Gesamtes Protokol
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich grüße Sie sehrherzlich. Die Sitzung ist eröffnet.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der gestrigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Aktionsplan 2011 der Bun-desregierung zum Schutz von Kindern und Jugendli-chen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauenund Jugend, Frau Dr. Kristina Schröder. Bitte schön,Frau Bundesministerin.Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-lie, Senioren, Frauen und Jugend:Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Gestern hat das Bundeskabinett den besagtenAktionsplan beschlossen. Damit setzen wir die bisheri-gen Maßnahmen auf diesem Gebiet fort und intensivie-ren die Anstrengungen dort, wo es notwendig ist oderwo neue Herausforderungen auf uns zugekommen sind.Das Thema „Sexueller Missbrauch/sexuelle Gewalt“hat ja uns alle im letzten Jahr sehr beschäftigt. Das Be-dedlubgddehlasKaPHfeqkATgwRedetsondere an dem Aktionsplan 2011 ist somit, dass auchdie Ergebnisse des Runden Tischs „Sexueller Kindes-missbrauch“ sowie die Ergebnisse der Arbeit der Beauf-tragten der Bundesregierung zum Umgang mit demsexuellen Kindesmissbrauch, Frau Dr. ChristineBergmann, also der ehemaligen Familienministerin, inihn eingeflossen sind. Gleichzeitig stützt sich dieser Ak-tionsplan aber auch auf einen mehrjährigen Prozess, derauf nationaler und internationaler Ebene stattgefundenhat.Der Aktionsplan umfasst sieben Handlungsfelder:Das erste und wahrscheinlich wichtigste Handlungs-feld ist das der Prävention. Hier geht es vor alldarum, Fachkräfte und Eltern dahin gehendgen, dass sie sexuellen Kindesmissbrauch erkenen und dann auch angemessen reagieren k
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Zusammenarbeit mit der Tourismusbranche. Wir wollenUnternehmen dafür gewinnen, dass sie alles tun, umsexuelle Ausbeutung zu verhindern. Wir sind zum Bei-spiel sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, dassvon führenden Verbänden und Unternehmen ein Verhal-tenskodex zum Schutz von Kindern vor sexueller Aus-beutung im Tourismus, ein Code of Conduct, unterzeich-net wurde.Der sechste Schwerpunkt sind Forschungsvorhaben;denn wir wissen auf diesem Gebiet zwar schon einiges,haben aber immer noch einige Wissenslücken.Der siebte und letzte Handlungsschwerpunkt istschließlich die internationale Zusammenarbeit, um Kin-derschutzstandards weltweit zu verankern.Das Ganze wird von einem Monitoringverfahren be-gleitet, damit immer wieder überprüft werden kann, obdie Ziele des Aktionsplans erreicht werden.Abschließend möchte ich sagen: Wenn es nicht denRunden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“ und dieArbeit von Christine Bergmann gegeben hätte, dannsähe dieser Aktionsplan – das ist ganz klar – jetzt etwasanders aus. Insofern haben wir hier ein konkretes Ergeb-nis, eine konkrete Konsequenz aus den Missbrauchs-skandalen, die im letzten Jahren aufgedeckt wurden unduns alle sehr bewegt haben. Mit dem Aktionsplan kön-nen wir darauf nunmehr eine konzertierte und gebün-delte Antwort der Bundesregierung geben.Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Bevor ich die erste
Frage aufrufe, möchte ich das bei den vergangenen Re-
gierungsbefragungen praktizierte Verfahren in Erinne-
rung rufen. Ich bitte Sie daher, sich bei Ihren Fragen und
Antworten an die Ein-Minuten-Regelung zu halten.
Nach Ablauf der Minute wird ein ganz sympathisches
Signal ertönen, das daran erinnert, dass man zum
Schluss kommen möge.
– Herr Kollege, es ist noch das gleiche Signal. Hier hat
in der Tat jeder eine andere Empfindung.
Jetzt versuchen wir, hier die richtige Reihenfolge zu
finden. Ich bitte um Nachsicht, wenn wir den einen oder
anderen übersehen haben.
Die erste Frage stellt nun Frau Kollegin Kerstin
Griese.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin, ich
habe eine Frage zur Konkretisierung des sicherlich not-
wendigen Aktionsplanes. Sie haben selber darauf hinge-
wiesen, dass es ohne den Runden Tisch „Sexueller
Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhält-
nissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im
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periode das Mainzer Modell auf den Weg gebracht ha-ben, das vorsieht, dass Videovernehmungen von Kindernzugelassen werden. Wird das auch auf internationalerEbene verfolgt? Greift man vermehrt auf Videoverneh-mungen zurück, um Kinder vor Mehrfachvernehmungenzu schützen? Kinder sollten in Verfahren ja nicht erneutzu Opfern werden.Danke schön.Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-lie, Senioren, Frauen und Jugend:Zunächst zu dem Projekt „Kein Täter werden“. Pro-fessor Beier, der maßgeblich hinter diesem Projekt ander Berliner Charité steht, es wissenschaftlich konzipiertund umsetzt, war auch am Runden Tisch „Sexueller Kin-desmissbrauch“ beteiligt und hat dort von seinen Erfah-rungen berichtet. Eine Konsequenz daraus ist, dass dasProjekt „Kein Täter werden“ ausgeweitet wird. Es wirdin Zukunft also nicht nur an der Berliner Charité durch-geführt werden, sondern beispielsweise auch in Regens-burg und anderen Standorten. Die Bundesregierung– wobei ich das Lob vor allen Dingen an das Justiz-ministerium weitergeben muss – wird nochmals 1,1 Mil-lionen Euro in die Hand nehmen, um dieses wichtigeProjekt auszuweiten.Zu Ihrer zweiten Frage: Wir sind uns in Deutschlandinzwischen einig, dass Videovernehmungen in der Tatder richtige Weg sind, um die notwendigen Aussagen inStrafverfahren von Kindern so schonend wie möglich zuerhalten. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir auf inter-nationaler Ebene aus eigener Erfahrung einbringen kön-nen.
Danke. – Nächste Fragestellerin, unsere Kollegin
Frau Katja Dörner.
Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen herzlichen Dank
für Ihre Ausführungen. – Sie haben in die Präambel zum
Aktionsplan ausdrücklich aufgenommen, dass es Ihnen
darum geht, Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstüt-
zung von Kindern und Jugendlichen gemeinsam mit
Kindern und Jugendlichen zu entwickeln. In welcher
Form sind Kinder und Jugendliche bei der Erarbeitung
des Aktionsplanes konkret eingebunden worden? Wie
soll diese Einbindung auch bei der Umsetzung der ge-
planten Maßnahmen gewährleistet werden?
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Wir haben an vielen Stellen auf die Partizipation von
Kindern und Jugendlichen gesetzt. Als Beispiel nenne
ich Ihnen die Konferenz in Rio. Dort haben wir vorab
gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen Forderungen
erarbeitet. In den Jahren danach – angefangen hat es
2008 – wurden im Ministerium Nachfolgekonferenzen
veranstaltet, in die wir Kinder und Jugendliche einbezo-
gen haben.
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Nächste Fragestellerin, unsere Kollegin Frau Diana
Golze.
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. – Frau Ministerin,
sowohl in den Diskussionen am Runden Tisch als auch
in der Anhörung am Montag zum Kinderschutzgesetz ist
die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für
Gesundheit als zu gering eingeschätzt worden. Auch die
unabhängige Beauftragte, die Sie erwähnt haben, hat in
ihrem Abschlussbericht festgestellt, dass es diesbezüg-
lich zahlreiche Lücken gibt. Ich finde in dem Aktions-
plan auch keinen Hinweis, wie man diese Lücken schlie-
ßen möchte. Ich frage deshalb konkret: Wie sieht die
Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ge-
sundheit auf dem Gebiet des Kinderschutzes aus, insbe-
sondere bezüglich der Therapieangebote im ländlichen
Raum und der Krankenkassenleistungen für Opfer von
sexueller Gewalt?
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Es gibt eine sehr intensive Zusammenarbeit mit dem
Bundesministerium für Gesundheit. Wir sind uns da-
rüber einig, dass der Kinderschutz nicht an ministeriel-
len Grenzen haltmacht, sondern wir in der Regel eine
Problemlage vorfinden, die die Zuständigkeiten der un-
terschiedlichen Ministerien berührt. Es geht etwa um
psychisch-soziale oder medizinische Probleme. Deswe-
gen spielt das Angebot der Familienhebammen im Kin-
derschutzgesetz eine so große Rolle; denn gerade die
Hebammen haben einen gemischten Zugang, weil sie bei
ihrer Arbeit sowohl auf medizinische als auch auf psy-
chisch-soziale Notwendigkeiten stoßen. Deswegen ge-
nießen sie ja auch eine so hohe Glaubwürdigkeit.
Man kann sicherlich darüber streiten, inwiefern die
normalen Hebammen – so nenne ich sie jetzt einmal –
weitere Aufgaben übernehmen können. In diesem Zu-
sammenhang haben viele Experten in der Anhörung am
Montag, an der auch ich teilgenommen habe, allerdings
gesagt, dass die rein medizinisch arbeitenden Hebam-
men zumindest eine Zusatzqualifikation benötigen, um
auf all das eingehen zu können, was Familienhebammen
leisten.
Nächste Fragestellerin, unsere Kollegin Frau Petra
Crone.
Danke schön, Herr Präsident. – Frau Ministerin, Sie
haben in Ihrer Einführung die Handlungsfelder aufge-
führt. Ich möchte Sie fragen: Welchen konkreten gesetz-
lichen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung im
Zusammenhang mit dem Schutz vor sexuellem Miss-
brauch?
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Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Frau
Ministerin, wie wird die Bundesregierung die im Ak-
tionsplan benannten Rechte der Opfer sowie den Schutz
von Kindern so verbessern können, dass Kinder unab-
hängig von den Eltern einen vorbehaltlosen Rechts-
anspruch auf Beratung erhalten? Nach § 8 des SGB VIII
– Kinder- und Jugendhilfe – sind Kinder und Jugendli-
che nämlich bei allen sie betreffenden Entscheidungen
der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Eine Bera-
tung ohne Eltern gibt es allerdings nur dann, wenn eine
Notlage dargestellt werden kann. Die Frage ist: Können
die Kinder ihre Notlage selbst definieren? Wie stärken
Sie die Rolle der Opfer, die sich unabhängig von den El-
tern beraten lassen möchten?
Hinsichtlich der Beratung stellt sich außerdem die
Frage: Wie wollen Sie die Opferberatungsstellen, die es
schon jetzt gibt, wie Wildwasser und Zartbitter, gesetz-
lich verankern, personell qualifizieren und stärken? Wie
wollen Sie insgesamt eine personelle Verstärkung bei
den Beratungskräften, auch im öffentlichen Dienst, im
Jugendamt, erreichen?
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Frau Kollegin, zu Ihrer ersten Frage: Es ist verfas-
sungsrechtlich umstritten, ob es möglich ist, Kindern
und Jugendlichen unabhängig von den Eltern generell,
also auch außerhalb von Notlagen, einen eigenen Bera-
tungsanspruch zuzubilligen. In diesem Zusammenhang
wird immer wieder das Argument vorgebracht, dass dies
ein Eingriff in das Erziehungsrecht der Eltern und des-
wegen verfassungsrechtlich problematisch sei.
Ich sage Ihnen aber auch, dass wir dies in unserem
Haus ganz genau prüfen; denn man kann in der Tat da-
rüber streiten, ob es nicht doch einen solchen Beratungs-
anspruch geben sollte. Es gibt ja auch vergleichbare
Fälle. So können Jugendliche beispielsweise von sich
aus sagen: Wir möchten, dass geprüft wird, ob wir aus
unseren Familien herauskommen können. – Hier haben
wir ja dieses Konstrukt. Insofern muss man wirklich ein-
mal prüfen, ob dies verfassungsrechtlich nicht doch
möglich ist.
Die zweite Frage, die Sie angesprochen haben, betrifft
die Opferberatungsstellen. Ich habe bereits erwähnt, dass
dies nach wie vor ein großes Thema am Runden Tisch
„Sexueller Kindesmissbrauch“ ist.
– Es waren ja zwei Fragen. – Die Opferberatungsstellen
werden erstens dadurch gestärkt, dass wir im Bundeskin-
derschutzgesetz nicht nur für Mitarbeiter der Kinder-
und Jugendhilfe, sondern für alle, die in einem besonde-
ren Arbeitsverhältnis mit Kindern stehen, beispielsweise
Lehrer, einen Beratungsanspruch verankern.
Zweitens wird es eine Fortbildungsinitiative geben, in
deren Rahmen überwiegend Mitarbeiter der Opferbera-
tungsstellen die Fortbildung durchführen. Insofern gibt
es auch hier eine Unterstützung.
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Drittens muss man sagen, dass dies sicherlich nicht
llein Aufgabe des Bundes ist – auch das gehört zur
ahrheit –, sondern vorwiegend eine kommunale Auf-
abe. Diese Verantwortung kann nicht einfach zu uns he-
bergeschoben werden.
Nächster Fragesteller, unser Kollege Ilja Seifert.
Frau Ministerin, in welchem Maße berücksichtigt Ihr
ktionsplan die Kinder und Jugendlichen mit Behinde-
ngen? Ich weise darauf hin, dass es immer noch so ist,
ass die Vergewaltigung einer behinderten Frau nicht als
traftat gilt, sondern nur als Vergehen. Das sage ich vor
em Hintergrund, dass es in Art. 7 der UN-Behinderten-
chtskonvention um „Kinder mit Behinderungen“ und
Art. 16 um die „Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und
issbrauch“ geht. Gibt es also einen besonderen
chwerpunkt in Ihrem Aktionsplan, oder kommt dies gar
icht vor?
Eine zweite Frage, die vielleicht ganz leicht zu beant-
orten ist: Gibt es eine verbindliche Vorgabe, dass alle
eratungsstellen, die jetzt aufgrund Ihres Aktionsplanes
ingerichtet werden, barrierefrei zu sein haben?
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
e, Senioren, Frauen und Jugend:
Herr Kollege, zu Ihrer ersten Frage: In der Tat – das
aben uns auch Studien gezeigt – besteht für Kinder und
ugendliche mit Behinderungen eine besonders große
efahr, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden.
chauen wir uns einmal die Zahlen an: 16 Prozent der
inder und Jugendlichen, die auf normale Schulen – ich
enne es jetzt einmal so – gehen, berichten, dass es einen
orfall in diese Richtung gab. In Internaten beträgt die
ahl 28 Prozent, und bei Einrichtungen speziell für Be-
inderte beträgt die Zahl 30 Prozent. Insofern ist hier
das ist unmittelbar einleuchtend – eine besondere Ge-
hrenlage gegeben. Gerade deswegen richten wir im
undeskinderschutzgesetz ganz besonders den Blick auf
ie Standards in den Einrichtungen – dieser Punkt ist
ehr wichtig –, definieren hier Standards und schreiben
or, dass deren Einhaltung dann auch überprüft wird.
Barrierefreiheit ist sicherlich ein wichtiger Punkt;
ber diese Frage betrifft eher die Ausgestaltung der Ein-
chtungen durch die Kommunen. Ich schaue mir diesen
unkt dennoch gern einmal an.
Nächste Fragestellerin ist unsere Kollegin Frau Aydanzoğuz.
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15142 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
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Vielen Dank, Herr Vorsitzender. – Sehr geehrte Frau
Ministerin, ich habe wahrgenommen, dass Sie die Ent-
wicklung eines Konzepts zur Medienbildung planen. Sie
haben eben ja auch noch einmal auf Ihre Internetaktivitä-
ten hingewiesen. Meine Frage dazu lautet: Inwiefern
wird hier eine Verzahnung mit den Ergebnissen der Pro-
jektgruppe Medienkompetenz aus der Enquete-Kommis-
sion des Deutschen Bundestages vorgenommen?
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Die Ergebnisse der Enquete-Kommission werden für
uns ganz wichtige Maßgaben dafür sein, wie wir als
Bundesregierung mit diesem Thema weiter umgehen.
