Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24655
(A) (C)
(D)(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-
lung des Europarates
** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung der OSZE
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksa-
che 17/11282, Frage 3):
Welche finanziellen Spielräume bzw. noch nicht belegten
Mittel sind auf Grundlage des Paktes für Forschung und Inno-
vation nach Äußerungen von Bundesministerin Dr. Annette
Schavan in der 103. Sitzung des Haushaltsausschusses des
Deutschen Bundestages, wonach die geplante Kooperation
zwischen MDC und Charité in Berlin in den kommenden Jah-
ren aus dem Etat der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher For-
schungszentren e. V., HGF, finanziert werden soll, jeweils bei
der HGF, der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der an-
gewandten Forschung e. V., FhG, und der Max-Planck-Gesell-
schaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., MPG – unter
Angabe der prognostizierten Einnahmeverluste bei der FhG
aufgrund der von der Bundesregierung vereinbarten neuen
Beteiligungsregeln bei dem EU-Programm „Horizon 2020“,
die nicht mehr die Vollkosten umfassen –, in 2013 und im
Zeitraum bis 2015 noch vorhanden, und in welchem Umfang
sind in 2013 und im Zeitraum bis 2015 bei HGF, FhG und
MPG Gelder für die bauliche Sanierung von Instituten – unter
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Altmaier, Peter CDU/CSU 07.11.2012
Bartol, Sören SPD 07.11.2012
Becker, Dirk SPD 07.11.2012
Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
07.11.2012
Bülow, Marco SPD 07.11.2012
Daub, Helga FDP 07.11.2012**
Dittrich, Heidrun DIE LINKE 07.11.2012
Dobrindt, Alexander CDU/CSU 07.11.2012
Dörflinger, Thomas CDU/CSU 07.11.2012
Freitag, Dagmar SPD 07.11.2012
Funk, Alexander CDU/CSU 07.11.2012
Gabriel, Sigmar SPD 07.11.2012
Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
07.11.2012
Griese, Kerstin SPD 07.11.2012
Gröhe, Hermann CDU/CSU 07.11.2012
Humme, Christel SPD 07.11.2012
Hunko, Andrej DIE LINKE 07.11.2012*
Dr. Jochimsen, Lukrezia DIE LINKE 07.11.2012
Kammer, Hans-Werner CDU/CSU 07.11.2012
Kampeter, Steffen CDU/CSU 07.11.2012
Klimke, Jürgen CDU/CSU 07.11.2012**
Koschyk, Hartmut CDU/CSU 07.11.2012
Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
07.11.2012
Laurischk, Sibylle FDP 07.11.2012
Dr. Lauterbach, Karl SPD 07.11.2012
Leutheusser-
Schnarrenberger, Sabine
FDP 07.11.2012
Meinhardt, Patrick FDP 07.11.2012
Nahles, Andrea SPD 07.11.2012
Nietan, Dietmar SPD 07.11.2012
Nink, Manfred SPD 07.11.2012
Pawelski, Rita CDU/CSU 07.11.2012
Dr. Ratjen-Damerau,
Christiane
FDP 07.11.2012
Dr. Reimann, Carola SPD 07.11.2012
Schmidt (Eisleben),
Silvia
SPD 07.11.2012
Strothmann, Lena CDU/CSU 07.11.2012
Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 07.11.2012
Dr. Westerwelle, Guido FDP 07.11.2012
Ziegler, Dagmar SPD 07.11.2012
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Anlagen
24656 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
Angabe des jeweiligen baulichen Sanierungsbedarfs – vorge-
sehen?
Bei der Helmholtz-Gemeinschaft e. V., HGF, der
Fraunhofer-Gesellschaft e. V., FhG, und der Max-Planck-
Gesellschaft e. V., MPG, werden deren Mittel jeweils
vollständig für ihre jeweiligen Forschungsaufgaben be-
nötigt; freie Mittel stehen nicht zur Verfügung. Dank der
Wissenschaftsfreiheitsinitiative verfügen diese Einrich-
tungen jedoch über ein hohes Maß an Flexibilität beim
Einsatz ihrer Mittel. In diesem Rahmen unterstützt die
HGF die Zusammenführung von Max-Delbrück-Cen-
trum, MDC, und Charité für einen Übergangszeitraum.
Da die Verhandlungen über die Beteiligungsregeln für
das EU-Programm „Horizont 2020“ noch nicht abge-
schlossen sind, ist derzeit keine Aussage über Einnah-
meverluste oder -zugewinne der FhG möglich.
Bei der Fraunhofer-Gesellschaft fallen in den Jahren
2013 bis 2015 Kosten für die bauliche Sanierung von
Instituten in Höhe von circa 40 Millionen Euro jährlich
an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine trennscharfe
Differenzierung zum Beispiel zu Erweiterungsbaumaß-
nahmen oder Umbaumaßnahmen infolge von fachlicher
Neuausrichtung von Instituten nicht zu leisten ist.
Für die HGF sind im Folgenden die derzeitigen Pla-
nungsansätze für Sanierungsmaßnahmen größer 2,5 Mil-
lionen Euro mit ihrem jeweiligen Bundesanteil, 90 Pro-
zent, dargestellt – jeweils gerundet; nicht enthalten sind
Sanierungsmaßnahmen jeweils kleiner als 2,5 Millionen
Euro –: für 2013: 22 Millionen Euro; für 2014: 11 Mil-
lionen Euro; für 2015: 7 Millionen Euro.
Bei der MPG fallen in den Jahren 2013 bis 2015 Kos-
ten für die bauliche Sanierung von Instituten in Höhe
von circa 50 bis 60 Millionen Euro jährlich an.
Die Verhandlungen über die Beteiligungsregeln für
das EU-Programm „Horizont 2020“ sind noch nicht ab-
geschlossen. Demnächst befasst sich das Europäische
Parlament damit.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 4):
Welche Position – unter Angabe des Zeitplans der Beratung
und der beabsichtigten Veranschlagung im Bundesetat – vertritt
die Bundesregierung hinsichtlich des EU-Nachtragshaushalts
2012, der nach dem Willen der Europäischen Kommission rund
8,9 Milliarden Euro unter anderem zur weiteren Finanzierung
des Studierendenaustauschprogramms Erasmus in diesem Jahr
umfassen soll, und inwiefern unterstützt die Bundesregierung
den jüngsten Vorschlag der zypriotischen EU-Ratspräsident-
schaft für den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU, MFR, für
2014 bis 2020, der den Vorschlag der Europäischen Kommis-
sion im Bereich 1 a, der Wettbewerbsfähigkeit, Bildung, For-
schung und Erasmus beinhaltet, nach der Bereinigung um die
neu hineingenommenen Ausgaben für CEF, ITER und GMES
um mehr als 10 Prozent kürzt, auch vor dem Hintergrund der
im Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung ge-
machten Zusage, dass sich die Bundesregierung in den Ver-
handlungen dafür einsetzen werde, „dass der EU-Haushalt auf
wachstums- und beschäftigungsfördernde Investitionen aus-
gerichtet wird“, welches bedeute, „dass es nicht zu Kürzungen
zulasten von Investitionen in den Struktur- und Kohäsions-
fonds sowie im Europäischen Sozialfonds kommen soll“?
Aufgrund des engen Zusammenhangs zum EU-Haushalt
2013 soll über den Berichtigungshaushalt Nr. 6/2012 im
Rahmen des am 26. Oktober 2012 angelaufenen Vermitt-
lungsverfahrens zur Aufstellung des EU-Haushaltes
2013 entschieden werden. Das Vermittlungsverfahren, in
welchem Rat und Europäisches Parlament eine Einigung
zum jährlichen Haushalt anstreben, soll mit dem Ecofin,
Budget, am 9. November 2012 erfolgreich abgeschlos-
sen werden.
Vor dem Hintergrund der sich vor allem als Folge der
Staatsschuldenkrise ergebenden Konsolidierungserfor-
dernisse hat die Bundesregierung ein großes Interesse
daran, die sich für den Bundeshaushalt aus dem Berichti-
gungshaushalt Nr. 6/2012 ergebenden zusätzlichen Be-
lastungen möglichst gering zu halten. Die Bundesregie-
rung wird sich deshalb gemeinsam mit den anderen
Nettozahlern so weit wie möglich für Umschichtungen
einsetzen. Die konkreten Auswirkungen auf den Bun-
deshaushalt werden sich erst nach Abschluss der Ver-
handlungen von Rat und Europäischem Parlament ab-
schätzen lassen.
Deutschland tritt dafür ein, die Ausgaben aus dem
nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen, MFR, der EU auf
1 Prozent des EU-BNE zu begrenzen. Dazu haben alle
Rubriken beizutragen. Aus der 1-Prozent-Forderung er-
geben sich notwendige Kürzungen des Kommissions-
vorschlags für Instrumente in- und außerhalb des MFR
in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro. Die Präsi-
dentschaft schlägt nur Kürzungen um 53 Milliarden
Euro vor. Es sind daher weitere Kürzungen notwendig.
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
des Abgeordneten Rene Röspel (SPD) (Drucksache
17/11282, Frage 5):
Wie stellt sich die Bundesregierung – wie von der Bundes-
ministerin Dr. Annette Schavan in der FAZ vom 31. Oktober
2012 öffentlich dargelegt – künftig die konkrete Ausgestal-
tung von vereinfachten Prozessen und Verfahrensabläufen im
Rahmen des künftigen EU-Forschungsrahmenprogramms
„Horizon 2020“ vor?
Für das kommende Rahmenprogramm für Forschung
und Innovation „Horizont 2020“, 2014 bis 2020, einig-
ten sich die Mitgliedstaaten im Wettbewerbsfähigkeitsrat
am 10. Oktober 2012 auf eine starke Vereinfachung der
Förderbedingungen und eine deutliche Verminderung
des administrativen Aufwands.
Die im 7. Forschungsrahmenprogramm, FRP, admi-
nistrativ aufwendige Anerkennung der indirekten Pro-
jektkosten und die Anwendung aktivitäts- und teilneh-
merspezifisch ausdifferenzierter Förderquoten soll ersetzt
werden durch eine Pauschale, die sich wie folgt berech-
net: Es werden 100 Prozent der direkten Projektkosten
sowie eine 25-Prozent-Pauschale darauf für die indirek-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24657
(A) (C)
(D)(B)
ten Kosten erstattet. Bei marktnahen Projekten ist statt
100 Prozent eine 70-Prozent-Quote geplant, davon sind
jedoch die „non-profit legal entities“ – weiterhin bis zu
100 Prozent Erstattung – ausgenommen. Zudem trägt die
Anerkennung der Mehrwertsteuer zur Vereinfachung
bei. Dies lässt vereinfachte Prozesse und verkürzte Ver-
fahrensabläufe erwarten.
Die Verhandlungen über die Beteiligungsregeln für
das EU-Programm „Horizont 2020“ sind noch nicht ab-
geschlossen. Demnächst befasst sich das Europäische
Parlament damit.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf)
(SPD) (Drucksache 17/11282, Frage 10):
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus
der bisherigen Resonanz und der mit rund 270 Anerkennun-
gen aus Sicht der Fragestellerin eher geringen Erfolgsquote
bei Anerkennungsverfahren nach dem Berufsqualifikations-
feststellungsgesetz?
Eine erste Vollerhebung zum Vollzug des Anerken-
nungsgesetzes des Bundes wird von den Statistischen
Ämtern des Bundes und der Länder Anfang 2013 durch-
geführt. Erste repräsentative Daten werden daher nicht
vor Mitte 2013 vorliegen. Bisher liegen ausschließlich
selektive Vollzugsdaten aus einzelnen Berufsbereichen
sowie aus dem Bundesland Hamburg vor, die keine ge-
neralisierten Schlussfolgerungen zum Vollzug des Aner-
kennungsgesetzes zulassen.
Die zitierte Zahl von rund 270 Anerkennungen be-
zieht sich offenbar auf die positiven Anerkennungsbe-
scheide im Bereich der IHK-Berufe, die von der zustän-
digen Zentralstelle IHK Fosa bis zum 24. Oktober 2012
ausgestellt wurden, und damit nur auf einen kleineren
Teil der Berufe, die vom Anerkennungsgesetz umfasst
sind. Da das Gros der Anerkennungsinteressierten je-
doch nach Rückmeldung aus der Beratung, dem Aner-
kennungsportal und der Anerkennungshotline über einen
reglementierten Beruf verfügt (Ärzte, Krankenschwes-
tern etc.) und für diese Berufe – für die der Vollzug des
Bundesgesetzes in Zuständigkeit der Länder erfolgt –
noch keine bundesweiten Daten zu abgeschlossenen Ver-
fahren vorliegen, können die IHK-Zahlen nicht als Indi-
kator für die insgesamt unter dem Anerkennungsgesetz
abgeschlossenen Verfahren gelten.
Die IHK-Zahlen belegen allerdings, dass die neuen
Verfahren funktionieren und in starkem Maße zu für die
Antragsteller positiven Ergebnissen führen: Von insge-
samt 269 zum Stichtag ausgestellten Bescheiden der
IHK Fosa bestätigen 171 Bescheide eine volle und
98 eine teilweise Gleichwertigkeit des ausländischen
Berufsabschlusses mit der deutschen Referenzqualifika-
tion.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
des Abgeordneten Willi Brase (SPD) (Drucksache 17/
11282, Frage 12):
Teilt die Bundesregierung die Rechtsauffassung, dass das
im Juli 2012 bekannt gewordene Experiment zur Ozeandün-
gung der Haida Salmon Restoration Corporation nicht gegen
internationales Recht und hierbei insbesondere gegen die UN-
Convention on Biological Diversity, CBD, verstoßen hat, und,
falls ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung
aus dieser Auffassung für die kommenden Diskussionen zum
Geoengineering/Climate Engineering?
Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Er-
kenntnisse zu dem in der Frage genannten Experiment
der Haida Salmon Restoration Corporation vor der West-
küste Kanadas vor. Die Regierung Kanadas bemüht sich
zurzeit um Aufklärung des Sachverhalts zu dem im Juli
2012 bekannt gewordenen Experiment und wird den
Vertragsstaaten der London-Konvention, zu denen auch
Deutschland zählt, hierzu berichten.
Das Thema wurde auf den am 1. November 2012 be-
endeten Verhandlungen zu London-Konvention/London-
Protokoll, LC/LP, in London diskutiert. Hier wurde eine
Stellungnahme (Statement of Concern) verabschiedet,
nach der die Vertragsstaaten ihre Besorgnis über das
oben genannte Experiment ausdrückten und auf voran-
gegangene Resolutionen zum Verbot von Meeres-
düngungsvorhaben mit Ausnahme von legitimer wissen-
schaftlicher Forschung verwiesen. Ferner verweist die
Stellungnahme auf die Vereinbarung der Vertragsstaaten,
zur Bewertung von Meeresdüngungsvorhaben den soge-
nannten Assessment Framework anzuwenden, um zu
entscheiden, ob es sich um legitime Forschungsaktivität
handelt. Dieser Stellungnahme schloss sich Deutschland
an.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
des Abgeordneten Willi Brase (SPD) (Drucksache
17/11282, Frage 13):
Hat sich die Bundesregierung bereits eine abschließende
Haltung zum Einsatz von Maßnahmen zur Ozeandüngung
zum Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre gebildet,
und welche Experimente zur Ozeandüngung unter Federfüh-
rung deutscher Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler sind
nach Kenntnis der Bundesregierung in den nächsten Monaten
und Jahren geplant?
Die Bundesregierung verweist hier auf ihre Antwort
zur Kleinen Anfrage der Abgeordneten René Röspel und
andere und der Fraktion der SPD, Bundestagsdrucksache
17/9943, zu Geoengineering/Climate Engineering, dort
Fragen 12 und 33.
Die Bundesregierung setzt in ihrer nationalen Klima-
politik vollständig auf die Minderung von Treibhausgas-
emissionen sowie auf Anpassungsmaßnahmen. Ansätze
des Geoengineering verfolgt sie dazu nicht.
24658 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
Vor diesem Hintergrund hat die deutsche Delegation
anlässlich der bezeichneten Verhandlungen zu London-
Konvention/London-Protokoll, LC/LP, in London in der
44. Kalenderwoche folgende zwischen den fachlich be-
troffenen Ressorts abgestimmte Position vertreten: Mee-
resdüngung ist keine geeignete Klimaschutzmaßnahme.
Forschung zur Ozeandüngung darf keine negativen Aus-
wirkungen auf die Meeresumwelt haben. Weitere Rege-
lungen unter LC/LP sind grundsätzlich anzustreben. For-
schungsvorhaben zur Bewertung von Umweltrisiken sind
sinnvoll.
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden internatio-
nalen Diskussion und zahlreicher ungeklärter Fragen
hält die Bundesregierung grundsätzlich weitere For-
schung und auch Forschungsförderung zu Fragen des
Geoengineering für notwendig. Sie sollte mit dem Ziel
verbunden sein, die Bewertungskompetenz der Bundes-
regierung hinsichtlich Geoengineering zu erhöhen, nicht,
dessen Einsatz vorzubereiten. Gefragt sind hier nicht nur
eine naturwissenschaftliche Theorie- und Modellent-
wicklung, sondern auch die Bearbeitung der Aspekte
wie Akzeptanz, rechtliche Rahmenbedingungen und in-
ternationales gesellschaftswissenschaftlichen Konflikt-
potenzial. Konkrete Experimente zur Ozeandüngung un-
ter Federführung deutscher Wissenschaftlerinnen oder
Wissenschaftler sind zurzeit bei der Bundesregierung
nicht beantragt oder geplant.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des
Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 16):
Warum ist die Bundesregierung nicht auf das Angebot ei-
ner freiwilligen Selbstverpflichtung zum Betrieb von Reser-
vekraftwerken – zum Beispiel im Entwurf des BDEW im
Rahmen der Abstimmung zu einer Selbstverpflichtung der
Energiewirtschaft zur Sicherstellung ausreichender Erzeu-
gungskapazitäten vom 25. Juli 2012 – eingegangen, und auf
welcher Basis sieht die Bundesregierung aktuell noch Eini-
gungsmöglichkeiten mit der Energiewirtschaft?
Es konnte keine Einigung zu wesentlichen Inhalten ei-
ner freiwilligen Selbstverpflichtung erzielt werden. Für
die Entscheidung für eine gesetzliche Regelung und ge-
gen eine freiwillige Selbstverpflichtung war aus Sicht des
Bundeswirtschaftsministeriums insbesondere bedeutsam,
dass die in Rede stehenden Zusagen zu sehr mit Bedin-
gungen verknüpft waren, um ausreichend Sicherheit über
die Verfügbarkeit der Kraftwerke zu erlangen. Anstelle
einer Selbstverpflichtung der Branche hat die Bundesre-
gierung am 17. Oktober Formulierungsvorschläge für ein
Bündel von gesetzlichen Maßnahmen beschlossen, wel-
che vorübergehend einen Rahmen für die Gewährleistung
der Versorgungssicherheit im Bereich der Stromversor-
gung bieten. Über Eckpunkte der geplanten Maßnahmen
wurden zusätzlich zu den Fachpolitikern der Regierungs-
fraktionen auch die der Oppositionsfraktionen mit
Schreiben vom 20. September 2012 informiert. Die Maß-
nahmen sollen in das aktuell laufende Verfahren zur No-
velle des Energiewirtschaftsgesetzes (Gesetzentwurf der
Bundesregierung für ein Drittes Gesetz zur Neuregelung
energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften) eingebracht
werden.
Anlage 9
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des
Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 17):
Wie steht die Bundesregierung zu der von der Europäi-
schen Kommission vorgesehenen Mittelaufstockung für die
Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbe-
hörden, ACER, welche für die fristgemäße Erfüllung der in
der Verordnung über die Integrität und Transparenz des Ener-
giegroßhandelsmarkts, REMIT, angelegten Kompetenzen
dringend nötig ist, und welche konkreten Schritte tut sie da-
für?
Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die
Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulie-
rungsbehörden, ACER, finanziell so ausgestattet wird,
dass ihr die fristgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben aus
der Verordnung über die Integrität und Transparenz des
Energiegroßhandelsmarkts, REMIT, möglich ist. Die
Verfügbarkeit der notwendigen finanziellen und per-
sonellen Ressourcen bei ACER ist von zentraler Be-
deutung. Die ACER zugeteilte Aufgabe, die Daten-
sammlung und das Monitoring zentral auf europäischer
Ebene zu organisieren, ist ein Kernelement im REMIT-
Aufsichtsregime, da diese Daten für das nationale Ener-
giehandelsmonitoring und die Durchsetzung der Sank-
tionsvorschriften durch die nationalen Regulierungsbehör-
den von zentraler Bedeutung sind. Die Bundesregierung
betrachtet die momentane Ablehnung der Erhöhung des
ACER-Budgets bzw. eine mögliche Kürzung mit Sorge,
da die Einspareffekte in diesem Bereich vernachlässig-
bar klein sind, aber ACER ohne diese Mittel diese zen-
trale Aufgabe nicht bewältigen können wird. In diesem
Fall droht eine Situation, in der die Effektivität und Effi-
zienz der Energiehandelsüberwachung nach REMIT
grundlegend gefährdet ist.
Anlage 10
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Fragen der
Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fragen 18
und 19):
Sind Bohrungen nach Gasvorkommen in Natur- und Land-
schaftsschutzgebieten – so wie derzeit am Langbürgner See in
Bayern geplant – nach Einschätzung der Bundesregierung mit
geltendem Bergrecht vereinbar und, wenn ja, wieso?
Wieso hat die Bundesregierung keine Vorkehrungen ge-
troffen, dass nicht in Natur- und Landschaftsschutzgebieten
nach Gasvorkommen gebohrt werden darf?
Zur Frage 18:
Bohrungen nach Erdgasvorkommen sind in Natur-
und Landschaftsschutzgebieten nach den naturschutzrecht-
lichen Vorschriften grundsätzlich verboten. Naturschutz-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24659
(A) (C)
(D)(B)
und Landschaftsschutzgebiete sind durch Schutzgebiets-
verordnungen geschützt. Ausnahmen oder Befreiungen
von den Vorschriften – insbesondere den Verboten – der
Schutzgebietsverordnungen können nur aufgrund der in
den jeweiligen Verordnungen festgelegten Bedingungen
durch die zuständigen Behörden der Länder erteilt wer-
den.
Das Bundesberggesetz gewährleistet die Beachtung
der naturschutzrechtlichen Vorschriften. § 48 Abs. 1
Satz 1 Bundesberggesetz stellt klar, dass die Aufsuchung
und die Gewinnung bergfreier und grundeigener Boden-
schätze auf Grundstücken, die durch Gesetz oder auf-
grund eines Gesetzes einem öffentlichen Zweck gewid-
met oder im Interesse eines öffentlichen Zweckes
geschützt sind – wie Natur- und Landschaftsschutzge-
biete – den allgemein für derartige Tätigkeiten geltenden
öffentlich-rechtlichen Verboten oder Beschränkungen
unterliegen.
Zur Frage 19:
Diesbezügliche Regelungen liegen an Land und in der
12-Seemeilen-Zone im Zuständigkeitsbereich der jewei-
ligen Länder.
Anlage 11
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/11282, Frage 23):
Welches Material hat die Bundesregierung seit 2008 an die
malischen Streitkräfte geliefert – bitte aufschlüsseln nach Ma-
terialtyp, -wert und Lieferjahr –, und welche Ausbildungs-
maßnahmen wurden seit 2008 von der Bundeswehr für die
malische Armee erbracht – bitte aufschlüsseln nach Art der
Maßnahme, Zeitraum und Anzahl der beteiligten Bundes-
wehrsoldaten?
Die Republik Mali war von 1969 bis 1994 und ist seit
2005 erneut Empfängerland im Rahmen des Ausstat-
tungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländi-
sche Streitkräfte, AH-P. Mit Billigung des Auswärtigen
Ausschusses sowie des Haushaltsausschusses des Deut-
schen Bundestages wurde bisher Ausstattungshilfe im
Wert von insgesamt 37,12 Millionen Euro geleistet.
Zur Steigerung der Programmeffizienz ist in Mali seit
2005 eine Beratergruppe der Bundeswehr mit zwei Offi-
zieren und fünf Feldwebeln eingesetzt. Nach dem Putsch
im März 2012 wurde aufgrund der politischen und der
Sicherheitslage die Rückführung der Beratergruppe ver-
fügt. Die Soldaten und deren Familienangehörige haben
im April 2012 das Land verlassen. Das Ausstattungshil-
feprogramm ruht derzeit.
Im Zeitraum 2008 bis 2011 sind im Rahmen des Aus-
stattungshilfeprogramms unter anderem 18 Lkw, eine
Wasseraufbereitungsanlage sowie drei gebrauchte Bau-
maschinen bereitgestellt worden. Die Lieferung aus dem
Jahr 2012 ist kurz nach dem Putsch in Mali eingetroffen
und wurde bislang nicht offiziell an die malischen Streit-
kräfte übergeben.
Die Lieferung von Waffen, Munition sowie Maschi-
nen zu deren Herstellung und die Ausbildung an solchen
sind im Rahmen der Ausstattungshilfe ausgeschlossen.
Es wurden Ausbildungsmaßnahmen in zwei zentralen
Ausbildungsbereichen erbracht: in der Pionier- und Pio-
niermaschinenausbildung unter anderem für die Bereiche
Straßenbau, Gewässerüberquerung, Wasseraufbereitung,
Feldlagerbau, Minenräumen; in der Berufsausbildung für
Bauhauptberufe und Kfz-Wesen.
Anlage 12
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Drucksa-
che 17/11282, Frage 24):
Wie beurteilt das BMZ die gewalttätigen Übergriffe gegen
die muslimische Minderheit der Rohingya im Bundesstaat
Rakhine in Myanmar, und welche konkreten humanitären
Hilfsmaßnahmen ergreift bzw. erwägt die Bundesregierung
bilateral, multilateral und gemeinsam mit den europäischen
Partnern zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems in Myan-
mar?
Die Bundesregierung verurteilt die Gewalt im Bun-
desstaat Rakhine in der Republik der Union Myanmar
zwischen den Volksgruppen der muslimischen Rohingya
und der buddhistischen Rakhine und ruft alle Seiten zu
sofortiger Einstellung der Übergriffe auf. Besonders be-
sorgniserregend ist das erneute Aufflammen von Gewalt
seit dem 21. Oktober 2012 nach einer längeren Phase re-
lativer Ruhe.
Im Fokus steht zunächst die humanitäre Versorgung
der mittlerweile über 100 000 Binnenvertriebenen. Der
adäquate Zugang zu den Bedürftigen für die Vereinten
Nationen und die internationalen Hilfsorganisationen
muss hier noch verbessert werden. Auch müssen die
Verantwortlichen für die Gewalt zur Verantwortung ge-
zogen werden. Notwendig aus Sicht der Bundesregie-
rung sind zudem die Rückkehr der Vertriebenen, sobald
die Lage dies erlaubt, ein Versöhnungsprozess, der auch
die Klärung des rechtlichen Status der Rohingya – insbe-
sondere der Staatsangehörigkeitsfrage – beinhalten sollte,
und insgesamt ein Entwicklungskonzept für den Bundes-
staat Rakhine.
