel-
ferinnen und Helfer von Rettungsorganisationen ein, wie
dem Deutschen Roten Kreuz, Caritas und insbesondere
Ärzte ohne Grenzen, deren Experten bis zur Erschöp-
fung arbeiten, um vor Ort Menschenleben zu retten. Vie-
len Dank für dieses Engagement!


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Auch das Entwicklungsministerium trägt mit seinen
Instrumenten dazu bei, diese Epidemie zu bewältigen.
Wir unterstützen den Krisenplan der Weltgesundheits-
organisation mit 10 Millionen Euro. Diese Mittel werden
eingesetzt, um die Bevölkerung über die Krankheit und
die Ansteckungsgefahren aufzuklären, um Ärzte und
Pflegepersonal weiterzubilden, um zusätzliche Behand-
lungsstationen für Ebolapatienten aufzubauen sowie um
Schutzmaterial und Medikamente zu beschaffen. Wir be-
mühen uns, wo immer es möglich ist, in unseren laufen-
den Vorhaben vor Ort Mittel so einzusetzen, dass wir
helfen können. Wir unterstützen auf diesem Weg unter
anderem Ärzte ohne Grenzen.

Ich verhehle nicht, dass wir mit den Partnerstruktu-
ren, die wir vor Ort haben, und den Netzwerken zu loka-
len Experten und Hilfsorganisationen durchaus noch
mehr tun könnten. Wir sind zusammen mit unseren Part-
nern durchaus in der Lage, weitere 30 Millionen bis
35 Millionen Euro zügig und wirksam zu verwenden.
Aber es wird Sie nicht überraschen, dass diese Mittel im
Haushaltsentwurf noch nicht eingestellt sind; denn die-
ser stammt aus dem Sommer. Was überplanmäßig mög-
lich ist, müssen wir im Kreis der beteiligten Ressorts be-
sprechen und mit dem Deutschen Bundestag verhandeln.

Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit kön-
nen wir jetzt unsere Erfahrungen und Strukturen nutzen,
um schnell und wirksam zu helfen, denn jetzt geht es da-
rum, Leben zu retten. Aber wir müssen auch jetzt schon
überlegen, wie es danach weitergeht. Wir müssen jetzt
schon die betroffenen Länder dabei unterstützen, die
Folgen der Krise zu überwinden und Strukturen zu
schaffen, die die nächste Katastrophe vermeiden helfen.

Das Entwicklungsministerium investiert jedes Jahr
700 Millionen Euro in den Aufbau von leistungsfähigen
Gesundheitssystemen. Diese Krise um Ebola zeigt, wie
wichtig und überlebensnotwendig das ist; denn in den
betroffenen Ländern fehlt es an funktionierenden Ge-
sundheitsstrukturen, und es fehlt auch an Vertrauen in
öffentliche Einrichtungen.

Wir wollen einen Beitrag leisten, in Liberia, Guinea
und Sierra Leone jetzt diese Krise zu überwinden, aber
wir wollen auch einen Beitrag leisten, damit solche Kri-
sen künftig gar nicht erst entstehen. Wir wollen mit den
Instrumenten der Entwicklungszusammenarbeit Struktu-
ren schaffen, damit Vertrauen wieder wachsen kann und
damit nachhaltige Entwicklung gelingt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805321600

Vielen Dank, Herr Kollege Silberhorn. – Nächste

Rednerin in der Debatte ist Kordula Schulz-Asche für
Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Seit nunmehr einem halben Jahr wütet das Ebo-
lavirus in Westafrika. Wir kommen gerade von dem ge-
meinsamen Gespräch mit Dr. Sambo, dem Regionaldi-
rektor für Afrika der Weltgesundheitsorganisation, der
uns nicht nur eindringlich geschildert hat, wie in den be-
troffenen Ländern die Situation ist, sondern auch zum
wiederholten Male an Deutschland den Appell gerichtet
hat, Hilfe zu leisten.

Bereits am 8. August, also vor sechs Wochen, stufte
die Weltgesundheitsorganisation die Ebolaepidemie als
internationalen Gesundheitsnotfall ein, und spätestens ab
da an war klar: Die betroffenen Länder können den Aus-
bruch mit ihren vorhandenen Mitteln und den personel-
len Ressourcen nicht mehr alleine stoppen. Was es
braucht, ist eine massive Unterstützung von außen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)






Kordula Schulz-Asche


(A) (C)



(D)(B)

Doch es vergingen verheerende Wochen, in der die inter-
nationale Gemeinschaft weitgehend untätig blieb. Auch
Deutschland überhörte diese Hilferufe fahrlässig.

Der Antrag, den uns die Regierungsfraktionen heute
vorgelegt haben, zeigt: Sie haben das Problem immer
noch nicht verstanden. Sie bleiben vage, Sie prüfen; aber
darum geht es nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wenn man sich Ihren Antrag und das, was Sie vorhaben,
anschaut, dann stellt sich für mich die Frage: Wo in Ih-
rem Antrag steht das Personal, das so dringend von die-
sen Ländern angefordert wird?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Das Einzige, was wir bisher wissen, ist, dass seit
Montag Frau von der Leyen sozusagen persönlich Frei-
willige anwirbt. Aber wo steht in Ihrem Antrag, wer sich
um diese Freiwilligen kümmert, wer sie auswählt, wer
schaut, wer geeignet ist, und wie diese Leute betreut
werden, von denen Sie andauernd reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Nichts dazu steht in Ihrem Antrag. Das ist ein Zeichen
dafür, dass Sie einfach nicht zusammenarbeiten. Jeder
macht seins. Jeder Gesundheitsdezernent in einer deut-
schen Kommune weiß, was im Falle einer Epidemie not-
wendig ist: erstens sofortiges Handeln – Sie haben ein
halbes Jahr gewartet – und zweitens koordiniertes Han-
deln. Da sind Sie immer noch nicht angekommen. Ihr
Antrag ist dafür der Beweis.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Da muss erst ein alarmierender Brandbrief der liberia-
nischen Präsidentin an Frau Merkel kommen, damit das
monatelange Vorsichhinwurtschteln in den Ministerien
endlich mit dem Staatssekretärstreffen vom letzten
Freitag beendet wird. Wenn man sich dann den Antrag
anschaut, stellt man fest, dass das bestenfalls verbal der
Fall ist.


(Johannes Selle [CDU/CSU]: Anträge sind immer verbal!)


Schauen wir uns den Antrag an: Ankündigungen, nichts
Konkretes, keine Geldsummen, keine konkreten Forde-
rungen oder Beschreibungen, wer konkret was über-
nimmt. Es ist keine Systematik zu erkennen, es ist kein
Konzept zu erkennen, wie die Epidemie gestoppt werden
kann. Das können wir nicht länger zulassen. Deswegen
möchte ich jetzt sagen, was aus meiner Sicht konkret zu
tun ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, natürlich muss mit der
Weltgesundheitsorganisation, mit der EU und auch mit
der von der UN für den Ebolanotfall eingerichteten Mis-
sion kooperiert werden. Aber die Frage ist doch: Was
können wir in Deutschland tun, um endlich ein gemein-
sames, koordiniertes Vorgehen der verschiedenen Minis-
terien hinzubekommen? Erst am letzten Freitag, am
19. September, hat das erste Treffen auf Ebene der
Staatssekretäre stattgefunden, und seitdem warten die
Nichtregierungsorganisationen, aber auch die staatlichen
und die staatsnahen Organisationen darauf, zu erfahren,
was von ihnen jetzt eigentlich erwartet wird. Das geht
doch so nicht weiter. Das ist doch ein Zeichen dafür,
dass Sie offensichtlich überfordert sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Sie hätten längst, seit Wochen, eine Liste mit den lo-
gistischen und technischen Kapazitäten, die in Deutsch-
land vorhanden sind, zum Beispiel beim Technischen
Hilfswerk, fertigstellen können. Sie hätten längst ermit-
teln können, wo qualifiziertes Personal im Bereich der
Seuchenbekämpfung in Deutschland vorhanden ist – in
den zehn spezialisierten Zentren, aber natürlich auch in
den Gesundheitsämtern – und wer sich für Hilfseinsätze
zur Verfügung stellen würde. Wo ist die entsprechende
Liste? Längst hätte gefragt werden können, welche in
Entwicklungsländern erfahrenen und mit den dortigen
Krankheiten vertrauten Ärzte, Krankenpfleger und La-
boranten für Einsätze freiwillig zur Verfügung stehen.
Viele von ihnen arbeiten in Nichtregierungsorganisatio-
nen. Ich denke an die Experten der GIZ, des ehemaligen
DED. In diesem Bereich gibt es sehr viele versierte
Kräfte. Es gibt natürlich auch versierte Kräfte in der
Bundeswehr; das bestreite ich gar nicht. Aber warum ha-
ben wir keine Liste, aus der hervorgeht, welche Personen
bereit sind, nach Afrika entsandt zu werden?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Seit Wochen weist das DRK darauf hin – und zwar
völlig zu Recht –, dass man, wenn man Freiwillige an-
wirbt, ihnen für den Infektionsfall auch eine Rückholga-
rantie geben muss. Daran arbeiten wir jetzt. Das Pro-
blem, dass die weltweiten Kapazitäten nicht ausreichen,
ist seit Monaten bekannt. Nichts haben Sie getan.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805321700

