Protokoll:
17147

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 147

  • date_rangeDatum: 2. Dezember 2011

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:11 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/147Inhaltsverzeichnis Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: a) Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Monika Lazar, Ekin Deligöz, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gleichberech- tigte Teilhabe von Frauen in Führungs- positionen umsetzen (Drucksache 17/7953) . . . . . . . . . . . . . . . . b) – Zweite und dritte Beratung des von DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Yvonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17585 A 17586 D 17588 B 17589 D 17590 B 17592 A 17594 B 17596 C 17597 D 17599 A 17601 A 17602 C 17604 C 17605 D 17606 D Deutscher B Stenografisch 147. Sitz Berlin, Freitag, den 2. I n h a l Zusatztagesordnungspunkt 7: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zum Europäischen Rat am 9. Dezember 2011 in Brüssel . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c R 17567 B 17567 B 17571 D 17574 C 17576 D 17579 B 17581 B 17583 B 17584 A den Abgeordneten Renate Künast, Ekin Deligöz, Monika Lazar, weiteren Abgeordneten und der Fraktion undestag er Bericht ung Dezember 2011 t : BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten (Drucksache 17/3296) . . . . . . . . . . . . . – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 17/6527) . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Christel Humme, Caren Marks, Petra Crone, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Quotenre- gelung für Aufsichtsräte und Vor- stände gesetzlich festschreiben (Drucksachen 17/4683, 17/6527) . . . . . . . enate Künast (BÜNDNIS 90/ 17590 A 17590 A 17590 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17608 A II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Verbraucherinformation (Drucksache 17/7374) . . . . . . . . . . . . . . . . – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz (Drucksache 17/7993) . . . . . . . . . . . . . . . . Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: a) Antrag der Fraktion der SPD: Recht auf ein Guthabenkonto einführen – Konto- pfändungsschutz sichern (Drucksache 17/7823) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verbrau- cherrecht auf Basisgirokonto für jeder- mann gesetzlich verankern (Drucksache 17/7954) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . C D D C D N P S T a b M A M A T P U J T B R – – 17608 C 17609 D 17611 B 17611 B 17611 D 17613 D, 17616 A 17612 A 17612 A 17612 B 17618 A 17619 B 17620 D 17621 D 17622 B 17623 B 17624 D 17626 B 17627 B 17627 D 17628 B 17628 C 17628 C 17630 C aren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . aren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . icole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . onja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 35: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Neunter Be- richt der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärti- gen Beziehungen und in anderen Poli- tikbereichen (Drucksachen 17/2840, 17/3110 Nr. 2, 17/7941) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Hu- manitäre Hilfe zu der Unterrichtung: Menschenrechte und Demokratie in der Welt – Bericht über die Maßnahmen der EU – Juli 2008 bis Dezember 2009 – Ratsdok. 8363/10 – (Folgedokument) (Drucksachen 17/315 Nr. A.4, 17/4522) arina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . ichael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . nnette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . om Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . llrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 38: eschlussempfehlung und Bericht des echtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Harald Koch, Dr. Axel Troost, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite verbraucherge- recht deckeln zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 17631 C 17632 C 17633 D 17634 A 17634 B 17634 C 17635 C 17636 C 17638 A 17638 A 17638 B 17639 B 17640 C 17642 A 17643 A 17643 D 17644 D 17646 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 III Verbraucherinnen und Verbraucher vor überhöhten Überziehungszinsen schützen (Drucksachen 17/2913, 17/3059, 17/3586) . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . – Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben (Tagesordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . .17648 A 17648 A 17657 B Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sibylle Laurischk (FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten (Tagesordnungspunkt 34) . . . . Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den nament- lichen Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zur geschlechter- gerechten Besetzung von Aufsichtsräten – Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben (Tagesordnungspunkt 34) Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Christine Aschenberg-Dugnus, Gudrun Kopp und Dr. Birgit Reinemund (alle FDP) zu den na- mentlichen Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zur geschlechter- gerechten Besetzung von Aufsichtsräten A E In K (W c – – (T A Z e s o n G M J D A F A Z g – – (T M K A A 17648 D 17649 C 17650 C 17651 B 17652 D 17653 A 17655 A 17656 B 17656 D 17656 D nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten grid Fischbach, Frank Heinrich, Ewa lamt, Katharina Landgraf und Sabine Weiss esel I) (alle) CDU/CSU) zu den namentli- hen Abstimmungen: Entwurf eines Gesetzes zur geschlechter- gerechten Besetzung von Aufsichtsräten Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben agesordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zum Entwurf ines Gesetzes zur Neuordnung der landwirt- chaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neu- rdnungsgesetz – LSV-NOG) (Tagesord- ungspunkt 37) itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . arlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . osip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . lexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zu den Anträ- en: Zinssätze für Dispositions- und Überzie- hungskredite verbrauchergerecht deckeln Verbraucherinnen und Verbraucher vor überhöhten Überziehungszinsen schützen agesordnungspunkt 38) arianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . erstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17657 D 17658 B 17659 C 17660 D 17662 B 17663 A 17664 A 17664 D 17665 B 17665 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17567 (A) ) )(B) 147. Sitz Berlin, Freitag, den 2. Beginn: 9.0
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    Anlage 6 Kollegin Kerstin Tack hat ihre Rede zu Protokoll ge- diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17653 Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse (A) (C)Berichtigungen 145. Sitzung, Seite 17279 A, zweiter Absatz, das Zitat ist wie folgt zu lesen: „In der Volksabstimmung zeigt sich ein erfreulicher Common sense, den öffentli- che Debatten in den letzten Jahren so oft vermissen lie- ßen. Das Ergebnis hat nicht nur aufgeräumt mit der Vorstellung einer allmächtigen Bürgerwut. Es entmysti- fiziert auch die überzogenen Befürchtungen und Be- schwörungen einer ,Dagegen‘-Republik, in der jeder und jede nur noch an den eigenen Vorgarten denkt. Die Ener- giewende wird schwierig; dass sie aber an den Wider- ständen doppelmoralischer Bürger scheitert, die keine Atomkraft wollen, aber den Netzausbau blockieren, ist sehr unwahrscheinlich. Die Bürger, das hat sich in Stutt- gart gezeigt, wollen mitreden, und sie lassen mit sich re- den.“ 146. Sitzung, Seite 17419 B, zweiter Absatz, dritter Satz ist wie folgt zu lesen: „Aber es sollte uns doch stutzig machen, dass es gerade die Separatisten, Präsi- dent Dodik und Herr Covic, sind, die die Auflösung des OHR fordern, und nicht die jungen Leute von der Initia- tive K 143.“ 146. Sitzung, Seite 17436 B, zweiter Absatz, dritter Satz ist wie folgt zu lesen: „Denn die Geschichte in den letzten zwölf Monaten hat gezeigt: Es gibt keinen Zwei- (D)(B) fel an der Seriosität, Wahrhaftigkeit und der Bereit- schaft, Verantwortung zu übernehmen, bei den beiden Personen, nämlich Generalinspekteur Schneiderhan und Staatssekretär Wichert, die er entlassen hat“. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17655 (A) ) )(B) Schaaf, Anton SPD 02.12.2011 Anlagen Hoff, Elke FDP 02.12.2011 Haustein, Heinz-Peter FDP 02.12.2011 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 02.12.2011 Katherina Remmers, Ingrid DIE LINKE 02.12.2011 Anlage 1 Liste der entschuldigte Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011* Beckmeyer, Uwe SPD 02.12.2011 Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011 Bockhahn, Steffen DIE LINKE 02.12.2011 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 02.12.2011 Brase, Willi SPD 02.12.2011 Bulling-Schröter, Eva DIE LINKE 02.12.2011 Burchardt, Ulla SPD 02.12.2011 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 02.12.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 02.12.2011 Dittrich, Heidrun DIE LINKE 02.12.2011 Dyckmans, Mechthild FDP 02.12.2011 Edathy, Sebastian SPD 02.12.2011 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 02.12.2011 Freitag, Dagmar SPD 02.12.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 02.12.2011 Funk, Alexander CDU/CSU 02.12.2011 Gabriel, Sigmar SPD 02.12.2011 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 02.12.2011 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 02.12.2011 Goldmann, Hans- Michael FDP 02.12.2011 Granold, Ute CDU/CSU 02.12.2011 Hänsel, Heike DIE LINKE 02.12.2011 H D K D K K K D L M M M N D N N O P P R A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten öger, Inge DIE LINKE 02.12.2011 r. h. c. Kastner, Susanne SPD 02.12.2011 lein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011 r. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 02.12.2011 ossendey, Thomas CDU/CSU 02.12.2011 rellmann, Jutta DIE LINKE 02.12.2011 urth (Quedlinburg), Undine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011 r. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 02.12.2011 indemann, Lars FDP 02.12.2011 alczak, Agnes BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011 öller, Kornelia DIE LINKE 02.12.2011 ovassat, Niema DIE LINKE 02.12.2011 estle, Ingrid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011 r. Neumann (Lausitz), Martin FDP 02.12.2011 ietan, Dietmar SPD 02.12.2011 ouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011 rtel, Holger SPD 02.12.2011 etermann, Jens DIE LINKE 02.12.2011 olenz, Ruprecht CDU/CSU 02.12.2011 eiche (Potsdam), CDU/CSU 02.12.2011 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 17656 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 (A) ) )(B) * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sibylle Laurischk (FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Be- setzung von Aufsichtsräten (Tagesordnungs- punkt 34) In Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ist der staatliche Auftrag zur Förderung der Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern verankert und auch die Aufga- benstellung, die Beseitigung bestehender Nachteile zu bewirken. Aus diesem Grund hat die christlich-liberale Koali- tion im Koalitionsvertrag die Zielsetzung von mehr Frauen in Führungspositionen verankert. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst soll maßgeblich erhöht werden. Um dies zu erreichen, ist eine Reihe von Maßnahmen not- wendig. Gerade für gut qualifizierte Frauen, die mit der Entscheidung, Kinder zu haben, regelmäßig einen Kar- riereknick erleben müssen, ist der Ausbau der verlässli- chen Kindertagesbetreuung unverzichtbar. W la s g n m c in V m p B q v in te g F fü n F s g is U A li z g Z g F n rä d u 1 s W li u „ Scheel, Christine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011 Schlecht, Michael DIE LINKE 02.12.2011 Dr. Schwanholz, Martin SPD 02.12.2011 Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 02.12.2011 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2011 Ulrich, Alexander DIE LINKE 02.12.2011 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 02.12.2011 Wanderwitz, Marko CDU/CSU 02.12.2011 Wegner, Kai CSU/CDU 02.12.2011 Werner, Katrin DIE LINKE 02.12.2011 Dr. Westerwelle, Guido FDP 02.12.2011 Widmann-Mauz, Annette CDU/CSU 02.12.2011 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 02.12.2011 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich (C (D Der Anteil von Frauen in Führungspositionen von irtschaft und Politik wird sich aber nur dann erhöhen ssen, wenn dies innerhalb der Unternehmen und politi- chen Führungsgremien gewollt ist. Dies wird nur dann eschehen, wenn klare Selbstverpflichtungen in Unter- ehmen und politischen Gremien diese Zielsetzung for- ulieren und anhand ihrer Umsetzung auch messbar ma- hen. Hier ist ein gesellschaftlicher Diskussionsprozess Gang zu setzen, dem sich gerade auch die männlichen erantwortungsträger in Wirtschaft und Politik stellen üssen. Als Liberale setze ich auf entsprechende Selbstver- flichtungen und lehne deshalb den Gesetzentwurf von ündnis 90/Die Grünen für eine verpflichtende Frauen- uote zum jetzigen Zeitpunkt ab. Ich halte jedoch eine erbindliche Selbstverpflichtung der Unternehmen auch Anbetracht des nach wie vor stagnierenden Frauenan- ils in Führungspositionen in der Wirtschaft für drin- end geboten. Eine gleichberechtigte Teilhabe von rauen in Führungspositionen wird letztendlich dazu hren, dass auch in allen anderen Aufgabenfeldern ei- es Unternehmens die gleichberechtigte Teilhabe von rauen umgesetzt wird. Dadurch bleibt unsere Gesell- chaft innovationsfähig und dem globalen Wettbewerb ewachsen. Die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft t für mich eine entscheidende Fragestellung bei der msetzung der Gleichstellung von Frauen. nlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentlichen Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zur geschlechterge- rechten Besetzung von Aufsichtsräten – Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Quo- tenregelung für Aufsichtsräte und Vor- stände gesetzlich festschreiben (Tagesordnungspunkt 34) Dorothee Bär (CDU/CSU): Die Zielsetzung der vor- egenden Oppositionsanträge begrüße ich. Wir sind der- eit damit befasst, in einem breiten und fraktionsüber- reifenden Bündnis Regelungen zu finden, die diesem iel am besten Rechnung tragen. Ich bin der Überzeu- ung, dass es für diese hochsensible gesellschaftliche rage eines breitestmöglichen Bündnisses bedarf. Der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- en zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichts- ten (Drucksachen 17/3296, 17/6527) und der Antrag er Fraktion der SPD „Quotenregelung für Aufsichtsräte nd Vorstände gesetzlich festschreiben“ (Drucksachen 7/4683, 17/6527) schaden zum jetzigen Zeitpunkt die- er Initiative und einer gemeinsamen Lösung, die von irtschaft und Gesellschaft akzeptiert und auch tatsäch- ch umgesetzt werden kann. Deswegen stimme ich gegen besagten Gesetzentwurf nd erwähnten Antrag. Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Das Ziel Mehr Frauen in Führunspositionen“ ist mir ein wichti- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17657 (A) ) )(B) ges Anliegen, das ich mit allem Nachdruck unterstütze. Der derzeitige Anteil von Frauen in leitenden Positionen in deutschen Unternehmen ist unzureichend – er spiegelt nicht wider, dass wir in Deutschland weitaus mehr her- vorragend qualifizierte Frauen haben. Enorme Poten- ziale werden so nicht gehoben. Das muss sich ändern. Auch wenn die Ursachen sicherlich vielschichtig sind, bleibt festzuhalten: Die bisherigen Bemühungen von Politik und Wirtschaft haben leider nicht den gewünsch- ten Erfolg gezeitigt. Um unseren verfassungsrechtlich in Art. 3 Abs. 2 GG festgeschriebenen Auftrag umzusetzen, sind wir derzeit damit befasst, in einem breiten und fraktionsübergreifen- den Bündnis Regelungen zu finden, die diesem Ziel am besten Rechnung tragen. Denn für das Ziel „Mehr Frauen in Führungspositionen“ ist nach meiner Überzeu- gung ein breiter Schulterschluss über Partei- und Frak- tionsgrenzen hinweg erforderlich. Ein solches Bündnis und die Erarbeitung einer tragfähigen Lösung lassen sich nicht übers Knie brechen und erfordern Zeit und Kon- zentration. Die von Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder konzipierte Flexiquote ist dabei ein wichtiges Element. Der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nen zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichts- räten (Drucksachen 17/3296, 17/6527) und der Antrag der Fraktion der SPD „Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben“ (Drucksachen 17/4683, 17/6527) schaden zum jetzigen Zeitpunkt die- ser Initiative und einer gemeinsamen Lösung, die von Wirtschaft und Gesellschaft akzeptiert und auch tatsäch- lich umgesetzt werden kann. Deswegen stimme ich gegen besagten Gesetzentwurf und erwähnten Antrag. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Christine Aschenberg-Dugnus, Gudrun Kopp und Dr. Birgit Reinemund (alle FDP) zu den na- mentlichen Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zur geschlechterge- rechten Besetzung von Aufsichtsräten – Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Quo- tenregelung für Aufsichtsräte und Vor- stände gesetzlich festschreiben (Tagesordnungspunkt 34) In den Hörsälen und Ausbildungsbetrieben leisten Frauen ebenso viel wie Männer. Trotz hervorragender Ausbildung erlangen Frauen aber nach wie vor zu selten – weder in Politik noch in der Wirtschaft – Führungspo- sitionen. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leis- ten, auf Kreativität, Intelligenz und Engagement einer Hälfte der Bevölkerung zu verzichten. Unter der Über- schrift „Mehr Frauen in Führungspositionen“ fordert deshalb die christlich-liberale Koalition im Koalitions- vertrag, den Anteil von Frauen in Führungspositionen in d z k D d u D s s s d ti S s s m je n ti h G te n Ü d v a m d re ru n w w n F fr F A m u (C (D er Wirtschaft und im öffentlichen Dienst „maßgeblich“ u erhöhen. Der Innovationsindikator 2011 der Deutschen Tele- om Stiftung, die von Bundesaußenminister a. D. r. Klaus Kinkel geleitet wird, kommt zu dem Ergebnis, ass Deutschland das Potenzial von Frauen in Forschung nd Innovation nur in sehr geringem Maß nutzt: „Von den insgesamt rund 450 000 Personen, die in eutschland im Bereich von Forschung und technologi- cher Entwicklung in Wirtschaft und Wissenschaft tätig ind, sind weniger als ein Viertel Frauen. … Das chlechte Abschneiden Deutschlands und die hohe Be- eutung des Themas sind Anlass genug, sich im Innova- onsindikator des kommenden Jahres im Rahmen einer chwerpunktuntersuchung mit diesen Fragen zu be- chäftigen. Erst dann können weiter differenzierte Aus- agen zur Rolle der Frauen im Innovationsprozess ge- acht werden. Für Deutschland steht allerdings bereits tzt fest: Es kann sich dieses unausgeschöpfte Potenzial icht länger leisten, wenn es auch weiterhin im Innova- onswettbewerb oben stehen will.“ Um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhö- en, ist ein Umdenken in unserer männerbestimmten esellschaft erforderlich. Dieses Umdenken muss im In- resse der gesamten Gesellschaft von Frauen und Män- ern geleistet werden. Gesetze können diese notwendige berzeugungsarbeit nicht leisten. Deswegen lehnen wir en Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen für eine erpflichtende Frauenquote sowie den Antrag der SPD b. Gleichzeitig fordern wir vonseiten der Unternehmen ehr Anstrengungen, in ihren Unternehmen eine Kultur er gleichberechtigten Beteiligung von Frauen zu initiie- n und auch zu leben und in der Folge Frauen Füh- ngspositionen anzuvertrauen. Gemischte Teams sind achweislich leistungsfähiger als Teams, in denen ent- eder nur Männer oder nur Frauen arbeiten. Wir befür- orten eine verbindliche Selbstverpflichtung der Unter- ehmen, einen Stufenplan zur Beteiligung von Frauen in ührungspositionen aufzustellen und durch familien- eundliche Rahmenbedingungen Frauen zu ermutigen, ührungspositionen anzustreben. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ingrid Fischbach, Frank Heinrich, Ewa Klamt, Katharina Landgraf und Sabine Weiss (Wesel I) (alle CDU/CSU) zu den namentlichen Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zur geschlechterge- rechten Besetzung von Aufsichtsräten – Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Quo- tenregelung für Aufsichtsräte und Vor- stände gesetzlich festschreiben (Tagesordnungspunkt 34) Das Ziel „Mehr Frauen in Führungspositionen“ ist ir ein wichtiges Anliegen, das ich intensiv unterstütze nd für das ich mich seit langem einsetze. 17658 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 (A) ) )(B) Wir sind derzeit damit befasst, in einem breiten und fraktionsübergreifenden Bündnis Regelungen zu finden, die diesem Ziel am besten Rechnung tragen. Denn für das Ziel „Mehr Frauen in Führungspositionen“ ist nach meiner Überzeugung ein breiter Schulterschluss über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg erforderlich. Ein solches Bündnis und die Erarbeitung einer tragfähigen Lösung lassen sich nicht übers Knie brechen und erfor- dern Zeit und Konzentration. Die von Bundesfamilien- ministerin Dr. Kristina Schröder MdB konzipierte Flexi- quote ist dabei ein wichtiges Element. Der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nen zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichts- räten (Drucksachen 17/3296, 17/6527) und der Antrag der Fraktion der SPD „Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben“ (Drucksachen 17/4683, 17/6527) schaden zum jetzigen Zeitpunkt die- ser Initiative und einer gemeinsamen Lösung, die von Wirtschaft und Gesellschaft akzeptiert und auch tatsäch- lich umgesetzt werden kann. Deswegen stimme ich gegen besagten Gesetzentwurf und erwähnten Antrag. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz – LSV-NOG) (Tages- ordnungspunkt 37) Gitta Connemann (CDU/CSU): Die landwirtschaft- liche Sozialversicherung, über die wir heute debattieren, bedeutet soziale Sicherheit für die Menschen im ländli- chen Raum. Sie ist das berufsständische Sicherungssys- tem, das unsere Land- und Forstwirte, unsere Gärtner und ihre Familien gegen Unfall, Krankheit, Gebrechen und Alter absichert. Die landwirtschaftliche Sozialversi- cherung hat sich in der Vergangenheit hervorragend be- währt. Zugleich konnte ein rasanter Strukturwandel so- zial abgefedert werden – bislang; denn die Heraus- forderungen werden größer. Mit Ausnahme des Garten- baus nimmt die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von Jahr zu Jahr ab. Die Zahl der versicherten Beitrags- zahler wird geringer, und die Zahl der Empfänger steigt überproportional. Dies sei an nur einer Zahl deutlich ge- macht: Derzeit zahlen rund 257 000 Personen Beiträge zur Alterssicherung der Landwirte. Demgegenüber er- halten rund 618 000 Rentner Leistungen. Damit wächst die Kostenbelastung der aktiv wirtschaftenden Land- wirte – und die Sorge. Denn gerade die Sicherheit der Versorgung im Alter ist für unsere Bäuerinnen und Bau- ern, die Altenteiler ein hochsensibles Thema, das mit Ängsten verbunden ist. Darauf reagierten wir im Jahre 2007 mit dem Gesetz zur Modernisierung des Rechts der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, dem LSVMG. Unser Ziel war es, die landwirtschaftliche Sozialversicherung zukunftsfest zu machen und stabile Beiträge zu erreichen. Mit dem Ge- setz wurden organisatorische Änderungen in der land- w n la u im c te fu o b s 2 d S n m J 2 D d F re n S b s b d a c d s v c n B S M d d w O d R v d d li e L ü b z D s d s d (C (D irtschaftlichen Sozialversicherung durchgeführt, Maß- ahmen zur innerlandwirtschaftlichen Solidarität in der ndwirtschaftlichen Unfallversicherung vorgegeben nd dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz angepasst. Auch Leistungs- und Beitragsbereich der landwirtschaftli- hen Unfallversicherung kam es zu Änderungen. Zahlreiche Aufgaben werden seitdem zentral bearbei- t wie zum Beispiel die Krankenhausabrechnungsprü- ng an drei Standorten, das Rechenzentrum in Kassel der die Regressbearbeitung. Als Äquivalent für die Bei- ehaltung der Eigenständigkeit der regionalen landwirt- chaftlichen Berufsgenossenschaften wurde im Jahre 010 ein Lastenausgleich eingeführt, der seine vollstän- ige Wirkung allerdings erst im Jahr 2015 entfaltet hätte. trukturell benachteiligte landwirtschaftliche Berufsge- ossenschaften, die hohe Kosten für Altrenten tragen üssen, sollten so entlastet werden. Der Gesetzgeber formulierte die Erwartung, bis zum ahre 2014 die Verwaltungs- und Verfahrenskosten um 0 Prozent auf der Basis des Jahres 2004 zu reduzieren. ie landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften wur- en verpflichtet, ihre Beitragsmaßstäbe bei regionaler estsetzung flächendeckend am Unfallrisiko zu orientie- n. Auf meine Bitte gab das Bundesministerium für Er- ährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im ommer letzten Jahres einen Zwischenbericht über das isher Erreichte. Auch dieser konstatierte: Es hat sich eit 2007 sehr viel getan. Dazu haben viele beigetragen. Besonders hervorzuhe- en sind aus meiner Sicht die ehrenamtlichen Vertreter er Selbstverwaltung und die Mitarbeiterinnen und Mit- rbeiter der jeweiligen landwirtschaftlichen Sozialversi- herung. Gerade die Letzteren mussten nicht nur vor Ort ie Änderungen vollziehen, sondern diese auch den Ver- icherten erklären, und das war nicht immer leicht. Da- on wissen aktuell die Mitarbeiter der Landwirtschaftli- hen Sozialversicherung Mittel- und Ostdeutschland ach der diesjährigen Umstellung auf risikoorientierte eiträge ein Lied zu singen. Mein Dank gilt an dieser telle ausdrücklich Ihnen, liebe Mitarbeiterinnen und itarbeiter bei den Trägern in ganz Deutschland. In dem amaligen Gesetz hatten wir auch eine Evaluation für as Jahr 2014 angekündigt. Der Bericht über die Aus- irkungen des LSVMG sollte als Grundlage für weitere rganisationsveränderungen dienen. Nach dem Willen er Politik wäre es also vor 2014 wohl nicht zu neuen eformüberlegungen für die landwirtschaftliche Sozial- ersicherung gekommen. Dennoch diskutieren wir diese jetzt – auf Initiative es Berufsstandes. Denn der aktuellen Diskussion über ie kurzfristige Errichtung eines LSV-Bundesträgers egt ein Beschluss des Präsidiums des Deutschen Bau- rnverbandes vom 12. Oktober 2010 zugrunde: „Der SV-Spitzenverband wird aufgefordert, ein Gutachten ber die Machbarkeit und mögliche Ausgestaltung eines undesweit einheitlichen Beitragsmaßstabes in Auftrag u geben. Ziel muss es sein, dass identische Betriebe in eutschland einen gleich hohen Beitrag zur Landwirt- chaftlichen Unfallversicherung entrichten.“ Dies war er Beginn eines Prozesses, der insbesondere im Berufs- tand sehr strittig geführt wurde. Auf der Ebene der Bun- espolitik haben wir diesen Prozess begleitet. Wir haben Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17659 (A) ) )(B) auf Risiken hingewiesen. So hatte der Bundesrechnungs- hof noch im September 2010 in seinem Bericht über die Prüfung der freiwilligen Vereinigungen von gesetzlichen Krankenkassen darauf hingewiesen, dass Fusionen in den meisten Fällen nicht zu den erhofften Synergieeffek- ten und zur Senkung der Personal- und Verwaltungskos- ten geführt habe. Wir haben aber auch die Chancen deut- lich gemacht und mit der angekündigten zusätzlichen Bereitstellung von insgesamt 100 Millionen Euro ein Si- gnal gesetzt, dass wir den Prozess unterstützen wollen. Denn im Zuge innerlandwirtschaftlicher Solidarität ist die Einführung eines bundeseinheitlichen Beitrags- maßstabes nachvollziehbar, vernünftig und gerecht. Es ist den Versicherten dauerhaft nicht zu erklären, weshalb ein Mutterkuhbetrieb oder ein Pferdehalter bei gleichem Risiko unterschiedlich zur Kasse gebeten werden – je nach Region, in der er lebt. Das gleiche Risiko muss dauerhaft auch mit gleichen Beiträgen versichert wer- den. Auch die weitere Optimierung des Systems der landwirtschaftlichen Sozialversicherung unter Kostenge- sichtspunkten ist unterstützenswert – und aus Sicht der Versicherten wünschenswert. Denn die Rechnung zahlen im Ergebnis die Landwirte, Forstwirte und Gartenbauer. Jeder Euro, den sie zusätzlich zahlen müssen, belastet sie, insbesondere wenn es um die Unterhaltung einer aufwendigen Struktur geht. Im Vergleich zur Organisa- tion der gewerblichen Unfallversicherung mit bundes- weit neun Trägern und bei Betrachtung der 156 gesetzli- chen Krankenkassen – ohne Betriebskrankenkassen –, erscheinen jeweils neun landwirtschaftliche Berufsge- nossenschaften und Krankenkassen überrepräsentiert. Wir müssen erkennen, dass sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft fortsetzen wird. Als Folge des konti- nuierlichen Rückgangs der Versichertenzahlen wird es daher zu einer Zentralisierung der LSV kommen müs- sen. Die Frage war nur, wann. Der landwirtschaftliche Berufsstand gab uns dann nach längerer interner Diskus- sion das einstimmige Signal: Politik, handle jetzt! Auch die Länder signalisierten in vielen Vorgesprächen, dass sie diesen Weg unter bestimmten Voraussetzungen mit- gehen würden. Im Einvernehmen mit Landvölkern und der Landespolitik wurde ein konsensuales Modell entwi- ckelt. Es soll im kommenden Jahr ein Bundesträger ent- stehen. Der Zeitraum der nächsten Wahlperiode der Selbstverwaltung bis zum Jahr 2017 soll genutzt werden, gemeinsame Beitragsmaßstäbe zu schaffen und die Ver- waltungskosten zu konsolidieren. Das Bundeskabinett beschloss im November 2011 einen entsprechenden Ge- setzentwurf. Jetzt diskutieren wir über die Details. Insoweit gibt es durchaus berechtigte Kritik und be- gründete Forderungen. An dieser Stelle erwähne ich bei- spielhaft nur die Einwände der Personalvertreter. Ich ap- pelliere an uns alle, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem jetzt eingeschlagenen Weg mitzunehmen. Wir dürfen die Reform nicht gegen sie, sondern nur mit ihnen machen. Und ich nenne den Gartenbau. Die Situation dort unterscheidet sich erheblich von der in der übrigen Land- und Forstwirtschaft. Dies gilt nicht nur für den Kreis der Versicherten, sondern auch für die Zahl der versicherten Unternehmen. Es gibt einen bundeseinheitlichen Träger sowie einen bundesweit einheitlichen Beitragsmaßstab. A Z g d F m h n d s s b a e P v a V e le s h z s a e n w V li K ru S e o n v p R ru tr a D A u w d d P tr d g s to m (C (D ngesichts der zu erwartenden erheblichen finanziellen usatzlast, die sich zwingend auf die Beiträge niederschla- en muss, wird diese Einbeziehung abgelehnt. Ich kann ies persönlich nachvollziehen. Deshalb werden wir ihre orderungen und Einwände ebenfalls genau prüfen. Es gibt also durchaus noch Klärungs- und Abstim- ungsbedarf. Die Betroffenen müssen die Möglichkeit aben, sich zu äußern. Deshalb ist es auch gut und ver- ünftig, im Januar 2012 eine Anhörung zu dem Gesetz urchzuführen. Denn so können offene Fragen, auch trittige Punkte erörtert werden. Wir setzen auf den kon- truktiven Dialog mit unserem Berufsstand, seinen Ver- änden, den Sozialversicherungsträgern und ihren Mit- rbeitern. Für die CDU/CSU-Fraktion erkläre ich aber ines: Grundsätzlich stehen alle Maßnahmen unter der rämisse, das System der landwirtschaftlichen Sozial- ersicherung auf Dauer zu erhalten. Ein eigenständiges grarsoziales Sicherungssystem bietet nicht nur viele orteile. Die landwirtschaftliche Sozialversicherung ist in Erfolgsmodell. Deshalb bedaure ich auch die aktuel- n Äußerungen aus der SPD-Fraktion, die die Eigen- tändigkeit der landwirtschaftlichen Sozialversicherung interfragt. Dies ist sicherlich das falsche Signal – nicht ur jetzigen Zeit. Das ist mit der Union nicht zu machen. Marlene Mortler (CDU/CSU): Das neue landwirt- chaftliche Sozialversicherungssystem nimmt Gestalt n. Aus zurzeit noch neun Trägern dieses Systems wird in schlagkräftiger Bundesträger geformt, der zum Ja- uar 2013 seine Tätigkeit aufnehmen soll. Versicherten ird ab dann das Leistungsangebot aus einer Hand zur erfügung gestellt; gebündelt werden die landwirtschaft- che Alterskasse, Unfallkasse, die landwirtschaftliche rankenkasse, Pflegekasse sowie die Sozialversiche- ng für den Gartenbau. Der Bundesträger wird als elbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechts rrichtet und ist zweistufig aufgebaut: Die Bundesebene der die Hauptverwaltung wird zentrale Aufgaben wahr- ehmen, und die regionalen Geschäftsstellen werden ersichertenorientierte Leistungen erbringen. Wirklich ositiv hervorzuheben ist, dass die Diskussion über eine eform des Sozialversicherungssystems aus dem Be- fsstand selbst heraus an die Politik getragen wurde. Der Strukturwandel innerhalb der Landwirtschaft ägt dazu bei, dass der Kreis der Versicherten und vor llem der Kreis der Leistungsträger immer kleiner wird. avor kann eine berufsständige Verwaltungsstruktur die ugen nicht verschließen. Dies ist frühzeitig erkannt nd akzeptiert worden. Ein fantastisches Produktivitäts- achstum innerhalb der Landwirtschaft seit Bestehen er Bundesrepublik Deutschland hat dazu beigetragen, ass die Anzahl der in der Landwirtschaft beschäftigten ersonen und die Anzahl der landwirtschaftlichen Be- iebe stark abgenommen hat. Dieses Produktivitätswachstum hat dazu beigetragen, ass sich Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkrie- es wirtschaftlich rasant entwickeln konnte. Auch heute tellt der landwirtschaftliche und der gesamte Agrarsek- r einen wirtschaftlichen Bereich dar, der sehr dyna- isch wächst und so zum Aufschwung in Deutschland 17660 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 (A) ) )(B) beiträgt. Daneben stabilisiert der Agrarsektor den ländli- chen Raum, schafft dort Arbeitsplätze, die in immer grö- ßerem Maße auch hoch qualifizierte Menschen anzie- hen. Deshalb konnten wir auch guten Gewissens den staat- lichen Zuwendungen in das landwirtschaftliche Sozial- versicherungssystem zustimmen, wie letzte Woche bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts geschehen. Wir können auch guten Gewissens und mit Nachdruck fordern, dass die für die Reform der landwirtschaftlichen Sozialversicherung zugesagten zusätzlichen Mittel in Höhe von 150 Millionen Euro zügig freigegeben wer- den, um sie den Beitragszahlern zugute kommen zu las- sen. Voraussetzung dafür ist, dass wir die Reform in die- sem Hohen Hause zügig verabschieden. Deshalb rufe ich auch Ihnen auf den Oppositionsbän- ken, und auch den Verhandlungsführern des Bundesrates zu: Stimmen Sie mit uns, ergreifen wir zusammen diese große Gelegenheit, ein wichtiges Sozialversicherungs- system zukunftsfest zu machen, und das sogar im weit- gehenden Konsens mit allen beteiligten Personengrup- pen. Wir von der christlich-liberalen Koalition haben von Beginn der Diskussion an Wert darauf gelegt, dass alle von einer Reform betroffenen Personengruppen in die Diskussion mit eingebunden waren. Betroffen sind ers- tens die Bauern und Bäuerinnen mit ihren Familien. Zweitens sind es die deutschen Gärtner, die in das bun- desweite Sozialversicherungssystem eingegliedert wer- den sollen. Dabei bin ich mir und sind wir uns bewusst, dass der Gartenbau Besonderheiten gegenüber der Land- wirtschaft aufweist, die zu berücksichtigen sind, beson- ders im Bereich der Unfallversicherung. Deshalb sind wir intensiv auf die Bedenken der Gärtner eingegangen. Bei der Zusammensetzung der 81-köpfigen Vertreterver- sammlung können die Gärtner mit insgesamt neun Ver- tretern alle Berufsgruppen des Gartenbaus angemessen repräsentieren. In den 27-köpfigen Vorstand können drei Vertreter des Gartenbaus einziehen. Zusätzlich wird un- ter anderem ein Beirat für die Belange des Gartenbaus eingerichtet, der ein Vorschlagsrecht bei Unfallverhü- tungsvorschriften haben wird, die ausschließlich auf Un- ternehmen des Gartenbaus anzuwenden sind. Die Vor- schläge dieses Beirates können nur mit einem Quorum von 60 Prozent der Stimmen der Selbstverwaltungsor- gane der Sozialversicherung zurückgewiesen werden. All dies gewährleistet, dass die spezifischen Bedenken des Gartenbaus nicht so ohne Weiteres von anderen Gruppierungen innerhalb des Systems beiseite geräumt oder überstimmt werden können. Die dritte von der Reform betroffene Gruppe stellt der Forst dar. So wird das neue System auch den trefflichen Namen „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ tragen. Allein schon die Namensgebung bringt zum Ausdruck, dass die Interessen der einzelnen Berufsgruppen in angemessenem Maße Berücksichti- gung finden werden. im te p fü d v G te a s B li n a d n 2 b F B li K ra s s G h tu v G z c d d tu z k R s s T d p d z a d fe (C (D Viertens müssen wir im Besonderen die Belange der bestehenden Sozialversicherungssystem Beschäftig- n berücksichtigen, um Brüche in persönlichen Lebens- lanungen zu vermeiden. Dies darf allerdings nicht dazu hren, dass die Effizienzziele, die mit der Errichtung es Bundesträgers einhergehen sollen, aus den Augen erloren werden. Ich finde, mit dem nun vorliegenden esetzentwurf ist es uns sehr gut gelungen, die gesteck- n Ziele zu erreichen: Zum einen bringt die christlich-liberale Koalition ein n den Anforderungen der Zukunft orientiertes landwirt- chaftliches Sozialversicherungssystem in Form eines undesträgers auf den Weg. Die Aufgabenverteilung ob- egt grundsätzlich der Selbstverwaltung, und das Orga- isationskonzept wird durch einen Errichtungsausschuss usgearbeitet. Des Weiteren unterstützen wir die Reform urch zusätzliche Finanzmittel in Höhe von 150 Millio- en Euro aus dem Bundeshaushalt, wobei davon im Jahr 012 75 Millionen Euro bereitgestellt werden sollen. Daneben wird gewährleistet, dass die Interessen der eteiligten Akteure, das sind die Landwirte, Gärtner, örster und Beschäftigte, insgesamt gewahrt werden. Abschließend möchte ich sagen, dass ich die vom undesrechnungshof geäußerte Kritik an dem nun vor- egenden Gesetzentwurf ausdrücklich nicht teile. Es ist Grundverständnis einer christlich-liberalen oalition, dass ein Selbstverwaltungssystem aus sich he- us entscheiden können muss, welche Organisations- trukturen und welche Satzung es wählt, wie es sein Per- onal an welchen Standorten rekrutiert. Wir als esetzgeber geben lediglich Leitplanken vor. Wir vertrauen dem und sind überzeugt von dem ho- en Sachverstand und der Intelligenz der an der Errich- ng des Bundesträgers beteiligten Akteure, das Sozial- ersicherungssystem für Landwirtschaft, Forsten und artenbau auf ein solides Fundament zu stellen. Josip Juratovic (SPD): Mit Ihrem Gesetzentwurf ur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftli- hen Sozialversicherung setzen Sie als Bundesregierung ie Reihe der Gesetzgebung fort, die im Hinblick auf en sich beschleunigenden landwirtschaftlichen Struk- rwandel und im Gesamtkontext der Reformen der so- ialen Sicherungssysteme steht. Es ist sicherlich allen lar, dass das agrarsoziale Sicherungssystem nicht von eformen ausgenommen werden kann. Die Frage stellt ich nur, wie man es denn macht. Es ist die Frage, inwieweit eine tatsächliche Bereit- chaft vorhanden ist, sich mit den Betroffenen an einen isch zu setzen und auch zuzuhören, welche Kritik es an em von Ihnen vorgelegten Entwurf gibt. Durch den lötzlich doch sehr eilig gezurrten Zeitplan macht es eher en Eindruck, als hielten Sie es mit der Devise „Augen u und durch“. Dem möchten wir uns als SPD-Fraktion usdrücklich widersetzen und fordern eine Anhörung, um en Anliegen der einzelnen Bereiche Gehör zu verschaf- n. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17661 (A) ) )(B) Uns reicht es im Gegensatz zu Ihnen nicht aus, dass der Deutsche Bauernverband einverstanden ist – denn betroffen von den Regelungen sind neben den Landwir- ten auch die Forstwirtschaft und die Berufsgenossen- schaft des Gartenbaus, auf die ich später noch einmal zu- rückkommen werde. Das LSV-NOG sieht Maßnahmen zur Stabilisierung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vor. Durch diese Maßnahmen soll die Ausgabenstruktur in der land- wirtschaftlichen Sozialversicherung dadurch verbessert werden, dass Sie die gegenwärtigen Organisationsstruk- turen ins Visier nehmen. Leider gehen Sie dabei im Be- zug auf die vorhandene Personalstruktur im regionalen Bereich mit der Holzhammermethode vor und nennen das Ganze schlicht „Modernisierung“. Was daran das agrarsoziale Sicherungssystem insge- samt zukunftsfest machen soll, wird nicht ganz klar. Sie scheuen noch nicht einmal davor zurück, Angestellte ge- gen ihren Willen in den einstweiligen Ruhestand zu ver- setzen. Von Ihrer Zusicherung, dass man die Beschäftigten bei der Umgestaltung „mitnehmen“ wolle, kann man ei- gentlich auch keine tatsächliche Bereitschaft finden, die über das Verkünden hinausgeht. Stattdessen schaffen Sie im Gesetzentwurf die Mög- lichkeit der Auftragsvergabe an Dritte; in der Praxis heißt dies, vorhandenes qualifiziertes Personal wird nach Hause geschickt, dafür aber die Möglichkeit von Fremdvergaben installiert. Wer weiß, welch Klientel à la Hoteliers Sie da wieder im Auge haben. Für uns als SPD hat es ein besonderes Gewicht, die Personalmaßnahmen sozialverträglich auszugestalten. Hier stehen Sie seitens der Bundesregierung in der Pflicht, die Träger bei der Lösung von Personalproble- men zu unterstützen. Bei der Umsetzung der Maßnahmen müssen flexible Lösungen gefunden werden, die die Beschäftigten nicht zum Opfer von Sparzielen der Bundesregierung machen. Ob es Ihnen mit der Stärkung des Bundeseinflusses und der geplanten Umstrukturierung tatsächlich auch gelingt, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Systems zu ver- bessern, wird davon abhängen, wie willig Sie sind, die nicht nur aus dem Bundesrat formulierte Kritik, sondern auch die vorliegenden Stellungnahmen zum Gesetzent- wurf zu berücksichtigen. Meine Kritik richtet sich nicht nur an einzelne Punkte, die Sie formuliert haben, sondern auch daran, dass Sie nicht die Chance nutzen, mit diesem Gesetz innovative Ansätze einzubringen. Agrarpolitik ist nicht mehr nur Agrar- und Wirt- schaftspolitik. Sie ist zugleich Umweltpolitik, Tier- schutzpolitik, Verbraucherpolitik, Tourismuspolitik. Sie ist multifunktional. Nicht mehr die Größe eines land- wirtschaftlichen Unternehmens ist ausschlaggebend, sondern die Art und Weise der landwirtschaftlichen Be- wirtschaftung. Spätestens in der zurzeit laufenden Diskussion um die Neuausrichtung der gemeinsamen europäischen Agrar- p v h h ü H S k g s n n D G v z s b fe s b g G S h N h s s fü s a Q is re b d ru rü s z tu c v T s h m k s b z B A M (C (D olitik bekommen Merkmale wie Erhaltung der Arten- ielfalt, Sicherung der Bodenfunktion und der Wasser- aushalte, Tierschutz und Klimaschutz einen weitaus öheren Stellenwert. Dies sollten wir beispielsweise beachten, wenn wir ber die Hofabgabeklausel diskutieren. Es geht aus Ihrem andeln leider auch nicht hervor, ob die Reform auf eine tärkung der regionalen Strukturen unter dem Dach eines ünftigen Bundesträgers hinauslaufen soll oder ob die re- ionale Struktur scheibchenweise abgeschafft werden oll. Sonst könnten Sie nämlich die vorgesehenen Regio- albeiräte ebenso wie den Beirat für den Gartenbau nicht ur für den Übergang, sondern auf Dauer einrichten. ie Beiräte müssen neben beratenden Funktionen auch estaltungs- und Mitspracherechte in regionalen Prä- entions- und Versorgungsfragen sowie bei der Beset- ung von gehobenen Leitungsfunktionen in den Ge- chäftsstellen erhalten. Die Aufgaben der Regional- eiräte und die der Geschäftsstellen sollten im Gesetz stgeschrieben werden. Mit besonderem Augenmerk möchte ich auf die be- ondere Problematik Gartenbau verweisen. Der Garten- au arbeitet bereits mit einem einheitlichen Bundesträ- er. Um die erfolgreiche Arbeit zu erhalten, benötigt der artenbau im Gesamtkonstrukt eine eigenständige truktur mit Beibehaltung ihrer Halbparität. Immerhin aben Sie es inzwischen geschafft, den Gartenbau im amen des neuen Bundesträgers einzubeziehen. Das ilft aber nicht weiter, wenn man es dabei belässt, ohne eine besonderen Belange im Gesetzentwurf zu berück- ichtigen. Durch die Dominanz der Bauern geht verloren, dass r die Neuordnung der landwirtschaftlichen Sozialver- icherung eigentlich die Gartenbauberufsgenossenschaft ls Vorbild dienen sollte. Allein die Schaffung eines uorums zu verankern, um die Minderheit zu schützen, t da keine Lösung. Beim Gartenbau entscheiden im Be- ich der Unfallprävention Arbeitnehmer und Arbeitge- er halbparitätisch; durch ein gutes Zusammenwirken in er bereits bundesweit organisiert tätigen Gartenbaube- fsgenossenschaft sind die Unfallzahlen seit Jahren ckläufig. Dieser Erfolg fällt nicht wie Manna vom Himmel, ondern ist eng geknüpft an die Struktur – der Schlüssel um Erfolg ist hierbei die halbparitätische Selbstverwal- ng. Ich will Ihnen dies an einem Beispiel deutlich ma- hen: Durch die gemeinsam erkannte Aufgabe der Prä- ention sitzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einem isch. Der Arbeitnehmer hat das Interesse, seine Ge- undheit im Erwerbsleben zu erhalten, der Arbeitgeber at das gleiche Interesse, dass sein Mitarbeiter vor ver- eidbaren Unfällen geschützt ist und er niedrige Kran- enstände hat. Durch diese paritätische Zusammenarbeit ist es bei- pielsweise möglich, dass mit der Forschung neue Ar- eitskleidung entwickelt wird. Das kann dann durchaus wei Jahre dauern und Geld verschlingen, aber für die aumschneider wurde durch solch ein Verfahren eine rbeitshose entwickelt, deren Fasern eine ausrutschende otorsäge zum Stillstand bringen. Ich kann mir nicht 17662 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 (A) ) )(B) vorstellen, dass es aus der Sicht der Landwirte kein Inte- resse an diesem Zukunftsmodell gibt. Das Gleiche gilt für die Beitragsberechnung. Der Flä- chenwert hat allein unter dem Aspekt der neu entstehen- den Vielfalt in der Landwirtschaft bereits jetzt versagt, denkt man nur an den Bereich des Obst- und Gemüsean- baus, der Nebenerwerbsbauern, der Streuobstwiesenbe- sitzer. Aber auch hier sind Sie nicht bereit, mit Ihrem Gesetzentwurf neue Weichen zu stellen. Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Gartenbaubetrie- ben! Trotz unterschiedlichster Strukturen im Gartenbau ist die wirkungsvolle Beitragsberechnung auf der Grund- lage des Arbeitswertes ein Schlüssel für die Beitragsge- rechtigkeit – und erspart immensen Verwaltungsaufwand. Mit einem klugen Bonussystem wird der Beitragszah- lende belohnt, der Unfallverhütungsvorschriften im Be- trieb umsetzt, unabhängig davon, ob es ein Betriebshof in der Kommune ist oder ein Kleinunternehmen. Anstatt das 99 Jahre alte Erfolgsmodell zu würdigen und auf die unterentwickelte Struktur der Landwirtschaft zu übertragen, stellt der aktuelle Gesetzentwurf der Bun- desregierung das hervorragende Beispiel sozialpartner- schaftlicher Selbstverwaltung grundsätzlich infrage. Ge- meinsam mit den Gewerkschaften Verdi und IG BAU sehen wir kein gutes und stichhaltiges Argument dafür, eine durch erfolgreiche Sozialpartnerschaft auf gleicher Augenhöhe bestimmte Genossenschaft abzuschaffen. Die SPD-Fraktion wird sich dafür starkmachen, dass sich die Eigenständigkeit der Gartenbauberufsgenossen- schaft in einem Beirat oder einer Sektion im Gesetzent- wurf wiederfindet und festgeschrieben wird. Und zwar mit ihren spezifischen Modalitäten und der eigenständi- gen Gestaltung für Haushalt, Finanzen und Personal. Es gilt die Devise „Never change the running system“. Dr. Edmund Peter Geisen (FDP): Gerade erst hat das Statistische Bundesamt auf der Agritechnica in Han- nover die Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2010 vorgestellt: Inzwischen gibt es weniger als 300 000 land- wirtschaftliche Betriebe mit mindestens 5 Hektar land- wirtschaftlicher Nutzfläche oder Sonderkulturfläche von 0,5 Hektar. Das bedeutet: Verglichen mit 1960 ist die Zahl der Betriebe um mehr als zwei Drittel gesunken. Während ein Landwirt 1950 10 Menschen mit Nah- rungsmitteln versorgte, ernährt er 50 Jahre später schon 127 Menschen. Die durchschnittlichen Betriebsgrößen haben sich mehr als verdoppelt, viele Haupterwerbsbe- triebe sind zu Nebenerwerbsbetrieben geworden. Und inzwischen kommen auf 100 aktive Beitragszahler in der landwirtschaftlichen Rentenkasse rund 250 Rentenemp- fänger. Das ist der tiefgreifende Strukturwandel, den die Landwirtschaft hinter sich hat. Diesem Strukturwandel in der Landwirtschaft will und muss die Bundesregierung Rechnung tragen. So übernimmt der Bund – ähnlich wie im Bergbau – mit der 1995 eingefügten Defizitdeckung inzwischen rund 70 Pro- zent der Kosten der Alterssicherung der Landwirte und 57 Prozent der gesamten LSV-Ausgaben. S s b te a w h s b d te a s S D li d z a L s g s L li u b u T u D la m a fi b b n b z s in d z ru c h ru p a d (C (D Nun datieren die Strukturen der landwirtschaftlichen ozialversicherung aus einer Zeit, in der die Landwirt- chaft ein zentraler Wirtschaftsbereich mit vielen Ar- eitskräften war. Anfang der 50er-Jahre machte der An- il der in der Landwirtschaft Erwerbstätigen 24 Prozent us. Heute sind es noch 2 Prozent. Deswegen müssen ir uns schon die Frage stellen, ob und wie wir die bis- erigen Strukturen in der landwirtschaftlichen Sozialver- icherung weiter aufrechterhalten können. Angesichts leerer Kassen, angesichts der Schulden- remse und des weiter voranschreitenden Strukturwan- els in der Landwirtschaft können wir nicht einfach wei- rmachen wie bisher. Und klar ist auch: Ein Festhalten n der kleinteiligen Organisationsstruktur der landwirt- chaftlichen Sozialversicherung gefährdet auf längere icht das eigenständige agrarsoziale Sicherungssystem. ie SPD denkt ja schon offen darüber nach. Deshalb bin ich sehr zufrieden, dass wir als christlich- berale Koalition den einheitlichen Bundesträger auf en Weg bringen. Damit sprechen wir uns klar für eine ukunftsfeste eigenständige Agrarsozialpolitik aus, die lles daran setzt, immer weiter steigende Kosten für andwirte zu vermeiden. Ich bin auch meinen Kollegen aus dem Haushaltsaus- chuss dankbar, die trotz strikter Sparvorgaben diese Or- anisationsreform mit insgesamt 150 Millionen Euro zu- ätzlich flankieren. Dieses eindeutige Bekenntnis zur andwirtschaft ist wirklich nicht mehr selbstverständ- ch. Ich hoffe, dass auch der Bundesrat ein Einsehen hat nd die notwendige Reform konstruktiv begleitet. Besonders freue ich mich über die Erleichterungen ei der Hofabgabe. So soll die Altersgrenze bei Abgabe nter Ehepartnern aufgehoben werden, gewerbliche ierhaltung auf Rückbehaltsflächen weiter möglich sein nd die Abgabe von Gesellschaftern erleichtert werden. amit konnten wir von der FDP-Fraktion endlich unsere ngjährigen Forderungen durchsetzen. Ich habe in diesem Zusammenhang viele Gespräche it dem Berufsstand geführt, denn mir kommt es darauf n, gemeinsam mit den Betroffenen die beste Lösung zu nden. Der Tenor war eindeutig: Die Hofabgabe soll eibehalten werden. Sicher mag es einige Härtefälle ge- en; dafür habe auch ich größtes Verständnis. Deswegen ehmen wir ja Änderungen vor. Und den Altenteilern leibt weiterhin die Möglichkeit, einen Teil ihrer Fläche u bewirtschaften. Aber die Hofabgabeklausel ganz ab- chaffen, das kam für die überwältigende Mehrheit nicht Betracht. Wir sollten uns auch darüber im Klaren sein, ass eine komplette Abschaffung der Hofabgabeklausel wangsläufig das Ende der eigenständigen Alterssiche- ng der Landwirte bedeutet hätte – und das mit entspre- henden deutlichen Beitragserhöhungen. Abschließend noch ein Wort zum Gartenbau. Auch ier gibt es – wie wir alle wissen – noch einige Ände- ngswünsche. Wir werden diese Wünsche sorgfältig rüfen, um auch hier zu einer tragfähigen Lösung für lle Beteiligten zu kommen. Von daher ist es auch gut, ass wir im Januar noch eine Anhörung durchführen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17663 (A) ) )(B) werden und allen Betroffenen die Möglichkeit geben, ihre Verbesserungsvorschläge einzubringen. Ich habe mich in den Gesprächen mit der Bundes- regierung immer für die besonderen Belange des Garten- baus eingesetzt. Denn eines ist klar: Die Situation dort unterscheidet sich deutlich von der Land- und Forstwirt- schaft, sowohl was die Mitglieder- als auch die Kosten- struktur angeht. Beide weisen in die richtige Richtung, Reformen sind konsequent angegangen worden. Aller- dings können wir der Forderung einer Eigenständigkeit des Gartenbaus vor allem in der Unfallversicherung nicht entsprechen. Wir sind gesetzlich verpflichtet, die Zahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf neun zu reduzieren. Die Alternative wäre eine Fusion mit ei- ner anderen gewerblichen Berufsgenossenschaft. Damit wäre aber die versicherungszweigübergreifende Betreu- ung der Versicherten beendet. Das kann nicht die Lösung sein. Ich bin – im Gegensatz zu den früheren Reformen – sicher, dass wir mit dem jetzigen Gesetz die landwirt- schaftliche Sozialversicherung auf ein solides, bezahlba- res und zukunftsfestes Fundament stellen. Und ich hoffe, dass sich auch unsere Ländervertreter dieser Meinung anschließen werden. Alexander Süßmair (DIE LINKE): Auch die Linke sieht die Zeit gekommen, die Struktur der landwirt- schaftlichen Sozialversicherung, also in erster Linie die Struktur der Berufsgenossenschaften, weiter zu verän- dern. Der einheitliche Bundesträger, der nun kommen soll, war durch die letzte Gesetzesnovelle in der 16. Wahl- periode schon angelegt. Jetzt – nach einigen Jahren – findet der Vollzug statt. Darüber hinaus stellt sich für uns allerdings die Frage, wie lange ein eigenständiges Sys- tem für die Landwirtschaft überhaupt noch tragfähig ist. Ist die jetzige Reform ein Schritt in Richtung einer kom- pletten Aufgabe des landwirtschaftlichen Sozialver- sicherungssystems? Worum geht es? Die landwirtschaftliche Sozialversi- cherung ist ein berufsständisches Sicherungssystem. Es dient der umfassenden sozialen Absicherung der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Menschen gegen die Risiken Unfall, Krankheit sowie Pflegebedürftigkeit im Alter. Die Agrarsozialpolitik hat sich in den letzten Jahr- zehnten zur wichtigsten Säule der deutschen Agrarpoli- tik entwickelt. Sie umfasst heute zwei Drittel der Haus- haltsausgaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Aus Sicht der Linken bleiben zwei Aspekte der hier vor- gelegten Gesetzesnovelle problematisch: Der eine ist die Hofabgabeklausel, der andere die Ein- bindung der bereits heute schon bundesweit einheitlich organisierten Gartenbauberufsgenossenschaft mit ihrer vergleichsweise gut funktionierenden Unfallprävention. Immer mehr Landwirte bemängeln, dass die Hofabga- beklausel nicht mehr zeitgemäß sei, denn viele von ih- nen finden keinen Nachfolger für ihren Hof. Die Hofab- gabeklausel hatte ein strukturpolitisches Element: Auch die jüngeren Landwirtinnen und Landwirte sollten zum Z K d z w K w u k te J d B w le a n G e te re D s s S A S b s w s g n lo d S w c d T h a g n tu u m b s v tu ü (C (D uge kommen können. Das greift heute nicht mehr. Die onsequenz ist, dass viele ihren Hof pro forma an Kin- er oder Verwandte abgeben, wenn sie ihre Rente ausbe- ahlt bekommen wollen, aber sie selbst ihn weiter be- irtschaften. Solche Entwicklungen müssen wir zur enntnis nehmen und daraus Konsequenzen ableiten. In Österreich ist die Hofabgabeklausel abgeschafft orden, ohne dass sich der Anteil der Landwirtinnen nd Landwirte über 65 dadurch erhöht hätte. Nur be- ommen dort jetzt alle eine Rente! Wir brauchen ein al- rnatives Anreizsystem, um eine Betriebsübernahme für unglandwirte attraktiver zu machen und diese zu för- ern. Der andere Aspekt ist die Berufsgenossenschaft im ereich Gartenbau. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, enn ein erfolgreicher Träger mit niedrigen Unfallzah- n und attraktiven Bilanzen in einem zwar größeren, ber nicht ganz so effektiven Träger aufgeht. Bessern Sie ach: Es muss unbedingt eine selbstständige Sektion artenbau im Bundesträger geben! Es ist auch nicht akzeptabel, wie Sie sich der Parität ntledigen wollen. Bei der Berufsgenossenschaft Gar- nbau sitzen Versicherte und Unternehmer gleichbe- chtigt am Tisch. Das hat sich seit 99 Jahren bewährt. urch diese Parität konnte die Gartenbauberufsgenos- enschaft Maßnahmen ergreifen, ihre Unfallzahlen mas- iv zu senken. Davon träumt man in der Landwirtschaft. ie war 2010 der Berufszweig mit den meisten tödlichen rbeitsunfällen. Nun wollen Sie eine Drittelparität, bei der noch die elbstständigen ohne Angestellte dabeisitzen. Klar ha- en die ganz spezifische Interessen, bei einer Sozialver- icherung nämlich vorrangig das Interesse, dorthin so enig wie möglich einzuzahlen. Ihre Vorschläge sind unausgewogen. Ihre Vorschläge ind unausgereift. Hören Sie nochmal allen Betroffenen ut zu, vor allem denen aus dem Bereich Gartenbau, icht nur dem Deutschen Bauernverband und den Groß- bbyisten. Dann bessern Sie nach. Kriterium für uns ist, as sage ich ganz deutlich: Aufgabe landwirtschaftlicher ozialversicherung muss es sein, dass die in der Land- irtschaft tätigen Menschen auch wirklich sozial abgesi- hert sind, und dass sie dies selbst verwalten können. Außerdem geht es um die Sicherung und die Zukunft er Arbeitsplätze der Beschäftigten bei den bisherigen rägern. Hierfür muss es soziale Lösungen und Sicher- eiten geben. Vor allem kann es nicht sein, dass Stellen bgebaut oder nicht neu besetzt werden, wenn dann die leiche Arbeit durch Dritte erbracht wird. Die Gesetzes- ovelle der Bundesregierung geht in die falsche Rich- ng. Die Linke fordert die Parität von Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmern sowie Arbeitgebern in allen Gre- ien des neuen Bundesträgers, in denen ihre Interessen etroffen sind. Die Parität der Gartenbauberufsgenossen- chaft hat sich bewährt, insbesondere bei der Unfallprä- ention. Sie fordert weiterhin Schaffung und Beibehal- ng einer Sektion Gartenbau im neuen Bundesträger ber die Übergangsfrist, über 2017, hinaus, keinen Ab- 17664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 (A) ) )(B) bau von Stellen bei den derzeitigen Trägern, wenn dann die gleiche Arbeit von Dritten erbracht wird, sowie eine ergebnisoffene Debatte mit Experten und allen Betroffe- nen über die Zukunft der Hofabgabeklausel. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Beim LSV-NOG geht es um sehr viel, um die so- ziale Absicherung und Unfallversicherung von Land- wirtschaft, Forsten und Gartenbau. Es geht aber auch um einen großen Batzen öffentliches Geld, um 71 Prozent des Agrarhaushalts. An der Einführung des Bundesträgers wollen wir Grünen grundsätzlich festhalten, das heißt aber nicht, dass wir an bestimmten Details nicht mehr rütteln dür- fen. Bei 35 Änderungsanträgen der Bundesländer im Bundesrat bin ich guter Hoffnung, dass wir die Leitplan- ken noch richtig setzen können. Aufgrund der Kürze der Zeit will ich nur ein paar As- pekte „anreißen“, wo kräftig nachjustiert werden muss: Der Geldgeber bestimmt Maßstab und Rahmen. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, den Maßstab und den Rahmen zu setzen. Deshalb kann es nicht sein, dass uns lediglich eine einzige gutachterliche Stellungnahme zur Beitragsgestaltung, nämlich die von Professor Dr. Bahrs, vorgelegt wird. Um das Ganze ohne Scheuklappen beur- teilen zu können, erwarten wir von der Bundesregierung weitere gutachterliche Stellungnahmen zur Beitragsge- staltung einzuholen oder das Design des Gutachtens so zu stricken, dass wir über verschiedene Varianten reden können. Es ist doch erstaunlich, dass bei der Berechnung der Bruttobeiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversiche- rung die Beiträge umso höher ausfallen, je kleiner die landwirtschaftliche Nutzfläche oder der Tierbestand ist, und dass das dann auch noch als Beitragsgerechtigkeit angegeben wird. Was ist die Konsequenz daraus? Das kann ich Ihnen sagen: Die großen Industriebetriebe wer- den wachsen, und die kleinen Bauernhöfe werden wei- chen; ganz im Sinne des Deutschen Bauernverbandes und der Wachstumsphilosophie der Bundesregierung. Das Unfallrisiko stärker einzubeziehen, wollen wir Grüne auch, aber erklären Sie hier und heute: Wieso sol- len in einem Betrieb mit 40 Kühen mehr als doppelt so viele Unfälle geschehen als in einem Betrieb mit 400 Kühen? Eine anderes Thema, das mir am Herzen liegt, ist der Gartenbaubereich. Der Garten- und Landschaftsbau kann mit seinen Präventionsprogrammen hervorragende Erfolge vorweisen. Daran sollten wir nicht rütteln. Die Eigenständigkeit des Gartenbaus hat sich bewährt und soll erhalten bleiben. Sie haben den Bundesträger. Des- halb votiere ich für das Sektionsmodell des Gartenbaus. Ich kenne das Gefühl, das die Gartenbauer derzeit um- gibt; denn auch ich fühle mich als Bauer nicht vom Deutschen Bauernverband vertreten. Wer nicht im DBV ist – und das sind bestimmt 20 Prozent der Bauern –, wird von den Kreisgeschäftsstellen der Bauernverbände abgewiesen. Das geht nicht; erst recht nicht, wenn die n fe H B g d R E te v is d s e D z A e ti b d 2 N V h d „ T te b g S v is m g n D E ru k (C (D ächste Geschäftsstelle der Versicherung sehr weit ent- rnt ist. Erlauben Sie mir noch ein Wort zur Hofabgabe. Die ofabgabe gehört abgeschafft. Sie passt nicht mehr zum ild einer sich wandelnden Gesellschaft, in der die jün- ere Bäuerin das Zepter schwingt, während sich der eutlich ältere Bauer seinem verdienten, aber aktiven uhestand hingibt. Und zum Schluss will ich Ihnen sagen: Im Zuge der inführung des Bundesträgers haben auch die Mitarbei- rinnen und Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Sozial- ersicherung einen Umgang verdient, der angemessen t. Um nur einen Aspekt zu nennen: Versetzungen in en einstweiligen Ruhestand von Dienstordnungsange- tellten, Beamtinnen oder Beamten haben auf Antrag zu rfolgen oder bedürfen der Zustimmung der Betroffenen. ie Personalräte sind endlich in die Reform mit einzube- iehen. Einen Sonderweg lehnen wir ab. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu den Anträgen: – Zinssätze für Dispositions- und Überzie- hungskredite verbrauchergerecht deckeln – Verbraucherinnen und Verbraucher vor überhöhten Überziehungszinsen schützen (Tagesordnungspunkt 38) Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD): Bei der rsten Lesung der Anträge waren wir uns über alle Frak- onsgrenzen hinweg einig, dass hier im Sinne der Ver- raucherinnen und Verbraucher endlich gehandelt wer- en muss. Die Debatte führten wir am 30. September 010, also vor über einem Jahr. Und was ist passiert: ichts! Die Ergebnisse der damals angekündigten Studie der erbraucherschutzministerin zum Zinsanpassungsver- alten der Banken liegen immer noch nicht vor. Schon amals haben wir befürchtet, dass die Erstellung einer ausführlichen Studie“ nur dazu dienen sollte, das hema totzuschweigen. Und genau dies ist geschehen! Auch im Oktoberheft 2011 griff die Stiftung Finanz- st – nachdem sie bereits im März dieses Jahres darüber erichtete – das Thema wieder auf. Immer noch verlan- en die Banken unverschämt hohe Dispozinsen: Der chnitt liegt bei rund 12,4 Prozent, der Studie zufolge erlangen 20 Banken sogar 14 Prozent und mehr. Dies t ein unhaltbarer Zustand, dem jetzt begegnet werden uss. Zu lange haben sich die vermeintlichen schwarz- elben Volksvertreter der Sache nicht angenommen. Natürlich konnte sich die FDP bei dieser Debatte icht aus der Diskussion ziehen. Sie mahnte an, dass ein ispozinssatz von 17 Prozent an Wucher grenze. Welche insicht! Nur brachte die damals anvisierte Aufforde- ng an die Bankwirtschaft, dieses Problem durch radi- ale Einschnitte in den Griff zu bekommen, nichts. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17665 (A) ) )(B) Wir haben damals kritisiert, dass die Banken die Leit- zinssenkung der EZB nicht an ihre Kundinnen und Kun- den weitergegeben haben. Die EZB hat in diesem Jahr die Leitzinsen bereits zweimal erhöht. Die Zinserhöhung wurde „selbstverständlich“ an die Bankkunden weiterge- geben, was in vielen Fällen eine Katastrophe für die ver- schuldeten Bankkunden bedeutet. Der üblichen Praxis der Banken, bei sinkendem Leitzins die Zinsen für Spar- guthaben schnell zu senken, die Zinsen für Kredite aber hoch zu halten, muss ein Riegel vorgeschoben werden. Die Untätigkeit der Bundesregierung ist nicht nachvoll- ziehbar. Es ist keine Lösung, weiter auf eine Studie zu warten, die mit höchster Wahrscheinlichkeit die uns bereits vor- liegenden Zahlen der Stiftung Finanztest bestätigen wird. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger muss die gesetzlichen Regelungen konkreter fassen; denn die bestehenden Vorschriften werden von den Banken teil- weise bewusst umgangen. Die tanzen der Bundesregie- rung auf der Nase herum! Klar muss sein: Zinssenkun- gen sind eins zu eins an die Kunden weiterzugeben, ohne Wenn und Aber. Außerdem brauchen wir größere Trans- parenz: Wenn die Bank einen Referenzzinssatz angibt, dann muss sie auch die Zinsmargen und die Zeitpunkte der Zinsanpassung nennen. Nur so kann man die Banken zu transparenten und fairen Zinsanpassungsklauseln zwingen. Tun Sie endlich etwas! Ihre Konten, Frau Ministerin Aigner und Frau Ministerin Leutheusser- Schnarrenberger, sind wegen mangelnder Tatkraft be- reits weit überzogen! Kerstin Tack (SPD): Vor etwas mehr als einem Jahr brachte die Stiftung Warentest eine Studie heraus. Diese belegte, dass Banken horrende Dispozinsen zwischen 6 und 16 Prozent verlangen. Unsere Verbraucherschutzministerin Aigner nahm sich des Themas an. Wie? Wie immer: Sie kündigte an, dass sie eine ausführliche Studie zum Zinsanpassungs- verhalten in Auftrag gebe. Damit gewinnt man Zeit, ohne handeln zu müssen. Heute, deutlich mehr als ein Jahr später, kam aus dem Hause Aigner: nichts! Dabei ist Frau Aigner das Pro- blem bereits seit 2009 bekannt. Damals sagte sie: „Die Zinssenkungen müssen unverzüglich an die Kunden weitergegeben werden.“ Es handelt sich hier um ein Problem, das die Großzahl der Verbraucherinnen und Verbraucher angeht. Der Dis- positionsrahmen wird heutzutage von den meisten ge- nutzt. Er gibt die Möglichkeit, kurzfristige finanzielle Durststrecken zu überbrücken. Das ist die Theorie. Die Realität in den Schuldnerbe- ratungen ist eine andere: Die Verbraucherzentralen ha- ben die Experten in den Schuldnerberatungen gefragt. 90 Prozent der Ratsuchenden haben ihr Girokonto länger als zwölf Monate überzogen. 40 Prozent davon sind mit mehr als 3 000 Euro in den Miesen. D v d v ih w b s a D a V tu s R la D u V s F b e h d e g U g s 1 d d ih s je Ü n s is A v z s (C (D Als wäre das nicht schlimm genug, bezahlen sie dafür ispozinsen und häufig sogar noch Überziehungszinsen on 300 Euro und mehr, so die Verbraucherzentralen. Versuchen die Verbraucherinnen und Verbraucher ann, diese Dispokredite in Ratenkredite umzuwandeln, erweigern sich die Banken häufig. Sie würden ja damit r Gewinne minimieren. Das Problem ist uns allen be- usst. Nur auf ein Tätigwerden der Koalition warten wir isher vergeblich. Dabei waren wir uns schon vor einem Jahr im Grund- atz so einig wie bei kaum einem anderen Thema: Wir lle finden die absolut überzogenen Zinsen für die ispo- und Überziehungskredite nicht in Ordnung. Wir lle wollen nicht, dass sich die Banken auf Kosten der erbraucherinnen und Verbraucher sanieren. Bankenret- ng bieten wir durch andere Maßnahmen. Es kann doch nicht angehen, dass Banken einerseits elbst Geld günstig aufnehmen und dafür nur geringe enditen bezahlen, andererseits aber hohe Zinsen ver- ngen, wenn sie diese Gelder kurzfristig weitergeben. as ist ein Kuhhandel: Die Bank kauft Geld billig ein nd verkauft teuer zulasten von Verbraucherinnen und erbrauchern. Die FDP wird sich nun wieder auf den Standpunkt tellen, dass es sich um freie Marktteilnehmer handelt. rau Aigner wird uns wieder erzählen, der mündige Ver- raucher könne ja die Bank wechseln. Tatsächlich aber rleben wir, wie die Banken das Ruder an sich gerissen aben. Die Banken haben eine Monopolstellung: Nicht jeder arf Kredite vergeben, und das wollen wir auch so. Wir rwarten aber von Banken, dass sie im Gegenzug ihrer esellschaftspolitischen Verantwortung gerecht werden. nd das tun sie unzureichend. Für Guthaben auf Girokonten geben sie keine oder so ut wie keine Renditen. Man muss sich das einmal vor- tellen: Wer auf seinem Girokonto ein halbes Jahr 000 Euro im Plus ist, erhält dafür keinerlei Zinsen, und ie Bank kann mit dem Geld arbeiten. Ist er aber das an- ere halbe Jahr mit 1 000 Euro im Minus, dann kostet n das bei einem Dispozins von 10 Prozent 50 Euro. Da timmt doch das Verhältnis nicht mehr! Die Stiftung Warentest errechnete letztes Jahr, dass der Prozentpunkt, den der Zinssatz für Dispo- und berziehungszinsen nicht gesenkt wird, Verbraucherin- en und Verbraucher 416 Millionen Euro kostet. Inzwi- chen ist deutlich mehr als ein Jahr vergangen. Deshalb t jetzt endlich handeln geboten. nlage 8 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 890. Sitzung am 25. No- ember 2011 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen uzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- atz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: 17666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 (A) ) )(B) – Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommu- nen Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: a) Der Bundesrat begrüßt die im Rahmen des Vermitt- lungsverfahrens zu dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vereinbarte stu- fenweise Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Ausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Er- werbsminderung in den Jahren 2012 und 2013 und die vollständige Übernahme der Kostenlasten durch den Bund ab dem Jahre 2014. Hiermit wird ein wich- tiger Beitrag zur Stärkung der Finanzkraft der Kom- munen geleistet. Das Gesetz setzt die Vereinbarun- gen im Vermittlungsverfahren allerdings nur teilweise um: Geregelt wird lediglich die erste Stufe der Entlastung für das Jahr 2012, in dem die Bundes- beteiligung auf 45 Prozent der Kosten steigen soll. Für die weitere Entlastungsstufe im Jahre 2013 (75 Prozent) und die vollständige Übernahme der Kostenlasten ab dem Jahre 2014 sichert die Bundes- regierung ein weiteres Gesetzgebungsverfahren zu, das auch die sich aus der ab dem Jahre 2013 einset- zenden Bundesauftragsverwaltung ergebenden Fra- gen regeln soll. Der Bundesrat sieht es als erforder- lich an, die entsprechenden gesetzlichen Regelungen so schnell wie möglich und in enger Abstimmung mit den Ländern zu treffen. Das Gesetz stellt zudem für die Berechnung der Bun- desbeteiligung im Jahre 2012 nicht auf die tatsächli- chen Ausgaben der Länder und Kommunen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im kommenden Jahr ab, sondern auf die Ausgaben des Vorvorjahres. Dies hat zur Folge, dass Länder und Kommunen den zu erwartenden Ausgabenan- stieg im Jahr 2012 gegenüber dem Jahr 2010 selbst vorfinanzieren müssen und die Übernahme der tat- sächlichen Kostenlasten durch den Bund nicht in dem vereinbarten Ausmaß erfolgt. Der Bundesrat weist vor diesem Hintergrund mit Nachdruck darauf hin, dass mit der vom Bund angekündigten weiterge- henden gesetzgeberischen Umsetzung in jedem Fall auch ein Abrechnungsmodus gesetzlich festzuschrei- ben ist, der auf die laufenden Nettoausgaben abstellt und damit sicherstellt, dass sich der Bund an den den Ländern und Kommunen tatsächlich entstehenden Kosten im vereinbarten Ausmaß beteiligt, d. h. die Kosten im Jahre 2013 zu 75 Prozent und ab dem Jahr 2014 vollständig übernimmt. Der Bundesrat ist zu- dem der Auffassung, dass in diesem Zusammenhang auch die Ländern und Kommunen infolge einer ver- alteten Bezugsgröße im Jahr 2012 entstandene Belas- tung durch den Bund vollständig zu ersetzen ist (Rückwirkungsklausel für 2012). Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, aa) zur weiteren vereinbarten Entlastung der Kom- munen schnellstmöglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem die weiteren Stufen der Er- b – – – – ß G R fü e z A te b g 5 W U w d a d z e m le (C (D höhung der Bundesbeteiligung (2013: 75 Pro- zent und ab 2014: 100 Prozent) enthalten sind, und dabei die Länder frühzeitig zu beteiligen und bb) in dem vorzulegenden Gesetzentwurf einen Fi- nanzierungsmodus vorzusehen, der sicherstellt, dass die Abrechnung der Kosten der Grund- sicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auf Basis der laufenden Nettoausgaben – analog zu den bereits bestehenden Verfahren zum Wohngeld – erfolgt. ) Der ursprünglich zum Ausgleich von Belastungen des Bundes aus der Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung übertragene Umsatzsteuer- vorabbetrag wird im Einvernehmen mit den Ländern im Ausbauzustand bis zur Hälfte als Gegenfinanzie- rung der schrittweisen Übernahme der Grundsiche- rungskosten durch den Bund eingesetzt. Ausschließ- lich darauf bezogen haben die Länder zugesagt, keine Forderungen auf Rückübertragung des für den bisherigen Zweck nicht mehr benötigten Steuerauf- kommens geltend zu machen. Der Bundesrat bekräf- tigt daher, dass jede weitere Veränderung der Ver- wendung von Vorabbeträgen für den Bund aus dem gemeinsam dem Bund und den Ländern zustehenden Umsatzsteueraufkommen nur unter Beachtung der Länderansprüche an frei werdendem Steueraufkom- men vorgenommen werden kann. Gesetz zum Vorschlag für eine Verordnung über die elektronische Fassung des Amtsblattes der Europäischen Union Gesetz zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf Drittes Gesetz zur Änderung des Gräbergesetzes Drittes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuerge- setzes Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ung gefasst: Der Bundesrat verknüpft seine Zustimmung zu dem esetz mit der Aufforderung, die Istbesteuerung im ahmen der Grenzen des § 20 Umsatzsteuergesetz auch r den Vorsteuerabzug einzuführen. Im Hinblick auf die rheblichen Ausfallrisiken bei der Umsatzsteuer und die usätzlichen Liquiditätsvorteile der durch die dauerhafte nhebung der Istbesteuerungsgrenzen begünstigten Un- rnehmer ist es erforderlich, das Optionsrecht zur Ist- esteuerung kohärent auszugestalten. Angesichts der roßen Zahl der Unternehmer, deren Gesamtumsatz 00 000 Euro nicht überschreitet, werden künftig die ettbewerbsbedingungen zwischen regelbesteuernden nternehmern und Unternehmern, die infolge der An- endung des § 20 Umsatzsteuergesetz günstigere Liqui- itätsbedingungen in Anspruch nehmen können, mehr ls bisher beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass bei Anwen- ung des § 20 Umsatzsteuergesetz die Zeitpunkte wischen Vorsteuerabzugsrecht und Umsatzsteuer- ntrichtungspflicht künftig auch im zwischenunterneh- erischen Bereich dauerhaft vermehrt auseinanderfal- n. Infolge der unbefristeten Festschreibung der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17667 (A) ) )(B) erhöhten Istbesteuerungsgrenze ist zur Wiederherstel- lung des Gleichgewichts deshalb nun auch die Erweite- rung des § 20 Umsatzsteuergesetz auf den Vorsteuerab- zug geboten. Sofern das derzeitige Unionsrecht als Grundlage für eine solche Maßnahme nicht ausreichend sein sollte, wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Herstellung der dafür notwendigen EU-rechtli- chen Voraussetzungen einzusetzen. – Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenver- mittler- und Vermögensanlagenrechts – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Er- richtung des Europäischen Finanzaufsichtssys- tems – Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitrei- bungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – Beitr RLUmsG) Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, schnellstmöglich eine besondere Regelung für die Zerle- gung des Gewerbesteuermessbetrags bei Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie in das Gewerbesteuergesetz aufzunehmen. Die in § 29 Absatz 1 GewStG enthaltene Regelung für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags bei Windkraftanlagen ist auf Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie zu erweitern. Der Deutsche Bundestag hat angekündigt, man wolle das Anliegen des Bundesrates bei der Befassung in ei- nem Gesetzgebungsvorhaben im Jahr 2012 umsetzen. Der Bundesrat erwartet, dass diese Ankündigung kurzfristig aufgegriffen und eine entsprechende Ände- rung der Gewerbesteuerzerlegung umgesetzt wird. Begründung Eine Gleichstellung der Gewerbesteuerzerlegung bei Photovoltaikanlagen mit Windenergieanlagen ist u. a. aus folgenden Gründen geboten: – Bund und Länder sind übereingekommen, schneller aus der Kernenergie auszusteigen und in erneuerbare Energien einzusteigen. Im Rah- men der Energiewende spielen erneuerbare Energien, insbesondere auch die Solarstromer- zeugung, eine herausragende Rolle. – Bei größeren Freiflächenanlagen zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie liegen regelmäßig die Voraussetzungen für eine Zerlegung des Ge- werbesteuermessbetrags vor, weil sich die An- lage in einer anderen Gemeinde befindet als der Ort der Geschäftsleitung. Die Situation bei dem Betrieb von großen Freiflächenanlagen ist inso- weit vergleichbar mit dem Betrieb von Wind- kraftanlagen. Der Zerlegungsmaßstab orientiert sich grundsätzlich am Verhältnis der gezahlten Arbeitslöhne der jeweiligen Betriebsstätte zu – – – – – – – – – (C (D den gesamten Lohnaufwendungen des Gewer- bebetriebs (§ 29 Absatz 1 Nummer 1 GewStG). Bei Anwendung des Zerlegungsmaßstabs „Ar- beitslöhne“ erhalten die Gemeinden, in denen die Freiflächenanlagen betrieben werden, regel- mäßig keinen Zerlegungsanteil, weil dort keine Arbeitnehmer des Energieanlagenbetreibers be- schäftigt sind. Die Gewerbesteuer entfällt in diesen Fällen regelmäßig nur auf die Gemeinde, in der das Unternehmen den Ort seiner Ge- schäftsleitung hat. Diese strukturell begründete Nichtberücksichti- gung der Standortgemeinden trägt nicht dazu bei, dass die Standortgemeinden die Ansiedlung und den Betrieb entsprechender Anlagen in ih- rem Gemeindegebiet genehmigen bzw. fördern. – Im Hinblick auf das aktuelle Ziel, die Nutzung erneuerbarer Energien auszubauen, ist es gebo- ten, die Standortgemeinden anzuregen, die An- siedlung entsprechender Freiflächenanlagen zu fördern. Dies kann durch eine angemessene Be- teiligung am Gewerbesteueraufkommen erreicht werden. Die Änderung kann gesetzestechnisch in der Weise umgesetzt werden, dass in § 29 Absatz 1 Nummer 2 GewStG nach dem Wort „Windenergie“ die Wörter „oder zur Erzeugung von Strom aus solarer Strah- lungsenergie nach § 32 Absatz 2 und 3 des Erneuer- bare-Energien-Gesetzes“ eingefügt werden. Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungs- schutzgesetzes Vierundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen Gesetz zur Verbesserung des Austausches von strafregisterrechtlichen Daten zwischen den Mit- gliedstaaten der Europäischen Union und zur Än- derung registerrechtlicher Vorschriften Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtli- cher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinarge- setzes Zweites Gesetz zur Änderung des Umweltauditge- setzes Gesetz zur Verleihung der Rechtsfähigkeit an das Gemeinsame Wattenmeersekretariat – Common Wadden Sea Secretariat (CWSS) (CWSSRechtsG) Gesetz zur Verbesserung der Versorgung bei be- sonderen Auslandsverwendungen (Einsatzversor- gungs-Verbesserungsgesetz – EinsatzVVerbG) Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2012 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2012) 17668 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 (A) ) )(B) – Gesetz zur Neufassung des Erdölbevorratungsge- setzes, zur Änderung des Mineralöldatengesetzes und zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes – Gesetz zur Änderung des Vergaberechts für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit – Gesetz zu dem Abkommen vom 6. April 2010 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Albanien zur Vermeidung der Doppelbe- steuerung und der Steuerverkürzung auf dem Ge- biet der Steuern vom Einkommen und vom Ver- mögen – Gesetz zu dem Protokoll vom 29. Dezember 2010 zur Änderung des Abkommens vom 24. August 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Gesetz zu dem Abkommen vom 25. November 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Andorra über den Informa- tionsaustausch in Steuersachen – Gesetz zu dem Abkommen vom 19. Oktober 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Antigua und Barbuda über den Informationsaus- tausch in Steuersachen – … Strafrechtsänderungsgesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Um- welt – Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschan- cen am Arbeitsmarkt Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass sie den An- trag Die OSZE ausbauen und stärken auf Drucksache 17/5773 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zehnter Bericht der Bundesregierung über die Aktivi- täten des gemeinsamen Fonds für Rohstoffe und der einzelnen Rohstoffabkommen – Drucksache 17/3817 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ – Drucksachen 17/7545, 17/7702 Nr. 3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sechstes Energieforschungsprogramm der Bundesre- gierung – Forschung für eine umweltschonende, zuver- lässige und bezahlbare Energieversorgung – Drucksachen 17/6783, 17/6961 Nr. 1.10 – m U n (C (D – Unterrichtung durch die Bundesregierung Nationaler Masterplan Maritime Technologien – Drucksachen 17/6926, 17/7417 Nr. 4 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 2009/2010 sowie über die Lage und Ent- wicklung auf seinem Aufgabengebiet und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksachen 17/6640, 17/6961 Nr. 1.4 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwicklungsplan Meer – Strategie für eine integrierte deutsche Meerespolitik – Drucksachen 17/6775, 17/6961 Nr. 1.9 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden nionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- er Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/3955 Nr. A.8 Ratsdokument 13977/10 Drucksache 17/4927 Nr. A.17 Ratsdokument 5625/11 Drucksache 17/6010 Nr. A.5 Ratsdokument 7280/11 Drucksache 17/6010 Nr. A.12 Ratsdokument 9683/11 Drucksache 17/6176 Nr. A.11 EP P7_TA-PROV(2011)0224 Drucksache 17/6176 Nr. A.12 EP P7_TA-PROV(2011)0225 Drucksache 17/6176 Nr. A.13 EP P7_TA-PROV(2011)0235 Drucksache 17/6176 Nr. A.14 Ratsdokument 9698/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.16 Ratsdokument 11300/11 Drucksache 17/6568 Nr. A.5 Ratsdokument 11471/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.23 EuB-BReg 176/2011 Drucksache 17/6985 Nr. A.24 EP P7_TA-PROV(2011)0283 Drucksache 17/6985 Nr. A.25 EP P7_TA-PROV(2011)0285 Drucksache 17/6985 Nr. A.26 EP P7_TA-PROV(2011)0307 Drucksache 17/6985 Nr. A.27 EP P7_TA-PROV(2011)0318 Drucksache 17/6985 Nr. A.28 Ratsdokument 12038/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.30 Ratsdokument 12078/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.31 Ratsdokument 12111/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.32 Ratsdokument 12300/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.33 Ratsdokument 12566/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.34 Ratsdokument 12639/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.35 Ratsdokument 12666/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.36 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17669 (A) (C) (D)(B) Ratsdokument 13400/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.37 Ratsdokument 13403/11 Drucksache 17/7423 Nr. A.20 EP P7_TA-PROV(2011)0364 Drucksache 17/7423 Nr. A.22 EP P7_TA-PROV(2011)0380 Drucksache 17/7423 Nr. A.23 EP P7_TA-PROV(2011)0403 Drucksache 17/7423 Nr. A.24 Ratsdokument 13941/11 Drucksache 17/7423 Nr. A.25 Ratsdokument 13943/11 Drucksache 17/7549 Nr. A.5 Ratsdokument 14757/11 Drucksache 17/7549 Nr. A.6 Ratsdokument 14760/11 Drucksache 17/7549 Nr. A.7 Ratsdokument 15088/11 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/7713 Nr. A.14 Ratsdokument 15400/11 Drucksache 17/7713 Nr. A.17 Ratsdokument 15517/11 Drucksache 17/7713 Nr. A.18 Ratsdokument 15518/11 Drucksache 17/7713 Nr. A.19 Ratsdokument 15520/11 Drucksache 17/7713 Nr. A.20 Ratsdokument 15521/11 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/6985 Nr. A.51 Ratsdokument 11951/11 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/5434 Nr. A.19 Ratsdokument 7194/11 Drucksache 17/6176 Nr. A.23 EP P7_TA-PROV(2011)0239 Drucksache 17/6176 Nr. A.24 EP P7_TA-PROV(2011)0240 147. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 7 Regierungserklärung zum Europäischen Rat TOP 34Geschlechtergerechtigkeit bei Führungspositionen TOP 33Recht der Verbraucherinformation TOP 36Recht auf ein Girokonto TOP 35Berichte über Menschenrechtspolitik TOP 38Zinssätze für Überziehungskredite Anlagen
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714700000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie herzlich und darf Ihnen zu Beginn unserer
Sitzung gleich die erfreuliche Mitteilung machen, dass
der Zusatzpunkt 8, die von der Fraktion Die Linke ur-
sprünglich verlangte Aktuelle Stunde zu deutschen Rüs-
tungsexporten, von der Tagesordnung abgesetzt wird.
Können Sie damit leben?


