Protokoll:
17203

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 203

  • date_rangeDatum: 7. November 2012

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:57 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/203 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 203. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Entwurf ei- nes Siebten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes; weitere Fragen . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 17/11282, 17/11313) . . . . . . . . Dringliche Frage 1 Niema Movassat (DIE LINKE) Parlamentsvorbehalt für Bundeswehrein- sätze Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24609 A 24609 B 24610 A 24610 B 24611 A 24611 B 24611 D 24612 A 24613 B 24613 B 24613 D 24613 D 24614 C 24614 D 24615 A 24615 A 24615 C 24615 C 24616 A 24616 B 24616 C 24616 C 24616 D 24617 A 24617 B 24618 B 24618 D 24619 B 24619 C 24619 D 24620 A 24620 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 Dringliche Frage 2 Niema Movassat (DIE LINKE) Bundeswehreinsatz im Zusammenhang mit der Mali-Krise Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 1 Swen Schulz (Spandau) (SPD) Wegfall von Ausgaben aus dem Einzel- plan 30 ab 2014 Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 2 Swen Schulz (Spandau) (SPD) Geplante Änderung des Art. 91 b GG und Kooperation der Berliner Charité mit dem Max-Delbrück-Centrum Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Mündliche Frage 6 Michael Gerdes (SPD) Definition und Umsetzung der europäi- schen Innovationsunion Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Mündliche Frage 7 Michael Gerdes (SPD) Steuerliche Forschungsförderung Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 8 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Änderung der Zuverdienstgrenze im Bun- desausbildungsförderungsgesetz analog zur Änderung der Minijobgrenze Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 9 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Situation bei den überbetrieblichen Berufs- bildungsstätten und Sicherstellung einer nachhaltig leistungsfähigen Infrastruktur Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Mündliche Frage 11 Oliver Kaczmarek (SPD) Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungswesens durch Ver- gleich kohärenter Regionen Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Mündliche Frage 14 Dr. Sascha Raabe (SPD) Etwaige Kritik von Bundesminister Dirk Niebel am Auswärtigen Amt im Bereich der humanitären Hilfe Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24621 B 24621 D 24622 B 24622 D 24623 A 24623 D 24624 A 24625 A 24625 A 24625 D 24625 D 24626 A 24626 C 24626 D 24627 A 24627 C 24627 D 24628 A 24628 B 24628 D 24629 A 24629 C 24629 D 24630 C 24630 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 III Zusatzfragen Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 15 Dr. Sascha Raabe (SPD) Versorgung der Flüchtlinge im keniani- schen Lager Dadaab Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 20 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Lieferung modernisierter Panzer durch die Rheinmetall AG an Indonesien sowie Ge- nehmigung von Panzer-Reimporten Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 21 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Finanzielle Unterstützung einer Lieferung von 130 gebrauchten Leopard-2-Panzern an Indonesien Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 22 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Einschätzung der Probleme Indonesiens und politische Konsequenzen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Haltung der Bundesregierung zu Residenzpflicht und Sondergesetzen für Flüchtlinge sowie Asylbewerberinnen und Asylbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Mündliche Frage 3 Klaus Hagemann (SPD) Finanzierung der geplanten Kooperation zwischen Max-Delbrück-Centrum und Charité; baulicher Sanierungsbedarf bei der Helmholtz-Gemeinschaft, der Fraunhofer Gesellschaft und der Max- Planck-Gesellschaft Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Mündliche Frage 4 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Positionen der Bundesregierung zum EU- Nachtragshaushalt 2012 und zum Vor- schlag der zypriotischen EU-Ratspräsi- dentschaft für den mehrjährigen Finanz- rahmen der EU 2014 bis 2020 Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24631 B 24632 A 24632 C 24632 C 24633 B 24633 D 24634 A 24634 C 24634 D 24635 A 24635 B 24635 B 24636 A 24636 C 24636 C 24637 C 24637 C 24638 D 24641 A 24642 A 24643 C 24644 C 24645 D 24647 A 24648 A 24649 C 24650 D 24651 D 24653 C 24655 A 24655 D 24656 B IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 Anlage 4 Mündliche Frage 5 René Röspel (SPD) Ausgestaltung von Prozessen und Verfah- ren im Rahmen des EU-Forschungspro- gramms „Horizon 2020“ Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Mündliche Frage 10 Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) Erfolgsquote bei Anerkennungsverfahren nach dem Berufsqualifikationsfeststel- lungsgesetz Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Mündliche Frage 12 Willi Brase (SPD) Rechtsauffassung der Bundesregierung be- treffend einen etwaigen Verstoß des Expe- riments zur Ozeandüngung der Haida Salmon Restoration Corp. gegen interna- tionales Recht Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Mündliche Frage 13 Willi Brase (SPD) Haltung der Bundesregierung zum Einsatz von Maßnahmen zur Ozeandüngung Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Mündliche Frage 16 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angebot einer freiwilligen Selbstverpflich- tung der Energiewirtschaft zum Betrieb von Reservekraftwerken Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Mündliche Frage 17 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mittelaufstockung für die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungs- behörden Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Mündliche Fragen 18 und 19 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bohrungen nach Gasvorkommen in Natur- und Landschaftsschutzgebieten Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Mündliche Frage 23 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausstattungshilfen sowie Ausbildungsmaß- nahmen der Bundeswehr für die Streit- kräfte in Mali Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Mündliche Frage 24 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Gewalttätige Übergriffe gegen die muslimi- sche Minderheit in Myanmar und geplante humanitäre Hilfe zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Mündliche Frage 25 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Geplante Verwendung von EU-Finanzmit- teln für das Forschungsprogramm „Hori- zont 2020“ Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24656 D 24657 A 24657 C 24657 D 24658 A 24658 C 24658 D 24659 A 24659 C 24660 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 V Anlage 14 Mündliche Frage 26 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kürzungsvorschläge der zyprischen Rats- präsidentschaft bezüglich des Mehrjähri- gen Finanzrahmens 2014 bis 2020 des EU- Haushalts Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 15 Mündliche Frage 27 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Berücksichtigung des Pakts für nachhalti- ges Wachstum und Beschäftigung im Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 des EU-Haushalts Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Mündliche Frage 28 Klaus Hagemann (SPD) Auswirkungen des vorgelegten Mehrjähri- gen Finanzrahmens der EU auf die deut- sche Nettozahlerposition und deutsche Re- formvorschläge Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 Mündliche Frage 29 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Folgen der Belagerung und des Beschusses Bani Walids durch regierungstreue Milizen in Libyen; Art und Herkunft der Waffen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 18 Mündliche Frage 30 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Umstände des Abschusses eines türkischen Kampfflugzeugs am 22. Juni 2012 Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 19 Mündliche Fragen 31 und 32 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Übertragung der Entwicklungsorientierten Not- und Übergangshilfe, ENÜH, vom BMZ auf das Auswärtige Amt und Auswir- kung dieser Verlagerung auf Projekte in Kenia; Finanzierung von Maßnahmen in und um Dadaab Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 20 Mündliche Frage 33 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsparungen im EU-Haushalt ohne Kürzung des Budgets der Gemeinsamen Agrarpolitik Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 21 Mündliche Frage 34 Andrej Hunko (DIE LINKE) Euro-Barometer-Umfrage der EU-Kom- mission Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 22 Mündliche Frage 35 Andrej Hunko (DIE LINKE) Tod von 58 Flüchtlingen am 28. Oktober 2012 bei Gibraltar Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 23 Mündliche Frage 36 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Evaluationsbericht zum Projekt der Beratung des Libanon in Fragen der Grenzsicherheit und darin beschriebene Möglichkeiten für eine grenzpolizeiliche Unterstützung des Libanon 24660 B 24660 D 24661 A 24661 C 24661 D 24662 A 24663 A 24663 A 24663 B VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 24 Mündliche Frage 37 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ministeriumsposten und Anzahl der Minis- terialarbeitsplätze in Berlin und Bonn zum 1. Oktober 2012 Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 25 Mündliche Frage 38 Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus den Ergebnissen des Rechtsgutachtens zu den strukturellen und aktuellen Problemen des Berlin-Bonn-Ge- setzes Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 26 Mündliche Frage 39 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zur Finanzierung der Koran-Verteilaktion ra- dikaler Salafisten Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 27 Mündliche Frage 40 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Umsetzung der Einigung auf EU-Ebene zur Dauer der Arbeitsverbote für Asylbe- werber Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 28 Mündliche Frage 41 Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Faktischer Bearbeitungs- und Entschei- dungsstopp des Bundesamtes für Flücht- linge aus Staaten mit hohen Anerken- nungsquoten Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 29 Mündliche Fragen 42 und 43 Halina Wawzyniak (DIE LINKE) Gesprächsaufnahme mit hungerstreiken- den Flüchtlingen in Berlin und Prüfung der Abschaffung asylrechtlicher Sonderge- setze Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 30 Mündliche Frage 44 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bestimmungen für die Versicherungswirt- schaft zur Differenzierung von Kfz-Tari- fen nach Lebensalter der Fahrer Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 31 Mündliche Frage 45 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verstärkte Zusammenarbeit zur Einfüh- rung einer Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 32 Mündliche Fragen 46 und 47 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Steuerbefreiung und Informationen für nicht formal anerkannte Verfolgte des NS- Regimes; zukünftige Regelung des Verfolg- tenstatus im Entschädigungsrentengesetz 24663 D 24664 C 24665 A 24665 A 24665 C 24665 C 24666 A 24666 C 24666 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 VII Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 33 Mündliche Fragen 48 und 49 Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung für das Vorhaben der Euro- päischen Bank für Wiederaufbau und Ent- wicklung zur Bereitstellung von Garantien für die Vermarktung von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln in Osteuropa bzw. der Türkei, insbesondere für das Projekt „Monsanto Risk Sharing“ Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 34 Mündliche Frage 50 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus dem Urteil des Bundes- verfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 zum Asylbewerberleistungsgesetz Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 35 Mündliche Frage 51 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Befragung Arbeitsloser durch Arbeitsver- mittler in Jobcentern zu einem etwaigen Migrationshintergrund Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 36 Mündliche Frage 52 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Haltung der Bundesregierung zu den For- derungen nach einem Verzicht auf die Ein- führung eines Verbot des Schenkelbrands bei Pferden und einer zeitlichen Verschie- bung des Verbots der betäubungslosen Fer- kelkastration Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 37 Mündliche Fragen 53 und 54 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Behindertengerechte Infrastruktur in Frauenhäusern und Fachberatungsstellen; Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen mit Behinderung Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 38 Mündliche Fragen 55 und 56 Harald Weinberg (DIE LINKE) Einführung eines Ausgleichsmechanismus für Krankenkassen bei Abschaffung der Praxisgebühr wegen Besser- bzw. Schlech- terstellung einzelner Kassen Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 39 Mündliche Frage 57 Kathrin Vogler (DIE LINKE) Medienberichte über ein Herausdrängen schwer erkrankter Mitglieder aus der Krankenkasse Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 40 Mündliche Frage 58 Kathrin Vogler (DIE LINKE) Änderungsbedarf beim krankheitsorien- tierten Risikostrukturausgleich der Kran- kenkassen Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24667 A 24667 C 24667 D 24668 A 24668 C 24668 D 24669 C 24669 D 24670 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 Anlage 41 Mündliche Frage 59 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Regelung der Anmeldung der Länder von Vorhaben zum Gemeindeverkehrsfinanzie- rungsgesetz-Bundesprogramm Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 42 Mündliche Frage 60 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gesetzliche Regelung zur Umwandlung ei- ner Vollschranken- in eine Halbschranken- anlage Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 43 Mündliche Frage 61 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Umsetzung der Ankündigung der Deut- schen Bahn zur Spende von 30 000 Euro an die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 44 Mündliche Frage 62 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vom BMVBS vorgeschlagener Runder Tisch zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 45 Mündliche Frage 63 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Entscheidung für den Verbleib des Ge- schäftsführers Dr. Rainer Schwarz im Auf- sichtsrat des Flughafens Berlin Branden- burg; Freigabe weiterer Gelder für den Flughafen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 46 Mündliche Frage 64 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verbesserung des Schienenverkehrs zwi- schen Deutschland und Polen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 47 Mündliche Frage 65 Gustav Herzog (SPD) Errichtung und mögliche Aufgaben einer Generaldirektion der Wasser- und Schiff- fahrtsverwaltung des Bundes Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 48 Mündliche Frage 66 Gustav Herzog (SPD) Investitionen an Binnenwasserstraßen der Kategorie „sonstige Wasserstraßen“ Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 49 Mündliche Fragen 67 und 68 Herbert Behrens (DIE LINKE) Geplanter Verlauf des MOX-Transports durch den Wesertunnel und über die A 27 Richtung Bremen Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 50 Mündliche Frage 69 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Themen der Sitzung der Deutsch-Tschechi- schen Kommission am 21. November 2012 24670 C 24670 D 24671 A 24671 B 24671 C 24671 D 24672 A 24672 B 24672 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 IX Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 51 Mündliche Frage 70 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage und Auswertung der sogenannten Pegasos-Studie beim BMU Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 52 Mündliche Fragen 71 und 72 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beurteilung der Position der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) zu den „Anpassungsstrategien in der Klimapolitik“; Schlussfolgerungen aus dem Rückzug renommierter Klimafor- scher Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24672 D 24673 A 24673 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24609 (A) (C) (D)(B) 203. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 Beginn: 13.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24655 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksa- che 17/11282, Frage 3): Welche finanziellen Spielräume bzw. noch nicht belegten Mittel sind auf Grundlage des Paktes für Forschung und Inno- vation nach Äußerungen von Bundesministerin Dr. Annette Schavan in der 103. Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, wonach die geplante Kooperation zwischen MDC und Charité in Berlin in den kommenden Jah- ren aus dem Etat der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher For- schungszentren e. V., HGF, finanziert werden soll, jeweils bei der HGF, der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der an- gewandten Forschung e. V., FhG, und der Max-Planck-Gesell- schaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., MPG – unter Angabe der prognostizierten Einnahmeverluste bei der FhG aufgrund der von der Bundesregierung vereinbarten neuen Beteiligungsregeln bei dem EU-Programm „Horizon 2020“, die nicht mehr die Vollkosten umfassen –, in 2013 und im Zeitraum bis 2015 noch vorhanden, und in welchem Umfang sind in 2013 und im Zeitraum bis 2015 bei HGF, FhG und MPG Gelder für die bauliche Sanierung von Instituten – unter Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmaier, Peter CDU/CSU 07.11.2012 Bartol, Sören SPD 07.11.2012 Becker, Dirk SPD 07.11.2012 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.11.2012 Bülow, Marco SPD 07.11.2012 Daub, Helga FDP 07.11.2012** Dittrich, Heidrun DIE LINKE 07.11.2012 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 07.11.2012 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 07.11.2012 Freitag, Dagmar SPD 07.11.2012 Funk, Alexander CDU/CSU 07.11.2012 Gabriel, Sigmar SPD 07.11.2012 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.11.2012 Griese, Kerstin SPD 07.11.2012 Gröhe, Hermann CDU/CSU 07.11.2012 Humme, Christel SPD 07.11.2012 Hunko, Andrej DIE LINKE 07.11.2012* Dr. Jochimsen, Lukrezia DIE LINKE 07.11.2012 Kammer, Hans-Werner CDU/CSU 07.11.2012 Kampeter, Steffen CDU/CSU 07.11.2012 Klimke, Jürgen CDU/CSU 07.11.2012** Koschyk, Hartmut CDU/CSU 07.11.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.11.2012 Laurischk, Sibylle FDP 07.11.2012 Dr. Lauterbach, Karl SPD 07.11.2012 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 07.11.2012 Meinhardt, Patrick FDP 07.11.2012 Nahles, Andrea SPD 07.11.2012 Nietan, Dietmar SPD 07.11.2012 Nink, Manfred SPD 07.11.2012 Pawelski, Rita CDU/CSU 07.11.2012 Dr. Ratjen-Damerau, Christiane FDP 07.11.2012 Dr. Reimann, Carola SPD 07.11.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 07.11.2012 Strothmann, Lena CDU/CSU 07.11.2012 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 07.11.2012 Dr. Westerwelle, Guido FDP 07.11.2012 Ziegler, Dagmar SPD 07.11.2012 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 24656 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) Angabe des jeweiligen baulichen Sanierungsbedarfs – vorge- sehen? Bei der Helmholtz-Gemeinschaft e. V., HGF, der Fraunhofer-Gesellschaft e. V., FhG, und der Max-Planck- Gesellschaft e. V., MPG, werden deren Mittel jeweils vollständig für ihre jeweiligen Forschungsaufgaben be- nötigt; freie Mittel stehen nicht zur Verfügung. Dank der Wissenschaftsfreiheitsinitiative verfügen diese Einrich- tungen jedoch über ein hohes Maß an Flexibilität beim Einsatz ihrer Mittel. In diesem Rahmen unterstützt die HGF die Zusammenführung von Max-Delbrück-Cen- trum, MDC, und Charité für einen Übergangszeitraum. Da die Verhandlungen über die Beteiligungsregeln für das EU-Programm „Horizont 2020“ noch nicht abge- schlossen sind, ist derzeit keine Aussage über Einnah- meverluste oder -zugewinne der FhG möglich. Bei der Fraunhofer-Gesellschaft fallen in den Jahren 2013 bis 2015 Kosten für die bauliche Sanierung von Instituten in Höhe von circa 40 Millionen Euro jährlich an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine trennscharfe Differenzierung zum Beispiel zu Erweiterungsbaumaß- nahmen oder Umbaumaßnahmen infolge von fachlicher Neuausrichtung von Instituten nicht zu leisten ist. Für die HGF sind im Folgenden die derzeitigen Pla- nungsansätze für Sanierungsmaßnahmen größer 2,5 Mil- lionen Euro mit ihrem jeweiligen Bundesanteil, 90 Pro- zent, dargestellt – jeweils gerundet; nicht enthalten sind Sanierungsmaßnahmen jeweils kleiner als 2,5 Millionen Euro –: für 2013: 22 Millionen Euro; für 2014: 11 Mil- lionen Euro; für 2015: 7 Millionen Euro. Bei der MPG fallen in den Jahren 2013 bis 2015 Kos- ten für die bauliche Sanierung von Instituten in Höhe von circa 50 bis 60 Millionen Euro jährlich an. Die Verhandlungen über die Beteiligungsregeln für das EU-Programm „Horizont 2020“ sind noch nicht ab- geschlossen. Demnächst befasst sich das Europäische Parlament damit. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 4): Welche Position – unter Angabe des Zeitplans der Beratung und der beabsichtigten Veranschlagung im Bundesetat – vertritt die Bundesregierung hinsichtlich des EU-Nachtragshaushalts 2012, der nach dem Willen der Europäischen Kommission rund 8,9 Milliarden Euro unter anderem zur weiteren Finanzierung des Studierendenaustauschprogramms Erasmus in diesem Jahr umfassen soll, und inwiefern unterstützt die Bundesregierung den jüngsten Vorschlag der zypriotischen EU-Ratspräsident- schaft für den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU, MFR, für 2014 bis 2020, der den Vorschlag der Europäischen Kommis- sion im Bereich 1 a, der Wettbewerbsfähigkeit, Bildung, For- schung und Erasmus beinhaltet, nach der Bereinigung um die neu hineingenommenen Ausgaben für CEF, ITER und GMES um mehr als 10 Prozent kürzt, auch vor dem Hintergrund der im Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung ge- machten Zusage, dass sich die Bundesregierung in den Ver- handlungen dafür einsetzen werde, „dass der EU-Haushalt auf wachstums- und beschäftigungsfördernde Investitionen aus- gerichtet wird“, welches bedeute, „dass es nicht zu Kürzungen zulasten von Investitionen in den Struktur- und Kohäsions- fonds sowie im Europäischen Sozialfonds kommen soll“? Aufgrund des engen Zusammenhangs zum EU-Haushalt 2013 soll über den Berichtigungshaushalt Nr. 6/2012 im Rahmen des am 26. Oktober 2012 angelaufenen Vermitt- lungsverfahrens zur Aufstellung des EU-Haushaltes 2013 entschieden werden. Das Vermittlungsverfahren, in welchem Rat und Europäisches Parlament eine Einigung zum jährlichen Haushalt anstreben, soll mit dem Ecofin, Budget, am 9. November 2012 erfolgreich abgeschlos- sen werden. Vor dem Hintergrund der sich vor allem als Folge der Staatsschuldenkrise ergebenden Konsolidierungserfor- dernisse hat die Bundesregierung ein großes Interesse daran, die sich für den Bundeshaushalt aus dem Berichti- gungshaushalt Nr. 6/2012 ergebenden zusätzlichen Be- lastungen möglichst gering zu halten. Die Bundesregie- rung wird sich deshalb gemeinsam mit den anderen Nettozahlern so weit wie möglich für Umschichtungen einsetzen. Die konkreten Auswirkungen auf den Bun- deshaushalt werden sich erst nach Abschluss der Ver- handlungen von Rat und Europäischem Parlament ab- schätzen lassen. Deutschland tritt dafür ein, die Ausgaben aus dem nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen, MFR, der EU auf 1 Prozent des EU-BNE zu begrenzen. Dazu haben alle Rubriken beizutragen. Aus der 1-Prozent-Forderung er- geben sich notwendige Kürzungen des Kommissions- vorschlags für Instrumente in- und außerhalb des MFR in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro. Die Präsi- dentschaft schlägt nur Kürzungen um 53 Milliarden Euro vor. Es sind daher weitere Kürzungen notwendig. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Rene Röspel (SPD) (Drucksache 17/11282, Frage 5): Wie stellt sich die Bundesregierung – wie von der Bundes- ministerin Dr. Annette Schavan in der FAZ vom 31. Oktober 2012 öffentlich dargelegt – künftig die konkrete Ausgestal- tung von vereinfachten Prozessen und Verfahrensabläufen im Rahmen des künftigen EU-Forschungsrahmenprogramms „Horizon 2020“ vor? Für das kommende Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“, 2014 bis 2020, einig- ten sich die Mitgliedstaaten im Wettbewerbsfähigkeitsrat am 10. Oktober 2012 auf eine starke Vereinfachung der Förderbedingungen und eine deutliche Verminderung des administrativen Aufwands. Die im 7. Forschungsrahmenprogramm, FRP, admi- nistrativ aufwendige Anerkennung der indirekten Pro- jektkosten und die Anwendung aktivitäts- und teilneh- merspezifisch ausdifferenzierter Förderquoten soll ersetzt werden durch eine Pauschale, die sich wie folgt berech- net: Es werden 100 Prozent der direkten Projektkosten sowie eine 25-Prozent-Pauschale darauf für die indirek- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24657 (A) (C) (D)(B) ten Kosten erstattet. Bei marktnahen Projekten ist statt 100 Prozent eine 70-Prozent-Quote geplant, davon sind jedoch die „non-profit legal entities“ – weiterhin bis zu 100 Prozent Erstattung – ausgenommen. Zudem trägt die Anerkennung der Mehrwertsteuer zur Vereinfachung bei. Dies lässt vereinfachte Prozesse und verkürzte Ver- fahrensabläufe erwarten. Die Verhandlungen über die Beteiligungsregeln für das EU-Programm „Horizont 2020“ sind noch nicht ab- geschlossen. Demnächst befasst sich das Europäische Parlament damit. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) (Drucksache 17/11282, Frage 10): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der bisherigen Resonanz und der mit rund 270 Anerkennun- gen aus Sicht der Fragestellerin eher geringen Erfolgsquote bei Anerkennungsverfahren nach dem Berufsqualifikations- feststellungsgesetz? Eine erste Vollerhebung zum Vollzug des Anerken- nungsgesetzes des Bundes wird von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder Anfang 2013 durch- geführt. Erste repräsentative Daten werden daher nicht vor Mitte 2013 vorliegen. Bisher liegen ausschließlich selektive Vollzugsdaten aus einzelnen Berufsbereichen sowie aus dem Bundesland Hamburg vor, die keine ge- neralisierten Schlussfolgerungen zum Vollzug des Aner- kennungsgesetzes zulassen. Die zitierte Zahl von rund 270 Anerkennungen be- zieht sich offenbar auf die positiven Anerkennungsbe- scheide im Bereich der IHK-Berufe, die von der zustän- digen Zentralstelle IHK Fosa bis zum 24. Oktober 2012 ausgestellt wurden, und damit nur auf einen kleineren Teil der Berufe, die vom Anerkennungsgesetz umfasst sind. Da das Gros der Anerkennungsinteressierten je- doch nach Rückmeldung aus der Beratung, dem Aner- kennungsportal und der Anerkennungshotline über einen reglementierten Beruf verfügt (Ärzte, Krankenschwes- tern etc.) und für diese Berufe – für die der Vollzug des Bundesgesetzes in Zuständigkeit der Länder erfolgt – noch keine bundesweiten Daten zu abgeschlossenen Ver- fahren vorliegen, können die IHK-Zahlen nicht als Indi- kator für die insgesamt unter dem Anerkennungsgesetz abgeschlossenen Verfahren gelten. Die IHK-Zahlen belegen allerdings, dass die neuen Verfahren funktionieren und in starkem Maße zu für die Antragsteller positiven Ergebnissen führen: Von insge- samt 269 zum Stichtag ausgestellten Bescheiden der IHK Fosa bestätigen 171 Bescheide eine volle und 98 eine teilweise Gleichwertigkeit des ausländischen Berufsabschlusses mit der deutschen Referenzqualifika- tion. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Willi Brase (SPD) (Drucksache 17/ 11282, Frage 12): Teilt die Bundesregierung die Rechtsauffassung, dass das im Juli 2012 bekannt gewordene Experiment zur Ozeandün- gung der Haida Salmon Restoration Corporation nicht gegen internationales Recht und hierbei insbesondere gegen die UN- Convention on Biological Diversity, CBD, verstoßen hat, und, falls ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Auffassung für die kommenden Diskussionen zum Geoengineering/Climate Engineering? Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Er- kenntnisse zu dem in der Frage genannten Experiment der Haida Salmon Restoration Corporation vor der West- küste Kanadas vor. Die Regierung Kanadas bemüht sich zurzeit um Aufklärung des Sachverhalts zu dem im Juli 2012 bekannt gewordenen Experiment und wird den Vertragsstaaten der London-Konvention, zu denen auch Deutschland zählt, hierzu berichten. Das Thema wurde auf den am 1. November 2012 be- endeten Verhandlungen zu London-Konvention/London- Protokoll, LC/LP, in London diskutiert. Hier wurde eine Stellungnahme (Statement of Concern) verabschiedet, nach der die Vertragsstaaten ihre Besorgnis über das oben genannte Experiment ausdrückten und auf voran- gegangene Resolutionen zum Verbot von Meeres- düngungsvorhaben mit Ausnahme von legitimer wissen- schaftlicher Forschung verwiesen. Ferner verweist die Stellungnahme auf die Vereinbarung der Vertragsstaaten, zur Bewertung von Meeresdüngungsvorhaben den soge- nannten Assessment Framework anzuwenden, um zu entscheiden, ob es sich um legitime Forschungsaktivität handelt. Dieser Stellungnahme schloss sich Deutschland an. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Willi Brase (SPD) (Drucksache 17/11282, Frage 13): Hat sich die Bundesregierung bereits eine abschließende Haltung zum Einsatz von Maßnahmen zur Ozeandüngung zum Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre gebildet, und welche Experimente zur Ozeandüngung unter Federfüh- rung deutscher Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den nächsten Monaten und Jahren geplant? Die Bundesregierung verweist hier auf ihre Antwort zur Kleinen Anfrage der Abgeordneten René Röspel und andere und der Fraktion der SPD, Bundestagsdrucksache 17/9943, zu Geoengineering/Climate Engineering, dort Fragen 12 und 33. Die Bundesregierung setzt in ihrer nationalen Klima- politik vollständig auf die Minderung von Treibhausgas- emissionen sowie auf Anpassungsmaßnahmen. Ansätze des Geoengineering verfolgt sie dazu nicht. 24658 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) Vor diesem Hintergrund hat die deutsche Delegation anlässlich der bezeichneten Verhandlungen zu London- Konvention/London-Protokoll, LC/LP, in London in der 44. Kalenderwoche folgende zwischen den fachlich be- troffenen Ressorts abgestimmte Position vertreten: Mee- resdüngung ist keine geeignete Klimaschutzmaßnahme. Forschung zur Ozeandüngung darf keine negativen Aus- wirkungen auf die Meeresumwelt haben. Weitere Rege- lungen unter LC/LP sind grundsätzlich anzustreben. For- schungsvorhaben zur Bewertung von Umweltrisiken sind sinnvoll. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden internatio- nalen Diskussion und zahlreicher ungeklärter Fragen hält die Bundesregierung grundsätzlich weitere For- schung und auch Forschungsförderung zu Fragen des Geoengineering für notwendig. Sie sollte mit dem Ziel verbunden sein, die Bewertungskompetenz der Bundes- regierung hinsichtlich Geoengineering zu erhöhen, nicht, dessen Einsatz vorzubereiten. Gefragt sind hier nicht nur eine naturwissenschaftliche Theorie- und Modellent- wicklung, sondern auch die Bearbeitung der Aspekte wie Akzeptanz, rechtliche Rahmenbedingungen und in- ternationales gesellschaftswissenschaftlichen Konflikt- potenzial. Konkrete Experimente zur Ozeandüngung un- ter Federführung deutscher Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler sind zurzeit bei der Bundesregierung nicht beantragt oder geplant. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 16): Warum ist die Bundesregierung nicht auf das Angebot ei- ner freiwilligen Selbstverpflichtung zum Betrieb von Reser- vekraftwerken – zum Beispiel im Entwurf des BDEW im Rahmen der Abstimmung zu einer Selbstverpflichtung der Energiewirtschaft zur Sicherstellung ausreichender Erzeu- gungskapazitäten vom 25. Juli 2012 – eingegangen, und auf welcher Basis sieht die Bundesregierung aktuell noch Eini- gungsmöglichkeiten mit der Energiewirtschaft? Es konnte keine Einigung zu wesentlichen Inhalten ei- ner freiwilligen Selbstverpflichtung erzielt werden. Für die Entscheidung für eine gesetzliche Regelung und ge- gen eine freiwillige Selbstverpflichtung war aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums insbesondere bedeutsam, dass die in Rede stehenden Zusagen zu sehr mit Bedin- gungen verknüpft waren, um ausreichend Sicherheit über die Verfügbarkeit der Kraftwerke zu erlangen. Anstelle einer Selbstverpflichtung der Branche hat die Bundesre- gierung am 17. Oktober Formulierungsvorschläge für ein Bündel von gesetzlichen Maßnahmen beschlossen, wel- che vorübergehend einen Rahmen für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Bereich der Stromversor- gung bieten. Über Eckpunkte der geplanten Maßnahmen wurden zusätzlich zu den Fachpolitikern der Regierungs- fraktionen auch die der Oppositionsfraktionen mit Schreiben vom 20. September 2012 informiert. Die Maß- nahmen sollen in das aktuell laufende Verfahren zur No- velle des Energiewirtschaftsgesetzes (Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Drittes Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften) eingebracht werden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 17): Wie steht die Bundesregierung zu der von der Europäi- schen Kommission vorgesehenen Mittelaufstockung für die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbe- hörden, ACER, welche für die fristgemäße Erfüllung der in der Verordnung über die Integrität und Transparenz des Ener- giegroßhandelsmarkts, REMIT, angelegten Kompetenzen dringend nötig ist, und welche konkreten Schritte tut sie da- für? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulie- rungsbehörden, ACER, finanziell so ausgestattet wird, dass ihr die fristgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben aus der Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts, REMIT, möglich ist. Die Verfügbarkeit der notwendigen finanziellen und per- sonellen Ressourcen bei ACER ist von zentraler Be- deutung. Die ACER zugeteilte Aufgabe, die Daten- sammlung und das Monitoring zentral auf europäischer Ebene zu organisieren, ist ein Kernelement im REMIT- Aufsichtsregime, da diese Daten für das nationale Ener- giehandelsmonitoring und die Durchsetzung der Sank- tionsvorschriften durch die nationalen Regulierungsbehör- den von zentraler Bedeutung sind. Die Bundesregierung betrachtet die momentane Ablehnung der Erhöhung des ACER-Budgets bzw. eine mögliche Kürzung mit Sorge, da die Einspareffekte in diesem Bereich vernachlässig- bar klein sind, aber ACER ohne diese Mittel diese zen- trale Aufgabe nicht bewältigen können wird. In diesem Fall droht eine Situation, in der die Effektivität und Effi- zienz der Energiehandelsüberwachung nach REMIT grundlegend gefährdet ist. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Fragen der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fragen 18 und 19): Sind Bohrungen nach Gasvorkommen in Natur- und Land- schaftsschutzgebieten – so wie derzeit am Langbürgner See in Bayern geplant – nach Einschätzung der Bundesregierung mit geltendem Bergrecht vereinbar und, wenn ja, wieso? Wieso hat die Bundesregierung keine Vorkehrungen ge- troffen, dass nicht in Natur- und Landschaftsschutzgebieten nach Gasvorkommen gebohrt werden darf? Zur Frage 18: Bohrungen nach Erdgasvorkommen sind in Natur- und Landschaftsschutzgebieten nach den naturschutzrecht- lichen Vorschriften grundsätzlich verboten. Naturschutz- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24659 (A) (C) (D)(B) und Landschaftsschutzgebiete sind durch Schutzgebiets- verordnungen geschützt. Ausnahmen oder Befreiungen von den Vorschriften – insbesondere den Verboten – der Schutzgebietsverordnungen können nur aufgrund der in den jeweiligen Verordnungen festgelegten Bedingungen durch die zuständigen Behörden der Länder erteilt wer- den. Das Bundesberggesetz gewährleistet die Beachtung der naturschutzrechtlichen Vorschriften. § 48 Abs. 1 Satz 1 Bundesberggesetz stellt klar, dass die Aufsuchung und die Gewinnung bergfreier und grundeigener Boden- schätze auf Grundstücken, die durch Gesetz oder auf- grund eines Gesetzes einem öffentlichen Zweck gewid- met oder im Interesse eines öffentlichen Zweckes geschützt sind – wie Natur- und Landschaftsschutzge- biete – den allgemein für derartige Tätigkeiten geltenden öffentlich-rechtlichen Verboten oder Beschränkungen unterliegen. Zur Frage 19: Diesbezügliche Regelungen liegen an Land und in der 12-Seemeilen-Zone im Zuständigkeitsbereich der jewei- ligen Länder. Anlage 11 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 17/11282, Frage 23): Welches Material hat die Bundesregierung seit 2008 an die malischen Streitkräfte geliefert – bitte aufschlüsseln nach Ma- terialtyp, -wert und Lieferjahr –, und welche Ausbildungs- maßnahmen wurden seit 2008 von der Bundeswehr für die malische Armee erbracht – bitte aufschlüsseln nach Art der Maßnahme, Zeitraum und Anzahl der beteiligten Bundes- wehrsoldaten? Die Republik Mali war von 1969 bis 1994 und ist seit 2005 erneut Empfängerland im Rahmen des Ausstat- tungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländi- sche Streitkräfte, AH-P. Mit Billigung des Auswärtigen Ausschusses sowie des Haushaltsausschusses des Deut- schen Bundestages wurde bisher Ausstattungshilfe im Wert von insgesamt 37,12 Millionen Euro geleistet. Zur Steigerung der Programmeffizienz ist in Mali seit 2005 eine Beratergruppe der Bundeswehr mit zwei Offi- zieren und fünf Feldwebeln eingesetzt. Nach dem Putsch im März 2012 wurde aufgrund der politischen und der Sicherheitslage die Rückführung der Beratergruppe ver- fügt. Die Soldaten und deren Familienangehörige haben im April 2012 das Land verlassen. Das Ausstattungshil- feprogramm ruht derzeit. Im Zeitraum 2008 bis 2011 sind im Rahmen des Aus- stattungshilfeprogramms unter anderem 18 Lkw, eine Wasseraufbereitungsanlage sowie drei gebrauchte Bau- maschinen bereitgestellt worden. Die Lieferung aus dem Jahr 2012 ist kurz nach dem Putsch in Mali eingetroffen und wurde bislang nicht offiziell an die malischen Streit- kräfte übergeben. Die Lieferung von Waffen, Munition sowie Maschi- nen zu deren Herstellung und die Ausbildung an solchen sind im Rahmen der Ausstattungshilfe ausgeschlossen. Es wurden Ausbildungsmaßnahmen in zwei zentralen Ausbildungsbereichen erbracht: in der Pionier- und Pio- niermaschinenausbildung unter anderem für die Bereiche Straßenbau, Gewässerüberquerung, Wasseraufbereitung, Feldlagerbau, Minenräumen; in der Berufsausbildung für Bauhauptberufe und Kfz-Wesen. Anlage 12 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Drucksa- che 17/11282, Frage 24): Wie beurteilt das BMZ die gewalttätigen Übergriffe gegen die muslimische Minderheit der Rohingya im Bundesstaat Rakhine in Myanmar, und welche konkreten humanitären Hilfsmaßnahmen ergreift bzw. erwägt die Bundesregierung bilateral, multilateral und gemeinsam mit den europäischen Partnern zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems in Myan- mar? Die Bundesregierung verurteilt die Gewalt im Bun- desstaat Rakhine in der Republik der Union Myanmar zwischen den Volksgruppen der muslimischen Rohingya und der buddhistischen Rakhine und ruft alle Seiten zu sofortiger Einstellung der Übergriffe auf. Besonders be- sorgniserregend ist das erneute Aufflammen von Gewalt seit dem 21. Oktober 2012 nach einer längeren Phase re- lativer Ruhe. Im Fokus steht zunächst die humanitäre Versorgung der mittlerweile über 100 000 Binnenvertriebenen. Der adäquate Zugang zu den Bedürftigen für die Vereinten Nationen und die internationalen Hilfsorganisationen muss hier noch verbessert werden. Auch müssen die Verantwortlichen für die Gewalt zur Verantwortung ge- zogen werden. Notwendig aus Sicht der Bundesregie- rung sind zudem die Rückkehr der Vertriebenen, sobald die Lage dies erlaubt, ein Versöhnungsprozess, der auch die Klärung des rechtlichen Status der Rohingya – insbe- sondere der Staatsangehörigkeitsfrage – beinhalten sollte, und insgesamt ein Entwicklungskonzept für den Bundes- staat Rakhine. Die Bundesregierung hat 2012 ein humanitäres Hilfs- projekt von Malteser International mit Maßnahmen unter anderem im Hygienesektor sowie zur Verteilung von le- bensnotwendigen Bedarfsgegenständen in Flüchtlingsla- gern im Bundesstaat Rakhine in Höhe von 189 000 Euro finanziert. Die Bundesregierung hat angesichts des gro- ßen Bedarfs zugesagt, dort weitere humanitäre Maßnah- men für Binnenvertriebene zu finanzieren. Hierzu befin- det sich ein humanitäres Projekt in Höhe von bis zu 200 000 Euro in der Planung. Auf internationaler Ebene hat die Bundesregierung in Myanmar das Länderbüro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, UNOCHA, finanziell mit 100 000 Euro unterstützt. 24660 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) Die EU-Generaldirektion für humanitäre Hilfe, Kata- strophenvorsorge und internationale Zusammenarbeit, ECHO, hat 2012 circa 17,5 Millionen Euro für humani- täre Hilfsmaßnahmen in Myanmar, auch in der Rakhine- Region, bereitgestellt. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat bei einem Besuch in Myanmar vor wenigen Tagen weitere 4 Millionen Euro für humanitäre Sofortmaßnahmen in Rakhine angekündigt, wenn der Zugang zu den Bedürftigen garantiert werde. Deutsch- land ist als größter EU-Beitragszahler an der Finanzie- rung der humanitären Hilfsmaßnahmen der Europäi- schen Kommission mit rund 20 Prozent beteiligt. Anlage 13 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Drucksa- che 17/11282, Frage 25): Wie ist die Position der Bundesregierung in den Verhand- lungen zum MFR 2014 bis 2020 der Europäischen Union im Hinblick auf die geplanten Finanzmittel für das Forschungs- programm „Horizon 2020“, und in welcher Höhe – relativ und absolut – sollen nach Auffassung der Bundesregierung hier- von Gelder für die Forschung zur Bekämpfung vernachlässig- ter und armutsassoziierter Krankheiten und Fragen der globa- len Gesundheit zur Verfügung gestellt werden? Die Bundesregierung tritt für eine Begrenzung des Mehrjährigen Finanzrahmens, MFR, der Europäischen Union auf 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens, BNE, ein. In diesem Rahmen fordert die Bundesregie- rung eine Neustrukturierung des MFR zugunsten von Zukunftsinvestitionen wie Forschung und Innovation. Die Bundesregierung hat sich auf eine konkrete Förder- höhe für einzelne Programme, einschließlich des For- schungsprogramms „Horizont 2020“, jedoch noch nicht festgelegt. Die Position der Bundesregierung zur Verteilung der Mittel auf einzelne Forschungsgebiete und -themen wird nach Festlegung des für „Horizont 2020“ zur Verfügung stehenden Gesamtvolumens festgelegt. Unbenommen davon setzt sich die Bundesregierung gemäß ihrer Internationalisierungsstrategie und der deut- schen Hightech-Strategie bei der Ausgestaltung des neuen 8. EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ für eine Stärkung der Ge- sundheitsforschung ein. Dabei liegt – wie auch im natio- nalen Rahmenprogramm Gesundheitsforschung – ein Schwerpunkt auf Fragen der globalen Gesundheit und auf der Bekämpfung vernachlässigter und armutsasso- ziierter Krankheiten. Anlage 14 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 26): Um wie viel Prozent möchte die zyprische Ratspräsident- schaft in der von ihr am 30. Oktober 2012 vorgelegten Ver- handlungsbox den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 für den MFR 2014 bis 2020 in der Teil- rubrik 1 a unter Nichtberücksichtigung der „Connecting Europe“-Fazilität, von ITER und GMES kürzen, und wie be- wertet die Bundesregierung diese Kürzung im Vergleich zu den Kürzungsvorschlägen bei den Direktzahlungen und marktbezogenen Ausgaben in der Rubrik 2? Die Bundesregierung tritt dafür ein, die Ausgaben im Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 auf 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Europäischen Union zu begrenzen und die Ausgaben gleichzeitig auf die Stär- kung von Wachstum und Beschäftigung zu konzentrie- ren. Der Vorschlag der zyprischen Ratspräsidentschaft reicht bei weitem nicht aus, um diese Anliegen umzuset- zen. Zu den unvermeidlichen Anpassungen müssen prin- zipiell alle Rubriken beitragen, auch die Rubrik 2. Der Vorschlag der Präsidentschaft vom 29. Oktober 2012 bedeutet für die Rubrik 1 a ohne die „Connecting Europe“-Fazilität und die Großprojekte einen um gut 5 Prozent geringeren Ansatz als im Vorschlag der EU-Kommission. Bei der Bewertung muss aus Sicht der Bundesregierung aber insbesondere der Status quo als Referenz dienen. Der Vorschlag der EU-Ratspräsident- schaft bedeutet für die Rubrik 1 a eine deutliche Stär- kung im Vergleich zum jetzigen Förderzeitraum. Anlage 15 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 27): Sieht die Bundesregierung die im Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung (vergleiche Pressemitteilung der Bundesregierung vom 21. Juni 2012) mit den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen geschlos- senen Vereinbarungen bezüglich des MFR 2014 bis 2020 in der von der zyprischen Ratspräsidentschaft am 30. Oktober 2012 vorgelegten Verhandlungsbox als umgesetzt an, und wie gedenkt die Bundesregierung die Vereinbarungen umzuset- zen, soweit es aus ihrer Sicht noch nicht passiert ist? Die Bundesregierung setzt sich in den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union dafür ein, dass der EU-Haushalt auf wachstums- und beschäftigungsfördernde Investitionen ausgerichtet wird, wie es auch mit den Fraktionen im Deutschen Bun- destag vereinbart wurde. Da nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen, müssen wir die vorhandenen Ressourcen besser nutzen. Die Bundesregierung hat deshalb mehrfach Vorschläge zu ei- ner Verbesserung der Ausgabenqualität in die Diskus- sion eingebracht. Die zyprische Ratspräsidentschaft hat hier bisher nicht die richtigen Akzente gesetzt. Die Bun- desregierung wird sich weiter dafür einsetzen, dass der künftige EU-Haushalt zur Schaffung von Wachstum und Beschäftigung genutzt wird und einen deutlichen Beitrag zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise leistet. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24661 (A) (C) (D)(B) Anlage 16 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 28): Wie wirkt sich der gerade von der aktuellen EU-Präsident- schaft vorgelegte MFR im Einzelnen in Bezug auf die Netto- zahlerposition Deutschlands, die Rückflüsse aus Agrar-, Struktur- und Kohäsionsfonds sowie die anteilige Finanzie- rung von ITER (jeweils nach Möglichkeit in Euro) aus, und welche Vorschläge hat die Bundesregierung im Hinblick auf Ankündigungen des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Michael Link, der Finanzrahmen gehe in seinen Sparmaßnah- men nicht weit genug, bleibe hinter erforderlichen Sparmaß- nahmen zurück, habe noch nicht die richtigen Akzente, was die Qualität der Ausgaben betreffe (FAZ, 1. November 2012), im Einzelnen – unter Angabe des jeweiligen Finanzvolu- mens – für das angekündigte „moderne Budget“? Die Bundesregierung strebt zusammen mit anderen Nettozahlern eine Begrenzung aller EU-Ausgaben auf 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Europäi- schen Union an, um den krisenbedingten Konsolidie- rungserfordernissen in den einzelnen Mitgliedstaaten auch auf EU-Ebene Rechnung zu tragen. Der von der zy- prischen Ratspräsidentschaft vorgelegte Kompromiss- vorschlag liegt noch immer etwa 80 Milliarden Euro über diesem Ziel. Um auch mit weniger Geld stärkere Impulse für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu setzen, setzt sich die Bundesregierung unter dem Stich- wort „Better Spending“ für eine signifikante Verbesse- rung der Ausgabenqualität im EU-Haushalt ein. Auch hier bleibt der Vorschlag der Präsidentschaft noch weit hinter dem Erforderlichen zurück. Die Nettozahlerposition Deutschlands verbessert sich grundsätzlich durch jede Art von Kürzung, da Deutsch- land in allen Politikbereichen mehr einzahlt, als es an Fördermitteln zurückerhält. Bei den Struktur- und Kohäsionsfonds soll das ge- plante Sicherheitsnetz für die neuen Bundesländer aus- geweitet werden auf die heutigen Übergangsregionen Leipzig, Lüneburg und Brandenburg Südwest. Das ist ein großer Erfolg für die deutsche Verhandlungsführung; nur Griechenland hatte uns in diesem Anliegen unter- stützt. Gleichzeitig soll die Höhe des Sicherheitsnetzes etwas reduziert werden und statt zwei Drittel nur noch 63 Prozent der heutigen Mittel sichern. In der Summe stellen diese beiden Veränderungen aber immer noch eine klare Verbesserung für die neuen Bundesländer ge- genüber dem Kommissionsvorschlag dar. In der Agrarpolitik sieht der Präsidentschaftsvor- schlag eine Kürzung um etwa 3 Prozent vor. Dadurch würden auch die Agrarrückflüsse nach Deutschland et- was niedriger ausfallen als im Kommissionsvorschlag. Zu ITER hat die Präsidentschaft keinen konkreten Zahlenvorschlag vorgelegt. Anlage 17 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck- sache 17/11282, Frage 29): Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die Folgen der mehrwöchigen Belagerung und des Beschusses Bani Walids durch regierungstreue Milizen in Libyen (www.nytimes.com/2012/10/22/world/africa/libyan-town-un- der-siege-is-a-center-of-resistance.html) und über Art und Herkunft der hierbei zum Einsatz gekommenen Waffen, ins- besondere auch über die Hinweise auf den Einsatz chemischer Waffen (www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/3139461/ machtvakuum-libyen-angst-um-bani-walid.story), vor? Im Auftrag der libyschen Führung waren bewaffnete Truppen eingesetzt worden, um in Bani Walid mutmaßli- che Verbrecher zu verhaften. Die Angriffe dieser Trup- pen auf Bani Walid haben dazu geführt, dass Tausende von Bewohnern aus der Stadt geflüchtet sind. Die liby- sche Regierung hat deshalb ein Krisenkomitee eingesetzt und in den benachbarten Städten Nasmah, Tarhuna und Sliten sowie in Sirte und al-Urban Aufnahmestellen für die Flüchtlinge eingerichtet. Bei der militärischen Auseinandersetzung in Bani Walid wurden vermutlich Maschinengewehre und Ma- schinenkanonen als Flugabwehrwaffen und auch Mörser eingesetzt, welche, auf Pick-ups montiert, innerhalb der libyschen Milizen weit verbreitet sind. Über deren Her- kunft ist nichts bekannt. Es liegen keine Hinweise vor, die den erhobenen Vorwurf des Einsatzes von chemi- schen Waffen belegen. Anlage 18 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck- sache 17/11282, Frage 30): Welche Informationen liegen der Bundesregierung zwi- schenzeitlich über die genaueren Umstände des Abschusses eines türkischen Kampfflugzeugs vom Typ F-4E Phantom am 22. Juni 2012 (dessen Position zum Zeitpunkt des Abschus- ses, Position sowie Zustand der Wrackteile) vor, und wie beurteilt die Bundesregierung die zunächst aus Sicht der Fra- gestellerin sehr einseitigen Stellungnahmen des Bundesminis- ters des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, sowie der NATO zugunsten der Türkei anlässlich von Granateinschlä- gen nahe der syrischen Grenze in der Türkei, vor dem Hinter- grund, dass der Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa, Generalleutnant Mark P. Hertling, jüngst einräumte, dass der Ursprung der Granaten und wer sie abgefeuert habe, bislang ungeklärt sei (www.state.gov/r/pa/prs/dpb/2012/10/ 199884.htm)? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkennt- nisse über den genauen Verlauf des Abschusses vor. Ein offizieller türkischer Untersuchungsbericht wurde bisher nicht veröffentlicht. Laut türkischen Pressemittei- lungen bestätigt ein interner Untersuchungsbericht der türkischen Streitkräfte von Mitte September 2012, dass das unbewaffnete Aufklärungsflugzeug im internationa- len Luftraum durch eine Luftabwehrrakete abgeschossen worden sei. 24662 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) Festzuhalten bleibt, dass ein Abschuss ohne vorherige Warnung auf ein unbewaffnetes Aufklärungsflugzeug er- folgte, was als unverhältnismäßiger Akt zu werten ist. Was den Beschuss türkischen Territoriums aus Syrien heraus betrifft, ist es seit August dieses Jahres zu unre- gelmäßigem Beschuss des türkischen Staatsgebiets durch Artilleriegeschosse gekommen, zuletzt am 29. Ok- tober 2012. Am 3. Oktober 2012 kamen dabei fünf Zivi- listen, darunter auch Kinder, ums Leben. Neben der Bundesregierung haben der Generalsekretär der Verein- ten Nationen, VN, der NATO-Rat und der EU-Außenrat den Beschuss vom 3. Oktober 2012 scharf verurteilt. Auch Russland trug die Pressemitteilung des VN-Sicher- heitsrats zur scharfen Verurteilung der syrischen An- griffe am 5. Oktober 2012 mit. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, hat gegenüber der Türkei bei seinem Tref- fen mit dem türkischen Außenminister am 13. Oktober 2012 ausdrücklich die Solidarität als NATO-Partner un- terstrichen, gleichzeitig aber auch zur Besonnenheit auf- gerufen. Anlage 19 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 17/11282, Fragen 31 und 32): Wie wird das Auswärtige Amt angesichts der bisherigen „Untätigkeit des Auswärtigen Amtes“ im Fall Dadaab durch die Übertragung der Entwicklungsorientierten Not- und Über- gangshilfe, ENÜH, vom BMZ auf das Auswärtige Amt – jetzt entwicklungsfördernde und strukturbildende Übergangshilfe, ESÜH – künftig sicherstellen, Fehlsteuerungen zu vermeiden, und wäre es angesichts des von Bundesminister Dirk Niebel konstatierten Kompetenzproblems im Auswärtigen Amt nicht angebracht, die Mittel wieder in jenes Bundesministerium zu geben, das dieses Kompetenzproblem nicht hat (vergleiche Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 31. Oktober 2012)? Welche Maßnahmen werden ab Januar 2013 in und um Dadaab finanziert – bitte genau nach Höhe der Finanzierung, Trägern und Haushaltstiteln aufschlüsseln –, und sind andere in Zusammenhang mit Dadaab stehende Projekte, die zum Teil auch an anderen Orten in Kenia durchgeführt werden, ebenfalls von der Verlagerung der ENÜH vom BMZ auf das Auswärtige Amt – jetzt ESÜH –, betroffen – bitte gegebenen- falls die Projekte einzeln benennen? Zu Frage 31: Die Bundesregierung setzt die humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge in Dadaab fort. Das Auswärtige Amt steht dazu in engem Kontakt mit dem Flüchtlingshoch- kommissar der Vereinten Nationen und spricht mit sei- nen Experten über die konkreten Bedürfnisse vor Ort. Das Horn von Afrika bleibt angesichts der aktuellen Lage Schwerpunkt der humanitären Hilfe der Bundesre- gierung. Mit der Vereinbarung zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, wurde der bis dahin durch das BMZ verwaltete Titel der „Entwick- lungsorientierten Not- und Übergangshilfe“ aufgelöst und in den Titel „Humanitäre Hilfe“ des Auswärtigen Amtes überführt. Das Auswärtige Amt hat jetzt die Ge- samtzuständigkeit für die humanitäre Hilfe der Bundes- regierung, einschließlich der Nahrungsmittelhilfe. Dies erhöht die kurzfristige Reaktionsfähigkeit der Bundesre- gierung in humanitären Krisen und ermöglicht ein schnelles und kohärentes humanitäres Engagement. Gleichzeitig wurde im BMZ der Bereich der „Ent- wicklungsfördernden und strukturbildenden Übergangs- hilfe“ als ein Instrument der mittel- und langfristig auf- gelegten Entwicklungszusammenarbeit geschaffen und mit eigenen Finanzmitteln ausgestattet. Die Schaffung dieses Instruments ist zu begrüßen, da damit der Über- gang von Sofortmaßnahmen der humanitären Hilfe zu solchen der nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit erleichtert wird. Dieses Instrument kommt dem An- spruch nach, Überlebenshilfe in Entwicklungsmaßnah- men zu überführen, dem sogenannten Linking Relief, Rehabilitation and Development. Zu Frage 32: Das Auswärtige Amt wird das humanitäre Engage- ment des Flüchtlingshochkommissars der Vereinten Nationen, UNHCR, in Dadaab weiter unterstützen. Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, hat das Auswärtige Amt dem UNHCR zugesagt, seine Zu- wendungen für 2013 um mindestens 2,2 Millionen Euro aufzustocken, damit der UNHCR die Versorgung der Flüchtlinge im Lager Dadaab aufrechterhalten kann. Da- mit gewährleistet das Auswärtige Amt eine Förderung des UNHCR mindestens in gleicher Höhe wie zuvor das BMZ. Das Auswärtige Amt wird darüber hinaus auch Pro- jekte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, IKRK, und von Nichtregierungsorganisationen in Dadaab weiter fördern. Eine konkrete Auflistung der 2013 umzusetzenden Vorhaben ist jedoch erst möglich, wenn dem Auswärtigen Amt die entsprechenden Pro- jektvorschläge vorliegen. Das BMZ wird im Rahmen der entwicklungsfördern- den und strukturbildenden Übergangshilfe um das Flüchtlingslager Dadaab Maßnahmen zur Stabilisierung der Lebensgrundlagen der ortsansässigen Bevölkerung und zur Stärkung friedlicher Konfliktbearbeitung in Höhe von 4,1 Millionen Euro fördern. Das Projekt, das eine Laufzeit von September 2011 bis August 2014 hat, wird durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, GIZ, umgesetzt. Ferner plant das BMZ die Förderung von Bildungsprojekten in den Flüchtlings- lagern Dadaab und Kakuma in Höhe von 1 Millionen Euro. Dieses Vorhaben wird durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, in Kooperation mit dem UNHCR umgesetzt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24663 (A) (C) (D)(B) Anlage 20 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 33): Trifft es zu, dass die Bundesregierung rund 100 Millionen Euro im EU-Haushalt einsparen will (vergleiche www.top agrar.com), ohne dabei das Budget der Gemeinsamen Agrar- politik zu kürzen? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, den Mehr- jährigen Finanzrahmen der Europäischen Union 2014 bis 2020 auf 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Europäischen Union zu begrenzen. Dies bedeutet, dass der Vorschlag der EU-Kommission für die Summe der Gesamtausgaben für diese sieben Jahre um mehr als 130 Milliarden Euro in 2011er-Preisen gekürzt werden muss. Zu diesem restriktiven Ansatz müssen alle Ausgaben- bereiche beitragen, auch die Gemeinsame Agrarpolitik. Anlage 21 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksa- che 17/11282, Frage 34): Teilt die Bundesregierung das aus Sicht des Fragestellers eher wissenschaftlich begründete Urteil einer strategischen Manipulation der Euro-Barometer-Umfrage durch die Europäi- sche Kommission (vergleiche Höpner/Jurczyk in Leviathan, 3/2012, Seite 345 f.), und inwiefern wird die Bundesregierung gegenüber der Kommission zu dieser Strategie Stellung neh- men, die nach Ansicht des Fragestellers eine Scheinlegitima- tion der EU darstellt und angesichts der öffentlichen Interpre- tation durch die Kommission (Beispiele ebenda Seite 341 und 342) eher als Propaganda gesehen werden kann? Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, dass die Europäische Kommission manipulierte Umfragen in Auftrag gibt. Die Bundesregierung sieht daher keinen Anlass, dieses Thema mit der EU-Kommission aufzu- nehmen. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/11282, Frage 35): Welche weiteren Details kann die Bundesregierung zum Tod von 58 Flüchtlingen am 28. Oktober 2012 bei Gibraltar erläutern, deren tödlicher Schiffbruch nach unterschiedlichen Medienberichten (http://ffm-online.org/2012/10/29/58-tote- bei-gibraltar-pro-asyl-erklarung-29-10-2012-18-uhr) 13 Stun- den zuvor von einem Flugzeug im Rahmen der Frontex-Mis- sion Indalo fotografiert worden war, wobei unklar ist, ob es sich um ein deutsches oder ein maltesisches Flugzeug han- delte – zumal Malta sich 2011 nicht an Indalo beteiligte –, und ist der Grund für die zu späte Hilfeleistung für die Ertrinken- den darin zu suchen, dass Frontex, die spanischen oder andere Behörden auf einer „Push-back“-Aktion bestanden, damit die Migrantinnen und Migranten von marokkanischen Schiffen aufgegriffen werden und nicht in die EU einreisen (falls nein, bitte anderweitige Gründe ausführen)? In dem genannten Seebereich findet die Frontex-ko- ordinierte Seegrenzenoperation Indalo statt. Deutschland beteiligt sich an dem Einsatz weder mit Schiffen noch mit Hubschraubern bzw. Flugzeugen oder Besatzungen für diese Einsatzmittel. Ziel dieser Frontex-Operation ist die Unterstützung der zuständigen spanischen Behörden bei der Verhinde- rung von Seewegschleusungen aus Algerien und Ma- rokko kommend nach Spanien. Die Rettung von in See- not geratenen Schiffen und Booten bzw. den darauf befindlichen Personen entsprechend der sogenannten Frontex-Leitlinien (Beschluss des Rates der Europäi- schen Union zur Ergänzung des Schengener Grenzkodex hinsichtlich der Überwachung der Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die ope- rative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mit- gliedstaaten der Europäischen Union koordinierten ope- rativen Zusammenarbeit, 2010/252/EU vom 26. April 2010) hat oberste Priorität im Rahmen des Frontex-Ein- satzes. Die Verantwortung für die Überwachung und die Kontrolle der EU-Außengrenzen liegt weiterhin bei dem zuständigen EU-Mitgliedstaat, in diesem Fall den spani- schen Behörden. Gleiches gilt auch für die Seenotrettung innerhalb der dafür festgelegten Seenotrettungszonen. Der Bundesregierung ist lediglich bekannt, dass so- wohl Einsatzkräfte anderer EU-Mitgliedstaaten unter Mandat der Agentur Frontex als auch Einsatzkräfte der spanischen maritimen Search-&-Rescue-Organisation SASEMAR sowie der spanischen Guardia Civil an den Such- und Rettungsmaßnahmen beteiligt waren. Die spanische Regierung hat sich als verantwortlicher Staat die Veröffentlichung eines offiziellen Berichts über das Ereignis vorbehalten. Mangels anders lautender Informationen geht die Bundesregierung davon aus, dass alle Einsatzkräfte die Such- und Rettungsmaßnahmen im Einklang mit inter- nationalem Recht und bestehenden Vereinbarungen und im Rahmen der tatsächlich bestehenden Möglichkeiten durchgeführt haben. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage der Abgeordneten Ula Jelpke (DIE LINKE) (Drucksache 17/11282, Frage 36): Welche konkreten Möglichkeiten hat das Bundesministe- rium des Innern in seinem Evaluationsbericht zum deutschen Projekt der Beratung des Libanon in Fragen der Grenzsicher- heit für eine deutsche (grenz)polizeiliche Unterstützung des Libanon bei der Verbesserung des Grenzmanagements be- schrieben (vergleiche Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage 39, Plenarprotokoll 17/200, Anlage 26), und inwiefern werden diese Möglichkeiten umgesetzt? Mit der Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen Nr. 1701 (2006) wurde ein Grundstein für die 24664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) Stabilisierung der Beziehungen zwischen Israel und Li- banon gelegt. Die Umsetzung der Resolution dient dabei auch der Stabilität der gesamten Region und ist somit von besonderem außenpolitischen Interesse für die Bun- desrepublik Deutschland. Durch die deutsche Beteili- gung an der maritimen UNIFIL-Komponente, aber auch durch zusätzliche bilaterale Anstrengungen – wie die Stärkung der libanesischen Kapazitäten in Bezug auf seine See- und Landgrenzen – konnte und kann Deutsch- land sein Engagement für Resolution 1701 und damit für den Frieden in der Region untermauern. In diesem Kon- text nimmt das Grenzberatungsprojekt der Bundespoli- zei/Zoll einen wichtigen Platz in der deutschen Unter- stützung für die internationalen Bemühungen um Stabilität in der Region ein. Der Evaluationsbericht führt die folgenden konkreten Handlungsmöglichkeiten für die deutsche (grenz)poli- zeiliche Unterstützung des Libanon zur Verbesserung des Grenzmanagements auf: Erstens. Die Struktur des deutschen Engagements könnte an die Umstände und den geänderten Bedarf an- gepasst werden. Als denkbare Alternativen werden der Einsatz eines Langzeitberaters, eines Polizeiberaters oder eines Bundespolizei-Verbindungsbeamten aufge- führt. Auch die Möglichkeit der Eingliederung in die Deutsche Botschaft wird genannt. Zweitens. Es wird vorgeschlagen, die Unterstützungs- leistung für den Bereich der Grenzbehörde, General Security, in den Feldern der strategischen Beratung, Ausbildungs- und Ausstattungshilfe beizubehalten. Drittens. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das En- gagement an der Nordgrenze an die EU überführt wer- den könnte. Der EU-Vertretung stünden für die nächsten drei Jahre rund 3,6 Millionen Euro im Bereich des Grenzmanagements zur Verfügung. Sie verfolge die gleiche Zielrichtung wie das deutsche Engagement, so- dass hier Kompetenzen gebündelt werden könnten. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra- ge 37): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Gutachten von Professor Dr. Markus Heintzen, welches im Auftrag der Stadt Bonn sowie der Kreise Rhein-Sieg und Ahr- weiler zum Berlin-Bonn-Gesetz zu dem Ergebnis kommt, dass sich inzwischen nur noch weniger als 50 Prozent der Bundesministeriumsposten in Bonn befinden würden, und wie viele Bundesministerialarbeitsplätze befanden sich zum 1. Oktober 2012, nach Bundesministerien aufgeschlüsselt, in Bonn und Berlin? Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Anlass, Konsequenzen aus dem von der Stadt Bonn und den Kreisen Rhein-Sieg und Ahrweiler in Auftrag gegebenen Gutachten zu ziehen. Aufgeschlüsselt nach Ministerien ergeben sich zum 1. Oktober 2012 in Bonn und Berlin folgende Ministe- rialarbeitsplätze – angegeben wird immer die Zahl der Stellen/Planstellen (ohne Ersatzplanstellen), weil dies auch die Größen sind, die gegenüber dem Haushaltsaus- schuss des Deutschen Bundestages kommuniziert wer- den –: Bundesministerium Dienstsitz Bonn Dienstsitz Berlin Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 372,80 1.132,50 Auswärtiges Amt 282,50 1.801,00 Bundesministerium des Innern 224,00 1.136,00 Bundesministerium der Justiz 19,00 530,65 Bundesministerium der Finanzen 361,00 1.471,00 Bundesministerium für Arbeit und Soziales 462,40 476,10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 664,30 215,00 Bundesministerium der Verteidigung 1.516,00 936,00 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 233,00 228,00 Bundesministerium für Gesundheit 343,80 163,90 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 729,00 626,50 Bundesministerium für Umwelt. Naturschutz und Reaktor- sicherheit 501,20 299,30 Bundesministerium für Bildung und Forschung 683,50 217,50 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 500,50 187,00 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24665 (A) (C) (D)(B) Hinzu kommen die nichtministeriellen Arbeitsplätze im Bundeskanzleramt – Bonn: 23,00 und Berlin: 544,00 –, beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – Bonn: 124,75 und Berlin: 78,00 – sowie im Bundespresseamt – Bonn: 75,00 und Berlin: 408,80. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 38): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen des Rechtsgutachtens von Professor Dr. Markus Heintzen zu den „Strukturellen und aktuellen Problemen des Berlin-Bonn-Gesetzes“, wonach die derzeitige Verteilung der Arbeitsplätze zwischen Bonn und Berlin objektiv rechtswid- rig ist, da die gesetzlichen Vorgaben in § 4 Abs. 4 des Berlin- Bonn-Gesetzes nicht eingehalten werden? Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Anlass, Konsequenzen aus dem von der Stadt Bonn und den Kreisen Rhein-Sieg und Ahrweiler in Auftrag gegebenen Gutachten zu ziehen. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 39): Welche Informationen im Einzelnen und seit wann hat die Bundesregierung über die Erkenntnisse der deutschen Sicher- heitsbehörden, nach denen radikale Salafisten Anfang des Jahres 2012 eine „beachtliche Geldsumme aus einem arabi- schen Golfstaat“ für die Finanzierung der seit einem Jahr stattfindenden Koran-Verteilaktion erhalten haben (vergleiche Die Welt vom 16. Oktober 2012)? Sie beziehen sich in Ihrer Fragestellung auf einen Be- richt der Zeitung Die Welt, in dem der Journalist Florian Flade die Behauptung aufstellt, dass die Finanzierung der Kampagne „LIES!“ durch eine „beachtliche Geld- summe aus einem arabischen Golfstaat“ erfolgt sei. Der Autor suggeriert dabei, diese Aussage beruhe auf gesi- cherten Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden. Diese Behauptung ist nach Kenntnis der Bundesregie- rung nicht zutreffend. Über die Finanzierung der Koran-Verteilaktion durch die Regierungen der Golfstaaten liegen der Bundesregie- rung keine Erkenntnisse vor. Soweit Privatspender aus dieser Region die Kampagne unterstützt haben, lässt dies keine Rückschlüsse auf staatlich gesteuerte Aktivitäten zu. Die deutschen Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass die Kampagne „LIES!“ hauptsächlich durch Spen- den aus dem deutschsprachigen Raum und den Verkauf kostenpflichtiger Koranübersetzungen finanziert wurde. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 40): Wann wird die Bundesregierung die auf EU-Ebene zur sogenannten Aufnahmerichtlinie erzielte Einigung, Arbeits- verbote für Asylbewerber dürften neun Monate nicht über- schreiten, umsetzen, und beabsichtigt sie, lediglich die gemein- schaftsrechtlichen Mindestvorgaben umzusetzen oder darüber hinaus die Dauer der Arbeitsverbote weiter zu verkürzen oder ganz aufzuheben? Das Rechtsetzungsverfahren für die Neufassung der sogenannten EU-Aufnahmerichtlinie ist noch nicht abge- schlossen. Das Ergebnis des informellen Trilogs wurde durch den Rat, Justiz und Inneres, im Wege einer politi- schen Einigung am 25. Oktober 2012 angenommen. Die förmliche Verabschiedung durch den Rat und das Euro- päische Parlament steht noch aus. Ein Abschluss der Ver- handlungen wird bis Ende 2012 angestrebt. Über die konkrete Umsetzung der einzelnen Aspekte der Richtlinie wird im Detail während des sich anschlie- ßenden Umsetzungsverfahrens entschieden werden. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 41): Wie geht die Bundesregierung mit der Problematik um, dass durch den faktischen Bearbeitungs- und Entscheidungs- stopp des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (siehe Debatte des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 24. Oktober 2012) für Flüchtlinge aus Staaten mit hohen An- erkennungsquoten, wie beispielsweise Afghanistan, Iran und Syrien, sich gerade dieser Personenkreis auf unabsehbare Zeit in einer perspektivlosen Lage befindet? Die Bundesregierung weist die Unterstellung der Per- spektivlosigkeit der Lage von Asylbewerbern aus Staa- ten mit einer hohen Anerkennungsquote entschieden zu- rück. Durch die seitens des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, BAMF, getroffenen Beschleunigungsmaß- nahmen ist es bereits gelungen, die durchschnittliche Verfahrensdauer bei Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien von der Antragstellung bis zur Entschei- dung auf 1,3 Monate zu senken. Für Erstanträge, die ab dem 1. Oktober 2012 gestellt wurden, beträgt die Verfah- rensdauer gegenwärtig durchschnittlich 14 Tage. Alleine im Oktober 2012 wurden 2 347 Entscheidungen zu dem Herkunftsland Serbien und 1 582 Entscheidungen zu Mazedonien getroffen. Die Bundesregierung geht deshalb davon aus, dass die prioritäre Bearbeitung der überwiegend aus wirt- schaftlichen Gründen gestellten Asylanträge serbischer und mazedonischer Staatsangehöriger kurzfristig Wir- kung zeigen wird, sodass danach die Anträge von Asyl- bewerbern aus anderen Ländern wieder verstärkt bear- beitet werden können. 24666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Fragen der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE LINKE) (Drucksache 17/11282, Fragen 42 und 43): Inwieweit wird die Bundesregierung dem Wunsch der hungerstreikenden Flüchtlinge am Brandenburger Tor ent- sprechen, mit ihnen über ihre politischen Forderungen ins Ge- spräch zu kommen – durch wen, wann –, und welche Schluss- folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die Protestierenden offenkundig derart unter den Restriktio- nen des geltenden Asylsystems leiden, dass sie solche persön- lich höchst belastenden Formen des Protests einzugehen be- reit sind – Protestfußmarsch über Hunderte Kilometer nach Berlin, Hungerstreik im Freien, bei Kälte, Tag und Nacht? Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, die Forderungen der hungerstreikenden Flüchtlinge am Brandenburger Tor bzw. des Protestcamps am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg nach Abschaffung von Sondergesetzen – der Residenzpflicht, der Arbeitsverbote und -restriktionen, des Asylbewerberleis- tungsgesetzes und der verpflichtenden Lagerunterbringung – zumindest zu prüfen oder aufzugreifen, und inwieweit be- rücksichtigt die Bundesregierung dabei, dass die Betroffenen sich aktiv und produktiv in die deutsche Gesellschaft einbrin- gen wollen, statt infolge der gesetzlichen Beschränkungen zu Isolation, Untätigkeit und finanzieller Abhängigkeit gezwun- gen zu sein – bitte ausführen? Zu Frage 42: Frau Staatsministerin Professor Dr. Böhmer, die Be- auftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- linge und Integration, hat die Asylbewerber am Nach- mittag des 1. November 2012 getroffen und mit ihnen – gemeinsam mit der Berliner Senatorin für Arbeit, Inte- gration und Frauen, Frau Dilek Kolat – ein vierstündiges Gespräch geführt. Die Staatsministerin hat sich im An- schluss an das Gespräch vor der Presse zu ihren Eindrü- cken und Schlussfolgerungen aus dem Gespräch ge- äußert. Der Hungerstreik der Asylbewerber wurde am Abend des 1. November 2012 abgebrochen. Weiterer Gesprächsbedarf besteht aus Sicht der Bundesregierung nicht. In Anbetracht der Tatsache, dass sich derzeit über 50 000 Personen in Deutschland im Asylverfahren und über 20 000 im gerichtlichen Verfahren befinden, erge- ben sich aus den vereinzelten Protestfällen für die Bun- desregierung keine zwingenden Schlussfolgerungen. Zu Frage 43: Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass Asylbewerber nicht in „Lagern“ untergebracht werden. Unabhängig davon hält die Bundesregierung die an- gesprochenen Regelungen weiterhin für erforderlich. Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 wird das Asylbewerberleistungsgesetz derzeit überarbeitet. Im Übrigen weist die Bundesregierung die in der Frage enthaltenen Unterstellungen zurück. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 17/11282, Frage 44): Inwieweit gibt es gesetzliche Bestimmungen, wonach die Versicherungswirtschaft Kfz-Versicherungstarife nach Le- bensalter der Fahrerinnen und Fahrer differenzieren muss oder darf? Weder das Versicherungsaufsichtsrecht noch das Ver- sicherungsvertragsrecht enthalten entsprechende Rege- lungen. Die für die Prämienkalkulation relevanten Risi- komerkmale werden vertraglich – regelmäßig mit den Allgemeinen Versicherungsbedingungen – vereinbart; in die Vertragsfreiheit wird insoweit nicht eingegriffen. Eine entsprechende Vereinbarung stellt auch keine Be- nachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehand- lungsgesetzes, AGG, dar. Sofern man die Berücksichti- gung des Alters als „unterschiedliche Behandlung“ ansehen will, ist sie zulässig, wenn sie auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbeson- dere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhe- bungen (§ 20 Abs. 2 Satz 3 AGG). Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 17/11282, Frage 45): Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um beim Ecofin, Rat für Wirtschaft und Finanzen, am 13. November 2012 einen Beschluss zur Genehmigung der verstärkten Zusammenarbeit für eine Finanztransaktionsteuer gemäß der von der Kommission vorgeschlagenen Beschluss- fassung zu erreichen, und mit welchen Vorschlägen zur Aus- gestaltung der Steuer – gemäß der interfraktionellen Vereinba- rung vom 21. Juni 2012 – wird sich die Bundesregierung im darauffolgenden Prozess einbringen? Die Bundesregierung unterstützt weiterhin mit Nach- druck die Einführung eines gemeinsamen Finanztransak- tionsteuersystems, nachdem es ihr gelungen ist, insge- samt zehn weitere EU-Mitgliedstaaten für eine verstärkte Zusammenarbeit in diesem Bereich zu gewinnen. Vor einer Beschlussfassung des Ecofin-Rates über den Vorschlag der EU-Kommission für den Ermächti- gungsbeschluss zur verstärkten Zusammenarbeit ist nach den EU-Verträgen die Zustimmung des EU-Parlaments erforderlich. Diese liegt noch nicht vor. Es ist somit da- von auszugehen, dass der Ecofin-Rat am 13. November 2012 keine Entscheidung über den Vorschlag der EU- Kommission treffen wird. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand der Bundes- regierung plant die EU-Kommission, ihren Vorschlag für die Ausgestaltung einer Finanztransaktionsteuer im Wege der verstärkten Zusammenarbeit nach der An- nahme des Ermächtigungsbeschlusses vorzulegen. Die Bundesregierung wird den Vorschlag prüfen und – so- weit erforderlich – die vereinbarten Ziele aus dem Pakt Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24667 (A) (C) (D)(B) für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung in die Verhandlungen einbringen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra- gen der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/11282, Fragen 46 und 47): Welchen Gruppen von Betroffenen, die nicht formal als Verfolgte des NS-Regimes im Sinne des § 1 des Bundesent- schädigungsgesetzes anerkannt sind, kann eine Steuerbefrei- ung nach § 3 Nr. 8 a des Einkommensteuergesetzes gewährt werden, und wie soll eine hinreichende Information der Be- troffenen und der Beschäftigten in den Finanzbehörden und bei der Deutschen Rentenversicherung erreicht werden (ver- gleiche Antwort der Bundesregierung vom 4. Oktober 2012 auf meine schriftliche Frage 31 auf Bundestagsdrucksache 17/10925)? Welche Bedingungen – Art der Prüfung, Form, Inhalt und Umfang der Unterlagen – sind bisher als Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung anerkannt worden, und wäre nicht ange- sichts des zumeist hohen Alters der Betroffenen eine regel- hafte Einbeziehung des Verfolgtenstatus nach Entschädi- gungsrentengesetz sinnvoll? Zu Frage 46: Die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 8 a Einkommen- steuergesetz wird jenen Personen gewährt, die – ohne formal als Verfolgte des NS-Regimes anerkannt zu sein – die Voraussetzungen des § 1 Bundesentschädigungsge- setz, BEG, erfüllen. Nach dieser Vorschrift ist Verfolgter, „wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozia- listische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Frei- heit, Eigentum, Vermögen, in seinem beruflichen oder in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat“. Weitere Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist in je- dem Fall, dass in der Sozialversicherungsrente renten- rechtliche Zeiten aufgrund der Verfolgung enthalten sind. Nur dann besteht ein Zusammenhang zwischen der Sozialversicherungsrente und der Verfolgung durch das NS-Regime. Die Finanzbehörden prüfen die Voraussetzungen des § 3 Nr. 8 a EStG, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die Steuerbefreiung in Betracht kommt. Im Wege der Amts- hilfe ist ihnen hierbei die Deutsche Rentenversicherung behilflich. Außerdem werden potenziell Betroffene in Anschreiben der Finanzämter und in Bescheiden auf die Regelung hingewiesen. Zu Frage 47: Die Erhebung der Einkommensteuer obliegt den Fi- nanzbehörden der Länder. Diese haben die Steuerbefrei- ung des § 3 Nr. 8 a EStG in vielen Fällen automatisch, aufgrund des Ergebnisses der Amtshilfe durch in- und ausländische Behörden gewährt. Im Übrigen hängt es von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, wel- che Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen er- forderlich sind. Die Entscheidung hierüber trifft die zuständige Lan- desfinanzbehörde. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 3 Nr. 8 a EStG erfolgt nach einheitlichen Grundsätzen. Abgestellt wird dabei auf die Voraussetzungen des § 1 Bundesentschädi- gungsgesetz. Eine Ausdehnung der Befreiungsvor- schrift auf Personengruppen, die die Voraussetzungen des § 1 Bundesentschädigungsgesetz nicht erfüllen, stünde hierzu im Widerspruch und ist folglich nicht zu- lässig. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra- gen des Abgeordneten Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fragen 48 und 49): Wie beurteilt die Bundesregierung das Vorhaben der Euro- päischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, EBRD, Garantien in Höhe von 40 Millionen Euro für die Vermark- tung von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln in Osteuropa bzw. der Türkei bereitzustellen – Monsanto Risk Sharing –, und welche Position wird die Bundesregierung bei der Ent- scheidung über diese Garantiebewilligung Mitte Januar 2013 bei dem Treffen der Mitgliedsländer der EBRD einnehmen? Wie beurteilt die Bundesregierung die möglichen Auswir- kungen des Projekts „Monsanto Risk Sharing“ der EBRD auf die agrarwirtschaftlichen Strukturen in (Ost-)Europa vor dem Hintergrund der erheblich gestiegenen globalen Konzentra- tion der Saatgutmärkte mit einer dominierenden Marktmacht weniger großer Konzerne wie die Monsanto Agrar Deutsch- land GmbH, insbesondere im Hinblick auf den Verlust an Agrobiodiversität, der genetischen Sortenvielfalt bei Nutz- pflanzen und der Verfügbarkeit von nichtgentechnisch verän- dertem Saatgut für die Landwirtschaft? Zu Frage 48: Zu dem Projekt liegen gegenwärtig noch keine kon- kreten Angaben vor. Die Entscheidung im zuständigen Entscheidungsgremium der EBRD, dem Exekutivdirek- torium, ist am 15. Januar 2013 vorgesehen. Die Ent- scheidungsvorlage der EBRD wird frühestens Ende De- zember 2012 erwartet. Daher kann das Projekt mit seinen Auswirkungen von der Bundesregierung derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Zu Frage 49: Die Auswirkungen des Projekts können von der Bun- desregierung nicht beurteilt werden, da die konkrete Ent- scheidungsvorlage der EBRD noch nicht vorliegt. Auf die Antwort zu Frage 48 wird verwiesen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra- ge 50): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 zum 24668 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) Asylbewerberleistungsgesetz (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11), nach welchem die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschen- würde migrationspolitisch nicht zu relativieren ist, bei flücht- lingsrechtlichen Fragen – Residenzpflicht, Existenzminimum, Sachleistungen, Arbeitserlaubnis, Integrationskurse etc. –, und wann wird sie dieses Urteil umsetzen? Die Bundesregierung wird das Urteil des Bundesver- fassungsgerichts entsprechend den dort aufgestellten Grundsätzen umsetzen und unverzüglich eine Neurege- lung zur Sicherung des Existenzminimums von Leis- tungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsge- setz vorlegen. Wie die Neubemessung im Einzelnen erfolgen wird und ob darüber hinaus mit dem Gesetzge- bungsvorhaben noch andere Änderungen angestrebt werden, wird innerhalb der Bundesregierung abge- stimmt. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 51): Hält die Bundesregierung es für zulässig, dass Vermittler beim Jobcenter Arbeitslose – mit oder ohne deutsch klingen- dem Namen – im Vermittlungsgespräch zu einem eigenen Mi- grationshintergrund oder einem etwaigen der Eltern befragen, wie mir dies vom Jobcenter in Berlin-Steglitz berichtet wurde, und wie rechtfertigt die Bundesregierung gegebenenfalls sol- che Fragen? Die Erhebung des Merkmals Migrationshintergrund durch die Agenturen für Arbeit und Jobcenter wird von der Bundesregierung als zulässig erachtet. Sie erfolgt ge- mäß § 281 Abs. 2 SGB ausschließlich zu statistischen Zwecken. Die Daten werden anonymisiert. Der Gesetzgeber hat bereits mit der Verabschiedung des sogenannten Job-AQTIV-Gesetzes 2001 die Forde- rung verbunden, Personen mit Migrationshintergrund in den Förderstatistiken der Bundesagentur für Arbeit gesondert zu berücksichtigen. Mit dem Gesetz zur Ein- führung der Unterstützten Beschäftigung vom 22. De- zember 2008 wurde eine gesetzliche Grundlage zur Erhebung des Migrationshintergrundes sowie eine Ver- ordnungsermächtigung durch den Gesetzgeber geschaf- fen. Die Verordnung zur Erhebung der Merkmale des Migrationshintergrundes (Migrationshintergrund-Erhe- bungsverordnung – MighEV) wurde am 29. September 2010 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Der Migrationshintergrund soll in der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik als weiteres soziodemo- grafisches Merkmal eingeführt werden und dort bereits vorhandene Merkmale wie Nationalität ergänzen. Um spezifische arbeitsmarktpolitische Maßnahmen auf Bun- desebene steuern und wirksam weiterentwickeln zu kön- nen, werden aussagekräftige und detaillierte statistische Daten benötigt. Eine genaue Beobachtung der Arbeitslo- sigkeit sowie die Analyse des Zugangs einzelner Ziel- gruppen zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind dabei unumgänglich. Die Erfassung des Merkmals deut- scher oder ausländischer Staatsangehörigkeit ist insbe- sondere mit Hinblick auf die Veränderungen im Staats- angehörigkeitsrecht und dem verstärkten Zuzug von Spätaussiedlern aus den postkommunistischen Staaten nach 1990 zunehmend weniger geeignet, Zuwanderer zu erfassen. Auch in anderen Bereichen – wie beispiels- weise der Schulstatistik – bestehen Initiativen, Personen mit Migrationshintergrund genauer zu berücksichtigen, um den besonderen Bildungsbedarfen und den Anforde- rungen an Hilfestellungen für diese Personengruppe bes- ser gerecht werden zu können. Auch wird von Europäi- schen Gremien zunehmend gefordert, Migranten – und damit ein weiterer Personenkreis als der mit ausländi- scher Staatsangehörigkeit – in Bevölkerungsstatistiken zu berücksichtigen. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 52): Welche Position bezieht die Bundesregierung zu den For- derungen, bei der Novelle des Tierschutzgesetzes kein Verbot des Schenkelbrands bei Pferden einzuführen und den Zeit- punkt für das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration über 2017 hinaus zu verschieben? Die Position der Bundesregierung ergibt sich aus dem von ihr beschlossenen Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes. Dem Deutschen Bundestag steht es als Gesetzgeber frei, das Gesetz auch in abgeänderter Form zu beschließen. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/11282, Fragen 53 und 54): Welche Schlussfolgerungen zieht und welche Aktivitäten unternimmt die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass nach Selbsteinschätzung 94 Prozent der Frauenhäuser für Frauen mit Behinderungen „nicht geeignet“ oder nur „teils- teils geeignet“ sind und lediglich 25 Prozent der Fachbera- tungsstellen sich als für Frauen mit Behinderungen geeignet erweisen (siehe Unterrichtung durch die Bundesregierung, „Bericht zur Situation der Frauenhäuser, der Fachberatungs- stellen und anderer Unterstützungsangebote für gewaltbe- troffene Frauen und deren Kinder“, Bundestagsdrucksache 17/10500)? Was hat die Bundesregierung seit Inkraftreten der UN-Be- hindertenrechtskonvention am 26. März 2009 zur Verbesse- rung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen mit Behin- derungen, insbesondere mit Blick auf die Art. 5, 6, 16, 17, 23, 25 und 31, getan, und welche Ergebnisse wurden dabei er- zielt? Zu Frage 53: Die angesprochene Bestandsaufnahme zeigt: Für Frauen mit Behinderungen sind viele Angebote in Ab- hängigkeit von der Art der Behinderung bislang nur be- dingt geeignet: Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24669 (A) (C) (D)(B) 28 Prozent der Frauenhäuser gaben an, sie seien für Frauen mit Behinderung nicht geeignet; 66 Prozent hal- ten sich für teilweise geeignet; 7 Prozent der Frauenhäu- ser halten sich für gut geeignet. Probleme werden wegen fehlender barrierefreier, insbesondere rollstuhlgerechter Ausstattung genannt, weniger wegen fehlender perso- neller oder fachlicher Qualifikation. Von den Fachbera- tungsstellen gaben 9 Prozent an, sie seien für Frauen mit Behinderungen nicht geeignet, 61 Prozent teilweise ge- eignet; 27 Prozent halten sich für gut geeignet, und 3 Prozent sind auf diese Zielgruppe spezialisiert. Die Bundesregierung ist sehr daran interessiert, dass die Hilfsangebote für Frauen mit Behinderungen geeig- net sind. Allerdings fallen die räumliche und personelle Ausstattung sowie die fachliche Ausrichtung der Unter- stützungsangebote in die Zuständigkeit der Länder und Kommunen. Die Bundesregierung unterstützt die Qualitätsdiskus- sion in den Einrichtungen unter anderem durch finan- zielle Förderung der bundesweiten Vernetzungsstellen der Frauenhäuser, Frauenhauskoordinierung e. V., sowie der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, bff e. V. Mit finanzieller Förderung des BMFSFJ wurde zu- dem ein Ratgeber für Beraterinnen „Gut beraten“ durch die Politische Interessenvertretung behinderte Frauen – Weibernetz e. V. erstellt. Als zentrale Maßnahme im Bereich Gewalt gegen Frauen richtet die Bundesregierung derzeit ein bundes- weites Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ein. Das Hil- fetelefon wird eine wichtige Ergänzung zu den bestehen- den Einrichtungen vor Ort gerade für solche Gewaltopfer sein, für die der Weg in eine Beratungs- stelle körperlich, sprachlich oder kulturell bedingt eine große Hürde darstellt, wie für Frauen mit Behinderung und Migrantinnen. Im Hilfetelefongesetz, § 4 Abs. 4, ist ausdrücklich geregelt, dass die Angebote des Hilfetele- fons barrierefrei und mehrsprachig einzurichten sind. Zu Frage 54: Mit dem Nationalen Aktionsplan der Bundesregie- rung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven- tion vom 15. Juni 2011 wurde eine langfristige Ge- samtstrategie zur Umsetzung des Übereinkommens erstellt. Die Aktivitäten der Bundesregierung zur Ver- besserung der Lebenssituationen von Frauen und Mäd- chen mit Behinderungen wurden dabei sowohl in einem eigenen Handlungsfeld „Frauen mit Behinderungen“ als auch als Querschnittsthema „Gender Mainstreaming“ umfassend berücksichtigt und betreffen sowohl die Art. 5, 6, 16, 17, 23, 25 und 31. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der vom Bun- desministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend, BMFSFJ, herausgegebenen Repräsentativstudie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Be- einträchtigungen und Behinderungen“ und der dadurch belegten hohen Gewaltbelastung von Frauen mit Behin- derung liegt ein Schwerpunkt auf dem Schutz und der Prävention von Frauen mit Behinderungen vor Gewalt und Diskriminierung. Dazu hat das BMFSFJ unter anderem folgende Pro- jekte gefördert: „Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und den Wohneinrichtun- gen“ und „Politische Interessenvertretung behinderte Frauen – Weibernetz e. V.“ Der künftige Bericht der Bundesregierung zu den Le- benslagen von Menschen mit Behinderungen wird die Lebenslagen von Frauen und Mädchen mit Behinderun- gen berücksichtigen und im Rahmen der Verfügbarkeit der Daten die Indikatoren geschlechterdifferenziert auf- bereiten. Anlage 38 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Flach auf die Fragen des Abgeordneten Harald Weinberg (DIE LINKE) (Druck- sache 17/11282, Fragen 55 und 56): Sehen die Pläne der Bundesregierung für den Fall, dass sie die Praxisgebühr abschaffen, aussetzen oder umgestalten will, einen Ausgleichsmechanismus für die Krankenkassen vor, die dadurch bevorteilt oder benachteiligt würden? Welche Merkmale an der Versichertenstruktur von Kran- kenkassen führen zusammen mit den Plänen der Bundesregie- rung bezüglich der Praxisgebühr zu einer künftigen Besser- oder Schlechterstellung dieser Kassen, gemessen am Status quo? Zu Frage 55: Die die Bundesregierung tragenden Koalitionspartner von CDU, CSU und FDP haben beschlossen, die soge- nannte Praxisgebühr zum 1. Januar 2013 abzuschaffen. Die damit verbundenen Fragen werden im Rahmen der Erarbeitung des entsprechenden Gesetzentwurfs geklärt. Im Übrigen können valide Aussagen zu den unterschied- lichen Auswirkungen einer Abschaffung der Praxisge- bühr auf die einzelnen Krankenkassen nicht getroffen werden. Zu Frage 56: Auf die Antwort zu Frage 55 wird verwiesen. Tenden- ziell ist davon auszugehen, dass Krankenkassen mit einem deutlich überproportionalen Anteil an Zuzahlungsbefrei- ungen durch die seinerzeitige Einführung der Praxisge- bühr und weitere deutliche Zuzahlungsanhebungen in Verbindung mit den Härtefallregelungen durch das GKV- Modernisierungsgesetz ab dem Jahr 2004 eher belastet wurden. Etwaige Mehrbelastungen im Zusammenhang mit der Einführung der Praxisgebühr würden somit mit der Abschaffung der Praxisgebühr vermutlich wieder aufgehoben. Anlage 39 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Flach auf die Frage der Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE LINKE) (Drucksa- che 17/11282, Frage 57): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich der in der Fernsehsendung Frontal 21 vom 30. Oktober 2012 24670 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) erhobenen Vorwürfe, dass die gesetzliche Krankenkasse KKH-Allianz (Ersatzkasse) schwererkrankte Mitglieder zur Kündigung gedrängt haben soll (laut Medienberichten vom 1. November 2012 hat die Aufsichtsbehörde, das Bundesver- sicherungsamt, bis Anfang der Woche eine Antwort der Kran- kenkasse eingefordert), und welche Konsequenzen bzw. Sanktionen erachtet die Bundesregierung zum Schutze der Mitglieder für notwendig, sollten sich diese Vorwürfe bestäti- gen oder ähnliche Vorfälle ereignen? Das Fernsehmagazin Frontal 21 hat in seiner Sen- dung vom 30. Oktober 2012 den Vorwurf erhoben, die KKH-Allianz habe schwerkranke und damit besonders teure Versicherte dazu aufgefordert, ihre Mitgliedschaft zu kündigen. Die Bundesregierung verfügt abgesehen von der Berichterstattung über keine weiteren Erkennt- nisse zu den Vorwürfen gegenüber der KKH-Allianz. Den Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse steht nach § 175 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, SGB V, ein Wahlrecht zu, das frei und ohne Einfluss- nahme Dritter auszuüben ist. Krankenkassen dürfen niemanden zu einer Kündigung auffordern und keine Risikoselektion zulasten schwerkranker und teurer Ver- sicherter betreiben. Zu diesen Zwecken dürfen auch die Daten der Versicherten einer Krankenkasse nicht ausge- wertet werden. Sollten sich die Vorwürfe gegenüber der KKH-Allianz bewahrheiten, hat sie gegen geltendes Recht verstoßen. Es ist Aufgabe der Aufsichtsbehörden, sicherzustel- len, dass die gesetzlichen Krankenkassen Recht und Ge- setz einhalten. Sofern ein Rechtsverstoß vorliegt, stehen den Aufsichtsbehörden die allgemeinen Aufsichtsmittel zur Verfügung, um die Rechtsverletzung zu beheben. Das Bundesversicherungsamt als für die KKH-Allianz zuständige Aufsichtsbehörde hat die Krankenkasse um Stellungnahme bis zum 7. November 2012 aufgefordert. Diese Stellungnahme wird zunächst auszuwerten sein. Anlage 40 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Flach auf die Frage der Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE LINKE) (Drucksa- che 17/11282, Frage 58): Ist die Bundesregierung weiterhin der Meinung, dass der derzeit existierende krankheitsorientierte Risikostrukturaus- gleich, Morbi-RSA, der einen gewissen finanziellen Aus- gleich zwischen den einzelnen Krankenkassen auch hinsicht- lich des Krankheitszustands ihrer Versicherten und der daraus entstehenden Behandlungskosten erzeugen soll, ausreichend sei bzw. gar reduziert und vereinfacht werden sollte, wie es im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP steht, oder stimmt die Bundesregierung damit überein, dass trotz Morbi- RSA gesunde Versicherte weiterhin für die Krankenkassen das bessere Risiko darstellen und insbesondere bei der Ab- deckung der Leistungsausgaben für multimorbide Versicherte Verbesserungsbedarf besteht? Der Evaluationsbericht des Wissenschaftlichen Bei- rats zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich hat ergeben, dass die Zielgenauigkeit des Morbi-RSA gegenüber dem Alt-RSA deutlich verbessert wurde. Die Berücksichtigung der Morbidität der Versicherten hat zu einer deutlichen Verbesserung bei der Deckung der durchschnittlichen Leistungsausgaben auf Individual-, Gruppen- und Kassenebene geführt. Das heißt, die Fi- nanzausstattung der Krankenkassen mit vielen kranken Versicherten hat sich insgesamt deutlich verbessert. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse vertritt die Bundesre- gierung weiterhin die Auffassung, dass wesentliche Än- derungen des Morbi-RSA derzeit nicht vorzunehmen sind. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra- ge 59): Welche Festlegungen des Bundes schreiben vor, dass die Länder die Realwerte statt der Nominalwerte der Vorhaben zum Bundesprogramm des Gemeindeverkehrsfinanzierungs- gesetzes, GVFG, anmelden müssen, und wie verhält sich die Bundesregierung dazu, dass nur die aktuellen Nominalwerte die tatsächlichen Gesamtkosten der Vorhaben im GVFG-Bun- desprogramm wiedergeben? Im Rahmen des Programms gemäß § 6 Abs. 1 Ge- meindeverkehrsfinanzierungsgesetz, GVFG, unterstützt der Bund die Länder in finanzieller Hinsicht, indem er ihnen Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsver- hältnisse der Gemeinden gewährt. Die Anmeldungen für das GVFG-Bundesprogramm erfolgen durch die Länder. Diese beziffern die Gesamt- kosten in eigener Zuständigkeit; hier gibt es keine Fest- legungen. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra- ge 60): Welche Position vertritt die Bundesregierung hinsichtlich der Möglichkeit, eine Gesetzesgrundlage zu schaffen, die de- finiert, unter welchen Umständen eine Vollschranken- in eine Halbschrankenanlage umgewandelt werden kann, und in wel- cher Weise beabsichtigt sie in dieser Frage aktiv zu werden? Ob für einen Bahnübergang eine Voll- oder eine Halb- schranke zu errichten ist, wird im Rahmen der Planfest- stellung unter Berücksichtigung der Belange des kreuzen- den Straßenverkehrs verbindlich festgelegt. Maßgebliche Kriterien hierbei sind unter anderem die Dichte der Zug- folge, die Intensität des Straßenverkehrs und die Nut- zung durch Fußgänger, insbesondere durch Kinder. Da die Entscheidung, ob ein Bahnübergang mit Halb- oder Vollschranken aus- oder umzurüsten ist, immer das Er- gebnis einer Einzelfallbetrachtung darstellt, ist die Schaffung gesetzlicher Vorschriften nicht geplant. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24671 (A) (C) (D)(B) Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksache 17/11282, Frage 61): Warum hat die Deutsche Bahn AG nach Kenntnis der Bundesregierung ihre öffentliche Ankündigung vom April 2012 (vergleiche den Tagesspiegel, 27. April 2012, und Ant- wort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Frak- tion Die Linke „Ausbleibende Unterstützung für den Zug der Erinnerung“, Bundestagsdrucksache 17/11227), 30 000 Euro aus Gebühren, die der Zug der Erinnerung an Gebühren ent- richtet hatte, an die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zu- kunft“, EVZ, zu spenden, bislang nicht umgesetzt, und inwie- weit wird sie diese Ankündigung noch umsetzen? Der Bundesregierung hat zu der Gesamtthematik erst vor wenigen Tagen umfassend im Rahmen der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Bundes- tagsdrucksache 17/10939, Stellung genommen. Ergänzend weist die Bundesregierung auf Folgendes hin: Der Bundesregierung ist eine öffentliche Ankündi- gung der Deutschen Bahn AG, DB AG, vom April 2012 nicht bekannt, wonach die DB AG zugesagt haben soll, 30 000 Euro, die der Zug der Erinnerung in der Vergan- genheit an Trassenentgelten entrichtet hatte, an die Stif- tung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“, EVZ, zu spenden. In Anerkennung des Anliegens des Vereins Zug der Erinnerung hat die DB AG bereits 2009 in Abstimmung mit der Bundesregierung eine Spende von 175 000 Euro an die EVZ überreicht, wovon 150 000 Euro dem Verein Zug der Erinnerung zugutegekommen sind. Nach Ge- sprächen mit verschiedenen Opferverbänden hat sich die DB AG im Jahr 2010 in Abstimmung mit der Bundesre- gierung dazu entschlossen, weitere Spendenmittel in Höhe von 5 Millionen Euro für humanitäre Projekte der Stiftung EVZ zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung begrüßt es ausdrücklich, dass die DB AG nunmehr zugesagt hat, etwaige Einnahmen aus Trassenentgelten, die aus Fahrten des Zugs der Erin- nerung seit Januar 2012 generiert werden, der Stiftung EVZ zukommen zu lassen. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 62): Welche Organisationen und Interessengruppen auch von studentischer Seite sollen zu dem vom Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, vor- geschlagenen Runden Tisch zur Bereitstellung von bezahlba- rem Wohnraum für Studierende, der noch nicht terminiert ist, eingeladen werden, und mit welchen eigenen Initiativen auch finanzieller Art und Vorschlägen über bloße Appelle oder Vor- würfe an die Adresse der Länder, sie seien für den Wohnungs- markt zuständig, auf der Anklagebank sitze aber der Bundes- minister und nicht ein Landesminister (siehe „Ramsauer will Studenten kasernieren“, erschienen in der Financial Times Deutschland vom 17. Oktober 2012), hinaus werden der Bun- desminister und die Bundesregierung den Runden Tisch zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende zum Erfolg führen? Das Gespräch wird in Kürze terminiert. Die Einzel- heiten werden derzeit abgestimmt. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 63): Warum hat die Bundesregierung darauf verzichtet, in der vergangenen Sitzung des Aufsichtsrates der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, FBB, am 1. November 2012 auf die Ab- lösung des Flughafenchefs Dr. Rainer Schwarz zu drängen, und wird die Bundesregierung weitere Gelder für den Flugha- fen Berlin Brandenburg, BER, bereitstellen, wenn Dr. Rainer Schwarz im Amt bleibt? Der Bund ist am Stammkapital der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, FBB, mit 26 Prozent beteiligt. Im drittelparitätisch besetzten Aufsichtsrat der FBB, der für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung zuständig ist, sind für den Bund zwei von insgesamt 15 Aufsichtsratsmitgliedern vertreten. Beschlüsse des Aufsichtsrates bedürfen mindestens einer einfachen Mehrheit. Dennoch konnte der Bund erfolgreich auf eine gemeinsame Beschlusslinie im Aufsichtsrat in seiner Sit- zung am 1. November 2012 hinwirken. Der einstimmige Beschluss des Überwachungsorgans zielt auf eine zeit- nahe Aufklärung der Ursachen und Folgen sowie der Verantwortlichkeiten – insbesondere unter haftungs- rechtlichen Aspekten – ab. Dies erfolgt unter Herein- nahme externen Sachverstands. Die Bundesregierung sieht sich unverändert in der Mitverantwortung, das Projekt Hauptstadtflughafen BER zu verwirklichen und eine entsprechende Kapitalausstat- tung der Gesellschaft sicherzustellen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 64): Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Ver- besserung des Schienenverkehrs zwischen Deutschland und Polen, und welchen konkreten Zeitplan bezüglich der Umset- zung der Einzelmaßnahmen legt die Bundesregierung derzeit zugrunde? Der Ausbau der grenzüberschreitenden Eisenbahn- verbindungen zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Republik Polen hat für Deutschland hohe Priorität. Mehrere Ausbauprojekte sind bereits abgeschlossen oder weit vorangekommen, unter anderem der Ausbau der Strecke Berlin–Frankfurt (Oder)–Grenze Deutsch- land/Polen und der Strecke Berlin–Cottbus–Görlitz. Im Zuge des Ausbaus der grenzüberschreitenden Strecke Berlin–Frankfurt (Oder)–Grenze Deutschland 24672 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 (A) (C) (D)(B) (Deutschland/Polen) ist der 56 Kilometer lange Ab- schnitt Erkner–Frankfurt (Oder) bereits seit Dezember 2006 für eine Streckengeschwindigkeit von 160 Kilome- ter pro Stunde befahrbar, im Dezember 2008 wurde die neue Eisenbahngrenzbrücke über die Oder bei Frankfurt (Oder) in Betrieb genommen. Zwischenzeitlich wurde der Umbau des Bahnhofs Erkner im November 2009 ab- geschlossen. Derzeit erfolgt der Ausbau des Abschnittes Ber- lin–Erkner, der voraussichtlich Ende 2016 fertiggestellt sein soll. Mit dem zweigleisigen Ausbau einschließlich Elektri- fizierung der Vorrangstrecke für den Güterverkehr Hoyerswerda–Horka–Grenze Deutschland/Polen wurde im Frühjahr 2012 begonnen. Ziel ist es, den Ausbau, der abschnittsweise unter Totalsperrung erfolgt, im Jahre 2016 abzuschließen. Zur Fertigstellung des Ausbaus und der Elektrifizie- rung der Strecke Berlin–Stettin (Szcezcin) hat die deut- sche Seite nunmehr Einvernehmen mit der polnischen Seite erzielt. Eine Fertigstellung wird bis 2020 ange- strebt. Eine Unterzeichnung des erforderlichen Ressort- abkommens mit Polen wird von beiden Seiten für De- zember 2012 vorbereitet. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Druck- sache 17/11282, Frage 65): Ist die Bundesregierung bereit, die im Rahmen der Um- strukturierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, WSV, beabsichtigte Errichtung einer Generaldirek- tion auch ohne ein Rechtsbereinigungsgesetz durchzuführen, und, wenn ja, welche Aufgaben wird diese zusätzliche Be- hörde übernehmen, wenn nicht im gleichen Zug die sieben Wasser- und Schifffahrtsdirektionen in Außenstellen umge- wandelt werden? Das Zuständigkeitsanpassungsgesetz ist keine Vo- raussetzung für die Arbeitsaufnahme der neuen zentralen Behörde. Sie wird zunächst die bisher vom BMVBS wahrgenommenen konzeptionellen und operationellen Steuerungsaufgaben in den Bereichen Personal, Organi- sation und Haushalt sowie die nicht einzelnen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen zugewiesenen mittelbehörd- lichen Fachaufgaben wahrnehmen. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Druck- sache 17/11282, Frage 66): Welche Investitionen werden an Binnenwasserstraßen der Kategorie „sonstige Wasserstraßen“ in Zukunft noch durchge- führt, wenn die Bundesregierung ihre Pläne im Rahmen der Reform der WSV umsetzt, und was entgegnet die Bundesre- gierung Wassersportlern und -touristen, die um Instandhal- tung und Betrieb der Schleusen von Binnenwasserstraßen fürchten, auf denen kein gewerblicher Gütertransport stattfin- det? Für Bundeswasserstraßen, die entsprechend ihres ge- ringen Transportbedarfs als „sonstige Wasserstraße“ ein- gestuft wurden, bedeutet die Kategorisierung, dass grundsätzlich der bestehende Zustand erhalten werden soll, soweit dies wirtschaftlich vertretbar ist. Anlage 49 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 17/11282, Fragen 67 und 68): Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass der MOX-Transport – MOX: Mischoxid – über den Wesertunnel geschickt werden könnte, obwohl dort bei einem Brand die Hitze nicht abziehen kann und der Behälter nur auf einen 30-minütigen Brand von 800 Grad Celsius ausgelegt ist, ob- wohl zum Beispiel ein Propangasbrand 2 000 Grad Celsius er- reichen kann? Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, dass der MOX-Transport über die A 27 Richtung Bremen ge- schickt werden könnte, obwohl der Transport dann zwischen der Abfahrt Uthlede und Schwanewede wegen einer Baustelle voraussichtlich bis zum 21. November 2012 einspurig über 10 Kilometer auf der Gegenseite geführt werden müsste und es dabei durch die Einwirkung von Dritten leicht zu einem Unfall kommen könnte? Aus Gründen des physischen Schutzes von Transpor- ten gegen Einwirkungen Dritter werden keine Angaben zum Transportzeitpunkt und zur Strecke, auf der ein sol- cher Transport geführt wird, gemacht. Eventuelle Einschränkungen im Straßenverkehr wer- den bei der Planung der Transporte berücksichtigt, gege- benenfalls wäre die Genehmigung entsprechend anzu- passen. Im Hinblick auf die angesprochenen Unterschiede bei den Prüfungen im Rahmen der verkehrsrechtlichen Zu- lassung eines Behälters für den Transport von zum Bei- spiel Mischoxid-Brennelementen – Mischoxid = MOX – und realen Brandszenarien weise ich darauf hin, dass ein Behälter so auszulegen ist, dass ein einhüllendes Feuer von mindestens 800 Grad Celsius auch nach 30 Minuten zu keinem Verlust der Integrität des Behälters führt. Bei realen Bränden mögen lokal höhere Temperaturen ge- messen werden, jedoch sind diese praktisch nicht einhül- lend und wirken auch nicht über die gesamte Zeit von 30 Minuten. An Behältern nachgestellte „realistische“ Unfallszenarien zum Beispiel auch mit Propangasexplo- sionen haben noch nie zu einem Versagen eines soge- nannten Typ-B-Behälters geführt. Anlage 50 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 69): Welche inhaltlichen Punkte sollen nach jetzigem Stand auf der kommenden Sitzung der Deutsch-Tschechischen Kom- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24673 (A) (C) (D)(B) mission am 21. November 2012 in Berlin behandelt werden – bitte möglichst konkrete Angabe inklusive Hinweis, ob sie bereits Bestandteil einer (gegebenenfalls vorläufigen) Tages- ordnung sind –, und welche Punkte hat das Bundesministe- rium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, unabhängig davon bzw. darüber hinaus bislang für sich ins Auge gefasst, die es ansprechen/behandeln möchte (bitte ebenfalls möglichst konkrete Angabe)? Es werden die üblichen Tagesordnungspunkte behan- delt, die die gegenseitige Information über legislative und administrative Fragen der Aufsichtsbehörden sowie über den Betrieb der Kernkraftwerke im vergangenen Jahr beinhalten. Ansonsten ist die Abstimmung der Ta- gesordnung noch nicht abgeschlossen. Anlage 51 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 70): Seit wann liegt dem BMU die Schweizer Studie „Probabi- listische Erdbebengefährdungsanalyse für die KKW-Stand- orte in der Schweiz“ inklusive Anlagen aus dem Jahr 2004 vor (sogenannte Pegasos-Studie), und hat das BMU – unabhängig davon, dass es keine Atomaufsichtszuständigkeit für Schwei- zer Atomkraftwerke innehat – zu dieser Studie interne Aus- wertungen/Vermerke erstellt (gegebenenfalls bitte mit Erläu- terung)? Der Bericht der damaligen schweizerischen Behörde Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen, HSK, „Neubestimmung der Erdbebengefährdung an den Kern- kraftwerksstandorten in der Schweiz (Projekt Pegasos)“ vom Juni 2007 wurde am 27. Juni 2007 Pressevertretern vorgestellt. Er ist auf der Internetseite des Eidgenössi- schen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI – Nachfolge- organisation der HSK – öffentlich zugänglich und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reak- torsicherheit bekannt. Interne Auswertungen/Vermerke des BMU zur Pega- sos-Studie – Probabilistische Erdbebengefährdungsana- lyse für die KKW-Standorte in der Schweiz – liegen nicht vor. Anlage 52 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra- gen 71 und 72): Inwieweit schließt sich die Bundesregierung der kürzlich veröffentlichten Position der Deutschen Akademie der Tech- nikwissenschaften e. V., acatech, zu den „Anpassungsstrate- gien in der Klimapolitik“ an, und plant die Bundesregierung diese Position in ihrer Klimapolitik zu berücksichtigen (bitte mit Begründung)? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass – insbeson- dere angesichts der aktuellen Sturmereignisse in den USA – die von der acatech getroffene Aussage, dass die Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland für die kommenden Jahr- zehnte in der Regel beherrschbar sind (vergleiche www.aca tech.de/de/aktuelles-presse/sonderseiten/anpassung-klimawan del.html), verharmlosend wirkt, und welche Schlüsse zieht sie aus dem Rückzug renommierter Klimaforscher wie Hans von Storch und Wolfgang Cramer sowie Paul Becker vom Deut- schen Wetterdienst und Jürgen Schmid vom Fraunhofer-Insti- tut für Windenergie und Energiesystemtechnik, die während der Erarbeitung ihre Mitarbeit wegen fehlender „Tiefe“ aufge- kündigt hatten (www.faz.net/aktuell/wissen/klima/klimafor- schung-wie-man-wissenschaft-im-regen-stehen-laesst-118948 23.html)? Zu Frage 71: Die Bundesregierung versteht die Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels neben dem Klimaschutz als unverzichtbare zweite Säule einer ver- antwortungsbewussten Klimapolitik, da auch bei Einhal- tung der 2-Grad-Celsius-Obergrenze mit regional unter- schiedlichen Klimawandelfolgen zu rechnen sein wird, die Anpassung erforderlich machen. Die Auswirkungen des Klimawandels sind jedoch nur dann durch Anpas- sungsstrategien zu bewältigen, ohne dass der Anpas- sungsaufwand ständig zunimmt, wenn der Klimawandel durch konsequenten Klimaschutz begrenzt wird. Die Bundesregierung hat daher bereits im Dezember 2008 die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel vorgelegt und diese mit dem im August 2011 beschlosse- nen Aktionsplan zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel konkretisiert. Zu Frage 72: In der Sache geht die Bundesregierung davon aus, dass unter der Prämisse, dass die zur Erreichung der in- ternational vereinbarten 2-Grad-Celsius-Obergrenze not- wendige Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2050 umgesetzt wird, die Folgen des Klimawandels durch geeignete und rechtzeitige Anpassungsmaßnah- men aufgefangen und schwerwiegende wirtschaftliche, ökologische und soziale Auswirkungen in Deutschland vermieden werden können. Bei einem höheren globalen Temperaturanstieg würden die Risiken des Klimawan- dels allerdings auch für Deutschland zunehmen, wobei sich neben den direkten Auswirkungen in Deutschland auch die indirekten Folgen der Auswirkungen eines be- schleunigten Klimawandels in anderen Regionen der Welt auf das international stark vernetzte Deutschland verstärken würden. Deshalb ist und bleibt es vorrangiges Ziel der Bundesregierung, durch konsequente Klima- schutzpolitik den Klimawandel zu begrenzen und gleich- zeitig die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass durch die jeweils verantwortlichen staatlichen Ebenen und den privaten Sektor rechtzeitig geeignete Anpassungsmaß- nahmen ergriffen werden. Hierzu ist nicht zuletzt eine weitere Verbesserung und Vertiefung der Wissensbasis über die Klimaerwärmung, mögliche Klimafolgen und ihre Auswirkungen sowie zu geeigneten Anpassungs- maßnahmen erforderlich. 203. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Befragung der Bundesregierung TOP 2 Fragestunde ZP 1 Aktuelle Stunde zur Residenzpflicht für Flüchtlingeund Asylbewerber Anlagen
Gesamtes Protokol
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720300000