Frau Kollegin.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zum Schluss. Wir brauchen dringend Ge-
sundheitspersonal, nicht nur zur Bekämpfung von Ebola,
sondern auch im Kampf gegen Malaria, Durchfall und
andere Krankheiten. Ich kenne bisher keine Antwort der
Bundesregierung darauf. Wir hören, dass in Liberia be-
reits eine Hungersnot ausgebrochen ist; darüber wird
bereits seit Wochen gesprochen. Ich finde in Ihrem Ent-
schließungsantrag keine Antwort auf die damit verbun-
denen Fragen.

Wir wissen, dass wir diese Epidemie nur eindämmen
können, wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten. Ich
fordere die Regierung auf: Machen Sie endlich etwas!
Versuchen Sie, es auf die Reihe zu bekommen, zu koor-





Kordula Schulz-Asche


(A) (C)



(D)(B)

dinieren! Wir sind dabei; wir helfen Ihnen gerne. Aber
bisher fehlen uns alle entscheidenden Antworten, die
den Menschen vor Ort wirklich helfen würden.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805321800

Danke, Frau Kollegin Schulz-Asche. – Jetzt spricht

die Abgeordnete Michaela Engelmeier.


Michaela Engelmeier (SPD):
Rede ID: ID1805321900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Schulz-Asche, Sie haben gerade in Ihrer Aufzäh-
lung all der Dinge, die man nicht gemacht hat, verges-
sen, dass es seit Mitte Juli einen Krisenstab im Auswärti-
gen Amt gibt, und dieser Krisenstab arbeitet sehr wohl.
Die Schärfe in dieser Debatte verstehe ich nicht ganz;
denn so richtig getrieben von der Opposition werden wir
bei unseren Maßnahmen nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir stehen heute hier, weil wir uns mit der Hilfe aus
Deutschland zur Bekämpfung der Ebolaepidemie befas-
sen. Es handelt sich um eine Katastrophe, die außer Kon-
trolle zu geraten droht und deren Folgen kaum absehbar
sind. Dieses Problem wird sich nicht alleine lösen; viel-
mehr wird sich diese Epidemie vermutlich auf weitere
Länder ausdehnen. Unsere Hilfe ist also gefragt, gefrag-
ter denn je. Bisher sind besonders Liberia, Guinea und
Sierra Leone betroffen. Die Nachbarländer schotten sich
ab, um ihrerseits eine Verbreitung der meist tödlich ver-
laufenden Krankheit zu verhindern. Das Dramatische an
der Problemlage der Ebolaepidemie ist, dass sich keines-
wegs, wie in der Vergangenheit, eine Abschwächung der
Krankheit im Laufe der Zeit ergibt. Ganz im Gegenteil:
Die Lage der Menschen, besonders der Kinder, ist un-
verändert dramatisch; der Radius erweitert sich.

Ebola hat besonders das Leben von Kindern radikal
verändert. Die Schulen sind geschlossen – wegen der
Gefahr der Ansteckung und weil auch Lehrkräfte ihre
Dörfer nicht mehr verlassen, die Schulen für andere
Zwecke genutzt werden. Angst und Misstrauen bringen
das öffentliche Leben zum Erliegen. Die Versorgung mit
Lebensmitteln ist nicht mehr gewährleistet.

Wie kann man helfen, damit die Kinder in Westafrika
nicht ihrer Zukunft beraubt werden? Kinder, deren El-
tern an dem Ebolavirus gestorben sind, bleiben allein zu-
rück. Die Waisen werden von anderen Familien aus
Angst vor Ansteckung zurückgewiesen, oft aus den Dör-
fern verjagt. Sie sind sich selbst überlassen und schutz-
los der veränderten Lebenslage ausgeliefert. Kinder
müssen Orte finden, wenn die Dorfgemeinschaften nicht
mehr funktionieren. Hier müssen wir mit unseren Part-
nerorganisationen nach Hilfen für die Kinder suchen.
Hier müssen wir unsere Partnerorganisationen unterstüt-
zen, die sich der Kinder annehmen und ihnen eine Zu-
flucht bieten.
Wir brauchen auch Unterstützung für die Familien. Es
gibt kaum Familien, die nicht betroffen sind. Entweder
fallen Frauen durch eigene Erkrankung als Versorgerin-
nen für die Familien aus, oder sie müssen dem Sterben
ihrer Kinder ohnmächtig zusehen. Wie geht es einer
Mutter, die all ihr Geld zusammennimmt, um den er-
krankten Sohn in ein Krankenhaus zu bringen? Sie weiß,
dass ihr Kind eine Krankheit hat, die viele haben und die
meist tödlich verläuft. Am Krankenhaus steht sie vor
verschlossenen Türen; sie findet keinen Einlass, weil es
auf der Isolierstation keine Kapazitäten mehr gibt. Sie ist
hoffnungslos ausgeliefert, dem Sterben ihres Sohnes zu-
zusehen. – Viele Erkrankte werden von den Behand-
lungszentren wegen mangelnder Kapazitäten abgewie-
sen, und nicht selten sterben sie auf dem Heimweg
zurück in ihre Dörfer. Es trifft keinen eine Schuld, weder
die verzweifelten Mütter noch die Menschen, die am
Krankenhaustor die Aufnahme verweigern.

Ärzte ohne Grenzen und andere Hilfsorganisationen
haben Behandlungszentren aufgebaut, die eine gute Ebo-
laversorgung bieten; aber die Zahl der Erkrankten über-
steigt die Kapazität der bisherigen Hilfe bei weitem.
Viele Regelkrankenhäuser haben wegen Personalman-
gels geschlossen. Die Behandlung regulärer Erkrankun-
gen wie Blinddarmentzündung und Malaria sowie die
Schwangerenvorsorge finden nicht mehr statt. Daher
muss genau hier unsere Hilfe ansetzen.

Es stellt sich für uns nicht die Frage, ob, sondern eher,
wie wir helfen, und zwar langfristig. Wir benötigen In-
formationsverbreitung betreffend einfache Hygiene-
regeln zur Vermeidung von Ansteckung innerhalb der
Familien. Wir benötigen die Entsendung von medizini-
schen Helfern und ärztlichem Fachpersonal, die auch vor
Ort Pflegepersonal ausbilden und begleiten. Wir benöti-
gen Aufnahmestationen für Kinder, die durch Ebola zu
Waisen wurden. Wir benötigen Finanzen, Ausrüstungen,
mobile Labore und logistische Unterstützung für die
Versorgung mit Medikamenten und Lebensmitteln. Wir
benötigen Schutzkleidung, nicht nur für medizinisches
Personal, sondern auch für Angehörige, die Kranke zu
Hause versorgen. Wir benötigen Unmengen von Des-
infektionsmitteln für die häusliche Versorgung. Und:
Diese Hilfe brauchen wir sofort.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805322000

Vielen Dank, Frau Kollegin Engelmeier. – Nächster

Redner in der Debatte ist Uwe Kekeritz für Bündnis 90/
Die Grünen.


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805322100

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Vor ein paar Tagen hat die Präsidentin Liberias einen
Hilfsappell an die Kanzlerin geschickt. Man könnte fast
den Eindruck gewinnen, dass das die Ursache dafür ist,
dass die Regierung jetzt so langsam in die Puschen ge-
kommen ist und aktiv wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Uwe Kekeritz


(A) (C)



(D)

Allerdings muss ich sagen: Es ist ein Irrtum, zu glauben,
dass so ein Brief diese Regierung in Bewegung setzt.