(Jörg van Essen [FDP]: Schwer, Herr Präsident!)


– Schwer, aber ich stelle dazu Einvernehmen fest. Dann
ist das so beschlossen.

Dann kommen wir gleich zu dem vereinbarten Zu-
satzpunkt 7:

Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin
zum Europäischen Rat am 9. Dezember 2011
in Brüssel

Hierzu liegen zwei Entschließungsanträge der Frak-
tion Die Linke vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklä-

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rung 90 Minuten vorgesehen. – Auch dazu höre ich kei-
nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
die Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1714700100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit

Beginn der Krise im Euro-Raum tritt die Bundesregie-
rung dafür ein, die akute Krise zu bewältigen und gleich-
zeitig die notwendigen Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Dabei geht es um nicht mehr und nicht weniger als um
eine Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion. Ge-
nau dies, die nachhaltige Stärkung der Wirtschafts- und
Währungsunion, wird das zentrale Thema des Europäi-
schen Rates in der kommenden Woche sein.

(C (D ung Dezember 2011 1 Uhr Dazu wird Herman Van Rompuy als Präsident des uropäischen Rates Vorschläge vorlegen. Natürlich könen wir heute diese Vorschläge nicht debattieren. Wir önnen ihm nicht vorgreifen. Das wird auch jeder vertehen. Aber ich glaube, wir können trotzdem sehr klar agen: Was werden die Leitlinien, was werden die Ziele ein, die wir in der nächsten Woche verfolgen? Die Leitnien und die Ziele, mit denen die Bundesregierung und uch ich persönlich in den Rat gehen, können wir heute orgen ausführlich und konkret beraten. Die Bundesregierung hat stets deutlich gemacht, dass ie europäische Schuldenkrise nicht mit einem einzigen efreiungsschlag über Nacht zu lösen ist. Es gibt diesen inen Befreiungsschlag, den einen Paukenschlag nicht. s gibt keine einfachen und schnellen Lösungen, schon ar nicht, wie manche vor jedem Gipfel sagen, den aneblich letzten Schuss. Weder ist das meine Sprache och mein Denken. ie Bewältigung der Staatsschuldenkrise ist ein Prozess. ieser Prozess wird Jahre dauern. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Weg ist das Ziel!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wie ist die Lage heute, eine Woche vor dem nächsten
Rat der europäischen Staats- und Regierungschefs? Ei-
nerseits haben wir es mit der schwersten Krise seit Ein-
führung des Euros, wenn nicht sogar in der Geschichte
der europäischen Einigung zu tun. Wir können das in
den täglichen Nachrichten verfolgen. Andererseits ist es
nicht übertrieben, festzustellen, dass wir bereits außeror-
dentlich viel geschafft haben. Der Blick dafür scheint in
diesen Tagen angesichts der täglichen Meldungen etwas
verstellt, aber ich bin zutiefst davon überzeugt.

Erstens. Es herrscht in ganz Europa Einigkeit über die
Ursachen der Krise. Das war bei weitem nicht immer so.
Heute gibt es darüber überhaupt keine Diskussionen
mehr.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)


17568 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


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)(B)

Zweitens. Es herrscht in ganz Europa Einigkeit, dass
genau diese Ursachen bekämpft werden müssen, um die
Krise zu überwinden und nicht von einer Krise in die
nächste zu kommen, die dann noch schlimmer wäre als
die davor. An dieser Stelle ist es mir wichtig, dass wir
uns einmal vor Augen führen, was schon alles passiert
ist. Das bedeutet natürlich auch, dass wir uns vor Augen
führen, welche Aufgaben die Menschen in Spanien, in
Portugal und vor allem in Griechenland zu lösen haben.
Ich füge allerdings hinzu – das wird noch weniger be-
achtet –: auch diejenigen, die zum Teil nicht zum Euro-
Raum gehören, die baltischen Staaten, Bulgarien und
Rumänien, wenn man bedenkt, welche Opfer dort von
den Menschen verlangt werden.

Ich glaube, wir machen uns oft keine Vorstellung da-
von – das können wir vielleicht auch gar nicht –, wel-
chen Beitrag die Menschen in den Ländern, die ich ge-
nannt habe, dazu leisten, dass der Euro eine dauerhafte
und stabile Währung wird. Deshalb möchte ich heute
noch einmal meine absolute Hochachtung vor diesen Be-
mühungen ausdrücken. Denn das ist ein Beitrag zu ei-
nem zukunftsfähigen Europa, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Drittens. Auf dem Weg, die Ursachen der Krise zu be-
kämpfen und sie damit auch überwinden zu können, sind
wir in Europa bereits extrem weit vorangekommen. Wer
vor einigen Monaten gesagt hätte, dass wir Ende des
Jahres 2011 sehr ernsthafte und sehr konkrete Schritte
auf dem Weg zu einer europäischen Stabilitätsunion, ei-
ner europäischen Fiskalunion und Durchgriffsrechten in
Europa einleiten, der wäre damals noch für verrückt ge-
halten worden. Jetzt steht genau dies auf der Tagesord-
nung.

Wir stehen kurz davor. Es gibt noch Schwierigkeiten
zu überwinden, keine Frage. Aber die Notwendigkeit ist
weitgehend anerkannt.

Wir reden nicht mehr nur über eine Fiskalunion, son-
dern wir fangen an, sie zu schaffen. Ich glaube, das ist
nicht hoch genug einzuschätzen. Marathonläufer erzäh-
len oft, dass ein Marathonlauf ungefähr ab Kilometer 35
besonders anstrengend und schwer werde. Aber sie sa-
gen auch, dass die ganze Strecke geschafft werden kann,
wenn man sich von Beginn an der Größe der Aufgabe
voll bewusst ist und die ganze Aufgabe entsprechend an-
geht.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Nicht der, der am schnellsten beginnt, ist zwangsläufig
der Erfolgreichste, sondern der, der weiß, was insge-
samt, also für die ganze Strecke, zu beachten ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Aber wenn man am Anfang stehen bleibt, kann man es auch nicht schaffen! Man muss mindestens starten!)


Wir haben bereits so viel geschafft, wie wir uns das
noch vor einigen Monaten nicht haben vorstellen kön-
nen. Um jetzt noch weiter voranzukommen, müssen wir
uns dem Kern der Krise stellen: der Einsicht, dass wir es

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(C (D Euro-Raum zwar mit einer Staatsschuldenkrise zu tun aben, vor allem aber auch mit einer Vertrauenskrise. Es gibt zwei Institutionen, in die das Vertrauen in dieer ganzen Zeit weitestgehend unangetastet geblieben ist, eren Glaubwürdigkeit unverändert hoch ist. Das sind um einen die Gerichte – in Deutschland das Bundesverssungsgericht, in Europa der Europäische Gerichtshof – nd zum anderen die Notenbanken, die nationalen Notenanken sowie die Europäische Zentralbank. Es ist höchstes Gut unserer Demokratie, die Glaubürdigkeit und die Vertrauenswürdigkeit dieser beiden stitutionen, der Gerichte wie der Notenbanken, zu chützen und zu wahren. as geht, indem man ihr Wesen, also ihre Unabhängigeit, achtet, und zwar in jede Richtung. (Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


eshalb werde ich auch in Zukunft nichts von dem kom-
entieren, was nationale wie auch europäische Gerichte

nd nationale Notenbanken wie auch die Europäische
entralbank tun oder lassen. Allerdings ist es natürlich
ichtig, noch einmal darauf hinzuweisen: Die Aufgabe
er Europäischen Zentralbank ist eine andere als die der
ed in den Vereinigten Staaten von Amerika und bei-
pielsweise der Bank of England.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Aha, doch! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/ CSU]: Ist das für Sie neu?)


Da brauchen Sie gar nicht „aha“ zu sagen. Das ist in
en Verträgen festgeschrieben. Die Aufgabe heißt, die
eldwertstabilität zu sichern. Genau das tut die Europäi-

che Zentralbank; davon bin ich zutiefst überzeugt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Den Gerichten und der Zentralbank steht ein Bereich
egenüber, bei dem in dieser Krise offenkundig gewor-
en ist, dass er leider nahezu jedes Vertrauen verspielt,
erwirkt und fast zerstört hat, und zwar über Jahre hin-
eg. Das ist – das müssen wir so schonungslos sagen –
ie Politik.

Das begann erstens mit der Gründung der Wirt-
chafts- und Währungsunion selbst, als Konstruktions-
hler zugelassen wurden, die die Euro-Gruppe erst

chleichend und dann immer offenkundiger eingeholt
aben und jetzt mit voller Wucht einholen. Das geschah
ewiss nicht mit böser Absicht, aber es ist eine Tatsache,
ie nicht zu leugnen ist.

Zweitens hat die Politik über die Jahre Vertrauen ver-
pielt, weil sie schon seit Gründung der Wirtschafts- und

ährungsunion die Prinzipien, die im Stabilitäts- und
achstumspakt vorgesehen waren, nicht oder nicht voll-

tändig angewandt oder gar aufgeweicht hat. Dass wir
lle in Europa uns jetzt entschlossen haben, endlich da-
it aufzuhören, das ist die wichtige, ermutigende Zwi-

chenbilanz, die wir heute ziehen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17569

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

Denn, meine Damen und Herren, wir streiten und rin-
gen in Europa um Einzelheiten, aber nicht mehr um das
Ganze, nicht mehr darum, dass die Politik zur dauerhaf-
ten Überwindung der Schuldenkrise das wiederherstel-
len muss, was sie selbst infrage gestellt hat: ihre Glaub-
würdigkeit und ihre Vertrauenswürdigkeit. Sie muss das
tun, indem sie zum einen endlich Wege findet, bereits
beschlossene Maßnahmen einzuhalten und umzusetzen,
und indem sie zum anderen über Veränderungen der
Grundlagen der Zusammenarbeit, zum Beispiel Ver-
tragsänderungen, bereit ist, in Europa eine Fiskalunion
mit starken Durchgriffsrechten zu schaffen, zumindest
im Euro-Raum.

Die Einhaltung bereits beschlossener Maßnahmen gilt
aktuell für die Gipfelbeschlüsse vom 26. Oktober 2011.
Ziel des Ende Oktober 2011 im Deutschen Bundestag
mit großer Mehrheit geschnürten Pakets ist es, eine trag-
fähige Lösung für Griechenland zu schaffen und zu ver-
hindern, dass die Krise auf andere Euro-Staaten über-
greift. Die Finanzminister konnten dabei Anfang der
Woche wichtige Fortschritte erzielen. Die neue Regie-
rung in Griechenland hat sich parteiübergreifend dazu
verpflichtet, das vereinbarte Reformprogramm umzuset-
zen. Damit war der Weg für die Auszahlung der sechsten
Tranche frei geworden.

Jetzt geht es darum, möglichst bis Ende des Jahres das
neue Programm auch wirklich zu verhandeln. Das
schließt die Beteiligung des Privatsektors mit ein. Ich
will daran erinnern, dass wir in der Sitzungswoche vor
den Sommerferien zum ersten Mal im Grundsatz darüber
abgestimmt haben, dass wir ein neues Griechenland-Pro-
gramm brauchen. Jetzt nähern wir uns der letzten Sit-
zungswoche vor Weihnachten, und ich finde, es ist nicht
zu viel verlangt, dass jetzt endlich alle Akteure versu-
chen, dieses neue Programm zu verhandeln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auch Italien packt die großen Herausforderungen an
und stellt sich damit als drittgrößte Wirtschaftsnation
Europas seiner Verantwortung für seine eigene gute Zu-
kunft genauso wie für die Zukunft der Euro-Zone insge-
samt.

Auf dem Europäischen Rat am 26. Oktober 2011 ha-
ben wir außerdem beschlossen, dass systemrelevante
Banken mehr Eigenkapitalpuffer vorhalten müssen. Das
ist notwendig, um das Vertrauen in die Stabilität des eu-
ropäischen Bankensektors zu stärken. Auch hier hoffe
ich, dass die europäische Bankenaufsicht die Entschei-
dung jetzt schnell verkündet, damit auch in diesem Be-
reich Sicherheit entsteht.

Vorgestern haben die EU-Finanzminister darüber hi-
naus Grundsätze einer koordinierten Vergabe von Liqui-
ditätsgarantien für Banken beschlossen; denn nur wenn
die Refinanzierung von Banken sichergestellt ist, kann
der Bankensektor die Wirtschaft auch ausreichend mit
Krediten versorgen.

Die Verabschiedung der Leitlinien für die EFSF ein-
schließlich ihrer Schlagkraft ermöglicht es uns, die
Wirksamkeit des Euro-Rettungsschirms deutlich zu er-
höhen. Auch hier sage ich: Ich rate uns nicht, die EFSF

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(C (D chlechtzureden, sondern wir sollten mit realistischem lick mit der EFSF das machen, was möglich ist, und azu haben wir hier in diesem Hause ausführlich beran. Weil die gegenwärtige Krise im Euro-Raum vor allem ine Vertrauenskrise ist, müssen wir neben der Bekämpng der Ursachen dieser Krise – zu hohe Staatsver chuldung, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit einiger uro-Staaten – die grundlegenden Mängel in der Kontruktion der Wirtschaftsund Währungsunion beseitien. Wenn wir das machen, dann zeigen wir im Übrigen, ass wir nicht nur die Mühen der Krise sehen, sondern iese Krise vor allem als eine Wende zum Guten, als ine Chance zur Umkehr begreifen und dass wir tatsächch aus ihr lernen. Das sind ja ganz einfache Lehren: egeln müssen eingehalten werden; ihre Einhaltung uss kontrolliert werden; ihre Nichteinhaltung muss onsequenzen haben. Nationale Eigenverantwortung nd europäische Solidarität bedingen einander. Meine Damen und Herren, um dies alles vorzuberein, findet in diesen Tagen eine Vielzahl von Gesprächen tatt. Heute Mittag ist der österreichische Bundeskanzler ei mir. Mit nahezu allen Kollegen werde ich telefonien, natürlich genauso mit dem Präsidenten des Rates nd dem Präsidenten der Kommission. Der französische räsident hat gestern eine wichtige Rede gehalten. Wir erden uns Montag abstimmen, mit welcher Haltung ir zum Rat fahren. Wir haben vieles erreicht. Wir haben das Defizitverhren verbessert, soweit dies im Rahmen der geltenden erträge möglich war. Sie erinnern sich an das sogeannte Sixpack, das wir hier beschlossen haben. Aber ir müssen, um wirklich Vertrauen zu bekommen, daber hinausgehen. Dort, wo wir heute Referenzwerte aben, brauchen wir künftig rechtsverbindliche Grenzerte. Politischen Spielraum, wenn es darum geht, fest ustellen, ob diese Grenzwerte verletzt worden sind oder icht, darf es nicht mehr geben. Es muss wirkliche Autoatismen geben. ur so kann Vertrauen, das sechzigmal verletzt wurde, iedergewonnen werden. Euro-Staaten sollen bei der Überwindung ihrer chwierigkeiten künftig enger begleitet und wirkungsoller unterstützt werden. Gleichzeitig brauchen wir efktive Antworten auf fortgesetzte Regelverstöße, damit ir im Interesse aller eine verantwortungsvolle Hausaltsführung durchsetzen können. Dabei müssen die eupäischen Institutionen, vor allem die Europäische ommission und der Europäische Gerichtshof, eine ichtige Rolle spielen. Das geht, ohne dass der Deutsche undestag seine Haushaltshoheit verliert. Denn es geht arum, Regeln, die wir uns selbst gegeben haben, einzualten. Die automatischen Sanktionen bzw. die automatichen Durchgriffsrechte wirken nur dann, wenn genau iese Regeln verletzt werden. Was innerhalb des geeinsam vereinbarten europäischen Rahmens geschieht, ird natürlich auch weiterhin jedem Mitgliedstaat selbst orbehalten sein. 17570 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(A) )

Glaubwürdige Durchgriffsrechte sind von einer ge-
meinsamen europäischen Kontrolle über nationale Ein-
nahmen und Ausgaben zu unterscheiden; ich will das
hier ausdrücklich sagen. Solange das so ist, ist im Übri-
gen auch eine gemeinsame Haftung für die Schulden an-
derer nicht denkbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Genau deshalb erledigt sich jetzt auch eine Diskussion
über sogenannte Euro-Bonds. Denn wer immer noch
nicht verstanden hat, dass Euro-Bonds jetzt nicht als
Rettungsmaßnahme gegen die Krise eingesetzt werden
können,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also später!)


der hat genau das Wesen dieser Krise nicht verstanden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie das schon der CSU erklärt?)


– Herr Trittin, vielleicht darf ich es wiederholen: Wir ha-
ben nicht die Absicht, und wir sind davon auch entfernt.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben „nicht die Absicht“! Diese Formulierung kenne ich!)


Es ist auch nach unserem Grundgesetz gar nicht mög-
lich, die Einnahmen und die Ausgaben eines Haushaltes
über eine europäische Institution kontrollieren und be-
stimmen zu lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Solange genau dies nicht der Fall ist, haben wir die Si-
tuation, dass eine gemeinsame Haftung dem nicht ent-
sprechen würde. Deshalb erübrigt sich die Diskussion
über Euro-Bonds.

Stellen wir uns einmal vor, dass es so etwas gäbe,
dass wir Euro-Bonds gar nicht mehr einzuführen brauch-
ten, weil sie von allein entstehen. Das ist ja gerade das
Interessante daran.


(Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Deshalb ist die Diskussion jetzt kein Beitrag zur Über-
windung der Krise.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


– Für die Grünen scheint das unglaublich lustig zu sein.
Für mich ist es absolut logisch. Aber das ist eben der Un-
terschied.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es geht also darum – das ist ein großer Schritt im
Rahmen der Konstruktion der Wirtschafts- und Wäh-
rungsunion –, die Autorität der Institutionen so zu stär-
ken, dass sie die vereinbarten europäischen Grenzwerte,
konkret die Obergrenze von 3 Prozent und den Abbau-
pfad bei einem Schuldenstand von über 60 Prozent, tat-

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(C (D ächlich durchsetzen können, und zwar ohne Wenn und ber. Neben der Forderung nach wirksamen Durchriffsrechten tritt die Bundesregierung dazu auch für ein lagerecht beim Europäischen Gerichtshof ein. Dies ist mso wichtiger, als die Gerichte – ich sagte es zu Beinn – neben den Notenbanken die Institutionen sind, eren Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit wegen rer Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme zu der Zeit über jeden Zweifel erhaben waren und sind. Zentrales Element der neuen Stabilitätsunion, der Fisalunion, soll also eine neue europäische Schuldenbremse so kann man es nennen – für die Mitglieder der Euroone werden. Weitere Elemente müssen hinzukommen: ir müssen stärkere und besser verzahnte Strukturen in er Euro-Zone schaffen. Fehlentwicklungen müssen früheitig erkannt und korrigiert werden, damit Krisen gar icht entstehen. Mit dem dauerhaften Krisenbewältiungsmechanismus ESM müssen wir ein schlagkräftiges strument schaffen, das in Notsituationen hilft, Gefähr ungen der Stabilität der Euro-Zone insgesamt abzuwenen. Außerdem müssen wir durch weitere Strukturreforen insbesondere auch im Arbeitsrecht der einzelnen itgliedstaaten gemeinsame Maßnahmen einleiten, damit ir wieder zu mehr Wachstum kommen. Denn natürlich erden die Menschen den Erfolg unserer Bemühungen uch daran messen, ob die Arbeitslosigkeit zurückgeht. ie Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist eines der dränendsten Themen. Deshalb ist Wachstum auch zum Zweke der Schaffung von Beschäftigung eines der wichtigen iele, allerdings nicht auf Pump, sondern durch die notendigen Strukturreformen und vernünftige Investitionen die Zukunft. Meine Damen und Herren, mit einem Wort: Wir müsen die Fundamente der Wirtschaftsund Währungsnion nachhaltig stärken, wir müssen die Konstruktionshler, die sich bei der Gründung der Wirtschaftsund ährungsunion eingeschlichen haben, überwinden und ie Wirtschaftsund Währungsunion vollenden. Das iel ist eine Fiskalunion. Zu ihr gehört beides: eine mit urchgriffsrechten durchsetzbare Haushaltsdisziplin ihr Mitglieder und ein wirksames Instrumentarium für risenfälle. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, die uropäischen Verträge zu ändern oder – das wäre die weitbeste Lösung – neue Verträge innerhalb der Euroruppe zu schaffen. Aber wir gehen – ich will das ausrücklich sagen – mit dem Ziel nach Brüssel, Vertragsnderungen durchzusetzen, und zwar in dem Geist, dass ir eine Spaltung zwischen Euro-Mitgliedstaaten und icht-Euro-Mitgliedstaaten vermeiden wollen. Das eißt, wir werden es jedem Nicht-Euro-Mitgliedstaat eistellen, sich den stärkeren Verbindlichkeiten der uro-Zone anzuschließen. Denn eine Spaltung kann niemand wollen. Mehr noch: uch die Euro-Gruppe muss offen bleiben für jeden, der itmachen will. Danken wir zum Beispiel Polen, das imer wieder deutlich gemacht hat: Auch wenn wir den uro noch nicht haben, wollen wir an dieser Stelle trotzem mehr Verpflichtungen eingehen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17571 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(A) )

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Ja!)

Polen ist zum Beispiel auch Mitglied des Euro-Plus-
Pakts und hat in Gesprächen, die wir kürzlich geführt ha-
ben, wieder deutlich gemacht, dass es sich genau auf die-
sen Weg der Stabilitätsunion hinbewegen will.

Unsere Leitlinien für den Rat in der nächsten Woche
sind also klar. Aber – das ist mir heute Morgen auch
wichtig zu sagen – sie haben nichts mit manchen Ängs-
ten, Sorgen oder Vorhaltungen zu tun, die man momen-
tan lesen oder hören kann, dass Deutschland Europa do-
minieren oder Ähnliches wolle. Das ist abwegig. Wir
treten – das ist allerdings richtig – für eine bestimmte
Stabilitäts- und Wachstumskultur ein, aber wir tun dies
im europäischen Geiste Konrad Adenauers und Helmut
Kohls.


(Joachim Poß [SPD]: Ob Kohl das nicht anders gemacht hätte?)


Deutsche und europäische Einigung waren und sind
zwei Seiten ein und derselben Medaille. Das werden wir
nie vergessen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Präsident, meine Damen und Herren, in diesen
Tagen, in denen der Euro fast täglich im Mittelpunkt der
Debatte steht, geraten andere europäische Fragen leider
allzu oft in den Hintergrund. Dies gilt zum Beispiel für
die Erweiterungspolitik, die traditionell auf der Tages-
ordnung eines Dezemberrates steht, so auch nächste Wo-
che. Die Bundesregierung steht zur EU-Perspektive aller
Staaten des westlichen Balkans. Am Rande des Europäi-
schen Rates werde ich für die Bundesrepublik Deutsch-
land den Beitrittsvertrag mit Kroatien unterzeichnen.
Zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Montene-
gro hat der Bundestag seine Stellungnahme abgegeben.
Für uns von entscheidender Bedeutung sind hier weitere
Fortschritte Montenegros bei der Festigung von Rechts-
staatlichkeit und der Bekämpfung von Korruption und
organisierter Kriminalität. Wir werden sie einfordern,
aber wir werden Montenegro auch dabei unterstützen,
die Dinge, die zu verbessern sind, wirklich verbessern zu
können.

Der Europäische Rat entscheidet über den Kandida-
tenstatus von Serbien. Gute nachbarschaftliche Bezie-
hungen und regionale Zusammenarbeit sind über die Ko-
penhagener Kriterien Teil der EU-Erweiterungspolitik.
Wir möchten langfristig nicht nur Serbien, sondern auch
Kosovo an die EU heranführen und die EU voll funk-
tionsfähig halten. Daher führt der Weg Serbiens in die
EU nur über eine Normalisierung seiner Beziehung zum
Kosovo.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


EU und Bundesregierung haben hierzu frühzeitig Er-
wartungen in Form von konkreten Schritten formuliert.
Ich bedaure sehr, dass Serbien diesen Erwartungen bis-
lang nicht ausreichend gerecht geworden ist und somit
die Voraussetzungen für die Verleihung des Kandidaten-
status bislang nicht gegeben sind. Serbien muss sich da-
rüber hinaus vorwerfen lassen, in den letzten Tagen zu

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(C (D iner Atmosphäre beigetragen zu haben, in der deutsche FOR-Soldaten im Norden des Kosovo mit Schusswafn angegriffen und verletzt worden sind. Ich sage: Das t nicht akzeptabel. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nsere Soldaten leisten dort einen großartigen Dienst,
nd für diesen Dienst sind wir ihnen dankbar.

Europa befindet sich mitten in seiner wohl schwersten
ewährungsprobe. Als deutsche Bundeskanzlerin werde
h, genauso wie die ganze Bundesregierung, alles dafür
n, dass Europa stärker aus dieser Bewährungsprobe

ervorgeht, als es in sie hineingegangen ist. Zu viel steht
uf dem Spiel, gerade für Deutschland und die Deut-
chen. Trotz aller Turbulenzen, die wir in jüngster Zeit
rlebt haben: Der Euro hat sich bewährt. Er ist stabil, er
t wertbeständiger, als es die D-Mark war, und als Ex-
ortnation profitiert Deutschland in besonderem Maße
om Euro. Aber der Euro ist eben auch weit mehr als nur
ine Währung; denn mit der Wirtschafts- und Währungs-
nion haben wir eine neue Stufe der Integration in Eu-
pa erklommen. Der Euro steht für den Willen Europas,

eine innere Entwicklung zu festigen und sich den He-
usforderungen der heutigen Zeit und der Globalisie-
ng gemeinsam zu stellen. Die Zukunft des Euro ist

eshalb untrennbar mit der europäischen Einigung ver-
unden. Der vor uns liegende Weg ist noch lang, und er
t auch alles andere als einfach. Aber ich bin überzeugt:
s ist der richtige Weg. Es ist der richtige Weg, um unser
emeinsames Ziel zu erreichen: ein starkes Deutschland
einer starken Europäischen Union zum Wohle der
enschen in Deutschland und in Europa.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714700200

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen

r. Frank-Walter Steinmeier für die SPD-Fraktion das
ort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1714700300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

rau Bundeskanzlerin, ich habe Ihnen sehr genau zuge-
ört. Ich sage Ihnen bei allem Verständnis, das dieses
arlament in der bisher schwersten Krise in Europa der
egierung zugebilligt hat: Sie haben heute wieder über
ieles geredet, auch über Montenegro, am Kern der Sa-
he aber haben Sie vorbeigeredet. Das war bestenfalls
ie halbe Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich weiß nicht, zum wievielten Mal, aber Sie haben
eute wieder gesagt, dass nun eine „tragfähige Lösung“
r die akute Finanzkrise vorbereitet wird. Sie wissen es

och selbst: Noch nie in den letzten 18 Monaten hat das
estimmt; jedes Mal haben Sie den Menschen in

17572 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)

Deutschland Sicherheit vorgegaukelt, die am Ende keine
war. Keiner, Frau Merkel, wirft Ihnen vor, dass es die
Krise gibt; aber wie Sie mit ihr umgehen, das geht auf
keine Kuhhaut.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie reden von „Stabilität“ – das ist auch notwendig –,
aber die Bilanz der vergangenen Monate sieht doch völ-
lig anders aus: Nichts ist stabiler geworden. Sie haben
eben in Ihrer Regierungserklärung gesagt: „Wir sind
weit gekommen“, das stimmt leider; die Krise Europas
hat sich dramatisch zugespitzt. Immer mehr Menschen
haben das Gefühl, dass das Endspiel für die Währung
angebrochen ist. Nicht die Opposition, nicht wir, son-
dern die Finanzaufsicht in London und große deutsche
Unternehmen bereiten sich ganz offensichtlich auf Alter-
nativen vor. Sie, Frau Merkel, und diese Regierung sind
nicht die Ursache; aber Wankelmütigkeit und Entschei-
dungslosigkeit haben dazu beigetragen. Ihre Taktiererei
macht die Lage in Europa nicht stabil. Im Gegenteil:
Diese schwarz-gelbe Koalition, die sich in nichts, aber
auch rein gar nichts einig ist, gefährdet die Stabilität in
Europa. Das ist die Wahrheit; darüber täuschen auch
Fernsehbilder nicht hinweg.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Bundeskanzlerin, wahr ist doch auch: Bisher ha-
ben Sie noch jede Bastion geräumt, die Sie vorher für
uneinnehmbar erklärt haben. Die Halbwertszeit Ihrer ro-
ten Linien ist doch immer kürzer geworden. Zuletzt gab
es hier in diesem Haus – wir erinnern uns gut – das Tabu
gemeinsamer europäischer Anleihen; wir alle haben das
noch gut im Ohr. Aber wen überrascht es denn eigentlich
noch, dass ein paar Tage nach der Debatte im Parlament
auf einmal der Testballon steigt, auf dem „Elite-Bonds“
steht! Der Testballon war in der Luft, und die Koalition
war ganz offensichtlich überrascht. Den Kollegen
Brüderle hat das zu ganz großer Kunstfertigkeit veran-
lasst:


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Er war am Montagmorgen für die Elite-Bonds; am Mon-
tagnachmittag war er gegen die Elite-Bonds. Das ist li-
berale Offenheit, wie wir sie kennen, meine Damen und
Herren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Aber das ist mir – ich sage es Ihnen ganz offen – im-
mer noch lieber als das, was Ihr Generalsekretär in einer
solchen wirklich ernsten Situation in Europa sagt; ihm
fiel nichts anderes ein, als zu sagen, er sei überhaupt ge-
gen alle Bonds, auch gegen „James Bonds“.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


So kann man Politik lächerlich machen, meine Damen
und Herren. Das verstehen die Menschen nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D as ich Ihnen sagen will – ich glaube, Sie merken das elbst –: So wird das nicht weitergehen, nicht mit diesem ankelmut und auch nicht mit einer Strategie „Jeder ge en jeden“ in Europa. Das wird nicht helfen; ich berchte, das wird uns eher noch weiter in die Sackgasse hren. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wankelmeier!)


Wir sind jedenfalls tief überzeugt: Europa kann sich
ur gemeinsam aus diesem Schlamassel wieder heraus-
ämpfen, Griechen, Spanier, Franzosen, Luxemburger,
olländer, Deutsche, alle gemeinsam, viele andere dazu.
ber weil Sie das nicht akzeptieren, eskaliert die Krise.

Aus einer kleinen griechischen Schuldenkrise ist
eine vollwertige europäische Seuche geworden.

as sind nicht meine Worte, sondern die von Joe Nocera
der New York Times. Er fragt:

Verstehen die Deutschen nicht, dass ein Zusam-
menbruch der Eurozone, der vor einem Jahr un-
denkbar war und jetzt vielleicht unvermeidlich ist,
die Deutschen mehr treffen wird als Griechenland?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Meine Damen und Herren, wir Deutsche retten nicht
ie Griechen oder die Italiener; wir retten vor allem uns
elbst, unsere Banken, unser Vermögen, unsere Export-
irtschaft und unsere Arbeitsplätze. Darum geht es in
iesen Tagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as auszusprechen, verlangt nun wahrhaftig keinen Hel-
enmut; denn es ist die Wahrheit. Ich bin davon über-
eugt: Das von Anfang an zu sagen, Frau Merkel, hätte
uch Ihnen manches einfacher gemacht. Stattdessen ha-
en Sie selbst noch die einsichtigsten, die freundlichsten
nd die wohlmeinendsten Nachbarn gegen uns aufge-
racht durch penetrante und, wie ich finde, doppelzün-
ige Schulmeisterei.


(Widerspruch bei Abgeordneten der FDP – Otto Fricke [FDP]: Das ist für Sie Doppelzüngigkeit?)


Sie waren doch selbst beteiligt.

Deutschland hat es doch früher gekonnt, europäische
einungsbildung zu prägen. Sie haben eben auf
denauer und Kohl hingewiesen. Ich sage: Auch Willy
randt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder gehören
azu.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Das ist die Wahrheit! Genau das! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Es war Gerhard Schröder, der die Haushaltsdisziplin gerissen hat!)


Sie hatten miteinander gemein, dass sie ihre histori-
che Aufgabe in Deutschland so verstanden, andere ohne
gliche öffentliche Belehrungen zu überzeugen und die
leineren Staaten mit auf den Weg zu nehmen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17573

Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)


(Otto Fricke [FDP]: Gerade Schröder!)


Das ist die Aufgabe, die wir in der Vergangenheit in
Europa erfüllt haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist Teil einer Regierungskunst – das muss ich leider
sagen –, die der deutschen Regierung in diesen Tagen
und Monaten offenbar verloren gegangen ist.

Herr Kauder, in Europa wird jetzt deutsch gespro-
chen. Ich weiß, dass Sie die Kritik an diesem Satz nicht
besonders ernst nehmen. Aber ich sage Ihnen: Wer Lehr-
meister sein will, wer andere zum Sparen auffordert, der
muss wenigstens sein eigenes Haus in Ordnung halten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kauder – auch wenn Sie mir nicht zuhören –, Sie
können nicht den Rest der Welt zum Sparen und zum
Senken von Schulden auffordern und gleichzeitig im ei-
genen Land überflüssige Steuersenkungen


(Jan Mücke [FDP]: NRW! – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: NRW!)


und sozial schädliches Betreuungsgeld auf den Weg
bringen


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


und am Ende hierzulande die Neuverschuldung erhöhen,
während die anderen sie vermindern sollen. Das fällt
doch überall in Europa auf. Wir führen doch keine
Selbstgespräche. Ganz Europa spricht davon. Ich sage
Ihnen auch, was die anderen Länder davon halten, und
wie sie das nennen: Sie nennen das Heuchelei, Herr
Kauder.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt kommt angeblich die Verschärfung des Stabili-
tätspaktes. Frau Merkel, ich bin wirklich gespannt, was
dieses Mal herauskommt. Ich sage „dieses Mal“, weil je-
denfalls ich mich noch gut daran erinnern kann, wie Sie
vor einem Jahr hier in diesem Haus zu gleicher Sache
gesprochen haben. Nur für den Fall, dass das von den
Regierungsfraktionen irgendjemand vergessen hat: Im
September 2010, also vor mehr als einem Jahr, hat Kom-
missionspräsident Barroso ein Maßnahmenpaket zur
wirtschaftlichen Steuerung vorgelegt. In diesem Maß-
nahmenpaket wurde eine Regelung zur haushaltspoliti-
schen Überwachung im Euro-Raum festgelegt. Was
sollte das heißen? Das sollte heißen, dass es nach Fest-
stellung eines übermäßigen Defizits durch die Kommis-
sion zu quasiautomatischen Sanktionen kommen soll.
Jetzt fragen wir alle uns doch einmal: Haben Sie das vor
14 Monaten in diesem Hause unterstützt?


(Zurufe von Abgeordneten der SPD: Nein! – Ulrich Kelber [SPD]: Eben nicht! Unglaublich!)


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(C (D s kam der Strandspaziergang von Deauville, der ganz uropa in Empörung versetzt hat. Frau Merkel, Sie und räsident Sarkozy waren es doch – und nicht irgendwelhe Hallodris –, (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn jetzt los?)


ie im Handstreich die automatischen Sanktionen besei-
gt haben. So war das, und daran erinnern wir uns.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt stehen Sie ein Jahr später hier an diesem Mikro-
n und rufen laut: Haltet den Dieb! Von Stabilisierung

eine Spur: Italien infiziert, Frankreich strauchelnd, der
uro am Abgrund. Ein Jahr später kommen jetzt ausge-
chnet Sie heute hierher, um schärfere Sanktionen für
chuldensünder zu fordern. Glauben Sie denn wirklich,
ie Erinnerung ist so kurz? Glauben Sie wirklich, keiner
erkt, was Sie hier für Kapriolen schlagen? Das ist

eine Politik, das ist aus meiner Sicht Schauspielerei.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei allem guten Willen, den wir haben, in der euro-
äischen Sache zu helfen, müssen wir sagen: Es gibt
ein schwarz-gelbes Europa, und es gibt kein rot-grünes
uropa, sondern wir alle zusammen tragen Verantwor-
ng für dieses Europa. Weil das so ist, finde ich, dürfen
ir die Menschen und darf man auch dieses Parlament
icht hinters Licht führen. Sie werben jetzt für irgend-
elche Veränderungen im EU-Vertrag. Einverstanden.
uch über die Einschaltung des EuGH bei Verstößen ge-
en Haushaltsvorgaben reden Sie. Ich habe gar nichts
agegen. Aber Sie können doch nicht so tun, als könnten
ie damit eine Lösung für akute, buchstäblich täglich,
tündlich dramatisch eskalierende Krisensituationen lie-
rn. Das steckt doch da nicht drin.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb glaube ich: Ihr Kalkül ist eigentlich etwas
anz anderes. Sie warten ab. Sie wollen eigentlich nicht

Kern der Sache entscheiden. Sie servieren uns so et-
as wie Ersatzhandlungen. Im Stillen setzt diese Regie-
ng darauf, dass nicht sie, sondern jemand anders han-

elt. Sie stehen sozusagen vor dem europäischen Haus.
as europäische Haus brennt lichterloh, und Sie haben
ngst, sich die Finger zu verbrennen. Sie scheuen die
olitische Verantwortung, die Sie tatsächlich haben, und
chieben andere vor, die jetzt Verantwortung tragen müs-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann meine Vermutung, wenn Sie wollen, auch
och etwas zugespitzter formulieren.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dann mal zu! – Dagmar G. Wöhrl [CDU/CSU]: Bringen Sie eine Lösung!)


17574 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)

Ich kann sie zugespitzter formulieren und sagen: In den
hellen Tagesstunden kritisieren Sie die anderen Euro-
päer, die als letzte Rettung stärkere Aktivitäten der Euro-
päischen Zentralbank fordern, und wenn es dunkel wird,
dann beten Sie, dass die EZB weiter Anleihen kauft. Ich
glaube, das steckt im Grunde genommen dahinter.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Und während das so ist, fluten auch noch zusätzlich die
Notenbanken den Markt mit billigem Geld, um den Ab-
sturz abzuwenden. Noch jemand anderes, der handelt.

Herr Altmaier, ich habe Sie heute Morgen im Mor-
genmagazin erlebt.


(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Da hätten Sie etwas lernen können!)


Es geht doch nicht, dass wir uns als Politiker über Kurs-
feuerwerke an den Börsen freuen. Das geht doch nicht.
Wir müssen doch sagen, was es heißt, wenn solche Kurs-
feuerwerke durch Geld mal eben ausgelöst werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir reden hier nichts herbei. Alle Welt redet darüber
– nur wir hier in diesem Hohen Hause reden nicht da-
rüber –, dass diese Politik des billigen Geldes natürlich
auch Inflationsgefahren steigert. Wir haben die Inflation
nicht, aber die Gefahr wird gesteigert.

Wenn wir über die EZB reden, dann müssen wir den
Menschen doch auch sagen – jetzt ganz ehrlich –: Wenn
die EZB Anleihen kauft, haftet am Ende nicht irgendwer,
sondern es gibt eine gemeinsame europäische Haftung.
Daran kommen wir doch nicht vorbei.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wissen Sie, Frau Merkel, deshalb verstehe ich einfach
nicht, warum Sie sich hier hinstellen und sagen: Mit uns
kommt Gemeinschaftshaftung nicht infrage. Sie findet
statt durch Anleihenaufkäufe der EZB, jeden Tag mehr.
Fast 300 Milliarden Euro stehen mittlerweile in der Bi-
lanz. Das ist in dieser Lage ja sogar unvermeidbar. Aber
geben Sie doch endlich zu, dass Sie das heimlich und
nachdrücklich betreiben. Ich finde es einfach nicht in
Ordnung, wenn Sie das leugnen; denn das geht meilen-
weit an der Wahrheit vorbei.


(Beifall bei der SPD)


Ich weiß, dass das, was wir von der Opposition zu sa-
gen haben, Sie nicht sonderlich kümmert. Sie haben die
Mehrheit hier im Hause. Wenn Sie die Opposition nicht
kümmert, dann vielleicht der Teil der Presse, der Ihnen
politisch näher steht.


(Lachen bei der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Machen Sie doch einmal Vorschläge!)


– Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt. Früher waren
Sie sehr kreativ beim Vortrag von Zeitungslektüre.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Da kann ich mir die Presseschau sparen, wenn Sie vorlesen!)


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(C (D Ich zitiere einen Kolumnisten der Financial Times eutschland auf Spiegel Online: Die Chance auf eine bezahlbare Euro-Rettung ist vertan – und schuld ist die Bundeskanzlerin. Angela Merkel wird uns alle ruinieren, weil sie mit ihrem Zaudern die Krise verschärft. as sagt nicht die Opposition, sondern die deutsche resse, und das sollte Ihnen zu denken geben. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714700400

Rainer Brüderle ist der nächste Redner für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1714700500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat,

anche Medien im Ausland sehen die Euro-Zone vor
em Endspiel. Man hat fast den Eindruck, dass da eine
ewisse Lust am Untergang herrscht. Bei manchen Äu-
erungen der Opposition habe ich den gleichen Ein-
ruck.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


a, es ist Aufgabe der Opposition, die Regierung kritisch
u begleiten. Aber das, was hier seit einigen Wochen
um Teil abläuft, stellt Parteitaktik über das Schicksal
uropas. Das ist nicht in Ordnung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen!)


Ich habe Verständnis dafür, dass die drei möglichen
anzlerkandidaten vor dem SPD-Parteitag nervös wie
ennpferde sind.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

ber dass sie sich europapolitisch wie Ackergäule be-
ehmen, das ist nicht in Ordnung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das muss die FDP gerade sagen!)


elbst Frau Nahles, wie sie uns im Spiegel offenbart,
ervt diese – so nennt sie es – K-Show, die Kanzlerkan-
idaten-Show der SPD.


(Thomas Oppermann [SPD]: Reden Sie mal über den Euro!)


err Gabriel machte Anfang der Woche einen Brüning-
ergleich und warnte die Bundeskanzlerin. Das hat mit
eriosität und Anstand nichts zu tun; das ist unange-
racht. Diese Kanzlerin kämpft engagiert um Europas
ukunft. Wir stehen hinter ihr.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17575

Rainer Brüderle


(A) )


)(B)

Der europäische Gipfel muss und wird den Weg zu ei-
ner Stabilitätsunion weisen. Es heißt in manchen Kom-
mentaren: So deutsch war Europa noch nie. Diese Aus-
sage zeigt Respekt, aber auch Vorbehalt vor deutscher
Dominanz. Es geht jedoch nicht darum, ein deutsches
Europa, sondern ein gutes Europa zu schaffen. Das ist
europäischer Patriotismus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Europäische Union ist das größte Friedensprojekt
aller Zeiten. Der Historiker Michael Stürmer hat die Er-
rungenschaften Europas auf eine ganz einfache Formel
gebracht. Er sagte: Nach dem Krieg machte sich
Deutschland auf den Weg, wieder ruhig zu schlafen, gut
zu essen und nie mehr allein zu sein. – Das ist Axiom
deutscher Politik. Deutschland darf sich nie wieder sin-
gularisieren bzw. isolieren. Deshalb ist es gut, dass die
Bundeskanzlerin und der französische Präsident gemein-
sam Vorschläge für einen Stabilitätspakt II machen. Sie
müssen das reparieren, was andere deutsche und franzö-
sische Regierungen leichtfertig beschädigt haben. Da-
rum geht es jetzt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Gipfel wird die Ausgestaltung der EFSF be-
schließen. Der Haushaltsausschuss hat die Leitlinien ge-
billigt. Wolfgang Schäuble hat gute Ergebnisse bei den
Finanzministern erreicht. Das ist eine gute Grundlage für
die Kanzlerin. Der Gipfel wird Vertragsänderungen in
Angriff nehmen. Haushaltsdisziplin in allen Mitglied-
staaten besser zu kontrollieren und notfalls Sanktionen
zu verhängen, das muss das Ziel sein. Das ist der richtige
Weg. Wir, die christlich-liberale Koalition, leben das vor.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Die OECD hat uns dies wieder bestätigt. Das Wachstum
ist intakt, der Arbeitsmarkt ist robust, die Schulden sind
tragfähig. Das ist gelebte Stabilitätskultur. Das ist ein er-
folgreicher Weg. Wenn auch Europa diesen Weg einge-
schlagen hätte, dann hätten wir die aktuellen Probleme
nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Opposition will den Euro mit einem links-keyne-
sianischen Programm stabilisieren. Sie setzt auf Umver-
teilung in Deutschland und Vergemeinschaftung der
Schulden Europas.

Die Grünen haben ihren Steuererhöhungsparteitag
hinter sich, die SPD hat ihren Steuererhöhungsparteitag
vor sich. Mir ist ein Rätsel, wie man einerseits vor einer
Rezession warnen kann und andererseits die Steuern um
30 Milliarden Euro erhöhen will. Das passt nun über-
haupt nicht zusammen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das senkt die Sparquote!)


Das trifft nicht die Superreichen, das trifft den Mittel-
stand in Deutschland. Sie wissen nicht, dass für weite
Teile des deutschen Mittelstands die Einkommensteuer

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(C (D nternehmensteuer ist und dass eine Vermögensabgabe die Substanz der Mittelstandsbetriebe eingreift. Ihre teuerpolitik ist ein Anschlag auf den deutschen Mitteltand und die deutschen Personengesellschaften. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Quatsch!)


Die Grünen wollen vorbehaltlos Euro-Bonds. Sie las-
en außer Acht, dass die gegen deutsches und europäi-
ches Recht verstoßen. Normalerweise sind die Grünen
r das Verursacherprinzip. Nur hier bei den Euro-Bonds

etzen sie das völlig außer Kraft. Es sollen nicht diejeni-
en haften, die keine nachhaltige Haushaltspolitik ge-
acht haben, sondern es sollen diejenigen haften, die es
chtig gemacht haben. Da soll einmal einer verstehen,
ie das eine kluge Politik sein soll.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir hatten einmal nahezu einheitliche Zinssätze in
uropa. Nur: Die Peripherie – die südeuropäischen Län-
er – hat sie nicht genutzt. Diese Länder haben weiter
ie Schulden erhöht, keine Haushaltsdisziplin geübt.
etzt gibt es keine Abwertung nach außen mehr, sondern
ur noch eine innere Abwertung. Das ist schmerzhaft,
ber notwendig. Nur so kann man wettbewerbsfähig
erden.

Griechenland etwa braucht realwirtschaftliche Auf-
auhilfe. Hier hat der Bundeswirtschaftsminister erste
chritte eingeleitet. Der Rösler-Plan


(Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


etzt Schwerpunkte bei erneuerbaren Energien, bei Tou-
smus und bei der Informationstechnologie.

Italien ist in einer ganz anderen Situation, hat eine an-
ere realwirtschaftliche Stärke. Mit den Vorstellungen
on Herrn Monti, der als EU-Kommissar sehr wohl den
innenmarkt vorangetrieben hat und für Wettbewerb

tand, hat es beste Aussichten.

Beim Thema Euro-Bonds eiert die SPD. Mal springt
ie auf, mal springt sie ab. Man kann auch sagen: Die
PD „sigmar-gabrielt“ sich von Woche zu Woche – mal
uf, mal runter, nichts ist dabei klar.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es können nicht alle so klar sein wie die FDP! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich finde den Gabriel in Ordnung, aber dass er so eiern kann wie die Bundeskanzlerin? Das kann er nicht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714700600

Herr Kollege Brüderle, darf Ihnen eine Kollegin eine

wischenfrage stellen?


