Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz, liebe
Kolleginnen und Kollegen.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Ta-
gesordnung um eine Regierungserklärung der Bundes-
kanzlerin zu erweitern und die Fragestunde hierfür um
14 Uhr zu unterbrechen. Nach der Aussprache zu der
Regierungserklärung wird die von der Fraktion Die
Linke verlangte Aktuelle Stunde zu steuerpolitischen
Vorhaben der Bundesregierung aufgerufen. Nach der
Aktuellen Stunde soll dann die Fragestunde fortgesetzt
werden. Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstan-
den? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Erklärung des Bundes zum
Nationalen Aktionsplan Integration.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Beauftragte der Bundesregierung für Migration,
Flüchtlinge und Integration, Frau Staatsministerin
Dr. Maria Böhmer. Bitte.
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Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr ge-
ehrten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Mit dem Nationalen Integrations-
plan haben wir 2007 erstmals ein Gesamtkonzept für die
Integration in Deutschland vorgelegt. Wir sind auf die-
sem Feld weiter vorangekommen. Das war auch der
Grund, weshalb wir gesagt haben, dass wir Integration
jetzt noch verbindlicher gestalten wollen. Im November
vergangenen Jahres wurde der Startschuss gegeben für
die Entwicklung des Nationalen Aktionsplans Integra-
tion, der die Weiterentwicklung des ersten Integrations-
plans darstellt.
Was bedeutet „Weiterentwicklung“ an dieser Stelle?
Wir haben jetzt verbindliche Ziele formuliert. Wir haben
)
Integration zukünftig eine Rolle spielen, im Bereich der
Kulturförderung ebenfalls.
Zweitens. Wir haben gesagt – das ist der zweite span-
nende Punkt bei diesem Paradigmenwechsel –, dass wir
Integration zukünftig messen wollen, damit sie steuerba-
rer wird. Das ist wichtig, um die Fortschritte zu erken-
nen, aber auch, um zu sehen, welche Maßnahmen wie
wirken. Deshalb wird es in Zukunft eine Fortsetzung zu
dem Fortschrittsbericht geben, den wir bereits vorgelegt
haben, der sich dann aber ganz konkret auf die Ziele und
Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans Integration
beziehen wird.
Wenn wir sagen: „Ziel unserer Integration ist die
gleichberechtigte Teilhabe aller hier lebenden Men-
schen“, dann bedeutet das auch, dass wir alles daranset-
zen, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt
wird. Ich beziehe hier gerade in dieser schwierigen Zeit,
angesichts der grausamen Verbrechen von Rechtsextre-
misten, den Aspekt ein, dass Integration auch Prävention
von Rassismus, Hass und Gewalt bedeutet. Insofern ist
es gerade in der jetzigen Zeit so wichtig, mit dem Natio-
nalen Aktionsplan Integration ein solches Zeichen zu
setzen.
Morgen wird die Ministerpräsidentenkonferenz den
Länderteil beschließen. Am 31. Januar nächsten Jahres,
beim nächsten Integrationsgipfel, wird der gesamte Na-
tionale Aktionsplan Integration vorgestellt. Wir wollen
damit klarmachen: Die wachsende Vielfalt in unserem
Land ist eine große Chance; wir wollen sie nutzen und
sie zu einem Gewinn für alle machen.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Bevor wir mit
der Befragung beginnen, erinnere ich an die Ein-Minu-
ten-Regelung: Ich bitte Sie, sich bei Ihren Fragen und
Antworten auf jeweils eine Minute zu beschränken.
Nach Ablauf der Minute wird ein Signal daran erinnern,
zum Schluss zu kommen.
Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu
stellen, über den soeben berichtet wurde.
Das Wort hat der Kollege Memet Kilic.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Böhmer, Sie haben
mir recht darin gegeben, dass zur Integration die gleich-
berechtigte Teilhabe aller hier lebenden Menschen ge-
hört. Um diese Teilhabe zu ermöglichen, sind natürlich
auch rechtliche und politische Voraussetzungen zu
schaffen. Zu diesen Voraussetzungen gehören ohne
Zweifel Einbürgerungen, aber auch ein kommunales
Wahlrecht für Drittstaatsangehörige. Hat die Bundesre-
gierung in ihrem Aktionsplan diese Maßnahmen vorge-
sehen? Wenn ja, wann wollen Sie diese Maßnahmen in
die Wege leiten? Wenn nein, warum nicht?
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auch, wie ich es eben kurz angesprochen habe, die Kin-
der. Aus Erhebungen wissen wir, dass viele dieser Kin-
der nicht in dem Maße an den angebotenen Präventions-
maßnahmen, zum Beispiel Impfungen, teilnehmen wie
im Durchschnitt Kinder aus „urdeutschen“ Familien.
Deshalb müssen wir den Zugang zu Gesundheitsangebo-
ten, aber auch die interkulturelle Öffnung des Gesund-
heitsbereichs vorantreiben. Auch hier beschreiten wir
– gerade was die Datenlage betrifft – in vielen Bereichen
Neuland. Wir stoßen immer wieder auf das Datenpro-
blem.
Darüber hinaus ist zu betonen, dass wir auf dem auf-
bauen, was wir durch den Nationalen Integrationsplan
auf den Weg gebracht haben. Es ist mir wichtig, das an
zwei inhaltlichen Bereichen deutlich zu machen. Neh-
men wir den Bereich Arbeitsmarkt. Wir haben das Aner-
kennungsgesetz verabschiedet. Im Nationalen Aktions-
plan sind begleitende Maßnahmen vorgesehen. Wir
wollen nach einer gewissen Zeit natürlich messen, in
welchem Umfang diese Maßnahmen greifen. Das wird
uns die Möglichkeit geben, die Maßnahmen zu steuern.
Ich will einen weiteren Bereich herausgreifen, den
wir aufgelöst haben. Der Bereich „Mädchen“ ist jetzt
kein eigenes Themenfeld mehr, sondern eine Quer-
schnittsaufgabe. Wir sind darum bemüht, junge Frauen
für die MINT-Berufe zu gewinnen. Gerade in Bezug auf
junge Migrantinnen wollen wir das verstärkt tun.
Es sei mir folgender Hinweis gestattet. Man sollte
nicht nur darauf achten, bei der Fragezeit unter einer Mi-
nute zu bleiben; man sollte auch darauf achten, die Fra-
gen so zu stellen, dass die Frau Staatsministerin die
Chance hat, die erwartete umfängliche Antwort in einer
Minute zu geben. Sie können sich für weitere Fragen
noch ein zweites oder ein drittes Mal melden.
Das Wort hat der Kollege Michael Frieser.
Frau Präsidentin, genau so wollen wir es machen:
Lieber die Fragen kürzer halten, dann sind sie auch zu
beantworten.
Frau Staatsministerin, vielen herzlichen Dank für Ih-
ren Bericht. Ich möchte darauf hinweisen, dass der Na-
tionale Integrationsplan sehr effektiv und zügig in den
Nationalen Aktionsplan weiterentwickelt wurde. Es gab
schon die einen oder anderen Unkenrufe, dass das we-
sentlich länger dauern würde.
Ich möchte auf einen Punkt zu sprechen kommen, der
in der Kürze der Zeit vielleicht zu kurz kam. Sprache ist
nach wie vor der wesentliche Schlüssel zur Integration.
Deshalb rückt der Aktionsplan besonders die frühkindli-
che Bildung in den Fokus.
Es geht in erster Linie um die Frage: Wie wollen Sie die
Kommunen dafür gewinnen, deren Mitarbeit wesentlich
ist, um die frühkindliche Bildung zu implementieren?
Der Weg vom Bund hin zu den Kommunen ist natürlich
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Ich gehe zunächst auf die letzte Frage ein: Wo werden
solche Dinge wie Einbürgerung behandelt? Sie kennen
den Lagebericht, den ich vorgelegt habe. In ihm habe ich
mich sehr ausführlich zu dem Fragenkomplex geäußert.
Das kommt aber nicht nur im Bericht vor, sondern
schlägt sich dann auch in entsprechenden Initiativen nie-
der. Sie wissen, dass wir in Bezug auf die Frage der
Staatsangehörigkeit dabei sind, auch die Optionsrege-
lung zu überprüfen. Das sind Punkte, die parallel zu der
Entwicklung des früher aufgestellten Nationalen Integra-
tionsplans oder aktuell des Nationalen Aktionsplans be-
handelt werden.
Zweitens sprachen Sie ein Thema an, das mich um-
treibt, nämlich die Datensituation. Es besteht immer wie-
der die Notwendigkeit, sowohl in der KMK als auch auf
Bundesebene, zu drängen: Es reicht im Schulbereich,
wie es bisher der Fall war, einfach nicht aus, bei den Da-
ten eine Unterscheidung zwischen Deutschen und Aus-
ländern vorzunehmen. Mit Recht haben Sie auf PISA
verwiesen; denn bei PISA wurde der Sprachhintergrund
erfasst. Deshalb können wir etwas darüber aussagen,
was die Sprachkompetenz und den Zusammenhang mit
Bildungserfolg anbetrifft.
Ich setze mich seit Jahren nachdrücklich dafür ein
und merke, dass das Bohren eines dicken Brettes lang-
sam greift, dass wir zu einer anderen Statistik im Schul-
bereich kommen. Auch beim Ausbildungspakt ziehen
alle Paktmitglieder an einem Strang, um eine bessere
Datengrundlage zu erhalten.
Ich erinnere daran, dass wir derzeit eine Volkszählung
haben. Dank der Unterstützung vieler Kollegen habe ich
es in der letzten Legislaturperiode hier im Parlament er-
reicht, dass endlich einmal der Migrationshintergrund im
Rahmen einer solchen Zählung erfasst wird. Das verbes-
sert die Lage.
Der Kollege Memet Kilic stellt die nächste Frage.
Sehr geehrte Frau Böhmer, es ist unstrittig, dass sich
die Menschen in einem Land, in dem sie sich sicher füh-
len, am besten integrieren können bzw. die besten Inte-
grationsmöglichkeiten haben. Dazu gehört natürlich
auch eine aufenthaltsrechtliche Sicherheit. Gibt es in Ih-
rem Nationalen Aktionsplan Maßnahmen zu aufenthalts-
rechtlichen Verbesserungen?
Wenn Sie auch diese Frage mit dem Hinweis vernei-
nen, dass das eine gesetzliche Maßnahme ist, frage ich:
Glauben Sie daran, dass solche – so sage ich es einmal –
angenehmen Worte in der Öffentlichkeit eine Wirkung
haben können? Warum geht man nicht an die gesetzliche
Substanz? Aus unserer Sicht sind solche strukturellen
Verbesserungen für viele Migrantinnen und Migranten
sehr wichtig.
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Allerdings besuchen gegenwärtig weniger Kinder aus
Migrantenfamilien den Kindergarten als Kinder, die
nicht aus Migrantenfamilien stammen. Der Unterschied
beträgt etwa 10 Prozent. Hier geht es um den Kindergar-
ten und nicht um die unter Dreijährigen; diese Gruppe
haben Sie gerade angesprochen. Diesbezüglich müssen
wir uns verstärkt an die Eltern wenden. Auch die Bun-
desländer müssen ihre Möglichkeiten besser ausschöp-
fen. Ich sehe, dass in den Ländern, in denen der Kinder-
gartenbesuch beitragsfrei ist, bessere Chancen gegeben
sind. Damit hat das Saarland angefangen. Andere Länder
sind diesem Beispiel gefolgt. Das ist ein vernünftiger
Weg.
Die Kollegin Özoğuz hat das Wort.
Vielen Dank. – Sie haben eben die Entwicklung des
Nationalen Integrationsplans angesprochen. Er wurde
2007 verabschiedet. Jetzt ist Ende 2011, und wir reden
über den Nationalen Aktionsplan. Es ist also schon eine
Menge Zeit vergangen. Sie haben, wie ich finde, zu
Recht gesagt, dass man Fortschritte messen muss und
dass es einen Fortschrittsbericht geben wird. Da drängt
sich die Frage auf, ob es dabei bleibt, dass alle paar Jahre
ein Bericht vorgelegt bzw. etwas aufgeschrieben wird.
Wie soll konkret gemessen werden? Was soll sich denn
verbessern? Man hat nicht das Gefühl, dass sich in der
Zeit, die zwischen dem Nationalen Integrationsplan und
dem Nationalen Aktionsplan liegt, gesellschaftlich viel
verändert hat.
D
Frau Kollegin Özoğuz, das ist genau der Punkt. Wir
wollen weg vom gefühlten Fortschritt und von Vermu-
tungen, und wir wollen hin zu harten Facts. Das heißt,
wir brauchen Daten. Das hat uns nach der Vorlage des
Nationalen Integrationsplans zu dem Ersten Fortschritts-
bericht geführt. Dieser hat uns schon Hinweise gegeben,
welche Selbstverpflichtungen – das war damals der An-
satzpunkt – eingelöst worden sind. Das war die Frage
Nummer eins, die zu klären war. Die Frage Nummer
zwei war: Wie wirken die eingelösten Selbstverpflich-
tungen?
Es ist spannend, sich die entsprechenden Berichte
oder auch die PISA-Studie, den Bildungsbericht und die
Arbeitsmarktstatistiken anzuschauen. Wir haben die
Möglichkeit, den Erfolg der Integrationskurse zu mes-
sen. Aber damit war ich nicht zufrieden. Deshalb haben
wir auf Bundesebene – die Länder haben dies ebenfalls
in Angriff genommen – Indikatorensysteme entwickelt;
dies wurde wissenschaftlich begleitet. In Kürze kann ich
Ihnen einen zweiten Integrationsindikatorenbericht vor-
legen; diese Überprüfung anhand der Indikatoren erfolgt
also kontinuierlich weiter. Dieses Messinstrument wird
uns helfen, einen auf Daten basierenden Fortschrittsbe-
richt vorzulegen.
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desministerium des Innern am 18. Oktober 2011 bekannt
gegeben: Wenn die Bundesregierung 20 Cent pro Teil-
nehmer mehr zahlen würde und diese direkt den Lehr-
kräften zukommen würden, könnte man einen Lohn der
Lehrkräfte in Höhe von mindestens 20 Euro pro Stunde
sichern. Eine bessere Hebelung kenne ich nicht in dieser
Welt. Können Sie sich vorstellen, dass Sie sich dafür ein-
setzen könnten, dass mehrjährige Zulassungen der Kurs-
träger nur dann erfolgen, wenn sie den Lehrkräften min-
destens 20 oder 24 Euro pro Stunde zahlen?
D
Ich halte es für wichtig, Herr Kilic – ich setze mich
seit Jahren dafür ein –, dass die Lehrkräfte entsprechend
dem Wert der Arbeit, die sie leisten, honoriert werden.
Ich habe das eben, in meiner vorhergehenden Antwort,
deutlich gemacht: Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt,
auch zur Motivation und Wertschätzung der Lehrkräfte.
Ich habe auch gegenüber dem Bundesinnenministerium
vertreten, dass ich jeden Ansatz unterstütze, der zu einer
besseren Bezahlung führt. Das bedeutet aber auch, dass
man bei den Kursträgern nachhaken und vergleichen
muss, wer wie viel zahlt; das soll jetzt geschehen. Wir
müssen dafür sorgen, dass Kursträger, die Dum-
pinglöhne zahlen, keine Chance mehr haben. Auch das
gehört dazu.
Im Übrigen darf ich noch eine Anmerkung machen.
Wie ich gerade gehört habe, sind Sie für eine Erhöhung
des Eigenanteils um 20 Cent. Ich sage Ihnen: Ich bin
nicht für diese Erhöhung, sondern nur für eine moderate
Erhöhung.
Gut; diesen Dialog können Sie nachher fortsetzen.
Als Nächstes hat der Kollege Swen Schulz das Wort.
Frau Staatsministerin, was das Betreuungsgeld an-
geht, werden wir Sie auch weiterhin nicht enttäuschen.
Wir werden nicht lockerlassen und an diesem Thema
dranbleiben.
Ich möchte jetzt zum Thema Schule kommen. Glau-
ben Sie, dass es für die Gruppe der Migranten – mögli-
cherweise mit bildungsferner Herkunft – wichtig ist,
dass es Ganztagsschulangebote gibt, und ist für die
Schaffung von Ganztagsschulangeboten nicht auch eine
Zusammenarbeit von Bund und Ländern sinnvoll?
D
Ich sage ganz klar Ja zu Ganztagsschulen. Der Bund
hat die Schaffung von Ganztagsschulen unterstützt. In
meinem Bundesland Rheinland-Pfalz – ich könnte auch
andere Bundesländer nennen – sind im Hinblick auf
Ganztagsschulen erhebliche Anstrengungen unternom-
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Sie wissen genau: Es gibt eine klare Kompetenzrege-
ng von Bund und Ländern, die im Rahmen der Födera-
smusreform durchgefochten worden ist. Demnach sind
em Bund leider Grenzen gesetzt. Ich hätte es damals
erne anders gehabt.
Die nächste Frage stellt die Kollegin Özoğuz.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin, erstens habe ich
ine Frage zu den Trägern. Auch wir sagen: Auf jeden
all müssen die Träger gestärkt werden, die fair bezah-
n und einen guten Unterricht ermöglichen, sodass die
eilnehmer am Ende bestmögliche Ergebnisse erzielen
önnen. Sie sagten eben: Das soll auch geschehen. – Ich
üsste natürlich gerne: Wie genau soll das geschehen?
ielleicht könnten Sie dazu noch drei Worte sagen. Ich
laube nämlich, das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Zweitens. Viele Träger haben die Sorge, dass mit
ürzungen zu rechnen ist, gerade bei der Kinderbetreu-
ng oder im Hinblick auf die Fahrzeiten – all diese The-
en haben wir hier bereits debattiert – und dass das An-
ebot aufgrund dessen bei einigen wieder nicht
nkommt. Was sieht der Aktionsplan dazu vor?
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Wir haben im Aktionsplan sehr klare Regelungen ge-
offen. Im Rahmen des Dialogforums haben wir uns
nicht nur aus Sicht des Bundes, sondern daran waren
uch viele andere beteiligt – gerade mit der Realisierung
on Integrationskursen in der Fläche befasst. Im städti-
chen Bereich ist vieles einfacher. Sie als jemand, der
us Hamburg kommt, weiß das. Auch für jemanden, der
us Nürnberg oder aus einer mittelgroßen Stadt meiner
eimatregion, etwa aus Ludwigshafen, kommt, ist vieles
ichter. Aber im ländlichen Bereich gibt es Schwierig-
eiten. Damit jeder die Chance hat, an einem Integra-
onskurs teilzunehmen, müssen wir dafür sorgen, dass
as Angebot auch in der Fläche stimmt. Das war bei den
eratungen zum Nationalen Aktionsplan ein wichtiger
unkt.
Dazu gehört auch, dass man die Träger besser mitei-
ander vernetzt, sodass sie sich abstimmen können: Wer
acht wann welchen Kurs? Sie alle kennen das Spek-
um, das dann notwendig ist. Sie wissen auch, dass es
ei manchen Kursträgern noch eine gewisse Zurückhal-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17677
Staatsministerin Dr. Maria Böhmer
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tung gibt, wenn es darum geht, sich in eine solche Ver-
netzung zu begeben. Umso wichtiger ist, dass wir auf
den Erfahrungen, die an einigen Standorten schon ge-
macht wurden, aufbauen können.
Zweitens haben Sie nach der Honorierung der Lehr-
kräfte und der Umsetzung im Aktionsplan gefragt. Hier-
bei geht es um die Zulassung von Kursträgern, bei der
dieses Kriterium eine Rolle spielen muss. Zuständig für
die Zulassung der Kursträger ist das Bundesamt für Mi-
gration und Flüchtlinge. Diejenigen, die Dumpinghono-
rare zahlen, dürfen nicht mehr zum Zuge kommen. Da-
rauf werde ich, wie beim letzten Lagebericht, auch
zukünftig ein Auge haben. Hier ziehen wir an einem
Strang.
Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Frieser.
Frau Staatsministerin, ich habe eine Frage zu einem
anderen Thema. Die Dynamik der Integrationspolitik
lebt auch von den guten Beispielen. Gerade das bürger-
schaftliche Engagement ist meines Erachtens einer der
wesentlichen, zentralen Punkte, die man in dem Nationa-
len Aktionsplan umzusetzen versucht. Wie kann man es
erreichen, dass die Tätigkeit von Migranten und Migran-
tinnen, die sich in diesem Land in vielfältiger Art und
Weise bürgerschaftlich engagieren, erkennbar wird und
dass sie vor allem weiter in die Gesellschaft hineinwirkt?
Im Augenblick geschieht das verstärkt in den Migranten-
organisationen und Beratungsorganisationen. Aber wie
können durch bürgerschaftliches Engagement weitere
Türen dafür geöffnet werden, dass Menschen mit Migra-
tionshintergrund durch ihre Tätigkeit in erkennbarer Art
und Weise ein deutliches Beispiel für die Menschen ge-
ben?
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Ich beginne mit den Migrantenorganisationen. Viele
haben keine hauptamtlichen Strukturen und arbeiten aus-
schließlich ehrenamtlich. Unser Anliegen ist – das hat
auch Niederschlag im Nationalen Aktionsplan gefun-
den –, dass die Weichen verstärkt so gestellt werden,
dass sie eine entsprechende Unterstützung bekommen
– auch finanziell; es geht auch um Fördermöglichkei-
ten – und dass sie Tandempartner haben, wenn be-
stimmte Projekte auf die Beine gestellt werden sollen; so
können sie von dem Know-how und den professionellen
Strukturen anderer Organisationen profitieren.
Der zweite Bereich sind für mich die großen Hilfs-
organisationen. Dieses Feld kann nicht Gegenstand von
Initiativen des Bundes im engeren Sinne sein; aber ich
mache jetzt ein bisschen Appetit auf das, was Organisa-
tionen beabsichtigen, die auch an der Entwicklung des
Nationalen Aktionsplans beteiligt waren. Viele haben
die Charta der Vielfalt unterschrieben, beispielsweise
das THW, die Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz und
andere große Hilfsorganisationen. Sie wollen neben dem
hauptamtlichen Bereich eine stärkere Gewinnung von
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Staatsministerin Dr. Maria Böhmer
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– Ich nehme Ihren Appell gerne mit, und ich gebe ihn
auch an den DOSB weiter.
– Ja. Ich habe gehört, es gibt auch Schützenkönige.
Gut. Ich glaube, die Aufklärung dieser Dinge müssen
wir vertagen. Aber es ist sicherlich für alle Kolleginnen
und Kollegen sehr interessant. Herzlichen Dank, Frau
Staatsministerin.
Weitere Fragen zu anderen Themen der Kabinettssit-
zung liegen mir nicht vor. Ich beende die Befragung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksache 17/8101 –
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie vorhin bereits
mitgeteilt, werde ich die Fragestunde um 14 Uhr für die
Regierungserklärung mit anschließender Aussprache so-
wie für eine Aktuelle Stunde unterbrechen.
Des Weiteren möchte ich auch hier noch einmal an
unsere Ein-Minuten-Regelung für Fragen und Antwor-
ten erinnern. Bei der ersten Antwort werden wir das Si-
gnal jeweils nicht auslösen. Dennoch bitte ich, auch bei
der ersten Antwort die Minute nicht zu überziehen.
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz. Zur Beantwortung der Fragen steht der
Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser zur Verfü-
gung.
Ich rufe die Frage 1 der Kollegin Cornelia Behm auf:
Wird die Bundesregierung beim EU-Fischereirat am
15./16. Dezember dieses Jahres diesmal für Gesamtfangmen-
gen stimmen, die strikt den wissenschaftlichen Empfehlungen
entsprechen, und wenn nein, warum nicht?
Bitte, Herr Staatssekretär.
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Danke, Frau Präsidentin. – Liebe Frau Behm, die
Bundesregierung setzt sich generell dafür ein, Entschei-
dungen über Fangmengen so genau wie möglich an den
wissenschaftlichen Empfehlungen zu orientieren. Der
Rat entscheidet über die Fangmengen auf Vorschlag der
EU-Kommission. Dabei handelt es sich um ein Paket mit
einer Vielzahl von Beständen, bei dem die Fangmengen
für sämtliche wichtigen Bestände bereits vor dem De-
zember-Rat in internationalen Verhandlungen festgelegt
oder durch langjährige Wirtschaftspläne vorgegeben
sind.
Die Kommission orientiert ihre Verhandlungsposition
in den internationalen Verhandlungen ebenso strikt an
den wissenschaftlichen Empfehlungen durch den Inter-
nationalen Rat für Meeresforschung, ICES, bzw. den
Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17679
Cornelia Behm
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dass es notwendig ist, im Rahmen der Reform der Ge-
meinsamen Fischereipolitik festzulegen, dass der Fi-
schereirat bei seinen Beschlüssen den wissenschaftli-
chen Empfehlungen ohne Abweichungen folgen muss
und dass die Empfehlungen nicht Verhandlungsmasse
sein dürfen.
Pe
Frau Kollegin, ich habe Ihnen bereits dargestellt, dass
die Bundesregierung sich sehr strikt und so weit wie
möglich an die wissenschaftlichen Empfehlungen hält.
Das gilt auch für den Rat. Insofern kann ich Ihnen im
Prinzip zustimmen. Ob die Empfehlungen auch in inter-
nationalen Verhandlungen immer eins zu eins umgesetzt
werden müssen und ob man auf jedem Punkt und
Komma bestehen muss, muss dann jeweils entschieden
werden.
Ich rufe die Frage 2 der Kollegin Petra Crone auf:
Inwieweit plant die Bundesregierung eine Weiterförde-
rung der Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung nach
Beendigung der Laufzeit 2014, je nach Start der Projekte teil-
weise auch schon 2013?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Pe
Liebe Frau Kollegin Crone, die Vernetzungsstellen
Kita- und Schulverpflegung wurden vom BMELV als
eine Initiative von „IN FORM“, was für „Deutschlands
Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“
steht, gemeinsam mit allen 16 Ländern eingerichtet. Die
Förderung der Vernetzungsstellen ist auf insgesamt fünf
Jahre angelegt und läuft je nach Land zwischen Juni
2013 und September 2014 aus.
Bei dieser Maßnahme handelt es sich um eine klassi-
sche Länderaufgabe, die vom Bund in gesamtstaatlicher
Prävention lediglich initiiert worden ist. Ob vor diesem
Hintergrund dem BMELV eine über die derzeitige För-
derungsphase hinausgehende Unterstützung möglich ist,
wird zurzeit geprüft.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Danke schön, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
wir sind uns alle einig, dass die Schulverpflegung eine
ganz wichtige Sache ist; denn die Kinder lernen dadurch
nicht nur besser und kraftvoller, sondern sie sind da-
durch auch gesünder. Von gesünderen Kindern profitiert
auch der Bund; ich erwähne nur die Sozial- und Gesund-
heitssysteme. Ist der Bund insofern nicht aufgefordert, in
dieser Richtung eine Weiterförderung zu ermöglichen?
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als Futter- und Lebensmittel zugestimmt?
Bitte, Herr Staatssekretär.
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Sehr geehrter Herr Kollege Ebner, am Anfang des Zu-
ssungsprozesses für gentechnisch veränderte Organis-
en steht eine umfangreiche Risikobewertung. Diese
issenschaftliche Bewertung wird nach Überprüfung
er Vollständigkeit der Antragsunterlagen von der Euro-
äischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA,
urchgeführt. In die Bewertung der EFSA fließen die
ommentare der national zuständigen Behörden ein.
Die EFSA ist im Fall der Sojalinie A5547-127 zu dem
rgebnis gekommen, dass diese Linie so sicher ist wie
erkömmliche Sojalinien und dass sie im Rahmen ihres
erwendungszweckes keine nachteiligen Auswirkungen
uf die menschliche Gesundheit oder Tiergesundheit so-
ie die Umwelt hat. Die Bundesregierung ist nach sorg-
ltiger Bewertung der Stellungnahme der EFSA zu dem
17680 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Parl. Staatssekretär Peter Bleser
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Ergebnis gekommen, dass ihr gefolgt werden kann, und
hat sich damit der Auffassung der EU-Kommission und
der Mehrheit der Mitgliedstaaten angeschlossen.
Im Fall der Linie 305423x40-3-2 ist die Bewertung
der EFSA derzeit noch nicht abgeschlossen. Diese Soja-
linie wurde in der Sitzung am 14. November nicht be-
handelt.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Danke schön, Herr Staatssekretär. – Es mehren sich
die Berichte und wissenschaftlichen Studien aus Nord-
und Südamerika, dass seit der Einfuhr entsprechender
gentechnisch veränderter Organismen aufgrund zuneh-
mender Resistenzen bei Ackerbeikräutern sowohl gly-
phosathaltige Totalherbizide als auch weitere Herbizide
mit zum Teil älteren und hochtoxischen Stoffen in deut-
lich steigenden Mengen pro Hektar ausgebracht und ein-
gesetzt werden und die so produzierten Sojapflanzen
auch hierher eingeführt werden. Welche Risiken sieht
die Bundesregierung im Hinblick auf die Tatsache, dass
dadurch mit steigenden Rückstandsbelastungen der Im-
portware zu rechnen ist?
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Hier ist grundsätzlich zwischen der Zulassung gen-
technisch veränderter Pflanzen und der Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln zu unterscheiden. Pflanzen-
schutzmittel unterliegen einem eigenen Überprüfungs-
verfahren und müssen nicht zwingend beim Anbau ent-
sprechender Pflanzen angewendet werden. Insofern
gelten die Sicherheitsbestimmungen und Rückstands-
grenzwerte für unsere Lebensmittel.
Ihre zweite Frage, bitte. – Sie verzichten.
Dann rufe ich die Frage 6 des Kollegen Ebner auf:
Inwiefern ist aus Sicht der Bundesregierung eine Zulas-
sung der Sojabohne A5547-127 bis 2021 verantwortbar, wel-
che gegen den Wirkstoff Glufosinat-Ammonium resistent ist
und bei der entsprechende Rückstände bei in die EU impor-
tierten Produkten zu erwarten sind, wenn die Anwendung die-
ses Wirkstoffes in der EU aufgrund seiner fruchtbarkeits- und
embryonenschädigenden Wirkung voraussichtlich ab 2017
verboten sein wird?
Pe
Herr Kollege Ebner, die Möglichkeit von Rückstän-
den von Komplementärherbiziden in Lebensmitteln und
Futtermitteln ist nicht im Zulassungsverfahren für die
gentechnisch veränderten Pflanzen zu bewerten. Das
habe ich gerade schon berichtet. Hierfür gelten die pflan-
zenschutzrechtlichen Regelungen zur Zulassung eines
Pflanzenschutzmittelwirkstoffs und die lebensmittel-
rechtlichen Regelungen zur Festsetzung von Rück-
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as ist eine rein ökonomische Entscheidung, die vom
nbauer selbst zu treffen ist. Ansonsten gelten die Vor-
chriften der Europäischen Union für die Belastung von
ebensmitteln auch hier.
Ihre zweite Nachfrage? – Sie verzichten.
Danke, Herr Staatssekretär.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17681
Vizepräsidentin Petra Pau
)
)
Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung
der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär
Christian Schmidt zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:
Inwieweit trifft die Meldung von Spiegel Online vom
2. Dezember 2011 zu, dass ab Ende 2011 auf dem von der
Bundeswehr betriebenen afghanischen Flughafen in Masar-i-
Scharif vier moderne raketenbestückte US-Drohnen vom Typ
Gray Eagle stationiert werden, um auf Befehl der Kabuler
NATO-Einsatzzentrale hin vermeintliche Taliban-Führer und
andere Terrorgruppen im nördlichen Einsatzgebiet der Bun-
deswehr unschädlich zu machen, und teilt die Bundesregie-
rung meine Befürchtung, dass eine solche Verschärfung der
Kriegsführung zusätzlichen Hass der Bevölkerung schüren,
den Aufständischen weitere Kämpfer zutreiben und Verhand-
lungsbemühungen zur Beendigung des Krieges erschweren
oder unmöglich machen kann?
Bitte, Herr Staatssekretär.
C
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Die Frage des Kolle-
gen Ströbele beantworte ich wie folgt: Wie wir bereits in
einer Unterrichtung des Parlaments in diesem Jahr mit-
geteilt haben, beabsichtigt das ISAF Joint Command,
vier unbemannte Luftfahrzeuge vom Typ Gray Eagle in
Masar-i-Scharif und damit im Verantwortungsbereich
des ISAF-Regionalkommandos Nord zu stationieren.
Dabei handelt es sich um eine Verlegung von Systemen
innerhalb von Afghanistan. Es werden dadurch weder
Einsatzregeln noch Einsatzverfahren von ISAF geändert.
Diese Systeme sollen ab Mitte Januar vorläufig einsatz-
bereit sein und werden afghanistanweit vom ISAF Joint
Command eingesetzt, also auch diejenigen, die dann in
Masar-i-Scharif stationiert sind.
Sollte ein Einsatz dieser Systeme im ISAF-Regional-
kommando Nord zur Unterstützung unserer Soldatinnen
und Soldaten notwendig sein, muss dies wie bisher beim
ISAF Joint Command beantragt werden. Insofern teile
ich als Vertreter der Bundesregierung Ihre Ansicht nicht,
dass sich die in Ihrer Frage geäußerten Befürchtungen
realisieren werden.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage, Kollege
Ströbele.
Danke, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, stim-
men Sie mir zu, dass es sich bei diesen Drohnen, die in
den Verantwortungsbereich der Bundeswehr in Afgha-
nistan verlegt werden, um sogenannte Killerdrohnen
handelt, die die Aufgabe haben, extralegal Menschen
nach bestimmten Listen nicht gefangen zu nehmen, son-
dern zu töten, und ist die Bundesregierung bereit, durch
die Stationierung in ihrem Verantwortungsbereich die
Verantwortung für solche extralegalen Hinrichtungen zu
übernehmen? Wie vereinbart die Bundesregierung dies
mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 1?