Die Bundesregierung hat 2012 ein humanitäres Hilfs-
projekt von Malteser International mit Maßnahmen unter
anderem im Hygienesektor sowie zur Verteilung von le-
bensnotwendigen Bedarfsgegenständen in Flüchtlingsla-
gern im Bundesstaat Rakhine in Höhe von 189 000 Euro
finanziert. Die Bundesregierung hat angesichts des gro-
ßen Bedarfs zugesagt, dort weitere humanitäre Maßnah-
men für Binnenvertriebene zu finanzieren. Hierzu befin-
det sich ein humanitäres Projekt in Höhe von bis zu
200 000 Euro in der Planung.
Auf internationaler Ebene hat die Bundesregierung in
Myanmar das Länderbüro der Vereinten Nationen für die
Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, UNOCHA,
finanziell mit 100 000 Euro unterstützt.
24660 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
Die EU-Generaldirektion für humanitäre Hilfe, Kata-
strophenvorsorge und internationale Zusammenarbeit,
ECHO, hat 2012 circa 17,5 Millionen Euro für humani-
täre Hilfsmaßnahmen in Myanmar, auch in der Rakhine-
Region, bereitgestellt. EU-Kommissionspräsident José
Manuel Barroso hat bei einem Besuch in Myanmar vor
wenigen Tagen weitere 4 Millionen Euro für humanitäre
Sofortmaßnahmen in Rakhine angekündigt, wenn der
Zugang zu den Bedürftigen garantiert werde. Deutsch-
land ist als größter EU-Beitragszahler an der Finanzie-
rung der humanitären Hilfsmaßnahmen der Europäi-
schen Kommission mit rund 20 Prozent beteiligt.
Anlage 13
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Drucksa-
che 17/11282, Frage 25):
Wie ist die Position der Bundesregierung in den Verhand-
lungen zum MFR 2014 bis 2020 der Europäischen Union im
Hinblick auf die geplanten Finanzmittel für das Forschungs-
programm „Horizon 2020“, und in welcher Höhe – relativ und
absolut – sollen nach Auffassung der Bundesregierung hier-
von Gelder für die Forschung zur Bekämpfung vernachlässig-
ter und armutsassoziierter Krankheiten und Fragen der globa-
len Gesundheit zur Verfügung gestellt werden?
Die Bundesregierung tritt für eine Begrenzung des
Mehrjährigen Finanzrahmens, MFR, der Europäischen
Union auf 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens,
BNE, ein. In diesem Rahmen fordert die Bundesregie-
rung eine Neustrukturierung des MFR zugunsten von
Zukunftsinvestitionen wie Forschung und Innovation.
Die Bundesregierung hat sich auf eine konkrete Förder-
höhe für einzelne Programme, einschließlich des For-
schungsprogramms „Horizont 2020“, jedoch noch nicht
festgelegt.
Die Position der Bundesregierung zur Verteilung der
Mittel auf einzelne Forschungsgebiete und -themen wird
nach Festlegung des für „Horizont 2020“ zur Verfügung
stehenden Gesamtvolumens festgelegt.
Unbenommen davon setzt sich die Bundesregierung
gemäß ihrer Internationalisierungsstrategie und der deut-
schen Hightech-Strategie bei der Ausgestaltung des
neuen 8. EU-Rahmenprogramms für Forschung und
Innovation „Horizont 2020“ für eine Stärkung der Ge-
sundheitsforschung ein. Dabei liegt – wie auch im natio-
nalen Rahmenprogramm Gesundheitsforschung – ein
Schwerpunkt auf Fragen der globalen Gesundheit und
auf der Bekämpfung vernachlässigter und armutsasso-
ziierter Krankheiten.
Anlage 14
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 26):
Um wie viel Prozent möchte die zyprische Ratspräsident-
schaft in der von ihr am 30. Oktober 2012 vorgelegten Ver-
handlungsbox den Vorschlag der Europäischen Kommission
vom 29. Juni 2011 für den MFR 2014 bis 2020 in der Teil-
rubrik 1 a unter Nichtberücksichtigung der „Connecting
Europe“-Fazilität, von ITER und GMES kürzen, und wie be-
wertet die Bundesregierung diese Kürzung im Vergleich zu
den Kürzungsvorschlägen bei den Direktzahlungen und
marktbezogenen Ausgaben in der Rubrik 2?
Die Bundesregierung tritt dafür ein, die Ausgaben im
Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 auf 1 Prozent
des Bruttonationaleinkommens der Europäischen Union
zu begrenzen und die Ausgaben gleichzeitig auf die Stär-
kung von Wachstum und Beschäftigung zu konzentrie-
ren. Der Vorschlag der zyprischen Ratspräsidentschaft
reicht bei weitem nicht aus, um diese Anliegen umzuset-
zen. Zu den unvermeidlichen Anpassungen müssen prin-
zipiell alle Rubriken beitragen, auch die Rubrik 2.
Der Vorschlag der Präsidentschaft vom 29. Oktober
2012 bedeutet für die Rubrik 1 a ohne die „Connecting
Europe“-Fazilität und die Großprojekte einen um gut
5 Prozent geringeren Ansatz als im Vorschlag der
EU-Kommission. Bei der Bewertung muss aus Sicht der
Bundesregierung aber insbesondere der Status quo als
Referenz dienen. Der Vorschlag der EU-Ratspräsident-
schaft bedeutet für die Rubrik 1 a eine deutliche Stär-
kung im Vergleich zum jetzigen Förderzeitraum.
Anlage 15
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 27):
Sieht die Bundesregierung die im Pakt für nachhaltiges
Wachstum und Beschäftigung (vergleiche Pressemitteilung
der Bundesregierung vom 21. Juni 2012) mit den Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen geschlos-
senen Vereinbarungen bezüglich des MFR 2014 bis 2020 in
der von der zyprischen Ratspräsidentschaft am 30. Oktober
2012 vorgelegten Verhandlungsbox als umgesetzt an, und wie
gedenkt die Bundesregierung die Vereinbarungen umzuset-
zen, soweit es aus ihrer Sicht noch nicht passiert ist?
Die Bundesregierung setzt sich in den Verhandlungen
zum Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen
Union dafür ein, dass der EU-Haushalt auf wachstums-
und beschäftigungsfördernde Investitionen ausgerichtet
wird, wie es auch mit den Fraktionen im Deutschen Bun-
destag vereinbart wurde.
Da nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen, müssen
wir die vorhandenen Ressourcen besser nutzen. Die
Bundesregierung hat deshalb mehrfach Vorschläge zu ei-
ner Verbesserung der Ausgabenqualität in die Diskus-
sion eingebracht. Die zyprische Ratspräsidentschaft hat
hier bisher nicht die richtigen Akzente gesetzt. Die Bun-
desregierung wird sich weiter dafür einsetzen, dass der
künftige EU-Haushalt zur Schaffung von Wachstum und
Beschäftigung genutzt wird und einen deutlichen Beitrag
zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise leistet.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24661
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 16
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Klaus Hagemann (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 28):
Wie wirkt sich der gerade von der aktuellen EU-Präsident-
schaft vorgelegte MFR im Einzelnen in Bezug auf die Netto-
zahlerposition Deutschlands, die Rückflüsse aus Agrar-,
Struktur- und Kohäsionsfonds sowie die anteilige Finanzie-
rung von ITER (jeweils nach Möglichkeit in Euro) aus, und
welche Vorschläge hat die Bundesregierung im Hinblick auf
Ankündigungen des Staatsministers im Auswärtigen Amt,
Michael Link, der Finanzrahmen gehe in seinen Sparmaßnah-
men nicht weit genug, bleibe hinter erforderlichen Sparmaß-
nahmen zurück, habe noch nicht die richtigen Akzente, was
die Qualität der Ausgaben betreffe (FAZ, 1. November 2012),
im Einzelnen – unter Angabe des jeweiligen Finanzvolu-
mens – für das angekündigte „moderne Budget“?
Die Bundesregierung strebt zusammen mit anderen
Nettozahlern eine Begrenzung aller EU-Ausgaben auf
1 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Europäi-
schen Union an, um den krisenbedingten Konsolidie-
rungserfordernissen in den einzelnen Mitgliedstaaten
auch auf EU-Ebene Rechnung zu tragen. Der von der zy-
prischen Ratspräsidentschaft vorgelegte Kompromiss-
vorschlag liegt noch immer etwa 80 Milliarden Euro
über diesem Ziel.
Um auch mit weniger Geld stärkere Impulse für
Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu
setzen, setzt sich die Bundesregierung unter dem Stich-
wort „Better Spending“ für eine signifikante Verbesse-
rung der Ausgabenqualität im EU-Haushalt ein. Auch
hier bleibt der Vorschlag der Präsidentschaft noch weit
hinter dem Erforderlichen zurück.
Die Nettozahlerposition Deutschlands verbessert sich
grundsätzlich durch jede Art von Kürzung, da Deutsch-
land in allen Politikbereichen mehr einzahlt, als es an
Fördermitteln zurückerhält.
Bei den Struktur- und Kohäsionsfonds soll das ge-
plante Sicherheitsnetz für die neuen Bundesländer aus-
geweitet werden auf die heutigen Übergangsregionen
Leipzig, Lüneburg und Brandenburg Südwest. Das ist
ein großer Erfolg für die deutsche Verhandlungsführung;
nur Griechenland hatte uns in diesem Anliegen unter-
stützt. Gleichzeitig soll die Höhe des Sicherheitsnetzes
etwas reduziert werden und statt zwei Drittel nur noch
63 Prozent der heutigen Mittel sichern. In der Summe
stellen diese beiden Veränderungen aber immer noch
eine klare Verbesserung für die neuen Bundesländer ge-
genüber dem Kommissionsvorschlag dar.
In der Agrarpolitik sieht der Präsidentschaftsvor-
schlag eine Kürzung um etwa 3 Prozent vor. Dadurch
würden auch die Agrarrückflüsse nach Deutschland et-
was niedriger ausfallen als im Kommissionsvorschlag.
Zu ITER hat die Präsidentschaft keinen konkreten
Zahlenvorschlag vorgelegt.
Anlage 17
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck-
sache 17/11282, Frage 29):
Welche Informationen liegen der Bundesregierung über
die Folgen der mehrwöchigen Belagerung und des Beschusses
Bani Walids durch regierungstreue Milizen in Libyen
(www.nytimes.com/2012/10/22/world/africa/libyan-town-un-
der-siege-is-a-center-of-resistance.html) und über Art und
Herkunft der hierbei zum Einsatz gekommenen Waffen, ins-
besondere auch über die Hinweise auf den Einsatz chemischer
Waffen (www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/3139461/
machtvakuum-libyen-angst-um-bani-walid.story), vor?
Im Auftrag der libyschen Führung waren bewaffnete
Truppen eingesetzt worden, um in Bani Walid mutmaßli-
che Verbrecher zu verhaften. Die Angriffe dieser Trup-
pen auf Bani Walid haben dazu geführt, dass Tausende
von Bewohnern aus der Stadt geflüchtet sind. Die liby-
sche Regierung hat deshalb ein Krisenkomitee eingesetzt
und in den benachbarten Städten Nasmah, Tarhuna und
Sliten sowie in Sirte und al-Urban Aufnahmestellen für
die Flüchtlinge eingerichtet.
Bei der militärischen Auseinandersetzung in Bani
Walid wurden vermutlich Maschinengewehre und Ma-
schinenkanonen als Flugabwehrwaffen und auch Mörser
eingesetzt, welche, auf Pick-ups montiert, innerhalb der
libyschen Milizen weit verbreitet sind. Über deren Her-
kunft ist nichts bekannt. Es liegen keine Hinweise vor,
die den erhobenen Vorwurf des Einsatzes von chemi-
schen Waffen belegen.
Anlage 18
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck-
sache 17/11282, Frage 30):
Welche Informationen liegen der Bundesregierung zwi-
schenzeitlich über die genaueren Umstände des Abschusses
eines türkischen Kampfflugzeugs vom Typ F-4E Phantom am
22. Juni 2012 (dessen Position zum Zeitpunkt des Abschus-
ses, Position sowie Zustand der Wrackteile) vor, und wie
beurteilt die Bundesregierung die zunächst aus Sicht der Fra-
gestellerin sehr einseitigen Stellungnahmen des Bundesminis-
ters des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, sowie der
NATO zugunsten der Türkei anlässlich von Granateinschlä-
gen nahe der syrischen Grenze in der Türkei, vor dem Hinter-
grund, dass der Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte in
Europa, Generalleutnant Mark P. Hertling, jüngst einräumte,
dass der Ursprung der Granaten und wer sie abgefeuert habe,
bislang ungeklärt sei (www.state.gov/r/pa/prs/dpb/2012/10/
199884.htm)?
Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkennt-
nisse über den genauen Verlauf des Abschusses vor.
Ein offizieller türkischer Untersuchungsbericht wurde
bisher nicht veröffentlicht. Laut türkischen Pressemittei-
lungen bestätigt ein interner Untersuchungsbericht der
türkischen Streitkräfte von Mitte September 2012, dass
das unbewaffnete Aufklärungsflugzeug im internationa-
len Luftraum durch eine Luftabwehrrakete abgeschossen
worden sei.
24662 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
Festzuhalten bleibt, dass ein Abschuss ohne vorherige
Warnung auf ein unbewaffnetes Aufklärungsflugzeug er-
folgte, was als unverhältnismäßiger Akt zu werten ist.
Was den Beschuss türkischen Territoriums aus Syrien
heraus betrifft, ist es seit August dieses Jahres zu unre-
gelmäßigem Beschuss des türkischen Staatsgebiets
durch Artilleriegeschosse gekommen, zuletzt am 29. Ok-
tober 2012. Am 3. Oktober 2012 kamen dabei fünf Zivi-
listen, darunter auch Kinder, ums Leben. Neben der
Bundesregierung haben der Generalsekretär der Verein-
ten Nationen, VN, der NATO-Rat und der EU-Außenrat
den Beschuss vom 3. Oktober 2012 scharf verurteilt.