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1714700700

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

Andere in der SPD setzen auf eine entfesselte Geld-
olitik mit allen Inflationsgefahren. Das sind die Genos-

17576 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Rainer Brüderle


(A) )


)(B)

sen Gerhard Schröder und Peer Steinbrück. Sie wollen,
dass die EZB alles öffnet und „in die Vollen“ geht. Aber
das kann nur in Notsituationen geschehen


(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


und muss zeitlich begrenzt sein, wie gestern auch Präsi-
dent Draghi zu Recht klargestellt hat.


(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU)


Eine aktivistische Geldpolitik mit grenzenlosen Aufkäu-
fen wäre fatal und falsch.


(Thomas Oppermann [SPD]: Kommt der Wahrheit schon näher!)


Die Europäischen Verträge untersagen der EZB langfris-
tige Staatsfinanzierungen. Die Europäischen Verträge
verpflichten die EZB zur Preisstabilität, und die Euro-
päischen Verträge gewährleisten die Unabhängigkeit der
EZB. Das ist das Erbgut der Deutschen Bundesbank und
unsere Mitgift für die europäische Zukunftsentwicklung.

Sie können in Japan beobachten, wo es hinführt,
wenn man allzu großzügig, breit und langfristig angelegt
die Geldmenge vermehrt. Sie haben ein Jahrzehnt und
jetzt schon fast die zweite Dekade verloren, in der sie
keinen Aufschwung hatten. Auch die USA kommen
nicht richtig auf die Beine, obwohl die amerikanische
Notenbank, die Fed, fast per Helikopter das Geld in die
amerikanische Landschaft bringt. Greenspan hat 10 oder
15 Jahre lang auf jede Anspannung und jedes Krisenphä-
nomen mit einer sehr lockeren Geldpolitik reagiert. Das
hat möglicherweise nicht die Probleme der Finanz-
märkte ausgelöst, aber erheblich begünstigt und ver-
schärft. Hier muss Solidität und eine klare Linie herr-
schen.

Noch eines ist mir aufgefallen: Es gibt jetzt eine
große Ratingagentur in den USA, die den USA in ihrer
Einstufung ein Jahr Bewertungspause gibt. Wenn ich mir
das „Rating-Stakkato“ der amerikanischen Ratingagen-
turen zu europäischen Ländern vor Augen führe, dann
kann ich nur sagen: Diese Zahlenkonzerne haben offen-
bar eine patriotische Ader oder einen politischen Knick
in der Optik. Deshalb ist es höchste Zeit, dass Europa
eine eigenständige Ratingagentur bekommt. Diese Ein-
flussnahme, nur weil man einen Verdacht hat, ist nicht in
Ordnung und nicht fair. Sie muss endlich auch ein Ge-
gengewicht in Europa bekommen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zitieren:

Die Bundesregierung muss endlich ihre Blockade-
politik gegen Möglichkeiten aufgeben, Sanktionen
nicht nur bei übermäßigen Defiziten, sondern auch
bei übermäßigen Leistungsbilanzüberschüssen ver-
hängen zu können, um makroökonomische Un-
gleichgewichte abzubauen.

Das ist ein Beschluss des Parteitages der Grünen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Sehr vernünftig!)


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(C (D ie setzen konsequent auf die Drosselung deutscher Exortanstrengungen. Sie wollen Deutschland schlechter nd nicht die anderen besser machen. Es war konseuent, dass Sie Herrn Papandreou nach Kiel eingeladen aben. Das war eine runde Sache. ie wollen, dass deutsche Arbeitnehmer weniger Autos auen, dass deutsche Arbeitnehmer weniger Chemieproukte herstellen und dass deutsche Arbeitnehmer beim aschinenbau weniger erreichen. Der ökonomische achverstand der Grünen, Herr Trittin, passt in eine lastiktüte. Dafür wollen Sie noch eine Zwangsabgabe Höhe von 22 Cent haben. Nichts haben Sie verstan en. Klar muss sein: Wer Wachstum schwächt, schwächt eutschland. Wer Deutschland schwächt, schwächt Eupa. – Wenn Sie das wollen, müssen Sie Ihre Politik eiter so betreiben. Wir wollen etwas anderes: Wir woln Wachstum, Arbeitsplätze und eine gute Zukunft für ie europäische Entwicklung. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen 2 Prozent so wie Sie!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714700800

Das Wort erhält nun der Kollege Gregor Gysi für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714700900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Also, ge-

gentlich wird man hier überfordert.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das glauben wir!)


Ja, das will ich Ihnen gleich begründen.

Ich muss Ihnen sagen, Herr Brüderle: Wenn Sie den
egriff „Genosse“ in den Mund nehmen, klingt das wi-
ernatürlich.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Rainer Brüderle [FDP]: Das ist auch widernatürlich!)


bwohl ich sehr fantasievoll bin, fällt es mir auch sehr
chwer, mir Frau Merkel bei einem Marathonlauf vorzu-
tellen.


(Heiterkeit bei der LINKEN und der SPD)


Zum Ernst der Situation zurück: Die Diktatur der Fi-
anzmärkte hat sich verschärft. Sie ist doch nicht abge-
aut worden, ganz im Gegenteil. Die Ursachen schildern
ie falsch, Frau Bundeskanzlerin. Nicht die Staatsver-
chuldung ist die Ursache der Krise, sondern die Macht
er Banken, der Versicherungen, der Fonds und ihre welt-
eiten Spekulationen sind die Ursachen der Krise. Genau
as führt zu der hohen Staatsverschuldung. Das ist die
ahrheit.


(Beifall bei der LINKEN)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17577

Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Wenn man hier nicht mitgeht, dann kann man die Ur-
sachen nicht wirksam bekämpfen. Ich sage auch: Frau
Merkel, Sie finden keinen Weg aus der Krise heraus. Im
Gegenteil: Schon die EU-Gipfelbeschlüsse vor sechs
Wochen sind doch überholt. Inzwischen wird auch gegen
Italien, Belgien, selbst gegen Österreich und Finnland
spekuliert. Frankreich muss höhere Zinsen auf seine
Staatsanleihen zahlen. Deutschland versuchte, Staatsan-
leihen für 6 Milliarden Euro zu verkaufen. Was erreichte
der Bundesfinanzminister? Staatsanleihen in Höhe von
2 Milliarden Euro wurden gekauft, die restlichen 4 Mil-
liarden Euro wollte niemand haben, weil die Zinsen zu
niedrig sind. Es geht um eine andere Konstruktion.

Herr Steinmeier, in einem Punkt widerspreche ich Ih-
nen. Die Kanzlerin macht schon etwas. Sie gestaltet Eu-
ropa um – aber völlig falsch. Im Vertrag von Lissabon
gibt es zum Beispiel eine Bestimmung, die die Kontrolle
des Kapitalverkehrs verbietet. Vielleicht sollte man diese
Bestimmung einmal aufheben, wenn man den Vertrag
ändert.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber nun haben die Zentralbanken aus den USA, Ja-
pan, der Schweiz, Kanada und übrigens auch die EZB
eingegriffen, und zwar, indem sie den Banken Geld zu
ganz niedrigen Zinssätzen angeboten haben. Das haben
sie natürlich ganz einfach gedruckt. Darauf haben sie
auch hingewiesen. Aber das macht die EZB mit, wenn
ich darauf verweisen darf. Das Problem ist: Die Börsen
jubeln, aber den Menschen in Griechenland und Italien
nutzt das überhaupt nichts. Mit den Interessen von
99 Prozent der Bevölkerung in diesen Ländern hat das
alles gar nichts zu tun. Im Kern geht es um drei Wege,
die beschritten bzw. diskutiert werden. Es ist interessant,
diese Wege genau zu betrachten und Vergleiche anzu-
stellen.

Der erste Weg ist der – Herr Brüderle, hier sind Sie
beleidigt, aber hier hat Herr Gabriel recht –, den Reichs-
kanzler Heinrich Brüning gegangen ist, nämlich durch
drastischen Sozialabbau die Probleme angeblich zu lö-
sen. Genau diesen Weg geht für ganz Europa Frau
Merkel. Das ist ein einziger Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist eine verschärfte Agenda 2010, die dort ange-
wandt wird. Die Investitionen werden in Europa zurück-
gefahren. Ihre Hoffnung ist – jetzt will ich einmal Ihrer
Theorie folgen –: Wenn man Sozialabbau betreibt, die
Renten kürzt, weitere Schikanen gegenüber der Bevöl-
kerung durchführt und sogar noch die Investitionen ab-
baut, dann werden auch die Staatsschulden geringer.
Wenn die Staatsschulden geringer werden, dann entsteht
wieder Vertrauen bei den lieben großen privaten Banken,
und dann kaufen sie wieder zinsgünstiger Staatsanleihen
auf. – So Ihre Theorie. Das hat mit der Realität aller-
dings nichts zu tun.

Wie sieht das Ergebnis aus? Das Wirtschaftswachs-
tum in Griechenland ist um 5,5 Prozent gesunken. Fast
überall herrscht Rezession. Nun kommt das Entschei-
dende – schauen wir uns einmal die Schuldenlast Grie-
chenlands an, lieber Herr Brüderle –: Im Jahre 2010 be-

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(C (D ug die Staatsverschuldung Griechenlands 140 Prozent er Wirtschaftsleistung. Nun beträgt sie 200 Prozent der irtschaftsleistung. Sie ist also um 60 Prozentpunkte estiegen. Das ist das Ergebnis Ihres angeblichen Schulenabbaus. Das Gegenteil kommt dabei heraus, weil der eg falsch ist. Wenn Sie das Vertrauen der großen privaten Banken die Staaten zurückgewinnen wollen, kann ich Ihnen ur sagen: Auch das schaffen Sie nicht. Die Banken beorgen sich Geld bei der Europäischen Zentralbank und ahlen dafür 1,25 Prozent Zinsen. Dann sagen sie gegenber Italien: Italienische Staatsanleihen kaufen wir nur, enn ihr über 7 Prozent Zinsen zahlt. – So verdienen sie ickes Geld und ruinieren die Bevölkerung Italiens. Das lles ist nicht hinnehmbar. Ihr Weg ist rundum und volltändig gescheitert. Aber Sie halten an Ihrem Irrsinnsurs fest. Herr Kauder, Sie haben gesagt: Der Weg, den wir geen, ist ein Weg zu einem deutschen Europa. – Außerem sagten Sie auf dem CDU-Parteitag: Man spricht tzt deutsch. – Gerade in Anbetracht unserer Geschichte ollten wir solche Sätze wirklich vermeiden. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)


Dieser Weg ist politisch, moralisch, historisch, steuer-
olitisch und sozial falsch. Außerdem führt das Ganze
u einem dramatischen Demokratieabbau; dazu haben
ie, Frau Bundeskanzlerin, und auch Sie, Herr
teinmeier, keinen Satz gesagt. Das ist doch nicht mehr
innehmbar: In Italien und Griechenland werden Tech-
okraten eingesetzt – ohne Wahlen, ohne Veränderung.
an schickt Regierungen, die man nicht mehr haben
ill, einfach nach Hause und setzt irgendwelche Leute

in, die der EU willkommen sind. Der ehemalige Minis-
rpräsident Griechenlands sagte zu seiner Bevölkerung,

r wolle sie über den Grundkurs der Politik abstimmen
zw. sie in einem Volksentscheid darüber entscheiden
ssen. Dafür musste er seine Sachen packen. Das hat
it Demokratie nichts zu tun. Das ist ein dramatischer
emokratieabbau, den wir hier erleben.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD])


Dieser erste Weg ist also falsch und gescheitert. Aber
s gibt einen zweiten Weg; er beschreibt sozusagen das
S-amerikanische Vorgehen, aber nicht nur das US-

merikanische, sondern auch das britische. Hier geht es
m die Euro-Bonds. Nun habe ich ja gehört, dass die
rau Bundeskanzlerin sagte: Jetzt sind Euro-Bonds
lsch. – Sie hat plötzlich das Wort „jetzt“ eingeführt.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Ja! Das ist eine Rückzugsmöglichkeit!)


h bin gespannt, ob das nächste Woche noch gilt.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Genau! – Zuruf von der LINKEN: Das kennen wir ja! Wie bei der Atomkraft!)


17578 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Herr Brüderle hingegen sagt: Das geht überhaupt
nicht, weil das Prinzip von Ursache und Wirkung falsch
angewandt wird. Wir können doch nicht dafür haften,
dass andere Staaten Fehler gemacht haben. – Herr
Brüderle, erklären Sie der Bevölkerung doch einmal Fol-
gendes:


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Nein! Lieber nicht!)


Wenn die Europäische Zentralbank jetzt Staatsanleihen
aus Italien, Spanien, Griechenland und anderen Ländern
im Wert von 200 Milliarden Euro hat, die nichts mehr
wert sind, und wenn die Europäische Zentralbank den
Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern der Euro-Zone,
also vornehmlich den deutschen Steuerzahlerinnen und
Steuerzahlern, gehört, wer haftet dann für diese Staats-
anleihen? Wir alle zusammen. Sie sagen also, dass Sie
etwas, das längst existiert, nicht wollen. So kann man die
Bevölkerung nicht an der Nase herumführen. Das sage
ich Ihnen ganz klar.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die zweite Variante bedeutet natürlich, dass man Geld
drucken muss. Sie haben völlig recht: Das war schon im-
mer US-Politik. Das machen die auch heute. Das macht
auch Großbritannien. Dieser Weg ist nicht ganz so unso-
zial und nicht ganz so unmenschlich wie der erste. Aber
er führt zu Inflation, also zu Geldentwertung, und damit
letztlich auch zu mehr Armut. Deshalb ist auch dieser
Weg falsch.

Es gibt einen dritten Weg; das ist der, den wir vor-
schlagen. Sie fürchten ihn aus verschiedensten Gründen;
aber er ist der einzige Weg, der funktionieren könnte. Es
passt Ihnen nicht; aber dieser Weg führt aus der Krise,
und zwar ohne Deflation und ohne Inflation. Was ist zu
tun? Die bedrohten Staaten müssen aus ihrer Abhängig-
keit von den großen privaten Banken, Fonds und Versi-
cherungen befreit werden. Das ist der einzig mögliche
Weg.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie allerdings geben den Banken ständig nach. Sie er-
kennen nicht – oder wollen nicht erkennen –, dass der
Weg, den wir vorschlagen, die einzige Möglichkeit ist.

Wir brauchen eigentlich eine europäische Bank, die
das Geld der Europäischen Zentralbank nehmen und den
bedrohten Staaten zinsgünstige Kredite geben müsste.
Das wäre deshalb eine Lösung, weil die amerikanischen
Ratingagenturen dann machen könnten, was sie wollen.
Sie könnten Griechenland sogar ein „Z“ geben – was es
nicht gibt –, also komplett herabstufen. Wenn Griechen-
land von dieser europäischen Bank weiterhin zinsgüns-
tige Kredite bekäme – und Italien, Spanien, Portugal ge-
nauso –, könnten die Ratingagenturen erzählen, was sie
wollten. Wir hätten dadurch endlich die Unabhängigkeit
dieser Staaten von den großen privaten Banken herge-
stellt, und genau das brauchen wir.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Daneben brauchen wir – das ist wahr – einen Schulenschnitt, aber nicht nur für Griechenland. Übrigens: ie Banken haben doch einmal etwas von einem Schulenschnitt von 50 Prozent erzählt. Man hört gar nichts ehr davon, Frau Bundeskanzlerin. Wie weit ist es denn igentlich damit? Beim letzten Mal war das ein großes hema, heute sagt keiner ein Wort dazu. Ich will nur saen: Das fällt auf. Das alles reicht aber noch nicht. Die großen privaten anken sind einfach zu mächtig. Frau Kohl, die in der RD immer über die Börse berichtet und bei Herrn auch neben mir saß, (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen wir jetzt alle unsere Fernseherlebnisse?)


agte dort interessanterweise Folgendes: Banken wie die
eutsche Bank sind so groß, dass keine Regierung es

ich leisten könnte, sie pleitegehen zu lassen, weder eine
nke noch eine rechte Regierung. Das sei gar nicht mög-
ch, sagt sie. Was heißt das denn? Das heißt, wir sind er-
ressbar. Das heißt, die Deutsche Bank kann machen,
as sie will. Sie würde immer gerettet werden, ganz

gal, ob sich die Regierung rechts oder links nennt oder
s auch ist.


(Thomas Oppermann [SPD]: Klingt so, als würden Sie sie auch retten!)


Ja, und genau das ist nicht akzeptabel, Herr
ppermann. – Deshalb muss man diese Banken verklei-
ern und dann öffentlich-rechtlich gestalten. Es gibt kei-
en anderen Weg.


(Beifall bei der LINKEN)


Öffentlich-rechtlich gestalten“ heißt, sie wie die Spar-
assen, die ARD oder das ZDF zu gestalten. Das heißt
icht, dass der Finanzminister direkt Weisung geben
ann. Eine öffentlich-rechtliche Einrichtung könnte das
anze sehr viel besser regeln.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Die Nummer würde Ihnen in der Volkshochschule keiner abnehmen!)


Die Sparkassen sind nicht unser Problem, sondern die
roßen Privatbanken. Deshalb müssen wir einen anderen
eg gehen. Dann könnten die Banken endlich wieder
ienstleister der Realwirtschaft und der Bürgerinnen
nd Bürger werden und würden sie nicht mehr beherr-
chen. Die großen Konzerne, die noch etwas herstellen,
lso die Realwirtschaft, müssten jetzt eigentlich dazu
ufrufen, die Linke zu wählen, weil wir die Einzigen
ind, die wollen, dass die Banken ihnen wieder dienen
nd nicht bestimmen, was sie zu tun haben. Das ist ja

merhin ein Schritt in eine vernünftige Richtung.


(Beifall bei der LINKEN)


Das reicht aber auch noch nicht. Wir müssen natürlich
uch eine drastische Regulierung der Finanzmärkte her-
eiführen – das gilt auch für öffentlich-rechtliche Ban-
en –, indem wir Hedgefonds, Leerverkäufe etc. verbie-
n. Ich fand das Interview, das Herr Soros,
ultimilliardär und König der Hedgefonds, dem Stern

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17579

Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

gegeben hat, sehr interessant. Er ist dort gefragt worden,
wer eigentlich schuld sei. Das geht auf die Frage der
Frau Bundeskanzlerin zurück. Sie haben ja gesagt, die
Politik sei schuld. Er hat das auch gesagt, aber er hat das
anders begründet. Er wurde gefragt: Sind Sie nicht
schuld? Sie haben doch mit Ihren Leuten weltweit spe-
kuliert. Sie haben das doch herbeigeführt. – Er sagte: Ja,
das stimmt; aber wir sind trotzdem nicht schuld. Schuld
ist die Politik; denn die hat es uns ja erlaubt. Der Mensch
ist von Natur aus gierig; dann sind wir halt, wie wir sind.
Wenn sie es uns verboten hätten, dann hätten wir es ja
nicht gemacht. – Ich finde, das ist das beste Plädoyer da-
für, endlich eine Regulierung der Finanzmärkte herbei-
zuführen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714701000

Herr Kollege Gysi.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714701100

Ich bin gleich fertig, Herr Präsident.

Daneben brauchen wir unbedingt eine Vermögen-
steuer. Es ist nicht mehr zu akzeptieren, dass die Vermö-
genden in der Euro-Zone noch nicht einmal mit einem
halben Euro zur Finanzierung der Krise herangezogen
werden. Lassen Sie mich nur ein Beispiel nennen: 2 000
griechische Familien besitzen 80 Prozent des Vermögens
Griechenlands. Die besagte Frau Kohl sagt dazu: Die
kann man aber nicht heranziehen, weil sie ihr Vermögen
schon ins Ausland gebracht haben. – Abgesehen davon,
dass das bei Grundstücken nicht geht, sage ich: Dann
führen wir eben US-amerikanisches Recht ein. Jeder
Staatsbürger und jede Staatsbürgerin haftet für die Steu-
ern in diesem Land, egal wohin sie das Vermögen ver-
schieben. Das wäre doch nicht zu viel verlangt.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Bofinger, der Wirtschaftsweise der Regierung,
hat gesagt: Ihr Weg führt ins Desaster. – Das stimmt,
Frau Bundeskanzlerin. Sie müssen den Mut haben, end-
lich die Unterordnung unter die Banken aufzugeben. Sie
müssen den Mut haben, die Banken diesbezüglich zu
entmachten. Nur so kann man übrigens einen Markt und
etwas Soziales herstellen. Die Priorität der Banken muss
endlich überwunden werden. Dann – und nur dann – be-
kommen wir ein Europa für die Menschen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714701200

Das Wort erhält nun der Kollege Volker Kauder für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1714701300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Wir sind in einer wirklich außergewöhnlichen Situation.
Wir alle müssen uns anstrengen, um Europa aus dieser
Krise und durch diese Krise zu führen. Da hat das deut-
sche Parlament seine eigenen Positionen und seine eige-

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(C (D en Rechte; denn wir haben miteinander beschlossen das wurde nicht von anderen oder von außen durchge etzt –, dass der Deutsche Bundestag zu beteiligen ist. Dafür gibt es ganz hervorragende Beispiele. Vor dem tzten Gipfel haben wir in diesem Haus gemeinsame ositionen formuliert, Herr Kollege Steinmeier. Wir haen gemeinsam der Bundesregierung den Rücken getärkt, und wir haben gemeinsam die Bundeskanzlerin rmutigt, die richtigen Positionen durchzusetzen. Was h aber heute von Ihnen gehört habe, ist davon meileneit entfernt. Sie haben das Rednerpult im Deutschen undestag mit der Bühne auf dem SPD-Parteitag verechselt, Herr Steinmeier. Das ist nicht in Ordnung. Ich muss Ihnen schon sagen: Sie können den früheren undeskanzler Schröder nicht einfach kritiklos in eine inie mit den großen Europäern stellen. Schauen wir uns och einmal an, was da passiert ist. Bundeskanzler chröder sprach 2003 im Ehrenhof des Élysée-Palastes on einer Achse Berlin-Paris-Moskau. Einen größeren chlag als mit dieser Formulierung konnte man gegen ie Einheit in Europa gar nicht machen. ann wurden locker vom Hocker mit fröhlichem Geicht die Stabilitätskriterien gebrochen. Weil es einem arteipolitisch in den Kram passte, wurde ein Mitgliedsnd, nämlich Österreich, auf unanständige Weise in die fanne gehauen. Das hat mit europäischen Positionen berhaupt nichts zu tun. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Immer langsam! Ich will Ihnen einmal etwas sagen:
h war es nicht, der den früheren Bundeskanzler als

roßen Europäer eingeführt hat; das waren Sie. Wenn
ie das machen, dann müssen Sie auch mit den Punkten
ben, an denen offenkundig wird, dass er sich selber
nd einige parteipolitische Interessen vertreten hat, aber
icht die Interessen Europas und schon gar nicht die In-
ressen Deutschlands. Das muss hier gesagt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Und Sie nehmen das für sich in Anspruch?)


uf Ihrem Parteitag können Sie solche Sprüche machen;
a sind wir nicht dabei. Aber hier lassen wir Ihnen das
damit das ganz klar ist – nicht durchgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zu Europa. Die Bundeskanzlerin hat heute hier ganz
lar formuliert, dass das, was notwendig ist, um Europa
u stabilisieren, mit dem bisherigen Instrumentarium
icht geht. Wir waren uns in unserer gemeinsamen Er-
lärung einig, dass es einige Dinge gibt, die sich ändern
üssen. Die Position war, dass wir die Europäische
ommission in die Lage versetzen müssen, Haushalte zu
egutachten und daraufhin Empfehlungen auszuspre-
hen.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das ist doch nichts Neues!)


17580 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Volker Kauder


(A) )


)(B)

Wir waren uns doch einig, dass wir einen Automatismus
brauchen, damit genau der Fall nicht mehr eintritt, dass
durch politische Entscheidungen Verfehlungen einfach
unter den Tisch gekehrt werden. Dazu braucht man eine
Änderung in den europäischen Verträgen. Wir waren uns
auch darin einig, dass es Sanktionen geben muss, deren
Durchsetzung wir vor dem Europäischen Gerichtshof
einklagen können.

Dies alles, was auch Sie richtig finden und was wir in
unserer gemeinsamen Erklärung gesagt haben, ist doch
nur die Folge davon, dass wir von Anfang an einen fes-
ten Grundsatz verfolgt haben: Wir sind solidarisch, aber
Hilfe gibt es nur, wenn die notwendigen Gegenleistun-
gen erbracht werden. – Glauben Sie, irgendjemand in
Europa hätte auch nur einen entscheidenden Schritt ge-
macht, wenn das gemacht worden wäre, was Sie von An-
fang an verlangt haben? Sie wollten Euro-Bonds und
wollten Geld geben; damit wäre für Sie die Sache erle-
digt gewesen.


(Joachim Poß [SPD]: Das hat kein Mensch gesagt!)


Aber das hätte uns überhaupt nicht weitergebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Frau Bundeskanzlerin, der Weg, den Sie beschritten ha-
ben und den wir von der Koalition immer begleitet ha-
ben, ist richtig. Wir sagen: Es gibt Hilfe und Unterstüt-
zung, aber es sind auch notwendige Schritte zu gehen.

Ich glaube, dass der bevorstehende Gipfel entschei-
dende Möglichkeiten bietet. Ich weiß sehr wohl, dass wir
im deutschen Parlament in einem gewissen Zielkonflikt
sind. Die Bundeskanzlerin hat uns gesagt, welche zentra-
len und wichtigen Punkte auf dem Gipfel besprochen
werden sollen. Da unterstützen wir die Bundesregierung.
Aber klar ist auch, dass wir im Vorfeld nicht jedes De-
tail, über das verhandelt wird, bis auf Punkt und Komma
festlegen können. Rainer Brüderle hat völlig recht, wenn
er sagt: Wir sorgen für die Leitplanken – diese haben wir
formuliert –, zwischen denen sich die Regierung bewegt,
und dann unterstützen wir die Regierung, damit sie das
erfolgreich zu Ende bringt. – Bislang sagt uns die Erfah-
rung: Angela Merkel ist dies immer gelungen. Wir wün-
schen ihr viel Erfolg und Glück für den kommenden
Freitag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass wir die notwendigen Veränderungen durchset-
zen können, zeigt, glaube ich, die Entwicklung in der
letzten Zeit. Herr Gysi, man kann leicht daherreden und
sagen: Da stürzen ganze Regierungen. – Heute lese ich
in den Zeitungen – das mag Sie vielleicht sogar bedrü-
cken –, dass nicht mehr die Opposition entscheidet, ob
eine Regierung im Amt bleibt oder nicht, sondern die Fi-
nanzmärkte. Bei uns entscheiden weder die Finanz-
märkte noch Sie; das ist ein Glücksfall für uns.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erledigen Sie selber! – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Elke Ferner [SPD]: Das macht die FDP!)


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(C (D s ist doch völlig klar: Wenn eine Regierung ein Land in ine solche Situation bringt, wie es im Fall Griechenland eschehen ist, dann muss es eine Veränderung geben, ann muss eine andere politische Richtung eingeschlaen werden. Das wurde weder von der Europäischen ommission noch vom Europaparlament, sondern vor rt entschieden. Zu Herrn Papandreou: Wenn man in einer so schwiegen Situation etwas miteinander vereinbart, dann kann an nicht überfallartig und über Nacht etwas anderes achen und alles durcheinanderbringen. Das war das roblem. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Genau!)


azu hätte ich mir eine kritische Anmerkung der Grünen
uf ihrem Parteitag gewünscht. Aber da wird so getan,
ls ob ein Held habe gehen müssen. Nein, hier hat sich
mand nicht an Vereinbarungen gehalten.


(Elke Ferner [SPD]: Das stimmt doch nicht!)


chon früher bestand das Problem in Europa darin, dass
an sich nicht an Vereinbarungen gehalten hat. Das
uss sich grundlegend ändern. An Vereinbarungen, an

emeinsame Regeln müssen wir uns alle halten, weil es
onst, wie wir gesehen haben, schiefgeht. Das ist die Er-
hrung aus unserer Geschichte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden in der nächsten Zeit sicherlich immer
ieder über die Situation in Europa reden. Wir stellen

ber auch fest: Obwohl es Schwierigkeiten gibt und wir
mer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert

ind – da widerspreche ich dem einen oder anderen –,
ommen wir Schritt für Schritt voran. Wir müssen vor
llem das Grundübel beseitigen; wir müssen die Schul-
enpolitik beenden. Da, Herr Steinmeier, kann ich mich
ur wundern. Wo waren Sie während der Haushaltsbera-
ngen in der letzten Woche?


(Manfred Zöllmer [SPD]: Wie sieht das denn mit Ihren Schulden aus?)


ie kann man von diesem Rednerpult aus – wohl wis-
end, dass die ganze Welt zuschaut – den Satz sagen,
ass wir in Deutschland bei der Haushaltskonsolidierung
icht vorankommen?


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Sie haben die Neuverschuldung erhöht!)


ie müssen woanders gewesen sein. Sie haben wahr-
cheinlich noch an die Zeit der rot-grünen Politik ge-
acht. Damals ist es nicht gelungen, bei der Konsolidie-
ng Fortschritte zu machen. Aber wir sind bei der
aushaltskonsolidierung wirklich hervorragend voran-
ekommen und geben damit ein Beispiel, wie man es
achen muss. Deswegen sind wir in einer so guten Si-
ation.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich kann zu den Grünen nur sagen – das habe ich auch
der Haushaltsdebatte getan –: Es ist abenteuerlich,

ass unsere heimische Wirtschaft, also genau diejenigen,
ie dazu beigetragen haben, dass wir in Deutschland er-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17581

Volker Kauder


(A) )


)(B)

folgreich sind, nämlich der Mittelstand, aber auch Groß-
industrie, Automobilindustrie, Maschinenbau, auf Ih-
rem Parteitag besonders ins Visier geraten ist. Ich sage
es noch einmal: Mit Ihren Fahrradläden werden Sie das
Wirtschaftswachstum nicht ankurbeln, sondern nur mit-
hilfe der mittelständischen Industrie und der Automobil-
industrie in unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich wäre froh, ich hätte einen Fahrradladen! Räder werden gebraucht!)


Im Hinblick auf Europa haben wir einiges erreicht.
Eines sollten wir klar und deutlich sagen – schauen wir
uns einmal die Zahlen auch im Verhältnis zum Dollar
an –: Wir haben zwar eine Staatsschuldenkrise: aber wir
können wirklich froh darüber sein, dass der Euro noch
immer stabil ist. Wer meint, der Euro stehe am Abgrund,
redet Unsinn. Der Euro ist stabil.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo leben Sie denn?)


Europa wird sich in Zukunft gut entwickeln, wenn wir so
weitermachen, wie wir das getan haben. Die Verschul-
dung muss allerdings zurückgeführt werden; das muss
erreicht werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie können auch mithelfen, dass die Schuldenbremse
überall eingeführt wird. Das ist ein gutes Instrument, um
auf den rechten Weg zu kommen.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Reden Sie doch mal mit Ihrem Finanzminister! Der weiß es besser!)


Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714701400

Jürgen Trittin ist der nächste Redner für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1714701500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Kauder, bleiben wir einfach bei den Fakten. Sie haben
hier letzte Woche einen Haushalt verabschiedet, der eine
höhere Neuverschuldung vorsieht, als wir sie im letzten
Jahr gehabt haben. Sie erzählen dem Rest Europas öf-
fentlich, es solle sparen. Aber Sie selber sind dazu nicht
in der Lage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Damit noch nicht genug. Sie erklären auch noch: Wir
wollen so weitermachen. Auf diese zusätzlichen Schul-
den für das nächste Jahr setzen Sie noch Steuersenkun-
gen auf Pump. Das ist Ihre solide Finanzpolitik. – Das
hat mit Solidität gar nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich hätte mir gewünscht, lieber Herr Kauder, Sie hät-
ten hier Ihre unseligen Äußerungen vom Parteitag zu-


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(C (D ckgenommen. Das hat es lange nicht gegeben, dass jeand, der für Deutschland in der Verantwortung steht das tun Sie als Vorsitzender einer Koalitionsfraktion –, dieser Art und Weise arrogant in Europa herumholzt. as geht nicht. Das schwächt Deutschland, das er chwert eine Politik in Europa. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


h hätte mir, Frau Bundeskanzlerin, wenn Herr Kauder
azu nicht in der Lage ist, wenigstens von Ihnen ge-
ünscht, dass Sie klargestellt hätten, dass diese Art und
eise des Umgangs mit unseren Partnern in Europa

icht die Position der Bundesregierung bzw. der Bundes-
publik Deutschland ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ihre Regierungserklärung, Frau Bundeskanzlerin, war
ieder sehr stark von dem Grundprinzip charakterisiert:
er Weg ist das Ziel. Um das ein bisschen zu bemänteln,
aben Sie das Bild des Marathonläufers bemüht.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sehr gut! Da kenne ich mich aus!)


assen Sie uns einmal bei diesem Bild bleiben. Das
ichtigste, was man bei einem solchen Lauf berücksich-

gen muss, ist:


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die Kräfte einteilen!)


an sollte sich vorher über die Strecke kundig machen.
nsonsten geht es Ihnen wie Ihrem Wirtschaftsminister,
er erst in die falsche Richtung rennt und sich dann im-
er nur im Kreis bewegt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Na, na!)


Wenn man einen Marathon laufen will, dann muss
an ihn nicht nur zu Ende bringen, sondern man muss

uch anfangen, zu laufen. Das ist aber genau das, was
ie zurzeit nicht machen. Sie sagen: Wir werden nichts
nternehmen, bevor nicht Vertragsänderungen und Ähn-
ches vorgenommen werden. Das heißt, Ihr Marathon-
uf hat noch gar nicht begonnen. Dies ist in der jetzigen
ituation schlicht und ergreifend fahrlässig.

Die Botschaft, beispielsweise in Richtung Italien, lau-
t: Bevor überhaupt etwas passiert, soll das Land erst

inmal sparen. Ich will nur kurz darauf hinweisen, was
alien bevorsteht. Italien muss im nächsten Jahr
70 Milliarden Euro refinanzieren. Das ist mehr als der
undeshaushalt. Im Jahr darauf werden es 200 Milliar-
en Euro sein. Italien muss zurzeit auf dem Markt 8 Pro-
ent Zinsen für seine Refinanzierung zahlen. Glauben
ie, dagegen könnte man mit irgendeiner staatlichen
parpolitik ansparen? Das ist schlicht und ergreifend un-
öglich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


17582 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Jürgen Trittin


(A) )


)(B)

Das sage nicht nur ich, sondern das hat Ihnen auch Ihr ei-
gener Sachverständigenrat ins Stammbuch geschrieben.
Er hat ausgerechnet, was Italien erwirtschaften müsste,
wenn es die Maastricht-Kriterien innerhalb von 20 Jahren
einhalten wollte. Italien müsste jedes Jahr einen Primär-
überschuss von 8 Prozent erwirtschaften. Nein, das, was
Sie dem Rest Europas predigen, praktizieren Sie nicht
nur selber nicht, sondern es ist auch eine Auflage, die das
Problem nicht lösen wird. An deren Ende steht das Zer-
brechen der Euro-Zone und damit des gemeinsamen Eu-
ropas.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Darüber mache ich mir Sorgen. Wollen wir dabei taten-
los zugucken?

Der Kollege Kauder hat sich nicht entblödet, den Ver-
gleich mit der Fahrradproduktion zu bringen. Ich würde
Ihnen raten, lieber Herr Kollege Kauder, die Firma
Daimler zu besuchen und Herrn Zetsche zu fragen, was
er glaubt, was mit seinem Unternehmen passiert, wenn
die Euro-Zone auseinanderbricht und es in der Kern-
Euro-Zone zu einer Aufwertung um 20, 30 oder 50 Pro-
zent kommt. Dann wären die Arbeitsplätze in Untertürk-
heim und Sindelfingen aber sehr akut in Gefahr. Das
nehmen Sie mit Ihrem Nichthandeln zurzeit billigend in
Kauf. Das ist das Problem, das der Industriestandort
Deutschland hat: Sie sind fahrlässig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Widerspruch bei der FDP)


Hören Sie auf, das deutsche Volk zu belügen! Es ist
eine Lüge, wenn Sie sagen: Sie haften nicht für Anleihen
anderer. Herr Gysi hat recht. Bei der EZB liegen
200 Milliarden Euro Staatsanleihen, für die Deutschland
mit 54 Milliarden Euro haftet. Bei der EZB liegt aber
noch mehr: Sie hat Kredite an die südeuropäischen Ban-
ken vergeben. Wir haften zurzeit für 460 Milliarden
Euro davon. – Ich könnte das weiter fortsetzen. Nehmen
Sie nur die Verbindlichkeiten, die diese Staaten bei deut-
schen Banken haben: 525 Milliarden Euro.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


Das ist die finanzielle Dimension, um die es hier geht.
Wir reden von einer dramatischen Situation, und Frau
Merkel sitzt auf ihrem Stuhl und überlegt sich, ob sie ir-
gendwann die Turnschuhe aus dem Schrank holen soll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nein, jetzt muss gehandelt werden. Das heißt, Italien,
Spanien und die anderen betroffenen Länder müssen
sich refinanzieren können.


(Jan Mücke [FDP]: Sie müssen sparen!)


Wenn es mit dem Hebel nicht klappt, dann wird man et-
was anderes machen müssen. Frau Merkel ist inzwi-
schen sehr interessiert, was die Euro-Bonds angeht.
Eben hat sie gesagt: Darüber muss man sich jetzt nicht
streiten; sie kommen sowieso.

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(C (D (Dagmar G. Wöhrl [CDU/CSU]: Das hat sie doch gar nicht gesagt!)


ber wenn sie kommen, dann wird es zu spät sein. Also
üssen wir etwas anderes machen. Selbstverständlich
üssen wir das Volumen für die EFSF vergrößern. Wenn

s mit der Hebelung nicht klappt, geht dies nur über eine
anklizenz. Dann kann man das politisch steuern. Das
t vernünftig. Ich sage Ihnen in aller Ruhe: Es ist die
essere Alternative zu dem, was sonst bleibt,


(Zuruf von der FDP: Es wird immer schlimmer!)


ämlich die direkte Finanzierung durch die EZB ohne
de Sparauflage. Deswegen muss das jetzt kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie brauchen auch einen verlässlichen Pfad zur Til-
ung der europäischen Schulden.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Wie ein Blinder von der Farbe!)


ir müssen mit dem Schuldenabbau Ernst machen. Ich
te Ihnen: Lesen Sie das Gutachten Ihrer eigenen Sach-

erständigen! Da findet sich ein sehr lesenswerter Vor-
chlag. Herr Schäuble hat gesagt: Ich übernehme Teile
avon. – Aber er übernimmt das Wesentliche nicht. Das
esentliche, um die Finanzmärkte von Europa und von

iesem gemeinsamen Euro zu überzeugen, ist, dass klar-
estellt wird: Dieses Europa steht füreinander ein. Dann
uss auch klargestellt werden, dass jedes Land seinen
chuldentilgungsverpflichtungen nachkommt. Dafür hat
er Sachverständigenrat mit dem Schuldentilgungsfonds
in richtiges, ein kluges, ein gutes Modell vorgestellt. So
ommt man aus der Krise heraus, so spart man Geld, so
tellt man finanzielle Solidität wieder her.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Und schließlich, meine Damen und Herren: Ja, wir
rauchen Vertragsänderungen, aber nicht anstelle jetzi-
en Handelns, sondern zusätzlich zu diesem Handeln.

Frau Bundeskanzlerin, es war übrigens nicht die Poli-
k, die die Währungsunion geschaffen hat, das war nicht
ine anonyme Macht, sondern das war der Bundeskanz-
r Helmut Kohl – ich meine mich zu erinnern, Sie wa-
n damals in seinem Kabinett –, es war eine Mehrheit
Bundesrat, die aus A-Ländern bestand, und es war

uch die grüne Partei. Wir alle haben uns für diese ge-
einsame Währung ausgesprochen. Wir haben dies ge-
einsam in dem Wissen getan, dass es Defizite gibt.
enn wir haben gesagt: Nach der deutschen Einheit wol-
n wir diesen wichtigen Schritt gemeinsam gehen.

Nun geht es darum, diesen Schritt tatsächlich zu ge-
en und von der Währungs- zu einer Wirtschaftsunion
u kommen. Nur, Sie haben nichts zum Inhalt gesagt.
as ist eigentlich mit den Vorschlägen von Nicolas

arkozy, der gestern verkündet hat, dieses neue Europa
oll kein institutionelles, kein gemeinschaftliches Eu-
pa sein,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17583

Jürgen Trittin


(A) )


)(B)


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das hat er nicht gesagt! Das stimmt doch gar nicht!)


sondern es soll das Europa der Regierungen sein? Er will
sogar das Schengen-Abkommen aufheben, das heißt, er
will die europäische Freizügigkeit abschaffen. Wenn Sie
denn unbedingt über Vertragsänderungen reden wollen,
dann hätte ich dazu ein klares Wort von Ihnen erwartet.
Das, was er vorgeschlagen hat, ist kein gemeinsames Eu-
ropa.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie müssen jetzt handeln. Spanien und Italien müssen
sich refinanzieren können. Wir brauchen einen tatsächli-
chen Schuldenabbau durch einen gemeinsamen Schul-
dentilgungsfonds. Wir brauchen Schritte hin zu einer
echten Wirtschafts- und Währungsunion. Damit müssen
wir klarmachen: Dieses Europa steht zusammen, es hält
zusammen. Das müssen wir in aller Deutlichkeit sagen,
und das müssen wir nicht nur auf Deutsch sagen, das
müssen wir auch auf Griechisch, auf Italienisch und in
allen anderen Sprachen sagen. – So viel zum Abschluss
zu Herrn Kauder.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714701600

Nächster Redner ist der Kollege Hermann Otto Solms

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714701700

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Man muss zunächst noch einmal daran erinnern,
was die Ursache für die Krise war. Ursache für die Krise


(Caren Marks [SPD]: Ist Frau Merkel!)


ist die unmäßige Verschuldungspolitik der Staaten – üb-
rigens Deutschlands genauso wie anderer Staaten –, und
nichts anderes.


(Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


Wer die Krise bekämpfen will, muss die Ursache be-
kämpfen. Der kann sich nicht nur Gedanken über die Fi-
nanzierung dieser Situation machen, wie das eben der
Kollege Trittin gemacht hat. Noch vor kurzem hat er von
Euro-Bonds gesprochen. Dann ist ihm widersprochen
worden; es ist gesagt worden, dass Euro-Bonds zu einer
gesamtschuldnerischen Haftung der deutschen Steuer-
zahler führen würden. Er hat gemerkt, das ist nicht so
sehr populär. Jetzt redet er von einer Banklizenz. Das ist
aber nichts anderes. Das heißt nämlich, dass die Funk-
tion der Europäischen Zentralbank zur Finanzierung auf
den Fonds übertragen wird, und dann wird eben wieder
Geld geschöpft und so finanziert.

Ich sage noch einmal: Es geht nicht um die Finanzie-
rung der Krise, es geht um die Lösung der Krise. Das ist
das Entscheidende.

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(C (D s ist doch klar, dass die Länder mit hoher Schuldenprolematik nach Rettungsankern suchen und hoffen, die eutschen werden das bezahlen. Deswegen ist es richtig, ass die Bundesregierung und die Kanzlerin Angela erkel in Europa wie ein Fels in der Brandung steht und as ablehnt. Die ganze Koalition lehnt das ab. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


as sind wir dem deutschen Steuerzahler schuldig, um
n zu schützen. Eine andere Alternative gibt es über-

aupt nicht.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714701800

Herr Kollege Solms, darf Ihnen der Kollege Ernst

ine Frage stellen?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714701900

Nein, ich habe nur drei Minuten. Ich möchte jetzt

icht unterbrochen werden.


(Caren Marks [SPD]: Sie wissen wohl nicht, dass das nicht angerechnet wird!)


Die Schulden der Unionsstaaten haben heute ein Ni-
eau von etwa 8,3 Billionen Euro, also 8 300 Milliarden
uro, erreicht. Das sind im Durchschnitt 90 Prozent des
emeinsamen Bruttoinlandsproduktes;


(Manfred Zöllmer [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)


ulässig sind eigentlich 60 Prozent. Wenn Sie sich diese
olumina, diese Dimensionen anschauen, erkennen Sie,
ass Sie dieses Problem nicht in ein oder zwei Jahren lö-
en können;


(Thomas Oppermann [SPD]: Aber mit Steuersenkungen doch wohl auch nicht!)


ielmehr müssen diese Schulden auf einem langen Weg
bgebaut werden. Entscheidend ist – das ist wie beim
arathonlauf –: Sie müssen anfangen, zu laufen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ieses Anfangen – zu laufen – war die Verabschiedung
er Ertüchtigung der EFSF, der Sie ja zugestimmt haben.
a beginnt der Prozess der Entschuldung, der für die
taaten bedingt abläuft – das ist nicht wie bei den Euro-
onds; da wäre es unbedingt –; das heißt, sie werden ge-
wungen, für Hilfsleistungen Gegenleistungen zu geben,
ämlich ihre Ausgaben einzuschränken und ihre Wirt-
chaft zu ertüchtigen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Sagen Sie mal was zum Rösler-Plan!)


arauf kommt es an. Wenn das gelingt und dieser Weg
chritt für Schritt, Jahr um Jahr konsequent fortgesetzt
ird – das ist die Aufgabe –, dann wird das Problem ge-

17584 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

löst werden und dann wird das Vertrauen der Märkte
ganz schnell zurückkommen.

Einen schnellen, kurzfristigen Weg – das sage ich
auch den Kritikern in den eigenen Reihen; Frank
Schäffler war ja gerade noch da – gibt es nicht. Wer ei-
nen solchen Weg gehen will, der riskiert den schnellen
Zusammenbruch der Märkte. Das würde eine weltweite
Finanz- und Wirtschaftskrise auslösen. Dieses Risiko
darf man auf keinen Fall eingehen. Wir müssen den ge-
ordneten Weg des Abbaus der Schulden und der Stabili-
tät der Finanzen in den europäischen Staaten gehen.
Dann wird das Vertrauen der Märkte auch wieder zu-
rückkehren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714702000

Joachim Poß ist der nächste Redner für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1714702100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Kollege Kauder – er verlässt gerade den Saal –,


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Nein, das macht er nicht! – Holger Krestel [FDP]: Fragen Sie sich mal, woran das liegt!)


Ihre Äußerung, dass Deutsch gesprochen wird, ist ein
Beleg dieser Krise. Sie zeigt nämlich die Angst vor den
Wählerinnen und Wählern. Aber was nützen Ihnen sol-
che nationalen Töne, wenn Sie damit überhaupt keine
europäische Lösung erreichen können?


(Beifall bei der SPD)


Was nützt Ihnen das?

Die totale Verengung des Blickfeldes auf die Innen-
politik ist das Kennzeichen dieser Koalition.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das betreibt die SPD!)


– Nein, nein. Das wird weltweit festgestellt: Es gibt eine
totale Verengung auf die Innenpolitik. – Wer sich so ver-
hält, wird dem Ausmaß dieser Krise nicht gerecht.


(Beifall bei der SPD)


Sie starten Angriffe auf die Opposition und wollen
von der katastrophalen eigenen Situation ablenken; denn
Sie in der Koalition stehen ja kurz vor dem Auseinander-
brechen.


(Patrick Döring [FDP]: Zerbrechen Sie sich mal nicht den Kopf!)


Wenn der Mitgliederentscheid in der FDP nicht so aus-
fällt, wie es Herr Rösler und die Führung gern hätten,
was ist denn dann mit der Bundesrepublik Deutschland?
Ist dieses Land, das wegen des Zustandes der Koalition
schon jetzt nicht voll handlungsfähig ist, dann in der

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(C (D rößten europäischen Krise gänzlich handlungsunfähig? arum geht es auch. (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Dann muss die FDP die Koalition verlassen!)


Bevor Sie gegen uns polemisieren, sollten Sie wirk-
ch überlegen, wie Sie mit gemeinschaftlichem Handeln
eiträge leisten, diese Krise zu bewältigen. Dazu gab es
der heutigen Debatte viele kluge Anmerkungen, die
h aus Zeitgründen gar nicht wiederholen kann. Sie ha-
en also überhaupt keinen Anlass, Herr Kauder, Herr
rüderle – auch die Kanzlerin –, solche Töne anzuschla-
en. Das Spiel, das Sie jetzt spielen, gefährdet letzten
ndes Hunderttausende von Arbeitsplätzen hier in der
undesrepublik Deutschland. Das gefährdet eventuell
ie Zukunft der Euro-Zone. Darum geht es, wenn Sie
ich nur noch parteitaktisch orientieren. Frau Merkel hat
eute nicht erkennen lassen, dass sie gewillt ist, weiter-
udenken und auch Türen zum Nachdenken zu öffnen.
ie hat wieder nur den Stabilitätskurs betont, den auch
ir für richtig halten; aber er reicht nicht aus. Wo war
enn die Wachstumskomponente? Das war ja quasi nur
ls Nachklapp dabei. Das reicht für die größte Volkswirt-
chaft in Europa und für die politische Führung dieses
andes lange nicht aus. Frau Merkel, Sie spielen mit den
teressen der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeit-

ehmer, und darauf müssen wir hier hinweisen.


(Beifall bei der SPD)


Die Krise, mit der wir es zu tun haben, kennen Sie
elbst, und es geht ja weiter. Die Menschen stellen sich
ie Frage, ob die Politik der Probleme noch Herr werden
ann. Wir müssen alle aufpassen, dass die Staatsfinan-
ierungs- und Finanzkrise nicht zu einer Krise von staat-
cher Legitimation und der Demokratie wird. Insoweit
äre es wichtig, dass auch Sie überlegen, wie es gerech-
r in diesem Lande zugehen kann, als das derzeit der
all ist. Das gilt nicht nur für Griechenland, wo die
rage der Ungerechtigkeit mit Händen zu greifen ist,
ondern auch für die Bundesrepublik Deutschland. Auch
a vergeben Sie Tag für Tag Chancen, die Krise in richti-
er Weise anzugehen.

Mich hat mit größter Sorge erfüllt, dass Frau Merkel
ier schon wieder dieselben taktischen Spiele treibt und
us den letzten zwei Jahren nichts gelernt hat.


(Beifall bei der SPD – Erich G. Fritz [CDU/ CSU]: Und Poß schwingt immer die gleichen Reden! – Gegenruf von der CDU/CSU: Stimmt!)


Nein, diese Rede ist gerechtfertigt, weil von Frau
erkel keine neuen Signale kommen, und wenn, dann

ienen diese Signale nur dem Selbstschutz. Sie tastet
icht die Unabhängigkeit der EZB an. Wie edel! Aber
as ist ja ihr Selbstschutz. Deswegen schaut sie zu, wie
ie EZB jetzt handelt. Das ist nämlich der Hintergrund
ieser Äußerung von Frau Merkel.


(Beifall bei der SPD – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Sehr wahr!)


Es besteht die Gefahr einer Politik der verbrannten
rde, in Europa wie auch bei Ihren eigenen Leuten, bei

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17585

Joachim Poß


(A) )


)(B)

Ihren Anhängern und in der eigenen Koalition. Die eige-
nen Leute wissen eben auch immer weniger, wofür Sie
stehen, Frau Merkel, und was Ihre Überzeugungen sind.
Unbestritten ist bei Ihnen die Stabilitätsunion, und da-
rüber hinaus kommt von Ihnen überhaupt nichts mehr.
Wenn Sie auf Helmut Kohl verweisen: Bei aller Kritik
an Helmut Kohl glaube ich, dass sich Helmut Kohl in
dieser Krise anders, angemessener verhalten hätte, als
Sie das tun.


(Beifall bei der SPD)


Ein Letztes. Herr Kauder, Sie haben Gerhard
Schröder angesprochen. Gerhard Schröder hat die Ak-
tion damals gemacht, um das Aufkommen des Rechtsra-
dikalismus hier in Europa zu bekämpfen. Dass das drin-
gend notwendig ist, können wir in diesen Tagen
beobachten.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714702200

Nächster Redner ist der Kollege Michael Meister für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1714702300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen vor einer einma-
ligen Herausforderung in der Weltgeschichte: Das Pro-
blem, dass wir eine Währungsunion hatten, die in Turbu-
lenzen kam, dass dabei Landesgrenzen überschritten
wurden und dass es dabei keine Zentralregierung an der
Spitze gab, ist noch nicht vorgekommen. Deshalb gibt es
auch kein Drehbuch zur Bewältigung dieser Krise, und
deshalb möchte ich zunächst seitens meiner Fraktion der
Bundeskanzlerin und der Bundesregierung ein riesiges
Kompliment dafür machen, dass wir uns bisher auf die-
sem Neuland so gut bewegt haben und dass wir einen
klaren Plan haben, wie wir diese Krise bewältigen wol-
len.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es ist schon merkwürdig, Herr Steinmeier, dass Sie
hier von Ihrem rot-grünen Expertentum sprechen. Rot-
Grün ist nicht die Lösung, sondern eine wesentliche Ur-
sache dieser Krise.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Griechenland ist unter Ihrer Zustimmung gegen jegliche
ökonomische Vernunft beigetreten. Der Stabilitätspakt
wurde von Gerhard Schröder, Frank-Walter Steinmeier
und Hans Eichel gegen jegliche Vernunft aufgeweicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Deregulierung der Finanzmärkte, die in Spanien
und Irland ins Elend geführt hat, wurde von der rot-grü-
nen Regierung betrieben und befürwortet. Sie sind die
Ursache, aber nicht die Lösung des Problems. Mit Ihren
Behauptungen machen Sie hier reine Innenpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Wir stehen vor einem historischen Einschnitt, weil ir zum ersten Mal öffentlich darüber diskutieren, dass taaten in Zukunft ein Risiko darstellen. Bisher wurde ie Philosophie vertreten: Staaten sind immer solvent, taaten zahlen immer ihre Schulden, und Staatsanleihen ind kein Risiko. Wir ändern das jetzt und kommen azu, dass Märkte Staatsanleihen richtig bepreisen soln. Damit beginnt eine neue Zeitrechnung. Wir müssen iesen Übergang vernünftig gestalten. Wir müssen aufassen, dass wir bei dem Übergang von der alten zu der euen Philosophie, die die richtige ist, nicht verunglüken. Deshalb ist es richtig, dass wir uns in Zukunft icht mehr abhängig machen. Aber allen Rednern der nken Seite des Hauses sei gesagt: Unser Problem ist icht die Abhängigkeit von Banken, unser Problem ist ie Abhängigkeit von zu vielen Schulden. Deshalb brauhen wir eine andere Schuldenkultur. Wir brauchen weiger Schulden und damit weniger Abhängigkeit der enschen. Das zu ändern, muss das Ziel unserer Politik ein. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


An der Stelle geht die Bundesregierung richtig voran.
ir sparen auf der Ausgabenseite – keine höheren Aus-

aben –, und wir haben, was die Einnahmen betrifft, un-
ere Erwartungen für das nächste Jahr gesenkt. Dazu
ill ich sagen: Auch das zeugt von einer anderen Kultur.
nter Rot-Grün hatten Sie einen Finanzminister, der je-
en seiner Haushalte auf Kante genäht und uns dann am
ahresende erklärt hat, dass es leider schiefgegangen ist
nd die Schulden gestiegen sind. Mir ist ein Finanz-
inister Wolfgang Schäuble, der am Anfang konservativ

lant und dann seine Planungen positiv übertrifft, lieber
ls jemand, der uns erklären muss, dass es schiefgegan-
en ist. Deshalb machen wir weiter mit dieser richtigen
ultur.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auf europäischer Ebene sollte man die möglichen Al-
rnativen kennen und abwägen. Herr Kollege Poß hat

ben kritisiert, wir würden zu viel Innenpolitik machen,
nd dann hat er eine innenpolitische Rede gehalten. Wir
tehen klar zu Europa, wir wollen Europa. Wir stehen
lar zum Euro, und wir wollen den Euro nicht nur dauer-
aft, sondern wir wollen ihn auch als stabile Währung.
afür treten wir ein. Dafür begeben wir uns nicht in in-
enpolitische Scharmützel, sondern wir stellen die rich-
gen Weichen für die Zukunft Europas und für die Zu-
unft eines stabilen Euro.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wie sehen denn die Alternativen aus? Wir glauben
icht, dass wir unter den jetzigen Rahmenbedingungen
ine gemeinsame Haftung für die Schulden aller Mit-
liedsländer verantworten können. Das setzt die falschen
nreize, weil dann diejenigen, die seit jeher das Schul-
enmachen gewohnt waren, auch in Zukunft auf Kosten
nderer leben werden. Deshalb würde das – da hat die
anzlerin recht – die Krise nicht lösen. Das wäre eine
cheinlösung und würde die Krise über die Zeit ver-

17586 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Michael Meister


(A) )


)(B)

schlimmern. Deshalb Nein zu einer Haftungsgemein-
schaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn ich einen stabilen Euro auf Dauer will, dann ist
die absolute Grundlage dafür eine unabhängige Zentral-
bank. Wer das Postulat einer unabhängigen Zentralbank
vertritt, der kann als Politik nicht andauernd Entschei-
dungen der Zentralbank kommentieren, kluge Aufforde-
rungen an sie richten und dergleichen mehr tun.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Was sagt denn die Kanzlerin? Die sagt: Keine Notenpresse anwerfen!)


Wer Unabhängigkeit will, darf sie nicht nur fordern, son-
dern muss sie auch leben. Das heißt, Frau Merkel, wir
müssen uns an der Stelle der Kommentare enthalten und
akzeptieren, dass die Notenbank auf gesetzlich klar gere-
gelter Grundlage ihre Aufgabe für einen dauerhaft stabi-
len Euro wahrnimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


An der Stelle will ich auch klar sagen: Ich verstehe
nicht, was Herr Gysi formuliert hat. Er hat gesagt, dass,
wenn die Zentralbank aktiv würde, das zu Armut führen
würde. Das verstehe ich. Er hat aber auch gesagt, das
wäre die weniger unsoziale Lösung. Ich aber bin der
Meinung: Wenn die Zentralbank so massiv intervenieren
würde und am Ende das die Lösung wäre, dann wäre das
die unsozialste Lösung, die es gibt; denn die Menschen,
die sich nicht wehren können, würden von der Inflation
getroffen. Deshalb müssen wir auch dieses verhindern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Wie denn?)


Was ich vom kommenden Freitag erwarte, ist Folgen-
des: dass wir eine klare Definition bekommen, wie die
Integration der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Europa
ausschauen soll. Dabei muss nicht jeder das Gleiche tun.
Wir wollen nicht die Kultur von 2 000 Jahren in Europa
egalisieren, sondern wir wollen uns auf gemeinsame
Ziele verständigen und diese dem Subsidiaritätsgedan-
ken entsprechend umsetzen. Das Umsetzen muss aber
beaufsichtigt werden – Stichwort: Monitoring –, und es
muss geprüft werden, ob die Ziele erreicht werden. Ich
hoffe, dass wir uns miteinander am kommenden Freitag
auf einen solchen Satz von Vertragsänderungen klar und
deutlich verständigen können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben gelernt, dass es nicht reicht, sich inhaltlich
einig zu sein. Wir müssen uns auch darüber im Klaren
sein: Wie sieht der Fahrplan aus? Dieser Fahrplan muss
im Verfahren unumstößlich eingehalten werden. Nur so
können wir Vertrauen schaffen, das wir dringend brau-
chen, um langfristig an den Märkten tatsächlich wieder
anleihefähig zu sein.

Ein kleiner Einschub, Herr Trittin. Sie haben erwähnt,
dass sich die Italiener und Spanier momentan nicht die

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(C (D ohen Zinsen leisten können. Ich halte dieses Argument r absolut unsinnig. (Beifall des Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/ CSU])


ichtig ist, dass wir dauerhaft langfristige Stabilität er-
ichen. Wenn einer einmal einen Tag ein bisschen hö-

ere Zinsen zahlt, ist das doch kein Problem. Die Frage
t, wo der Zinssatz dauerhaft liegt. Deshalb müssen wir
ns um nachhaltige Stabilität bemühen. Kurzfristige Ak-
vitäten helfen nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das hat Trittin noch nicht kapiert!)


Ich würde mir wünschen – schon seit zwei Jahren –,
ass die Europäische Kommission an dieser Stelle eine
iel stärkere Rolle spielt und in diesem Sinne aktiv wird.
h bedauere, dass wir von dieser Stelle sehr oft Vor-

chläge hören, die eigentlich nicht dem klaren Kurs für
ehr Stabilität und mehr gemeinsame europäische Zu-

unft entsprechen. Ich habe hier den Wunsch, dass wir
icht nur auf unsere Bundeskanzlerin blicken, sondern
ielleicht auch eine etwas stärkere, richtigere Rolle der
U-Kommission einfordern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Man möge mir nachsehen, dass ich kein Mitglied der
xekutive, sondern Parlamentarier bin. Ich möchte, dass
as stärker integrierte Europa auch ein demokratisches
uropa ist. Wir haben darum gekämpft, dass es bei allen
aßnahmen, die wir zur Stützung der Währung und der
emeinschaft eingeleitet haben, eine starke Beteiligung
es Deutschen Bundestages gab. Wenn wir Europa stär-
er integrieren, müssen wir jetzt auch darum kämpfen,
ass Parlamente und Abgeordnete eine demokratische
egitimierung und Kontrolle der neuen Prozesse sicher-
tellen können, und zwar nicht nur mit Blick auf Karls-
he, sondern mit Blick darauf, dass das Ganze, was wir
n, Akzeptanz in der Bevölkerung unseres Landes fin-

en muss.

In diesem Sinne hoffe ich, dass unsere Bundeskanzle-
n am kommenden Freitag erfolgreich ist, nicht nur für
ie Regierung und die Koalition, sondern für Deutsch-
nd und eine gute Zukunft Europas.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1714702400

Das Wort hat nun Stefan Müller für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1714702500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

laube, es schadet nicht, wenn man diese Debatte nach
iner Regierungserklärung auch einmal dazu nutzt, da-
uf hinzuweisen, dass es beim Euro – bei allem, über

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17587

Stefan Müller (Erlangen)



(A) )


)(B)

das wir im Augenblick im Zusammenhang mit dem Euro
diskutieren – nicht nur um unsere gemeinsame Währung
geht, sondern um ein ganz zentrales Projekt der europäi-
schen Integration. Von den Römischen Verträgen bis zur
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und zur Europäi-
schen Union, vom einheitlichen Binnenmarkt bis zu die-
ser gemeinsamen Währung ist die europäische Integra-
tion eine Erfolgsgeschichte, auf die wir alle, die in
diesem Haus einen Beitrag dazu geleistet haben, zu
Recht stolz sein können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die europäische Integration hat sich auch deswegen
als Erfolgsgeschichte erwiesen, weil sie die Grundlage
dafür war, diesen alten Kontinent neu zu ordnen. Wenn
die europäische Integration früher die Antwort auf die
Geschichte war, auf das, was über Jahrhunderte auf die-
sem Kontinent passiert ist, dann muss man heute fest-
stellen, dass die europäische Integration die Antwort auf
die Herausforderungen der Zukunft ist, die uns noch be-
vorstehen. Denn die aktuelle Krise zeigt, dass angesichts
einer zunehmenden Zahl grenzüberschreitender Pro-
bleme die klassischen Nationalstaaten an ihre Grenzen
stoßen. Wir nutzen die Euro-Krise, die Staatsschulden-
krise, zu Recht dazu, uns Gedanken zu machen: Was
sind denn die Aufgaben der europäischen Ebene? Was
müssen die Aufgaben der europäischen Ebene sein? Was
aber sind Aufgaben, die die Mitgliedstaaten auch in Zu-
kunft alleine lösen können?

Die wirtschaftliche und politische Globalisierung
zwingt geradezu zu mehr Zusammenarbeit und stellt uns
vor die Frage, wie wir Wohlstand und soziale Sicherheit
auch in Zukunft aufrechterhalten können. Sie stellt uns
auch vor die Frage, ob wir in Europa, damit auch
Deutschland, einfach nur einen Sitzplatz auf der Tribüne
haben oder ein aktiver Mitspieler in der internationalen
Politik sein wollen.

Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass die eu-
ropäische Integration immer wieder vor neue Herausfor-
derungen gestellt worden ist. Es ist in der Vergangenheit
immer gelungen, diese Herausforderungen, diese Krisen
zu bewältigen. Es ist in der Vergangenheit immer dann
am besten gelungen, wenn Deutschland als größtes Mit-
gliedsland die Impulse gesetzt hat. Deswegen bin ich da-
von überzeugt, dass wir auch diese Krise meistern kön-
nen, weil Deutschland vorangeht, weil Deutschland
gemeinsam mit Frankreich Impulse setzt und weil diese
Bundesregierung an dieser Stelle Verantwortung zeigt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist darauf hingewiesen worden: Bei dieser Krise
geht es eben nicht um eine Krise des Euro. Es ist keine
Euro-Krise, sondern es ist eine Staatsschuldenkrise.
Diese Staatsschuldenkrise ist nicht einfach so über Nacht
entstanden, sondern sie ist über Jahrzehnte entstanden,
weil alle Euro-Länder über Jahrzehnte mehr Geld ausge-
geben haben, als sie vorher eingenommen hatten, und
weil die Defizite mit immer neuen Schulden finanziert

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(C (D orden sind. Erst dadurch ist die Abhängigkeit von Inestoren und den Finanzmärkten entstanden. Genauso wenig wie die Staatsschuldenkrise über acht entstanden ist, genauso wenig lässt sie sich von eiem Tag auf den anderen lösen. Damit befassen wir uns eit nunmehr fast zwei Jahren. Wir sorgen auf der einen eite dafür, dass die Länder, die Hilfe brauchen, auch ilfe bekommen – wir haben gemeinsam Hilfspakete ge chnürt und Rettungsschirme aufgespannt –, auf der aneren Seite müssen wir dafür sorgen, dass die Grundproleme, die überhaupt erst zu dieser Staatsschuldenkrise eführt haben, beseitigt werden. Das Grundproblem dieer Krise ist nun einmal die zu hohe Staatsverschuldung. in weiteres Grundproblem ist das mangelnde Vertrauen er Finanzmärkte und der Investoren, auf deren Geld wir ngewiesen sind, um unseren Staat aufrechtzuerhalten. ieses Vertrauen ist verloren gegangen. Mit den Hilfsmaßnahmen, die wir auf den Weg geracht haben, stellen wir die Zahlungsfähigkeit der Krienländer sicher – das ist richtig –, aber wir leisten mit en Hilfsmaßnahmen noch sehr viel mehr: Wir verhinern damit eine flächendeckende Ansteckung anderer änder. Wir sorgen mit unseren Maßnahmen dafür, dass em Ausfall eines Landes nicht der Ausfall mehrerer änder nachfolgt und dass am Ende – wir sprechen von taatsinsolvenzen – die Euro-Zone insgesamt nicht ausinanderbricht. Gerade das ist in deutschem Interesse, nd deswegen übernimmt Deutschland Verantwortung. Wir tun ein Weiteres: Wir stellen nicht nur die Zahngsfähigkeit der Krisenländer sicher und verhindern icht nur eine flächendeckende Ansteckung, sondern wir orgen auch dafür, dass das europäische Bankensystem icht zusammenbricht. Vor wenigen Jahren standen wir or der Situation, dass Banken kurz vor dem Zusammenruch waren. Wir waren uns weitgehend darüber einig, as das für Deutschland bedeuten würde. Nur, eines uss deutlich gemacht werden: Wir retten nicht die Ban en, wir retten nicht Organisationen, sondern wir retten ie Spareinlagen der Anleger und Kunden der Banken. uch deswegen übernimmt Deutschland Verantwortung. Die Krisenbewältigung kann nur gelingen, wenn wir as verlorengegangene Vertrauen der Finanzmärkte zuckgewinnen. Es geht nicht um Spekulanten und Zocker, ondern es geht in erster Linie um Institutionen, die Geld on Kleinanlegern einsammeln und dieses Geld internaonal anlegen. Die Rückgewinnung dieses Vertrauens ird nur gelingen, wenn die Märkte und die Investoren on der Glaubwürdigkeit der Konsolidierungsprogramme berzeugt sind. Es wird nur gelingen, wenn sie davon berzeugt sind, dass die Haushaltspolitik solide und auch achhaltig ist. Wir werden ferner das Vertrauen nur zuckgewinnen, wenn die Investoren von der Wettbewerbshigkeit der Euro-Zone überzeugt sind. Zur Rückgewinnung dieses Vertrauens gehört, dass ie europäische Ebene Überwachungsrechte bekommen uss, dass es Durchgriffsrechte, Sanktionsrechte und ein lagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof geben 17588 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 Stefan Müller )


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(A) )

muss. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum bei al-
lerlei Vertragsverletzungen Verfahren vor dem Europäi-
schen Gerichtshof eingeleitet werden können, aber wenn
es darum geht, solide Finanzen zu gewährleisten, ein
Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH verwehrt
ist. Deswegen muss man an dieser Stelle etwas verän-
dern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Vertrauen werden wir dann zurückgewinnen,
wenn auch andere Länder dem deutschen Beispiel folgen
und eine Schuldenbremse verfassungsrechtlich veran-
kern. Das Ziel ist nicht, einfach nur weniger Schulden zu
machen, sondern das Ziel ist, irgendwann keine Schul-
den mehr aufzunehmen, und das Ziel ist, irgendwann
von den Schulden wieder etwas zurückzubezahlen. Des-
wegen muss Schluss sein mit der Verschuldungskultur
der vergangenen Jahrzehnte. Wir brauchen eine europäi-
sche Stabilitätskultur.