(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Diese Regierung reagiert doch erst, wenn auf internatio-
naler Ebene ein Nichtreagieren einfach nicht mehr tole-
riert würde. Man wartet immer auf die USA, und wenn
die USA reagieren, dann zieht man langsam nach.

Frau Engelmeier, Sie haben uns gerade erklärt: Seit
Juli gibt es einen Krisenstab. – Das macht es aber noch
schlimmer.


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das stimmt!)


Wir warten seit Monaten darauf, dass etwas passiert.
Was hat denn der Krisenstab in den letzten zehn Wochen
gemacht? Auf was hat er eigentlich gewartet? Das Blät-
terrauschen des Aktionismus hier hilft überhaupt nicht.
Auch heute – darüber müssen wir uns im Klaren sein –
geht es noch nicht um konkrete Taten. Auch heute noch,
nachdem wir seit zehn Wochen einen Krisenstab haben,
gibt es nur Ankündigungen. Wer glaubt, dass das ausrei-
chend ist, der hat sich geirrt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wir wissen, dass Ebolaausbrüche heutzutage über-
haupt nicht mehr zur Katastrophe werden müssen. Das
war vielleicht noch vor 40 Jahren der Fall; heute ist es
nicht mehr der Fall. In Uganda und Ruanda gab es in den
letzten Jahren permanent solche Ausbrüche. Es war
überhaupt kein Problem, diese einzudämmen. Sogar der
Senegal ist von dieser Krise direkt betroffen gewesen.
Aber auch dieses Land war in der Lage, den Ausbruch
einzudämmen. Warum? Weil es funktionierende Ge-
sundheitssysteme gibt.

Staatssekretär Silberhorn hat gerade noch gesagt,
diese Regierung tue sehr viel für diesen Bereich, sie
stelle 700 Millionen Euro jährlich für den Aufbau von
Gesundheitssystemen zur Verfügung. Das freut mich ja.
Ich muss mich allerdings fragen: Warum habe ich davon
nichts gemerkt? Ich möchte einmal aufgeschlüsselt ha-
ben, wo diese 700 Millionen Euro zu finden sind. In dem
Unterausschuss „Gesundheit in Entwicklungsländern“
haben wir vier Jahre lang über diese Thematik diskutiert;
aber von 700 Millionen Euro speziell für den Aufbau
von Gesundheitssystemen ist uns nichts bekannt gewor-
den.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist schön, dass der Gesundheitsminister jetzt da ist.
Man könnte glauben, dass auch er nun aktiv wird.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805322200

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder

-bemerkung von Frau Pfeiffer?


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805322300

Selbstverständlich.

Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805322400

Frau Pfeiffer, bitte.


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1805322500

Herr Kollege Kekeritz, wollen Sie hier allen Ernstes

behaupten, dass, wenn Sie an der Regierung wären, jetzt
Gesundheitssysteme zum Beispiel in Liberia oder im Se-
negal aufgebaut worden wären, ohne dass es eine An-
frage von den dortigen Regierungen gegeben hätte? Wä-
ren Sie einfach dahin gefahren und hätten gesagt: „So,
Freunde, ihr habt noch kein Gesundheitssystem; wir
bauen das jetzt für euch auf“? Das ist keine moderne
Entwicklungspolitik. Moderne Entwicklungspolitik heißt,
die Bedürfnisse und Prioritäten der Länder zu berück-
sichtigen und die Länder mit in die Verantwortung zu
nehmen.


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805322600

Frau Kollegin Pfeiffer, herzlichen Dank für die Frage.

Ich muss mich allerdings wundern: Wenn das die Frage
ist, die Sie nach meinen Ausführungen haben, dann
stelle ich fest, dass Sie meinen Beitrag nicht verstanden
haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Lassen Sie mich noch kurz in Bezug auf den Gesund-
heitsminister sagen:


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: War das schon Ihre Antwort?)


Aktiv geworden ist er vermutlich nicht; ich habe es je-
denfalls nicht gemerkt. Er beruft sich auf eine Hoch-
glanzbroschüre, die aber nicht von ihm, sondern von sei-
nem Vorgänger stammt. Darin steht:

Das Ziel des universellen Zugangs zu Gesundheits-
versorgung kann nur dann erreicht werden, wenn
nationale Gesundheitssysteme ihre Dienstleistun-
gen kompetent, effektiv, effizient und für alle glei-
chermaßen zugänglich anbieten.

Jetzt kommt es:

Daher ist der zentrale Förderansatz der deutschen
Entwicklungspolitik die Stärkung der nationalen
Gesundheitssysteme.

Ich freue mich, dass der Gesundheitsminister diese
Erkenntnis hat. Jetzt wäre es ganz wichtig, dass diese Er-
kenntnis auch noch bis zum Entwicklungsministerium
durchdringt. Dann, glaube ich, könnte man in Zukunft
solche Krisen vermeiden.

Ich bedanke mich bei Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805322700

Vielen Dank, Herr Kollege Kekeritz. – Nächster Red-

ner in der Debatte Dr. Georg Kippels für die CDU/CSU-
Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(B)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Georg Kippels (CDU):
Rede ID: ID1805322800

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und

Kollegen! Eine Welt – wir leben alle in einer Welt. Geo-
grafische Entfernungen haben sich im Zeitalter der Glo-
balisierung und der Mobilität relativiert. Zwar liegt
Westafrika immer noch 8 000 Kilometer entfernt; trotz-
dem findet die Katastrophe vor unserer Haustür statt.
Man kann es fast körperlich spüren. Das hat auch der
Weltsicherheitsrat mit seiner Resolution vom 18. Sep-
tember deutlich gemacht. Er bezeichnete den Ebola-
ausbruch zu Recht als „Gefahr für Frieden und Sicher-
heit der Welt“. Denn Seuchen erschüttern auch heute
noch die Staatssysteme in ihren Grundfesten, und das
gilt grundsätzlich auch für den Westen.

Westafrika war vor 20 Jahren weit weg von unserer
Lebenswirklichkeit. Heute stellt die dortige Lage eine
Herausforderung für die westliche Zivilisation dar, auch
deshalb, weil solche Szenarien nicht einfach virtuell
durchgespielt werden können. Die Lage erfordert unsere
Solidarität und unseren Einsatz: personell, materiell,
wissenschaftlich und organisatorisch. Die Triebfeder des
Handelns muss der Respekt vor dem Individuum sein
und nicht nur die Angst vor der eigenen Betroffenheit
und natürlich erst recht nicht die Anzahl der Opfer.

Am 18. September meldeten die Helfer vor Ort noch
2 622 Tote, bis heute waren es laut Mitteilung der WHO
bereits 2 847. Bis zum 18. September waren es 5 335 In-
fizierte, bis heute 5 880. Diese Zahlen steigen fast stünd-
lich und benennen nur die registrierten Fälle. Die Anzahl
der namenlosen Opfer wird wahrscheinlich das Drei-
oder Vierfache betragen. Prognosen von 20 000 Infizier-
ten bis November stehen im Raum. Die Mortalität liegt
bei 70 Prozent. Die Spirale des Grauens nimmt an Fahrt
zu. Wir haben heute gehört: Ebola ist bisher nicht heil-
bar. Sierra Leone und Liberia sind an einem Punkt, an
dem das Hilfssystem kollabiert und es fast nur noch da-
rum geht, die Ausbreitung der Seuche zu verhindern. In
den 40 Jahren seit seiner Entdeckung hat das Ebolavirus
noch nie so gewütet wie heute. Die Länder drohen staat-
liche Strukturen zu verlieren und im Chaos zu versinken.
Der Ausnahmezustand ist verhängt. Die Menschen miss-
trauen den Helfern, und es ist schon zu Angriffen und
Todesopfern gekommen. Die Bedrohung einer weltwei-
ten Ausbreitung des Virus ist greifbar.