Auch Russland trug die Pressemitteilung des VN-Sicher-
heitsrats zur scharfen Verurteilung der syrischen An-
griffe am 5. Oktober 2012 mit.
Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido
Westerwelle, hat gegenüber der Türkei bei seinem Tref-
fen mit dem türkischen Außenminister am 13. Oktober
2012 ausdrücklich die Solidarität als NATO-Partner un-
terstrichen, gleichzeitig aber auch zur Besonnenheit auf-
gerufen.
Anlage 19
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des
Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/11282, Fragen 31 und 32):
Wie wird das Auswärtige Amt angesichts der bisherigen
„Untätigkeit des Auswärtigen Amtes“ im Fall Dadaab durch
die Übertragung der Entwicklungsorientierten Not- und Über-
gangshilfe, ENÜH, vom BMZ auf das Auswärtige Amt – jetzt
entwicklungsfördernde und strukturbildende Übergangshilfe,
ESÜH – künftig sicherstellen, Fehlsteuerungen zu vermeiden,
und wäre es angesichts des von Bundesminister Dirk Niebel
konstatierten Kompetenzproblems im Auswärtigen Amt nicht
angebracht, die Mittel wieder in jenes Bundesministerium zu
geben, das dieses Kompetenzproblem nicht hat (vergleiche
Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 31. Oktober 2012)?
Welche Maßnahmen werden ab Januar 2013 in und um
Dadaab finanziert – bitte genau nach Höhe der Finanzierung,
Trägern und Haushaltstiteln aufschlüsseln –, und sind andere
in Zusammenhang mit Dadaab stehende Projekte, die zum
Teil auch an anderen Orten in Kenia durchgeführt werden,
ebenfalls von der Verlagerung der ENÜH vom BMZ auf das
Auswärtige Amt – jetzt ESÜH –, betroffen – bitte gegebenen-
falls die Projekte einzeln benennen?
Zu Frage 31:
Die Bundesregierung setzt die humanitäre Hilfe für
die Flüchtlinge in Dadaab fort. Das Auswärtige Amt
steht dazu in engem Kontakt mit dem Flüchtlingshoch-
kommissar der Vereinten Nationen und spricht mit sei-
nen Experten über die konkreten Bedürfnisse vor Ort.
Das Horn von Afrika bleibt angesichts der aktuellen
Lage Schwerpunkt der humanitären Hilfe der Bundesre-
gierung.
Mit der Vereinbarung zwischen dem Auswärtigen
Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, wurde der bis
dahin durch das BMZ verwaltete Titel der „Entwick-
lungsorientierten Not- und Übergangshilfe“ aufgelöst
und in den Titel „Humanitäre Hilfe“ des Auswärtigen
Amtes überführt. Das Auswärtige Amt hat jetzt die Ge-
samtzuständigkeit für die humanitäre Hilfe der Bundes-
regierung, einschließlich der Nahrungsmittelhilfe. Dies
erhöht die kurzfristige Reaktionsfähigkeit der Bundesre-
gierung in humanitären Krisen und ermöglicht ein
schnelles und kohärentes humanitäres Engagement.
Gleichzeitig wurde im BMZ der Bereich der „Ent-
wicklungsfördernden und strukturbildenden Übergangs-
hilfe“ als ein Instrument der mittel- und langfristig auf-
gelegten Entwicklungszusammenarbeit geschaffen und
mit eigenen Finanzmitteln ausgestattet. Die Schaffung
dieses Instruments ist zu begrüßen, da damit der Über-
gang von Sofortmaßnahmen der humanitären Hilfe zu
solchen der nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit
erleichtert wird. Dieses Instrument kommt dem An-
spruch nach, Überlebenshilfe in Entwicklungsmaßnah-
men zu überführen, dem sogenannten Linking Relief,
Rehabilitation and Development.
Zu Frage 32:
Das Auswärtige Amt wird das humanitäre Engage-
ment des Flüchtlingshochkommissars der Vereinten
Nationen, UNHCR, in Dadaab weiter unterstützen. Im
Einvernehmen mit dem Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, hat
das Auswärtige Amt dem UNHCR zugesagt, seine Zu-
wendungen für 2013 um mindestens 2,2 Millionen Euro
aufzustocken, damit der UNHCR die Versorgung der
Flüchtlinge im Lager Dadaab aufrechterhalten kann. Da-
mit gewährleistet das Auswärtige Amt eine Förderung
des UNHCR mindestens in gleicher Höhe wie zuvor das
BMZ.
Das Auswärtige Amt wird darüber hinaus auch Pro-
jekte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz,
IKRK, und von Nichtregierungsorganisationen in
Dadaab weiter fördern. Eine konkrete Auflistung der
2013 umzusetzenden Vorhaben ist jedoch erst möglich,
wenn dem Auswärtigen Amt die entsprechenden Pro-
jektvorschläge vorliegen.
Das BMZ wird im Rahmen der entwicklungsfördern-
den und strukturbildenden Übergangshilfe um das
Flüchtlingslager Dadaab Maßnahmen zur Stabilisierung
der Lebensgrundlagen der ortsansässigen Bevölkerung
und zur Stärkung friedlicher Konfliktbearbeitung in
Höhe von 4,1 Millionen Euro fördern. Das Projekt, das
eine Laufzeit von September 2011 bis August 2014 hat,
wird durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit, GIZ, umgesetzt. Ferner plant das BMZ
die Förderung von Bildungsprojekten in den Flüchtlings-
lagern Dadaab und Kakuma in Höhe von 1 Millionen
Euro. Dieses Vorhaben wird durch die Kreditanstalt für
Wiederaufbau, KfW, in Kooperation mit dem UNHCR
umgesetzt.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24663
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 20
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 33):
Trifft es zu, dass die Bundesregierung rund 100 Millionen
Euro im EU-Haushalt einsparen will (vergleiche www.top
agrar.com), ohne dabei das Budget der Gemeinsamen Agrar-
politik zu kürzen?
Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, den Mehr-
jährigen Finanzrahmen der Europäischen Union 2014
bis 2020 auf 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens
der Europäischen Union zu begrenzen. Dies bedeutet,
dass der Vorschlag der EU-Kommission für die Summe
der Gesamtausgaben für diese sieben Jahre um mehr als
130 Milliarden Euro in 2011er-Preisen gekürzt werden
muss.
Zu diesem restriktiven Ansatz müssen alle Ausgaben-
bereiche beitragen, auch die Gemeinsame Agrarpolitik.
Anlage 21
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksa-
che 17/11282, Frage 34):
Teilt die Bundesregierung das aus Sicht des Fragestellers
eher wissenschaftlich begründete Urteil einer strategischen
Manipulation der Euro-Barometer-Umfrage durch die Europäi-
sche Kommission (vergleiche Höpner/Jurczyk in Leviathan,
3/2012, Seite 345 f.), und inwiefern wird die Bundesregierung
gegenüber der Kommission zu dieser Strategie Stellung neh-
men, die nach Ansicht des Fragestellers eine Scheinlegitima-
tion der EU darstellt und angesichts der öffentlichen Interpre-
tation durch die Kommission (Beispiele ebenda Seite 341 und
342) eher als Propaganda gesehen werden kann?
Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, dass die
Europäische Kommission manipulierte Umfragen in
Auftrag gibt. Die Bundesregierung sieht daher keinen
Anlass, dieses Thema mit der EU-Kommission aufzu-
nehmen.
Anlage 22
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE)
(Drucksache 17/11282, Frage 35):
Welche weiteren Details kann die Bundesregierung zum
Tod von 58 Flüchtlingen am 28. Oktober 2012 bei Gibraltar
erläutern, deren tödlicher Schiffbruch nach unterschiedlichen
Medienberichten (http://ffm-online.org/2012/10/29/58-tote-
bei-gibraltar-pro-asyl-erklarung-29-10-2012-18-uhr) 13 Stun-
den zuvor von einem Flugzeug im Rahmen der Frontex-Mis-
sion Indalo fotografiert worden war, wobei unklar ist, ob es
sich um ein deutsches oder ein maltesisches Flugzeug han-
delte – zumal Malta sich 2011 nicht an Indalo beteiligte –, und
ist der Grund für die zu späte Hilfeleistung für die Ertrinken-
den darin zu suchen, dass Frontex, die spanischen oder andere
Behörden auf einer „Push-back“-Aktion bestanden, damit die
Migrantinnen und Migranten von marokkanischen Schiffen
aufgegriffen werden und nicht in die EU einreisen (falls nein,
bitte anderweitige Gründe ausführen)?
In dem genannten Seebereich findet die Frontex-ko-
ordinierte Seegrenzenoperation Indalo statt. Deutschland
beteiligt sich an dem Einsatz weder mit Schiffen noch
mit Hubschraubern bzw. Flugzeugen oder Besatzungen
für diese Einsatzmittel.
Ziel dieser Frontex-Operation ist die Unterstützung
der zuständigen spanischen Behörden bei der Verhinde-
rung von Seewegschleusungen aus Algerien und Ma-
rokko kommend nach Spanien. Die Rettung von in See-
not geratenen Schiffen und Booten bzw. den darauf
befindlichen Personen entsprechend der sogenannten
Frontex-Leitlinien (Beschluss des Rates der Europäi-
schen Union zur Ergänzung des Schengener Grenzkodex
hinsichtlich der Überwachung der Seeaußengrenzen im
Rahmen der von der Europäischen Agentur für die ope-
rative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union koordinierten ope-
rativen Zusammenarbeit, 2010/252/EU vom 26. April
2010) hat oberste Priorität im Rahmen des Frontex-Ein-
satzes.
Die Verantwortung für die Überwachung und die
Kontrolle der EU-Außengrenzen liegt weiterhin bei dem
zuständigen EU-Mitgliedstaat, in diesem Fall den spani-
schen Behörden. Gleiches gilt auch für die Seenotrettung
innerhalb der dafür festgelegten Seenotrettungszonen.
Der Bundesregierung ist lediglich bekannt, dass so-
wohl Einsatzkräfte anderer EU-Mitgliedstaaten unter
Mandat der Agentur Frontex als auch Einsatzkräfte der
spanischen maritimen Search-&-Rescue-Organisation
SASEMAR sowie der spanischen Guardia Civil an den
Such- und Rettungsmaßnahmen beteiligt waren.
Die spanische Regierung hat sich als verantwortlicher
Staat die Veröffentlichung eines offiziellen Berichts über
das Ereignis vorbehalten.
Mangels anders lautender Informationen geht die
Bundesregierung davon aus, dass alle Einsatzkräfte die
Such- und Rettungsmaßnahmen im Einklang mit inter-
nationalem Recht und bestehenden Vereinbarungen und
im Rahmen der tatsächlich bestehenden Möglichkeiten
durchgeführt haben.
Anlage 23
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage der Abgeordneten Ula Jelpke (DIE LINKE)
(Drucksache 17/11282, Frage 36):
Welche konkreten Möglichkeiten hat das Bundesministe-
rium des Innern in seinem Evaluationsbericht zum deutschen
Projekt der Beratung des Libanon in Fragen der Grenzsicher-
heit für eine deutsche (grenz)polizeiliche Unterstützung des
Libanon bei der Verbesserung des Grenzmanagements be-
schrieben (vergleiche Antwort der Bundesregierung auf
meine mündliche Frage 39, Plenarprotokoll 17/200, Anlage
26), und inwiefern werden diese Möglichkeiten umgesetzt?
Mit der Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen Nr. 1701 (2006) wurde ein Grundstein für die
24664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
Stabilisierung der Beziehungen zwischen Israel und Li-
banon gelegt. Die Umsetzung der Resolution dient dabei
auch der Stabilität der gesamten Region und ist somit
von besonderem außenpolitischen Interesse für die Bun-
desrepublik Deutschland. Durch die deutsche Beteili-
gung an der maritimen UNIFIL-Komponente, aber auch
durch zusätzliche bilaterale Anstrengungen – wie die
Stärkung der libanesischen Kapazitäten in Bezug auf
seine See- und Landgrenzen – konnte und kann Deutsch-
land sein Engagement für Resolution 1701 und damit für
den Frieden in der Region untermauern. In diesem Kon-
text nimmt das Grenzberatungsprojekt der Bundespoli-
zei/Zoll einen wichtigen Platz in der deutschen Unter-
stützung für die internationalen Bemühungen um
Stabilität in der Region ein.
Der Evaluationsbericht führt die folgenden konkreten
Handlungsmöglichkeiten für die deutsche (grenz)poli-
zeiliche Unterstützung des Libanon zur Verbesserung
des Grenzmanagements auf:
Erstens. Die Struktur des deutschen Engagements
könnte an die Umstände und den geänderten Bedarf an-
gepasst werden. Als denkbare Alternativen werden der
Einsatz eines Langzeitberaters, eines Polizeiberaters
oder eines Bundespolizei-Verbindungsbeamten aufge-
führt. Auch die Möglichkeit der Eingliederung in die
Deutsche Botschaft wird genannt.
Zweitens. Es wird vorgeschlagen, die Unterstützungs-
leistung für den Bereich der Grenzbehörde, General
Security, in den Feldern der strategischen Beratung,
Ausbildungs- und Ausstattungshilfe beizubehalten.
Drittens. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das En-
gagement an der Nordgrenze an die EU überführt wer-
den könnte. Der EU-Vertretung stünden für die nächsten
drei Jahre rund 3,6 Millionen Euro im Bereich des
Grenzmanagements zur Verfügung. Sie verfolge die
gleiche Zielrichtung wie das deutsche Engagement, so-
dass hier Kompetenzen gebündelt werden könnten.