Dazu werden Euro-Bonds nicht wirklich einen Bei-
trag leisten können. Um es noch einmal deutlich zu sa-
gen: Euro-Bonds lösen für Europa kein Problem. Euro-
Bonds würden aber für Deutschland neue Probleme
schaffen. Sie würden den Konsolidierungsdruck auf die
Länder der Euro-Zone eher vermindern. Im Ernstfall
würde das auch die Finanzkraft Deutschlands überstei-
gen, und es würde zu einer gesamtschuldnerischen Haf-
tung führen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines geht
nicht: dass in Europa alle feiern bis zum Umfallen und
Deutschland die Zeche bezahlt. Da werden wir nicht
mitmachen. Deswegen lehnen wir diese gesamtschuld-
nerische Haftung ab.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das ist typisch! Das sind die Sprüche, die Europa wirklich gebraucht hat!)


Die Staats- und Regierungschefs werden Ende nächs-
ter Woche über weitere Schritte entscheiden. Frau Bun-
deskanzlerin, wir haben volles Vertrauen in Sie. Sie ha-
ben unsere Unterstützung bei Ihrer harten Haltung gegen
Gemeinschaftsanleihen und bei der Unabhängigkeit der
Europäischen Zentralbank. Wir sind auf dem richtigen
Weg, um den Euro, diese gemeinsame Währung, wieder
zu stabilisieren.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714702600

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich Kol-

legen Andreas Schockenhoff für die CDU/CSU-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1714702700

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und

Herren! Ich will zum Schluss der Debatte etwas zum
Thema Erweiterung sagen. Die Bilder, die uns seit Tagen
aus Nordkosovo über Unruhen, Barrikaden und verletzte

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(C (D ATO-Soldaten erreichen – zuletzt 19 Bundeswehrsolaten einschließlich des Kommandeurs –, zeigen beipielhaft, welche Herausforderungen auf dem Weg, die ituation im gesamten westlichen Balkan zu stabilisien, noch vor uns liegen. Wir werden dieses Ziel mit ntschiedenheit und Geduld erreichen, wenn wir aus den ehlern der Vergangenheit lernen. Das beste Beispiel dar ist Kroatien. Der Beitrittsvertrag mit Kroatien wird eim EU-Gipfel unterzeichnet werden. Das macht deutch, dass die Westbalkanländer die Standards der EU erllen können, das heißt insbesondere Rechtsstaatlich eit, eine funktionierende Justiz, Pressefreiheit usw. Unter diesen Voraussetzungen liegt die Integration eiterer Staaten des westlichen Balkans in europäische trukturen in unserem Interesse, wenn dies zu einem ehrwert für die Stabilität der Europäischen Union führt nd wenn zum anderen die Handlungsfähigkeit der EU icht beeinträchtigt wird. Das sind zwei unverzichtbare oraussetzungen. Aber wir müssen auch sehen: Es gibt eine klare Ereiterungsmüdigkeit und gar den Ruf: „Nach Kroatien t Schluss mit der Erweiterung!“ Dass wir heute diese kepsis, diese Ablehnungshaltung haben, hat viel mit rei krassen europapolitischen Fehlentscheidungen von ot-Grün zu tun. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ach! – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Jetzt kommt die Leier wieder!)


Ja, leider muss man das immer wieder sagen.

Erstens war die Erweiterung der Euro-Zone um Grie-
henland die falsche Entscheidung.


(Joachim Poß [SPD]: Das hat doch Rot-Grün nicht entschieden! – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das hat das Europäische Parlament beschlossen! So ein Quatsch!)


a, diese Fehlentscheidung, die wir damals bekämpft ha-
en, hat viel mit der Erweiterungsmüdigkeit zu tun. Die
enschen sagen doch: Nun kümmert euch erst einmal

m den Euro, und denkt nicht schon wieder an die
ächste Erweiterung! Das hat etwas mit dieser krassen
ehlentscheidung zu tun.


(Joachim Poß [SPD]: Die hat aber nicht RotGrün getroffen! – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Sondern das Europäische Parlament!)


Wie bitte? Wer war denn damals gegen die Aufnahme
riechenlands? Natürlich hat Rot-Grün das im Rat in
rüssel und hier im Deutschen Bundestag durchgesetzt,
nd jetzt wollen Sie sich einen schlanken Fuß machen,
dem Sie sagen, Sie haben nichts damit zu tun. So kurz
t das Gedächtnis bei Ihnen inzwischen geworden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die CDU-Abgeordneten haben doch zugestimmt im Europäischen Parlament! Erzählen Sie einmal den Leuten, warum die CDU-Abgeordneten im Europäischen Parla Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17589 Dr. Andreas Schockenhoff )


(A) )

ment zugestimmt haben! Erklären Sie das ein-
mal!)

Zweitens war die Aufnahme von Beitrittsverhandlun-
gen mit der Türkei eine falsche Entscheidung.


(Beifall des Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/ CSU])


Heute sehen wir, dass wir in derselben Zeit, in der wir
mit Kroatien 35 Verhandlungskapitel abgeschlossen ha-
ben, mit der Türkei nur ein einziges Kapitel vorläufig
beenden konnten. Der Fehler war, dass Rot-Grün nicht
sehen wollte, dass die Türkei wichtige Kriterien des
EU-Vertrages nicht erfüllen kann oder nicht erfüllen
will. Klar war das aber schon damals.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt stehen wir vor dem Dilemma, dass die Türkei ab
Juli nächsten Jahres, wenn Zypern die EU-Präsident-
schaft übernimmt, den Verhandlungsraum verlassen
wird; so jedenfalls hat es Präsident Erdogan angekün-
digt. Das aber wird zu einer massiven Entfremdung in
unserem Verhältnis zur Türkei führen. Das kann in einer
Situation, in der wir aufgrund von Entwicklungen im
nördlichen Afrika, im Nahen Osten, aber auch mit Blick
auf den Iran eine deutlich engere und abgestimmte Zu-
sammenarbeit mit der Türkei brauchen, nun wirklich
nicht in unserem Interesse sein.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Dann müssen Sie einmal etwas dafür tun!)


Drittens hat die verfrühte Aufnahme von Bulgarien
und Rumänien, die von Rot-Grün damals durchgedrückt
wurde, zu einem grundsätzlichen Misstrauen geführt, ob
die Länder dieser Region die Standards insbesondere im
Rechtsstaatsbereich überhaupt erfüllen wollen und ob
die EU ihnen das abverlangt, ehe sie beitreten. Dieses
Misstrauen muss ausgeräumt werden.


(Joachim Poß [SPD]: Hatte Kohl das nicht versprochen? Bulgarien und Rumänien! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das war Helmut Kohl!)


Ich halte jede Diskussion über einen Schengen-Status für
Bulgarien und Rumänien für völlig verfrüht. Ehe die
Rechtsstaatssituation in diesen beiden Ländern nicht we-
sentlich besser geworden ist, kann es keinen Schengen-
Status und auch keinen Schengen-Teilstatus für diese
Länder geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: War das nicht ein Versprechen von Helmut Kohl?)


Deshalb ist es gut, dass ab sofort die Beitrittsverhand-
lungen mit künftigen Mitgliedsländern wie beispiels-
weise Montenegro nicht erst mit den einfacheren Kapi-
teln, sondern mit den schwierigsten Kapiteln begonnen
werden, nämlich mit den Fragen der Rechtsstaatlichkeit
und des Justizsystems. Zudem haben wir gestern Abend
beschlossen, dass diese Kapitel bis zum Ende der Ver-
handlungen nicht geschlossen werden und dass keine

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(C (D euen Kapitel geöffnet werden, ehe nicht grundlegende oraussetzungen im Bereich von Rechtsstaatlichkeit und ustiz geschaffen wurden. Das sind wichtige Lehren und onsequenzen aus den Fehlern der Vergangenheit. Ein Wort zu Serbien: Wir sind entschieden dagegen, ass Serbien jetzt den Kandidatenstatus erhält. Jeder eiß, dass Belgrad erheblichen Einfluss auf die Serben Nordkosovo hat. Wir kennen die deutlichen Appelle on Präsident Tadic an die Serben dort, die Gewalt zu eenden und die Barrieren abzubauen, aber wir müssen ststellen, dass dies nicht geschieht, dass sich die Situaon sogar zuspitzt. Ein Zweites. Im Februar 2008 wurde im Zusammenang mit der Anerkennung des Kosovo ein Brandanchlag auf die deutsche Botschaft verübt. Bis heute, also st vier Jahre danach, ist dieser Vorgang nicht aufge lärt, gibt es keine Gerichtsverfahren oder gar Urteile. as können wir als Deutscher Bundestag nicht ignorien. Wenn nicht einmal grundlegende rechtsstaatliche Verflichtungen eingehalten werden, dann können wir eiem Land doch nicht einen Kandidatenstatus geben. Das t nicht nur eine Frage unserer Glaubwürdigkeit, sonern auch eine Frage, wie weit wir in der Bevölkerung kzeptanz für eine verantwortliche Erweiterungspolitik ewinnen. Ich sage abschließend für meine Fraktion: Ja zur Unrzeichnung des Beitrittsvertrages mit Kroatien, Nein u einem Schengen-Status für Rumänien und Bulgarien, he dort nicht die rechtsstaatlichen Bedingungen erfüllt ind, Ja zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit ontenegro unter den gestern beschlossenen Voraussetungen und Nein zu einem Kandidatenstatus für Serbien um jetzigen Zeitpunkt. Ich wünsche der Bundesregierung beim Europäischen at viel Erfolg. Herzlichen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlieungsanträge der Fraktion Die Linke. Entschließungsanag auf Drucksache 17/8017. Wer stimmt dafür? – Wer timmt dagegen?Enthaltungen? – Der Entschließungsntrag ist mit den Stimmen von vier Fraktionen gegen ie Stimmen der Linken abgelehnt. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/8018. Wer timmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – er Entschließungsantrag ist mit den gleichen Mehreitsverhältnissen wie zuvor abgelehnt. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 34 a bis c auf: a)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714702800
Künast, Monika Lazar, Ekin Deligöz, weiterer

17590 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Füh-
rungspositionen umsetzen
– Drucksache 17/7953 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Renate Künast, Ekin Deligöz, Monika
Lazar, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur geschlechtergerechten
Besetzung von Aufsichtsräten
– Drucksache 17/3296 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 17/6527 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andrea Astrid Voßhoff
Elisabeth Winkelmeier-Becker
Dr. Eva Högl
Marco Buschmann
Jens Petermann
Ingrid Hönlinger

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Christel Humme,
Caren Marks, Petra Crone, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD

Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vor-
stände gesetzlich festschreiben
– Drucksachen 17/4683, 17/6527 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andrea Astrid Voßhoff
Elisabeth Winkelmeier-Becker
Dr. Eva Högl
Marco Buschmann
Jens Petermann
Ingrid Hönlinger

Über den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen sowie über die Beschlussempfehlung des
Rechtsausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD
werden wir später namentlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Renate Künast
für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1714702900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 60 Jahre

Grundgesetz, und wir haben noch immer keine Gleich-
stellung erreicht. Wir haben nicht einmal erreicht, dass

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(C (D ie Reihen heute bei dieser Debatte bei allen Fraktionen oll besetzt sind. (Marco Buschmann [FDP]: Bei Ihrer auch nicht! – Zuruf von der SPD: Kernzeit!)


Schauen Sie einmal, bei uns sind die Reihen bis ganz
ach hinten besetzt. Da sind fast alle da. Das ist nicht al-
n Fraktionen gelungen.

60 Jahre Grundgesetz – damals im Parlamentarischen
at waren von 61 Mitgliedern 4 Frauen: Elisabeth
elbert, Frieda Nadig, Helene Weber und Helene
essel. Die haben durchgesetzt, dass es im Grundgesetz

eißt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Übrigen – das will ich einmal lobend erwähnen – hat
ich damals auch Helene Weber von der CDU, die an-
ngs sehr skeptisch war, mit eingesetzt und ihre eigene
raktion von diesem Gleichberechtigungssatz überzeugt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Gute Frau!)


an kann also sagen: Frauen haben den Anstoß gegeben
nd den Mut gehabt, bei der Gleichberechtigung tatsäch-
ch weiter voranzugehen. Es waren übrigens auch die
rauen und niemand sonst, die dann erkämpft haben,
ass im Arbeitsrecht oder im Familienrecht eine Gleich-
tellung eingeführt wurde. Denken Sie einmal daran: Es
at bis Ende der 70er-Jahre gedauert, bis der Mann nicht
ehr automatisch Haushaltsvorstand war; und es hat un-

efähr genauso lange gedauert, bis ein Mann nicht mehr
infach den Arbeitsvertrag seiner Frau kündigen konnte.

Das alles hat nicht gereicht. Wir brauchten nach der
eutschen Einheit eine Grundgesetzänderung, die dazu
eführt hat, dass jetzt nach dem Gleichberechtigungssatz
lgender Satz im Grundgesetz steht:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hin.

… und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nach-
ile hin“!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


arum geht es jetzt. Was vor 60 Jahren 6,8 Prozent
rauen durchgesetzt haben, müsste doch heute im Bun-
estag, in dem die 204 Frauen – wenn alle anwesend wä-
n – 32,3 Prozent ausmachen, möglich sein. Alle reden

on Hebelung. Vielleicht sollten 204 Frauen des Deut-
chen Bundestags auch einmal eine Hebelung bewirken,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und Abgeordneten der LINKEN)


um Beispiel bei der Gleichstellung in Aufsichtsräten
der auch in Vorständen, was dann erst der Anfang wäre.

Ich meine, wir sollten unsere Stärke nutzen. Die Män-
er dürfen und sollen natürlich mitstimmen. Wir müssen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17591

Renate Künast


(A) )


)(B)

unsere zahlenmäßige Stärke als Frauen aber auch nutzen,
um jetzt die nötigen Schritte für eine echte Gleichstel-
lung hinzubekommen. Wir müssen Vorbild sein. Es wird
nicht von alleine gehen. Wenn man einen Brief an die
Vorstände und Aufsichtsräte der DAX-Unternehmen
schreibt, fällt einem beim Durchblättern der Adressen
und Anreden auf, dass man überhaupt nur eine Frau fin-
det – bei Henkel. Vielleicht ist es morgen oder nächste
Woche schon wieder anders, dann kommt eine neue und
die andere ist wieder gegangen. Das ist kein Schnecken-
tempo, das ist Faultiertempo!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das dreifingrige Faultier ist auf dem Boden noch langsa-
mer als die Schnecke. Es würde ungefähr noch einmal
ein halbes Jahrhundert dauern, bis die Frauen in allen
Wirtschaftsbereichen gleichberechtigt vertreten wären.

Wir können heute sagen: Es hat jahrelang viele Tref-
fen und Termine gegeben, und die deutsche Wirtschaft
und die Wirtschaftsbosse haben im Oktober dieses Jah-
res ihre Chance verpasst. Wer eine Vorlage erstellt, deren
Umsetzung freiwillig ist und die von Frauen im Manage-
ment handelt, dabei aber vergisst, die Aufsichtsräte und
Vorstände überhaupt zu erwähnen, den kann man an die-
ser Stelle definitiv nicht ernst nehmen. Das ist ein Af-
front.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn Josef Ackermann sagt, mehr Frauen würden
das Leben schöner und bunter machen, wenn er über sol-
che Dinge diskutiert,


(Zuruf von der SPD: Dann stimmt das!)


– das stimmt –, könnten wir ihm zurufen: Herr
Ackermann, jetzt, wo Sie sich nicht mehr trauen, für den
Aufsichtsrat zu kandidieren, ist ja ein Platz für eine Frau
frei. Dann wird auch dieser Aufsichtsrat schöner und
bunter.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Bettina Hagedorn [SPD]: Und besser!)


– Und besser! – Das könnte die Deutsche Bank auch ver-
tragen. Wenn Daimler-Chef Zetsche davor warnt, er
müsse Männer entlassen, damit dann Frauen zum Zuge
kommen, kann man nur sagen: beschämend.

Wir haben es als Frauen doch nicht nötig, zu erklären,
warum es zum Beispiel für die Aufsichtsräte eine Frau-
enquote oder besser eine Geschlechterquote geben muss,
die besagt, dass mindestens 40 Prozent aller Funktionen
von Frauen oder Männern besetzt werden müssen. Wa-
rum haben wir es nicht nötig? Weil erstens das Grundge-
setz sagt, dass wir vom Bundestag her aktiv darauf hin-
wirken müssen, und weil ich zweitens keinen einzigen
Mann kenne – auch nicht in der Wirtschaft –, der es für
nötig befindet, uns zu erklären, warum es in diesen Jobs
eine Männerquote von 99 Prozent gibt.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


sofern sollte Gleichheit herrschen.

Herr Fuchs von der CDU ist gerade dabei, durch ein
chreiben – das offensichtlich an alle Koalitionsabge-
rdneten ging – berühmt zu werden, in dem er den schö-
en Satz formuliert hat, die Unternehmen sollten bei der
esetzung von Posten nicht dazu gezwungen werden,
us sachfremden Kriterien zu entscheiden und die Quali-
kation der Bewerber außer Acht zu lassen. Dem kann
an nur entgegnen: Erstens. Die Umsetzung des Grund-

esetzes von der Theorie in die Realität ist nie ein sach-
emdes Kriterium.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


weitens. Bei den Bewerbern die Qualifikation außer Acht
ssen? Anders herum ist es doch ein Problem! Warum

tellen die Unternehmen in Führungspositionen immer
och überproportional Männer ein, wo doch die Frauen ei-
en viel höheren Prozentsatz an Uniabschlüssen haben und
azu bessere Noten?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


ie Zukunft heißt: Nach Qualifikation einstellen, und
icht einfach immer nur Männer finden. Wir wissen:
uch die Bundesgremien müssen ran. Dass die Bundes-

gentur für Arbeit einer der letzten Orte reiner Männer-
errlichkeit ist, ist auf Dauer auch nicht mehr zu erklä-
n.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Frauen, die wir brauchen, sind da. Wir haben eine
berfraktionelle Fraueninitiative, wozu ich nur sage: Ich
ünsche, dass daraus etwas erwächst. Wir haben Aktio-
ärinnen, die auf Hauptversammlungen gehen und dort
re Rechte einfordern. Wir haben einen Unternehmerin-

enverband, der eine Datenbank mit 500 hervorragend
ualifizierten Frauen führt. Wir haben so viele Organisa-
onen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns jetzt nicht
ie Zeit verplempern. Der Großteil der Aufsichtsräte
ird im Frühjahr 2013 neu bestellt. Wir müssen also vor
iesem Zeitpunkt die Herren zwingen, Frauen für die
ufsichtsräte und andere Gremien zu finden. Deshalb
itte ich Sie: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf und
nserem Antrag zu. Wann, wenn nicht jetzt?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714703000

Das Wort hat nun Stephan Harbarth für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


17592 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011


(A) )


)(B)


Dr. Stephan Harbarth (CDU):
Rede ID: ID1714703100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir
befassen uns heute in der Tat mit einem Thema von gro-
ßer gesellschaftspolitischer Tragweite. Es geht um die
gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungsposi-
tionen der Wirtschaft. Das ist ein Thema, das gemeinhin
unter dem Schlagwort Frauenquote in Aufsichtsräten
und Vorständen geführt wird.

Wir in unserer Fraktion – nach meiner Überzeugung
alle Fraktionen im Deutschen Bundestag – sind uns im
politischen Ziel einig: Wir möchten den Anteil von
Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft ausbauen.
Dass Frauen in den Führungsgremien der deutschen
Wirtschaft heute unterrepräsentiert sind, ist leider trau-
rige Tatsache.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind uns deshalb einig, dass wir die erforderlichen
Weichen stellen müssen, um mehr Frauen in verantwort-
liche und führende Positionen unserer Wirtschaft zu
bringen. Ich bin im Übrigen sehr dafür, dass der Staat in
seinem Bereich, etwa im Bereich öffentlicher Unterneh-
men, mit gutem Beispiel vorangeht, um den Frauenanteil
zu erhöhen.

Ich nenne Unternehmen wie beispielsweise die Deut-
sche Bahn, die Deutsche Post und viele andere mehr.
Hier können wir als Staat, wie ich meine, ein positives,
ein vorbildhaftes Zeichen setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Gerade in Zeiten des demografischen Wandels kön-
nen wir es uns, auch unter dem Gesichtspunkt ökonomi-
scher Vernunft, weniger denn je leisten, auf so hervorra-
gende Potenziale unserer Gesellschaft zu verzichten. Wir
beobachten weltweit einen Kampf der Unternehmen, der
Wirtschaftseinheiten um die besten Köpfe. Deshalb müs-
sen wir auch aus ökonomischer Klugheit alles tun, um
den oft schwierigen Spagat zwischen Familie und Beruf
bzw. Karriere besser bewältigen zu können.

Hier stehen sowohl Politik als auch Wirtschaft in der
Pflicht, vor allem die Rahmenbedingungen für eine bes-
sere Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter voranzu-
treiben. Vieles ist hier in der Vergangenheit unter unions-
geführten Bundesregierungen seit 2005 vorangebracht
worden.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden heute über Frauen in Führungspositionen!)


So sind zahlreiche familienpolitische Maßnahmen, etwa
das Elterngeld, der Ausbau der Kinderbetreuungsein-
richtungen oder die bessere steuerliche Absetzbarkeit
von Kinderbetreuungskosten, durchgesetzt worden. All
dies erleichtert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch ein ganz anderes Thema!)


Wie sieht die Situation heute aus? Obwohl Frauen
heute in vielen Bereichen sogar häufiger als Männer ein

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(C (D tudium absolvieren und hervorragende Noten erzielen nd obwohl sie ebenso hochqualifiziert sind wie Männer, ind sie in den Führungspositionen der deutschen Wirtchaft und vor allem im Topmanagement, in Aufsichtsrän und Vorständen, deutlich unterrepräsentiert. So ist der rauenanteil im Management von Unternehmen mit ehr als 20 Millionen Euro Jahresumsatz in den letzten 5 Jahren lediglich von 3 Prozent auf 6 Prozent gestieen. In Unternehmen mit mehr als 1 Milliarde Euro Jahsumsatz liegt der Frauenanteil im Topmanagement akell bei nur 3,5 Prozent. Im Management von DAXnternehmen beträgt der Frauenanteil 9,5 Prozent, in ihm Topmanagement gar nur 3 Prozent. Es ist allerdings icht so, Frau Kollegin Künast, dass nur Henkel weiblihe Vorstände vorweisen kann. Es gibt noch einige weire Unternehmen wie BASF und Daimler. (Elke Ferner [SPD]: Ja! Aber nur wenige, Herr Kollege!)


ber es sind uns noch immer entschieden zu wenige.

Dass Handlungsbedarf besteht, liegt auf der Hand.
eshalb sind wir nicht verschiedener Meinung, wenn es
m die Frage geht, ob gehandelt werden muss. Auch wir
der Unionsfraktion sind der klaren Überzeugung:
uch Art. 3 des Grundgesetzes, in dem der Gesetzgeber
erpflichtet wird, auch in tatsächlicher Hinsicht auf die
eseitigung von Ungleichbehandlungen zwischen Män-
ern und Frauen hinzuweisen, gebietet ein Tätigwerden.
s geht um die Frage: Wie werden wir tätig?

Die Vorlagen der Opposition, der Antrag der SPD, der
ntrag von Bündnis 90/Die Grünen und der Gesetzent-
urf von Bündnis 90/Die Grünen, setzen auf eine ge-

etzlich vorgegebene starre Quotenregelung. Wir als
hristlich-liberale Koalition wollen hingegen, wie in der
oalitionsvereinbarung festgelegt, über den von der
undesregierung vorgelegten Stufenplan mit flexibler
uote das Ziel eines höheren Frauenanteils in Führungs-
ositionen erreichen.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Wachsweich!)


ir setzen mit dem Stufenplan auf ein abgestuftes Ver-
hren, das ohne gesetzgeberische Überregulierung aus-

ommt.


(Christel Humme [SPD]: Nein! Ganz ohne Regulierung! Das ist das Problem!)


PD und Grüne setzen dagegen auf staatlichen Zwang.

Nach unserer Überzeugung macht nur der Stufenplan
en erfolgversprechenden Versuch, zu einer gesamthaft
ngelegten Konzeption zu kommen, die die Ursachen
er Unterrepräsentierung von Frauen in Führungsgre-
ien der deutschen Wirtschaft bekämpft, die maßge-

chneiderte und passgenaue Lösungen anbietet, die ohne
mfassende staatliche Eingriffe auskommt und die des-
alb am Ende auch zu besseren Ergebnissen führen wird.

Die erste Stufe zielt auf die Schaffung der Vorausset-
ungen und die Verbesserung der Rahmenbedingungen
r die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im Er-
erbsleben und speziell in Führungspositionen ab. Dazu

ählt die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17593

Dr. Stephan Harbarth


(A) )


)(B)

beispielsweise durch die Einführung flexiblerer Arbeits-
zeiten.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Und wie lange dauert diese Phase?)


Die zweite Stufe setzt auf die Implementierung von
transparenten freiwilligen Selbstverpflichtungen für die
deutsche Wirtschaft,


(Elke Ferner [SPD]: Na ja! Darauf haben wir ja jetzt schon zehn Jahre gewartet!)


um öffentlichen Druck zu entfalten und die Tätigkeit von
Frauen in Führungspositionen weiter voranzutreiben.
Gerade damit unterscheiden wir uns von dem unverbind-
lichen Plänchen, das Rot-Grün im Jahr 2001 verabschie-
det hatte und das von vornherein zum Scheitern verur-
teilt war.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Erst in der dritten Stufe wird die gesetzliche Verpflich-
tung zur Selbstverpflichtung, die sogenannte Flexiquote,
eingeführt. Sie ist auf die Förderung von Frauen in Lei-
tungsgremien in der Privatwirtschaft und im öffentlichen
Dienst ausgerichtet. Sie greift erst dann, wenn die Unter-
nehmen selbst es bis zu einem bestimmten Stichtag im
Jahr 2013 nicht geschafft haben, den Anteil von Frauen
in Aufsichtsräten und Vorständen zu verdreifachen.

Die dann vorgesehene flexible Quote für Unterneh-
men soll so ausgestaltet sein, dass sich die Unternehmen
selbst eine quantifizierbare Zielvorgabe für die Auf-
sichtsrats- und Vorstandsbesetzung setzen, die innerhalb
einer bestimmten Frist erreicht werden soll. Mithilfe ei-
ner solchen Regelung können die Unternehmen auf die
spezifische Situation ihrer jeweiligen Branche und ihres
jeweiligen Unternehmens wesentlich flexibler reagieren
als mit dem starren Instrument, das die Opposition vor-
schlägt.

Wenn die Politik mit der Betrachtung der Wirklichkeit
beginnt, dann müssen Sie feststellen, dass der Frauenan-
teil in vielen Bereichen sehr unterschiedlich ausgeprägt
ist. Im Dienstleistungsbereich liegt der Frauenanteil unter
allen Beschäftigten bei 57 Prozent, im verarbeitenden
Gewerbe bei nur 25 Prozent. Ist es dann wirklich sachge-
recht, in beiden Bereichen genau den gleichen Schwel-
lenwert vorzusehen? Ist es wirklich sachgerecht, dass ein
Unternehmen mit einem Frauenanteil von 70 Prozent in
der Belegschaft im Aufsichtsrat die gleiche Quote haben
muss wie eines mit einem Frauenanteil von 10 Prozent?
Das wird sich wohl schwerlich sagen lassen.

Wer den Anteil von Frauen in Führungspositionen
etwa im Bereich Maschinenbau, aber auch in vielen an-
deren Bereichen langfristig erhöhen möchte, der kann
nur Erfolg haben, wenn der Anteil an Frauen auch unter
den Maschinenbaustudenten zunimmt. Deshalb brau-
chen wir auch insoweit ein gesamthaftes Konzept und
die richtigen Weichenstellungen in der Wissenschafts-
und in der Schulpolitik.

Mit der Flexiquote setzen wir auf Transparenz, auf
Flexibilität und auf öffentlichen Rechtfertigungsdruck


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(C (D r Unternehmen. Dies schafft man mit einer starren uote, wie sie die Opposition möchte, nicht. So unzufrieden wir mit dem Status quo sind, so sehr tellen wir fest, dass sich einiges in die richtige Richtung ntwickelt hat. In der ersten und in der zweiten Fühngsebene von rund 300 000 Unternehmen hat sich der rauenanteil in den letzten acht Jahren von 10 Prozent uf 20 Prozent verdoppelt. Die Personalplanung in vien Unternehmen macht deutlich, dass ein positiver rend, ein Umdenken, in Gang gekommen ist, von dem ir uns häufig erhoffen würden, dass es noch wesentlich chneller funktionieren würde. Wir haben positive Beipiele erlebt, zum Beispiel bei der Deutschen Telekom. ie Liste ließe sich fortsetzen, etwa, um Unternehmen hne öffentliche Beteiligung zu nennen, um Merck und hyssenKrupp. Die Anträge, die uns heute vorliegen, sind aber nicht ur in ihrer grundsätzlichen Anlage – staatlicher Zwang tatt flexibler, passgenauer Lösung –, sondern auch in ihn Einzelheiten falsch. Der Antrag der SPD zielt beispielsweise auf eine Reelung für alle Aktiengesellschaften ab. In Deutschland ibt es 16 000 Aktiengesellschaften. Nur 1 000 Aktienesellschaften in Deutschland sind überhaupt börsennoert. Die meisten dieser börsennotierten Aktiengesellchaften sind übrigens kleine Unternehmen. Aktienesellschaften mit fünf oder zehn Mitarbeitern sind in eutschland keine Seltenheit. Häufig haben Aktienge ellschaften nicht fünfköpfige Vorstände, sondern ihre orstände bestehen aus einer einzigen Person. Hier zu agen, alle Aktiengesellschaften müssten eine Frauenuote einführen, geht auch in der handwerklichen Umetzung sicherlich über das Ziel hinaus. Wenn Sie sich den Antrag der Grünen ansehen, dann tellen Sie fest: Er ist in der handwerklichen Ausarbeing dem der SPD sicherlich deutlich überlegen. (Beifall des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr schön, danke! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie immer!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


r orientiert sich sehr stark an den Schwellenwerten im
ereich der Mitbestimmung. Wenn man eine Frauen-
uote einführen möchte, dann ist das aus meiner Sicht
er richtige Ansatz.

Im Mitbestimmungsrecht gibt es abgestufte Katego-
en zur Abgrenzung von großen, mittleren und kleinen
nternehmen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu welchem Thema reden Sie gerade? – Gegenruf des Abg. Markus Grübel [CDU/CSU]: Zu eurem Antrag, und zwar sehr sachkundig! Vielleicht lesen Sie Ihren Antrag auch einmal! Dann können Sie auch der Rede folgen!)


17594 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Stephan Harbarth


(A) )


)(B)

Deshalb ist es im Kern richtig, an die Schwellenwerte
des Mitbestimmungsrechts anzuknüpfen.

Ich halte es im Antrag der Grünen allerdings für nicht
richtig, dass man börsennotierte Aktiengesellschaften ge-
nerell erfassen möchte. Ist es eigentlich sachgerecht, eine
börsennotierte Aktiengesellschaft mit 50 Mitarbeitern
strenger zu behandeln


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Mitarbeiterinnen!)


als ein nicht börsennotiertes Unternehmen mit 300 oder
400 Mitarbeitern? Wohl kaum!

Es ist richtig: Als Konsequenz einer Börsennotierung
muss es bestimmte Zusatzpflichten geben. Sie sind aber
sicherlich primär im Bereich der Rechnungslegung und
im Bereich „zusätzliche Informationen für Anleger“ und
nicht im Bereich „zusätzliche gesellschaftpolitische
Pflichten“ angesiedelt. Deshalb appelliere ich, dass man
sich in der künftigen Diskussion – wir werden die Dis-
kussion fortsetzen – noch stärker an den etablierten
Schwellenwerten im Bereich der Mitbestimmung orien-
tiert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir dürfen festhalten: Die vorgelegten Entwürfe sind
in ihrer Grundanlage „staatlicher Zwang statt flexibler
Lösungen“ falsch.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Sie sind in ihren Details nicht überzeugend und deshalb
nicht zustimmungsfähig. Meine Fraktion wird sie daher
ablehnen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714703200

Das Wort hat nun Eva Högl für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Eva Högl (SPD):
Rede ID: ID1714703300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Wir haben hier vor fast genau einem Jahr, am 3. Dezem-
ber 2010, den Gesetzentwurf der Grünen in erster Le-
sung beraten. Was ist in diesem einen Jahr eigentlich
geschehen? Die Bundesregierung und die Koalitions-
fraktionen haben nichts, aber auch gar nichts dafür ge-
tan, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen
erhöht wird.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen war es ein verlorenes Jahr für die Frauen in
Deutschland und in der privaten Wirtschaft.

Hier geht es heute nicht um die Details, Herr
Harbarth. Darüber können wir uns in einer zweiten
Runde unterhalten. Heute geht es vielmehr um die Frage,

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(C (D b wir verbindliche, gesetzlich festgelegte Frauenquoten großen deutschen Unternehmen wollen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte Ihnen einige gute Gründe für die Quote
arlegen und auch ein paar fürchterliche Vorurteile wi-
erlegen.

Stichwort „Freiwilligkeit“. Wir überlegen im Deut-
chen Bundestag vor der Verabschiedung eines Gesetzes
des Mal sehr genau und sehr gründlich, ob es wirklich

rforderlich ist. Wir wollen keine Regelung aller staatli-
hen Bereiche. Es kann auch keine Rede davon sein,
ass es hier nur um staatlichen Zwang geht. Wir haben
001 unter Rot-Grün eine freiwillige Vereinbarung mit
er deutschen Wirtschaft mit dem Ziel der gleichberech-
gten Teilhabe von Frauen in Führungspositionen ge-
chlossen. Wir haben ernsthafte und klare Festlegungen
etroffen. Aber wir stellen fest: Es hat nichts, aber auch
ar nichts gebracht.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich sage es ganz deutlich: Unsere Geduld ist jetzt am
nde. Im Deutschen Bundestag haben wir den klaren
andlungsauftrag, als Gesetzgeber tätig zu werden. In
rt. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes steht:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hin.

ieser Tatbestand ist hier gegeben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Noch eines ist mir ganz wichtig. Wir haben im Bun-
estag ganz häufig notwendige Entscheidungen zu tref-
n, die wir zwar für richtig halten, die aber unbequem

ind. Wir können nicht immer auf die Mehrheitsmeinung
der Bevölkerung hören. Aber bei diesem Thema scha-

et es nicht, wenn wir einmal hören, was die Bürgerin-
en und Bürger dazu sagen. Dann können wir nämlich
ststellen, dass eine große Mehrheit, insbesondere der

üngeren und der Frauen, ganz ausdrücklich für gesetzli-
he Vorgaben in Form von Frauenquoten für die Wirt-
chaft ist. Sollte uns das nicht zu denken geben?


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das dümmste Argument, welches mir in der Debatte
mer unterkommt, ist, dass mit Frauenquoten ungeeig-

ete Frauen auf Spitzenpositionen kommen.


(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Rita Pawelski [CDU/CSU])


as ist wirklich das allerdümmste Argument. Ange-
ichts der Tatsache, dass 85 Prozent der Aufsichtsrats-
osten und 97 Prozent der Vorstandsposten mit Männern
esetzt sind, kann man doch nicht ernsthaft glauben, das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17595

Dr. Eva Högl


(A) )


)(B)

habe irgendetwas mit der Qualifikation der betreffenden
Person zu tun.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Auswahl bei der Besetzung dieser Positionen erfolgt
einzig und allein nach dem Geschlecht. Das sind alles
Quotenmänner. Ich will noch eines dazu sagen: Wenn je-
mand ernsthaft der Auffassung ist, es handele sich um
ein Ergebnis der Bestenauswahl, dann muss ich fragen:
Was ist das für ein verheerendes Signal an alle Frauen in
unserem Land?


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Genauso dumm ist die Auffassung, Frauen wollten
nicht in Führungspositionen. Wir wissen alle ganz ge-
nau, wie das läuft: Frauen werden überhaupt nicht in den
Blick genommen, Frauen werden in ihrer Karriere nicht
unterstützt, Frauen werden nicht gefragt. Ja, manchmal
ist es für Frauen auch unangenehm und nicht attraktiv,
die Einzige in einem Männergremium zu sein. Es stimmt
auch, dass manchmal die Frauenkarrieren an der Verein-
barkeit von Familie und Beruf scheitern. Auch das ist
richtig. Daraus kann man aber nicht den Schluss ziehen,
die Frauen wollten keine Führungspositionen einneh-
men.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ebenso wenig kann man sagen, Frauen wollten keine
Quotenfrauen sein, sondern nur wegen ihrer Leistung
befördert werden.

Was heißt das im Umkehrschluss? Worauf ist der ge-
ringe Anteil von Frauen in Führungspositionen zurück-
zuführen, etwa darauf, dass die Frauen nicht gut genug
sind? Das wollen wir im Deutschen Bundestag doch
nicht ernsthaft behaupten. Gleichzeitig wird damit unter-
stellt, dass 97 Prozent der Männer um ein so Vielfaches
besser sind als die Frauen. Das ist großer Quatsch.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Frauen wollen Führungspositionen. Frauen können
es. Eine Quote sorgt dafür, dass die exzellenten Frauen,
die es überall in unserem Land, in allen Bereichen unse-
rer Gesellschaft gibt, endlich auf die Plätze kommen, die
ihnen zustehen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen genau dieses Signal an die Frauen. Wir
brauchen das Signal: Liebe Frauen, da sind Plätze in der
deutschen Wirtschaft, auf die ihr kommt. Ihr werdet in
den Blick genommen. Ihr könnt es schaffen. – Wir brau-
chen das Signal an die Betriebe: Schaut euch die Frauen
an. Gebt ihnen eine Chance! – Die Betriebe werden auf-

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(C (D efordert, sich stärker als bisher anzustrengen, sich zu ffnen und Frauen in den Blick zu nehmen; das tun sie isher nicht. Das halte ich für ganz entscheidend bei der iskussion über die Frauenquote. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zur Verein-
arkeit von Familie und Beruf; Herr Harbarth, Sie haben
as angesprochen. Wir kennen die Argumentation: Wir
erbessern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und
ann läuft das schon. – So läuft das überhaupt nicht. Ers-
ns tut die Bundesregierung überhaupt nichts für eine
erbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
owie der Bedingungen für Frauen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


it dem Betreuungsgeld – das muss an dieser Stelle
uch gesagt werden – werden Signale sogar in die fal-
che Richtung und falsche Anreize gesetzt.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Wir wissen ganz genau: Wenn die Verein-
arkeit von Familie und Beruf ein entscheidendes Pro-
lem darstellte, dann säßen in den Toppositionen unseres
andes viele kinderlose Frauen. Das ist aber nicht der
all. Frauen werden nicht diskriminiert, weil sie Kinder
aben oder Probleme mit der Vereinbarkeit von Familie
nd Beruf haben. Vielmehr werden bestimmte Positio-
en nicht mit Frauen besetzt, egal ob sie Kinder haben
der nicht. Das ist das Problem.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass
ich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eher ver-
essert, je mehr Frauen in Spitzenpositionen tätig sind.
ann wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein
anz entscheidendes Kriterium sein. Frauen in Spitzen-
ositionen werden dazu beitragen, dass wir da den Turbo
inschalten und sich alles zum Besseren verändert.

Das alles sind gute Gründe für Frauenquoten in Vor-
tänden und Aufsichtsräten.

Ich möchte noch etwas anderes ansprechen, das ich
ersönlich für den Tiefpunkt der frauenpolitischen De-
atte halte, nämlich den Vorwurf an all diejenigen, die
ich für Frauenquoten einsetzen, sie wollten Rollenbil-
er vorschreiben, und das im 21. Jahrhundert. In dem an-
ekündigten Buch Danke, emanzipiert sind wir selber
on Bundesministerin Schröder soll es um diese Rollen-
ilder gehen.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Haben Sie es schon gelesen?)


h persönlich bin der Auffassung, dass es zynisch ist,
enjenigen, die sich für Frauenquoten in der Wirtschaft
nd insbesondere in Vorständen einsetzen, zu unterstel-
n, dass sie Frauen ein bestimmtes Rollenbild vor-

17596 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Eva Högl


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schreiben wollen. Was wir wollen, ist Wahlfreiheit, und
zwar für alle Männer und für alle Frauen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage bewusst: Wir haben keine Wahlfreiheit, wenn
97 Prozent der Vorstände und 85 Prozent der Aufsichts-
räte mit Männern besetzt sind. Das ist keine Wahlfrei-
heit. Das hat mit Rollenbildern überhaupt nichts zu tun.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir, der Gesetzgeber, sind gefordert, Wahlfreiheit zu
ermöglichen. Wir müssen die notwendigen gesetzlichen
Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass alle Männer
und alle Frauen Wahlfreiheit haben, egal ob sie Kinder
haben oder nicht, egal welchen individuellen Lebensent-
wurf – mit oder ohne Beruf und Karriere – sie haben.
Wir wollen Wahlfreiheit. Dafür brauchen wir jetzt – das
haben die letzten zehn Jahre gezeigt – verbindliche, ge-
setzliche Frauenquoten für die deutsche Wirtschaft.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktio-
nen, ich rate Ihnen: Geben Sie bitte Ihr ideologisch moti-
viertes Nein, das nicht von Sachargumenten gegen die
Frauenquote getragen ist, auf. Sie wissen, wie das mit
der Aufgabe von Positionen geht. Wir haben es bei der
Atomkraft erlebt. Wir erleben es in der Euro-Krise, wo
gute Vorschläge erst abgelehnt und dann doch umgesetzt
werden. Wir kennen das von den Mindestlöhnen.

Ich fände es ganz toll, wenn Sie jetzt auch in diesem
Punkt unsere Vorschläge übernehmen würden. Ich bin da
ganz uneitel: Wenn Sie gute Vorschläge von der SPD
übernehmen, dann ist es mir ganz egal, von wem die
Vorschläge im Endeffekt kommen. Entscheidend ist,
dass wir hier gute Politik machen. Wenn Sie sich ent-
scheiden können, heute dem Gesetzentwurf der Grünen
und dem Antrag der SPD für eine Quotenregelung für
Aufsichtsräte und Vorstände zuzustimmen, dann wäre
das sicherlich ein gutes Signal.

Ich fordere Sie auf: Geben Sie sich heute einen Ruck!
Stimmen Sie in der namentlichen Abstimmung für Quo-
ten in Vorständen und Aufsichtsräten. Es gibt viele gute
Argumente dafür. Sie sind in der bisherigen Debatte
schon deutlich geworden. Stimmen Sie mit uns! Seien
Sie mutig: Für die Gleichberechtigung von Frauen und
Männern!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714703400

Das Wort hat nun Nicole Bracht-Bendt für die FDP-

Fraktion.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Nicole Bracht-Bendt (FDP):
Rede ID: ID1714703500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich bin nicht bei Ihnen, Frau Högl. Was Sie
ben gesagt haben, hat mich nicht überzeugt.


(Beifall bei der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie sind ja auch Ideologin! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie überzeugt gar nichts!)


Zum wiederholten Male sprechen wir heute über die
rage, was die Politik tun kann, damit mehr Frauen in
ufsichtsräte und Vorstände einziehen. Am Mittwoch
ab es auf Initiative von Frauen aus allen Fraktionen
um ersten Mal eine gemeinsame Veranstaltung mit Ex-
ertinnen von außen. Dieser gemeinsame Vorstoß war
ichtig. Wir Frauen hier im Plenum haben alle das glei-

he Ziel: Wir wollen gleiche Karrierechancen für Frauen
ie Männer. Allerdings gehen wir Liberale einen ande-
n Weg als Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen in der
PD-Fraktion und bei den Bündnisgrünen. Wir Liberale
alten eine starre Quote für nicht geeignet und für unver-
ältnismäßig. Eine Quote greift zu kurz. Für diese Mam-
utaufgabe ist viel mehr nötig.


(Zurufe von der SPD)


Hören Sie doch bitte einmal zu.

Sie behandeln jede Aktiengesellschaft wie ein Groß-
nternehmen. Dabei sind nur 800 bis 1 000 davon bör-
ennotiert. Mehr als 90 Prozent der Unternehmen in
eutschland sind mittelständisch. Diese Betriebe haben

in echtes Problem mit Ihrer Quotenforderung.


(Elke Ferner [SPD]: Wieso?)


leiches gilt für die vielen Familienunternehmen, die
ir haben. Es kann doch nicht vom Geschlecht der
achkommen abhängen, ob ein traditioneller Familien-
etrieb weiter aufrechterhalten werden kann.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Das will doch keiner!)


Im Übrigen stehen gerade Familienunternehmen mit
nd 20 Prozent Frauen in Führungspositionen gut da.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Dann haben sie kein Problem damit!)


uf der anderen Seite haben große Unternehmen vor al-
m im technischen Bereich schon heute Nachwuchssor-
en. Das können Sie nicht ignorieren. Wir können jeden-
lls feststellen, dass der Wandel auch ohne staatlich

erordnete Zwangsquote schon im Gange ist, und zwar
allen Bereichen.

In der Wirtschaft und in der Industrie sind alle unter
ruck, sich ein frauenfreundliches Image zu geben. In

iner Pressemitteilung des Bundesverbandes der Deut-
chen Industrie vom Juni dieses Jahres heißt es:

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17597

Nicole Bracht-Bendt


(A) )


)(B)

Aus demographischen und wirtschaftlichen Grün-
den liegt eine stärkere Beteiligung von Frauen in
der Unternehmensführung im ureigenen Interesse
der Unternehmen. Die daraus resultierenden vielfäl-
tigen Maßnahmen von Unternehmen zur Steigerung
des Frauenanteils zeigen bereits deutliche Erfolge:

Der BDI nennt konkrete Zahlen. Demnach ist ein
neuer Höchststand von weiblichen Chefs mit 27,7 Pro-
zent erreicht. In Betrieben mit bis zu 49 Mitarbeitern
sind 35 Prozent der Führungspositionen von Frauen be-
setzt. Der Frauenanteil bei Führungskräften bis 39 Jahre
liegt bei 38 Prozent.

Aber auch bei den DAX-30-Unternehmen gibt es
Fortschritte. Knapp 40 Prozent der von Aktionären bei
Einzelwahlen von DAX-30-Unternehmen in der Haupt-
versammlungssaison 2011 gewählten Aufsichtsräte wa-
ren Frauen.


(Beifall bei der FDP)


Der Frauenanteil auf der Kapitalseite der DAX-30-Auf-
sichtsräte hat sich von 2009 bis 2011 von 4,8 Prozent auf
10,9 Prozent im Jahr 2011 mehr als verdoppelt. Eine
letzte Zahl: Mit einem Frauenanteil von 15,4 Prozent in
den Gesamtaufsichtsräten der DAX-30-Unternehmen
liegt Deutschland über dem europäischen Durchschnitt
der Frauenanteile in Boards von nur 11 Prozent.

Diese Bilanz ist noch nicht befriedigend – darin sind
wir uns einig –, doch ein erkennbarer Schritt in die rich-
tige Richtung. Es ist dringend notwendig, gemeinsam
die gesellschaftlichen, politischen und betrieblichen
Rahmenbedingungen so zu verändern, dass Führungs-
aufgaben auch tatsächlich von Frauen und Männern in
gleicher Weise wahrgenommen werden können. Hierfür
sind der fortgesetzte Wandel der Unternehmenskulturen,
die Steigerung des Frauenanteils in MINT-Studienfä-
chern und der bedarfsgerechte Ausbau der Kinderbetreu-
ung für alle Altersklassen notwendig. Das sehen Sie ja
anders.

Ich möchte noch etwas zu Norwegen sagen. Das ist ja
immer noch Ihr großes Vorbild. Sie behaupten, die
Zwangsmaßnahme habe den Frauenanteil in Führungs-
positionen insgesamt gestärkt. Das ist eine Illusion. Eine
Sozialstudie der London School of Economics kommt zu
dem ernüchternden Schluss, dass Norwegens 40-Pro-
zent-Quote keinen Einfluss auf den Frauenanteil gehabt
hat. Der Erfolg dieser Maßnahme ist rein symbolisch.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!)


Quotenbefürworterinnen tun immer so, als wäre die
Bundesregierung in Sachen Frauenförderung bisher taten-
los gewesen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Selbst die
EU-Kommissarin Viviane Reding spricht immer von den
Ländern, die eine Quote eingeführt haben, und den Län-
dern, die auf den Governance Kodex setzen. Voriges Jahr
wurde bei uns der Governance Kodex geändert und die
angemessene Berücksichtigung von Frauen in Aufsichts-
räten und Führungspositionen aufgenommen. Das ist viel
mehr, als Sie immer behaupten.

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(C (D Damit hat die Bundesregierung unter Beweis gestellt, ass es ihr mit der Gleichstellung von Frauen in Fühngspositionen ernst ist. Natürlich hat das auch Sank onswirkungen. Die Justizministerin nimmt die Wirtchaft in die Pflicht. Ich bin sicher, dass der politische Druck auch ohne wangsquote die Wirtschaft zum Handeln gebracht hat. on, Karstadt oder Daimler haben im Zuge der Selbsterpflichtung im Oktober interessante Frauenförderproramme vorgelegt. Kluge Programme ändern aber nichts n der Tatsache, dass wir ein Umdenken in Verbindung it anderen Strukturen in Gesellschaft und Arbeitspro essen brauchen. Ich denke, darin sind wir uns einig. Ein Stichwort ist die viel zitierte Präsenzpflicht. Wir üssen wegkommen von der Meinung, nur in den Büs, in denen bis spätabends Licht brennt, wird effizient earbeitet. Frauen brauchen sich nicht zu verbiegen; enn die frauenspezifischen Eigenschaften wie Flexibilit und Teamorientierung sind in Führungspositionen geagt. Das haben wir auch vorgestern Abend gehört. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist und leibt ein ganz wesentlicher Baustein auf dem Weg zu iner veränderten Kultur ohne Quote. Ich halte mich da n die renommierte Daniela Weber-Rey, die für eine ultur – hören Sie bitte zu! – aus Kindern, Krippe und arriere wirbt. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei der CDU/CSU klatscht kaum jemand! Die Frauen sind alle erschüttert!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714703600

Das Wort hat nun Yvonne Ploetz für die Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Yvonne Ploetz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714703700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

tellen wir uns kurz vor, in Deutschland wären Männer
nd Frauen tatsächlich gleichgestellt. Dann wäre es
öglich, Kinder zu erziehen und trotzdem problemlos
arriere zu machen. Wenn es um Führungspositionen
eht, würden Frauen nicht mehr gesagt bekommen: Ihr
ollt ja eigentlich gar nicht in die oberen Etagen. –
ein, es wäre selbstverständlich, dass Frauen auf dem
hefsessel Platz nehmen statt im Vorzimmer. Erziehe-
nnen würden am Ende des Tages gemeinsam mit ihren
ännlichen Kollegen den Kindergarten zusperren und
ären zufrieden, weil sie angemessen bezahlt würden
nd ihr Beruf gesellschaftlich angesehen wäre.

Nun wissen wir alle: Der Alltag in Deutschland sieht
in bisschen anders aus. Aber zum Glück gibt es sehr
iele mutige Frauen, die tagtäglich für ihre Rechte
ämpfen. Sie können sich auf das deutsche Grundgesetz
erufen. Es kann hier nicht oft genug zitiert werden. Da-
n heißt es seit 1949 in Art. 3 Abs. 2:

17598 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Yvonne Ploetz


(A) )


)(B)

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat
fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichbe-
rechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf
die Beseitigung bestehender Nachteile hin.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Elke Ferner [SPD])


Dazu gehört all das, was ich gerade gesagt habe, und
noch viel mehr.

Wenn wir jetzt über die Quote und die Initiativen von
SPD und Grünen reden, sollten wir im Hinterkopf behal-
ten, dass Gleichstellung nicht nur bedeutet, Frauen den
Weg in die Führungsetagen zu ebnen, sondern Frauen
und Männern überall, in allen gesellschaftlichen und so-
zialen Bereichen, die gleichen Rechte zuzugestehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Quote ist für uns ein wichtiges Mittel; sie ist nicht
das Ziel. Sie kann aber ein Türöffner zu einer geschlech-
tergerechten Gesellschaft sein. Diese wird von Frauen-
ministerin Schröder und der von ihr vorgeschlagenen
Flexiquote nicht erreicht.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: So ist es! Aber sie versteht es halt nicht!)


Diese Quote lauert bereits im Hintergrund, während wir
hier debattieren. Kurz zur Erläuterung: Die Flexiquote
ist eine Selbstverpflichtung der DAX-Unternehmen. Die
Höhe legen die Männer in den Chefetagen selbst fest.

Was ist das Ergebnis der bisherigen Selbstverpflich-
tung? „DAX-Konzerne bremsen Regierung aus“, hat die
Süddeutsche Zeitung im Oktober dieses Jahres treffend
zur Frauenquote getitelt.

Es gibt einige positive Beispiele, die auch schon ge-
nannt wurden, wie Allianz, Bayer, die Commerzbank
und die Deutsche Telekom. Andere Unternehmen möch-
ten sich gerne fünf Jahre Zeit lassen und eine Quote von
20 Prozent oder weniger erreichen. Das wird mit uns
nicht funktionieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wissen, dass der Frauenanteil in den vergangenen
zehn Jahren in den Vorständen der DAX-Unternehmen
gerade einmal von 2,5 auf 3,7 Prozent gestiegen ist. Das
ist eine Verbesserung um 1 Prozentpunkt in zehn Jahren.
Das kann für uns für die Zukunft nur heißen: Wir geben
den Unternehmen nicht noch einmal zehn Jahre Zeit,
nicht zu handeln, sondern wir brauchen jetzt eine gesetz-
lich festgelegte Frauenquote.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihre Flexiquote ist ein Symbol für die Biegsamkeit
und die Flexibilität des politischen Rückgrats dieser Re-
gierung in der Frauenfrage.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D Es geht auch anders. Das hat das Beispiel Norwegen ezeigt. Ich möchte ganz kurz darauf hinweisen, dass ort die Quote am Anfang genauso leidenschaftlich umämpft war wie bei uns – mit ähnlichen Argumenten. eute, zehn Jahre später, ist sie absolut unstrittig. Sie ist esellschaftlich akzeptiert, und die Unternehmen sind amit erfolgreich. Dieser Blick auf Norwegen zeigt uns in Bezug auf die orliegenden Initiativen Folgendes: SPD und Grüne haen recht: Die Quote muss auch über die 30 DAX-Unterehmen hinaus gelten und natürlich nicht nur für die Priatwirtschaft, sondern selbstverständlich auch für den ffentlichen Dienst. Das schließt auch die Bundesbehören mit ein. Frau Schröder, die Selbstverpflichtung cheint noch nicht einmal in Ihrem eigenen Haus zu nktionieren. Es gibt in Ihrem Ministerium nicht eine taatssekretärin, und nur eine von fünf Abteilungsleitertellen ist mit einer Frau besetzt. Gerade Sie sollten doch it einem positiven Beispiel vorangehen! (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ja, es muss eine festgeschriebene Quote geben. Über
ie Höhe sind wir uns allerdings noch nicht einig. Wir
nden, es gibt keinen Grund, sie bei 30 oder 40 Prozent
stzusetzen, da der Anteil der Frauen in der Gesell-

chaft doch 50 Prozent und mehr beträgt. Außerdem ha-
en wir gerade jetzt die am besten ausgebildete Frauen-
eneration aller Zeiten in der Bundesrepublik. Wenn die
uote wirklich eine Abbildung der Gesellschaft sein

oll, wenn sie den Rechten der Frauen Geltung verschaf-
n soll, dann muss die Hälfte aller Posten den Frauen

ehören.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dennoch, selbst wenn die Hälfte aller Spitzenpositio-
en mit Frauen besetzt wäre, bedeutet das noch lange
icht, dass die Frauen dann auch den gleichen Lohn für
ie gleiche Arbeit erhalten würden. Das ist derzeit nicht
er Fall. Ich finde, das ist einer der wunden Punkte in
ieser Diskussion. Denn hier setzt sich das fort, was auf
en unteren Ebenen beginnt: die ungleiche Bezahlung
on Frauen und Männern, die ungleich verteilte Arbeit
ei Frauen und Männern und auch die ungleiche Wert-
chätzung der Arbeit von Frauen und Männern. Wir
üssen all diese Ungleichheiten zusammen angehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eine emanzipatorische Frauenpolitik muss sich um
ie Frauen in Chef- und Führungsetagen bemühen, und
ie muss auch und insbesondere die Frauen im Blick ha-
en, die in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen ar-
eiten, die keine Erwerbsarbeit haben, die arm sind trotz
rbeit und die auch im Alter arm sein werden. Es gibt

ine ausreichende Zahl von Lösungsvorschlägen vonsei-
n der Linken, von den deutschen Frauenverbänden. Ei-
entlich müssen Sie diese Vorschläge nur aufnehmen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17599

Yvonne Ploetz


(A) )


)(B)

Wir jedenfalls sind weiterhin an der Seite all der
Frauen, die für ihre Rechte kämpfen, und werden ge-
meinsam mit ihnen für ihre Rechte kämpfen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714703800

Das Wort hat nun Elisabeth Winkelmeier-Becker für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1714703900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Über die Anträge der Opposition führen wir jetzt seit
vielen Monaten, fast schon seit einem Jahr, eine ange-
regte parlamentarische Diskussion. Wir führen eine öf-
fentliche Diskussion unter Beteiligung vieler Verbände.
FidAR, der Deutsche Juristinnenbund und der Verband
deutscher Unternehmerinnen haben sich an die Spitze
der Bewegung gesetzt. Das hat Druck erzeugt; das
Thema wurde in den Unternehmen auf die Tagesordnung
gesetzt. Es wird jetzt nicht mehr unter „Verschiedenes“
behandelt, sondern die Unternehmen widmen sich dem
mit einem ganz anderen Ernst.

Von den Headhuntern hören wir, dass es inzwischen
keinen Vorschlag mehr geben darf, in dem nicht mindes-
tens ein oder zwei qualifizierte Frauen enthalten sind.
Die eine oder andere Erfolgsmeldung hören wir auch.

Mir ist wichtig, dabei darauf hinzuweisen, welchen
Beitrag die Koalition, besonders auch die Unionsfrak-
tion, in dieser Diskussion leistet. Dieses Thema ist in un-
serem Koalitionsvertrag an prominenter Stelle verankert.
Wir haben eine Frauenministerin, die sich um dieses
Thema jedenfalls mit großem Engagement kümmert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Mussten Sie das jetzt sagen?)


– Ich will hier das Spektrum der Diskussionen in meiner
Fraktion darstellen. Wir haben schon öfter darüber ge-
sprochen, und ich habe hier schon vorgestellt, was die
Gruppe der Frauen der Unionsfraktion dazu konkret ent-
wickelt hat.

In Summe zeigt das meines Erachtens deutlich, dass
auch die Union dieses Thema ernsthaft angeht. Wer
glaubt, dass wir bis zum Ende dieser Legislaturperiode
abwarten, ohne dass sich an dieser Stelle etwas tut, der
hat den Schuss nicht gehört.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe die Vorstellungen der Gruppe der Frauen
schon öfter präsentiert, und ich habe auch keinen Hehl

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(C (D araus gemacht, dass das auch meine Wunschvorstellunen sind. Wir stellen uns im Hinblick auf die Aufsichtste in mitbestimmten Unternehmen eine Regelung mit inem verbindlichen Zeitrahmen vor, die einen Mindestnteil von Frauen und Männern – das nur zur Beruhiung einiger Kollegen – in Höhe von 30 Prozent festlegt. uch für die Vorstände wäre es ganz wichtig, etwas zu n. Da steht das operative Geschäft im Vordergrund. Alrdings hat man da stärker den Konflikt mit dem Eigenmsschutz auszutragen. Ich glaube, an dieser Stelle äre die Flexiquote ein sehr guter Ansatz. Wir reden über einen Mindestanteil von 30 Prozent. as ist nicht als Ziel zu verstehen, sondern als die Gröenordnung, mit der sich die Strukturen, die den momennen Zustand zementieren, ändern können. Wird diese rößenordnung erreicht, können wir ein anderes Klima erstellen. Diese Quote ist moderater, und sie ist letztlich onsensfähiger. Daher vertreten wir an dieser Stelle diese inie. Ich möchte diese Diskussion noch nutzen, um diejenien, die Vorbehalte gegen eine Quote haben, ein bisshen aus der Reserve zu locken. h glaube, wir brauchen einen mehr oder weniger sanfn Druck. Ich weiß, dass nicht jeder Skeptiker ein Prolem damit hat, wenn Frauen in Führungspositionen steen. Das erschließt sich mir aus Gesprächen mit meinen ollegen. Viele denken – teilweise auch junge Frauen –, dass ich das Ganze von allein regelt. Man sagt: Wir sehen ie zunehmende Karriereorientierung der Frauen; wir seen den hohen Anteil an Akademikerinnen – davon war chon die Rede –; die Strukturprobleme bei der Vereinarkeit von Familie und Beruf, die sicher eine Rolle pielen, gehen wir an. Und dann wird gesagt: Zum Teil ämen im geringen Anteil an Frauen in Führungspositioen die Lebensentscheidungen der Frauen selbst zum usdruck. Ich selbst bin in diese Diskussion nicht mit einer festefügten Meinung gegangen. Wenn man sich schlichteg mit den Fakten auseinandersetzt, dann sieht man: ie sprechen für sich. Man kommt nicht daran vorbei, zu onstatieren, dass es Strukturen sind, die den Frauen hier ntgegenstehen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch wenn wir unterschiedliche Lebensentwürfe, un-
rschiedliche Schwerpunkte haben, auch wenn ein Un-
leichgewicht in einem gewissen Maße unvermeidlich
rscheint, darf es bei den Aufsichtsräten keinen
rauen-Männer-Anteil von 10 : 90 und bei den Vorstän-
en von 3 : 97 geben. Das ist durch nichts zu rechtferti-
en, egal was an landläufigen Argumenten vorgebracht
ird.


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


17600 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Elisabeth Winkelmeier-Becker


(A) )


)(B)

Wird sich das von allein regeln? Schauen wir, welche
Erfahrungen wir in den vergangenen zehn Jahren mit
freiwilligen Regelungen gemacht haben: Es gab eine
Steigerung im unteren einstelligen Bereich. Wenn wir in
diesem Tempo weitermachen, dann dauert es in der Tat
noch an die 50 Jahre, bis wir bei akzeptablen Größenord-
nungen sind.

Lassen Sie mich noch auf die Ursachen eingehen.
Wählen Frauen die falschen Berufe? Wählen sie die fal-
schen Studienfächer? Das anzunehmen, hat eine gewisse
Plausibilität. Wenn man genau hinschaut, dann erkennt
man aber: Die Bedeutung der MINT-Berufe wird an die-
ser Stelle grob überschätzt. 25 Prozent der Mitglieder
von Vorständen und Aufsichtsräten der DAX-Unterneh-
men sind in MINT-Berufen ausgebildet worden. Circa
60 Prozent ihrer Mitglieder kommen aus den Bereichen
Jura, Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft. Gerade in
den Führungsgremien der Banken, in denen genau dies
die richtige Qualifikation ist, sind besonders wenige
Frauen vertreten.

Das zeigt: Frauen besuchen seit Jahren und Jahrzehn-
ten die relevanten Ausbildungsgänge und sind in den re-
levanten Berufsgruppen vertreten; dennoch tut sich an
dieser Stelle nichts. Ich selbst habe vor 30 Jahren Jura
studiert. Daher weiß ich, dass damals genauso viele
Frauen wie Männer angefangen haben. Sie haben auch
mindestens genauso gute Examina gemacht. Aber auf
dieses Reservoir ist bei der Besetzung von Vorständen
nicht zurückgegriffen worden. Das spricht schlichtweg
für sich.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wieso brauchen wir nun mehr Frauen in Führungs-
positionen? Dies ist zum einen gut für die Unternehmen,
und es ist zum anderen gerecht, wenn Frauen gleiche Zu-
gangsmöglichkeiten zu verantwortungsvollen, interes-
santen und lukrativen Positionen haben. Beide Aspekte
haben nicht nur unmittelbar Auswirkungen auf die Ak-
teure, also auf die Frauen, die in die Vorstände kommen,
und auf die Unternehmen, die diese Positionen haben,
sondern damit einher geht auch eine Vorbildfunktion mit
Ausstrahlungswirkung auf alle Ebenen und Bereiche un-
serer Wirtschaft.

Zur wirtschaftlichen Seite: Es gibt genügend Studien,
auch ganz aktuell eine McKinsey-Studie, die zeigen,
dass gerade in den Jahren der Krise die Unternehmen mit
Frauen in Führungspositionen signifikant bessere wirt-
schaftliche Ergebnisse erzielt haben,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nicht – das wäre vermessen – weil Frauen grundsätzlich
besser sind.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Ein bisschen besser sind sie manchmal schon!)