Ebola hat mit Westafrika einige der ärmsten Länder
dieser Welt befallen. Ihre medizinische Infrastruktur ist
bestenfalls als rudimentär zu bezeichnen. Es fehlt an Bil-
dung, an Nahrungsmittelsicherheit und vor allem an
Aufklärung und Prävention im Gesundheitsbereich. In
den Ebolagebieten gehen laut Ärzte ohne Grenzen die
nötigsten Hilfsmittel zur Neige, ja sogar die Seife in den
Krankenhäusern, die dringend benötigt wird. Ebola zerrt
auf furchtbare Weise die staatlichen Defizite ans Tages-
licht, und dies in einer Geschwindigkeit, die die Re-
aktion dramatisch erschwert. Die akute Bedrohung
durch noch nicht ausreichend erforschte Erreger und vor
allen Dingen das latente Fehlen einer vorhandenen Ge-
sundheitsstruktur lassen die Folgen explodieren. Unwis-
senheit in der Diagnose und fehlende Kommunikation
über den Ausbruch der Erkrankung verzögerten vor Mo-
naten die Reaktionsmöglichkeit. Die schlechte Bildungs-
situation der Bevölkerung führt zu irrationalen Reaktio-
nen der Menschen. Man misstraut dem eigenen
Staatssystem und schottet sich ab. Dies verschlimmert
noch die Folgen. Die Hilfe muss daher mit Sofortmaß-
nahmen, aber auch mit langfristigen Strukturprojekten
erfolgen. Schon jetzt muss auch die Zeit nach der Epide-
mie in den Blick kommen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805322900

Herr Dr. Kippels, erlauben Sie eine Zwischenfrage

oder -bemerkung von Frau Schulz-Asche?


Dr. Georg Kippels (CDU):
Rede ID: ID1805323000

Ja. – Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Dr. Kippels, ich möchte Sie fragen, in-
wiefern der Vorstoß von Frau Ministerin von der Leyen
am Montag im Morgenmagazin mit dem Aufruf an Frei-
willige mit dem Krisenstab abgestimmt war. Wenn das
der Fall ist: Wer ist das federführende Ministerium, und
welche Kriterien sind für die Auswahl und die Betreu-
ung dieser Freiwilligen vorgesehen? Es wäre schön,
wenn Sie mir darauf antworten könnten. Wie Sie wissen,
habe ich über zwölf Jahre im Gesundheitswesen in
Afrika gearbeitet. Von daher interessiert mich, was hier
geplant ist und welche Freiwilligen dorthin entsendet
werden. Danke schön.


Dr. Georg Kippels (CDU):
Rede ID: ID1805323100

Ich werde im Laufe meines Vortrags noch darauf ein-

gehen. Zunächst einmal müssen wir unterscheiden, ob
wir Sofortmaßnahmen in Form von personeller Leistung
für die Organisation der Lazarette bzw. der Unterbrin-
gungsmöglichkeiten benötigen, also im logistischen Be-
reich, oder im medizinischen Bereich. Wie Sie sicher
wissen, hat auch die Bundeswehr gut geschulte Versor-
gungskräfte, Pflegekräfte und Ärzte. Das alles muss
letztendlich koordiniert werden. Der Aufruf war nur da-
für vorgesehen, überhaupt notwendiges Personal aus
dem Freiwilligenbereich zu generieren und die Bereit-
schaft dafür herzustellen, dass sich die Bevölkerung be-
teiligt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Kordula SchulzAsche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War das mit dem Krisenstab abgestimmt?)


– Ob das mit dem Krisenstab abgestimmt ist, kann ich
Ihnen nicht beantworten, Frau Kollegin.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich gehe davon aus, dass es nicht abgestimmt war!)


An dieser Stelle sind Deutschland, aber auch die Eu-
ropäische Gemeinschaft und vor allen Dingen und an
erster Stelle die WHO gefordert, die sich in ihrem Vorge-
hen intensiv vernetzen müssen. Federführend muss aller-
dings die WHO sein. Mit der Bereitstellung der Sofort-
mittel des AA, des BMZ und auch der Europäischen
Union ist jedenfalls ein wichtiger Schritt gemacht. Ele-





Dr. Georg Kippels


(A) (C)



(D)(B)

mentare Bausteine der weiteren Maßnahmen sind die
Lösung der logistischen Anforderung, vor allen Dingen
die Sicherstellung ausreichenden Fachpersonals zur Um-
setzung der Patientenbetreuung, die Diagnostik, die Ein-
schätzung der Gefährdungslage und auch die Kontrolle
der Infektionsherde durch ordnungsgemäße Bestattung
der Toten und Desinfektion von Gegenständen, vor allen
Dingen Fahrzeugen. Dies alles funktioniert aber nur im
Zusammenwirken mit den staatlichen Institutionen und
mit der Akzeptanz der betroffenen Regierungen. Hilfe
setzt aber auch Vertrauen in den eigenen Staat, die aus-
ländischen Helfer und die westlichen Behandlungsme-
thoden voraus. Dieses Vertrauen zu gewinnen, ist ein
wichtiger Aspekt im Kampf gegen die Ebolaepidemie.

Bei dieser Mammutaufgabe dürfen wir aber auch
nicht vergessen, dass wir eine besondere Verantwortung
für die freiwilligen Helfer haben, denen wir im Infek-
tionsfall unverzügliche und effektive Hilfe garantieren
müssen. Es stellt sich heute für uns die Frage, was wir
weiter leisten können und müssen, um der Epidemie
Einhalt zu gebieten. Zu den Leistungen gehören die fi-
nanzielle Nothilfe, die Hilfe bei der Logistik, die Bereit-
stellung freiwilliger Helfer, die Gewährleistung der Si-
cherheit der freiwilligen Helfer im Infektionsfall – sie
müssen von der deutschen Regierung bzw. vom deut-
schen Staat Unterstützung und Schutz erhalten –, die Er-
richtung einer Luftbrücke sowie die Etablierung und der
Ausbau von Gesundheitssystemen, um zukünftige Aus-
brüche schnellstmöglich unter Kontrolle zu bringen. Die
Gesundheitssysteme in diesen Ländern müssen dringend
aufgebaut werden. Wir müssen zum einen gegen Seu-
chen gerüstet sein und uns zum anderen dauerhaft um
die Gesundheit der Bevölkerung in den Entwicklungs-
ländern kümmern.

Die Bundesregierung hat ihre Hilfen kontinuierlich
gesteigert und wird die Hilfsplanung mit ihrem Krisen-
stab intensiv begleiten. Unser Engagement kann durch-
aus einen entscheidenden Beitrag leisten. Aber auch wir
müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir keinen
Masterplan in der Schublade haben, mit dem wir ein
Problem dieser Größenordnung bewältigen könnten.

Auch die Krise nach der Krise darf nicht vergessen
werden. Durch den Ausbruch der Ebolaepidemie wird
das Wirtschaftswachstum enorm gebremst werden. Die
Nahrungsmittelsicherheit ist gefährdet. In Liberia legt
die Epidemie speziell den Reisanbau lahm. Hier müssen
wir dringend den Blick auf den Zeitraum nach der Krise
richten.

Krisen wie die Ebolakrise führen uns zu der Erkennt-
nis, dass sich die Globalisierung auch auf Katastrophen
auswirkt. Daraus müssen wir die richtigen Schlüsse zie-
hen; darauf muss unser künftiges Handeln beruhen. Wir
müssen uns klarmachen, dass globale Gesundheitsvor-
sorge uns alle angeht.

Ich komme zum Schluss. Mein ausdrücklicher Dank
gilt allen Fachleuten und freiwilligen Helfern vor Ort,
vor allen Dingen den Ärzten ohne Grenzen. Sie alle han-
deln selbstlos, mutig und vor allen Dingen ohne Rück-
sicht auf ihr eigenes Leben, das sie mit ihrem täglichen
und unermüdlichen Einsatz in Gefahr bringen. Ihnen ge-
bührt unser Respekt. Wir müssen an dieser Stelle für alle
Stunden, die dort geleistet worden sind, unseren Dank
zollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805323200

Herr Kollege!


Dr. Georg Kippels (CDU):
Rede ID: ID1805323300

Die neue Situation zeigt uns aber auch, dass es nur

mit der Solidarität aller Bürgerinnen und Bürger gelin-
gen wird, dieser Herausforderung gerecht zu werden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805323400

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Kippels. – Nächster

Redner in der Debatte ist Stefan Rebmann für die SPD.