Ich weiß, dass die Enquete-Kommission auf sehr inno-
vative Möglichkeiten zurückgegriffen hat, um Know-
how abzuschöpfen und Hinweise zu bekommen. Wir
werden uns deshalb die Ergebnisse sehr genau an-
schauen.
Generell führt die Bundesregierung ganz unterschied-
liche Maßnahmen auf diesem Feld durch.
Bei Kindern geht es uns vor allen Dingen darum, dass
sie sichere Webseiten besuchen. Ich möchte gerne auf
die von der Bundesregierung geförderte Suchmaschine
„Blinde Kuh“ hinweisen; diese kann ich Ihnen allen ans
Herz legen. Durch diese Suchmaschine finden Sie nur
Seiten, die für Kinder und Jugendliche geeignet und pä-
dagogisch wertvoll sind.
Bei Jugendlichen dagegen setzen wir vor allen Din-
gen auf die Stärkung ihrer Kompetenz, gute Seiten zu er-
kennen.
Nächste Fragestellerin, unsere Kollegin Frau
Michaela Noll.
Herr Präsident! Frau Ministerin, ich habe eine kurze
Nachfrage. Ich habe eben bereits darauf hingewiesen,
dass einige meiner Kollegen im Jahre 2008 am großen
Weltkongress in Rio de Janeiro teilgenommen haben.
Dort wurde ziemlich deutlich: Deutschland hatte schon
damals Vorbildcharakter. Wir wurden von den Vertretern
anderer Länder oft gebeten, Informationen bereitzustel-
len.
Da wir wissen, Missbrauch endet nicht an deutschen
Grenzen, frage ich Sie: Inwieweit ist geplant, grenzüber-
schreitende Kontakte zu pflegen? Ist angedacht, Folge-
konferenzen durchzuführen? Wie findet der Austausch
statt? Ich fände es sehr gut, wenn Deutschland weiterhin
darauf hinwirken würde, dass die richtigen Weichen ge-
stellt werden. Im Rahmen der Folgekonferenzen haben
wir das schon getan. Welche Maßnahmen sind ange-
dacht, damit Missbrauch grenzüberschreitend noch bes-
ser verfolgt werden kann? – Danke schön.
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naus frage ich Sie: Frau Ministerin, welche konkretenMaßnahmen und vor allen Dingen welche verbindlichenMaßnahmen planen Sie im Bereich der Tourismuswirt-schaft? Wird es verbindliche Zielvereinbarungen mit derTourismuswirtschaft geben? Schließlich haben Sie ins-besondere darauf hingewiesen, wie es in Deutschland iminternationalen Vergleich um den Kinderschutz bestelltist.Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-lie, Senioren, Frauen und Jugend:Mit der Tourismuswirtschaft sind wir bereits zu ver-bindlichen Zielvorgaben gekommen. Wir haben gemein-sam – darüber sind wir sehr froh – den Code of Conductweiter vorangetrieben und arbeiten auf diesem Gebiet– das sage ich, weil Sie nach der Beteiligung andererRessorts gefragt haben – mit dem Bundeswirtschaftsmi-nisterium sehr eng zusammen.Ein weiterer Punkt, der uns mit Blick auf den Touris-mus wichtig ist, ist die Schulung derjenigen, die in die-sem Bereich arbeiten. Sie müssen für das Thema „Sexu-eller Missbrauch von Kindern“ sensibilisiert werden.Wir halten die Schulung und die Sensibilisierung derMitarbeiter in dieser Branche für einen weiteren ganzwesentlichen Punkt.
Nächste Fragestellerin ist unsere Kollegin Miriam
Gruß.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Ministerin, ich habe
zwei Fragen.
Erste Frage. Sexueller Missbrauch findet ja vielfach
in den Familien statt. Wir haben uns sehr um die poten-
ziellen Täter und um die Opfer – die Kinder und die Ju-
gendlichen – gekümmert. In dem gesamten familiären
Umfeld gibt es aber natürlich auch Mitwisser oder zu-
mindest Mitspürer, das heißt Menschen, die merken,
dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Inwiefern trägt
der Aktionsplan diesen Menschen Rechnung, möglicher-
weise durch eine Anlaufstelle in den Beratungsstellen?
Zweite Frage. Wir haben vorhin schon von den Rech-
ten der Kinder gegenüber den Erziehungsberechtigten
gesprochen, womit nicht ein Gegeneinander, sondern
eine eigene Rechtsstellung der Kinder gemeint ist. Sie
haben ausgeführt, dass das Ministerium die rechtliche
Stellung von Kindern prüft. Ist darin auch explizit die
Prüfung einer Stärkung oder ausdrücklichen Nennung
von Kinderrechten im Grundgesetz eingeschlossen?
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Frau Kollegin, zu Ihrer ersten Frage, welche Bera-
tungsmöglichkeiten es für das Umfeld gibt. Das ist in der
Tat ein ganz entscheidender Punkt; denn wir wissen: Bei
sexuellem Kindesmissbrauch in Familien befinden sich
die Täter in der Regel im näheren sozialen Umfeld. Täter
sind nicht in erster Linie die leiblichen Eltern, sondern
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15144 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt jetzt noch
drei Fragesteller zu diesem Themenbereich. Ich gehe da-
von aus, dass ich sie auch noch aufrufen werde, um das
Ganze abzurunden. Danach gibt es noch eine Frage zur
gestrigen Kabinettssitzung, bevor wir dann zur Frage-
stunde kommen. – Die nächste Frage stellt jetzt unsere
Kollegin Frau Heidrun Dittrich.
Vielen Dank. – Erstens. Frau Ministerin, ist Ihnen be-
kannt, dass gerade bei sexueller Gewalt – im Volksmund
auch „sexueller Missbrauch“ genannt – die Aufklärungs-
rate sehr gering ist? Das heißt, gerichtlich eindeutig
nachweisbar ist die sexuelle Gewalt an Kindern nur in
den wenigsten Fällen, weil die medizinische Untersu-
chung nur sehr selten zu einer eindeutigen Beweislage
führt. Ist Ihnen das bekannt?
Zweitens. Ist Ihnen bekannt, dass die Jugendämter so-
wie die freien und öffentlichen Träger der Jugendhilfe
nur eine Möglichkeit haben, nämlich eine Person des
Vertrauens in die Familie und an die Seite des Kindes zu
geben? Wie wird mit Blick darauf die Personalaufsto-
ckung betrieben? Sie können sich nicht damit herausre-
den, dass die Kommunen kein Geld haben, auch wenn
das tatsächlich so ist, sondern Sie müssen sich als Regie-
rungsmitglied fragen lassen: Wie kommt es, dass die
Kommunen für diese wichtigen Aufgaben, die schon
lange im Gesetz festgeschrieben sind, kein Geld haben?
Wie kann es sein, dass Sie da nicht gegensteuern?
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Frau Kollegin, zu Ihrer ersten Frage: Selbstverständ-
lich ist mir bekannt, dass, wie bei allen Straftaten, auch
hier ein Dunkelfeld existiert. Dass die Beweisführung
hier besonders schwierig ist, ist vollkommen klar, vor al-
len Dingen vor dem Hintergrund, dass viele Menschen
erst im Erwachsenenalter darüber sprechen können und
wollen, was ihnen als Kind oder als Jugendlicher wider-
fahren ist. Daraus hat beispielsweise die Bundesjustiz-
ministerin die Konsequenz gezogen, eine Verlängerung
der Verjährungsfristen durchzusetzen. Das ist eine ad-
äquate Antwort auf diese besondere Herausforderung.
Zu Ihrer zweiten Frage, die sich darauf bezog, dass
die Jugendämter kein Geld haben, um hier ihre wichti-
gen Aufgaben zu erfüllen, kann ich Ihnen nur sagen: Ich
mache da andere Beobachtungen in den Jugendämtern.
Es stimmt, dass die Jugendämter teilweise mit sehr
knappen personellen Ressourcen arbeiten müssen. Ich
merke aber doch, dass alle Jugendämter bei Hinweisen
auf sexuellen Kindesmissbrauch bereit und auch in der
Lage sind, so schnell wie möglich jemanden dort hinzu-
schicken. Gerade deswegen wurde argumentiert, dass
dies ohnehin gute Praxis der Jugendämter sei und im
Bundeskinderschutzgesetz nicht eigens festgeschrieben
werden müsse. Den letzten Punkt habe ich anders gese-
hen; aber das war die Argumentation aller Jugendämter.
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rungszeugnis zu verlangen. Dazu geben wir denKommunen die Möglichkeit.
Vielen Dank, Frau Bundesministerin Dr. Kristina
Schröder.
Damit ist dieser Themenbereich beendet. Mir liegt
jetzt eine angemeldete Frage aus der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen des Kollegen Dr. Gerhard Schick vor.
Ich habe eine Frage zur gestrigen Kabinettssitzung
zum Thema EFSF. Bei der Jahrestagung des Internatio-
nalen Währungsfonds sind verschiedene Varianten einer
effizienteren Nutzung der EFSF diskutiert worden. Der
Fachterminus dafür ist Leverage. Es ist daraufhin in
Deutschland von verschiedenen Mitgliedern der Regie-
rungsparteien gesagt worden, das wolle man nicht. Über
die gestrige Kabinettssitzung ist öffentlich bekannt ge-
worden, es gebe ein Einvernehmen darüber, dass das
Volumen der EFSF nicht aufgestockt werden solle.
Ich möchte präzise nachfragen: Besteht im Kabinett
Einvernehmen, dass die am Rande der Jahrestagung des
IWF diskutierten Formen der effizienteren Nutzung der
Garantien, also des Leverage, nicht eingesetzt werden
sollen? Verhandelt die Bundesregierung darüber mit den
Partnerstaaten, oder bereitet sie Verhandlungen vor, oder
tut sie das nicht?
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Herr Kollege Schick, Sie haben den Sachverhalt zu-
treffend wiedergegeben. Ich kann das, was Sie gesagt
haben, bestätigen. Solche Verhandlungen finden nicht
statt.
Herr Kollege Dr. Schick, haben Sie eine Nachfrage?
Ich bedanke mich für die Beantwortung meiner zwei-
ten Frage. Ihre Antwort auf die Frage zu den Verhand-
lungen ist klar. Meine erste Frage beinhaltete aber ein
„oder“.
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Nein, die zweite Frage war eine Oder-Frage.
Schließt die Bundesregierung eine Nutzung der dort
diskutierten Instrumente, die ein Leveraging bezüglich
der Garantien im Rahmen der ESFS vorsehen, aus?
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Vielen Dank, Herr Präsident. – Die Haftungsober-
renze ist nicht das Gleiche wie der Leverage. Der Kol-
ge Schick hat nach dem Leverage gefragt. Deswegen
itte ich noch einmal um eine präzise Beantwortung der
rage.
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Herr Kollege, in der Beschlussempfehlung, die mor-en dem Deutschen Bundestag vorgelegt wird, wird zuminen die Höhe des ausgebrachten Volumens für Garan-en auf rund 211 Milliarden Euro beziffert. Wir alle hof-n, dass wir sie nicht verwenden werden müssen; aberie sind ein guter Schutz für die deutsche Volkswirt-chaft und die deutschen Arbeitsplätze.Zum anderen werden die Instrumente benannt, mitenen die EFSF ertüchtigt wird. Das sind erstens dieorsorglichen Kreditlinien, die dazu dienen, Illiquiditä-n in einzelnen Volkswirtschaften zu vermeiden. Zwei-ns sind es die Möglichkeiten zur Rekapitalisierung desankensystems und damit zum Schutz der Stabilität deseutschen Finanzwesens. Drittens ist es die Aufrechter-altung von Liquiditätsmaßnahmen auf den sogenanntenekundärmärkten. Alle weiteren instrumentellen Verän-
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15146 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter
)
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derungen verweise ich weiterhin in den Bereich der Spe-kulation.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sehe keine wei-
teren Fragen, sodass ich die Befragung der Bundesregie-
rung beende.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 17/7083, 17/7169 –
Auch hier erinnere ich an die nun schon mehrfach
praktizierte Ein-Minuten-Regelung für Fragen und Ant-
worten. Diese werde ich wieder durch ein entsprechen-
des Tonsignal unterstützen.
Bei der ersten Antwort werde ich das Signal jedoch
jeweils nicht auslösen. Ich bitte Sie dennoch, sich zu be-
mühen, auch bei der ersten Antwort die Minute nicht zu
überziehen.
Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10
Satz 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringli-
chen Fragen auf Drucksache 17/7169 auf.
Wir kommen zur dringlichen Frage 1 unserer Kolle-
gin Frau Dr. Marlies Volkmer:
Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen,
um der laut Handelsblatt vom 26. September 2011 – „Bahrs
Verschlusssache birgt Sprengstoff für die Krankenkassen“ –
vielen Krankenkassen drohenden Insolvenz zu begegnen?
Zur Beantwortung der Frage steht die Parlamentari-
sche Staatssekretärin Frau Kollegin Annette Widmann-
Mauz zur Verfügung.
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Herr Präsident! Frau Kollegin Volkmer, Pressemel-
dungen, wonach die Hälfte aller gesetzlichen Kassen
kurz vor der Pleite stünde, entbehren jeder tatsächlichen
Grundlage. Dieser Behauptung widersprechen auch die
Verfasser des Gutachtens zu den Auswirkungen des Risi-
kostrukturausgleichs. Vielmehr hat sich die Finanzsitua-
tion der gesetzlichen Krankenversicherung in den letzten
Jahren deutlich verbessert. Besondere Maßnahmen zur
Verhinderung von Insolvenzen bei einer großen Zahl von
Krankenkassen sind daher nicht erforderlich.
Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin.
Frau Staatssekretärin, Tatsache ist, dass die Bundes-
regierung der spektakulären Pleite der City BKK zu
lange tatenlos zugesehen hat, mit all den entwürdigen-
den Begleiterscheinungen insbesondere für ältere Men-
schen, die sich plötzlich eine neue Krankenversicherung
suchen mussten. Weitere Kassenschließungen sind nicht
auszuschließen.
Meine Frage ist: Hat die Bundesregierung Informatio-
nen über die Höhe der Unterdeckung, die die City BKK
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15147
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ten Gutachten macht, insbesondere zu den Fragen der Begren-zung der Krankheiten im Risikostrukturausgleich und desMethodenfehlers bei den Versicherten, die im laufenden Jahrdie gesetzliche Krankenversicherung verlassen?Bitte schön, Frau Widmann-Mauz.A
Frau Kollegin Volkmer, in seinem Bericht kommt der
Wissenschaftliche Beirat zur Weiterentwicklung des
Risikostrukturausgleichs zu dem Ergebnis, dass keine
wesentlichen Änderungen am derzeitigen Risikostruk-
turausgleich vorzunehmen sind. Der derzeitige Risiko-
strukturausgleich wirke zielgerichteter als der bis in das
Jahr 2008 geltende Risikostrukturausgleich. Vor diesem
Hintergrund besteht derzeit kein unmittelbarer Bedarf an
grundlegenden Änderungen. Hier soll zunächst die Er-
fahrungsgrundlage mit weiteren Jahresergebnissen aus
dem neuen morbiditätsorientierten Risikostrukturaus-
gleich verbreitert werden.
Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin.
Ich möchte fragen: Wie beurteilt die Regierung die
Erkenntnis des Gutachtens, dass Krankenkassen für ge-
sunde Versicherte zu hohe Zuweisungen erhalten, wäh-
rend Geld für die Behandlung von krebskranken und
multimorbiden Patienten, also von Patienten mit vielen
Krankheiten, fehlt? Wie gehen Sie mit dieser Erkenntnis
um?
A
Die Bundesregierung schließt sich der Bewertung des
Beirates bzw. der Wissenschaftler an, nach der die
jetzige Auswahl an Krankheiten zu einer guten Ziel-
genauigkeit des morbiditätsorientierten Risikostruktur-
ausgleichs führt, und zwar zu einer deutlich besseren,
wie ich in meiner Antwort auf die letzte Frage ausge-
führt habe, als der Risikostrukturausgleich, der bis in das
Jahr 2008 Gültigkeit hatte.
Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Dr. Volkmer.
Es ist schön, dass Sie das bestätigen, was die SPD
schon immer gesagt hat, nämlich dass ein morbiditäts-
bezogener Risikostrukturausgleich zu einer sachgerech-
teren Zuweisung führt. Dennoch kommt der Beirat zu
dem Schluss, dass es in diesem Bereich eine Unter-
deckung gibt, wie ich sie bereits beschrieben habe. Mich
interessiert, welche Experten Ihnen bekannt sind, die die
aktuelle Methodik der Ermittlung der Zuweisungen für
die Krankenkassen aus dem RSA für zielgenau halten
und keinen Verbesserungsbedarf sehen.
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Ich zitiere Seite 5 der Zusammenfassung des Gutach-
ns:
Die Erweiterung
des Krankheitsspektrums –
würde zu einer Verbesserung der Zielgenauigkeit
des Morbi-RSA auf der Ebene von Individuen und
Gruppen von Versicherten führen und systemati-
sche Überdeckungen bei Krankenkassen mit gerin-
ger und Unterdeckungen bei Krankenkassen mit
hoher Morbidität tendenziell abbauen.
Wie verträgt sich diese schriftlich niedergelegte Aus-
age des Gutachtens mit Ihren Einschätzungen? Planen
ie, auf die Empfehlungen des Gutachtens korrigierend
inzugehen?
A
Frau Kollegin Klein-Schmeink, bei meiner letzten
ntwort habe ich ausgeführt, dass der Beirat nicht nur
ie Frage nach der Erweiterung, sondern auch nach der
eduktion der Anzahl der zu berücksichtigenden Krank-
eiten untersucht hat. Er gibt keine Empfehlung ab, wel-
he Maßnahme zielgenauer und damit unmittelbar um-
usetzen sei. Wir halten es für richtig, den neuen
eltenden morbiditätsorientierten Risikostrukturaus-
leich erst nach einigen Jahren auszuwerten, bevor
andlungen abgeleitet werden.
Es gibt eine weitere Frage unserer Kollegin Frau Elkeerner.
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15148 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
)
)
Frau Widmann-Mauz, Sie haben eben gesagt, dass die
Ausweitung der Zahl der Krankheiten von der Großen
Koalition beschlossen worden ist, also nicht nur von der
SPD, sondern auch von der Union. Trifft es zu, dass die
Union damals überhaupt keine Krankheiten im Rahmen
des Risikostrukturausgleichs berücksichtigen wollte,
während wir keine Begrenzung nach oben haben woll-
ten? Trifft es ferner zu, dass die Aussage, die Sie gerade
gemacht haben, nämlich dass die Sachverständigen
keine Empfehlung gegeben haben, die Anzahl der
Krankheiten auszuweiten, im Widerspruch zu dem steht,
was die Kollegin aus der Kurzzusammenfassung des
Gutachtens vorgetragen hat?
Herr Präsident, ich möchte für das Protokoll anmer-
ken, dass zumindest wir – ich hoffe aber, auch das Präsi-
dium – der Frage nachgehen, ob ein Mitglied der Bun-
desregierung dem Parlament ordnungsgemäß und richtig
Auskunft gegeben hat oder nicht.
A
Frau Kollegin, ich will noch einmal ausdrücklich er-
wähnen, dass der Wissenschaftliche Beirat keinen aku-
ten Handlungsbedarf sieht. Er hat verschiedene Szena-
rien bewertet und durchgerechnet. Wir schließen uns der
Meinung, dass kein akuter Handlungsbedarf besteht, an.
Dies schließt nicht aus, dass wir in einigen Jahren nach
der Auswertung des neuen morbiditätsorientierten Risi-
kostrukturausgleichs aufgrund einer größeren Erfahrung
zu neuen Erkenntnissen kommen. Der neue morbiditäts-
orientierte Risikostrukturausgleich beruht auf Daten, die
innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums erhoben wor-
den sind. Deshalb werden wir diesen Bereich weiterhin
aufmerksam beobachten und die Diskussion mit dem
Parlament weiter führen.
Ich rufe die dringliche Frage 3 des Kollegen Harald
Weinberg auf:
Warum sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbe-
darf, obwohl das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates
zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs gravie-
rende Mängel darlegt, die unter anderem auf einer zu geringen
Anzahl der zugrunde gelegten Krankheiten und der mangeln-
den, aber international empfohlenen Einbeziehung verstorbe-
ner Versicherter beruhen und damit zu Überdeckungen für
junge und gesunde Versicherte sowie bestimmte Regionen
führen, und liegen der Bundesregierung Daten darüber vor,
wie hoch die Unterdeckung der City BKK im Jahre 2009 war?
A
Sehr geehrter Herr Kollege Weinberg, in seinem Be-
richt zum Risikostrukturausgleich hat der Beirat emp-
fohlen, keine wesentlichen Änderungen am derzeitigen
Risikostrukturausgleich vorzunehmen. Der derzeitige
Risikostrukturausgleich wirke zielgerichteter als der bis
2008 geltende Risikostrukturausgleich. Vor diesem Hin-
tergrund sieht die Bundesregierung keinen unmittelbaren
Bedarf an grundlegenden Änderungen; vielmehr soll zu-
nächst die Erfahrungsgrundlage mit weiteren Jahreser-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15149
)
tungsausgaben zukünftig nicht mehr über Stichproben,sondern über eine Vollerhebung zu ermitteln. In diesemBericht steht, dies könne ohne Rechtsänderung vomBundesversicherungsamt und dem GKV-Spitzenverbandvereinbart werden. Werden Sie entsprechende Verfah-rensänderungen unterstützen?A
Frau Kollegin Volkmer, ich habe mehrfach ausge-
führt, dass wir derzeit keinen akuten Handlungsbedarf
sehen, dass wir aber die Empfehlungen bei unserer Ar-
beit berücksichtigen werden. Ich wiederhole: Wir sehen
keinen akuten Handlungsbedarf.
Frau Dr. Volkmer, ich gebe Ihnen das Wort zu einer
weiteren Nachfrage, weil es einen Sachzusammenhang
gibt. Danach darf Frau Kollegin Bärbel Bas eine Nach-
frage stellen.
Gerade bei dem letzten Sachverhalt besteht für Sie
keine Notwendigkeit, gesetzgeberisch tätig zu werden.
Das Bundesversicherungsamt kann von sich aus tätig
werden. Es braucht nur Ihre Zustimmung dazu. Wenn
das Bundesversicherungsamt hier zwecks Umsetzung tä-
tig werden will, werden Sie dann entsprechende Unter-
stützung gewähren?
A
Frau Kollegin Volkmer, auch Fragen, die Handlungs-
bedarf auf nichtgesetzgeberischer Ebene anbelangen,
werden von mir mit derselben Antwort versehen. Des-
halb: Wir sehen keinen akuten Handlungsbedarf. Das
heißt aber nicht, dass wir keine weiteren Erfahrungen
durch neue Ergebnisse von Berechnungen in unsere
Überlegungen einbeziehen. Genau das haben wir vor.
Jetzt erteile ich unserer Kollegin Bärbel Bas das Wort
zu einer Nachfrage.
Wir haben vorhin über Insolvenzen wie die der City
BKK gesprochen. Ist Ihnen die Situation der BKK für
Heilberufe bekannt? Droht da möglicherweise etwas?
Vorhin haben Sie ausgeschlossen, dass in den nächsten
Monaten weitere Insolvenzen anstehen.
A
Frau Kollegin Bas, diese Fragen richten sich an das
Bundesversicherungsamt. Sie wissen, dass ich hierzu
keine Aussagen machen kann. Ich habe in meiner vorhe-
rigen Antwort nicht ausgeschlossen, dass es Insolvenzen
geben kann. Aber der Eindruck, der über die Presse ver-
mittelt wurde, dass flächendeckend mit Insolvenzen
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Ich habe ein weiteres Zitat dabei und habe dazu Fra-
en. – Auf der Seite 7 der Zusammenfassung wird auf
en etwaigen Zusammenhang zwischen dem Rückgang
er Präventionsleistungen der Krankenkassen und dem
orbi-RSA oder anderen Entwicklungen eingegangen.
a wird festgestellt, dass es durch die Einführung der
usatzbeiträge zu einem Preiswettbewerb gekommen
t, der unter anderem auch dafür verantwortlich sein
ann, dass die Präventionsleistungen zurückgehen. Es
ird empfohlen, den Zusammenhang im Auge zu behal-
n.
Daher meine Frage an Sie: Was tun Sie? Werden Sie
iesen eventuellen Zusammenhang mit dem Morbi-RSA
Auge behalten? Mit welchen Instrumenten werden
ie das konkret umsetzen?
A
Frau Kollegin Klein-Schmeink, Sie wissen, dass ins-
esondere den Koalitionsfraktionen sehr viel an dem
hema Prävention und an der Berücksichtigung von Prä-
entionsmaßnahmen bei den gesetzlichen Krankenkas-
en gelegen ist. Vor diesem Hintergrund werden wir wei-
re Erfahrungen sammeln, indem wir zukünftige
ahresergebnisse auswerten.
ir werden aufgrund der Erkenntnisse, die wir dabei ge-
innen, zu Schlüssen kommen. Denen will ich aber
icht vorgreifen.
Vielen Dank, Frau Parlamentarische Staatssekretärin.Nachdem die dringlichen Fragen aufgerufen und be-ntwortet worden sind, kommen wir zu den mündlichenragen auf Drucksache 17/7083, und zwar zunächst zuenen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministe-ums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.ur Beantwortung steht uns Frau Parlamentarischetaatssekretärin Katherina Reiche zur Verfügung.Die Fragen 1 und 2 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhlerden schriftlich beantwortet. Das gilt auch, wie ichben gehört habe, für die Fragen 3 und 4 der Kolleginte Vogt.
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15150 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Vizepräsident Eduard Oswald
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Ich rufe jetzt die Frage 5 des Kollegen Dr. MatthiasMiersch auf:Inwieweit sind für Brennelemente aus den acht in 2011stillgelegten Atomkraftwerken ausreichend Castorbehälterverfügbar, um die Verweildauer in Abklingbecken auf dastechnisch notwendige Maß zu begrenzen, und, falls diesenicht vorliegen, welche Gründe sind gegebenenfalls dafürverantwortlich?Bitte schön.Ka
Herr Kollege Miersch, aufgrund des Sachzusammen-
hangs würde ich die Fragen 5 und 6 von Ihnen gern zu-
sammen beantworten.
Dann rufe ich auch die Frage 6 des Kollegen
Dr. Matthias Miersch auf:
Werden Brennelemente aus den in 2011 stillgelegten
Atomkraftwerken auch nach einer Abklingzeit von fünf Jah-
ren in Abklingbecken gelagert werden, und welche Standorte
betrifft dies im Einzelnen?
Ka
Entsprechend § 9 a Abs. 1 Atomgesetz haben Betrei-
ber der Kernkraftwerke dafür Sorge zu tragen, dass die
bestrahlten Brennelemente aus dem Betrieb geordnet be-
seitigt werden. Es liegt auch im Interesse der Betreiber
der Kraftwerke, die mit der 13. Atomgesetznovelle die
Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren haben, die
bestrahlten Brennelemente, sobald die sicherheitstechni-
schen Voraussetzungen erfüllt sind, in Zwischenlager zu
überführen, um die Anlagen zügig zurückbauen zu kön-
nen. Es ist daher zu erwarten, dass die erforderlichen Be-
hälter in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen wer-
den. Der Bundesregierung liegen derzeit keine
anderslautenden Informationen vor.
Herr Dr. Miersch, Sie haben jetzt die entsprechende
Zahl von Nachfragen, da beide Fragen zusammenhän-
gend beantwortet sind. Bitte schön, Ihre erste Nachfrage.
Vielen Dank. – Frau Staatssekretärin, die Frage lau-
tete konkret, inwieweit Sie aufgrund der anfallenden
Atommüllmengen Engpässe bei der Bereitstellung von
Castorbehältern befürchten. Dazu haben Sie gesagt, dass
Ihnen keine Erkenntnisse vorliegen. Ich frage Sie: Sehen
Sie sich nicht in der Pflicht, zusammen mit den Betrei-
bern eine Konzeption zu entwickeln, damit ausreichend
Castorbehälter zur Abholung dieses Mülls zur Verfü-
gung stehen?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15151
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der Kraftwerke gibt. Bei zwei Kraftwerken besteht dieSituation, dass eine Abschaltung erfolgte, bevor die Zeitfür die Nutzung der Brennelemente abgelaufen war. In-sofern müssen längere Zeiten in den Abklingbecken zurAbkühlung einkalkuliert werden. Vorher ist ein Abtrans-port gar nicht möglich.Zu den Spekulationen des Handelsblattes wiederumkann ich keinen Kommentar abgeben. Ich verweise nocheinmal darauf, dass wir keine Aufstellung über die kon-krete Anzahl der beschädigten Brennelemente in denKraftwerken haben. Wir sind allerdings dabei, die ent-sprechenden Informationen zusammenzustellen. Wir er-warten sie aber nicht vor Beginn des nächsten Jahres.
Herr Kollege Dr. Miersch, Sie haben noch eine Nach-
frage. Bitte.
Frau Staatssekretärin, angesichts der eben von mir ge-
nannten Zahl von 50 Castoren pro AKW – Sie mögen
diese Zahl vielleicht nicht glauben – und angesichts der
Tatsache, dass wir erst heute wieder im Umweltaus-
schuss im Zusammenhang mit Gorleben, wo wir erhöhte
Strahlenwerte feststellen müssen, über die Möglichkeit
eines weiteren Transportes gesprochen haben, möchte
ich Sie fragen: Sehen Sie das Ministerium nicht in der
Pflicht, ganz schnell in den Fragen hinsichtlich Zwi-
schenlager und Endlager weiterzukommen? Wann kön-
nen Sie uns endlich vermelden, dass der Bundesumwelt-
minister einen Entwurf zu einem Endlagersuchgesetz
dem Parlament präsentieren wird?
Ka
Ich nehme an, dass heute im Ausschuss meine Kolle-
gin Frau Staatssekretärin Heinen-Esser Ihnen mitgeteilt
hat, dass wir bis zum Ende des Jahres ein Endlagersuch-
gesetz vorlegen. Was Gorleben betrifft, wollen wir in ei-
nen Dialog eintreten. Diese Maßnahme hat man bei den
Vorgängerregierungen über einen Zeitraum von zwölf
Jahren vermisst. Insofern treten wir in eine neue Qualität
der Endlagersuche und der Kommunikation mit der Be-
völkerung vor Ort ein.
Vielen Dank. – Wir haben eine weitere Nachfrage.
Kollege Ulrich Kelber, bitte.
Frau Staatssekretärin, Sie hatten eben angekündigt,
dass Sie bis Ende des Jahres den Entwurf eines End-
lagersuchgesetzes vorlegen. Sie haben fast wörtlich ge-
sagt: Wir werden ein Endlagersuchgesetz vorlegen. –
Warum ist dies nicht im Vorhabenplan der Bundesregie-
rung enthalten? Warum ist in der Antwort auf meine
schriftliche Frage, warum es nicht im Vorhabenplan ent-
halten sei, nicht etwa von einem Gesetzentwurf, sondern
nur von einem Vorschlag für ein Gesetz die Rede?
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Zuerst hat der Kollege Ralph Lenkert das Wort, und
ann schauen wir, ob sich das zwischenzeitlich erledigt
at. – Bitte schön, Kollege Ralph Lenkert.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin,
ir müssen ja davon ausgehen, dass die abgebrannten
nd teilabgebrannten Brennelemente noch mindestens
nf Jahre in den Abklingbecken liegen werden. Die
tomkraftwerke wurden mit einer Betriebsdauer von
0 Jahren konzipiert, die Abklingbecken ebenso. Es be-
teht also ein erheblicher Handlungsbedarf.
Inwieweit planen Sie, eine maximale Verweildauer
on Brennelementen in den Abklingbecken über die Ab-
chaltung der Atomkraftwerke hinaus festzulegen? Oder
ollen Sie in Kauf nehmen, dass die Abklingbecken
ventuell versagen?