– Gut. Man kann es auch so stehen lassen. – Vielmehr
bringen sie einen anderen, ausgewogenen Ansatz hinein.
Das macht das Team insgesamt erfolgreicher, und das

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(C (D arf man sich doch nicht entgehen lassen. Hinzu kommt davon war schon die Rede – der demografische Wanel. Angesichts dessen ist es doch dumm, wenn sich ein nternehmen auf die Hälfte des Talentpools beschränkt nd nicht überall nach den besten Köpfen schaut. Aber wenn wir uns die Auswahlmechanismen anchauen, müssen wir konstatieren, dass es gar nicht die öglichkeit gibt, sich zu qualifizieren, somit auch keine öglichkeit, sich zu bewerben und zu reüssieren. Berungen erfolgen nämlich schlichtweg durch die Auf ichtsräte. Da liegt es in der Natur der Sache, dass sich ie immer gleichen Auswahlmechanismen perpetuieren. ie Aufsichtsräte wählen die Vorstände, die Aufsichtste schlagen der Hauptversammlung passgenau die andidaten für das nächste Mal vor. Thomas Sattelberger, Personalvorstand bei der Teleom, hat in einem Interview gegenüber dem Spiegel auf ie Frage, ob sich denn Qualität durchsetze, gesagt: Die Entscheidungen fallen ebenso durch Seilschaft, Treuebonus, Netzwerke, strategisches Platzieren von Vertrauten und Vitamin B wie durch Qualität. h will ganz gewiss niemandem, der in einer solchen osition sitzt, die Qualifikation absprechen. Aber solche trukturen schließen Frauen und genauso auch Männer us, die nicht ins Schema passen; diese sind schlicht leichheitswidrig. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Unternehmen, um die es hier geht, haben Bedeu-
ng für die ganze Volkswirtschaft und für viele Men-

chen, seien sie Anteilseigner, Mitarbeiter oder Kunden.
eshalb haben wir als Politiker auch die besondere Ver-

ntwortung, das nicht nur dem eigenen Geschmack der
nternehmen zu überlassen, sondern auch gestaltend

inzuwirken, Vorgaben zu machen und die Verbindlich-
eit mit sanftem Druck zu erhöhen. Die Frauen, die sich
ualifizieren, die diese Verantwortung übernehmen wol-
n, die in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen,
aben das verdient. Es gibt den Pool beim Verband der
nternehmerinnen; es gibt also wirklich genügend Ta-
nte, die diese Positionen einnehmen könnten.

Wir brauchen jetzt schnell eine Regelung. Deshalb
in ich froh, wenn bald vom zuständigen Familien- und
rauenministerium eine Diskussionsgrundlage vorgelegt
ird.


(Christel Humme [SPD]: Große Frage! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


h denke, dass wir eine Zielvorgabe von 30 Prozent in
inem angemessenen Zeitrahmen brauchen. 30 Prozent
is 2018 – das wäre realistisch. Dies ist ein Vorschlag,
it dem wir uns auseinandersetzen sollten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir brauchen diese Vorgabe jetzt. Das wäre fair gegen-
ber den Unternehmen; denn im Jahr 2013 steht eine
ielzahl an Aufsichtsratswahlen an.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17601

Elisabeth Winkelmeier-Becker


(A) )


)(B)

Wir müssen den Unternehmen jetzt sagen, worauf sie
sich einrichten müssen, damit sie die Vorbereitungen
treffen. Wer bis 2018 30 Prozent Frauen in den Gremien
haben will, der muss sich jetzt sputen und die Suche be-
ginnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das mal der Frau Ministerin! Die hört ja nicht einmal zu!)


Deshalb geht mein Appell, meine Ermunterung und
meine Zusage dahin, alle Schritte, die in diese Richtung
gehen, zu unterstützen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714704000

Das Wort hat nun Christel Humme für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1714704100

Frau Winkelmeier-Becker, das war eine mutige Rede.

Leider konnte ich von meinem Platz aus sehen, dass die
Ministerin in keiner Weise zugehört, sondern ihre Akten
bearbeitet hat. Das ist die Realität.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE] – Markus Grübel [CDU/CSU]: Wenn ihr Frauen euch nur gegenseitig einig wäret!)


Dabei haben wir alle – das haben wir heute in allen Re-
den gehört – dasselbe Ziel, nämlich die Zahl der Frauen
in Führungspositionen zu erhöhen. Ich denke mir, es ist
Zeit, endlich auch gesetzliche Regelungen zu treffen.
Unser Antrag ist an dieser Stelle sehr klar. Wir wollen
eine gesetzliche 40-Prozent-Quote für Aufsichtsräte und
Vorstände festlegen, und wir wollen auch wirksame
Sanktionen. Das ist unser Konzept.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen von den Grünen,
wir stimmen auch Ihrem Gesetzentwurf zu; denn Sie ha-
ben in Ihrem Gesetzentwurf diese verbindliche Quote
und wirksame Sanktionen vorgesehen. Sie haben außer-
dem einen Antrag gestellt – den finde ich sehr gut –, mit
dem Sie diesen Gesetzentwurf noch um eine Regelung
für die Vorstände erweitern. Das ist wunderbar. Damit
können wir in der parlamentarischen Debatte vielleicht
dem Ziel näher kommen, das wir heute alle formuliert
haben, und ein gutes Gesetz weiterentwickeln. Ich
glaube, das ist ein guter Ansatz. Darum bitte ich heute
alle, dem zuzustimmen.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Högl hat es schon gesagt: Dieses Jahr ist ein ver-
renes Jahr. Es ist nicht nur ein verlorenes Jahr, sondern

s ist auch ein Jahr der Gipfel, nicht nur der europäi-
chen Gipfel, sondern auch der Quotengipfel.

Den ersten Quotengipfel hatten wir im März 2011.
amals hatte die Ministerin von der Leyen noch eine
erbindliche Quote gefordert. Sie ist total gescheitert,
nd zwar an der FDP, an dem Streit mit ihrer Kollegin
rau Schröder und letztlich an dem Veto der Kanzlerin.

Ein zweiter Gipfel musste her. Im Oktober dieses Jah-
s – das ist noch nicht so lange her – gab es den zweiten
ipfel.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Bei Ihnen gab es gar keinen Gipfel!)


Nein, aber von uns gibt es gute Vorschläge. Wir brau-
hen keinen Gipfel. – Auf dem zweiten Gipfel wollte die
inisterin Schröder den Vertretern der DAX-Unterneh-
en ihre Flexiquote erklären und schmackhaft machen.
as Ergebnis war niederschmetternd. Die am Spitzenge-

präch beteiligten Personalvorstände der Unternehmen
erpflichteten sich – man muss jetzt genau hinhören –,
diglich ihren jeweiligen Frauenanteil an Führungsposi-
onen anhand eigener unternehmensspezifischer Vorga-
en zu erhöhen. Was Führungspositionen sind, definie-
n sie aber nicht. Das bestätigt auch eine Antwort der
undesregierung. Ich lese sie vor und bitte, genau hinzu-
ören:

Die Zielvorgaben unterscheiden sich dabei sowohl
nach Höhe als auch nach Basisgröße. Es fehlt … an
einer einheitlichen Definition des Begriffs „Füh-
rungsposition“.

as heißt doch übersetzt, dass die Führungsmänner in
en Unternehmen jetzt machen können, was sie wollen.
as ist meiner Ansicht nach nicht das, was wir als SPD
ns unter Fortschritt vorstellen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Caren Marks [SPD]: Das ist der Gipfel!)


Schauen wir uns doch einmal genauer an, was in die-
em Papier „Frauen in Führungspositionen“ steht. Einige
nternehmen sagen, sie legen sich auf überhaupt keine
ielgröße fest. Andere Unternehmen wollen eine Quote
gendwo zwischen 12 und 35 Prozent. Unklar ist, was
ie damit meinen. Meinen sie eine Quote, eine Zuwachs-
te, deutschlandweit oder weltweit, im ganzen Kon-

ern? Niemand weiß es genau. Aber was wir genau wis-
en, ist: Die Vorstände und die Aufsichtsräte kommen
icht vor und sind nicht gemeint.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Frau Ministerin, ich sage es eigentlich ungern, aber es
t tatsächlich so: Sie haben sich ganz schön an der Nase
erumführen lassen. Denn wie wollen Sie die Einhaltung
o ungenauer Zielvorgaben eigentlich hinterher kontrol-
eren und die Ergebnisse vergleichen? Wer nichts Kon-

17602 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Christel Humme


(A) )


)(B)

kretes fordert, bekommt auch nichts Konkretes vorge-
legt – das war die nüchterne Kritik Ihrer Kollegin und
Ministerin Frau von der Leyen. Dem ist nichts hinzuzu-
fügen, dem stimmen wir zu.


(Beifall bei der SPD)


Der letzte Freitag zeigt eigentlich, dass Sie es nicht
wirklich ernst meinen. Am letzten Freitag gab es im
Bundesrat eine Initiative der rot-grünen Landesregierung
Nordrhein-Westfalens, ein Gesetz in den Bundestag ein-
zubringen. Sie haben mit Ihren Stimmen dieses Gesetz
von Rot-Grün abgelehnt. Wo ist da das ernsthafte Bemü-
hen, für die Frauen etwas nach vorne zu bringen? Ich
sehe es nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Aber was erwarten Sie von der Koalition?)


Es ist klar, dass wir eine verbindliche gesetzliche Re-
gelung brauchen; wir brauchen eine verbindliche Quote.
Darum werden wir, die Sozialdemokratinnen und Sozial-
demokraten, zu gegebener Zeit ein entsprechendes Ge-
setz vorlegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den
Grünen, ich gehe davon aus, dass wir dann da auch Ihre
Zustimmung erhalten.

Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, richtig ist aber
auch, dass wir nicht nur in der Privatwirtschaft eine
Quote bzw. eine verbindliche Regelung brauchen, son-
dern auch in den Unternehmen, die vom Bund geleitet
werden, oder auch in den Gremien der Politik.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Yvonne Ploetz [DIE LINKE])


Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine An-
frage der SPD-Fraktion vom 24. November – so alt ist
sie noch nicht – hat ganz eindeutig gezeigt, dass es keine
paritätische Besetzung der Gremien gibt; es gibt sogar
Gremien, in denen nur Männer vertreten sind. Ich
glaube, auch hier müssen wir darüber diskutieren, ob wir
nicht eine verbindliche Quote brauchen, sowohl für Bun-
desunternehmen als auch für Gremien der Politik.

Frau Schröder, Sie haben angekündigt, dass Sie ein
Gesetz vorlegen wollen. Heute steht im Ticker, dass es
noch in der Schublade liegt.


(Caren Marks [SPD]: Das Buch hat Vorrang!)


Wir sind gespannt, wann das Gesetz, das auch die Bun-
desunternehmen einschließt, das Licht der Welt erbli-
cken wird.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steht ja nichts drin! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben den Schlüssel verloren!)


Wir wissen nur, dass die FDP bisher verhindert, dass die-
ses Gesetz die Schublade verlässt.

Ich denke, wir haben viel zu tun. Wenn uns die Fest-
schreibung einer verbindlichen Quote wichtig ist, kön-
nen wir heute Solidarität zeigen, indem wir alle dem Ge-

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(C (D etzentwurf der Grünen sowie unserem Antrag ustimmen. Ich fordere Sie dazu auf. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714704200

Das Wort hat nun Marco Buschmann für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Marco Buschmann (FDP):
Rede ID: ID1714704300

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Ich bin jetzt seit zwei Jahren Mitglied dieses Hohen
auses.


(Caren Marks [SPD]: Zwei Jahre zu viel!)


ir sprechen nun zum vierten Mal im Plenum über die
wangsquote.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir doch schon!)


h würde Sie bitten, einfach zu akzeptieren, dass uns
as Ziel eint, gleiche Karrierechancen für Frauen und
änner zu schaffen, und dass wir uns alle dafür einset-

en.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Das glaube ich nicht!)


s geht einzig und allein um die Frage, ob Sie ein taugli-
hes Instrument vorschlagen.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Sie schlagen gar nichts vor!)


Sie schlagen heute wieder ein untaugliches Instru-
ent vor. Das wissen Sie auch; sonst hätten Sie dieses ja
ährend Ihrer eigenen Regierungszeit umgesetzt. Das
strument, zu dessen Umsetzung Sie uns hier wieder

rängen wollen, ist auch deshalb untauglich, weil es sich
uf eine ganz kleine Gruppe beschränkt.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Fangen wir erst mal an!)


ie reduzieren nämlich den Begriff Führungskraft auf
ie Organe von Kapitalgesellschaften und die Geschäfts-
itungen mitbestimmter Unternehmen.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Sie machen doch gar nichts!)


In Anbetracht dieses Befundes frage ich Sie ernsthaft:
lauben Sie, mit diesem Minielitenprojekt irgendetwas

n der gesellschaftlichen Realität in diesem Land ändern
u können?


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn plötzlich gegen Eliten?)


as möchte ich Sie ernsthaft fragen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17603

Marco Buschmann


(A) )


)(B)

Glauben Sie denn wirklich, mit aggressiver Konfronta-
tion würde mehr erreicht als mit intelligenter Koopera-
tion?

Ich möchte Sie bitte einmal mit dem zahlenmäßigen
Befund hinsichtlich des Gipfels vom 17. Oktober dieses
Jahres konfrontieren.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714704400

Herr Kollege, gestatten Sie vorher eine Zwischen-

frage des Kollegen Beck?


Dr. Marco Buschmann (FDP):
Rede ID: ID1714704500

Weil ich keine neuen Aspekte erwarte, mache ich das

nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr souverän! – Zurufe von der SPD)


– Hören Sie bitte einmal zu! Sie behaupten ja immer, wir
hätten nichts erreicht.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie erzählen so viel Unsinn!)


Vertreter der Regierung haben mit den DAX-Konzernen
am 17. Oktober 2011 im Wege der freiwilligen Selbst-
verpflichtung mehr erreicht, als Sie mit Ihren Zwangs-
quotenvorschlägen erreichen können.


(Elke Ferner [SPD]: Sie haben noch gar nichts erreicht!)


Demnach wird der Anteil von Frauen in Führungsposi-
tionen bis 2020 bis auf 35 Prozent steigen: bei Adidas
auf bis zu 35 Prozent, bei der Lufthansa auf bis zu
30 Prozent.


(Elke Ferner [SPD]: Das wissen Sie doch gar nicht genau!)


Da kann man doch nicht sagen, es sei nichts passiert.

Das gilt vor allen Dingen deshalb, weil der Begriff
Führungskraft viel weiter gefasst ist und sich nicht auf
das Placebo „Organe von Kapitalgesellschaften“ be-
schränkt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum wollen denn alle Männer dorthin, wenn es da so langweilig ist?)


Das ist nämlich das Erfreuliche an dieser Vereinbarung.
So sagt zum Beispiel Volkswagen, dass die eigenen Ziel-
vorstellungen nicht nur für die paar Personen im Vor-
stand und im Aufsichtsrat gelten, sondern für die untere,
mittlere und obere Führungsebene gleichermaßen.


(Caren Marks [SPD]: Ihre Rede ist unterstes Niveau!)


Infineon will seine Vorgaben auf oberer und mittlerer
Führungsebene verwirklichen. Auch Henkel hat sich das
Ziel gesetzt, die eigenen Zielvorgaben im gesamten Ma-
nagementbereich umzusetzen. Das geht viel weiter, als
wenn man sich nur auf ein paar Personen im Vorstand
und im Aufsichtsrat kapriziert.

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(C (D Ich erwähne das deshalb so ausdrücklich, weil den gut ualifizierten Frauen in Deutschland eben nicht geholfen t, wenn man nur ein paar Dutzend Topmanagerinnen it einer Zwangsquote für Organe von Kapitalgesell chaften beglückt. Vergleichen wir einmal Ihren Vorchlag mit unseren Erfolgen: Was wäre die Folge, wenn an Ihr Modell auf die DAX-30-Gesellschaften übertra en würde? Die Zahl der Vorstandsmitglieder und Aufichtsräte in den DAX-30-Konzernen beträgt rund 480 ersonen. Selbst wenn man die Hälfte dieser Positionen er Zwangsquote mit Frauen besetzen würde, hätte man erade einmal etwas für die Karriere von 240 Frauen in eutschland getan. (Dr. Eva Högl [SPD]: Damit fangen wir mal an! Mit den 240 Frauen!)


etzt man das in Bezug zu den etwa 15 Millionen weib-
chen Erwerbstätigen in Deutschland, dann ergibt sich
in Anteil von 0,0016 Prozent. Sie verändern so nichts
n der gesellschaftlichen Realität.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Dino des Jahres! Ich schlage Sie vor!)


immt man dann noch an, dass es zu Doppel- und
riplemandaten in Aufsichtsräten kommen wird – wie
ie Erfahrungen mit der Zwangsquote in Norwegen zei-
en –, sinkt dieser kaum messbare Anteil noch weiter.
r Vorschlag geht damit an den Chancen Millionen gut

usgebildeter Frauen in unserem Land vorbei. Sein Ef-
kt ist eine Quantité négligeable. Sie betreiben nur
ymbolpolitik, um sie ins Schaufenster zu stellen, aber
ndern nichts.


(Caren Marks [SPD]: Ihre Rede ist so flach, da kann man die Füße auf dem Teppich lassen!)


Nicht einmal den Lucky Few, die von Ihrem homöo-
athischen Instrument profitieren können, wird das
irklich etwas bringen.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das eine Kabarettveranstaltung oder was?)


ir wissen doch schon heute, was passiert, wenn die
wangsquote aggressiv und konfrontativ gegen die Un-
rnehmen durchgedrückt wird: Keine einzige Gesell-

chaft wird erfolgreiche Vorstände und Aufsichtsräte
uern, nur weil sie Männer sind. Man wird die Quote

ann über die Aufblähung von Gremien erfüllen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was sagt denn Ihre Mutter zu dem Unsinn?)


lötzlich gibt es dann Vorstandspositionen für Corporate
ocial Responsibility oder Ähnliches, die mikroskopi-
che Budgetverantwortung tragen werden. Das ist kein
eitrag für eine Gleichberechtigung bei den Karri-
rechancen von Männern und Frauen in unserem Land.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Diese Fakten erkennen Sie im Grunde doch auch an.
aher sprechen auch Sie immer von einem Hebeleffekt.

17604 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Marco Buschmann


(A) )


)(B)


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Der Hebel liegt bei Ihnen!)


Als ob automatisch etwas nach unten durchsickern
würde, nur weil man oben an der Spitze etwas getan hat!
Ihr Argument lautet:


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was sagt denn Ihre Mutter dazu?)


Seien erst einmal genug Frauen in den wenigen Top-po-
sitionen, würden diese schon dafür sorgen, dass alles
besser wird.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714704600

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Pronold?


Dr. Marco Buschmann (FDP):
Rede ID: ID1714704700

Auch da erwarte ich keinen Erkenntnisgewinn. – Ein

solcher Hebeleffekt ist jedoch bloß ein Mythos; denn die
sozialwissenschaftliche Forschung hat ihn widerlegt.

Meine Kollegin Bracht-Bendt hat auf die Forschungs-
ergebnisse von Catherine Hakim von der London School
of Economics hingewiesen. Frau Hakim hat untersucht,
was in Norwegen passiert ist. Haben die Frauen in Top-
positionen dafür gesorgt, dass in nachgeordneten Füh-
rungsebenen mehr Frauen verantwortliche Positionen
bekommen? Frau Hakim hat es wissenschaftlich unter-
sucht und festgestellt, dass nichts dergleichen passiert
ist.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das ist ja unglaublich!)


Der Anteil der Frauen in diesen Positionen unterhalb des
Vorstands ist sogar gesunken. Laut der Forschungs-
ergebnisse von Frau Hakim steht Norwegen diesbezüg-
lich heute sogar schlechter da als Deutschland.

Lange Rede, kurzer Sinn:


(Lachen und Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die jüngste Selbstverpflichtung der DAX-30-Unterneh-
men bewirkt deutlich mehr; denn wegen des in diesem
Konzept enthaltenen weiten Begriffs von Führungskraft
werden Tausende von Führungspositionen erfasst. Das
Beispiel zeigt: Die Mehrheit aus Union und FDP hat in
den letzten zwei Jahren mehr konkrete Erfolge erzielt als
Sie zu den Zeiten, in denen Sie Regierungsverantwor-
tung getragen haben.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts gelernt!)


Das ist es, was Ihnen so wehtut. Das ist es, was Sie so
aggressiv macht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Bürgerrechtspartei ergreift das Wort! Da klatscht ja nicht einmal mehr die CDU! – Zurufe von der SPD)


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(C (D ir sind auf einem guten Weg in Richtung Gleichbechtigung bei den Karrierechancen. Durch Ihren Vor chlag einer Zwangsquote werden wir uns davon nicht bbringen lassen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Durchgefallen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714704800

Das Wort hat nun Barbara Höll für die Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714704900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Herr Buschmann, viel konnte man von Ihnen
nicht erwarten. Das wird klar, wenn man sich Ihre
raktion im Bundestag anschaut: Mit Mühe und Not hat
an einen Frauenanteil von 25 Prozent erreicht. Bei der
DU sind es nicht einmal 20 Prozent. Sie sollten erst
inmal in Ihren eigenen Reihen anfangen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt ja auch einen männlichen Fraktionsvorsitzenden!)


an hat den Eindruck, da ist so etwas wie ein Männer-
ündnis, das nach dem Motto arbeitet: Wir verhindern
as bei uns und helfen euch in der Wirtschaft, damit das
enau so weitergeht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin – das muss ich wirklich sagen – ein bisschen
nttäuscht, dass die Frau Ministerin in dieser Debatte gar
ichts zu sagen hat.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie hat inhaltlich eben nichts zu sagen, und deshalb
chweigt sie lieber.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Wir wollten reden!)


Gestern Abend habe ich den Taxifahrer, der mich
ach Hause gefahren hat, gefragt, ob er etwas von der
iskussion über eine Quote für Frauen in Führungs-

tagen gehört hat. Er sagte: Nein. – Ich fragte ihn, was er
avon hält. Er sagte: Klar können die Frauen das ma-
hen, die können es doch. – Ich: Was denken Sie denn,
oran es liegt? – Er: Die Kerle sind einfach zu verbohrt.
rei klare Antworten!


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, der Mann hat recht. Aber man muss es
och ein bisschen aufdröseln: Sicher, ganz viele Men-
chen in unserem Land bewegt die Lage der Frauen. Sie
ewegt der Umstand, dass Frauen in Minijobs weg-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17605

Dr. Barbara Höll


(A) )


)(B)

gedrückt werden, dass Frauen wenig verdienen – sie
würden am meisten von einer Mindestlohnregelung pro-
fitieren –, dass insbesondere Alleinerziehende von Ar-
mut bedroht sind und dass Frauen wissen, dass sie im
Alter ganz geringe Renten erhalten werden. Das bewegt
ganz viele Menschen. Viele Menschen sagen aber auch,
dass wir in der Wirtschaft etwas tun müssen. So wie von
unten etwas getan werden muss, muss auch von oben ge-
drückt werden, damit sich etwas verändert. Deshalb ist
es notwendig, dass wir hier darüber reden.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist inzwischen unstrittig und nachgewiesen – das
wurde hier schon gesagt –, dass unter betriebswirtschaft-
lichen Aspekten die Unternehmen am besten funktionie-
ren, die eine geschlechtergemischte Führung haben, die
also weder reine Frauenführungen noch reine Männer-
führungen haben, sondern in etwa gleich viele Frauen
und Männer in Führungspositionen haben. Dafür gibt es
verschiedene Ursachen: Es gibt unterschiedliche Strate-
gien zur Konfliktlösung. Es gibt unterschiedliche Blicke
auf das, was für ein Unternehmen wichtig ist.

Ich formuliere es einmal ein bisschen drastisch: Sie
erinnern sich vielleicht alle noch daran, dass es vor etwa
einem Jahr einen ziemlich großen Skandal gab. In der
Bild stand ganz groß: Extra-Vergütung der Mitarbeiter
einer deutschen Versicherung in Ungarn in Form eines
Sexurlaubs. Stellen Sie sich einmal vor, auch in diesem
Unternehmen wären auf allen Ebenen Positionen mit
Männern und Frauen gleichermaßen besetzt gewesen.
Glauben Sie, dann wäre das zustande gekommen?


(Zuruf von der FDP: Das weiß man nicht!)


Glauben Sie, die Frauen hätten es als Auszeichnung
empfunden, dass sie in ein Bordell gehen sollen? Glau-
ben Sie, dass die Frauen im Vorstand einer solchen Art
und Weise der Vergütung zugestimmt hätten? Niemals,
sage ich Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe natürlich nachgeschaut: Auch in diesem Un-
ternehmen sind nur drei Frauen im Aufsichtsrat, bei
20 Mitgliedern; eine Frau ist im Vorstand, eine einzige.
Aber ich sage Ihnen: Eine Frau alleine ist nicht in der
Lage, die Verhältnisse zu ändern. Bei solchen Verhältnis-
sen wird eher diese Frau verändert. Viele Frauen zusam-
men können aber die Verhältnisse ändern. Deshalb brau-
chen wir die Quote.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die freiwillige Selbstverpflichtung ist offenkundig
gescheitert. Das bringt nichts. Sie fordern immer mal
wieder: Mehr Frauen in die Politik! Das bringt nichts. Es
passiert nichts. Auch in der Wirtschaft passiert nichts.

Der Taxifahrer gestern sagte: Die Männer sind zu ver-
bohrt. Worum geht es denn? Interessanterweise bekom-
men die wenigen Frauen, die es geschafft haben, die in
den Führungsetagen sitzen, im Vergleich zu ihren männ-

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(C (D chen Kollegen weniger Gehalt, weniger Sonderzahlunen, weniger Boni. In erster Linie geht es schlicht und rgreifend um Geld, Prestige, Einfluss und Macht. Die änner sind nicht bereit, all dies abzugeben. Sie werden as nicht freiwillig abgeben. Wir können nur gesetzlich agegen vorgehen. Wir haben aktuell die Situation, dass wir die bestausebildete Generation von Frauen haben, diese aber an ine gläserne Decke stoßen. Das ist ein wichtiger Asekt. Wir müssen über Arbeitszeiten, über fehlende auenspezifische Weiterbildungsmöglichkeiten, über bsurde Mobilitätsanforderungen und über die absurde nforderung, im Arbeitsleben ständig verfügbar zu sein, den. Wir brauchen eine menschlichere Arbeitswelt. iese menschlichere Arbeitswelt kommt Männern wie rauen entgegen. afür brauchen wir tatsächlich, angefangen bei den Fühngsebenen, eine 50-Prozent-Quote. Wir brauchen, ne enbei gesagt, auch viel mehr Männer in den derzeit pischen Frauenberufen. Dann bekommen wir eine Ge ellschaft und eine Arbeitswelt, die allen Menschen zuutekommt und in der alle ihr Leben wesentlich besser estalten können. Ich sage Ihnen: Auch wenn Sie heute die beiden voregenden Anträge – wir unterstützen sie – ablehnen, ist in weiterer Antrag im parlamentarischen Gang, nämlich nser Antrag „Geschlechtergerechte Besetzung von Fühngspositionen der Wirtschaft“. Das wird die nächste tappe; denn wir werden nicht aufgeben, an dieser Sahe gemeinsam zu arbeiten. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714705000

Das Wort hat nun Ekin Deligöz für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1714705100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ass wir heute über die Frauenquote diskutieren, ist ja
ein Selbstzweck. Es geht hier nicht nur um Rollenbil-
er. Klar ist: Es gibt Herausforderungen in dieser Gesell-
chaft, die wir meistern müssen, zum Beispiel den Fach-
räftemangel oder – darüber haben wir heute Morgen
eredet – die Finanzkrise. Diese Herausforderungen
önnen wir nur bewältigen, wenn Männer und Frauen
emeinsam Verantwortung übernehmen und Entschei-
ungen treffen. Weil wir Entscheidungen gemeinsam
effen wollen, diskutieren wir heute über die Frauen-
uote.

Sie werden jetzt sagen: Dann sollen die Frauen sich
och beteiligen, wenn sie es wollen. Das ist doch ganz
lar und einfach. – Wenn wir uns die Besetzung der Vor-
tände und der Aufsichtsräte anschauen, stellen wir aber
st, dass das, was in dieser Gesellschaft eigentlich

17606 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Ekin Deligöz


(A) )


)(B)

selbstverständlich sein sollte, eben nicht selbstverständ-
lich ist. Es ist nicht klar, es ist nicht so einfach. Deshalb
diskutieren wir hier heute über die Frauenquote.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es geht nicht nur darum, dass der weibliche Blick auf
die Dinge berücksichtigt wird – Frau Höll, ich gebe Ih-
nen recht; das sollte so sein –, sondern es geht auch da-
rum, dass die Herausforderungen so kompliziert sind,
dass wir die Besten der Besten in dieser Gesellschaft
brauchen, um die entsprechenden Entscheidung zu tref-
fen. Wir brauchen Sachverstand, wir brauchen die Kapa-
zitäten, und wir brauchen die Kenntnisse. Im Moment ist
es so, dass in den Entscheidungsgremien nur Männer,
möglicherweise die besten, ausgesucht werden


(Caren Marks [SPD]: Wenn überhaupt!)


und nicht die Besten der Gesellschaft. Zu den Besten der
Gesellschaft gehören nun einmal Frauen dazu. Sie stel-
len die eine Hälfte der Bevölkerung. Erst, wenn tatsäch-
lich die Besten der Besten gesucht werden, können wir
davon reden, dass die Potenziale in diesem Land genutzt
werden. Ehrlich gesagt: Wenn wir das nicht tun und wir
uns nur auf die eine Hälfte der Gesellschaft beschränken,
dann werden nicht die Besten ausgewählt, sondern nur
die Zweitbesten. Das, was Herr Buschmann hier in sei-
ner Rede vorgetragen hat, bestätigt genau diese These.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wenn wir Frauen in verantwortungsvollen Positionen
haben wollen, dann bringt dies mit sich, dass Frauen sich
behaupten müssen. Gerade wir Politikerinnen wissen
doch, was es heißt und wie schwierig es ist, sich in einer
männerdominierten Welt zu behaupten. Umso wichtiger
ist es, dass sich die Abgeordneten hier im Bundestag zu-
sammen für eine Quote einsetzen und diese durchsetzen.
Das ist unser Auftrag. Ich fände es sehr schade, wenn die
Entscheidung heute von parteipolitischen Überlegungen
bestimmt würde.

Frau Winkelmeier-Becker, Sie kennen die Argu-
mente. Sie haben mit ihrer Argumentation absolut recht.
Es sollte eine Frage des Gewissens sein, sich für die an-
dere Hälfte der Gesellschaft zumindest genauso stark
einzusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich lade Sie dazu ein, mit uns genau das zu tun und diese
Frage nicht unter die parteipolitischen Räder kommen zu
lassen. Womöglich entspricht der jetzt vorliegende Vor-
schlag nicht Ihren Vorstellungen. Ich und meine Fraktion
sind aber gerne bereit, mit Ihnen an einem Kompromiss
zu arbeiten. Warum? Wir haben jetzt ein Zeitfenster bis
zum Jahre 2013. Wenn wir etwas in dieser Gesellschaft
bewegen und verändern wollen, müssen wir dieses Zeit-
fenster nutzen. Wenn es sich schließt, werden wir die
nächsten zehn Jahre hier sitzen und abwarten müssen,

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(C (D is sich womöglich wieder eine Möglichkeit ergibt. Das auert mir zu lange. Das dauert auch für diese Gesellchaft zu lange. Wir müssen deshalb jetzt handeln und icht später. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Ich denke, es wäre wieder einmal an der Zeit, dass
rauen gemeinsam Verantwortung im Parlament über-
ehmen. Frauen haben in diesem Parlament vieles be-
egt, angefangen bei dem Gewaltschutzgesetz bis hin

um Embryonenschutzgesetz und zur Patientenverfü-
ung. Wir haben es immer geschafft, einen anderen
lick auf die Dinge zu werfen. An dieser Stelle ist es
ieder an der Zeit, wenn sie nicht fast schon wieder vor-
ei ist. Deshalb eilt es. Lassen Sie uns uns gemeinsam an
inen Tisch setzen und gemeinsam ein Gesetz machen!
assen Sie uns in diesem Land etwas bewegen! Eine Al-
rnative dazu haben wir nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Michaela Noll [CDU/CSU]: Reden Sie mal mit der SPD!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714705200

Das Wort hat nun Dorothee Bär für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1714705300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr geehrten Damen und Herren! Mich persön-

ch ärgert es sehr, dass wir diese Debatten im Deutschen
undestag immer noch führen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


ich ärgert es auch deswegen, weil wir das Jahr 2011
chreiben und ich es nicht für möglich gehalten habe,
ass wir uns 2011 noch über solche eigentlich selbstver-
tändlichen Dinge unterhalten müssen, wie dass wir
ehr Geschlechtergerechtigkeit in diesem Land brau-

hen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wir hatten in dieser Woche eine gemeinsame Aktion
ller im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Es
aren Kolleginnen aller sechs Parteien sowie Journalis-
nnen und Mitarbeiterinnen da. Es herrschte eine sehr
ositive und sehr angenehme Stimmung. Es hat mich
azu gebracht, zu erkennen, dass wir gemeinsam zu Er-
ebnissen kommen können, wenn wir versuchen, es kon-
ensual zu lösen. Liebe Kollegin Högl, ich fand den An-
ng Ihrer Rede ganz hervorragend. Ich fand es etwas

chade, dass Sie gegen Ende verbal so aufgerüstet haben.
ie sind bei Twitter charmanter als im Plenum. Ich hätte
ich einfach gefreut, wenn wir so konsensual gemein-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17607

Dorothee Bär


(A) )


)(B)

sam hätten arbeiten können, wie das zum Beispiel mit
Ihrer Kollegin Ziegler der Fall ist,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Dann können Sie doch zustimmen!)


weil es wichtig ist, dass wir uns gemeinsam an einen
Tisch setzen und uns überlegen, diese Schritte zu gehen.

Wir sind weiter als noch vor einigen Jahren. Ich
glaube, dass sich keiner unserer männlichen Kollegen
– egal von welcher Partei hier im Bundestag – irgendwo
hinstellen und bestreiten kann, dass die Zustände, die wir
hier beklagen, so sind, wie sie sind.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Buschmann!)


Da sind wir auf jeden Fall weiter. Man kann sagen, dass
es noch nicht reicht. Da bin ich bei Ihnen. Ich sage aber
zumindest für meine Fraktion, dass ich mir nicht vorstel-
len kann, dass einer meiner Kollegen mit einer anderen
Einstellung zu Hause in seinem Wahlkreis oder auch bei
der Frauen-Union einen Stich machen könnte.

Das gilt vielleicht nicht für die Piraten. Der Vorsit-
zende hier in Berlin hat gesagt, dass es bei den Piraten
deswegen so wenige Frauen gebe, weil die sich nicht
trauten, vor vielen Menschen zu reden. Ich glaube, da
sind wir insgesamt schon wesentlich weiter.

Es ist mehrfach zitiert worden, dass wir Bildungsge-
winnerinnen und Karriereverliererinnen sind. Selbstver-
ständlich, lieber Kollege Buschmann, muss man diesen
Mangel an weiblichen Vorbildern gerade an der Spitze
deswegen beheben, weil weibliche Vorbilder wichtig
sind, weil diese talentierte Frauen nachziehen müssen,
die wiederum selbst Vorbilder sein müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ob das der Herr Buschmann versteht?)


Die Zahlen und Fakten für das 21. Jahrhundert sind
ungeheuerlich. Ich werde heute Abend bei einem Jubi-
läum der Frauen-Union sprechen dürfen. Sieht man sich
an, was die Frauen in meiner Partei, in der CSU, schon
1981 festgeschrieben haben, muss man sich schon fra-
gen, was in den letzten 30 Jahren eigentlich passiert ist.
Hier geht es nicht nur um die letzten zehn Jahre, in de-
nen es nicht so gelaufen ist, wie wir uns das vorgestellt
haben. Da gebe ich Ihnen recht. Leider Gottes kann man
auch die Reden von vor 30 Jahren eins zu eins heute
noch halten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte nicht, dass wir diese Potenziale weiter
vergeuden, sondern dass wir unser Bewusstsein schär-
fen. Mittlerweile haben viele meiner Kolleginnen, aber
auch Kollegen – das haben Sie heute mitbekommen,
Kollegin Winkelmeier-Becker hat schon gesprochen, die
Kollegin Rita Pawelski wird gleich im Anschluss noch
sprechen –, auch innerhalb meiner eigenen Arbeits-
gruppe, in der ich übrigens mehr männliche als weibli-

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(C (D he Mitglieder habe, die klare Auffassung: Wir sehen eine Lösung mehr, die ohne Gesetze auskommt. Wir müssen uns, auch das ist angesprochen worden, irerweise auch selbst beim Wort nehmen. Wir müssen öffentlichen Dienst wesentlich besser werden. Wir üssen uns bei der Novellierung des Bundesgremienbeetzungsgesetzes damit auseinandersetzen. Den Bechluss der Gruppe der Frauen hat die Kollegin inkelmeier-Becker auch schon zitiert. Danach soll der rauenanteil in Führungspositionen und Aufsichtsräten 0 Prozent betragen. Dass wir uns über die Details noch ustauschen wollen – wie es auch von der Kollegin umme angesprochen wurde –, das ist klar. Ich glaube, ass die vielzitierte gläserne Decke zwar vorhanden, ber nicht unüberwindbar ist. Wenn wir uns gemeinsam n diese Aufgabe machen, dann ist sie überwindbar, weil ir gemeinsam etwas bewirken können. Ich habe einem meiner Kollegen versprochen, ihn zu itieren, nämlich den Kollegen Josef Göppel von der SU. Er wird nicht direkt mit Frauenpolitik in Verbinung gebracht, ist aber bei jeder Debatte anwesend und teht voll hinter uns. Der Kollege hat gesagt: „Ich beomme lieber von der Fraktionsspitze einen Anpfiff als on meinen vier Töchtern.“ (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause – Zuruf von der SPD: Wunderschön!)


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Lieber Josef, ich finde das ganz hervorragend. Das ist
er richtige Weg. Ich wünsche allen ganz viele Töchter,
ütter, Tanten und Cousinen; denn es ist wichtig, den
enschen zu sagen, dass es im Jahr 2011 nicht mehr so
eitergeht wie bisher.

Der Druck muss aufrechterhalten werden. Ich persön-
ch wünsche mir einen starken Druck. Elisabeth
inkelmeier-Becker hat von sanftem Druck gesprochen.
b er sanft sein muss, weiß ich nicht. Er muss aber auf
den Fall so beschaffen sein, dass er zielführend ist.

Ich hätte mir gewünscht – das ist keine Kritik, son-
ern nur die offene Bitte – dass die SPD-Spitze es ge-
auso wie die Grünen heute geschafft hätte, eine na-
entliche Abstimmung zu vermeiden. Das wäre für uns

lle wesentlich leichter gewesen. Vielleicht hätte man
en Kollegen Oppermann kurz herausholen und mit ihm
den können, ob er seinem Herzen nicht noch einen
toß geben kann.

Es wäre nämlich schön gewesen, wenn Sie gesagt hät-
n: Okay, wir bringen nicht die Kolleginnen in Schwie-
gkeiten, die eigentlich eine gemeinsame Lösung an-
treben. Ich möchte nicht, dass ich Ihre beiden Anträge
eute ablehnen muss. Das tut mir im Herzen weh, weil
h nicht möchte, dass am Schluss nur aus formalen
ründen keine gemeinsame Lösung zustande kommen
ann. Mir geht es wirklich um die Sache.


(Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


17608 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011


(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714705400

Frau Kollegin.


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1714705500

Einen Moment, Herr Präsident!


(Heiterkeit)


Mir geht es wirklich um die Sache. Deswegen hätte ich
mich einfach darüber gefreut. – Jetzt freue ich mich,
wenn der Kollege Beck meine Redezeit verlängert.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714705600

Bitte schön.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1714705700

Nur eine Bemerkung zur Klarstellung: Wenn Sie ge-

wollt hätten, dass Sie nicht in diese vertrackte Lage
kommen, wäre es Ihnen möglich gewesen, die Anträge
zurückzuüberweisen. Das wäre aber natürlich nur gegan-
gen mit einem klaren Signal, dass wir zwischen den
Fraktionen gemeinsam an einer gesetzlichen Lösung ar-
beiten. Das hätten Sie haben können. Davon haben Sie
keinen Gebrauch gemacht.


(Rainer Brüderle [FDP]: Frage! Frage!)


– Die Geschäftsordnung sieht vor, dass man Zwischen-
bemerkungen machen und Zwischenfragen stellen kann.
Herr Brüderle, Sie sind lang genug hier im Haus.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Lesen ist manchmal hilfreich!)


Ich will nur klarmachen, dass wir zu gemeinsamen
Gesprächen über eine gesetzliche Lösung bereit sind.
Das setzt aber voraus, dass ein Verhandlungsauftrag von
Ihrer Fraktionsführung vorliegt. Wir können auch einen
Gruppenantrag stellen. Ich glaube, im Haus hat die Posi-
tion, die wir als Grüne vorschlagen, längst eine Mehr-
heit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1714705800

Herr Kollege Beck, vielen Dank für Ihre Zwischenbe-

merkung. Das wäre meines Erachtens aber nicht notwen-
dig gewesen, weil ich Ihnen von hier aus meine Mitar-
beit anbiete. Wir wollen gemeinsam zu einer Lösung
kommen. Das hätte man heute vielleicht etwas eleganter
machen können.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Machen müssen!)


Das heißt aber nicht, dass dieser Auftrag nicht klar er-
kannt ist.

Ich freue mich, wenn wir jetzt weitermachen und mit
vielen Kolleginnen und Kollegen interfraktionell eine
Berliner Erklärung erarbeiten, in der wir unser gemein-
sames Ziel festlegen. Denn ich möchte nicht, dass sich
die Töchter von Josef Göppel – sollten sie eines Tages

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(C (D undestagskolleginnen von uns sein – noch mit diesen hemen auseinandersetzen müssen. Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714705900

Das Wort hat nun Elke Ferner für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1714706000

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Zu-

ächst möchte ich Frau Winkelmeier-Becker und Frau
är für ihre Redebeiträge danken,


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eil ich denke, dass wir auf dieser Basis – auch wenn
ie heute wegen des Fraktionszwangs nicht so abstim-
en können, wie Sie vielleicht gerne abstimmen möch-
n – vielleicht doch noch in dieser Wahlperiode wenigs-
ns zu einem Einstieg in eine gesetzliche Regelung
ommen, die den Namen auch verdient hat.

Dass Frauen in deutschen Führungs- und Aufsichts-
remien auch im 21. Jahrhundert Mangelware sind, ist
ein Naturgesetz. Dagegen können Mann und Frau et-
as tun. Man muss das nur wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Wirtschaft hat in den letzten zehn Jahren ihre
hance gehabt. Ich verhehle nicht, dass ich vor zehn

ahren zu denjenigen in meiner Fraktion gehört habe, die
egen eine freiwillige Vereinbarung waren. Es ist leider
as eingetreten, was wir damals befürchtet haben: Sie
at null bewirkt. Ich finde, das waren zehn vergeudete
ahre und zehn Jahre zu viel, in denen viele Platzhirsche
den Chefsesseln sitzen geblieben sind und in denen

iele junge, qualifizierte Frauen nicht dahin gekommen
ind, wo sie hingehören, nämlich an die Spitze bzw. in
ie Aufsichtsräte von Unternehmen. Daran müssen wir
tzt etwas ändern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich denke, dass die letzten zehn Jahre eigentlich allen
ie Augen geöffnet haben müssten, dass Freiwilligkeit
icht zu mehr Gleichstellung führt. Dass wir uns im in-
rnationalen Vergleich schämen müssen, ist leider auch
ahr, weil sich in den letzten zehn Jahren nichts bewegt
at. Andere Länder sind viel weiter. Das Beispiel Nor-
egen kennen wir alle. Es gibt dort verbindliche gesetz-
che Regelungen, und sie wirken. Sie haben die Gleich-
tellung von Frauen und Männern nicht nur in den
nternehmen bzw. Aufsichtsräten, sondern auch in der
esellschaft insgesamt verbessert.

Ich sage Ihnen: Wer nach diesen Erfahrungen immer
och der Meinung ist, man könne es den Unternehmen
elber überlassen, für Frauenförderung zu sorgen, der ist
icht von dieser Welt, Frau Schröder.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17609

Elke Ferner


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das müssten Sie eigentlich gelernt haben. Wenn Sie den
Oppositionsrednerinnen schon nicht zuhören, dann soll-
ten Sie wenigstens Ihren eigenen Fraktionskolleginnen
zuhören. Ich fand es ziemlich ungehörig,


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


wie demonstrativ desinteressiert Sie eben auf der Regie-
rungsbank gesessen haben, als Ihre Fraktionskolleginnen
geredet haben.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Ganz ungehörig war das!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Gleichstellung
musste immer erkämpft werden; das ist leider auch heute
noch so. Deshalb dürfen wir es nicht den Blockierern
überlassen, die Blockade zu beseitigen, sondern wir
müssen das selbst in die Hand nehmen. Wir im Deut-
schen Bundestag müssen dafür sorgen, dass wir den Ein-
stieg in die Gleichstellung von Frauen und Männern hin-
bekommen, nicht nur was die Führungspositionen in der
Wirtschaft betrifft, sondern auch im Hinblick auf die
Führungspositionen in Forschung und Lehre,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


in der Verwaltung, in Körperschaften des öffentlichen
Rechts und in Gremien, die der Bund zu besetzen hat.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, wir haben eine parlamentarische Mehrheit
für dieses Anliegen.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja!)


Dieses Anliegen wird auch von der Mehrheit der Bevöl-
kerung geteilt.

Ich appelliere daher an die Fraktionsführungen von
Union und FDP – in Ihrer Fraktion gibt es ja wahr-
scheinlich auch die eine oder andere vernünftige Kolle-
gin –: Heben Sie den Fraktionszwang auf,


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


wie wir es auch bei anderen Gelegenheiten schon ge-
macht haben, und lassen Sie uns aus der Mitte des Parla-
ments eine Regelung erarbeiten, mit der wir den Einstieg
in die Verbesserung der Gleichstellung zwischen Män-
nern und Frauen hinbekommen!

Ich finde – das kann ich Ihnen leider nicht ersparen,
Frau Schröder –, die Art und Weise, wie Sie sich als zu-
ständige Ministerin verhalten, ist wirklich ein Trauer-
spiel.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie sind die für Frauen zuständige Ministerin. Sie sind
die zuständige Ministerin, die dieses Thema eigentlich in
Angriff nehmen müsste. Aber was machen Sie? Sie ste-
hen auf der Seite der Blockierer in der Wirtschaft. Sie

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(C (D lockieren, anstatt Gas zu geben, Sie sitzen im Bremseräuschen, und Sie erweisen den Frauen in diesem Land inen Bärendienst. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bettina Hagedorn [SPD]: Und dann schreibt sie noch Bücher!)


Wir haben unsere Eckpunkte vorgelegt. Es wird ein
esetzentwurf folgen. Das heißt, wir werden noch wei-
re Gelegenheiten haben, über dieses Thema hier im
arlament zu diskutieren. Vielleicht haben sich bis dahin
uch die Fraktionsführungen von Union und FDP dazu
urchgerungen, den Fraktionszwang an dieser Stelle
ndlich aufzuheben, damit wir aus der Mitte des Parla-
ent zu einer Lösung kommen können, die die Frauen in

nserem Land weiterbringt.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714706100

Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat Kollegin

ita Pawelski für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1714706200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Ein deutsches Sprichwort
utet: Mit Zank und Streit kommt man nicht weit. – Das
ilt auch im Hinblick auf das Anliegen, mehr Frauen in
ührungspositionen bzw. in Aufsichtsräte und Vorstände
u bringen. Zank und Streit haben wir eigentlich nicht
ehr nötig, weil wir uns in so vielen Punkten einig sind;

as dachte ich zumindest bis Mittwochabend. Da führten
ir ein Gespräch, an dem Frauen aus allen Fraktionen
nd aus der Wirtschaft, Journalistinnen bzw. Frauen, die
den Medien arbeiten, und Vertreterinnen anderer Be-
iche teilgenommen haben.

Wir haben eine Linie dafür abgesteckt, wie wir über-
aktionell und überparteilich in Verbindung mit Frauen
us der Wirtschaft, aus den Medien, aus den Verbänden,
ben mit allen Frauen, in dieser Frage weiterkommen
ollen. Diese Basis wurde von den Frauen der SPD lei-
er verlassen. Das tut mir leid.


(Rainer Brüderle [FDP]: So sind sie!)


Ich bin enttäuscht darüber, dass Sie für heute eine na-
entliche Abstimmung durchgesetzt haben, wohl wis-

end, dass Sie uns damit zwingen, in eine Richtung zu
timmen, in die wir eigentlich nicht wollen. Sie verste-
en das Geschäft gut; Sie wissen, was das bedeutet.

Was bedeutet das aber für die Frauen, die eigentlich
it Ihnen zusammenarbeiten wollen? Sollen wir morgen

der übermorgen dann sagen: Wir haben zwar so ge-
timmt, aber nun reden wir wieder anders? Das schadet
er Sache. Sie haben damit der Sache geschadet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


17610 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Rita Pawelski


(A) )


)(B)

Wir glauben, dass Ihnen der Streit und persönliche Eifer-
süchteleien wichtiger sind als die gemeinsame Sache.
Sie haben uns damit sehr geschadet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, wir alle sind uns doch ei-
gentlich darin einig – ich versuche jetzt, die Gemeinsam-
keiten zusammenzufassen –, dass die Chefetagen in den
Unternehmen – vor allem in den Unternehmen mit staat-
licher Beteiligung –, in den Behörden und auch die Gre-
mien weiblicher werden sollen. Die jetzige Situation ist
nicht akzeptabel. Ich glaube, hier stimmen uns sogar
sehr viele Kollegen zu. Wir wollen und wir werden es
nicht länger hinnehmen, dass Frauen in den Vorständen
der 200 größten deutschen Unternehmen gerade einmal
zu 3 Prozent und in den Aufsichtsräten zu rund 11 Pro-
zent vertreten sind.

Es ist richtig: Wir reden seit über einem Jahr darüber.
Ich habe viele Gespräche mit Vorständen zu diesem
Thema geführt. Dabei habe ich immer wieder „Wir ha-
ben keine Frauen“ oder „Die Frauen wollen diese Ver-
antwortung nicht übernehmen“ gehört. Was ist das für
eine Arroganz, wenn man sagt: Von den vielen gut aus-
gebildeten Frauen sind nur sieben Frauen in der Lage, in
dem Vorstand eines deutschen DAX-Unternehmens mit-
zuarbeiten?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Ich muss sagen: Eine solche Überheblichkeit, die sich
hier einige leisten, ist schlimm und frauenfeindlich. So
etwas dürfen wir uns nicht leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei mir hat sich der Eindruck verstärkt, dass Frauen
sehr konkret aus diesem Personalkarussell herausgehal-
ten werden: aus den Chefetagen, aus den Vorständen, aus
den Aufsichtsräten. Das verstößt eindeutig gegen unser
Grundgesetz. Dort heißt es in Art. 3 Abs. 2: „Männer
und Frauen sind gleichberechtigt“. Ich wundere mich,
dass noch keine Frau dagegen geklagt hat; denn an die-
ser Stelle wird das Grundgesetz mit Füßen getreten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich betrachte jetzt einmal nicht die oberste Führungs-
ebene, sondern die Ebenen zwei und drei. Dort be-
obachte ich einen zarten Prozess des Umdenkens. Das
zeigt mir: Der politische Druck der letzten Jahre hat Wir-
kung gezeigt.

Auf Veranlassung unserer Ministerin Kristina
Schröder haben sich erstmalig die Personalvorstände der
DAX-30-Unternehmen getroffen. Das gab es noch nie;
das muss man deutlich sagen. Es ist grundsätzlich gut,
wenn sich die Personalvorstände unserer DAX-30-Un-
ternehmen Gedanken über die Frauen in ihren Unterneh-
men machen.

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(C (D Es ist doch eigentlich klar: Sie brauchen die Frauen in ren Unternehmen. Die demografische Entwicklung ist atastrophal. Wir brauchen Fachleute, und zwar nicht ur im unteren Bereich, sondern auch oben. Das hat man nscheinend erkannt, und man hat angeboten, dass man ich Ziele steckt. Diese Ziele erfüllen aber nicht alle. anche bleiben hinter den Erwartungen zurück, die ich sie gesetzt habe. Das Wichtigste ist aber: Bei dem Gespräch wurde icht über Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen geprochen. Es ist klar: Personalvorstände können darüber icht beschließen; denn darüber entscheiden die Aufichtsräte und die Hauptversammlungen. Das ist nicht re Sache, also müssen wir auf der anderen Ebene weirarbeiten. Jetzt rede ich einmal in Richtung der rechten Seite des auses. In unserem Koalitionsvertrag haben wir, die hristlich-liberale Koalition, vereinbart, den Anteil von rauen in Führungspositionen im Rahmen eines Stufenlans maßgeblich zu erhöhen. Das begrüße ich ausrücklich. Alle drei Parteien haben ihre Unterschrift unr den Koalitionsvertrag gesetzt. Aber zu einem tufenplan gehört, dass man auch irgendwann die erste tufe in Angriff nimmt und darlegt, wie sie aussehen oll. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


a helfen die Versprechen der Unternehmen nicht wei-
r. Wir sind hier der Gesetzgeber, und wir müssen han-
eln.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich bitte Sie: Trauen Sie sich! Auch andere Länder in
uropa haben sich getraut. Ich nenne noch einmal Nor-
egen. Mit Blick auf die hier schon zitierte Untersu-

hung muss man allerdings fragen, wer sie in Auftrag
egeben hat. Der damalige norwegische Wirtschafts-
inister, der die Quotenregelung umgesetzt hat und mit

em ich vor kurzem gesprochen habe, erklärte mir seine
eweggründe, warum er diesen Schritt für notwendig
ielt. Seine Antwort war: Das war kein feministischer
chlachtruf. Auch die Fairness gegenüber Frauen hat
eniger eine Rolle gespielt. Es waren knallharte wirt-

chaftspolitische Interessen.

Das zeigt auch die Studie von McKinsey, die ganz ak-
ell veröffentlicht wurde. – Herr Präsident, ich bin so-
rt fertig.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714706300

Frau Kollegin, ich wollte Sie nur fragen, ob Sie eine

wischenfrage zulassen wollen, mit der Sie Ihre Rede-
eit verlängern können?


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1714706400

Nein, wir wollen jetzt abstimmen. Entschuldigung.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714706500

Dann kommen Sie bitte zum Schluss.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17611


(A) )


)(B)


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1714706600

Nach dieser Studie erzielen Firmen mit der größten

Vielfalt im Vorstand – also mit Frauen und jüngeren
Männern – 53 Prozent höhere Kapitalrenditen und
14 Prozent höhere Betriebsergebnisse als Firmen mit ge-
ringerer Vielfalt. Das zeigt ganz klar: Mit Frauen in der
Spitze lässt sich ein Unternehmen noch viel erfolg-
reicher führen. Das sind Argumente, die eigentlich auch
unseren Wirtschaftspolitikern einleuchten müssen.
Frauen sorgen für mehr Umsatz und für mehr Kapitalzu-
fluss. Also müssten Frauen doch dringend und sofort
eingestellt werden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714706700

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1714706800

Meine Damen und Herren, Politik ist das Bohren

dicker Bretter; das wissen wir. Wenn es um Frauenpoli-
tik geht, sind die Bretter aber besonders dick. Ich habe
immer den Eindruck: Männer bohren mit einer Black &
Decker, und wir Frauen bekommen nur einen rostigen
Handbohrer. Aber wir bohren weiter. Das verspreche ich
Ihnen.


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714706900

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-

gin Ziegler.


Dagmar Ziegler (SPD):
Rede ID: ID1714707000

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau

Pawelski, ich wollte an Sie vorhin eine Frage stellen. Ich
mache das jetzt im Rahmen einer Kurzintervention.

Wir waren uns auf dem Weg, den Sie beschrieben ha-
ben, alle sehr einig. Ich war froh darüber, dass wir es
über die Fraktionsgrenzen hinweg geschafft haben, das
Ziel zu formulieren, das uns eint, auch wenn die Wege
unterschiedlich sind. Die FDP zieht einen anderen Weg
vor. Die Mehrheit der Frauen im Parlament sagt jeden-
falls, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen.

Könnten Sie vielleicht Ihre Kritik an dem Verfahren,
sprich an der namentlichen Abstimmung, überwinden?
Sie könnten doch sagen: Es läuft, wie es läuft, aber ange-
sichts des Ziels, dem wir uns als Frauen verpflichtet füh-
len, schauen wir über diese Schwierigkeiten hinweg. So
verhindern Sie, dass die Männer sagen: Seht einmal, die
Frauen bekommen es einfach nicht hin.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714707100

Kollegin Pawelski, bitte.


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1714707200

Kollegin Ziegler, wir waren in der Tat auf einem gu-

ten Weg. Ich war sehr froh, dass es auch außerhalb der
Politik genug vernünftige Menschen gibt, die gemein-
sam und überparteilich an einem Ziel arbeiten wollen.
Durch diese namentliche Abstimmung zwingen Sie uns
aber in eine Position, die wir eigentlich nicht vertreten.

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1)

2)

(C (D ir haben darüber gesprochen, und wir haben uns auf ie verlassen. Ich bin daher doppelt enttäuscht, dass als, was Sie zugesagt haben, nicht eingehalten wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Marina Schuster [FDP])


h danke da auch Herrn Beck, der sich dafür eingesetzt
at, dass die namentliche Abstimmung heute entfällt.

Wir werden an dem Ziel weiterarbeiten; denn das Ziel
t für uns wichtiger als der Streit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714707300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/7953 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

erstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist die
berweisung so beschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der
raktion Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf
ines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von
ufsichtsräten. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchsta-
e a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6527,
en Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
uf Drucksache 17/3296 abzulehnen. Wir stimmen nun
ber den Gesetzentwurf auf Verlangen der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen namentlich ab. Bitte denken Sie
aran, dass wir anschließend eine weitere namentliche
bstimmung durchführen werden. Zu Tagesordnungs-
unkt 34 liegt eine ganze Reihe schriftlicher Erklärun-
en zur Abstimmung nach § 31 unserer Geschäftsord-
ung vor.1)

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre
lätze einzunehmen. – Das ist offensichtlich erfolgt.
ann eröffne ich die erste namentliche Abstimmung.

Ich stelle pflichtgemäß die Frage: Haben alle anwe-
enden Mitglieder des Hauses ihre Stimme abgegeben? –
h höre keinen Widerspruch. Dann ist das offensichtlich

o. Damit schließe ich die erste namentliche Abstim-
ung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
it der Auszählung zu beginnen.2)

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
mpfehlung des Rechtsausschusses zu dem Antrag der
raktion der SPD mit dem Titel „Quotenregelung für
ufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben“.
er Ausschluss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be-

chlussempfehlung auf Drucksache 17/6527, den Antrag
er Fraktion der SPD auf Drucksache 17/4683 abzuleh-
en. Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung
uf Verlangen der Fraktion der SPD namentlich ab. Sind
lle Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall.
ann eröffne ich die zweite namentliche Abstimmung.

Anlagen 2 bis 5
Ergebnis Seite 17613 D

17612 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011


(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714707400

Haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimmkarte für

die zweite namentliche Abstimmung eingeworfen? –
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Die Ergebnisse der namentlichen Abstimmun-
gen werden Ihnen später bekannt gegeben.1)

Wir setzen die Beratungen fort.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 33 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Rechts der Verbraucher-
information

– Drucksache 17/7374 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz (10. Ausschuss)


– Drucksache 17/7993 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Mechthild Heil
Elvira Drobinski-Weiß
Dr. Erik Schweickert
Caren Lay
Nicole Maisch

Hierzu liegen drei Änderungsanträge der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor. Weiterhin liegen ein Ent-
schließungsantrag der Fraktion der SPD, ein Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Die Linke sowie ein Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Kein
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Bundesministerin Ilse Aigner das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Land-
wirtschaft und Verbraucherschutz:

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Sicherheit gewährleisten und Selbstbe-
stimmung ermöglichen – das ist die Zielrichtung meiner
Verbraucherpolitik, die Zielrichtung der christlich-libe-
ralen Verbraucherpolitik.

Wer Verbraucherinnen und Verbraucher stärken und
sie nicht bevormunden will, der sollte neben dem Schutz
vor allem für eines sorgen, nämlich für Transparenz. Das
Ziel ist vorgegeben. Wir gehen entschlossen Schritt für
Schritt voran.

Einen wesentlichen Schritt in diese Richtung gehen
wir mit der Novellierung des Verbraucherinformations-
gesetzes. Bürgerinnen und Bürger erhalten Auskunft
über das, was die Behörden und Ämter wissen; insbe-
sondere erhalten sie Informationen über Rechtsverstöße

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ra1) Ergebnis Seite 17616 A

(C (D ei Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bearfs. Das ist der Kern des Gesetzes. Die SPD hat das in der Großen Koalition damals mit eschlossen. Wir haben damals gemeinsam beschlossen, as Gesetz zu evaluieren. Weniger als ein Jahr nach bschluss der Evaluierung haben wir heute, am 2. De ember 2011, die zweite und dritte Lesung. Durch die ovellierung macht die christlich-liberale Koalition das erbraucherinformationsgesetz noch besser, und zwar ugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Es soll einfacher, wirksamer nd noch bürgerfreundlicher werden. Wir machen es infacher, (Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: An welchen Stellen?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Ulrich Kelber [SPD]: Und teurer!)


dem wir die Antragstellung per E-Mail erleichtern,


(Zurufe von der SPD: Oh!)


risten streichen und das Antragsverfahren verkürzen.
urz und unbürokratisch – das ist das Motto.

Wir machen es wirksamer, indem wir den Anwen-
ungsbereich ausdehnen; denn für Verbraucher ist es
chlicht nicht einzusehen, warum sie über Produkte wie
ebensmittel und Textilien Auskunft erhalten sollen,
ber Produkte wie Haushaltsgeräte, Möbel oder Spiel-
eug aber nicht.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Was ist mit den Finanzdienstleistungen?)


uch das sind Gegenstände des täglichen Lebens.


(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])


ier soll das Verbraucherinformationsgesetz künftig
irken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich gebe Ihnen ein zeitgemäßes praktisches Beispiel.
etzt steht Weihnachten vor der Tür. Es werden sehr
iele Lichterketten verkauft. Die Gewerbeaufsichtsämter
berprüfen solche Lichterketten zum Beispiel darauf, ob
abel überhitzt sind oder Brände ausgelöst werden kön-
en. Über die Erkenntnisse sollen die Verbraucher infor-
iert werden, wenn sie bei den Behörden nachfragen.
as ist ein weiterer Fortschritt in diesem Bereich.

Wir können und wollen auch nicht alle Bereiche ins
IG einbeziehen. Bei Finanzprodukten etwa gibt es
eine Messwerte, die objektiv feststellbar sind. Bei Fi-
anzprodukten ist das Risiko häufig die zweite Seite der
edaille; die erste sind die höheren Zinsen. Wer will in
elchem Bereich wie davor warnen? Manche Menschen

ind bereit, ein höheres Risiko einzugehen. Umso wich-
ger sind eine gute, individuelle Beratung und eine gute
erbraucherbildung. Deshalb verpflichten wir gerade die
anken zu dem sogenannten Beipackzettel und den Be-
tungsprotokollen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17613

Bundesministerin Ilse Aigner


(A) )


)(B)


hohen Kosten. Interessant ist in diesem Zusammenhang diesem Hohen Haus dabei nachdrücklich unterstützt. Ich
Entwurf für alle Anfragen – für die kleinen und für die
großen – die volle Kostendeckung vorgeschlagen hat.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Hört! Hört! – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Da gab es gar kein VIG!)


Bei uns sind künftig alle Anfragen bis 250 Euro kos-
tenfrei. Aber wir ziehen natürlich auch irgendwo eine
Grenze, die sich am Verwaltungsaufwand orientiert. Ich
denke, das ist nur gerecht. Denn sonst muss der Steuer-
zahler die Rechnung zahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das VIG ist auch ein Teil meines Aktionsplanes, mit
dem wir die Konsequenzen aus dem Dioxinskandal zu
Anfang des Jahres ziehen und die gesamte Kette vom
Futtertrog bis ins Ladenregal auf den Prüfstand gestellt
haben. Wir stellen mit dem VIG klar: Grenzwertüber-
schreitungen sind kein Geheimnis. Messergebnisse bei
Stoffen wie Dioxin, für die es Grenzwerte gibt, sind kein
Geheimnis. Auch die Lieferkette ist bei Rechtsverstößen
kein Geheimnis.

Mir ist wichtig, dass die Verbraucher auf der Basis
des VIG künftig schnell und möglichst umfassend infor-
miert werden müssen. Rezepturen hingegen sind aus-
drücklich ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Sie
müssen nicht offengelegt werden. Das haben wir auch
klar im Gesetzentwurf verankert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Unser Aktionsplan ist übrigens zu weiten Teilen um-
gesetzt. Es waren zehn Punkte. Alles, was vom Bund ge-
regelt werden konnte, ist erfolgreich geregelt worden.
Wo der Bund federführend war und die Möglichkeit
dazu hatte, haben wir dies gemeinsam mit den Ländern
zügig abgehandelt.

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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 524;
davon

ja: 235
nein: 281
enthalten: 8

Ja

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel

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(D igen Länderministern um Unterstützung zu werben. ie ersten Äußerungen dazu waren nicht sehr erfolgver prechend. Meine Damen und Herren, wir haben mit dem VIG ute Erfahrungen gemacht. Sicher, es gab im Vorfeld uch Bedenken vonseiten der Wirtschaft. Aber in der ealität haben sich diese nicht bewahrheitet. Das breite eer der seriös wirtschaftenden Unternehmen in eutschland braucht keine Sorgen zu haben. Im Gegenil: Es kann vielmehr damit rechnen, letztendlich vom ertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu protieren. Die christlich-liberale Koalition setzt nach wie vor erstärkt auf Transparenz zugunsten der Verbraucher. ir stärken die Unternehmen durch größeres Verbrau hervertrauen. Wir machen das VIG mit Augenmaß och schlagkräftiger. Das VIG ist ein gutes Gesetz, und ir machen es heute noch besser. Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, gebe ich Ih en die von den Schriftführerinnen und Schriftführern rmittelten Ergebnisse der beiden namentlichen Abtimmungen bekannt. Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzntwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Entwurf ines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von ufsichtsräten –: abgegebene Stimmen 525. Mit Ja haen gestimmt 236, mit Nein haben gestimmt 281, Entaltungen 8. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt. ören Bartol ärbel Bas abine Bätzing-Lichtenthäler othar Binding ernhard Brinkmann delgard Bulmahn arco Bülow artin Burkert etra Crone Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke übrigens, dass Frau Künast seinerzeit in ihrem ersten appelliere an die Oppositionsparteien, bei ihren zustänVorgestern haben wir im Ka Umsetzung des europäischen „ richtlinie, in nationales Recht g unserem Sinne. Das sind keine des Anlegerschutzes. Auch hie renz und Information. (Beifall bei der CDU/C Schließlich machen wir das V cher, indem wir die Kosten für d ger senken. Schon im heutigen binett den Beschluss zur Bruders“, der Prospekt efasst, und zwar genau in Fragen des VIG, sondern r setzen wir auf Transpa SU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714707500

(Hildesheim)


IG auch bürgerfreundli-
ie Bürgerinnen und Bür-
System entstehen keine

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Gemeinsam handeln: Das w
chlägen des Bundesrechnung
es gesundheitlichen Verbrauc
cht wurde übrigens von mir
erde Vorschläge machen, wie
ändern Fortschritte machen k
eitlichen Standards, der ein
nd beim Krisenmanagement.