Anlage 24
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra-
ge 37):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem
Gutachten von Professor Dr. Markus Heintzen, welches im
Auftrag der Stadt Bonn sowie der Kreise Rhein-Sieg und Ahr-
weiler zum Berlin-Bonn-Gesetz zu dem Ergebnis kommt,
dass sich inzwischen nur noch weniger als 50 Prozent der
Bundesministeriumsposten in Bonn befinden würden, und
wie viele Bundesministerialarbeitsplätze befanden sich zum
1. Oktober 2012, nach Bundesministerien aufgeschlüsselt, in
Bonn und Berlin?
Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Anlass,
Konsequenzen aus dem von der Stadt Bonn und den
Kreisen Rhein-Sieg und Ahrweiler in Auftrag gegebenen
Gutachten zu ziehen.
Aufgeschlüsselt nach Ministerien ergeben sich zum
1. Oktober 2012 in Bonn und Berlin folgende Ministe-
rialarbeitsplätze – angegeben wird immer die Zahl der
Stellen/Planstellen (ohne Ersatzplanstellen), weil dies
auch die Größen sind, die gegenüber dem Haushaltsaus-
schuss des Deutschen Bundestages kommuniziert wer-
den –:
Bundesministerium Dienstsitz Bonn Dienstsitz Berlin
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 372,80 1.132,50
Auswärtiges Amt 282,50 1.801,00
Bundesministerium des Innern 224,00 1.136,00
Bundesministerium der Justiz 19,00 530,65
Bundesministerium der Finanzen 361,00 1.471,00
Bundesministerium für Arbeit und Soziales 462,40 476,10
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
664,30 215,00
Bundesministerium der Verteidigung 1.516,00 936,00
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 233,00 228,00
Bundesministerium für Gesundheit 343,80 163,90
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 729,00 626,50
Bundesministerium für Umwelt. Naturschutz und Reaktor-
sicherheit
501,20 299,30
Bundesministerium für Bildung und Forschung 683,50 217,50
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
500,50 187,00
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24665
(A) (C)
(D)(B)
Hinzu kommen die nichtministeriellen Arbeitsplätze
im Bundeskanzleramt – Bonn: 23,00 und Berlin:
544,00 –, beim Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien – Bonn: 124,75 und Berlin: 78,00 –
sowie im Bundespresseamt – Bonn: 75,00 und Berlin:
408,80.
Anlage 25
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Katja Dörner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 38):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den
Ergebnissen des Rechtsgutachtens von Professor Dr. Markus
Heintzen zu den „Strukturellen und aktuellen Problemen des
Berlin-Bonn-Gesetzes“, wonach die derzeitige Verteilung der
Arbeitsplätze zwischen Bonn und Berlin objektiv rechtswid-
rig ist, da die gesetzlichen Vorgaben in § 4 Abs. 4 des Berlin-
Bonn-Gesetzes nicht eingehalten werden?
Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Anlass,
Konsequenzen aus dem von der Stadt Bonn und den
Kreisen Rhein-Sieg und Ahrweiler in Auftrag gegebenen
Gutachten zu ziehen.
Anlage 26
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Memet Kilic (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 39):
Welche Informationen im Einzelnen und seit wann hat die
Bundesregierung über die Erkenntnisse der deutschen Sicher-
heitsbehörden, nach denen radikale Salafisten Anfang des
Jahres 2012 eine „beachtliche Geldsumme aus einem arabi-
schen Golfstaat“ für die Finanzierung der seit einem Jahr
stattfindenden Koran-Verteilaktion erhalten haben (vergleiche
Die Welt vom 16. Oktober 2012)?
Sie beziehen sich in Ihrer Fragestellung auf einen Be-
richt der Zeitung Die Welt, in dem der Journalist Florian
Flade die Behauptung aufstellt, dass die Finanzierung
der Kampagne „LIES!“ durch eine „beachtliche Geld-
summe aus einem arabischen Golfstaat“ erfolgt sei. Der
Autor suggeriert dabei, diese Aussage beruhe auf gesi-
cherten Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden.
Diese Behauptung ist nach Kenntnis der Bundesregie-
rung nicht zutreffend.
Über die Finanzierung der Koran-Verteilaktion durch
die Regierungen der Golfstaaten liegen der Bundesregie-
rung keine Erkenntnisse vor. Soweit Privatspender aus
dieser Region die Kampagne unterstützt haben, lässt dies
keine Rückschlüsse auf staatlich gesteuerte Aktivitäten
zu.
Die deutschen Sicherheitsbehörden gehen davon aus,
dass die Kampagne „LIES!“ hauptsächlich durch Spen-
den aus dem deutschsprachigen Raum und den Verkauf
kostenpflichtiger Koranübersetzungen finanziert wurde.
Anlage 27
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Memet Kilic (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 40):
Wann wird die Bundesregierung die auf EU-Ebene zur
sogenannten Aufnahmerichtlinie erzielte Einigung, Arbeits-
verbote für Asylbewerber dürften neun Monate nicht über-
schreiten, umsetzen, und beabsichtigt sie, lediglich die gemein-
schaftsrechtlichen Mindestvorgaben umzusetzen oder darüber
hinaus die Dauer der Arbeitsverbote weiter zu verkürzen oder
ganz aufzuheben?
Das Rechtsetzungsverfahren für die Neufassung der
sogenannten EU-Aufnahmerichtlinie ist noch nicht abge-
schlossen. Das Ergebnis des informellen Trilogs wurde
durch den Rat, Justiz und Inneres, im Wege einer politi-
schen Einigung am 25. Oktober 2012 angenommen. Die
förmliche Verabschiedung durch den Rat und das Euro-
päische Parlament steht noch aus. Ein Abschluss der Ver-
handlungen wird bis Ende 2012 angestrebt.
Über die konkrete Umsetzung der einzelnen Aspekte
der Richtlinie wird im Detail während des sich anschlie-
ßenden Umsetzungsverfahrens entschieden werden.
Anlage 28
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 41):
Wie geht die Bundesregierung mit der Problematik um,
dass durch den faktischen Bearbeitungs- und Entscheidungs-
stopp des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (siehe
Debatte des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am
24. Oktober 2012) für Flüchtlinge aus Staaten mit hohen An-
erkennungsquoten, wie beispielsweise Afghanistan, Iran und
Syrien, sich gerade dieser Personenkreis auf unabsehbare Zeit
in einer perspektivlosen Lage befindet?
Die Bundesregierung weist die Unterstellung der Per-
spektivlosigkeit der Lage von Asylbewerbern aus Staa-
ten mit einer hohen Anerkennungsquote entschieden zu-
rück.
Durch die seitens des Bundesamts für Migration und
Flüchtlinge, BAMF, getroffenen Beschleunigungsmaß-
nahmen ist es bereits gelungen, die durchschnittliche
Verfahrensdauer bei Asylbewerbern aus Serbien und
Mazedonien von der Antragstellung bis zur Entschei-
dung auf 1,3 Monate zu senken. Für Erstanträge, die ab
dem 1. Oktober 2012 gestellt wurden, beträgt die Verfah-
rensdauer gegenwärtig durchschnittlich 14 Tage. Alleine
im Oktober 2012 wurden 2 347 Entscheidungen zu dem
Herkunftsland Serbien und 1 582 Entscheidungen zu
Mazedonien getroffen.
Die Bundesregierung geht deshalb davon aus, dass
die prioritäre Bearbeitung der überwiegend aus wirt-
schaftlichen Gründen gestellten Asylanträge serbischer
und mazedonischer Staatsangehöriger kurzfristig Wir-
kung zeigen wird, sodass danach die Anträge von Asyl-
bewerbern aus anderen Ländern wieder verstärkt bear-
beitet werden können.
24666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 29
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Fragen der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE
LINKE) (Drucksache 17/11282, Fragen 42 und 43):
Inwieweit wird die Bundesregierung dem Wunsch der
hungerstreikenden Flüchtlinge am Brandenburger Tor ent-
sprechen, mit ihnen über ihre politischen Forderungen ins Ge-
spräch zu kommen – durch wen, wann –, und welche Schluss-
folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass
die Protestierenden offenkundig derart unter den Restriktio-
nen des geltenden Asylsystems leiden, dass sie solche persön-
lich höchst belastenden Formen des Protests einzugehen be-
reit sind – Protestfußmarsch über Hunderte Kilometer nach
Berlin, Hungerstreik im Freien, bei Kälte, Tag und Nacht?
Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, die Forderungen
der hungerstreikenden Flüchtlinge am Brandenburger Tor
bzw. des Protestcamps am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg
nach Abschaffung von Sondergesetzen – der Residenzpflicht,
der Arbeitsverbote und -restriktionen, des Asylbewerberleis-
tungsgesetzes und der verpflichtenden Lagerunterbringung –
zumindest zu prüfen oder aufzugreifen, und inwieweit be-
rücksichtigt die Bundesregierung dabei, dass die Betroffenen
sich aktiv und produktiv in die deutsche Gesellschaft einbrin-
gen wollen, statt infolge der gesetzlichen Beschränkungen zu
Isolation, Untätigkeit und finanzieller Abhängigkeit gezwun-
gen zu sein – bitte ausführen?
Zu Frage 42:
Frau Staatsministerin Professor Dr. Böhmer, die Be-
auftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht-
linge und Integration, hat die Asylbewerber am Nach-
mittag des 1. November 2012 getroffen und mit ihnen
– gemeinsam mit der Berliner Senatorin für Arbeit, Inte-
gration und Frauen, Frau Dilek Kolat – ein vierstündiges
Gespräch geführt. Die Staatsministerin hat sich im An-
schluss an das Gespräch vor der Presse zu ihren Eindrü-
cken und Schlussfolgerungen aus dem Gespräch ge-
äußert. Der Hungerstreik der Asylbewerber wurde am
Abend des 1. November 2012 abgebrochen. Weiterer
Gesprächsbedarf besteht aus Sicht der Bundesregierung
nicht.
In Anbetracht der Tatsache, dass sich derzeit über
50 000 Personen in Deutschland im Asylverfahren und
über 20 000 im gerichtlichen Verfahren befinden, erge-
ben sich aus den vereinzelten Protestfällen für die Bun-
desregierung keine zwingenden Schlussfolgerungen.
Zu Frage 43:
Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass
Asylbewerber nicht in „Lagern“ untergebracht werden.
Unabhängig davon hält die Bundesregierung die an-
gesprochenen Regelungen weiterhin für erforderlich. Im
Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
vom 18. Juli 2012 wird das Asylbewerberleistungsgesetz
derzeit überarbeitet.
Im Übrigen weist die Bundesregierung die in der
Frage enthaltenen Unterstellungen zurück.
Anlage 30
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage
der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/11282, Frage 44):
Inwieweit gibt es gesetzliche Bestimmungen, wonach die
Versicherungswirtschaft Kfz-Versicherungstarife nach Le-
bensalter der Fahrerinnen und Fahrer differenzieren muss
oder darf?
Weder das Versicherungsaufsichtsrecht noch das Ver-
sicherungsvertragsrecht enthalten entsprechende Rege-
lungen. Die für die Prämienkalkulation relevanten Risi-
komerkmale werden vertraglich – regelmäßig mit den
Allgemeinen Versicherungsbedingungen – vereinbart; in
die Vertragsfreiheit wird insoweit nicht eingegriffen.
Eine entsprechende Vereinbarung stellt auch keine Be-
nachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehand-
lungsgesetzes, AGG, dar. Sofern man die Berücksichti-
gung des Alters als „unterschiedliche Behandlung“
ansehen will, ist sie zulässig, wenn sie auf anerkannten
Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbeson-
dere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten
Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhe-
bungen (§ 20 Abs. 2 Satz 3 AGG).
Anlage 31
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/11282, Frage 45):
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen,
um beim Ecofin, Rat für Wirtschaft und Finanzen, am
13. November 2012 einen Beschluss zur Genehmigung der
verstärkten Zusammenarbeit für eine Finanztransaktionsteuer
gemäß der von der Kommission vorgeschlagenen Beschluss-
fassung zu erreichen, und mit welchen Vorschlägen zur Aus-
gestaltung der Steuer – gemäß der interfraktionellen Vereinba-
rung vom 21. Juni 2012 – wird sich die Bundesregierung im
darauffolgenden Prozess einbringen?
Die Bundesregierung unterstützt weiterhin mit Nach-
druck die Einführung eines gemeinsamen Finanztransak-
tionsteuersystems, nachdem es ihr gelungen ist, insge-
samt zehn weitere EU-Mitgliedstaaten für eine verstärkte
Zusammenarbeit in diesem Bereich zu gewinnen.
Vor einer Beschlussfassung des Ecofin-Rates über
den Vorschlag der EU-Kommission für den Ermächti-
gungsbeschluss zur verstärkten Zusammenarbeit ist nach
den EU-Verträgen die Zustimmung des EU-Parlaments
erforderlich. Diese liegt noch nicht vor. Es ist somit da-
von auszugehen, dass der Ecofin-Rat am 13. November
2012 keine Entscheidung über den Vorschlag der EU-
Kommission treffen wird.
Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand der Bundes-
regierung plant die EU-Kommission, ihren Vorschlag für
die Ausgestaltung einer Finanztransaktionsteuer im
Wege der verstärkten Zusammenarbeit nach der An-
nahme des Ermächtigungsbeschlusses vorzulegen. Die
Bundesregierung wird den Vorschlag prüfen und – so-
weit erforderlich – die vereinbarten Ziele aus dem Pakt
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24667
(A) (C)
(D)(B)
für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung in die
Verhandlungen einbringen.