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Herr Staatssekretär, geben Sie mir recht, dass diese
ogenannten Killerdrohnen nicht nur in Afghanistan,
ondern auch in Pakistan, und zwar insbesondere im
renzbereich zu Afghanistan, eingesetzt worden sind,
ass beim Einsatz dieser Drohnen gezielt Menschen ge-
tet worden sind und dass bei diesen Tötungsaktionen
mer wieder Unschuldige, also Personen, die eigentlich
icht das Ziel waren, getroffen und getötet worden sind?
önnen Sie bestätigen, dass diese Drohnen seit heute
jedenfalls liest man das derzeit in der Presse – in Pa-
istan nicht mehr eingesetzt werden dürfen, weil die
akistanische Regierung gegen diese Verletzung ihrer
oheitsrechte einschreitet? Ist die Verlegung dieser
rohnen in den Verantwortungsbereich der Bundeswehr
Afghanistan praktisch ein Ausweichmanöver, das
azu dient, dass diese Drohnen von nun an von dort aus
ganz Afghanistan eingesetzt werden können?
C
Vielen Dank, Herr Kollege. – Vorneweg möchte ich
einer Genugtuung Ausdruck verleihen, dass Sie und
h bei diesem interessanten Teil der Fragestunde, den es
icht zum ersten Mal gibt, so viele Zuhörer unter den
olleginnen und Kollegen finden. Das mag die große
ualität der Fragen, aber auch die der Antworten unter-
treichen.
Ich kann die Behauptungen und Informationen, die
ie der Presse entnehmen und die die Bundesregierung
icht betreffen, weder kommentieren noch bestätigen.
ie Fragen müssen – in einem Punkt hatten wir eine
ntwort zu geben – von Stellen außerhalb dieses Lan-
es, die Auskunft geben können, beantwortet werden.
Ich will noch einmal festhalten, dass diese Fluggeräte
on der US Army betrieben und als sogenanntes Theatre
17682 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Parl. Staatssekretär Christian Schmidt
)
)
Asset – also Einsatz einer militärischen Fähigkeit in Ge-
samtafghanistan – von ISAF eingesetzt werden. Das
Nutzen solcher Fähigkeiten wird sich unsererseits strikt
an den ISAF-Regeln zu orientieren haben; das wird auch
der Fall sein.
Es gibt jetzt noch eine Nachfrage der Kollegin Vogler,
die ich, weil sie zum gleichen Sachverhalt gehört, noch
gerne zulassen möchte. Danach verfahren wir, wie ver-
einbart.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,
kann ich Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen
Ströbele so deuten, dass Sie uns nicht versichern können,
dass die nun in Masar-i-Scharif stationierten Drohnen
nicht möglicherweise außerhalb Afghanistans, also in
Pakistan, eingesetzt werden und damit zu einer Auswei-
tung der Kampfhandlungen und zu einer Eskalation des
regionalen Konflikts beitragen?
C
Ich kann Ihnen bestätigen, dass sich der Einsatz dieser
Gerätschaften im Rahmen des ISAF-Mandates strikt an
den Regeln von ISAF orientieren wird. Das gilt insbe-
sondere für den Fall, dass Luftnahunterstützung seitens
der Bundeswehr oder seitens Einheiten anderer Länder
angefordert wird.
Wir hatten vereinbart, dass wir die Fragestunde um
ungefähr 14 Uhr für den Zusatzpunkt 1 unterbrechen,
den ich hiermit aufrufe:
Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin
zu den Ergebnissen des Europäischen Rates
am 8./9. Dezember 2011 in Brüssel
Es liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion der
SPD und der Fraktion Die Linke vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklä-
rung 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Wider-
spruch. Dann können wir so verfahren. – Darf ich die
Kolleginnen und Kollegen bitten, Platz zu nehmen?
– Ja, einige sitzen schon. Das ist richtig bemerkt, Herr
Kollege Brüderle. Aber man hat von hier oben aus einen
noch besseren Überblick.
Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
nun die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine Damen und Herren! In meiner Regie-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17683
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
)
)
Jeder EU-Mitgliedstaat, der dies möchte, kann sich
dem neuen Vertrag anschließen. Wir wollen uns auf das
Ziel verpflichten, den neuen Vertrag in den EU-Rahmen
zu überführen, sobald dies möglich ist. Dieser Weg wird
Europa die Tür zur Fiskalunion im Sinne einer Stabili-
tätsunion weit öffnen.
Ich sage hier ausdrücklich: Sosehr ich bedaure, dass
Großbritannien sich nicht mit uns gemeinsam auf diesen
Weg gemacht hat, sosehr ich bedaure, dass Großbritan-
nien sich schon vor 20 Jahren gegen den Euro entschie-
den hat, so sehr steht für mich außer Zweifel, dass Groß-
britannien auch in Zukunft ein wichtiger Partner in der
Europäischen Union sein wird.
Großbritannien ist für Europa nicht nur in Fragen der
Außen- und Sicherheitspolitik ein verlässlicher Partner;
Großbritannien ist dieser Partner auch in vielen anderen
Fragen: bei der Wettbewerbsfähigkeit, im Binnenmarkt,
für den Handel, für den Klimaschutz. Gerade Letzteres
haben wir bei den Klimaverhandlungen in Durban noch
einmal ganz deutlich erleben können. Großbritannien hat
im Übrigen ein eigenes vitales Interesse daran, dass die
Euro-Zone ihre Schuldenkrise überwindet. Das ge-
schieht jedoch nicht über Nacht. Die Bundesregierung
hat stets deutlich gemacht, dass die europäische Schul-
denkrise nicht mit dem einen Befreiungsschlag zu lösen
ist. Es gibt einen solchen Befreiungsschlag nicht; es gibt
keine einfachen und schnellen Lösungen.
Die Bewältigung der Staatsschuldenkrise ist – ich
kann es gar nicht oft genug sagen – ein Prozess. Dieser
Prozess dauert nicht Wochen, er dauert nicht Monate; er
wird Jahre dauern. Dieser Prozess wird auch in Zukunft
von Rückschlägen begleitet werden. Entscheidend aber
ist nicht die Dauer des Prozesses; entscheidend ist viel-
mehr, ob wir uns von Rückschlägen entmutigen und ver-
unsichern lassen oder ob wir genau das nicht tun.
Ich bin überzeugt: Wenn wir die nötige Geduld und
Ausdauer haben, wenn wir uns von Rückschlägen nicht
entmutigen lassen, wenn wir konsequent den Weg in
Richtung Fiskal- und Stabilitätsunion gehen, wenn wir
tatsächlich die Wirtschafts- und Währungsunion vollen-
den und so den Gründungsfehler des Euro beheben, dann
wird sich das bewahrheiten, was ich seit Beginn der
Krise als das Ziel unseres Handelns formuliert habe:
Dann wird Europa diese Krise nicht nur bestehen, son-
dern dann wird Europa aus dieser Krise stärker hervor-
gehen, als es in sie hineingegangen ist.
Dann wird ein neues, ein stabiles Europa entstehen.
Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten
Wochen die Weichen für dieses neue Europa gestellt, für
ein Europa der Stabilität, der Solidarität und des Vertrau-
ens. Daran hat die Bundesregierung entscheidend mitge-
wirkt, indem sie seit Beginn der Krise bei allen Maßnah-
men zur akuten Krisenbewältigung
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–
Die Kenner klatschen.
17684 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
)
)
– Ich würde mich an Ihrer Stelle lieber einmal infor-
mieren, welche Möglichkeiten und Chancen darin lie-
gen. Diese Garantien haben wir alle hier in diesem
Hohen Hause zur Verfügung gestellt. Wenn davon noch
250 Milliarden Euro übrig sind, hielte ich es nicht für
schlecht, sie wirksam einzusetzen.
Ich bin noch nicht so weit, dass ich sage: Mit 250 Mil-
liarden Euro kann man nichts machen.
Zweitens. Die Einrichtung des dauerhaften Krisen-
bewältigungsmechanismus ESM, der die EFSF ablösen
soll, wird auf 2012 vorgezogen werden. Wenn es so
kommt, werden alle Mitgliedstaaten und damit auch wir
schon 2012 Kapital einzahlen müssen. Ich betone aber
auch: Dann werden alle Mitgliedstaaten und nicht nur
die Triple-A-Länder ihren Beitrag, und zwar einen wirk-
samen Beitrag, zu dem Solidaritätsmechanismus leisten.
Dies sind der wesentliche Unterschied zur EFSF und ein
wesentlicher Faktor, nämlich die Tatsache, dass dann
Kapital zur Verfügung steht, auch für die zusätzliche
Glaubwürdigkeit des ESM. Die konsolidierte Ober-
grenze von EFSF plus ESM wird bei 500 Milliarden
Euro liegen.
Drittens. Der IWF soll über eine angemessene finan-
zielle Ausstattung verfügen. Dazu prüfen die Euro-Län-
der und weitere EU-Mitgliedstaaten, dem IWF zusätzli-
che Ressourcen in Form von bilateralen Krediten in
Höhe von bis zu 200 Milliarden Euro zur Verfügung zu
stellen. Auch andere Mitglieder der internationalen Staa-
tengemeinschaft sind eingeladen, sich parallel an der
Aufstockung der IWF-Ressourcen zu beteiligen. Die
Mittel sollen dem allgemeinen Konto des IWF zur Ver-
fügung stehen und im Rahmen der regulären IWF-Ge-
schäftspolitik verwendet werden. Sie unterliegen also
strikter Konditionalität. Die Bundesregierung und die
Bundesbank haben hierzu die Modalitäten festgelegt;
diese sind dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bun-
destages gestern zugeleitet worden.
Viertens. Hinsichtlich der Beteiligung des Privatsek-
tors im Rahmen des ESM werden wir uns an der Praxis
des IWF orientieren. Zudem sollen alle neuen Staatsan-
leihen von Euro-Ländern künftig standardisierte Um-
schuldungsklauseln, also die sogenannten CACs, enthal-
ten. Damit wird einerseits noch einmal unterstrichen,
dass die freiwillige Umschuldung Griechenlands ein be-
sonderer Fall ist, und andererseits größtmögliche Klar-
heit und Berechenbarkeit für Investoren in europäische
Staatsanleihen geschaffen.
Fünftens. In Situationen, in denen die Finanzstabilität
der Euro-Zone als Ganzes bedroht ist, können dringende
Entscheidungen über die Gewährung von Hilfen durch
den ESM mit hoher qualifizierter Mehrheit, nämlich
85 Prozent gemäß des Kapitalschlüssels, getroffen wer-
den. Bei Grundsatzentscheidungen, etwa Schaffung
neuer Instrumente oder Veränderung des Volumens des
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fizitobergrenze verletzt wird, soll das Defizitverfahren
künftig automatisch ausgelöst werden; es sei denn, eine
qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten entscheidet
dagegen. Das ist genau die umgekehrte qualifizierte
Mehrheit, die heute im Lissabon-Vertrag verankert ist.
Dieses Prinzip der umgekehrten qualifizierten Mehrheit
soll auch bei der Durchführung des Defizitverfahrens
gelten. Das heißt, auch die Einleitung der nächsten
Schritte soll in der Regel automatisch erfolgen.
Mitgliedstaaten im Defizitverfahren sollen sich künf-
tig in sogenannten Reformpartnerschaften verbindlich
auf detaillierte Konsolidierungs- und Reformschritte
verpflichten. Es gibt also nicht mehr die Sanktion, die
vor allem im Zahlen von Geld besteht, welches man ge-
meinhin nicht hat, wenn man schon ein hohes Defizit
aufweist, sondern es geht in Zukunft um verbindliche
Schritte, die mit der Kommission und dem Mitgliedstaat
vereinbart werden. Das ist sozusagen eine Konditionali-
tät, wie wir sie heute von den Rettungsschirmen kennen.
Die Einhaltung dieser Vereinbarungen soll von Kommis-
sion und Rat überwacht werden. Außerdem haben wir
vereinbart, auch das Verfahren zum Schuldenabbau – die
sogenannte Ein-Zwanzigstel-Regel – vertraglich zu ver-
ankern.
Meine Damen und Herren, wir alle spüren: Die Krise
hat schon heute die Europäische Union verändert. Die
Krise hat uns schonungslos die Rechnung für die Ver-
säumnisse und Fehler der Vergangenheit präsentiert. Der
Europäische Rat am letzten Freitag hat darauf nicht mit
einem weiteren Fehler geantwortet. Ein solcher Fehler
wäre zum Beispiel die Einführung von Euro-Bonds ge-
wesen,
eine schnelle vermeintliche Lösung, aber nicht an der
Wurzel ansetzend. Sie sind als Rettungsmaßnahme nicht
geeignet. Bei näherer Nachfrage wird das im Übrigen
auch von der Kommission bestätigt.
Die Krise hat die enorme Bedeutung der gemeinsa-
men Währung für das europäische Projekt insgesamt
deutlich werden lassen. Der Euro hat sich bewährt. Er ist
wertbeständiger, als es die D-Mark je war. Als Export-
nation profitiert Deutschland in besonderem Maße vom
Euro. Das gilt nicht nur für die großen Unternehmen,
sondern gerade auch für die mittelständischen Unterneh-
men in Deutschland. Das muss immer wieder betont
werden.
Aber der Euro ist eben auch weit mehr als eine Wäh-
rung. Er steht symbolhaft für die Tiefe der europäischen
Einigung. Die Krise hat die Europäer deshalb auch viel
enger, als das jemals der Fall war, zusammenrücken las-
sen. Dies gilt insbesondere für die deutsch-französische
Zusammenarbeit, die sich in dieser Krise in besonderer
Weise bewährt hat.
Dies gilt aber auch weit darüber hinaus.
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achstum, das sich nicht auf Pump gründet, Wachstum,
as in die Zukunft gerichtet ist und das mit Wohlstand
nd mehr Arbeitsplätzen in Europa verbunden ist.
eshalb wird eine Verabredung, wie wir sie vor einem
ahr im Euro-Plus-Pakt getroffen haben, zusätzlich an
edeutung gewinnen.
Aber ich sage auch: Auf uns alle wird die Aufgabe
ukommen, unsere Gesetze enger miteinander abzustim-
en, auch wenn das vertraglich noch nicht zwingend
otwendig ist. Das ist sicherlich für jedes nationale Par-
ment ein Moment, in dem man umdenken und sich in
ie Situation des anderen hineinversetzen muss. Aber
h denke, wir sollten in allen Bereichen von den Besten
rnen.
Deshalb sage ich: Ja, es ist wahr; wir erleben eine der
chwersten Krisen Europas. Aber wahr ist auch: Ge-
einsam haben wir schon unendlich viel erreicht. Wir
ind uns über die Ursachen der Krise einig. Wir sind uns
inig, diese Ursachen bekämpfen zu müssen, um die
rise zu überwinden. Wir sind uns einig, den Weg hin zu
iner Fiskalunion zu gehen. Dies wäre noch vor wenigen
onaten undenkbar gewesen. Die Chancen dieser Krise
ind – das ist meine Überzeugung – um ein Vielfaches
rößer als ihre Risiken. Diese Chancen zu ergreifen, das
t der historische Auftrag unserer politischen Genera-
on.
Der Weg zur Überwindung der Krise ist lang, er ist
eschwerlich; aber am Ende dieses Weges werden eine
achhaltig gestärkte Euro-Zone und eine nachhaltig ge-
tärkte Europäische Union stehen. Das ist das Ziel. Es ist
ie beste Voraussetzung für eine gute Zukunft, eine gute
ukunft Europas und eine gute Zukunft Deutschlands.
ie Bundesregierung arbeitet dafür. Ich lade Sie alle in
iesem Parlament ein, daran mitzuwirken.
Herzlichen Dank.
17686 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
)
)
Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich Ulrich
Schneider als neuen Kollegen in der Mitte des Bundes-
tages begrüßen, der als Nachfolger des ausgeschiedenen
Kollegen Till Seiler von der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen heute erstmals an der Plenarsitzung teilnimmt.
Alle guten Wünsche!
Das Wort hat nun der Kollege Frank-Walter
Steinmeier für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Frau Bundeskanzlerin, das war in der Tat ein bemerkens-
werter Auftritt. Wenn ich die Nachrichten von heute
Morgen richtig bewerte, dann ist Ihre Regierung im Au-
genblick dabei, Ihnen um die Ohren zu fliegen. Aber Sie
verlieren in der Regierungserklärung kein einziges Wort
darüber. Das ist erstaunlich.
Europa ist das zentrale Thema. Aber wir können nicht
so tun, als habe die Existenzkrise der FDP nichts mit
Europa zu tun.
Der Rücktritt von Herrn Lindner ist doch nur ein Symp-
tom. Die FDP hat sich mit ihrem Mitgliederentscheid in
eine Sackgasse manövriert. Sie ist unfähig, die Entschei-
dungen mitzutragen, die jetzt in unserem Land und in
Europa notwendig sind.
Frau Bundeskanzlerin, wir streiten nicht im Ernst da-
rüber, ob Europa Stabilität braucht; die braucht Europa
mehr denn je. Auch heute streiten wir darüber, ob Ihre
Vorschläge und die Beschlüsse des europäischen Gipfels
vom vergangenen Wochenende wirklich den Weg zu der
Stabilität bereiten, die wir brauchen. Ich sage ausdrück-
lich: Das glaube ich nicht.
Das Wundermittel, mit dem Sie die Krise bekämpfen
wollten, hieß von Anfang an Vertragsänderung. Lasst
uns die Verträge ändern, der Rest wird sich dann schon
irgendwie finden – das war die These, mit der Sie land-
auf, landab durch Europa getourt sind. Sie haben sich
entgegen aller Gipfelpropaganda mit dieser Auffassung
nicht durchgesetzt. Die von Ihnen geforderte Änderung
der Verträge der EU 27 hat allen Heldensagen zum Trotz
nicht stattgefunden.
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Was entscheidender ist: Ich glaube, in dieser Stunde
cht sich der Strandspaziergang von Deauville.
September 2010, also vor einem Jahr, hat der Kom-
issionspräsident Vorschläge vorgelegt,
ie Sie nach dem gemeinsamen Strandspaziergang mit
errn Sarkozy abgelehnt haben. Das war ein schwerer
ehler. Die Folgen liegen jetzt auf der Hand. Wir müssen
och klar sehen: Wir hatten eine Schuldenkrise, die nie-
and hier im Hause bestreitet. Nach dem Gipfel ist jetzt
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17687
Dr. Frank-Walter Steinmeier
)
)
eine veritable Verfassungskrise hinzugekommen. Mit
Verlaub, das ist aus meiner Sicht kein Durchbruch für
mehr Stabilität in Europa. Das ist es wirklich nicht.
Aus meiner Sicht haben wir ein Stück mehr Rechtsun-
sicherheit und – was wir gar nicht gebrauchen können –
weitere verkomplizierte Strukturen innerhalb der EU,
Strukturen, die wir auch Menschen außerhalb der Euro-
päischen Union erklären müssen. Wir müssen erklären,
dass wir nicht nur die EU 27 und nicht nur die EU 17 ha-
ben, sondern etwas, das wir vielleicht – je nachdem, wer
dabeibleibt – EU 26 minus x nennen können.
Wer außerhalb Europas soll das verstehen? Nach dem
Gipfel habe ich mir die entscheidende Frage gestellt:
Rechtfertigt dieses Ergebnis eigentlich die faktische Ab-
spaltung Großbritanniens, die jetzt stattgefunden hat?
Auch ich habe die Berichterstattung gesehen. Sie ist ein
wenig von oberflächlicher Schadenfreude geprägt. Jeder
kann sie verstehen, der sich in der Vergangenheit in Eu-
ropäischen Räten über unsere britischen Freunde geär-
gert hat; aber ich bin mir sicher, dass wir das in ein paar
Monaten neu bewerten werden. Dann werden wir genau
sehen: Für Schadenfreude darüber, dass wir die Briten
nicht mehr an Bord haben, besteht eigentlich gar kein
Anlass; denn der Entfremdungsprozess zwischen Konti-
nentaleuropa und Großbritannien wird nicht aufzuhalten
sein. Am Ende, meine Damen und Herren, wird Schaden
bleiben – Freude überhaupt nicht.
Unklarheit herrscht nach diesem Gipfel – auch das
muss gesagt werden – weiterhin über die Rolle der Euro-
päischen Zentralbank. Dazu muss man die unterschiedli-
che Presse aus unterschiedlichen Ländern lesen. Wir ha-
ben hier eine Presse zur Kenntnis genommen, in der
Frau Merkel als diejenige bezeichnet wird, die die euro-
päische Willensbildung geprägt hat. Schauen Sie einmal
in die französische Presse derselben Tage, dann haben
Sie ein völlig anderes Bild. Am Montag gab – vielleicht
haben Sie das gesehen – Präsident Sarkozy in Le Monde
seine Version des Gipfels zum Besten, und die ist eben
eine ganze andere als die, wie wir sie eben hier gehört
haben.
Da feiert sich Sarkozy als der große Sieger dieses euro-
päischen Gipfels. Und wie begründet er das? Er sagt:
Wir haben uns durchgesetzt. Warum? Weil in Zukunft
die Europäische Zentralbank vorübergehend die opera-
tive Führung der EFSF und vor allen Dingen dann des
ESM übernehmen wird.
Das wird in Frankreich als der große Durchbruch gefei-
ert, weil die Deutschen, Frau Merkel, endlich hätten ein-
gestehen müssen, dass die Beschränkung der EZB auf
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Deshalb frage ich: Was gilt denn nun? Gilt die Ver-
ion, die wir hier hören, oder die französische Variante?
s kann doch, Herr Kauder, im Ernst betrachtet, nicht
eides gleichzeitig richtig sein.
enn die deutsch-französische Freundschaft so eng ist,
rau Merkel, wie Sie es eben gesagt haben, dann sollten
ie, glaube ich, noch einmal einen Strandspaziergang
achen, um die gemeinsame Interpretation der Gipfeler-
ebnisse sicherzustellen.
Dass die französische Version der Gipfelergebnisse,
ie ich eben vorgetragen habe, stimmt, würde – jeden-
lls für mich – ins Bild passen; denn mit der Unabhän-
igkeit der Zentralbank bzw. der Notenbanken wird im-
er gerade so gespielt, wie es passt. Bei Tage werden
auch hier in diesem Hohen Hause – Lippenbekennt-
isse zur Unabhängigkeit der Zentralbank abgegeben,
ährend bei Nacht heimlich Kerzen angezündet werden,
ass die EZB für die Politik weiterhin die Kastanien aus
em Feuer holt. Das ist die Einigkeit, die hier beschwo-
n wird.
Es mag gute Gründe dafür geben, dass die Europäi-
che Zentralbank bei den Rettungsbemühungen, die wei-
r anhalten werden, in Zukunft sogar noch eine wichti-
ere Rolle als in der Vergangenheit spielen wird. Wenn
as aber so ist, Frau Bundeskanzlerin, wenn die Europäi-
che Zentralbank in Zukunft entgegen vieler Kritik, die
erade aus den Reihen der Regierungsfraktionen kommt,
ine sehr viel aktivere Rolle spielen soll, dann sagen Sie
as bitte Ihrem Koalitionspartner, der FDP, und sagen
ie es in diesem Hohen Hause. So viel Transparenz, so
iel Offenheit muss sein.
Auch in dieser Regierungserklärung haben wir wieder
iese Art von verdruckstem Umgang mit dem Thema
Unabhängigkeit der Zentralbank“ festgestellt. Ich
laube, das hat in der Tat nur einen einzigen Grund:
ngst um die eigene Mehrheit, Angst vor Abweichlern
den eigenen Reihen und Angst vor Röslers Res-
rampe FDP. Diese Angst ist doch, meine Damen und
erren, in Wahrheit auch das treibende Motiv hinter der
ewagten Konstruktion, über den IWF eine Erhöhung
es Kreditrahmens herbeizuführen. Das ist wieder Trick-
iste. Statt die Mittel für die EFSF oder den ESM aufzu-
tocken – meine Fraktion war dazu immer bereit; wir ha-
en immer gesagt: Die bisherigen Rettungsschirme sind
17688 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Dr. Frank-Walter Steinmeier
)
)
für die Aufgaben, die wir dem Rettungsschirm zuordnen,
zu klein –,
statt hier, in diesem Hohen Hause, eine politische Ent-
scheidung herbeizuführen, flüchten Sie sich erneut in
teure und komplizierte Umgehungskonstruktionen. Da
war zunächst der Hebel, den Sie alle hier mit Abscheu
und Empörung abgelehnt haben – Sie haben regelrecht
dagegen gehetzt –, doch drei Wochen später haben Sie
ihn mit großer Selbstverständlichkeit begrüßt.
Und jetzt wieder etwas Neues: Wieder keine Entschei-
dung im Parlament, aber deutsches Steuergeld geht jetzt
über die Bundesbank an den IWF und fließt von da aus
wieder nach Europa zurück.
Diese Konstruktion hat offensichtlich nur einen einzigen
Zweck: diesen Bundestag zu umgehen, und das geht
eben nicht – ganz einfach.
Mit dieser Meinung sind wir in der Opposition nicht
ganz alleine. Auch der Bundesbankvorstand fühlt sich
offensichtlich missbraucht. Wie wir hören, haben Herr
Weidmann und sein Vorstandskollege Dombret einen
Brief an den Bundesfinanzminister geschrieben, in dem
sie geradezu darum flehen, die Aufstockung der IWF-
Mittel hier im Deutschen Bundestag beschließen zu las-
sen. Sie sagen: Es ist doch kein Routinevorgang, wenn
wir 45 Milliarden Euro nach Washington herüberreichen
und die bestehende Kreditlinie auf diese Art und Weise
vervierfachen. Herr Kauder und Herr Brüderle, deshalb
sage ich: Lassen Sie uns wenigstens die Sorgen und Be-
fürchtungen der Bundesbank ernst nehmen. Lassen Sie
uns gemeinsam nach Wegen suchen, um diesen viel-
leicht wichtigen Schritt hier im Deutschen Bundestag zu
diskutieren und zu beschließen. Ich jedenfalls halte das
für einen Akt der Selbstachtung dieses Parlaments.
Wenn man einen Blick auf die Gipfelbeschlüsse wirft,
dann fällt einem auf, dass häufig von Defizitabbau und
Stabilität die Rede ist. Das ist alles erforderlich. Das sind
Ziele, die wir teilen. In diesem Papier findet man aber
kein einziges Wort zu der Frage, wie in Europa neues
Wachstum entstehen soll.
Wir spielen gar nicht auf der alten keynesianischen
Leier, sondern das ist mittlerweile europaweit landauf,
landab eine ökonomische Binsenweisheit: Ohne Wachs-
tum wird Europa aus dieser Krise nicht herauskommen.
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Noch etwas steht damit in engem Zusammenhang:
enn in 18 Mitgliedstaaten die Jugendarbeitslosigkeit
ber 20 Prozent beträgt, in 10 Mitgliedstaaten über
5 Prozent,
5 Mitgliedstaaten über 30 Prozent, sie in Süditalien
ogar bei über 50 Prozent liegt, dann darf man das auf ei-
em solchen Gipfel nicht übergehen.
Wollen Sie Hilfen für Deutschland fordern, oder was
edeutet der Zwischenruf?
enn das die Realität in Teilen Europas ist, dann darf
in europäischer Gipfel diesen Umstand nicht einfach
chweigend übergehen. Diese jungen Menschen haben
in Recht auf Zukunft. Es geht um unsere Zukunft!
Ein letztes Wort zum Stichwort „Gläubigerbeteili-
ung“. Still und heimlich wurde – auch das zeigt ein
lick in die Gipfelpapiere – die Gläubigerbeteiligung
uf dem Gipfel beerdigt. Ich sage ausdrücklich: Auch
afür mag es gute Gründe geben. Aber es kann doch
icht sein, dass das Ergebnis dieser Einsicht ist, dass
tzt alles wieder so ist, wie es vormals war, dass die
anzen Kosten der Krise einfach dem normalen Steuer-
ahler zur Last gelegt werden. Wenn man die Gläubiger-
eteiligung streicht, dann ist es ein Gebot der Gerechtig-
eit, dass man auf der anderen Seite endlich Ernst macht
nd die Besteuerung der Finanzmärkte einführt.
Die Euro-Bonds waren Ihre Erfindung. Die haben Sie
tzt massenhaft in der EZB liegen. An Ihrer Stelle
ürde ich bei dem Thema ein bisschen ruhiger sein.
Mit Blick auf die Ergebnisse der zurückliegenden
ipfel, aber auch mit Blick auf das, was vor uns liegt,
age ich abschließend noch ein Wort zu einem Punkt, der
ir am Herzen liegt: Ich persönlich glaube, dass wir kei-
en Ausweg aus dieser Krise finden werden, wenn wir
icht auch bereit sind, eine Lösung für den Umgang mit
en Altschulden der am höchsten verschuldeten Länder
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17689
Dr. Frank-Walter Steinmeier
)
)
zu finden. Es gibt ein Beispiel in unserer eigenen Ge-
schichte. Die Wirtschaftsweisen im Sachverständigenrat
haben dazu Vorschläge gemacht. Ich habe nicht verstan-
den, Frau Bundeskanzlerin, warum diese Vorschläge, die
ich nicht nur für nützlich, sondern auch für notwendig
halte, gleich in der Regierungsschublade versteckt wor-
den sind.
Von diesem Punkt wird vieles abhängen. Deshalb
kann ich nur empfehlen, dass wir dieses Thema im
nächsten Quartal im neuen Jahr angehen und auch zu ei-
nem Thema in den Europäischen Räten machen. Ich
glaube, wir sind mit diesem Gipfel, der hinter uns liegt,
nicht über den Berg, sondern es liegt noch viel Arbeit
vor uns.
Herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Besuchertri-
büne haben Mitglieder des Europaausschusses der
französischen Assemblée nationale Platz genommen,
die wir aus Anlass unserer heutigen Debatte besonders
gerne im Deutschen Bundestag begrüßen.
Bonjour, chers collègues, et bienvenue à Berlin.
Nun hat der Kollege Rainer Brüderle das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der euro-
päische Gipfel vom letzten Freitag hat gute Ergebnisse
gebracht.
Ich habe noch die Worte der Opposition im Ohr. Unserer
Bundeskanzlerin wurde permanent vorgeworfen, sie
würde Deutschland isolieren. Seit Freitag wissen wir:
Die Opposition hat wieder einmal völlig danebengele-
gen.
Ein anderes Mitgliedsland hat sich isoliert.
Frankreich und Deutschland haben diesen Gipfel zum
Erfolg geführt.
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nter der christlich-liberalen Koalition ist die Zusam-
enarbeit mit Frankreich eine Belle Alliance, eine gute
erbindung.
nter Rot-Grün war es oft eine Mesalliance,
twa bei der Aufweichung des Stabilitätspaktes oder der
ufnahme Griechenlands in die Euro-Zone. Im Vorfeld
es Gipfels war von einer 17-plus-Lösung die Rede, also
ie 17 Euro-Staaten plus einige Nicht-Euro-Staaten. He-
usgekommen ist „27 minus 1“.
a hat einer mit der Handtasche von Maggie Thatcher
räftig geschwenkt.
Momentan haben wir in Europa zwei Geschwindig-
eiten. Ich war immer der Meinung, wenn einige Staaten
ei der Integration vorangehen wollen, sollten sie das
n. Das hat beim Schengener Abkommen relativ gut ge-
lappt. Ich sage auch: Nachzügler sind willkommen,
ber bei europapolitischen Trittbrettfahrern muss man
ich etwas überlegen.
ines kann nicht sein: Es kann nicht sein, dass einige
uropäer mit viel Mühe etwas aufbauen und andere
ann, wenn der Aufbau erfolgreich durchgeführt wurde,
eien Eintritt oder Rabatt haben wollen. Das kann in Zu-
unft so nicht weitergehen. Ein Europa der Trittbrettfah-
r und Rabattjäger ist nicht zukunftsfähig.
Jetzt wird der Stabilitätspakt II vorbereitet. Manche
ommentatoren sehen das als zweite Geburtsstunde des
uro. Es ist die Geburtsstunde der politischen Stabili-
tsunion. Wir nehmen den Umweg über völkerrechtli-
he Verträge. Das ist nicht unbedingt die eleganteste Lö-
ung. Es wird gesetzestechnisch nicht einfach, aber es ist
achbar.
s ist nicht unbedingt etwas für europapolitische Fein-
chmecker. Aber in der Politik gilt: Lieber mit Haus-
annskost an das Ziel kommen als in Schönheit unterge-
en.
17690 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Rainer Brüderle
)
)
Oder – für Sie einfach formuliert –: Lieber Brot und But-
ter als eine Gänseleber-Fata-Morgana.
Die Stabilitätsunion bzw. der Stabilitätspakt II nimmt
konkrete Formen an. Die nationalen Haushalte werden
künftig streng überwacht. Das sind quasi automatische
Sanktionen. Dafür hat die Koalition immer gekämpft.
Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone haben
das beschlossen. Herr Steinmeier kritisiert das. Das ist
unglaubwürdig. Wenn es in Brüssel zum Schwur kommt,
sind es die Genossen, die weichen. Es waren Ihre Genos-
sen in Brüssel, die die Sixpack-Lösung abgelehnt haben.
Wenn es konkret wird, sind Sie in der Furche und nicht
dabei, die Dinge umzusetzen.
Eine Währung ist Ausdruck dessen, was ein Volk war,
ist und sein will. Die D-Mark war Symbol für Wieder-
aufstieg und Stabilität. Der Euro ist Symbol für Frieden,
Wohlstand und ein Europa des Zusammenwachsens. Eu-
ropa will und wird seinen Platz in einer neuen Weltord-
nung finden. Es muss Subjekt bleiben und darf nicht Ob-
jekt werden. Dazu muss sich Europa noch stärker
zusammenfinden.