Ka
Ihre Frage stellt eine Menge Behauptungen in denaum, die ich gar nicht im Einzelnen kommentierenill.
akt ist, Herr Kollege Lenkert, dass ich Ihnen ganz spe-iell die Lektüre der Stellungnahme der Entsorgungs-ommission vom 27. Mai dieses Jahres empfehle. Dortnden Sie eine ganz genaue Abfolge dessen, was zu tunt: Verbleiben im Reaktor, Umladen in das Nasslagerbe-
Metadaten/Kopzeile:
15152 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche
)
)
cken, Lagerung im Nasslagerbecken, Umladen in Zwi-schenlagerbehälter, Transport zum Reaktorgebäudeusw., usf. Das alles sind Schritte, die beschrieben, defi-niert und genehmigt werden müssen.Trotzdem müssen Brennelemente abklingen, bevorsie in entsprechende Transportbehälter verladen werdenkönnen. Das sind üblicherweise – so habe ich gesagt –fünf Jahre. Wir werden zwar alles tun, diesen Prozess sozu beschleunigen, wie es möglich ist. Wir werden unsdabei aber keinesfalls über die Sicherheit hinwegsetzen,sondern das beachten, was sicherheitstechnisch gefor-dert ist.
Die nächste Nachfrage kommt von Kollegin Johanna
Voß.
Frau Staatssekretärin, die Bundesregierung hat im
Haushaltsentwurf 2012 für die Weitererkundung von
Gorleben weitere 30 Millionen Euro vorgesehen. Da ich
selbst aus der Region komme, stelle ich vor Ort fest,
dass dort in drei Schichten täglich rund um die Uhr wei-
tergearbeitet wird und weiter vollendete Tatsachen ge-
schaffen werden.
Können Sie mir das erklären? Wenn wir vor der
Schaffung eines Endlagersuchgesetzes stehen, also vor
der Auswahlfindung für ein geeignetes Endlager, wie
können Sie das dann glaubhaft machen angesichts des-
sen, dass in Gorleben trotzdem weitererkundet wird?
Sieht die Bundesregierung darin nicht eine Vorweg-
nahme der anstehenden parlamentarischen Beschlüsse
zur Atommüllverwahrung?
Ka
Frau Kollegin, Ihnen ist möglicherweise entgangen,
dass wir das Moratorium aufgehoben haben und ergebnis-
offen weitererkunden. Ich möchte noch einmal die Pro-
tokollerklärung zitieren, übrigens auch als konkrete Ant-
wort, weil der Kollege Kelber meinte, da sei etwas offen
geblieben.
Protokollerklärung vom 8. Juli 2011: Die Bundesregie-
rung bekräftigt,
dass die Generationen, die die Kernenergie nutzen,
auch für die Lagerung der anfallenden radioaktiven
Abfälle Sorge tragen müssen. Dies schließt die er-
gebnisoffene Weitererkundung des Salzstocks in
Gorleben ebenso ein wie ein Verfahren zur Ermitt-
lung allgemeiner geologischer Eignungskriterien
und möglicher Entsorgungsoptionen.
– Das läuft also parallel.
Die Bundesregierung wird dazu bis Ende des Jahres
2011 einen Vorschlag für eine gesetzliche Regelung
erarbeiten.
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Es gibt noch die Nachfrage unserer Kollegin Ute
ogt. Bitte schön, Kollegin Ute Vogt.
ird diesem Parlament noch in diesem Jahr ein Gesetz-
ntwurf zur Endlagersuche vorgelegt?
Ka
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir werden einen Vorschlag für eine gesetzliche Re-
elung unterbreiten.
Kollege Volker Beck. Bitte schön.
Frau Staatssekretärin, ich bin kein Fachmann für
tomrecht; aber die Antwort, die Sie gegeben haben,
ar keine Antwort auf die gestellte Frage. Die Kollegin
at gefragt, ob noch dieses Jahr ein Gesetzentwurf der
undesregierung zu erwarten ist. Da können Sie sagen:
Ja“ oder „Nein, zu einem anderen Zeitpunkt“; den Zeit-
unkt sollten Sie dann benennen. Ich frage Sie: Wann
lant die Bundesregierung die Vorlage eines Gesetzent-
urfs? Sagen Sie mir jetzt nicht: „In diesem Jahrtau-
end“!
Ka
Ich habe gesagt, dass wir zum Ende des Jahres einen
orschlag unterbreiten werden.
Jetzt kommt die Nachfrage unseres Kollegen Ulrichelber.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15153
)
)
Frau Staatssekretärin, vielleicht sind Sie bei einer
anderen Frage zu einer konkreten Antwort bereit. Teilen
Sie meine Ansicht, dass es zumindest bei den stillgeleg-
ten deutschen Atomkraftwerken, die in der Frage des
Abklingbeckens dem Fukushima-Reaktortyp gleichen
– das Abklingbecken liegt außerhalb des inneren Con-
tainments –, richtig wäre, die Brennstäbe nach aus tech-
nischer Sicht kürzestmöglicher Zeit, also in etwa fünf
Jahren, aus dem offenen Abklingbecken herauszuneh-
men und in Castorbehältern in ein Zwischenlager zu
bringen?
Ka
Herr Kollege Kelber, auch dazu macht die ESK in ih-
rer Stellungnahme Aussagen. Es wird geprüft, inwiefern
technische Voraussetzungen erfüllt werden. Das ist zum
jetzigen Zeitpunkt aber nicht zu sagen. Fakt ist, dass wir
eine Abklingphase brauchen. Fakt ist auch, dass es Ver-
änderungen bei der Genehmigung geben wird. Es ist die
Aufgabe der nächsten Zeit, diese zu erarbeiten und zu
überprüfen, inwiefern sie überhaupt erforderlich sind.
Ich bin mir sicher, dass wir eine solche Überprüfung bin-
nen fünf Jahren bewerkstelligen können.
Jetzt kommt die Nachfrage unseres Kollegen Ralph
Lenkert.
Frau Staatssekretärin, die Stellungnahme ist uns be-
kannt, nicht nur Ihnen. Meine Frage lautet: Planen Sie
einen maximalen Zeitraum, in dem das abgeschlossen
sein soll, nicht dass irgendwann einmal ein Unterneh-
men aufhört, zu existieren, und die gesamten Kosten
beim Steuerzahler landen? Deshalb stelle ich die expli-
zite Frage: Innerhalb welchen Zeitraums planen Sie zum
Beispiel die Abklingbecken außer Betrieb zu nehmen,
nachdem ein Atomkraftwerk stillgelegt worden ist?
Ka
Herr Kollege Lenkert, wir planen nicht, Abklingbe-
cken außer Betrieb zu nehmen. Abklingbecken und ent-
sprechende Sicherheitsvorkehrungen werden so lange in
Betrieb sein, wie es sicherheitstechnisch erforderlich ist.
Eine Nachfrage der Frau Kollegin Dr. Enkelmann.
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Ka
Das kann ich nicht sagen. Ich bin ja hier, um die Fra-
en zu beantworten. Insofern halte ich das Ganze für et-
as überzogen; aber das muss die Opposition selbst wis-
en.
Die Beratungen der Geschäftsführer haben ergeben,
ass der Wunsch nach Herbeizitierung des Bundesum-
eltministers bestehen bleibt.
sofern ist dies ein Antrag der Oppositionsfraktionen.
h lasse darüber abstimmen. Wer für diesen Antrag ist,
en bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Es
t eindeutig: Die Mehrheit ist für diesen Antrag. Inso-
rn müssen wir die Sitzung unterbrechen und den
inister herbeizitieren.
Die Sitzung ist unterbrochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist wie-er eröffnet.Wir haben die Situation mit den Fraktionsgeschäfts-hrern erörtert. Wir haben die Information erhalten,ass sich der Bundesminister für Umwelt, Naturschutznd Reaktorsicherheit bei der Feierstunde zum 60-jähri-en Bestehen des Bundesverfassungsgerichts in Karls-he aufhält, was dem Präsidium und auch den Fraktio-en nicht bekannt war. Insofern ist ein Herbeizitierenicht möglich.Wir setzen die Fragestunde fort. – Ich rufe die Frage 7es Abgeordneten Manfred Nink auf:Welche Ergebnisse der Prüfung des französischen Atom-kraftwerkes Cattenom durch die französische Atomaufsichts-behörde bei der Kontrolle im August dieses Jahres, die imRahmen des europäischen Stresstests stattfand, sind der Bun-desregierung bekannt, und wie bewertet die Bundesregierungdie Tatsache, dass – wie Medien in der 38. Kalenderwoche be-richteten – der französische Betreiber EDF das Kraftwerk
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15154 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Vizepräsident Eduard Oswald
)
)
Cattenom in einem eigenen Prüfbericht als sicher bezeichnethat, und zwar auch bei Erdbeben bis zu einer Stärke von 5,4auf der Richterskala?Bitte schön.Ka
Herr Kollege Nink, bei der Sitzung der Arbeitsgruppe
„Notfallschutzplanung“ der Deutsch-Französischen
Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer
Einrichtungen am 22. September 2011 in Köln haben
sich die deutsche und die französische Delegation ge-
genseitig über den aktuellen Stand der Durchführung des
europäischen Stresstests in beiden Ländern informiert.
Die Fortschrittsberichte des Betreibers Cattenom sowie
der nationale Fortschrittsbericht der französischen Re-
gierung sind im Internet veröffentlicht und der Bundes-
regierung bekannt. Der Abschlussbericht des Betreibers
ist der französischen atomrechtlichen Behörde ASN bis
zum 31. Oktober 2011 vorzulegen. Der Abschlussbericht
der französischen Regierung ist bis zum 31. Dezember
2011 an die Europäische Kommission zu übermitteln.
Danach werden die Berichte in einem Prüfprozess durch
Experten der atomrechtlichen Behörden der EU-Mit-
gliedstaaten überprüft und bewertet.
Ihre erste Nachfrage, Kollege Manfred Nink.
Frau Staatssekretärin, wenn meine Informationen
stimmen, haben die Inspektoren der französischen
Atomaufsichtsbehörde festgestellt, dass das Kernkraft-
werk insbesondere gegen Naturereignisse nicht abgesi-
chert ist. Vor diesem Hintergrund frage ich die Bundes-
regierung: Wie bewerten Sie die Sicherheit und das
Risiko für die Bevölkerung, insbesondere auf der deut-
schen Seite, zum Beispiel im Landkreis Trier-Saarburg
und in der Stadt Trier?
Ka
Der EU-Kommissar für Energie, Oettinger, hat erst-
mals einen europäischen Stresstest für alle Kernkraft-
werke in der Europäischen Union in Gang gesetzt. In
diesem Prozess befinden wir uns. Die Deutsch-Französi-
sche Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechni-
scher Einrichtungen dient dem intensiven Austausch al-
ler Informationen. Es ist nicht unsere Aufgabe, eine
explizite Bewertung vorzunehmen. Klar ist aber, dass
wir davon überzeugt sind, dass für die deutschen Kern-
kraftwerke höchste Sicherheitsstandards gelten und wir
im europäischen Vergleich sicherlich die höchsten An-
forderungen haben. Ob auf andere Kernkraftwerke dem-
nächst Nachrüstanforderungen zukommen, kann ich
zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15155
)
Was die Zusammenarbeit betrifft, Herr Kollege, kannich Folgendes sagen: Seit Jahren sind in der deutsch-französischen Kommission auch Vertreter der LänderBaden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und des Saarlan-des. Regelmäßig finden überkreuz Inspektionen statt.Wenn es Vorkommnisse gab, wurde diesen auch seitensder Kommission nachgegangen. Insofern können wir beidiesem Austauschverfahren keine Defizite feststellen.
Vielen Dank. – Kollege Nink, Sie haben noch eine
weitere Nachfrage. Dann folgen Nachfragen anderer
Kollegen.
Frau Staatssekretärin, ich unterstelle, dass der Bun-
desregierung bekannt ist, dass der Rat der Stadt Trier am
14. April 2011 einstimmig eine Resolution mit dem Titel
„Cattenom sofort abschalten!“ beschlossen hat. Muss ich
Ihre bisherigen Antworten so interpretieren, dass die
Bundesregierung keine Handlungsmöglichkeit hat, um
diese Resolution zu unterstützen?
Ka
Herr Kollege, die Bundesregierung kann der französi-
schen Regierung nicht vorschreiben – das gilt auch für
andere europäische Länder –, welche Strategie im Be-
reich Energie sie zu verfolgen hat.
Jetzt kommen wir zur Nachfrage des Kollegen
Dr. Miersch.
Frau Staatssekretärin, habe ich Sie richtig verstanden,
dass die Bundesregierung angesichts der Situation, dass
einige Länder in Europa weiter auf die Hochrisikotech-
nologie Atomkraft setzen, sich überhaupt nicht veran-
lasst sieht, einen Anstoß zu geben, damit auch unsere
Nachbarstaaten einen anderen Weg einschlagen? Ich er-
innere Sie daran, dass der EU-Kommissar für Energie
die Bundesrepublik Deutschland ermahnt hat, auf Ener-
giesicherheit zu setzen. Stimmen Sie mir zu, dass die
Bundesregierung angesichts dessen zumindest die Auf-
gabe hat, darauf hinzuwirken, dass die Zeit der Hochrisi-
kotechnologie in Europa zu Ende geht? Müsste sie nicht
zumindest versuchen, unsere Nachbarländer für das Ab-
schalten zu gewinnen, und entsprechende Initiativen
starten?
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15156 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
)
dass unser Weg erfolgreich ist und dass andere Länderdiesem Weg folgen.
Es gibt eine Nachfrage unserer Kollegin Frau Ute
Vogt.
Frau Staatssekretärin, wenn Sie schon aufgrund Ihrer
Verantwortung und aus Sorge um die Sicherheit der Be-
völkerung die Nutzung der Hochrisikotechnologie in
Deutschland zum Ende bringen, geböte es die Sorge um
die Sicherheit der Menschen auch in unserem Land dann
nicht, dass Sie nicht nur werben, sondern mit konkreten
Initiativen auf die Abschaltung insbesondere der grenz-
nahen Atomkraftwerke hinwirken?
Ka
Frau Kollegin Vogt, ich kann mich nur wiederholen:
Die Bundesregierung kann ihre eigene Strategie und
auch den Erfolg ihrer Strategie als bestes Überzeugungs-
beispiel dafür nehmen, dass Wachstum auch ohne Kern-
kraft möglich ist. Im Übrigen habe ich auf die Gespräche
zum europäischen Stresstest für Kernkraftwerke verwie-
sen. Auch hier sind wir mit konkreten Vorschlägen und
Definitionen dabei. Darüber hinaus haben wir aber keine
Einflussmöglichkeit.
Ich frage mich, ob Sie diese Frage jetzt wissentlich
oder unwissentlich gestellt haben. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass eine Regierung in anderer Konstellation
einen Mehrheitsbeschluss darüber fassen würde, die
französische Regierung zu zwingen, aus der Kernenergie
auszusteigen. Zumindest ich kann mir das nicht vorstel-
len.
Frau Kollegin Johanna Voß hat eine Nachfrage.
Danke schön. – Frau Staatssekretärin, sicherlich
könnte man diesbezüglich keine direkten Gespräche mit
Frankreich führen. Aber ich möchte darauf hinweisen,
dass Deutschland und Frankreich Gründerstaaten des
Euratom-Vertrages sind; wir sind da Vertragspartner.
Dieser Vertrag sieht in Art. 1 vor, dass sich Deutschland
darum bemüht, überall die friedliche Nutzung der Atom-
kraft voranzutreiben und zu fördern. Meine Frage: Wie
viel Geld gibt die Bundesregierung dafür in diesem Jahr
aus? Wie viel Geld ist eingeplant, um atomare For-
schungs- und Entwicklungsvorhaben im Rahmen des
Euratom-Vertrages weiterhin zu unterstützen?