Ich grüße Sie sehr herzlich. Schönen Nachmittag! Die

Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Siebten Geset-
zes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und
Medien, Herr Staatsminister Bernd Neumann. Bitte
schön, Herr Staatsminister Bernd Neumann.

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720300100


Herr Präsident! Die Bundesregierung hat heute den
Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Film-
förderungsgesetzes beschlossen. Dieses Gesetz ist die
Grundlage der Filmförderung durch die Filmförderungs-
anstalt, kurz FFA genannt, also das Kernstück der deut-
schen Filmförderung. Die FFA finanziert sich durch die
Erhebung einer Filmabgabe. Da die Erhebung der Film-
abgabe nach dem derzeit geltenden Filmförderungsge-
setz zum 31. Dezember 2013 ausläuft, wurde ein Ent-
wurf für ein Siebtes Gesetz zur Änderung dieses FFG
erarbeitet, in dem den technischen und wirtschaftlichen
Veränderungen und Entwicklungen der letzten Jahre
Rechnung getragen wird.

Ohne unser umfangreiches Fördersystem hätten nur
wenige deutsche Filme eine Chance, gegenüber der fi-
nanzstarken Konkurrenz durch US-amerikanische Filme
zu bestehen. Die Filmförderung auf Bundes- und Län-
derebene ist daher unabdingbar, um die Struktur der
deutschen Filmwirtschaft zu verbessern und die Vielfalt
der deutschen Filmlandschaft zu erhalten. Dass die Film-
förderung erfolgreich ist, drückt sich darin aus, dass
deutsche Filme mittlerweile internationales Ansehen ge-
nießen und weltweit einen guten Ruf haben. Daher kön-
nen wir, wie ich denke, mit ein wenig Stolz auf unsere
lebendige Filmkultur blicken.

Der Entwurf sieht folgende wesentliche Änderungen
vor:

Zum Schutz der einzelnen Verwertungsstufen, insbe-
sondere um einen exklusiven Auswertungszeitraum für
das Kino zu sichern, enthält das FFG Sperrfristen. Diese
bestimmen, welcher Zeitraum nach der Erstaufführung
eines Filmes im Kino verstreichen muss, bis mit der
Auswertung in der nächsten Verwertungsstufe begonnen
werden kann. Um dem geänderten Nutzerverhalten
Rechnung zu tragen – hiermit ist die Entwicklung bei
den Internetnutzern gemeint –, wird die Sperrfrist für Vi-
deo-on-Demand-Angebote mit der Sperrfrist für die
DVD-Auswertung gleichgesetzt, das heißt, sie wird von
neun auf sechs Monate reduziert.

Ein weiterer Punkt. Um der oft beklagten Filmflut
und Zersplitterung der Förderung entgegenzuwirken,
werden wichtige Veränderungen bei der Referenzfilm-
förderung, zum Beispiel erhöhte Referenzschwelle für
besonders teure Filme, und der Projektfilmförderung
– Stichwort „Mindestförderquote“ – vorgenommen.

Die Möglichkeiten der Teilhabe behinderter Men-
schen – ein besonderer Wunsch des Deutschen Bundes-
tages – an den geförderten Filmen werden verbessert.
Zukünftig muss von allen durch die FFA geförderten Fil-
men eine barrierefreie Filmfassung mit Audiodeskrip-
tion für sehbehinderte Menschen und Untertiteln für hör-
geschädigte Menschen hergestellt werden.

Durch die Aufnahme der Digitalisierung des Film-
erbes in den Aufgabenkatalog der FFA soll sichergestellt
werden, dass das nationale Filmerbe angesichts der zü-
gig voranschreitenden Digitalisierung der Kinos weiter-
hin wirtschaftlich ausgewertet und öffentlich zugänglich
gemacht werden kann.

Ein vorletzter Punkt. Darüber hinaus wird die Abgabe
auf Video-on-Demand-Anbieter mit Sitz im Ausland
ausgedehnt, die sich durch Internetauftritte in deutscher
Sprache gezielt an deutsche Kunden richten. Derzeit be-
steht ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für Unterneh-
men mit Sitz in Deutschland, die eine Abgabe leisten
müssen, gegenüber den Marktführern mit Sitz im Aus-





Staatsminister Bernd Neumann


(A) (C)



(D)(B)


land, die bisher keine Abgabe zahlen, obwohl auch sie
zahlreiche deutsche Kinofilme anbieten.

Da der aktuell rasante technische Wandel insbeson-
dere durch die Ausweitung von Video-on-Demand-An-
geboten erhebliche Auswirkungen auf die Verwertung
von Kinofilmen hat, lassen sich langfristig die wirt-
schaftlichen Bedingungen für die verschiedenen Zahler-
gruppen derzeit nicht absehen. Die Erhebung der Film-
abgabe soll daher diesmal nicht um fünf, sondern nur um
zweieinhalb Jahre verlängert werden. Wir werden nach
anderthalb Jahren eine Evaluierung vornehmen, um
dann zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten dieser Rege-
lung gegebenenfalls Korrekturen vornehmen zu können.

So weit zu den Hauptintentionen des Entwurfes für
ein neues FFG.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720300200

Vielen Dank, Herr Staatsminister Bernd Neumann. –

Wir kommen jetzt zu den Fragen, die zu dem Themenbe-
reich gestellt werden, über den gerade berichtet wurde.
Die erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Claudia Roth.
Bitte schön, Frau Kollegin Claudia Roth.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das ist alleine schon ein Grund, hierherzukommen!)


Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Danke, Herr Vorsitzender. – Herr Neumann, ich
möchte mich auf den Punkt „Erfolg des deutschen
Films“ beziehen und frage Sie, wie Sie die doch recht
heftige Kritik von Feuilletonisten einschätzen, die von
einer „Tendenz zum Konsenskino“ sprechen, weil bei
den großen Festivals in Cannes oder Venedig, wo ja
Filmkunst ausgezeichnet wird, deutsche Filme seit ge-
raumer Zeit faktisch gar nicht mehr vertreten sind. In § 1
des Filmförderungsgesetzes heißt es:

Die Filmförderungsanstalt (FFA) fördert … die
Struktur der deutschen Filmwirtschaft und die krea-
tiv-künstlerische Qualität des deutschen Films als
Voraussetzung für seinen Erfolg im Inland und im
Ausland.

Was läuft da nicht so ganz gut? Liegt es an den Autoren,
liegt es an den Regisseuren, oder liegt es an der Förde-
rung?


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720300300

Bitte schön, Herr Staatsminister.

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720300400


Kollegin Claudia Roth, diese Frage unterstellt ja, dass
es mit den internationalen Erfolgen deutscher Filme
nicht so weit her ist. Einer solchen Feststellung – sie
mag hier und dort in Feuilletons anklingen, aber dort
klingt vieles an – widerspreche ich.

Erstens. Gerade in den letzten Jahren kann man eine
gegenläufige Tendenz feststellen; das ist auch ein Erfolg
der Förderung. Selbst bei den letzten Filmfestspielen

von Venedig – das fällt mir in diesem Zusammenhang
ein – gab es einen deutschen Film, einen Krimi. Bei fast
allen Festivals – es gibt ja noch mehr als die Filmfesti-
vals in Venedig oder in Cannes; es gibt viele internatio-
nale Festivals –, bei denen es um künstlerisch anspruchs-
volle Filme geht, zum Beispiel in San Sebastián, sind
auch deutsche Filme vertreten.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Es gibt zum Beispiel auch die Berlinale!)


Zweitens. In den letzten Jahren sind auch vielfach
deutsche Filme bei Oscar-Nominierungen für den besten
ausländischen Film dabei gewesen. Sie wissen: Seit
Schlöndorffs Blechtrommel Anfang der 80er-Jahre gab
es 20 Jahre lang überhaupt keine Nominierung eines
deutschen Films. Es ist in den letzten Jahren aber nicht
nur gelungen, Nominierungen zu erhalten, unter die letz-
ten sechs zu kommen, sondern in zwei Fällen – ich
denke an Das Leben der anderen oder Nirgendwo in
Afrika – sogar den Oscar zu erringen.

Drittens. Alle Produzenten werden es bestätigen: In-
zwischen verkaufen sich deutsche Filme sehr gut. Das
war nicht immer so. Es ist aber auch der Sinn der wirt-
schaftlichen Filmförderung, sich international auszurich-
ten. Vor wenigen Tagen, ich glaube vorgestern, wurde
hier als Europapremiere der Film Der Wolkenatlas ge-
zeigt. Mit 100 Millionen Euro Produktionskosten han-
delt es sich um die teuerste deutsche Produktion, die es
jemals gegeben hat. Dieser Film finanziert sich allein da-
durch – unabhängig von den Zuschauereinnahmen hier
in Deutschland –, dass er international überall verkauft
werden konnte.

Ich finde, diese Entwicklung ist positiv. Ich finde des-
halb auch, dass die Förderung und sind die Veränderun-
gen, die wir vornehmen – noch stärkere Konzentration
und Bündelung in manchen Bereichen –, richtig ist. In-
sofern sehe ich der weiteren Entwicklung eher optimis-
tisch als kritisch entgegen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darf ich eine zweite Frage stellen?)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720300500

Bitte schön. Eine Nachfrage, Frau Kollegin Roth.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Vielleicht können wir uns einmal damit auseinander-
setzen, was die Feuilletonisten unter Konsenskino ver-
stehen.

Ich habe eine Frage – es wird Sie nicht wundern, dass
ich als Grüne sie stelle –: Es gibt mehr und mehr Initiati-
ven, die sich für Green Cinema einsetzen, zum Beispiel
in Potsdam. Sie beschäftigen sich mit der Frage: Wie
kann der Aspekt der Nachhaltigkeit in der Filmproduk-
tion, bei der es zu vielen Emissionen und zu einem ho-
hen Energieverbrauch kommt, besser berücksichtigt
werden? – Ist es für Sie denkbar, dass Sie und wir uns
mit diesen Initiativen treffen? Könnte die Nachhaltigkeit
der Filmproduktion Teil der Förderungskriterien wer-
den?






(A) (C)



(D)(B)


B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720300600


Ja.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut!)


Ich muss sagen: Diese Anregung ist bisher noch nicht di-
rekt an mich herangetragen worden; aber wenn Sie
gleichzeitig als Mittlerin auftreten würden, sollten wir
uns damit befassen und uns ernsthaft damit auseinander-
setzen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut! Dann fahren wir mit dem Ausschuss nach Potsdam!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720300700

Dazu sind solche Befragungen auch da. – Nächster

Fragesteller ist unser Kollege Wolfgang Börnsen.


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1720300800

Herr Staatsminister, wir begrüßen es, dass die Bun-

desregierung für die Regierungsbefragung ein kultur-
politisches Thema vorlegt. Ich glaube, das sollte man in
Zukunft häufiger tun, weil es gerade auf diesem Gebiet
eine deutliche Profilierung gegeben hat. Das gilt auch
für das Thema „Filmland Deutschland“. Ich greife das
auf, was meine Kollegen, gleich, auf welcher Seite des
Hauses, mitgeteilt haben, und stelle fest: Das Filmland
Deutschland findet gerade in den europäischen Nachbar-
staaten große Unterstützung.

Meine Fragen beziehen sich auf zwei von Ihnen ge-
nannte Punkte.

Erstens. Sie haben gesagt: Die Frage der Barrierefrei-
heit wird in das FFG neu eingebunden. Sie war schon
einmal Gegenstand einer Novellierung. Was ändert sich?
Nach unserer Auffassung müssen wir beim Film und
auch beim Kino gegenüber allen Menschen, gleich, mit
welcher Behinderung, eine viel größere Offenheit zei-
gen. Geschieht dies nur bei 1 Prozent der Produktionen,
so finde ich das unvertretbar.

Die zweite Frage. Sie haben darauf aufmerksam ge-
macht, dass Sie vorhaben, mit dem neuen FFG eine Ver-
besserung im Bereich des Kinderfilms zu erzielen.
Meine Fraktion hat gemeinsam mit der FDP gerade ein
Fachgespräch zu diesem Thema durchgeführt, unter dem
Titel „Der Kinderfilm in Deutschland – ein Mercedes
ohne Stern?“. Was wollen Sie tun, damit mehr authenti-
sche Themen, Themen der Kinderumwelt, in Kinderfil-
men eine Rolle spielen und weniger das verfilmte Mär-
chen?

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720300900


Zur ersten Frage nach Barrierefreiheit: Auch bisher
haben wir schon an die Produzenten appelliert, mög-
lichst barrierefreie Filme herzustellen; aber es gab kei-
nen gesetzlichen Zwang, dies zu tun, wenn man Förde-
rung erhält. Mit dem neuen Entwurf verpflichten wir

jeden Produzenten, der öffentliche Förderung erhält
– unter uns: das sind die meisten –, dass er barrierefreie
Fassungen herstellt.


(Beifall der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das kann man nicht mehr umgehen; das ist endgültig
Tatsache.

Zu Ihrem zweiten Punkt: Kinderfilm. Natürlich konn-
ten Kinderfilme schon bisher im Rahmen der allgemei-
nen Förderung durch die FFA unterstützt werden; aber
dies war kein ausdrückliches Gebot. Wir bringen in das
neue FFG eine Vorschrift ein, nach der eine Projektfilm-
förderung expressis verbis auch bei Kinderfilmen erfol-
gen soll, die auf Originalstoffen beruhen. Hier haben wir
zwei Aspekte integriert. Zum einen wollen wir speziell
für Kinderfilme etwas tun – übrigens auch an anderer
Stelle, nämlich bei der Absatzförderung –; das war bisher
so ausdrücklich nicht formuliert. Zum Zweiten wollen
wir vermehrt Bezug auf Originalstoffe nehmen. Im Fern-
sehen, insbesondere bei den öffentlich-rechtlichen Fern-
sehsendern, werden zwar Kinderfilme gezeigt, aber es
werden kaum Kinderfilme mit neuen Stoffen produziert.
Wir brauchen Filme, die sich mit den Problemen aus-
einandersetzen, mit denen Kinder heutzutage konfron-
tiert sind. Es ist schön, wenn wir zum wiederholten Male
Das fliegende Klassenzimmer von Erich Kästner sehen
können – das muss auch sein, allein schon wegen des Er-
halts des kulturellen Filmerbes. Uns ist aber auch daran
gelegen, dass jüngere Drehbuchautoren eine Chance ha-
ben, gefördert zu werden, wenn sie entsprechende Kin-
derfilme mit neuen Stoffen produzieren. Das ist der Sinn
dieser Vorschrift.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Danke!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720301000

Nächste Fragestellerin, unsere Kollegin Angelika

Krüger-Leißner. Bitte schön, Frau Kollegin.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1720301100

Herr Staatsminister, Sie haben heute die Veränderun-

gen, die mit der siebten Novelle zum Filmförderungs-
gesetz kommen sollen, kurz erläutert. Ich würde Sie
gerne daran erinnern, dass Sie Ihre Pressemitteilung
überschrieben haben mit: „FFG-Novelle justiert Filmför-
derungssystem neu“. Das hört sich gewaltig an, und ge-
nau das haben viele in der Branche erwartet.

Der Kern des Filmförderungsgesetzes ist ja das Abga-
bensystem, und an diesem Abgabensystem hat sich
nichts ändert. Die Verbände haben ihre Enttäuschung
darüber, nachdem sie den Entwurf gelesen haben, öffent-
lich gemacht. Das ist in den Stellungnahmen nachzulesen.
Erste Frage: Welche Überlegungen haben maßgeblich
dazu geführt, dass Sie von einer Änderung Abstand ge-
nommen haben? Zweite Frage: Spielt dabei vielleicht
auch das noch ausstehende Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts zur Klage der Kinobetreiber eine Rolle?






(A) (C)



(D)(B)


B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720301200


Ja, letzteres auch. Sollte es Kritik an dem jetzigen
Entwurf gegeben haben – ich konzentriere mich in der
Regel lieber auf das Lob –,


(Angelika Krüger-Leißner [SPD]: Das kann ich mir vorstellen! Das weiß ich auch!)


und würde sie darauf abzielen, dass nichts Substanzielles
geändert worden ist, kann ich nur feststellen, dass das
nicht zutrifft. Ich konnte das auch in einem Gespräch mit
den Verfassern der Stellungnahme, in der es um die Ver-
änderung der Abgaben geht, deutlich machen. Ich will
das hier nicht wiederholen, aber lassen Sie mich noch
einmal auf die Verpflichtung, für Barrierefreiheit zu sor-
gen, auf die Veränderung der Sperrfrist sowie die Verän-
derung bei der Förderung hinweisen. Dadurch wollen
wir – ich habe das bereits ausgeführt – die Filmflut redu-
zieren, die Mittel konzentrieren und mehr für den Absatz
tun. Nehmen Sie als weiteres Beispiel den mutigen Ver-
such gegenüber der EU, durchzusetzen, dass ausländi-
sche Video-on-Demand-Anbieter eine Abgabe entrich-
ten müssen. Das war übrigens eine zentrale Forderung
der vier Verbände. All die genannten Maßnahmen verän-
dern die Filmförderung in hohem Maße.

Zur Schlagzeile in der Presseerklärung: Die muss im-
mer etwas bombastisch sein, damit die Presseerklärung
gelesen wird. Das kennen Sie ja.


(Angelika Krüger-Leißner [SPD]: Ach so!)


Der zweite Punkt betrifft die Abgabensituation. Die
vier Verbände, die sich zusammengesetzt haben – unter
anderem die Produzenten, die Kinobetreiber, die Video-
thekenbetreiber –, wollten eine Veränderung bei den
Zahlungen.


(Angelika Krüger-Leißner [SPD]: Ja!)


Sie haben gesagt: Wir wollen eine Veränderung der Ab-
gaben, wir selbst wollen weniger zahlen, dafür sollen
zum Beispiel die Telekommunikationsunternehmen, die
durch ihre Leitungen Filme durchleiten, etwas zahlen,
und auch die Fernsehanstalten sollen erhöhte Beiträge
leisten. Nun wäre es besonders intelligent gewesen,
wenn sich alle zusammengesetzt und ein Konsenspapier
erarbeitet hätten. Es zeigte sich nun aber, dass diejeni-
gen, die mehr zahlen sollten, nicht dazu bereit sind.

Das waren einmal die öffentlich-rechtlichen Fernseh-
anstalten. Sie zahlen die Beträge, die wir ihnen im Rah-
men der letzten Novellierung verordnet haben. Wir sind
im Übrigen froh darüber, dass dies vor Gericht Bestand
hatte, und würden dies ungern während eines laufenden
bzw. noch anhängigen Klageverfahrens verändern. Zu-
gleich muss ich akzeptieren, wenn die Fernsehanbieter
sagen: Es gibt keine Gebührenerhöhung für uns, wir
können das nicht abrechnen, und wir sind nur bereit, un-
seren gesetzlichen Mindestbeitrag zu leisten.

Die Forderung, dass die Telekommunikationsunter-
nehmen mehr zahlen, würde ich sehr gern unterstützen,
weil diese Filme durchleiten. Diese Forderungen sind je-
doch nicht EU-konform, weil die EU uns auf unsere
Nachfrage hin gesagt hat: Ihr könnt für die reine Durch-

leitung nicht Geld nehmen, zumal sie für die Bereitstel-
lung im Kabelnetz ohnehin Geld zahlen. Das war also
nicht möglich und hat dazu geführt, dass wir gesagt ha-
ben: Wir würden das gern verändern, aber im Moment
geht das nicht.

Hier bin ich im Einvernehmen mit den Beteiligten zu
einem Kompromiss gekommen. Dieser Kompromiss
sieht so aus, dass wir das Ganze nicht über fünf Jahre
hinweg laufen lassen, sondern, weil sich die wirtschaftli-
chen Bedingungen in dieser Zeit sehr schnell ändern, nur
einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren vorsehen. Das
heißt, schon anderthalb Jahre nach Inkrafttreten des Ge-
setzes werden wir evaluieren, um einen Vorschlag zu
machen. Bei diesem Gespräch hatte ich den Eindruck,
dass die Branche dies akzeptiert hat.

Ich bitte um Nachsicht dafür, dass ich dies so ausführ-
lich erklärt habe, aber kürzer geht das nicht.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720301300

Sie wollten trotz der Ausführlichkeit der Ausführun-

gen von Herrn Staatsminister Neumann noch eine Nach-
frage stellen?


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1720301400

Genau. – Ihre Ausführungen haben zum Teil bestä-

tigt, dass wir an den Kern, also an das Abgabensystem,
nicht herangehen.

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720301500


Frau Kollegin, hier gibt es ja auch keinen Zwang da-
hin gehend, dass wir das ändern müssen.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1720301600

Ja, aber um der Akzeptanz des FFG willen haben wir

darum gerungen, damit wirklich alle dabeibleiben.

Ich möchte die Stellungnahme des Vertreters eines
Verbandes wiedergeben. Er sagte, es handele sich um
wenige Änderungen, übrigens bereits schon in Richtli-
nien festgehalten. Und: Was die Förderung des Kinder-
films betrifft, so werde dies praktiziert. – Dies sind nur
zwei Beispiele. Lohnt sich also der Aufwand, dieses Ge-
setz mit all dem Prozedere im nächsten halben Jahr zu
novellieren, bei einer Geltungsdauer von nur zweiein-
halb Jahren? Oder wäre nicht eine Verlängerung um
zweieinhalb Jahre auch ein möglicher Weg?

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720301700


Das wäre die einfachste Lösung gewesen, aber es
wäre nicht die intelligenteste Lösung gewesen. Es ist im-
mer am leichtesten, etwas zu vertagen. Ich dachte, wir
kommen dem besonderen Bedürfnis der engagierten
Filmliebhaber – insbesondere Ihnen – entgegen, wenn
wir mit Ihnen darüber beraten und dann, wenn eine Ver-
änderung der Abgaben im Augenblick nicht möglich ist,
wenigstens die eine oder andere Änderung vornehmen.

Liebe Frau Kollegin Krüger-Leißner, ich muss Ihnen
sagen: Sie saßen mit an dem großen runden Tisch, als





Staatsminister Bernd Neumann


(A) (C)



(D)(B)


wir anderthalb Tage lang mit über 70 Vertretern aus der
gesamten Filmwirtschaft diskutiert haben. Neben dem
Punkt „Veränderung der Abgaben“ waren auch alle an-
deren Punkte wichtig für die Beteiligten.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Einvernehmen!)