Der Binnenmarkt war ein solches Projekt. Eine wirk-
liche Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik kann
ein weiteres solches Projekt sein. Die Nationalstaaten
werden an einigen Stellen Souveränität abgeben müssen.
Sie werden an anderen Stellen Souveränität zurückholen
können. Man kann allerdings die berechtigte Frage stel-
len, ob die Regionalpolitik oder die Agrarpolitik in der
Subsidiarität nicht besser aufgehoben sind als im euro-
päischen Zentralismus.
Meine Damen und Herren, wir mussten in Brüssel ei-
niges akzeptieren, das unseren Vorstellungen nicht voll
entsprochen hat. Politik ist Kompromiss, die Kunst des
Möglichen.
Das gilt auch im Hinblick auf ein geordnetes Insolvenz-
verfahren.
– Frau Regierende Bürgermeisterin, hören Sie mir ein-
mal einen Moment zu;
das wäre vielleicht auch für Sie ganz gut.
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as ein geordnetes Insolvenzverfahren betrifft, sind wir
icht weiter vorangekommen. Aber die Collective Ac-
on Clauses bleiben erhalten. Sie müssen auch die Basis
ein, wenn es darum geht, zukünftig private Beteiligun-
en zu ermöglichen. Die Erhöhung der Zahlung an den
F ist eine akzeptable Lösung. Der IWF ist viel breiter
ngelegt, es sind andere Länder dabei, und er hat eine
ndere Expertise, die mit eingebracht wird.
Man muss eines klar auseinanderhalten, Herr
teinmeier: Entweder ist die Bundesbank unabhängig
dann kann sie in ihren Entscheidungen nicht von Be-
chlüssen des Deutschen Bundestages abhängig sein –,
der sie ist es nicht.
s gibt keine Teilunabhängigkeit. Entweder ist sie unab-
ängig oder abhängig.
as müssen Sie auseinanderhalten. Das können Sie nicht
achen, wie Sie wollen.
ie haben immer noch das alte und falsche Helmut-
chmidt-Theorem im Kopf: Lieber 5 Prozent Inflation
ls 5 Prozent Arbeitslosigkeit.
m Schluss hatte er beides. Die Notenbank muss unab-
ängig bleiben und ihre eigenen Entscheidungen treffen,
tatt vom Parlament quasi untergepflügt zu werden.
ie können nicht beides haben, wie es Ihnen gerade
asst. Sie müssen eine klare Haltung einnehmen. In der
rdnungspolitik muss man Prinzipien haben und kann
ich nicht immer aussuchen, was man gerade will.
Der ESM kommt früher; das ist gut so. Für mich ist
as eine Art europäischer Währungsfonds, ein Instru-
ent der Marktwirtschaft und der Wettbewerbsfähigkeit.
ies ist der richtige Weg.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17691
Rainer Brüderle
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)
Jetzt ist er Feuerwehr, später wird er Brandschutzberater
sein.
Erreicht wurde – das ist das Verdienst der Kanzlerin
und der Koalition, die sie trägt –: Es kommen keine
Euro-Bonds. Die Banklizenz für den Rettungsfonds
kommt nicht. Dafür kommen nationale Schuldenbrem-
sen; das ist richtig. Trittin will die Banklizenz und für
den Rettungsschirm Geld drucken. Gabriel will Euro-
Bonds. Steinbrück will die Notenpresse aktiv einsetzen.
Das ist der falsche Ansatz. Das ist wieder Ihre Lex
Helmut Schmidt: Geld drucken!
Wir haben die Arbeitslosenquote in Deutschland hal-
biert.
Ihr Kanzler Schröder wollte die Marke von 3 Millionen
Arbeitslosen erreichen. Er hat uns 5 Millionen hinterlas-
sen. Wir haben die Zahl der Arbeitslosen durch unsere
Politik halbiert.
Das war der richtige Ansatz. Die Welt beneidet Deutsch-
land um die richtige Politik, nicht um Ihre Irrtümer.
Das, was Sie wollen, haben genau die Länder betrie-
ben, die den Karren an die Wand gefahren haben. Glau-
ben Sie, dass deren Rezepte, die für deren Fehlentwick-
lung ursächlich sind, besser werden, wenn Sie sie
übernehmen?
Sie sollten in Ihrer Politik die Lernfähigkeit
nicht völlig ausschließen und einfach die Realitäten zur
Kenntnis nehmen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir verhindern, dass eine
rot-grüne Inflationsunion Realität wird. Sie reden von
„sozial“ und schaffen die Voraussetzungen für Geldent-
wertung, die die Leute mit einem kleinen Einkommen
– das sind die mit einem Sparbuch und einem Giro-
konto – treffen wird. Diese würden durch Ihr Beenden
der Stabilitätspolitik zu Opfern. Wir stellen uns davor
und wollen, dass auch die Kleinen ihr hart erarbeitetes
Einkommen und Vermögen behalten können.
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Die Alternative für Deutschland und für Europa ist
öllig klar: Rot-Grün bedeutet höhere Steuern, eine Voll-
askoversicherung für Schuldensünder und Geldentwer-
ng. Die christlich-liberale Politik bedeutet Stabilität,
achstum und Arbeitsplätze. Genau das werden wir
eiterhin machen, weil es richtig ist.
Sie können hier schreien, solange Sie wollen, Frau Re-
ierender Bürgermeister. Das hilft alles nichts. Wir wer-
en unsere Politik der Erfolge fortsetzen.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Gregor Gysi für
ie Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bun-
estagspräsident, ich habe mit Erstaunen und Wohlwol-
n festgestellt, dass Sie die französischen Gäste auf
ranzösisch begrüßt haben. Ich bin sehr gespannt, wie
ie das beim nächsten Mal bei chinesischen Gästen ma-
hen. Wir werden das abwarten.
Herr Brüderle, eines muss ich Ihnen sagen, wenn ich
arf:
an kann der SPD und den Grünen ja viel unterstellen,
ber ihnen neosozialistische Traumtänzereien zu unter-
tellen, ist wirklich in jeder Hinsicht abwegig.
17692 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Dr. Gregor Gysi
)
)
Frau Bundeskanzlerin, ich darf darauf hinweisen: Sie
haben erklärt, dass man die Konstruktionsfehler bei der
Währungsunion endlich beheben muss. Eigentlich hätten
Sie aber sagen müssen, dass die Linke das alles damals
schon vorhergesagt hat, Sie aber fälschlicherweise Herrn
Kohl und nicht uns zugestimmt haben.
Kommen wir aber zu einem anderen Thema. Wir ha-
ben Ihren EU-Gipfel erlebt, und ich stelle eine unge-
heure Veränderung im Tempo fest. Früher dauerte es
Monate, bis ein EU-Gipfel Makulatur wurde, dann Wo-
chen und heute nur noch wenige Tage. Ich werde versu-
chen, Ihnen das zu belegen.
Sie wollen zusammen mit Sarkozy allein entscheiden,
was in Europa passiert. Sarkozy möchte außerdem, dass
die Deutschen die Schulden der französischen Banken
mitbezahlen, um es einfach einmal offen zu sagen. Er
versucht hier immer, ein Konstrukt dafür zu finden.
Bisher wehren Sie sich einigermaßen.
Ihnen geht es um das Vertrauen der Finanzmärkte.
Dabei muss diese Art von Finanzmärkten endlich einmal
bekämpft werden. Wir müssen nicht um deren Vertrauen
ringen, sondern wir müssen sagen: Das Ende der Fah-
nenstange ist erreicht.
Abgesehen davon schaffen Sie es ja auch gar nicht, Ver-
trauen herzustellen. Um das zu beurteilen, genügt ein
Blick auf die Börsen. Sie beweisen das Gegenteil!
Nun haben Sie die Idee bzw. den Trick entwickelt
– hier hat Herr Steinmeier recht –, dass der Internatio-
nale Währungsfonds zusätzlich Kredite geben soll, weil
der Rettungsschirm natürlich nicht ausreicht. Das haben
wir Ihnen übrigens schon vorher gesagt. Weil Sie das
aber nicht zugeben wollen, gehen Sie nun einen anderen
Weg und sagen: Dann stocken wir ihn nicht auf, sondern
wir machen das über den Internationalen Währungs-
fonds. Da sind aber auch die USA beteiligt, und das
Erste, was Präsident Obama gesagt hat, war: Dafür
kriegt der IWF von den USA nicht einen einzigen Dol-
lar.
Nun sagen Sie, Sie wollen trotzdem diesen Weg ge-
hen. Dabei geht es um einen Betrag von 200 Milliarden
Euro für die betroffenen Länder. Das ist deshalb interes-
sant, weil die Euro-Zone davon 150 Milliarden Euro be-
reitstellen soll und die Bundesbank davon wiederum ei-
nen Anteil von 45 Milliarden Euro.
Herr Brüderle, was Sie hier zur Unabhängigkeit der
Bundesbank gesagt haben, ist wirklich ein starkes Stück.
Dieser Bundestag hat mehrfach beschlossen, dass wir
maximal für einen Betrag von 211 Milliarden Euro haf-
ten. Nun wollen Sie weitere 45 Milliarden hinzufügen.
Da sagt der Chef der Bundesbank doch völlig zu Recht:
Zuerst muss der Bundestag beschließen, ob eine Haftung
in größerem Umfang übernommen wird. Das ist doch
wohl das Minimum.
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atürlich müssen wir hier darüber einen Beschluss fas-
en.
Dann wollen Sie neben dem vorübergehenden Ret-
ngsschirm auch einen dauerhaften schaffen. Nun hat
er Gipfel beschlossen, dessen Einrichtung vorzuziehen.
it anderen Worten, Frau Bundeskanzlerin, Sie haben
ich wieder einmal verrechnet. Das heißt, Sie haben den
auerhaften Schirm für einen bestimmten Zeitpunkt an-
esetzt und stellen jetzt fest: Es ist zu spät; Sie müssen
as Ganze vorziehen. – Okay. Man kann sich ja korrigie-
n.
Das bedeutet aber, dass wir zusätzlich 4,3 Milliarden
uro zur Verfügung stellen müssen, und zwar im Jahre
012. Diese stehen aber im Bundeshaushalt nicht drin.
araufhin haben Sie zunächst gesagt, Sie wollten sie ei-
entlich gar nicht drin haben. Jetzt sagt Herr Schäuble,
och, Mitte des Jahres 2012 will er die zusätzlichen
,3 Milliarden Euro in einen Nachtragshaushalt aufneh-
en. Ich verstehe das nicht. Wenn wir es jetzt schon wis-
en, könnten Sie doch eigentlich gleich beantragen, ei-
en Nachtragshaushalt zu beschließen.
Natürlich können wir noch warten, Frau Merkel, bis
er Vertrag unterschrieben ist. Aber eines darf ich auch
agen: Sie müssen sich beeilen. Sie wissen doch gar
icht, wie viele Tage die Koalition noch hält.
enn Sie den Nachtragshaushalt durchkriegen wollen,
ollten Sie das nicht bis zur Mitte des nächsten Jahres
erschieben.
Wissen Sie, ich mache mir ja nicht Sorgen um die FDP.
ber ich finde, Sie sollten anfangen, sich Sorgen um die
DP zu machen.
Sie meinten, Frau Merkel, als große Siegerin aus
rüssel zurückzukommen, Sie hätten sich für die Stabili-
tsunion entschieden und so viel dabei gewonnen. Die
ommission soll ja nun berechtigt sein, unter bestimm-
n Bedingungen in das Budget, in den Haushalt der
änder einzugreifen. Da hat doch der Bundestagspräsi-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17693
Dr. Gregor Gysi
)
)
dent recht: Das Grundgesetz regelt eine Hoheit des Bun-
destages für den Haushalt.
Es sieht überhaupt nicht vor, dass eine europäische
Behörde in den Haushalt der Bundesrepublik Deutsch-
land eingreift. Wenn Sie das beschließen, ist das ganz
klar grundgesetzwidrig.
Das hat auch keinen Bestand vor dem Bundesverfas-
sungsgericht. Darüber müssen wir doch wenigstens ein-
mal ausführlich diskutieren. Ich verstehe das nicht.
Dann gibt es einen zweiten Gesichtspunkt. Sie haben
ja automatische Sanktionen vereinbart. Dazu muss ich
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt keine auto-
matischen Sanktionen. Vielmehr müssen immer noch
Menschen entscheiden, wann sie eingesetzt werden. Sie
wollten damit ja auch bloß sagen, dass die Länder dage-
gen kein Beschwerderecht etc. haben. Es wird über
Sanktionen entschieden, wenn eine bestimmte Haus-
haltsdisziplin verletzt wurde.
Weiter sagen Sie, ganz Europa muss die Schulden-
bremse übernehmen, die wir in Deutschland schon ein-
geführt haben. Darf ich wieder einmal versuchen, den
Konstruktions- und Denkfehler der Schuldenbremse zu
erklären? Es gibt einen Unterschied zwischen dem Bun-
deshaushalt und dem privaten Haushalt. Im privaten
Haushalt herrscht die Regel: Wenn ich mehr Geld habe,
gebe ich mehr aus, und wenn ich weniger Geld habe,
gebe ich weniger Geld aus.
Wenn man den Bundeshaushalt verantwortet, muss
man ganz anders entscheiden. Wenn man gute Steuerein-
nahmen hat, kann man Schulden abbauen und sparen,
und wenn man schlechte Steuereinnahmen hat, muss
man zusätzlich investieren, damit die Wirtschaft wieder
angekurbelt wird.
Genau das verbietet Ihre Schuldenbremse. Deshalb ist
das ganze Konstrukt, gemeinsam gefunden von Union
und SPD, falsch. Das jetzt auch noch ganz Europa aufzu-
stülpen, ist sozusagen eine Multiplizierung dieses Feh-
lers.
Aber jetzt kommt etwas anderes. Das muss ich Ihnen
einmal als Jurist sagen: Beide Regelungen widerspre-
chen natürlich ganz klar dem Vertrag von Lissabon. Da
Großbritannien nicht mitspielt, können Sie den Vertrag
nicht ändern. Nun gehen Sie folgenden Weg und sagen:
Wir machen einfach einen eigenen, neuen Vertrag – das
ist so ein typischer Trick –, und es fällt wahrscheinlich
gar keinem auf, dass dieser neue Vertrag dem Vertrag
von Lissabon widerspricht.
Ich sage Ihnen klipp und klar: Wenn man einen völ-
kerrechtlichen Vertrag schließt, der einen bestehenden
völkerrechtlichen Vertrag verletzt oder ihm widerspricht,
dann ist der neue Vertrag völkerrechtswidrig. Da wir
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich will Ihnen auch sagen, warum. Sie führen eine
genda-2010-Union ein, und zwar multipliziert. Agenda
010 – leider eine Erfindung der Sozialdemokraten – be-
eutet Geringverdiener. Jetzt liegt übrigens eine Studie
or, nach der die Geringverdiener immer früher sterben.
enn Sie jetzt nichts gegen Armut machen, handeln Sie
ogar vorsätzlich, weil Sie wissen, dass Arme immer frü-
er sterben. Also muss man etwas dagegen tun.
Agenda 2010 bedeutet auch Lohnabbau, Rentenkür-
ung, prekäre Beschäftigung, Outsourcing, das heißt,
eile eines Unternehmens werden aus einem Unterneh-
en ausgegliedert, damit man schlechtere Löhne bezah-
n kann, Teilprivatisierung der Renten und der Gesund-
eit. All das verordnen Sie in viel schärferer Form
riechenland, Spanien, Portugal und Italien.
Was glauben Sie, wie dann die Menschen die EU
mpfinden? Glauben Sie wirklich, die denken dann: Das
t eine tolle Einrichtung, die zu mehr Wohlstand führt?
ie Menschen werden sagen: Die EU baut meinen Le-
ensstandard ab. Sie baut mein Selbstwertgefühl ab. Sie
erhindert meine eigene Würde. All das kommt auch
och nach Deutschland. Das ist nicht nur sozial katastro-
hal, sondern es zerstört auch die europäische Idee und
t gefährlich. Ich möchte nicht zurück in das Europa des
0. und des 19. Jahrhunderts, das durch Kriege zwischen
en heutigen Mitgliedsländern der Europäischen Union
ekennzeichnet war. Dahin wollen wir nicht zurück.
Dieser Sozialabbau ist darüber hinaus völlig falsch,
icht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Län-
17694 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Dr. Gregor Gysi
)
)
dern. Es ist ebenso falsch, die Investitionen zu streichen;
denn das bedeutet doch alles weniger Steuereinnahmen.
Das bedeutet, dass das Geld, das wir dorthin geben, ver-
schwindet, und zwar in den Banken. Die Griechinnen
und Griechen haben nichts davon, die Italienerinnen und
Italiener haben nichts davon, die Spanierinnen und
Spanier nichts und auch die Portugiesinnen und Portu-
giesen nichts. Außer zusätzlichen Schulden kommt auch
für Deutschland und seine Bevölkerung nichts dabei he-
raus. Das ist alles nicht zu machen.
Wenn Sie mir das nicht glauben, dann glauben Sie
doch wenigstens Ihrer heiligen amerikanischen Rating-
agentur. Jetzt zitiere ich einmal das, was Standard and
Poor’s sagen, die nun wirklich auf der anderen Seite ste-
hen:
Während sich die europäische Wirtschaft abkühlt,
erwarten wir, dass ein Reformprozess, der allein auf
der Säule von Sparanstrengungen ruht, zwecklos
ist, wenn die Sorgen der Bürger um Jobs und Ein-
kommen wachsen, die Nachfrage schrumpft und
die Steuereinnahmen der Staaten erodieren.
Das Ergebnis wird dann eine noch schlechtere Bewer-
tung dieser Länder durch die Ratingagenturen sein. Das
verschärft die Krise.
Weiter stellt die Ratingagentur zutreffend Folgendes
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Staatsschulden seien
nicht Ursache, sondern Folge der Bankenkrise.
Weit klügere Leute sagen das auch. Warum reden Sie
immer von einer Staatsschuldenkrise? Die USA haben
viel höhere Staatsschulden, auch in der Verhältnismäßig-
keit. Sie sind aber nicht in derselben Situation. Die Ban-
kenkrise ist das Entscheidende. Diese müssen wir über-
winden, wenn wir aus der Krise herauskommen wollen.
Machen wir uns doch nichts vor: Agenda 2010 mit
Lohn- und Rentenabbau führte dazu, dass deutsche Pro-
dukte billiger wurden. Deshalb konnten wir immer mehr
davon nach Spanien, nach Italien und nach Portugal ver-
kaufen. Deshalb konnten die Firmen in Spanien, Portu-
gal und Italien immer weniger ihre eigenen Produkte im
eigenen Land und hierher verkaufen. Das hat Folgen.
Deshalb sage ich Ihnen: Wenn wir aus dieser Falle he-
rauswollen, die auch andere Länder belastet, dann müs-
sen wir endlich die Binnenwirtschaft stärken, um nicht
zu stark von den Verkäufen in andere Länder abhängig
zu sein.
Wenn wir die Binnenwirtschaft stärken wollen, dann
brauchen wir endlich höhere Löhne, höhere Renten und
höhere Sozialleistungen,
und wir müssen die gesamte prekäre Beschäftigung
überwinden. Es gibt keinen anderen Weg.
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Herr Kollege Gysi, es ist Ihnen nicht entgangen, dass
ie schon deutlich über der Zeit liegen.
Herr Bundestagspräsident, das finde ich erstaunlich.
ie acht Minuten von Herrn Lindner dauerten so lange.
eine elf vergehen so schnell. Wie kommt das eigent-
ch?
Gut, dann lasse ich das aus und sage nur noch eines:
as wir wirklich brauchen, ist etwas ganz anderes. Wir
rauchen erstens eine Regulierung der Finanzmärkte.
oros, der Multimilliardär, hat auf die Frage, ob er mit
einen Spekulationen schuld an der Krise sei, gesagt:
ein, schuld ist die Politik. Ich bin gierig, und wenn die
olitik mir das erlaubt, dann mache ich das auch. Wenn
ie es mir verboten hätte, hätte ich es nicht machen dür-
n.
as ist die Logik von Soros. Er gibt Ihnen ironisch die
chuld, und insoweit zu Recht.
Wir brauchen zweitens eine Finanztransaktionsteuer.
Nein, Herr Gysi, das geht jetzt leider nicht.
– Das können Sie nicht mehr hören, aber das müssen
ie sich anhören, weil es der einzige Weg ist, der aus der
rise führt. Hören Sie zu! Von den Konservativen ver-
nge ich eines nicht: Ich verlange nicht, dass sie links
erden. Das schaffen sie nicht. Aber sie könnten zumin-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17695
Dr. Gregor Gysi
)
)
dest endlich einmal Vernunft an den Tag legen. Das ist
das Minimum.
Herr Kollege Gysi, ich bin Ihnen noch eine kurze
Antwort auf Ihre Bemerkung zu meiner Begrüßung der
französischen Delegation schuldig. Sobald es in China
ein Parlament gibt, frei und demokratisch gewählt wie in
Frankreich, zu dem der Deutsche Bundestag ähnlich in-
tensive freundschaftliche Beziehungen unterhält wie zur
Assemblée nationale, stelle ich für einen Besuch einer
chinesischen Delegation eine ähnliche Begrüßung in
Aussicht.
Das Wort hat nun der Kollege Kauder für die CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn man die Erklärungen der Opposition in der heuti-
gen Debatte hört, dann fragt man sich, ob die Opposition
wirklich zur Kenntnis genommen hat, was am letzten
Wochenende in Brüssel geschehen ist.
– Herr Kollege Steinmeier, warten Sie nur ab. Die De-
mut wird gleich kommen. Ich frage mich, ob Sie noch
genau wissen, was Sie an diesem Rednerpult schon alles
verlangt haben und was wir gemeinsam in Anträge hi-
neingeschrieben haben. Im Ergebnis ist das, was wir in
unserer gemeinsamen Erklärung vor einigen Tagen be-
schlossen haben, im Kern genau das, was die Bundesre-
gierung in Brüssel ausgehandelt hat.
Wieso distanzieren Sie sich von dem, was wir zur Vorbe-
reitung des Gipfels miteinander besprochen haben?
Es ist unglaublich viel erreicht worden. Wir waren
uns in diesem Plenarsaal einig, dass wir mit leichten,
kleinen Korrekturen nicht mehr vorankommen und dass
die Märkte von uns klare Reformen erwarten, die verhin-
dern, dass das, was jetzt mit den hohen Staatsschulden
eingetreten ist, wieder eintreten kann. Wir waren uns
auch einig, dass diese Reformen nur durch rechtlich ver-
bindliche Vereinbarungen machbar sind. Wir alle hätten
uns sehr gewünscht, dass wir im Europa der 27 zu sol-
chen Vereinbarungen gekommen wären. Herr Kollege
Steinmeier, Sie haben an diesem Rednerpult mehrfach
eine Korrektur der von Ihrer Fraktion durchgeführten
Deregulierung der Finanzmärkte verlangt und sagen
ständig, es müsse europaweit eine Finanztransaktion-
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Herr Kollege Steinmeier, jetzt haben hoffentlich die
ozialdemokratisch regierten Länder in Europa mitbe-
ommen, wie sie ihren eigenen Kollegen die Leviten le-
en müssen. Österreich, Belgien und Dänemark, das sind
änder, die von Sozialdemokraten regiert werden und
ie mitgemacht haben. Soll ich Ihnen etwas sagen? Sie
tehen als Einziger abseits, nicht wir. Das ist die Er-
enntnis nach Ihrer heutigen Rede.
atürlich kann man abseitsstehen, wenn man in der Op-
osition ist; dagegen ist nichts einzuwenden. Aber ich
itte darum, gerade in einer so wichtigen, zentralen na-
onalen und europäischen Frage zu erklären, was anders
ätte gemacht werden sollen. Man muss sich vor allem
ber eines im Klaren sein – ich war der Meinung, dass
ir das in den letzten Beratungen in diesem Parlament
rreicht hätten –: Wir müssen in dieser für Europa, aber
uch für die Menschen in unserem Land wichtigen Frage
emeinsame Positionen vertreten. Aber was ich jetzt von
nen höre, hat noch nicht einmal den Hauch einer sach-
chen Auseinandersetzung. Es handelt sich nur um den
ersuch, durch Dagegensein irgendwie voranzukom-
en. Das ist keine ausreichende Position, Herr Kollege
teinmeier.
Ich hoffe, dass wir bei den anstehenden Fragen, die
uf uns zukommen und die Sie angesprochen haben,
um Beispiel beim ESM, wo es auch auf die Beteiligung
es Parlaments ankommt –
Herr Steinmeier, lassen Sie mich den Satz zu Ende
prechen –, zu gemeinsamen Positionen kommen. Ich
atte bisher den Eindruck, dass wir das miteinander
chaffen. Ihren Einwand „Da haben Sie doch nicht ein
roblem mit der Opposition“ könnte ich fast vollum-
17696 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Volker Kauder
)
)
fänglich unterschreiben. Aber nach dem, was Sie nach
diesem Gipfel, in dessen Umfeld und heute abgeliefert
haben, müssen wir uns schon fragen, ob Sie noch zu der
Aussage stehen, dass wir das miteinander machen.
Wenn dem so ist, dann ist alles in Ordnung. Dann tun wir
dies auch.
Der Gipfel in Brüssel hat dazu geführt, dass wir die
notwendigen Veränderungen durchführen. Jetzt muss
klar sein: Wir kämpfen um die Stabilität des Euro. Das
ist nicht etwas Technisches, sondern da geht es um die
Zukunftschancen von Hunderten Millionen Menschen in
Europa. Wenn wir um die Stabilität des Euro kämpfen,
dann müssen diejenigen, die diese Währung haben, näm-
lich die Euro-Zone-Länder, auch das Notwendige ma-
chen können, um Stabilität zu erreichen. Da dürfen sie
nicht nachgeben, wenn ein, zwei oder drei sie daran hin-
dern wollen. Das wäre nicht in Ordnung.
Deswegen sagen wir den Briten: Ihr habt eine wichtige
Aufgabe in diesem Europa. Dass der Euro stabil bleibt,
ist doch nicht nur eine Frage, die die Euro-Länder be-
trifft. Vielmehr hat David Cameron doch selbst mehrfach
gesagt, dass auch er ein Interesse daran hat, dass dieser
Euro stabil bleibt. Da kann man ihm nur sagen: Dann be-
teilige dich auch an den notwendigen Maßnahmen! Aber
die Stabilität des Euro mit einem noch wilder ausufern-
den Finanzmarkt und mit noch mehr durchgeführten
Transaktionen in Europa sichern zu wollen, hieße doch,
den Bock zum Gärtner zu machen. Das muss den Leuten
in Großbritannien doch klargemacht werden können!
Darum werben wir.
Herr Kollege Steinmeier, ich sage Ihnen: Es ist nicht
angebracht, sich an dieses Rednerpult zu stellen und zu
beklagen, warum es nicht gelungen ist, die Briten mit ins
Boot zu nehmen. Vielmehr wäre es notwendig, den Bri-
ten zu sagen: Ihr habt eine Verantwortung für Europa
und für den Euro, weil es auch eurer Währung dient.
Also berappelt euch und macht mit! Das ist die Bot-
schaft. Dazu fordern wir die Briten in aller Freundschaft
auf.
Deswegen gibt es auch gar keinen Grund, darüber zu
reden, ob in diesem Europa nicht mehr alle zusammen-
halten. Im Übrigen haben dies alle anderen auch so ge-
sehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den
nächsten Monaten werden auf uns die konkreten Bera-
tungen über das, was jetzt im Europäischen Stabilisie-
rungsmechanismus ausgearbeitet wird, zukommen. In
diesem Bereich wird es zu völkerrechtlichen Verträgen
kommen.
Herr Gysi, an dieser Stelle kann ich nur sagen, dass
ich die Position, dass 25 oder 26 – wie viel es denn auch
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einer großartigen Gemeinschaftsleistung haben Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmer und vor allem mit-
lständische Unternehmer etwas Großartiges geschaf-
n, und es ist auch die richtige Politik gemacht worden.
ir haben in diesem Land doch etwas erreicht, indem
ir zusammengestanden sind. Diese Botschaft, die den
enschen Mut macht, muss am Ende eines Jahres auch
inmal formuliert werden.
ie haben sich an vielem nicht beteiligt, obwohl Sie es
ätten machen können. Erst unser Erfolg führt doch
azu, dass wir stark genug sind, um in Europa zu helfen.
as Deutschland aus den Jahren der rot-grünen Koali-
on hätte gar nicht die Kraft gehabt, in Europa die not-
endige Hilfe zu geben, liebe Kolleginnen und Kolle-
en.
eswegen sind Konsolidierung und ein Zurückfahren
er Schulden notwendig; das ist das beste Wachstums-
rogramm in unserer heutigen Zeit – und nicht immer
bendrauf noch neue, noch zusätzliche Schulden ma-
hen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17697
Volker Kauder
)
)
Wir sollten diejenigen nicht vergessen – um es einmal
sehr vorsichtig zu formulieren –, die einen gewaltigen
Anteil daran haben, dass dieses Wachstum entsteht.
Wenn ich mir die Beschlüsse vor allem des SPD-Partei-
tages anschaue, kann ich nur sagen: Das ist ein Pro-
gramm zur Vertreibung von Leistungsträgern, aber nicht
ein Programm zur Unterstützung von Leistungsträgern.
Schauen Sie sich doch die Länder Spanien und Grie-
chenland an. Dort sind diejenigen, die Leistung erbrin-
gen könnten, sollten und wollten, gar nicht mehr da.
Wir wollen, dass diejenigen, die Leistung in diesem
Land erbringen, sich durch Steuern an der Finanzierung
der Staatsaufgaben beteiligen, aber wir wollen sie nicht
vertreiben und ihre Leistungsbereitschaft beeinträchti-
gen. Das ist Politik für Wachstum und Wohlstand,
aber nicht Ihre von sozialistischen Gedanken geprägte
Abkassierpolitik. Herr Gysi, Sie haben Großbritannien
angesprochen. Sie können sich doch nicht hier hinstellen
und sagen, man müsse auf Großbritannien Rücksicht
nehmen, und zur gleichen Zeit von der Verstaatlichung
der Banken sprechen. Sie müssen die Gedanken in Ihrem
Kopf besser sortieren. Das alles passt nicht zusammen.
Wenn ich mir das alles anschaue, kann ich nur sagen:
Gott sei Dank ist es in dieser schwierigen Situation eine
von der Koalition aus CDU/CSU und FDP getragene
Bundesregierung,
die erfolgreich in Europa verhandelt.
Der Kollege Jürgen Trittin hat das Wort für Bündnis 90/
Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber
Kollege Kauder, bei Ihrem letzten Satz fällt mir ein: Du
sollst nicht falsch Zeugnis ablegen. Denken Sie einmal
darüber nach.
Es kann nicht auf der einen Seite – das zeigt doch die
europapolitische Geisterfahrt dieser Koalition – der Chef
der einen Regierungsfraktion zu Recht dafür werben,
dass Großbritannien zu diesem gemeinsamen Europa ge-
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Sie tun mir leid, Herr Rösler, und man kann langsam
itleid mit Ihnen bekommen. Nicht, weil Sie jetzt nicht
ehr Christian Lindner, sondern nur noch Butter-
indner haben
ich wollte mich einmal auf das Niveau von Herrn
rüderle begeben –, sondern weil Sie hier an dieser
telle erklärt haben, Herr Brüderle dürfe nicht mehr auf
rem Dreikönigstreffen reden. Interessant.
ber hier darf er reden. Da Sie, Herr Brüderle, hier re-
en dürfen, hätten wir gerne einmal von Ihnen gehört,
as mit den wahrscheinlich 16 000 FDP-Mitgliedern ist,
ie der Auffassung sind, dass man das, was die Kanzle-
n gerade verhandelt hat, nämlich ein frühzeitiges In-
rafttreten des Europäischen Stabilisierungsmechanis-
us, rundweg ablehnen sollte. Ich hätte mir gewünscht,
ass Sie mit diesen Menschen eine politische Auseinan-
ersetzung geführt hätten, anstatt dass Sie hier regelmä-
ig solche pfälzischen, genuschelten Büttenreden ablie-
rn.
Ansonsten war es so wie immer: markige Erklärun-
en vor dem Gipfel, windelweiche Beschlüsse auf dem
ipfel. Sie lassen schreiben, es werde jetzt gespart, bis
s quietsche; das Ergebnis ist aber spätestens seit
ontag bekannt. Man könnte böse sein und sagen, das
ipfelergebnis sei Käse. Ich fürchte, es ist nur Analog-
äse, also Pflanzenfett und irgendwelche Eiweiße. Die
ärkte haben eine Antwort gegeben. Die Zinsen für Ita-
en liegen wieder bei über 7 Prozent. Das Vertrauen, das
ie schaffen wollten, haben Sie mit den Gipfelbeschlüs-
en gerade einmal für ein Wochenende herstellen kön-
en. Seitdem ist der Kater wie nach einer durchzechten
acht wieder da. Die Wahrheit ist: Die EU-Kommission
uss Sie darauf hinweisen, dass Gemeinschaftsrecht
orrang vor intergouvernementalen Vereinbarungen hat.
Sie haben nichts über die Diskussionen in Finnland
ber den Vertrag der 26 gesagt, wo man erklärt: Dafür
ibt es keine Mehrheit. – Ich hätte es sehr interessant ge-
nden, Frau Bundeskanzlerin, wenn Sie hier einmal ei-
en Satz zur Ankündigung der französischen Sozialisten
esagt hätten – sie braucht Herr Sarkozy nämlich, um
iesen Vertrag, der eine Verfassungsänderung erfordert,
urchzubringen –, jenen Sozialisten, die im Senat die
ehrheit haben und die gesagt haben, dass sie dem nicht
ustimmen wollen. Wie wollen Sie mit diesem Problem
mgehen? Das wäre eine Regierungserklärung wert ge-
esen, Frau Bundeskanzlerin.