Ich appelliere an die Länder
h gehe davon aus, dass mich

(Cill ich auch bei den Vorshofes zur Organisation herschutzes. Dieser Bein Auftrag gegeben. Ich wir gemeinsam mit den önnen, etwa bei den einheitlichen Überwachung , sich zu beteiligen, und auch die Opposition in 17614 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )


(A) )

Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann

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arin Roth (Esslingen)

ichael Roth (Heringen)

arlene Rupprecht

(Tuchenbach)

xel Schäfer (Bochum)

ernd Scheelen
arianne Schieder

(Schwandorf)

erner Schieder (Weiden)

lla Schmidt (Aachen)

arsten Schneider (Erfurt)

ttmar Schreiner
wen Schulz (Spandau)

wald Schurer
rank Schwabe
olf Schwanitz
tefan Schwartze
ita Schwarzelühr-Sutter
r. Carsten Sieling
onja Steffen
eer Steinbrück
r. Frank-Walter Steinmeier
hristoph Strässer
erstin Tack
r. h. c. Wolfgang Thierse
ranz Thönnes
olfgang Tiefensee
te Vogt
r. Marlies Volkmer
ndrea Wicklein
eidemarie Wieczorek-Zeul
r. Dieter Wiefelspütz
ta Zapf
agmar Ziegler
anfred Zöllmer
rigitte Zypries

IE LINKE

n van Aken
gnes Alpers
r. Dietmar Bartsch
erbert Behrens
arin Binder
atthias W. Birkwald
hristine Buchholz
r. Martina Bunge
oland Claus
r. Diether Dehm
eidrun Dittrich
erner Dreibus
r. Dagmar Enkelmann
laus Ernst
icole Gohlke
nnette Groth
r. Gregor Gysi
r. Rosemarie Hein
r. Barbara Höll
ndrej Hunko
lla Jelpke
r. Lukrezia Jochimsen
arald Koch
n Korte
atrin Kunert
aren Lay
abine Leidig
alph Lenkert
tefan Liebich
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r. Gesine Lötzsch
homas Lutze
orothée Menzner
ornelia Möhring
olfgang Nešković
homas Nord
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ichard Pitterle
vonne Ploetz
aul Schäfer (Köln)

aju Sharma
r. Petra Sitte
abine Stüber
lexander Süßmair
r. Kirsten Tackmann
rank Tempel
r. Axel Troost
athrin Vogler
hanna Voß
alina Wawzyniak
rn Wunderlich

abine Zimmermann

ÜNDNIS 90/
IE GRÜNEN

erstin Andreae
olker Beck (Köln)

ornelia Behm
iola von Cramon-Taubadel
kin Deligöz
atja Dörner
arald Ebner
ans-Josef Fell
r. Thomas Gambke
ai Gehring
atrin Göring-Eckardt
ritta Haßelmann
ettina Herlitzius
riska Hinz (Herborn)

r. Anton Hofreiter
ärbel Höhn
grid Hönlinger
we Kekeritz
atja Keul
emet Kilic

ven-Christian Kindler
te Koczy
om Koenigs
ylvia Kotting-Uhl
liver Krischer
gnes Krumwiede
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enate Künast
arkus Kurth
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r. Tobias Lindner
icole Maisch
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erstin Müller (Köln)

eate Müller-Gemmeke
r. Konstantin von Notz
riedrich Ostendorff
r. Hermann E. Ott
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rigitte Pothmer
abea Rößner
laudia Roth (Augsburg)


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laus-Peter Flosbach
ichael Frieser

rich G. Fritz
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
go Gädechens
r. Thomas Gebhart
orbert Geis
lois Gerig
berhard Gienger
eter Götz
r. Wolfgang Götzer
einhard Grindel
ermann Gröhe

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17615

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Manfred Grund
Olav Gutting
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak

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r. Thomas de Maizière
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

r. Michael Meister
aria Michalk
r. h. c. Hans Michelbach
r. Mathias Middelberg
hilipp Mißfelder
ietrich Monstadt
arlene Mortler
r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

r. Philipp Murmann
ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
r. Michael Paul
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
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r. Peter Ramsauer
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othar Riebsamen
sef Rief
laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
ankred Schipanski
eorg Schirmbeck
hristian Schmidt (Fürth)

atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
r. Kristina Schröder
r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
we Schummer

(Weil am Rhein)

hannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
ernd Siebert
homas Silberhorn
hannes Singhammer
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hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
ero Storjohann
tephan Stracke
ax Straubinger

homas Strobl (Heilbronn)

ichael Stübgen
r. Peter Tauber
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
r. Johann Wadephul
arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

go Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
eter Wichtel
laus-Peter Willsch
agmar G. Wöhrl
r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
illi Zylajew

DP

ns Ackermann
hristian Ahrendt
hristine Aschenberg-
Dugnus
aniel Bahr (Münster)

lorian Bernschneider
ebastian Blumenthal
laudia Bögel
icole Bracht-Bendt
ainer Brüderle
ngelika Brunkhorst
rnst Burgbacher
arco Buschmann
einer Deutschmann
r. Bijan Djir-Sarai
atrick Döring
ainer Erdel
rg van Essen
lrike Flach
tto Fricke
r. Edmund Peter Geisen
einz Golombeck
iriam Gruß
r. Christel Happach-Kasan
anuel Höferlin
irgit Homburger
r. Werner Hoyer
einer Kamp
ichael Kauch
r. Lutz Knopek
ascal Kober
r. Heinrich L. Kolb
udrun Kopp
ebastian Körber
olger Krestel
einz Lanfermann

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(Lausitz)


(Frankfurt)


(Lüdenscheid)


(A) )


Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis

Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers

Norbert Schindler
Tankred Schipanski

Nicole Bracht-Bendt
Rainer Brüderle
Eberhard Gienger
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf

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hristian Schmidt (Fürth)

atrick Schnieder
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Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Reiner Deutschmann
Alois Gerig (Heidelberg) Georg Schirmbeck Angelika Brunkhorst
Ergebnis der namentlichen A
schlussempfehlung des Rechts
Stimmen 524. Mit Ja haben ges

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 524;
davon

ja: 286
nein: 236
enthalten: 2

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Ingo Gädechens

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bstimmung über die Be-
ausschusses: abgegebene
timmt 286, mit Nein ha-

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einhard Grindel
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lorian Hahn
r. Stephan Harbarth
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erda Hasselfeldt
r. Matthias Heider
elmut Heiderich
echthild Heil

rank Heinrich
udolf Henke
ichael Hennrich
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hristian Hirte
obert Hochbaum
arl Holmeier
ranz-Josef Holzenkamp
achim Hörster
nette Hübinger
homas Jarzombek
ieter Jasper
r. Franz Josef Jung
ndreas Jung (Konstanz)

r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)

r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
wa Klamt
olkmar Klein
rgen Klimke
xel Knoerig
ns Koeppen
anfred Kolbe
artmut Koschyk
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
üdiger Kruse
ettina Kudla
r. Hermann Kues

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en gestimmt 236, Enthaltunge
hlung ist angenommen.

lrich Lange
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
gbert Liebing
atthias Lietz
r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
r. Michael Luther
arin Maag
r. Thomas de Maizière
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

r. Michael Meister
aria Michalk
r. h. c. Hans Michelbach
r. Mathias Middelberg
hilipp Mißfelder
ietrich Monstadt
arlene Mortler
r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

r. Philipp Murmann
ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
r. Michael Paul
ita Pawelski
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
onald Pofalla
hristoph Poland
ckhard Pols
homas Rachel
r. Peter Ramsauer
ckhardt Rehberg
othar Riebsamen
sef Rief
laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling

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(C (D n 2. Die Beschlussemp adine Schön r. Kristina Schröder r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein)

hannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
ernd Siebert
homas Silberhorn
hannes Singhammer
ns Spahn
arola Stauche
r. Frank Steffel
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
ero Storjohann
tephan Stracke
ax Straubinger

homas Strobl (Heilbronn)

ichael Stübgen
r. Peter Tauber
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
r. Johann Wadephul
arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

go Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
eter Wichtel
laus-Peter Willsch
lisabeth Winkelmeier-
Becker
agmar G. Wöhrl
r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
illi Zylajew

DP

ns Ackermann
hristian Ahrendt
hristine Aschenberg-
Dugnus
aniel Bahr (Münster)

lorian Bernschneider
ebastian Blumenthal
laudia Bögel

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17617

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Dr. Edmund Peter Geisen
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Dr. Christel Happach-Kasan
Manuel Höferlin
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Sebastian Körber
Holger Krestel
Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


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DU/CSU

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grid Arndt-Brauer
ainer Arnold
einz-Joachim Barchmann
oris Barnett
r. Hans-Peter Bartels
laus Barthel
ören Bartol
ärbel Bas
abine Bätzing-Lichtenthäler
othar Binding (Heidelberg)

ernhard Brinkmann

(Hildesheim)


delgard Bulmahn
arco Bülow
artin Burkert

etra Crone
artin Dörmann

lvira Drobinski-Weiß
arrelt Duin
go Egloff

iegmund Ehrmann
etra Ernstberger
arin Evers-Meyer
lke Ferner
abriele Fograscher
r. Edgar Franke
agmar Freitag
ichael Gerdes
artin Gerster
is Gleicke
ünter Gloser
lrike Gottschalck
ngelika Graf (Rosenheim)

ichael Groschek
ichael Groß
olfgang Gunkel
ans-Joachim Hacker
ettina Hagedorn
laus Hagemann
ichael Hartmann

(Wackernheim)

ubertus Heil (Peine)

olf Hempelmann
r. Barbara Hendricks
ustav Herzog
abriele Hiller-Ohm
etra Hinz (Essen)

rank Hofmann (Volkach)

r. Eva Högl
hristel Humme
sip Juratovic
liver Kaczmarek
hannes Kahrs
lrich Kelber
ars Klingbeil
ans-Ulrich Klose
r. Bärbel Kofler
aniela Kolbe (Leipzig)

ritz Rudolf Körper
icolette Kressl
ngelika Krüger-Leißner

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te Kumpf
hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)

r. Karl Lauterbach
teffen-Claudio Lemme
urkhard Lischka
abriele Lösekrug-Möller
irsten Lühmann
aren Marks
atja Mast
ilde Mattheis
etra Merkel (Berlin)

llrich Meßmer
r. Matthias Miersch
ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
ndrea Nahles
anfred Nink

homas Oppermann
ydan Özoğuz
einz Paula
hannes Pflug
achim Poß
r. Wilhelm Priesmeier
lorian Pronold
r. Sascha Raabe
echthild Rawert

tefan Rebmann
erold Reichenbach
r. Carola Reimann
önke Rix
ené Röspel
r. Ernst Dieter Rossmann
arin Roth (Esslingen)

ichael Roth (Heringen)

arlene Rupprecht

(Tuchenbach)

xel Schäfer (Bochum)

ernd Scheelen
arianne Schieder

(Schwandorf)

erner Schieder (Weiden)

lla Schmidt (Aachen)

arsten Schneider (Erfurt)

ttmar Schreiner
wen Schulz (Spandau)

wald Schurer
rank Schwabe
olf Schwanitz
tefan Schwartze
ita Schwarzelühr-Sutter
r. Carsten Sieling
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eer Steinbrück
r. Frank-Walter Steinmeier
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r. h. c. Wolfgang Thierse
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olfgang Tiefensee
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r. Marlies Volkmer
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r. Dieter Wiefelspütz
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(C (D rigitte Zypries IE LINKE n van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch erbert Behrens arin Binder atthias W. Birkwald hristine Buchholz r. Martina Bunge oland Claus r. Diether Dehm eidrun Dittrich erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann laus Ernst icole Gohlke nnette Groth r. Gregor Gysi r. Rosemarie Hein r. Barbara Höll ndrej Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen arald Koch n Korte atrin Kunert aren Lay abine Leidig alph Lenkert tefan Liebich lla Lötzer r. Gesine Lötzsch homas Lutze orothée Menzner ornelia Möhring olfgang Nešković homas Nord etra Pau ichard Pitterle vonne Ploetz aul Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte abine Stüber lexander Süßmair r. Kirsten Tackmann rank Tempel r. Axel Troost athrin Vogler hanna Voß alina Wawzyniak rn Wunderlich abine Zimmermann ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae olker Beck ornelia Behm iola von Cramon-Taubadel kin Deligöz atja Dörner arald Ebner ans-Josef Fell r. Thomas Gambke 17618 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )


(A) )


Mit dem von uns initiierten Entschließungsantrag
destens zwei unabhängigen Laboren untersucht werden.
nach zwei Jahren festgeschrieb
machten Erfahrungen sollten a
besserung des VIG genutzt wer
chercheck, den wir grundsätz
Vorhaben fordern.

Die Überprüfung hat eindeu
Sie hier so preisen, ist überh
freundlich. Das ist sogar noch f
denken, Verbraucher müssen
schnell erfahren können, was
auf dem Markt steckt. Das VIG
Baustein sein können.
en. Die in der Praxis ge-
usgewertet und zur Ver-
den. Das ist ein Verbrau-
lich für alle politischen

tig gezeigt: Das VIG, das
aupt nicht verbraucher-
reundlich formuliert. Wir
leicht, verständlich und
in und hinter Angeboten
hätte dafür ein wichtiger

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ekanntgabe von Ergebnissen b
s ist nicht nur zu kurz gespru
och in die falsche Richtung. A
on scheint sich heute sowieso
en: auf dem Weg in die falsche


(Beifall bei der SPD sow Ebner [BÜNDNIS 90/D Wir brauchen also eine ne eutschland. Wir brauchen a rauchergerechte Informationsm en als Chance begriffen und z erden und dürfen nicht läng eschleunigt wird. Das alngen, sondern geht auch ber die Regierungskoaliauf diesem Weg zu befin Richtung. ie des Abg. Harald IE GRÜNEN])


ue Transparenzkultur in
lltagstaugliche und ver-

aßnahmen. Diese müs-
ur Selbstverständlichkeit
er als Behinderung, als
vom Jahr 2006 haben wir eine Überprüfung des Gesetzes
Das wird doch ganz gewiss nicht dazu führen, dass die
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Priska Hinz (Herborn)

Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Ute Koczy
Tom Koenigs

Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Dr. Konstantin von Notz

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Wir setzen die Aussprache fort. Das Wort hat die Kol-
legin Elvira Drobinski-Weiß von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1714707600

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Frau Aigner, Sie gestatten – und erwarten wahrschein-
lich auch –, dass ich heute einiges Wasser in den von Ih-
nen eben dargebotenen Wein gieße.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen das nicht!)


Denn wenn wir heute Ihren Vorschlägen zum sogenann-
ten Verbraucherinformationsgesetz zustimmen würden,
dann hätten wir eine Chance vertan. Das heißt, Sie hätten
sie vertan.


(Christoph Poland [CDU/CSU]: Sie haben die Chance verpasst, was zu tun!)


Sie hätten die Chance vertan, mehr Transparenz für die
Verbraucherinnen und Verbraucher in dieser Legislatur-
periode zu erreichen. Das ist fatal. So werden nun also
die Verbraucherinnen und Verbraucher bis zum Jahr
2013 warten müssen, bis wir dann unter einer SPD-ge-
führten Bundesregierung endlich ein Verbrauchergesetz
auf den Weg bringen, das diesen Namen auch verdient.


(Beifall bei der SPD – Dr. Gerd Müller [CDU/ CSU]: Rot-Grün hat sieben Jahre lang nichts hingebracht!)


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(C (D riedrich Ostendorff r. Hermann Ott isa Paus rigitte Pothmer abea Rößner laudia Roth rista Sager anuel Sarrazin lisabeth Scharfenberg r. Gerhard Schick r. Frithjof Schmidt orothea Steiner r. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten FDP Sylvia Canel Helga Daub Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der DU/CSU und von der FDP, sind leider die notwendien Änderungen nicht angegangen. Weiterhin gibt es einen Auskunftsanspruch für Verbraucherinnen und erbraucher gegenüber den Unternehmen. Weiterhin gilt as VIG nicht für Dienstleistungen. Ich denke, gerade in iner Zeit, in der Finanzdienstleistungen eine wichtige olle spielen, ist das ein großes Manko. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Kostenregelung bringt sogar Verschlechterungen
egenüber dem alten VIG. Bisher waren nämlich alle
nfragen zu Rechtsverstößen kostenfrei, und jetzt sollen
ostendeckende Gebühren verlangt werden können,
enn der Verwaltungsaufwand für Anfragen zu Rechts-
erstößen 1 000 Euro überschreitet. Damit werden natür-
ch wichtige Multiplikatoren abgeschreckt, beispiels-
eise die Umwelt- und die Verbraucherverbände,


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Die haben die 1 000 Euro, keine Sorge!)


ber auch kritische Journalisten.

Behörden können die Bearbeitung von Auskunftsan-
egen verweigern, wenn dadurch die ordnungsgemäße
rfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt würde. Welche
pielräume sich dadurch auftun, das überlasse ich Ihrer
antasie.

Proben – hören Sie bitte zu – müssen nun von min-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17619

Elvira Drobinski-Weiß


(A) )


)(B)

Pranger oder gar als eine Gefahr für den Markt bezeich-
net werden. Egal ob es um Nährwertampeln, um Offen-
legungspflichten für Unternehmen, um ein Restaurant-
barometer oder um die Veröffentlichung aller amtlichen
Überwachungsergebnisse geht: Das VIG könnte –
könnte! – zu dieser Transparenzkultur einen wichtigen
Beitrag leisten. Doch das, was Frau Aigner hier vorlegt,
verfehlt dieses Ziel.

Aber, werte Kolleginnen und Kollegen, Frau Ministe-
rin, noch haben Sie eine Chance. Wir haben Ihnen mit
unserem Entschließungsantrag Vorschläge vorgelegt,
wie das VIG doch noch verbraucherfreundlich gestaltet
werden kann. Sie müssen einfach nur zustimmen. Wir
wollen die Behörden nämlich verpflichten, Untersu-
chungsergebnisse von sich aus zu veröffentlichen. Wir
wollen eine gesetzliche Grundlage für das sogenannte
Restaurantbarometer und die verstärkte Nutzung aktiver
Informationsmöglichkeiten. Wir fordern die Bundesre-
gierung auf, ein Gesamtkonzept für Verbraucherinfor-
mationen vorzulegen und dabei sicherzustellen, dass In-
formationspflichten verständlich, nützlich und auch
anwendbar sind. Wir wollen die Anbieter zur Informa-
tion der Verbraucher verpflichten und den Auskunftsan-
spruch der Verbraucherinnen und Verbraucher auf sämt-
liche Produkte und Dienstleistungen ausweiten. Wir
wollen die Ausschluss- und Beschränkungsgründe im
VIG eingrenzen. Wir wollen dieses Gesetz verbraucher-
freundlich reformieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir freuen uns auf Ihre Unterstützung.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714707700

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Kollege

Dr. Erik Schweickert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1714707800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Liebe Elvira Drobinski-
Weiß, du hast vorhin gesagt, ihr trätet dafür ein, dass
2013 – euer Wahlerfolg vorweggenommen – die nötigen
Korrekturen vorgenommen würden. Du hast am 11. Mai
2006 in deiner Rede zur Einbringung des VIG gesagt
– darf ich dich einmal daran erinnern? –:

Wir wollen dafür sorgen, dass dieser Wagen na-
mens Verbraucherinformation Räder bekommt, da-
mit er fahren kann.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ja! Klasse!)


Verbraucher und Verbraucherinnen müssen Zugang
zu allen Informationen haben, die ihnen eine be-
wusste Auswahl von Produkten und Dienstleistun-

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(C (D gen ermöglichen und eine eigenverantwortliche Marktteilnahme gewährleisten. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Was ist daran falsch?)


Wenn das so ist, dann frage ich mich schon, warum
r es uns überlassen habt, den an euch selbst gestellten
nspruch zu erfüllen. Ihr seid als Tiger gesprungen und

ls Bettvorleger gelandet; denn man hat noch nicht ein-
al die Produktinformation geregelt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Da klatschen die, die dagegen waren! – Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist aber weit aus dem Fenster gelehnt!)


Wir brauchen Verbraucherinformationen, die unbüro-
ratisch und transparent sind. Denn nur ein aufgeklärter
erbraucher ist auch ein mündiger Verbraucher. Wenn
in Verbraucher eine Entscheidung für oder gegen einen
auf treffen muss, dann braucht er ausreichende Infor-
ationen. Dabei geht es um Produkte und auch um In-

altsstoffe von Lebensmitteln. Die Lebensmittelkrise
Stichwort: Dioxinvorfälle, Ehec – hat gezeigt: Wir
üssen die Verbraucherinnen und Verbraucher schnell
arnen können.

Mehr Transparenz, bessere und schnellere Informatio-
en sowie wirklich weniger Bürokratie, das waren die
iele bei unserer Novellierung des Verbraucherinforma-
onsgesetzes. Meine Damen und Herren, liebe Verbrau-
herinnen und Verbraucher, die christlich-liberale Koali-
on hat hier wieder einmal geliefert.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


er vorliegende Gesetzentwurf trägt diesen Zielen näm-
ch umfassend Rechnung. Wir haben dieses Relikt aus
ergangenen Tagen – ich bin gerade darauf eingegangen –
berarbeitet. Die Evaluierung des alten Gesetzes hat ge-
eigt, dass es ein Gesetz von gestern war. Lassen Sie mich
ier Punkte anführen, die belegen, welche Schwachstellen
s gab.

Erstens. Es gab nur sehr wenige Anfragen: 487; ich
ar einer derjenigen, die eine solche Anfrage gestellt ha-
en. 66 Prozent dieser Anfragen kamen nicht einmal von
erbraucherinnen und Verbrauchern, sondern von Jour-
alisten und Fachverbänden.

Zweitens. Die Antragstellung war außerordentlich bü-
kratisch. Man wusste nicht, ob die Antragsbearbeitung

twas kostet. Es wurden zwar 80 Prozent aller Anfragen
ostenfrei bearbeitet, aber ich wusste es vorher nicht.

Drittens. Dazu kam, dass der Anwendungsbereich des
IG auf den Bereich der Lebensmittel beschränkt blieb,
bwohl man wohl etwas anderes wollte.

Viertens. Das VIG hat sich in der Praxis im Hinblick
uf die aus den verschiedenen Lebensmittelskandalen
Dioxinvorfälle, Ehec-Ausbreitung – zu ziehenden
onsequenzen nicht als tauglich erwiesen. Wir gestalten
ieses Gesetz jetzt umfassender, transparenter, bürgernä-
er und unbürokratischer; denn wir weiten den Informa-
onsanspruch aus. Für den Verbraucher ist es wichtig,

17620 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Erik Schweickert


(A) )


)(B)

möglichst viel zu wissen. Wenn ihm der Föhn am Kopf
explodiert oder wenn er feststellt, dass ein Lebensmittel
ungenießbar ist, dann hat er künftig die Möglichkeit, die
nötigen Informationen zu bekommen.

Wir fördern auch die schnelle Verbraucherinforma-
tion bei Grenzwertüberschreitungen und Verstößen ge-
gen das Lebensmittelgesetzbuch. Das heißt, die Behör-
den haben mit dem VIG jetzt endlich die Grundlage,
künftig zeitnah zu veröffentlichen und bei Verstößen für
Verbraucherschutz zu sorgen. Das ist insbesondere dann
relevant, wenn Gefahren für die menschliche Gesundheit
bestehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Die Abwägungsklausel ist doch gar nicht rausgenommen!)


– Zu der komme ich gleich, Herr Kelber. – Wir machen
es unbürokratischer, weil die Anträge künftig per Tele-
fon oder per E-Mail gestellt werden können. Es entsteht
mehr Transparenz bezüglich der Gebühren; denn ich
weiß künftig, ob es mich etwas kostet. Seien wir einmal
ehrlich: Ein Verwaltungskostenaufwand bis zu 250 Euro
ist grundsätzlich kostenfrei, und für bestimmte Informa-
tionen besteht sogar Kostenfreiheit bis zu einem Verwal-
tungsaufwand von 1 000 Euro. Damit machen wir dem
herrschenden Gebührenwirrwarr ein Ende.

Auch den Unternehmen, die sich übrigens in der ver-
gangenen Woche mit großer Verärgerung über den Ge-
setzentwurf an mich gewandt haben, möchte ich sagen:
Das Gesetz ist ein fairer Ausgleich zwischen dem be-
rechtigten Anspruch der Verbraucher auf schnellere In-
formationen und auf Transparenz und dem ebenso be-
rechtigten Interesse der Unternehmen, dass sie nicht an
den Pranger gestellt werden, nicht fälschlicherweise ver-
dächtigt werden bzw. ihre Betriebs- oder Geschäftsge-
heimnisse nicht verletzt werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir schützen dadurch die redlich arbeitenden Unter-
nehmer, da bei einer Veröffentlichung das öffentliche In-
teresse gegenüber dem Schutz des Betriebsgeheimnisses
klar überwiegen muss. Außerdem ziehen wir eine Baga-
tellgrenze ein, damit nicht jeder lapidare Verstoß veröf-
fentlicht wird. Sie liegt bei einer Forderung von
350 Euro. Das wird in jeder Kommune so gehandhabt.
Wir sorgen ebenfalls dafür, dass es zwei amtliche Proben
geben muss, die den Verstoß bestätigen, bevor eine Be-
hörde veröffentlichen darf. Somit gehen wir gegen
Messfehler vor, und wir tragen zu einer gestärkten
Rechtssicherheit für die Unternehmen, aber auch für die
Behörden bei. Das heißt, die verfassungsrechtlichen
Grundsätze sind gewahrt. Die Informationen müssen va-
lide sein. Denn Hysterie hilft keinem Verbraucher, son-
dern nur tatsächliche und wahre Information.


(Ulrich Kelber [SPD]: Informationen nach dem Verzehr nützen auch niemandem!)


Auch der effektive Rechtsschutz ist gewahrt; denn
selbstverständlich steht es den Unternehmen weiterhin
frei, vor einem ordentlichen Gericht zu klagen. Aber wir
verkürzen das Widerspruchsverfahren bei der Behörde

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(C (D uf maximal 14 Tage. Das ist auch nicht ungewöhnlich; enn in § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung steht chon heute, Herr Kelber, dass die Länder im Bereich er landeseigenen Verwaltung auf Widerspruchsverfahn ganz verzichten können. Anders als die Opposition lehnen wir eine Ausdehung der Informationspflicht auf Unternehmen ab und ehen dies bei der Novellierung des VIG auch nicht vor. enn redlich arbeitende Unternehmer stehen bereits eute im Austausch mit ihren Kunden; das interessiert ie, und sie nehmen diesen Austausch auch wahr. (Ulrich Kelber [SPD]: Die nicht redlichen wollen wir verpflichten! Genau darum geht es!)


ußerdem bieten die Unternehmen umfassende Infor-
ationen auf den Produkten und zum Beispiel auch auf
ren Webseiten an. Ein gesetzlich fixierter Auskunfts-

nspruch mit Fristen usw. würde zu keiner Verbesserung
er bisherigen Auskunftsmöglichkeiten führen,


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Lassen Sie sich doch mal darauf ein!)


afür aber zu einer bürokratischen Überfrachtung


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Ja, ja! Das Totschlagargument!)


sbesondere kleiner und mittelständischer Unterneh-
en. Deswegen halten wir einen weitergehenden Aus-

unftsanspruch gegenüber den Unternehmen direkt für
ntbehrlich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Bei Ihnen sind die Funktionstasten mit diesen Phrasen belegt!)


Meine Damen und Herren, mehr Transparenz statt Bü-
kratie, einfachere, aber dafür für die Verbraucher ver-

tändliche und im Alltag anwendbare Informationen –
afür stehen wir als Freie Demokraten, und dafür haben
ir uns als christlich-liberale Koalition bei der Novellie-
ng des Verbraucherinformationsgesetzes eingesetzt.

Durch die Novellierung des Verbraucherinformati-
nsgesetzes wird es nun das, was es schon immer hätte
ein sollen: ein Transparenzgesetz.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Schön wär‘s! Chance vertan!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714707900

Für die Linken hat jetzt die Kollegin Caren Lay das

ort.


(Beifall bei der LINKEN)



Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714708000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die Menschen, die Verbraucherinnen und Ver-
raucher, machen sich sehr viele Sorgen, und sie stellen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17621

Caren Lay


(A) )


)(B)

sich viele Fragen. Beispielsweise fragen sie, was in den
Lebensmitteln steckt, die sie essen, und welche Dienst-
leistungen sie wirklich kaufen, zum Beispiel: Hält die
Aufschrift auf der Käseverpackung, was sie verspricht?
Ist der mir angebotene Kredit optimal, oder wird er mir
nur deswegen angeboten, weil die Gewinnspanne für das
Unternehmen besonders groß ist? Ist der Handyanbieter
durch versteckte Kosten aufgefallen? Häufen sich bei ei-
nem Energieversorger die Beschwerden? Kann ich der
Hygiene in der Imbissbude vertrauen?

Auf die meisten dieser Fragen bietet der vorliegende
Gesetzentwurf leider keine ausreichende Antwort. Denn
auch künftig werden Verbraucherrechte eingeschränkt
bleiben. Das schwarz-gelbe Verbraucherinformationsge-
setz bietet keine Auskunftsmöglichkeit für Dienstleis-
tungen, obwohl dies gerade bei den Finanzdienstleistun-
gen das Gebot der Stunde wäre. Verbraucherinnen und
Verbraucher verlieren jährlich zweistellige Milliardenbe-
träge allein durch Falschberatung. Hier haben Sie erneut
die Chance verpasst, dieser Abzocke endlich einen Rie-
gel vorzuschieben.

Auch in der Telekommunikations- und der Energie-
branche sieht es nicht besser aus. Auch hier häufen sich
die Beschwerden der Verbraucherinnen und Verbrau-
cher. Ausgerechnet an dieser Stelle kneift die Regierung.
Das ist für uns als Linke einfach nicht hinnehmbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch zukünftig muss der Umweg über die Behörden
gegangen werden. Viel einfacher wäre es in der Tat, di-
rekt von den Unternehmen Auskunft zu verlangen, und
wenn die Unternehmen dies nicht freiwillig tun, dann
muss man sie dazu verpflichten. Auch hier beugt sich die
Koalition den Unternehmensinteressen. Wir als Linke
stellen dem konsequent Verbraucherrechte entgegen.

Dann das leidige Thema der Betriebs- und Geschäfts-
geheimnisse: Statt konsequent Verbraucherrechte durch-
zusetzen, verzettelt sich die Regierung in Einschränkun-
gen, um die sogenannten Geheimhaltungsinteressen von
Unternehmen zu schützen. Ich kann nur sagen: Der vor-
liegende Gesetzentwurf wird an der Geheimniskrämerei
in Amtsstuben und in Vorstandsetagen wenig ändern.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bezahlen
auch die Arbeit der Behörden. Ich denke, es ist ihr gutes
Recht, dass die Informationen, die den Behörden vorlie-
gen, proaktiv veröffentlicht werden. Das können die
Steuerzahler erwarten.

Meine Damen und Herren, was müsste ein modernes
Verbraucherinformationsgesetz leisten, damit es seinen
Namen tatsächlich verdient? Der Entschließungsantrag
der Linken macht einige gute Vorschläge. Wir finden, ob
Futtermittel oder Finanzdienstleistungen, alle Informa-
tionen müssen zugänglich sein. Wir wollen also, dass
das Verbraucherinformationsgesetz für alle Produkte und
Dienstleistungen gilt. Das hat in der letzten Wahlperiode
übrigens nicht nur die Linke, sondern auch die FDP ge-
fordert. Ich teile Ihre Kritik, dass der Gesetzentwurf, den
die SPD mitgetragen hat, nicht das Gelbe vom Ei war.

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(C (D h muss aber auch sagen, verehrter Herr Schweickert: er im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. (Florian Toncar [FDP]: Das macht der Schweickert nicht!)


ie haben am Anfang der Debatte im Verbraucheraus-
chuss angekündigt, dass Sie den ganz großen Wurf pla-
en. Sie wollten das VIG sogar mit dem Informations-
eiheitsgesetz verknüpfen und dadurch den Auskunfts-
nspruch weiter ausbauen. Jetzt ist aus meiner Sicht ein
cherliches Gesetz herausgekommen, das im Endeffekt
aum Verbesserungen bringt.

Wir als Linke fordern deswegen einen direkten Aus-
unftsanspruch gegenüber Unternehmen.


(Beifall bei der LINKEN)


er Behördenweg ist einfach viel zu bürokratisch. Wenn
s so sein sollte, dass die redlichen Unternehmen ohne-
in zu Auskünften bereit sind, dann sollten wir heute den
ut haben, die unredlichen Unternehmen dazu zu zwin-

en.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714708100

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Schweickert?


Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714708200

Aber selbstverständlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714708300

Herr Schweickert, bitte schön.


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1714708400

Frau Kollegin Lay, herzlichen Dank für das Zulassen

einer Zwischenfrage.


Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714708500

Gerne.


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1714708600

Sie haben die Zusammenlegung von VIG, IFG und

IG, wie sie auch im Koalitionsvertrag steht, angespro-
hen. Ich stelle die Frage: Ist Ihnen bekannt, dass wir als
undesgesetzgeber – das hat die Evaluierung dieses Vor-
abens ergeben – keine Kompetenz für die Schaffung ei-
es einheitlichen Informationszugangsgesetzes für Bund
nd Länder haben? Ist Ihnen bekannt, dass das IFG ins-
esondere in der Kompetenz der Länder liegt und dass
ie Bereitschaft der Länder zur Übernahme der gelten-
en Modellgesetze des Bundes nicht zu erkennen war?
as war der Grund, warum es nicht geschehen ist. Ist Ih-
en weiterhin bekannt, dass der Verbraucher, wenn er In-
rmationen über Finanzdienstleistungen möchte, diese
otzdem einholen kann, dann zwar nicht über das Ver-
raucherinformationsgesetz, aber über das Informations-
eiheitsgesetz? Das ist zwar ein anderes Gesetz, aber
er Verbraucher hat die gleichen Auskunftsansprüche.

17622 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011


(A) )


)(B)


Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714708700

Ja, verehrter Herr Kollege, das ist mir selbstverständ-

lich bekannt. Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass ich
zu Beginn dieser Debatte skeptisch war, ob man diese
Gesetze tatsächlich zusammenlegen sollte. Ich kann Sie
aber nur an Ihren Worten und Ihren Taten messen. Sie
waren es, der diesen Vorschlag am Anfang des Gesetz-
gebungsverfahrens gemacht hat. Ich muss feststellen:
Vieles von dem, wofür Sie gekämpft haben, wofür Sie
sich zu Recht eingesetzt haben, ist am Ende leider nicht
in dem Gesetzentwurf gelandet. Ich muss Sie hier also
tatsächlich an Ihren Taten messen. Wenn Sie anderen
vorwerfen, dass sie ihren ursprünglichen Versprechun-
gen nicht nachgekommen sind, dann müssen Sie sich
diese Kritik leider auch umgekehrt gefallen lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, ein weiterer Gedanke.
Verbraucherinformation darf natürlich keine Frage des
Geldbeutels sein. Deswegen sagen wir als Linke: Die
Anfragen an Behörden müssen kostenfrei sein. Wie ge-
sagt: Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben da-
für gezahlt, dass die Behörden diese Informationen sam-
meln. Deswegen sagen wir: Die Behörden müssen von
sich aus, proaktiv, informieren.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass es in dieser De-
batte häufig so dargestellt wird, als würde das VIG von
Verbraucherverbänden sowie Journalistinnen und Jour-
nalisten ausgenutzt. Ich denke, sie leisten eine gute Ar-
beit im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher;
das müssen wir anerkennen.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.
Das Verbraucherinformationsgesetz ist das zentrale Ver-
brauchergesetz. Insofern sollte es gewissermaßen das
Meisterstück der Verbraucherministerin sein. Gemessen
an dem Ergebnis, das Sie uns heute vorgestellt haben,
kann ich nur sagen: durchgefallen!


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen die
Ablehnung des Gesetzentwurfes. Dieses Verbraucher-
informationsgesetz verdient seinen Namen nicht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714708800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Nicole Maisch vom

Bündnis 90/Die Grünen.


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1714708900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Ministerin! Die Debatte um das Verbraucherinfor-
mationsgesetz steht exemplarisch für Ilse Aigners Ver-
braucherpolitik. Nur wenige Tage nach Veröffentlichung
des – so kann man es nennen – verheerenden Gutachtens
über die Organisation des gesundheitlichen Verbraucher-
schutzes in Deutschland, das der Präsident des Bundes-
rechnungshofes erstellt hat, beweisen Sie mit diesem

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(C (D esetzentwurf wieder einmal: Wir haben es mit einer inisterin zu tun, die wenig will und noch weniger ericht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


h will Ihnen das an zwei Beispielen deutlich machen:

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Der Kabinetts-
ntwurf war in diesem Bereich ein kleiner Schritt in die
chtige Richtung: mehr Abwägung sowie die Feststel-
ng, dass Rechtsverstöße keine Betriebs- und Unterneh-
ensgeheimnisse darstellen. Aber die Mehrheitsfraktio-

en haben den zarten Vorstoß der Ministerin kassiert: Sie
aben dem Entwurf mit einem Änderungsantrag die
ähne gezogen. Der Ausschlusstatbestand der „sonstigen
ettbewerbsrelevanten Informationen“, der zu Recht aus
em alten VIG gestrichen wurde, wird jetzt durch „sons-
ges geheimnisgeschütztes technisches oder kaufmänni-
ches Wissen“ ersetzt. Konsequenz: Es ist alles so
chlecht wie zuvor.

Wir haben hier eine Ministerin, die nicht für mehr
erbraucherschutz kämpft, sondern auch die kleinsten
erbesserungen mehr oder weniger kampflos kassieren
sst. Ich finde, das ist für eine Verbraucherschutzminis-
rin sehr dürftig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Nehmen wir das zweite Beispiel: Hygienekennzeich-
ungen an Restaurants. Ich zitiere das Hamburger
bendblatt vom Herbst 2010:

Aigner will bundesweit einheitliche Smileys für
Restaurants

Im Mai dieses Jahres stand im Focus:

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU)

sagte zu, die rechtlichen Grundlagen dafür zu
schaffen, dass das Kontrollbarometer bundesweit
einheitlich eingeführt werden kann.

ur leider steht das nicht im Gesetzentwurf: Dieses Ver-
raucherinformationsgesetz enthält keine rechtlichen
rundlagen für ein bundesweit einheitliches Hygienesie-
el.

Wer, wie der grüne Stadtrat in Pankow, einen Smiley
inführen will, der muss das mit erheblichen Rechtsunsi-
herheiten auf Eigeninitiative tun. Wir haben Ihnen aber
ier einen grünen Entschließungsantrag zur Abstim-
ung gestellt. Dem können Sie zustimmen. Damit ist die
ösung des Problems zumindest auf den Weg gebracht.

Wir haben von Ilse Aigner gar keine mutigen Schritte
u mehr Informationsfreiheit erwartet. Nehmen wir die
usweitung der Informationsansprüche auf Unterneh-
en. Das ist ein dringend notwendiger Schritt. Niemand

at diese Notwendigkeit besser begründet als Staats-
ekretär Peter Bleser. Ich zitiere, was er an diesem Mitt-
och im Ausschuss gesagt hat: Es zeugt von Naivität, zu
lauben, dass ein Unternehmen freiwillig darüber Aus-
unft geben wird, wo ein Fehler besteht. Das entspricht

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17623

Nicole Maisch


(A) )


)(B)

nicht der Lebenswirklichkeit. – Wahre Worte aus berufe-
nem Mund, gesprochen an diesem Mittwoch.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Wo er recht hat, hat er recht!)


Dem muss man nicht mehr viel hinzufügen. Stimmen
Sie unserem Änderungsantrag auf Informationsansprü-
che gegenüber Unternehmen zu und folgen Sie den wah-
ren Worten des Staatssekretärs.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Peter Bleser [CDU/CSU]: Richtig!)


Meine Damen und Herren, mit unseren Anträgen wol-
len wir nicht weniger als eine neue Informationskultur
gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern er-
reichen. Es geht um größtmögliche Transparenz und um
einfache, rechtlich abgesicherte Informationen für Ver-
braucher, aber auch für Medien und für die Verbände,
die im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher
agieren. Ehrlich gesagt halte ich die Kostenregelung
– auch die Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace und
Foodwatch verweisen darauf – für einen Schritt zurück.
Das hätte man sich sparen können.

Wir möchten einen Informationsanspruch gegenüber
Verwaltung und Unternehmen – Herr Bleser hat sehr
wortreich und sehr gut begründet, warum das notwendig
ist –, und wir wollen Informationen zu allen verbrau-
cherrelevanten Bereichen, zu Produkten und zu Dienst-
leistungen. Wir wollen einen Smiley, ein Kontroll-
barometer oder was auch immer. Wir wollen aktive
Informationen durch die Behörden und handhabbaren
Vollzug, damit die Behörde vor Ort nicht ständig Angst
haben muss, beklagt zu werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dies alles wird die Märkte verändern und echte Wahl-
freiheit ermöglichen. Dass Sie das nicht wollen, zeigt,
dass Sie wieder einmal Wirtschaftskompetenz mit
Lobbyismus für Unternehmensinteressen verwechselt
haben. Das ist ziemlich schade.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714709000

Das Wort hat die Kollegin Mechthild Heil von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Mechthild Heil (CDU):
Rede ID: ID1714709100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Mit dem neuen Verbraucherinformationsge-
setz werden wir das Recht der Bürger und Bürgerinnen
auf Information und auch auf selbstbestimmte Kaufent-
scheidung stärken. Das Gesetz wird den Verbrauchern,
die sich dafür interessieren, umfassende, einfache,
schnelle und kostengünstige Informationen bringen: um-
fassende Informationen, weil ihnen neben Informationen
zu Lebensmitteln und Kosmetika auch Auskunft über
Spielzeug, Haushaltsgeräte und technische Produkte ge-

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(C (D eben wird; einfachere Informationen, weil in Zukunft ine formlose E-Mail oder ein Anruf ausreichen werden, m eine Anfrage beantwortet zu bekommen; schnelle Inrmationen, weil wir die Einspruchsmöglichkeiten und risten für Unternehmen optimieren. Hierbei nutzen wir ie verwaltungsrechtlich vorgesehenen Instrumente zur eschleunigung der behördlichen Verfahren und überehmen die seit Jahren bewährten Regelungen aus dem mweltinformationsrecht. Unser Gesetz wird zu kostenünstigeren Informationen führen, weil erstmals alle Anagen bis 250 Euro vollständig kostenfrei sind – darüber aben wir schon gesprochen –, bei Anfragen zu Rechtserstößen sogar bis 1 000 Euro. Kein Verbraucher wird ich in Zukunft von hohen Verwaltungskosten abschreken lassen. Allerdings wird es in Zukunft nicht mehr möglich ein, umfangreiche Recherchen kostenlos bei den Veraltungen in Auftrag zu geben, die deren Arbeitskraft uf Tage, Wochen und – wie es leider bei manchen Anagen in der Vergangenheit im Einzelfall geschehen ist auf Monate binden. Diese Kosten werden in Zukunft icht mehr von der Allgemeinheit getragen, und das ist chtig so. Mit dem runderneuerten Entwurf des Verbraucherformationsgesetzes ist ein guter Balanceakt zwischen erbraucherinteressen auf der einen Seite und Wirtchaftsinteressen auf der anderen Seite gelungen. Warum t das für uns als christlich-liberale Koalition so wichg? Joseph Stiglitz, der Wirtschaftsnobelpreisträger aus em Jahre 2001 und frühere Ökonom der Weltbank, hat esagt: Der informierte Verbraucher ist kein Feind der Produzenten, sondern ein wichtiger Partner im Marktgeschehen. nders ausgedrückt: Der Verbraucher ermöglicht durch ine ausgewählte Kaufentscheidung erst den Wettbeerb. Ist der Kunde gut informiert, kann er Akteure am arkt belohnen und schwarze Schafe aus dem Markt erdrängen. Dieses Verhältnis von Verbrauchern und erstellern ist Bedingung dafür, dass sich gute Produkte uf unseren Märkten durchsetzen können und dass Unrnehmer weiterhin innovativ sein können. Die Bedeutung von guter Information und freier aufentscheidung wird auch in der Öffentlichkeit wieer hohes Ansehen erlangen, wenn der nächste Lebensitteleklat oder der nächste Gammelfleischskandal die chlagzeilen beherrschen sollte. Wie war das in der hec-Krise? Täglich verloren sorgsam und verantwortch arbeitende Bauern gutes Geld, weil ein einzelner iobetrieb mit Keimen verseuchte Sprossen aus Ägypn eingeführt hat. Genauso beim Dioxingeschehen: Ein roduzent panscht, eine ganze Branche leidet, verliert illionen und muss das kriminelle Fehlverhalten eines inzelnen ausbaden. Das ändern wir mit dem vorliegenen Gesetzentwurf. it diesem Gesetz wird es uns leichter gelingen, Proleme möglichst frühzeitig zu benennen und dann die ffentlichkeit, aber vor allen Dingen auch die Unterneh 17624 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 Mechthild Heil )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(A) )

men in der Branche zu informieren und damit letztlich
den Verbraucher zu schützen. Verbraucher und Wirt-
schaft begegnen sich aufgrund des VIG zunehmend auf
Augenhöhe. So soll es sein.

Der Gegenentwurf der SPD ist recht simpel. Verbrau-
cherschutz ist Sozialpolitik. Das ist das neue Credo.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das ist nicht das neue Credo! Das ist selbstverständlich! Das haben Sie nur nicht begriffen!)


Das haben Sie, Frau Drobinski-Weiß, die verbraucher-
schutzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, gegen-
über Hauptstadtjournalisten verkündet. Noch einmal:
Verbraucherschutz ist für Sie Sozialpolitik.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Etwa nicht?)


Das SPD-Prinzip heißt salopp formuliert: Super-Nanny
statt Information und Entscheidungsfreiheit,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben ein komisches Verständnis von Sozialpolitik!)


keine Begegnung auf Augenhöhe, kein Wettbewerb,
aber eine Entmachtung der Verbraucher zugunsten des
Staates, eine Reduzierung auf ihre angebliche Hilflosig-
keit. Diesem Verbraucherbild werden wir uns nicht an-
schließen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Mein Gott, haben Sie ein Verständnis von Sozialpolitik! Das ist ja nicht aus dem letzten, das ist aus dem vorletzten Jahrhundert! Das ist Bismarck!)


Wären Sie ehrlich, Frau Drobinski-Weiß, würden Sie
heute hier keine Kritik an unserem Gesetzentwurf üben,
sondern Ihre Kritik an den A-Ländern, an den SPD-
geführten Ländern, formulieren.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das hatten wir schon, Frau Heil! Das ist schon so alt!)


Vielleicht wollen Sie Ihre Kritik noch einmal wieder-
holen. Ich kann aus einem Brief zitieren. Mit Erlaubnis
des Präsidenten darf ich zitieren:


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das hatten wir schon!)


Wir haben die Situation, dass die Bundesregierung
verbraucherfreundlicher agiert als die A-Seite.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das Ding ist schon uralt! Das zitieren Sie jedes Mal!)


Für die Zuhörer: Die A-Seite sind die SPD-regierten
Länder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Eine CSU-Ministerin hat einen verbraucherfreund-
lichen Gesetzentwurf durchgesetzt, den die A-Län-
der zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher
verwässern.

Sehr geehrte Kollegin, es wäre anständig gewesen,
wenn Sie das auch heute, an dieser Stelle, gesagt hätten.

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(C (D r Kollege hat aber gleich noch Gelegenheit, das zu saen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Oh, da gäbe es noch viel mehr zu sagen, Frau Heil!)


Unsere Alternative zur Bevormundung der Verbrau-
her ist die Information und Stärkung der Souveränität
er Verbraucher. Uns geht es bei der Novellierung des
IG um eine Kultur der Transparenz – für die Wirtschaft
nd für die Behörden.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das sieht man Ihrem Gesetzentwurf an!)


ie Internetseite www.lebensmittelwarnung.de war ein
rster Schritt. Das novellierte VIG wird ein weiterer
austein dieser Kultur sein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714709200

Das Wort hat jetzt der Kollege Ulrich Kelber von der

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1714709300

Die Reden der Kollegin Heil sind immer ein besonde-

s Erlebnis. Heute haben wir zusammengefasst lernen
ürfen: Sozialpolitik ist Entmündigung der Menschen.


(Mechthild Heil [CDU/CSU]: Reduzierung auf die Hilflosigkeit, um genau zu sein!)


ielen Dank für diese Erkenntnis, für die es tosenden
eifall Ihrer Fraktion gegeben hat.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
n! Wer über Verbraucherinformation spricht, sollte am
nfang über Grundsätze sprechen. Der erste Grundsatz
t: Alle Informationen, alle Daten, über die der Staat
erfügt, gehören den Bürgerinnen und Bürgern. Das ist
ie Auffassung der SPD. Das gilt natürlich gerade für
erbraucherrelevante Informationen wie Ergebnisse von
ygieneprüfungen, wie Informationen über Verstöße ge-
en das Lebensmittelrecht, über Datenmissbräuche, über
ift in Spielzeug, aber auch über die Ergebnisse von Si-

herheitsüberprüfungen.

Solange nicht unbeteiligte Dritte betroffen sind und
olange nicht wirklich wichtige Geschäftsgeheimnisse
etroffen sind – teilweise ist es lächerlich, was als Ge-
chäftsgeheimnis deklariert wird –, gelten drei einfache
egeln: volle Transparenz aller öffentlichen Daten, ein-
cher, möglichst kostenloser und schneller Zugriff –

chneller Zugriff, Herr Schweickert,


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das machen wir doch!)


icht zwei Wochen Einspruchsrecht, doppelte Prüfung
tc. –


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das kann doch verkürzt werden!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17625

Ulrich Kelber


(A) )


)
und als Regelfall die aktive Information durch die Be-
hörden. Man darf die Daten nicht einheimsen und hof-
fen, dass sich keiner danach erkundigt, damit man auf
den Daten sitzen bleiben kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Keines dieser drei Ziele wird mit dem Gesetzentwurf
von Schwarz-Gelb zur Änderung des Verbraucherinfor-
mationsgesetzes erreicht. Frau Aigner, in der Tat – dies-
bezüglich ist richtig zitiert worden – haben wir uns in
der Großen Koalition gemeinsam für die erste Novelle
des Verbraucherinformationsgesetzes – das ist das, was
heute ansteht – sehr viel mehr Punkte vorgenommen.
Das kann man in den Unterlagen von 2006 nachlesen.
Wo ist denn Ihr Schneid in dieser Frage abgeblieben? Sie
haben es sich in der PR-Ecke der Verbraucherpolitik sehr
gemütlich gemacht.

Warum beschränken Sie das VIG weiterhin auf Pro-
dukte? Das ist ein großer Fehler.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das ist ein großer Fortschritt, dass wir das machen!)


Die Menschen erwarten doch auch Informationen über
Dienstleistungen, Finanzprodukte und, um ein anderes
Beispiel zu nennen, über Testergebnisse bei Indoorspiel-
plätzen. Es kann doch nicht Ihrem Verständnis entspre-
chen, dass die Bürgerinnen und Bürger jedes Mal, bevor
sie einen Indoorspielplatz besuchen, mit Hinweis auf das
Informationsfreiheitsgesetz des Landes bei einer Be-
hörde anfragen müssen, ob dort Erkenntnisse über Si-
cherheitsmängel bei dem Indoorspielplatz vorliegen, zu
dem sie mit ihren Kindern fahren wollen. Warum dieser
Rückzieher gegenüber den Plänen der Großen Koali-
tion? Dazu haben Sie, Frau Aigner, nichts gesagt und
auch die Rednerinnen und Redner der Koalition nicht.


(Beifall bei der SPD)


Nach wie vor wird die aktive Information nicht der Re-
gelfall werden. Nach wie vor ist die Abwägungsklausel
enthalten. Nach wie vor ist aus „sollen“ nicht „müssen“
geworden. Haben die Verbraucherinnen und Verbraucher
etwa kein Recht, zu wissen, wer Haltbarkeitsdaten verän-
dert hat, wer Gammelfleisch weiterverkauft hat? Sind
Täuschungen wirklich ein Geschäftsgeheimnis, Frau
Aigner?


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das sind sie doch nicht! – Mechthild Heil [CDU/CSU]: Kommen Sie doch einmal in den Ausschuss, um zu diskutieren!)


Diese Einstellung kann ich nicht nachvollziehen.

Wer austeilt, muss auch einstecken können. Das gilt
auch für die Unternehmen. Es geht gar nicht um einen
allgemeinen Auskunftsanspruch der kleinen und mittle-
ren Unternehmen, der diese vielleicht überfordern
würde,


(Mechthild Heil [CDU/CSU]: Man sollte nicht nur lesen, was andere einem vorlegen!)


sondern es geht darum, dass Unternehmen, die für ihre
Dienstleistungen oder Produkte werben, indem sie auf

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(C (D ine besondere Eigenschaft hinweisen, die zum Beispiel agen, sie hätten das beste oder sauberste Produkt, einen uskunftsanspruch gegenüber den Bürgerinnen und ürgern erfüllen müssen. Das ist doch normal: Wer etas verspricht, muss prüfen lassen, ob er sein Verspre hen auch einhält. Wer das verweigert, verweigert Fairess zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und nternehmen, Frau Aigner. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das macht jedes Unternehmen von sich aus, dass es Informationen nach vorne stellt!)


Schwarz-Gelb will Journalisten und Nichtregierungs-
rganisationen die Arbeit erschweren. Ich komme noch
inmal auf das Beispiel des Indoorspielplatzes zurück.
t es wirklich Ihr Verständnis, dass jeder einzelne Besu-

her eine Anfrage bezüglich des Indoorspielplatzes stel-
n muss – jedenfalls wenn es einmal im Verbraucherin-
rmationsgesetz stehen wird; jetzt ist es im
formationsfreiheitsgesetz – und dass er hoffen muss,

ass die Kosten unter 250 Euro bleiben? Ist es nicht viel-
ehr normal, dass eine örtliche Zeitung, die über Aus-
ugsziele informiert, eine entsprechende Abfrage zum
eispiel bei der Stiftung Warentest vornimmt,


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Die Stiftung Warentest informiert doch!)


nd zwar über alle Indoorspielplätze, und diese dann
eröffentlicht? Sie sagen: Das würde mehr Geld kosten,
r müsstet dafür zahlen.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Abonnieren Sie es doch!)


as heißt, sie wollen die schnelle Information der Bür-
erinnen und Bürger durch die Zivilgesellschaft er-
chweren. Ich empfinde das als unanständig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Heil – ich erläutere dies, damit Sie es ver-
tehen –, Sie sprechen ja gerne über Anreize. Wenn eine
ehörde alle Kosten, die ihr entstehen, auch dadurch,
ass sie ihre Daten schlecht organisiert hat, den anfra-
enden Bürgerinnen und Bürgern oder Journalisten aufs
uge drücken darf, wo ist dann der Anreiz, diese Daten
eine neue, moderne und schnell abrufbare öffentlich
ansparente Form zu übertragen? Schließlich müssen
ie Bürgerinnen und Bürger die Kosten tragen. Das geht
o nicht.


(Beifall bei der SPD – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Sollen jetzt alle EDV einführen?)


Wir haben Ihnen in der Tat ein umfangreiches Paket
it ganz konkreten Änderungsvorschlägen vorgelegt.
ie Hälfte davon war übrigens bereits zwischen CDU/
SU und SPD vereinbart, auch mit dir, lieber Peter
leser; damals warst du Sprecher, heute bist du Staatsse-
retär. Aber man hat schon damals gemerkt, dass es
icht ehrlich gemeint war. Das musste auch Herr

(B)


17626 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Ulrich Kelber


(A) )


)(B)

Schweickert für die FDP feststellen, als er seine Vor-
schläge zurücknehmen musste.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das war rechtssystematisch!)


Ein solches neues Verbraucherinformationsgesetz
würde eine Gesamtkonzeption für den Verbraucher-
schutz bilden. Derzeit wird eine Gesamtkonzeption
durch die Ministerin, ihr Themen-Hopping und ihre Ka-
merasucht verhindert. Man kann Wetten darauf abschlie-
ßen: Wenn morgens der Verbraucherzentrale Bundesver-
band eine Forderung erhebt, dann gibt es am Nachmittag
eine Pressemitteilung von Frau Aigner, in der sie Kolle-
gen, Bundesländern oder Unternehmen einen Vorschlag
macht, was diese tun sollen. Wir warten darauf, dass Sie
das tun, was in Ihrem eigenen Schwerpunktbereich liegt.
Sie sollten keine Ankündigungsministerin sein, sondern
eine Tatenministerin.


(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/ CSU: Oh!)


Auch diese Novelle führt in die falsche Richtung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Josef Rief [CDU/CSU]: So ein Unsinn!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714709400

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

jetzt das Wort der Kollege Josef Rief von der CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Josef Rief (CDU):
Rede ID: ID1714709500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Der hier vorgelegte Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung des Verbraucherinformationsgesetzes und
zu Weiterentwicklungen des Lebensmittel- und Futter-
mittelgesetzbuches zeigt die Handlungsfähigkeit der Ko-
alition.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben nur ein Jahr gebraucht für kaum Veränderung! Das ist super!)


Der Verbraucherschutz in Deutschland ist ein emotional
sehr geladenes Thema. Emotionen ersetzen aber keine
fachliche Kompetenz.

Wir haben eine erkenntnisorientierte Politik in der Sa-
che zu machen. Die Opposition gibt sich Extremforde-
rungen von einem hoch aufgeheizten Teil einzelner Inte-
ressengruppen hin. Wir unterscheiden – anders als
manche von Ihnen – nicht zwischen guten und schlech-
ten Lobbyisten, sondern wir nehmen Verbraucherschutz
sehr ernst und gehen mit dem Informationsbedürfnis der
Verbraucher konstruktiv um.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Dass wir diese extremistischen Organisationen wie die Stiftung Warentest unterstützen, ist ganz schlimm! Ich schäme mich dafür!)


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(C (D Mit diesen Verbesserungen im Lebensmittelund Futrmittelrecht – die Ministerin hat es ausgeführt – ziehen ir die Lehren aus der Dioxinproblematik, die uns zu eginn des Jahres beschäftigt hat. Wir setzen damit den ioxin-Aktionsplan vom Januar und die Erklärung der erbraucherschutzund Agrarminister von Bund und ändern um. Der Umgang der Opposition mit der Situation war ieder einmal typisch. Statt zur Aufklärung über die Bestung beizutragen, wurde einfach auf die Pauke geauen. Es war damals schon eine Unverschämtheit heute wissen wir es genau –, in diesem Zusammen ang den Rücktritt der Ministerin zu fordern. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


icht der Einzelfall – und es war ein Einzelfall – wurde
iskutiert, sondern Panik verbreitet.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Welcher Einzelfall? Dioxin: 45 Tote!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714709600

Herr Kollege Rief, erlauben Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Kelber?


Josef Rief (CDU):
Rede ID: ID1714709700

Ich glaube, der Erkenntnisgewinn ist am Ende des

esetzgebungsverfahrens nicht so hoch. Vielleicht sage
h noch das, wonach Sie fragen möchten.


(Christoph Poland [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Man könnte sich als Bürger die Hände reiben und
em Schauspiel vergnügt zusehen, wären nicht den deut-
chen Landwirten und dem vor- und nachgelagerten Be-
ich Schäden in Höhe von rund 0,5 Milliarden Euro ent-

tanden. Allein in meinem Wahlkreis Biberach waren es
ehrere Millionen Euro aufgrund von Schäden, die

urch Preisverfall, etwa bei Fleischprodukten, hervorge-
fen wurden. Diese Schäden lassen sich auf die Panik-
ache der Opposition zurückführen. Das geht so nicht!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren von den Grünen,


(Ulrich Kelber [SPD]: Heute teilen Sie aber aus!)


ier bestand zu keiner Zeit auch nur eine geringe Mög-
chkeit, dass Menschen gefährdet sein könnten. Man
ann nur hoffen, dass die Auswirkungen von Ehec etwas
emut gelehrt haben. Hier sind bedauerlicherweise
enschen zu Schaden gekommen, und wir mussten so-

ar Todesopfer beklagen. Mir tut auch dieser biologisch
irtschaftende Betrieb leid. Nach allem, was wir wissen,
ifft ihn keine Schuld. An diesen Auswirkungen sehen
ie, wie unglaublich daneben Ihre Kampagne im Dio-
infall war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dioxin ist ungefährlich, oder was? – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17627 Josef Rief )


(A) )

Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Da wird ap-
plaudiert? Der ist ja menschenverachtend, euer
Applaus!)

Mit den heutigen Änderungen stellen wir die Futter-
mittelbranche nicht unter Generalverdacht. Wir kommen
vielmehr den berechtigten Informationswünschen der
Endverbraucher nach. Denn eines ist sicher: Ein Unter-
nehmer, der vorsätzlich gesetzwidrig handelt, wird dies
niemals freiwillig preisgeben. Wir haben aber Mechanis-
men geschaffen, die es schwarzen Schafen künftig sehr
viel schwerer machen. Es ist niemandem gedient und es
schadet auch dem Ansehen dieses Hauses, wenn Ver-
braucherschutz für parteitaktische Spielchen miss-
braucht wird.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Ulrich Kelber [SPD]: Davon sind Sie natürlich weit entfernt! Reine Unschuld am Rednerpult!)


Beim Verbraucherschutz ist schlichtes Abwägen gefor-
dert und nicht immer weitergehende Forderungen, wenn
der Verbraucherschutz gerade erst weiter verbessert
wurde.

Auch die Forderungen der SPD sind hier nicht sach-
gerecht.


(Zuruf von der SPD: Noch nicht mal gelesen!)


Ich sehe schon den Tag, an dem in jeder kleinen Bäcke-
rei an jedem Brötchen ein Zettel hängt, auf dem der
CO2-Fußabdruck, eine Ampel und ein Smiley stehen und
zusätzlich, wer den Weizen angebaut und wer das Mehl
transportiert hat. Der Zettel ist dann so groß, dass man
das Brötchen mehrfach einpacken könnte, und teurer als
das Produkt selbst. Das wird es mit uns nicht geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christoph Poland [CDU/CSU]: Sehr gut! Das war ein gutes Beispiel!)


Verbraucherinformation ist gut und richtig. Sie muss
aber praxistauglich und marktgerecht sein sowie vom
Kunden und nicht nur von einzelnen Interessengruppen
nachgefragt werden.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist keine Bierzeltrede! Da muss auch mal ein Argument dazu!)


Dem trägt unsere Politik mit diesem Gesetz Rechnung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714709800

Der Herr Kollege Kelber möchte eine Kurzinterven-

tion machen, weil ihm eine Zwischenfrage abgelehnt
worden ist. Bitte schön, Herr Kelber.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1714709900

Die Zwischenfrage wollte ich vorhin nur stellen, weil

gesagt wurde, wir hätten damals in dem Dioxinskandal
für Hysterie gesorgt. Es ging um direkte Ansprache. –
Ich mache einen kurzen Faktencheck: Am ersten Werk-
tag nach Bekanntwerden des Dioxinskandals ist sowohl
die SPD mit einem Vorschlag an die Öffentlichkeit ge-

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(C (D eten als auch die Ministerin. Der Vorschlag der Minisrin – der erste, Frau Aigner, es gab ja noch mehrere daach – besagte, sie möchte eine neue Selbstverpflichtung er Industrie. (Ilse Aigner, Bundesministerin: Das ist falsch!)


in Punkt abgeschlossen.

Die SPD hat in Absprache mit den Bundesländern ein
5-Punkte-Paket vorgeschlagen. Von diesen 15 Punkten
nden Sie 14 zum Teil wortgleich in dem Beschluss der
änder mit dem Bund wieder, weil diese Punkte natür-
ch von unseren Ländern dort eingebracht wurden.

Wenn aber alle beschlossenen 14 Punkte ursprünglich
on der SPD vorgeschlagen worden waren –


(Zurufe von der CDU/CSU: Hä?)


lle 14 Punkte, die Länder und Bund später beschlossen
aben, waren am ersten Werktag nach Bekanntwerden
es Dioxinskandals Teil von 15 Punkten der SPD –,
ann möchten Sie mir doch bitte erklären, wo wir für
ysterie gesorgt haben sollen, wenn Sie unsere Vor-

chläge beschließen. Dann hätten Sie ja unsere Hysterie
bernommen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714710000

Kollege Rief, Sie können erwidern.


Josef Rief (CDU):
Rede ID: ID1714710100

Herr Kelber, ich habe mich auf das bezogen, was am

bend des 11. Januar in einer Sondersitzung des Aus-
chusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
herschutz


(Ulrich Kelber [SPD]: Mit unserem 15-Punkte-Plan!)


on Teilen der Opposition gefordert wurde: der Rücktritt
er Ministerin. Das war nicht hinnehmbar, das war hoff-
ungslos daneben, das war weit überzogen, weil die
inisterin sich keinerlei Schuld aufgeladen hatte. Da-
uf habe ich mich bezogen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Sie sind doch noch nicht fertig, oder? – Gegenruf von der CDU/CSU: Doch! Für diese Frage reicht das!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714710200

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
ng des Rechts der Verbraucherinformation. Der Aus-

chuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
chutz empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 17/7993, den Gesetzentwurf der Bundesre-
ierung auf Drucksache 17/7374 in der Ausschussfas-
ung anzunehmen.

Hierzu liegen drei Änderungsanträge der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen vor, über die wir zuerst abstim-
en.

17628 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Änderungsantrag auf Drucksache 17/8019. Wer
stimmt für diesen Änderungsantrag? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Oppositionsfraktionen abgelehnt.

Änderungsantrag auf Drucksache 17/8020. Wer
stimmt dafür? – Dagegen? – Enthaltungen? – Dieser Än-
derungsantrag ist abgelehnt mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD und Grünen
bei Enthaltung der Linken.

Änderungsantrag auf Drucksache 17/8021. Wer
stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die-
ser Änderungsantrag ist wiederum abgelehnt mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Oppositionsfraktionen.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-
setzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Oppositionsfraktionen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit gleichem Stimmenverhältnis angenommen.

Wir stimmen jetzt über die Entschließungsanträge ab.

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf
Drucksache 17/8022. Wer stimmt dafür? – Dagegen? –
Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Zustim-
mung der SPD und der Linken und Enthaltung der Grü-
nen.

Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 17/8023. Wer stimmt dafür? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Oppositionsfraktionen abgelehnt.

Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen auf Drucksache 17/8024. Wer stimmt dafür? –
Dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag
ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 36 a und b auf:

a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Recht auf ein Guthabenkonto einführen –
Kontopfändungsschutz sichern

– Drucksache 17/7823 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Federführung strittig

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(C (D b)

Maisch, Dr. Gerhard Schick, Ingrid Hönlinger,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Verbraucherrecht auf Basisgirokonto für je-
dermann gesetzlich verankern

– Drucksache 17/7954 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Federführung strittig

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Gibt es
iderspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist

as so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er dem Kollegen Dr. Carsten Sieling von der SPD-
raktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1714710300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

gen Ihnen heute einen Antrag vor, mit dem wir Sozial-
emokraten erreichen wollen, dass die Menschen in un-
erem Lande gleichberechtigt die Möglichkeit haben, am
eldverkehr teilzunehmen und Bankdienstleistungen in
nspruch zu nehmen. Man muss wissen, dass insgesamt
70 000 Menschen in diesem Land keine Möglichkeit
aben, ein Girokonto zu bekommen, und damit von vie-
m ausgeschlossen sind. Das ist etwas, das wir ändern
ollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Dieses Thema ist nicht neu – keineswegs. Seit 1995
ibt es Versuche, hier eine Veränderung herbeizuführen.
nde Dezember dieses Jahres wird die Bundesregierung
um Girokonto für jedermann, wie es heißt, den mittler-
eile sechsten Bericht seit 2002 vorlegen. 1995 haben

ich die Banken selbst verpflichtet, allen Menschen, die
ies wollen, ein solches Konto anzubieten. Die Lage ist
rnüchternd; die Zahlen, wie viele Menschen von dieser
öglichkeit nach wie vor ausgeschlossen sind, habe ich

enannt. Es wird schlicht verweigert, den Menschen ein
olches Konto einzurichten. Natürlich wird dieses Recht
or allem Leuten, die überschuldet sind, verwehrt.