Wir hätten zum Beispiel sonst die Sperrfrist nicht ändern
können. Wir hätten nicht unserem Wunsch Ausdruck ge-
ben können, ausländische Video-on-Demand-Anbieter
aufzufordern, sich an der Finanzierung zu beteiligen
usw.

Das heißt, Sie dürfen die Filmförderung und -bewer-
tung nicht an vier Hauptgruppen ausrichten. Es gibt so
viele, die – angefangen beim Drehbuch bis hin zu den
Schauspielern – an der Entstehung eines Films beteiligt
sind. Es wäre aus meiner Sicht arrogant gewesen, zu sa-
gen: Wir machen erst einmal gar nichts, warten zweiein-
halb Jahre und reden dann über andere Themen.

Wir waren der Auffassung, dass es klug ist, in dieser
Zeit Veränderungen, die sich anbieten, vorzunehmen.
Das schlagen wir Ihnen vor. Ich würde mich freuen,
wenn Sie das unterstützen könnten.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720301800

Vielen Dank. – Nächste Fragestellerin ist unsere Kol-

legin Kathrin Senger-Schäfer. Bitte schön, Frau Kollegin
Kathrin Senger-Schäfer.


Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720301900

Vielen Dank. Herr Staatsminister. Ich frage mich:

Was passiert mit dem Bereich der filmberuflichen Wei-
terbildung, wenn diese in der Zukunft im Filmförde-
rungsgesetz wegfällt? Sie begründeten das mit einer zu
starken Zersplitterung und damit, dass wir den Blick auf
die Kernaufgaben richten müssten. Welche Ursachen
sehen Sie denn für diese starke Zersplitterung? Daran
anknüpfend frage ich: Wie soll die filmberufliche Wei-
terbildung in § 2 Abs. 1 FFG dann konkret geregelt wer-
den? – Danke.

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720302000


Frau Senger-Schäfer, diese Frage war Gegenstand des
runden Tisches. Am Ende war man einmütig der Auffas-
sung,


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


dass es sinnvoll ist, die von uns vorgeschlagene Ände-
rung vorzunehmen. Warum? Im Gesetz ist geregelt – ich
glaube, das steht in § 59 FFG –, dass die FFA generell
den Auftrag hat, Förderungshilfen für Weiterbildungs-
maßnahmen zu gewähren. Das hat dazu geführt, dass
viele Einzelmaßnahmen unterstützt wurden: einzelne
Produzenten, einzelne Kinobesitzer. Dies hat auch, weil
die Mittel begrenzt sind, zu einem mehr oder weniger
zerfledderten System ohne Schwerpunkte geführt. Daher
waren alle der Auffassung: Eine solche Förderung bringt
nicht viel.

Hinzu kommt, dass die Beitragszahler, also diejeni-
gen, die die FFA und damit die Filmförderung finanzie-
ren, der Auffassung waren, dass die FFA nicht generell
für Weiterbildung zuständig ist, sondern nur für Weiter-
bildungsmaßnahmen, die mit dem Auftrag der FFA zu
tun haben. Das ist nicht meine Auffassung, also nicht
Auffassung des BKM, sondern Auffassung der Beitrags-
zahler gewesen.

Was folgt daraus? Weiterbildung wird weiterhin ein
Thema sein. Die Frage, ob Unterstützung gewährt wird
oder nicht, wird in Zukunft vom Präsidium entschieden.
Da wir das Präsidium um einen Kreativen erweitern
– Frau Roth, Wolfgang Börnsen und andere, die dafür
eingetreten sind, werden sich darüber freuen –, kann
man davon ausgehen, dass angemessene Forderungen
gestellt werden.

In Zukunft sollen sich die Fördermaßnahmen auf
Themen beziehen und nicht auf Einzelpersonen. Wir un-
terstützen beispielsweise den Berlinale Talent Campus.
Hier sagt dann die FFA: Da geht es um Talente; das wol-
len wir unterstützen. – Es gibt sicherlich noch andere
Förderungsmöglichkeiten, die man sich vorstellen kann.

Ich darf es aber noch einmal sagen: Das war nicht un-
sere originäre Meinung, sondern wir haben aus dem, was
man uns vorgetragen hat, Konsequenzen gezogen. Wir
haben gesagt: Weiterbildungsmaßnahmen sollen ange-
boten werden, die Mittel sollen aber konzentriert verge-
ben werden, und über die Förderung entscheidet das Prä-
sidium, in dem dann alle Gruppierungen einschließlich
der Kreativen vertreten sein werden.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720302100

Vielen Dank. – Nächster Fragesteller ist Kollege

Burkhardt Müller-Sönksen.


Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1720302200

Herr Staatsminister Neumann, die FDP-Fraktion be-

grüßt, wie vom Kollegen Wolfgang Börnsen schon aus-
geführt, dass die Bundesregierung ein Kulturthema auf
die Tagesordnung gesetzt hat. Das sollte man in diesem
Hause durchaus häufiger tun.

Wir haben gerade gehört, dass die Telekommunika-
tionsanbieter nicht an den Abgaben beteiligt werden,
weil europarechtliche Regelungen dem entgegenstehen.
Deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass Sie die Lauf-
zeit des Gesetzes auf zweieinhalb Jahre begrenzen wol-
len, um im Anschluss evaluieren zu können. Welche
Roadmap hat die Bundesregierung hinsichtlich dieser
Fragestellung?

Ich möchte meine zweite Frage gleich hinterherschi-
cken: Können Sie uns über den Stand der Umsetzung der
Digitalisierung von Kinos informieren?

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720302300


Ihre erste Frage betrifft Telekommunikationsunter-
nehmen, die Filme durchleiten, mehr nicht. Diese Unter-
nehmen werden bereits herangezogen, zum Beispiel bei
den Kabelgebühren. Es gibt die Vorschrift – Juristen





Staatsminister Bernd Neumann


(A) (C)



(D)(B)


wissen das besser –, dass man nicht zweimal für das-
selbe herangezogen werden darf. Wir haben es ja ver-
sucht. Von der EU wurde uns aber gesagt: Das geht
nicht. Diese Unternehmen leiten nur durch. Da sie schon
für die technischen Möglichkeiten zahlen, können sie
nicht auch noch herangezogen werden, wenn es um in-
haltliche Fragen geht. Das bedauere ich sehr, weil die
Unternehmen indirekt trotzdem profitieren und weil die
Unternehmen, an die ich denke, nicht das Prädikat
„Armut“ tragen. Deswegen habe ich mir vorgenommen
– das ist der erste Schritt –, auch in Abstimmung mit
Vertretern der Filmbranche, Gespräche mit den Vertre-
tern der Telekommunikationsunternehmen zu führen und
sie zu animieren, einen freiwilligen Beitrag zu leisten.
Das gab es früher auch. Früher haben Fernsehanstalten
und andere freiwillig Beiträge geleistet nach dem Motto:
Es geht ja hier nur um ein paar Millionen – es geht ja
nicht um Hunderte von Millionen –, die sehr helfen und
die in unserer Bilanz keine so große Rolle spielen. Das
bewahrte dann davor, dass man möglicherweise über an-
dere juristische Schritte nachdachte. Das ist der eine
Punkt.

Ihre zweite Frage betrifft die Digitalisierung. Die Di-
gitalisierung, für die wir ja gemeinsam mit dem Kultur-
ausschuss ein Programm erarbeitet haben, das auch von
Regierung und Kulturausschuss getragen wird, ist – man
muss es so sagen – erfolgreich. Sie ist ein Renner. Ich
sollte darauf hinweisen, dass wir nicht alle Kinos unter-
stützen, sondern nur die kleineren, die Arthouse-Kinos
usw., die nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft für die
Digitalisierung einer Leinwand aufzukommen. Dieses
Programm setzt sich zusammen aus Beiträgen des Bun-
des, der Länder, der FFA und – das ist die positive Meldung
– seit kurzem auch sicher einem Beitrag der Verleiher.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ja! Sehr gut!)


Das war ja bisher offen. Die Verleiher sind die größten
Profiteure der Digitalisierung. Jetzt haben wir die Ver-
bindlichkeit, dass die Verleiher sich beteiligen. Das führt
dazu, dass die von ihnen in der Vergangenheit bei schon
digitalisierten Leinwänden nicht gezahlten Zuschüsse
noch erfolgen.

Die Digitalisierung kommt schneller voran, als wir
dachten. Unser Programm sah fünf Jahre mit je 4 Millio-
nen Euro vor. Wir stellen fest, dass es schneller geht. Die
Kinos wollen schneller digitalisieren, um auch wettbe-
werbsfähiger zu werden. Ich konnte erreichen, dass im
Nachtragshaushalt 2012 noch einmal 3 Millionen Euro
für die Digitalisierung ausgegeben werden, sodass wir
da schneller vorankommen. Wir hatten ja bisher nur
4 Millionen Euro pro Jahr einkalkuliert. Ich habe jetzt
die Haushälter gebeten, diese Mittel bei der Bereini-
gungssitzung möglichst noch etwas zu erhöhen. Die Ge-
samtsumme wird bleiben, aber wir können diesen Pro-
zess der technologischen Veränderung dann durch
unsere Förderung beschleunigen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720302400

Fragen Sie noch einmal nach. Dann habe ich noch

eine Reihe von anderen Wortmeldungen. – Bitte schön,
Herr Kollege Burkhardt Müller-Sönksen.


Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1720302500

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe noch eine

kurze Nachfrage zur Gesamtsumme.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720302600

Er antwortet immer so lange.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Genau!)



Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1720302700

Ist die Gesamtsumme auskömmlich, oder droht sie

durch den Erfolg erhöht werden zu müssen?

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720302800


Das kann ich noch nicht abschätzen, Herr Kollege.
Ich antworte im Sinne des Präsidenten kurz.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Danke!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720302900

Wobei ja, Herr Staatsminister, alle dankbar sind, dass

dieses Thema heute auf der Tagesordnung steht. –
Nächster Fragesteller: Kollege Johannes Selle.


Johannes Selle (CDU):
Rede ID: ID1720303000

Herr Staatsminister, wir begrüßen die Weiterentwick-

lung des Filmförderungsgesetzes. Denn die Branche be-
findet sich in einem schnellen Umbruch, wie wir ja
schon beim Thema Kinodigitalisierung gehört haben.
Die Kinodigitalisierung wird dazu führen, dass weniger
Filme herkömmlicher Produktionsart aufgeführt werden
können. Wir als Parlamentarier diskutieren über die Di-
gitalisierung des Filmerbes. Wie ist dafür im Filmförde-
rungsgesetz Vorsorge getroffen worden?

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720303100


Digitalisierung über Film hinaus – das ist ohnehin das
Stichwort – ist eine große Herausforderung, die wir ins-
gesamt bestehen müssen. Es geht ja nicht nur um Film
– das darf ich als Kulturstaatsminister sagen, der ja nicht
nur für Film verantwortlich ist –, sondern auch um
andere Bereiche. Da stehen wir vor großen Herausforde-
rungen. Wir haben schon – ich hatte Sie im Kulturaus-
schuss darüber informiert – den Beginn einer Digitalisie-
rungsoffensive eingeleitet, indem wir deutlich mehr
Mittel zur Verfügung gestellt haben als bisher; aber diese
Mittel werden wir noch deutlich erhöhen müssen. Wir
werden auch Beiträge Privater brauchen, um dieses Pro-
blem zu lösen.

Die Digitalisierung des Filmerbes ist nur ein Aspekt.
Wir haben schon im letzten Haushalt diejenigen, die das
Filmerbe bei uns archivieren, zum Beispiel die
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und die DEFA-Stif-
tung, zusätzlich mit mehreren Hunderttausend Euro aus-
gestattet, darüber hinaus auch das Bundesarchiv, Abtei-
lung Film. Wir haben vor, im neuen Haushalt – ich muss
vorsichtig sein, um mich nicht unbeliebt zu machen;
denn er ist noch nicht beschlossen – allein für die Digita-





Staatsminister Bernd Neumann


(A) (C)



(D)(B)


lisierung filmischen Erbes weitere 1 Million Euro zur
Verfügung zu stellen. Das ist, verglichen mit früher,
schon eine ganze Menge. Das filmische Erbe, das erhal-
tenswert ist – die Entscheidung darüber treffen übrigens
nicht wir; ich möchte, dass sie von Fachleuten getroffen
wird –, soll also sukzessive und in zunehmendem Maße
durch Digitalisierung gesichert werden.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720303200

Vielen Dank. – Nächster Fragesteller: Kollege Marco

Wanderwitz. Bitte schön, Kollege Marco Wanderwitz.


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1720303300

Herr Staatsminister, Sie haben das Thema, um das es

mir geht, schon in einem Nebensatz angesprochen; aber
ich würde ganz gern noch ein paar Sätze mehr dazu hö-
ren. Es geht um die Frage: Besteht eigentlich tatsächlich
Veränderungsbedarf bzw. gibt es echte Veränderungen
bei der Besetzung der Gremien der Filmförderanstalt?
Vor diesem Hintergrund würde ich gerne wissen: Ers-
tens. Wie schätzen Sie das Funktionieren der Gremien
der FFA aktuell ein? Zweitens – zu der bereits kurz an-
gesprochenen Änderung –: Welche Motivation hat die
Bundesregierung veranlasst, verstärkt Kreative in die
Gremien zu holen?

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720303400


Schon früher – in meiner Zeit als Abgeordneter und
Staatsminister ist dies, wie ich glaube, schon die vierte
Novellierung des Filmförderungsgesetzes – haben wir
immer wieder über die Gremien diskutiert. Es gab sogar
einmal eine Auflage des Haushaltsausschusses. Damals
hieß es, die Gremien seien zu groß. Darüber haben wir
dann diskutiert – ich war damals Abgeordneter –, und
die Konsequenz war: Wir haben die Zahl der Mitglieder
leicht erhöht.


(Heiterkeit des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


Wir haben sie deshalb erhöht – auch Claudia Roth weiß
das bestimmt noch –, weil wir die Klassischen nicht hi-
nauswerfen wollten, uns aber daran gelegen war, die
Kreativen – Drehbuchschreiber und alle, die sonst noch
dazugehören – mit einzubeziehen. Wir haben also ge-
sagt: Auf zwei Mitglieder mehr kommt es nicht an.

Der Verwaltungsrat der FFA ist in seiner jetzigen Grö-
ßenordnung ein Gremium, das, wie ich finde, auf wun-
derbare Weise die gesamte Filmlandschaft widerspiegelt.
Er ist gewissermaßen ein Filmparlament. All diejenigen,
die an dem Prozess beteiligt sind, sind Mitglied. Wir ver-
ändern die Zusammensetzung dieses Gremiums an nur
einer Stelle. Das finde ich richtig. Ich möchte nämlich
niemanden streichen.

Das Präsidium ist sozusagen das Handlungsorgan der
FFA. Es ist insofern wichtig, als es einzelne Fördermaß-
nahmen beschließt. Hier haben wir eine Entscheidung
getroffen, die uns vor vier Jahren wahrscheinlich noch
riesigen Protest der Produzenten beschert hätte, da diese,
was ihre Einstellung angeht, eher konservativ sind. Wir

haben entschieden, den Vorschlag zu machen, einen Ver-
treter der Kreativen – die zwar keine Beitragszahler sind,
aber entscheidend zur Produktion eines Filmes beitragen –
mit einzubeziehen. Das wäre neu. Ich gebe zu: Das alles
ist nicht revolutionär. Im Rahmen der parlamentarischen
Beratung besteht durchaus die Möglichkeit, diese Rege-
lung zu ändern. Empfehlen würde ich das aber nicht.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720303500

Jetzt folgt die Frage unserer Kollegin Kathrin Senger-

Schäfer.


Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720303600

Herr Staatsminister, vielen Dank. – Ich habe eine

Frage zur Beschäftigungssituation der Kreativschaffen-
den in der Filmbranche. Mich würde interessieren, in-
wieweit in den Aufgaben der FFA, die in § 2 Abs. 1, 2, 5
und 6 des Filmförderungsgesetzes beschrieben sind
– das betrifft die Förderung, Strukturverbesserung, ge-
samtwirtschaftliche Belange, internationale Zusammen-
arbeit und Kooperation mit den Rundfunkanstalten –, die
Beschäftigungssituation der Kreativschaffenden Berück-
sichtigung findet und welche zusätzlichen Vereinbarun-
gen Sie im Bedarfsfall als nötig erachten, um eine Opti-
mierung des Filmförderungsgesetzes hinsichtlich der
Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.

B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1720303700


Hier muss man zwischen dem Sachverhalt und dem
Sinn des Gesetzes unterscheiden. Was den Sachverhalt be-
trifft, bin ich wie Sie der Auffassung – das entnehme ich
Ihrer besorgten Frage –, dass die Beschäftigungssituation
vieler Filmschaffender, insbesondere vieler im schau-
spielerischen Bereich Tätiger, generell unzureichend ist;
das ist so.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Stimmt!)


Wenn man sich, wie im Bericht der Enquete-Kom-
mission nachzulesen ist, vor Augen führt, wie viel
Künstler und Schauspieler im Durchschnitt verdienen,
kann man kaum fassen, dass sie trotzdem ein solch gro-
ßes Engagement an den Tag legen. Hier besteht Korrek-
turbedarf. Einen ersten Schritt haben wir in der Großen
Koalition unternommen. Jetzt folgt der zweite Schritt.
Dabei geht es unter anderem um das ALG I und die An-
rechnung beim Arbeitslosengeld. Das ist eine schritt-
weise Verbesserung. Sie könnte noch stärker sein; ich
empfehle das. Das wäre allerdings ein Schritt, den wir in
der nächsten Legislaturperiode tun sollten.

Wir haben das Filmförderungsgesetz von uns aus
schon mit kulturpolitischen Forderungen belastet. Das
geht ein Stück über den eigentlichen Auftrag hinaus;
denn hier geht es praktisch nur um die wirtschaftliche
Förderung. Das FFG kann in keiner Weise die Verant-
wortung von Tarifpartnern übernehmen. Wir haben ein-
mal diskutiert – Frau Krüger-Leißner wird sich erinnern,
Wolfgang Börnsen auch –, ob man bezogen auf Förde-
rung und Beschäftigung zusätzliche Auflagen machen
kann, sind aber sehr schnell nicht nur auf den Wider-





Staatsminister Bernd Neumann


(A) (C)



(D)(B)


stand der gesamten Branche, sondern auch auf rechtliche
Hürden gestoßen. Im Rahmen dieses Gesetzes kann bis
auf Appelle eigentlich nichts mehr gemacht werden.

Ich füge aber hinzu: Ich bin mit Ihnen der Auffas-
sung, dass auf anderen Ebenen für die Verbesserung der
Beschäftigungssituation der Filmschaffenden nach wie
vor mehr zu tun ist.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Völlig richtig!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720303800

Vielen Dank. – Es gibt keine Fragen mehr zu dem Be-

richt, den Staatsminister Bernd Neumann gegeben hat,
sodass ich jetzt zu den Fragen zu anderen Themen der
heutigen Kabinettssitzung überleite.

Zu Wort gemeldet hat sich unsere Kollegin Dagmar
Enkelmann.


Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720303900

Wie wir alle gelesen haben, hat sich der Koalitions-

ausschuss am Sonntagabend oder Sonntagnacht unter
anderem mit der sogenannten Lebensleistungsrente be-
fasst. Einem Artikel aus der Welt konnte ich heute ent-
nehmen, dass Frau von der Leyen eine Rentenwohltat
verspricht. Die FDP hat sofort reagiert und vor überzo-
genen Erwartungen gewarnt. Frau von der Leyen ver-
spricht offenkundig wirklich das Blaue vom Himmel.
Real wird diese Rente – so habe ich das verstanden –
maximal 10 bis 15 Euro oberhalb der Grundsicherung
liegen, und maximal 2 Prozent der Betroffenen werden
überhaupt einen Anspruch darauf haben, weil die Zu-
gangsmöglichkeiten sehr stark beschränkt sind. Was dort
am Sonntagabend erarbeitet worden ist, ist also bei ge-
nauerem Hinsehen alles andere als eine Rentenwohltat.
Mit diesem Thema werden wir uns hier noch beschäfti-
gen.

Meine Frage: Hat sich das Kabinett mit diesen Vor-
schlägen befasst, und wurde die Ministerin zurückge-
pfiffen?


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720304000

Zur Beantwortung steht zur Verfügung Herr Staats-

minister Eckart von Klaeden. Bitte schön, Kollege von
Klaeden.

E
Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1720304100


Frau Kollegin Enkelmann, das Kabinett hat sich mit
dieser Frage nicht befasst; deswegen musste auch nie-
mand „zurückgepfiffen“ werden.

Sie haben das Stichwort selber gegeben: Wir werden
uns in diesem Hohen Hause mit der Frage noch beschäf-
tigen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720304200

Zu diesem Bereich oder zu einem anderen Thema der

heutigen Kabinettssitzung unser Kollege Volker Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1720304300

So weit entfernt ist meine Frage gar nicht: Es geht

auch um die Umsetzung der Ergebnisse des Wahlge-
schenkegipfels vom Sonntag.

Ich habe aus den Ausschüssen gehört, dass der Be-
treuungsgeldantrag, der in den Fachausschüssen beraten
wurde, bezüglich der Altersvorsorge und des Bildungs-
sparens nicht die Elemente enthält, die Sie angeblich
hinzugefügt haben wollen.

Ich möchte wissen, über was wir jetzt eigentlich bera-
ten und wann das Betreuungsgeld in seiner Endform,
wie Sie es vereinbart haben, in den Bundestag einge-
bracht wird. Beabsichtigen Sie, ein Gesetz, das Sie noch
gar nicht verabschiedet haben, gleich wieder nachzufli-
cken, oder wie sollen die Beschlüsse des Koalitionsgip-
fels zum Betreuungsgeld im weiteren Gesetzgebungs-
verfahren umgesetzt werden?


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720304400

Herr Staatsminister.

E
Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1720304500


Herr Kollege Beck, dass die am Sonntag beschlosse-
nen Ergänzungen des Betreuungsgeldes in der Formulie-
rungshilfe nicht enthalten sein sollen, ist nicht zutref-
fend.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben mir gerade die Leute aus dem Finanzausschuss erzählt!)


Wir werden beides am Freitag in diesem Hause beraten
und das Betreuungsgeldgesetz in zweiter und dritter Le-
sung verabschieden.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das geht beim Ergänzungsgesetz aber nicht! Das ist erste Lesung und Überweisung! Keine Tricks!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720304600

Ich beende nun die Themenbereiche der heutigen Ka-

binettssitzung. Gibt es darüber hinaus sonstige Fragen an
die Bundesregierung? – Das ist nicht der Fall. Somit be-
ende ich die Befragung.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde
– Drucksachen 17/11282, 17/11313 –

Zu Beginn der Fragestunde rufe ich die dringlichen
Fragen auf Drucksache 17/11313 auf.

Die dringlichen Fragen beziehen sich auf den Ge-
schäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidi-
gung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische
Staatssekretär Christian Schmidt zur Verfügung.

Ich rufe die dringliche Frage 1 unseres Kollegen
Niema Movassat auf:

In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung vor dem
Hintergrund der Pressemeldungen vom 3. November 2012

(unter anderem www.sueddeutsche.de/politik/de-maizire-ueber Vizepräsident Eduard Oswald auslandseinsaetze-regierung-plant-neues-afghanistan-mandat1.1513110)





(A) (C)


(D)(B)

ken, dass dieser nicht dem Parlamentsvorbehalt unterliegt,
bzw. welche genauen Tätigkeiten sieht die Bundesregierung
in ihren derzeitigen Planungen für einen Bundeswehreinsatz
in Mali oder seinen Nachbarländern vor?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720304700


Herr Präsident! Lieber Kollege Movassat, ich habe
ein gewisses Problem, weil ich eigentlich eine Rück-
frage stellen müsste;


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist aber so nicht geplant!)


denn in der Frage kommt zum Ausdruck – mit Genehmi-
gung des Parlamentspräsidenten wiederhole ich das hier
doch noch einmal –: Laut Pressemeldungen erwägt Bun-
desverteidigungsminister de Maizière einen Bundes-
wehreinsatz in Mali ohne Bundestagsmandat usw.

Das kann sich wohl nur auf das Interview in der Süd-
deutschen Zeitung von Samstag beziehen. Bei einem In-
terview sind für Fragen bekannterweise die Journalisten
und für Antworten die Gefragten verantwortlich. Eine
Frage des Journalisten lautete:

Bewaffnete Auslandseinsätze muss der Bundestag
billigen. Gibt es Überlegungen, einen Einsatz in
Mali zu beschließen, ohne das Parlament zu fragen?

Antwort:

Die Frage nach einem Mandat des Bundestages
richtet sich nach dem Auftrag unserer Soldaten. Wir
klären jetzt erst einmal, was unser Auftrag sein
könnte und was wir für dessen Erfüllung bräuchten.
Wenn das ein Mandat erforderlich macht, dann wer-
den wir dies selbstverständlich im Bundestag an-
streben.

Deswegen, verehrter Herr Präsident, sind mir die Insi-
nuierung und die Interpretation, die aus der Frage he-
rauszuhören sind, die Bundesregierung würde welches
Mandat auch immer anstreben, nicht ganz eingängig.
Deshalb kann ich auf die Frage nur pauschal antworten,
dass die Bundesregierung gegenwärtig prüft, und zwar
im Lichte dessen, was sich in der nächsten Zeit seitens
der Europäischen Union im Hinblick auf das Krisenma-
nagementkonzept entwickeln wird, das in den nächsten
Wochen zur Beratung ansteht, und natürlich der Ent-
scheidungen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
bzw. von ECOWAS und der dort tätigen afrikanischen
Organisationen und Länder.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720304800

Ihre erste Nachfrage.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720304900

Danke schön. – Sie haben das richtige Interview zi-

tiert. Was natürlich auch nach der Antwort des Ministers
bleibt, ist, dass er nicht ausschließt, das Parlament nicht
daran zu beteiligen. Deshalb bleibt die Frage an dieser

Stelle wichtig. Es geht um einen Auslandseinsatz der
Bundeswehr. Das ist eine Frage, die die Öffentlichkeit
bewegt. Deshalb wurde dieses Interview ja auch in ande-
ren Medien aufgegriffen.

Insofern fragt man sich schon: Vor welchem Hinter-
grund will die Bundesregierung kein Parlamentsvotum
bezüglich dieses Bundeswehrmandats? Die Hauptbe-
gründung wird vermutlich sein, es gehe erst einmal um
Ausbildung. Dafür sei es nicht erforderlich, weil es keine
Kampfeinsätze oder dergleichen gebe. Aus Afghanistan
wissen wir aber noch: Das fängt mit der Ausbildung an,
und hinterher ist man mitten im Krieg. Daher habe ich an
dieser Stelle noch einmal die konkrete Nachfrage: Wird
die Bundesregierung, falls es zu diesem Auslandseinsatz
der Bundeswehr kommt, dies dem Parlament vorlegen?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720305000


Sehr verehrter Kollege, ich bin dankbar, dass Sie den
im Text Ihrer zweiten Frage beinhalteten Passus: „Kann
die Bundesregierung … mit absoluter Sicherheit aus-
schließen …?“, der schon denklogisch etwas problema-
tisch ist, nicht wiederholt haben. Ich finde, dass wir uns
hier nicht mit Ausschließungsfragen, sondern mit Sach-
fragen beschäftigen müssen.

Deswegen sagt die Bundesregierung völlig klar: Wir
sind auf der Grundlage der von mir gerade genannten
Bewertungen der internationalen Gemeinschaft und in-
ternationaler Organisationen im Hinblick auf die Krisen-
lage, die sich im Norden Malis entwickelt hat, und auf
die Kräftigung der Handlungsfähigkeit der malischen
Verantwortlichen im Süden grundsätzlich dazu bereit,
uns dieser internationalen Frage zu stellen und zu nä-
hern. Ob daraus eine militärische, eine Ausbildungs-,
eine zivile oder eine andere Option entsteht, ist bisher
nicht klar und verabschiedet. Deswegen kann ich auch
nichts ausschließen und werde nichts ausschließen.

Ich werde allerdings eines ausschließen: dass die
Bundesregierung sich nicht an § 2 Abs. 1 des Parla-
mentsbeteiligungsgesetzes in Verbindung mit dem Urteil
vom 7. Mai 2008 – 2 BvE 1/03 – des Bundesverfas-
sungsgerichts über die Frage, was ein bewaffneter Ein-
satz ist und dass er, wenn es ein bewaffneter Einsatz ist,
natürlich vom Parlament zu beschließen ist – ergänzt um
den Hinweis, dass das immer parlamentsfreundlich aus-
zulegen ist –, halten wird. Wir werden zu gegebener Zeit
natürlich auch unsere entsprechenden Schlussfolgerun-
gen ziehen. Weiteres kann ich nicht ausschließen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720305100

Ihre zweite Nachfrage, Kollege Niema Movassat.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720305200

Danke. – Können Sie etwas zum aktuellen internatio-

nalen Diskussionsstand über die Mission sagen? Es gibt
ja immer wieder mediale Berichterstattungen. Anschei-
nend ist es so, dass die Diskussionen inzwischen weiter
sind als im Anfangsstadium; man befindet sich in einem
fortgeschrittenen Stadium. Deshalb wäre es für das Par-
lament interessant, frühzeitig über die Fragen Bescheid





Niema Movassat


(A) (C)



(D)(B)


zu wissen: Welches Einsatzgebiet ist vorgesehen? Um
welche Art von Mission handelt es sich? Wie sind die
derzeitigen Diskussionen, und wie beteiligt sich
Deutschland an diesen Diskussionen?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720305300


Vielen Dank. – Die international und in vielen Me-
dien aufgeworfene Frage, wie sich die Möglichkeit einer
Befriedung in Mali entwickelt, hat heute in zwei Aus-
schüssen dieses Hauses eine wichtige Rolle gespielt. So-
wohl im Auswärtigen Ausschuss als auch im Verteidi-
gungsausschuss erfolgte dazu eine Unterrichtung durch
die Bundesregierung. Dabei wurde deutlich, dass es ver-
schiedene Optionen gibt, die der Bundesaußenminister
mit seiner sehr tiefgreifenden Reise nach Mali in den
letzten Tagen auch fundiert hat.

Wir haben nach dieser Reise die Erkenntnis gewon-
nen, dass es notwendig ist, die terroristischen Aggressio-
nen, die sich im Norden Malis ergeben und die dort
schon bestehen, zu befrieden. Es ist abgewogen worden,
welche Verhandlungen möglich sind, ob die verschiede-
nen Gruppierungen, die sich dem islamistischen Terro-
rismus zuordnen, bereit sind, an einen Verhandlungstisch
zu kommen. Wir haben Signale von Tuareg-Strukturen
erhalten, die das sehr wohl bejahen. Von anderen Grup-
pierungen ist dazu bisher nichts zu hören.

Nachdem gerade in der malischen Hauptstadt eine
Konferenz stattgefunden hat, in der über diese Frage ge-
sprochen worden ist, und die Hohe Beauftragte der
Europäischen Union, Frau Ashton, mit der Erarbeitung
eines entsprechenden Krisenmanagementkonzepts be-
auftragt worden ist, versuchen wir, bis vermutlich Ende
des Monats – am 17./18. dieses Monats findet in Brüssel
eine Sitzung des Rates im Format der Außen- und Ver-
teidigungsminister statt – hierüber zu beraten, wenn-
gleich wir dabei auch zu berücksichtigen haben, dass die
45 Tage umfassende Frist, die der Sicherheitsrat der Ver-
einten Nationen bei seiner ersten Resolution bezüglich
Mali eingezogen hat, noch in diesem Jahr abläuft, sodass
wir abzuwarten haben, wie sich der Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen danach in dieser Frage betätigt. Hie-
rüber kann ich aber, auch mangels Zuständigkeit, keine
weitere Auskunft geben.

Ich darf nur noch einmal versichern, dass wir uns in
solche Überlegungen mit Bedacht einbringen, aber na-
tional von unserer Seite selbst keine stringenten Planun-
gen vorliegen. Sie können deswegen nicht vorliegen,
weil gegenwärtig noch gar nicht geklärt ist, in welchem
Rahmen und mit welchen Mitteln die Befriedung der Si-
tuation in Mali erreicht werden kann.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720305400

Ich komme jetzt zu den weiteren Nachfragen. Zu-

nächst unsere Kollegin Frau Kerstin Müller.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

H
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1720305500


Dort ist die Rede von einer möglichen Ausbildungsmis-
sion in Bezug auf die malische Armee. Sie erwähnten
gerade auch die Wünsche der malischen Regierung und
die Wünsche von ECOWAS. Deren Vorstellungen liegen
nun weit auseinander. Sie sagten, Sie werden prüfen.

Können Sie uns wenigstens darüber unterrichten, was
die Bundesregierung prüft? Prüfen Sie, ob man sich an
einer Ausbildung der malischen Armee beteiligen wird,
oder prüfen Sie, ob man sich an einer möglichen euro-
päischen Mission zur Ausbildung der ECOWAS-Trup-
pen beteiligen wird? Bisher gibt es dazu von der Bundes-
regierung unterschiedliche Aussagen.

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720305600


Dies befindet sich, Frau Kollegin, noch im Abwä-
gungs- und Planungsstadium. Wir müssen auch in Rech-
nung ziehen, dass zwischen den malischen und den
ECOWAS-Kräften noch nicht Klarheit darüber besteht,
wer für was unter welcher Führung verantwortlich sein
wird. Nach unseren Erkenntnissen und denen der
ECOWAS wird klar, dass die Ausbildung der malischen
Streitkräfte – ich betone: die Ausbildung – wohl nottut.
Es ist dann allerdings zu klären und zu prüfen, in wel-
chem Rahmen man eine Ausbildung, die per se eine mit-
tel- und langfristig angelegte Aufgabe ist, mit notwendi-
gen Krisenmanagementaufgaben, beispielsweise denen
der ECOWAS, in Einklang bringt.

Ich darf übrigens darauf hinweisen, dass in Mali bis
zum Putsch vor einiger Zeit eine Ausbildung, allerdings
fern von jeder militärischen Mission, im Rahmen der
Ausbildungshilfe in sehr kleinem Rahmen bereits statt-
gefunden hat, sodass wir in diesem Bereich erste Erfah-
rungen haben. Ich möchte allerdings für die Bundes-
regierung hinzufügen, dass wir dies als eine genuin
afrikanische Aufgabe, die dann durch Europa unterstützt
wird, verstehen. Ich betone: von europäischer Seite; es
ist nicht eine deutsche Aufgabe.

Auf europäischer Ebene wird sicherlich Wert darauf
zu legen zu sein, dass die europäischen Staaten, unser
französischer Nachbar und andere, einen Konsens fin-
den. So weit sind wir in der konkreten Planung noch
nicht. Das ist in Arbeit.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720305700

Eine weitere Nachfrage unseres Kollegen Jan van

Aken.


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720305800

Vielen Dank. – Herr Schmidt, Sie verweisen immer

darauf, dass in der EU und im Sicherheitsrat noch ent-
schieden werden muss. Nun ist es aber so, dass diese
Entscheidungen nicht vom Himmel fallen. Zur Erinne-
rung: Die Bundesrepublik Deutschland ist Mitglied der
EU und verhandelt mit. Die Bundesrepublik Deutsch-
land ist Mitglied im UN-Sicherheitsrat und verhandelt
mit.

Deswegen noch einmal konkret: Was sind Ihre Vor-
stellungen, die Vorstellungen der Bundesregierung, was





Jan van Aken


(A) (C)



(D)(B)


die Ausbildung der malischen Rebellen angeht? Ganz
konkret: Was ist Ihre Vorstellung, wo das stattfindet?
Können Sie sich vorstellen – ist das eine der Verhand-
lungspositionen, die Sie als Bundesregierung vertreten? –,
dass eine Ausbildung der malischen Armee auf mali-
schem Boden stattfindet, in einem Land, in dem gerade
Bürgerkrieg herrscht und in dem zwei Drittel der Fläche
von Rebellen besetzt worden sind, oder wollen Sie das
für sich ausschließen? Was ist Ihre Verhandlungsposition
bei den momentanen Gesprächen im UN-Sicherheitsrat
und bei der EU?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720305900


Herr Kollege, bei der „Ausschließeritis“ gibt es fol-
gendes Problem: Wenn Sie der Infektion erlegen sind,
dann haben Sie keinen klaren Blick mehr für das, was
Sie nutzen müssen, um ein Ziel zu erreichen.


(Jan van Aken [DIE LINKE]: Das mit dem klaren Blick, das sehe ich!)


– Sie haben den Ihren, wir als Bundesregierung haben
den unsrigen. – Wir sind bei den Verhandlungen gegen-
wärtig zum großen Teil im Bereich der sogenannten Fak-
tenfindung, Fact Finding. Wir müssen also erst einmal
feststellen, wer für was bereit ist und was notwendig ist.

Es wird durchaus darüber nachgedacht, ob es sinnvoll
ist, die Ausbildung im Land oder außerhalb des Landes
durchzuführen. Ich weise darauf hin, dass wir bereits im
Rahmen der EU-Trainingsmission in Somalia die Aus-
bildung somalischer Sicherheitskräfte – diese sollen
dann in ihr eigenes Land zurückkehren – in einem Nach-
barland durchführen. Die Entscheidungsgrundlage im
Falle Malis ist noch nicht so verdichtet, dass man hierü-
ber eine klare Aussage treffen kann. Allerdings zeichnet
sich sehr deutlich ab – das ist auch die Position, die in
Europa eingenommen wird –, dass eine Bekämpfung der
Terroristen im Norden Malis nicht Aufgabe der Europäi-
schen Union oder europäischer Kräfte ist.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720306000

Nächste Fragestellerin ist unsere Kollegin Katja Keul.


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1720306100

Vielen Dank. – Herr Staatssekretär Schmidt, in der

französischen Presse ist zu lesen, dass es schon konkrete
Zeitpläne gibt. Danach beginnen wir schon in den nächs-
ten Wochen und Monaten mit dem Aufstellen von Trup-
pen. Spätestens im März 2013 soll – so ist es im Figaro
zu lesen – die Rückeroberung des Nordens starten. Spie-
geln diese Zeitpläne auch die deutsche bzw. die europäi-
sche Position wider? Haben Sie miteinander gesprochen,
oder handelt es sich um einen französischen Alleingang?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720306200


Ich kann nicht abschätzen, wer den von Ihnen er-
wähnten Artikel im Figaro, der in Deutschland viel
Beachtung findet, inspiriert hat. Ich will nur sagen:
Zeitungsmeldungen, die mit Zeitplänen zu solchen kom-
plexen Krisenmanagementplänen beitragen sollen, sind

nur sehr beschränkt konstruktiv. Ich möchte deswegen
zu den Aussagen in dem erwähnten Artikel keine Stel-
lung nehmen. Unsere Position wird auf der Grundlage
von gemeinsamen Gesprächen und Erörterungen erar-
beitet werden. Darin werden die Position und die Er-
kenntnisse der Reise des Bundesaußenministers, der
nach seiner Rückkehr die Obleute der beiden Fachaus-
schüsse unterrichtet hat, in starkem Maße einfließen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720306300

Nächste Nachfrage stellt unser Kollege Dr. Rolf

Mützenich.


Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1720306400

Vielen Dank, Herr Präsident. – Da ich weiß, dass ich

die Kollegen von der Fraktion Die Linke nicht fragen
darf, ob sie bereits jetzt ausschließen, dem Mandat zuzu-
stimmen, möchte ich die Bundesregierung Folgendes
fragen: Kann man daraus, dass sich die Bundeskanzlerin
so früh in diese Debatte eingemischt hat, schließen, dass
sie gegenüber der Federführung des zuständigen Res-
sorts eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legt ange-
sichts der Erfahrungen, die sie mit dem UN-Mandat
1973 betreffend Libyen und dem Abstimmungsverhalten
des deutschen Vertreters im UN-Sicherheitsrat gemacht
hat?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720306500


Die Bundeskanzlerin, die in der letzten Woche anläss-
lich der Bundeswehrtagung in Strausberg in ihrer Rede
auf die Möglichkeit eines Mandats betreffend Mali Be-
zug genommen hat, befindet sich genauso wie die ge-
samte Bundesregierung in absoluter Übereinstimmung
mit dem federführenden Bundesminister des Auswärti-
gen und dem Bundesverteidigungsminister.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720306600

Nächste Nachfrage stellt unser Kollege Hans-

Christian Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Herr Staatssekretär. – Wie kommt die Frau
Bundeskanzlerin angesichts der Tatsache, dass die Di-
mension, Ausgestaltung und Planung eines Einsatzes of-
fenbar noch völlig im Nebel sind, und angesichts der
vielfachen Beteuerungen der Bundesregierung, eine mi-
litärische Beteiligung nur als Ultima Ratio anzusehen,
eigentlich dazu, die Beteiligung an einer militärischen
Option zuzusagen, wenn bisher alle anderen Möglich-
keiten, den Konflikt in Mali zu bewältigen, noch nicht
ausgeschöpft sind?

War der Bundeskanzlerin, als sie diese Zusage für
eine Beteiligung an einer militärischen Option unbe-
kannten Ausmaßes gemacht hat, bekannt, dass eine der
Mudschaheddin-Gruppen in Mali bereits angekündigt
hat, dass sie die Hauptstadt innerhalb von 24 Stunden er-
obern wird, wenn es zu einem militärischen Eingreifen
des Auslands kommt? Ist es nicht abzusehen, dass es





Hans-Christian Ströbele


(A) (C)



(D)(B)


dann auch mindestens zu einer Art Partnering wie in
Afghanistan mit den sehr desolaten malischen Truppen
kommen muss?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720306700


Herr Kollege Ströbele, Ihre exegetischen Fähigkeiten
in allen Ehren,


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Nicht so herablassend!)


aber mir, wie wohl auch der Bundeskanzlerin selbst, hat
sich nicht erschlossen, dass sie eine Zusage im Hinblick
auf ein noch zu bestimmendes Mandat – Stichwort:
CONOPS, Operationsplan usw. – gegeben hätte.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ging um den übrigens auch in diesem Haus mehr-
fach erhobenen Vorwurf, die Bundesregierung würde
sich nicht rechtzeitig mit internationalen Konflikten, ins-
besondere solchen in Afrika, beschäftigen. Die Äuße-
rung der Bundeskanzlerin dokumentiert, dass sich die
Bundesregierung politisch mit diesen Fragen beschäf-
tigt, dass sie aber noch zu keiner endgültigen Antwort
gekommen ist. Das Thema liegt allerdings auf dem Tisch
der internationalen Gemeinschaft, und zwar spätestens
seit dem Beschluss des Sicherheitsrats der Vereinten Na-
tionen.

Ich darf darauf hinweisen, dass die Bundesrepublik
Deutschland gegenwärtig Mitglied im Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen ist und die Resolution, die Mali be-
trifft und die im Sicherheitsrat verabschiedet worden ist,
mitgetragen hat. Daraus kann man schließen, dass die
Bundesregierung die Augen vor der Situation in Afrika
und in Mali nicht verschließt. Diese Situation hat übri-
gens zu einem gewissen Teil auch damit zu tun, dass die
Operation in Libyen Kräfte hervorgebracht hat, die, aus-
gerüstet mit militärischem Material, in anderen Ländern
vagabundieren und dort Unsicherheit erzeugen.

Es besteht also die Notwendigkeit, sich mit der Lage
in Mali zu beschäftigen. Das heißt aber nicht, dass schon
jetzt eine konkrete Antwort gegeben werden kann. Ich
habe darauf hingewiesen, welche Verfahrens- und Ent-
scheidungsabläufe in den nächsten Wochen zu erwarten
sind.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat der französische Staatspräsident aber anders verstanden!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720306800

Herr Kollege Ströbele, Ihr Fraktionskollege

Dr. Frithjof Schmidt ist an der Reihe. Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Staatssekretär, ich habe verstanden, dass Sie mo-
mentan noch prüfen, ob und gegebenenfalls welche
Truppen Sie ausbilden. Ich habe eine Nachfrage dazu,
was Sie genau prüfen: Ziehen Sie momentan in Erwä-
gung, in Mali auch Truppen auszubilden bzw. eine sol-

che Ausbildung fortzusetzen, während sie in Kampf-
handlungen verwickelt sind, oder können Sie eine solche
Erwägung im Augenblick schon ausschließen?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720306900


Herr Kollege Schmidt, die feine Ziselierung Ihrer
Frage spürend,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist er!)


will ich sagen, dass wir die Ausbildung prüfen, nicht
Einsätze im Sinne eines Kampfeinsatzes bzw. im Sinne
dessen, was das Bundesverfassungsgericht in besagtem
Urteil erklärt hat. Das habe ich vorhin dargelegt.

Sie werden deswegen von mir keine weitere Antwort
erhalten können, weil wir mit dem Prüfprozess und mit
der Bewertung dessen, was möglich ist, auf nationaler
Ebene noch gar nicht so weit sind. Auch wenn ein Vor-
schlag auf europäischer Ebene zu beraten sein wird,
kann das nicht heißen, dass automatisch alle Mitglied-
staaten solch einem Vorschlag für das Krisenmanage-
mentkonzept unverändert zustimmen werden. Wir wol-
len allerdings erreichen, dass die Konsentierung bis zur
Erstellung dieses Konzeptes abgeschlossen ist.