Anlage 32
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra-
gen der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE
LINKE) (Drucksache 17/11282, Fragen 46 und 47):
Welchen Gruppen von Betroffenen, die nicht formal als
Verfolgte des NS-Regimes im Sinne des § 1 des Bundesent-
schädigungsgesetzes anerkannt sind, kann eine Steuerbefrei-
ung nach § 3 Nr. 8 a des Einkommensteuergesetzes gewährt
werden, und wie soll eine hinreichende Information der Be-
troffenen und der Beschäftigten in den Finanzbehörden und
bei der Deutschen Rentenversicherung erreicht werden (ver-
gleiche Antwort der Bundesregierung vom 4. Oktober 2012
auf meine schriftliche Frage 31 auf Bundestagsdrucksache
17/10925)?
Welche Bedingungen – Art der Prüfung, Form, Inhalt und
Umfang der Unterlagen – sind bisher als Voraussetzungen für
eine Steuerbefreiung anerkannt worden, und wäre nicht ange-
sichts des zumeist hohen Alters der Betroffenen eine regel-
hafte Einbeziehung des Verfolgtenstatus nach Entschädi-
gungsrentengesetz sinnvoll?
Zu Frage 46:
Die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 8 a Einkommen-
steuergesetz wird jenen Personen gewährt, die – ohne
formal als Verfolgte des NS-Regimes anerkannt zu sein
– die Voraussetzungen des § 1 Bundesentschädigungsge-
setz, BEG, erfüllen. Nach dieser Vorschrift ist Verfolgter,
„wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den
Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des
Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozia-
listische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und
hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Frei-
heit, Eigentum, Vermögen, in seinem beruflichen oder in
seinem wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat“.
Weitere Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist in je-
dem Fall, dass in der Sozialversicherungsrente renten-
rechtliche Zeiten aufgrund der Verfolgung enthalten
sind. Nur dann besteht ein Zusammenhang zwischen der
Sozialversicherungsrente und der Verfolgung durch das
NS-Regime.
Die Finanzbehörden prüfen die Voraussetzungen des
§ 3 Nr. 8 a EStG, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die
Steuerbefreiung in Betracht kommt. Im Wege der Amts-
hilfe ist ihnen hierbei die Deutsche Rentenversicherung
behilflich. Außerdem werden potenziell Betroffene in
Anschreiben der Finanzämter und in Bescheiden auf die
Regelung hingewiesen.
Zu Frage 47:
Die Erhebung der Einkommensteuer obliegt den Fi-
nanzbehörden der Länder. Diese haben die Steuerbefrei-
ung des § 3 Nr. 8 a EStG in vielen Fällen automatisch,
aufgrund des Ergebnisses der Amtshilfe durch in- und
ausländische Behörden gewährt. Im Übrigen hängt es
von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, wel-
che Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen er-
forderlich sind.
Die Entscheidung hierüber trifft die zuständige Lan-
desfinanzbehörde.
Die Prüfung der Voraussetzungen des § 3 Nr. 8 a EStG
erfolgt nach einheitlichen Grundsätzen. Abgestellt wird
dabei auf die Voraussetzungen des § 1 Bundesentschädi-
gungsgesetz. Eine Ausdehnung der Befreiungsvor-
schrift auf Personengruppen, die die Voraussetzungen
des § 1 Bundesentschädigungsgesetz nicht erfüllen,
stünde hierzu im Widerspruch und ist folglich nicht zu-
lässig.
Anlage 33
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra-
gen des Abgeordneten Harald Ebner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fragen 48 und
49):
Wie beurteilt die Bundesregierung das Vorhaben der Euro-
päischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, EBRD,
Garantien in Höhe von 40 Millionen Euro für die Vermark-
tung von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln in Osteuropa
bzw. der Türkei bereitzustellen – Monsanto Risk Sharing –,
und welche Position wird die Bundesregierung bei der Ent-
scheidung über diese Garantiebewilligung Mitte Januar 2013
bei dem Treffen der Mitgliedsländer der EBRD einnehmen?
Wie beurteilt die Bundesregierung die möglichen Auswir-
kungen des Projekts „Monsanto Risk Sharing“ der EBRD auf
die agrarwirtschaftlichen Strukturen in (Ost-)Europa vor dem
Hintergrund der erheblich gestiegenen globalen Konzentra-
tion der Saatgutmärkte mit einer dominierenden Marktmacht
weniger großer Konzerne wie die Monsanto Agrar Deutsch-
land GmbH, insbesondere im Hinblick auf den Verlust an
Agrobiodiversität, der genetischen Sortenvielfalt bei Nutz-
pflanzen und der Verfügbarkeit von nichtgentechnisch verän-
dertem Saatgut für die Landwirtschaft?
Zu Frage 48:
Zu dem Projekt liegen gegenwärtig noch keine kon-
kreten Angaben vor. Die Entscheidung im zuständigen
Entscheidungsgremium der EBRD, dem Exekutivdirek-
torium, ist am 15. Januar 2013 vorgesehen. Die Ent-
scheidungsvorlage der EBRD wird frühestens Ende De-
zember 2012 erwartet. Daher kann das Projekt mit
seinen Auswirkungen von der Bundesregierung derzeit
noch nicht abschließend beurteilt werden.
Zu Frage 49:
Die Auswirkungen des Projekts können von der Bun-
desregierung nicht beurteilt werden, da die konkrete Ent-
scheidungsvorlage der EBRD noch nicht vorliegt. Auf
die Antwort zu Frage 48 wird verwiesen.
Anlage 34
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra-
ge 50):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 zum
24668 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
Asylbewerberleistungsgesetz (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11),
nach welchem die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschen-
würde migrationspolitisch nicht zu relativieren ist, bei flücht-
lingsrechtlichen Fragen – Residenzpflicht, Existenzminimum,
Sachleistungen, Arbeitserlaubnis, Integrationskurse etc. –,
und wann wird sie dieses Urteil umsetzen?
Die Bundesregierung wird das Urteil des Bundesver-
fassungsgerichts entsprechend den dort aufgestellten
Grundsätzen umsetzen und unverzüglich eine Neurege-
lung zur Sicherung des Existenzminimums von Leis-
tungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsge-
setz vorlegen. Wie die Neubemessung im Einzelnen
erfolgen wird und ob darüber hinaus mit dem Gesetzge-
bungsvorhaben noch andere Änderungen angestrebt
werden, wird innerhalb der Bundesregierung abge-
stimmt.
Anlage 35
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282,
Frage 51):
Hält die Bundesregierung es für zulässig, dass Vermittler
beim Jobcenter Arbeitslose – mit oder ohne deutsch klingen-
dem Namen – im Vermittlungsgespräch zu einem eigenen Mi-
grationshintergrund oder einem etwaigen der Eltern befragen,
wie mir dies vom Jobcenter in Berlin-Steglitz berichtet wurde,
und wie rechtfertigt die Bundesregierung gegebenenfalls sol-
che Fragen?
Die Erhebung des Merkmals Migrationshintergrund
durch die Agenturen für Arbeit und Jobcenter wird von
der Bundesregierung als zulässig erachtet. Sie erfolgt ge-
mäß § 281 Abs. 2 SGB ausschließlich zu statistischen
Zwecken. Die Daten werden anonymisiert.
Der Gesetzgeber hat bereits mit der Verabschiedung
des sogenannten Job-AQTIV-Gesetzes 2001 die Forde-
rung verbunden, Personen mit Migrationshintergrund in
den Förderstatistiken der Bundesagentur für Arbeit
gesondert zu berücksichtigen. Mit dem Gesetz zur Ein-
führung der Unterstützten Beschäftigung vom 22. De-
zember 2008 wurde eine gesetzliche Grundlage zur
Erhebung des Migrationshintergrundes sowie eine Ver-
ordnungsermächtigung durch den Gesetzgeber geschaf-
fen. Die Verordnung zur Erhebung der Merkmale des
Migrationshintergrundes (Migrationshintergrund-Erhe-
bungsverordnung – MighEV) wurde am 29. September
2010 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Der Migrationshintergrund soll in der Arbeitsmarkt-
und Grundsicherungsstatistik als weiteres soziodemo-
grafisches Merkmal eingeführt werden und dort bereits
vorhandene Merkmale wie Nationalität ergänzen. Um
spezifische arbeitsmarktpolitische Maßnahmen auf Bun-
desebene steuern und wirksam weiterentwickeln zu kön-
nen, werden aussagekräftige und detaillierte statistische
Daten benötigt. Eine genaue Beobachtung der Arbeitslo-
sigkeit sowie die Analyse des Zugangs einzelner Ziel-
gruppen zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind
dabei unumgänglich. Die Erfassung des Merkmals deut-
scher oder ausländischer Staatsangehörigkeit ist insbe-
sondere mit Hinblick auf die Veränderungen im Staats-
angehörigkeitsrecht und dem verstärkten Zuzug von
Spätaussiedlern aus den postkommunistischen Staaten
nach 1990 zunehmend weniger geeignet, Zuwanderer zu
erfassen. Auch in anderen Bereichen – wie beispiels-
weise der Schulstatistik – bestehen Initiativen, Personen
mit Migrationshintergrund genauer zu berücksichtigen,
um den besonderen Bildungsbedarfen und den Anforde-
rungen an Hilfestellungen für diese Personengruppe bes-
ser gerecht werden zu können. Auch wird von Europäi-
schen Gremien zunehmend gefordert, Migranten – und
damit ein weiterer Personenkreis als der mit ausländi-
scher Staatsangehörigkeit – in Bevölkerungsstatistiken
zu berücksichtigen.
Anlage 36
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage
des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 52):
Welche Position bezieht die Bundesregierung zu den For-
derungen, bei der Novelle des Tierschutzgesetzes kein Verbot
des Schenkelbrands bei Pferden einzuführen und den Zeit-
punkt für das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration
über 2017 hinaus zu verschieben?
Die Position der Bundesregierung ergibt sich aus dem
von ihr beschlossenen Entwurf eines Dritten Gesetzes
zur Änderung des Tierschutzgesetzes. Dem Deutschen
Bundestag steht es als Gesetzgeber frei, das Gesetz auch
in abgeänderter Form zu beschließen.
Anlage 37
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Fragen des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)
(Drucksache 17/11282, Fragen 53 und 54):
Welche Schlussfolgerungen zieht und welche Aktivitäten
unternimmt die Bundesregierung angesichts der Tatsache,
dass nach Selbsteinschätzung 94 Prozent der Frauenhäuser für
Frauen mit Behinderungen „nicht geeignet“ oder nur „teils-
teils geeignet“ sind und lediglich 25 Prozent der Fachbera-
tungsstellen sich als für Frauen mit Behinderungen geeignet
erweisen (siehe Unterrichtung durch die Bundesregierung,
„Bericht zur Situation der Frauenhäuser, der Fachberatungs-
stellen und anderer Unterstützungsangebote für gewaltbe-
troffene Frauen und deren Kinder“, Bundestagsdrucksache
17/10500)?
Was hat die Bundesregierung seit Inkraftreten der UN-Be-
hindertenrechtskonvention am 26. März 2009 zur Verbesse-
rung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen mit Behin-
derungen, insbesondere mit Blick auf die Art. 5, 6, 16, 17, 23,
25 und 31, getan, und welche Ergebnisse wurden dabei er-
zielt?
Zu Frage 53:
Die angesprochene Bestandsaufnahme zeigt: Für
Frauen mit Behinderungen sind viele Angebote in Ab-
hängigkeit von der Art der Behinderung bislang nur be-
dingt geeignet:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24669
(A) (C)
(D)(B)
28 Prozent der Frauenhäuser gaben an, sie seien für
Frauen mit Behinderung nicht geeignet; 66 Prozent hal-
ten sich für teilweise geeignet; 7 Prozent der Frauenhäu-
ser halten sich für gut geeignet. Probleme werden wegen
fehlender barrierefreier, insbesondere rollstuhlgerechter
Ausstattung genannt, weniger wegen fehlender perso-
neller oder fachlicher Qualifikation. Von den Fachbera-
tungsstellen gaben 9 Prozent an, sie seien für Frauen mit
Behinderungen nicht geeignet, 61 Prozent teilweise ge-
eignet; 27 Prozent halten sich für gut geeignet, und
3 Prozent sind auf diese Zielgruppe spezialisiert.
Die Bundesregierung ist sehr daran interessiert, dass
die Hilfsangebote für Frauen mit Behinderungen geeig-
net sind. Allerdings fallen die räumliche und personelle
Ausstattung sowie die fachliche Ausrichtung der Unter-
stützungsangebote in die Zuständigkeit der Länder und
Kommunen.
Die Bundesregierung unterstützt die Qualitätsdiskus-
sion in den Einrichtungen unter anderem durch finan-
zielle Förderung der bundesweiten Vernetzungsstellen
der Frauenhäuser, Frauenhauskoordinierung e. V., sowie
der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, bff e. V.
Mit finanzieller Förderung des BMFSFJ wurde zu-
dem ein Ratgeber für Beraterinnen „Gut beraten“ durch
die Politische Interessenvertretung behinderte Frauen –
Weibernetz e. V. erstellt.
Als zentrale Maßnahme im Bereich Gewalt gegen
Frauen richtet die Bundesregierung derzeit ein bundes-
weites Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ein. Das Hil-
fetelefon wird eine wichtige Ergänzung zu den bestehen-
den Einrichtungen vor Ort gerade für solche
Gewaltopfer sein, für die der Weg in eine Beratungs-
stelle körperlich, sprachlich oder kulturell bedingt eine
große Hürde darstellt, wie für Frauen mit Behinderung
und Migrantinnen. Im Hilfetelefongesetz, § 4 Abs. 4, ist
ausdrücklich geregelt, dass die Angebote des Hilfetele-
fons barrierefrei und mehrsprachig einzurichten sind.