17698 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Jürgen Trittin
)
)
Aber so bleibt doch nur eine Feststellung. Es ist viel
über „Merkozy“ geschrieben worden. Ich will ja gerne
konzedieren, dass der Kopf von „Merkozy“ Sie sind.
Aber wenn in Frankreich nicht ratifiziert wird, dann ist
„Merkozy“ ein Wesen ohne Unterleib.
Zur Debatte über die Umwegfinanzierung, also da-
rüber, das EZB-Geld über den IWF zu schleusen. Dazu
haben die Amerikaner gesagt, sie werden es nicht mit-
machen. Ich hätte mir von Ihnen gewünscht, dass Sie
hier sagen, was das für uns heißt: dass das Risiko für die
EFSF-Anleihen wächst, dass die Hebelung schwieriger
wird. Warum? Weil die zusätzlichen IWF-Mittel, wenn
sie denn kommen, Vorrang vor unseren Mitteln haben.
Damit gibt es ein erhöhtes Risiko für den Bundeshaus-
halt. Deswegen muss das hier diskutiert, deswegen muss
das hier entschieden werden. Denn: Parlamente sind
nicht zum Zuschauen da, sondern zum Entscheiden.
Ich finde, das eigentliche Problem dieses Gipfels ist
wahrscheinlich gar nicht einmal, was beschlossen wor-
den ist; denn das ist so zahnlos, dass man sich darüber
kaum ereifern kann. Das, was nicht beschlossen worden
ist, ist das Entscheidende. Sie haben keine Beschlüsse
gefasst, die die aktuelle Krise tatsächlich eindämmen.
Sie haben es bis heute nicht geschafft, eine Firewall zu
errichten, die nach dem Schuldenschnitt für Griechen-
land verhindert, dass die Spekulation auf andere Staaten
übergreift. Das hat etwas mit ideologischen Scheuklap-
pen zu tun. Die rechte Seite dieses Hauses jubelt immer,
wenn man sich gegen Euro-Bonds ausspricht. Sie ver-
schweigen immer, dass schon in der EZB für große Sum-
men gehaftet werden muss. Meine Damen und Herren,
vielleicht sollten Sie, also die Bayern unter den Unionis-
ten – die CSU ist ja immer erst bayerisch und dann sub-
sidiär –, einmal darüber nachdenken, dass selbst jemand
wie Dr. Edmund Stoiber heute der Auffassung ist: Eine
Lösung dieser Krise gibt es nur mit europäischen Staats-
anleihen. – Herr Stoiber spricht sich für Euro-Bonds aus.
Meine Damen und Herren, Herr Stoiber hat recht. Ich
hätte nie geglaubt, dass mir dieser Satz jemals über die
Lippen gehen wird.
Aber das eigentliche Problem sind nicht die ideologi-
schen Scheuklappen, die Sie haben; das eigentliche Pro-
blem ist, dass Sie eine falsche Krisenursache identifiziert
haben. Dazu setzen Sie Staatsschuldenkrise mit Ausga-
benwillkür und unsolider Haushaltspolitik gleich. Genau
das ist die falsche Analyse dieser Krise.
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Sie haben gesagt, da komme man nicht nur mit Spa-
n, sondern auch mit Wachstum heraus. Ja, dann
chauen Sie sich doch die Zahlen an! Die Prognosen für
ie Euro-Zone sehen für nächstes Jahr ein Wachstum
on minus 1 Prozent vor – so die OECD –, für Italien ein
egativwachstum von 2 Prozent. Das heißt, Italien ist
eit davon entfernt, eine Chance zu haben, sich in ir-
endeiner Weise so zu finanzieren, dass es neue Kredite
Höhe von 300 Milliarden Euro zu erträglichen Kondi-
onen bekommt. Dagegen kann man nicht ansparen. Das
ird Ihnen Herr Monti auch nicht anders gesagt haben.
Wenn Sie in einer Situation des Negativwachstums
usätzliche Sparauflagen für Staaten verordnen, dann
ürzen diese auch in den Bereichen, in denen Investitio-
en zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit heute
wingend erforderlich sind. Anders gesagt: Ihr Kurs,
rau Bundeskanzlerin, führt nicht nur zu nicht mehr
achstum, Ihr Kurs würgt das Wachstum in Europa ab.
s verlängert die Krise, es verschlimmert die Krise. Das
t das Problem.
Aus dieser Krise führt kein intergouvernementaler
eg heraus. Wir brauchen gemeinsame starke europäi-
che Institutionen. Wir müssen die Steuer-, die Wirt-
chafts- und die Fiskalpolitik miteinander verknüpfen.
as geht nicht in einem intergouvernementalen Vertrag.
Sie haben dann gesagt, Sie seien dafür, dass das Euro-
aparlament hier eine Rolle spielt und auch Beobachter
ntsenden darf.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17699
Jürgen Trittin
)
)
Frau Bundeskanzlerin, Parlamente, auch das Europapar-
lament, sind keine Beobachterkommission. Parlamente
machen Gesetze, sie sind Ausdruck des Willens des Vol-
kes, und sie kontrollieren die Regierung. Das ist Demo-
kratie, und das brauchen wir in Europa.
Sie haben sich erlaubt, hier zu sagen, mit dem jetzt
Beschlossenen hätten wir einen großen Schritt hin zu ei-
ner Stabilitätsunion getan.
Wer anfängt, aufgrund einer Identifizierung der falschen
Krisenursache in Europa das Wachstum kaputtzusparen,
der wird Folgendes erleben:
ein Europa, in dem massenhaft junge Leute arbeitslos
sind. Ein Europa der Massenarbeitslosigkeit ist aber
keine Stabilitätsunion. Dieses Europa fliegt auseinander.
Dagegen haben Sie nichts getan.
Deswegen sage ich Ihnen: Jedes Tief hat einen Na-
men. Das nächste wirtschaftliche Tief, das auf uns zu-
kommt, hat den Namen
„Angela“. Leider wird es noch über Europa liegen, wenn
Sie nicht mehr Kanzlerin sind.
Der Kollege Dr. Werner Hoyer hat jetzt das Wort für
die Bundesregierung.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Auch ich beglückwünsche die Bundeskanzlerin zu ihrem
Erfolg beim Europäischen Rat.
Wir haben die Chance, unsere Währung für die
schweren Zeiten, die kommen werden, sturmfest zu ma-
chen. Wir haben darüber hinaus die Chance, die politi-
sche Union voranzutreiben. Es ist ja zu Recht gesagt
worden, dass wir hier einen Rückstand aufholen müssen,
weil zu Zeiten des Vertrages von Maastricht die politi-
sche Union, die wir damals gewollt haben, noch nicht
möglich war. Es lag von vornherein in der Logik des
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etzt führen wir diese Debatte. Wir dürfen sie aber nicht
ur über Geld, Währung und Wirtschaft führen. Europa
t eben sehr viel mehr.
Wir haben eine großartige Erbschaft von unseren Vor-
ängern übernommen. Europa – das steht zunächst ein-
al für Werte, für Haltungen, für Lebensweise, für Kul-
r. Dieses Europa manifestiert sich auf unserem
ontinent mittlerweile praktisch überall in einer Priorität
r die Würde des einzelnen Menschen, in Toleranz, in
echtsstaatlichkeit, in Demokratie – im Grunde die
rüchte der Aufklärung. Und das müssen wir eben auch
ben und verteidigen.
Deswegen müssen wir uns auch einmischen. Deswe-
en sind Fragen der nationalen Souveränität heute doch
twas anders zu bewerten, als das vielleicht vor 50 Jah-
n noch der Fall war, wenn plötzlich Pressefreiheit ge-
hrdet ist, wenn Reisefreiheit eingeschränkt ist oder
enn wir nicht gemeinsam die Informationen sammeln,
ie wir brauchen, um Urteile zu fällen über das, was in
uropa ökonomisch zu geschehen hat.
Die europäische Integrationsgeschichte hat uns ein un-
eahntes Maß an Freiheit, an Frieden und an Wohlstand
ebracht. Das wird heute alles für selbstverständlich ge-
ommen; das wissen wir alle aus unseren politischen Ver-
nstaltungen. Damit lockt man erstaunlicherweise keinen
inter dem Ofen hervor, obwohl es so wichtig und so be-
ahrenswert ist.
Wir brauchen also eine Projektion dieses europäi-
chen Gedankens in die Zukunft. Ich denke, es liegt auf
er Hand, wie wir argumentieren müssen: mit der
elbstbehauptung der Europäer in der Globalisierung.
as wird die Herausforderung der nächsten Jahre sein.
as ist dann auch nicht nur ein ökonomisches Thema,
ondern auch ein Wertethema, ein Wissensthema, ein In-
ovationsthema, ein Thema, das am Ende mit Wohlstand
u tun hat, der nämlich akut gefährdet ist, wenn wir die-
er Herausforderung nicht gerecht werden.
17700 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Staatsminister Dr. Werner Hoyer
)
)
Deswegen wundere ich mich manchmal, dass wir De-
batten führen, als könnte man zur Globalisierung Ja oder
Nein sagen. Man kann – da sie kommt und schon da ist –
nur versuchen, sie mitzugestalten. Das wird keines unse-
rer europäischen Partnerländer – nicht unsere französi-
schen Freunde, die ich herzlich begrüße, und auch nicht
wir Deutschen – alleine gestalten.
Wenn wir in der Gemeinschaft der Völker dieser Welt
etwas bewegen wollen, dann müssen wir es gemeinsam
anpacken. Dann muss man Mut haben zum politischen
Europa; dann muss man auch Mut haben zur Gemein-
schaftsmethode.
Ich glaube, dass es viele Punkte gibt, bei denen man
feststellen muss: Europa macht zu viel. All die Fragen
von Überbürokratisierung sind mir voll bewusst. Da
kann man doch das eine oder andere zurückdrehen. Aber
dort, wo im klassischen, im Hallsteinschen Sinne die eu-
ropäischen Institutionen – zum Beispiel die Kommission
als Hüterin der Verträge – gefragt sind, da müssen wir
ihnen den entsprechenden Raum geben.
Sie sind im Zweifel der bessere Hüter des Gemein-
schaftsgedankens, als wir es sein können, die wir häufig
in nationalen Interessen denken müssen. Deswegen:
Mehr Mut zu mehr Europa.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,
wenn die Dinge so laufen, wie sich das gegenwärtig ab-
zeichnet, dann könnte das meine letzte Rede im Deut-
schen Bundestag gewesen sein.
Ich gehe am Freitagnachmittag mit gemischten Gefühlen
durch die Tür dort hinten, aber mit großer Dankbarkeit
für das, was war, und mit großer Vorfreude auf das, was
sein wird. Ich habe 25 Jahre lang das schönste Amt
wahrgenommen, das der Souverän uns gibt: das des
freien Abgeordneten. Sie werden es weiter wahrnehmen.
Ich wünsche Ihnen dafür Glück, Erfolg und Gottes Se-
gen.
Frau Präsidentin, ich melde mich ab.
Lieber Herr Kollege Hoyer, Wenn-dann-Reden soll
man in der Politik nicht halten. Nichtsdestotrotz will ich
Ihnen – jenseits der Formalien, die sich noch entschei-
den müssen – sagen: Wir kennen Sie hier im Bundestag
seit 1987. Sie sind ein Herzensparlamentarier; das haben
wir, glaube ich, eben noch einmal gehört.
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ollege Kauder, als Christ wissen Sie doch:
Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders
Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in dei-
nem Auge?
Wann haben Sie an dieser Stelle jemals einer christde-
okratischen Regierung in Ungarn die Leviten gelesen,
ls es um die Beschädigung der Demokratie, die Ein-
chränkung der Meinungsfreiheit ging?
ann haben Sie in diesem Hause jemals einer christde-
okratischen Regierung in Italien die Leviten gelesen,
ls es um die Gefährdung des gesamten Rechtsstaates
nd der politischen Kultur in Europa ging?
ann haben Sie hier jemals einem christdemokratischen
egierungschef aus Österreich, den Niederlanden oder
on anderswo die Leviten gelesen, der sich mit Koalitio-
en und Optionen mit Rechtspopulisten an der Macht
ält? Wann haben Sie das als Europäer jemals getan? Sie
aben es hier in diesem Hause nicht getan.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man ehrlich
ber Gipfelergebnisse redet, muss man damit anfangen
nd sagen: Ja, am Anfang des Jahres haben wir über Ret-
ngsschirme mit einem Umfang von 620 Milliarden
uro geredet; jetzt liegen die Schätzungen bei 1,6 Billio-
en Euro. – Auch das gehört zur Ehrlichkeit. Wenn man
ier auf der Regierungsseite einmal ehrlich argumentie-
n wollte, dann müsste man die Debatte immer mit den
orten beginnen: Ja, wir haben uns seit Mai 2010 geirrt;
ir hatten Fehleinschätzungen, und wir haben uns im-
er und immer wieder korrigieren müssen. – Dies haben
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17701
Axel Schäfer
)
)
wir von Ihnen an dieser Stelle, hier im Deutschen Bun-
destag, niemals gehört.
Wir haben vor diesem Gipfel aber etwas anderes er-
lebt: Herr Van Rompuy, der den Auftrag hatte, Vor-
schläge zu machen, wurde aus Kreisen der Bundesregie-
rung, wie es unwidersprochen zitiert worden ist, mit den
Worten kritisiert: Wir lassen uns keine Brüsseler Trick-
sereien bieten. – Genau das, liebe Kolleginnen und Kol-
legen von CDU/CSU und FDP, ist es halt. Wenn man auf
der einen Seite sagt: „Wir wollen mehr gemeinsames
Europa“, und auf der anderen Seite diejenigen, die auch
als Institution für mehr gemeinsames Europa stehen,
schon vorher beschämt und beschädigt, kann man nicht
damit rechnen, dass man hinterher gemeinsame europäi-
sche Überzeugungen in dieser Gemeinschaft erreichen
kann.
Ich glaube, das, was die Kanzlerin nicht gesagt hat, ist
für viele Kolleginnen und Kollegen aus den Regierungs-
parteien wichtig; aber leider diskutieren Sie das hier
nicht, weil Sie manchmal glauben, Ihre europäischen
Überzeugungen durch stramme Haltung ersetzen zu
müssen. Auch Sie müssten doch eigentlich diskutieren,
dass wir viel schärfere Regelungen bei Finanzmarktpro-
dukten brauchen, gerade bei denen, die die Ratingagen-
turen als etwas Besonderes bewertet haben und die dann
– das hat auch ein CDU-Politiker einmal formuliert – zu
Massenvernichtungswaffen wurden. An dieser Stelle
kommt von Ihnen nichts.
Es kommt von Ihnen auch keine kritische Anmerkung,
dass die Finanztransaktionsteuer notwendig ist, dass man
hier in Europa vorangehen muss – sei es auch nur mit
17 Ländern – und dies auf dem nächsten Gipfel ein wich-
tiges Thema sein muss. Es kommt auch nichts zu dem
Punkt, der für uns alle so wichtig ist: Wir benötigen in Eu-
ropa unbedingt so etwas wie einen Ausbildungspakt, weil
wir uns den Skandal der Jugendarbeitslosigkeit, der nicht
nur eine Gefährdung der Zukunftsperspektiven, sondern
auch der zukünftigen Demokratie ist, nicht leisten kön-
nen.
Wenn man schon einfordert – da sind wir uns im
Hause alle einig –, in Europa etwas vertraglich zu regeln,
und es Probleme gibt, dann muss man die parlamentari-
sche Beteiligung hier in diesem Haus, in allen nationalen
Parlamenten und im Europäischen Parlament ernsthaft
und bewusst von Anfang an so gestalten, dass der Bun-
destag, zum Teil auch der Bundesrat, so einbezogen
wird, dass er über alle Regelungen, die getroffen werden
und über die am Schluss im Bundestag entschieden wird,
wie über ein richtiges europäisches Vorhaben diskutiert,
nicht wie bei einem internationalen Vertrag, bei dem es
am Ende nur noch heißt: „Friss, Vogel, oder stirb!“, wir
aber keinen Einfluss beim Zustandekommen haben. Die-
sen Einfluss, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Regierung, werden wir und, ich glaube, auch die Kolle-
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Bitte passen Sie auf bei falschen historischen Bildern.
er Vorsitzende der FDP-Fraktion hat das Gipfelergeb-
is das Ergebnis einer „Belle Alliance“ genannt. „Belle
lliance“ ist seit 1815 die Übersetzung für Waterloo, die
istorische Niederlage von Napoleon gegen die Verbün-
eten. Ich glaube, er hat damit unbewusst das ausge-
rückt, worum es jetzt geht.
ir stehen vor einem Waterloo der FDP in der Europa-
olitik. – Vielen Dank, Herr Brüderle!
Herr Kauder, bitte, eine Kurzintervention.
Herr Kollege Schäfer, ich würde Sie bitten, dass Sie
as Protokoll vielleicht einmal nachlesen; dort können
ie sich meine Rede genau anschauen. Ich habe das
latte Gegenteil von dem verlangt, was Sie gesagt haben.
h habe nämlich nicht gesagt, dass Sie Ihren sozialde-
okratisch oder sozialistisch geführten Regierungen in
uropa die Leviten lesen sollen, sondern dass Sie sich an
nen orientieren sollen. Genau das habe ich gesagt.
Das haben Sie glatt missverstanden. Sie müssen die
chranken aus Ihrem Kopf bekommen. Ich habe wört-
ch gesagt: Schauen Sie sich Österreich – geführt von
rer Parteifamilie –, Dänemark und Belgien – ebenfalls
on Ihrer Parteifamilie geführt – an. Die haben dem Er-
ebnis zugestimmt und es großartig gefunden; Sie haben
s kritisiert. Deswegen habe ich gesagt: Orientieren Sie
ich einmal an denen. Sie sollten ihnen nicht die Leviten
sen – machen Sie das am besten in Ihrer eigenen
ruppe –, sondern sich an ihnen orientieren.
Herr Schäfer, bitte.
17702 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
)
)
Kollege Kauder, ich bedauere es sehr, dass Sie nicht
einmal heute diese Gelegenheit genutzt haben, zu sagen,
dass Sie das, was andere Christdemokraten in Europa
– ich hätte noch die griechische Opposition hinzufügen
können – in den letzten Jahren an antieuropäischer Poli-
tik gemacht haben, als deutscher Christdemokrat nicht
teilen. So viel Überzeugung hätte ich Ihnen schon zuge-
traut, aber leider, leider haben Sie diesen Mut hier nicht
gefunden.
Der Kollege Thomas Silberhorn hat das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Von dem letzten europäischen Gipfel gehen einige klare
Botschaften aus.
Die erste Botschaft lautet: Wir machen die Politik. Die
Regierungen und die Parlamente setzen die Rahmenbe-
dingungen für das Wirtschaften und nicht Ratingagentu-
ren oder irgendwelche Investoren. Das Heft des Han-
delns liegt in den Händen der Politik, und das wird auch
so bleiben.
Das sollten sich all diejenigen hinter die Ohren schrei-
ben, die glauben, gegen ganze Staaten oder Volkswirt-
schaften wetten zu müssen.
Die zweite Botschaft dieses Gipfels lautet: Die Schul-
denparty ist beendet. Es gibt jetzt Haushaltsdisziplin für
alle. Deswegen ist es ein Erfolg, dass jetzt überall auf na-
tionaler Ebene Schuldenbremsen eingeführt werden. Es
ist ein Erfolg, dass das Defizitverfahren weiter automati-
siert wird. Die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachs-
tumspaktes ist gewissermaßen eine Rückkehr zu den
Wurzeln der Wirtschafts- und Währungsunion. Die Ver-
stöße gegen den Stabilitätspakt müssen der Vergangen-
heit angehören.
Deswegen lautet die dritte Botschaft dieses Gipfels:
Verträge sind einzuhalten. Vertragstreue ist eine Voraus-
setzung für unsere Glaubwürdigkeit in der Krise. Nach-
dem die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft
stark geworden ist, geht es jetzt darum, dass wir an diese
Stärke anknüpfen, indem wir zur Vertragstreue zurück-
kehren. Deswegen ist dieses Ergebnis ein „Maastricht
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werfen müssen. Dazu gehört nach meiner Auffassung
nach wie vor die Gläubigerbeteiligung. Sie ist durch die
Gipfelbeschlüsse nicht abgeschafft worden. Es gibt nicht
nur weiterhin diese Collective Action Clauses, sondern
es soll eine Gläubigerbeteiligung im Rahmen des Inter-
nationalen Währungsfonds stattfinden. Der hat dafür
keine theoretischen Regeln, aber er wendet praktisch
Gläubigerbeteiligung an. Das geht durchaus weit über
das hinaus, was in dem bisherigen Vertragsentwurf für
den Europäischen Stabilitätsmechanismus steht. Darin
ist nur die Rede davon, dass ein Schuldnerland Verhand-
lungen aufnehmen und aktiv Einsatz zeigen soll. Es
muss bei einer Gläubigerbeteiligung in geordnetem Rah-
men bleiben.
Ein Drittes gehört dazu, Marktkräfte zu nutzen. Wir
müssen auch die Regulierung der Finanzmärkte weiter
betreiben und die Disziplinierung der Märkte selbst ver-
stärken. Dazu gehören die Finanztransaktionsteuer und
eine stärkere Eigenkapitalausstattung der Finanzinsti-
tute, die auf den Weg gebracht ist. Nach meiner Auffas-
sung gehört dazu auch – das möchte ich neu einführen –,
dass wir bei den Kreditausfallversicherungen eine Noti-
fizierungspflicht einführen; denn wir wissen nicht, was
da weltweit alles unterwegs ist. In diesen Kreditausfall-
versicherungen liegt im Falle eines Zahlungsausfalles
ein enormes Eskalationspotenzial; denn niemand weiß,
wer wem in welchem Umfang Geld schuldet. Deshalb
halte ich es für notwendig, dass wir hier durch eine Noti-
fizierungspflicht Transparenz schaffen, die zumindest
zum Ergebnis haben kann, dass Insidergeschäfte vermie-
den werden und damit keine weitere Eskalation stattfin-
det.
Natürlich ist es richtig, wenn hier immer wieder ein-
gewandt worden ist, dass Haushaltsdisziplin allein noch
nicht reicht, die Euro-Zone zu stabilisieren, sondern dass
weitere Schritte erforderlich sind. Bisher beschränken
sich die Bemühungen zur Stabilisierung der Währung im
Wesentlichen auf Finanzhilfen. Wir müssen darauf ach-
ten, dass der erkaufte Zeitgewinn auch tatsächlich ge-
nutzt wird, um die Haushalte zu konsolidieren und um
wettbewerbsfähige Strukturen in Wirtschaft und Verwal-
tung wiederherzustellen. Wir müssen aber auch darauf
achten, dass diese Finanzhilfen niemanden überfordern,
weder die Geberländer in finanzieller Hinsicht noch die
Empfängerländer in politischer Hinsicht; denn das Er-
gebnis dieser Finanzhilfen und der damit verbundenen
Auflagen ist, dass ein Empfängerland seine politische
Handlungsfreiheit weitgehend einbüßt. Wir müssen also
auch die Frage beantworten, was passiert, wenn die ver-
einbarten Sanierungsziele nicht erreicht werden. Was ist,
wenn die nächste Tranche nicht ausgezahlt werden kann,
was der Bundesfinanzminister für Griechenland schon
einmal angedroht hat? Diese Frage dürfen wir nach mei-
ner tiefen Überzeugung nicht unbeantwortet lassen, weil
sie eine Ursache für Unsicherheit auf den Märkten ist.
Die Antwort kann nur lauten, dass wir die Stabilitäts-
bemühungen bzw. die Stabilisierungsmechanismen mit
einem Sanierungsverfahren verknüpfen. Herr Brüderle,
ich habe Verständnis, wenn die FDP in diesem Zusam-
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ine Sozialisierung und Vergemeinschaftung nationaler
chulden würde die Bonität aller Euro-Mitglieder be-
chädigen. Die Inflation, die damit einherginge, ginge
atürlich zulasten der kleinen Leute. Ich rate Ihnen, ein-
al einen Blick auf die Sparprogramme zu werfen, ob in
riechenland, Portugal, Irland, Spanien oder jetzt auch
Italien: Die mit solchen Sparprogrammen verbunde-
en massiven Kürzungen treffen in erster Linie die
öhne, die Renten und die sozialen Leistungen und da-
it genau die Leute, die Sie eigentlich zu Ihrer Klientel
ählen. Deswegen ist klar, dass der Weg in die Schulden-
nion nicht der richtige Weg sein kann.
Wir brauchen eine Stabilisierung der Euro-Zone, in-
em wir Haushaltsdisziplin einfordern, indem wir struk-
relle Reformen auf den Weg bringen. Das erreichen
ir nicht durch neue Ausgabenprogramme, für die das
eld nicht da ist, sondern durch strukturelle Reformen in
en Bereichen Wirtschaft und Verwaltung.
ußerdem müssen wir die Finanzmärkte regulieren. Ich
age es nochmals: Vertrauen ist nicht durch Geld zu er-
aufen. Vertrauen lässt sich nur mit einem konsequenten
tabilitätskurs gewinnen.
Es geht in dieser Krise nicht nur um die Leistungsfä-
igkeit unserer Haushalte, unserer Wirtschaft und Ver-
altung. Es geht um die Leistungsfähigkeit unserer
arktwirtschaftlichen Ordnung, unserer parlamentari-
chen Demokratien, der europäischen Integration insge-
17704 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Thomas Silberhorn
)
)
samt. So wie im 19. Jahrhundert die Märkte nicht in der
Lage waren, die soziale Frage zu beantworten, und wie
im 20. Jahrhundert die Märkte keine ausreichenden Lö-
sungen geboten haben, um die ökologische Herausforde-
rung zu bewältigen, so stehen wir im 21. Jahrhundert vor
der Frage, wie wir die Finanzmärkte ordnen müssen, um
unsere Währung zu stabilisieren. Dazu brauchen wir un-
sere soziale Marktwirtschaft, dazu brauchen wir unsere
freiheitlichen Demokratien, und dazu brauchen wir die
europäische Zusammenarbeit.
Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Norbert Barthle für die
CDU/CSU-Fraktion.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Lassen Sie mich zu den Ergebnissen
des Brüsseler Gipfels in der vergangenen Woche drei
Anmerkungen machen.
Erstens. Beharrlichkeit zahlt sich aus. Die Beharrlich-
keit der deutschen Bundesregierung, die Beharrlichkeit
der christlich-liberalen Koalition, die diese Bundesregie-
rung trägt, die konsequente Verfolgung eines klaren poli-
tischen Ziels durch die Bundeskanzlerin Angela Merkel
waren erfolgreich. Das zahlt sich in hervorragenden Er-
gebnissen aus, die aus meiner Sicht wirklich einen Mei-
lenstein auf dem Weg zu einem künftigen Europa der
Stabilität darstellen.
Lassen Sie uns noch einmal Revue passieren, worum
es in den vielen Verhandlungen der vergangenen Monate
ging. Es ging doch immer um die Grundfrage: Soll man
zur Bekämpfung dieser Staatsschuldenkrise einfach
mehr Geld in die Hand nehmen und aus neuen Finanz-
quellen schöpfen oder auf einen Kurs hin zu mehr Stabi-
lität und zur Konsolidierung der nationalen Haushalte
einschwenken? Ich denke, wir haben heute viel zu wenig
über Stabilität, über die Schuldenbremse und über Haus-
haltsdisziplin gesprochen und viel zu viel über Neben-
kriegsschauplätze; denn Kernerfolg dieses Gipfels ist,
dass sich ganz Europa – mit Ausnahme der Briten – zu
einem Europa der Stabilität mit einer Verschärfung der
Haushaltsaufsicht, mit koordinierten Maßnahmen zur
Stärkung wirtschaftlicher Reformen, der Wettbewerbsfä-
higkeit und damit auch des Wachstums bekennt.
Lassen Sie mich nochmals Revue passieren: Wo stün-
den wir heute, wenn wir den Vorschlägen der Opposition
in den vergangenen Monaten gefolgt wären?
Euro-Bonds wären schon längst eingeführt worden.
Euro-Bonds bringen aber eine gesamtschuldnerische
Haftung mit sich; Euro-Bonds sind nichts anderes als
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ären wir Ihren Vorschlägen gefolgt, dann hätten wir
chon längst eine Transferunion mit unkonditionierten
ilfen, dann hätten wir schon längst eine Banklizenz für
ie EFSF und die Geldschleusen bei der EZB wären weit
eöffnet. Zu all dem kam es nicht, und das ist ein Ver-
ienst der Verhandlungsführung unserer Bundesregie-
ng. Dafür kann ich nur noch einmal meine Anerken-
ung aussprechen. Das ist aller Ehren wert.
Lassen Sie mich mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsiden-
n, aus dem heutigen Tagesspiegel zitieren, in dem von
iner Allensbach-Umfrage unter 500 Führungskräften
us Wirtschaft, Politik und Verwaltung berichtet wird.
iese Befragung ergab, dass 70 Prozent die Kanzlerin
ktuell für eine starke Kanzlerin halten. Das sind, laut
rau Köcher, doppelt so viele wie noch im Sommer die-
es Jahres. Da kann ich nur sagen: Chapeau, Frau Bun-
eskanzlerin! Sie musste leider schon weg, um wichtige
espräche zu führen. Diese Anerkennung hat sie sich
dlich verdient.
Nun gab es in den vergangenen Monaten in Europa
iele Veränderungen. In einigen Staaten wurden die Re-
ierungen abgewählt oder die Regierungsspitze wurde,
um Beispiel in Italien, ausgewechselt. Es gibt in all die-
en am meisten gefährdeten Ländern substanzielle Re-
rmen. Sie sind auf dem richtigen Weg. Aber es ist klar
rkennbar, dass diese europaweite Staatsschuldenkrise
o manche Regierung ihren Sitz gekostet hat. Ich kann
atürlich verstehen, Herr Steinmeier, dass die Opposi-
on hierzulande etwas verärgert ist, wenn sie erkennen
uss, dass anderswo Regierungen stürzen, während die
egierung in Deutschland im Verlaufe dieser Krise im-
er größeres Ansehen genießt.
Für alle wird erkennbar, worum es bei diesen Debat-
n, auch auf europäischer Ebene, geht. Für die Bürge-
nnen und Bürger in diesem Land wird erkennbar: Es
eht auch immer wieder um grundsätzliche Auseinan-
ersetzungen. Mir fehlt leider die Zeit, alles aufzufüh-
n, was im Entschließungsantrag der SPD, den Sie
eute einbringen, falsch ist. Ich greife zwei Punkte he-
us.
Sie fordern die Bundesregierung auf, sich dafür ein-
usetzen, dass die Leistungsbilanzen stabilisiert werden
das ist noch in Ordnung – und dass die Überschusslän-
er ihre Binnennachfrage über höhere Löhne stärken und
o dafür sorgen, dass die Leistungsbilanzen ausgegliche-
er sind. Das heißt auf gut Deutsch nichts anderes, als
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17705
Norbert Barthle
)
)
dass Sie unsere Wettbewerbsfähigkeit schwächen wol-
len. Sie wollen, dass deutsche Maschinenbauer, deutsche
Automobilbauer weniger exportieren, und dadurch wol-
len Sie andere stärker machen. Genau das ist die ideolo-
gische Auseinandersetzung. Sie wollen die Starken
schwächen und meinen, dadurch würden die Schwachen
stärker. Das ist grundlegend falsch. Europa wird nicht
stärker, indem man die Starken schwächt. Europa wird
stärker, indem man die Schwachen stärkt. Das ist der
richtige Weg.
Ich will einen zweiten Punkt herausgreifen. Sie fordern
die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass ne-
ben Sparprogrammen für überschuldete Mitgliedsländer
auch Wachstumsprogramme aufgelegt werden. Liebe
Kollegen von der SPD, sollen wir – womöglich auf
Pump, mit neuen Schulden – Wachstumsprogramme für
überschuldete Länder finanzieren? Das kann doch nicht
Ihr Ernst sein. – Allein diese beiden Beispiele zeigen,
dass dieser Antrag nicht ernst zu nehmen ist.
Lassen Sie mich eine zweite Anmerkung machen, und
zwar zum Vorziehen des ESM, des Europäischen Stabili-
tätsmechanismus, auf Mitte 2012. Ich halte diesen
Schritt für wichtig, weil er zu mehr Vertrauen in die
europäische Währung, in den Euro, führen wird. Wa-
rum? Das liegt an der Konstruktion des ESM. Er ist
grundlegend anders konstruiert als die EFSF. Beim ESM
gibt es einen Kapitalstock. In diesen Kapitalstock zahlen
alle Staaten ein. Das heißt, es entsteht eine andere Form
der Bonität. Bei der EFSF wird die Bonität nur durch die
Triple-A-Länder gewährleistet. Sie garantieren für die
Bonität der EFSF. Am ESM hingegen sind alle Länder
beteiligt. Bei diesem Kapitalstock ist also eine ganz an-
dere Bonität und damit auch Unabhängigkeit gegenüber
den Urteilen von Ratingagenturen gegeben.
Das Vorziehen des ESM ist nicht mit Mehrkosten ver-
bunden. Wir füllen den Kapitalstock lediglich ein Jahr
früher auf. Das werden wir aller Voraussicht nach in
Form eines Nachtragshaushalts spätestens im Sommer
des kommenden Jahres tun. Meine Damen und Herren,
diese Koalition aus CDU/CSU und FDP wird alles dafür
tun – wir werden uns anstrengen –, die Nettokreditauf-
nahme nicht oder allenfalls marginal erhöhen zu müssen.