Die Schwierigkeit in Mali wird in der Tat sein – Sie
gestatten, dass ich die Frage der Ausbildung durch die
Bundeswehr, die in diesem Zusammenhang nur eine sehr
nachgeordnete Rolle spielt, behandle –, dass die Hälfte
dieses afrikanischen Landes durch terroristische Kräfte
besetzt ist. Diese Kräfte stehen in einem gewissen Zu-
sammenhang damit, dass sich die gegenwärtige malische
Regierung selbst durch einen Putsch an die Macht ge-
bracht hat. Es gilt, dieses schwierige Geflecht so zu be-
handeln, dass daraus nicht ein in die Nachbarschaft noch
weiter hineingehender Brandherd entsteht. Das ist die
Aufgabe, die zugegebenermaßen schwierig ist, der wir
uns aber stellen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720307000

Nächste Nachfrage, unser Kollege Uwe Kekeritz.


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1720307100

Herr Staatssekretär, ich habe aus vielen Beiträgen er-

fahren, dass Sie prüfen, ob ausgebildet werden soll.
Kann ich aus dem, was Sie gesagt haben, schließen, dass
Sie nicht prüfen, aktiv an Militäraktionen teilzunehmen?
Kann ich außerdem schließen, dass dieses Nichtprüfen
zwar länger als zwei, drei Monate andauert, dass Sie
aber danach vielleicht doch prüfen, sich an kriegerischen
oder militärischen Auseinandersetzungen aktiv zu betei-
ligen?

Es ist nämlich nicht so, dass nur das Magazin Cicero
darüber berichtet, dass Frankreich ganz konkrete Pläne
zu einer militärischen Intervention hat; darüber gibt es
global zurzeit eine Reihe von Nachrichten. Meines Er-
achtens ist es auszuschließen, dass Frankreich einen Al-
leingang macht. Sie haben vorhin selber darauf hinge-
wiesen, dass, wenn es zu irgendwelchen Aktionen
kommt, dies europäische Aktionen sein werden.






(A) (C)



(D)(B)


C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720307200


Herr Kollege Kekeritz, prüfen muss man, wenn man
sich binden will.

Ich will noch einmal festhalten: Stellen Sie sich vor,
ich würde Ihnen hier ungeprüft über Dinge berichten, die
die Bundesregierung erwägt. Was würden Sie dann über
die Bundesregierung denken? Da ich möchte, dass ich
als Vertreter der Bundesregierung in gutem Ansehen
stehe, sage ich das, was ich sagen kann, und nicht das,
wovon man möchte, dass ich es vielleicht tue: dass ich
Ihnen zustimme.

Der Rat für Außenbeziehungen der Europäischen
Union hat am 15. Oktober einen Auftrag erhalten – ich
bin jetzt nicht bei dem, was geprüft wird, sondern bei
dem, was wir beschlossen haben –, eine nichtexekutive
Ausbildungsmission in Mali im Rahmen eines Krisen-
managementkonzeptes zu prüfen. Dies ist tatsächlich
eine Beschränkung auf ein Ausbildungskonzept.
„Nichtexekutiv“ heißt, dass man auf kriegerische Aus-
einandersetzungen nicht einwirkt. Ich will die völker-
rechtlichen Fragestellungen dabei einmal beiseitelassen,
die angesichts der Situation in diesem Land gesondert
betrachtet werden müssten.

Bisher ist beabsichtigt – das ist keine Betrachtung, die
vorbehaltlich der Ergebnisse, die die „Fact-finding Mis-
sion“ der EU aus Mali mitgebracht hat, zu anderen Er-
gebnissen führt –, dass am 19. November der Rat für
Außenbeziehungen der Europäischen Union darüber et-
was vorgelegt bekommt. Wir sind grundsätzlich bereit,
uns an einer europäischen GSVP-Ausbildungsmission
für Mali zu beteiligen, wenn die Voraussetzungen dafür
geklärt und gegeben sind. Ich spreche ausdrücklich von
Ausbildungsmission, das heißt nicht von einer Kampf-
mission.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720307300

Es gibt keine weitere Nachfrage zur dringlichen Frage 1

des Kollegen Niema Movassat.

Jetzt kommt die dringliche Frage 2 des Kollegen
Niema Movassat:

Kann die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass sie
nach jetzigem Planungsstand kein Bundestagsmandat für eine
Mali-Mission anstrebt, mit absoluter Sicherheit ausschließen,
dass die Bundeswehr in Kampfhandlungen gleich welcher Art
und gleich welchen Umfangs verstrickt sein wird – wo auch
immer sie im Zusammenhang mit der Mali-Krise zum Einsatz
kommen wird?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720307400


Zu der Frage, ob die Bundeswehr sich in Kampfhand-
lungen begeben will, kann ich sagen: Es gibt keinerlei
Intentionen in diese Richtung.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720307500

Ihre erste Nachfrage, Kollege Movassat.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720307600

Danke. – Der BundeswehrVerband hat sich ja eben-

falls zu dem geplanten Einsatz geäußert – ich zitiere –:

Uns treibt die Sorge um, dass die Bundeswehr wie-
der einmal unüberlegt und verantwortungslos in ei-
nen Einsatz entsendet wird, der Teil einer nur lü-
ckenhaften politischen Konzeption ist.

Das ist eine sehr klare Aussage. Der BundeswehrVer-
band sieht also die Gefahr, dass es aufgrund der Lage im
Land, selbst wenn man da nur im Rahmen einer Ausbil-
dungsmission hineingeht, zu kriegerischen Auseinander-
setzungen kommen kann. Daher meine Frage: Wie ge-
hen Sie mit der Kritik des BundeswehrVerbandes um?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720307700


Sehr verehrter Kollege, auch der BundeswehrVerband
gibt manchmal Presseäußerungen von sich, die man
nicht unbedingt teilen muss. Denn das, was verkürzt in
dieser Pressemeldung, die Sie zitiert haben, die ich aber
nicht überprüft habe, dargestellt wird, hieße ja, dass
20 Jahre Auslandseinsätze der Bundeswehr per se als
unüberlegt anzusehen wären. Dies jedoch entspricht
nicht der Wahrheit.

Ich habe keine Befugnis, jetzt für alle Mitglieder des
Hohen Hauses zu sprechen. Aber als jemand, der seit
22 Jahren dem Deutschen Bundestag angehört, würde
ich für die Bundesregierung und für den Deutschen Bun-
destag – wenn Sie gestatten – doch sehr die Bewertung
in Anspruch nehmen, dass sehr wohl sehr intensiv ge-
prüft und dann entschieden worden ist. Ich berichte ja
gerade von intensiver Prüfung. Es schwingt in der Kritik
der Eindruck mit, es würde Abenteuerhaftigkeit bedient.
Das kann ich absolut ausschließen.

Die Bundesregierung teilt in ihrer Zurückhaltung die
Einschätzung, dass bei Einsätzen im Rahmen von UN-
Mandaten und von regionalen Mandaten auch die Eska-
lationsgefahr betrachtet und, wo notwendig, dann auch
abgewendet werden muss. Jeder Auslandseinsatz der
Bundeswehr muss ein Ausnahmeeinsatz bleiben, und er
bedarf einer guten Begründung. Dem wollen wir nach-
kommen. Deswegen kann ich die Besorgnis des Bundes-
wehrVerbandes, soweit er diese geäußert haben sollte,
zerstreuen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720307800

Ihre zweite Nachfrage.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720307900

Danke schön. – Aber der BundeswehrVerband nennt

konkrete Beispiele, so etwa das Beispiel Afghanistan.
Da ist man zuerst zu Ausbildungszwecken hineingegan-
gen und ist nun in einen Krieg verstrickt. Auch da stand
am Anfang offensichtlich kein überlegtes Vorgehen.
Sonst hätte man ja gewusst, wo das schließlich endet.

Jetzt noch eine Nachfrage. Sie werden ja laufend die
Sicherheitslage im Land überprüfen und Berichte dazu
vorliegen haben. Wenn man sich das einmal von außen
anschaut, dann ergibt sich folgendes Bild: Nordmali ist





Niema Movassat


(A) (C)



(D)(B)


besetzt durch Rebellen, und im Süden Malis hat sich die
Regierung an die Macht geputscht. Es gibt genug
Sprengstoff für Konflikte im ganzen Land. Daher die
Frage: Wie schätzen Sie die Sicherheitslage Malis ein?
Schließen Sie aus, dass es auch in Südmali zu Auseinan-
dersetzungen kommen kann?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720308000


Herr Präsident, die letzte Frage zu Südmali will ich
noch beantworten. Ich würde allerdings ungern von ei-
ner konkreten Frage ausgehend zu einer allgemeinen
Betrachtung der Sicherheitslage Nordafrikas bzw. Malis
übergehen. Dieser Teil der Frage müsste dann in den
Ausschüssen beraten und in einer umfassenden Form be-
antwortet und bewertet werden.

Was die Sicherheitslage angeht, so will ich auf das
verweisen, was Sie, Herr Kollege, zu Afghanistan sagen.
Natürlich sehen Dinge nach zehn Jahren immer anders
aus. Das zeigt übrigens die allgemeine Lebenserfahrung.
Diejenigen, die nach zehn Jahren sagen, sie hätten von
Beginn an genau gewusst, wohin es geht, mag ich beson-
ders gern – das darf ich einmal sagen –; denn das zeugt
nicht von besonders qualifizierten Kenntnissen. – Herr
Präsident, ich bitte um Entschuldigung für diesen emo-
tionalen Ausbruch, wenn er denn als solcher angesehen
werden sollte.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber ich möchte doch an Sie appellieren, Respekt vor
dem Deutschen Bundestag zu haben, der sich in unzähli-
gen Debatten nun wirklich vertieft mit unterschiedlichen
Positionen zu solchen Fragen beschäftigt hat, und ich
möchte mich gleichzeitig davor hüten, ins Spekulative
abzugleiten. Das würde ich tun, wenn ich Ihre auf die
Zukunft gerichteten Fragen im Detail beantworten
würde.

Die Sicherheitslage in Mali ist im Norden schwieriger
als im Süden. Deswegen kann ich natürlich nicht sagen,
dass wir eine absolut friedliche demokratische Struktur
vorfinden, bei der es nur Auseinandersetzungen in Form
von Disputen und nichts anderem gibt. Deswegen muss
man das in die Planung mit einbeziehen. – Diesen Teil
beantworte ich; die allgemeine andere Frage bitte ich in
zukünftige Debatten zu verlegen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720308100

Was die anderen Kolleginnen und Kollegen fragen,

wird sich jetzt herausstellen. Frau Katja Keul ist die
nächste Nachfragerin.


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1720308200

Herr Schmidt, wir fragen weiter, auch wenn wir

22 Jahre keine Antworten bekommen sollten.

Wir hören von Ihnen, dass Sie umfangreich prüfen:
den gesamtpolitischen Lösungsansatz, die Einbindung
der Region usw. Dabei hören wir auch immer, dass alle
sich darüber im Klaren sind, dass der wichtigste und
größte Player in der Region Algerien ist, sowohl in mili-

tärischer Hinsicht als auch möglicherweise in seiner
Rolle als Verhandlungsführer. Jetzt frage ich Sie: Warum
ist der Außenminister bei seiner Reise in die Region aus-
gerechnet in das Land, das der wichtigste Player in die-
ser Region ist, nicht gereist, und welche Gespräche führt
die Bundesregierung sonst mit Algerien?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720308300


Vielen Dank, Frau Kollegin. – Wenn ich Ihre emotio-
nale Komponente mit dem Verweis auf die 22 Jahre auf-
greifen darf: Wenden Sie sich doch bitte auch an Ihre ei-
gene Fraktion, die einige maßgebliche Entscheidungen
zu Afghanistan mitgetroffen hat. So ist es ja nun nicht,
dass hier Kollegen sitzen – mit Ausnahme der Linken –,
die über Auslandseinsätze nicht intensiv beraten hätten.
Ich gehe davon aus – ich weiß es ja auch aus vielen
Debatten –, dass das bei Ihnen, genauso wie bei uns
übrigens, der Fall war.

Das Thema Algerien, auf das Sie aus Ihrer Erfahrung
in mehrfacher Hinsicht hingewiesen haben, ist aufge-
nommen worden. Es bedarf bei der Betrachtung der
Möglichkeit, den einen oder anderen Nachbarn mit ein-
zubeziehen, auch eines gewissen konzeptionellen Inte-
resses. Ich will mir versagen, über die algerische Posi-
tion zu sprechen. Diese ist vernommen worden; dazu
bedarf es aber keiner Reise. Ich gehe davon aus, dass
man, wenn man die Lage betrachtet, sehen muss – das
gilt auch für die Europäische Union –, dass Algerien als
Nachbarland von Mali natürlich eine Rolle spielt. Das
gilt übrigens für andere Nachbarstaaten, etwa für Niger,
nicht in gleicher Weise; aber auch diese Länder müssen
mit einbezogen werden.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720308400

Nächste Nachfrage durch unseren Kollegen Dr. Rolf

Mützenich.


Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1720308500

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Schmidt, nach-

dem sich die Bundeskanzlerin, der Verteidigungsminis-
ter und auch der Außenminister sehr frühzeitig in dieser
Debatte geäußert haben, hat sich der Herr Bundesminis-
ter für wirtschaftliche Zusammenarbeit ebenfalls zu die-
sem Thema eingelassen. Er hat erklärt, dass die Situation
im Norden Malis mit der Situation in Afghanistan – ich
nehme mal an: zum Zeitpunkt der Anschläge vom
11. September in New York und Washington – ver-
gleichbar sei. Teilen Sie diese Ansicht, und halten Sie
diese öffentliche Äußerung für hilfreich für die Debatte,
die die Bundesregierung in diesen Tagen zu bestreiten
hat?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720308600


Herr Kollege, die Äußerungen, die Bundesminister
Niebel gemacht hat, sind in den allgemeinen öffent-
lichen Debattenkomplex einzubeziehen. Ich verstehe das
so, dass er einen warnenden Hinweis geben wollte, näm-
lich sorgfältig zu prüfen, wohin die Dinge sich entwi-
ckeln können, und aufzeigen wollte, welche Perspektiven





Parl. Staatssekretär Christian Schmidt


(A) (C)



(D)(B)


man sieht. Die Entscheidung hat er nicht vorweggenom-
men. Das Bundeskabinett hat sich damit auch noch gar
nicht befasst; wir werden das im Rahmen der allgemei-
nen Abstimmung auf verschiedenen Ebenen machen.

Sie wissen, dass die Bundesregierung beispielsweise
den Ressortkreis „Zivile Friedenssicherung“ hat, an dem
auch das BMZ beteiligt ist. Schon allein daraus wird er-
kennbar, dass es eine Vielfalt von Instrumentarien gibt,
um in Regionen eine Befriedung zu fördern. Das Bun-
desministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat hier eine große Bedeutung. Aus diesem
Interesse heraus verstehe ich die Wortmeldung des Kol-
legen Niebel, die sicherlich in weiteren Beratungen ein-
bezogen werden wird.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720308700

Nächste Nachfrage durch unseren Kollegen Jan van

Aken.


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720308800

Herr Schmidt, ich glaube, Sie machen gerade zwei

große Fehler.

Der erste Fehler ist, dass Sie hier nicht klipp und klar
sagen, dass Sie die Option, eine Ausbildungsmission auf
malischem Staatsgebiet durchzuführen, in den Bundes-
tag einbringen werden. Sie verschwurbeln das mit dem
Hinweis auf das Parlamentsbeteiligungsgesetz und da-
rauf, dass Sie keine Intention, was Kampfhandlungen
betrifft, haben. Sie machen aber keine klare Aussage.

Ich sage Ihnen eines: Sie werden damit nicht durch-
kommen. Wenn Sie auch nur einen einzigen Bundes-
wehrsoldaten – mit welchem Mandat auch immer – auf
malisches Staatsgebiet stellen, dann greift das Parla-
mentsbeteiligungsgesetz. Wenn Sie diesen Fall nicht in
den Bundestag einbringen, werden Sie vor dem Bundes-
verfassungsgericht verlieren. Das möchte ich Ihnen mit
auf den Weg geben. Es würde Sie nichts kosten, für die
Bundesregierung klarzustellen, dass Sie auf jeden Fall
den Bundestag beteiligen. Dass Sie hier eine Auskunft
verweigern, macht mich nicht nur nachdenklich, sondern
lässt bei mir auch alle Alarmglocken läuten.

Der zweite große Fehler – dieser ist noch viel weitge-
hender – ist, dass Sie hier systematisch jede Antwort
verweigern. Sie machen es sehr geschickt. Auf jede kon-
krete Frage gibt es eine unkonkrete Antwort. Das Glei-
che haben Sie bei Somalia getan, als es darum ging, den
Einsatz auch auf den Strand zu erweitern. Wochenlang
haben wir hier im Bundestag darüber debattiert, was das
genau heißen soll. Wir haben keine Antworten von Ihnen
bekommen. Das Ergebnis war eine lang andauernde und
große Unsicherheit. Dazu gab es dann keine allgemeine
Zustimmung, was mich gefreut hat; denn ich persönlich
fand diese Maßnahme falsch. Damals haben Sie einen
großen Fehler gemacht, den Sie jetzt wiederholen wol-
len.

Meine Frage: Gedenken Sie jetzt, Ihre Antworten zu
präzisieren?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720308900


Herr Kollege van Aken, ich darf an Ihrer Fehlerlosig-
keit einen kleinen Abstrich machen. Bevor nicht die
Bundesregierung eine Entscheidung über eine mögliche
Beteiligung an einem mandatspflichtigen Einsatz getrof-
fen hat, wird sie Ihnen keine Antwort darauf geben. Ein
entsprechender Antrag wurde noch nicht geschrieben; er
ist bis jetzt fiktiv. Das Bundeskabinett wird erst eine ent-
sprechende Beschlussfassung herbeiführen und dann
selbstverständlich einen Antrag in den Deutschen Bun-
destag gemäß dem Parlamentsbeteiligungsgesetz ein-
bringen. Ihre Sorge, dass sich die Bundesregierung nicht
ganz strikt an die rechtlichen Vorgaben bezüglich der
Beteiligung des Parlamentes halten wird, hoffe ich, Ih-
nen nehmen zu können. Wenn Sie Ihren diesbezüglichen
Vorwurf von meinem Fehlerkonto streichen würden,
wäre ich dankbar.

Sie können davon ausgehen: Wir kommen darauf zu-
rück, wenn die Notwendigkeit besteht. Am liebsten wäre
mir, wenn wir in Mali nicht mit Mitteln von außerhalb
die Befriedung herbeiführen oder unterstützen müssten.
Ob diese Mittel notwendig sein werden, kann ich nicht
absehen. Ich habe einen Zeitplan genannt und von eini-
gen Wochen gesprochen.

Ich habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts si-
cherheitshalber noch einmal nachgelesen. Dort heißt es:

… führt erst die qualifizierte Erwartung einer Ein-
beziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen zur
parlamentarischen Zustimmungsbedürftigkeit …

Als Indiz hierfür wird das Mitführen von Waffen ge-
nannt. Das hat man als Einsatz im Sinne des Parlaments-
beteiligungsgesetzes zu verstehen. Ich weiß um den
eingeschränkten Spielraum der Bundesregierung. Des-
wegen werden wir uns völlig korrekt, wie Sie es von uns
gewohnt sind und erwarten können, verhalten.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720309000

Vielen Dank. – Aus gegebenem Anlass weise ich da-

rauf hin, dass wir in der Fragestunde sind. Nächste Frage
von der Kollegin Kathrin Vogler.


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720309100

Herr Staatssekretär, ich schließe an das an, was Sie

vorhin zum Engagement des BMZ gesagt haben. Wir ha-
ben uns im Unterausschuss „Zivile Krisenprävention
und vernetzte Sicherheit“ am Montag auch mit der Lage
in Mali und im Sahel beschäftigt.

Ich möchte Sie an dieser Stelle gerne fragen, wann
sich der Ressortkreis – der übrigens nicht „Zivile Frie-
denssicherung“, sondern „Zivile Krisenprävention“
heißt –, dem Ihr Ministerium ja auch angehört, zuletzt
mit der Lage in Mali beschäftigt hat oder wann die Bun-
desregierung plant, diesen Ressortkreis um eine Bera-
tung zu der Frage zu bitten, was aus Sicht der verschie-
denen Ressorts getan werden kann, um die Lage in Mali
nicht weiter eskalieren zu lassen.






(A) (C)



(D)(B)


C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720309200


Sie haben völlig recht, der Ressortkreis heißt „Zivile
Krisenprävention“. Wie konnte mir dieser Fehler nur un-
terlaufen? Ich bitte um Entschuldigung.

Der Ressortkreis beschäftigt sich durchgängig und
ständig insbesondere mit den potenziellen Krisenherden
– er heißt ja „Krisenprävention“ –, auch mit denen in
Afrika. Er hat sich im Rahmen seiner Beratungen bereits
mit der Situation in Mali beschäftigt und wird das auch
weiterhin tun. Wenn Sie genaue Daten haben wollen,
dann muss ich allerdings die Sekretariate bitten, Ort und
Uhrzeiten nachzunennen.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ich habe eine konkrete Frage gestellt!)


Ich glaube aber nicht, dass das besonders förderlich ist.
Wichtig ist, dass es getan wird.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das war aber die konkrete Frage, wann das ist!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720309300

Nächster Fragesteller: unser Kollege Uwe Kekeritz. –

Bitte schön, Kollege Uwe Kekeritz.


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1720309400

Herr Staatssekretär, sicherlich werden Sie auch meine

Frage nicht beantworten. Ich möchte Sie aber trotzdem
mit einer Aussage des Außenministers konfrontieren. Er
sagte nämlich, er wolle zunächst mit zivilen Maßnahmen
in Mali intervenieren und stelle dafür 13,5 Millionen
Euro zur Verfügung. Ich halte das für viel zu wenig.

Darüber hinaus macht mich das Wörtchen „zunächst“
etwas stutzig. Wir wissen, dass es in Mali zurzeit mehr
als 400 000 Vertriebene und Binnenflüchtlinge gibt.
Diese Menschen werden kaum von dem in Aussicht ge-
stellten Geld profitieren, weil es uns oder den Organisa-
tionen vor Ort überhaupt nicht möglich ist, Hilfestellun-
gen zu leisten. Das wäre viel zu gefährlich.

Wir wissen aber vor allen Dingen, dass diejenigen,
die das Land erobert haben, die Terroristen, aufrüsten
und ihre Macht festigen. Je länger man wartet, desto
schwieriger wird es, eine Lösung zu finden. Angesichts
dieser Situation kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie
nicht über konkrete Maßnahmen nachdenken. Eine reine
Ausbildung ist ja überhaupt kein Lösungsansatz. Das
müssten Sie doch auch wissen.

Was denken Sie zu tun, und wie interpretieren Sie das
Wörtchen „zunächst“?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1720309500


Die Bundesregierung ist sich, wie wir gerade im Zu-
sammenhang mit dem Begriff der „zivilen Krisenprä-
vention“ gehört haben, natürlich darüber bewusst, dass
man im Sinne einer zu vermeidenden Eskalation – Sie
gestatten, Herr Kollege, dass ich dieses Wort jetzt ver-
wende – zunächst versuchen muss, mit zivilen Mitteln,

Unterstützung und Hilfe das Problem bei der Wurzel an-
zugehen.

Die Verwendung des Wortes „zunächst“ durch den
Bundesaußenminister lässt allerdings auch den Hinweis
zu, dass er ähnliche Sorgen und Erkenntnisse hinsicht-
lich einer möglichen Eskalation durch die verschiedenen
Terrorgruppierungen hat. Es gibt ja auch Terrorgruppie-
rungen, die sich offensichtlich aus anderen afrikanischen
Ländern heraus betätigen; ich will in diesem Zusammen-
hang nur an Boko Haram und Nigeria erinnern. Im Sinne
einer notwendigen und sofortigen Hilfe – gerade auch im
Hinblick auf die von Ihnen genannten Binnenflücht-
linge, die vor allem vom Norden in den Süden ziehen –
muss daher etwas getan werden.

Sie mögen daraus aber auch eine grundsätzliche Zu-
rückhaltung vor militärischen Einsätzen erkennen, unge-
achtet wer sie durchführt – sei es nun die malische Ar-
mee, von der man nicht weiß, ob sie wirklich dazu fähig
und in der Lage ist, oder ECOWAS, die westafrikanische
Wirtschaftsorganisation, die sich bereits engagiert.

Ich will durchaus zugeben, dass wir in manchen Fra-
gen noch zu keiner abschließenden Bewertung gekom-
men sind und dass es vermutlich schwierig sein wird, so-
zusagen ein Gesamtbefriedungskonzept vorzulegen, das
dann in den nächsten Wochen oder Monaten nach einem
Stufenplan und mit Benchmarks exakt abzuarbeiten ist.

Es geht darum, die afrikanischen Fähigkeiten zu stär-
ken. Dahinter steckt auch der Gedanke der Ausbildung.
Denn wir sollten – das sollten wir auch sagen – schon
aus dem Grunde, dass Mali und viele andere Länder
Afrikas ehemalige Kolonien europäischer Staaten sind,
mit großer Zurückhaltung vorgehen, wenn es um die
Frage geht, sich dort wie auch immer – oder gar militä-
risch – zu engagieren. Das ist die Überlegung, die die
Bundesregierung allgemein anstellt und die der Bundes-
außenminister auf seiner sehr intensiven Reise in den
Gesprächen mit den Verantwortlichen zum Ausdruck ge-
bracht hat.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720309600

Vielen Dank. – Mir liegen hierzu keine weiteren

Nachfragen vor.

Nachdem die dringlichen Fragen aufgerufen und be-
antwortet worden sind, rufe ich jetzt die mündlichen Fra-
gen auf Drucksache 17/11282 in der üblichen Reihen-
folge auf.

Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwor-
tung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Helge
Braun zur Verfügung.

Frage 1 kommt von unserem Kollegen Swen Schulz:
Welche für 2013 vorgesehenen Ausgaben aus dem Einzel-

plan 30 werden aus Sicht der Bundesregierung angesichts der
mittelfristigen Finanzplanung ab dem Jahr 2014 nicht mehr
möglich sein?

Bitte schön, Herr Staatssekretär, zur Beantwortung.






(A) (C)



(D)(B)


D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720309700


Danke, Herr Präsident. – Lieber Herr Kollege Schulz,
ich kann Sie vollends beruhigen: Wir haben eine mittel-
fristige Finanzplanung, die eine Finanzierung der Pro-
gramme des Bundes auch in den kommenden Jahren
möglich macht. Das, was Sie als Sondereffekt sehen, ist
allein dem Umstand geschuldet, dass wir im Haushalt
2013 gegenüber der Grundlinie, die wir ansonsten in den
Haushalten verfolgen, 320 Millionen Euro zusätzlich für
den Hochschulpakt verankert haben. Das geht auf die
Vereinbarung mit den Ländern zurück, dass wir die zu-
sätzlichen Studienplätze, deren Schaffung durch die dop-
pelten Abiturjahrgänge und die Aussetzung von Wehr-
dienst und Zivildienst motiviert ist, im Jahr 2013
ausfinanzieren.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720309800

Kollege Swen Schulz, Ihre erste Nachfrage.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1720309900

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Bedeutet das aber

auch, dass Sie für die nächsten Jahre keine zusätzlichen
Ausgaben vorsehen, etwa um Kostensteigerungen in-
folge von Nachverhandlungen des Hochschulpakts, ein
höheres BAföG oder anderes zu finanzieren?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720310000


Lieber Herr Kollege, die mittelfristige Finanzplanung
ist ein internes Planungsinstrument der Bundesregie-
rung. Die Tatsache, dass beim Wechsel vom damaligen
Finanzminister Steinbrück zum Finanzminister Schäuble
für den gesamten Hochschulpakt in der mittelfristigen
Finanzplanung nicht ein einziger Euro vorgesehen war,
macht zum Beispiel deutlich, dass man hinsichtlich
neuer Projekte, zum Beispiel einer Veränderung des
Hochschulpakts infolge neuer Verhandlungen zwischen
Bund und Ländern, keinerlei Ableitung aus der mittel-
fristigen Finanzplanung vornehmen kann. Ganz im Ge-
genteil: Sie können erkennen, dass diese Bundesregie-
rung, beschlossen vom Haushaltsgesetzgeber, mit der
Mehrheit von CDU/CSU und FDP, in jedem Jahr mehr
Geld im Haushalt bereitgestellt hat, als es in der mittel-
fristigen Finanzplanung vorgesehen war. Insofern kön-
nen Sie auch da beruhigt sein.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720310100

Ihre zweite Nachfrage, Kollege Schulz.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1720310200

Danke schön, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,

nun ist das Vereinbaren eines gänzlich neuen Hochschul-
pakts, den es vorher gar nicht gab, etwas anderes als die
laufende Diskussion über die Hochschulpakte und deren
Verlängerung.

Lassen Sie mich an einem anderen Punkt nachfragen.
Wir haben den Beschlüssen des Koalitionsausschusses
entnommen, dass bereits 2014 viel ambitioniertere
Haushaltsziele erreicht werden sollen. Gibt es schon ir-

gendwelche Planungen oder Überlegungen aufseiten des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung, wel-
cher Beitrag dann aus dem Haushalt des BMBF zu leis-
ten wäre?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720310300


Sie können sich auf das verlassen, was die Bundes-
kanzlerin in ihrer Regierungserklärung gesagt hat: Wir
nehmen das Ziel ernst, in Deutschland einen Anteil der
Ausgaben für Forschung am Bruttoinlandsprodukt von
3 Prozent und für Bildung von 7 Prozent zu erreichen.
Sie hat darauf hingewiesen, dass die Ziele, die wir auf
europäischer Ebene vereinbaren, generell eine höhere
Verbindlichkeit bekommen müssen.

Unter der Federführung unserer Bundeskanzlerin
wird die Bundesregierung diese Ziele erfüllen und ent-
sprechende Mittel in den nächsten Jahren in den Haus-
halt einstellen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720310400

Vielen Dank. – Es gibt keine weiteren Nachfragen.

Ich rufe die Frage 2 des Kollegen Swen Schulz auf:
Ist nach Auffassung der Bundesregierung für die geplante

Kooperation zwischen Charité – Universitätsmedizin Berlin
und Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, MDC,
Berlin-Buch, eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich,
und, falls nein, für welche Art von Vorhaben ist die von der
Bundesregierung vorgeschlagene Änderung des Art. 91 b GG
vorgesehen?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720310500


Herr Kollege, am Beispiel des Karlsruher Instituts für
Technologie, aber auch am Beispiel Max-Delbrück-Cen-
trum und Charité wird deutlich, dass außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen und universitäre Forschungs-
einrichtungen in Deutschland viel enger zusammen-
arbeiten müssen. Der Trend der letzten Jahre ist, dass
immer mehr hervorragende Forschung aus den Universi-
täten ausgelagert und in außeruniversitäre Forschungs-
einrichtungen überführt wird. Das führt dazu, dass diese
Forschung in den Hochschulen fehlt.

Wir halten diese Entwicklung für nicht richtig. Des-
halb hat das Bundeskabinett beschlossen, Art. 91 b
Grundgesetz zu ändern, damit nicht nur durch Verwal-
tungsvereinbarungen und Kooperationsverträge eine
enge Verzahnung von außeruniversitärer Forschung und
universitärer Forschung, gegebenenfalls auch unter ei-
nem Dach, sondern auch eine echte Zusammenführung
solcher Institutionen möglich ist – auch mit kohärenten
Finanzierungsströmen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720310600

Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege Schulz.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1720310700

Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, bedeutet das, dass

Sie die für die Charité und das Max-Delbrück-Centrum





Swen Schulz (Spandau)



(A) (C)



(D)(B)


gefundene Lösung nur für die zweitbeste Lösung und
letztendlich für unzureichend halten?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720310800


Herr Kollege, nach der aktuellen grundgesetzlichen
Lage ist das die allerbeste Lösung, die man finden kann.
Klar ist, dass Grundlage von Kooperationen wie der zwi-
schen dem Max-Delbrück-Centrum und der Charité sehr
aufwendige, von allen beteiligten Partnern befürwortete
Vereinbarungen sind. Wenn wir in Zukunft in Deutsch-
land die Kooperation zwischen außeruniversitären und
universitären Einrichtungen sowie die Förderung der
Spitzenforschung an Universitäten unabhängig von einer
Kooperation mit außeruniversitären Partnern stärken
wollen, dann brauchen wir die Veränderung des
Art. 91 b Grundgesetz.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720310900

Eine zweite Nachfrage? – Nein. Aber der Kollege

Dr. Ernst Dieter Rossmann. Bitte schön, Kollege Ernst
Dieter Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1720311000

Herr Staatssekretär, ich erinnere mich, dass es früher

hieß, dass das Grundgesetz sehr schnell geändert werden
müsse, weil das die Voraussetzung dafür sei, um über-
haupt Fortschritte in Bezug auf die Kooperation zwi-
schen Max-Delbrück-Centrum und Charité zu erreichen.
Können Sie bestätigen, dass es solche Einschätzungen
sowohl aus der Wissenschaft als auch vom Ministerium
gegeben hat? Was hat Sie veranlasst, Ihre Haltung zu än-
dern?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720311100


Was Sie sagen, ist mir nicht erinnerlich. Klar ist, dass
wir aktuell Möglichkeiten gefunden haben, eine hervor-
ragende Kooperation, verbunden mit einer tollen For-
schungsagenda und vor allen Dingen auch mit der Mög-
lichkeit der Einrichtung neuer Studiengänge, zum
Beispiel Masterstudiengänge, die spezifisch auf die me-
dizinische Forschung ausgerichtet sind, auf den Weg zu
bringen. Insofern bin ich davon überzeugt, dass die be-
absichtigte Kooperation zwischen Max-Delbrück-Cen-
trum und Charité einer der Leuchttürme in der Gesund-
heitsforschung in Deutschland werden wird.

Wir haben hier eine Lösung gefunden. Eine vergleich-
bare Lösung zum Beispiel für hervorragende Hochschul-
institute, die keine Kooperation mit außeruniversitärer
Forschung eingehen, ist nicht denkbar. Diese Lösung ist
sicherlich nicht der Königsweg, den man auf jeden ande-
ren Standort übertragen kann. Insofern erübrigt sich
durch die hier gefundene Lösung im Hinblick auf eine
Kooperation die Änderung des Art. 91 b Grundgesetz in
keiner Weise.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720311200

Vielen Dank.

Die folgenden Fragen, also Frage 3 des Kollegen
Klaus Hagemann, Frage 4 des Kollegen Kai Gehring
und Frage 5 des Kollegen René Röspel, werden schrift-
lich beantwortet.

Ich komme zur Frage 6, die von unserem Kollegen
Michael Gerdes gestellt worden ist:

Wie definiert die Bundesregierung die europäische Inno-
vationsunion, die in dem von Bundesministerin Dr. Annette
Schavan am 31. Oktober 2012 in der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung veröffentlichten Namensartikel angesprochen wurde,
und welche Maßnahmen werden von der Bundesregierung ak-
tuell durchgeführt, um die gewünschte Innovationsunion
Wirklichkeit werden zu lassen?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720311300


Herr Kollege Gerdes bezieht sich auf einen Namens-
artikel von Frau Bundesministerin Annette Schavan vom
31. Oktober 2012 in der Frankfurter Allgemeinen Zei-
tung, in dem sie auf die europäische Innovationsunion
hinweist.

Die Ziele und Inhalte der Innovationsunion sind in
den Kommissionsmitteilungen zur Europa-2020-Strate-
gie und zur Leitinitiative Innovationsunion beschrieben.
Mit der Europa-2020-Strategie aus dem Jahr 2010 legte
die Kommission die Nachfolgestrategie der Lissabon-
Strategie vor. Vor dem Hintergrund der großen gesell-
schaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel, de-
mografische Entwicklung oder Endlichkeit der fossilen
Rohstoffe und Energiequellen stellt die Europa-2020-
Strategie eine Vision für eine europäische soziale Markt-
wirtschaft des 21. Jahrhunderts dar.

Kennzeichen sind ein hohes Beschäftigungs- und Pro-
duktionsniveau sowie ein ausgeprägter sozialer Zusam-
menhalt. Als eines der fünf Kernziele bis 2020 wird die
Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsausgaben
auf 3 Prozent des BIP der EU weiterverfolgt.

Ziel der Innovationsunion ist eine Neuausrichtung der
Forschungs- und Innovationspolitik auf die großen ge-
sellschaftlichen Herausforderungen unter Abdeckung
der gesamten Innovationskette. Sie umfasst folgende
drei Grundelemente: a) Ausbau der Wissensbasis und
Förderung von Exzellenz, b) Zugang zu Kapital und
Ausbau der Finanzierungsinstrumente sowie c) die Er-
leichterung des Marktzugangs für europäische Unterneh-
men.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720311400

Ihre Nachfrage, bitte, Herr Kollege.


Michael Gerdes (SPD):
Rede ID: ID1720311500

Herzlichen Dank. Herr Staatssekretär. – Ich habe

wohl vernommen, dass Sie auf die europäische Ebene
hingewiesen haben. Aber welche Rolle wird dabei
Deutschland explizit spielen?






(A) (C)



(D)(B)


D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720311600


Im Grunde genommen ist die Innovationsunion et-
was, was sehr kongruent zu unserer deutschen Hightech-
Strategie ist. Die Innovationsunion adressiert die großen
globalen Herausforderungen. Hierzu haben wir die zen-
tralen Ziele in unserer Hightech-Strategie verankert. Sie
hebt ab auf die Schlüsseltechnologien, die es zur Bewäl-
tigung dieser globalen Herausforderungen gibt. Das sind
die Querschnittstechnologien in unserer Hightech-Stra-
tegie. Insofern kann man, so glaube ich, sagen, dass die
Hightech-Strategie ein Stück weit Vorbild für das war,
was jetzt in der Innovationsunion geschehen soll.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720311700

Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Nein. Aber un-

ser Kollege Dr. Ernst Dieter Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1720311800

Herr Staatssekretär, wie bewertet die Bundesregie-

rung die Chancen für Länder wie Griechenland, Italien,
Spanien und Portugal, sich konstruktiv, innovativ und in-
vestiv an dieser Innovationsunion zu beteiligen, wenn
diese Länder gleichzeitig unter eine Haushaltskuratel ge-
stellt worden sind, in deren Zusammenhang wir lesen
können, dass diese Länder speziell in den Bereichen Bil-
dung und Forschung den Anteil von 3 Prozent am Brut-
toinlandsprodukt vielleicht erreichen, aber nur deshalb,
weil das Bruttoinlandsprodukt so stark fällt, und nicht
deshalb, weil die Mittel in diesen Bereichen erhöht wor-
den wären? Gibt es ein Monitoring bei der Bundesregie-
rung, um gegebenenfalls zu kreativen Ideen dahin ge-
hend zu kommen, wie man die Innovationskraft in dieser
Forschungsunion erhalten kann?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720311900


Lieber Herr Kollege, natürlich gibt es im Rahmen der
Diskussion, die wir jetzt über die mittelfristige Finanz-
vorausschau der Europäischen Union führen, auch eine
Diskussion über die Frage, wie wir die Wirtschaftskraft
der Länder, die jetzt im Defizitverfahren sind, stärken
können. Diese ist sehr wichtig. Deshalb sind auch viele
Strukturmittel, die in der Europäischen Union vorgese-
hen sind, grundsätzlich für den Aufbau von Forschungs-
infrastrukturen geeignet und nutzbar. Das ist ein Weg,
den wir weitergehen.

Auch die Bundesregierung selber pflegt intensive Ko-
operationen. Gerade heute, ganz aktuell, haben wir uns
mit Vertretern aus Portugal über das Thema der berufli-
chen Bildung auseinandergesetzt. Auch mit Vertretern
aus Spanien und Griechenland stehen wir in einem en-
gen Kontakt, um an den unterschiedlichen Grundlagen
für ein solches innovatives Wirtschaften zu arbeiten.
Dazu gehören zuallererst eine gute Bildung sowie die
Fachkräftesicherung in den beteiligten Ländern. Dazu
gehört auch der Aufbau von Forschungsinfrastrukturen.
Wir arbeiten daran, dass die europäischen Programme so
ausgerichtet sind, dass dies in den Ländern zielgerichtet
erfolgen kann. Wir sind in allen Fällen bereit, hierfür
deutsche Expertise bereitzustellen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720312000

Wir kommen zur Frage 7, die ebenfalls von unserem

Kollegen Michael Gerdes gestellt worden ist:
Wann konkret will die Bundesregierung die von der Bun-

desministerin angesprochene steuerliche Forschungsförde-
rung auf die politische Agenda setzen, und welche weiteren
Möglichkeiten sieht die Bundesregierung zur Steigerung von
Innovationen bzw. innovativen Ideen, aus denen Produkte und
Dienstleistungen entstehen?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720312100


Herr Kollege, Sie fragen nach der Einführung der
steuerlichen Forschungsförderung. Ich beantworte Ihre
Frage wie folgt: Mit Blick auf die Anforderungen des
Art. 115 Grundgesetz sowie die europäischen Vorgaben
zur Haushaltsdisziplin besteht gegenwärtig nur ein be-
grenzter Spielraum für strukturell wirkende Steuermin-
dereinnahmen. Deshalb ist die Entscheidung über die
Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschung
und Entwicklung unter Berücksichtigung des gebotenen
Konsolidierungskurses und der weiteren wirtschaftli-
chen Entwicklung zu einem späteren Zeitpunkt zu tref-
fen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720312200

Ihre erste Nachfrage.


(Michael Gerdes [SPD]: Nein, danke!)


– Da sind Sie sprachlos.

Dann kommen wir zur Frage 8 unseres Kollegen
Dr. Ernst Dieter Rossmann:

Welche Gründe führt die Bundesregierung an, die Zuver-
dienstgrenze im Bundesausbildungsförderungsgesetz, BAföG,
nicht im Gleichschritt zum Inkrafttreten der neuen Minijob-
grenze von 450 Euro im Monat ebenfalls zum 1. Januar 2013
anzuheben, und ist noch in dieser Legislaturperiode eine ent-
sprechende BAföG-Änderung vorgesehen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720312300


Zu Ihrer Frage ist zu sagen, dass es keine notwendige
Verquickung zwischen den Minijobs auf der einen Seite
und den Zuverdienstmöglichkeiten beim Auszubilden-
den-BAföG auf der anderen Seite gibt. Abgesehen da-
von, dass es hierbei auch um die Frage der Entbürokrati-
sierung und um die Frage nach Anreizen für einen
Zuverdienst geht, ist festzustellen, dass der Minijob
grundsätzlich in allen Lebenslagen zum Tragen kommt,
auch als Teilzeitbeschäftigung. Bei Auszubildenden
muss die zentrale Frage beantwortet werden, wie viel
Zuverdienst der Ausbildung zuträglich ist. Deshalb wird
über den gesamten Bereich der BAföG-Gesetzgebung
alle zwei Jahre ein Bericht vorgelegt. Im nächsten Ex-
pertenbericht zum BAföG erwarten wir Aussagen dazu,
ob es sinnvoll und notwendig ist, die 400-Euro-Grenze
auch für die Auszubildenden anzuheben. Aus der Anhe-
bung der Minijobgrenze ergibt sich eine solche Anhe-
bung aber nicht zwingend.






(A) (C)



(D)(B)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720312400

Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1720312500

Es ist bekannt, dass die SPD die Anhebung der Mini-

jobobergrenze nicht positiv sieht und sie ablehnt. Es geht
hier aber um die politische Stringenz. Daher möchte ich
nachfragen: Ist Ihnen bekannt, in welchem Zeitraum es
Unterschiede zwischen der Obergrenze für den Zuver-
dienst bei BAföG-Bezug und der Obergrenze für Mini-
jobs gegeben hat? Wie begründet man – ich frage nicht
nach der Notwendigkeit, sondern nach der politischen
Betrachtung –, dass man die Grenzwerte verschieden
hoch ansetzt?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720312600


Wir haben die Grenze im Rahmen des 22. BAföG-
Änderungsgesetzes auf 400 Euro angehoben. Davor war
diese Kongruenz nicht gegeben. Wie sich das in den Jah-
ren davor verhalten hat, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen.

Zu Ihrer Frage nach der politischen Betrachtung: Ich
denke, man muss mit den Experten, die am BAföG-Be-
richt mitarbeiten, respektvoll umgehen. Insofern ist diese
Frage nicht im Zusammenhang mit den Minijobs zu be-
antworten. Es geht vielmehr um die Frage, ob ein Zuver-
dienst, ob eine zusätzliche Tätigkeit der originären Aus-
bildung zuträglich ist. Hier steht der Ausbildungserfolg
im Vordergrund.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720312700

Ihre weitere Nachfrage.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1720312800

Plant die Bundesregierung, eine weitere BAföG-No-

velle in den Bundestag einzubringen? Wenn ja, zu wel-
chem Zeitpunkt?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720312900


Die Bundesregierung führt momentan Gespräche mit
den Ländern. Die Bundesministerin hat die Länder nach
der Vorlage des letzten BAföG-Berichts darum gebeten,
sich dazu zu äußern, wie sie sich die Fortentwicklung
des BAföG vorstellen. Die Rückmeldungen sind uns bis-
her nicht zugegangen. Auf der Grundlage dieser Bund-
Länder-Gespräche wird dann über eine neue BAföG-
Novelle zu entscheiden sein.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720313000

Eine weitere Nachfrage. – Bitte schön, Kollege

Schulz.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1720313100

Herr Staatssekretär, die Bundesregierung führt also

Gespräche mit den Ländern. Hat die Bundesregierung
denn eigene Vorstellungen, wie das BAföG weiterentwi-
ckelt werden könnte?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720313200


Lieber Herr Kollege Schulz, Sie sind nicht ganz un-
schuldig daran, dass es jetzt zu diesen Gesprächen
kommt. Im Vorfeld der letzten BAföG-Erhöhung hat die
Bundesregierung in voller Liebe gegenüber den Studie-
renden einen Vorschlag zur Erhöhung der BAföG-Sätze
unterbreitet. Dabei ging es sowohl um die Freibeträge
als auch um die Höhe des BAföG. Daraufhin hat es einen
Aufschrei gegeben, nicht nur der Länder, sondern unter
anderem auch der Oppositionsfraktionen im Deutschen
Bundestag, dass, wenn die Bundesregierung sich unter-
steht, einen unabgestimmten Vorschlag zu machen, das
dann natürlich automatisch dazu führt, dass die Bundes-
regierung das alles allein finanzieren muss. Es gab sehr
unangenehme Diskussionen im Vorfeld der letzten
BAföG-Erhöhung.