(Beifall bei der SPD)



Stefan Rebmann (SPD):
Rede ID: ID1805323500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter
Herr Kawusu Mansaray aus Sierra Leone und sehr ge-
ehrter Herr Dr. Sambo, Regionaldirektor der WHO für
Afrika, herzlichen Dank, dass Sie unserer Debatte hier
beiwohnen


(Beifall)


und Sie uns heute Morgen im Ausschuss und heute
Mittag so umfassend informiert haben. Ich kann Ihnen
sagen: Das war sehr beeindruckend.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich zitiere auszugs-
weise aus einem Bericht des Journalisten Johannes
Dieterich aus Monrovia vom vergangenen Montag: Ein
junger Mann in blauen Jeans und grünem T-Shirt wälzt
sich auf dem vom Regen nassen Lehmboden vor dem
John-F.-Kennedy-Hospital in Monrovia und stöhnt: „Ich
sterbe.“ Seine Mutter flößt ihm aus einer Plastikflasche
Wasser in den Mund. Das Eisentor zur größten Klinik
des Landes will sich partout nicht öffnen. Mit 68 Patien-
ten ist die für 38 Patienten ausgelegte Ebolastation hoff-
nungslos überfüllt. „Just for Killing“ nennen die Bewoh-
ner Monrovias ihr mit JFK abgekürztes Krankenhaus
sarkastisch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, offiziell – wir ha-
ben es schon gehört – sind über 2 800 Menschen an
Ebola gestorben, darunter zahlreiche Helferinnen und
Helfer, und haben sich mehr als 5 800 Menschen infi-
ziert. Die tatsächliche Zahl dürfte, wie wir wissen, weit
höher liegen. Es wird noch lange dauern, bis wir die Epi-
demie im Griff haben und bekämpft haben. Die Zahl der
Opfer wird weiter steigen. Wie wir vorhin gehört haben,
geht die WHO von einem Bedarf an 59 000 Leichensä-
cken aus.





Stefan Rebmann


(A) (C)



(D)(B)

Den Helferinnen und Helfern, dem Personal, den Me-
dizinern vor Ort von Ärzte ohne Grenzen, von medico
international, von Brot für die Welt und von Caritas, die
sich wirklich bis zur Erschöpfung um die Menschen
kümmern, gilt unser tief empfundener Dank, unser Re-
spekt und unsere Anerkennung.


(Beifall im ganzen Hause)


Die Helfer – das haben wir heute schon ein paarmal ge-
hört – sind leider auch gezwungen, Patienten abzuwei-
sen, weil es an Personal, an Betten, an Equipment, weil
es schlichtweg an allem fehlt.

Es handelt sich bei dieser Epidemie um eine soziale,
wirtschaftliche und humanitäre Katastrophe. Sie betrifft
nicht nur Menschen, die sich angesteckt haben oder sich
noch anstecken werden. Ebola bedroht rund 22 Millio-
nen Menschen in der betroffenen Region direkt oder in-
direkt. Schulen sind geschlossen. Betriebe stehen still. In
der Landwirtschaft wird in der Pflanzzeit nicht ausgesät
und angepflanzt. Staatliche Strukturen kollabieren.
Krankenhäuser werden geschlossen. Der Handel bricht
so ein, dass die Menschen kaum noch an Nahrungsmittel
kommen. Über 1,3 Millionen Menschen droht Hunger.
Die Ausgangssperre, die in Sierra Leone verhängt
wurde, und die Abschottung der Länder machen die
Lage noch schwieriger.

Helfer kommen nicht mehr ins Land. Hilfsmittel hän-
gen zum Teil seit Wochen an Flughäfen oder Landes-
grenzen fest. Deshalb sind unsere Hilfen, die wir zur
Verfügung stellen – diese müssen und wollen wir anpas-
sen –, und die Bereitstellung von Transportkapazitäten
– bis hin zu einer Luftbrücke –, von Material und Perso-
nal so wichtig. Es gibt keine Standardlösung. Das macht
die Aufgabe auch so schwierig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Es brennt in Afrika. Wenn wir diesen Brand nicht lö-
schen, wird es bald zu einem Flächenbrand kommen, der
auch vor Europa nicht haltmachen wird. Wenn es uns
nicht gelingt, diesen Brand zu stoppen, dann ist es nur
eine Frage der Zeit, bis es zu Unruhen, Aufständen und
zum Wiederaufflammen von bewaffneten Konflikten
kommt. Immer mehr Menschen werden flüchten. Es ent-
stehen Wanderungsbewegungen. Wer will es ihnen ver-
denken? Viren lassen sich nicht von Landesgrenzen auf-
halten.

Ich bin froh, dass die Bundesregierung ihre Hilfe für
die betroffenen Länder erheblich aufgestockt hat. Frank-
Walter Steinmeier und Gerd Müller haben die Hilfen für
Westafrika deutlich erhöht. Das ist richtig, und das ist
notwendig. Unser Entschließungsantrag unterstreicht
das.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ein robustes Gesundheitssystem ist gerade in den
Regionen notwendig, in denen Krankheiten wie Ebola,
Malaria, Gelbfieber und andere vernachlässigte Krank-
heiten besonders verbreitet sind. Gute Entwicklungspoli-
tik hat auch und gerade im Gesundheitsbereich einen
präventiven Charakter. Wenn wir ein weiteres Ausbrei-
ten verhindern wollen, dann müssen wir in die Gesund-
heitssysteme der ärmsten Länder investieren, auch über
den Tag hinaus.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das bedeutet auch: Wir müssen Systeme der soziale
Sicherung aufbauen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Gute, nachhaltige Entwicklungspolitik verhindert
Krisen, erschwert Epidemien, verhindert bewaffnete
Konflikte und Flüchtlingsbewegungen. Sie schafft Ge-
sundheit, Arbeit, Einkommen und Zukunft für die Men-
schen, und sie schafft Frieden. Wenn das endlich ver-
standen wird, dann müssen wir uns in Zukunft vielleicht
auch nicht mehr anhören: Die Weltgemeinschaft – und
damit sind auch alle hier Anwesenden gemeint – hat ver-
sagt.

Ich möchte mit einem Zitat aus dem Bericht von
Johannes Dieterich schließen:

Erst Stunden später wird der inzwischen bewe-
gungslos am Boden liegende Kranke … in die Kli-
nik getragen – vermutlich viel zu spät.

Hoffen wir, dass unsere Aktivitäten und unsere Hilfe
nicht zu spät kommen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805323600

Vielen herzlichen Dank, Kollege Rebmann. – Nächs-

ter Redner in der Debatte Charles Huber für die CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Charles M. Huber (CDU):
Rede ID: ID1805323700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich habe gedacht, dass wir in Anbetracht des
Elends anderer von einer parteipolitisch geführten De-
batte hier im Bundestag verschont bleiben. Ich sehe, ich
habe mich getäuscht.

Ich möchte hier nicht im Detail die bereits bekannten
Fakten und Zahlen wiederholen. Nur so viel: Die Bun-
desregierung hat bislang 17 Millionen Euro zur Ebola-
bekämpfung freigegeben. Ob die Gesamtsumme, die die
Weltgemeinschaft zur Verfügung stellt, ausreichen wird,
um der Aufgabe gerecht zu werden, ist schwer einzu-
schätzen. Die Notwendigkeit einer Korrektur, wie sie
Staatssekretär Silberhorn bereits angedeutet hat, ist nicht
von der Hand zu weisen.

Ich möchte hier aber auch nicht unerwähnt lassen,
dass eine Regierung wie die unsere nebst Ausschüssen
und entsprechenden Durchführungsorganisationen eine
Expertise braucht, um handeln zu können.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Charles M. Huber


(A) (C)



(D)(B)

Diese Expertise


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist nicht da!)


hatten wir nicht. Die Frage ist: Wer hat diese Expertise
überhaupt in Bezug auf ein Krisenszenario, für das eine
Seuche der Auslöser ist, und zwar eine Seuche, für die es
bislang kein legitimiertes Gegenmittel gibt?


(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht das Gesundheitsministerium?)


Eigentlich müsste diese aufgrund der Erfahrungen beim
Ausbruch der ersten Ebolaepidemie zumindest teilweise
vorhanden sein.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805323800

Herr Huber, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder

-bemerkung von Herrn Kekeritz?


Charles M. Huber (CDU):
Rede ID: ID1805323900

Auf alle Fälle. Wir lieben uns, Herr Kekeritz und ich.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805324000

Echt?


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Niema Movassat [DIE LINKE]: Das sind Geständnisse!)



Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805324100

Herr Huber, Sie sollten nicht alles verraten. – Ich

muss mich sehr darüber wundern, dass Sie hier die Frage
stellen, wer eine solche Expertise hat. Ich habe vorhin
darauf hingewiesen, dass solche Ausbrüche eigentlich
kein Problem mehr sind.


(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)


In Ruanda, in Uganda, im Senegal, in Nigeria – überall
hat man mit der dortigen Expertise die Problematik ein-
gegrenzt. Und jetzt tun Sie plötzlich so, als wenn diese
Regierung ganz ohne Expertise ist. – Herr Silberhorn,
keine Angst, ich verteidige Sie gegen diesen Angriff. –
Danke schön.