Außerdem: Könnte hier nicht die Bundesregierung ih-
ren Einfluss geltend machen und aus dem Atomförder-
vertrag einen Atomausstiegsvertrag entsprechend der na-
tionalen Gesetzgebung machen?
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eine Initiativen, andere Länder zum Ausstieg aus der
ernenergie zu bewegen?
Das war eine rhetorische Frage.
Der Kollege Kelber verzichtet darauf, auf eine rheto-
sche Frage noch eine Frage zu stellen.
Ka
Herr Kelber, ich habe ja mich gefragt.
Das ist geklärt.Ich rufe Frage 9 unserer Kollegin Dr. Bärbel Kofleruf:Zu welchem Zeitpunkt wird das überarbeitete kerntechni-sche Regelwerk förmlich in Kraft gesetzt, und wie wird si-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15157
Vizepräsident Eduard Oswald
)
)
chergestellt, dass die darin enthaltenen Maßgaben zu einer ak-tiven Überprüfungspraxis durch die jeweilige Atomaufsichtführen, soweit in den jeweiligen Atomanlagen solche ange-passten Maßgaben oder Standards nicht erfüllt sind?Bitte schön, Frau Staatssekretärin.Ka
Frau Kollegin Kofler, das überarbeitete kerntechnische
Regelwerk soll nach Abschluss der vorgesehenen Bera-
tungen veröffentlicht werden. Eine solche Veröffentli-
chung ist jedoch weder erforderlich für die laufende Be-
rücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik
durch die Behörden, noch hat sie eine rechtliche Bin-
dungswirkung des Regelwerks zur Folge. Vielmehr dient
das untergesetzliche Regelwerk der jeweiligen atomrecht-
lichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde als Grund-
lage für behördliche Entscheidungen.
Es bedarf der Umsetzung des untergesetzlichen Re-
gelwerks im konkreten verwaltungsbehördlichen Verfah-
ren. Die Veröffentlichung kerntechnischer Regelwerke
erfolgt üblicherweise nach Beratungen des Länderaus-
schusses für Atomenergie, in denen die zuständigen
atomrechtlichen Behörden übereinkommen, die entspre-
chenden kerntechnischen Regeln in atomrechtlichen Ge-
nehmigungs- und Aufsichtsverfahren zugrunde zu legen.
Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Dr. Kofler.
Frau Staatssekretärin, ich habe nach dem konkreten
Zeitpunkt gefragt. Wenn man sich die Homepage des
Ministeriums für Umwelt ansieht, dann stellt man fest,
dass dort angekündigt ist, dass das überarbeitete kern-
technische Regelwerk Mitte 2011 in Kraft gesetzt wird.
Ich frage Sie noch einmal nach dem konkreten Zeitpunkt
– wir befinden uns im Herbst 2011 – und danach, welche
Gründe es für die Verzögerung bei der Inkraftsetzung
gibt.
Ka
Frau Kollegin Kofler, da diese Frage schon öfters in
den Fragestunden gestellt wurde, erlaube ich mir einen
kurzen Rückblick. 2003 hatte die damalige Bundesregie-
rung ein kerntechnisches Regelwerk in Auftrag gegeben.
Der jeweilige Bearbeitungsstand ist immer im Internet
veröffentlicht und umfangreich kommentiert worden.
Zuletzt wurde 2008 die Version D veröffentlicht. Im Juli
2009 haben Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nie-
dersachsen, Schleswig-Holstein und das BMU beschlos-
sen, es probeweise anzuwenden. Die Länder haben ihre
Erfahrungsberichte, wie vereinbart, bis Ende 2010 vor-
gelegt. Auf dieser Grundlage ist nun die Version E zu-
stande gekommen, die dem BMU zur Prüfung vorliegt.
In diese Prüfung werden wiederum die atomrechtlichen
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Nachfrage des Kollegen Kelber.
Frau Staatssekretärin, können Sie mir an ein oder
wei Beispielen erläutern, welche entscheidenden Unter-
chiede zwischen der Version D und der Version E des
erntechnischen Regelwerks bestehen, die dazu geführt
aben, dass wir im Jahr 2010 und bisher im Jahr 2011
eiterhin mit einem kerntechnischen Regelwerk aus den
0er-Jahren gearbeitet haben – auch als Reaktion auf den
nfall in Fukushima –, anstatt mit einer einzigen Unter-
chrift Ihres Ministers das Regelwerk D bereits in Kraft
u setzen?
Ka
Herr Kollege Kelber, ich weise in diesem Zusammen-
ang darauf hin: Wir haben das Atomgesetz bereits vor
ukushima dergestalt geändert, dass wir einen § 7 d ein-
eführt haben, der dazu verpflichtet, die sicherheitstech-
ischen Anforderungen jeweils nach dem Stand von
issenschaft und Technik zu ergänzen. Dieser Prozess
uft sowieso. Er bedeutet eine permanente Weiterent-
icklung der Sicherheitsanforderungen, übrigens unab-
ängig von einem kerntechnischen Regelwerk.
Herr Kelber hat das Wort.
Die Frage war: Können Sie uns entscheidende Unter-
chiede zwischen den Versionen D und E erläutern?
Ka
Nein, Herr Kollege Kelber, das kann ich nicht. Ich
abe darauf hingewiesen, dass wir § 7 d des Atomgeset-
es neu eingeführt haben. Ich finde, es ist eine wichtige
itteilung – an Ihnen ist sie offenbar permanent vorbei-
egangen –, dass die Betreiber verpflichtet sind, nach
em Stand von Wissenschaft und Technik nachzurüsten,
nd somit die Aufsichtsbehörden dies auch überprüfen
üssen.
Es gibt eine weitere Frage des Kollegen Dr. Miersch.
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15158 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
)
)
Frau Staatssekretärin, können Sie mir die Frage be-
antworten, wie ein Paragraf, der § 7 d des Atomgesetzes,
ein Regelwerk, das aus über 1 100 Seiten besteht, erset-
zen soll?
Ka
Herr Kollege Miersch, Sie haben mich falsch verstan-
den, wenn Sie meinen, dieser Paragraf könne das Regel-
werk ersetzen. Der Prozess, den wir damit in Gang ge-
setzt haben, führt allerdings zu einer Qualifizierung: von
„statisch“ zu „dynamisch“. Früher war es so, dass ein be-
stimmter Stand galt. Jetzt muss der Stand unabhängig
davon, was eine Regierung entscheidet und was in einem
Regelwerk festgelegt ist, nach dem Stand von Wissen-
schaft und Technik weiterentwickelt werden. Dieser Pro-
zess führt dazu, dass auch Maßnahmen, die nicht zwin-
gend vorgeschrieben sind, geprüft und berücksichtigt
werden müssen. Dies ist ein qualitativer Fortschritt, der
der Sicherheit der Bevölkerung und der Sicherheit der
Kernkraftwerke in Deutschland dient.
Frau Kollegin Dr. Bärbel Kofler stellt ihre zweite
Nachfrage zu Frage 9.
Können Sie die Aussagen, die Sie gerade zum Stand
des kerntechnischen Regelwerks gemacht haben, präzi-
sieren? Aus unserer Sicht haben Sie sich selbst nämlich
gerade ein bisschen widersprochen.
Ka
Vielleicht ist es eher so, Frau Kollegin Kofler, dass es
für Sie schwierig ist, zu akzeptieren, dass es diese Bun-
desregierung war, die die sicherheitstechnischen Wei-
chen hin zu mehr Sicherheit gestellt hat.
Ich erläutere es Ihnen gerne noch einmal. Bis Ende
2010 haben die atomrechtlichen Behörden ihre Erfah-
rungsberichte vorgelegt. Die praktische Anwendbarkeit
wurde geprüft. Teilweise wurde sie bestätigt, teilweise
wurden weitere Vorschläge zur Überarbeitung vorgelegt.
Auf dieser Grundlage und nach entsprechenden Fachge-
sprächen erfolgt die Überarbeitung. Damit tragen wir
auch dem Anliegen, das Sie gerade formuliert haben,
Rechnung.
Es gibt hierzu eine weitere Nachfrage. – Bitte schön,
Herr Kollege.
Frau Staatssekretärin, ist es richtig, dass in § 7 d des
Atomgesetzes nur die Dinge beschrieben werden kön-
nen, die im kerntechnischen Regelwerk enthalten sind?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15159
)
Beratungen der RSK weitere Erkenntnisse ergeben, wirddas BMU entsprechende Maßnahmen mit den zuständi-gen Behörden beraten.
Eine Nachfrage, Frau Kollegin Kofler.
Das war auch wieder ein wenig wie bei den Antwor-
ten, die ich vorher bekommen habe. Wenn man nach
konkreten Zeiträumen fragt, dann erhält man die Ant-
wort, es sei ein Prüfauftrag erteilt worden.
Es stellt sich natürlich schon die Frage, was jetzt in
Bezug auf die Länderaufsicht konkret passieren soll. Die
bayerische Atomaufsicht hat sich bei der Revision eines
Risses in einem Rohr im AKW Grafenrheinfeld – ich
sage es einmal flapsig – nicht mit Ruhm bekleckert und
auf Zeit gespielt. Kommt das in Zukunft, wenn Ihre
Prüfaufträge abgeschlossen sind und Sie sich mit den
Ländern ins Benehmen gesetzt haben, dann nicht mehr
vor? Wird dadurch vermieden, dass solche Fälle wie der
von Grafenrheinfeld noch einmal vorkommen?
Ka
Wir befinden uns mit den Ländern in einem laufenden
Erörterungsprozess, der auch eine baldige Umsetzung
der sogenannten Nachrüstliste umfasst. Aus dem eben
dargestellten Prozess ergeben sich dann auch weitere
Anforderungen.
Dann frage ich jetzt noch einmal nach: Welche kon-
kreten weiteren Anforderungen sind das?
Ka
Frau Kollegin, das kann ich Ihnen an dieser Stelle
nicht beantworten. Ich würde Ihnen gerne einen schriftli-
chen Bericht zur Verfügung stellen.
Vielen herzlichen Dank. – Kollege Dr. Miersch hat
noch eine Nachfrage.
Frau
Halten Sie es nicht für notwendig, dass
man gerade diesbezüglich noch einmal für eine Klarstel-
lung der Rechtsgrundlagen sorgt, und ist insofern nicht
die Inkraftsetzung des kerntechnischen Regelwerks von
ganz erheblicher Bedeutung?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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15160 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
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ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-cherheit. Es gibt einen Beschluss des Plenums, dass derBundesminister zu diesem Geschäftsbereich selbst er-scheinen soll. Der Bundesminister ist noch nicht in Ber-lin, er befindet sich im Anflug. Es ist zeitlich sicherge-stellt, dass er nach seiner Landung hier sein kann.Um dem Wunsch des Plenums Rechnung zu tragen,werden wir jetzt die Behandlung des Geschäftsbereichsdes Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit unterbrechen. Die zu beantwortendenFragen werden wir dann im Anschluss – in der Hoff-nung, noch im geplanten Zeitfenster zu sein – behandeln.Wir werden mit den anderen Geschäftsbereichen– wir befinden uns ja noch in der Fragestunde – weiter-machen. Die Aktuelle Stunde folgt dann unmittelbar da-rauf. So war das einvernehmlich festgestellt worden.
– Der amtierende Präsident wird dann schauen, dassauch die Zeit zur Beantwortung der entsprechenden Fra-gen an den Bundesminister bleibt. Das ist einvernehm-lich so festgestellt worden.Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesminis-ters für Bildung und Forschung auf. Zur Beantwortungder Fragen steht der Parlamentarische StaatssekretärDr. Helge Braun zur Verfügung.Die Fragen 16 und 17 der Kollegin Ulla Burchardtund die Fragen 18 und 19 des Kollegen René Röspelwerden schriftlich beantwortet.Wir kommen dann zur Frage 20 des Kollegen OliverKaczmarek:Für wann konkret ist die Unterzeichnung des NationalenPaktes für Alphabetisierung und Grundbildung in Deutsch-land zwischen Bund und Ländern geplant, und welche Partnerhaben angekündigt, sich an dem Pakt zu beteiligen?Bitte schön.D
Vielen Dank, Herr Präsident. – Lieber Herr Kollege
Kaczmarek, Sie haben gefragt, wann mit der Unterzeich-
nung des „Nationalen Paktes für Alphabetisierung und
Grundbildung in Deutschland“ zu rechnen ist und wer
die beteiligten Paktpartner sind. Die beteiligten Paktpart-
ner sind der Bund, die Länder, die Sozialpartner – also
Arbeitgeber und Gewerkschaften –, die kommunalen
Spitzenverbände und einige gesellschaftlich engagierte
Gruppen, die in diesem Bereich gute Arbeit leisten.
Wir als Bund haben immer deutlich gemacht, dass wir
möglichst bald zu Ergebnissen kommen wollen und des-
halb nach Möglichkeit noch in diesem Jahr zu einem Ab-
schluss kommen wollen. Garantieren kann ich Ihnen das
aber nicht; denn es sind hieran, wie Sie sehen, viele Part-
ner beteiligt. Momentan wird in Arbeitsgruppen an den
Beiträgen der einzelnen Partner für diesen Pakt gearbei-
tet. Wenn diese fertig sind, können wir den Pakt unter-
zeichnen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15161
)
gen. In der Studie ist deutlich geworden, dass der Be-reich Arbeitsplatz einen ganz besonders wunden Punktberührt. Deshalb ist dieses Engagement keine Vorweg-nahme, sondern es ist einfach ein sich aus den Fakten,die wir gesammelt haben, ergebender Schwerpunkt, beidem wir als Bund gesagt haben: Das wollen wir in jedemFalle einbringen. Selbstverständlich ist das eine Säuleneben vielen anderen, die wir genauso im Blick haben.Insofern ist dies exemplarisch für das, was wir tun wol-len. Aber das ist natürlich noch lange nicht der gesamtePakt.
Damit sind wir bei Frage 21 des Kollegen
Kaczmarek:
Aus welchem Grund hat sich das Bundesministerium für
Bildung und Forschung aus der Finanzierung der Fachtagung
Alphabetisierung, organisiert vom Bundesverband Alphabeti-
sierung und Grundbildung e. V., in diesem Jahr erstmals zu-
rückgezogen, und wie wird diese Entscheidung fachlich be-
gründet?
D
Lieber Herr Kollege, eine etwaige Finanzierung der
Fachtagung Alphabetisierung war in der Vergangenheit
stets eine einzelfallbezogene Unterstützung. Das vom
Fachverband Alphabetisierung und Grundbildung vor-
gelegte Konzept für die diesjährige Fachtagung Alpha-
betisierung entsprach nicht den bildungspolitischen
Kriterien des Förderschwerpunkts Forschung und Ent-
wicklung – ich betone: Forschung und Entwicklung –
zur Alphabetisierung und Bildung Erwachsener, sodass
in diesem Fall eine Förderung nicht möglich war.
Eine Nachfrage? – Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwor-
tung dieser Frage. Ich möchte aber trotzdem nachfragen.
Ist es richtig, dass die Bundesregierung zugesagt hat, für
den gesamten Verlauf der Weltalphabetisierungsdekade,
also bis einschließlich nächsten Jahres, die Finanzierung
dieser Fachtagung zu übernehmen?
D
Nein, wir haben keine Förderung für die gesamte
Laufzeit zugesagt. Es ist in der Tat so: Für jede einzelne
Fachtagung muss ein Antrag gestellt werden, der gege-
benenfalls bewilligt wird. Es handelt sich also immer um
eine Einzelfallentscheidung. Im Rahmen der Weltalpha-
betisierungsdekade stellen wir zur Finanzierung des
Weltalphabetisierungstages jedes Jahr 20 000 Euro regu-
lär zur Verfügung.