Wir werden uns bemühen, für diese zusätzliche Belas-
tung im Haushalt 2012 entsprechende Gegenfinanzie-
rungen zu finden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einbeziehung
bzw. die stärkere Beteiligung des IWF. Lassen Sie mich,
da es einige kritische Nachfragen und Unruhe gegeben
hat, zunächst einmal klipp und klar sagen: Ich halte es
für gut und völlig richtig, dass der IWF stärker beteiligt
wird. Warum? Der IWF steht für Expertise, für Erfah-
rung und für strenge Konditionalität, und zwar bei allen
Programmen, die er begleitet. Es geht dabei immer um
die Wiederherstellung der Finanzierungsfähigkeit eines
Staates. Insofern ist es gut, dass der IWF mit dabei ist.
Das unmittelbare Risiko für Deutschland erhöht sich
dadurch nicht, allenfalls über Umwege, nämlich im Hin-
blick auf den First-Creditor-Status. Nur, lieber Herr Kol-
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Der Kollege Michael Stübgen hat jetzt das Wort für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die
hre, als letzter Redner in der heutigen Debatte zu spre-
hen. Wir befinden uns, was die Europäische Union be-
ifft, am Ende eines sehr bewegten Jahres. Es gab allein
diesem Jahr, einschließlich heute, sechs Regierungs-
rklärungen nur zur Euro-Krise, zur Euro-Verschul-
ungs- und zur Euro-Finanzierungskrise. Dies ist die
ehnte Bundestagsdebatte in diesem Jahr, die wir nur zu
iesen Fragen führen; für dieses Jahr wird es mit Sicher-
eit die letzte sein. Ich habe nicht den Ehrgeiz, zu versu-
hen, diese Zahl im nächsten Jahr zu erhöhen. Aber ei-
es ist am Ende dieses Jahres sicher: Wir werden uns mit
er Verschuldungs- und der Finanzierungskrise der
uropäischen Union auch im nächsten Jahr beschäftigen
üssen. Denken Sie nur daran: Griechenland II muss
och umgesetzt werden, und das Stabilitätsmechanis-
usgesetz können wir immer noch nicht so anwenden,
ie wir es im Bundestag beschlossen haben. Hier sei mir
llerdings der Hinweis gestattet, dass ich es für absolut
otwendig halte, dass das Bundesverfassungsgericht so
ald wie möglich entscheidet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der letz-
n Woche gab es einen Europäischen Rat und einen Rat
er Euro-Gruppe. Beschäftigt hat man sich zum einen
it notwendigen und wichtigen Beschlüssen, was die
ktuelle Euro-Krise bzw. die Reaktion auf diese Krise
etrifft.
17706 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Michael Stübgen
)
)
Es ist schon mehrfach darauf hingewiesen worden,
dass wir den Europäischen Stabilisierungsmechanismus
auf das nächste Jahr vorziehen wollen. Wir haben in die-
sem Hause schon mehrfach darüber diskutiert; jetzt gibt
es Einigkeit darin, das umzusetzen. Es ist auch schon
erläutert worden, warum das wichtig ist. Wir haben die
Erfahrung gemacht, dass das Hauptproblem der EFSF
darin besteht, dass aufgrund der reinen Gewährleistungs-
struktur nicht schnell genug agiert werden kann. Dies
wird der ESM besser können.
Ein anderes wichtiges Ergebnis des Europäischen Ra-
tes ist, dass wir es geschafft haben, eine monatelange
Hängepartie zu beenden, ob wir in Europa über soge-
nannte Collective Action Clauses zu einer strukturierten
Gläubigerbeteiligung kommen, was in Europa sehr kri-
tisch diskutiert wurde. Jetzt gibt es Klarheit darüber, wie
sie umgesetzt werden sollen. Sie sollen sich direkt an
den Strukturen des IWF orientieren, die sich in den letz-
ten Jahrzehnten bewährt haben und immer wieder ange-
passt wurden.
Auf dem Europäischen Rat sind aber auch noch ver-
schiedene andere Beschlüsse in Reaktion auf die Krise
gefasst worden. Nach meiner Überzeugung ist in der
vergangenen Woche auch etwas fundamental Neues be-
schlossen worden, was wir so in den letzten zwei Jahren
noch nicht hatten. Die deutliche Mehrheit der Mitglieder
der Europäischen Union – auch wenn es nur die 17 Län-
der der Euro-Zone gewesen wären, wäre es ein Riesener-
folg gewesen; aber es werden auf jeden Fall deutlich
mehr sein – hat sich darauf geeinigt, in ihren Ländern
nationale Schuldenbremsen mit Verfassungsrang oder
auf vergleichbarer Ebene einzuführen. Das ist ein Auf-
bruch in eine Stabilitätsunion, den wir bisher nicht hat-
ten. Ich glaube, das ist ein großer Erfolg, der irgendwann
einmal als eine historische Wende bezeichnet werden
wird. „Aufbruch in eine Stabilitätsunion“ heißt natürlich
nicht, dass wir das Ziel damit schon erreicht haben. Es
wird noch viele notwendige Entscheidungen geben. Um
mit der Schuldenbremse, wie wir sie in Deutschland ver-
ankert haben, das Ziel in Bezug auf die Gesamtverschul-
dung zu erreichen, wird es noch ungefähr 20 Jahre dau-
ern. Auch in Deutschland brauchen wir einen längeren
Zeitraum dafür; aber ich glaube, dass dieser Aufbruch
absolut entscheidend ist.
Als wir in Deutschland – die Initiative dafür ging von
der Großen Koalition aus – über die Schuldenbremse
diskutiert und ihr dann einen Verfassungsrang einge-
räumt haben, sind wir in fast ganz Europa belächelt wor-
den. Viele haben gesagt: Lasst die das mal machen. Die
Austeritätspolitik wird nicht funktionieren; sie werden
das irgendwann wieder aufheben. – Noch vor wenigen
Monaten sind wir in der Europäischen Union zum Teil
beschimpft worden, wenn von deutscher Seite der Hin-
weis gegeben wurde, dass es wichtig wäre, dass alle
Euro-Länder – damals waren es immer nur die Euro-
Länder – eigene Schuldengrenzen mit Verfassungsrang
einführen. Jetzt beginnen wir damit, das in fast jedem
Mitgliedsland der Europäischen Union umzusetzen. Ich
glaube, das ist kein Sieg deutscher Überlegung, sondern
das zeigt, dass die Europäische Union lernfähig und in
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Ich schließe damit die Aussprache.
Zu diesem Zusatzpunkt liegt uns eine schriftliche Er-
lärung des Abgeordneten Andrej Hunko nach § 31 un-
erer Geschäftsordnung vor.
Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ungsanträge.
Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf
rucksache 17/8135. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ungsantrag? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Ent-
chließungsantrag ist abgelehnt bei Zustimmung durch
ie einbringende Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen. Die übrigen Fraktionen haben abgelehnt.
Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf
rucksache 17/8136. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
er Entschließungsantrag ist abgelehnt. Die einbrin-
ende Fraktion hat dafür gestimmt, alle anderen dage-
en.
Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 2 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE
Angekündigte, aber bisher nicht angegangene
steuerpolitische Vorhaben der Bundesregie-
rung
Als Erster gebe ich der Kollegin Dr. Barbara Höll für
ie Fraktion Die Linke das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eihnachten naht. Viele Kinder hoffen, dass sie das Ih-
ge getan haben und der Weihnachtsmann sie reich be-
chenken möge.
Die Bundesregierung agiert wie eine Riege Weih-
achtsmänner und Weihnachtsfrauen, gestützt von vielen
leinen Wichteln; viele von ihnen verlassen gerade
uchtartig den Saal. Vor der Wahl werden Wünsche ein-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17707
Dr. Barbara Höll
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)
gesammelt, und im Koalitionsvertrag versprechen der
Weihnachtsmann und seine Wichtel, was in den nächsten
vier Jahren davon alles in ihrer Werkstatt gefertigt wer-
den soll. Im Bereich der Steuern wurden eine Reform
der Mehrwertsteuer, Steuervereinfachungen und natür-
lich Verbesserungen im Bereich der Unternehmensbe-
steuerung angekündigt.
Die Regierung agiert tatsächlich im Habitus des
Weihnachtsmannes und macht Geschenke. Ganz schnell
nach der Wahl, ratzfatz, wurde das Hotel- und Gaststät-
tenwesen beschenkt. Dass die Mehrwertsteuer dafür
gesenkt wurde, kostet einfach einmal 1 Milliarde. Die
Regierung vergisst dabei, dass sie eben nicht der Weih-
nachtsmann ist, der Geschenke verteilt, sondern dass sie
die gewählte Regierung ist, die verwalten soll, was die
Bevölkerung in unserem Land erarbeitet, und es so ein-
setzen soll, dass es tatsächlich gewinnbringend für alle
ist, zur Verbesserung des Lebens.
Wie ging es dann weiter mit der Mehrwertsteuer? Ja,
es soll eine große Reform kommen. Nun, ein Jahr nach
der einen Senkung, verkündete der für die Finanzen zu-
ständige Weihnachtsmann, Herr Schäuble, dass eine
Mehrwertsteuerreform doch nicht kommt. Er hält sie
politisch nicht für durchsetzbar.
Wieder ein Jahr später, vor zehn Tagen, gab es in der
Bild eine Meldung, dass gar keine große Steuerreform
mehr kommt. Sofort meldete sich der Sprecher der
Weihnachtsbrigade, Herr Seibert, und dementierte um-
gehend: Natürlich kommt im Bereich der Steuern noch
ganz viel. – Aber ich frage Sie: Wo ist denn Ihre Arbeits-
gruppe zur Mehrwertsteuerreform? Wurde sie überhaupt
schon berufen? Hat sie jemals getagt? Nichts davon ist
zu hören. Wir im Ausschuss wissen zumindest nichts da-
von. Sie knistern mit Geschenkpapier, packen angeblich
ein und aus. Niemand weiß, wie groß die Pakete sind
und ob überhaupt etwas drin ist.
Unternehmensteuerreform, groß angekündigt für die-
sen Herbst. Wir wollten uns im Ausschuss damit be-
schäftigen. Nichts passierte. Dabei ist es gerade in die-
sem Bereich unwahrscheinlich wichtig, dass Sie aktiv
werden. Anfang des Jahres habe ich Sie mittels einer
Kleinen Anfrage auf das Problem der Verlustverrech-
nung aufmerksam gemacht. Seit 1991 steigen in
Deutschland die Verluste, die in Unternehmen angehäuft
werden, jedes Jahr im Schnitt um 35 bis 40 Milliarden
Euro. Seit 2004 haben die angehäuften Verluste bei der
Körperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer jeweils
die 500-Milliarden-Grenze überstiegen.
Das letzte Jahr, das von der Statistik erfasst wurde, ist
2006. Aber die OECD hat in diesem Jahr festgestellt,
dass das Volumen der Verlustvorträge im Verhältnis zum
Bruttoinlandsprodukt in Deutschland so hoch ist wie in
keinem anderen untersuchten Staat, obwohl Verluste in
fast allen diesen Staaten zeitlich unbegrenzt vorgetragen
werden können. Das heißt, ein Unternehmen, das Ver-
luste macht, vielleicht auch mehrere Jahre, kann diese
später steuerlich gegen Gewinne, die das Unternehmen
macht, gegenrechnen. Bei einer solch hohen Verlustan-
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Sie haben immerhin eine Arbeitsgruppe eingerichtet.
iese Arbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppen-
esteuerung“ hat nun eine ganz interessante Entdeckung
emacht: Es gibt eine sogenannte unerklärliche Lücke
ei der Erfassung der Gewinne der Konzerne. Vergleicht
an die Gewinne laut Steuerstatistik mit den Gewinnen
ut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung, dann be-
teht eine Differenz von sage und schreibe mindestens
30 Milliarden Euro. Das heißt, die Gewinne, die tat-
ächlich gemacht werden, also die realen Gewinne, be-
agen das Zweieinhalbfache dessen, was steuerlich gel-
nd gemacht, also angezeigt wird. Das heißt nichts
nderes, als dass die genannten weltmeisterlichen Ver-
ste nur gegenüber der Steuer bestehen, aber nicht in
er Realität. Das ist politisch verursacht, weil die Ge-
etze so sind. Das ist schlicht legale Steuervermeidung.
a müssten Sie endlich aktiv werden.
teressanterweise sind diese Verluste konzentriert.
icht der kleine Bäckermeister hat sie – er könnte sich
as überhaupt nicht leisten –, sondern sie konzentrieren
ich auf 2 Prozent der großen, international agierenden
nternehmen.
Ich sage Ihnen: Die Bevölkerung hat die Nase voll da-
on, dass sie wie ein Weihnachtsmann agieren und an
estimmte Gruppen Geschenke verteilen, bei anderen
ntätig bleiben, nur mit Geschenkpapier rascheln und
nsonsten nichts auf die Reihe bekommen. Im Gegen-
il: Sie gefährden das Weihnachtsfest insgesamt; denn
enn Sie so weiteragieren, dann haben wir keine Mög-
chkeit mehr, überhaupt etwas zu schenken.
Frau Kollegin.
Deshalb sagen wir: Legen Sie endlich die Karten auf
en Tisch! Agieren Sie wie eine Regierung! An den
eihnachtsmann kann man glauben oder nicht; Regie-
ngen kann man zum Glück abwählen.
Danke.
17708 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
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)
Hans Michelbach hat das Wort für die CDU/CSU-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Die
heutige Aktuelle Stunde ist eine vortreffliche Gelegen-
heit, unsere zielführenden steuerpolitischen Erfolge dar-
zustellen.
Darüber hinaus können wir den Unterschied zum Steuer-
erhöhungskartell der Opposition klarstellen. Ihre Weih-
nachtsgeschichte war doch wirklich voll daneben. Das,
was Sie hier in der Weihnachtsgeschichte verpackt ha-
ben, kann ich nur ablehnen und infrage stellen. So kann
man das sicher nicht sehen.
Wir betreiben eine Steuerpolitik, die Wachstum för-
dert und die die Leistungsbereitschaft der Bürger stärkt.
Dagegen können Sie immer nur die Steuerschraube wei-
ter anziehen. Das Abkassiermodell heißt in diesem Haus
seit jeher: Rot-Rot-Grün.
Mit dieser Aktuellen Stunde können wir darstellen,
was gemacht wurde und was wir noch auf der Agenda
haben.
Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, mit dem
Umsatzsteuer-Änderungsgesetz, mit dem Steuerverein-
fachungsgesetz, mit der Neuordnung der steuerlichen
Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten, mit dem
Schwarzgeldbekämpfungsgesetz, mit dem Gesetz zur
steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungs-
maßnahmen haben wir in den letzten zwei Jahren eine
ehrgeizige Steuerpolitik betrieben. Da können wir Er-
folge vorweisen. Das sind steuerpolitische Schritte auf
dem richtigen Weg, um Wachstum zu erzielen und die
Leistungsfähigkeit unserer Bürger weiter zu stärken.
Dieser Wachstumsimpuls, insbesondere mit dem
Wachstumsbeschleunigungsgesetz, hat uns letzten Endes
die Finanz- und Wirtschaftskrise überstehen lassen. Mit
dem Gesetz haben wir einen starken Wachstumsimpuls
gesetzt, um rasch und gestärkt aus dieser Krise heraus-
zukommen. Deswegen haben wir jetzt die positive Si-
tuation auf dem Arbeitsmarkt, einen Rückgang der
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Wir haben mit der Steuervereinfachung den Steuer-
schungel gelichtet. Die Steuererklärung kann künftig
infacher, schneller und auch papierlos erledigt werden.
amit ist eine steuerliche Entlastung in der Größenord-
ung von immerhin 590 Millionen Euro verbunden.
Ich darf den Arbeitnehmerpauschbetrag in Erinne-
ng rufen, den wir von 920 Euro auf 1 000 Euro erhöht
aben. Insgesamt 21,6 Millionen Arbeitnehmer haben
einen Einzelnachweis mehr zu führen. Das ist ein gro-
er Vereinfachungsbeitrag, den wir geleistet haben. Wir
aben die Unternehmen vom Bürokratieaufwand entlas-
t.
Jetzt haben wir das Gesetz zum Abbau der kalten Pro-
ression.
ir haben das Thema Steuergerechtigkeit angepackt. Es
eht um 6 Milliarden Euro Entlastung. Wir machen das
egenteil von dem, was Sie machen: Sie wollen die
eute immer mehr belasten und immer neue Steuererhö-
ungen vornehmen. Das ist das Abkassiermodell, das
ie betreiben. Wir haben dagegen eine leistungsfreundli-
he und absolut arbeitnehmerfreundliche Lösung, insbe-
ondere bei der kalten Progression und bei den heimli-
hen Steuererhöhungen.
eswegen ist es wichtig, dass wir diese steuerliche Maß-
ahme voranbringen.
Ich kann Sie nur bitten: Kommen Sie auf den Weg der
teuerpolitischen Vernunft! Nehmen Sie die Blockade in
er Steuerpolitik zurück! Was Sie im Bundesrat an Blo-
kade betreiben, insbesondere bei der Gebäudesanie-
ng, ist unsäglich.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17709
Dr. h. c. Hans Michelbach
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Deswegen können Sie hier nicht mit einer Aktuellen
Stunde punkten. Sie sollten vielmehr Vernunft walten
lassen und zur Entlastung unserer Bürgerinnen und Bür-
ger und Unternehmen die Steuerpolitik unterstützen.
Petra Hinz hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.
Danke, Frau Präsidentin. – Jedes Mal, wenn es hier
um das Thema Steuerpolitik oder, wie heute, um die An-
kündigungen der Regierung zu den unterschiedlichen
steuerpolitischen Gesetzen geht, habe ich den Eindruck,
Sie müssen sich selbst gebetsmühlenartig Zuspruch zu-
reden, damit Sie das, was Sie vortragen, auch wirklich
glauben. Glauben Sie in der Tat, einer von uns oder der
Sachverständigen glaubt das, was Sie vortragen?
Sie bringen als Schlagworte, dass wir abkassieren
wollen. Dabei bedeuten Ihre Geschenke für Niedrigver-
diener 1,41 Euro mehr. Davon können sie sich nicht ein-
mal eine Tasse Kaffee im Monat leisten. Das sind Ihre
Steuergeschenke.
Hören Sie also auf, permanent Ihre platten Sprüche zu
klopfen!
Mehr steckt nicht dahinter. Man kann auch sagen: Es ist
heiße Luft, die man sich schenken kann.
Nach zwei Jahren schwarz-gelber Regierung ist nicht
einmal eine Bilanz zu ziehen. Man möchte vielmehr eine
Art Moderator vermitteln, damit die ganze krisenge-
schüttelte Regierung endlich einmal zum Zuge kommt.
Denn das, was Sie hier darbieten, schadet nicht nur der
FDP und der Regierung, sondern der Politik insgesamt.
Aber das ist ein anderes Thema.
Das Schauspiel hat heute mit Herrn Lindner, der zu-
rückgetreten ist, seinen Höhepunkt gefunden.
Einen Einstieg in den Ausstieg: Das wäre schön für un-
ser Land.
Das Einzige, was CDU/CSU und FDP in den zurück-
liegenden zwei Jahren an einem fulminanten Steuerkon-
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Im Übrigen glaubt keiner mehr, dass Sie Ihr angekün-
igtes Steuerkonzept umsetzen werden. Das sagen sogar
re eigenen Leute, zum Beispiel Petra Roth.
Claudia Roth.
Ich meine natürlich Petra Roth. Meine Herren, wenn
h zu Ihrer Belustigung beitragen kann, gerne. Aber das
eigt Ihr Niveau. Dass Sie eine Kollegin, die gerade ver-
ucht, zum Thema Steuerehrlichkeit zu reden, in die
fanne hauen, ist großartig. Sie sind wirklich Gentle-
en. Sie sind Politiker! Toll, klasse!
Die Kommunen sind nicht in der Lage, Steuersenkun-
en zu finanzieren. Selbst der DGB macht deutlich, dass
re geplante Steuersenkung zu Gebührenerhöhungen
nd zur Kürzung öffentlicher Leistungen führt. Leidtra-
ende sind Niedrigverdiener und Familien mit geringem
inkommen. Sie halten im Prinzip Steuergelder – dies
acht Petra Roth in ihren Reden immer wieder deutlich;
as Thema Betreuungsgeld will ich hier gar nicht an-
prechen; darüber wurde schon oft diskutiert – für Fami-
en bereit, die ihre Kinder zu Hause behalten und von
ildung fernhalten wollen, obwohl Sie in Sonntagsreden
mer wieder behaupten, alle Familien entlasten zu wol-
n.
Der Finanzminister hat eine Kommission eingesetzt,
ie eigentlich die Gewerbesteuer abschaffen sollte. Das
at er nicht geschafft. Wir hätten uns anderthalb Jahre
paren können.
ie haben zur Verunsicherung der Kommunen beigetra-
en. Die Kanzlerin hat auch heute noch einmal die Stär-
ung des Wachstums beschworen. Aber letzten Endes
agen Ihre Steuerpläne – ein entsprechendes Konzept
17710 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Petra Hinz
)
)
liegt noch nicht einmal vor – nicht zur Stärkung des
Wachstums bei, sondern belasten ohne Not zukünftige
Generationen weiter. Was ist denn im Übrigen aus den
24 Milliarden Euro geworden, die Sie im Wahlkampf als
Steuerentlastung versprochen haben? – Läppische 6 Mil-
lionen Euro! Das kann ich Ihnen von der FDP nicht er-
sparen: Diese 6 Millionen kommen den 6 Prozent, die
Sie, wenn überhaupt, noch haben, gleich.
Unter dem Strich: Die Sachverständigen sowie die
Vertreterinnen und Vertreter des Städtetages und des Ge-
meindebundes sagen ganz klar Nein zu Ihren Steuerge-
schenken.
Die Bürgerinnen und Bürger rufen Ihnen zu, diese Steu-
ergeschenke sein zu lassen, weil alles auf Pump finan-
ziert ist. Der Bürger zahlt letzten Endes die Zeche. So
viel zu Ihrem Konzept.
Der Kollege Dr. Volker Wissing hat das Wort für die
FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Kollegin Hinz, Sie sollten Ihr Bild von den Ge-
schenken sein lassen. Wir arbeiten hart daran,
die kalte Progression abzumildern; denn wir sind nicht
damit einverstanden, dass die Menschen, die im Durch-
schnitt eine Lohnerhöhung von 1,8 Prozent bei einer In-
flationsrate von 2,5 Prozent bekommen, nach getaner
harter Arbeit leer ausgehen.
Wir wollen, dass den Menschen etwas von den erhalte-
nen Lohnerhöhungen bleibt.
Frau Kollegin Hinz, die Lohnerhöhungen, die die Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer für ihre Leistungen
bekommen haben, sind keine Geschenke,
sondern haben sich die Menschen erarbeitet. Deswegen
sollten Sie aufhören, von Geschenken zu sprechen. Sie
verhöhnen sonst die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer in Deutschland, die sich das redlich verdient haben.
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Sie reden im Zusammenhang mit der kalten Progres-
ion immer von Geschenken.
amit sagen Sie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
ern aber nichts anderes als: Wenn ihr Lohnerhöhungen
ekommt, dann sind das Geschenke, und die gehören
em Staat und nicht euch.
as sehen wir anders.
ie wären gut beraten, das auch anders zu sehen und das
ild von den Steuergeschenken beiseitezulegen. Sie lie-
en da schlicht falsch.
Sie sagen, dass wir die Kommunen belasten würden.
Herr Trittin, Sie klatschen jetzt schön. Auch Sie sollten
icht überheblich werden, sondern darüber nachdenken,
ie die Realität aussieht.
Nun hatten Sozialdemokraten und Grüne den Kom-
unen ein ordentliches Problem geschaffen. Dieses Pro-
lem konnte nicht ungelöst bleiben. Das Bedauerliche
t, dass Sie an der Lösung des Problems nicht mitge-
irkt, Ihre Kommunalpolitiker vor Ort aber immer ge-
agt haben, es sei so schlimm und die Kommunen hätten
ein Geld. Die haben nur nicht dazugesagt, dass SPD
nd Grüne das Problem geschaffen haben.
Das Problem konnte so nicht bleiben. Deswegen hat
iese Koalition gesagt: „Wir machen die kommunalen
inanzen zu einem zentralen Thema“,
nd hat die Kommunen jetzt mit über 4 Milliarden Euro
ntlastet – um es einmal konkret zu machen, Herr Kol-
ge Scheelen.
Jetzt wollen wir festhalten: Rot-Grün hat die Kommu-
en belastet.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17711
Dr. Volker Wissing
)
)
CDU/CSU und FDP haben die Kommunen um 4 Milliar-
den Euro entlastet. Da sollten Sie sich, Frau Kollegin
Hinz, doch nicht hier hinstellen und uns vorwerfen, wir
würden Finanzpolitik auf Kosten und auf dem Rücken
der Kommunen machen. Das ist schlicht falsch.
Aber Sie könnten einmal mit Ihren Landesregierungen
reden. Wo Sie regieren, schöpfen Sie nämlich den Vor-
teil, den wir für die Kommunen schaffen, indem wir die
Kosten für die Grundsicherung im Alter übernehmen,
ab, indem Sie die Zuschüsse des Landes für die Kommu-
nen streichen.
Es ist schäbig, dass man die Hilfe von Schwarz-Gelb als
SPD in die eigenen Taschen steckt, anstatt sie den Kom-
munen zugutekommen zu lassen.
Jetzt stellen Sie sich hier hin und sagen, wir hätten
noch viel mehr von dem machen müssen, was wir den
Wählern versprochen haben. Nun ist es so, dass wir seit
einigen Jahren eine schwere Staatsverschuldungskrise zu
bewältigen haben
und dass wir zu Recht gesagt haben: Wir können nicht
kurzfristig überschauen, was wir in dieser Legislaturpe-
riode steuerpolitisch noch machen können.
Sie müssen den folgenden Widerspruch einmal auf-
klären: Einerseits wollen Sie CDU/CSU und FDP vor-
führen, weil die nicht noch mehr steuerlich entlastet ha-
ben, aber andererseits beschließen Sie auf Ihren
Parteitagen massive Steuererhöhungen. Was wollen Sie
denn jetzt? Wollen Sie uns bei der Entlastung der Bürge-
rinnen und Bürger unterstützen, oder gilt das, was Sie
auf Ihren Parteitagen beschlossen haben, nämlich Steuer-
erhöhung für jedermann?
Diese Frage müssen Sie einmal beantworten.
Frau Kollegin Hinz, als Sie unter Rot-Grün – die Grü-
nen werden ja auch noch das Wort ergreifen – damals
eine große Steuersenkung in Deutschland beschlossen
haben, haben Sie das auf Pump finanziert. Jetzt schreien
Sie durch die ganze Republik: Keine Steuersenkung auf
Pump! Was wir machen, ist eine sehr kluge Steuerre-
form, eine sehr gerechte Steuerreform,
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eil wir das Problem der kalten Progression abmildern.
leichzeitig konsolidieren wir den Bundeshaushalt. Wir
achen also nicht den Fehler von Rot-Grün, Steuersen-
ungen auf Pump zu finanzieren. Das war Ihre Politik.
ir machen eine Steuerreform für mehr Steuergerech-
gkeit mit Haushaltskonsolidierung. Deswegen sollten
ie Aktuelle Stunden wie heute besser nicht beantragen,
rau Kollegin. Denn all das, was Rot-Grün und andere
üher falsch gemacht haben, wird jetzt unter CDU/CSU
nd FDP richtig gemacht.
Was Sie von grüner Seite anzubieten haben, ist eine
rhöhung der Erbschaftsteuer, die Einführung einer Ver-
ögensteuer und eine höhere Einkommensteuer. Letzte-
s bedeutet im Übrigen nichts anderes als die Belastung
on mittelständischen Betrieben, weil die Einkommen-
teuer – das wissen Sie genauso gut wie wir – der Unter-
ehmensteuersatz des Mittelstandes ist. Die SPD findet
as auch alles toll; Handwerker sollen jetzt zur Kasse ge-
eten werden, und die Gewerbesteuer für freie Berufe
oll eingeführt werden.
Das alles kann ja keine gerechte Politik sein. Wir wer-
en auf unserem Weg bleiben:
o viel Steuergerechtigkeit wie möglich, so viel Entlas-
ng wie möglich, aber Vorrang für die Haushaltskonso-
dierung. Dass das beides geht, sehen Sie an dem Ent-
urf, den das Kabinett jetzt verabschiedet hat. Sie wären
ut beraten, wenn Sie uns im Bundesrat dabei unterstüt-
en würden; denn die Menschen warten und hoffen da-
uf, dass die kalte Progression abgemildert wird. Im
brigen werden wir einen Paradigmenwechsel errei-
hen, indem wir die regelmäßige Überprüfung und An-
assung mit in das Gesetz aufnehmen werden. Damit
erden wir in Deutschland ein gerechteres Steuersystem
aben. Wir gehen genau in die richtige Richtung.
eil Sie in die exakt andere Richtung wollen,
acht es keinen Sinn, uns immer wieder vorzuwerfen,
ir sollten noch mehr von dem umsetzen, was wir ge-
agt haben. Besser wäre es, Sie würden sich an Ihre eige-
en Fehler erinnern und uns auf dem Weg der besseren
olitik unterstützen.
Jetzt hat Christine Scheel für Bündnis 90/Die Grünen
as Wort.
17712 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
)
)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich bin nun seit 25 Jahren in der aktiven Politik, und ich
muss sagen: Ich habe noch keine Regierung erlebt, die
zu Beginn einer Legislaturperiode in einem Koalitions-
vertrag so viele Versprechungen gemacht hat und die
derartig die Backen aufgeblasen hat, was sie alles tun
will, bei der aber am Ende so gut wie nichts herausge-
kommen ist.
Wenn man die Gesamtsituation betrachtet, stellt man
fest, dass Sie von der Koalition nicht in der Lage sind,
steuerpolitische Maßnahmen in gesamtstaatliche Ent-
wicklungen einzubetten oder zu reflektieren, in welch
schwieriger finanzieller Situation wir uns angesichts der
Schuldenkrise auch in Deutschland befinden. Die ge-
samte Staatsverschuldung beträgt 80 Prozent des Brutto-
inlandsprodukts. Der zweitgrößte Haushalt des Bundes
erfährt wegen der Zinsbelastung einen stetigen Auf-
wuchs.
Niemand weiß, wie sich das Zinsniveau in den Jahren
2012 und 2013 entwickeln wird und welche Risiken die-
ser Haushalt birgt.
Ferner ignorieren Sie völlig, wie die wirtschaftliche Ent-
wicklung nach den Ankündigungen aller Wirtschaftsfor-
schungsinstitute im nächsten Jahr vermutlich sein wird.
Trotzdem sagen Sie von der FDP, wir hätten Spielraum
für Steuersenkungen. Herr Wissing sagt, dass die FDP
auf diesem Weg bleibt. Ich kann Ihnen dazu nur sagen:
Dieser Weg hat Sie zu einer 3-Prozent-Partei geführt,
und dieser Weg wird Sie auch noch zur 1-Prozent-Partei
führen.
Sie betreiben die falsche Politik, weil Sie nicht in der
Lage sind, die Gesamtsituation zu betrachten, und weil
Sie glauben, mit steuerpolitischen Maßnahmen eine be-
stimmte Klientel bedienen zu müssen. Sie hoffen, das
reicht für die nächste Wahl.
Das reicht aber nicht für die nächste Wahl; denn die Bür-
ger und Bürgerinnen erwarten, dass das, was Sie ver-
sprochen haben, auch umgesetzt wird. Wo sind wir denn
heute mit der Umsatzsteuerreform? Wenn die Catering-
firma das Essen in der Kinderkrippe auf einem Porzel-
lanteller serviert, beträgt die Umsatzsteuer 19 Prozent,
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iese Absurditäten, meine lieben Damen und Herren
on den Regierungsfraktionen, sollten wir endlich been-
en.
azu braucht es Mut, und dieser Mut ist Ihnen generell
bhandengekommen, wenn es um Reformwerke geht.
icht einmal die Kommission, deren Einrichtung Sie
ersprochen haben, ist zum Einsatz gekommen.
Schauen wir uns das nächste Thema an, die Körper-
chaftsteuer. Wie geht es damit weiter? Wir haben in
eutschland Niederlassungsfreiheit. Sie beklagen dau-
rnd, dass Unternehmen, die hier Gewinne erwirtschaf-
n, aufgrund komplexer Verrechnungsmethoden teil-
eise im Ausland besteuert werden. Wo sind denn Ihre
orgaben für eine einheitliche Bemessungsgrundlage in
uropa? Welche Prioritäten setzen Sie denn in diesem
ontext?
s gibt keine einzige Aussage zu diesem extrem wichti-
en Thema einer Unternehmensbesteuerung für die Bun-
esrepublik Deutschland und Europa.
Kommen wir zur Einkommensteuer. Sie feiern, dass
ie den Arbeitnehmerpauschbetrag angehoben haben. Es
andelt sich um 80 Euro. Nett, gut, auch wir wollten das
chon lange. Das ist auch in Ordnung.
ber schauen Sie sich an, wie die großen Unternehmen
nd wie der Mittelstand steuerlich behandelt werden.
ie sprechen von einem Thesaurierungsangebot durch
teuerliche Maßnahmen, aber wir sehen, dass dieses An-
ebot überhaupt nicht in Anspruch genommen wird.
Milliarden Euro werden im Haushalt verbucht, aber
ie Maßnahme wird nicht umgesetzt, weil sie viel zu
ompliziert ist. Auch dazu sagen Sie nichts. Das ist aber
as, was die Wirtschaft interessiert. Sie verweisen im-
er nur auf ein paar Regelungen, die Sie in der Vergan-
enheit gemacht haben und die teilweise auch noch grot-
nfalsch gewesen sind.