Man muss sich die Situation vor Augen führen: Wenn
eihnachten vor der Tür steht, stehen auch Weihnachts-

inkäufe vor der Tür. Ich vermute, die meisten, die in
iesem Raum sitzen, verfügen über eine Kreditkarte und
aben beim Einkauf, auch wenn sie kein Bargeld bei
ich haben, gar keine Probleme. Wahrscheinlich hat je-
er von Ihnen die Möglichkeit, mit seiner EC-Karte
eld an einem Automaten abzuheben und Rechnungen
nline zu bezahlen. Das ist für einen großen Teil unserer

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17629

Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)

Bevölkerung nicht möglich. Diese Menschen müssen
mit Bargeld ausgestattet einkaufen gehen. Wenn sie eine
Rechnung bekommen, müssen sie in einer Bank eine
Überweisung vornehmen. Das Problem, das im Zusam-
menhang mit Überweisungen und Einzahlungen in Ban-
ken besteht, ist nicht von der Hand zu weisen. Wenn
Menschen kein Konto haben, bedeutet dies für sie, dass
sie keine Zeitung abonnieren können, dass ihre Miete
nicht automatisch eingezogen wird und dass es für sie
– das betrifft die Vertragsebene – praktisch unmöglich
ist, einen Handyvertrag abzuschließen oder andere
Dinge, die im heutigen Leben, wie ich glaube, ganz nor-
mal sind, anzuschaffen.

Warum ist das alles so schwierig, und wodurch wird
die Situation zusätzlich erschwert? Jeder, der schon ein-
mal eine Einzahlung vorgenommen hat, ohne über ein
Konto zu verfügen, weiß, dass pro Überweisung 10,
manchmal sogar 20 Euro Gebühren anfallen. Ich will
deutlich machen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ge-
rade den Menschen, die kein oder wenig Geld haben,
entstehen dadurch Extrakosten. Das muss geändert wer-
den. Deshalb schlagen wir vor, endlich Nägel mit Köp-
fen zu machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das ist ein Prozess, bei dem schon viele Wege be-
schritten wurden und der schon sehr lange andauert. Man
ist der Kreditwirtschaft sehr weit entgegengekommen.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es schon 1995
eine freiwillige Vereinbarung gegeben hat. Passiert ist
aber wenig bzw. nichts. Bestenfalls die Sparkassen haben
reagiert. Man hat daher einen zweiten Versuch unternom-
men und die Verabredung getroffen, das sogenannte
Pfändungsschutzkonto einzuführen. Damit möchte man
für eine Kostenreduktion sorgen und dazu beitragen, dass
sich – quasi im Gegenzug – auf freiwilliger Basis etwas
bewegt. Aber es hat alles nichts genützt. Es hat keine Än-
derung gegeben. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, gesetz-
lich zu reagieren. Das ist der Vorschlag, den wir in unse-
rem Antrag machen.


(Beifall bei der SPD)


Es ist nicht etwa so, dass wir hier über ein rein deut-
sches Problem reden. Die EU-Kommission hat gerade
eine Mitteilung zu diesem Thema auf den Weg gebracht.
Das ist nämlich ein europaweites Problem. Es wäre gut,
wenn wir in Deutschland eine klare Regelung treffen
und auf diesem Gebiet voranschreiten würden. Dazu ge-
hört, dass wir zu dem, was auf europäischer Ebene erar-
beitet wird, Stellungnahmen abgeben und entsprechende
Botschaften formulieren.

Wir als SPD legen Ihnen mit diesem Antrag als Erste
ein umfassendes Konzept zu diesem Thema vor.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Übertreiben Sie mal nicht!)


Drei Punkte daraus möchte ich nennen: Erstens. Jeder
muss die Möglichkeit haben, ein Girokonto einschließ-

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(C (D ch der Basisfunktionen zu bekommen. Zweitens. Der reistreiberei bei den Pfändungsschutzkonten, den sogeannten P-Konten, indem gerade von den Menschen, die ie größten Schwierigkeiten haben, erhöhte Gebühren erlangt werden, muss gesetzlich Einhalt geboten weren. Drittens brauchen wir natürlich auch eine funktioierende und aktive Schuldnerberatung; das wird in den ändern umgesetzt werden müssen. – Diese drei Dinge ehören zusammen, um einem großen Teil der Menchen in diesem Lande eine Perspektive zu geben. Ich offe, dass wir mit unserem Antrag die Probleme lösen önnen, und werbe um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])


h sage das natürlich insbesondere in Richtung der Ko-
lition, weil es wichtig ist, dass wir an diesem Punkt
icht in Attentismus verharren. Es muss gehandelt wer-
en; denn alle Menschen in diesem Lande sollen wissen –
ielleicht gerade auch in den letzten Wochen dieses Jah-
s –, dass es uns darum geht, die Menschen gleichzube-

andeln.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Rührend, Herr Sieling!)


Herr Brinkhaus, da Sie so fröhlich dazwischenrufen:
ie sind ja bekannt als jemand, der bei seinen Reden
wei Herzen in der Brust hat.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


uf der einen Seite ist es Ihnen durchaus gegeben, sach-
ch, an den Fakten orientiert zu argumentieren. Selten
eten Sie hier mit eher – ich darf das einmal salopp for-
ulieren – ideologiegeschwängerten Reden auf.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ist das jetzt das Wort zum Jahresende, Herr Sieling? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


err Kollege, ich würde mir wünschen, dass Sie heute
Sie haben gleich die Gelegenheit dazu – Ihre sachliche
der entfalten


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Jetzt provozieren Sie mich aber! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Er ist immer sachlich! – Dr. Daniel Volk [FDP]: Ich habe den Kollegen Brinkhaus niemals anders als sachlich erlebt!)


nd gerade vor Weihnachten deutlich machen, dass Ihre
oalition diesen richtigen Weg unterstützt. Vielleicht
önnen Sie dann fröhlich – mit dem Gedanken an ein
irokonto für alle – „Es ist ein Ros entsprungen“ singen.
s wäre gut, wenn wir heute, kurz vor dem 2. Advent,
en Anfang machen würden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])


17630 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011


(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714710400

Damit hat der Kollege Ralph Brinkhaus das Wort, der

ja schon die inhaltlichen Vorgaben geliefert bekommen
hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1714710500

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich werde Ihnen einen

Gefallen tun: Ich werde garantiert nicht singen. Ich
glaube, das wäre das Schrecklichste, was ich Ihnen antun
könnte.

Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich ein erns-
tes Thema. Wenn man in der heutigen modernen Welt
nicht bargeldlos zahlen kann, ist das schlecht. Man hat
an bestimmten Dingen keine Teilhabe, und – Herr
Sieling, Sie haben das erwähnt – es macht das Leben
ziemlich umständlich. Dementsprechend ist es schon le-
gitim, zu fordern, dass die Menschen, wenn irgendwie
möglich, Zugang zu einem Girokonto haben.

Man kann nun schauen, wie das im KWG, im Kredit-
wesengesetz, geregelt ist. Im Bürgerlichen Gesetzbuch
gibt es dazu keine Regelung; in einigen Sparkassenge-
setzen – in genau acht – gibt es dazu eine Regelung.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Genau!)


Man sollte sich eigentlich die Frage stellen: Warum nicht
in allen? Ist es nicht Teil der Legitimation der Sparkas-
sen, allen Menschen ein entsprechendes Konto zur Ver-
fügung zu stellen? Dementsprechend kann man durchaus
einmal nachfragen, ob hier alles richtig läuft.

Wir haben eine Rechtsprechung zu diesem Thema. Es
gibt Urteile, die den Kontrahierungszwang bestätigen:
Banken müssen diese Konten eröffnen, wenn es zumut-
bar ist. – Auf europäischer Ebene gibt es die Empfeh-
lung, kontolosen Menschen ein Girokonto zur Verfü-
gung zu stellen. Die Europäische Kommission arbeitet
an einer Initiative, so etwas gesetzlich auf den Weg zu
bringen. Darüber hinaus – Sie haben es angesprochen –
hat der Zentrale Kreditausschuss eine Empfehlung abge-
geben. Es gibt auch eine entsprechende Bundesratsinitia-
tive.

Wo ist das Problem? Das Problem ist, dass die Bun-
desregierung in ihrem Bericht von 2008 attestiert hat
– die Veröffentlichung des nächsten Berichts wird sich
übrigens wegen der Problematik des Pfändungsschutz-
kontos verzögern –, dass es in Deutschland eine sechs-
stellige Zahl von Menschen gibt, die gegen ihren Willen
– das ist ganz wichtig – kein Konto haben. Man muss re-
alistischerweise sagen, dass nicht alle Menschen gegen
ihren Willen kein Konto haben; es gibt durchaus auch
andere Gründe, kein Konto zu haben. Insofern sollte
man die Zahlen entsprechend bewerten.

Wir haben durchaus den Anspruch, das, was dieser
Bericht enthält, parlamentarisch umzusetzen und gege-
benenfalls in gesetzliche Initiativen münden zu lassen.

Sie haben diesem Verfahren vorgegriffen; das ist Ihr
gutes Recht als Opposition. Sie haben – das gilt nicht nur
für die SPD, sondern auch für die Grünen – Ihre Positio-

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(C (D en aufgeschrieben. Diese Positionen werden von uns in inem erheblichen Umfang geteilt; das ist überhaupt eine Frage. Wir werden sie auch in das parlamentariche Verfahren einbeziehen, und wir hoffen, dass wir da u einem guten Ende kommen. Was sind Ihre Positionen im Einzelnen? Die SPD öchte, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, ass jedermann unter zumutbaren Bedingungen Zugang u einem Girokonto hat. Sie möchte eine europäische armonisierung dieser Regelung. Die Grünen fordern in rgänzung dazu mehr Transparenz in diesem Prozess nd die Offenlegung der maßgeblichen Zahlen. Das ist lles gut und richtig. Ich will unsere Bewertung dazu relativ kurz ausfühn. Erstens. Ein Gesetz zu erlassen, wenn irgendetwas icht klappt, ist immer die Ultima Ratio. Wir sollten also chauen, ob es tatsächlich notwendig ist, diesen Bereich uf eine gesetzliche Ebene zu hieven. Die Antwort auf iese Frage haben wir noch nicht gegeben. Das heißt, ir werden das im parlamentarischen Verfahren prüfen. weitens. Auch wir sind immer dafür, das, was sich auf uropäischer Ebene entwickelt, möglichst auch in eutschland zu übernehmen. Es wäre also nicht klug, wei Dinge auf einmal zu machen. Dies gilt es meines rachtens zu beachten. Ein weiterer Punkt, den Sie angesprochen haben, beifft das Pfändungsschutzkonto. Dies haben wir noch in er Großen Koalition auf den Weg gebracht. Wir haben abei den Sachverhalt aufgegriffen, dass gerade die enschen, denen ein Konto gepfändet wird, oftmals ein roblem damit haben, ihr Konto zu behalten. Auch bei nen besteht die Gefahr, ihr Konto zu verlieren. Also at man die Möglichkeit zur Einrichtung eines Pfänungsschutzkontos geschaffen. (Dr. Carsten Sieling [SPD]: Das war ja auch gut!)


Das war erst einmal gut. Es gibt aber zwei Probleme,
ie uns das Leben ein wenig schwer machen könnten.
as erste Problem ist, dass die Pfändungsschutzkonten
diesbezüglich haben uns einige Informationen erreicht;

s ist allerdings empirisch nicht flächendeckend nachge-
iesen – teilweise mit zu hohen Entgelten belegt worden

ind. Das geht nicht; denn Menschen, die kein Geld ha-
en, können in dieser Situation keine Entgelte für ihr
onto zahlen. Das zweite Problem ist, dass die Informa-
on über diese Pfändungsschutzkonten vielleicht etwas
esser hätte sein können. Auch das hat die SPD in ihrem
ntrag – die Grünen haben es nicht getan – adressiert.
ie haben deswegen vorgeschlagen, dass man eine Ent-
eltbegrenzung für diese Pfändungsschutzkonten auf
en Weg bringt und dass man durch eine verstärkte
chuldnerberatung besser informiert.

Auch dazu will ich eine Bewertung abgeben: Erstens.
uch hier warten wir den Bericht der Bundesregierung

b. Wir verfolgen sehr genau, wie sich die Entgeltpolitik
Bereich der Pfändungsschutzkonten entwickelt.


(Kerstin Tack [SPD]: So lange regieren Sie nicht mehr!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17631

Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

Zweitens. Wir sehen mit großer Skepsis, dass – so die ent-
sprechende Rechtsprechung – solche Konten mit einem
angemessenen Entgelt belegt werden dürfen. Da müssen
wir gesetzlich eingreifen. Aber auch da muss man abwar-
ten, was passiert.

In einem Punkt besteht Dissens. Sie fordern die Län-
der auf, die Schuldnerberatung weiter zu verstärken. Es
ist die sozialdemokratische Art der Problembewältigung,
mehr Menschen im sozialen Bereich zu beschäftigen und
so mehr Kapazitäten zu schaffen.


(Kerstin Tack [SPD]: Was ist denn Ihr Vorschlag?)


Das lehnen wir prinzipiell ab. Im Übrigen sind wir für
die Länder nicht zuständig.

Herr Sieling, ich komme jetzt zum emotionalen Teil
meines Beitrags; das muss ich hier auch noch einpfle-
gen. Es gehört zu Ihrer Klientelpolitik, möglichst viel
Beschäftigung im sozialen Raum zu schaffen.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: So ein Quatsch!)


Ich halte das aber für untauglich.

Insgesamt gesehen, kann man sagen, dass wir in vie-
len Punkten übereinstimmen. Wir werden das Vorhaben
verantwortungsvoll begleiten und werden ein gut verlau-
fendes parlamentarisches Verfahren aufsetzen, das die
Bundesregierung unterstützen wird.

Lassen Sie mich im Vorgriff auf die noch folgenden
Beiträge sagen: Ich halte den Versuch der Opposition,
Deutschland verbraucherschutzpolitisch immer wieder
als Entwicklungsland darzustellen, für untauglich. Sie
zeichnen ein Bild von der Verbrauchersituation in
Deutschland, das der Realität in keiner Weise entspricht.
Sie sprechen verharmlosend in Ihren Anträgen davon,
das alles sei notwendig. Nein, Sie machen Parteipolitik
und versuchen, ein Feld aufzumachen


(Burkhard Lischka [SPD]: Fragen Sie doch mal die Betroffenen!)


und dort Probleme zu generieren, wo es keine gibt. Die
meisten Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutsch-
land – das gilt auch für den Finanzdienstleistungs-
bereich – sind mit dem, was sie haben, zufrieden.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Aber natürlich!)


Es ist schlichtweg eine Mär, dass die Bundesregierung
auf diesem Feld nichts macht. Wir haben allein im letz-
ten halben Jahr zwei Gesetze dazu auf den Weg ge-
bracht; ich möchte auch die Umsetzung der OGAW-IV-
Richtlinie nennen.

Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Die christlich-
liberale Koalition und die von ihr getragene Bundesre-
gierung haben im Bereich Verbraucherschutz mit Blick
auf den Finanzdienstleistungsbereich mehr getan als
viele Regierungen zuvor. Das gilt es hier und heute am
Freitagnachmittag anzuerkennen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort die Kol gin Caren Lay. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Heute ist in der Tat der Nachmittag des Verbrauherschutzes. Die Koalition hat heute insgesamt dreimal ie Möglichkeit, die Rechte der Verbraucherinnen und erbraucher deutlich zu stärken. Beim vorangegangenen agesordnungspunkt hat sie ihre Chance leider vertan. ir hoffen, dass sie bei diesem und beim übernächsten agesordnungspunkt klüger agieren wird. Meine Damen und Herren, können Sie sich ein Leben hne Bankkonto vorstellen? Das Girokonto ist aus dem lltag kaum wegzudenken. Egal ob es um die Aufnahme iner Erwerbstätigkeit, die Überweisung der Miete, die egleichung von Stromund Handyrechnungen oder um as Zahlen von Versicherungsbeiträgen geht, ein Giroonto wird vorausgesetzt. Es ist für die übergroße Mehreit der Menschen auch völlig normal, im Supermarkt, Restaurant oder an der Tankstelle mit Karte zu zahn. Können Sie sich vorstellen, dass über 670 000 Hausalte in Deutschland davon ausgeschlossen sind, dass enschen ohne Bankkonto leben müssen? Das bedeutet icht nur Benachteiligung bei der Arbeitsund Wohungssuche. Es kommen auch hohe Extrakosten hinzu. ede Bareinzahlung kostet – je nach Anbieter – zwischen und 15 Euro. Das heißt, Erwerbslose bekommen zuerst ein Konto und müssen dann für eine Barüberweisung xtra zahlen. Das ist wirklich absurd. Es wird höchste eit, dass wir das abstellen. or allem überschuldete Verbraucherinnen und Verbrauher haben Probleme, ein Girokonto zu eröffnen. Das eißt, wer ohnehin knapp bei Kasse ist, wird zusätzlich elastet. Wir als Linke halten das für sozial ungerecht nd unzumutbar. Die Koalition aus CDU/CSU und FDP hat in der Tat islang keinen Schritt unternommen, diesen skandalösen ustand zu beenden. Es gibt bereits seit 15 Jahren eine eiwillige Selbstverpflichtung in Deutschland, dass reditinstitute ein Girokonto für alle anbieten sollen. as Ergebnis ist aber: Seit 15 Jahren funktioniert das icht. Diese Selbstverpflichtung ist schlichtweg albern. err Kollege Brinkhaus, ein Gesetzentwurf in dieser Sa he ist daher nicht die Ultima Ratio, sondern längst überllig. (Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714710600

(Beifall bei der LINKEN)

Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714710700

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)


Noch einmal zur Verbraucherpolitik der Bundesregie-
ng. Die Frankfurter Rundschau hat vor ein paar Mona-
n über folgenden Vorgang berichtet: Die Europäische
ommission wollte das Recht auf ein Basiskonto im
ahmen einer rechtsverbindlichen Verordnung veran-

17632 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Caren Lay


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)(B)

kern. Auf Drängen der Bundesrepublik Deutschland
wurde aus einer rechtsverbindlichen Verordnung dann
lediglich eine Empfehlung. So sieht schwarz-gelbe Ver-
braucherpolitik aus. Sie hat ihren Namen nicht verdient.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: So sieht Subsidiarität aus, Frau Kollegin!)


Sie hätten hier die Möglichkeit gehabt, zu einer wir-
kungsvollen gesetzlichen Regelung beizutragen. Aber
Sie haben sie sogar verhindert. Wenn Sie sich nun rüh-
men, im Bereich des finanziellen Verbraucherschutzes
viel erreicht zu haben, dann kann ich nur sagen: Das ent-
behrt jeglicher Grundlage.


(Beifall bei der LINKEN – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Dann reden wir doch mal über die Sachen, die wir gemacht haben! Aber das steht wahrscheinlich nicht in Ihrem Skript! Da sind Sie nicht informiert!)


– Ich habe zuvor alle Initiativen der Bundesregierung im
Bereich des finanziellen Verbraucherschutzes – so viele
sind es nicht – angesprochen.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das war eine Menge! Dann sollten Sie auch wissen, was da Gutes umgesetzt worden ist!)


Ich bleibe bei meiner Aussage.

Kommen wir zum P-Konto. Es freut mich, zu hören,
dass auch Ihnen bekannt ist, dass dies kein optimales In-
strument ist.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das Instrument ist optimal! Wir haben es eingeführt, nicht Sie!)


Es gibt sehr viele Probleme mit dem P-Konto. Wer Pfän-
dungsschutz beantragt, der wird teilweise mit der Kündi-
gung seines Kontos bestraft. Wer ein P-Konto eingerich-
tet bekommt, dem werden bestimmte Basisleistungen
gestrichen. Kreditinstitute verwehren dann beispiels-
weise kostenloses Onlinebanking, sperren Kreditkarten
und streichen Daueraufträge. Auf all diese Probleme ma-
chen die Verbraucherverbände seit langem aufmerksam.
Es ist daher dringend notwendig, das zu regeln.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Girokonto für alle muss jedem Menschen unab-
hängig von seiner finanziellen Situation zur Verfügung
stehen. Das ist unsere Position als Linke. Es muss ein
Verbraucherrecht auf ein kostenloses Girokonto für alle
geben; denn für Hartz-IV-Bezieher sind 3 Euro schon
jede Menge Geld.

Selbstverständlich muss ein Girokonto für jedermann
auch alle Basisfunktionen bieten. Dazu gehören Über-
weisungen, Lastschriften und auch die elektronische
Geldkarte.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Und wahrscheinlich noch ein Dispo!)


– Zur Dispoabzocke kommen wir beim übernächsten Ta-
gesordnungspunkt. Ich bin sehr gespannt, was Sie an
dieser Stelle anzubieten haben.

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(C (D (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Da bin ich nicht mehr da!)


Wir Linke sagen, dass pro Person ein Girokonto auto-
atisch pfändungsgeschützt sein muss. Nur so ist die
tigmatisierung, die mit der Beantragung eines P-Kon-
s bisher einhergeht, zu verhindern.

Die Bundesregierung muss aus unserer Sicht endlich
andeln. Sie muss die Banken zwingen, ein Girokonto
r jeden Bürger und für jede Bürgerin anzubieten.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714710800

Für die FDP spricht jetzt der Kollege Dr. Daniel Volk.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Daniel Volk (FDP):
Rede ID: ID1714710900

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten

amen und Herren! Frau Lay, was Sie gerade dargelegt
aben, hat ziemlich deutlich gezeigt, dass wir in diesem
ereich Probleme haben,


(Caren Lay [DIE LINKE]: Ja!)


ass wir aber einige Probleme nicht einfach mit einer
lumpen gesetzlichen Regelung werden ändern können.


(Caren Lay [DIE LINKE]: Was haben Sie denn anzubieten?)


as muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

Ich bin immer sehr zurückhaltend, den Bürgerinnen
nd Bürgern dieses Landes zu sagen: Wenn wir ein Ge-
etz machen, haben wir das Problem gelöst.


(Kerstin Tack [SPD]: Sondern? Was ist denn Ihr Vorschlag?)


an sollte sich das Problem etwas genauer anschauen,
m zu sehen, wo wir Änderungen vornehmen müssen
der wo es möglicherweise auf der jetzigen gesetzlichen
rundlage schon Verbesserungen gibt.


(Kerstin Tack [SPD]: Quatsch!)


Es ist klar, dass das Girokonto für die heutige Teil-
ahme am Wirtschaftsverkehr unerlässlich ist; das ist
eine Frage. Klar ist auch, dass wir mit dem Pfändungs-
chutzkonto schon einen deutlichen Schritt nach vorne
emacht haben. Damit besteht eine sehr gute Einrich-
ng. Gleichzeitig müssen wir aber zur Kenntnis neh-
en, dass die gesetzliche Verpflichtung der Banken, für
dermann ein Konto einzurichten, in einigen Bundes-
ndern bereits besteht.


(Sonja Steffen [SPD]: Aber nur für die Sparkassen!)


rau Kollegin Lay, das ist es, was ich vorhin mit dem
tichwort „Subsidiarität“ meinte: Auf welcher politi-
chen Ebene ist die Frage am besten zu klären?


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Immer auf einer anderen!)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17633

Dr. Daniel Volk


(A) )


)(B)

Es zeigt sich, dass es in den Bundesländern, die die Re-
gelung im Sparkassengesetz bzw. in einer Sparkassen-
verordnung verankert haben, die hier aufgezeigten Pro-
bleme nicht gibt.

Herr Sieling, hier spreche ich Sie ganz persönlich an.
Sie sind Abgeordneter aus dem Bundesland Bremen.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: So ist es!)


Sie waren in der Bremischen Bürgerschaft an einer nicht
unwichtigen Position tätig. Sie haben sich offenbar in
Bremen nicht dazu durchringen können, genau das, was
Sie hier im Bundestag fordern, in der Bremischen Bür-
gerschaft als gesetzliche Regelung in das dortige Spar-
kassengesetz oder die Sparkassenverordnung aufzuneh-
men.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Dasselbe betrifft das Bundesland Berlin, wo die Links-
fraktion über Jahre an der Regierung beteiligt war. In der
Zeit der Regierungsbeteiligung der Linksfraktion in Ber-
lin konnte man sich offenbar nicht durchringen, im Ber-
liner Abgeordnetenhaus eine gesetzliche Regelung
durchzusetzen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714711000

Herr Kollege Volk, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Sieling?


Dr. Daniel Volk (FDP):
Rede ID: ID1714711100

Nein, ich möchte gerne fortfahren. – Insofern ist es

schon etwas verwunderlich, dass Sie dies dort, wo Sie es
machen könnten, nicht machen, und das dort, wo Sie es
nicht machen können, fordern. Vor diesem Hintergrund
kann man sagen, dass der Antrag zumindest in dieser
Richtung wohl eher ein Schaufensterantrag ist.

Ich habe mit großem Interesse die Zwischenrufe der
SPD-Fraktion bezüglich der Schuldnerberatung in den
Bundesländern verfolgt. Wir sind uns einig, dass die
Bundesländer dafür zuständig sind. Deshalb formulieren
Sie in Ihrem Antrag, die Bundesregierung möge die Län-
der auffordern, sich für den Ausbau der Beratungen ein-
zusetzen.


(Kerstin Tack [SPD]: Jetzt mal Ihre Position!)


Ich sage einmal: Die Länder, die von der SPD und den
Grünen regiert werden, können das von sich aus machen.
Das wäre ganz gut; das ist schließlich Ihre Position.


(Kerstin Tack [SPD]: Haben Sie eine Position, oder schwafeln Sie weiter herum? – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Nur die Verantwortung wegschieben!)


Sie haben vorhin in einem Zwischenruf darauf hinge-
wiesen, dass man teilweise sechs Monate auf einen
Schuldnerberatungstermin warten müsse. Sollte ein Bun-
desland dieses Problem haben, kann ich nur sagen: Es
gibt auch andere Formen der Schuldnerberatung. Es gibt
nicht nur die Schuldnerberatungsstellen, die übrigens ei-
nen sehr guten Job machen – das will ich nicht in Abrede
stellen –, sondern auch noch andere Möglichkeiten.

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(C (D Jemand, der beschränkte finanzielle Mittel hat, kann ich beim Amtsgericht einen Beratungsschein besorgen nd einen Rechtsanwalt aufsuchen. Ich kann Ihnen verichern: Dort kriegt er sicherlich sehr viel schneller eien Termin für eine Schuldnerberatung als bei einer chuldnerberatungsstelle, bei der möglicherweise sechs onate Wartezeit besteht. Insofern haben wir auch in iesem Punkt, meine ich, eine ausreichende gesetzliche rundlage. Im Übrigen empfehle ich, die entsprechenden Bechte der Bundesregierung abzuwarten. Die SPD, die en Antrag vorgelegt hat, hatte selber über elf Jahre lang erantwortung im Finanzministerium und hat die Bechte erst einmal abgewartet. Ich glaube, wir sollten die erichte abwarten und uns dann auf der Grundlage die er Berichte näher mit dem Problem befassen. Abschließend möchte ich auf eines hinweisen: Ich laube, dass wir gut beraten wären, keine bundeseinheitche Regelung zu machen und darin auch noch die Konngebühren auf Euro und Cent festzulegen. Ich glaube, ir sind besser beraten, die Zuständigkeit der Bundesnder zu akzeptieren, entsprechende Regelungen zu chaffen. Ich lade die hiesigen Oppositionsfraktionen ein, die orschläge, die sie hier in einem Schaufensterantrag orlegen, in den von ihnen regierten Bundesländern umusetzen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714711200

Die Ablehnung der Zwischenfragen hat zwei Kurz-

terventionen provoziert, und zwar des Kollegen
ieling und der Frau Kollegin Lay. Ich rufe die beiden
acheinander auf; dann können Sie im Zusammenhang
ntworten. – Bitte schön, Herr Sieling.


Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1714711300

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Volk, da

ie auch in Bremen geboren sind und dort sogar zur
chule gegangen sind,


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Erstaunlich, dass aus mir etwas geworden ist!)


evor Sie in den tieferen Süden geflohen sind, will ich
ur Kenntnis nehmen, dass Sie vielleicht nicht voll infor-
iert sind. Aber ich möchte deutlich sagen, dass es

urchaus eine Initiative für ein Girokonto für alle gege-
en hat, und zwar in der Zeit, als ich Fraktionsvorsitzen-
er in der Bremischen Bürgerschaft war.

Das Problem besteht allerdings darin, dass Bremen
ine freie Sparkasse hat. Darüber hat es entsprechende
ristische Auseinandersetzungen gegeben, die gerade

ezeigt haben, dass wir eine bundesweite Regelung
rauchen, um für den gesamten Kreditsektor – darum
eht es im Übrigen; denn wir wollen nicht, dass das pri-
ate Kreditgewerbe benachteiligt wird – eine Regelung
u schaffen. Dafür plädiere ich ausdrücklich.

17634 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Carsten Sieling


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)(B)

Den von Ihnen angesprochenen Bericht wollen wir
selbstverständlich abwarten. Das ist die erste Initiative.
Ich würde mich freuen, wenn Sie sich den richtigen Aus-
führungen des Kollegen Brinkhaus anschließen und den
Bericht, wenn er vorliegt, konstruktiv prüfen würden – er
wird uns sicherlich keine Verbesserungen aufzeigen –,
damit wir dann unsere Initiative aufgreifen und umsetzen
können.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So habe ich das gar nicht gesagt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714711400

Frau Kollegin Lay.


Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714711500

Herr Präsident! Herr Kollege, auch ich nutze die Ge-

legenheit zu einer Kurzintervention, weil Sie mir keine
Gelegenheit zu einer Zwischenfrage gegeben haben.

Ich muss darauf hinweisen, dass es die Linksfraktion
war, die beispielsweise im Landtag des Saarlandes bean-
tragt hat, ein Girokonto für alle einzuführen. Das ist von
allen anderen abgelehnt worden. Es ist also auch von der
FDP abgelehnt worden, die dort gemeinsam mit der
CDU an der Regierung ist.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Und von den Grünen!)


– Und von den Grünen. – Mich interessiert, wie Sie sich
das erklären. Sie sagen auf der einen Seite: Wir können
auf der Bundesebene keine gesetzliche Regelung schaf-
fen; das sollen die Länder tun. Auf der anderen Seite
sorgt Ihre Partei dafür, wenn wie im Saarland von der
Linken die Initiative eingebracht wird, ein Girokonto für
alle einzuführen, dass dies abgelehnt wird.

Ich muss mich sehr wundern. Der Redner der CDU/
CSU verweist auf ausbleibende Regelungen auf europäi-
scher Ebene.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Nein! Das habe ich nicht gesagt! Sie müssen zuhören!)


Die FDP verweist auf die Subsidiarität und damit auf
die Verantwortung der Länder. Ich habe das Gefühl, dass
ein gemeinsamer Konsens darin besteht, dass Sie sich
auf Bundesebene der Verantwortung entziehen wollen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714711600

Jetzt zur Erwiderung Kollege Volk.


Dr. Daniel Volk (FDP):
Rede ID: ID1714711700

Herr Kollege Sieling, ich möchte darauf hinweisen,

dass in Bremen eine entsprechende Rechtsprechung
existiert, nach der ein Kontrahierungszwang aufgrund
einer fehlenden landesgesetzlichen Bestimmung besteht.
Ich halte die juristischen Argumente, die Sie hier kurz
angedeutet haben, also für vorgeschoben. Ich glaube
sehr wohl, dass es auch im Bundesland Bremen möglich
ist, eine entsprechende Bestimmung in das Sparkassen-
gesetz bzw. die Sparkassenverordnung aufzunehmen.

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(C (D Frau Kollegin Lay, ich habe noch vor Augen, wie der ntrag der Linksfraktion im saarländischen Landtag ussah. Das Problem war nicht das Konto für jedermann, ondern das Problem waren die weiteren Punkte, die die inksfraktion mit aufgenommen hatte. Diese haben dazu eführt, dass der Antrag von den Regierungsfraktionen bgelehnt werden musste. (Beifall bei der FDP – Caren Lay [DIE LINKE]: Es gab eine punktweise Abstimmung!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714711800

Dann hat jetzt die Kollegin Nicole Maisch von Bünd-

is 90/Die Grünen das Wort.


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1714711900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

achte, es würde Konsens darüber bestehen, dass ein Giro-
onto Voraussetzung für die Teilnahme am Wirtschaftsle-
en ist und dass man denjenigen, die kein Konto haben,
elfen muss.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Das dachten wir auch!)


err Dr. Volk hat diesen Konsens wortreich, aber in-
altsleer aufgekündigt. Das finde ich ziemlich peinlich
r die FDP.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


ir wissen alle: Ein Girokonto ist kein Luxus. Vielmehr
t eine Bankverbindung Grundvoraussetzung für die
eilnahme nicht nur am Wirtschaftsleben, sondern auch
n vielen, vielen anderen gesellschaftlichen Lebensbe-
ichen. Deshalb hat mich der Vorsitzende des Men-

chenrechtsausschusses gebeten, dass der Antrag auch in
iesem Ausschuss beraten werden soll. Ich denke, da ge-
ört er auch hin.

Die Kolleginnen und Kollegen haben ausgeführt, dass
s sehr viele Menschen in Deutschland gibt, 670 000
enschen über 21 Jahre, die über kein Konto verfügen.
ie öffentliche Hand zahlt dafür. Im Jahr 2007 waren
as 17 Millionen Euro an Zusatzkosten für Barauszah-
ngen. Das heißt, das ist auch für die Verwaltung ein fi-

anzielles Problem.

Viele Menschen bekommen kein Konto, auch wenn
ie ein Recht darauf hätten. Das zeigen uns die Berichte
er Verbraucher- und Schuldnerberatungen. Deshalb ist
s längst an der Zeit, hier einen Rechtsanspruch einzu-
hren. Ich finde es sehr gut, dass Herr Brinkhaus gesagt

at, er will das zumindest vorurteilsfrei prüfen.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das mache ich immer!)


ie FDP kann davon noch lernen.

Ich möchte jetzt aber wenig über allgemeine und theo-
tische Sachen sprechen, sondern ich möchte Sie einla-

en, sich einfach einmal vorzustellen, wie es ist, ohne ein
onto zu leben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17635

Nicole Maisch


(A) )


)(B)

Stellen wir uns einmal Sabine P., 43 Jahre alt, zwei
Kinder, vor. Wie lebt sie ohne Konto? Das Kindergeld
wird normalerweise überwiesen. Um das per Scheck
ausgezahlt zu bekommen, ist eine teure und auch ziem-
lich peinliche Ämterrennerei erforderlich.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: In welchem Bundesland lebt Sabine P.?)


– Sabine P. wohnt in Berlin. Die Geschichte mit der
Scheckauszahlung basiert auf Daten aus Berlin. Für die
anderen Bundesländer habe ich das nicht geprüft, aber
das könnte ich natürlich gern nachreichen.

Der Unterhalt ihres geschiedenen Mannes wird – da
sie kein Konto hat – nicht überwiesen, sondern den bringt
er vorbei, wenn er daran denkt. Manchmal denkt er eben
auch nicht daran. Den Unkostenbeitrag für die Klassen-
fahrt kann sie nicht auf das Konto der Lehrerin überwei-
sen, sondern muss ihn persönlich in der Schule vorbei-
bringen. Miete, Gas und Strom zahlt sie per teurer
Bareinzahlung. Das kostet jedes Mal 5 bis 7 Euro Gebüh-
ren. Ihr Wohngeld wird dadurch gemindert, dass die Kos-
ten für die Barauszahlungen vom Wohngeld abgezogen
werden. Bei eBay günstig Kinderklamotten zu shoppen,
kann sie vergessen, da eBay und auch andere Online-
shops ohne Girokonto nicht zu nutzen sind. Bezahlpflich-
tige Onlinedienste wie iTunes oder Onlinevideotheken
sind von ihr nicht zu nutzen. Wenn sie einen Song hören
will, muss sie die gesamte CD kaufen. Einen günstigen
Handyvertrag oder einen Festnetzanschluss hat sie nicht,
sie hat eine Prepaid-Karte mit natürlich völlig überhöhten
Gesprächskosten.

Ich könnte das jetzt ewig weiter ausführen. Stellen Sie
sich einmal vor, sie hat ein Vorstellungsgespräch und
muss sagen: Das Gehalt möchte ich nicht auf mein
Konto überwiesen haben, sondern bitte in der guten alten
Lohntüte!


(Olav Gutting [CDU/CSU]: Die darf nicht aus Plastik sein!)


Das ist einfach von gestern, das geht nicht mehr. Deshalb
brauchen wir diesen Rechtsanspruch.

Ich finde es gerade von der FDP ziemlich frech, zu sa-
gen, die Opposition soll in den Bundesländern dafür sor-
gen, dass es ein Girokonto für alle gibt. Hier in Berlin im
Bundestag sind Sie noch im Parlament, anders als zum
Beispiel im Landtag in Rheinland-Pfalz. Hier sitzen Sie
mit in der Regierung, anders als zum Beispiel in Baden-
Württemberg, wo Sie nicht mehr drin sind. Aber statt
hier etwas zu regeln, sagen Sie, wir sollen es in den Bun-
desländern machen. Das finde ich ziemlich absurd.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Sie könnten doch in Rheinland-Pfalz oder in Baden-Württemberg etwas machen!)


– Warum machen Sie denn hier auf der Bundesebene
nichts? Sie müssen schon Ihren eigenen Hintern bewe-
gen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Weil wir Subsidiarität achten!)


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(C (D eistung muss sich lohnen, auch hier in der Regierung. eshalb können Sie hier einmal Leistung zeigen und ich um die ärmsten Menschen in diesem Land kümern. Das ist Ihre Pflicht als Abgeordnete. Sie sollten icht immer mit dem Finger auf andere zeigen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Haben Sie schon einmal etwas von Föderalismus gehört?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714712000

Jetzt hat das Wort der Kollege Peter Aumer von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Aumer (CSU):
Rede ID: ID1714712100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir
iskutieren über ein in der Tat wichtiges Thema. Sie ha-
en vorhin gesagt, dass der Bundestag 2002 beschlossen
at, im Zweijahresrhythmus einen Bericht der Bundesre-
ierung über die Situation der girokontolosen Menschen
unserem Land einzufordern, also der Menschen, die

erne ein Girokonto anlegen würden, aber es nicht kön-
en, etwa weil keine Bank dies zulässt. Ich frage: Wer
ar 2002 an der Regierung? Wer hat in dieser Zeit die
öglichkeit gehabt, etwas in diesem Bereich zu regeln?
as waren Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren
on der SPD und von den Grünen. Da haben Sie Ihre
erantwortung ebenfalls nicht genutzt, um dieses Thema
bzuarbeiten und gesetzliche Regelungen auf den Weg
u bringen. Uns vorzuhalten, dass wir unseren Worten
eine Taten folgen lassen, finde ich schon ein bisschen
reist und sachlich unangemessen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir versuchen – der Kollege Brinkhaus hat das vor-
in angesprochen –, eine Lösung zu finden, die den
enschen hilft. Frau Maisch, Ihr Beispiel kann ich

urchaus nachvollziehen. Wenn man versucht, sich vor-
ustellen, wie man heute ohne ein Girokonto leben
önnte, dann stellt man fest: Das geht in der Tat nicht.
uch ich könnte mir das nicht vorstellen. Man muss si-

herlich Regelungen auf den Weg bringen, die gewähr-
isten, dass das Ganze funktioniert. Ob solche Regelun-
en immer gesetzliche Regelungen sein müssen, das ist
ie große Frage. Ob eine gesetzliche Regelung wirkt,
uss man sich sicherlich ebenfalls einmal im Detail an-

chauen. Die Bundesregierung legt den Bericht im
ächsten Jahr vor. Er befindet sich im Moment in der
essortabstimmung. Man muss einmal schauen, wie sich
ie Dinge seit 2002 geändert haben. Die Menschen, die
ein Girokonto haben, müssen die Möglichkeit bekom-
en, ein solches Konto einzurichten.

Es kann natürlich nicht sein, dass sich die Kreditinsti-
te ihrer Verantwortung entziehen und Menschen, die

uf ein Girokonto angewiesen sind, die Möglichkeit der
ontoeröffnung nicht gewähren. Das zu ändern, liegt

elbstverständlich auch in unserer Verantwortung. Ei-
ige Bundesländer haben auf diesem Gebiet schon etwas

17636 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Peter Aumer


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gemacht. Die Sparkassen sind hier vorbildlich. Die Spar-
kassen sind in acht Bundesländern verpflichtet worden,
girokontolosen Menschen Girokonten anzubieten. Es
kann nicht sein, dass man für solche Konten erhöhte Ge-
bühren fordert. All das sind Dinge, die im Moment gere-
gelt werden.

Der entscheidende Punkt unserer Argumentation, der
berücksichtigt werden muss, meine sehr geehrten Da-
men und Herren der Opposition, ist die Empfehlung der
Europäischen Union. Sie hat in diesem Jahr eine Emp-
fehlung vorgelegt, dass in jedem Mitgliedsland die Ein-
richtung eines grundlegenden Zahlungsfunktionskontos
unabhängig vom Einkommen zu gewährleisten ist. Ich
glaube, das ist etwas, was in den Mitgliedsländern der
Europäischen Union Nachhall findet.

Auch wir in Deutschland müssen dieser Forderung
gerecht werden. Sie selber und wir haben es angespro-
chen: Es gab eine legislative Initiative auf europäischer
Ebene, so etwas gesetzlich zu regeln. Unser Bestreben
ist, dass man prüft, was im Moment in Deutschland
Sachstand ist, dass man den Bericht der Bundesregie-
rung abwartet, dass man die Empfehlungen, die von eu-
ropäischer Ebene kommen, umsetzt. Diejenigen Men-
schen, die kein Girokonto haben, müssen eines haben
können; das ist grundlegend und muss gewährleistet
sein. Das ist aus meiner Sicht etwas, was den Betroffe-
nen in unserem Land etwas bringt. Wir haben in diesem
Bereich ein Problem; das ist ganz klar. Dem müssen wir
nachkommen. Ein Basiskonto soll allen Menschen die
finanzielle Teilhabe am Leben ermöglichen.

Wir haben gestern über ein wichtiges Thema gespro-
chen: das Geldwäschegesetz. Da ging es auch um das
E-Geld. Mir ist zum ersten Mal bewusst geworden,
dass es Menschen geben kann, die kein Konto haben.
Das war mir zuvor nicht klar. E-Geld bietet auch diesen
Menschen die Möglichkeit, Geld auf eine Karte zu laden
und damit zu bezahlen. Das kann natürlich nicht in unse-
rem Sinne sein. Wir haben gestern geregelt, dass diese
Karten auf einen Wert von 100 Euro im Monat begrenzt
werden sollen. Sicherlich fällt damit für die Menschen,
über die wir heute sprechen, eine Möglichkeit der Be-
zahlung weg. Deswegen muss man ganz klar sagen, dass
die Regelung gut werden muss. Wir sind bemüht, eine
gute Regelung zu finden. Deswegen bitte ich auch Sie,
dass wir konstruktiv und nicht ideologisch diskutieren.
Denn Sie hatten in Ihrer Regierungsverantwortung die
Möglichkeit, eine Lösung herbeizuführen. Im Jahr 2002
hat der Bundestag die Bundesregierung entsprechend be-
auftragt. Damals waren Sie an der Regierung.


(Widerspruch bei der SPD)


– Ja, Sie haben sich darauf verständigt, zu warten. Wa-
rum pressiert es dann heute? Ich denke, man sollte in der
Argumentation fair und ehrlich sein.


(Zurufe von der SPD)


Wir sind es. Wir bereiten die Dinge vor und finden einen
Weg, auf dem wir diesen Menschen helfen können, ein
Konto zu bekommen und am allgemeinen Zahlungsver-
kehr teilzuhaben. Das ist unser gemeinsames Ziel.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Burkhard Lischka [SPD]: Da können sie lange warten!)


ie haben gewartet. Ihre Zwischenrufe können Sie sich
lso sparen. Wenn man nicht in der Zeit, in der man han-
eln kann, tätig wird, dann ist man in der Regierungsver-
ntwortung nicht gut aufgehoben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Das stimmt! – Gegenruf des Abg. Peter Aumer [CDU/CSU]: Sie waren auch in der Regierung!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714712200

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

at jetzt die Kollegin Sonja Steffen das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Sonja Steffen (SPD):
Rede ID: ID1714712300

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während
ir im Deutschen Bundestag über Milliardenrettungs-

chirme für Europa diskutieren, sollten wir die lebensna-
en Probleme unserer Bürgerinnen und Bürger beim täg-
chen Umgang mit den Banken nicht aus den Augen
erlieren. Dazu gehören die immer zahlreicher werden-
en Kontopfändungen und der nach wie vor nicht umge-
etzte Rechtsanspruch auf ein Girokonto für jedermann.

Das Problem der Kontolosigkeit hat gravierende Aus-
irkungen für die Betroffenen. Frau Maisch, Sie haben
as vorhin durch ein Beispiel schon sehr anschaulich
argestellt. In der Tat gibt es heute – das haben wir auch
chon gehört – viele Bürgerinnen und Bürger, die unfrei-
illig kein eigenes Girokonto haben und deshalb nach
ie vor von ganz wichtigen Bereichen des wirtschaftli-

hen Verkehrs ausgeschlossen sind. Dass dies eine Ne-
ativspirale auslöst, werden Sie alle wissen. Bereits Ver-
chuldete geraten noch verstärkt in Probleme, wenn für
ohn-, Gehalts- und Mietzahlungen kein Girokonto be-
teht. Die Bankgebühren für Bareinzahlungen – darauf
at Frau Lay schon hingewiesen – betragen mitunter
ehr als 10 Euro, und zwar für jede einzelne Bareinzah-
ng. Das ist besonders für Personen mit geringem Ein-

ommen eine Belastung, die sie im Grunde gar nicht tra-
en können.

Nun gibt es seit 1995 eine Empfehlung des Zentralen
reditausschusses an alle Banken zur Einrichtung eines
irokontos für jedermann. Ich denke, es war gut, dass
ir eine Weile gewartet haben, wie das Ergebnis dieser
mpfehlung aussieht. Nun haben wir schon gehört: Wir
aben fünf Berichte hinter uns; die Situation der unfrei-
illig kontolosen Bürgerinnen und Bürger in unserem
and hat sich seitdem nicht nachhaltig verbessert. Die
mpfehlung lässt nämlich den Banken viel zu viele
öglichkeiten, eine Kontoeröffnung abzulehnen oder

in bestehendes Konto zu kündigen. Deshalb wird sie bis
eute bei weitem nicht in ausreichendem Umfang umge-
etzt. Auch Schuldnerberatungsstellen betonen immer

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17637

Sonja Steffen


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wieder, dass die Banken vielfach die Kontoführung ver-
weigern.

Hauptgrund ist übrigens, dass die Kontoführungsge-
bühren die Kosten des Girokontos im Rahmen der Kos-
ten-Nutzen-Rechnung nicht decken. Kostendeckend wer-
den Girokonten nur durch die Guthaben, die Kunden auf
diesen Konten haben, oder durch die Inanspruchnahme
hoher Dispokredite. Aber viele Kundinnen und Kunden
verfügen nicht über ein solches Guthaben, sodass sie sich
für die Banken schlichtweg nicht lohnen. Es gibt das
– man kann schon sagen – Unwort der sogenannten
Schalterhygiene. Es beschreibt die Praxis vieler Banken,
dass sie bestimmten Personen die Eröffnung eines Kon-
tos schlichtweg verweigern oder zumindest massiv er-
schweren.

Mit Ausnahme des Deutschen Sparkassen- und Giro-
verbandes lehnen bis zum heutigen Tag alle Verbände
der Kreditwirtschaft unverändert jede verbindliche Re-
gelung von Guthabenkonten ab. Dass es für die Sparkas-
sen in acht Bundesländern eine Regelung gibt, ist schön,
reicht aber bei weitem nicht aus, um das Recht auf ein
Girokonto für jedermann zu installieren.


(Beifall bei der SPD – Dr. Daniel Volk [FDP]: Genau! Weil noch acht Bundesländer fehlen!)


– Aber nicht nur die Bundesländer fehlen, sondern es
fehlen auch die Verpflichtungen der anderen Banken. –
Ich meine, Herr Brinkhaus, wir haben lange genug ge-
schaut, was uns diese Empfehlungen bringen. Sie haben
recht. Es hat eine ganze Weile gedauert, aber inzwischen
müssten wir einsehen, dass wir so nicht mehr weiter-
kommen und es höchste Zeit ist, das verbindliche Recht
des Kunden auf ein Girokonto festzuschreiben, bevor
uns Europa auch an dieser Stelle überholt.

Ein weiteres Anliegen des Antrages ist bis jetzt wenig
zur Sprache gekommen. Es geht darum, die Inhalte des
Pfändungsschutzkontos gesetzlich verbindlicher zu gestal-
ten. Das Konto, das wissen Sie alle, wurde zum 1. Juli
2010 eingeführt, und es schützt den Kontoinhaber vor
Pfändungen bis zur Höhe des Pfändungsfreibetrages. So
weit, so gut. Das ist eine gute Sache, grundsätzlich also
begrüßenswert; denn dadurch bleibt dem Schuldner der
umständliche Gang zum Vollstreckungsgericht erspart.
Aber in der Praxis hat sich gezeigt, dass das Pfändungs-
schutzkonto an vielen Stellen Probleme mit sich bringt.
Es ist deshalb wichtig, eine Nachbesserung der gesetzli-
chen Grundlagen zu fordern.

Der eine oder andere von Ihnen, der schon in der
16. Legislaturperiode dem Bundestag angehörte, wird
wissen, dass der Rechtsausschuss in den Ausführungen
zur Gesetzesbegründung seine Erwartung zum Ausdruck
gebracht hat, dass das P-Konto nicht teurer sein wird als
ein normales Konto. Aber damals wurde von einer ver-
bindlichen gesetzlichen Regelung abgesehen. Diese Er-
wartung hat sich leider nicht erfüllt. Der Ärger beim
neuen Pfändungsschutzkonto reißt nicht ab. Es gibt Ban-
ken, die monatlich bis zu 27 Euro für die Führung eines
P-Kontos verlangen. Das ist ein Unding, besonders wenn
man bedenkt, dass gerade die finanzschwachen Men-

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(C (D chen unseres Landes auf den Schutz durch das P-Konto ngewiesen sind. Aber nicht nur die Gebühren sorgen für Verunsicheng, sondern auch die Bescheinigungen, die von den anken verlangt werden. Dies bedeutet, dass die Men chen teilweise von A nach B laufen müssen, um irgendelche wasserdichten Bescheinigungen zu erhalten. ennoch wird nach wie vor gemauert. Kunden, die ihr estehendes Konto in ein P-Konto umwandeln wollen, erden in manchen Banken schlecht behandelt und teileise sogar öffentlich in der Schalterhalle bloßgestellt. as muss sich ändern. Das sagen auch Verbraucher chützer und Schuldnerberater. Ich komme zum Schluss. Gerade in Zeiten, in denen ir über Milliardenkredite und über den Anteil der Banen an der gegenwärtigen Finanzkrise diskutieren, droen die Menschen, unsere Bürgerinnen und Bürger, imer mehr ihr Vertrauen in die Politik und die Banken zu erlieren. Der Deutsche Bundestag sollte hier ein kleines, aber ehr wichtiges Zeichen setzen und die Banken zumindest n dieser Stelle in die Pflicht nehmen. Ich habe die Hoffung, dass zumindest die Fraktion der CDU/CSU geeinsam mit uns daran arbeiten wird. Bei der FDP ist opfen und Malz verloren. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714712400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
uf den Drucksachen 17/7823 und 17/7954 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse sowie an den
usschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
orgeschlagen. Die Federführung ist jedoch strittig. Die
raktionen der CDU/CSU und FDP wünschen jeweils
ederführung beim Finanzausschuss. Die Fraktion der
PD wünscht Federführung beim Rechtsausschuss, und
ie Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke
ünschen Federführung beim Ausschuss für Ernährung,
andwirtschaft und Verbraucherschutz.

Ich lasse zuerst abstimmen über den Überweisungs-
orschlag der Fraktion der SPD, Federführung beim
echtsausschuss. Wer stimmt für diesen Überweisungs-
orschlag? – Dagegen? – Enthaltungen? – Der Überwei-
ungsvorschlag ist mit den Stimmen aller Fraktionen ge-
en die Stimmen der SPD abgelehnt.

Ich lasse nun abstimmen über den Überweisungsvor-
chlag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die
inke, Federführung beim Ausschuss für Ernährung,
andwirtschaft und Verbraucherschutz. Wer stimmt da-
r? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dieser Über-
eisungsvorschlag ist mit den Stimmen der Koalitions-

(B)


17638 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

fraktionen und der SPD-Fraktion bei Zustimmung der
Linken und der Grünen abgelehnt.

Schließlich stimmen wir ab über den Überweisungs-
vorschlag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP,
Federführung beim Finanzausschuss. Wer stimmt da-
für? – Dagegen? – Enthaltungen? – Dieser Vorschlag ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 35 a und b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung

Neunter Bericht der Bundesregierung über
ihre Menschenrechtspolitik in den auswärti-
gen Beziehungen und in anderen Politikberei-
chen

– Drucksachen 17/2840, 17/3110 Nr. 2, 17/7941 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Steinbach
Christoph Strässer
Marina Schuster
Annette Groth
Volker Beck (Köln)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu der Unter-
richtung

Menschenrechte und Demokratie in der Welt –
Bericht über die Maßnahmen der EU – Juli
2008 bis Dezember 2009 – Ratsdok. 8363/10 –

(Folgedokument)


– Drucksachen 17/315 Nr. A.4, 17/4522 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Steinbach
Christoph Strässer
Marina Schuster
Katrin Werner
Volker Beck (Köln)


Zu dem Neunten Bericht der Bundesregierung liegt
ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache wiederum eine Dreiviertelstunde vorgese-
hen. Gibt es Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der
Fall.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Marina Schuster von der FDP-Frak-
tion das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1714712500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Neunte Menschenrechtsbericht der Bundesregierung

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(C (D mfasst den Berichtszeitraum vom 1. März 2008 bis um 28. Februar 2010. Er betrifft also überwiegend die eit der Vorgängerregierung; erstellt wurde er von der chwarz-gelben Bundesregierung. Im Ausschuss für Menschenrechte hat es eine öffentche Anhörung zum Bericht gegeben. Die Gutachter aren sich einig, dass der Bericht besser geworden ist, or allem übersichtlicher und handhabbarer. Ich möchte n dieser Stelle den Gutachtern ganz herzlich für ihre ichtigen Stellungnahmen danken, die natürlich in un ere Arbeit einfließen. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte einen
chwerpunkt meiner Rede bei der Verbesserung der
ternationalen Menschenrechtsschutzsysteme setzen.
iesen Schwerpunkt haben wir auch im Koalitionsver-
ag verankert. Er ist besonders wichtig, weil wir der
ultur der Straflosigkeit endlich ein Ende machen müs-

en. Denn in den Ländern, in denen die nationalen Jus-
zsysteme Schwächen haben oder Rechtsstaatlichkeit
ar nicht gegeben ist, ist es für die Betroffenen oft die
inzige Möglichkeit, Recht zu finden, wenn sie sich an
berregionale oder internationale Menschenrechts-
chutzsysteme wenden können.

Wir sehen das ganz konkret beim Europäischen Ge-
chtshof für Menschenrechte in Straßburg. Er ist, wie
ir alle wissen, überlastet: allein 14 300 anhängige Ver-
hren aus Russland. Deswegen danke ich unserer Jus-
zministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sehr
r ihre aktive Rolle im Reformprozess; denn es ist ganz
ichtig, dass sich der EGMR den schwerwiegenden,
ringenden Fällen widmen kann und nicht vor Überlas-
ng zusammenbricht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nun zum Internationalen Strafgerichtshof. Auch da
at es eine große Verbesserung, eine große Neuerung ge-
eben: Es wurde eine Strafbarkeitslücke geschlossen.
as ist ein Meilenstein, der dank des Engagements der
undesregierung und insbesondere von Markus Löning
eglückt ist. Wir konnten jetzt einen neuen Straftatbe-
tand aufnehmen: Crime of Aggression. Er ist definiert
orden und ist nun Bestandteil der internationalen Völ-
erstrafgerichtsbarkeit. Das ist wirklich ein großer Fort-
chritt, der in den Medien kaum Niederschlag gefunden
at. Deswegen ist es so wichtig, dass wir es hier und
eute erwähnen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Menschen-
chtsausschuss war im Mai dieses Jahres im Kongo.
ir haben im Ostkongo ehemalige Kindersoldaten ge-

offen. Wir hatten mit ihnen ein Gespräch, das uns allen
nter die Haut ging. Wir wissen, dass gerade Kinder die
auptleidtragenden in internationalen Konflikten und
riegen sind. Deswegen freut es mich sehr, dass es Au-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17639

Marina Schuster


(A) )


)(B)

ßenminister Westerwelle gelungen ist, im Juli bei den
Vereinten Nationen eine Resolution zum Schutz von
Kindern in bewaffneten Konflikten durchzubringen.
Jetzt werden Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser
international geächtet. Das ist ein weiterer Schritt, damit
Kinder besser geschützt werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Engagement
der Bundesregierung ist vielfältig. Ich möchte Markus
Löning, den Menschenrechtsbeauftragten der Bundes-
regierung, noch einmal explizit erwähnen, der sich ins-
besondere dem Kampf gegen die Todesstrafe verschrie-
ben hat. Er hat dazu auch eine Reise in die USA
durchgeführt. Wir wissen, dass in den USA, im Iran, in
China und Belarus nach wie vor die Todesstrafe voll-
streckt wird und dass es sogar Länder gibt, die die To-
desstrafe neu einführen wollen, zum Beispiel Uganda,
wo es eine Gesetzesinitiative gab, die für Homosexuali-
tät die Todesstrafe vorgesehen hat. Ich will ganz klar sa-
gen: Das werden wir nicht hinnehmen. Wir werden das
auch nicht in dem Fall hinnehmen, dass dieser Gesetz-
entwurf in Uganda noch einmal eingebracht werden
sollte. Hier gibt es eine klare Antwort: Das ist mit uns
nicht zu machen; die Todesstrafe gehört abgeschafft.


(Beifall im ganzen Hause)


Leider ist es nicht nur in Uganda ein Problem: Auch
in Nigeria, in Russland und in vielen anderen Ländern
gibt es neue diskriminierende Gesetze gegen Homosexu-
elle. Deswegen ist es wichtig, dass wir das bei unseren
Gesprächen vor Ort, aber auch dass unsere Botschaften
das ansprechen.

Ich danke ganz herzlich allen, die sich dafür engagie-
ren. Wir haben noch viel vor uns. Der Kampf für Men-
schenrechte erfordert das Engagement aller. Ich danke
der Bundesregierung sehr herzlich für ihren Neunten Be-
richt und für ihre Arbeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. h. c. Gernot Erler [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1714712600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Angelika Graf von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1714712700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

werde die heutige Debatte über den Neunten Bericht der
Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik nut-
zen, um insbesondere auf die Situation von Menschen-
rechtsverteidigern hinzuweisen. Ich wähle dieses
Thema, weil Menschenrechtsverteidiger diejenigen sind,
die für ihre Ideale, nämlich Menschenrechte und Demo-
kratie, kämpfen und sich dabei den größten Gefahren für
Leib und Leben aussetzen. Viele der Demonstranten auf
dem Tahrir-Platz in Kairo oder in den Straßen von Homs
oder Damaskus gehören genauso dazu wie die promi-

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(C (D enten Menschenrechtsaktivisten, über die wir in den edien hin und wieder Berichte sehen. Sie alle verdie en unsere Aufmerksamkeit, unsere Unterstützung und nseren Schutz. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Weltweit haben die staatlichen Übergriffe auf Men-
chenrechtsverteidiger zugenommen; das dokumentiert
uman Rights Watch sehr deutlich. Autokratische und
iktatorische Staaten agieren dabei so umfangreich wie
rausam. Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan sind
taaten, in denen es kaum Menschenrechtsaktivisten
ibt, weil diese Staaten so grausam gegen sie vorgehen.
Tschetschenien hat der bewaffnete Konflikt zwar an
tensität abgenommen, aber Rechtsanwälte, Journalis-
n und Aktivisten werden nach wie vor reihenweise be-
roht. China, Iran und Sudan verbieten regelmäßig Men-
chenrechtsorganisationen und verhängen massenhaft
erufsverbote für Anwälte. Malaysia, Aserbaidschan
nd Usbekistan verleumden und inszenieren Strafanzei-
en gegen Menschenrechtsaktivisten. Ich werde später
och auf einen Fall eingehen.

Die SPD hat im März 2010 einen eigenen Antrag ein-
ebracht, mit dem wir die Mechanismen zum Schutz von
enschenrechtsverteidigern in der EU weiterentwickeln
ollten. Wir haben gefordert, dass gefährdete Men-

chenrechtsverteidiger in der EU Schutz finden sollen.
eider ist unser Antrag abgelehnt worden. Ich denke, wir
üssen noch mehr – das ist eine Aufforderung an die
undesregierung – an der Implementierung der EU-Leit-
nien zum Schutz von Menschenrechten arbeiten. Re-
elmäßige Treffen mit Menschenrechtsaktivisten und
erichte sind notwendig, aber sie sind nicht hinreichend.
erade in diesem Bereich könnte und müsste man sehr
iel mehr tun; denn die Diktatoren und Autokraten die-
er Welt müssen von uns die klare Botschaft bekommen:
r dürft eure Bürger und Aktivisten nicht verfolgen,

ergewaltigen, foltern oder töten. Wer sich für Men-
chenrechte und Demokratie engagiert, bekommt unsere
uropäische Rückendeckung.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Schutz von Menschenrechtsverteidigern muss zu
iner wichtigen Säule unserer Außenpolitik werden. Wir
rnen derzeit schmerzlich, dass militärische Interventio-
en, Staatenbau am Reißbrett oder das Abhalten von
ahlen in Gesellschaften nicht ad hoc zur Demokratie
hrt. Das muss von innen heraus geschehen. Der Schutz

on Menschenrechtsverteidigern schafft einen gesell-
chaftlichen Raum für den nachhaltigen Aufbau von De-
okratien.

Ich will aus gegebenem Anlass auf zwei Menschen-
chtsaktivisten besonders eingehen, deren Fälle mich in

er letzten Zeit massiv beschäftigt haben. Der erste ist
nwar Ibrahim. Er ist der Oppositionsführer in Malay-

ia. Ich hatte gerade seinen Assistenten Najwan Halimi
ber die Vermittlung des Instituts für Auslandsbeziehun-
en zur Hospitation in meinem Büro.

17640 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Angelika Graf (Rosenheim)



(A) )


)(B)

Anwar Ibrahim wurde bereits mehrmals wegen an-
geblicher Vergehen angeklagt und hat auch schon eine
sechsjährige Haftstrafe verbüßt. Er organisiert die Op-
position in Malaysia und wird nun pünktlich vor den an-
stehenden Parlamentswahlen wegen abstruser Vorwürfe
– Sodomie steht im Raum – erneut angeklagt. Ich bin
sehr dankbar, dass ich mit Unterstützung des Bundes-
tagsprogramms „Parlamentarier schützen Parlamenta-
rier“ für ihn Aktionen auf den Weg bringen konnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich empfehle Ihnen
dieses Programm sehr.


(Beifall im ganzen Hause)


Der zweite Fall, auf den ich hinweisen möchte, ist
Ales Bialiatski. Er ist Vorsitzender des belarussischen
Menschenrechtszentrums Viasna und Vizepräsident der
International Federation for Human Rights. Er wurde ge-
rade zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Beobachter
sehen darin ein politisches Urteil zur Schädigung seiner
Menschenrechtsarbeit. Wer ihn, so wie ich, unterstützen
möchte, der kann sich an die Nichtregierungsorganisation
Libereco wenden. Dort ist man für jedes Engagement
dankbar.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zum Schluss unserer Debatte habe ich ein Anliegen.
Aufgrund unseres Engagements in Afghanistan sind
viele langjährig in Deutschland lebende Afghanen, die
einen eigenen Aufenthaltstitel hatten, in ihre alte Heimat
zurückgekehrt. Sie haben ihren Aufenthaltstitel in
Deutschland aufgegeben und helfen beim Wiederaufbau.
Ich habe nun die Befürchtung, dass sie, wenn sich die Si-
cherheitssituation dort verschlechtert, was verhütet wer-
den möge, keinen neuen Aufenthaltstitel in Deutschland
bekommen. Die Bundesregierung hat mir mitgeteilt, es
wäre unnötig, Rückkehroptionen vorzubereiten. Ich
frage mich: Wem helfen wir damit? Ist es nicht wichtig,
dass diese Menschen Sicherheit haben in ihrem Leben
und Anerkennung finden für das, was sie getan haben?

Ich fasse zusammen: Ich wünsche mir mehr Schutz
von Menschenrechtsverteidigern, mehr Schutz von Men-
schenhandelsopfern – vorgestern haben wir im Men-
schenrechtsausschuss eine Anhörung zu diesem Thema
durchgeführt –, eine Harmonisierung des EU-Asyl-
rechts, die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundge-
setz und die umfangreiche Umsetzung der UN-Behin-
dertenrechtskonvention. All das sind Punkte, die mit
dem Thema Menschenrechte zu tun haben. Wir haben
ein weites Feld vor uns. Wir sollten weiterhin alle mitei-
nander und jeder auf seine Weise daran arbeiten.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714712800

Das Wort hat nun Michael Brand für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich öchte beginnen mit einem schwer auszusprechenden amen und einer wirklich guten Nachricht für die Men chenrechte auf diesem Globus: Die Friedensnobelpreisägerin Aung San Suu Kyi ist frei. Sie ist die Hoffnung res Landes. Sie hat gestern Hillary Clinton beim ersten esuch einer amerikanischen Außenministerin seit 0 Jahren in ihrem Land dafür gedankt, dass die USA nd die freie Welt sich so nachhaltig und dauerhaft für reiheit und Menschenrechte in ihrem Land eingesetzt aben. Sie hat diese Entwicklung zu Recht als historisch ezeichnet. Wir alle, auch wir hier im Deutschen Bundestag, haen gemeinsam mit Aktivisten auf der ganzen Welt über 0 Jahre hinweg nicht lockergelassen. Amnesty Internaonal, die Internationale Gesellschaft für Menschenchte und internationale Künstler wie die Rockband U2 aben über Jahre hinweg immer wieder für die Freiheit ieser Frau und dieses Landes gekämpft. Wir haben geeinsam einen Sieg für die Menschenrechte erreicht. An diesem wie an anderen Fortschritten war auch uner Land bilateral, aber auch auf der EUund der UNbene stark beteiligt. Wir haben in der Bundesrepublik eutschland eine gefestigte Tradition aktiver Menschenchtspolitik, die bei allen Unterschieden von allen Tein des Deutschen Bundestages mitgetragen wird. Aufrund der heute stattfindenden Debatte über den orliegenden Menschenrechtsbericht will ich mitteilen – h bekenne mich dazu –, dass es in den Beratungen neen der kritischen Erörterung viel Anerkennung für Fortchritte im Bericht wie bei der Menschenrechtspolitik er Bundesregierung gab. Ohnehin will ich hier feststellen: Es zeichnet dieses and und dieses Parlament aus, dass wir bei der Verteiigung der Menschenrechte immer wieder Gemeinsameiten über Parteigrenzen hinweg suchen. Wir kämpfen ier nicht gegeneinander, sondern miteinander für die enschenrechte. (Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Inschallah! – Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Genau!)