Diese Fachtagung ist etwas anderes. Sie muss sich mit
ihrem Konzept jedes Mal neu beweisen. Sie hat selbst-
verständlich auch im nächsten Jahr wieder eine Chance
auf Förderung, wenn das Konzept den Kriterien ent-
spricht. Aber ich habe eben die Worte „Forschung“ und
„
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15162 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
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nungspraxis zu erreichen, liegt in unserem Zuständig-keitsbereich und wird von den verschiedenen Ressortsmit gesetzesbegleitenden Maßnahmen unterstützt. Zumeinen wollen wir eine stärkere Vereinheitlichung undStandardisierung des Verwaltungsvollzugs erreichen.Zum anderen geht es darum, ein umfängliches Informa-tions- und Beratungsangebot für Anerkennungssuchendezu etablieren. Auch das ist Gegenstand unserer Initiati-ven.
Herr Schulz, Sie haben eine Nachfrage. Bitte sehr.
Danke schön, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
wir haben heute im Ausschuss über diesen Gesetzent-
wurf gesprochen und auch darüber abgestimmt. Im
Rahmen der Diskussion haben Sie, Herr Staatssekretär,
darauf hingewiesen, dass Antragstellerinnen und An-
tragsteller gegebenenfalls einen Anspruch etwa auf wei-
tere Qualifizierungsmaßnahmen durch die Bundesagen-
tur erhalten, weil nicht immer die volle Anerkennung
ausgesprochen werden kann. Das dürfte ein großer Pos-
ten sein, was die Kosten angeht. Haben Sie diesbezüg-
lich eine Vorstellung, wie hoch die Zahl der Betroffenen
sein wird und wie hoch die Kosten sein werden, die aus
Mitteln der Agentur für Arbeit zu bestreiten sind?
D
Das ist heute sehr schwierig zu beantworten, weil
beim Anerkennungsgesetz jeder weltweit Anträge stel-
len kann, es also theoretisch Milliarden von möglichen
Antragstellern gibt. Denn jeder, der über eine Berufs-
qualifikation verfügt, kann einen Antrag stellen.
Was diejenigen angeht, die schon in Deutschland
sind, haben wir, um uns eine Vorstellung zu machen,
eine Auswertung des Mikrozensus vorgenommen und
festgestellt, dass von 285 000 potenziellen Antragstel-
lern aus Deutschland auszugehen ist. Die Einschätzung,
ob alle potenziellen Antragsteller tatsächlich einen An-
trag stellen werden und ob es sich bei ihnen um Perso-
nen handelt, die derzeit quasi berufsfremd einer Arbeit
nachgehen oder ob sie unter den Geltungsbereich des
SGB II oder III fallen, war im Rahmen der Auswertung
der uns vorliegenden Daten leider nicht möglich.
Insofern können wir die Frage, welche Mittel im Rah-
men der arbeitsmarktpolitischen Instrumente in dem
Kontext tatsächlich abgerufen werden, zurzeit nicht prä-
zise beantworten. Ich will aber darauf hinweisen, dass
wir über die arbeitsmarktpolitischen Instrumente hinaus
mit Programmen unseres Hauses, dem BMBF, Förder-
möglichkeiten vorsehen, gerade um zum Beispiel aus-
ländische Akademiker weiter zu qualifizieren.
Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Bitte schön.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15163
)
jekte in allen Least Developed Countries, LDC, und wie passtdies mit der Aussage des Bundesministers für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, zusammen,China sei kein Entwicklungsland mehr und es würden keineMittel aus dem Einzelplan 23 für Vorhaben in und mit Chinaausgegeben?Frau Staatssekretärin.Gu
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin Roth,
Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Seit dem Jahr 2010
erfolgen keine bilateralen Neuzusagen aus Haushaltsmit-
teln des Einzelplans 23 an die Volksrepublik China. Aus
dem Programm develoPPP.de fließen keine Mittel an die
chinesische Regierung. Vielmehr werden sie in direkter
Kooperation mit der Wirtschaft eingesetzt. Das BMZ in-
formiert Unternehmen über Chancen in Entwicklungs-
ländern und unterstützt sie bei entwicklungsrelevanten
Investitionen. Die Entscheidung über das Zielland einer
Investition liegt beim Unternehmen selbst. Bei deve-
loPPP.de setzen wir bewusst keine regionalen Schwer-
punkte, damit wir weiterhin die besten Vorschläge von
Unternehmen aufgreifen können, dort, wo die Interessen
des BMZ und seiner Partnerländer mit denen der Wirt-
schaft am meisten übereinstimmen.
Frau Roth, eine Nachfrage, bitte schön.
Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, es
ist zwar richtig, dass das Land China nicht direkt das
Geld bekommt, sondern die einzelnen Unternehmen.
Aber Sie haben angekündigt, dass China kein Entwick-
lungsland mehr ist und dass daher die Bundesregierung
keine entsprechenden Maßnahmen mehr durchführt. Tat-
sächlich gehen nur ungefähr 8 Prozent der Mittel dieses
Programms an Least Developed Countries. Eigentlich ist
vorgesehen, dass gerade diese Länder entsprechend un-
terstützt werden. Wenn ich mir die Liste der Projekte an-
schaue, die Sie nicht finanziert haben, weil keine Mittel
vorhanden waren, dann stellt sich für mich die Frage,
welche Prioritäten Sie setzen. Ist Ihre Priorität die Ent-
wicklung von wenig entwickelten Ländern – dann muss
das Geld dorthin fließen; es gibt genügend Projekte –,
oder sind wie bisher die Schwellenländer Ihre Priorität?
Ich habe den Eindruck, dass es große Ankündigungen
gibt, dass aber das genaue Gegenteil gemacht wird.
Gu
Frau Kollegin Roth, in den Ländern Brasilien, China,
Indien, Indonesien, Mexiko und Südafrika leben insge-
samt mehr als die Hälfte der wirklich armen Menschen,
nämlich Menschen, die weniger als 1,25 Dollar pro Tag
zur Verfügung haben. Diese Länder werden vom DAC
der OECD weiter als Entwicklungsländer eingestuft. Ich
sage ausdrücklich: Wir arbeiten nicht mit den dortigen
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15164 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
)
Gu
Herr Kollege Raabe, ich möchte vorweg sagen, dass
wir mit Mitteln des Haushaltstitels 687 11 nicht Unter-
nehmen direkt fördern, das heißt, hier werden keine Sub-
ventionen gezahlt, sondern Entwicklungspartnerschaften
und Machbarkeitsstudien finanziert, zu denen Unterneh-
men mindestens 50 Prozent der Gesamtkosten beitragen.
Seit 2010 wurden aus dem Haushaltstitel, den ich eben
nannte, für Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt-
schaft etwa 54 Millionen Euro vertraglich belegt. Es gibt
hier eine Aufstellung von Einzelprojekten, nämlich 216
an der Zahl, die in diesem Zeitraum mit Unternehmen
eingegangen wurden. Diese Liste liegt mir im Detail vor.
Ich biete Ihnen an, Ihnen diese zur Einsicht zur Verfü-
gung zu stellen.
Herr Raabe, eine Nachfrage? – Das ist nicht der Fall.
Ich rufe die Frage 26 des Kollegen Sascha Raabe auf:
Um wie viel Prozent ist die Zahl der Anträge auf eine För-
derung aus dem Haushaltstitel 687 11 „Entwicklungspartner-
schaft mit der Wirtschaft“ des Einzelplans 23 und das tatsäch-
lich abgerufene Volumen aus dem Titel 687 11 in den
vergangenen zwei Jahren angestiegen, und wie bewertet das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung die Nachfrage nach Förderungen aus dem Titel
seitens der Wirtschaft?
Gu
Herr Kollege Raabe, die Nachfrage nach Förderung
aus dem Haushaltstitel 687 11 „Entwicklungspartner-
schaften mit der Wirtschaft“ des Einzelplans 23 ist mit
Einführung des Ideenwettbewerbs vom Januar 2009 ge-
stiegen und in den vergangenen zwei Jahren 2010, 2011
auf dem gleichen Niveau geblieben.
Das tatsächlich abgerufene Volumen aus dem genann-
ten Titel ist in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls
gleich geblieben, weil die Mittel immer voll abgerufen
wurden. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung bewertet es als äußerst
positiv, dass die Nachfrage der Unternehmen nach einer
Kooperation mit dem BMZ die Höhe der verfügbaren
Fördermittel übersteigt und somit ein Wettbewerb um
die besten Vorschläge stattfindet.
Für uns ist neben der Anzahl der Förderanträge vor
allem die Qualität entscheidend. Auch in dieser Hinsicht
bewertet das BMZ es positiv, dass in den vergangenen
zwei Jahren die Zahl der strategischen Allianzen gestie-
gen ist, dass also mehr groß angelegte Entwicklungspart-
nerschaften mit einer besonderen Breitenwirksamkeit
eingegangen werden konnten.
Sie haben eine Nachfrage, Herr Raabe. Bitte sehr.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15165
)
Die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft ist et-was, was wir als neue Bundesregierung enorm propagie-ren. Eine solche Zusammenarbeit hat es in den elf Jahrenzuvor nicht gegeben. Wir sprechen jetzt von Mitteln, diewir im Rahmen eines Ideenwettbewerbs vergeben, weildie Nachfrage danach so groß ist. Das belegt eigentlichden positiven Aspekt, also auch den erzielbaren Erfolg.Es gibt viele andere Projekte, die wir gemeinsam mitder Privatwirtschaft verfolgen. Ich glaube, dass das derrichtige Weg ist, um in Zukunft mehr Geld für die Ent-wicklungszusammenarbeit zu erhalten, aber auch ummehr Wirksamkeit zu bekommen, Stichwort „Wettbe-werb um die Gelder“. Das ist einleuchtend, jedenfalls füruns.
Frau Roth, eine Nachfrage, bitte.
Dass es eine gute Entwicklung gegeben haben soll,
nehmen wir einfach einmal so hin.
Sie haben gesagt, dass es seit kurzem Ideenwettbe-
werbe gibt. Frau Kollegin Kopp, vielleicht ist es Ihnen
möglich – wenn nicht jetzt, dann doch zumindest im
Nachgang –, uns eine Liste zur Verfügung zu stellen, aus
der hervorgeht, wie viele Maßnahmen Sie hätten bewilli-
gen können, wenn Sie genügend Mittel gehabt hätten.
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Frau Kollegin Roth, das ist aus dem Stegreif schwer
zu sagen. Ich habe von den 216 gelisteten Projekten ge-
sprochen. Es gibt Informationen über weitere Anfragen.
Aber die Zahl müsste ich Ihnen nachliefern; die habe ich
jetzt nicht dabei. Ich habe die Zahl genannt, die belastbar
ist und somit auch schon „eingepreist“ ist. So können Sie
genau nachvollziehen, auf welcher Ebene wir zusam-
menarbeiten. Wenn Sie möchten, liefere ich die Sie inte-
ressierende Zahl gern nach.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Be-
antwortung steht unser Kollege Parlamentarischer
Staatssekretär Ernst Burgbacher zur Verfügung.
Die Fragen 27 und 28 des Kollegen Krischer werden
schriftlich beantwortet. Die Frage 29 ist bereits beant-
wortet worden. Die Frage 30 des Kollegen Fell wird
schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 31 der Kollegin Nestle auf:
Was sind die Gründe des Bundesministeriums für Wirt-
schaft und Technologie, dass es sich schon mehrfach gegen
die Schaffung eines Kapazitätsmarkts ausgesprochen hat,
gleichzeitig aber ein Kraftwerksförderprogramm mit Investi-
tionszuschüssen vorantreibt?
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15166 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
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Wir haben das von vornherein auf vier Jahre begrenzt,wie ich schon gesagt habe, und wir haben parallel dazueinen Auftrag vergeben, Kapazitätsmärkte zu untersu-chen. Wir müssen jetzt zunächst einmal alles zur Verfü-gung stellen, was wir haben, um Engpässe zu vermeiden.Ich denke, wir sollten gemeinsam in diese Richtung ge-hen.
Sie haben eine weitere Nachfrage. Bitte.
Ich würde gern noch nachfragen, worauf Sie erstens
die Annahme gründen, dass wir neben den Kraftwerken,
die bereits im Bau sind und von diesem Kraftwerksför-
derprogramm gar nicht betroffen sind, noch den Zubau
weiterer fossiler Kraftwerke brauchen, und worauf Sie
zweitens die Annahme gründen, dass nicht gebaut
würde, wenn es das Kraftwerksförderprogramm nicht
gäbe. Es ist doch so, dass gerade das Reden darüber,
nämlich zu sagen: „Später bekommt ihr eine Förde-
rung“, alle davon abhält, jetzt zu bauen; man wartet doch
lieber, bis man noch ein bisschen Geld extra bekommt.
Worauf gründen Sie also erstens die Annahme, dass das,
was schon im Bau ist, nicht ausreicht, und zweitens die
Annahme, dass ohne ein Kraftwerksförderprogramm
nichts gebaut würde?
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Wir können uns im Augenblick auf Erhebungen be-
ziehen. Wir wissen, dass es kurzfristig schwierig werden
kann. Wir beschränken die Förderung auf die kleinen
Stromerzeuger – unter 5 Prozent Anteil an der Strom-
erzeugung – und begrenzen sie zeitlich. In dem Gutachten,
das wir in Auftrag gegeben haben, soll ja ausdrücklich da-
nach gefragt werden: Wie sind die Anforderungen? Was
kommt auf uns zu? Wir werden die entsprechenden Zah-
len bekommen, und das Gutachten wird zeitnah vorge-
legt werden.
Die Fragen 33 und 34 der Kollegin Höhn werden
schriftlich beantwortet.
Wir kommen zu den Fragen 35 und 36 des Kollegen
Bülow. – Er ist nicht anwesend. Es wird verfahren, wie
in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Die Frage 37 des Kollegen Hans-Joachim Hacker, die
Frage 38 der Kollegin Katja Keul sowie die Frage 39 der
Kollegin Heike Hänsel werden – ebenso wie die darauf
folgenden Fragen 40 bis 47 – schriftlich beantwortet.
Da die Kollegen Wieland, Ströbele und Kurth nicht
im Saal sind, verfahren wir bei den Fragen 48, 49, 50, 51
und 52 sowie bei der Frage 61, wie in der Geschäftsord-
nung vorgesehen.
Ich schlage vor – so ist es von den Parlamentarischen
Geschäftsführern vereinbart –, dass wir unsere Sitzung
jetzt unterbrechen. Die Geschäftsführer haben sich da-
rauf geeinigt, dass wir nach der Unterbrechung die Fra-
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ist, die bestrahlten Brennelemente, sobald die sicher-heitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind, in dieZwischenlager zu überführen, um die Anlagen zügig ab-bauen zu können. Es ist daher zu erwarten, dass die er-forderlichen Behälter in den nächsten Jahren zur Verfü-gung stehen werden. Der Bundesregierung liegen derzeitkeine anderslautenden Informationen vor.Die Zeit für den Verbleib von bestrahlten Brennele-menten im Abklingbecken ist in den Genehmigungender Kernkraftwerke nicht limitiert. Sie liegt in der Regelbei fünf Jahren; das ist die Größenordnung. Begrenzendsind allerdings die Randbedingungen aus der verkehrs-rechtlichen Zulassung der Behälter sowie die techni-schen Ausnahmebedingungen der Zwischenlager bei derÜberführung der bestrahlten Brennelemente in die tro-ckene Zwischenlagerung. Ich nenne insbesondere dieNachwärme, die Sicherstellung der Unterkritikalität unddie Quellstärke für die Neutronen- und Gammastrah-lung. Im Hinblick auf den Nachweis der Unterkritikalitätspielt die geringe Einsatzzeit von Brennelementen, die inder letzten Revision in den in Rede stehenden Kernkraft-werken nachgeladen wurden, eine sicherheitstechnischwichtige Rolle.Detaillierte Untersuchungen, welche Mengen vonBrennelementen in welchen Kernkraftwerken betroffensind, liegen nicht vor. Die Entsorgungskommission hatsich im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit in ihrer Stellung-nahme „Anforderungen an bestrahlte Brennelemente ausentsorgungstechnischer Sicht“ vom 27. Mai 2011 ver-tieft mit Fragen in diesem Zusammenhang befasst. DieStellungnahme wurde auf der Homepage der ESK veröf-fentlicht. Die ESK kommt in ihrer Stellungnahme jedochauch zu dem Ergebnis, dass es möglich erscheint, da dieBeladung der Behälter erst in einigen Jahren erfolgenkann, in der Zeit bis dahin die erforderlichen Genehmi-gungsverfahren durchzuführen und abzuschließen.