Zu Frage 54:
Mit dem Nationalen Aktionsplan der Bundesregie-
rung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven-
tion vom 15. Juni 2011 wurde eine langfristige Ge-
samtstrategie zur Umsetzung des Übereinkommens
erstellt. Die Aktivitäten der Bundesregierung zur Ver-
besserung der Lebenssituationen von Frauen und Mäd-
chen mit Behinderungen wurden dabei sowohl in einem
eigenen Handlungsfeld „Frauen mit Behinderungen“ als
auch als Querschnittsthema „Gender Mainstreaming“
umfassend berücksichtigt und betreffen sowohl die
Art. 5, 6, 16, 17, 23, 25 und 31.
Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der vom Bun-
desministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend, BMFSFJ, herausgegebenen Repräsentativstudie
„Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Be-
einträchtigungen und Behinderungen“ und der dadurch
belegten hohen Gewaltbelastung von Frauen mit Behin-
derung liegt ein Schwerpunkt auf dem Schutz und der
Prävention von Frauen mit Behinderungen vor Gewalt
und Diskriminierung.
Dazu hat das BMFSFJ unter anderem folgende Pro-
jekte gefördert: „Frauenbeauftragte in Werkstätten für
Menschen mit Behinderungen und den Wohneinrichtun-
gen“ und „Politische Interessenvertretung behinderte
Frauen – Weibernetz e. V.“
Der künftige Bericht der Bundesregierung zu den Le-
benslagen von Menschen mit Behinderungen wird die
Lebenslagen von Frauen und Mädchen mit Behinderun-
gen berücksichtigen und im Rahmen der Verfügbarkeit
der Daten die Indikatoren geschlechterdifferenziert auf-
bereiten.
Anlage 38
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ulrike Flach auf die Fragen des
Abgeordneten Harald Weinberg (DIE LINKE) (Druck-
sache 17/11282, Fragen 55 und 56):
Sehen die Pläne der Bundesregierung für den Fall, dass sie
die Praxisgebühr abschaffen, aussetzen oder umgestalten will,
einen Ausgleichsmechanismus für die Krankenkassen vor, die
dadurch bevorteilt oder benachteiligt würden?
Welche Merkmale an der Versichertenstruktur von Kran-
kenkassen führen zusammen mit den Plänen der Bundesregie-
rung bezüglich der Praxisgebühr zu einer künftigen Besser-
oder Schlechterstellung dieser Kassen, gemessen am Status
quo?
Zu Frage 55:
Die die Bundesregierung tragenden Koalitionspartner
von CDU, CSU und FDP haben beschlossen, die soge-
nannte Praxisgebühr zum 1. Januar 2013 abzuschaffen.
Die damit verbundenen Fragen werden im Rahmen der
Erarbeitung des entsprechenden Gesetzentwurfs geklärt.
Im Übrigen können valide Aussagen zu den unterschied-
lichen Auswirkungen einer Abschaffung der Praxisge-
bühr auf die einzelnen Krankenkassen nicht getroffen
werden.
Zu Frage 56:
Auf die Antwort zu Frage 55 wird verwiesen. Tenden-
ziell ist davon auszugehen, dass Krankenkassen mit einem
deutlich überproportionalen Anteil an Zuzahlungsbefrei-
ungen durch die seinerzeitige Einführung der Praxisge-
bühr und weitere deutliche Zuzahlungsanhebungen in
Verbindung mit den Härtefallregelungen durch das GKV-
Modernisierungsgesetz ab dem Jahr 2004 eher belastet
wurden. Etwaige Mehrbelastungen im Zusammenhang
mit der Einführung der Praxisgebühr würden somit mit
der Abschaffung der Praxisgebühr vermutlich wieder
aufgehoben.
Anlage 39
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ulrike Flach auf die Frage der
Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE LINKE) (Drucksa-
che 17/11282, Frage 57):
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich
der in der Fernsehsendung Frontal 21 vom 30. Oktober 2012
24670 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
erhobenen Vorwürfe, dass die gesetzliche Krankenkasse
KKH-Allianz (Ersatzkasse) schwererkrankte Mitglieder zur
Kündigung gedrängt haben soll (laut Medienberichten vom
1. November 2012 hat die Aufsichtsbehörde, das Bundesver-
sicherungsamt, bis Anfang der Woche eine Antwort der Kran-
kenkasse eingefordert), und welche Konsequenzen bzw.
Sanktionen erachtet die Bundesregierung zum Schutze der
Mitglieder für notwendig, sollten sich diese Vorwürfe bestäti-
gen oder ähnliche Vorfälle ereignen?
Das Fernsehmagazin Frontal 21 hat in seiner Sen-
dung vom 30. Oktober 2012 den Vorwurf erhoben, die
KKH-Allianz habe schwerkranke und damit besonders
teure Versicherte dazu aufgefordert, ihre Mitgliedschaft
zu kündigen. Die Bundesregierung verfügt abgesehen
von der Berichterstattung über keine weiteren Erkennt-
nisse zu den Vorwürfen gegenüber der KKH-Allianz.
Den Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse
steht nach § 175 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
SGB V, ein Wahlrecht zu, das frei und ohne Einfluss-
nahme Dritter auszuüben ist. Krankenkassen dürfen
niemanden zu einer Kündigung auffordern und keine
Risikoselektion zulasten schwerkranker und teurer Ver-
sicherter betreiben. Zu diesen Zwecken dürfen auch die
Daten der Versicherten einer Krankenkasse nicht ausge-
wertet werden. Sollten sich die Vorwürfe gegenüber der
KKH-Allianz bewahrheiten, hat sie gegen geltendes
Recht verstoßen.
Es ist Aufgabe der Aufsichtsbehörden, sicherzustel-
len, dass die gesetzlichen Krankenkassen Recht und Ge-
setz einhalten. Sofern ein Rechtsverstoß vorliegt, stehen
den Aufsichtsbehörden die allgemeinen Aufsichtsmittel
zur Verfügung, um die Rechtsverletzung zu beheben.
Das Bundesversicherungsamt als für die KKH-Allianz
zuständige Aufsichtsbehörde hat die Krankenkasse um
Stellungnahme bis zum 7. November 2012 aufgefordert.
Diese Stellungnahme wird zunächst auszuwerten sein.
Anlage 40
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ulrike Flach auf die Frage der
Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE LINKE) (Drucksa-
che 17/11282, Frage 58):
Ist die Bundesregierung weiterhin der Meinung, dass der
derzeit existierende krankheitsorientierte Risikostrukturaus-
gleich, Morbi-RSA, der einen gewissen finanziellen Aus-
gleich zwischen den einzelnen Krankenkassen auch hinsicht-
lich des Krankheitszustands ihrer Versicherten und der daraus
entstehenden Behandlungskosten erzeugen soll, ausreichend
sei bzw. gar reduziert und vereinfacht werden sollte, wie es im
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP steht, oder
stimmt die Bundesregierung damit überein, dass trotz Morbi-
RSA gesunde Versicherte weiterhin für die Krankenkassen
das bessere Risiko darstellen und insbesondere bei der Ab-
deckung der Leistungsausgaben für multimorbide Versicherte
Verbesserungsbedarf besteht?
Der Evaluationsbericht des Wissenschaftlichen Bei-
rats zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich
hat ergeben, dass die Zielgenauigkeit des Morbi-RSA
gegenüber dem Alt-RSA deutlich verbessert wurde. Die
Berücksichtigung der Morbidität der Versicherten hat zu
einer deutlichen Verbesserung bei der Deckung der
durchschnittlichen Leistungsausgaben auf Individual-,
Gruppen- und Kassenebene geführt. Das heißt, die Fi-
nanzausstattung der Krankenkassen mit vielen kranken
Versicherten hat sich insgesamt deutlich verbessert. Auf
der Grundlage dieser Ergebnisse vertritt die Bundesre-
gierung weiterhin die Auffassung, dass wesentliche Än-
derungen des Morbi-RSA derzeit nicht vorzunehmen
sind.
Anlage 41
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra-
ge 59):
Welche Festlegungen des Bundes schreiben vor, dass die
Länder die Realwerte statt der Nominalwerte der Vorhaben
zum Bundesprogramm des Gemeindeverkehrsfinanzierungs-
gesetzes, GVFG, anmelden müssen, und wie verhält sich die
Bundesregierung dazu, dass nur die aktuellen Nominalwerte
die tatsächlichen Gesamtkosten der Vorhaben im GVFG-Bun-
desprogramm wiedergeben?
Im Rahmen des Programms gemäß § 6 Abs. 1 Ge-
meindeverkehrsfinanzierungsgesetz, GVFG, unterstützt
der Bund die Länder in finanzieller Hinsicht, indem er
ihnen Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsver-
hältnisse der Gemeinden gewährt.
Die Anmeldungen für das GVFG-Bundesprogramm
erfolgen durch die Länder. Diese beziffern die Gesamt-
kosten in eigener Zuständigkeit; hier gibt es keine Fest-
legungen.
Anlage 42
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra-
ge 60):
Welche Position vertritt die Bundesregierung hinsichtlich
der Möglichkeit, eine Gesetzesgrundlage zu schaffen, die de-
finiert, unter welchen Umständen eine Vollschranken- in eine
Halbschrankenanlage umgewandelt werden kann, und in wel-
cher Weise beabsichtigt sie in dieser Frage aktiv zu werden?
Ob für einen Bahnübergang eine Voll- oder eine Halb-
schranke zu errichten ist, wird im Rahmen der Planfest-
stellung unter Berücksichtigung der Belange des kreuzen-
den Straßenverkehrs verbindlich festgelegt. Maßgebliche
Kriterien hierbei sind unter anderem die Dichte der Zug-
folge, die Intensität des Straßenverkehrs und die Nut-
zung durch Fußgänger, insbesondere durch Kinder. Da
die Entscheidung, ob ein Bahnübergang mit Halb- oder
Vollschranken aus- oder umzurüsten ist, immer das Er-
gebnis einer Einzelfallbetrachtung darstellt, ist die
Schaffung gesetzlicher Vorschriften nicht geplant.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24671
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 43
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE)
(Drucksache 17/11282, Frage 61):
Warum hat die Deutsche Bahn AG nach Kenntnis der
Bundesregierung ihre öffentliche Ankündigung vom April
2012 (vergleiche den Tagesspiegel, 27. April 2012, und Ant-
wort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Frak-
tion Die Linke „Ausbleibende Unterstützung für den Zug der
Erinnerung“, Bundestagsdrucksache 17/11227), 30 000 Euro
aus Gebühren, die der Zug der Erinnerung an Gebühren ent-
richtet hatte, an die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zu-
kunft“, EVZ, zu spenden, bislang nicht umgesetzt, und inwie-
weit wird sie diese Ankündigung noch umsetzen?
Der Bundesregierung hat zu der Gesamtthematik erst
vor wenigen Tagen umfassend im Rahmen der Antwort
auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Bundes-
tagsdrucksache 17/10939, Stellung genommen.
Ergänzend weist die Bundesregierung auf Folgendes
hin: Der Bundesregierung ist eine öffentliche Ankündi-
gung der Deutschen Bahn AG, DB AG, vom April 2012
nicht bekannt, wonach die DB AG zugesagt haben soll,
30 000 Euro, die der Zug der Erinnerung in der Vergan-
genheit an Trassenentgelten entrichtet hatte, an die Stif-
tung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“, EVZ, zu
spenden.
In Anerkennung des Anliegens des Vereins Zug der
Erinnerung hat die DB AG bereits 2009 in Abstimmung
mit der Bundesregierung eine Spende von 175 000 Euro
an die EVZ überreicht, wovon 150 000 Euro dem Verein
Zug der Erinnerung zugutegekommen sind. Nach Ge-
sprächen mit verschiedenen Opferverbänden hat sich die
DB AG im Jahr 2010 in Abstimmung mit der Bundesre-
gierung dazu entschlossen, weitere Spendenmittel in
Höhe von 5 Millionen Euro für humanitäre Projekte der
Stiftung EVZ zur Verfügung zu stellen.
Die Bundesregierung begrüßt es ausdrücklich, dass
die DB AG nunmehr zugesagt hat, etwaige Einnahmen
aus Trassenentgelten, die aus Fahrten des Zugs der Erin-
nerung seit Januar 2012 generiert werden, der Stiftung
EVZ zukommen zu lassen.
Anlage 44
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 62):
Welche Organisationen und Interessengruppen auch von
studentischer Seite sollen zu dem vom Bundesminister für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, vor-
geschlagenen Runden Tisch zur Bereitstellung von bezahlba-
rem Wohnraum für Studierende, der noch nicht terminiert ist,
eingeladen werden, und mit welchen eigenen Initiativen auch
finanzieller Art und Vorschlägen über bloße Appelle oder Vor-
würfe an die Adresse der Länder, sie seien für den Wohnungs-
markt zuständig, auf der Anklagebank sitze aber der Bundes-
minister und nicht ein Landesminister (siehe „Ramsauer will
Studenten kasernieren“, erschienen in der Financial Times
Deutschland vom 17. Oktober 2012), hinaus werden der Bun-
desminister und die Bundesregierung den Runden Tisch zur
Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende
zum Erfolg führen?
Das Gespräch wird in Kürze terminiert. Die Einzel-
heiten werden derzeit abgestimmt.
Anlage 45
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 63):
Warum hat die Bundesregierung darauf verzichtet, in der
vergangenen Sitzung des Aufsichtsrates der Flughafen Berlin
Brandenburg GmbH, FBB, am 1. November 2012 auf die Ab-
lösung des Flughafenchefs Dr. Rainer Schwarz zu drängen,
und wird die Bundesregierung weitere Gelder für den Flugha-
fen Berlin Brandenburg, BER, bereitstellen, wenn Dr. Rainer
Schwarz im Amt bleibt?