Michael Brand (CDU):
Rede ID: ID1714712900

s ist deshalb nur folgerichtig, wenn ich hier für die spä-
re Abstimmung konkret empfehle, Herr Kollege
oenigs, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für
enschenrechte und Humanitäre Hilfe zuzustimmen.

ine Debatte zur Lage der Menschenrechte darf nie
elbstzufrieden geführt werden. Im Gegenteil: Es war
nd bleibt unsere Aufgabe, gemeinsam mit der Bundes-
gierung und der Zivilgesellschaft auf Menschenrechts-

erletzungen und auf Verfolgung hinzuweisen.

Ich möchte für die Unionsfraktion aus den vielen
hemen einige herausgreifen, die unsere besondere Auf-
erksamkeit erfordern. Dabei ist klar, dass es sich hier

ur um eine Auswahl handeln kann; denn der Bericht der
undesregierung stellt zu Recht den Schutz der Men-

chenrechte als Querschnittsaufgabe über alle Politik-
ereiche dar.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17641

Michael Brand


(A) )


)(B)

Wir haben als eines der Ziele im Kampf für die Men-
schenrechte den Kampf gegen die Todesstrafe. Das gilt
vor allem mit Blick auf China, das nicht nur Exportwelt-
meister ist, sondern leider auch das Land mit den welt-
weit meisten Hinrichtungen; nicht selten sind davon
auch korrupte Funktionäre betroffen. Wir rufen China
dazu auf, mehr Demokratie und mehr Menschenrechte
zu wagen. Eine große Kulturnation wie China kann auf
Dauer nicht Erfolg haben, wenn die eigenen Kräfte von
der Einparteiendiktatur eingesperrt werden. So rufen wir
auch heute die chinesische Führung zu einem souverä-
nen Umgang mit den Menschenrechten und zu weniger
Angst vor dem großen chinesischen Volk auf. Wir appel-
lieren auch an China, den Friedensnobelpreisträger und
Schriftsteller Liu Xiaobo freizulassen.

Ein zentrales Anliegen der deutschen wie europäi-
schen Menschenrechtspolitik ist die Religionsfreiheit.
Mein Kollege Klimke wird dazu später noch einiges aus-
führen. Es bleibt ein wichtiges Anliegen, dass der UN-
Charta in allen Ländern Geltung verschafft wird, in der
es heißt, dass niemand wegen seiner religiösen Haltung
diskriminiert werden darf.


(Beifall des Abg. Pascal Kober [FDP])


Wir mahnen dies bei uns selbst an: Wir verteidigen die
Freiheit der Religionen, auch der Religionen der Min-
derheiten, in unserem Land sehr aktiv. Umso mehr for-
dern wir, dass in China, in Kuba, in Afghanistan, in
Indien und auch in den arabischen Ländern die Men-
schenrechte gerade bei religiösen Minderheiten geachtet
werden.

Die meisten Weltreligionen predigen Verständnis und
nicht Vernichtung. Wer Andersgläubige ermordet, nur
weil sie Gläubige sind, geht zurück in die Steinzeit. Wer
Andersgläubige unter Druck setzt, sie still oder aktiv un-
terdrückt, verletzt die UN-Charta in einem zentralen
Punkt. Wir beobachten weiterhin kritisch, wie Toleranz
im Alltag der Gläubigen konkret aussieht. Das betrifft
im Übrigen auch die Länder in unserer unmittelbaren
Nachbarschaft, von der Türkei über die nordafrikani-
schen Staaten bis hin zu Ägypten und anderen islamisch
geprägten Ländern. Die Achtung vor Gott – das sage ich
als gläubiger Christ – schließt die Missachtung der Men-
schen aus. Die Bundesregierung bleibt aufgefordert, hier
nachdrücklich am Ball zu bleiben.

Konkret möchte ich in diesem Zusammenhang das
Kloster Mor Gabriel in der Türkei nennen, dessen kleine
christliche Gruppe sich seit Jahren gegen Diskriminie-
rung, auch vonseiten staatlicher Stellen, wehren muss.
Der manches Mal überselbstbewusste türkische Minis-
terpräsident Erdoğan gibt gerne Ratschläge an Partner-
länder. Wir raten ihm, seinen eigenen Ansprüchen ge-
recht zu werden und die Religionsfreiheit in seinem
Land zu fördern, statt sie einzuschränken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wohin Intoleranz und Hass führen können, darüber
haben wir in dieser Woche in diesem Hohen Haus disku-
tiert. Ich spreche nicht nur von den innenpolitischen De-
batten über den blinden Hass von Rechtsextremisten.

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(C (D Ich spreche auch über die Entwicklung auf dem Balan. Manches Mal diskutieren wir über die Folgen des rößten Krieges in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg o, als sei die Gefahr schon vorbei. Aus eigener Anchauung kann ich davor nur warnen. Natürlich ist die U-Perspektive wichtig. Die Hilfe für die Reformen der änder auf dem Westbalkan ist ein wichtiger Beitrag für rieden und Stabilität in Europa. Insbesondere für Bosnien-Herzegowina ist mit dem ayton-Vertrag eine Ordnung festgeschrieben worden, ie Minderheitenrechte kleinund Machtverhältnisse roßschreibt. Der Europäische Gerichtshof für Menchenrechte hat die Diskriminierung von Roma und Juen durch diese auch von Deutschland mitverhandelte rdnung in einem viel beachteten Urteil gerügt und Änerungen verlangt. Wer die zweite Bestrafung der Opfer durch die alltägche Diskriminierung nicht will, wer eine latente Eskation der Spannungen auf dem Balkan, und zwar nicht ur im Kosovo, verhindern will, der muss sich mit dieser rage befassen. Auch hier gilt: Wer zu spät handelt oder u wenig tut, der wird mit einer weiteren Bedrohung der uropäischen Stabilität bestraft. Ich möchte ein Thema herausgreifen, das mich perönlich vor wenigen Wochen schockiert hat. Die Katatrophe in Somalia ist wirklich eine Katastrophe biblichen Ausmaßes. Man kann über die Folgen des Klimawandels diskueren, man muss über die Unterentwicklung sprechen. an muss sicher auch die lange Zeit fehlenden Ansätze r eine Förderung kleinteiliger Landwirtschaft bekla en; hier wurde nun von Minister Niebel Gott sei Dank assiv umgesteuert. Aber das Elend in dem größten lüchtlingslager in Dadaab hat mir im wahrsten Sinne es Wortes die Sprache verschlagen, das muss ich ganz ersönlich sagen. Diesen hilflosen und völlig ausgemerelten Kindern und ihren Familien teils nur noch beim eiden zusehen zu müssen, war wirklich schlimm. Es aren nicht nur die Kinder, die vor Hunger geschrien haen, sondern ganz besonders erschüttern die Kinder, die or Hunger nicht mehr schreien konnten. Nun hilft es nicht, nur zu klagen. Wir haben natürlich uch geholfen und weitere Mittel bereitgestellt, um diese umanitäre Katastrophe zumindest abzumildern. Denoch wird das alleine nicht reichen. Nach meiner Rückehr haben wir im Ausschuss für Menschenrechte und umanitäre Hilfe eine Anhörung der Hilfsorganisatioen durchgeführt, in der klar die dramatische Lage in omalia selbst beschrieben wurde. Wir alle wissen, dass s keine einfachen Lösungen gibt, aber wir müssen mehr ege gehen, als nur auf die Öffnung der Zubringer nach ogadischu zu hoffen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen letzten Appell rlaube ich mir in diesem Zusammenhang, hoffentlich Namen von uns allen im Deutschen Bundestag. Die ilfsorganisationen leisten einen Dienst der Menschlicheit und der Nothilfe. Davon konnte ich mich – wie viele ndere in diesem Haus, der Menschenrechtsausschuss Besonderen – vor Ort überzeugen. Ich möchte von 17642 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 Michael Brand )


(A) )

dieser Stelle noch einmal eindringlich an die Menschen
in unserem Land appellieren: Helfen Sie denen, die den
Menschen in Not helfen! Öffnen Sie nicht nur vor dem
christlichen Weihnachtsfest das Herz für die Mitmen-
schen in der Not! Spenden Sie! Jeder Euro hilft Men-
schen, die sich in allergrößter Not befinden und vom
Tode bedroht sind. Ich wünsche mir sehr, dass wir den
unschuldigen Opfern dieser Kriege auch als Bürgerinnen
und Bürger unseres Landes mit ein wenig Einsatz helfen
können und das Überleben ermöglichen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714713000

Das Wort hat nun Annette Groth für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714713100

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie

kann ich eine Regierung ernst nehmen, die behauptet,
der Schutz der Menschenrechte sei eine alles staatliche
Handeln umfassende Querschnittsaufgabe, die aber tat-
sächlich eine Politik macht, in der sie häufig eigene Inte-
ressen auf Kosten der Menschenrechte anderer verfolgt?

Ziel der westlichen Politik in der arabischen Welt ist
zum Beispiel nach wie vor die Sicherung wirtschaftli-
cher und politischer Einflusszonen. Samir Amin, einer
der bedeutendsten arabischen Intellektuellen, schreibt
dazu:

Die Vereinigten Staaten und Europa wollen in der
arabischen Welt wiederholen, was in Mali, auf den
Philippinen und in Indonesien passiert ist: Alles
verändern, um nichts zu ändern. Nachdem die
Volksbewegungen in diesen Ländern ihre Diktato-
ren gestürzt hatten, haben die imperialistischen
Mächte alles daran gesetzt, dass ihre grundlegenden
Interessen im Bereich des Neoliberalismus und der
Außenpolitik durch die eingesetzten Regierungen
geschützt werden.

Nehmen wir nur das Beispiel der Lieferungen von
Waffen und Überwachungstechnologien. Im Jahr 2010
wurden mehr Waffen als je zuvor von Deutschland ex-
portiert. Das ist ein Skandal. Darum fordern wir ein um-
fassendes Exportverbot von Waffen.


(Beifall bei der LINKEN)


„Mit Waffen ‚Made in the West‘ bringen Sie uns um!
Bitte macht das öffentlich!“ Dieser Hilferuf einer jungen
ägyptischen Aktivistin, der uns kürzlich erreichte, unter-
streicht unsere Forderung. Am 28. November 2011 ha-
ben sich Hafenarbeiter in Suez geweigert, eine Ladung
mit 7,5 Tonnen Tränengas aus den USA zu löschen. Ins-
gesamt hat Ägypten in dieser Woche 21 Tonnen Tränen-
gas erwartet.

Sie, meine Damen und Herren der Regierungskoali-
tion, reden häufig über die Unterstützung der Protestbe-
wegung und liefern trotzdem gleichzeitig Panzer nach

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(C (D audi-Arabien, die dann bei der nächsten gewaltsamen iederschlagung von Protesten eingesetzt werden. So ine Politik ist nur scheinheilig. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass die USirma Blue Coat in Syrien im Einsatz ist. Mit den Gerän von Blue Coat hat das Assad-Regime das Internet ensiert und überwacht, um gegen die Opposition vorzuehen. Eine Schande! Wie Frau Graf möchte auch ich einige Worte zu den enschenrechtsverteidigern sagen. Noch immer gibt es eine verbindlichen Vorgaben und Mechanismen, nach enen unsere Botschaften vor Ort zum Schutz von Menchenrechtlern beitragen müssen. Noch immer hängt es on den persönlichen Neigungen der Botschafter und otschafterinnen ab, ob sie die EU-Leitlinien wirklich msetzen. Daher fordert die Linke eine effiziente Koorinierung, Anleitung und Evaluierung durch das Ausärtige Amt sowie eine entsprechende personelle und achliche Ausstattung der Vertretungen vor Ort. In ihrem Bericht betont die Bundesregierung, dass ihr ie Verhinderung der Straflosigkeit für schwere Völkerchtsverbrechen ein wichtiges Anliegen sei. Bislang üssen sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof je och fast nur afrikanische Machthaber verantworten. Wo ind die Anklagen wegen Kriegsverbrechen in Afghanisn, im Irak oder in Gaza? Wo ist die Bundesregierung, enn es darum geht, die Empfehlungen des Goldstoneerichts an den Internationalen Strafgerichtshof zu übereisen und die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen Gaza-Krieg zur Rechenschaft zu ziehen? Der Interna onale Strafgerichtshof kann nur dann ein glaubwürdier Ort der Gerechtigkeit werden, wenn der Kampf geen Straflosigkeit nicht ein selektives Machtinstrument es Westens bleibt. Menschenrechtliche Standards und soziale Absichengsstrukturen werden in vielen Ländern durch Frei andelsabkommen mit Entwicklungsund Schwellenndern untergraben. Was ich in Ihrem Bericht vermisse, t eine selbstkritische Bestandsaufnahme der deutschen andelspolitik und ihre fatalen Auswirkungen auf die echte der Menschen in den Staaten des Südens. Deutsche und europäische Unternehmen waren und ind noch stets an Menschenrechtsverletzungen beteiligt, um Beispiel ThyssenKrupp in Brasilien, Triumph in angladesch oder Daimler in Südafrika, um nur einige u nennen. Auch diese Problematik blendet der Bericht öllig aus. Im nächsten Menschenrechtsbericht muss die undesregierung zu den Menschenrechtsverletzungen urch deutsche Unternehmen im Ausland Stellung nehen und begründen, mit welchen Mitteln und Instruenten sie diese an die Einhaltung menschenrechtlicher tandards binden will. Solange Sie Doppelstandards anwenden und lediglich igene Interessen verfolgen, kann ich die Menschenchtspolitik der Bundesregierung nicht wirklich ernst Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17643 Annette Groth )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(A) )

nehmen. Erst wenn uns das Schicksal der Kinder in
Bahrain, in Ägypten, in Ostafrika – Sie haben es gerade
angesprochen – und überall auf der Welt so am Herzen
liegt, als wären es unsere eigenen Kinder, machen wir
eine echte und glaubwürdige Menschenrechtspolitik.
Setzen wir uns dafür alle ein!

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714713200

Das Wort hat nun Tom Koenigs für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1714713300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der neunte Menschenrechtsbericht der Bundes-
regierung hat viele gute Seiten. Er ist eingeteilt in einen
Teil A, der sich mit Deutschland und der Europäischen
Gemeinschaft befasst, und die Teile B und C, die sich
mit den übrigen Ländern befassen.

Wenn man sich die Teile B und C wirklich durchliest,
dann kommt man zu einer Erkenntnis: Die Menschen-
rechte kommen überall da voran und werden entspre-
chend beachtet und gefördert, wo es starke Menschen-
rechtsinstitutionen gibt. Das sind Institutionen der
Zivilgesellschaft, Institutionen des Staates und halbstaat-
liche Organisationen wie die Ombudsleute für Men-
schenrechte, die Procuradores de Derechos Humanos,
oder die unabhängige Menschenrechtskommission in
Afghanistan. Das ist eine Erkenntnis, die sich durch den
gesamten Bericht zieht.

Wenn man vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis
den Blick auf Deutschland richtet, dann scheint es so, als
ginge es hier gerade darum, die Einrichtungen des Men-
schenrechtsschutzes eher schwach zu halten. Das ist
doch inkonsistent, sowohl menschenrechtlich als auch
außenpolitisch. Das ist Doppelmoral. Ich nenne Ihnen
hierzu zwei Beispiele:

Erstens. Erst in der letzten Woche hat die Bundesre-
gierung die Mittel der Antidiskriminierungsstelle des
Bundes gekürzt. Das hat spürbare Konsequenzen. Es
fehlt an Geld für bundesweite Aufklärungskampagnen
und wissenschaftliche Untersuchungen. Das ist ein Af-
front gegen das Gleichbehandlungsgesetz. Manchmal
hat man das Gefühl, dass Sie das auch wollen; denn Sie
haben das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ja lange
bekämpft. Die Diskriminierungsstelle wird ihre wichti-
gen gesellschaftspolitischen Aufgaben nur schwer erfül-
len können: Aufbau, Stärkung und Schutz einer offenen,
diskriminierungsfreien Gesellschaft.

Zweitens. Die Bundesstelle zur Verhütung von Folter
muss über 300 Gefängnisse und Haftanstalten regelmä-
ßig überprüfen. Diese Mammutaufgabe sollen ein einzi-
ger ehrenamtlicher Leiter und drei wissenschaftliche
Mitarbeiter erfüllen? In ihrem Jahresbericht 2010 kriti-
sierte diese Institution zu Recht, dass sie ihre Aufgaben
nur ansatzweise erfüllen konnte. Wie würden wir mit ei-
ner solchen Situation umgehen, wenn sie in einem der
beobachteten Länder so wäre? Mit dieser Personalaus-

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(C (D tattung auszukommen, so sagt die Bundesstelle, ist eine lusionäre Forderung. Auch der UN-Ausschuss gegen olter hat in diesem Monat in seinem abschließenden ericht gefordert, die Bundesstelle personell und finaniell besser auszustatten. Das ist eine Kritik, die von auen kommt. Sie wird in diesem Bericht ehrlicherweise rwähnt. Aber gehandelt haben Sie nicht. Dabei wäre ies eigentlich der Moment, zu handeln. Ganz ähnlich sieht es bei der Umsetzung der internaonalen Konventionen aus. In der Anhörung, die die ollegin Graf erwähnt hat, hat eine frühere österreichi che Ministerin gesagt: Oft macht man es so, dass man ie Konventionen ratifiziert und dann sagt, es passt, man raucht nichts weiter zu ändern. – So wurde endlich der orbehalt zur UN-Kinderrechtskonvention zurückgeommen. Gleichzeitig hat man aber gesagt: Es besteht einerlei gesetzlicher Handlungsbedarf. – Die Konseuenz: Flüchtlingskinder werden in Asylverfahren weirhin wie Erwachsene behandelt. Das widerspricht dem indeswohl und der UN-Kinderrechtskonvention. Kiner sollten nicht in Haft genommen werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wenn wir vor unserer eigenen Haustür nicht mit dem
leichen Maß messen wie in der weiten Welt, dann wirft
ns die weite Welt ganz zu Recht Doppelmoral vor. Da
rauchen wir gar nicht bis nach Guantánamo zu schauen,
ondern können schon bei uns selber sehen: Das geht so
icht. Wir müssen dieselben Standards haben. Sonst sind
ie guten Ratschläge, die wir anderen geben, wirkungs-
s und lächerlich.

Noch ein letzter Satz zu der großen Gemeinsamkeit,
ie Herr Brand angesprochen hat. Dieser Bericht hat viele
ute Seiten. Ich freue mich auch, dass es viele Gemein-
amkeiten gibt. Ich bedaure aber, dass sich diese Gemein-
amkeiten im Ausschuss fast nie realisieren lassen. Es
ibt zwar Gemeinsamkeiten; aber wenn es um die parla-
entarische Umsetzung geht, stockt es. Gibt es in der
DU/CSU-Fraktion vielleicht einige Spoiler – oder sollte
h besser sagen: Spoilerinnen –, die diesen Friedenspro-

ess behindern?

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714713400

Das Wort hat nun Pascal Kober für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1714713500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Kollege Tom Koenigs, auch Sie können irren. Es
t beileibe nicht so, dass wir nach außen Wasser predi-
en und nach innen Wein trinken, dass wir also in der in-
rnationalen Menschenrechtspolitik Forderungen auf-

tellen, aber untätig bleiben. Ich will Ihnen gerne ein
aar Beispiele nennen.

17644 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Pascal Kober


(A) )


)(B)

Die Kinder haben für diese Bundesregierung höchste
Priorität. Wir haben deshalb im Juli 2010 die Vorbehalts-
erklärung zur UN-Kinderrechtskonvention zurückge-
nommen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Dies war ein wichtiger Schritt für die Einhaltung der
Kinderrechte in Deutschland. In der Folge ist das Wohl
eines Kindes nun bei allen behördlichen und privaten
Maßnahmen vorrangig zu berücksichtigen. Sämtliche
deutsche Behörden und Gerichte sind in der Pflicht, dem
Vorrang des Kindeswohls Geltung zu verschaffen, indem
sie ihre Entscheidungspraxis an den Erfordernissen der
Kinderrechtskonvention ausrichten. Darüber hinaus ha-
ben wir als Regierungskoalition klargestellt, dass Kin-
derlärm nicht als schädliche Umwelteinwirkung anzuse-
hen ist, und haben damit faktisch den Lebensraum und
den Entfaltungsraum der Kinder in unserem Land ver-
größert.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir haben den Kindern aus sozial schwächer gestell-
ten Familien mit der Einführung des Bildungs- und Teil-
habepakets bessere Entwicklungs-, Bildungs- und ge-
sellschaftliche Teilhabechancen eröffnet. Wir haben im
Bereich des Internets das Prinzip „Löschen statt sperren“
durchgesetzt. Damit wird in Zukunft nicht nur der Zu-
griff auf kinderpornografische Internetseiten erschwert,
sondern es werden auch die Persönlichkeitsrechte der
Kinder und das Kindeswohl geschützt, und zwar da-
durch, dass die Bilder dieser grausamen Straftaten in Zu-
kunft aus dem Netz verschwinden werden.

Wir haben den Schul- und den Kindergartenbesuch
für Kinder von Zuwanderern ohne Aufenthaltsstatus er-
möglicht, indem wir Meldepflichten gelockert haben.

Wir haben einen eigenständigen Straftatbestand zur
Bekämpfung von Zwangsheirat geschaffen. Wir zeigen
mit dem Gesetz einerseits klare Kante gegenüber den
Tätern, andererseits gibt das eigenständige Rückkehr-
recht für die Opfer von Zwangsheirat diesen Menschen
eine Perspektive in unserem Land, da ihr Recht auf Wie-
derkehr nun unabhängig davon, ob sie ihren Lebensun-
terhalt in Deutschland sichern können, zur Anwendung
kommen kann.

Dass uns sowohl der Opferschutz als auch die Rechte
von Kindern wichtige Anliegen sind, hat diese Koalition
auch demonstriert, indem sie die Rechte von Opfern in
Ermittlungs- und Strafverfahren gestärkt hat. Damit wer-
den auch die entsprechenden Empfehlungen aus dem
Zwischenbericht des Runden Tisches gegen sexuellen
Kindesmissbrauch umgesetzt.

Die vorgesehenen Maßnahmen in Ermittlungs- und
Strafverfahren sollen dem schwer traumatisierten Opfer
das Verfahren gegen den Straftäter erleichtern, beispiels-
weise durch die Vermeidung von Mehrfachvernehmun-
gen, durch verbesserte Verfahrensrechte, durch den An-
spruch auf kostenlose juristische Beratung und durch die
Möglichkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit.

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(C (D Auch die sexuelle Selbstbestimmung ist ein Menchenrecht. Dazu gehört nicht nur der Abbau von Vorurilen, sondern auch die gleichberechtigte rechtliche ehandlung unterschiedlicher partnerschaftlicher Leensentwürfe. us dieser Grundüberzeugung heraus haben wir in dieer Koalition die Gleichstellung von gleichgeschlechtlihen Lebenspartnerschaften weiter vorangetrieben. So aben wir sie bei der Erbschaftsteuer, der Grunderwerbteuer, dem BAföG und bei Beamten-, Richterund Solatenrecht der Ehe gleichgestellt. Um unser Wissen über die Wurzeln von Homophobie nd Diskriminierung gleichgeschlechtlich liebender Menchen zu erweitern und der Diskriminierung entgegenirken zu können, haben wir dieses Jahr die Magnusirschfeld-Stiftung auf den Weg gebracht. Erst vorgestern haben wir im Ausschuss über das hema Menschenhandel gesprochen. Es geht um einen traftatbestand. Ich möchte darauf aufmerksam machen, ass der Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung on Arbeitskraft in den letzten Jahren auch in Deutschnd zugenommen hat. Wir bringen derzeit die Ratifizieng des Übereinkommens des Europarats zur Bekämpng des Menschenhandels voran. Den entsprechenden esetzentwurf haben wir im Oktober hier im Plenum beten, und er wird nun im federführenden Familienaus chuss eingehend bearbeitet. Mit diesem Übereinkommen werden nicht nur die Voussetzungen für eine engere europäische Zusammenar eit zur Bekämpfung des Menschenhandels geschaffen, ondern es enthält auch eine Angleichung der Straftatbetände und Vorschriften zur effizienten Strafverfolgung owie zum Schutz von Opfern und Zeugen. Damit weren wir der organisierten Menschenhandelskriminalität uch in Deutschland besser begegnen können. Lieber Tom Koenigs, ich hätte mich gefreut, wenn Sie Ihrer Rede auch dafür ein anerkennendes Wort gefun en hätten. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Vielen ank. Das Wort hat nun Ullrich Meßmer für die SPD-Frak on. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es t richtig: Mit dem neunten Menschenrechtsbericht wuren Schwerpunkte gesetzt. Diese Schwerpunkte sind siherlich auch regierungszeitenübergreifend. Ich will hier sbesondere drei große Schwerpunkte nennen, nämlich rstens die Rechte von Frauen und Mädchen – hier geht s insbesondere auch um die Zwangsverheiratung –, weitens die Bekämpfung von Kinderpornografie und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17645 Ullrich Meßmer )


(Beifall des Abg. Jürgen Klimke [CDU/CSU])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714713600

(Beifall bei der SPD)

Ullrich Meßmer (SPD):
Rede ID: ID1714713700

(A) )

die Ausbeutung von Kindern – dazu ist hier schon eini-
ges gesagt worden, auch aus der Anhörung, die wir dazu
durchgeführt haben – und drittens die Anerkennung des
Menschenrechts auf Trinkwasser und Sanitärversorgung,
weshalb ich hier auch ein bisschen auf die Zeit eingehe,
in der ich das Ganze verfolgen konnte.

Vor allen Dingen wird mit dem Bericht klargestellt,
dass die Menschenrechte unteilbar sind und einen Quer-
schnittscharakter für alle Bereiche der Politik und des
politischen Handelns haben. Albert Einstein hat dies et-
was pathetischer ausgedrückt, aber ich finde, dieser Satz
ist noch immer richtig. Er sagte:

Ein Großteil der Geschichte ist erfüllt vom Kampf
um die Menschenrechte, einem ewigen Streit, bei
dem niemals ein endgültiger Sieg zu erringen ist.
Aber in diesem Kampf zu ermüden, würde den Un-
tergang der Gesellschaft bedeuten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich denke, er hat hier sehr recht.

In diesem Zusammenhang sage ich: In Bezug auf
Menschenrechte ist kein Stillstand zu dulden. Kollege
Kober, bei aller Anerkennung: Wir müssen also weiter-
machen und uns weiterentwickeln. Deshalb ist es richtig
und notwendig, auf Dinge hinzuweisen, die wir noch be-
handeln müssen. Ich denke, diese Punkte sollten wir zum
Anlass nehmen, einen kritischen Diskurs zu führen.

Menschenrechte dulden kein Verharren im Status quo.
Es ist erfreulich, wenn es Verbesserungen gibt. Am Bei-
spiel der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Rechte – kurz: WSK-Rechte –, die von den Vereinten
Nationen eingefordert werden, wird dies deutlich. Diese
Rechte schützen elementare Bereiche des Lebens wie
Ernährung, Gesundheit, Bildung und Arbeit. Zugleich
enthalten sie den Anspruch auf Gleichberechtigung, also
einen Schutz vor Diskriminierung jeglicher Art. Mit
Blick auf die vorherige Debatte zum Girokonto sage ich:
Wir müssen aufpassen, dass auch bei uns Menschen
nicht diskriminiert werden, nur weil sie keinen Zugang
zu technischen Möglichkeiten haben, die heute selbst-
verständlich sind. Auch über dieses Problem müssen wir
bei uns weiterhin diskutieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Umsetzung der Menschenrechte trägt also zur
menschenwürdigen Gestaltung der Lebensverhältnisse
auf der Grundlage gleichberechtigter und solidarischer
Freiheit bei. Die WSK-Rechte gelten unmittelbar als
Rechtspflicht für alle Staaten, die sie anerkannt haben.
Wir müssen viel dafür tun, sie durchzusetzen.

Der Bericht stellt in diesem Zusammenhang eine
Reihe von Menschenrechtsverletzungen fest, auch im
Bereich des Rechts auf sauberes Trinkwasser und Sani-
tärversorgung; ich habe es schon angesprochen. Ich will
noch einmal in Erinnerung rufen: Ohne Wasser gibt es
keine Nahrung und keine wirtschaftliche Entwicklung.
Es ist noch immer so, dass mehr als 1,2 Milliarden Men-
schen der Zugang zu sauberem Trinkwasser fehlt. Fast

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(C (D oppelt so viele haben keinen Zugang zu sanitärer Basisersorgung. Das ist eines der Themen, das auch in Zukunft auf der agesordnung bleiben muss. Es wird nämlich keine Umetzung von weiter gehenden Freiheitsrechten geben Kollege Brand, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie in iesem Zusammenhang auf Somalia hingewiesen aben –, wenn es nicht auch gleichzeitig gelingt, das echt auf Wasser und sanitäre Versorgung durchzuseten und damit das Recht auf Nahrung für die Betroffeen sicherzustellen. Menschenrechte müssen immer in rer Gesamtheit verwirklicht werden. Ich möchte in diesem Zusammenhang – ich konnte as über zwei Jahre beobachten – dem Beauftragten der undesregierung für Menschenrechtspolitik, Markus öning, ganz herzlich danken. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


r hat viele umfangreiche Berichte angefertigt. Er be-
chtet auch dann sehr offen über Probleme – das will ich
n dieser Stelle ebenfalls sagen, Frau Kollegin Groth –,
enn es nicht in die regierungsamtliche Linie passt. Mir
efällt das sehr gut. Deshalb spreche ich ihm meinen
erzlichen Dank aus. Ich hoffe, dass er in dieser Rich-
ng weitermacht und dass er den Ausschuss auch wei-
rhin entsprechend informiert.

Ich stelle aber auch fest: Wir haben, wenn wir auf die
neren Verhältnisse schauen – da kann ich den Kollegen
oenigs nur unterstützen –, noch einiges zu tun. Das Zu-

atzprotokoll zum UN-Sozialpakt ist immer noch nicht
tifiziert. Wir befinden uns seit zwei Jahren in der Dis-

ussion. Ich finde, dass die Begründung, es sei noch eine
bstimmung unter den Ministerien erforderlich, nur
och eine begrenzte Zeit gelten kann. Es ist notwendig,
dieser Frage voranzukommen. Das sage ich auch mit

em Hinweis darauf, dass schon vorher mehr hätte pas-
ieren müssen. In dieser Frage sind wir uns einig. Daher
ollten wir die Regierung bitten, hier etwas zügiger zu
andeln.

Ich spreche diesen Punkt so deutlich an, weil die Be-
offenen, also die Opfer von Menschenrechtsverletzun-
en, durch dieses Zusatzprotokoll die Möglichkeit be-
ommen, ihre individuellen Rechte einzufordern. Das
uss auch so sein. Denn wenn ein diskriminierungs-
eier Zugang zu Bildung und Arbeit verweigert wird,
ann muss es für die Betroffenen die Möglichkeit geben,
arauf zu reagieren. Das ist auch deshalb dringend nötig,
m den Menschenrechtsverteidigern, die weltweit in den
etrieben als Gewerkschafter engagiert sind, die not-
endige Rückendeckung zu geben. Ich denke da an die
enschen, die sich beispielsweise in Kolumbien und
exiko zu Gewerkschaften zusammenschließen wollen

nd deren Leib und Leben deshalb bedroht ist. Daher
äre es ein gutes Zeichen, wenn wir hier den entspre-

henden Schritt gehen würden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714713800

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

17646 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011


(A) )


)(B)


Ullrich Meßmer (SPD):
Rede ID: ID1714713900

Wir müssen deutlich machen, dass die Achtung der

Menschenrechte in Zukunft Bestandteil von Handelsab-
kommen mit diesen Ländern sein muss. Ich meine, dass
die Menschenrechte in solche Vereinbarungen verpflich-
tend und verbindlich aufgenommen werden müssen.

Mein Dank geht an dieser Stelle an das Europäische
Parlament, das vor kurzem ein Abkommen mit Usbekis-
tan wegen der dort weitverbreiteten Kinderarbeit zurück-
gewiesen hat. Das ist ein gutes Beispiel. Lassen Sie uns
in dieser Richtung weitermachen und entsprechende Si-
gnale aus diesem Parlament senden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714714000

Das Wort hat nun Jürgen Klimke für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1714714100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Am vergangenen Sonnabend
demonstrierte ich gemeinsam mit über tausend Men-
schen in Hamburg für die Freilassung des christlichen
Pastors Youcef Nadarkhani, der im Iran wegen des Ab-
fallens vom islamischen Glauben zum Tode verurteilt
wurde. Jedem, der im Iran seine Religion selbst wählen
will und sich dabei nicht für den Islam entscheidet, droht
das gleiche Urteil. Dürfen wir ein solches Gesetz akzep-
tieren, selbst wenn es die iranische Bevölkerung mittra-
gen würde? Dürfen wir hinnehmen, dass die Religions-
freiheit in 64 Ländern der Erde mit fast 70 Prozent der
Weltbevölkerung stark eingeschränkt oder überhaupt
nicht existent ist?

Ein weiteres Beispiel bzw. eine weitere rhetorische
Frage. Frau Schuster hat bereits den Gesetzentwurf in
Uganda angesprochen, der die Todesstrafe für homosexu-
elle Handlungen vorsah. Regierungsmitglieder wollten
ihm zustimmen. Die Bevölkerung hätte das Gesetz mög-
licherweise akzeptiert. Aber internationaler Druck und
die Drohung der Streichung von Entwicklungsgeldern
aus Deutschland führten dazu, dass der Gesetzentwurf
nicht verabschiedet wurde. Dürfen wir Diskriminierung
aufgrund sexueller Präferenzen hinnehmen?

Ein letztes Beispiel. Vorgestern wurden die vermeint-
lichen U-Bahn-Attentäter von Minsk zum Tode verur-
teilt, wahrscheinlich aufgrund von durch Druck und Fol-
ter erwirkten Geständnissen, in einem zumindest frag-
würdigen Verfahren. Dürfen wir akzeptieren, dass die
Justiz nicht unabhängig ist? Dürfen wir die Todesstrafe
überhaupt hinnehmen, auch in den USA und in Japan?

Menschenrechte sind universal und gelten für uns
alle, auch dort, wo andere Kulturen ihre Andersartigkeit
zum Vorwand nehmen, diese Rechte nicht zu gewähren.
Es ist Aufgabe der Politik, die Einhaltung der Men-
schenrechte hier in Deutschland zu garantieren. Viel grö-

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(C (D er ist diese Aufgabe aber außenpolitisch. Es geht dam, gegenüber anderen Regierungen immer wieder die inhaltung der Menschenrechte anzumahnen. Es darf us unserer Sicht kein Gesetz geben, das den Menschenchten widerspricht, und zwar nirgendwo auf der Welt. s darf auch kein staatliches oder staatlich geduldetes andeln geben, das den Menschenrechten widerspricht. s kann nicht sein, dass ein Staat auf dem Papier lupenine Gesetze hat, sich aber faktisch nicht daran hält. Wir als Menschenrechtspolitiker treten nicht nur eute anlässlich des bevorstehenden Tages der Menchenrechte für deren Achtung und Einhaltung ein. Wir ehen das als eine dauerhafte Sisyphusarbeit an, sowohl konkreten Einzelfällen als auch im generellen Kampf r eine bessere Welt. Deshalb sind die Bretter, die wir enschenrechtspolitiker bohren, wahrscheinlich die icksten überhaupt. Nachlassen dürfen wir nicht. Es gibt mer wieder Ermutigungen. Eine Ermutigung ist der rabische Frühling, trotz aller bestehender Unwägbareiten und trotz der Situation in Syrien, wo es massivste enschenrechtsverletzungen gibt. Ein anderes ermuti endes Beispiel ist Myanmar – es wurde vorhin angeprochen –, wo die Regierung die Opposition unter Fühng der Friedensnobelpreisträgerin anerkennt und sich rnsthaft um Reformen bemüht. Es gibt aber auch andere Ermutigungen im Einsatz für enschenrechte, die quasi von unserer Seite ausgehen. h möchte hier das Menschenrechtskonzept des Bun esministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit nd Entwicklung erwähnen, das ich für vorbildlich für ie europäische Menschenrechtspolitik halte. Wir haben as neulich in Brüssel auf einer Tagung von Menschenchtspolitikern aus den einzelnen Mitgliedstaaten und it Außenpolitikern des Europäischen Parlaments be andeln dürfen. Ich habe gesehen, dass unser Beispiel irklich nachahmenswert ist. Es ist so, dass alle Entwicklungsprojekte zukünftig eiem Menschenrechts-TÜV unterzogen werden sollen. iese entwicklungspolitische Vorgabe des BMZ behaltet unter anderem einen Kriterienkatalog, mit dem ie Regierungsführung und die Menschenrechtssituation den Partnerländern bewertet werden. Grundlage sind ie Umsetzung der Menschenrechtskonvention in natioales Recht, die Schaffung entsprechender Institutionen nd Verfahren sowie die Ergebnisse der Umsetzung der entralen Menschenrechte. Die Bewertung der Ergebisse ist dann maßgeblich für unsere Entwicklungsareit, also für eine Intensivierung und für die Möglicheit, dass ein Partnerland auch langfristig ein artnerland bleibt. Das Menschenrechtskonzept des BMZ ist absolut notendig, um unseren diplomatischen Appellen für Men chenrechte mehr Nachdruck zu verleihen und damit sie ehr Anklang finden. Es passt nicht zusammen, durch nsere Außenpolitiker die Menschenrechtssituation in erschiedenen Staaten zu kritisieren, gleichzeitig aber ändern mit menschenrechtlich unerträglichen Situatioen Geld bzw. Budgethilfen zukommen zu lassen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17647

Jürgen Klimke


(A) )


)(B)

Insofern ist das Menschenrechtskonzept letztlich auch
ein Beitrag für mehr Kohärenz zwischen Außenpolitik
und Entwicklungspolitik.

Bedarf sehe ich in dieser Richtung noch auf europäi-
scher Ebene. Hier ist mehr Abstimmung, mehr Kohärenz
zwischen den Geberländern notwendig. Das ist ganz ein-
deutig.

Der Einsatz für Menschenrechte in der Welt endet für
uns jedoch nicht bei den zwischenstaatlichen Beziehun-
gen. Auch wir erkennen, dass es notwendig ist, zum Bei-
spiel international tätige Unternehmen stärker in einer
menschenrechtlichen Verantwortung zu sehen. Diese
Verantwortung hat sich in den Leitlinien der OECD so-
wie in den Guiding Principles der Vereinten Nationen
auch auf internationaler Ebene niedergeschlagen.

Eines darf aber nicht vergessen werden: Die Haupt-
verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte
haben die Staaten gegenüber ihren Bürgern. Sie setzen
den Rechtsrahmen, schaffen Kontrollinstanzen und ahn-
den Verstöße gegen Menschenrechte.

Unternehmerische Verantwortung kann staatliches
Handeln in keinem Fall ersetzen. Ich habe bei den Kolle-
gen in der Opposition manchmal den Eindruck, dass
diese Erkenntnis bei ihnen noch nicht ganz angekommen
ist. Es geht ihnen vielmehr darum, die Unternehmen
durch viele Sanktionen und Vorschriften zu gängeln.
Wie die Unternehmen damit klarkommen und dann auch
weiter im Wettbewerb bestehen sollen, ist für manche
Gutmenschen sekundär.

Das heißt nicht, dass ich die gesellschaftliche Verant-
wortung von Unternehmen bestreite. Die Unternehmen
können ohne Zweifel einen Beitrag für eine bessere
menschenrechtliche Situation in Entwicklungsländern
leisten. Das tun sie im Übrigen schon sehr intensiv, vor
allen Dingen freiwillig durch Corporate-Social-Respon-
sibility-Aktivitäten. Hier hat die Bundesregierung durch
ihren CSR-Aktionsplan bereits Akzente gesetzt. Wir
wollen uns als Union beim Thema Unternehmensverant-
wortung in Zukunft stärker einbringen. Eine zukünftige
Frage wird dabei sein, wie wir auch die Verbraucher
stärker sensibilisieren und besser informieren können,
sodass sich die Sozialverträglichkeit unternehmerisch
stärker auszahlt.

Ökologische Nachhaltigkeit und das Bio-Siegel wer-
den vom Bürger akzeptiert. Ich glaube, dass ein Social-
Made-Siegel, also ein Siegel für Produkte, etwa Klei-
dung, die in Entwicklungsländern sozialverträglich her-
gestellt worden sind, vom Verbraucher akzeptiert wer-
den würde. Er würde viel mehr dieser Produkte kaufen
und wäre vor allen Dingen bereit, dafür mehr zu bezah-
len. Das ist das Entscheidende. Deswegen trete ich bei
jeder Gelegenheit für ein derartiges Siegel ein.

Sie sehen, dass der Einsatz für Menschenrechte viel-
fältig ist. Er reicht von der Unterstützung von Betroffe-
nen und Menschenrechtsverteidigern über die Einfluss-
nahme auf Regierungen, die Menschenrechte verletzen,
bis hin zu der Verantwortung der Privatwirtschaft auf na-
tionaler und internationaler Ebene.

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(C (D Kollege Klimke, Sie müssen zum Ende kommen. Ja, Herr Präsident. – Der Tag der Menschenrechte er nert uns immer wieder neu an die Notwendigkeit, in nserer intensiven Arbeit in all diesen Bereichen nicht achzulassen. Danke sehr. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussmpfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und umanitäre Hilfe zu dem Neunten Bericht der Bundesgierung über ihre Menschenrechtspolitik in den ausärtigen Bereichen und in anderen Politikbereichen. Der usschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 17/7941, in Kenntnis des Berichts auf rucksache 17/2840 eine Entschließung anzunehmen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemphlung ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfrakonen gegen die Stimmen der drei Oppositionsfraktioen angenommen. Abstimmung über den Entschließungsantrag der raktion Die Linke auf Drucksache 17/8025. Wer stimmt afür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der ntschließungsantrag ist mit den Stimmen von vier raktionen gegen die Stimmen der Linken abgelehnt. Tagesordnungspunkt 35 b. Beschlussempfehlung des usschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe u der Unterrichtung durch die Bundesregierung mit em Titel „Menschenrechte und Demokratie in der elt – Bericht über die Maßnahmen der EU – Juli 2008 is Dezember 2009“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 17/4522, in enntnis des Berichts eine Entschließung anzunehmen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemphlung ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfrakonen gegen die Stimmen der drei Oppositionsfraktioen angenommen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 38 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Harald Koch, Dr. Axel Troost, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Zinssätze für Dispositionsund Überziehungskredite verbrauchergerecht deckeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Ingrid Hönlinger, weiterer 17648 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714714200
Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1714714300

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714714400

(A) )

Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Verbraucherinnen und Verbraucher vor über-
höhten Überziehungszinsen schützen

– Drucksachen 17/2913, 17/3059, 17/3586 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Marco Wanderwitz
Marianne Schieder (Schwandorf)

Christian Ahrendt
Jens Petermann
Ingrid Hönlinger

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Erik
Schweickert für die FDP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1714714500

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt kein Recht auf
billige Schulden. Das ist klar. Verbraucherpolitik ist auch
keine verkappte Sozialpolitik. Wer mit seinem Geld
nicht auskommt, der muss sparen. Den Dispokredit ins
Unermessliche auszunutzen, ist keine Alternative zum
Sparen. Keiner ist gezwungen, sein Konto zu überzie-
hen. Erst recht hat keiner einen Anspruch darauf, dass er
diese Überziehung auch noch zu staatlich festgelegten
Kosten durchführen kann.

Dennoch können wir uns mit dem derzeitigen Zu-
stand nicht abfinden. Denn so richtig es ist, wie ich ge-
rade gesagt habe, dass es kein Recht auf billige Schulden
gibt, so richtig ist es auch, dass die Banken kein Recht
haben, sich auf der einen Seite billig Geld am Kapital-
markt zu leihen und die Kunden auf der anderen Seite
nicht daran teilhaben zu lassen.

Aus meiner Sicht ist das gängige Vorgehen der Ban-
ken zu hinterfragen. Denn auf der einen Seite wird be-
gründet, der niedrige Leitzins führe naturgemäß zu ge-
ringen Guthabenzinsen. Auf der anderen Seite ist aber
der Dispozins nach wie vor sehr hoch. Die Differenz
zwischen Guthabenzins und Dispozins wird damit grö-
ßer. Man kann sich also definitiv nicht des Eindrucks er-
wehren, dass viele Banken die Chance nutzen, ihre Ei-
genkapitalbasis auf Kosten der Verbraucher zu erhöhen.
Damit zahlt der Verbraucher nun zum dritten Mal die Ze-
che der Finanzkrise, an der die Banken wahrlich nicht
unschuldig waren. Erst haben die Anleger viel Geld ver-
loren; dann wurden Banken mit Staatsgeldern gerettet,
und nun refinanzieren sich die Banken auf Kosten der
Verbraucher bei den Dispo- und Überziehungszinsen.


(Caren Lay [DIE LINKE]: Meine Worte!)


Aber – damit komme ich wieder zum Anfang meiner
Rede, Frau Lay – es ist nicht die Aufgabe des Staates, für
eine billige Refinanzierung der Verbraucher zu sorgen.
Denn im Rahmen der Privatautonomie ist es Sache der

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(C (D ertragsparteien – in diesem Fall zwischen den Verbrauhern und den Banken –, über die Angemessenheit von reisund Zinsvereinbarungen zu befinden. Die Bundesgierung hat sich dabei grundsätzlich neutral zu verhaln. Eine Festlegung von Zinsobergrenzen oder eine inssatzdeckelung lehnen wir ab, weil wir darin einen icht gerechtfertigten Eingriff in die Vertragsfreiheit seen. Das hat übrigens auch der Bundesgerichtshof deutlich emacht. Vertraglich vereinbarte Zinsanpassungsklaueln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind ein irksames und transparentes Instrument zur Bewahrung es Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfrisgen Verträgen. Obendrein würde eine schematische tarre Weitergabe von Leitzinssenkungen bzw. -erhöhunen den zahlreichen funktionalen Zusammenhängen bei er Zinsentwicklung am Geldund Kapitalmarkt nicht erecht werden. Auch die Kartellbehörden sehen übrigens derzeit eine Veranlassung, bei den Dispozinsen einzuschreiten. s gibt keinerlei Hinweise auf ein abgestimmtes Verhaln der Kreditinstitute bei der Zinshöhe. Herr Kollege Schweickert, gestatten Sie eine Zwi chenfrage der Kollegin Lay von der Linken? Ja. Frau Lay, bitte. Herr Kollege Schweickert, vielen Dank für die Mög chkeit, eine Zwischenfrage zu stellen. Sie haben argumentiert, es würde sich aus Ihrer Sicht m einen unzulässigen staatlichen Eingriff handeln. Ich öchte Sie an dieser Stelle fragen, ob Ihnen bekannt ist, ass es beim Zahlungsverzug bereits eine staatliche bzw. esetzliche Regelung gibt, die besagt – wie wir das auch unserem Antrag vorschlagen –, dass im Falle des Zahngsverzugs ein Zinssatz von 5 Prozentpunkten über em Basiszinssatz, der von der Bundesbank berechnet ird, verlangt werden darf. Warum ist an der einen telle eine gesetzliche Regelung möglich, während Sie n der anderen Stelle sagen, hier herrsche Vertragsfreieit und das Ganze sei ein unzulässiger staatlicher Einriff? Diese Logik und dieses Messen mit zweierlei Maß ollen sich mir einfach nicht erschließen. Vielen Dank für die Frage, Frau Lay. – Vielleicht hätten ie mit Ihrer Frage noch einen Moment warten sollen. Ich ollte auf dieses Thema noch zu sprechen kommen. Sie üssen sich nämlich einmal anschauen, wie sich das anze – Sie schlagen auch bei Dispositionskrediten einen inssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17649 Dr. Erik Schweickert )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714714600
Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1714714700
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714714800
Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714714900
Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1714715000

(A) )

vor – entwickelt hat. Ich ziehe das einmal vor und fahre
jetzt einfach in meiner Rede fort.

Wir haben uns einmal angesehen, wie die Situation
ist. Es gibt dazu eine Untersuchung der Stiftung Waren-
test; sie hat in der Oktoberausgabe ihrer Zeitschrift da-
rüber berichtet. Danach ist der durchschnittliche Dispo-
zinssatz im vergangenen Jahr gesunken, Frau Lay,
während sowohl der Leitzins als auch der Euribor gestie-
gen sind. Gemäß dem Test haben sich im vergangenen
Jahr die Dispozinsen bei den 174 der 642 getesteten An-
gebote deutlich reduziert. Da funktioniert der Markt sehr
wohl; denn die Testergebnisse belegen, dass die Zins-
sätze bei den 1 610 Banken sehr deutlich variieren. Neh-
men wir einmal ein Beispiel. Die Deutsche Skatbank be-
rechnet nach diesem Test ihren Kunden einen Zinssatz
von lediglich 6 Prozent. Wenn man einen Zinssatz von
5 Prozentpunkten über dem Euribor zugrunde legen
würde, wäre das deutlich teurer.

Wer sich von seiner Bank abgezockt fühlt, der hat die
Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln und geringere
Dispozinsen zu verlangen.


(Caren Lay [DIE LINKE]: Wenn er ein Konto kriegt!)


Der Verbraucher kann damit eigenverantwortlich han-
deln.

Aus meiner Sicht besteht allerdings aufseiten der
Banken Korrekturbedarf. Der Bundesgerichtshof hat ein
einseitiges Preisbestimmungsrecht bei der Festsetzung
der Dispozinsen durch verbraucherfeindliche Klauseln
in den allgemeinen Geschäftsbedingungen – übrigens
völlig zu Recht – für unzulässig erklärt. Danach muss
eine Zinsänderungsklausel das Äquivalenzprinzip be-
achten und darf eine Bank nicht einseitig begünstigen.
Hier haben wir eine klare Rechtsprechung.

In der Realität findet genau diese einseitige Begünsti-
gung der Banken – da haben Sie recht – nach wie vor
statt. Es ist aber nicht die Aufgabe der Bundesregierung,
die Nichteinhaltung des geltenden Äquivalenzprinzips
zu sanktionieren, sondern es ist Sache der Gerichte, das
zu tun. Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofes bestehen heute klare Vorgaben, wie die Banken
ihre Zinsanpassungsklauseln auszugestalten haben.

Nichtsdestotrotz werden wir als christlich-liberale
Bundesregierung diese weitere Entwicklung sehr genau
beobachten und schauen, ob diese Schere weiter ge-
schlossen wird oder ob nicht doch irgendwann gesetzli-
che Anpassungen erforderlich werden. Zurzeit sehen wir
in diesem Bereich keinen Handlungsbedarf.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714715100

Die Kollegin Marianne Schieder hat ihre Rede zu

Protokoll gegeben.1) Deswegen hat jetzt Ansgar
Heveling für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

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d1) Anlage 7

(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die inssätze für Dispositionskredite der Banken weichen rheblich voneinander ab. Manche Banken geben dabei ie günstigen Zinssätze, die ihnen die Europäische Zenalbank bei der Geldversorgung einräumt, weniger erennbar an ihre Kunden weiter. Der Vorwurf, diese Banen wollten sich nach der Finanzkrise auf dem Rücken rer Kunden sanieren, schwingt in der öffentlichen De atte an der einen oder anderen Stelle erkennbar mit. Vor einem Jahr rüttelte uns die Stiftung Warentest mit ren Erhebungen zu den teils extrem hohen Dispound berziehungskrediten auf. Das Ergebnis der neuen Erheung dieser Stiftung: Bei 300 Konten lagen die Zinsen immer noch auf dem hohen Niveau des Vorjahres. Für immerhin 174 Konten zahlen Kunden jetzt niedrigere Zinsen. Die Tester von Finanztest werten das als kleinen Erfolg nach langjähriger Schelte. Nur leise, am Rande, klingt bei der Auswertung aber uch an: Die Verbraucher murrten zwar im vergangenen ahr, als sie von den Zahlen hörten, einen Kontowechsel aben aber offensichtlich nur die wenigsten vorgenomen. In der Fachpresse waren zu den neuerlichen Daten lgende Kommentare zu lesen – ich zitiere –: Zum nicht ganz unwahren Klischee eines typischen Dispodauernutzers gehört eine geringe Bereitschaft zum Kontowechsel. h zitiere weiter: Bankkunden sind nach Ansicht von Finanzexperten und Branchenkennern selbst in Anführungsstrichen – ‚mitschuldig‘ an den hohen Dispozinsen. Die Wechselbereitschaft der meisten Verbraucher ist zu gering – horrende Zinsen werden klagend, aber ohne Konsequenzen hingenommen. (Caren Lay [DIE LINKE]: Weil sie kein Konto kriegen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1714715200

Der mündige Verbraucher – es gilt das moderne Bild
es Verbrauchers, für das vor allen Dingen Transparenz
ötig ist – hat selbst die Gelegenheit, den Markt zu tes-
n. Gerade diejenigen Verbraucher, die ihr Girokonto
ft und für längere Zeit überziehen, sollten angesichts
er Zahlen von Stiftung Warentest einen kritischen Blick
uf die Dispositionszinsen ihrer Bank werfen und dann
arifvergleiche vornehmen. In günstigen Fällen kann der
inssatz rund 6 Prozent betragen, in teureren aber auch
eiterhin über 14 Prozent. Für Dispokredite werden re-
elmäßig Zinsen fällig, die höher sind als solche für Ra-
nkredite. Flexibilität hat eben ihren Preis. Eigenkapi-
lbindung hat ebenso ihren Preis. Diese Faktoren
ießen natürlich in die Refinanzierungskalkulationen
er Banken ein und beeinflussen den Zinssatz.

17650 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Ansgar Heveling


(A) )


)(B)

Der Dispokredit ist zur kurzfristigen Überbrückung
von finanziellen Engpässen und nicht als dauerhafter
Kredit gedacht. In diesen Fällen empfiehlt sich daher
eher eine Umschuldung auf Ratenkredite, nicht zuletzt,
da dort die Monatsrate neben dem Sollzins auch eine Til-
gungsleistung enthält. Ein chronisch ausgereizter Dispo
baut sich nun einmal nicht von selbst ab. Vorausschau-
ende Finanzplanung wäre an dieser Stelle das Gebot.

Zurück zur Transparenz. Die rechtlichen Möglichkei-
ten für Transparenz sind vorhanden. Das Gesetz zur Um-
setzung der Verbraucherkreditrichtlinie verpflichtet die
Banken seit Juli 2010, die Art und Weise der Anpassung
des Sollzinses auch bei Dispositionskrediten und gedul-
deten Überziehungen in der vorvertraglichen Informa-
tion und im Kreditvertrag anzugeben. Falls sich der Soll-
zins an einem Referenzzins orientiert, ist auch dieser
Referenzzinssatz anzugeben. Für solche eventuellen
Zinsanpassungsklauseln gelten die allgemeinen Grund-
sätze für Preisanpassungsklauseln, die eine Anpassungs-
symmetrie der Zinssätze beinhalten.

Auch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
macht es den Kartellbehörden, also dem Bundeskartell-
amt und den Wettbewerbsbehörden der Länder, möglich,
gegen wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und
den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
einzuschreiten. Dafür scheint es aber offensichtlich gar
keine Anhaltspunkte zu geben.

Die Auswertung von Stiftung Warentest zeigt zudem
nur die verschiedenen bestehenden Zinssätze; sie zeigt
nicht, ob die teuersten Angebote überhaupt genutzt wer-
den. In Deutschland herrscht nun einmal ein starker
Wettbewerb unter den Banken. Die Verbraucher sollten
daher die Zahlen von Stiftung Warentest erneut zum An-
lass nehmen, die Auswahl ihres Geldinstituts zu über-
denken und gegebenenfalls einen Wechsel in Erwägung
zu ziehen. Jeder hat jederzeit die Möglichkeit, zu einer
Bank zu wechseln, die andere, günstigere Konditionen
bietet.


(Caren Lay [DIE LINKE]: Wenn man ein Konto kriegt!)


Die Höhe des Dispositionszinssatzes ist dabei ein Bau-
stein, der für viele aber keine Rolle spielt, weil sie ihr
Konto nicht im Soll führen.

Im Frühjahr 2012 ist im Übrigen mit der von Bundes-
ministerin Ilse Aigner in Auftrag gegebenen Studie zu
dieser Thematik zu rechnen. Diese Studie sollten wir ab-
warten und dieses Thema dann noch einmal aufrufen.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714715300

Das Wort hat nun Caren Lay für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fak n sind schon lange klar: Die Dispozinsen in Deutschnd sind viel zu hoch. Die Stiftung Warentest hat auch diesem Jahr Zahlen dazu geliefert: Die Dispozinsen etragen im Schnitt 12,4 Prozent, in einigen Fällen sogar ber 14 Prozent. Viele Menschen kennen diese Dispoabocke seit vielen Jahren aus eigenem Erleben. Auch der olitik muss dieses Problem wenigstens seit einigen Jahn bekannt sein. Schließlich hat die Fraktion Die Linke ieses Thema bereits in der letzten Legislaturperiode ufgeworfen. Daher frage ich mich, ehrlich gesagt, wam die Koalition auch jetzt andeutet, dass sie keine ge etzlichen Initiativen ergreifen möchte, und ich frage ich, ehrlich gesagt, auch, warum Frau Aigner eine eue Studie in Auftrag gegeben hat, anstatt zu handeln. ie Stiftung Warentest – auch Vertreter der Koalition haen sie zitiert – hat ja zuverlässiges Datenmaterial geliert. Jetzt ist nicht die Zeit, weiter zu analysieren; jetzt uss endlich ein Gesetzentwurf her. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1714715400

Die Tatenlosigkeit der Bundesregierung trifft wieder
inmal Menschen mit kleinem Geldbeutel. Für sie ist der
ispo die einzige Möglichkeit, finanzielle Notlagen zu
berbrücken. Herr Kollege, ich muss schon sagen, dass
h es arrogant finde, zu sagen, niemand sei gezwungen,

ein Konto zu überziehen.


(Zuruf des Abg. Dr. Erik Schweickert [FDP])


enschen, die beispielsweise erwerbslos sind, geringfü-
ig beschäftigt sind oder Leiharbeiterinnen und Leihar-
eiter sind, haben gar keine andere Möglichkeit, einen
redit zu bekommen, als eben in den Dispo zu gehen.
as muss man an dieser Stelle auch einmal sagen. Es
ibt einfach sehr viele Menschen, die knietief im Dispo
tecken, und die Banken zocken sie ab. Da können wir
ns als Politiker doch nicht hinstellen und tatenlos zuse-
en.


(Beifall bei der LINKEN)


Es mag ja sein, dass es sich etwas angeglichen hat. In
er Tat: Der Leitzins der Europäischen Zentralbank ist ja
eringfügig gestiegen. Dennoch steht ein Leitzins von
,25 Prozent einem Dispozinssatz von durchschnittlich
2 Prozent gegenüber. Das steht doch in keinem Verhält-
is, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der LINKEN)


ie Geldhäuser sanieren sich hier auf dem Rücken der
ozial Schwachen, während die Bundesregierung Mil-
arden für die Bankenrettung ausgibt. Das ist für uns als
inke einfach nicht hinnehmbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch der Markt funktioniert an dieser Stelle offen-
ichtlich nicht. Dieses Problem ist, wie gesagt, ebenfalls
eit vielen Jahren bekannt. Ja, warum wechseln die Men-
chen die Bank nicht? Vielleicht hängt das damit zusam-
en – dieses Thema haben wir ja unter einem früheren

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011 17651

Caren Lay


(A) )


)(B)

Tagesordnungspunkt besprochen –, dass viele Menschen
Angst haben, gar kein Girokonto mehr zu bekommen.

Die Fakten stehen jedenfalls fest: 777 Millionen Euro
haben Verbraucherinnen und Verbraucher allein in den
letzten 15 Monaten durch überhöhte Dispozinsen verlo-
ren. Es ist Aufgabe der Politik, hier endlich tätig zu wer-
den.


(Beifall bei der LINKEN)


Deswegen haben wir als Linke in dieser Legislaturpe-
riode erneut die Initiative ergriffen. Die Lösung liegt in
der Tat auf der Hand: Die Dispozinsen müssen gedeckelt
werden. Ich habe aus Ihrer Begründung kein sachliches
Argument herausgehört, warum das ein unerlaubter
staatlicher Eingriff sein soll. Der Vorschlag der Linken
lautet: Dispozinsen dürfen höchstens 5 Prozentpunkte
über dem Basiszinssatz liegen, den die Bundesbank
halbjährlich veröffentlicht. Das ist ein Modell, das mög-
lich ist und das an anderer Stelle auch gesetzlich ange-
wendet wird. Das ist nämlich der Maßstab für Zahlungs-
verzug. Es gibt keinen Grund, diesen Maßstab nicht auch
an dieser Stelle anzuwenden.


(Beifall bei der LINKEN)


Dann hätten wir aktuell einen maximalen Dispozinssatz
von 5,37 Prozent. Damit wären Dispoexzesse beendet,
aber Gewinne der Banken – meine Herren und Damen
von der Koalition, ich kann Sie da beruhigen – wären
immer noch vorhanden, wenn auch in einem sozialver-
träglichen Rahmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, wir begrüßen, dass sich
auch die Grünen für eine Obergrenze aussprechen, wenn
auch, ohne einen eindeutigen Rahmen zu nennen. Fest
steht jedenfalls: Schwarz-gelbe Verbraucherpolitik
schützt wieder einmal die Unternehmen und nicht die
Verbraucherinnen und Verbraucher. Ich werbe um Zu-
stimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714715500

Das Wort hat nun Gerhard Schick für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat
sind erhöhte Überziehungszinsen für viele Leute ein re-
levantes Thema: Viele Menschen überziehen nämlich ihr
Konto dauerhaft, nicht nur kurzfristig bei Spitzenbelas-
tungen. Gerade diese Menschen können ihre Kontover-
bindung nicht unbedingt schnell wechseln.

Wir haben es hier schon mit Zinssätzen zu tun, die
aufmerken lassen. Vor einem guten Jahr hat unsere Frak-
tion die Zinssätze stichprobenartig zusammengestellt.
Wir kamen bei geduldeten Überziehungen auf Zinssätze
von bis zu 19 Prozent. Das ist etwas, was nicht hinnehm-
bar ist.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Es gibt auch verschiedene gesetzliche Regelungen.
as ist schon gesagt worden. Bei dem Gesetz zur Um-

etzung der Verbraucherkreditrichtlinie ist schon ein Re-
renzzinssatzsystem etabliert worden. Das Problem ist

loß: Es war gut gemeint, aber nicht gut gemacht; denn
ie Zinsspanne wurde häufig in einer Phase festgesetzt,
der die Diskrepanz sehr hoch war; und diese Spanne
ird dann fortgeschrieben. Nach unserer Ansicht besteht
a Korrekturbedarf. Jetzt muss gehandelt werden. Wir
aben deswegen einen eigenen Antrag vorgelegt; denn
an sollte eigentlich erwarten, dass über ein Jahr nach
nkündigung einer Studie zu diesem Thema endlich ein-
al Schlussfolgerungen daraus gezogen würden. Das
hema ist ja nicht so komplex, dass man Jahrzehnte
raucht, um es zu untersuchen.

Wir haben den Eindruck, dass sich einmal mehr er-
eist, dass Frau Ministerin Aigner eine Ankündigungs-
inisterin ist. Wenn ein Thema auftaucht, kommt eine
nkündigung, und danach kommt erst einmal lange
ichts. Damit ist Verbraucherinnen und Verbrauchern
icht geholfen. Das freut die Journalisten, weil sie etwas
bdrucken können, aber das hilft den Menschen nicht.
ir meinen: Es darf nicht nur angekündigt werden, son-

ern da muss auch etwas getan werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Das gilt leider auch für einige andere Punkte, die ich
ennen will. Die Frage der Überziehungszinsen zeigt
eispielhaft, dass das Kräfteverhältnis zwischen Ver-
raucherinnen und Verbrauchern auf der einen Seite und
inanzdienstleistern auf der anderen Seite unausgewo-
en ist und wieder richtig austariert werden muss. Ich
enne als weiteres Beispiel das Finanzanlagenvermittler-
esetz, das wir im Finanzausschuss beraten haben. Darin
erden richtige Punkte aufgegriffen, aber ein zentraler
roblembereich, der eigentlich hineingehört, wurde wie-
er herausgenommen. Ich spreche von den sogenannten
chrottimmobilien, die als kreditfinanziertes Finanzan-
geprodukt angeboten werden. Wir können wieder be-
bachten, dass sich Menschen in kürzester Zeit ökono-
isch ruinieren, weil sie kreditfinanziert eine Immobilie

aufen, deren Mieteinnahmen nicht ausreichen, um den
redit zu bedienen. In diesem Zusammenhang spielen

ogenannte Mitternachtsnotare eine Rolle. Wir hören,
ass jetzt möglicherweise jemand, der Erfahrung in die-
em Bereich hat, neuer Verbrauchersenator in Berlin
erden soll.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ein schönes Zeitungswissen, das Sie da verbreiten!)


Sie können uns darüber gerne im Detail aufklären. –
ieses Thema hätte unbedingt im Gesetz geregelt wer-
en müssen. Auch da gilt: Ankündigen und nur beobach-
n reicht nicht; wir müssen auch konkrete Schutzvor-
chtungen im Gesetz verankern.

Schließlich haben wir auch zu dem Thema Honorar-
eratung – auch das fällt unter die Kategorie „Ankündi-
ungsministerin Aigner“ – bisher nur ein weiches Eck-

17652 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2011

Dr. Gerhard Schick


(A) (C)


)(B)


punktepapier vorliegen. Hier geht es darum, wie wir das
Verhältnis zwischen Anbieter und Kunde so regeln kön-
nen, dass nicht systematisch viel Geld in die falschen
Kanäle gerät. Es wird bisher leider nichts Konkretes in
diese Richtung unternommen, sondern dieses Problem
wird weiter nach hinten geschoben. Das darf nicht sein;
denn Verbraucherinnen und Verbraucher haben nur dann
einen wirklichen Nutzen, wenn wir neue Regeln festle-
gen und sich am Markt etwas ändert. Mit Blick auf die
großen Ankündigungen kann man nur feststellen: Im
Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen gibt es
einfach viel zu viele Lücken.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1714715600


fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der beiden
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Grünen bei
Enthaltung von SPD und Linken angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 37:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neu-
ordnung der landwirtschaftlichen Sozialversi-

(LSV-Neuordnungsgesetz – LSVNOG)


– Drucksache 17/7916 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
geben.1)

Damit sind wir am Schluss dieser Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Rechtsausschusses zu dem Antrag der
Fraktion Die Linke mit dem Titel „Zinssätze für Disposi-
tions- und Überziehungskredite verbrauchergerecht de-
ckeln“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/3586, den
Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/2913
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der beiden Ko-
alitionsfraktionen und der SPD gegen die Stimmen der
Linken bei Stimmenthaltung der Grünen angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 17/3059 mit dem Titel „Verbrauche-
rinnen und Verbraucher vor überhöhten Überziehungs-
zinsen schützen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-

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D

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1) Anlage 7 2)

(D ie sind damit einverstanden. Damit sind die Reden folender Kolleginnen und Kollegen zu Protokoll gegeben: arlene Mortler, Gitta Connemann, Josip Juratovic, dmund Peter Geisen, Alexander Süßmair, Friedrich stendorff.2)


Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 17/7916 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
chluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 14. Dezember 2011, 13 Uhr,
in.

Ich wünsche Ihnen ein freundliches Wochenende.

Die Sitzung ist geschlossen.