Wir erwarten schon, dass man sagt, wohin es geht und
elche Linie verfolgt wird. Es ist doch von Ihnen kon-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17713
Christine Scheel
)
)
zeptionell im Zusammenhang mit der Finanzpolitik und
der Frage, was der Staat zum Beispiel im Bildungs- und
Forschungssektor zu finanzieren hat, kein einziger Vor-
schlag gekommen. Selbstverständlich brauchen wir
– das sage ich für die Besucher und Besucherinnen, für
Jung und Alt, die auf der Tribüne sitzen – Steuereinnah-
men, mit denen wir die Infrastruktur in der Zukunft
finanzieren können.
Deshalb kann man in der jetzigen Lage keine Steuern
senken. Diese Tatsache wird leider ignoriert, und das fin-
den wir sehr bedauerlich. Das, was Sie versprochen ha-
ben, erfüllen Sie nicht. Das, was man von Ihnen erwar-
ten müsste, erfüllen Sie ebenfalls nicht. Deswegen
brauchen Sie sich auch nicht zu wundern, dass es Ihnen
in den Umfragewerten so geht, wie es Ihnen geht. Es sei
Ihnen gegönnt.
Wir sind der Meinung: Wir brauchen ein Gesamtkon-
zept zur Finanzierung der notwendigen Zukunftsmaß-
nahmen. Die Grünen haben ein solches Konzept vorge-
legt. Es ist solide durchgerechnet. Das Ganze ist gut
finanzierbar. Das wird das sein, was wir für die Zukunft
dringend brauchen.
Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist meine letzte
Rede, denke ich.
– Danke schön, Herr Fraktionsvorsitzender Jürgen
Trittin. – Ich möchte mich bei Ihnen ganz herzlich be-
danken, und zwar fraktionsübergreifend. Mein Dank ist
in erster Linie natürlich an meine eigene Fraktion gerich-
tet. Er geht aber auch an die anderen Fraktionen. Es gab
in all den Jahren sehr viele gute Gespräche; ich bin mitt-
lerweile 17 Jahre im Bundestag. Es gab auch die eine
oder andere Anregung. Ich möchte an dieser Stelle auch
einmal betonen – es heißt ja immer: Politik ist total zer-
stritten –: Wir haben gemeinsam vieles nach vorne
gebracht. Es gibt an manchen Stellen auch Gemeinsam-
keiten. Wenn etwas vernünftig ist, wird es von den Frak-
tionen gemeinsam vorangebracht.
Das ist etwas, was man nie vergessen sollte. Ich
werde mich mit Sicherheit an sehr viel erinnern. Wie es
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Liebe Frau Scheel, Sie gehören dem Bundestag seit
994 an und haben Ihre Arbeit hier so kämpferisch wie
enntnisreich gemacht. Sie sind geschätzt für Ihre sach-
chen Beiträge, aber auch für Ihre heitere Gelassenheit.
ir haben in den letzten Wochen und Monaten, fast Jah-
n viel über Frauen in Führungspositionen in Unterneh-
en diskutiert. Ich freue mich persönlich sehr, dass Sie
ine solche Aufgabe übernehmen werden, und wünsche
nen im Namen des gesamten Hauses, aber auch ganz
ersönlich für das, was vor Ihnen steht, viel Erfolg, eine
lückliche Hand, natürlich Durchsetzungskraft, auch ge-
eihliche Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen und
ottes Segen. Alles Gute!
Der Kollege Dr. Frank Steffel hat jetzt das Wort für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
rau Scheel, Sie haben zu Recht angemahnt, dass man
as Gesamte und das Große betrachten und dass man
uch Gemeinsamkeiten betonen soll. Ich will dem ein-
al insofern folgen, als dass ich den schwierigen Ver-
uch unternehme, Steuerpolitik an ihrem Ergebnis zu
essen. Ich definiere dazu drei Ziele, die uns vielleicht
emeinsamkeit bescheren.
Ziel Nummer eins aus meiner Sicht sind Wachstum
nd Beschäftigung. Ziel Nummer zwei ist die Reduzie-
ng von Schulden, und Ziel Nummer drei sollte Steuer-
erechtigkeit sein. Jetzt möchte ich mich bemühen, diese
rei Ziele an den Ergebnissen der Politik der amtieren-
en Bundesregierung zu messen.
Wachstum und Beschäftigung: Wir können zufrieden
ststellen, die Zahl der Arbeitslosen ist von über 5 Mil-
onen auf 2,7 Millionen fast halbiert worden.
17714 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Dr. Frank Steffel
)
)
Wir können weiterhin feststellen, dass die Zahl der
Arbeitsplätze seit 2005, als Angela Merkel Bundeskanz-
lerin wurde, von 38,7 Millionen auf 41,6 Millionen, also
um fast 3 Millionen, gestiegen ist. Das entspricht übri-
gens fast dreimal der Zahl der Beschäftigten, die die
deutsche Hauptstadt Berlin hat, um diese abstrakte Zahl
einmal einzuordnen.
Wir können feststellen, dass die Wirtschaftsleistung
nicht mehr um 4,7 Prozent zurückgeht, sondern wir als
Wachstumslokomotive in Europa Gott sei Dank circa
3 Prozent Wachstum haben.
Wir können auch feststellen – das freut uns alle ge-
meinsam sicherlich –, dass der Aufschwung bei den Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern und bei den Rent-
nerinnen und Rentnern in Deutschland in Form von
steigenden Renten und steigenden Einkommen und Löh-
nen ankommt.
Wir können uns darüber hinaus freuen, dass bei den
Sozialversicherungsbeiträgen der Rentenversicherungs-
beitrag zum 1. Januar 2012 von 19,9 Prozent auf
19,6 Prozent gesenkt wird.
Auch diese Reduzierung an Belastung kommt bei den
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an.
Also: Wachstum und Beschäftigung, das erste Ziel,
hat die Bundesregierung erreicht.
Ich komme zum zweiten Ziel.
Das zweite Ziel von Steuerpolitik sollte Schuldenredu-
zierung bzw. solide Haushaltsführung sein.
Wir können feststellen, dass statt der knapp 40 Mil-
liarden Euro Schulden, die ohne Krise unter Rot-Grün
Herr Eichel zwei Jahre nacheinander gemacht hat und
die mit Krise Finanzminister Steinbrück zwei Jahre lang
gemacht hat, der amtierende Finanzminister Schäuble
wahrscheinlich in wenigen Wochen der deutschen Öf-
fentlichkeit eine Nettoverschuldung von unter 20 Mil-
liarden Euro wird vorstellen können. Das heißt, wir ha-
ben nicht nur die Schuldenbremse durchgesetzt und
werden sie auch einhalten, sondern wir unterbieten sogar
die ehrgeizigen Ziele der Schuldenbremse und sorgen
dafür, dass steigende Steuereinnahmen auch zu weniger
Schulden führen.
Und auch das sei erwähnt: Wir werden im Jahr 2012
– das ist ein historisches Novum in der Geschichte der
Republik – einen Bundeshaushalt vorlegen, in dem die
geplanten Ausgaben unter den geplanten Ausgaben von
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Eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern
ahlt bis knapp 40 000 Euro Einkommen in Deutschland
berhaupt keine Steuern. Sozialer geht es nicht. Weniger
teuern als null geht auch nicht. Also ist auch die Steuer-
erechtigkeit bei dieser Regierung in guten Händen.
Darüber hinaus wollen wir die Progression abbauen
nd dafür sorgen, dass Menschen, die sich mehr Ein-
ommen erarbeiten, wenigstens ein bisschen davon be-
alten können.
Also: Auch das dritte Ziel scheint erreicht zu sein.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die nächsten
iele auch zu unterstützen. Blockieren Sie nicht aus
eologischen oder parteitaktischen Gründen notwen-
ige Maßnahmen im Bundesrat, sondern sorgen Sie da-
r, dass auch der Aufschwung der nächsten zwei Jahre
ei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie
ei den Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland an-
ommt! Denn wir sollten Politik in Deutschland an den
rgebnissen messen und nicht an irgendwelchen Ideolo-
ien ausrichten.
Herzlichen Dank.
)
sich an den Bedürfnissen der Menschen orien-
tieren!)
Das Wort hat der Kollege Lothar Binding für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
– Das ist denkbar. Ja, ich glaube, der Hans Michelbach
hat recht. Jetzt gibt es eine Märchenstunde; denn ich
werde sehr viel aus der Koalitionsvereinbarung zitieren.
Ich möchte dem Kollegen Dr. Steffel noch sagen
– denn der hat ja die Parameter, die heute so gut ausse-
hen, zitiert –:
Sie sollten ergänzend noch einmal über den zeitlichen
Wirkungszusammenhang nachdenken, der zwischen ei-
ner Gesetzgebung und der wirtschaftlichen Lebenswirk-
lichkeit der Menschen besteht. Denn möglicherweise ist
es ja so, dass sich, wenn wir heute ein Gesetz in Kraft
setzen, noch nicht morgen die Wirklichkeit für die Men-
schen ändert. Vielleicht liegt ja dazwischen ein gewisser
Zeitraum. Wer darüber nachdenkt, der merkt, wessen
Früchte Sie heute ernten und aus wessen Garten.
Ich will die Steuerpolitik am Ergebnis messen und ein
bisschen zitieren:
Die Bemühungen im Kampf gegen die internatio-
nale Steuerhinterziehung werden wir
– also Sie –
weiter vorantreiben.
Schauen wir einmal genauer nach! Das ist ein starker
Satz. Was machen Sie? Sie beschließen das Deutsch-
Schweizer Steuerabkommen mit der bekannten Zielrich-
tung. Können Sie mir das erklären? Die Schweizer Ban-
ken sollen vorab 1,9 Milliarden Euro überweisen. Das
Gesetz tritt aber erst 2013 in Kraft.
Bis zum Jahr 2013 können alle ihre kriminell erworbe-
nen Gewinne irgendwohin verlagern. Das ist eigentlich
ein Schutz von solchen Leuten durch solche Abkommen
– Sie wissen das ganz genau –; das ist eine Amnestie für
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Wir werden insbesondere die unteren und mittleren
Einkommen vorrangig entlasten
und gleichzeitig den Mittelstandsbauch abflachen,
indem wir den Einkommensteuertarif zu einem
Stufentarif umbauen.
Muss ich mehr sagen als „Fehlanzeige“? Fehlanzeige!
Gott sei Dank, natürlich. Aber eine Fehlanzeige ist
anchmal eben doch eine Fehlanzeige.
Martin Gerster hat das schön erklärt. Der hat gesagt:
as Dreistufenmodell funktioniert so: Vor der Wahl
ollte man 35 Milliarden Euro Steuersenkung. In der
oalitionsvereinbarung steht: 24 Milliarden Euro Steu-
rentlastung. Im April 2010 sprachen Sie von 16 Milliar-
en Euro. Heute sind es noch 6 Milliarden Euro.
Von wem werden diese 6 Milliarden Euro interessan-
rweise eigentlich bezahlt? Von denen, die Sie entlasten
ollen! Denn das Ganze ist ja auf Pump, mit einer zu-
ätzlichen Belastung im Haushalt von 180 Millionen
uro pro Jahr. Wer muss die aufbringen? Die Steuerzah-
r, wobei Sie behaupten, dass Sie sie entlasten wollen!
as muss man verstehen.
Insofern: Steuerentlastung auf Pump – das ist wohl
ahr –, die Ziele aus Ihrer Koalitionsvereinbarung wer-
en wieder nicht erreicht. Das ist eine Fehlanzeige. Was
h wenigstens erwartet hätte – da muss ich ein wenig
ach rechts schauen –: dass von den 1 000 Anträgen in
em dicken FDP-Haushaltssparbuch wenigstens einige
azu hätten herangezogen werden können, um diese
Milliarden Euro zu finanzieren. Kein einziger wurde
azu herangezogen!
s wird nur in die Neuverschuldung gegangen. Das müs-
en Sie natürlich erklären; insbesondere da Sie wissen,
ass die reichen Leute von dieser Reform sehr viel ha-
en, die armen Leute relativ wenig und die ganz armen
ar nichts.
In der Koalitionsvereinbarung steht:
Deshalb wollen wir, dass Steuern „einfach, niedrig
und gerecht“ sind.
Das Gegenteil ist der Fall. Ich würde sagen – bezogen
uf Ihre Koalitionsvereinbarung –: Fehlanzeige.
17716 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Lothar Binding
)
)
Das Steuersystem und das Besteuerungsverfahren
werden wir deutlich vereinfachen und für die An-
wender freundlicher gestalten.
Sie können sich ja einmal mit dem Steuerberaterver-
band unterhalten: Fehlanzeige.
Wir werden dafür sorgen, dass sich Arbeit lohnt,
dass den Bürgern mehr Netto vom Bruttoeinkom-
men bleibt.
Ich würde zusammenfassend sagen: Fehlanzeige. Die
1 oder 2 Euro, die Sie den Armen pro Monat zurückge-
ben wollen, nehmen Sie ihnen dann aus der anderen Ta-
sche, bei der Pflege, wieder heraus. Sie müssen sich
überlegen, was Sie mit diesem Begriff bezogen auf Ihre
Koalitionsvereinbarung anfangen.
Wir werden insbesondere … die Besteuerung der
Rentnerinnen und Rentner so vereinfachen, dass
kein aufwändiges Kontrollmitteilungsverfahren und
keine separate Erklärungspflicht für die Rentenbe-
züge mehr notwendig ist …
Unterhalten Sie sich einmal mit Rentnern, die davon
betroffen sind! Ich würde zusammenfassend sagen:
Fehlanzeige.
Wir werden …
– jetzt wieder ein starkes Wort! –
grundsätzlich rückwirkend gesetzgeberische Maß-
nahmen vermeiden, welche die Bürger belasten, da-
für sorgen, dass … die Praxis der Nichtanwen-
dungserlasse zurückgeführt wird …
Wer sich die Veröffentlichung über die Nichtanwen-
dungserlasse vom 7. Januar 2010 einmal genauer an-
schaut, der wird sehen, dass drei Monate nachdem die
Tinte unter diesem Koalitionsvertrag getrocknet war, ge-
nau diese Ankündigung schon wieder gebrochen wurde.
Die Zusammenfassung lautet: Fehlanzeige.
Wir werden eine Kommission zur Erarbeitung von
Vorschlägen zur Neuordnung der Gemeindefinan-
zierung einsetzen. Diese soll auch den Ersatz der
Gewerbesteuer …
Den Rest des Zitats spare ich mir jetzt.
Wir sind froh, dass Sie hier „Fehlanzeige“ sagen müs-
sen; denn das war eine falsche Vorentscheidung in der
Menge aller Fehlentscheidungen. Gott sei Dank, dass
dieses Desaster abgewendet werden konnte.
Noch ein letzter Punkt: Sie wollten auch den Holding-
standort Deutschland stärken, und zwar durch die Ein-
führung eines „modernen Gruppenbesteuerungssystems“
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Ich mache darauf aufmerksam, dass es bei der Uhr
ier vorn keine Fehlanzeige gibt. Ich bitte also, das zu
eachten.
Das Wort hat der Kollege Dr. Daniel Volk für die
DP-Fraktion.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
amen und Herren! Die doch sehr oft lautsprecherischen
ußerungen der Opposition in der heutigen Aktuellen
tunde zeigen, dass Sie hier offenbar eher mit Lautstärke
unkten wollen, weil Sie nämlich selber wissen, dass Sie
it inhaltlicher, sachlicher Kritik nicht weiterkommen.
Ich glaube, wir sollten uns schon einmal auf die
rundzüge einer soliden, vernünftigen Steuer-, Finanz-
nd Haushaltspolitik berufen
nd uns genau überlegen, wie man denn tatsächlich den
usgleich zwischen der notwendigen staatlichen Finan-
ierung, also der Finanzierung der notwendigerweise
urch den Staat zu erledigenden Aufgaben, einerseits
nd der notwendigen finanziellen und wirtschaftlichen
reiheit der einzelnen Bürger andererseits schafft, wie
an dies in die Waage bekommt.
Wir müssen die Waage nämlich immer in einem guten
leichgewicht halten. Denn ich kann Ihnen eines auf je-
en Fall vorhersagen: Wenn politische Kräfte in
eutschland ihr Steuerkonzept im Wesentlichen so ge-
talten, dass sie massive Steuererhöhungen und im Übri-
en erstaunlich viele neue Steuerarten ankündigen,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17717
Dr. Daniel Volk
)
)
so ist dies erstens kein Beitrag zu einer Austarierung der
beiden Pole, die ich gerade dargelegt habe, und zweitens
ganz sicher kein Beitrag zu der notwendigen Steuerver-
einfachung, die wir alle im deutschen Steuersystem an-
streben sollten.
Herr Kollege Binding, Sie haben sich mit vielen Ein-
zelpunkten aufgehalten,
aber haben leider Gottes nicht dargelegt, was die große
Linie in den letzten zwei Jahren war:
Wir haben gleich zu Beginn unserer Regierungsverant-
wortung in dieser Legislaturperiode mit dem Wachs-
tumsbeschleunigungsgesetz, das zum 1. Januar 2010 in
Kraft getreten ist,
eine deutliche steuerliche Unterstützung insbesondere
der Familien in Deutschland erreicht. Wir haben übri-
gens auch einige Fehler, die zum Beispiel bei der Unter-
nehmensbesteuerung – Substanzbesteuerung bei der Ge-
werbesteuer – gemacht wurden, zurückgenommen.
Da wurde uns übrigens von der linken Seite des Hauses
gesagt, das werde zu massiven Steuermindereinnahmen
führen.
Die Praxis beweist, dass die Entwicklung genau in die
andere Richtung ging:
Wir haben mittlerweile sprudelnde Steuereinnahmen, die
übrigens auch den Kommunen deutlich zugutekommen.
Insofern ist das eine vernünftige Finanz- und Steuerpoli-
tik.
Zum 1. Januar 2012 werden die Änderungen, die wir
im Steuervereinfachungsgesetz 2011 vorgenommen ha-
ben, in Kraft treten.
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Ich möchte zum Beispiel die Vereinfachung bei der
bzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten anführen.
as wird Familien deutlich entlasten und die Steuerer-
lärung in bürokratischer Hinsicht wesentlich vereinfa-
hen. Wir haben mit der Möglichkeit der elektronischen
echnungsstellung einen großen Schritt nach vorne ge-
acht. Wir haben dafür gesorgt, dass Familien, deren
inder in Ausbildung sind, von einer Vereinfachung der
teuererklärung profitieren. Einige Blätter der Steuerer-
lärungsformulare werden wegfallen.
Das ist der richtige Weg. Wir müssen eine gute Austa-
erung zwischen den einerseits notwendigen Staatsein-
ahmen und andererseits den finanziellen Freiräumen,
ie wir den Bürgern gewähren müssen, schaffen. Wir
üssen Steuervereinfachungen vornehmen. Wir müssen
as Steuersystem den modernen Anforderungen entspre-
hend gestalten.
Gleichzeitig sorgen wir, die Koalition aus FDP, CDU
nd CSU, dafür, dass wir eine deutliche Verringerung
er Neuverschuldung haben werden.
ei uns ist das Soll in einem Haushaltsplan niemals die
renze, die in Bezug auf die Neuverschuldung unbe-
ingt erreicht werden muss,
ondern es ist für uns die absolute Obergrenze. Wir lie-
en in diesem Jahr deutlich unter der geplanten Neuver-
chuldung.
ir werden auch nächstes Jahr deutlich unter der ge-
lanten Neuverschuldung liegen.
ir verfolgen einen vernünftigen Kurs zwischen ver-
ünftiger Steuerpolitik einerseits und einer konsolidier-
n und soliden Haushaltspolitik andererseits.
Der Kollege Richard Pitterle hat für die Fraktion Die
inke das Wort.
17718 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
)
)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen
und Kollegen! Die Ankündigungen, die Sie als Bundes-
regierung in Bezug auf die Steuerpolitik machen, sind
wie die ständigen EU-Gipfeltreffen zur Euro-Krise: Eine
folgt auf die andere, aber was dabei herauskommt, ist
nur heiße Luft.
Dass bei der Unternehmensbesteuerung und bei der
Mehrwertsteuer schon seit Monaten nichts passiert – auf
die Kritik von Frau Höll sind Sie überhaupt nicht einge-
gangen –, haben wir schon zur Genüge gehört.
Letzte Woche haben Sie angekündigt, sich der kalten
Progression widmen zu wollen. Nach dem vom Bundes-
kabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll der Grund-
freibetrag für das steuerliche Existenzminimum für Le-
dige bis 2014 um 350 Euro auf 8 354 Euro ansteigen,
und der Tarifverlauf soll um 4,4 Prozent verschoben
werden. Die Reichensteuer von 45 Prozent soll nicht erst
ab 250 731 Euro gelten, sondern schon ab 250 000 Euro.
Für n-tv ist das Steuerpaket eine „Mogelpackung“, das
Handelsblatt spricht von einem „Steuerreförmchen von
geradezu lächerlichem Ausmaß“.
Die Bürgerinnen und Bürger verstehen diese Diskus-
sion nicht. Unsere Schulden steigen, weil Sie die Steuer-
zahler für die Zockereien der Banken und Spekulanten
aufkommen lassen. Viele Menschen machen sich Sor-
gen, ob das Geld, das sie für den Lebensabend gespart
haben, nicht verloren geht. In dieser Situation erwarten
die Menschen, dass es bei der Steuer gerecht zugeht,
aber dafür ist die Regierungskoalition die vollkommen
falsche Adresse.
Schwarz-Gelb behauptet immer großmundig, unser
Steuersystem sei nicht ungerecht und die reichen Schul-
tern würden so viel tragen. Das haben wir von Herrn
Dr. Steffel wieder gehört. Schauen Sie einmal genau auf
das, was in diesem Monat die renommierte, international
tätige OECD über Deutschland veröffentlicht hat! In ih-
rem Bericht „Divided We Stand“ steht schwarz auf weiß,
dass Ihre Steuerpolitik ungerecht ist und eine Umvertei-
lung von unten nach oben bewirkt. Zum Beispiel konsta-
tiert die OECD, dass – ich zitiere –
ein wichtiger Teil der steigenden Ungleichheit in
Deutschland die Entwicklung von Kapitaleinkom-
men ist. Der Anteil von Kapitaleinkommen an der
gesamten Einkommensungleichheit hat sich von
8 Prozent auf 15,5 Prozent fast verdoppelt.
Woran liegt das? Die einfache Antwort: An Ihrer
schwarz-gelben Abgeltungsteuer! Sie haben dafür ge-
sorgt, dass jeder 25 Prozent Steuern auf sein Kapitalein-
kommen zahlt: sowohl die alleinerziehende Mutter, die
das Geld für ihr Kind auf dem Sparbuch anlegt, als auch
der reiche Bankmanager, der mit seinen fetten Boni an
den Finanzmärkten spekuliert. Beide zahlen auf ihre
Zinsen und Dividenden 25 Prozent. Von wegen: Die
starken Schultern tragen eine starke Last.
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Die Behauptung, höhere Steuern führten zu weniger
vestitionen und weniger Arbeitsplätzen, hat der ameri-
anische Milliardär Warren Buffett vor kurzem als ein
mmenmärchen zurückgewiesen. Er wies darauf hin,
ass in der Zeit der höchsten Unternehmensteuern in den
SA die meisten Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ich
nde: Die Zeit der Bundesregierung ist abgelaufen –
eine Redezeit zwar auch, aber ich komme wieder.
Danke.
Das Wort hat der Kollege Norbert Schindler für die
nionsfraktion.
Einen schönen guten Abend, meine Damen und Her-
n! Liebe Gäste auf den Tribünen! Liebe Christine
cheel, ich rufe dir zu: Viel Glück in der neuen Verant-
ortung! Das mache ich wegen der persönlichen Beglei-
ng über all die 17 Jahre im Parlament hinweg; wir sind
beide zur gleichen Zeit hierhergekommen.
Ich habe aber schon noch eine Anmerkung zu deiner
ede zu machen. Sie war am Anfang schrill, aber du bist
ann versöhnlich zum Weihnachtsgedanken gekommen.
azu könnte man sagen: Man muss nicht übertreiben.
indruck in deiner Partei musst du nicht mehr machen.
as war etwas überzogen, und das steht dir eigentlich
ar nicht gut zu Gesicht.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17719
Norbert Schindler
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)
Den Linken sage ich: Schön, dass ihr diese Aktuelle
Stunde beantragt habt; denn nun kann man im Rahmen
einer Bilanzdebatte einmal nüchtern über die Leistun-
gen, die Ziele, das Erreichte reden, also darüber, was so
in den letzten zwei Jahren passiert ist.
Wenn ich diesen Tag, was die Teilnahme an der De-
batte heute Nachmittag und auch die Bewertung des eu-
ropäischen Gipfels angeht, Revue passieren lasse, sage
ich: Man muss den Eindruck haben, dass das Abendland
untergeht, und Deutschland ist dabei vorneweg. Man re-
det von einer Regierungskrise, obwohl man sieht, was
Frau Merkel bzw. unsere Regierungsspitze geleistet hat.
Wer ist denn in puncto Stabilität und Wohlstand in Eu-
ropa führend? Das sind die Franzosen und die Deut-
schen.
Das hätte heute zum Ausdruck gebracht werden müssen,
auch in ehrlicher Anerkennung von Leistungen.
Dabei geht es nicht nur darum, dass in die Nacht hinein
verhandelt worden ist, sondern es geht um tatsächliche
Ergebnisse. Ich muss Ihnen, liebe Freunde von der Op-
position, als Pfälzer sagen: Das hältst du im Kopf nicht
aus, was da manchmal abgeht.
Ich komme zu unserer Gesamtdarstellung der Einnah-
men des Staates und aller begleitenden Versicherungs-
institute. Im europäischen Vergleich haben wir eine
grundsolide Bilanz. Unsere Sozialsysteme stimmen. Wir
reden nicht – wie in all den anderen Staaten – über dras-
tische Erhöhungen: Nein, wir haben unsere Arbeit in der
ersten Hälfte unserer Regierungszeit sauber erledigt,
indem wir dieses Konjunkturprogramm aufgelegt haben.
Man will nicht anerkennen, dass die Beschlüsse aus
2009 zum Wohle aller bzw. zur Wohlstandssicherung in
der Bundesrepublik Deutschland geführt haben. Es wird
euch doch nicht abgenommen, was ihr in euren Reden
sagt, weil ihr alles nur schwarzseht und schlechtredet.
Wir in Deutschland haben ein Niveau, das wir, interna-
tional gesehen, mit Stolz darstellen können.
Man verkündet der Jugend und dem Alter, wie
schlimm es in der kommenden Zeit werden wird. Ich
kündige hiermit eine Auflistung unserer abgearbeiteten
Taten an.
In der Vorbereitung gebe ich gerne meine Rede mit, weil
das die Redezeit eindeutig überschreitet.
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Das war eine schöne Androhung.
Ziel muss es doch sein, dass man zu einem vernünfti-
en Ergebnis kommt, auch wenn es nicht alle befriedigt,
uch mich nicht. Wenn man aber einem souveränen Staat
nsere Vorstellungen aufzwingen will, dann hört die
reundschaft auf. Das erinnert an die Debatten über
riechenland. Auch wenn man Griechenland viel zumu-
t: Es ist immer noch ein souveräner und selbstständiger
taat.
Zurück zum Abkommen mit der Schweiz. Man hat
ofort die Blockade im Bundesrat angekündigt. Wenn
an in ein Vermögen eingreift – es geht um 19 bis
4 Prozent des dortigen Kapitals, das an den deutschen
taat geht –, dann handelt es sich eigentlich um eine Teil-
nteignung.
as wollen wir, damit wir diese Sünder endlich sauber
bstrafen können. Doch es wird sofort eine Neiddebatte
ufgemacht und gesagt, man würde Steuerhinterzieher
evorzugen. Ich muss doch aber realistisch sehen – das
t genau wie beim europäischen Gipfel –, was ich mit
en Partnern in Europa erreichen kann.
Du kannst ja eine Zwischenfrage stellen.
Liebe Freunde, ihr habt im Bundesrat derzeit die
ehrheit. Die rot-grüne Koalition hatte außerdem lange
enug Zeit, zu handeln. Zu allem, was man uns jetzt vor-
ält, zum Beispiel hinsichtlich der Bereinigung im
ehrwertsteuerbereich, kann ich nur sagen: Chance ver-
n!
as gilt nicht nur für Rot-Grün, sondern auch für die Ini-
ativen über den Bundesrat. Diese Möglichkeit hätte
an auch jetzt noch.
Ein anderer Punkt sind die Vorschläge zur Gemeinde-
nanzreform. Wo sind denn die Vorschläge der Grünen
azu? Da putzt ihr die Platte. Da taucht ihr ab. Ich will
ur einmal auf die Realität hinweisen.
Was wir den Kommunen im Zusammenhang mit
artz IV an Erleichterungen verschafft haben – Dr. Volker
issing hat darauf hingewiesen –, wird nicht registriert.
17720 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Norbert Schindler
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)
Man geht einfach zur Tagesordnung über und sagt, da sei
eigentlich nichts passiert. Hinsichtlich der vor uns lie-
genden Aufgaben wie der steuerlichen Förderung von
Vorsorgeaufwendungen, gerade im Bereich der Pflege,
erwarten wir eigentlich eine konstruktive Mitarbeit sei-
tens der Opposition. All dies haben wir in Vorbereitung.
Auch wenn all dies nicht in dieser Legislaturperiode
hinzugekommen ist, haben wir einen Haushalt vorgelegt,
der von anderen Staaten neidvoll betrachtet wird.
Als Opposition müsste man doch die Größe besitzen,
eine gute Entwicklung der Steuereinnahmen – Dr. Frank
Steffel hat mit Recht darauf hingewiesen – positiv zur
Kenntnis zu nehmen; denn es läuft gut in Deutschland.
Vor Weihnachten solche Horrorszenarien aufzuzeigen,
steht euch nicht gut zu Gesicht. Man nimmt euch diese
Horrorszenarien draußen auch nicht ab.
Das erinnert an die Mediendarstellung. Die Medien
waren überrascht, dass man sich schon vor Beginn der
Tagesschau um 20 Uhr am Sonntagabend über das
Thema „kalte Progression“ verständigt hat. Das heute-
journal hat irritiert reagiert, weil man dachte, dass das
noch die halbe Nacht dauert.
Kollege Schindler, achten Sie bitte auf die Zeit.
Danke schön. Ich höre gleich auf.
Hier wird für Gerechtigkeit gesorgt, aber man wirft
uns vor, wir würden Versprechen nicht einhalten. Das
war ein Wahlversprechen. Wir wurden auch gewählt, da-
mit diejenigen, die die Last tragen, die die Steuerlast
hauptsächlich tragen, nicht durch die kalte Progression
abgestraft werden. Dazu gibt es auch einen Verfassungs-
auftrag.
Nehmt das mit zum Bundesrat, in dem es vielleicht eine
Ablehnung geben wird! Aber daran werdet ihr gemessen
werden.
Danke schön.
Die Kollegin Nicolette Kressl hat für die SPD-Frak-
tion das Wort.
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er zweite Unterschied ist, dass es vernünftige Kompro-
isse waren. Insofern sage ich: Alles Gute und vielen
ank für die Zusammenarbeit! Ich darf das sicher im
amen meiner Kolleginnen und Kollegen sagen.
Vonseiten der FDP haben wir in der Debatte gerade
inen spannenden Satz gehört. Es wurde gesagt: Wir
erden konsequent auf unserem Weg bleiben.
ieser ist allerdings sehr schnell begrenzt. Sie könnten
inmal überlegen, warum das so ist.
Ich komme auf einen Punkt, den Sie uns vorgeworfen
aben. Sie haben gesagt, das sei die reine Steuererhö-
ung. Wir haben heute eine interessante Umfrage zur
enntnis genommen. Angesichts der Umstände, ange-
ichts der Notwendigkeit, Infrastrukturaufgaben und Bil-
ung zu finanzieren, hat sich eine deutliche Mehrheit in
er deutschen Bevölkerung für eine Erhöhung des Spit-
ensteuersatzes ausgesprochen.
anchmal habe ich den Eindruck: Die Menschen in
eutschland sind schon ein Stück weiter als die FDP und
issen, welche Aufgaben vor uns stehen und welche
onsequenzen daraus zu ziehen sind.
Das finde ich interessant. Herr Volk hat gerade gefragt,
b diese Mehrheit den Spitzensteuersatz zahlt.
edeutet diese Frage, dass die Politik der FDP gar nicht
r die Mehrheit ist, sondern nur für diejenigen, die den
pitzensteuersatz zahlen? Das ist die logische Konse-
uenz aus Ihrem Zwischenruf. Diesen fand ich sehr
pannend, Herr Volk.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17721
Nicolette Kressl
)
Wir sollten einmal schauen, welche Vereinbarungen
im Koalitionsvertrag stehen und was daraus geworden
ist. Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Sommer ein
paar schriftliche Fragen dazu gestellt. Um die Frage die-
ser Aktuellen Stunde, was aus den steuerpolitischen Vor-
haben geworden ist, zu beantworten, möchte ich einige
Antworten des Bundesfinanzministeriums zitieren.
Auf die Frage, was aus der Ankündigung im Koali-
tionsvertrag geworden ist, die Mehrwertsteuersätze zu
verändern bzw. zu vereinfachen, zusammenzufassen, be-
kamen wir die Antwort:
Der Koalitionsausschuss hat beschlossen, eine
Kommission zur Überprüfung des deutschen Kata-
logs der ermäßigten Mehrwertsteuersätze einzuset-
zen …
Sie tun so, als würde die Einsetzung einer Kommis-
sion das Handeln ersetzen.
Es geht noch weiter: Diese Kommission zur Überprü-
fung hat noch nie getagt; Terminschwierigkeiten. Es
könnte auch einen anderen Grund haben; denn die Kom-
mission setzt sich zusammen aus dem Finanzminister,
dem Wirtschaftsminister, dem Chef des Bundeskanzler-
amtes und den Generalsekretären der Koalitionsparteien.