Herr Miersch, Sie haben eine Nachfrage? – Bitte
schön.
Herr Minister, können Sie aus Ihrer heutigen Perspek-
tive abschätzen, wie viele Castoren notwendig sind, um
die Brennelemente eines AKW zu transportieren?
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Nein, die Frage kann ich Ihnen nicht beantworten.
Sie sagen, dass Sie augenblicklich keine Erkenntnisse
haben – –
Herr Miersch, das ist jetzt Ihre zweite Nachfrage.
Nur, damit wir uns einig sind.
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Vielen Dank für die Erteilung des Wortes.
Ich möchte Sie gerne mit einem Artikel aus dem Han-
elsblatt von heute konfrontieren: Nach Angaben von
xperten werden allein für Biblis 50 Castorbehälter not-
endig sein. – Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Ar-
eiten Sie an Konzepten, die es Ihnen ermöglichen, eine
usreichende Anzahl an Castorbehältern bereitzustellen,
m den Verbleib im Abklingbecken so kurz wie möglich
u halten?
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
aturschutz und Reaktorsicherheit:
Ich sage es noch einmal: Wir haben keine Umrech-
ung quasi von Kernkraftwerken in Behälter. Selbstver-
tändlich wird das Teil eines Rückbau- und Entsorgungs-
onzepts sein, um das sicherheitstechnische Optimum
alisieren zu können.
Herr Kelber.
Ich bin mir unsicher: Hat man als einfaches Mitglied
wei Nachfragen, weil die Fragen 5 und 6 gemeinsam
eantwortet wurden?
Wir behandeln die Fragen 5 und 6 gemeinsam. Herr
iersch könnte noch zwei weitere Nachfragen stellen.
ie könnten zwei Fragen stellen. Auch Frau Nestle, die
ich bereits gemeldet hat, könnte zwei Fragen stellen,
ie alle anderen auch. Alles muss aber im Rahmen der
erabredeten Zeit bleiben.
Danke schön. – Herr Bundesminister, erstens, ist dieundesregierung bereit, sich in nächster Zeit darüber zuformieren, wie viele Brennelemente für den Castor-
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15168 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Ulrich Kelber
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transport anstehen und wie viele Castoren dafür benötigtwerden? Wenn ja: bis wann?Zweitens. Teilen Sie angesichts der Tatsache, dassmehrere der abgeschalteten deutschen Atomkraftwerkeden Fukushima-Reaktoren dergestalt ähneln, dass dasAbklingbecken außerhalb des inneren Sicherheitscon-tainments liegt, meine Meinung, dass es sinnvoll wäre,in diesen Fällen den Verbleib im Abklingbecken auf dietechnisch notwendigen fünf Jahre zu reduzieren?Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit:Noch einmal: Acht Kernkraftwerke sind in der Tatnicht mehr am Netz. Sukzessive werden wir zur Beendi-gung der wirtschaftlichen Nutzung der Kernenergiekommen. Die Kernkraftwerke werden aber nicht einfachabgeschaltet, sondern es schließt sich ein Rückbau- undEntsorgungskonzept an, das erarbeitet bzw. entwickeltwird. Es wird sich an dem Standard des sicherheitstech-nischen Optimums orientieren; das ist der Maßstab, derzu formulieren ist. Das ist klare und eindeutige Betrei-berpflicht. Dies unterliegt uneingeschränkt der Aufsichtder Länder als zuständige Behörden und auch der Auf-sicht des Bundes, die er über die Länder ausübt. DerStandard des sicherheitstechnischen Optimums wird– wie schon für den Betrieb von Kernkraftwerken –selbstverständlich auch für den Rückbau und die Entsor-gung der Maßstab für die Maßnahmen sein.
Jetzt Frau Nestle, bitte.
Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, Sie würden
einen Plan für den Rückbau der Atomkraftwerke und die
sichere Entsorgung vorlegen. Wann werden Sie diesen
Plan vorlegen, und wann werden Sie ein Endlagersuch-
gesetz vorlegen?
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Ich habe nicht gesagt, dass wir den Plan vorlegen,
sondern ich habe gesagt, dass es Aufgabe der Kernkraft-
werksbetreiber ist, den Rückbau zu organisieren. Sie
trifft auch die Pflicht der Entsorgung, die unter staatli-
cher Aufsicht steht. Die staatliche Aufsicht wiederum
wird sich an dem sicherheitstechnisch realisierbaren Op-
timum als Maßstab orientieren. Das ist die Aussage
dazu.
Zu Ihrer zweiten Frage, zum Endlagersuchgesetz. Wir
alle miteinander – das ist ein Novum – haben als Teil des
energiepolitischen Konsenses erreichen können, dass wir
auch die Frage der Endlagerstandortsuche in einem Kon-
sensverfahren regeln. Darum habe ich hier im Deutschen
Bundestag angekündigt, dass es dazu ein eigenes Gesetz
geben wird. Ich habe schon einige Elemente dargelegt,
nämlich die partizipatorische Beteiligung und die wis-
senschaftlichen Kriterien, die Teil des Gesetzes sein sol-
len. Weiterhin habe ich zum Ausdruck gebracht, dass wir
das im Konsens insbesondere zwischen Bund und Län-
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Ich nehme an, dass ich meine zwei Fragen nacheinan-
der stellen darf. – Meine erste Frage: Sie sagten eben, es
sei die Verantwortung dieser Generation, dafür zu sor-
gen, dass der Atommüll sicher und verantwortungsvoll
gelagert wird. Wie lässt sich das mit den Aussagen Ihres
Parteikollegen Ministerpräsident McAllister aus Nieder-
sachsen vereinbaren, der sehr stark für die Rückholbar-
keit plädiert, um sich – so vermute ich – des Problems
Gorleben elegant zu entledigen und darüber nicht weiter
diskutieren zu müssen? Rückholbarkeit heißt ja, dass
man die endgültige Entscheidung und damit auch die
Kontrolle sehr weit in die Zukunft verschiebt.
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Das heißt Rückholbarkeit nach unserem Verständnis
nicht. Das Kriterium der Rückholbarkeit und Bergung ist
kein neues Kriterium, sondern schon in der Diskussion.
Aber das beinhaltet – nach unserem Verständnis, aber,
ich glaube, auch nach dem Verständnis des niedersächsi-
schen Ministerpräsidenten – ganz sicher nicht die
Verschiebung der Entscheidung auf einen späteren Zeit-
punkt. Vielmehr bedeutet „Rückholbarkeit und Ber-
gung“, dass es eine Entscheidung für den Standort gibt,
dass sie aber nicht unwiderrufbar sein soll, sondern dass
man offen für neue Erkenntnisse ist, die man in der Zu-
kunft, in 30, 50 oder 80 Jahren, für die Behandlung von
radioaktiven Abfällen möglicherweise gewinnt. So er-
hält man sich die Möglichkeit, neue Erkenntnisse für die
bessere Behandlung von Abfällen zu realisieren; das ist
der eigentliche Sinn von Rückholbarkeit und Bergung.
Im Gegensatz dazu steht eine möglichst geschlossene,
definitive Abschirmung von der Biosphäre. Man muss
die Entscheidung wissenschaftlich und politisch abwä-
gen. Es geht aber nicht um eine Vertagung der Entschei-
dung auf nächste Generationen; es ist mir wichtig, da-
rauf hinzuweisen.
Frau Kotting-Uhl.
Ich möchte im Nachklapp sagen: Wir sind uns sicher-
lich einig, dass Bergbarkeit und Rückholbarkeit keine
identischen Konzepte sind.
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Genau.
Rückholbarkeit beinhaltet, dass man das Endlager of-
fenlässt. Das ist dann schon eine Vertagung der Ent-
scheidung.
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Nein, nein.
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darin, dass alle an der Meinungsbildung beteiligt sindund sich diese gemeinsame Meinung in einem Gesetzausdrückt. Nur so kann Konsens funktionieren. Wenndie eine Seite meint, einen Konsens dadurch erreichenzu können, dass die andere Seite die Vorschläge über-nimmt, dann ist das, wie ich glaube, kein zielführenderBeitrag. Unser Vorschlag ist, Sie einzuladen. UnsereBitte und unser Appell an Sie lauten, mitzumachen undsich der Verantwortung zu stellen. Das gilt für diesesHaus, das gilt für die Länder, und das gilt auch für be-troffenen Regionen und Kommunen. Alle müssen ihreVerantwortung wahrnehmen und zusagen, am Inhalt mit-wirken, um ein gemeinsames Ergebnis zu erzielen.
Noch einmal Herr Miersch, bitte.
Ist die Grundvoraussetzung dafür nicht, dass Sie als
Vertreter der Exekutive endlich einen Gesetzentwurf
vorlegen, damit das Parlament Ihrer Einladung folgen
kann?
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Ich finde es, weil ich auch Parlamentarier und nicht
nur Mitglied der Exekutive bin,
bemerkenswert, dass Sie die Exekutive auffordern, einen
Gesetzentwurf vorzulegen.
Nach meinem Verständnis ist nach wie vor der Bundes-
tag der Gesetzgeber.
– Das habe ich bislang gesagt? Nein, ich glaube, ich
habe immer gesagt, dass Gesetze vom Deutschen Bun-
destag beschlossen werden; das ist jedenfalls meine Auf-
fassung.
Die Bundesregierung wird und will diesen Konsens-
prozess durchführen, gar keine Frage. Wenn ein wirkli-
cher Konsens erzielt werden soll, dann müssen aber auch
andere Beteiligte daran mitwirken. Darum lautet mein
Appell an die Fraktionen, sich an der Konsensbildung zu
beteiligen. Wenn wir erfolgreich arbeiten, wird der Deut-
sche Bundestag im Konsens einen Gesetzentwurf be-
schließen können. Das ist mein Vorschlag.
Frau Steiner.
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ie einen sagen, die Rückholbarkeit muss gewährleistet
ein. Die anderen sagen, der Abschluss von der Bio-
phäre ist das Wichtigste. Über diese Fragen muss man
iskutieren. Die Ergebnisse dieser Debatten müssen
ann in das Gesetz einfließen.
Die letzte Frage, die in der Zeit, die wir zur Verfü-
ung haben, möglich ist, stellt die Kollegin Vogt.
Herr Minister, Sie haben vorhin ausgeführt, dass derückbau selbstverständlich Sache der Betreiber ist. Inelcher Form werden Sie als Bundesumweltminister ge-ährleisten, dass der Rückbau in einem vernünftigeneitlichen Rahmen vonstattengeht? Das heißt: Mit wel-hen Zeiträumen rechnen Sie beim Rückbau, und wieerden Sie gewährleisten, dass der Rückbau jeweilsach dem tatsächlichen Stand von Sicherheit und Tech-ik erfolgen wird? Welchen rechtlichen Rahmen planenie vorzugeben?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15171
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Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit:Der rechtliche Rahmen dafür existiert: Betreiber-pflicht, Aufsicht der Länder, Aufsicht über die Bundes-auftragsverwaltung der Länder durch den Bund. Das istder rechtliche Rahmen, der in der Verfassungsordnungvorgesehen ist. Er wird auch eingehalten; er ist Alltags-und Verwaltungspraxis. In genau diesem Aufsichts- undPflichtenregime – als Ausgangspunkt sind zunächst ein-mal die Betreiber betroffen – wird der rechtliche An-spruch und Maßstab erfüllt. Die Maßnahmen selber wer-den sicher Jahre dauern – das steht außer Frage –, undsie werden nach diesem Kriterium von den Betreibern zuerfüllen sein. Die Erfüllung gemäß diesem Maßstab wirddurch den Staat – Länder, Behörden und Bund – gewähr-leistet sein.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
– Nein, eine zweite Frage ist nicht möglich. Wir sind
schon über die Zeit.
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP
Haltung der Bundesregierung zur Frage einer
Umlenkung von Verkehrsinvestitionsmitteln
des Bundes für die Autobahn A 100 auf andere
Verkehrsprojekte des Bundes in Berlin
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Kai Wegner für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die christlich-liberale Koalition hat heute diese Aktuelle Stunde bean-tragt, um Fakten zu sortieren und eine angemesseneSachlichkeit in die Diskussion zu bringen. Es geht umdie Umlenkung von Investitionsmitteln des Bundes ausdem Bundesverkehrswegeplan. Die Aktualität begründetsich darin, dass ein wichtiges Projekt des Bundesver-kehrswegeplanes zu scheitern droht, nämlich der Ausbauder A 100 in Berlin.Was mussten wir in den letzten Tagen in der Diskus-sion in den Medien nicht alles zur Kenntnis nehmen:„Rot-grüne Geisterfahrt“, „Autobahn auf dem Parkstrei-fen“, „Rot-Grün in Berlin: Realsatire um die A 100“ bishin zu „Irgendwie riecht das hier alles nach Comedy“.Das ist wahrlich kein guter Start für Koalitionsverhand-lungen und wahrlich auch kein gutes Zeichen für ver-lässliches Regierungshandeln in Berlin für die Zukunft.
BAgKliSdwaatidsBBHDsNrakuHaDPkMMPBdHdGWvKnIn
ereits jetzt reiben sich andere Länder für den Fall dieände, dass Berlin auf diese Realisierung verzichtet.
ann bringen andere Bundesländer nämlich ihre Infra-trukturprojekte voran, und Berlin hat einmal mehr dasachsehen. Das wollen wir nicht.Berlin steht in den nächsten Jahren vor großen He-usforderungen, um die Zukunft zu gestalten. Der zu-ünftige Berliner Senat muss verantwortungsbewusstnd zum Wohle Berlins und der Menschen, die in derauptstadt leben, handeln. Der Bund nimmt seine Ver-ntwortung für die deutsche Hauptstadt wahr.
ie Bundesregierung steht zum Ausbau der A 100.Hier gilt mein Dank dem Bundesverkehrsministereter Ramsauer. Er hat in den letzten Tagen noch einmallargestellt, dass der Bund zu diesem Projekt steht, dassittel bereitstehen und, liebe Frau Rawert, dass dieseittel nicht umgelenkt werden können. Dafür bin icheter Ramsauer sehr dankbar. Wenn Sie mir oder derundesregierung nicht glauben, dann glauben Sie dochem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses. Antonofreiter hat heute gesagt – nachzulesen in den Pots-amer Neuesten Nachrichten –: Ein Umschichten derelder für andere Berliner Projekte sei nicht möglich. –o Herr Hofreiter recht hat, hat er recht.
Rot-Grün befindet sich beim Thema A 100 im Kreis-erkehr ohne Ausfahrt. Bei der A 100 gibt es keinenompromiss. Entweder sie wird gebaut, oder sie wirdicht gebaut. Das ist die ganze Wahrheit.Große Sorge umtreibt mich bei den unterschiedlichenterpretationen einiger Akteure. Der Regierende Bür-
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15172 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Kai Wegner
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germeister sagt: Wenn die Mittel nicht umgeschichtetwerden können, wird die A 100 gebaut.
Der Vorsitzende der Fraktion der Grünen im PreußischenLandtag bzw. im Berliner Abgeordnetenhaus sagt: Daswerden wir niemals unterschreiben.
Das zeigt einmal mehr, dass sich Rot-Grün, bevor es los-gegangen ist, im Kreisverkehr ohne Ausfahrt befindet.Die Grünen setzen auf Zeit. Sie wollen damit eineEntscheidung für die A 100 umfahren. Dieser Trick wirdaber nicht aufgehen. Berlin benötigt dringend Investitio-nen. Sämtliche Unternehmensverbände fordern den Aus-bau der A 100. Investitionen in Infrastruktur schaffenArbeitsplätze, die diese Stadt so dringend braucht. Wirsollten nicht mehr so lange über das Ob diskutieren, son-dern endlich darüber, wie wir die A 100 bauen: Wie kön-nen sich kleine und mittelständische Unternehmen ander Ausschreibung beteiligen, um sich an dieser tollenMaßnahme des Bundes zu beteiligen und davon zu profi-tieren? Es geht also nicht so sehr um das Ob.