Der Bund ist am Stammkapital der Flughafen Berlin
Brandenburg GmbH, FBB, mit 26 Prozent beteiligt. Im
drittelparitätisch besetzten Aufsichtsrat der FBB, der für
die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung
zuständig ist, sind für den Bund zwei von insgesamt
15 Aufsichtsratsmitgliedern vertreten. Beschlüsse des
Aufsichtsrates bedürfen mindestens einer einfachen
Mehrheit. Dennoch konnte der Bund erfolgreich auf eine
gemeinsame Beschlusslinie im Aufsichtsrat in seiner Sit-
zung am 1. November 2012 hinwirken. Der einstimmige
Beschluss des Überwachungsorgans zielt auf eine zeit-
nahe Aufklärung der Ursachen und Folgen sowie der
Verantwortlichkeiten – insbesondere unter haftungs-
rechtlichen Aspekten – ab. Dies erfolgt unter Herein-
nahme externen Sachverstands.
Die Bundesregierung sieht sich unverändert in der
Mitverantwortung, das Projekt Hauptstadtflughafen BER
zu verwirklichen und eine entsprechende Kapitalausstat-
tung der Gesellschaft sicherzustellen.
Anlage 46
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 64):
Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Ver-
besserung des Schienenverkehrs zwischen Deutschland und
Polen, und welchen konkreten Zeitplan bezüglich der Umset-
zung der Einzelmaßnahmen legt die Bundesregierung derzeit
zugrunde?
Der Ausbau der grenzüberschreitenden Eisenbahn-
verbindungen zwischen der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Republik Polen hat für Deutschland hohe
Priorität.
Mehrere Ausbauprojekte sind bereits abgeschlossen
oder weit vorangekommen, unter anderem der Ausbau
der Strecke Berlin–Frankfurt (Oder)–Grenze Deutsch-
land/Polen und der Strecke Berlin–Cottbus–Görlitz.
Im Zuge des Ausbaus der grenzüberschreitenden
Strecke Berlin–Frankfurt (Oder)–Grenze Deutschland
24672 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012
(A) (C)
(D)(B)
(Deutschland/Polen) ist der 56 Kilometer lange Ab-
schnitt Erkner–Frankfurt (Oder) bereits seit Dezember
2006 für eine Streckengeschwindigkeit von 160 Kilome-
ter pro Stunde befahrbar, im Dezember 2008 wurde die
neue Eisenbahngrenzbrücke über die Oder bei Frankfurt
(Oder) in Betrieb genommen. Zwischenzeitlich wurde
der Umbau des Bahnhofs Erkner im November 2009 ab-
geschlossen.
Derzeit erfolgt der Ausbau des Abschnittes Ber-
lin–Erkner, der voraussichtlich Ende 2016 fertiggestellt
sein soll.
Mit dem zweigleisigen Ausbau einschließlich Elektri-
fizierung der Vorrangstrecke für den Güterverkehr
Hoyerswerda–Horka–Grenze Deutschland/Polen wurde
im Frühjahr 2012 begonnen. Ziel ist es, den Ausbau, der
abschnittsweise unter Totalsperrung erfolgt, im Jahre
2016 abzuschließen.
Zur Fertigstellung des Ausbaus und der Elektrifizie-
rung der Strecke Berlin–Stettin (Szcezcin) hat die deut-
sche Seite nunmehr Einvernehmen mit der polnischen
Seite erzielt. Eine Fertigstellung wird bis 2020 ange-
strebt. Eine Unterzeichnung des erforderlichen Ressort-
abkommens mit Polen wird von beiden Seiten für De-
zember 2012 vorbereitet.
Anlage 47
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Druck-
sache 17/11282, Frage 65):
Ist die Bundesregierung bereit, die im Rahmen der Um-
strukturierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des
Bundes, WSV, beabsichtigte Errichtung einer Generaldirek-
tion auch ohne ein Rechtsbereinigungsgesetz durchzuführen,
und, wenn ja, welche Aufgaben wird diese zusätzliche Be-
hörde übernehmen, wenn nicht im gleichen Zug die sieben
Wasser- und Schifffahrtsdirektionen in Außenstellen umge-
wandelt werden?
Das Zuständigkeitsanpassungsgesetz ist keine Vo-
raussetzung für die Arbeitsaufnahme der neuen zentralen
Behörde. Sie wird zunächst die bisher vom BMVBS
wahrgenommenen konzeptionellen und operationellen
Steuerungsaufgaben in den Bereichen Personal, Organi-
sation und Haushalt sowie die nicht einzelnen Wasser-
und Schifffahrtsdirektionen zugewiesenen mittelbehörd-
lichen Fachaufgaben wahrnehmen.
Anlage 48
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Druck-
sache 17/11282, Frage 66):
Welche Investitionen werden an Binnenwasserstraßen der
Kategorie „sonstige Wasserstraßen“ in Zukunft noch durchge-
führt, wenn die Bundesregierung ihre Pläne im Rahmen der
Reform der WSV umsetzt, und was entgegnet die Bundesre-
gierung Wassersportlern und -touristen, die um Instandhal-
tung und Betrieb der Schleusen von Binnenwasserstraßen
fürchten, auf denen kein gewerblicher Gütertransport stattfin-
det?
Für Bundeswasserstraßen, die entsprechend ihres ge-
ringen Transportbedarfs als „sonstige Wasserstraße“ ein-
gestuft wurden, bedeutet die Kategorisierung, dass
grundsätzlich der bestehende Zustand erhalten werden
soll, soweit dies wirtschaftlich vertretbar ist.
Anlage 49
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE)
(Drucksache 17/11282, Fragen 67 und 68):
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass der
MOX-Transport – MOX: Mischoxid – über den Wesertunnel
geschickt werden könnte, obwohl dort bei einem Brand die
Hitze nicht abziehen kann und der Behälter nur auf einen
30-minütigen Brand von 800 Grad Celsius ausgelegt ist, ob-
wohl zum Beispiel ein Propangasbrand 2 000 Grad Celsius er-
reichen kann?
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor,
dass der MOX-Transport über die A 27 Richtung Bremen ge-
schickt werden könnte, obwohl der Transport dann zwischen
der Abfahrt Uthlede und Schwanewede wegen einer Baustelle
voraussichtlich bis zum 21. November 2012 einspurig über
10 Kilometer auf der Gegenseite geführt werden müsste und
es dabei durch die Einwirkung von Dritten leicht zu einem
Unfall kommen könnte?
Aus Gründen des physischen Schutzes von Transpor-
ten gegen Einwirkungen Dritter werden keine Angaben
zum Transportzeitpunkt und zur Strecke, auf der ein sol-
cher Transport geführt wird, gemacht.
Eventuelle Einschränkungen im Straßenverkehr wer-
den bei der Planung der Transporte berücksichtigt, gege-
benenfalls wäre die Genehmigung entsprechend anzu-
passen.
Im Hinblick auf die angesprochenen Unterschiede bei
den Prüfungen im Rahmen der verkehrsrechtlichen Zu-
lassung eines Behälters für den Transport von zum Bei-
spiel Mischoxid-Brennelementen – Mischoxid = MOX –
und realen Brandszenarien weise ich darauf hin, dass ein
Behälter so auszulegen ist, dass ein einhüllendes Feuer
von mindestens 800 Grad Celsius auch nach 30 Minuten
zu keinem Verlust der Integrität des Behälters führt. Bei
realen Bränden mögen lokal höhere Temperaturen ge-
messen werden, jedoch sind diese praktisch nicht einhül-
lend und wirken auch nicht über die gesamte Zeit von
30 Minuten. An Behältern nachgestellte „realistische“
Unfallszenarien zum Beispiel auch mit Propangasexplo-
sionen haben noch nie zu einem Versagen eines soge-
nannten Typ-B-Behälters geführt.
Anlage 50
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage 69):
Welche inhaltlichen Punkte sollen nach jetzigem Stand auf
der kommenden Sitzung der Deutsch-Tschechischen Kom-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. November 2012 24673
(A) (C)
(D)(B)
mission am 21. November 2012 in Berlin behandelt werden
– bitte möglichst konkrete Angabe inklusive Hinweis, ob sie
bereits Bestandteil einer (gegebenenfalls vorläufigen) Tages-
ordnung sind –, und welche Punkte hat das Bundesministe-
rium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU,
unabhängig davon bzw. darüber hinaus bislang für sich ins
Auge gefasst, die es ansprechen/behandeln möchte (bitte
ebenfalls möglichst konkrete Angabe)?
Es werden die üblichen Tagesordnungspunkte behan-
delt, die die gegenseitige Information über legislative
und administrative Fragen der Aufsichtsbehörden sowie
über den Betrieb der Kernkraftwerke im vergangenen
Jahr beinhalten. Ansonsten ist die Abstimmung der Ta-
gesordnung noch nicht abgeschlossen.
Anlage 51
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Frage
70):
Seit wann liegt dem BMU die Schweizer Studie „Probabi-
listische Erdbebengefährdungsanalyse für die KKW-Stand-
orte in der Schweiz“ inklusive Anlagen aus dem Jahr 2004 vor
(sogenannte Pegasos-Studie), und hat das BMU – unabhängig
davon, dass es keine Atomaufsichtszuständigkeit für Schwei-
zer Atomkraftwerke innehat – zu dieser Studie interne Aus-
wertungen/Vermerke erstellt (gegebenenfalls bitte mit Erläu-
terung)?
Der Bericht der damaligen schweizerischen Behörde
Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen, HSK,
„Neubestimmung der Erdbebengefährdung an den Kern-
kraftwerksstandorten in der Schweiz (Projekt Pegasos)“
vom Juni 2007 wurde am 27. Juni 2007 Pressevertretern
vorgestellt. Er ist auf der Internetseite des Eidgenössi-
schen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI – Nachfolge-
organisation der HSK – öffentlich zugänglich und dem
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit bekannt.
Interne Auswertungen/Vermerke des BMU zur Pega-
sos-Studie – Probabilistische Erdbebengefährdungsana-
lyse für die KKW-Standorte in der Schweiz – liegen
nicht vor.
Anlage 52
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Fragen des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11282, Fra-
gen 71 und 72):
Inwieweit schließt sich die Bundesregierung der kürzlich
veröffentlichten Position der Deutschen Akademie der Tech-
nikwissenschaften e. V., acatech, zu den „Anpassungsstrate-
gien in der Klimapolitik“ an, und plant die Bundesregierung
diese Position in ihrer Klimapolitik zu berücksichtigen (bitte
mit Begründung)?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass – insbeson-
dere angesichts der aktuellen Sturmereignisse in den USA – die
von der acatech getroffene Aussage, dass die Auswirkungen
des Klimawandels in Deutschland für die kommenden Jahr-
zehnte in der Regel beherrschbar sind (vergleiche www.aca
tech.de/de/aktuelles-presse/sonderseiten/anpassung-klimawan
del.html), verharmlosend wirkt, und welche Schlüsse zieht sie
aus dem Rückzug renommierter Klimaforscher wie Hans von
Storch und Wolfgang Cramer sowie Paul Becker vom Deut-
schen Wetterdienst und Jürgen Schmid vom Fraunhofer-Insti-
tut für Windenergie und Energiesystemtechnik, die während
der Erarbeitung ihre Mitarbeit wegen fehlender „Tiefe“ aufge-
kündigt hatten (www.faz.net/aktuell/wissen/klima/klimafor-
schung-wie-man-wissenschaft-im-regen-stehen-laesst-118948
23.html)?
Zu Frage 71:
Die Bundesregierung versteht die Anpassung an die
unvermeidbaren Folgen des Klimawandels neben dem
Klimaschutz als unverzichtbare zweite Säule einer ver-
antwortungsbewussten Klimapolitik, da auch bei Einhal-
tung der 2-Grad-Celsius-Obergrenze mit regional unter-
schiedlichen Klimawandelfolgen zu rechnen sein wird,
die Anpassung erforderlich machen. Die Auswirkungen
des Klimawandels sind jedoch nur dann durch Anpas-
sungsstrategien zu bewältigen, ohne dass der Anpas-
sungsaufwand ständig zunimmt, wenn der Klimawandel
durch konsequenten Klimaschutz begrenzt wird. Die
Bundesregierung hat daher bereits im Dezember 2008
die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel
vorgelegt und diese mit dem im August 2011 beschlosse-
nen Aktionsplan zur Deutschen Anpassungsstrategie an
den Klimawandel konkretisiert.
Zu Frage 72:
In der Sache geht die Bundesregierung davon aus,
dass unter der Prämisse, dass die zur Erreichung der in-
ternational vereinbarten 2-Grad-Celsius-Obergrenze not-
wendige Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis
2050 umgesetzt wird, die Folgen des Klimawandels
durch geeignete und rechtzeitige Anpassungsmaßnah-
men aufgefangen und schwerwiegende wirtschaftliche,
ökologische und soziale Auswirkungen in Deutschland
vermieden werden können. Bei einem höheren globalen
Temperaturanstieg würden die Risiken des Klimawan-
dels allerdings auch für Deutschland zunehmen, wobei
sich neben den direkten Auswirkungen in Deutschland
auch die indirekten Folgen der Auswirkungen eines be-
schleunigten Klimawandels in anderen Regionen der
Welt auf das international stark vernetzte Deutschland
verstärken würden. Deshalb ist und bleibt es vorrangiges
Ziel der Bundesregierung, durch konsequente Klima-
schutzpolitik den Klimawandel zu begrenzen und gleich-
zeitig die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass durch
die jeweils verantwortlichen staatlichen Ebenen und den
privaten Sektor rechtzeitig geeignete Anpassungsmaß-
nahmen ergriffen werden. Hierzu ist nicht zuletzt eine
weitere Verbesserung und Vertiefung der Wissensbasis
über die Klimaerwärmung, mögliche Klimafolgen und
ihre Auswirkungen sowie zu geeigneten Anpassungs-
maßnahmen erforderlich.
203. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 1 Befragung der Bundesregierung
TOP 2 Fragestunde
ZP 1 Aktuelle Stunde zur Residenzpflicht für Flüchtlingeund Asylbewerber
Anlagen