Wahrscheinlich hat man die Probleme vorausgesehen
und sich gedacht, dass es hier schnell zu personellen
Veränderungen kommen kann und die Kommission des-
halb erst einmal nicht tagen sollte. Das Problem ist, dass
Sie ständig in allen Bereichen Kommissionen einsetzen.
Nach dem Motto „Tarnen und Täuschen“ tun Sie so, als
würde man durch das Einsetzen einer Kommission das
angehen, was man gemeinsam vereinbart hat.
In einer weiteren Frage an die Bundesregierung hat-
ten wir uns erkundigt, was sich im Bereich der Unter-
nehmensbesteuerung tut, ob es dort zu Veränderungen
kommt. Die Antwort lautete:
Der Bundesminister der Finanzen hat zu diesem
Zweck eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die voraus-
sichtlich im September 2011 ihre Vorschläge vorle-
gen wird.
Die Vorschläge der Arbeitsgruppe liegen vor, aber
dennoch hören wir nicht, dass daraus gesetzgeberische
Maßnahmen resultieren. Es gab also zwei Jahre lang
eine Arbeitsgruppe, aber eine Gesetzgebung ist noch
nicht auf dem Weg. Wir lesen – eine konkrete Antwort
bekommen wir nicht –, dass die Arbeitsgruppe festge-
stellt hat, dass es schwieriger ist, als man sich das ge-
dacht hatte. Das ist das typische Verhalten in einem Be-
reich, in dem man nicht weiß, wie es weitergeht: Wenn
du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis.
Dieses Verfahren hat bei dieser Koalition bisher unge-
ahnte Dimensionen angenommen.
Ich will ein drittes Beispiel nennen. Wir haben auch
gefragt, wie die Koalitionsfraktionen mit der Kfz-Steuer
umgehen wollen; die Einnahmen daraus fließen dem
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Der Kollege Dr. Mathias Middelberg hat jetzt das
ort für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
olleginnen! Liebe Kollegen! Hier hat es eine Aneinan-
erreihung von Fehlanzeigen gegeben. Hier war die
ede davon, junge Menschen hätten in diesem Land
eine Perspektive mehr. Hier wurden derartige Krisen-
zenarien gemalt, dass ich mich während der Debatte
anchmal gefragt habe: Wird hier noch über Deutsch-
nd gesprochen, oder wo leben Sie? Ich finde, das wa-
n Schilderungen, die an der Wirklichkeit in diesem
ande ziemlich weit vorbeigingen. Das, was zum
chluss vorgetragen wurde, Frau Kollegin Kressl,
nd ich zum Teil höchst kleinkrämerisch.
an könnte es freundlich ausdrücken und „detailver-
ebt“ sagen. Man könnte es, wenn man es böse formu-
eren will, aber auch Erbsenzählerei nennen.
Wir sollten einen Strich darunter machen und uns vor
ugen führen, wie Deutschland im Moment dasteht. Der
ollege Steffel und der Kollege Schindler haben eben
ehr schön deutlich gemacht: Wir haben die niedrigste
rbeitslosigkeit in diesem Land seit über 20 Jahren. Wir
aben zwei hervorragende Wachstumsjahre mit deutlich
ber 3 Prozent Wachstum hinter uns. Wir haben auf-
rund der soliden konjunkturellen und wirtschaftlichen
ntwicklung – das ist übrigens eine Aussage der Bun-
esagentur für Arbeit – erstmals seit vielen Jahren, seit
er Einführung von Hartz IV – dieses Gesetz haben Sie
beschlossen –, einen ganz deutlichen Rückgang der
ahl der Langzeitarbeitslosen zu verzeichnen. Um das
onkret aufzugreifen, sage ich Ihnen: Junge Leute haben
Moment die wahrscheinlich seit langer, langer Zeit
esten Perspektiven in diesem Lande.
)
17722 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Dr. Mathias Middelberg
)
)
Ich will gar nicht alles, was wir gemacht haben, auf-
zählen. Im Zusammenhang mit dem Wachstumsbe-
schleunigungsgesetz kann man natürlich sagen, wir hät-
ten unsere Klientel bedient; diese Begriffe sind gefallen.
Der Großteil der Maßnahmen bzw. über die Hälfte der
Entlastungen, die mit diesem Gesetz in die Wege geleitet
wurden, bestanden in der Erhöhung des Kindergeldes
und des Kinderfreibetrages.
Von diesen Maßnahmen profitieren alle Familien in
Deutschland.
Das ist doch keine Klientelpolitik! Damit haben wir
nämlich alle Familien in Deutschland entlastet.
Über 2,5 Milliarden Euro haben wir für die Entlas-
tung mittelständischer Unternehmen aufgewandt.
Ich sage Ihnen: Das war in der Krisensituation, in der
sich Deutschland vor gut zwei Jahren befunden hat, völ-
lig richtig. Das war genau die richtige Maßnahme zum
richtigen Zeitpunkt. Sie stützt noch heute die wirtschaft-
liche Entwicklung, von der wir jetzt profitieren.
Der Kollege Volk hat zu Recht gesagt: Diese Maßnah-
men bringen uns heute mehr Steuereinnahmen. Es sind
nicht weniger Steuereinnahmen, wie Sie es eben fälsch-
licherweise vorausgesagt haben. Uns kommt es darauf
an, nicht blindlings irgendwelche Maßnahmen ins Werk
zu setzen, sondern alles in einem ausgewogenen Verhält-
nis zu halten: auf der einen Seite gezielt zu entlasten, wo
es nötig ist, und auf der anderen Seite sorgfältig zu haus-
halten und vernünftig zu sparen.
Wenn ich mir Ihre Parteitagsbeschlüsse, die der Grü-
nen und die der SPD, durchlese, stelle ich fest: All diese
Parteitagsbeschlüsse beinhalten keinen einzigen Spar-
beitrag. Für Sie heißt „sparen“, Steuern und Beitrags-
sätze zu erhöhen, eine Bürgerversicherung einzuführen,
die Beitragsbemessungsgrenze aufzuheben und anderes
mehr. Sie wollen nur zusätzliches Geld in die Kasse spü-
len. Sie machen aber keinen einzigen konkreten Vor-
schlag, wo Sie einsparen wollen.
Wir sind in den letzten zwei Jahren grundlegend an-
ders unterwegs gewesen. Wir haben zum Beispiel ein
80-Milliarden-Euro-Sparpaket auf den Weg gebracht. Na-
türlich kann man sagen: Die eine oder andere Maßnahme
greift nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. – Aber
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adurch werden wir auf Dauer mehrere Milliarden Euro
ro Jahr einsparen.
Das Gegenbild, das Sie zeichnen – Sie wollen ja in
wei Jahren die Regierungsverantwortung übernehmen –,
rleben wir im Moment unter rot-grüner Verantwortung
Nordrhein-Westfalen.
er neue Haushalt, der aufs Tapet gebracht wurde,
urde – zack! – für verfassungswidrig erklärt.
ie schrauben die Neuverschuldung im Vergleich zu Ih-
r Vorgängerregierung um 30 Prozent nach oben.
as ist doch eine Katastrophe! Das ist überhaupt nicht
ertretbar.
Sie ergreifen in NRW eine Maßnahme nach der ande-
n. Ich lese sie Ihnen einmal vor
über all das kann man ja sprechen –: Sie erlassen die
indergartenbeiträge komplett; das halte ich für gar
icht schlecht, sogar für diskutabel. Sie erlassen die Stu-
iengebühren komplett; das ist eine ganz andere Frage.
ie stellen 170 Millionen Euro für Solarthermieanlagen
uf Dächern zur Verfügung. Aber in Ihrem Haushalt gibt
s keine einzige Sparmaßnahme.
In Niedersachsen, wo CDU und FDP regieren, sind
ie Bezirksregierungen komplett gestrichen worden. Es
urden 7 000 Beamtenstellen eingespart. Das Weih-
achtsgeld im öffentlichen Dienst wurde auf null gefah-
n. Dort wird an der richtigen Stelle gespart, damit man
ie Menschen tatsächlich von Kindergartengebühren be-
eien, ihnen also auch einmal Geld zurückgeben kann.
as halte ich für eine vernünftige, ausgewogene Politik.
Sie empfehlen sich mit Ihrer konkreten Arbeit in
ordrhein-Westfalen für gar nichts – und schon gar nicht
r die Übernahme dieser Regierung.
Vielen Dank.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17723
Dr. Mathias Middelberg
)
)
Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
Wir kommen zurück zu Tagesordnungspunkt 2:
Fragestunde
– Drucksache 17/8101 –
Die Frage 8 der Kollegin Caren Marks zum Ge-
schäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend und die Frage 9 des Kollegen
Harald Weinberg zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Gesundheit werden schriftlich beant-
wortet.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Dr. Andreas Scheuer zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Anton Hofreiter
auf:
In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung die
Öffentlichkeit in die Aufstellung des Bundesverkehrswege-
planes einzubeziehen, wie es der Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, bereits in ei-
nem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 22. No-
vember 2011 ankündigte, und welche konzeptionellen Vorbe-
reitungen in der aktuellen Legislaturperiode sind dafür
angedacht?
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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! Geschätzter Kollege Hofreiter, wir haben uns im
Ausschuss ja schon intensiv mit dem Bericht des Bun-
desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
zur Aufstellung des neuen Bundesverkehrswegeplans
beschäftigt und darüber diskutiert. Bei der Aufstellung
des neuen Bundesverkehrswegeplans werden die Trans-
parenz des Gesamtprozesses und die Beteiligung von
Bürgern von großer Bedeutung sein. Nur so können
Konfliktpotenziale frühzeitig erkannt und eine Akzep-
tanz des Bundesverkehrswegeplans in der Bevölkerung
erreicht werden.
Ein wichtiges Element wird in diesem Zusammen-
hang die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der jetzt
gesetzlich vorgeschriebenen Strategischen Umweltprü-
fung sein. Hierzu wurde im Rahmen eines Forschungs-
projekts bereits ein Konzeptvorschlag entwickelt. Wei-
tere Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung im Prozess der
Bundesverkehrswegeplanung werden derzeit geprüft.
Wir befinden uns ja am Anfang der Neuerstellung der
Grundkonzeption des Bundesverkehrswegeplans 2015.
Herr Hofreiter, Sie haben eine Nachfrage. Bitte sehr.
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Vielen Dank. – Sie haben gesagt, das erste Konzept
r die Strategische Umweltprüfung sei bereits erarbei-
t. Alles soll wunderschön transparent sein. Wann wird
as veröffentlicht, oder ist das schon veröffentlicht wor-
en?
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Herr Kollege Hofreiter, Sie als Vorsitzender des zustän-
igen Fachausschusses haben ja auch an der Ausschusssit-
ung teilgenommen, in der der neue Bundesverkehrswe-
eplan Thema war. Dabei wurde auch thematisiert, dass
ie ersten Lose im Rahmen der Ausschreibung jetzt ge-
de vergeben wurden. Wir haben das Ziel, Mitte 2012
ie ersten Ergebnisse der Voranalysen und Voruntersu-
hungen vorzulegen.
Natürlich gibt es zum Thema Bürgerbeteiligung auch
iskussionen mit den Bundesländern. Ich möchte darauf
erweisen, dass es auf der Konferenz in München einen
instimmigen Beschluss der Raumordnungsminister ge-
eben hat. Alle Bundesländer haben dort gemeinsam mit
em Bund den Beschluss gefasst, dass die Bürgerbeteili-
ung schon vor den verschiedenen Verfahren – Raum-
rdnungsverfahren und viele andere mehr – stattfinden
oll. Es soll eine verbesserte Bürgerbeteiligung bei den
inzelprojekten ermöglicht werden. Das ist ein wirkli-
her Fortschritt in der ganzen Diskussion.
Ihre Fraktion hat das Projekt Stuttgart 21 über lange
eit kritisch begleitet. An dem positiven Volksentscheid
Baden-Württemberg konnte man sehen, dass eine
ürgerbeteiligung bis hin zur Realisierung von Großpro-
kten stattfindet. Bei der Neuerstellung der Grundkon-
eption des Bundesverkehrswegeplans werden wir dies
atürlich noch stärker berücksichtigen, zumal aufgrund
er Vorgaben der EU die Strategische Umweltprüfung
rforderlich ist. Somit werden wir ziemlich sicher Mitte
012 über die ersten Ergebnisse der Forschungsprojekte
Fachausschuss diskutieren.
Herr Kollege, Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte
ehr.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sind neben der Ver-
abe der Gutachten bereits erste Stellungnahmen von
erbänden und Planungen der Länder beim Ministerium
ingegangen? Man hört, dass zumindest in manchen
andesministerien erste Projektlisten kursieren.
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Kollege Hofreiter, zeitlich gesehen gab es im Hin-
lick auf die Neuerstellung des Bundesverkehrswege-
lans 2015 erst Ende 2010 die Bedarfsplananalyse für
traße und Schiene. Jetzt wird anhand dieser Ergebnisse
17724 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Parl. Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer
)
)
noch einmal an den Grundlagen gearbeitet. Die Überprü-
fung war ohnehin erforderlich.
Es gibt natürlich einen ständigen Dialog mit den Bun-
desländern. Aber das hat noch nichts mit der Erstellung
eines neuen Bundesverkehrswegeplans zu tun; denn im
laufenden Verfahren besteht ohnehin ein enger Kontakt
mit unseren Auftragsverwaltungen.
Wir befinden uns in einem sehr frühen Stadium der
Erstellung der Basisdaten und der wissenschaftlichen
Grundlagen. Natürlich wird der neue Bundesverkehrs-
wegeplan vom derzeitigen Bundesverkehrswegeplan
nicht völlig abgekoppelt sein. Es geht jetzt also um die
Grundlagenerarbeitung. Erst danach, wenn man die Er-
gebnisse hat, wird darüber zu diskutieren sein, welche
Ergebnisse man zur Basis für die Erstellung des Bundes-
verkehrswegeplans macht, welche Parameter man dort
einzieht. Auch Ihre Fraktion hat mehrfach angemahnt,
verschiedene neue Diskussionsfaktoren mit einzubezie-
hen. Das können wir in 2012 im offenen Verfahren im
Fachausschuss diskutieren. Ich kann Sie also beruhigen:
Das Verfahren ist momentan noch in einem sehr frühen
Stadium. Das BMVBS arbeitet eher an den wissen-
schaftlichen und gutachterlichen Grundlagen als an ir-
gendwelchen konkreten Projekten. Die konkreten Pro-
jekte sind im geltenden Bundesverkehrswegeplan
eingestuft, und an diesen arbeiten wir jetzt.
Die Frage 11 des Kollegen Kekeritz wird schriftlich
beantwortet, ebenso die Fragen 12 und 13 der Kollegin
Burchardt und die Fragen 14 und 15 des Kollegen
Herzog.
Damit kommen wir nun zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Re-
aktorsicherheit. Die Frage 16 des Kollegen Schwabe, die
Frage 17 des Kollegen Miersch und die Frage 18 des
Kollegen Ott werden schriftlich beantwortet.
Mündlich beantwortet wird die Frage 19 des Kollegen
Ott:
Wer hat bislang über die Auswahl von Bewerbern für Stel-
len beim Sachverständigenrat für Umweltfragen, SRU, ent-
schieden, und soll diese Praxis geändert werden?
Zur Beantwortung steht die Staatssekretärin Heinen-
Esser zur Verfügung.
Ur
Die Besetzung der bestehenden Stellen bei den Rats-
mitgliedern und in der Geschäftsstelle des Sachverstän-
digenrates für Umweltfragen erfolgt nach dem im Um-
weltbundesamt üblichen Stellenbesetzungsverfahren.
Die Mitarbeiter werden dabei üblicherweise durch die
fachlich involvierten Ratsmitglieder und den Generalse-
kretär ausgewählt. Die Berufung des Generalsekretärs
erfolgt durch das Bundesministerium für Umwelt, Na-
turschutz und Reaktorsicherheit auf Vorschlag des Um-
weltbundesamtes, das das Votum des Sachverständigen-
rates berücksichtigt. Über die Besetzung der neuen
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Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, vie-
n Dank. Hat denn die Bundesregierung eine Idee, wie
ieser Vorgang zustande gekommen sein könnte? Es ist
doch nicht ganz gewöhnlich, dass die Einrichtung, die
it einer solchen Stelle beglückt werden soll, gar nichts
avon weiß und erst im Nachhinein davon erfährt, dass
ie erst recht nicht eine solche Stelle beantragt hat und
ass auch die führende nachgeordnete Behörde, nämlich
diesem Fall das Umweltbundesamt, weder einen sol-
hen Bedarf angemeldet hat noch angemessen informiert
urde. Wie erklärt sich denn die Bundesregierung das
ustandekommen dieser Stelle?
Urs
Lieber Kollege Dr. Ott, das Thema haben wir ja heute
orgen auch schon im Umweltausschuss ausführlich
iskutiert. Ich kann nur noch einmal sagen, dass diese
telle in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses
ntstanden ist, als es auch um den Einzelplan 16 ging.
as war ein Vorschlag der Haushälter, also Ihrer Kolle-
innen und Kollegen, und ist nicht vom Bundesumwelt-
inisterium eingebracht worden.
Herr Ott, haben Sie eine zweite Nachfrage? – Bitte
ehr.
Nun hat der Präsident des Sachverständigenrates, Pro-
ssor Faulstich, ein Schreiben an Gisela Piltz und Hans-
eter Uhl – das sind anscheinend die zuständigen Mit-
lieder des Bundestages im Haushaltsausschuss – ge-
chickt, in dem er seine Sicht der Dinge darlegt und auch
achfragt, wie das denn sein könne. Haben Sie einmal
it Hans-Peter Uhl, also dem Vertreter der CDU/CSU
Haushaltsausschuss, darüber geredet, wie er sich die-
en Vorgang erklärt und warum er diesen Vorschlag ein-
ebracht hat?
Ur
Ich glaube, Herr Dr. Ott, das ist wirklich eine Frage an
ie Mitglieder des Parlaments, die sich über diesen Vor-
chlag wohl verständigt und ihn eingebracht haben. Der
orschlag wurde heute, wie ich gehört habe, auch im
nenausschuss beraten. Mein Kollege Uhl ist innenpoli-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17725
Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser
)
)
tischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion und eben
Mitglied im Innenausschuss und nicht im Haushaltsaus-
schuss.
Eine Nachfrage der Kollegin Höhn.
Frau Staatssekretärin, Sie haben eben gesagt, dass
dieser Vorschlag von Abgeordneten eingebracht worden
ist – offensichtlich von Abgeordneten der beiden Koali-
tionsfraktionen, nicht von Abgeordneten der Opposition.
Hält das Bundesumweltministerium diese Stelle denn für
sinnvoll?
Ur
Die Parlamentarier haben den Wunsch formuliert und
darüber abgestimmt, dass beim Sachverständigenrat eine
solche Stelle eingerichtet werden soll. Wir beugen uns
natürlich dem Wunsch und dem Willen der Parlamenta-
rier in dieser Frage und werden nach Inkrafttreten des
Haushalts das übliche Ausschreibungsverfahren starten.
Die nächste Nachfrage kommt vom Kollegen
Miersch.
Vielen Dank. – Frau Staatssekretärin, wir haben nun
auch aufgrund der Sendung Frontal 21 von einem koali-
tionsinternen Papier Kenntnis erlangt. Darin ist die Rede
davon gewesen, dass die Zustimmung des Bundesum-
weltministers vor Beschlussfassung vorlag.
Insofern frage ich Sie hier, ob Sie dazu etwas sagen
können. Gab es eine vorherige Kontaktaufnahme mit
dem Bundesumweltminister, mit dem Bundesumweltmi-
nisterium, diese Stelle einzurichten, oder war das tat-
sächlich ein Hauruck-Verfahren im Haushalt, bei dem es
vorher überhaupt keine Kontaktaufnahme zwischen
BMU, Bundesumweltminister, und den Koalitionsfrak-
tionen gegeben hat?
Ur
Soweit ich weiß, Herr Kollege Dr. Miersch, ist der
Bundesumweltminister bzw. das Bundesumweltministe-
rium in der absoluten Schlussphase darüber informiert
worden. Das Papier, um das es geht, habe ich mir wahr-
scheinlich ebenso wie Sie von der Homepage von Fron-
tal 21 heruntergeladen. Es enthält keinen Absender und
keine Unterschrift. Wir wissen also nicht, von wem die-
ses Papier stammt. Das heißt, dass wir die Auffassungen,
die dort – auch zu anderen Themen – geäußert werden,
nicht teilen.
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Frau Höhn, Sie haben eine Nachfrage.
Frau Staatssekretärin, es gibt schon eine Stelle beim
Sachverständigenrat für Umweltfragen, nämlich die
Stelle des Generalsekretärs, der die notwendigen Arbei-
ten erledigt. Soll es daneben jetzt eine Direktorenstelle
geben? Was ist dann die Aufgabe des Generalsekretärs?
Was ist die Aufgabe des Direktors? Ist es angemessen
und erforderlich, dafür eine zusätzliche B-4-Stelle einzu-
richten?
Ur
Auch diese Fragen bitte ich an die Kolleginnen und
Kollegen zu richten, die die Stelle im Rahmen der Berei-
nigungssitzung eingeführt haben.
Ich verweise auf die Begründung zur Einrichtung der
Stelle. Darin heißt es, dass umweltpolitische Fragestel-
lungen in den letzten Jahren sowohl national als auch in-
ternational zunehmend an Bedeutung gewonnen haben.
Um die internationale Zusammenarbeit und Vernetzung
auszubauen sowie zur Stärkung der beratenden Funktio-
nen des Sachverständigenrates gegenüber dem Deut-
schen Bundestag und seinen Gremien werde das Amt
eines Direktors beim Sachverständigenrat für Umwelt-
fragen geschaffen.
Wir werden uns selbstverständlich, wenn es um die
Ausschreibung dieser Stelle geht, sowohl mit dem Sach-
verständigenrat als auch mit dem Umweltbundesamt,
das die Ausschreibung durchführen wird, über all diese
Fragen, die Sie gerade aufgeworfen haben, verständigen.
Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte sehr.
Ja, ich habe eine zweite Nachfrage. Es gibt beim
UBA die Stelle des stellvertretenden Leiters. Das ist eine
B-4-Stelle. Auch hier reden wir über eine B-4-Stelle.
Können Sie sagen, wie viele Mitarbeiter der stellvertre-
tende Leiter des UBA in seinem Bereich hat? Ich glaube,
es sind mehrere Hundert. Im SRU gibt es 24 Mitarbeiter.
Ist es im Verhältnis zu dem, was andere im Regierungs-
apparat für B 4 tun müssen, angemessen, beim SRU die
Stelle eines Frühstücksdirektors mit 24 Mitarbeitern zu
schaffen?
Ur
Sehr geehrte Frau Kollegin Höhn, ich bitte Sie, auch
diese Frage den Kolleginnen und Kollegen im Aus-
schuss zu stellen, die der Auffassung waren, dass der
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Wenn es denn nur ein Frühstücksdirektor wäre!
nsere Vermutung ist, dass dort erheblich Einfluss ge-
ommen werden soll.
Meine Frage an Sie, Frau Kollegin Heinen-Esser: Wie
iele Fälle sind Ihnen mit Ihrer beträchtlichen Verwal-
ngserfahrung und Legislativerfahrung bekannt, in de-
en eine Stelle in einer nachgeordneten Institution am
aus vorbei, am Ministerium vorbei und an der nachge-
rdneten Behörde vorbei durch den Deutschen Bundes-
g eingerichtet worden ist?
Ur
Das kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten.
ir persönlich ist das nicht bekannt. Ich bin allerdings
uch nicht Mitglied des Haushaltsausschusses und habe
aher keinen Überblick darüber, was in anderen Häusern
blich ist.
Herr Kollege Miersch.
Mich interessiert in diesem Zusammenhang noch ein-
al die Schlussphase, von der Sie gesprochen haben und
ie wir nicht genau datieren können. Ich habe dem Ver-
erk von Frontal 21 bzw. der Reaktion des Bundesum-
eltministers entnommen, dass seine Zustimmung nicht
orgelegen hat. Haben Sie Kenntnis darüber, ob der
undesumweltminister unter Umständen in der Schluss-
hase diesem Stellenvorschlag zugestimmt hat oder ob
r sogar interveniert und auf andere Stellenpotenziale
der Notwendigkeiten hingewiesen hat bzw. was sich in
ieser Schlussphase zwischen Bundesumweltminister
nd Koalitionsfraktionen ereignet hat?
Ur
Ich war in der Schlussphase nicht dabei, habe aber mit
em Minister gesprochen. Es wird keine der in dem Pa-
ier, das auf der Homepage von Frontal 21 steht, zitier-
n Aussagen geteilt.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17727
)
)
Kollegin Steiner, bitte.
Frau Staatssekretärin, in der Antwort auf die Frage
der Kollegin Höhn haben Sie die Begründung angespro-
chen, die immer irgendwo herumgeistert, und darauf
hingewiesen, dass eine stärkere internationale Vernet-
zung und Ausrichtung ermöglicht werden soll und dass
die Stellenbesetzung oder der Wunsch nach einer zusätz-
lichen Stelle unter Umständen damit zusammenhängen
könnte. Würden Sie vor dem Hintergrund, dass der Sach-
verständigenrat eigentlich das Netzwerk der Europäischen
Umwelt- und Nachhaltigkeitsräte mit begründet hat – zur-
zeit ist sogar ein Ratsmitglied Vorsitzende – und der Mei-
nung ist, dass zusätzliche hochdatierte Stellen nicht not-
wendig sind, sondern dass eher eine Stelle im Brüsseler
Sekretariat fehlt, vermuten, dass man bei der Arbeit des
Sachverständigenrates ein Defizit unterstellt?
Ur
Kollegin Steiner, ich kann nicht beurteilen, welches
die Motivation war, eine solche Begründung zu formu-
lieren, die ich aus einem Beschluss des Innenausschus-
ses vom heutigen Tag zitiert habe. Ich kann Ihnen nur sa-
gen: Aus Sicht des Bundesumweltministeriums gibt es
keinerlei Defizite beim Sachverständigenrat. Wir hatten
heute Morgen eine exzellente Präsentation des Gutach-
tens zur Nanotechnologie. Ich glaube, da ist deutlich ge-
worden, welche hervorragende Expertise beim Sachver-
ständigenrat vorhanden ist.
Herr Krischer.
Ich interpretiere Ihre letzte Antwort so, dass die be-
sagte Stelle aus Sicht des Bundesumweltministeriums
absolut nicht erforderlich ist und nicht eingerichtet wer-
den muss, weil die Arbeit schon hervorragend funktio-
niert. Aber Sie müssen jetzt das umsetzen, was die
Mehrheit des Haushaltsausschusses und heute auch des
Innenausschusses beschlossen hat. Meine Frage: Wo in
der Hierarchie des Sachverständigenrates soll die Stelle
angesiedelt werden? Soll sie oberhalb oder unterhalb des
Generalsekretärs angesiedelt werden? Wie genau soll ich
mir das zukünftige Organigramm des SRU vorstellen?
Ur
Das werden wir zusammen mit dem Umweltbundes-
amt und dem Sachverständigenrat besprechen.
Frau Bulling-Schröter, bitte.
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Nun hat der Bundesumweltminister gesagt: Der SRU
ist unabhängig, und es ist auch ein hohes Gut, dass der
Sachverständigenrat für Umweltfragen unabhängig ist. –
Wie wollen Sie verhindern, dass diese Stelle die Auf-
gabe genauso erledigt, wie es in diesem anonymen inter-
nen Vermerk beschrieben wird?
Ur
Wir wissen nicht, von wem dieser Vermerk stammt,
da er anonym ist; ihm fehlen sowohl der Absender als
auch die Unterschrift. Der Bundesumweltminister hat
dazu gesagt, was dazu zu sagen ist. Er hat die Unabhän-
gigkeit des Sachverständigenrates gewürdigt.
Wir kommen dem Wunsch des Parlaments nach, in-
dem wir eine öffentliche Ausschreibung in Abstimmung
mit Sachverständigenrat und Umweltbundesamt durch-
führen werden. Eine solche öffentliche Ausschreibung,
bei der sich beispielsweise eine Auswahlkommission,
die auch mit Mitgliedern des Sachverständigenrats be-
setzt ist, dem Auswahlverfahren widmet, sichert sicher-
lich auch weiterhin die Unabhängigkeit des Rates.
Sie haben eine weitere Nachfrage, Frau Höhn.
Ich habe in der Tat eine weitere Frage. – Frau Staats-
sekretärin, die Stelle des Generalsekretärs bei der Deut-
schen Bundesstiftung Umwelt, die im Moment Dr. Fritz
Brickwedde bekleidet, wird in absehbarer Zeit frei. Kön-
nen Sie ausschließen, dass sich die Kollegin Birgit
Homburger darauf bewerben wird?
Ur
Frau Höhn, ich kann darüber keine Aussage treffen.
Herr Miersch.
Frau Staatssekretärin, Sie haben eben auf die Frage
der Kollegin Höhn reagiert, die noch einmal den auf der
Homepage von Frontal 21 befindlichen Vermerk zitiert
hat. Auch wenn Sie sagen, Sie kennen die Urheberschaft
nicht, können wir jetzt feststellen, dass dieser Vermerk
zumindest in Bezug auf die Schaffung der Stelle ja recht
behalten hat. Gleichzeitig sagen Sie, dass der zuständige
Bundesumweltminister den Sachverständigenrat als un-
abhängiges Gremium anerkennt und diese Stellenein-
richtung eigentlich als überflüssig erachtet.
Ist es jetzt nicht Aufgabe des zuständigen Bundesum-
weltministers, Schaden von dieser Stelle abzuwenden
und gegebenenfalls mit den Koalitionsfraktionen – denn
hier geht es nicht um eine Kernfrage im Zusammenhang
mit dem Parlament, sondern um eine Einrichtung, die die
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uch für mich ist es ein Novum, erleben zu müssen,
ass sich jeder wehrt, eine solche Stelle zu bekommen.
eswegen möchte ich darum bitten, das Ganze sozusa-
en ein bisschen herunterzuzoomen. Wir garantieren:
ir werden sicherlich mit den Koalitionsfraktionen in
inen Dialog treten, und wir werden auch mit Ihnen in
inen Dialog treten, um Ihre Befürchtungen auszuräu-
en. Es wird ein öffentliches Verfahren geben, das si-
herstellt, dass der Sachverständigenrat wie bisher unab-
ängig arbeiten kann.
Der Kollege Wunderlich.
Frau Staatssekretärin, eine Frage im Zusammenhang
it dem Thema „Unabhängiges Arbeiten“. Gab es den
unsch eines Koalitionspartners, den Sachverständigen-
t aufgrund der Ergebnisse seiner Studien aufzulösen?
Ur
Dieser Wunsch ist an mich nicht herangetragen wor-
en.
Herr Ott.
Vielen Dank. – Teilt die Bundesregierung unsere Auf-
ssung, dass die Einrichtung dieser Stelle beim Sach-
erständigenrat für Umweltfragen nicht nur der Gänge-
ng des Rates dienen, sondern auch – geschaffen in
iner Art Panikreaktion Ihres Koalitionspartners FDP –
ine Versorgungsstelle als Ersatz für zukünftig frei wer-
ende Posten der FDP ermöglichen soll?
Ur
Herr Dr. Ott, ich teile Ihre Auffassung nicht.
Herr Krischer.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17729
)
)
Frau Staatssekretärin, Sie haben eben erläutert, dass
Sie diese Stelle für nicht erforderlich halten, weil die Ar-
beit des SRU bereits exzellent sei und damit auch keiner
weiteren Stellenverstärkung bedürfe. Meine Frage lautet:
Gibt es im Bundesumweltministerium selbst oder in den
nachgeordneten Behörden Bereiche, von denen Sie sa-
gen, dass dort zur Erfüllung der Aufgaben eine weitere
Stellenverstärkung erforderlich sei? Wenn ja, welche
sind das? Können Sie mir also Bereiche nennen, wo aus
Ihrer Sicht zur Erfüllung der Aufgaben zusätzlicher Per-
sonalbedarf besteht?
Ur
Ich glaube, ich wäre eine schlechte Staatssekretärin,
wenn ich sagen würde, es reiche aus, was wir an Stellen
zur Verfügung haben. Natürlich können wir zusätzliche
Stellen gut gebrauchen, und zwar an vielen Stellen des
Hauses und insbesondere auch in nachgeordneten Be-
hörden und in Gremien, die uns beraten. Die Motive der
Koalitionsfraktionen, eine zusätzliche Stelle beim Sach-
verständigenrat einzurichten, sind vorhin ausführlich er-
läutert und diskutiert worden.
Frau Nestle.
Frau Staatssekretärin, Sie haben in der Antwort auf
eine vorherige Frage auf die Kommission hingewiesen,
die die Unabhängigkeit des Sachverständigenrates ge-
währleisten und die dafür sorgen soll, dass die Stelle un-
abhängig besetzt wird. Inwieweit ist es innerhalb der Re-
gierung mit allen relevanten Playern abgesprochen, wie
diese Kommission zusammengesetzt wird und ob es die
Kommission überhaupt gibt? Können Sie genauer erläu-
tern, wie dort die Stimmenverhältnisse sind bzw. wie das
Entscheidungsverfahren innerhalb dieser Kommission
ist? Wie wirken sich die Mehrheitsverhältnisse bei unter-
schiedlichen Meinungen aus?