Charles M. Huber (CDU):
Rede ID: ID1805324200

Herr Kekeritz, wenn Sie meinen Ausführungen wei-

terhin zu folgen gewillt sind, werde ich Sie darüber auf-
klären. – Vielen Dank.

Eigentlich müsste diese Expertise aufgrund der Erfah-
rungen beim Ausbruch der ersten Epidemie zumindest
teilweise vorhanden sein. Es tut mir leid, dass meine
afrikanische Höflichkeit es mir nicht versagt, die WHO
in diese Schuldzuweisung einzubeziehen; denn man
muss diese Expertise, wenn man sie schon besitzt, auch
weitergeben. Diese Erfahrungen, die man im Zusam-
menhang mit dem ersten Epidemieszenario gesammelt
hat, beziehen sich vor allen Dingen darauf, wie man das
Verhalten von Menschen in so einer verzweifelten Lage
vor dem Hintergrund soziologischer Phänomene einer
anderen Kultur einschätzen kann und wie Menschen,
welche seit einem längeren Zeitraum in extremer Armut
leben, auf gewisse Vorgehensweisen reagieren, selbst
wenn diese zu deren Hilfe eingeleitet werden.

Ich habe Ärzte ohne Grenzen, deren Arbeit ich sehr
schätze, angeboten, Ärzte bei ihrer Arbeit zu begleiten.
Dies wurde jedoch von der Direktion abgelehnt. Ich
finde das sehr schade. Ein unterstützender Bericht eines
Parlamentariers wäre sicher keine schlechte Sache, zu-
dem mir der Kontinent und das Empfinden der Men-
schen vor Ort nicht unbekannt sind.

Zwei der von Ebola betroffenen Kernländer sind Län-
der, deren Bevölkerung in nicht zu ferner Vergangenheit
mit einem langanhaltenden Bürgerkrieg konfrontiert
war. Dass diese Länder neben den politischen und sozio-
logischen Verwerfungen, unter anderem im Gesund-
heitswesen, schon vor dem Ausbruch der Seuche extrem
schwache Strukturen aufwiesen, ist den meisten bekannt.
Innere Vernunft braucht auch äußere Struktur, und die ist
hier nicht vorhanden. Dieser Hintergrund birgt zusätzli-
che Risiken, was die Sicherheit der Helfer und auch die
der Bevölkerung selbst anbelangt. Herr Movassat, viel-
leicht sind Sie darüber informiert, dass es auch Über-
griffe auf Helfer gab, jüngst mit acht Toten am Freitag in
Guinea. Eine massive und andauernde Aufklärungskam-
pagne der Bevölkerung, egal durch wen, zum Beispiel
durch die WHO, hätte der erste wesentliche Schritt sein
müssen. Ich freue mich daher, dass mein Vorschlag im
Antrag an die Bundesregierung zur Eindämmung der
Ebolaepidemie, die Sicherheitskräfte vor Ort zu unter-
stützen, von der Koalition angenommen wurde, und
danke denjenigen Kollegen, welche diesen aus meiner
Sicht sehr wichtigen Punkt unterstützt haben.


(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Durch wen?)


Es ist nur allzu leicht verständlich, dass jemand, der
um sich herum nur Tod und Verderben erblickt, in der
Regel in Panik gerät. Sie können sich auch sicher vor-
stellen, wie schwierig es dann sein wird, wenn diese
Panik durch Anordnung von Ausgangssperren und Isola-
tionsverordnungen auf eine größere Menge übergreift.
Die Erstellung eines unabhängigen Fonds auf supra-
nationaler Ebene zur Entwicklung von Medikamenten,
welche perspektivisch der Seuchenbekämpfung wie hier
der Ebola dienen, wäre eine große Chance.

Ich war vor ein paar Monaten im Senegal. Senegal ist
ein direktes Nachbarland eines der betroffenen Länder,
genauer gesagt: von Guinea. Am Flughafen hing ein
Schildchen, das dem Schild, dass man keine Flüssigkei-
ten mit sich führen darf, sehr ähnlich war. Aber bei ge-
nauerem Hinschauen habe ich gemerkt, dass es dabei um
eine ganz andere Sache ging, nämlich um hygienische
Maßnahmen zur Vorbeugung von Ebola. Ich habe mich
trotz dieses so besorgniserregenden Hinweises relativ si-
cher gefühlt, vielleicht aus Gewohnheit, da ich dieses
Land gut kenne. Eine Woche später war ich bei einem
Lokalpolitiker zum Essen eingeladen. Wir haben tradi-
tionell aus einem großen Familientopf gegessen. Das
Essen war gut. Danach habe ich mir doch den einen oder





Charles M. Huber


(A) (C)



(D)(B)

anderen Gedanken gemacht, ob die Einhaltung dieser
Tradition, eben des gemeinsamen Essens, in diesem Mo-
ment die richtige Entscheidung war.

Diese Elemente sind ein weiterer schwieriger Faktor,
weil die Menschen sich nur schwer von Traditionen und
Gewohnheiten trennen. Dazu gehört auch in manchen
Ethnien, dass man den Toten selber wäscht und zum Ab-
schied auf die Stirn küsst. Der Gewohnheit entsprechend
ist es meist so, dass man Schwerkranke versteckt, anstatt
sie zum Arzt zu bringen. Zum einen möchte man dem
Sterbenden aus traditionellen Gründen familiäre Nähe
bieten, zum anderen ist in den meisten Ländern das Ver-
trauen in die medizinische Versorgung verständlicher-
weise gering.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805324300

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit.


Charles M. Huber (CDU):
Rede ID: ID1805324400

Ich komme zum Ende. Vielen Dank. – Ich finde es

vorbildlich, dass sich die Bundesregierung auch durch
die Präsenz mutiger Menschen vor Ort engagiert, durch
unsere Bundeswehr, welche mit ihren Sanitätskolonnen
und ihrem Know-how in der ABC-Abwehr-Ausbildung
eine große Expertise hat und einen wichtigen Beitrag zur
Bekämpfung von Ebola erbringen kann. Frau Ministerin
von der Leyen – sie ist leider nicht anwesend –, ich
würde die Bundeswehr gerne bei dem ersten Einsatz be-
gleiten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805324500

Danke, Herr Kollege Huber. – Nächster Redner in der

Debatte Frank Schwabe für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1805324600

Liebe Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und

Kollegen! Stefan Rebmann hat gerade schon ein Bild aus
den Medien in den letzten Tagen beschrieben. Ich weiß
nicht, wie es Ihnen geht. Mir ist das Bild in Erinnerung
geblieben, das ich bei Spiegel Online gesehen habe. Ich
weiß gar nicht, ob das die ursprüngliche Herkunft des
Bildes war. Auf dem Bild war ein kleines Mädchen zu
sehen, vielleicht drei, vier oder fünf Jahre alt, das auf der
Straße lag, ein paar Meter davon entfernt ein Helfer in
Schutzkleidung und 50 bis 100 Meter entfernt eine Men-
schentraube. Dieses Bild hat sich jedenfalls bei mir ein-
geprägt. Das unterstützt noch einmal das, was hier deut-
lich geworden ist: Das große Problem ist am Ende nicht
die Gefährlichkeit des Virus, sondern das Gefährliche
ist, dass es keine funktionierenden Meldesysteme, Qua-
rantänestationen und Ähnliches in den Ländern gibt. Die
internationale Gemeinschaft hätte viel schneller helfen
müssen. Das macht einen in der Tat ein Stück weit wü-
tend, fassungslos, aber auch selbstkritisch bei der Frage,
wie wir eigentlich darauf reagiert haben.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist so – ich will das noch einmal betonen –: Die
Weltgemeinschaft hat versagt, weil sie die Dimension
der Krise nicht schnell genug erkannt hat und nicht
schnell genug reagiert hat. – Es bringt aber nichts, ein-
seitige Schuldzuweisungen vorzunehmen; versagt hat ja
nicht Deutschland allein – wo man vielleicht auch
schneller hätte reagieren können –, sondern in der Tat
die gesamte Weltgemeinschaft. Wir müssen alles tun, um
jetzt in der Krise so schnell wie möglich zu helfen. Wir
müssen diese Krise gleichzeitig nutzen, um zu verste-
hen: Was ist da eigentlich passiert, und wie können wir
in zukünftigen Krisen schneller reagieren?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805324700

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder

-bemerkung von Herrn Meiwald?


Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1805324800

Ja.