Daraus haben wir selbstverständlich gelernt und ge-
hen hier ganz klar nach dem vorgeschriebenen Verfahren
vor. Bund und Länder haben eine gemeinsame Finanzie-
rungsverantwortung für das BAföG. Deshalb werden auf
der Grundlage des Berichts jetzt in interner Runde mit
den Ländern Gespräche geführt. Die Bundesregierung
hat sehr offen gesagt, dass wir, wenn die Länder mitge-
hen, weitgehend bereit sind, den Bundesanteil zu tragen.
Den nächsten Impuls erwarten wir – auch aufgrund der
Erfahrungen der letzten Runde – jetzt aber eindeutig von
Länderseite.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720313300

Jetzt gehen wir weiter zur Frage 9, ebenfalls gestellt

von unserem Kollegen Dr. Ernst Dieter Rossmann:
Welche Position bezieht die Bundesregierung zur Situa-

tion bei den überbetrieblichen Berufsbildungsstätten, ÜBS,
insbesondere hinsichtlich der Entwicklung der Teilnehmer-
zahlen und der Konsolidierungserfordernisse, und welche
Vorkehrungen hat sie im Bundeshaushalt getroffen, um eine
nachhaltige leistungsfähige ÜBS-Infrastruktur sicherzustel-
len?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720313400


Lieber Herr Kollege Rossmann, überbetriebliche Bil-
dungsstätten spielen eine wichtige Rolle in unserem
Aus- und Weiterbildungssystem. Wir haben seit 2009
eine neu gefasste gemeinsame Förderrichtlinie unseres
Ministeriums und des Bundesministeriums für Wirt-
schaft und Technologie, die einen breiten Handlungs-
spielraum bietet, um überbetriebliche Bildungsstätten zu
sanieren.

Wir haben hierfür über viele Jahre einen Jahresbetrag
von 29 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Dieser
Betrag ist im Rahmen der Konjunkturpakete in unserem
Einzelplan auf ein jährliches Volumen von 40 Millionen
Euro aufgestockt worden. Nachdem die Konjunktur-
pakete ausgelaufen sind, ist der Betrag nicht wieder auf
29 Millionen Euro jährlich zurückgefallen, sondern wir
haben diese zusätzlichen Gelder, die wir im Konjunktur-
paket mobilisiert haben, fortgeschrieben, sodass wir jetzt
jährlich 40 Millionen Euro hierfür bereitstellen. Das





Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun


(A) (C)



(D)(B)


Bundesministerium für Wirtschaft wird darüber hinaus
im Haushalt 2013, wenn er so beschlossen wird, wie er
von der Regierung eingebracht wurde, 28,5 Millionen
Euro zur Verfügung stellen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720313500

Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1720313600

Über welchen Kenntnisstand verfügt die Bundesre-

gierung hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der
überbetrieblichen Ausbildungsstätten in Deutschland?
Wir hören ja aus Kreisen von Wirtschaft und Gewerk-
schaften in den betroffenen Regionen, dass es dort aller-
größte Sorgen gibt, diese Infrastruktur an ausgebauten
überbetrieblichen Ausbildungsstätten auch über die
nächsten Jahre sinnvoll vorhalten zu können.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720313700


Konkrete Zahlen dazu liegen mir nicht vor, aber ich
kann aus der Erfahrung sagen, dass das außerordentlich
heterogen ist. Zum einen ist natürlich die Situation der
überbetrieblichen Bildungsstätten eng mit dem demogra-
fischen Wandel verbunden. Deshalb gibt es im Hinblick
auf großstädtische Regionen und ländliche Regionen er-
hebliche Unterschiede.

Das Zweite ist, dass die verschiedenen ÜBS unter-
schiedliche Nutzungskonzepte verfolgen. Diejenigen,
die sich aufgrund der Probleme durch den demografi-
schen Wandel, zum Beispiel aufgrund geringer Auszu-
bildendenzahlen, frühzeitig auf Weiterbildungsangebote
als zusätzliches Standbein fokussiert haben, sind in einer
besseren Situation als diejenigen, die dies nicht getan ha-
ben. Aber ich glaube, angesichts der heterogenen Trä-
gerschaft und der heterogenen Struktur in den unter-
schiedlichen Regionen Deutschlands ist eine allgemeine
Aussage darüber nicht möglich.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1720313800

Ihre zweite Nachfrage, Kollege Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1720313900

Fühlt sich die Bundesregierung dafür mitverantwort-

lich – dazu ist sie ja eigentlich verpflichtet –, allen Ju-
gendlichen, zumal solchen, die noch keine Ausbildung
haben abschließen können, eine Brücke in Ausbildung
und Beschäftigungsfähigkeit zu bauen? Ist die Bundesre-
gierung daran interessiert, ein differenziertes Bild zu be-
kommen, und in welcher Weise wird sich die Bundesre-
gierung um ein solches differenziertes Bild bemühen,
bei dem sich tatsächliche Notstandsregionen und andere,
die noch eine gewisse Prosperität haben, zeigen werden,
und in welcher Reihenfolge und Form wird sie dies tun?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720314000


Ich glaube, dass wir mit dem Förderprogramm, das
wir haben, und über die Antragseingänge, die wir an die-
ser Stelle verzeichnen, ein relativ präzises Bild der Be-

darfslage bekommen. Wir sind hier nicht allein verant-
wortlich, sondern auch die Träger haben da große
Verantwortung. Insofern glaube ich, dass die bedarfsge-
rechte Steuerung dieses Titels im Hinblick auf die An-
forderungen und Anträge ein ganz gutes Instrument ist,
um den tatsächlichen Bedarf sicherzustellen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720314100

Die Frage 10 der Kollegin Marianne Schieder wird

schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Oliver Kaczmarek
auf:

Teilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Vor-
schlages der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft
die Auffassung, dass wirksamere Erkenntnisse über die Leis-
tungsfähigkeit des Bildungswesens zu erhalten seien, indem
innerhalb von Studien über die Feststellung von Schülerkom-
petenzen – wie dem IQB-Ländervergleich – weniger der Ver-
gleich einzelner Bundesländer und stärker der Vergleich kohä-
renter Regionen erfolgt?

Bitte, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720314200


Herr Kollege Kaczmarek, selbstverständlich hält die
Bundesregierung auch Ländervergleiche für außer-
ordentlich sinnvoll. Die Bildungssysteme sind nämlich
von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Es ist
auch die Aufgabe des jeweiligen Bundeslandes, den re-
gionalen Besonderheiten politische Konsequenzen fol-
gen zu lassen. Insofern begrüßen wir, dass zum Beispiel
das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
im Auftrag der Länder Bildungsstandards entwickelt hat
und Ländervergleichsergebnisse veröffentlicht. Neben
den Ergebnissen des Vergleichs einzelner Bundesländer
– ich denke, in diesem Sinne halten auch Sie das für
richtig – sind auch die Ergebnisse des Vergleichs von
Großstädten gesondert ausgewiesen und veröffentlicht
worden. Natürlich sind auch solche regionalen bzw. klei-
neren Analysen in Ergänzung der Ländervergleichsstu-
dien sinnvoll.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720314300

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Oliver Kaczmarek (SPD):
Rede ID: ID1720314400

Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwor-

tung meiner Frage. – Es geht hier ja um wichtiges Steue-
rungswissen, das uns zur Verfügung gestellt werden soll,
damit wir überprüfen können, wie wirksam bildungs-
politische Maßnahmen eigentlich sind. Vor diesem Hin-
tergrund möchte ich mich auf das Rahmenprogramm
„Empirische Bildungsforschung“ beziehen, in dem
wichtige Grundlagen gelegt werden, um soziale Belas-
tungen bzw. Städte und Regionen mit gleicher sozialer
Belastung vergleichen zu können. Liegen Ihnen Anträge
vor, die diesen Gegenstand weiterführen und in denen es
zum Beispiel darum geht, soziale Indizes zu entwickeln?
Hat das Ministerium in diesem Bereich schon etwas ge-
fördert, oder ist das für Sie im Rahmen der empirischen
Bildungsforschung erst einmal kein Schwerpunkt?






(A) (C)



(D)(B)


D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720314500


Vielen Dank. – Anfang dieses Jahres haben wir eine
große Tagung zur Bildungsforschung 2020 durchge-
führt. In diesem Rahmen sind zahlreiche Ergebnisse vor-
gestellt worden. Über die Frage, welche sozialen Lagen
den Bildungserfolg beeinflussen, ist auf dieser Tagung
natürlich umfassend diskutiert worden. Dieses Thema ist
auch Gegenstand unterschiedlichster Förderinitiativen.
Auch die in die Zukunft gerichtete Frage: „Wie kann
man den Bildungserfolg positiv beeinflussen, und wel-
che Initiativen und Möglichkeiten gibt es, um bei Pro-
blemen im Kontext eines Bildungssystems Abhilfe zu
schaffen?“, ist Gegenstand der empirischen Bildungsfor-
schung, auch im Rahmen der Ausschreibungen, die wir
unterstützen. Insofern ist dies eines der wesentlichen
Felder, mit denen wir uns auch im Rahmen unserer För-
derbekanntmachungen zur Bildungsforschung befassen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720314600

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.


Oliver Kaczmarek (SPD):
Rede ID: ID1720314700

Eine Nachfrage habe ich noch. – Das BMBF ist ja in

der Steuerungsgruppe, die sich mit dem nationalen Bil-
dungsbericht befasst, vertreten. Halten Sie es für denk-
bar, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, dass
im nationalen Bildungsbericht eine stärkere Orientierung
an regionalen Ergebnissen statt an den Ergebnissen auf
Länderebene vorgenommen wird?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720314800


Über den nationalen Bildungsbericht wird ja viel dis-
kutiert. Die Autorengruppe hat uns, schon als wir im
letzten Jahr eine Diskussion über Indikatoren geführt ha-
ben, inständig gebeten, das Indikatorensystem des natio-
nalen Bildungsberichts nicht ständig anzupassen und zu
verändern. Die Autorengruppe hat gesagt, dass die Qua-
lität der Aussagen des nationalen Bildungsberichts, was
die zeitlichen Verläufe angeht, immer mehr steigt, je
mehr man über eine in sich konsistente Zeitreihe verfügt.
Solche Fragen kann man mit der Autorengruppe bespre-
chen; ich will das auch gerne tun. Aber meine vorsich-
tige Einschätzung ist, dass wir an dem Kernindex, den
wir im Rahmen des nationalen Bildungsberichts erarbei-
ten, nicht zu viele Änderungen vornehmen sollten.

Im nationalen Bildungsbericht gibt es jedes Jahr ein
Schwerpunktthema, das nicht jährlich fortgeschrieben
wird, das aber in jedem neuen Bericht wieder behandelt
wird. In diesem Jahr waren es kulturelle Bildung und
kulturelle Kompetenzen. Das Thema des nächsten Bil-
dungsberichts ist auch schon festgelegt: Da wird das
Thema Behinderungen im Kontext von Bildung in den
Mittelpunkt rücken. Darüber hinaus haben wir aber noch
keine Festlegungen getroffen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720314900

Herr Rossmann hat noch eine Nachfrage. Bitte.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1720315000

Herr Staatssekretär, Sie haben gerade betont, wie

wichtig es ist, anhand der nationalen Bildungsberichte
konsistente Vergleichsreihen aufzubauen. Dann ist es
aber erst recht plausibel, dass man, wenn man auch in
eine regionale Betrachtung einsteigen will, damit nicht
zu lange wartet. Sonst verkürzt man die Reihe, über die
man zu aussagefähigen Vergleichen kommen könnte.

Deshalb die Frage: In welcher Form und bis wann
wollen Sie darauf dringen, neben der länderspezifischen
Betrachtung zu einer regionalen Betrachtung zu kom-
men? Wie weit lässt sich das mit dem nationalen Bil-
dungspanel verschränken, bei dem wir erst recht sehr
tiefgreifende individualbezogene Vergleichsverläufe
mitbekommen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1720315100


Ich kann Ihnen zusichern: Ich werde mit den Machern
unseres nationalen Bildungspanels Kontakt aufnehmen
und ihnen die Frage stellen, inwiefern auf der Grundlage
dessen, was Sie interessiert, solche Auswertungen mög-
lich sind. Ich werde darüber hinaus die Autoren unseres
nationalen Bildungsberichts fragen, ob sie das für mach-
bar und sinnvoll halten. Damit das in die Realität umge-
setzt werden kann, muss aber auch in der Steuerungs-
gruppe, in der nicht nur der Bund, sondern auch die
Länder vertreten sind, Einigkeit darüber erzielt werden.
Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass ich das alles in
Ihrem Sinne umsetzen kann. Aber ich werde das anspre-
chen und es weiter verfolgen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720315200

Die Fragen 12 und 13 des Kollegen Willi Brase, wel-

che sich mit Maßnahmen zur Ozeandüngung befassen,
sollen schriftlich beantwortet werden.

Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereiches.
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung. Zur Beantwortung der Fragen steht die
Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp zur Ver-
fügung.

Ich rufe die Frage 14 des Kollegen Dr. Sascha Raabe
auf:

Trifft es zu, dass der Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, dem Aus-
wärtigen Amt „Untätigkeit“ hinsichtlich der Versorgung von
Flüchtlingen im Lager Dadaab, Kenia, vorgeworfen und das
Auswärtige Amt aufgefordert hat, für die mit der Ressortver-
einbarung der beiden Bundesministerien übernommene Al-
leinzuständigkeit für die humanitäre Hilfe „Verantwortung zu

(siehe dazu Leipziger Volkszeitung vom 30. Oktober 2012, „Niebel attackiert Auswärtiges Amt“)


Bitte, Frau Staatssekretärin.

Gu
Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1720315300


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Raabe,
ungeachtet der von Ihnen zitierten Presseberichterstat-





Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp


(A) (C)



(D)(B)


tung weise ich darauf hin, dass die Ressortvereinbarung
zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesminis-
terium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung ein richtiger und notwendiger Schritt war. Sie
hat eine bessere und klarere Aufgabenteilung zwischen
den Ressorts ermöglicht. Wir haben damit auf mehrjäh-
rige Kritik hinsichtlich einer Fragmentierung der deut-
schen humanitären Hilfe reagiert.

Die medizinische Versorgung der Flüchtlinge in
Dadaab ist nicht eingestellt. Im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung hat das Auswärtige Amt dem Hohen
Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, UNHCR,
zugesagt, die Zuwendungen für 2013 um mindestens
2,2 Millionen Euro aufzustocken, damit der UNHCR die
Versorgung der Flüchtlinge im Lager Dadaab aufrecht-
erhalten kann. Neben Kenia hat das BMZ den UNHCR
in Uganda, Südsudan und Tschad unterstützt. Auch für
die Aktivitäten des UNHCR in diesen Ländern hat das
Auswärtige Amt eine Aufstockung der Zuwendungen an
den UNHCR zugesagt, mindestens in Höhe der bislang
über das BMZ geleisteten Unterstützung. Insgesamt
wird das Auswärtige Amt die Zuwendungen für das hu-
manitäre Engagement des UNHCR in diesen vier Län-
dern im Jahr 2013 um mindestens 5,8 Millionen Euro
aufstocken.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720315400

Herr Raabe, Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1720315500
„ungeachtet der …

Presseberichterstattung“. Das hört sich so an, als hätte
sich die Presse etwas ausgedacht. Daher möchte ich bei
Ihnen nachfragen. Der Auslöser war ein Satz von Bun-
desminister Dirk Niebel. Er hat gesagt:

Es kann nicht sein, dass Menschen in der von Kri-
sen geschüttelten Region am Horn von Afrika unter
der Untätigkeit des Auswärtigen Amtes leiden.

Er hat das Auswärtige Amt ausdrücklich aufgefordert,
endlich Verantwortung zu übernehmen.

Wie passt das mit dem zusammen, was Sie gerade ge-
sagt haben, dass nämlich diese Ressortvereinbarung zwi-
schen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung so
toll sei? Wie passt das mit der Aussage von Dirk Niebel
aus dem Jahr 2010 zusammen: „Wir wollen eine Außen-
und Entwicklungspolitik aus einem Guss machen“, ob-
wohl doch anscheinend bei der Abstimmung über eine
so gravierende Frage, bei der es wirklich um das Überle-
ben von Menschen geht, ein solches Chaos herrscht, dass
der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung dem Außenminister solch schwere
Vorwürfe macht? Wie passt das mit Ihrer Aussage zu-
sammen, dass das angeblich eine blendende, reibungs-
lose und bessere Vereinbarung sei als die über die Res-
sortzuständigkeit, die es vorher gab?

Gu
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1720315600


Herr Kollege Raabe, die beiden Minister Westerwelle
und Niebel sind seit über zwei Jahrzehnten eng mit-
einander befreundet. Selbst wenn es an der einen oder
anderen Stelle einmal eine Diskussion gibt, heißt das
nicht, dass die Dinge in der Substanz, wie Sie es darge-
stellt haben, chaotisch sind. Das weise ich auch aus-
drücklich zurück.

Sie haben sehr richtig darauf hingewiesen, dass die
Hilfe für die Flüchtlinge unser gemeinsames Anliegen
ist. Daran bestehen überhaupt keine Zweifel. Ich kann
Ihnen im Namen der beiden Minister, aber auch im Na-
men der gesamten Bundesregierung bestätigen, dass
diese Hilfe nach wie vor geleistet wird und dass die Zu-
ständigkeiten der Ressorts – Sie wissen: sie sind neu auf-
geteilt worden – so gestaltet wurden, dass es funktio-
niert. Denn es kommt darauf an, dass den Menschen vor
Ort geholfen wird.

Sie müssen sich hier jetzt überhaupt keine Sorgen ma-
chen. Wir haben intensiv nachgefragt, wie die Verhält-
nisse vor Ort sind, und die Rückmeldung bekommen,
dass die nötige Versorgung gewährleistet ist.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1720315700

Bevor Sie jetzt Ihre zweite Nachfrage stellen, mache

ich vorsorglich darauf aufmerksam, dass wir uns auf
Frage- und Antwortzeiten verständigt haben und dass
zur Unterstützung ein optisches Signal eingeblendet
wird. Wenn die Lampe rot leuchtet, ist diese Zeit tatsäch-
lich abgelaufen. Ich bitte sowohl die Fragenden als auch
die Antwortenden, die Hilfestellung, die die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer hier vorne über das Signal
leisten, in Anspruch zu nehmen.

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720315800

Rote Signale sind mir immer sehr sympathisch, Frau

Präsidentin.

Nur damit kein Missverständnis aufkommt: Nicht ich
habe von „Chaos“ geredet, sondern der Minister hat ge-
sagt, dass hier eine Untätigkeit des Auswärtigen Amtes
vorliegt. Ich glaube, das kann man nicht leicht beiseite-
wischen.

Frau Staatssekretärin, wie passt das eigentlich damit
zusammen, dass Sie in einer Antwort, die Sie uns schrift-
lich gegeben haben, schreiben, dass das Ministerium be-
reits im Mai dieses Jahres gegenüber der GIZ davon ge-
sprochen hat, dass die gemeinsamen Projekte mit dem
UNHCR zum Ende des Jahres auslaufen könnten, und
dass Sie im August die Beendigung der Finanzierung
schriftlich bestätigt haben? Das heißt, das Ministerium
wusste lange vor Niebels empörter Aussage Ende Okto-
ber, dass das ausläuft. Wenn das Ministerium monate-
lang vorher wusste, dass das ausläuft, wie kann es dann
eigentlich sein, dass der Minister Monate später wie aus
heiterem Himmel getroffen auf einmal feststellt: Da ist
aber etwas ganz schön schiefgelaufen?






(A) (C)



(D)(B)


Gu
Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1720315900


Herr Kollege Raabe, wie gesagt: Dass die Finanzie-
rung der Soforthilfe aus dem BMZ aufgrund der Neuauf-
teilung der Ressortzuständigkeiten auslaufen würde, war
klar. Das hat aber gar nichts damit zu tun, dass die Hilfe-
leistungen vor Ort entsprechend geleistet werden. Sie
wissen selbst: Im Ausschuss hat der UNHCR noch ein-
mal bestätigt, dass für die Flüchtlinge gesorgt ist und
dass hier keinerlei überraschende Notsituation entstan-
den ist oder entsteht, in der die Menschen in irgendeiner
Weise sich selbst überlassen sind.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1720316000

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Karin Roth das

Wort.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720316100

Frau Staatssekretärin, wir haben uns ja am 24. Okto-

ber 2012 im Ausschuss über dieses Thema unterhalten.
Ich bin sehr froh, dass sich Außenminister Westerwelle
aufgrund dieser Debatte, aber auch aufgrund der öffentli-
chen Äußerung Ihres Ministers offensichtlich noch ein-
mal besonnen hat und dieses Projekt weiter fortsetzen
will. Das hat auch etwas mit parlamentarischem Einfluss
zu tun, auch wenn die Opposition das zunächst auf die
Tagesordnung gesetzt hat. Das ist auch gut so, und es ist
im Interesse aller, die in der Entwicklungspolitik arbei-
ten.

Deshalb frage ich noch einmal zu meinem Verständ-
nis und für das Protokoll: Ist es richtig, dass die bisheri-
gen 2,2 Millionen Euro, die bisher vom BMZ für dieses
Projekt der Not- und Übergangshilfe gezahlt wurden, das
am 31. Dezember ausgelaufen wäre, und die UNHCR-Be-
träge in Höhe von insgesamt 6,4 Millionen in gleichem
Umfang für das gleiche Projekt ausgegeben werden und
das Projekt mit den gleichen örtlichen Beschäftigten
weitergeführt wird?

Gu
Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1720316200


Frau Kollegin Roth, es ist so, dass das BMZ die För-
derung im Umfeld des Flüchtlingslagers Dadaab weiter
fortführt. Ich habe Ihnen auch mitgeteilt, dass es darum
geht, die Stärkung der ortsansässigen Bevölkerung und
derjenigen, die sich für längere Zeit in dem Lager auf-
halten müssen, mit Mitteln in Höhe von 4,1 Millionen
Euro für den Zeitraum 2011 bis 2014 zu unterstützen.
Zusätzlich wird das BMZ Bildungsprojekte in UNHCR-
Flüchtlingslagern in Kenia, Dadaab und Kakuma, im
Jahre 2013 mit Mitteln in Höhe von bis zu 1 Million
Euro fördern.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1720316300

Wir kommen zur Frage 15 des Kollegen Dr. Sascha

Raabe:
Wie wirkt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zu-

sammenarbeit und Entwicklung, BMZ, auf das Auswärtige
Amt ein, damit die Versorgung der Flüchtlinge im keniani-

schen Lager Dadaab auch weiterhin aufrechterhalten bleibt,
und sind dem BMZ weitere ähnlich gelagerte Fälle bekannt,
in denen das Auswärtige Amt laufende Hilfsmaßnahmen der
vormaligen Entwicklungsorientierten Not- und Übergangs-
hilfe eingestellt hat bzw. die Einstellung plant?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

Gu
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720316400


Hierzu kann ich nur auf meine vorherige Antwort ver-
weisen und Ihnen sagen: Ähnlich gelagerte Fälle sind
mir und dem Haus nicht bekannt.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1720316500

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720316600

Frau Staatssekretärin, dann möchte ich noch einmal

präziser nachfragen. Es geht ja gerade darum, dass be-
reits im Mai bekannt war, dass eine Finanzierung, die
vormals vom BMZ durchgeführt wurde, ausläuft. Wir
haben dann gesehen, dass das in einem Zuständigkeits-
chaos geendet hat und der Entwicklungsminister
„Höchster Alarm!“ – spät, aber immerhin – gerufen hat
und seinen Außenminister in dieser wichtigen Frage mit
sehr scharfen Worten attackiert hat, bis das Auswärtige
Amt endlich reagiert hat. Können Sie ausschließen, dass
es weitere Fälle gibt, in denen die Finanzierung ausläuft,
die noch vom BMZ angeleiert wurde? Können Sie aus-
schließen, dass so etwas in diesem Bereich wieder pas-
siert? Sprich: Ist überall dort, wo das BMZ eine Finan-
zierung eingegangen ist, die jetzt vom Auswärtigen Amt
übernommen wird, gesichert, dass der Übergang nun rei-
bungslos funktioniert und das Auswärtige Amt das
durchführt? So habe ich es eben verstanden, und das hat
mich erstaunt.

Gu
Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1720316700


Herr Kollege Raabe, ich kann Ihnen bestätigen, dass
das BMZ davon ausgeht, dass die mit dem Auswärtigen
Amt vereinbarte Ressortaufteilung reibungslos funktio-
niert.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1720316800

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720316900

Von „reibungslos“ kann sich jetzt jeder ein eigenes

Bild machen. Ich kann dies gar nicht anders kommentie-
ren, als das Ihr eigener Minister gemacht hat. Nachdem
Minister Niebel nun selbst erkannt hat, dass das mit dem
Auswärtigen Amt eben nicht funktioniert – sonst hätte er
ja nicht dem Auswärtigen Amt Untätigkeit vorgeworfen –,
möchte ich Sie fragen, ob es in Ihrem Haus nicht doch
Überlegungen gibt, die damals in einer Nacht-und-
Nebel-Aktion, fast am Haushaltsausschuss vorbei, er-
folgte Zusammenlegung von Entwicklungsorientierter
Not- und Übergangshilfe und humanitärer Hilfe, die





Dr. Sascha Raabe


(A) (C)



(D)(B)


dann ins Auswärtige Amt eingegliedert wurde, rückgän-
gig zu machen und Letztere wieder in das BMZ zu verla-
gern. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass man
Kurz-, Mittel- und Langfristhilfe gar nicht voneinander
trennen kann. Auch alle Entwicklungsexperten sagen
uns immer, die Zuständigkeit läge besser ausschließlich
im BMZ; denn dann wäre sie wirklich in einer Hand,
nämlich in der Hand, in die sie auch gehört. Ich möchte
Sie fragen, ob Sie insoweit endlich zu der richtigen Ein-
sicht gelangen.

Gu
Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1720317000


Herr Kollege Raabe, unsere Version der richtigen Ein-
sicht ist: Wir möchten, dass diese Ressortvereinbarung
greift, weil es in der Vergangenheit leider üblich war,
dass in Notfällen, in Katastrophenfällen das eine Minis-
terium quasi die Esstöpfe, die Hardware, und das andere
Ministerium die Lebensmittel, die Software, lieferte. Es
hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass dabei unnöti-
gerweise wertvolle Zeit und auch Kompetenzen verloren
gegangen sind. Deswegen: Nothilfe aus einer Hand in ei-
nem Ministerium! Das hat sich nach unserer Meinung
nach wie vor als richtig erwiesen. Das haben wir jetzt
umgesetzt.

Was die strukturbildenden entwicklungspolitischen
Maßnahmen betrifft, die dann sofort auf dem Fuß folgen
müssen, werden wir als BMZ in Zukunft weiter unsere
wertvolle Arbeit leisten. Ich kann Ihnen noch einmal
versichern, dass zwischen unseren beiden Häusern eine
enge Abstimmung erfolgt und dass sie wirklich gut bis
sehr gut funktioniert.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1720317100

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Karin Roth das

Wort.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720317200

Frau Staatssekretärin, Sie haben meine Frage vorhin

nur zur Hälfte beantwortet. Deshalb meine zweite Frage
an Sie: Kann ich davon ausgehen – Sie haben vorher für
das Außenministerium, für das Entwicklungsministe-
rium und für die Bundesregierung gesprochen –, dass die
2,2 Millionen Euro zur Fortsetzung des Projektes der
GIZ in Dadaab und in den anderen Flüchtlingslagern in
Kenia vonseiten der Bundesregierung, in dem Fall von-
seiten des AA und nicht vonseiten des BMZ, verwendet
werden? Können Sie das jetzt zusagen? Am Anfang Ih-
rer Beantwortung haben Sie das getan. Jetzt möchte ich
noch einmal bestätigt haben, dass der AwZ erfolgreich
war.

Gu
Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1720317300


Die von mir am Anfang gemachten Äußerungen sind
richtig. Diese bestätige ich noch einmal ausdrücklich.
Frau Kollegin Roth, ich kann natürlich nicht für das
Auswärtige Amt antworten. Es gibt noch zwei weitere
Fragen zu diesem Komplex, die nachher meine Kollegin

Frau Staatsministerin Cornelia Pieper für das Auswär-
tige Amt beantworten wird.

Ich habe Ihnen das bestätigt und mache das noch ein-
mal. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Sinne der Men-
schen, die unsere Hilfe brauchen, hier strukturiert und
verantwortungsvoll handeln.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1720317400

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Wir sind damit

am Ende Ihres Geschäftsbereiches.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Be-
antwortung der Fragen steht der Parlamentarische
Staatssekretär Peter Hintze zur Verfügung.

Die Fragen 16 und 17 des Kollegen Oliver Krischer
wie auch die Fragen 18 und 19 der Kollegin Beate
Walter-Rosenheimer sollen schriftlich beantwortet wer-
den.

Wir kommen zur Frage 20 der Kollegin Katja Keul – –


(Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Ist Frage 16 nicht meine Frage?)


– Es tut mir leid: Die Frage 16 – hier gab es gerade Wi-
derspruch – ist vom Kollegen Krischer eingereicht wor-
den. Ich glaube, Sie, Kollege Mützenich, sind später an
der Reihe.

P
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720317500


Darf ich aufklären, Frau Präsidentin? Der Kollege
Mützenich hat nun die Frage 21. Von ihm ist dann die
nächste Frage.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720317600

Gut, das war jetzt der Aufmerksamkeitstest für uns

alle. Wir haben das geklärt.

Ich rufe Frage 20 der Kollegin Katja Keul auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das

Rüstungsgeschäft zwischen der indonesischen Regierung und
dem Konzern Rheinmetall AG, das die Lieferung von moder-
nisierten Panzern an die indonesischen Streitkräfte zum Ge-
genstand hat, und welche Panzer-Reimporte hat die Bundes-
regierung in den letzten drei Jahren genehmigt?

Der Herr Staatssekretär hat das Wort.

P
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720317700


Frau Präsidentin! Liebe Frau Kollegin Keul, der Bun-
desregierung ist bekannt, dass deutsche Unternehmen
mit Indonesien Gespräche über den Kauf von Panzern
führen. Die Gespräche hierüber sind nicht neu und be-
dürfen keiner Genehmigung durch die Bundesregierung.
Ein Antrag auf Genehmigung der endgültigen Ausfuhr
von Panzern nach Indonesien liegt der Bundesregierung
nicht vor.

Durch das BMWi wurden in den letzten drei Jahren
folgende Reimporte von Panzern genehmigt: 99 Kampf-
panzer Leopard 1 aus Dänemark, 37 Kampfpanzer





Parl. Staatssekretär Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)


Leopard 2 und 2 Fahrschulpanzer für Leopard 2 aus
Österreich, 6 Kampfpanzer Leopard 2 aus der Schweiz
und 11 Kampfpanzer Leopard 2 aus den Niederlanden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720317800

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720317900

Vielen Dank. – Meine Frage lautet: Ist der Bundes-

regierung bekannt, dass die Firma Rheinmetall derzeit
ältere Leopard-Panzer zu sogenannten MBT-Revolution-
Modellen umrüstet und dazu schreibt, Kampfpanzer
müssten neben der bisher antizipierten klassischen Du-
ellsituation künftig in asymmetrischen Szenarien beste-
hen, und dafür sei dieses Modell besser geeignet? Hat
die Bundesregierung eine Herstellungslizenz nach dem
Kriegswaffenkontrollgesetz für den Umbau dieser Leo-
pard-Panzer erteilt?

P
Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1720318000


Das ist mir nicht bekannt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720318100

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720318200

In einer heutigen Agenturmeldung heißt es:

Die geplante Unterzeichnung einer Absichtserklä-
rung mit dem Düsseldorfer Rüstungskonzern
Rheinmetall wurde am Mittwoch in Jakarta ver-
schoben, sagte ein Beamter des Verteidigungsmi-
nisteriums der dpa. Einige technische Details seien
noch offen. Das Ministerium hoffe auf eine Unter-
zeichnung an diesem Samstag. Nach Angaben aus
Jakarta ist der Kauf von 100 Leopardpanzern und
50 Mardern beschlossene Sache.

Sie haben eben gesagt, ein Antrag auf endgültige
Ausfuhr der Panzer sei noch nicht erteilt. Verstehe ich
Sie dahin gehend richtig, dass eine Voranfrage zur Aus-
fuhr dieser Panzer positiv beschieden wurde, und wie
begründen Sie gegebenenfalls die Nichtbeantwortung
dieser Frage vor dem Hintergrund, dass das indonesische
Verteidigungsministerium offensichtlich von der Bun-
desregierung nicht auf die Geheimhaltung solcher Tatsa-
chen hingewiesen wurde?

P
Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1720318300


Die Bundesregierung ist für Äußerungen des indone-
sischen Verteidigungsministeriums in keiner Weise ver-
antwortlich. Im Übrigen ist vom Deutschlandfunk, der
die Meldung verbreitet hat, klargestellt worden, dass es
sich um das indonesische Verteidigungsministerium han-
delt. In der ursprünglichen Meldung las sich das noch
anders. Auf jeden Fall handelt es sich um eine Äußerung
aus Indonesien, die wir nicht kommentieren.

Meine Formulierung, dass der Antrag auf Genehmi-
gung der endgültigen Ausfuhr noch nicht vorliegt, be-

zieht sich darauf, dass das Bundesministerium für Wirt-
schaft und Technologie einen Antrag zur temporären
Ausfuhr von je einem Leopard-Panzer und einem Mar-
der-Schützenpanzer zur Präsentation auf der Messe In-
dodefense 2012 vom 7. bis 10. November 2012 positiv
beschieden hat. Ihre Vermutung muss ich im Bereich der
Spekulation belassen, weil wir nach regelmäßiger Staats-
praxis Voranfragen prinzipiell nicht im Parlament be-
kannt geben.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720318400

Bevor ich dem Kollegen Jan van Aken das Wort zu ei-

ner Nachfrage gebe, mache ich darauf aufmerksam, dass
die Aktuelle Stunde gegen 15.40 Uhr beginnt.

Herr van Aken, Sie haben das Wort.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720318500

Ich bedanke mich. – Herr Hintze, da Sie gerade die

Indodefense erwähnt haben: Welche Vertreterinnen und
Vertreter der Bundesregierung sind momentan auf der
Indodefense, und werden in diesem Zusammenhang Ge-
spräche zwischen Vertretern der Bundesregierung und
der indonesischen Regierung über einen Leopard-Pan-
zer- oder Marder-Schützenpanzerverkauf geführt?

P
Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720318600


Mir ist nicht bekannt, dass Vertreter der Bundesregie-
rung auf der Indodefense sind. Deswegen kann ich Ihre
Frage nicht beantworten.


(Jan van Aken [DIE LINKE]: Können Sie das schriftlich machen, bitte?)


– Das liefern wir schriftlich nach.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720318700

Der Staatssekretär hat die schriftliche Nachlieferung

zugesagt.

Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Rolf
Mützenich das Wort.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720318800

Danke, Frau Präsidentin. Es tut mir leid, dass ich

mich eben auf die alte Fassung unserer Tagesordnung
bezogen habe.

Herr Hintze, angesichts der auch von Ihnen bedauer-
ten unterschiedlichen öffentlichen Kommunikation, für
die Sie manchmal Verantwortung tragen und manchmal
nicht, möchte ich Sie fragen: Sind Sie mit mir mögli-
cherweise der Meinung, dass auch die Bundesregierung
bestrebt sein sollte, rechtzeitig und vielleicht im Rahmen
eines besonderen Gremiums den Bundestag etwas stär-
ker in die Erörterung von Rüstungsgeschäften seitens der
Bundesregierung einzubeziehen?

P
Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1720318900


Diese Einschätzung teile ich nicht, unter anderem
deswegen nicht, weil ich nicht glaube, dass das Auswir-





Parl. Staatssekretär Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)


kungen auf die Äußerungen des indonesischen Verteidi-
gungsministeriums hätte. Dieses hat das Missverständnis
ausgelöst.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720319000

Die letzte Nachfrage zu Frage 20 stellt die Kollegin

Vogler.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720319100

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,

liegen der Bundesregierung Anfragen auf Übernahme
einer Exportbürgschaft für eine Panzerlieferung an Indo-
nesien vor, oder haben Sie eine solche Anfrage bereits
beschieden?

P
Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720319200


Das ist mir nicht bekannt. Wenn es anders sein sollte,
teile ich es Ihnen schriftlich mit.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720319300

Nun kommen wir zur mehrfach angekündigten

Frage 21 des Kollegen Dr. Rolf Mützenich:
Unterstützt die Bundesregierung finanziell die von Indo-

nesien bestätigte Lieferung von 130 gebrauchten Leopard-2-
Panzern, und sind diese Panzer – ebenso wie die für Saudi-

(vergleiche Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 12. August 2012)

eignet zum Kampfeinsatz auch gegen die Zivilbevölkerung in
städtischen Räumen?

P
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720319400


Frau Präsidentin! Es darf sich keiner wundern: Die
Antwort ist dem Wortlaut und dem Sinn nach ähnlich,
weil es sich hierbei um den gleichen Sachverhalt han-
delt. Es gibt eine kleine Ausnahme, die aber gleich deut-
lich wird.

Der Bundesregierung ist bekannt, dass deutsche Un-
ternehmen mit Indonesien Gespräche über den Kauf von
Leopard-Panzern führen. Die Gespräche hierüber sind
nicht neu und bedürfen keiner Genehmigung durch die
Bundesregierung. Die den Gesprächen zugrunde liegen-
den Geschäfte werden derzeit durch die Bundesregie-
rung nicht finanziell unterstützt. Bisher liegt der Bundes-
regierung kein Antrag auf Ausfuhr von Leopard-Panzern
zum Verbleib in Indonesien vor. Die Bundesregierung
lehnt Spekulationen über eine technische Eignung der
betreffenden Panzer für angedachte Szenarien ab.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720319500

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720319600

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Weil Sie eben die in-

donesische Regierung kritisiert haben: Würden Sie in
der Konsequenz auch Ihren Verteidigungsminister kriti-
sieren wollen, der in einem ausführlichen Interview, das
in der Süddeutschen Zeitung gestanden hat, auf genau
dieses Rüstungsgeschäft eingegangen ist? Können Sie in
diesem Zusammenhang bestätigen, wie der Verteidi-

gungsminister es getan hat, dass es sich bei der Liefe-
rung, die Sie ja immer noch infrage stellen, offensicht-
lich nicht um gebrauchte Panzer der Bundeswehr
handelt?

P
Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1720319700


Jetzt haben Sie eine ganze Masse von Fragen, Vermu-
tungen und Behauptungen vorgetragen.


(Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Das müssen Sie ertragen!)


– Ja, das weiß ich. Ich hoffe, dass wir beide damit intel-
lektuell fertig werden.

Ich habe mit meiner Antwort auf die Frage der Kolle-
gin Keul das Haus informiert, dass es sich bei dem Ver-
teidigungsminister, der zitiert wurde, um den indonesi-
schen Verteidigungsminister handelt, dass er seine
Äußerungen aus seiner Einschätzung, seiner Kompetenz
und seiner Sicht der Dinge gemacht hat und dass die
Bundesregierung hierfür keinerlei Verantwortung hat.
Das ist keine Kritik, sondern eine reine Information.

Was war der zweite Punkt? Helfen Sie mir bitte.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720319800

Ich bin der Meinung, dass wir auch dann, wenn wir

uns intellektuell nicht überfordern wollen, im Hinblick
auf die Äußerung des Verteidigungsministers durchaus
die Verantwortung der Bundesregierung zur Kenntnis
nehmen sollten.

P
Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1720319900


Der Verteidigungsminister macht eine ausgezeichnete
Arbeit.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Ich finde, alle seine Äußerungen sind fundiert und beru-
hen auf einer stabilen Grundlage. Die Bundesregierung
steht hundertprozentig dahinter.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720320000

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720320100

Wenn die Bundesregierung voll hinter dem Bundes-

verteidigungsminister steht und auch ausschließen kann,
dass die Lieferung von Panzern nach Indonesien aus ge-
brauchten Panzern der Bundeswehr bestehen wird, kön-
nen Sie dann bestätigen, dass ein Rüstungsgeschäft in
den nächsten Tagen zwischen Deutschland und Indone-
sien mit Zustimmung der Bundesregierung stattfinden
wird?

P
Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1720320200


Das ist zwar der kluge und zulässige, aber wahr-
scheinlich nicht zielführende Versuch, die Regeln über
die Bekanntmachung von entsprechenden Rüstungsge-
schäften, wie sie in der ständigen Staatspraxis festgelegt





Parl. Staatssekretär Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)


sind, etwas zu unterlaufen. Ich habe eben vorgetragen,
wie es sich verhält, nämlich dass wir über Voranfragen
nicht informieren, die Entscheidungen in dem jeweiligen
Bericht nachzulesen sind und sich die Bundesregierung
ansonsten dazu nicht äußert.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720320300

Zu einer Nachfrage hat der Kollege Jan van Aken das

Wort.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720320400

Auch ich habe eine Nachfrage, die den deutschen Ver-

teidigungsminister de Maizière betrifft. Er hat erklärt:
Die 100 Leopard-Kampfpanzer stammen nicht aus Bun-
deswehrbeständen. – Meine Frage ist: Stammen denn die
50 Marder oder die unbekannte Anzahl Marder-Panzer,
die an Indonesien geliefert werden sollen, aus Bundes-
wehrbeständen?

P
Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720320500


Auch dazu kann ich, weil der Sachverhalt noch gar
nicht zur Behandlung ansteht, nichts sagen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt hier „noch“?)


Im Übrigen wäre die Information, die Sie haben, für den
Kollegen Mützenich interessant, weil sie im Wider-
spruch zu seiner Frage steht. Sie könnten sich von Part-
ner zu Partner darüber austauschen, damit die Informa-
tionsbasis stimmt.


(Jan van Aken [DIE LINKE]: Ich glaube, ich konnte Ihrer Antwort intellektuell nicht folgen!)


– Das gibt es schon einmal.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das liegt aber nicht an ihm!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1720320600

Das werden die Herren sicherlich in geeigneter Form

noch klären können.

Für heute sind wir am Ende des Geschäftsbereichs
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technolo-
gie. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amtes. Zur Beantwortung der Fragen steht die Staatsmi-
nisterin Cornelia Pieper zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 22 des Kollegen Dr. Rolf
Mützenich auf:

Wie schätzt die Bundesregierung die Probleme Indone-
siens – Achtung der Menschenrechte, Einsatz der Streitkräfte
im Inneren, Gewaltenteilungsproblematik, Beziehungen zum
Nachbarn Demokratische Republik Timor-Leste – ein, und
welche politischen Konsequenzen zieht sie aus dieser Ein-
schätzung?

Bitte, Frau Staatsministerin.

C
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720320700


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Es geht im Zusam-
menhang mit Indonesien um Menschenrechtsfragen. Die
Republik Indonesien, Herr Abgeordneter, hat seit 1998
nach Einschätzung der Bundesregierung eine weitrei-
chende Transformation ihres politischen Systems vollzo-
gen und sich zu einem demokratischen Staat gewandelt.
Die Demokratie in Indonesien hat sich in der zweiten
Amtszeit von Präsident Susilo Bambang Yudhoyono
weiter gefestigt. Die Gewaltenteilung ist in der indonesi-
schen Verfassung verankert, wobei insbesondere im Be-
reich der Justiz noch Verbesserungsbedarf besteht, wie
Sie ja auch wissen.

Die Menschenrechtslage in Indonesien ist aus unserer
Sicht insgesamt zufriedenstellend. Systemische Defizite
bestehen nicht. Die indonesische Regierung verfolgt
eine Politik der Achtung der Menschenrechte und der
Stärkung des Justizsystems, wenn auch noch nicht mit
dem gewünschten Erfolg. Insbesondere sei die Lage in
Westpapua genannt. Die indonesische Regierung beab-
sichtigt, erkannte Schwächen im Menschenrechtsschutz
zu beseitigen durch die Umsetzung des für 2012 bis
2014 gültigen Nationalen Menschenrechtsaktionsplans.
Außerdem will sie Verbesserungen im Justizsystem vor-
nehmen.

Die Reform der Streitkräfte und ihre Rolle im indone-
sischen Staat stehen seit Jahren auf der politischen
Agenda. Das Thema „Verhinderung von Menschen-
rechtsverletzungen im Einsatz“ nimmt in der Ausbildung
der Streitkräfte inzwischen einen breiten Raum ein.