Ur
Kollegin Nestle, ich kann Ihnen das zum jetzigen
Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich habe eben nur skizziert,
wie ein mögliches Verfahren aussehen könnte. Die Stel-
lenbesetzung erfolgt erst nach Inkrafttreten des Haushal-
tes. Das heißt, das gesamte Verfahren wird erst dann an-
rollen. Ich habe vorhin schon gesagt, dass das kein
Stellenwunsch des Bundesumweltministeriums ist, son-
dern ein Wunsch der Abgeordneten im Haushaltsaus-
schuss und heute im Innenausschuss, die die entspre-
chenden Beschlüsse gefasst haben. Wir werden jetzt
Möglichkeiten entwickeln, die Stellenausschreibung und
Stellenbesetzung so durchzuführen, dass die Unabhän-
gigkeit des Rates gestärkt wird.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Der Kollege Kauch
at seine Motivation, eine solche Stelle einrichten zu las-
en, auch damit begründet, dass es wissenschaftliche und
ethodische Mängel in den Gutachten des SRU gegeben
abe. Sind Ihnen, Ihrem Hause oder der Bundesregie-
ng solche methodischen und wissenschaftlichen Män-
el bekannt?
Ur
Nein, uns liegen darüber keine Erkenntnisse vor.
Dann kommen wir zur Frage 23 der Kollegin Steiner:
Ist die Bundesregierung der Meinung, dass die Einrich-
tung einer mit B 4 dotierten Stelle beim SRU angemessen und
erforderlich ist?
17730 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
)
)
Ur
Kollegin Steiner, die Entscheidung über eine Direkto-
renstelle in der Geschäftsstelle des Sachverständigen-
rates für Umweltfragen erfolgte im Rahmen der parla-
mentarischen Beratung des Haushalts 2012, wie ich
vorhin schon ausgeführt habe. Zur Begründung seitens
der Befürworter aus dem parlamentarischen Raum ver-
weist die Bundesregierung auf die Begründung zum Än-
derungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und FDP zum
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Unterstützung
der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung
weiterer dienstrechtlicher Vorschriften. Darin heißt es,
wenn ich es hier noch einmal ganz korrekt zitieren darf:
Um die internationale Zusammenarbeit und Vernet-
zung auszubauen sowie zur Stärkung der beraten-
den Funktion des Sachverständigenrates gegenüber
dem Deutschen Bundestag und seinen Gremien
wird das Amt eines Direktors beim Sachverständi-
genrat für Umweltfragen geschaffen.
Sie haben eine Nachfrage? – Bitte schön.
Frau Staatssekretärin, wir haben Ihrer Antwort vorhin
entnommen, dass Sie eigentlich gar keine Defizite bei
der Arbeit des Sachverständigenrates in Bezug auf die
angesprochene Richtung sehen. Sie haben sich auch ge-
wundert, dass man plötzlich – wenn es schon einmal
eine neue Stelle gibt – so vehement über ihre Notwen-
digkeit diskutiert.
Zusätzlich ist nach der hohen Dotierung bestimmter
Stellen beim Sachverständigenrat zu fragen. Beim SRU
sind 24 Personen tätig. Um eine Vergleichbarkeit herzu-
stellen: Ebenfalls nach B 4 bezahlt wird der Präsident
der Bundespolizeiakademie, der für 2 882 Mitarbeiter
verantwortlich ist, oder der Leitende Direktor des Mari-
nearsenals, der für 1 828 Mitarbeiter Verantwortung
trägt. Ist es angesichts dessen gerechtfertigt, beim SRU
eine B-4-Stelle mit einer so vage definierten Aufgaben-
beschreibung einzurichten?
Ur
Kollegin Steiner, Referatsleiter erhalten bei uns im
Hause und auch in den anderen Bundesministerien unter
Umständen eine Besoldung nach B 3, und das, obwohl
sie für erheblich weniger Mitarbeiter Verantwortung tra-
gen als der Inhaber der B-4-Stelle im Sachverständigen-
rat. Ich gebe diese Frage an die Parlamentarier weiter
und bitte darum, im Ausschuss zu klären, warum es sich
um eine B-4-Stelle handelt.
Frau Steiner, eine zweite Nachfrage.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
)
Frau Staatssekretärin, können Sie ausschließen, dass
es innerhalb der schwarz-gelben Koalition Überlegun-
gen gegeben hat, den Sachverständigenrat für Umwelt-
fragen abzuschaffen, und dass man sich als mögliche Al-
ternative darauf verständigt hat, durch die Schaffung
einer solchen Stelle eine Art Gängelung dieses Gre-
miums vorzunehmen?
Ur
Mir persönlich ist das nicht bekannt; das muss ich sa-
gen, Kollege Schwabe. Das Bundesumweltministerium
und der Bundesumweltminister stehen für die Unabhän-
gigkeit der Arbeit dieses Sachverständigenrates, den wir,
wie wir gerade am heutigen Tag am Beispiel Nanotech-
nologie gesehen haben, für unsere Regierungsarbeit
dringend benötigen.
Frau Höhn.
Frau Staatssekretärin, wer ist für die wissenschaftli-
che Qualität der SRU-Gutachten verantwortlich? Sind
das die Mitglieder des Rates, oder ist das die Geschäfts-
stelle?
Ur
Es sind natürlich in erster Linie die Mitglieder des
Sachverständigenrates. Sie werden seitens der Ge-
schäftsstelle durch wissenschaftliche Mitarbeiter unter-
stützt. Es gibt auch Verwaltungsmitarbeiter in der Ge-
schäftsstelle. Die Mitglieder des Sachverständigenrates
haben Mitarbeiter, die halbtags beschäftigt sind. Der
Vorsitzende hat einen wissenschaftlichen Mitarbeiter,
der ganztags für ihn arbeitet. Aber die Verantwortung
tragen selbstverständlich in allererster Linie die Mitglie-
der des Sachverständigenrates selbst.
Frau Kollegin Nestle.
Frau Staatssekretärin, Sie betonen sehr, wie wichtig
es dem Bundesumweltminister und dem Bundesumwelt-
ministerium ist, die Unabhängigkeit des Sachverständi-
genrates zu wahren. Inwiefern haben Sie dafür die Rü-
ckendeckung der anderen Mitglieder der Regierung? Da
es ein so wichtiger Themenbereich ist, haben Sie da si-
cherlich schon eine gemeinsame Absprache getroffen.
Ur
Es bedarf insofern keiner Absprache, als der Sachver-
ständigenrat organisatorisch uns zugeordnet ist und ex-
plizit unsere Beratungen unabhängig begleitet.
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Ich kann Ihnen dazu keine Stellungnahme abgeben.
Sie müssten die Frage bitte an die Kolleginnen und Kol-
legen richten, die einer definitiv anderen Überzeugung
waren und deshalb auch für die Schaffung dieser Stelle
plädiert haben.
Schriftlich beantwortet werden die Fragen 24 und 25
der Kollegin Kotting-Uhl sowie die Fragen 26 und 27
des Kollegen Fell.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Bildung und Forschung.
Die Frage 28 der Kollegin Crone, die Fragen 29
und 30 des Kollegen Gerdes sowie die Fragen 31 und 32
des Kollegen Hagemann werden ebenfalls schriftlich be-
antwortet.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Peter
Hintze steht als Staatssekretär zur Beantwortung der Fra-
gen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 33 des Kollegen Oliver Krischer
auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Richtlinie der EU
bezüglich des Förderprogramms für fossile Kraftwerke und
der damit verbundenen Auflage, dass neue Kraftwerke mit
15 Prozent der Investitionssumme nur gefördert werden,
wenn die Kraftwerke vor dem Jahr 2020 die CCS-Technik
einsetzen, über die in den vergangenen Tagen in der Presse
berichtet wurde, und sieht sie unter diesen Gegebenheiten
überhaupt eine Möglichkeit, ihr angekündigtes Förderpro-
gramm für fossile Kraftwerke aufzulegen?
P
Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Krischer, bis-
lang hat die Europäische Kommission keinen Entwurf
für Beihilfeleitlinien – es geht also nicht um eine Richtli-
nie; das nur zu unserem gegenseitigen Verständnis – zu
der von ihr im Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem
Energie- und Klimapaket zugesagten Möglichkeit der
Förderung hocheffizienter Kraftwerke in den Jahren
2013 bis 2016 vorgelegt.
Die in der Presse bislang bekannt gewordenen infor-
mellen Überlegungen der Europäischen Kommission
sind sehr restriktiv ausgestaltet. Insbesondere sind die
Anforderungen an die CCS-Fähigkeit der Anlagen sehr
hoch. Die Europäische Kommission wird nach eigenen
Aussagen noch im Dezember 2011 – also noch in diesem
Jahr – den Entwurf vorlegen. Dieser wird sodann mit
den Mitgliedstaaten erörtert.
Die Kommission wird im Anschluss über die konkre-
ten verbindlichen Regeln entscheiden. Die konkrete
Ausgestaltung des geplanten Kraftwerkförderprogramms
hängt dann von dieser Rechtsgrundlage ab.
Herr Krischer, eine Nachfrage?
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realisieren. Deswegen wollen wir im Verfahren errei-
chen – wenn uns der Entwurf vorliegt und wir uns offi-
ziell an die Kommission wenden können –, dass das
Ganze noch einmal überdacht wird, damit wir unser För-
derprogramm durchführen können. Für sehr effiziente
und flexible Kraftwerke wäre nach den jetzigen Überle-
gungen wahrscheinlich nur eine Förderung in Höhe von
5 Prozent möglich.
Frau Nestle.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen von der Förderung,
die von der Höhe der Investition für das jeweilige Kraft-
werk abhängig ist. Das würde bedeuten, dass pro Mega-
watt installierter Leistung ein Kohlekraftwerk eine deut-
lich höhere Förderung erhielte als ein Gaskraftwerk,
weil einfach die Investitionskosten in diesem Bereich
deutlich höher sind.
Finden Sie das richtig? Werden Sie daran festhalten,
ein Kohlekraftwerk pro Megawatt installierter Leistung
deutlich höher zu fördern als ein Gaskraftwerk? Ich
frage dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sie
gerade betont haben, dass Sie vor allem flexible Kraft-
werke fördern wollen. Es ist allgemein bekannt, dass
Gaskraftwerke deutlich flexibler sind als Kohlekraft-
werke.
P
Sie haben auf einige sachliche Zusammenhänge zu
Recht hingewiesen. Das Kraftwerksförderprogramm
liegt noch nicht vor und kann überhaupt erst dann auf
den Weg gebracht werden, wenn die Beihilfeleitlinien
vorliegen. Deswegen möchte ich jetzt nicht über ver-
schiedene Varianten spekulieren.
Sie haben mit Ihrer Frage insofern recht, als die Chan-
cen für eine Berücksichtigung der Gaskraftwerke bei den
Ausschreibungen sehr hoch sein dürften. Aber die
Grundlagen dafür gibt es jetzt noch nicht. Deswegen
kann ich die Frage nicht abschließend beantworten. Bei
den Gaskraftwerken stellt sich die gleiche Problematik:
Wenn die Förderrichtlinien zu restriktiv ausgelegt wer-
den, kann ihr Bau möglicherweise nur mit dem niedrigs-
ten Satz gefördert werden.
Herr Kollege Schwabe.
Herr Staatssekretär, interpretiere ich Sie jetzt richtig,
dass Sie vor dem Hintergrund der Informationen, die Sie
auf informellem Wege bekommen haben und nach denen
man restriktiv vorgehen will, eine Förderung von Gas-
kraftwerken als hochflexible Kraftwerke mit einem ge-
ringeren spezifischen CO2-Ausstoß für eher mit dem
vereinbar halten, was sich die Europäische Kommission
vorstellt? Kann man Sie so interpretieren?
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Einsatz von CCS vorausgesetzt werden. Das Mindeste,
was wir brauchen, um die erste Stufe, CCS-Readiness,
zu erreichen, ist ein CCS-Gesetz. Deswegen brauchen
wir ein solches Gesetz, unabhängig von der Frage, ob es,
was die CO2-Speicherung angeht, tatsächlich zum Bau
einer solchen Demonstrationsanlage kommt oder nicht.
Insofern beantworte ich Ihre Frage, ob wir unseren poli-
tischen Kurs trotz der Absage von Vattenfall beibehal-
ten, mit Ja.
Der Vermittlungsausschuss hat entschieden, dass wir
jetzt in einer Arbeitsgruppe miteinander darüber spre-
chen und die unterschiedlichen Positionen der Länder
und des Bundestages austauschen. Der Versuch einer Ei-
nigung wird gemacht; aber die eindeutige Haltung der
Bundesregierung ist, dass wir ein solches CCS-Gesetz
brauchen; das gilt auch im Hinblick auf die Gaskraft-
werke, die der Kollege in der eben behandelten Frage
angesprochen hat.
Haben Sie eine zweite Nachfrage, Herr Krischer? –
Bitte.
Die Tatsache, dass Sie bei Ihrer Haltung bleiben, ist
im Hinblick auf das Vermittlungsverfahren natürlich ein
großes Problem; denn das führt zu keinem Ergebnis.
Mich würde interessieren: In welchen Bereichen des
CCS-Gesetzes, das zwar vom Bundestag beschlossen
wurde, dem aber die Mehrheit des Bundesrates nicht zu-
gestimmt hat, sehen Sie Bewegungsspielräume, um zu
einer Einigung mit den Vertretern der Länder im Ver-
mittlungsausschuss und in der Arbeitsgruppe zu kom-
men?
P
Den Spielraum sehe ich in der Kraft der Vernunft, die
ich allen politischen Kräften zuspreche;
an dieser Hoffnung halte ich jedenfalls fest.
Es gibt zwei wichtige Gründe für das CCS-Gesetz.
Der erste Grund ist, dass es bereits ein Vertragsverlet-
zungsverfahren wegen Nichtumsetzung der Richtlinie
gibt. Der zweite Grund ist: Wir wollen gemeinsam errei-
chen – das gilt zumindest im Hinblick auf die Gaskraft-
werke für sehr viele in diesem Hause –, dass wir ein sol-
ches Kraftwerksförderprogramm auflegen können, um
hier die Energiewende zu gestalten. Dieses Programm
würde gerade den Vorrang für die Stadtwerke und die
kleinen Betreiber sicherstellen und damit die Stärkung
des Wettbewerbs ermöglichen. Aber das setzt ein CCS-
Gesetz voraus.
Wenn man die beiden Dinge betrachtet – das Ver-
tragsverletzungsverfahren, das gegen Deutschland läuft,
und das Kraftwerksförderprogramm –, stellt man fest,
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Herr Kollege Hintze, Sie sind zwar nicht der Kollege
tto – wie auf der Medienwand angekündigt –, aber Sie
ind sehr sachkundig. Deshalb reicht mir das, was Sie
usgeführt haben, noch lange nicht. Deswegen noch ein-
al nachgefragt: In welcher Form wollen Sie versuchen,
in CCS-Gesetz in Deutschland durchzubringen? Kann
s nicht doch sein, dass Sie sich verrannt haben, in eine
ackgasse geraten sind und nun einfach abspecken müs-
en, indem Sie ein Gesetz, das nur für Forschungsange-
genheiten gültig wäre, anvisieren?
P
Frau Präsidentin, ich sehe, dass der Name des Red-
ers an der Medienwand nun geändert worden ist. Schö-
en Dank.
Die Verwechslung ist sicherlich nicht absichtlich ge-
esen. Wir sehen es ja auch.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011 17735
)
)
P
Es ist auch eigentlich nicht möglich.
Verehrter Herr Kollege Dr. Ott, wenn Sie einen Blick
in die Richtlinie werfen, die Grundlage für unser Gesetz
ist, dann stellen Sie fest, dass die Richtlinie zwar einen
völligen Ausschluss von CCS erlaubt, aber sie erlaubt
ausdrücklich kein Gesetz, das nur auf die Forschung be-
zogen ist. Dafür gibt es eigene Vorschriften. Wir haben
in Deutschland bereits eine Forschungsanlage, das heißt,
wir könnten es ganz ausschließen, aber dann würden wir
auch alles andere ausschließen, was ich eben angespro-
chen habe. Ich weiß nicht, ob Sie das wollen. Die Bun-
desregierung möchte jedenfalls die flexiblen und hoch-
effizienten Kraftwerke fördern, und dazu brauchen wir
ein CCS-Gesetz. Wir suchen einen Weg – ich weiß nicht,
ob Sie zustimmen können, aber viele andere sollen dann
zustimmen können –, die Vorgaben der Richtlinie einzu-
halten. Ich habe die Hoffnung, dass uns das gelingt.
Frau Kollegin Steiner.
Herr
Können
Sie definitiv ausschließen, dass Sie Kohlekraftwerke
stärker fördern als Gaskraftwerke?
P
Da das Förderprogramm noch nicht vorliegt – wir ha-
ben nur die Beihilferichtlinie –, kann ich weder etwas
ein- noch etwas ausschließen. Es kommt auch nicht da-
rauf an, sich auf tausend theoretische Formen zu bezie-
hen. Wenn Sie sich das Kraftwerksförderprogramm und
die leitenden Ideen betrachten, stellen Sie fest, dass es
ausgeschrieben werden muss, es muss Flexibilität haben,
das heißt, es muss schnell hoch- und wieder runterfahren
können. All das muss gewährleistet sein. Am Ende des
Tages werden wir wahrscheinlich zu keinem unter-
schiedlichen Urteil kommen, wenn es darum geht, wer
durch das Kraftwerksförderprogramm gefördert wird.
Das Kraftwerksförderprogramm ist technologieoffen an-
gelegt. Mehr kann ich Ihnen zum heutigen Zeitpunkt
schlicht nicht sagen, weil es das Programm noch gar
nicht gibt.
Nein, Sie haben keine zweite Frage.
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Ja, danke. – Sie haben mal wieder die Frage nicht be-
ntwortet, jedenfalls den zweiten Teil nicht: Hat sich die
undesregierung in den Verhandlungen mit bzw. über
riechenland, an denen sie auch beteiligt war, dafür ein-
esetzt oder darum bemüht, dass Griechenland im Rah-
en der Sparauflagen, die Griechenland gemacht wor-
en sind und wo penibelst – durch immer neue
ntersuchungen und Kommissionen – darauf geachtet
ird, dass sie auch eingehalten werden, gerade bei Rüs-
ngsimporten aus Deutschland und anderen europäi-
chen Ländern spart, das heißt, keine Rüstungsgüter
ehr einführt, weil es kein Geld dafür hat? Mindestens
eshalb.
17736 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
)
)
P
Die sicherheitspolitischen Entscheidungen Griechen-
lands liegen in der autonomen Entscheidung der griechi-
schen Regierung. Mir ist nicht bekannt, dass im Zusam-
menhang mit den entsprechenden Beratungen auf
diesem speziellen Sektor eine im Sinne Ihrer Frage lie-
gende Vereinbarung getroffen wurde.
Sie haben das Wort zu Ihrer zweiten Nachfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben die Fragen wieder nicht
beantwortet.
P
Doch.
Hat sich die Bundesregierung bemüht, dass die grie-
chische Regierung veranlasst wird – wie und wo auch
immer –, Rüstungsimporte aus Deutschland und anderen
europäischen Staaten – jedenfalls solange Griechenland
sparen muss – nicht mehr durchzuführen? Das kann man
doch – ganz einfach – mit Ja oder Nein beantworten.
P
Ganz so einfach ist es nicht. Ich habe ausgeführt, dass
sich die Sparanstrengungen auf den gesamten griechi-
schen Haushalt beziehen. Mir ist nicht bekannt, dass es
eine Bemühung speziell zu dem von Ihnen angesproche-
nen Sektor gibt. Das hatte ich eben schon ausgeführt,
aber ich sage es gerne noch einmal.
Dann sind wir bei Frage 36 des Kollegen Weinberg,
die schriftlich beantwortet wird.
Das gilt ebenso für die Fragen 37 und 38 des Kolle-
gen Koenigs, die schon den Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amtes betreffen, sowie für die Fragen 39 und
40 des Kollegen van Aken.
Wir kommen zur Frage 41 des Kollegen Paul Schäfer:
Aus welchen Gründen ist die Bundesregierung bzw. das
Auswärtige Amt, wie im Rüstungsexportbericht 2010 ange-
führt, zu der Auffassung gelangt, dass der Export von „Flug-
körper(n) und Teile(n) für Minenräumsysteme, Flugkörper(n),
Torpedos“ und „Kommunikationsausrüstung“ nach Pakistan
vereinbar ist mit dem Kriterium 4 des Gemeinsamen Stand-
punktes des EU-Rates betreffend gemeinsame Regeln für die
Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgü-
tern?
Zur Beantwortung steht die Staatssekretärin Cornelia
Pieper bereit.
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sprechende Vereinbarungen, dass diese Waffen nicht ein-
gesetzt werden dürfen?
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Erstens. Wir gehen, wie ich schon sagte, nicht von ei-
ner Eskalation zwischen Pakistan und Indien aus, son-
dern eher von einer Deeskalation. Ich bitte Sie zweitens,
zur Kenntnis zu nehmen, dass Deutschland eine verant-
wortungsvolle Rüstungsexportpolitik betreibt und sich
natürlich an die festgelegten internationalen Kriterien
hält.
Wir kommen zur Frage 42 des Kollegen Schäfer:
Welche Hindernisse sieht das Auswärtige Amt für die
Durchführung von Endverbleibskontrollen für aus Deutsch-
land gelieferte Rüstungsgüter im Empfängerland durch Perso-
nal aus Deutschland?
C
Kollege Schäfer, die politischen Grundsätze der Bun-
desregierung für den Export von Kriegswaffen und sons-
tigen Rüstungsgütern vom 19. Januar 2000 sehen eine
Prüfung des Endverbleibs vor Genehmigungserteilung
vor. Durch die Ex-ante-Prüfung wird von vornherein ge-
sichert, dass Rüstungsgüter nicht an Empfänger geliefert
werden, bei denen die Gefahr besteht, dass die Güter
umgeleitet werden. Wenn Zweifel am gesicherten End-
verbleib beim Empfänger bestehen, werden Ausfuhran-
träge abgelehnt. Nur in wenigen Einzelfällen ist eine
Umleitung bekannt geworden.
Die Bundesregierung hält das derzeitige Verfahren
der Endverbleibskontrolle für ausreichend. Die Durch-
führung von Endverbleibskontrollen im Empfängerland
durch Amtspersonen aus Deutschland – ich bringe das
vor dem Hintergrund gemachter Erfahrungen zum Aus-
druck – sind aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt und
auch problematisch; so wären diese völkerrechtlich
überhaupt nur mit Zustimmung des Empfängerlandes
möglich.
Kollege Schäfer, eine Nachfrage? – Bitte.
Ob das derzeitige Verfahren der Endverbleibskon-
trolle wirklich so zuverlässig und wasserdicht ist, mag
man mit Blick auf immer wieder verbreitete Meldungen
über auftauchende deutsche Waffen in bestimmten Kri-
sengebieten bezweifeln. Das lasse ich jetzt aber erst ein-
mal. Ich habe gefragt:
Welche Hindernisse sieht das Auswärtige Amt für
die Durchführung von Endverbleibskontrollen …
im Empfängerland durch Personal aus Deutsch-
land?
Sie wissen wahrscheinlich, dass die USA dies prakti-
zieren. Die USA machen das über Botschaftsangehörige.
Es gibt sogar eine eigene Behörde dafür. Warum führt
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Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums des Innern. Die Frage 53 des Kollegen
Hofreiter, die Frage 54 der Kollegin Müller-Gemmeke
sowie die Fragen 55 und 56 der Kollegin Zimmermann
werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 57 des Kollegen Memet Kilic auf:
Hat die Bundesregierung Hinweise darauf, dass Beate
Zschäpe entweder Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt wäh-
rend ihres Untertauchens geheiratet hat, und wenn ja, ist der
Bundesregierung bekannt, wie die beiden Eheleute alle für die
Eheschließung notwendigen Dokumente beschafft haben?
Zur Beantwortung steht bereit der Kollege Staatsse-
kretär Schröder.
D
Herr Abgeordneter Kilic, ich beantworte Ihre Frage
wie folgt: Der Bundesregierung liegen keine Erkennt-
nisse über eine Heirat von Beate Zschäpe mit Uwe
Mundlos oder Uwe Böhnhardt vor.
Herr Kilic, eine Nachfrage?
Herr Staatssekretär, in der Sitzung des Innenausschus-
ses am 21. November 2011 hat sogar der Bundesinnen-
minister deutlich gemacht, dass einer der Getöteten des
Terrortrios einen gefälschten Ausweis, möglicherweise
einen gefälschten Pass, besaß. Das Bild des Terroristen
gelangte in einer Behörde in diesen Pass. Wissen Sie, bei
welcher Behörde das Bild des Terroristen in den Pass ge-
langte, der für eine andere Person beantragt war?
D
Es handelt sich hier um laufende Ermittlungsverfah-
ren. Zu dieser konkreten Frage kann ich Ihnen nichts sa-
gen.
Herr Kilic, eine weitere Nachfrage?
Wenn so etwas passiert ist – der Herr Innenminister
hat dies ja bestätigt –, muss ja gegen diese Behörde bzw.
gegen Angestellte dieser Behörde ermittelt werden. Wird
so eine Ermittlung durchgeführt? Ja oder nein?
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Ich kann Ihre Schlussfolgerung nicht nachvollziehen,
dass gegen eine Behörde ermittelt werden soll, die ge-
täuscht wurde.
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wie viele Verfassungsschützer in Schützenvereinen orga-
nisiert sind, muss ich sagen: Das ist ein Manko der Bun-
desregierung. Ist es nicht so?
D
Sie unterstellen, dass jeder, der Mitglied in einem
Schützenverein ist, offensichtlich nicht verfassungstreu
ist,
oder Sie unterstellen, dass die entsprechenden Personen
nicht beim Bundesamt für Verfassungsschutz arbeiten
sollten.
Diese Schlussfolgerungen können wir nicht teilen. Ent-
scheidend ist, dass die Mitarbeiter des Bundesamtes für
Verfassungsschutz verfassungstreu sind. Darauf werden
sie überprüft.
Frau Kollegin Pau.
Herr Staatssekretär, die Frage des Kollegen Kilic gibt
mir Gelegenheit, zu einem anderen Sachverhalt nachzu-
fragen. Ich frage also nicht nach Verfassungsschützern.
Sie haben in den letzten Tagen Anfragen von Kolle-
ginnen und Kollegen aus meiner Fraktion zum Thema
Legaler Waffenbesitz und zum Besitz einer entsprechen-
den Erlaubniskarte durch Rechtsextreme beantwortet.
Zugegebenermaßen: Mich überrascht nicht mehr viel in
diesem Bereich. Aber die Anzahl legaler Waffen, die
einschlägig bekannte Rechtsextreme, zum Teil sogar als
gewaltbereit bekannte Rechtsextreme, besitzen, zum
Beispiel im Bundesland Sachsen, hat mich doch über-
rascht. Deshalb meine Frage: Haben Sie Kenntnis davon,
dass Behörden des Bundes oder der Länder in den ver-
gangenen Jahren – auch auf der Grundlage der Verände-
rungen im Waffenrecht, die wir sowohl im Jahre 2003
als auch in den nachfolgenden Jahren vorgenommen ha-
ben – Hinweise zum Beispiel an Schützenvereine bzw.
Sportvereine gegeben haben, dass diejenigen, welche
eine solche Erlaubnis beantragt haben, nicht den Krite-
rien der Zuverlässigkeit nach § 5 des Waffengesetzes
entsprechen?
D
Für die Ausführung des Waffengesetzes sind die Län-
der zuständig. Die Behörden, die dafür zuständig sind,
müssen selbstverständlich die Zuverlässigkeit desjeni-
gen, der beantragt, eine Waffe führen zu dürfen, überprü-
fen. Hierfür sind Erkenntnisse darüber, ob jemand
beispielsweise Mitglied einer rechtsextremistischen Ver-
einigung ist, natürlich dringend notwendig.
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und Ungureanu gegen Rumänien“ (Nr. 46626/99),
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Zunächst einmal wird ja überprüft, welche genauen
Anforderungen aufgrund der neuesten Rechtsprechung,
aber auch aufgrund der Rechtsprechung des Europäi-
schen Gerichtshofs für Menschenrechte erforderlich
sind. Diese Anforderungsliste werden wir selbstver-
ständlich auch dem Bundestag zur Verfügung stellen.
Wir kommen zur Frage 60 der Kollegin Pau:
Welche Erkenntnisse wurden in der Datei „Rechtsextre-
mistische Kameradschaften“ erfasst, und aus welchen Grün-
den wurde die Datei 2010 gelöscht?
D
Eine Datei mit der nachgefragten Bezeichnung ist der
Bundesregierung nicht bekannt. Zum Zwecke einer opti-
mierten Aufklärung und Auswertung von Informationen
über neonazistische Gruppierungen, darunter auch Ka-
meradschaften, betreiben das Bundesamt für Verfas-
sungsschutz und die Verfassungsschutzbehörden der
Länder seit 2009 ein gemeinsames Auswertungsprojekt,
mit dem Ziel, die zunehmende Bedeutung des neonazis-
tischen Spektrums als treibende Kraft im Rechtsextremis-
mus einer verstärkten Aufklärung und Analyse zuzufüh-
ren. Die Ergebnisse werden seit 2010 in einer temporären
Arbeitsdatei zusammengefasst.
Frau Pau, eine Nachfrage.
Ich wüsste gerne: Erkenntnisse welcher Art werden in
dieser temporären Arbeitsdatei zusammengefasst, das
heißt, geht es nur um Kameradschaften oder auch um
weitere Gruppierungen? Geht es auch um Straftaten, bis
hin zu Gewalttaten, die aus diesen Gruppierungen heraus
begangen werden? Werden dort beispielsweise auch Er-
kenntnisse über Waffen und Sprengstoff erfasst?
D
In dieser Datei geht es insbesondere um Kamerad-
schaften, um informelle Gruppen und auch um soge-
nannte autonome Nationalisten sowie darum, inwieweit
sie sich organisieren und welche Rolle die Einzelnen
spielen. Hierbei werden die Informationen der Landes-
ämter und des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu-
sammengeführt, um ein entsprechendes Bild zu erhalten.
Frau Pau, Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte.
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Das ist nicht der Fall. Es ist lediglich die Frage, in
welcher Datei was abgespeichert wird. Die Frage, ob
vollstreckbare Haftbefehle abgespeichert sind, ist ja in
der Vergangenheit immer sehr strittig diskutiert worden
und wird natürlich auch bei der neuen Verbunddatei strit-
tig sein. Auf der einen Seite wird argumentiert, im Sinne
der Sicherheitsbehörden ist diese Information notwen-
dig. Auf der anderen Seite wird argumentiert, Haftbefehl
heißt noch lange nicht, dass gegen den Betreffenden et-
was aus dem Bereich Rechtsextremismus vorliegt. Des-
halb wird zum Teil eben die Auffassung vertreten, dass
diese Haftbefehle nicht eingestellt werden sollen.
Gut. Ich habe aber nicht nur nach Haftbefehlen ge-
fragt, sondern auch nach Personen, denen entsprechende
Dinge vorgeworfen werden, die jedoch aus dem Blick-
feld der Behörden verschwunden sind. Da stellt sich für
mich jetzt beispielsweise mit Blick auf die drei Herr-
schaften, über die wir zurzeit so intensiv reden und die
seit dem Jahre 2001 aus dem Blickfeld der Behörden
verschwunden sein sollen, noch einmal die Frage, ob ein
solches Verschwinden in den letzten Jahren nicht als be-
drohlich und nachforschenswert empfunden wurde.
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Selbstverständlich ist ein Haftbefehl, der nicht voll-
streckt werden kann, in vielen Fällen eine Bedrohung für
die Sicherheit. Deshalb sind natürlich auch die Sicher-
heitsbehörden daran interessiert. In der Polizeidatei
INPOL sind ja auch solche Dinge abgespeichert, aber
eben nicht in der Datei „Gewalttäter rechts“. Wir werden
jetzt überlegen, wie das bei der neuen Verbunddatei ge-
handhabt wird.
Herr Wunderlich, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen bei Ihrer ersten Ant-
wort von einem Abschiebehaftbefehl und neun Voll-
streckungshaftbefehlen. Das hat ja mit laufenden Ermitt-
lungen und Sich-den-Ermittlungen-Entziehen nichts zu
tun. Insofern war die Antwort auf die Frage etwas dane-
ben.
Aber wenn Sie jetzt schon mit den Landesbehörden in
Kontakt stehen, um zu ermitteln, wie viele Haftbefehle
denn erlassen werden, dann möchte ich Sie doch darum
bitten, dass in dem Kontext nicht nur festgestellt wird,
wie viele Haftbefehle in diesem Bereich erlassen worden
sind, sondern auch, wie viele vollstreckt worden sind,
um zu wissen, in wie vielen Fällen tatsächlich eine In-
haftierung erfolgte und die Haftbefehle nicht außer Voll-
zug gesetzt wurden.
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Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums der Justiz. Die Fragen 62 und 63 des
ollegen Lemme werden schriftlich beantwortet. Die
ragen 64 und 65 der Kollegin Hönlinger sind zurückge-
ogen worden.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums der Finanzen. Schriftlich beantwortet wer-
en ebenfalls die Fragen 66 und 67 des Kollegen Troost
owie die Fragen 68 und 69 der Kollegin Höll.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
riums für Arbeit und Soziales. Die Fragen 70 und 71
es Kollegen Priesmeier werden schriftlich beantwortet.
17742 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
(C)
(B)
Wir kommen zur Frage 72. Der Kollege Paula ist
nicht anwesend. Es wird verfahren, wie in der Geschäfts-
ordnung vorgesehen.
Die Frage 73 der Kollegin Tackmann wird schriftlich
beantwortet. Auch die Fragen 74 und 75 des Kollegen
Seifert und die Frage 76 der Kollegin Marks werden
schriftlich beantwortet.
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesord-
nung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 15. Dezember 2011,
9 Uhr, ein.
Genießen Sie den restlichen Abend und die gewonne-
nen Einsichten.
Die Sitzung ist geschlossen.