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805324900

Vielen Dank, Herr Kollege Schwabe. Ich bin sehr

dankbar für die selbstkritischen Worte. Die Frage, die
sich für mich noch anschließt, ist aber: In all den Kon-
zepten, all den Anfragen vermisse ich bisher ähnliche
präventive Gedanken, auch für die Nachbarländer der
drei hauptbetroffenen Staaten. Ist daran gedacht – damit
wir uns in vier Wochen nicht wieder vorwerfen müssen,
dass wir zu spät sind –, in den Ländern Togo, Ghana,
Burkina Faso, Senegal im Bereich Quarantäneeinrich-
tungen, zum Beispiel im Bereich „präventive Ausbil-
dung von Personal“, jetzt schon tätig zu werden?


Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1805325000

Ich nehme einmal an, dass daran gedacht ist; ich kann

es Ihnen im Detail nicht sagen. Ich sage nur, dass auch
wir in Deutschland angewiesen sind auf das, was die
WHO – sie ist dafür zunächst einmal zuständig – uns an
Empfehlungen gibt. Ich kann – das ist bei Herrn Huber
gerade ein bisschen angeklungen – auch nicht helfen, zu
sagen: Da muss auch eine gewisse kritische Auseinan-
dersetzung mit der Politik der Weltgesundheitsorganisa-
tion stattfinden. Ich war letzte Woche in Genf. Auf den
Fluren wird geraunt, dass es auch etwas damit zu tun ha-
ben könnte, dass bei der Vogelgrippe 2005 aus heutiger
Sicht möglicherweise zu stark alarmiert wurde, hohe
Kosten entstanden sind. Vielleicht war deswegen jetzt
eine Neigung da, nicht zu früh zu alarmieren. Insofern
wäre die Beantwortung Ihrer Frage: Wir müssen uns ver-
lassen auf das, was die Weltgesundheitsorganisation
macht. Nach dem, was ich höre, gibt es auch ein Kon-
zept dafür, wie man mit den Nachbarländern umgeht; je-
denfalls sind wir uns, glaube ich, darin einig, dass das





Frank Schwabe


(A) (C)



(D)(B)

dringend notwendig ist und dass wir das hier auch ge-
meinsam fordern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen ganz zweifellos sauber analysieren, was
bei der Weltgesundheitsorganisation passiert ist und was
da nicht passiert ist. Das hat natürlich etwas zu tun mit
der Vielzahl der humanitären Krisen. Ich will wirklich
verstehen: Was ist da passiert, welche Alarmmechanis-
men haben nicht entsprechend funktioniert? Wie funk-
tioniert das Zusammenspiel zwischen der WHO und den
Institutionen, die wir in der Bundesrepublik Deutschland
und in der Europäischen Union haben?

Wir haben in den letzten Wochen hier sehr intensiv
über Waffenlieferungen diskutiert. Ich will auch an die-
ser Stelle noch einmal sagen – ich habe das schon ange-
sichts der Nordirak-Debatte gesagt, in der ich mich für
die Waffenlieferungen ausgesprochen habe –: Wir haben
manchmal eine Neigung, sehr engagiert über militäri-
sche Einsätze zu diskutieren, verglichen damit aber eine
fehlende Neigung, über humanitäre Hilfe zu diskutieren,
weil das vielleicht irgendwie weniger spannend ist für
die Öffentlichkeit; ich weiß es nicht. Das steht aber in
keinem Verhältnis zu der Chance, Menschen auf dieser
Welt zu helfen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Da muss sich in den nächsten Monaten und Jahren etwas
ändern. Wir haben jetzt ein Hilfsniveau erreicht, das im-
mer noch nicht ausreichend ist; aber ich glaube, wir sind
uns jetzt einig: Die Weltgemeinschaft reagiert jetzt der
Krise entsprechend angemessen. Ich will mich dem Dank
natürlich anschließen, auch dem Dank an die 500 Frei-
willigen – wahrscheinlich sind es während der Debatte
schon wieder mehr geworden –, die sich gemeldet ha-
ben, will allerdings auch ausdrücklich sagen: Aus mei-
ner Sicht muss sich das nicht auf die Bundeswehr be-
schränken – so habe ich es aber auch nicht verstanden –,
sondern ein gemeinsames Nachdenken darüber, wie
auch andere Freiwillige bewegt werden können, mitzu-
helfen, das macht, glaube ich, Sinn, liebe Kolleginnen
und Kollegen.


(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn da die Federführung bei dem Vorgehen?)


Ich will noch einmal ausdrücklich den vielen Hilfsorga-
nisationen danken, die alle genannt worden sind, vorne-
weg natürlich den Ärzten ohne Grenzen. Sie haben eine
gewisse Kritik geübt, auch an der Bundesrepublik Deutsch-
land. Ich finde, wenn das jemandem zusteht, dann dieser
Organisation, in der Menschen täglich wirklich ihr Bes-
tes geben; viele sind im Einsatz gestorben.

Ich will noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen,
dass man spenden kann. Es gibt da so eine Aktion, wo
man sich Wasser über den Kopf schütten sollte. Viel-
leicht hat das noch nicht jeder getan. Wenn es also eine
Organisation gibt, für die ich wirklich bitten würde, zu
spenden, dann wären das, wie gesagt, die Ärzte ohne
Grenzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Am Ende will ich noch einmal sagen – da müssen wir
jetzt jede Debatte nutzen, auch wenn das ein bisschen
nervt –: Es geht darum, in den Haushaltsdebatten dafür
zu sorgen, dass der Titel für die humanitäre Hilfe mit
mehr Mitteln ausgestattet wird. Die gegenwärtige Aus-
stattung ist nicht ausreichend. Ich habe in den Debatten
der letzten Wochen wahrgenommen, dass auch der Fi-
nanzminister den Kopf gewiegt hat und ein bisschen
auch genickt hat; er hat, glaube ich, verstanden, dass die
Mittel für humanitäre Hilfe nicht ausreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich glaube – das ist etwas, was wir in diesem Hause
wirklich einheitlich herstellen können –, dieses Parla-
ment muss die Kraft haben, auf die Krise zu reagieren
und den Titel für humanitäre Hilfe deutlich anzuheben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805325100

Vielen Dank, Herr Kollege Schwabe. – Letzter Red-

ner in der Debatte: Thomas Stritzl für die CDU/CSU-
Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Thomas Stritzl (CDU):
Rede ID: ID1805325200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Das Ausmaß der Katastrophe – so hat es der
Herr Staatsminister vorhin zu Recht formuliert – macht
fassungslos. In der Tat: Die Länder Westafrikas brau-
chen unsere Unterstützung, und wir werden sie leisten.

Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren,
dass sich die Opposition durch ihre Beiträge selbst dem
Verdacht ausgesetzt hat, hierzu eigentlich kaum in der
Lage zu sein.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Was?)


Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Wer versucht, die
Bundesregierung und die Bundeskanzlerin der Bundes-
republik Deutschland mit den Vorwürfen zu überziehen,
sie seien am Ausmaß der Katastrohe schuld oder hätten
zum Ausmaß der Katastrophe beigetragen, dient nach
meiner festen Überzeugung nicht dem Anliegen dieser
eigentlich ernsten Debatte in diesem Haus.


(Beifall bei der CDU/CSU – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Haben Sie überhaupt zugehört? – Max Straubinger [CDU/CSU]: Genau! Das ist nur politisches Klein-Klein!)


Sie dienen nicht den Menschen, um die es geht, und sie
dienen nicht einmal Ihrer eigenen Partei.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ich habe den Eindruck, Sie hatten sich das vorher schon auf Thomas Stritzl geschrieben und haben dann gar nicht mehr zugehört!)





(A) (C)


(D)(B)


– Gnädige Frau, Sie können gerne Ihr Recht, eine Zwi-
schenfrage zu stellen, in Anspruch nehmen.

Ich will ganz konkret hinzufügen: Wenn diese Bun-
desregierung sagt, sie sei – bei aller Anspannung, die die
Bundeswehr zu tragen hat – bereit, mit den Transall vor
Ort den Lufttransport sicherzustellen, dann geht es um
Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr, die ihr
Leben einsetzen, damit andere überleben können. Und
da geht Ihr Sprecher hier hin und diffamiert diese Solda-
tinnen und Soldaten, indem er sagt, das stehe im völligen
Gegensatz zu humanitärer Hilfe. Ich sage Ihnen: Das ist
humanitäre Hilfe, wie sie besser gar nicht sein kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Niema Movassat [DIE LINKE]: Sie haben überhaupt nichts verstanden! Falsche Vorwürfe! Das ist wirklich unwürdig, was Sie hier sagen! – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Sie haben ja überhaupt nicht zugehört! Unterirdisches Niveau!)