Zur Demokratischen Republik Timor-Leste, Herr Ab-
geordneter, pflegt Indonesien seit der Unabhängigkeit
mittlerweile stabile und wirtschaftlich immer engere Be-
ziehungen, die der Präsident mit einem Besuch von gro-
ßer Symbolik zur Amtseinführung des neuen timoresi-
schen Präsidenten im Mai 2012 unterstrichen hat.
Indonesien setzt sich zudem für den Beitritt von Timor-
Leste zur Gemeinschaft südostasiatischer Staaten,
ASEAN, ein.

Die Bundesregierung räumt den Beziehungen zu In-
donesien einen hohen Stellenwert ein. Defizite, insbe-
sondere im Menschenrechtsbereich, sind regelmäßig Ge-
genstand der Gespräche zwischen uns, also in den
bilateralen Kontakten mit der indonesischen Regierung.
Zudem besteht ein regelmäßiger Menschenrechtsdialog
der Europäischen Union mit Indonesien, wie Ihnen
wahrscheinlich bekannt ist.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1720320800

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720320900

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wenn Sie in Ihrer

Antwort dennoch von Defiziten im Menschenrechtsbe-
reich sprechen, Frau Staatsministerin, sind Sie dann
nicht mit mir der Meinung, dass wir erst einmal die
nächsten Jahre abwarten müssen, insbesondere dahin ge-
hend, dass sich die Menschenrechtssituation und die
Achtung der Gewaltenteilung so verbessern, dass das





Dr. Rolf Mützenich


(A) (C)



(D)(B)


Militär innerhalb Indonesiens nicht mehr zum Schutz der
inneren Sicherheit eingesetzt werden soll? Und sind Sie
mit mir in diesem Zusammenhang der Meinung, dass die
Lieferung von Panzern, insbesondere im Hinblick auf
die Aufgabe des Militärs im Inneren von Indonesien, ge-
nau die falsche Entscheidung wäre?

C
Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1720321000


Herr Abgeordneter, ich bin fest davon überzeugt – das
sage ich auch im Namen der Bundesregierung –, dass
wir den Menschenrechtsdialog gerade mit Indonesien,
gerade mit der dortigen Zivilgesellschaft fortsetzen und
verstärken müssen. Sie wissen, da gibt es eine sehr le-
bendige Zivilgesellschaft. Ich durfte dieses Jahr im Aus-
wärtigen Amt den Interface Dialogue begrüßen. Im
April 2013, also nächstes Jahr, wird dieser Dialog mit
der Zivilgesellschaft in Jakarta stattfinden. Ich selbst
werde daran teilnehmen. Ich halte diese zivilgesell-
schaftlichen Kontakte für außerordentlich wichtig.

Was Ihre Nachfrage zu den sogenannten Panzerliefe-
rungen anbelangt, verweise ich auf die Antwort des von
mir sehr geschätzten Staatssekretärs Hintze.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1720321100

Herr Mützenich, Sie haben das Wort zu einer zweiten

Nachfrage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720321200

Vielen Dank. – Sie wissen, dass ich den Staatssekretär

ebenfalls schätze.

Ich möchte Sie, überleitend von den Fragen, die ich
zu seinem Geschäftsbereich gestellt habe, fragen, ob Sie
sich in die Meinungsbildung der Bundesregierung im
Hinblick auf die Panzerlieferungen nach Indonesien
durchaus ausreichend einbezogen fühlen. Insbesondere:
Sind Sie ausreichend gefragt worden, ob die Menschen-
rechte in Indonesien gewährleistet werden?

C
Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1720321300


Ich sagte bereits: Wir sind in ganz intensivem Kontakt
mit Indonesien, was die Menschenrechte anbelangt.

Ich will außerdem sagen: Es ist bei den Menschen-
rechten noch nicht alles so, wie wir uns das vorstellen.
Sie wissen, dass es noch Benachteiligungen von Chris-
ten in Indonesien gibt. Ich habe das Problem Westpapua
genannt. Die Lage dort ist nicht zufriedenstellend. Dort
gibt es immer noch Menschenrechtsverletzungen.

Ich bitte aber, eines nicht zu verwechseln, Herr Abge-
ordneter: Das Thema Menschenrechte, welches Sie ja zu
Recht zum Thema im Rahmen der Fragestunde gemacht
haben, hat nichts mit der vorhergehenden Frage zu tun.
Im Übrigen stimmen wir uns mit dem Bundeswirt-
schaftsministerium in allen Fragen sehr gut ab.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1720321400

Herzlichen Dank, Frau Staatsministerin.

Wir sind damit am Ende der Fragestunde. Die übrigen
Fragen werden, wie in unserer Geschäftsordnung festge-
legt, schriftlich beantwortet.

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Haltung der Bundesregierung zu Residenz-
pflicht und Sondergesetzen für Flüchtlinge so-
wie Asylbewerberinnen und Asylbewerber

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Halina Wawzyniak für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720321500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Stopp aller Abschiebungen, Aufhebung der Re-
sidenzpflicht, Schließung aller Isolationslager, Aufhe-
bung der Sondergesetze und gleiche Rechte für alle hier
lebenden Menschen! Kein Mensch ist illegal.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Seit mehr als sieben Monaten protestieren Flücht-
linge. Sie boykottieren die sogenannten Sammelunter-
künfte und verletzen bewusst die Residenzpflicht. Sie
haben einen Fußmarsch von Würzburg nach Berlin un-
ternommen. In Frankfurt am Main, am Oranienplatz in
Friedrichshain-Kreuzberg und am Brandenburger Tor
werben sie für ihre Forderungen. Bis Donnerstag ver-
gangener Woche befanden sie sich im Hungerstreik.
Doch die Staatsmacht denkt nicht daran, die Lebensver-
hältnisse von Geflüchteten und Asylsuchenden zu verän-
dern. Sie reagiert mit bürokratischen Auflagen, die un-
sinnig, menschenverachtend und zu einem großen Teil
rechtswidrig sind, so wie das Verbot von Sitzkissen und
Pappen als Sitzunterlagen bei Demonstrationen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Unerhört!)


Selbst diese politisch motivierten, rechtswidrigen
Auflagen wurden in der vergangenen Woche von Poli-
zeibeamten herzlos exekutiert. Es scheint, als hätten
politisch Verantwortliche den Sinn und Zweck des Ver-
sammlungsrechts nicht verstanden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es wurde versucht, eine nicht verbotene Demonstra-
tion durch faktisches Handeln zu verbieten, indem die
Wahrnehmung des Demonstrationsrechts unmöglich ge-
macht werden sollte. Erst ein Beschluss des Verwal-
tungsgerichts Berlin beendete diesen Zustand. Es macht
mich unglaublich wütend, dass in diesem Land ein Ver-
waltungsgericht notwendig ist, um das Demonstrations-
recht durchzusetzen, und ich finde das Handeln der Ver-
antwortlichen beschämend.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD])






Halina Wawzyniak


(A) (C)



(D)(B)


Die Integrationsbeauftragte hat nach einer Woche
Hungerstreik ein Gespräch mit den Geflüchteten geführt.
Auf die Idee, mit den in Lagern lebenden und häufig iso-
lierten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern solche
Gespräche zu führen, ist Frau Böhmer in den sieben Jah-
ren ihrer Amtszeit zuvor offensichtlich nicht gekommen.
Sonst hätte sie das – ich zitiere – „bewegendste Ge-
spräch als Integrationsbeauftragte“ schon eher haben
können. Doch ein wirkliches Entgegenkommen ist auch
nach diesem Gespräch nicht zu verzeichnen. Frau
Böhmer fragt sich, ob die Residenzpflicht heute noch
zeitgemäß ist. Die Antwort ist einfach: Nein, sie ist es
nicht, und sie wird es auch nie sein.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Doch statt eine Initiative zur Abschaffung zu ergrei-
fen, wird geprüft. Die Residenzpflicht besagt, dass ein
Verlassen des den Flüchtlingen zugewiesenen Kreises
nur mit Erlaubnis der örtlichen Behörden möglich ist.
Die Residenzpflicht ist damit nichts anderes als eine un-
sichtbare Kette, mit der die Bewegungsfreiheit von
Flüchtlingen eingeschränkt wird. Die Zeit der Prüfung
ist längst abgelaufen. Ein paar gesetzliche Lockerungen
ändern nichts am menschenrechtswidrigen Charakter der
Residenzpflicht. Schaffen Sie diese diskriminierende
Regelung ab! Stellen Sie die Geflüchteten den anderen
hier lebenden Menschen endlich gleich!


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Böhmer hat darauf gedrungen, dass die Leistun-
gen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angeglichen
werden. Wir haben ein Urteil des Bundesverfassungsge-
richts dazu. Doch statt tätig zu werden, poltert Innen-
minister Friedrich durch die Gegend und will Asylbe-
werberinnen und Asylbewerbern weiter Leistungen
kürzen oder diese sogar nur als Sachleistungen gewäh-
ren. Herr Friedrich ist damit nichts anderes als ein Ver-
fassungsfeind.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Schaffen Sie das Asylbewerberleistungsgesetz ab!
Stellen Sie die Flüchtlinge den anderen hier lebenden
Menschen rechtlich gleich!

Frau Böhmer hat – wie der Integrationsbeirat – vorge-
schlagen, dass Flüchtlinge nach sechs Monaten die Mög-
lichkeit bekommen sollen, zu arbeiten. Sinnvoller wäre
ein sofortiger Arbeitsmarktzugang. Falls Sie es noch
nicht bemerkt haben sollten: Die geltende Vorrangrege-
lung beim Zugang zum Arbeitsmarkt besagt im Kern
nichts anderes als die von der NPD menschenverachtend
vorgetragene Losung: Arbeit zuerst für Deutsche. – Also
handeln Sie! Schaffen Sie die Vorrangregelung endlich
ab! Stellen Sie die Geflüchteten den anderen hier leben-
den Menschen endlich gleich!


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Böhmer hat auf den Vorschlag des Integrations-
beirats verwiesen, eine stichtagsunabhängige Bleibe-
rechtsregelung zu schaffen. Etliche Bundesländer for-

dern Ähnliches. Auch hier gibt es keinen Grund, diesen
Vorschlag nicht umgehend umzusetzen. Handeln Sie
endlich! Beenden Sie die Politik der Stammtische, und
hören Sie damit auf, Stimmung gegen Flüchtlinge zu
machen, indem Sie wie vor 20 Jahren von Asylrechts-
missbrauch und Wirtschaftsflüchtlingen schwadronie-
ren! Hören Sie auf, durch Gettoisierung in Lagern, durch
die Verweigerung einer Arbeitserlaubnis, durch die
Schlechterbehandlung von Flüchtlingen im Rahmen des
Asylbewerberleistungsgesetzes und durch die Residenz-
pflicht diese Stammtische auch noch zu bedienen!

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asyl-
bewerberleistungsgesetz besagt, dass eine Politik der
Abschreckung, das heißt eine Politik, die aus migrations-
politischen Gründen in die Grundrechte Einzelner ein-
greift, verfassungswidrig ist.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: So ist das!)


Art. 1 des Grundgesetzes enthält eine Pflicht zum akti-
ven Handeln des Staates zum Schutz der Menschen-
würde eines jeden Einzelnen. Handeln Sie! Die Zeit ist
reif.


(Beifall bei der LINKEN)


Stellen Sie die Geflüchteten den anderen hier lebenden
Menschen endlich gleich!


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720321600

Für die Bundesregierung hat der Parlamentarische

Staatssekretär Dr. Ole Schröder das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


D
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720321700


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen! Nicht zuletzt aufgrund unserer Vergan-
genheit haben wir eine besondere Verantwortung für die
Flüchtlinge weltweit.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die muss man aber auch wahrnehmen!)


Wir werden dieser Verantwortung auch in besonderer
Weise gerecht.


(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Wo denn?)


Viele kommen zu uns, weil sie wissen, dass unser
Rechtssystem einen umfassenden Schutz vor Verfolgung
bietet. Seit 2007 nehmen wir mehr Asylsuchende in
Deutschland auf. Allein bis Ende Oktober dieses Jahres
wurden 50 344 Erstanträge gestellt. Dazu kommen über
11 000 Folgeanträge. Im EU-Vergleich liegt Deutschland
damit an der Spitze.

Wir haben uns jetzt auch entschieden, an jährlichen
Resettlement-Programmen teilzunehmen, weil wir der
Überzeugung sind, dass wir damit gerade die Menschen
erreichen, die in besonders hilfloser Lage sind. Wir wol-





Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder


(A) (C)



(D)(B)


len das auch in 2013 und 2014 tun. Wir wollen jedes Jahr
300 Flüchtlinge dauerhaft in Deutschland aufnehmen.

Wir haben jetzt 201 Menschen aus Shousha aus Tune-
sien in dieser Art und Weise helfen können. Es handelt
sich um Menschen, die in wirklich aussichtsloser Lage
waren, die doppelt verfolgt waren, zunächst nach Libyen
flüchten mussten und dann aufgrund des Bürgerkriegs
aus Libyen verdrängt wurden. Wir haben im Oktober
noch 105 irakische Flüchtlinge aus der Türkei aufge-
nommen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 105?)


Wir müssen aber eben auch der Tatsache ins Auge se-
hen, dass es Asylmissbrauch gibt, dass Menschen zu uns
kommen und Asyl beantragen, die in keiner Art und
Weise verfolgt sind. Wir brauchen Asylverfahren, die
schnell sind, damit wir gerade denjenigen helfen können,
die unserer Hilfe bedürfen.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Vier Forderungen – vier Lösungen! Ich höre!)


Wir haben beispielsweise die Situation, dass seit der
Visaliberalisierung zunehmend Personen aus Serbien
und Mazedonien zu uns kommen, die überhaupt nicht
verfolgt werden. Wir hatten bis Oktober 2012 allein
10 775 Erstanträge aus diesen beiden Herkunftsländern.
Dazu kommen 5 649 Folgeanträge. Allein im Oktober
waren es 4 024 Erstanträge.

Der Zusammenhang mit der Ende 2009 erfolgten
Visaliberalisierung liegt auf der Hand,


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Falsches Thema!)


ebenso der Zusammenhang mit dem Urteil des Bundes-
verfassungsgerichts,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Unverschämtheit!)


das klargestellt hat, dass die Leistungen für Asylbewer-
ber entsprechend ausgeweitet werden müssen. Wir müs-
sen doch einmal feststellen, dass die Anerkennungsquote
bei diesen Menschen bei null liegt.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen Frau Böhmer hören! Die Arbeitsteilung geht nicht!)


Die einzigen, die Schutz bekommen, sind diejenigen, die
hierbleiben müssen, weil sie nicht transportiert werden
können oder Krankheiten haben, die nur hier behandelt
werden können.

Sogenannte Reiseunternehmen organisieren den
Asylmissbrauch in diesen Ländern. Die Vorgehensweise
ist ausgesprochen ausgefeilt.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Sie reden zynisch!)


Sie reisen nicht in größeren Gruppen. Diesen Personen
werden vor dem Grenzübertritt Barmittel gegeben. Diese
Barmittel werden ihnen nach dem Grenzübertritt wieder

abgenommen. Die Kommunen stoßen mit ihren Kapazi-
täten an Grenzen.


(Rüdiger Veit [SPD]: Ach wo!)


Deshalb sind Asylverfahren wichtig, die zügig verlaufen
und dem Recht auf Asyl gerecht werden. Dazu ist die
Residenzpflicht ein wichtiger Baustein.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Sie halten daran fest? Können wir das festhalten? Unglaublich!)


Sie stellt sicher, dass Asylbewerber nicht nur eine for-
male Meldeadresse haben, sondern dass sie sich an dem
ihnen zugewiesenen Ort aufhalten, sodass das Asylver-
fahren durchgeführt werden kann.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das dauert zum Teil über Jahre!)


Das ist im wohlverstandenen Eigeninteresse des Asylbe-
werbers selbst.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: „Im wohlverstandenen Eigeninteresse“! Ich fasse es nicht!)


Eine solche Residenzpflicht ist auch keine übermäßige
Einschränkung der persönlichen Entfaltungsfreiheit. Das
hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1997 eindeutig
entschieden.

Und: Wir haben die Residenzpflicht auch mehrfach
gelockert, das letzte Mal in dieser Legislaturperiode. Seit
Juli 2011 können sich die Betroffenen zusätzlich zu den
Ausnahmen,


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das ändert doch am Grundsatz nichts!)


die es ohnehin schon gab, in einem anderen Bezirk oder
einem anderen Land aufhalten, zum Beispiel um die
Schule zu besuchen oder um einem Studium nachzuge-
hen. Das ist möglich.

Darüber hinaus können die Regierungen benachbarter
Länder den Aufenthaltsbereich von Asylbewerbern
grundsätzlich auf den Bereich des Nachbarlandes erstre-
cken.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie oft wird das denn genutzt?)


Die Residenzpflicht – das möchte ich hier auch klar-
stellen – ist ebenfalls wichtig, um mögliche Ausreise-
pflichten vollziehen zu können. Um eines klarzustellen:
Die Residenzpflicht gilt nur für Asylbewerber, für dieje-
nigen, die sich im Verfahren befinden, und nicht für die-
jenigen, die anerkannt wurden. Das ist doch ganz ent-
scheidend.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Das geht häufig genug über Jahre!)


Ein anerkannter Asylbewerber darf selbstverständlich
die volle Reisefreiheit in ganz Europa in Anspruch neh-
men. Er darf selbstverständlich arbeiten. Er darf selbst-
verständlich auch im vollen Umfang von unserem So-
zialstaat profitieren.





Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder


(A) (C)



(D)(B)



(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch wirklich selbstverständlich! – Rüdiger Veit [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


Es macht doch überhaupt keinen Sinn, dass jemand, der
sich im Asylverfahren befindet, von allen diesen Mög-
lichkeiten profitieren kann. Wir meinen, dass wir hier
unterscheiden müssen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind denn das für Möglichkeiten? Seine Verwandten besuchen?)


Wir müssen auch die weiteren Folgen einer Aufhe-
bung der Residenzpflicht im Blick haben. Es würde
nicht nur zu einer Verlangsamung der Asylverfahren
kommen, es käme auch zu einer ungleichmäßigen Ver-
teilung der Asylbewerber und der Lasten auf die Kom-
munen. Gerade das wollen wir nicht, meine Damen und
Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Niema Movassat [DIE LINKE]: Das hat doch damit nichts zu tun! Das ist Quatsch, was Sie sagen! Es geht darum, ob man den Wohnort verlassen darf!)


Wenn jetzt einige Länder sogar fordern, das Asylbe-
werberleistungsgesetz in Gänze und damit auch das
Sachleistungsprinzip – darum geht es ja – vollständig ab-
zuschaffen,


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Sehr vernünftige Idee!)


so muss ich sagen: Das führt zu einer zusätzlichen Sog-
wirkung und dazu, dass vermehrt nicht diejenigen zu uns
kommen, die wirklich verfolgt sind, sondern diejenigen,
die den Weg über das Asylrecht nutzen, um hier zu ar-
beiten oder womöglich unser Sozialsystem zu missbrau-
chen. Das wollen wir verhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Kornelia Möller [DIE LINKE]: Schämen Sie sich! Pfui!)


Wir haben in den gerade genannten Bereichen beson-
dere Regelungen für Asylbewerber und zum Teil auch
für Geduldete. Das ist unseres Erachtens auch sachge-
recht. Der Grund ist, dass während eines laufenden Asyl-
verfahrens noch keine Aussage darüber getroffen wer-
den kann, ob jemand dauerhaft bleiben darf oder nicht.
Genau diese Unterscheidung machen wir.


(Zuruf von der LINKEN: Was hat das mit Residenzpflicht zu tun?)


Unser Interesse ist es, denen zu helfen, die unseren
Schutz wirklich brauchen. Dazu benötigen wir ein zügi-
ges, effizientes Asylverfahren, das zu sachgerechten
Entscheidungen führt. Dafür sind aus Sicht der Bundes-
regierung und der Praktiker in Bund und Ländern die
von mir genannten Regelungen erforderlich.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das ist Technokratensprache, die Sie reden! Wir sprechen von Menschen! Ist Ihnen das eigentlich klar?)


Wir sind auch nicht der Auffassung, dass es sinnvoll
ist, einem Asylbewerber vom ersten Tag an den Zugang
zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Hierfür gibt es an-
dere Zugangsmöglichkeiten, die in unserem Aufenthalts-
recht geregelt sind, aber eben nicht im Asylrecht. Das ist
auch sachgerecht. Für diejenigen, die bei uns arbeiten
wollen, gibt es Möglichkeiten, zu uns zu kommen; die
entsprechenden Zugangsmöglichkeiten haben wir in die-
ser Legislaturperiode ausgeweitet.

Das Asylrecht jedoch ist dazu da, denjenigen zu hel-
fen, die wirklich verfolgt werden, und nicht denjenigen
eine Zugangsmöglichkeit zu verschaffen, die in Deutsch-
land arbeiten wollen. Das ist nicht Sinn und Zweck des
Asylrechts. Deshalb sollten wir diese Unterscheidung
vornehmen. Nur so kommen wir am Ende zu sachge-
rechten Lösungen und werden den Menschen gerecht,
die unsere humanitäre Hilfe wirklich brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Was für eine Ignoranz! – Kornelia Möller [DIE LINKE]: Pfui!)



Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1720321800

Bevor wir in der Debatte fortfahren, lassen Sie mich

Folgendes sagen:

Erstens. Für diejenigen, die hier dieser Debatte fol-
gen, möchte ich eine kleine Erklärung geben: Wir befin-
den uns beim Tagesordnungspunkt „Aktuelle Stunde“.
Eine Aktuelle Stunde hat den Vorteil, dass ein Thema,
welches offensichtlich sowohl Parlamentarier wie auch
die Öffentlichkeit bewegt, hier debattiert werden kann
und die Standpunkte dargelegt werden können. Für die
Parlamentarier hat das jedoch den Nachteil, dass sie ihre
gegensätzlichen Positionen weder durch Zwischenfragen
noch durch Kurzinterventionen darstellen können.


(Zuruf von der FDP: Nur durch Zwischenrufe!)


Das ist die Erklärung für diejenigen, die unsere Debatte
hier verfolgen.

Zweitens. Ich habe eine Bitte, und zwar sowohl an
diejenigen, die jeweils überwiegend das Wort haben
– sprich: von mir das Wort erteilt bekommen haben –,
als auch an diejenigen, die ihrer Zustimmung oder ihrem
Unmut Luft machen wollen oder die ihre Position ein-
bringen wollen, obwohl sie nicht auf der Redeliste ihrer
Fraktion stehen, hier also nicht reden können: Bitte be-
fleißigen Sie sich trotzdem parlamentarischer Aus-
drucksformen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Reinhard Grindel [CDU/CSU], an die SPD gewandt: Nur damit das klar ist: Ich habe sie gewählt! Jetzt wissen Sie, warum!)


Nun hat die Kollegin Daniela Kolbe für die SPD-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)







(A) (C)



(D)(B)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720321900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ob wir
unserer Verantwortung gegenüber denjenigen, die
Schutz benötigen – Menschen aus Syrien, aus dem Iran
usw. –, wirklich gerecht werden, das ist die große Frage.
Wenn ich mit Asylsuchenden spreche, kommen mir da
mitunter Zweifel.

Ich war mit meinem Kollegen Rüdiger Veit vor knapp
zwei Wochen, kurz nach Entstehen des Camps, am Bran-
denburger Tor vor Ort und habe mit den Menschen ge-
sprochen, die dort versuchen, ihre Positionen deutlich zu
machen. Es hat geregnet, es war kalt, wir waren nicht
warm genug gekleidet, und schon nach wenigen Minu-
ten haben wir unsere Mäntel enger um uns geschlungen
und geflucht, dass wir keinen Schirm dabei hatten.

Uns ist dabei mehr als deutlich geworden, dass die
Flüchtlinge das dort auf keinen Fall nur aus Spaß an der
Freude machen, sondern dass ein massiver Leidensdruck
dahinterstecken muss, wenn man unter diesen Bedingun-
gen auf dem Pariser Platz in den Hungerstreik tritt.

Die Flüchtlinge haben uns von ihren Forderungen be-
richtet, sowohl von denen, die Bedingungen vor Ort zu
verbessern, aber eben auch – darüber will ich vor allem
sprechen – von ihren politischen Forderungen. Das, was
diese Menschen dort auf sich nehmen, ist es wert, dass
wir über ihre Anliegen sprechen, ihre politischen Forde-
rungen ernst nehmen und ihnen hier Raum einräumen.

Ich kann nicht alle Forderungen teilen, die die Flücht-
linge vorbringen. An vielen Stellen jedoch kann ich sie
absolut nachvollziehen; da spürt man förmlich das Leid
der Flüchtlinge. Nach der Jahrtausendwende war ich
sehr viel in Schulklassen unterwegs und habe dort für
Flüchtlingsrechte und gegen Rassismus geworben. Ich
kann Ihnen sagen: Auch Schülerinnen und Schüler ha-
ben für vieles von dem, was wir den Flüchtlingen und
Asylsuchenden in unserem Land antun, wenig Verständ-
nis. Sie verstehen zum Beispiel nicht, warum es eine Re-
sidenzpflicht gibt, warum Menschen also nicht den
Landkreis verlassen dürfen, dem sie zugeordnet sind. Sie
verstehen nicht, warum diese Menschen nicht arbeiten
dürfen,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist mir in Schülerdiskussionen noch nie begegnet!)


warum wir junge Menschen, die zum Teil gut ausgebil-
det sind und die hierherkommen, um Schutz zu suchen
oder zu studieren oder um arbeiten zu können, der Ago-
nie des Nichtstuns überantworten. Sie verstehen auch
nicht, warum diese Menschen im ersten Jahr überhaupt
nicht arbeiten dürfen und anschließend an vielen Orten
so etwas wie ein Arbeitsverbot haben, da das Nach-
rangigkeitsgebot in vielen Teilen der Republik de facto
auf ein Arbeitsverbot hinausläuft. Die Schülerinnen und
Schüler sind erstaunt, dass die Flüchtlinge in vielen Bun-
desländern keinen Zugang zu einer vernünftigen Ge-
sundheitsversorgung haben, dass vor allen Dingen eine
psychologische Betreuung der Flüchtlinge nicht selbst-
verständlich ist – es handelt sich doch gerade um Men-
schen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben –,

dass sie keinen Zugang zu Sprach- und Integrationskur-
sen haben usw. Ich gebe zu: Ich habe das auch nie ver-
standen; ich verstehe es auch jetzt nicht.

Ich finde, am absurdesten ist die Residenzpflicht. Mit
dem Begriff Residenzpflicht kann schätzungsweise die
Mehrheit der Deutschen nichts anfangen: Was ist denn
das, Residenzpflicht? – Residenzpflicht ist aber ein
Wort, das jeder Asylbewerber, der nach Deutschland
kommt, lernt; ich glaube, es ist das erste deutsche Wort,
das Asylsuchende in Deutschland lernen. Residenz-
pflicht bedeutet: Menschen dürfen den Landkreis, dem
sie zugeordnet sind, nicht ohne Erlaubnis verlassen.
Asylbewerberheime liegen aber aus Gründen, die wir
alle kennen – diese Gründe führen bei mir immer wieder
zu Magengrummeln –, am Rande von Städten und Land-
kreisen. So kommt es durch die Residenzpflicht zu ab-
surden Situationen: Straßen dürfen nur in eine Richtung
begangen werden, weil in der anderen Richtung der
Landkreis endet. Supermärkte, die näher liegen, sind
tabu, weil sie eben im falschen Landkreis liegen.

Es gab dazu auch schon kreativen Protest seitens der
Flüchtlinge, zum Beispiel ein Volleyballturnier, bei dem
die Flüchtlinge aus dem einen Landkreis auf der einen
Seite des Feldes standen und Flüchtlinge aus dem ande-
ren Landkreis auf der anderen Seite. Ein Seitenwechsel
war da nicht bzw. nur durch Rechtsbruch möglich, und
das ist absurd. Das ist aber nicht absurdes Theater; es
geht um die Lebenschancen von Flüchtlingen, auch von
jungen Flüchtlingen, die hier ihre Lebenszeit verbringen
und Chancen wollen.

Was ist eigentlich die Begründung für die Residenz-
pflicht? Ich habe es so verstanden, dass es auch darum
geht, die Lastenteilung zwischen den Landkreisen und
Ländern sicherzustellen. In Ordnung; aber man kann das
auch anders organisieren,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wie denn?)


und die Bundesregierung organisiert es auch anders,
zum Beispiel bei den Resettlement-Flüchtlingen. Sie
werden auch auf die Länder und Landkreise verteilt;
aber eine Residenzpflicht besteht für sie nicht. Das ist
eine massive Erleichterung für diese Flüchtlinge.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die haben doch einen ganz anderen Status, diese Leute!)


– Das ist richtig: Sie haben einen anderen Status.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Da verwechseln Sie Äpfel mit Birnen! – Gegenruf des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind alles Menschen!)


Aber bei beiden Gruppen geht es um Menschen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Viele Bundesländer legen die Residenzpflicht so weit
aus, wie es irgend geht. Das Interessante ist, dass ich von
den Konservativen keinerlei Klagen darüber höre. Das
jüngste Beispiel für ein Bundesland, in dem die Resi-
denzpflicht sehr weit ausgelegt wird, ist Niedersachsen,
bekanntlich von Schwarz-Gelb regiert. Insofern schei-





Daniela Kolbe (Leipzig)



(A) (C)



(D)(B)


nen Sie die Residenzpflicht nicht grundsätzlich für so
wichtig zu halten.

Ich möchte es ganz kurz machen: Die Residenzpflicht
ist ein Relikt aus den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts.
Sie bringt nichts; sie diskriminiert nur. Deshalb sollten
wir sie abschaffen; Frau Böhmer, da gebe ich Ihnen aus-
drücklich recht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1720322000

Das Wort hat der Kollege Hartfrid Wolff für die FDP-

Fraktion.

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor-

schläge zur Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbe-
werber oder zur Änderung des Asylbewerberleistungs-
gesetzes hat es immer wieder gegeben, auch in dieser
Legislaturperiode; daran ist nicht wirklich etwas aktuell.
Wir haben diese Frage hier im Hause wiederholt beraten.
Zuletzt stand das Aufenthalts- und Asylrecht hier vor
zwei Wochen auf der Tagesordnung. Verbesserungen im
Ausländer- und Asylrecht sind allerdings immer wieder
zu erwägen und zu prüfen.


(Rüdiger Veit [SPD]: Und auch mal zu machen!)


Dabei darf es aber nicht einfach nur um die zunächst ge-
fühlte gute Absicht gehen, Herr Kollege Veit. Es müssen
auch die Folgen, die es für alle Beteiligten hat, berück-
sichtigt werden.

In diesem Zusammenhang kann ich feststellen: Die
FDP ist stolz auf die Erfolge in der Zuwanderungs- und
Integrationspolitik, die sie in der Koalition gemeinsam
mit der CDU/CSU erreicht hat.


(Rüdiger Veit [SPD]: Sehr bescheiden!)


Wir haben die Weichen für eine Kultur des Willkom-
mens gestellt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir erschließen die Chancen der Zuwanderung für unser
Land besser und stärken den Zusammenhalt unserer
durch Zuwanderer bereicherten Gesellschaft. Das gilt
gerade für die humanitäre Zuwanderung. Aber auch hier
gilt: Fördern und Fordern gehören zusammen.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen die Flüchtlinge fördern?)


Offenkundig passt das einigen aus dem Oppositions-
lager nicht. Wir haben in den vergangenen Tagen mehr-
fach gehört, wie sich die Oppositionsparteien einfach
nur gegen das stellen, was die Koalition macht, unabhän-
gig davon, ob die eigene Position kürzlich noch eine an-
dere war.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber nicht zum Thema!)


Wir aber halten Wort. Die christlich-liberale Koalition
eröffnet Perspektiven für Menschen, die in unser Land
kommen. Im Vergleich zu den Vorgängerregierungen
schneidet diese Koalition auf diesem Politikfeld heraus-
ragend ab:


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach?)


Wir haben den Einstieg in eine dauerhafte, bundesge-
setzliche Bleiberegelung geschaffen. Erstmals wurde für
minderjährige und heranwachsende geduldete Ausländer
ein vom Aufenthaltsrecht der Eltern unabhängiges Blei-
berecht in einem Bundesgesetz geschaffen. Das ist hu-
manitäre Rechtssicherheit.


(Beifall bei der FDP)


Wir haben die aufenthaltsrechtlichen Übermittlungs-
pflichten öffentlicher Stellen geändert, um den Schul-
und Kindergartenbesuch von Kindern zu gewährleisten.
Wir haben – jetzt hören Sie einmal zu! – die Residenz-
pflicht für Geduldete und Asylbewerber gelockert,


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Gelockert, aber nicht abgeschafft!)


um ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung oder Aus-
bildung zu erleichtern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt aber nur für einen kleinen Teil!)


Wir haben die Stabilisierungszeit für Menschenhandels-
opfer auf drei Monate verlängert und sind damit einem
dringenden Petitum von Opferverbänden, aber auch der
Polizei gefolgt.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr könnt ja nicht alles falsch machen!)


Diese Koalition hat es ermöglicht, dass Abschiebehäft-
linge auf ihren Wunsch hin von Nichtregierungsorgani-
sationen besucht werden dürfen, und die Bedingungen
für die Abschiebehaft signifikant verbessert. Wir haben
erstmals, lieber Kollege Winkler, ein eigenständiges
Wiederkehr- bzw. Rückkehrrecht für ausländische Opfer
von Zwangsverheiratungen geschaffen und den eigen-
ständigen Straftatbestand der Zwangsheirat eingeführt.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war vorher auch schon strafbar!)


Das ist aktiver Opferschutz und ein klarer Appell, unsere
freiheitliche Werteordnung zu achten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Straftatbestand ist der gleiche geblieben: ein besonders schwerer Fall der Nötigung!)






Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) (C)



(D)(B)


Nichts dergleichen hat seinerzeit die rot-grüne Koali-
tion zustande gebracht. Die rot-grüne Regierung war ge-
radezu inaktiv bei diesen Themen,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch lächerlich!)


obwohl die Probleme damals schon akut waren. Dass Sie
jetzt noch mehr fordern, wirft ein sehr schräges Bild auf
Ihre eigene Regierungszeit und die jetzige Lage.

Die christlich-liberale Koalition hat Zuwanderung für
Fachkräfte deutlich rationaler gestaltet und die Verfahren
entbürokratisiert und vereinfacht. Das eröffnet auch
Menschen ohne Anspruch auf Asyl eine legale Möglich-
keit der Zuwanderung. Wir haben die Visawarndatei ein-
geführt. Wir erleichtern so für ein weltoffenes Indus-
trieland wie Deutschland den unverzichtbaren
internationalen Reiseverkehr und stärken zugleich die
Sicherheit unseres Landes, und zwar ohne ausufernde
Datenerfassung und unter Wahrung der Bürgerrechte.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Wir haben, wie gesagt, die Residenzpflicht für Geduldete
und Asylbewerber gelockert, um ihnen die Aufnahme ei-
ner Beschäftigung oder Ausbildung zu erleichtern. Damit
steigern wir die Chancen von jungen Migranten, auf dem
Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und sich in unserer Gesell-
schaft weiterzuentwickeln.

Aktuell ist mir wichtig, zu betonen: Für mich als Li-
beralen ist das Demonstrationsrecht ein Ausfluss der
freien Meinungsäußerung. Auch wenn ich ganz sicher
nicht alle Anliegen unterstütze oder für tragbar halte, so
bin ich doch der Meinung, dass Dialog immer möglich
sein muss. Deshalb freue ich mich darüber, dass Staats-
ministerin Böhmer in der letzten Woche durch ihre Ini-
tiative ein deutliches Zeichen der Gesprächsbereitschaft
gegeben hat.


(Rüdiger Veit [SPD]: Das ist das erste Mal, dass er heute die Wahrheit sagt!)


Zum demokratischen Dialog gehört aber auch der Re-
spekt vor geltenden Gesetzen. Wer meint, sich nicht an
das geltende Recht halten zu müssen, bei dem habe ich
gewisse Zweifel, ob wirklich Interesse an einem Dialog
existiert.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt auch für die Polizei! – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das gilt aber nicht für die Versammlungen!)


Mit unseren bisherigen Gesetzesinitiativen wurden in
ausgewogener Weise Maßnahmen zur Förderung der In-
tegration und zur humanitären Besserstellung von Aus-
ländern, die in Deutschland Hilfe und Schutz suchen, er-
griffen. Wir fördern und fordern. So kommt Deutschland
– und alle, die hier leben wollen – voran. Der Schlüssel
für gesellschaftlichen Zusammenhalt ist erfolgreiche In-
tegration. Diese Koalition stellt dafür die Weichen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720322100

Das Wort hat der Kollege Josef Winkler für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem
Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz einen wichti-
gen Satz geprägt: Die Menschenwürde ist migrationspo-
litisch nicht zu relativieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Staatssekretär Schröder, daran hat sich das Handeln
der Bundesregierung zu messen. Ich will Ihnen sagen:
Es ist eine Verhöhnung der Flüchtlinge und eine Verhoh-
nepiepelung des Parlamentes, wenn Sie hier das Zerrbild
zeichnen, das deutsche Asylsystem sei das Paradies auf
Erden; es fehlten nur noch die Dreigängemenüs. So geht
das nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Wir haben ein Asylrecht, das aus meiner Sicht – ich bin
katholisch – weder christlich noch besonders liberal ist.
Die Residenzpflicht ist menschenrechtswidrig. Sie ist
außerdem überflüssig und nicht sachgerecht. Deshalb
muss man sie abschaffen. Das steht an; hier gebe ich
Frau Staatsministerin Böhmer recht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben aber eine Bundesregierung, die hier mit
gespaltener Zunge spricht. Ich will Frau Böhmer nicht
kritisieren. Ich finde es wichtig, dass man im Laufe der
Zeit Positionen überprüft und auch einmal korrigiert. Wo
aber ist Bewegung bei der Unionsfraktion? Wo ist Bewe-
gung bei den sogenannten Liberalen, Herr Wolff? Das,
was Sie hier vorgetragen haben, war doch nicht liberal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was haben Sie denn gemacht? Nichts!)


– Sie können sich an Rot-Grün abarbeiten; zwischen-
durch gab es aber auch eine Große Koalition. Im nächs-
ten Jahr können Sie, wenn Sie dann noch im Parlament
sein sollten, von der Oppositionsbank aus die neue rot-
grüne Regierung kritisieren


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wir haben Fortschritte gemacht! Sie nicht!)


und deren Positionen bewerten.


(Zuruf von der CDU: Es wird alles besser werden mit euch!)


Jetzt aber geht es nicht um Rot-Grün. Jetzt geht es um
die Rechtslage, die wir in Deutschland haben. Für meine
Fraktion kann ich erklären: Die Abschaffung der Resi-





Josef Philip Winkler


(A) (C)



(D)(B)


denzpflicht, aber auch die Abschaffung des Asylbewer-
berleistungsgesetzes sind nach dem Urteil des Bundes-
verfassungsgerichts sach- und zeitgerecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist einfach unnötig, dass nur medizinische Notfallbe-
handlungen durchgeführt werden dürfen. Warum dürfen
diese Leute keine dauerhafte Psychotherapie oder eine
dauerhafte ärztliche Behandlung, sondern nur medizini-
sche Notfallbehandlungen erhalten? Dies war vielleicht
1994, als es Hunderttausende von neuen Flüchtlingen
gab, eine Frage, die man sich einfach aus Kapazitäts-
gründen stellen musste, aber doch heute nicht mehr. Das
muss einfach nicht mehr sein. Warum wird die Hilfe in
Bayern zum Beispiel nicht bar ausgezahlt, sondern in
Form von Sachleistungen, die nicht immer sachgerecht
sind? Das ist doch reine Schikane.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Geben Sie es doch zu: Sie wollen die Leute abschre-
cken und schikanieren. Deswegen wollen Sie die Resi-
denzpflicht beibehalten. Nichts gegen Hintertupfing;
aber deshalb wird man als Flüchtling in Bayern in die
abgelegensten Orte verfrachtet und in verrotteten Kaser-
nen untergebracht. Man wird mit vielen Personen in ei-
nem Zimmer untergebracht, und es gibt scheußliche sa-
nitäre Einrichtungen. Sie zeichnen hier ein Bild vom
Paradies auf Erden, das die Menschen aus aller Herren
Länder nach Deutschland locken würde. Glauben Sie im
Ernst, dass diese Menschen das Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts gelesen haben und die Koffer gepackt ha-
ben, weil sie gesagt haben: „Oh, das Taschengeld wurde
um 50 Euro erhöht; lasst uns nach Deutschland gehen“?
Das kann doch nicht Ihr Ernst sein; das ist doch absurd.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Einige Flüchtlinge sitzen hier oben auf der Tribüne.
Wir hatten eben ein Gespräch im Menschenrechtsaus-
schuss, an dem im Übrigen kein Mitglied der FDP-Frak-
tion teilgenommen hat, Herr Wolff – das nur zu Ihrem
christlich-liberalen Menschenbild.


(Beifall bei der LINKEN – Hartfrid Wolff [RemsMurr] [FDP]: Was soll das denn?)


– Ich wollte das nur einmal sagen. – Auch wenn wir
nicht jede Forderung teilen und jede Vorgehensweise für
empfehlenswert halten, erklären wir uns solidarisch.
Man muss sich einmal ausmalen, was Menschen in eine
solche Verzweiflung treibt, dass sie in einen Hunger-
streik treten. Das machen sie nicht aus Jux und Tollerei.
Das tun sie, um auf die unzumutbare Lage von Men-
schen in unserem hochentwickelten und nicht so armen
Land aufmerksam zu machen. Dafür bin ich ihnen dank-
bar. Auch das ist ein Grund dafür, warum meine Fraktion
noch einmal einen Antrag zur Abschaffung der Resi-
denzpflicht eingebracht hat. Somit können wir das
Thema im Ausschuss weiter bearbeiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Regierungskoalition hat ihre dafür Beauftragte im
Bundeskanzleramt angesiedelt. Auf diese deutliche Auf-
wertung ist diese immer stolz. Es wäre schön, wenn
diese Aufwertung praktische Konsequenzen hätte, in-
dem zum Beispiel einer Empfehlung, über die Abschaf-
fung der Residenzpflicht nachzudenken, ernsthaft ge-
folgt wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720322200

Der Kollege Reinhard Grindel hat nun für die Unions-

fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720322300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Wawzyniak, Sie haben es für notwendig erachtet,
die Vorrangregelung im Aufenthaltsrecht mit dem NPD-
Slogan „Arbeitsplätze nur für Deutsche“ zu vergleichen.
Sie wissen ganz genau, dass die Vorrangregelung für je-
den in Deutschland gilt, der eine rechtmäßige Arbeitser-
laubnis hat. Diese Vorrangregelung gilt zugunsten von
EU-Bürgern, sie gilt für Angehörige von Drittstaaten, sie
gilt für Bluecard-Inhaber. Was Sie gesagt haben, ist in
der Sache falsch, und der Stil war, was den NPD-Ver-
gleich angeht, unverschämt. Sie sollten das zurückneh-
men.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Schaffen Sie die Vorrangregelung ab!)


Das ist nicht zutreffend. Das ist eindeutig falsch. Dieje-
nigen, die sich auskennen, wissen das.

Sie haben heftig reagiert, als der Staatssekretär das
Thema Asylmissbrauch angesprochen hat. Gestern hat
sich die EU-Innenkommissarin, Frau Malmström, mit
den Innen- und Justizministern der Westbalkanländer ge-
troffen. Sie hat darauf hingewiesen, dass wir in der EU
in diesem Jahr 73 Prozent mehr Asylanträge haben als
im letzten Jahr.


(Mechthild Rawert [SPD]: Absolute Zahlen, bitte! Absolute Zahlen!)


Sie hat sich ausschließlich auf den Bereich Asylmiss-
brauch bezogen und diesen Hinweis verbunden mit der
Androhung, auf die Visafreiheit, etwa für Serbien, zu
verzichten. Ich bitte Sie, einfach einmal zur Kenntnis zu
nehmen, dass das auch in der EU-Kommission so gese-
hen wird.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dadurch wird es ja nicht besser!)


Wir müssen auch einen Blick auf das Umfeld werfen,
in dem die Debatte stattfindet. Wir haben in Deutschland





Reinhard Grindel


(A) (C)



(D)(B)


in diesem Jahr 60 000 Asylbewerber; das ist weit mehr
als in den letzten Jahren. Sie brauchen für eine erfolgrei-
che Integrationspolitik auch die Aufnahmebereitschaft
der heimischen Bevölkerung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich sage Ihnen: Wenn wir weiter eine ungesteuerte Zu-
wanderung haben – das ist das, wofür Sie hier plädieren –,
dann versündigen wir uns an einer erfolgreichen Integra-
tionspolitik. Das ist der Sachverhalt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Kornelia Möller [DIE LINKE]: Pfui! – Thomas Oppermann [SPD]: Sie sind doch in der Regierung! Sie tragen die Verantwortung! Mit dem Finger auf andere zeigen!)


– Herr Oppermann, wenn man in Hintergrundgesprä-
chen immer wieder deutlich macht, dass man Innen-
minister werden will, dann muss man sich mit der Sache
schon ein bisschen vertraut machen.