Ich muss Sie ganz ehrlich auffordern: Nehmen Sie das
zurück, und entschuldigen Sie sich bei unseren Soldatin-
nen und Soldaten!


(Beifall bei der CDU/CSU)


Alle, die sich vor Ort und unter Einsatz ihres Lebens
Respekt erarbeitet haben, verdienen ihn. Ich finde, wir
sollten ihn hier auch entsprechend zum Ausdruck brin-
gen. Sie stemmen sich mit ihrer unermüdlichen Arbeit
vor Ort gegen das dortige grausame Sterben.


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch sind sie nicht da!)


Sie wollen verhindern, dass sich die Zukunft verdunkelt,
eine Zukunft, die wir mit der Begrifflichkeit „Kontinent
der Chancen“ neu umschreiben wollen. Ebola hat in sei-
ner jetzigen Ausformung nicht nur das Potenzial, in der
Region verheerend zu wirken, sondern es löst auch in
unseren Köpfen Angst und damit Distanz und Abstand
aus.

Das hier Geleistete und auf der anderen Seite auch
das, was vor Ort in Liberia schon jetzt geleistet worden
ist, machen deutlich: Die Strukturhilfe von außen ist un-
erlässlich, aber sie war es auch schon vorher. Das ist
übrigens auch der Sinn des Appells der Ministerpräsiden-
tin, dieser tapferen Frau, aus Liberia. Sie sagt: Wir haben
eure Hilfe gebraucht, und wir haben sie von dieser Bun-
desregierung – übrigens auch von Frau Merkel – in beein-
druckendem Maße erfahren. Wir brauchen sie jetzt, aber
wir brauchen sie insbesondere auch für die Zukunft. –
Das ist auch eine Aufforderung an uns selber: hin-
schauen, nicht wegschauen, mutig bleiben und nicht ver-
zagen. Die Menschen des Kontinents der Chancen haben
uns gebraucht, brauchen uns und werden uns auch in Zu-
kunft brauchen.

Unsere Hilfe von heute wird also für die gemeinsame
Zukunft von morgen entscheidend sein. Dabei kann je-
der – auch aus unserem Kreis – seinen persönlichen Bei-
trag leisten, wie auch die Vorsitzende des Ausschusses
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
gesagt hat; denn – das hat uns heute ja der Regional-
direktor der WHO für Afrika, Herr Dr. Sambo, auch ge-
sagt – vor Ort fehlt es an allem.

Wir können also einen persönlichen Beitrag leisten,
und weil ich es selber erfahren habe, will ich ausdrück-
lich sagen: Ich danke auch den Unternehmen der deut-
schen Gesundheitswirtschaft, die bereit sind, hier zu
spenden und zu unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Eine Unterstützung wird insbesondere aber auch
durch den Antrag von CDU/CSU und SPD geleistet.
Das, was die Regierungsfraktionen heute vorlegen, dient
dem Land, seinen Menschen und der gemeinsamen Zu-
kunft im Sinne des Kontinents der Chancen. Stimmen
Sie bitte zu, tragen Sie ihn mit!

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Schwabe [SPD] – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir stellen das heute gar nicht zur Abstimmung! Deshalb können wir gar nicht abstimmen! Sie bringen das durcheinander!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805325300

Danke, Herr Kollege Stritzl. – Das Wort zu einer

Kurzintervention hat Kollege Movassat.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1805325400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kollege Stritzl, Sie ha-

ben hier einige Behauptungen erwähnt, die in meinem
Redebeitrag nicht zu finden sind. Anscheinend haben
Sie eine andere Rede verfolgt als die, die ich hier gehal-
ten habe. Das kann natürlich passieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Kritik bezog sich auf den Zeitpunkt der Re-
aktion der Bundesregierung. Es gab im Juni einen drin-
genden Appell von Ärzte ohne Grenzen, dass die Situa-
tion außer Kontrolle zu geraten drohe. Auf diesen Appell
hin erfolgte allenfalls eine Erhöhung der Geldmittel,
aber schon damals wurde klargestellt, dass es nicht in
erster Linie um mehr Geld, sondern um medizinisches
Personal und Isolierstationen vor Ort ging. Vor Ort feh-
len Ärzte und Betten. Erst jetzt hat die Bundesregierung
angefangen, darauf zu reagieren; und das ist eben viel zu
spät.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zur Lage vor Ort: Es ist natürlich völlig klar, dass ein
Patient vor Ort lieber einen Arzt sieht, der ihm hilft, als
einen Soldaten. Das liegt doch auf der Hand.


(Beifall bei der LINKEN – Charles M. Huber [CDU/CSU]: Warum sind dann die Ärzte umgebracht worden?)






Niema Movassat


(A) (C)



(D)(B)

Mein Dank und auch der Dank meiner Fraktion geht
an alle, die vor Ort bereit sind, auch unter Einsatz ihres
Lebens zu helfen: den zivilen Helfern und auch den An-
gehörigen der Bundeswehr, die bereit sind, dort zu hel-
fen. Das ist doch völlig klar.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Charles M. Huber [CDU/CSU]: Afrika hat eine geringere Aversion gegen die Bundeswehr als die Linke!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805325500

Herr Stritzl, wenn Sie mögen, dann können Sie ant-

worten. Sie brauchen es aber nicht.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Es stellt sich die Frage, ob er zugehört hat!)



Thomas Stritzl (CDU):
Rede ID: ID1805325600

Herr Kollege, ich bedanke mich bei Ihnen. Ich habe

Ihnen zugehört, aber vielleicht nutzen Sie einmal die
Chance, ins Protokoll zu schauen, um zu sehen, was Sie
wirklich gesagt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Niema Movassat [DIE LINKE]: Ich kenne meine Rede! Das ist der Unterschied!)


– Lesen hilft.

Erster Punkt. Es ging um die Frage, was unsere Sol-
daten dort leisten können. Das, was sie dort leisten kön-
nen, hat die Bundesregierung umschrieben. Es hat ja kei-
ner gesagt, dass kein Sanitäter dorthin geht. Es gibt auch
bei der Bundeswehr Ärzte. Sie insinuieren hier, Soldaten
täten etwas Schlechtes.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Habe ich überhaupt nicht gesagt! Ich gebe es auf! Ist gut!)


Unsere Soldaten vor Ort sind bereit, etwas Gutes zu tun.
Das sollten Sie anerkennen und nicht umdrehen. Das ist
der entscheidende Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweiter Punkt. Wir unterstützen in der Tat auch die
Arbeit der Nichtregierungsorganisationen wie Ärzte
ohne Grenzen. Es ist kein Geheimnis, dass diese Bun-
desregierung vor Ort aktiv war, aktiv ist, aktiv sein wird
und das ausbauen will; das weiß jeder.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Zuhören würde helfen bei Ihnen!)


Ich glaube, es ist das richtige Vorgehen, dass das jetzt
in einen Antrag gegossen wurde, über den wir heute dis-
kutieren und zu gegebener Zeit abstimmen werden. Das
Parlament muss ja auch seine Meinung kundtun können.
Das sollten wir heute tun. Leider haben Sie diese Chance
etwas verpasst.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1805325700

Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen jetzt zu den Entschließungsanträgen.

Über den Entschließungsantrag der Fraktionen der
CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 18/2607 wird
nicht abgestimmt, sondern er soll zur federführenden
Beratung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union, an den Ausschuss für Gesundheit, an den Aus-
schuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, an
den Auswärtigen Ausschuss, an den Haushaltsausschuss,
an den Verteidigungsausschuss und an den Innenaus-
schuss überwiesen werden. Sind Sie damit einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/2608. Wer
stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsan-
trag ist abgelehnt bei Ablehnung der CDU/CSU- und der
SPD-Fraktion, Zustimmung der Linken und Enthaltung
von Bündnis 90/Die Grünen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/2609.
Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Entschlie-
ßungsantrag ist abgelehnt bei Zustimmung von Bünd-
nis 90/Die Grünen, Ablehnung von CDU/CSU- und
SPD-Fraktion und Enthaltung der Linken.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages ein auf morgen, Donnerstag, 25. September
2014, 9 Uhr.

Die Sitzung ist geschlossen.

Ich wünsche Ihnen noch einen spannenden weiteren
Tag.