Ich will Ihnen den Sinn der Residenzpflicht erklären.
Die Residenzpflicht ist keine Schikane; mit der Resi-
denzpflicht wird vor allen Dingen das Ziel der Lastentei-
lung verfolgt.


(Rüdiger Veit [SPD]: Lesen Sie unseren Antrag!)


Ich will Ihnen eines offen sagen: Die Kommunen, die
sich im Augenblick an den Bund wenden und sagen:
„Wir bekommen das mit den Unterbringungsmöglich-
keiten nicht mehr hin“, liegen vor allen Dingen in Ba-
den-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, und diese
werden von Rot und Grün regiert. Wenn von Rot und
Grün geführte Kommunen vor Ort, wo die Probleme
groß sind, sagen: „Der Bund soll das lösen“, können
SPD und Grüne auf Bundesebene doch nicht die Ab-
schaffung der Residenzpflicht fordern; denn das würde
für noch viel größere Unterbringungsprobleme sorgen.
Das geht nun wirklich nicht. Diese Art von Doppelzün-
gigkeit ist nicht in Ordnung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch überhaupt nicht! – Mechthild Rawert [SPD]: Sie schüren Fremdenhass! Vorsicht!)


Die Flüchtlinge haben auch kürzere Verfahren gefor-
dert. Kurze Verfahren setzen voraus, dass der Flüchtling
greifbar ist, wenn man Rückfragen hat.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sonntags? Feiertags?)


Das ist einfach nicht möglich, wenn er sich im Grunde
genommen anmelden kann, wo er will, und die Auslän-
derbehörde erst einmal ausfindig machen muss, wo er
sich gerade aufhält. Kurze Verfahren und Aufhebung der
Residenzpflicht – das lässt sich nicht miteinander verein-
baren.

Natürlich hat die Residenzpflicht auch den Zweck
– das hat der Staatssekretär zu Recht festgehalten –, dass
diejenigen, die sich zu Unrecht auf das Asylrecht beru-

fen, erfolgreich in ihre Heimatländer zurückgeführt wer-
den können. Eine Politik nach dem Motto „Wer das
Recht hat, in Deutschland zu leben, bleibt hier, und wer
kein Recht hat, in Deutschland zu leben, bleibt auch
hier“ wird die Bevölkerung nicht mitmachen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer fordert das denn?)


Das führt zu einem Klima, in dem erfolgreiche Integra-
tionspolitik zum Scheitern verurteilt ist. So wird sie
nicht gelingen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Voraussetzung für eine er-
folgreiche Steuerung der Zuwanderung ist – das ist auch
Voraussetzung für die Vermeidung eines solchen Miss-
brauchs des Asylrechts, wie wir ihn zurzeit erleben –,
dass wir innerhalb der EU ein einheitliches rechtliches
Verfahren zur Anerkennung von Asylbewerbern haben.
Ferner müssen wir dahin kommen, dass das Niveau der
sozialen Leistungen in etwa gleich ist. Insofern ist es
richtig, dass sich die EU-Innenminister hinsichtlich der
Möglichkeit, in Deutschland bzw. in der EU zu arbeiten,
auf ein neunmonatiges Arbeitsverbot, nach dem man tä-
tig werden kann, verständigt haben.

Ich sage es noch einmal: Wir müssen angesichts von
60 000 Asylbewerbern, die in diesem Jahr nach Deutsch-
land gekommen sind, darauf achten, dass es nicht zu
weiteren Pull-Effekten kommt. Wir dürfen in der Tat
keine Signale aussenden, dass es gerade jetzt großen
Sinn macht, nach Deutschland zu kommen. Wir müssen
dafür sorgen, dass diejenigen Schutz finden, die tatsäch-
lich verfolgt werden, und diejenigen in ihrer Heimat ihr
Glück machen können, die aus sozialen und wirtschaftli-
chen Gründen zu uns kommen. Das sind eine kluge Inte-
grations- und auch eine kluge Entwicklungspolitik. Dazu
bekennen wir uns.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1720322400

Das Wort hat der Kollege Rüdiger Veit für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720322500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren Kollegen! Auch ein Willkommen an die Zu-
schauer! Ich war zunächst ganz froh, dass die Linkspar-
tei für heute eine Aktuelle Stunde beantragt hat, um hier
im Parlament über die Forderungen der Flüchtlinge auf
dem Pariser Platz zu sprechen – Prinzip: kurze Wege. Ich
teile allerdings nicht die Wortwahl und auch nicht jede
Ihrer Forderungen, Frau Kollegin. Da ich gerade beim
Loben bin, will ich auch sagen, dass ich Frau Staatsmi-
nisterin Böhmer und Frau Senatorin Dilek Kolat ganz
herzlich dankbar dafür bin, dass sie mit den Flüchtlingen
die Probleme besprochen haben, dass sie die Forderun-
gen entgegengenommen haben und dass sie erreicht ha-
ben, dass der Hungerstreik abgebrochen worden ist. Vie-
len Dank!





Rüdiger Veit


(A) (C)



(D)(B)



(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich war heute Vormittag eigentlich noch relativ guten
Mutes und habe in der Sitzung des Innenausschusses da-
rum gebeten, die Beratung unseres SPD-Antrags zur Ab-
schaffung der Residenzpflicht zu vertagen, weil ich der
Hoffnung war – ich tue mich schwer, diese Hoffnung
aufrechtzuerhalten –, dass sich auch bei Schwarz-Gelb
etwas bewegt. Ich würde mir – auch im Sinne des Bei-
trags des Kollegen Winkler – wünschen, dem Gewicht
von Frau Staatsministerin Böhmer würde Rechnung ge-
tragen und ihre Vorschläge würden in der schwarz-gel-
ben Koalition Berücksichtigung finden. Aber diesen Op-
timismus habe ich nach den Redebeiträgen der Kollegen
Wolff und Grindel verloren.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Man kann nicht alles haben!)


Ich will mich den drei Forderungen zuwenden, die die
Flüchtlinge im Einzelnen vorgetragen haben.

Erstens: möglichst baldige Arbeitsaufnahme. Ich erin-
nere mich dunkel an einen Vorschlag des damaligen bay-
erischen Innenministers Günther Beckstein und unseres
Innenministers Otto Schily, die gesagt haben: Klar,
Asylbewerber und Geduldete sollen möglichst schon
nach sechs Monaten arbeiten. – Das ist nicht überall auf
Begeisterung gestoßen; aber eigentlich müsste dieser
Vorschlag Ihnen auch aufgrund dieser personellen Alli-
anz relativ nahe liegen. Mit diesem Vorschlag sollten Sie
sich eigentlich nicht so schwertun.

Zweitens: Residenzpflicht. Ich höre wieder und wie-
der, man müsse die Leute im Verfahren erreichen, sonst
dauere es zu lange, und man müsse sie erreichen, wenn
man sie abschieben will, sonst würde man sie nicht fin-
den. Das ist doch alles praxisfern. Wenn ich, um die Las-
ten gleichmäßig zu verteilen – das wollen auch wir –,
den Betreffenden einen Wohnort zuweise, an dem sie
sich mit ihren Familien regulär aufhalten, kann ich ihnen
dort auch ein behördliches Schriftstück zustellen. Wer
sich nicht abschieben lassen will, auch nicht unter An-
wendung unmittelbaren Zwanges, den treffe ich weder
unter seiner gemeldeten Adresse an noch im Asylbewer-
berheim, der ist dann weg. Insofern ist das alles praxis-
fremd.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dann kann man ja das Buch ganz zuklappen und gar nicht mehr abschieben!)


Drittens: Asylbewerberleistungsgesetz. Ich darf Ihnen
da vielleicht mit einigen persönlichen Erfahrungen die-
nen, die ich in meiner früheren Funktion gemacht habe.
Ich will aber zuerst auf einen anderen Punkt in diesem
Zusammenhang zu sprechen kommen. Ich finde es wirk-
lich schlimm, dass Sie heute so diskutieren, als hätten
wir Asylbewerber- und Spätaussiedlerzahlen der Jahre
1990, 1991 und 1992.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Damals sind in manchem Jahr fast 1 Million Menschen
neu zu uns gekommen. Jetzt reden wir über ein Zwan-
zigstel dieser Zahl. Ich finde es geradezu absurd, wenn
Kommunalpolitiker,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das sind doch Ihre Genossen!)


egal welcher Couleur – es mögen auch Parteifreunde von
mir dabei sein –, sich hinstellen und sagen: Diese Belas-
tung ist nicht verkraftbar. – Ich sage Ihnen: Selbstver-
ständlich ist diese Belastung verkraftbar. Sie ist für unser
Land, für die Gesellschaft und auch für die Kommunen
problemlos verkraftbar; ich komme auf das Beispiel
gleich noch einmal zurück. Ich finde das unerträglich
und wirklich absurd.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Alexander Süßmair [DIE LINKE])


Ich war von 1985 bis 1998 Landrat in Gießen. Kol-
lege Grindel weiß das; er hat sich dort schon einmal über
mich erkundigt, wie ich neulich gehört habe. Unter ande-
rem war ich für die Unterbringung von Flüchtlingen,
Spätaussiedlern und Übersiedlern zuständig, wobei die
Stadt Gießen als zentrale Aufnahmestelle des Landes
Hessen und als Notaufnahmelager in besonderer Weise
Fluchtpunkt gewesen ist. Ich darf Ihnen sagen: Ich hatte
über all die Jahre hinweg auch konkret mit der Frage der
Unterbringung und Versorgung dieser Zuwanderungsbe-
wegung in der von mir schon geschilderten Größenord-
nung zu tun. Dank vernünftiger Politik und dank der Un-
terstützung durch die Zivilgesellschaft und aller
Bürgermeister, egal welcher Couleur, haben wir das hin-
bekommen, übrigens ohne einen einzigen fremdenfeind-
lichen Anschlag.

Ich will Ihnen eine weitere Erfahrung schildern. Als
ich 1985 ins Amt kam, habe ich das Elend in den Ge-
meinschaftsunterkünften gesehen und sie sofort schlie-
ßen lassen. Wir sind damals dazu übergegangen – rech-
nen Sie einmal nach, wie lange das schon her ist; es sind
27 Jahre –, die Leute, soweit noch nicht geschehen, in
Häusern mit allenfalls 20, 30 Personen nur einer Ethnie
oder zwei bis drei Familien unterzubringen. Jetzt kommt
der entscheidende Punkt – vielleicht kann ich Sie we-
nigstens hier abholen –: Das Land Hessen hat bis Mitte
der 90er-Jahre die Kosten für die Unterbringung und Be-
treuung von Asylbewerberinnen und -bewerbern voll-
ständig erstattet, eins zu eins. Dann ist man zu einer Pau-
schalierung der Kosten übergegangen, pro Monat bzw.
Tag und Person. Jetzt kommt etwas, das vielleicht auch
Sie ein bisschen zu beeindrucken vermag: Durch diese
Pauschalierung hat die Kasse meines Kreises damals in
einer Größenordnung von etwas mehr als 1 Million
D-Mark profitiert. Unsere Verwaltungspraxis war näm-
lich nicht nur humaner und einfacher, sondern obendrein
billiger.

Ich kann nur an alle appellieren, die es nicht nur mit
den betroffenen Menschen gut meinen – mehrheitlich





Rüdiger Veit


(A) (C)



(D)(B)


tun wir das hoffentlich, übrigens auch außerhalb der Ko-
alition –, sondern auch die finanzielle Situation der Ge-
meinden im Blick haben, von der bisherigen Praxis des
Asylbewerberleistungsgesetzes Abstand zu nehmen, die
Menschen menschenwürdig unterzubringen und auf
diese Art und Weise sogar Kosten zu sparen und alte
Zöpfe wie die genannten Gesetze abzuschneiden. Das ist
nach wie vor mein dringender Appell an Sie.

Danke sehr.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1720322600

Das Wort hat der Kollege Pascal Kober für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720322700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Recht auf Asyl ist kein sozialpolitisches Beiwerk,
sondern ein Grundrecht, dem wir uns alle in diesem
Hause, wie ich glaube, verpflichtet fühlen. Wir sollten
uns dies gegenseitig nicht absprechen.

Lieber Kollege Josef Winkler, Sie haben die Regie-
rungskoalition eindrücklich kritisiert. Ich habe einmal
nachgeschaut: Sie sind bereits seit 2002 Mitglied dieses
Hauses. Sie müssen sich schon fragen lassen, was von all
dem, was Sie jetzt von unserer Regierung fordern und
einklagen, Sie damals bereit und in der Lage waren mit
Ihrem Koalitionspartner SPD umzusetzen. Sie, Herr
Ströbele – Sie haben sich an der Debatte ja vor allem
durch Zwischenrufe beteiligt –, waren 2002, wenn ich es
richtig in Erinnerung habe, stellvertretender Fraktions-
vorsitzender und für die Rechtspolitik Ihrer Fraktion zu-
ständig. Auch Sie müssen sich fragen lassen, was Sie da-
mals getan haben.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Zuwanderungsgesetz ist doch nicht unseretwegen im Vermittlungsausschuss gelandet!)


Diese Regierung hat konkrete Verbesserungen für Mi-
granten und im Hinblick auf eine offene Gesellschaft in
Deutschland auf den Weg gebracht; das hat der Kollege
Hartfrid Wolff bereits angesprochen. Auch was die Leis-
tungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angeht,
ist diese Regierung nicht untätig gewesen. Bundesminis-
terin Ursula von der Leyen hat verschiedene Runde Ti-
sche eingerichtet, um zusammen mit den Ländern und
im Dialog mit den Ländern eine gemeinsame Linie zu
finden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Richtig!)


Ich kann mich nicht erinnern, dass die grün-rote Landes-
regierung von Baden-Württemberg oder die rot-grüne
Landesregierung eines anderen Bundeslandes hier aufs
Tempo gedrückt hätten; das ist nicht richtig.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Sagen Sie doch mal etwas zu den Forderungen der Flüchtlinge!)


Sie sollten anerkennen, dass dies ein schwieriges Feld
ist, wir gemeinsam Lösungen finden müssen – insbeson-
dere natürlich die Regierungskoalition; es sind allerdings
noch Gespräche notwendig – und die Dinge ihre Zeit
brauchen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das Bundesverfassungsgericht hat sein Urteil gespro-
chen. Wir werden das Verfahren entsprechend den Vor-
gaben des Bundesverfassungsgerichts beschleunigen. In
Kürze wird die Bundesregierung zusammen mit den Ko-
alitionsfraktionen einen entsprechenden Gesetzentwurf
in den Bundestag einbringen, mit dem die Leistungen
des Asylbewerberleistungsgesetzes deutlich und spürbar
verbessert werden.

Für die FDP ist klar: Wir werden mit unserem Koali-
tionspartner auch darüber diskutieren, wie die Regelun-
gen zur Arbeitserlaubnis für Asylbewerber und Asylsu-
chende in unserem Land verbessert werden können. Auf
EU-Arbeitsebene ist bereits ein Zeitraum von neun Mo-
naten vereinbart worden.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)


Ich begrüße in diesem Zusammenhang ausdrücklich,
dass sich Staatsministerin Böhmer dahin gehend geäu-
ßert hat, dass sie sich einen kürzeren Zeitraum vorstellen
könnte. Das ist auch die Auffassung der FDP. Wir wer-
den hier gemeinsam eine Lösung finden und sie diesem
Hause rechtzeitig vorlegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann?)


Wenn wir über Asylsuchende und Flüchtlinge spre-
chen, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf man nicht
vergessen, dass das eigentliche Ziel ist, dass kein
Mensch auf dieser Welt sein Heimatland verlassen und
woanders Asyl beantragen muss. Es ist immer nur die
zweitbeste Lösung, wenn jemand Asyl suchen muss.
Auch in diesem Bereich ist die Bundesregierung mit
deutlichen Verbesserungen vorangegangen: Wir haben
mit Dirk Niebel – ich sehe im Plenum auch den Kolle-
gen Hartwig Fischer –


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Gute Leute!)


Entscheidendes zur Verbesserung der Entwicklungszu-
sammenarbeit beigetragen. Beispielsweise – das wird
gerade aktuell diskutiert – haben das Auswärtige Amt
und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung eine Verantwortung für die
Verbesserung der Lebenssituation von Sinti und Roma
auf dem westlichen Balkan übernommen.


(Mechthild Rawert [SPD]: Was tut die Bundesregierung denn für Roma und Sinti?)


Auch im Nahen Osten – um eine weitere schwierige Re-
gion zu nennen – ist das Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aktiv ge-





Pascal Kober


(A) (C)



(D)(B)


worden. Wir fördern die wirtschaftliche Entwicklung in
der Region. Mit 52 Millionen Euro werden gezielt kleine
und mittlere Unternehmen gefördert. Mit weiteren Mil-
lionen fördern wir die Ausbildung junger Menschen. Mit
weiteren Millionen fördern wir die Demokratie in diesen
Ländern. Das alles sind Maßnahmen, die man, wenn
man über Flucht und Asyl und Migration redet, nicht
vergessen darf.

Die Bundesrepublik Deutschland nimmt ihre Verant-
wortung wahr, hier im Land wie weltweit. Das sollte an-
erkannt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1720322800

Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720322900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Gäste! Es freut mich ganz besonders, dass es uns gelun-
gen ist, dass Flüchtlinge dieser Debatte beiwohnen kön-
nen. – Ich begrüße Sie ganz herzlich.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, als damals der Asylkom-
promiss diskutiert wurde, gab es nicht wenige Politiker,
die ganz offen gesagt haben: Wir brauchen Gesetze, da-
mit Flüchtlinge davon abgeschreckt werden, nach
Deutschland zu kommen. – Man muss ganz klar sagen,
dass der Asylkompromiss, angefangen in dem Moment,
wo Flüchtlinge deutschen Boden betreten, viele Punkte
beinhaltet, die reine Schikane sind. Damit muss endlich
Schluss sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein Beispiel ist die Unterbringung in Sammellagern.
Die Sammellager sind häufig dort angesiedelt, wo kein
Mensch hinkommt, wo kein Mensch wohnt. Man kann
auch sagen: Sie sind ein leichtes Ziel für rassistische An-
griffe und Attacken; so etwas hat ja stattgefunden. Erst
vor einer Woche ist in Bayern, in Wörth, ein Asylheim
an vier Stellen angezündet worden. Zum Glück ist nie-
mandem etwas passiert. Ich meine, wir sollten alles tun,
damit solche Dinge wie Anfang der 90er-Jahre – bren-
nende Asylheime, Anschläge auf Migranten – nicht wie-
der passieren.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein weiteres Beispiel ist die Residenzpflicht. Herr
Grindel, Sie haben lang ausgeführt, dass die Residenz-
pflicht unbedingt nötig ist. Ich frage Sie: Warum ist
Deutschland das einzige Land in der EU, in dem es eine
Residenzpflicht gibt? Es gibt eine Meldepflicht, die
Flüchtlinge sind erreichbar. Eine Residenzpflicht ist völ-

lig überflüssig. Dass wir nach Jahrzehnten immer noch
eine Residenzpflicht haben, ist reine Schikane. Ich halte
das für einen Skandal.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bei der Debatte, die ich heute verfolgt habe, konnte
ich meinen Augen und Ohren nicht trauen. Vielleicht
sollte der Innenausschuss hin und wieder öffentlich ta-
gen, damit die Öffentlichkeit mitbekommt, was dort dis-
kutiert wird. Die Bundesregierung musste per Gerichts-
beschluss dazu gebracht werden, Flüchtlingen zum
ersten Mal seit zwanzig Jahren ein paar Euro mehr zu-
kommen zu lassen. Freiwillig haben Sie bisher nichts ge-
tan. Sie drücken sich um klare Ansagen, wie es mit dem
Asylbewerberleistungsgesetz weitergehen soll. Dieses
Gesetz gehört längst abgeschafft; denn es ist ein einziges
Ausgrenzungsgesetz.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zum Arbeitsverbot haben hier schon viele Kollegin-
nen und Kollegen etwas gesagt. Auch das ist ein riesiger
Skandal. Es geht hier ja zum einen um Asylsuchende,
vor allen Dingen geht es aber auch darum, dass auf der
einen Seite seit Jahren gefordert wird, sie sollen sich in-
tegrieren, während ihnen auf der anderen Seite alle mög-
lichen Verbote auferlegt werden. Wie soll das eigentlich
gehen?

Ich will ganz deutlich sagen: Rechtsstaatliche Min-
deststandards werden an zahlreichen Stellen durchlö-
chert. Einstweiliger Rechtsschutz gegen behördliche
Maßnahmen – übrigens ein wichtiger Schutz vor Behör-
denwillkür – gilt für Asylsuchende auf vielen Stufen des
Verfahrens nicht. Das muss geändert werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Schikanen – das muss hier auch ganz deutlich
gesagt werden – zermürben die Menschen. Die Evange-
lische Kirche in Deutschland sagt heute zum Beispiel
ganz klar – ich kann das hier nicht lang zitieren, weil ich
nicht so viel Zeit habe –: „Das Leben in Sammelunter-
künften macht psychisch und physisch krank“, und for-
dert ebenfalls die Abschaffung, weil es genügend Wohn-
raum gibt, in dem man Flüchtlinge unterbringen könnte.

Viele Betroffene empfinden das übrigens wie einen
Gefängnisaufenthalt, der sie an ihre Herkunftsstaaten er-
innert. Einige von ihnen verlieren angesichts dieser
Lebensumstände ihren Lebensmut. Dass es einen Selbst-
mord eines Iraners gegeben hat, Mohammad R., hat üb-
rigens die protestierenden Flüchtlinge dazu bewogen,
diesen Protestmarsch durchzuführen. Dieser Selbstmord
war der Auslöser für diese Proteste und leider auch das
Ergebnis dieser bürokratischen deutschen Asylpolitik.
Das muss man hier ganz deutlich feststellen.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: In Würzburg, in Bayern!)






Ulla Jelpke


(A) (C)



(D)(B)


Die Umsetzung des sogenannten Asylkompromisses
erfolgte damals in einem bemerkenswerten Klima. Herr
Grindel, Sprüche wie der von Herrn Stoiber, dass eine
durchmischte und durchrasste Gesellschaft zu befürch-
ten ist, Sätze wie der von Ihren Kollegen hier im Bun-
destag, wie zum Beispiel Norbert Geis: „Die Deutschen
haben ein Recht auf Widerstand gegen die Überfrem-
dung“, Ausdrücke auf Plakaten wie auf denen der CDU:
„Asylmissbrauch beenden“, usw. waren damals auch die
Stichworte für die Brandlegungen von Nazis und von
Rassisten in Asylheimen. Das muss man ganz deutlich
sagen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gewagte These!)


Anlässlich der Erinnerung an die Rostocker Pogrome
vor 20 Jahren ist gerade jetzt noch einmal daran erinnert
worden. Auch von vielen Ihrer Kollegen wurden schöne
Worte gefunden. Man hat aber nicht wirklich Konse-
quenzen daraus gezogen.

Jetzt hören wir im Grunde genommen ähnliche Sprü-
che wieder. Vom Bundesinnenministerium hören wir:
„Alle wollen in unser Sozialsystem hinein und daran
partizipieren; es wird Asylmissbrauch betrieben“ usw.,
anstatt die Verfolgungssituation von Roma und Sinti tat-
sächlich zu begreifen und in den Ländern zu helfen, die
Situation dort zu verändern.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Tun wir doch!)


Die Flüchtlinge kommen nicht hierher, weil sie unbe-
dingt in Deutschland leben wollen, sondern weil sie
wirklich Probleme haben. Sie sind zwar in der Tat auch
Armutsflüchtlinge, haben aber auch einen Anspruch auf
ein Asylverfahren. So ist es in unserem Land vorge-
schrieben. Deswegen fordere ich Sie auf: Hören Sie auf,
diese Ängste in der Bevölkerung mit solchen Parolen zu
schüren!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich war in der letzten Woche in Nordrhein-Westfalen
und bin dort durch Asylunterkünfte gegangen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wer regiert denn da, wo Sie da waren?)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720323000

Kollegin Jelpke, es tut mir leid, aber achten Sie bitte

auf das Signal.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720323100

Ich komme gleich zum Schluss. – Dort habe ich fest-

gestellt, dass die Bevölkerung durch solche Parolen ver-
ängstigt wird. Es werden dann Bürgerinitiativen gegen
die Flüchtlinge initiiert.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wer macht es denn? Die Bürgermeister!)


Das ist der Anfang vom Ende.

Wir sollten auf jeden Fall darauf achten, dass wir
nicht wieder eine neue Stimmung wie in den 90ern krie-
gen, als Asylheime brannten und Migranten angegriffen
wurden. Das wissen Sie auch ganz genau, Herr Grindel.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720323200

Für die Unionsfraktion hat der Kollege Michael

Frieser das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720323300

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und

Kolleginnen! Ich bitte dringend darum, dass man auch in
dieser Debatte rhetorisch etwas abrüstet und nicht so
martialisch spricht,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


und bin sehr dankbar dafür, dass ich hier an der Tafel
nicht das Wort „Sondergesetze“ lesen muss, wie es im
ursprünglichen Antrag der Linken gelautet hat.

Sie beschwören hier ein Bild herauf, das meines Er-
achtens genau dieser Panikmache und Angst Vorschub
leistet.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Die Realität!)


Ich glaube, dass es entscheidend ist, dass wir zu den ei-
gentlichen Wurzeln zurückkehren. Wir haben an dieser
Stelle die Pflicht, das Problem realistisch zu betrachten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Niemand will humanitäres Elend, will humanitäre
Notlage herunterreden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die entscheidende Frage ist, ob wir hier an der richtigen
Stelle und mit den richtigen Werkzeugen arbeiten. Es tut
mir leid, aber notwendig ist das pädagogische Prinzip
der Wiederholung. Ansonsten gerät es zu sehr aus dem
Blick.

Diese Regierung und diese Koalition haben dafür ge-
sorgt, dass genau das im Rahmen eines rechtsstaatlichen
Asylkompromisses sichergestellt ist. Herr Veit, der
Rechtsstaat ist kein alter Zopf. Menschen kommen hier-
her, weil sie sich auf diesen Rechtsstaat verlassen wollen
und weil es im Normalfall in diesem Rechtsstaat besser
funktioniert als an anderer Stelle. 2011 haben wir dafür
gesorgt, dass aus Gründen von Beschäftigung, von
Schule, von Ausbildung und Studium tatsächlich auch
die sogenannte und viel geschmähte Residenzpflicht an-
gegangen und aufgehoben und an dieser Stelle eine Aus-
nahme gemacht werden kann.

Deshalb muss ich, gerade was die Residenzpflicht an-
betrifft, noch einmal deutlich sagen: Natürlich kann man
sich auf der einen Seite, gerade in Deutschland, nicht im-
mer darauf berufen, dass es sich um einen föderalen





Michael Frieser


(A) (C)



(D)(B)


Staat handelt, und auf der anderen Seite, wenn es um die
Verteilung der Lasten auf die einzelnen Bundesländer
geht, sagen: An dieser Stelle interessiert uns das nicht. –
Entweder gilt das eine oder das andere.


(Beifall bei der CDU/CSU – Rüdiger Veit [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)


Ich will auch die Situation von Asylheimen nicht he-
runterreden. Es gibt ernste Situationen, keine Frage. Es
gibt absolut auch Nachbesserungsbedarf, keine Frage.
Herr Winkler, nichts für ungut. Aber jedes Asylbewer-
berheim in Bayern als ein Dreckloch zu bezeichnen, das
geht nicht nur zu weit, sondern das sollten Sie definitiv
zurücknehmen. Das ist der Lage nicht angemessen.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Ich kenne die! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es gibt viele!)


Asylbewerberheime sind Unterkünfte und Unterbrin-
gungsformen, die nicht auf Dauer angelegt sind. Das ist
ihr Zweck, das ist der Sinn des Ganzen; denn wir müssen
davon ausgehen, dass das Asylverfahren ohne Probleme
durchgeführt werden kann.

Deshalb noch einmal das Entscheidende: Die Resi-
denzpflicht hat den Sinn, die Erreichbarkeit der Adressa-
ten, die Erreichbarkeit derer, die sich in einem Antrags-
verfahren befinden, zu erhöhen.


(Rüdiger Veit [SPD]: Das geht auch anders, habe ich gerade erklärt! – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Schon einmal gehört, dass es Handys gibt?)


– Frau Wawzyniak, zu Ihnen komme ich noch.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Besser nicht!)


Im Ergebnis geht es darum: Man kann sich doch nicht
über die Länge eines Verfahrens mokieren und dann den-
jenigen, der das Ziel dieses Verfahrens ist, durch das ge-
samte Bundesgebiet ziehen lassen. Das widerspricht sich
definitiv. Denn das Einzige, was wirklich humanitär ist,
ist eine Verkürzung des Verfahrens. Das Einzige, was
wirklich humanitär ist, ist, Menschen eine Perspektive
zu geben, wenn klar ist, dass sie am Ende dieses Verfah-
rens nicht in diesem Land werden bleiben können. Das
ist humanitärer, das ist menschenrechtlicher Einsatz. Al-
les andere geht daneben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In Anbetracht der Zahlen, die auf uns zukommen,
geht es überhaupt nicht um Panikmache, sondern es geht
um Praktikabilität und auch darum, dass sich die wirk-
lich stöhnenden Kommunen organisatorisch darauf vor-
bereiten müssen. Deshalb kann ich auch an dieser Stelle
nur sagen: Es geht darum – ich hoffe, dass Sie das wirk-
lich nicht so gemeint haben –: Natürlich schauen die
Länder und diese Welt auf uns, um zu sehen, was wir ge-
rade beim Thema Asylverfahren machen. Nicht jeder
Einzelne packt seinen Rucksack wegen 50 Euro. Aber
wollen Sie allen Ernstes das Geschäft der Schleuser- und
Schlepperbanden betreiben, die genau darauf warten und

schauen, was in diesem Land zum Thema Asylverfahren
passiert?


(Mechthild Rawert [SPD]: Das ist eine bodenlose Frechheit!)


Sie kennen die gesamten Diskussionen, Sie kennen
auch die Zahlen der Zuwanderung aus Serbien und Ma-
zedonien, die wir im Augenblick haben. Sie kennen auch
die Zahlen über die Asylbewerberverfahren und wissen,
dass 99 Prozent keinerlei Aussicht auf Erfolg haben. In
diesem Zusammenhang den Innenminister als Verfas-
sungsfeind zu bezeichnen, halte ich für absolut haltlos
und muss ich in aller Deutlichkeit zurückweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Ist er! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Würde des Menschen, Artikel 1!)


Im Ergebnis läuft es darauf hinaus, dass derjenige, der
das Asylrecht in diesem Land wirklich ernst nehmen
will, auch derjenige ist, der Integrationspolitik in diesem
Land als Grundlage überhaupt erst möglich macht. Ich
will das nicht herunterreden, aber entscheidend ist doch,
dass diejenigen, die sich aus Flucht vor wirtschaftlicher
Problemlage auf den Weg machen, deutlich von denjeni-
gen unterschieden werden müssen, die Asyl suchen, weil
sie tatsächlich eine Bedrohung von Leben und Leib zu
befürchten haben. Nur wer diese beiden Gruppen unter-
scheidet, ist in der Lage, Integrationspolitik erfolgreich
und praktikabel zu organisieren, sodass wir zu einem ge-
deihlichen Miteinander kommen. Wer das nicht tut, wird
keiner der beiden Gruppen in irgendeiner Art und Weise
gerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1720323400

Das Wort hat die Kollegin Angelika Krüger-Leißner

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720323500

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Bilder sagen mehr als Worte.
Die derzeitigen Bilder von den Menschen vor dem Bran-
denburger Tor sprechen schon Bände. Meine Kollegin
Kolbe hat berichtet, wie dort Asylbewerber seit Tagen
ausharren, um mit ihrer Aktion gegen die restriktive
Asylpolitik in unserem Land zu protestieren.

Vorschläge für eine menschliche Asylpolitik liegen
schon seit vielen Jahren auf dem Tisch, ganz konkret die
Anträge der Oppositionsfraktionen aus dem Jahre 2010.
Aber die Bundesregierung bewegt sich nicht. Dabei ist
ganz offensichtlich, dass das deutsche Asylrecht mit sei-
nen Erschwernissen, seinen Einschränkungen, seinen
Sanktionen weit hinter der Zeit zurück ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Restriktionen wie die eingeschränkte Bewegungsfreiheit
lassen jedwede Menschlichkeit vermissen. In einer so
fortschrittlichen Demokratie wie unserer, in einem so





Angelika Krüger-Leißner


(A) (C)



(D)(B)


stark ausgeprägten Sozialstaat ist das für mich ein un-
haltbarer Zustand.

Noch schlimmer ist, dass das Bundesverfassungsge-
richt dieser Regierung am 18. Juli dieses Jahres beschei-
nigen musste, dass die Höhe der gewährten Leistungen
für Asylbewerber und Flüchtlinge verfassungswidrig ist.
Sie wurde aufgefordert, unverzüglich zu handeln. Bis
heute ist aber nichts passiert. Von Ihnen kamen nur An-
kündigungen, Herr Kober. Ich bin gespannt, wann Sie
sie einlösen.

Dabei hat das Bundesverfassungsgericht schon An-
fang 2010 in seiner Entscheidung darauf hingewiesen,
dass die Neuregelung der Regelsätze für den Bereich
SGB II auch Auswirkungen auf die Leistungen der Asyl-
bewerber und Flüchtlinge haben wird. Das heißt, Sie auf
der Regierungsbank haben mindestens zwei Jahre ge-
schlafen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wider besseres Wissen!)


Ich begrüße in diesem Zusammenhang übrigens die Ini-
tiative des Bundesrates, der mit Brandenburg an der
Spitze und Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ein-
fach sagt: Weg mit dem Asylbewerberleistungsgesetz!

In unserem Antrag „Mehr Bewegungsfreiheit für
Asylsuchende und Geduldete“, den wir hier im letzten
Jahr eingebracht haben, wird die Bundesregierung aufge-
fordert, endlich tätig zu werden. Wir wollen die räumliche
Beschränkung für Asylbewerber, die Residenzpflicht,
abschaffen. Wir wollen eine einheitliche gesetzliche
Neuregelung zugunsten der Asylsuchenden und Gedul-
deten in unserem Land. Bisher ist die Aufenthaltsgestat-
tung bei Asylbewerbern auf den Landkreis bzw. die
Stadt bezogen. Das führt bei vielen Betroffenen zu einer
starken Einschränkung der Bewegungsfreiheit und oft
auch zu sozialer Isolation. Das kann doch nicht länger
gewollt sein.

Die Bundesländer sind in dieser Beziehung – Gott sei
Dank, muss man sagen – bereits aktiv geworden. In star-
kem Kontrast zu Ihrer Untätigkeit stehen nämlich meh-
rere Länderinitiativen zur Lockerung der Residenz-
pflicht. Berlin und Brandenburg haben das übrigens
schon gemacht. Sie haben über Verordnungen geregelt,
dass sich Asylbewerber sowohl in dem einen als auch in
dem jeweils anderen Land bewegen können. Dennoch
gibt es in der Praxis aufgrund der oft sehr bürokratischen
und komplizierten Einzelregelungen Einschränkungen.
Wir wollen Bewegungsfreiheit unabhängig vom Ermes-
sen einzelner Behörden. Wir wollen Bewegungsfreiheit
ohne Gebühren und ohne strafrechtliche Sanktionen.

Die Residenzpflicht, über die wir heute debattieren,
gibt es innerhalb Europas bemerkenswerterweise nur
noch in Deutschland. Dieses Relikt aus dem Jahre 1982
findet sich in keinem anderen europäischen Land. Wir
haben eine ganz strikte Bewegungsbeschränkung, wie es
sie in keinem anderen Land gibt. Vor diesem Hinter-
grund empfinde ich die Haltung des Innenministeriums
als sehr beschämend.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie, Herr Dr. Schröder, haben das zum Ausdruck ge-
bracht: Sie halten an der Residenzpflicht fest, um damit,
wie Sie sagen, eine gleichmäßige Verteilung der mit der
Aufnahme von Asylbewerbern verbundenen Belastun-
gen auf die Länder und Kommunen zu erreichen. Sie
wollen damit sicherstellen, dass die Asylbewerber stets
erreichbar sind.

Lieber Herr Kollege Grindel, Sie haben das wieder-
holt, und auch der Kollege Frieser hat das gesagt. Um
das, was Sie wollen, sicherzustellen, reicht eine Wohn-
ortpflicht völlig aus. Das steht so in unserem Antrag. Der
Staat sollte weiterhin den Wohnort festlegen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Vielleicht fragen Sie einmal ein paar SPD-Kommunen!)


Ansonsten wird es zu einer deutlichen Mehrbelastung in
den Ballungsräumen und den Metropolen in unserem
Land kommen. Das wollen wir nicht.


(Michael Frieser [CDU/CSU]: Wie machen Sie es dann?)


Abschließend möchte ich auf die Demonstranten am
Brandenburger Tor zurückkommen.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1720323600

Kollegin Krüger-Leißner, tun Sie das bitte mit Ihrem

letzten Satz.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720323700

Ja. – Vielleicht geben diese Demonstranten Ihnen den

Anstoß, sich zu bewegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie diese
Aktuelle Stunde zum Anlass, um zu handeln! Ihre Igno-
ranz gegenüber notwendigen Änderungen der Asylge-
setze ist unerträglich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Folgen Sie unseren Vorschlägen! Das wäre ein erster
Schritt hin zu einer humaneren Asylbewerber- und
Flüchtlingspolitik. Wie gesagt, ein erster Schritt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1720323800

Das Wort hat der Kollege Dr. Peter Tauber für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720323900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen!

Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
glaube, dass es wichtig ist, noch einmal deutlich zu ma-
chen, dass wir alle hier in diesem Hohen Hause der Mei-
nung sind, dass das Grundrecht auf Asyl eines der we-





Dr. Peter Tauber


(A) (C)



(D)(B)


sentlichen Grundrechte des Grundgesetzes ist. Natürlich
sollen sich auch in Zukunft Menschen, die aus rassischen,
religiösen oder politischen Gründen verfolgt werden, in
Deutschland auf das Asylrecht berufen können. Meine
Damen und Herren, Sie werden aber nicht umhinkom-
men, zuzugeben, dass es immer wieder Menschen gibt,
die sich zu Unrecht auf das Recht auf Asyl berufen.

Mich stört an der bisherigen Debatte auch, dass man-
che Redner der Opposition den Eindruck erwecken, dass
die Situation in Deutschland für Flüchtlinge und Asyl-
bewerber fast schlimmer sei als die in ihren Heimat-
ländern. Das können wir so nicht stehen lassen. Lieber
Herr Kollege Winkler, wenn Sie solche Fälle, die Sie
beschrieben haben, in den Kommunen kennen, dass
Flüchtlinge und Asylbewerber unter unzumutbaren Be-
dingungen hausen, dann sollten Sie sie benennen und
vor Ort Druck auf Landräte und Bürgermeister ausüben.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich in der Zeitung gelesen!)


Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es viele Bürger-
meister und Landräte gibt, die sich dieser Aufgabe vor-
bildlich annehmen und sich große Mühe geben, men-
schenwürdige Rahmenbedingungen für Flüchtlinge in
Deutschland zu schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Mir gefällt an dieser Debatte nicht, dass Sie erneut ein
Schwarz-Weiß-Bild malen, das der Wirklichkeit nicht
gerecht wird.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss auch auf Missstände hinweisen dürfen!)


Mein Landkreis wird von einem sozialdemokratischen
Landrat geführt. Er macht das gut. Ein Nachbarland-
kreis, ebenfalls von einem Sozialdemokraten geführt,
steht in Hessen in dem Ruf, auf eine Art und Weise zu
agieren, die von allen Flüchtlingsorganisationen auf das
Heftigste kritisiert wird. Es kommt also auf die Situation
vor Ort an. Sie hat oft nichts mit dem Parteibuch zu tun.
Man muss sich die Situation und die Rahmenbedingun-
gen vor Ort anschauen. Wenn etwas nicht in Ordnung ist,
kann man es benennen. Es geht aber nicht, hier ein Zerr-
bild von der Wirklichkeit zu zeichnen und am Ende den
Eindruck zu erwecken, dass es Flüchtlingen in ihren
Heimatländern vielleicht besser gehen würde als hier in
Deutschland. Das kann man so nicht stehen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Genauso wenig kann man den von Ihnen erweckten
Eindruck stehen lassen, dass das Sachleistungsprinzip
und die Residenzpflicht menschenrechtswidrig seien.
Beides ist vom Verfassungsgericht in seinem Urteil nicht
infrage gestellt worden; das darf man nicht vergessen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben sich gar nicht dazu geäußert! – Rüdiger Veit [SPD]: Überflüssig ist es jedenfalls!)


Warum ist das Sachleistungsprinzip damals eingeführt
worden? Es wurde eingeführt, weil man festgestellt hat,
dass die Auszahlungen in bar bei vielen Familien, die
nach Deutschland kamen, nicht ankamen, weil das Geld
an die Schlepperbanden ging.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das war nie die Idee!)


Dieses Prinzip ist also nicht als Repressionsinstrument
gegenüber den Flüchtlingen gedacht, sondern dient dazu,
den Schlepperbanden das Handwerk zu legen. Diese
Seite der Medaille blenden Sie völlig aus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dasselbe gilt für die Residenzpflicht. Natürlich mag
sie im Einzelfall unangenehm sein. Aber wir verlangen
im SGB II auch von deutschen Sozialhilfeempfängern,
erreichbar zu sein


(Rüdiger Veit [SPD]: Das bestreitet niemand! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die sollen ja nicht untertauchen!)


und sich jederzeit zum Beispiel bei Behörden zu melden.
Auch hier gilt: Lassen Sie uns den Einzelfall betrachten.
Dort, wo man die Residenzpflicht lockern oder abschaf-
fen kann, kann man das tun; das machen auch einzelne
Länder.


(Rüdiger Veit [SPD]: Zehn, auch Niedersachsen übrigens!)


Aber dort, wo diese Pflicht – auch aus verwaltungstech-
nischen Gründen – sinnvoll ist, sollte man daran festhal-
ten.

Jetzt habe ich mir, weil ich diesem Hohen Hause erst
seit 2009 angehöre, mich aber schon 1991, 1992 und
1993 kommunalpolitisch engagiert habe – das war der
Höhepunkt der Asyldebatte in Deutschland –, die Mühe
gemacht, mir anzuschauen, was hier in diesem Hohen
Hause damals diskutiert worden ist. Ich habe drei Zitate
mitgebracht – die möchte ich Ihnen gerne vorlesen –, die
ich mir – das sage vorab – nicht in jeder Formulierung
zu eigen machen möchte, die ich aber bedenkenswert
finde, weil sie ein schönes Schlaglicht auf die Debatte
heute werfen.

Als Erstes zitiere ich die damalige Bundesministerin
Hannelore Rönsch. Sie hat damals gesagt:

Ich habe großes Verständnis dafür, daß Asylbewer-
ber in der Bundesrepublik Deutschland einen Aus-
weg aus der Armut zu Hause suchen. Sie verspre-
chen sich bei uns im Land ein Leben ohne den
täglichen materiellen Überlebenskampf. Wir alle
müssen Verständnis dafür haben. … Wir können die
Armutsprobleme dieser Welt nicht allein bei uns in
der Bundesrepublik Deutschland lösen. Ich denke,
daß es wichtiger ist, daß wir die Anstrengungen
verstärken, damit diese Menschen in ihren Heimat-
ländern unter guten Bedingungen leben können.

Das zweite Zitat ist von dem Kollegen Wiefelspütz,
Sozialdemokrat. Er hat damals in der Debatte gesagt –





Dr. Peter Tauber


(A) (C)



(D)(B)


dies würde ich auf jeden Fall so nicht formulieren wol-
len, weder damals noch heute,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann lassen Sie es doch!)


aber es ist ganz spannend, es noch einmal zu hören –:

Das Problem ist die ungesteuerte, gegenwärtig zu
massive Einwanderung nach Deutschland. Es ist
nicht nur das Recht der Politik, es ist die Pflicht der
Politik, die Zuwanderung nach Deutschland zu
reduzieren, sie steuerbar zu machen und dabei die
– durchaus beachtliche – Aufnahme- und Integra-
tionskraft der deutschen Gesellschaft nicht zu über-
schätzen.

Das hat ein Kollege aus Ihrer Fraktion gesagt.

Den schönsten Satz stelle ich an den Schluss der De-
batte. Auch der ist von einem Sozialdemokraten, und
den unterschreibe ich voll und ganz. Der Kollege
Wartenberg hat damals in der Debatte gesagt:

Die Asyldiskussion in der Bundesrepublik Deutsch-
land ist traditionell schrill. Moralische Grundposi-
tionen, pragmatisches Handeln, Übertreibung und
Demagogie stehen häufig unvermittelt nebeneinan-
der. Die schrillen Auseinandersetzungen sind häu-

fig genug nicht nur auf der Ebene der Politik zu fin-
den, sondern auch in der veröffentlichten Meinung.
Diese Form der Diskussion in der Bundesrepublik
Deutschland hat häufig genug den Blick für die
Realitäten verstellt.

Genau diesen Blick brauchen wir aber, damit wir den
Ansprüchen von Asylbewerbern und Flüchtlingen ge-
recht werden. Deswegen: Rüsten Sie ein bisschen ab,
lassen Sie die Hysterie in der Diskussion, und dann kom-
men wir auch zu guten Lösungen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1720324000

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 8. November
2012, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1720324100