Berlin benötigt eine moderne Infrastruktur, einen moder-nen öffentlichen Personennahverkehr, aber eben auch ei-nen modernen Individualverkehr.Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Berlinbenötigt die Unterstützung des Bundes. Der Bund erwar-tet zu Recht Verlässlichkeit auch vom Land Berlin. Ber-lin braucht Stabilität, ganz bestimmt in den nächstenfünf Jahren.Herzlichen Dank.
Mechthild Rawert hat jetzt das Wort für die SPD-
Fraktion.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kollegin-nen und Kollegen! Sehr verehrte Zuhörende und Zu-schauende! Da verschlägt es einem doch die Sprache:
Wir stecken in einer der größten wirtschaftlichen Krisenüberhaupt. Diese schwarz-gelbe Regierung weiß nicht,ob sie morgen eine eigene Mehrheit für einen europäi-schen Stabilitäts- und Wachstumsmechanismus hinbe-kommt. Und was machen die schwarz-gelben Regie-rungsfraktionen? Sie sorgen sich um ein einzelnesProjekt in Berlin.Das gibt mir aber die Gelegenheit, mich bei den Ber-linerinnen und Berlinern zu bedanken, die sich am18. September für die SPD mit Klaus Wowereit an derSagmDtuvrenlismsehasGönrouheuEAwreuPledRntiwinism
Wir haben sofort engagierte Politik gemacht und er-ebnisoffene Sondierungsgespräche – bekanntermaßenit Ihnen, bekanntermaßen aber auch mit Bündnis 90/ie Grünen – geführt, und wir haben uns verantwor-ngsvoll entschieden. Wir stehen für eine verlässliche,ertrauensvolle und politisch tragfähige Politik im Inte-sse aller Berlinerinnen und Berliner, und wir stehenatürlich dafür, dass wir unser Berlin-Programm mög-chst breit umsetzen können.Wir haben uns im SPD-Landesvorstand dafür ent-chieden, die Verhandlungen für eine Regierungsbildungit Bündnis 90/Die Grünen zu beginnen, und das ist guto. Der Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen hatbenfalls entschieden, mit uns zusammen in die Ver-andlungen für eine Regierungsbildung einzutreten, unduch das ist gut so.Wir wollen gemeinsam eine leistungsfähige Infra-truktur. Wir glauben, dass dies Voraussetzung undrundlage für wirtschaftlichen Erfolg sowie soziale undkologische Gerechtigkeit in Berlin ist. Für diese origi-ären Berliner Interessen gestalten wir gemeinsam einet-grüne Zukunft.Ja, zu den strittigen Punkten im Berliner Wahlkampfnd auch bei den Berliner Sondierungsgesprächen ge-örte der Ausbau der Bundesautobahn 100. Gemeint istine 3 Kilometer lange Autobahn zwischen Neuköllnnd Treptow. Wir reden über viel Geld: 420 Millionenuro.
ber das Bemerkenswerte – darüber ärgern Sie sichahrscheinlich am meisten – ist: Rot-Grün war erfolg-ich darin, eine Brücke zueinander zu bauen
nd einen Kompromiss zu finden, auf den sich beideartner einigen konnten.Sowohl die SPD als auch die Grünen wollen dieseistungsfähige Infrastruktur. Wir wollen dafür Mitteles Bundes einsetzen. Hier besteht absolute Einigkeit.
ot-Grün hat sich darauf verständigt, dass die A 100icht grundsätzlich aufgegeben wird. Vielmehr wird ak-v und ernsthaft zu prüfen sein, ob eine alternative Ver-endung der Bundesmittel
anderen Infrastrukturmaßnahmen in Berlin möglicht. Ist eine alternative Verwendung der Bundesmittelöglich,
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15173
Mechthild Rawert
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erfolgt der Bau der A 100 nicht. Ist eine alternative Ver-wendung der Bundesmittel für Infrastrukturmaßnahmennicht möglich, so werden die investiven Bundesmittelfür den Weiterbau der A 100 verwendet.
Es ist richtig, das Klaus Wowereit die ganze Zeit daraufbesteht, diesen Konfliktstoff nicht dauerhaft präsent zuhaben.Was machen Sie? Was macht Herr Ramsauer? HerrRamsauer verkündet seit Monaten die Maxime seinesHauses: Erhalt und Sanierung vor Neubau, Erhalt undLärmschutz vor Neu- und Ausbau. Hat sich HerrRamsauer selbst nicht zugehört, wie auch Sie ihm nichtzugehört haben? Gilt der von ihm propagierte Paradig-menwechsel hin zur Bestandssicherung und zum Lärm-schutz grundsätzlich nicht mehr oder nur noch in demdann rot-grün regierten Berlin?
Das BMVBS ging doch davon aus, dass eine Umwid-mung grundsätzlich möglich ist. Das hat die schriftlicheBeantwortung der Kleinen Anfrage 16/13760 bestätigt.
Bei Vorliegen des entsprechenden Bedarfs und der recht-lichen Voraussetzung ist eine Umwidmung der für denAutobahnbau eingeplanten Mittel in Erhaltungs- undLärmschutzmaßnahmen an Autobahnen „grundsätzlichmöglich“. Das Leben ist aber nicht grundsätzlich. DasLeben ist konkret. In einem Punkt hat Herr Ramsauerrecht – dadurch wird die ganze Scheindebatte, die Siehier führen, umso deutlicher –: Die Gelder für die A 100– ich komme zum Schluss – können –
Ihre Redezeit wäre jetzt auch konkret zu Ende.
– nicht umgeschichtet werden. Was wie ein Wider-
spruch aussieht, liegt allein darin begründet, dass diese
bislang weder im Bundeshaushalt noch in der Finanzpla-
nung eingestellt sind. Deswegen, meine werten Kollegen
und Kolleginnen: Bleiben Sie bei der Realität und freuen
Sie sich nicht zu früh!
Der Parlamentarische Staatssekretär Jan Mücke hat
jetzt das Wort für die Bundesregierung.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Kol-gin Rawert, die rot-grüne Brücke, die Sie gerade be-chrieben haben, ist soeben dabei, krachend zusammen-ustürzen, denn das, was Sie vorhaben, wird niemalsealität werden; davon können Sie ausgehen.
Der Deutsche Bundestag hat den Bedarf für den Aus-au der A 100 schon festgestellt, und zwar mit dem Be-chluss zum Bundesverkehrswegeplan 2003 – ich willas hier ausdrücklich zu Protokoll geben –, 6-streifig, imordringlichen Bedarf.
Auf Grundlage des Bundesverkehrswegeplans ist voniesem Deutschen Bundestag ein Bundesfernstraßenaus-augesetz beschlossen worden. In diesem Bundesfern-traßenausbaugesetz finden Sie genau diese Ausbauva-ante, die wir jetzt verfolgen und die wir gemeinsameiterverfolgen sollten, und zwar aus gutem Grund, weilieser Weiterbau, dieser 16. Bauabschnitt der A 100, fürie überregionale Erschließung des Ostteils von Berlinichtig ist. Es ist für die Stadtteile Treptow und Neu-ölln wichtig. Es ist für alle Anwohnerinnen und An-ohner wichtig, die im Moment in ihren Wohnungen inleinen Nebenstraßen nicht nur vom Durchgangsver-ehr, sondern auch vom Zubringerverkehr auf dem Wegur Autobahn schwer belastet sind, was beispielsweiseuch Schulen und Tempo-30-Zonen betrifft. Deshalb ister Ausbau der A 100 dringend erforderlich.
Insofern ist es besonders kurios, dass die Möchtegern-oalitionäre in Berlin ein Projekt torpedieren wollen,ass sie selber als rot-grüne Koalition in Berlin in denundesverkehrswegeplan aufgenommen haben. Das istin besonders schönes Beispiel für die Doppelgesichtig-eit, die Rot-Grün an den Tag legt.
Die Bundesregierung steht zum Auftrag des Gesetzge-ers, die A 100 in Berlin zu bauen. Der Bund finanziertie Berliner Bundesfernstraßenprojekte grundsätzlich be-arfsorientiert. Deshalb ist auch das Bundesministeriumr Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit Minister Peteramsauer bereit, die Finanzierung für den 16. Bauab-chnitt vorzusehen.Ich will sehr deutlich sagen – machen Sie sich daichts vor –: Einen Verhandlungsspielraum, wie Sie ihnich vorstellen, gibt es überhaupt nicht, weil wir grund-ätzlich nicht mit Ihnen über die Ausführung von Bun-esgesetzen verhandeln.
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15174 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Parl. Staatssekretär Jan Mücke
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Das Verfahren ist sehr weit gediehen. Der Planfest-stellungsbeschluss liegt schon seit längerer Zeit vor. Essind einige Klagen – relativ wenig für ein solch großesProjekt – anhängig. Wir gehen davon aus, dass das Bun-desverwaltungsgericht im nächsten Jahr darüber ent-scheiden wird. Ich kann Ihnen versichern: Die Bundesre-gierung wird alles tun, dass nach der Herstellung desBaurechts auch die Finanzierung dieses Projekts gesi-chert sein wird und dass wir sehr schnell mit dem Bauder A 100 beginnen werden.
Bei allem, was Sie bisher über mögliche Alternativ-projekte gesagt haben, lohnt es sich, genauer hinzuse-hen. Sie können kein einziges Alternativprojekt vorle-gen. Es gibt kein einziges Lärmschutzprojekt, über dasSie diskutieren können. Es gibt kein einziges Projekt,mit dem man die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeitentsprechend der einschlägigen Gesetze begründenkann, die erforderlich wären, um eine solche Planungumzusetzen. Es gibt nichts von dem, was Sie behaupten.Deshalb wird die Bundesregierung Ihnen keinesfalls dieHand reichen, wenn es darum geht, faule Kompromissezulasten des Bundes zu schließen.
Ich kann den Berlinerinnen und Berlinern nur mit aufden Weg geben, dass sich andere Bundesländer – hiersitzen Kollegen aus ganz Deutschland – sehr freuen wür-den, wenn sie die 420 Millionen Euro erhalten würdenund für sinnvolle Investitionen einsetzen könnten.
Ich sage Ihnen aber ganz klar: Die Bundesregierungsteht zu ihrer Verpflichtung. Sie steht zu ihrer Zusage.Wir wollen den 16. Bauabschnitt der A 100 in Berlinumsetzen.Ich richte eine letzte Bemerkung an die Verantwor-tungsträger in Berlin. Denn Berlin ist eine Stadt, die, wieman täglich mitbekommt, jeden Cent gut brauchen kann.Besonders bemerkenswert ist, dass das Land bis zumBaubeginn die Planungskosten trägt. Der Bund beteiligtsich erst an den Planungskosten, wenn gebaut wird. Ichwill das sehr deutlich sagen: Wenn nicht gebaut wird, er-folgt auch keine Bundesbeteiligung. Mir ist völligschleierhaft, wie in der Berliner Landespolitik ernsthaftdarüber diskutiert werden kann, den zweistelligen Mil-lionenbetrag, den die Stadt Berlin schon ausgegeben hat,um die Planung auf den Weg zu bringen, in den märki-schen Sand zu setzen. Das ist den Steuerzahlerinnen undSteuerzahlern gegenüber unverantwortlich.
Meine Damen und Herren insbesondere von den Grü-nen, ich kann gut verstehen, dass Sie in einer absolutenZwickmühle sind. Deshalb sollte man sich sehr hüten,unhaltbare Wahlversprechen abzugeben. Wir werden Siejedenfalls nicht aus der selbst gestellten Falle entkom-men lassen.WkLAslegRdFhDg4DAgnsbfeevdWlihhuzreminSddAMuG
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nern versprochen haben, sind nun die Pfeile im Opposi-tionsköcher.Ich zitiere daher sogleich die ehemalige Spitzenkan-didatin der Grünen in Berlin, Franziska Eichstädt-Bohlig, die 2003 als Koalitionsabgeordnete im Deut-schen Bundestag gesessen hat, als – Herr Wegner undHerr Staatssekretär Mücke haben es schon gesagt – dierot-grüne Bundesregierung unter Beteiligung von RenateKünast den Bundesverkehrswegeplan mit vordringli-chem Bedarf für die BAB 100 beschlossen hat. Im Mai2009, als ich zusammen mit Frau Eichstädt-Bohlig imAbgeordnetenhaus saß, sagte sie Folgendes:Jetzt das Wichtigste, das Versteckspiel gegenüberdem Bund: Der Bund baut keinen Meter Autobahn,den nicht das Land plant, beantragt und einfordert.Insofern kann sich Berlin nicht hinter dem Bundverstecken. Die Verantwortung für die Planung, fürdie Entscheidung, das liegt alles zu 100 Prozent beiBerlin, und der Bund nimmt der Stadt auch nichtab, dass wir für diese Entscheidung verantwortlichsind. Da sollten Sie sich nicht verstecken.So Frau Eichstädt-Bohlig. Da hatte sie vollkommenrecht.
So ist es.Deshalb sollte sich der neue rot-grüne Senat auchnicht hinter dem Bund verstecken, sondern, wie esVolker Ratzmann vor den Wahlen angekündigt hat, klarund ehrlich sagen, was er will. Stattdessen eiert der Ber-liner Grünen-Chef Daniel Wesener nun herum und sagt:Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Er gibt zu: Klapptdie Umwidmung nicht – davon gehen alle aus; daswurde eben bestätigt –, dann wird die A 100 gebaut. –Ich kann dem Berliner CDU-Parteivizevorsitzenden,Herrn Heilmann, nur recht geben, der zu diesen Ergeb-nissen gesagt hat: Wenn ich das richtig verstehe, was davereinbart wurde, haben die Grünen alle ihre Kernposi-tionen aufgegeben.Herr Ratzmann hat vor den Wahlen öffentlich vermu-tet, dass sich die SPD einen späteren Verzicht auf denAusbau des Teilstücks teuer abkaufen lassen werde. Erhat gesagt: Wowereit will schon jetzt sein Konto fürKoalitionsverhandlungen auffüllen. Das habe ich auchgedacht, nur umgekehrt. Ich kenne Klaus Wowereit gut.Das passt zu ihm. Leider haben Sie, meine Damen undHerren von den Grünen, nun Ihr Kernthema verkauft,und man fragt sich, was Sie dafür bekommen haben au-ßer einer Kartoffelsuppe. Im Antrag für die Landesdele-giertenkonferenz am Freitag kann man lange nach weite-ren konkreten Ergebnissen suchen. Die einzige konkreteAussage ist die zur Bundesautobahn 100, und das ist fürBerlin tatsächlich eine schlimme Entscheidung. Aberehrlich gesagt bleibt noch im Dunkeln, was Sie dafürausgehandelt haben, wenn Sie überhaupt etwas dafürausgehandelt haben. Das ist mir nun tatsächlich wichtig,auf jeden Fall wichtiger als diese Straße: Etliches in Ber-lin ist in Gefahr. Sagen Sie doch einmal: Bleibt es bei derSicherung der Unternehmen hinsichtlich der öffentlichenDrusnPSbSkleBgdsuBNKleEadzgliicteamIn1eSbsdmg66v
Das Wort hat der Kollege Dr. Anton Hofreiter für dasündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Lieber Kollege Liebich, Ihre Rede war die be-idigte Rede von jemandem, der die Wahl verloren hat.s geht hier nicht darum, was in dem Koalitionsvertragusgehandelt wird, sondern es geht um die A 100 undarum, wie in der Bundesrepublik im Zusammenspielwischen Bund und Ländern überhaupt Verkehrswegeeplant, gebaut und unterhalten werden.Es wurde gesagt, der Bund vollziehe selbstverständ-ch Bundesgesetze. Bei dem konkreten Beispiel wäreh ganz vorsichtig. Schauen wir uns einmal die Realitä-n an: Wir haben nach Aussage dieser Bundesregierungllein im Bereich Straße noch Projekte mit einem Volu-en von 47 Milliarden Euro im Vordringlichen Bedarf. diesem Jahr stehen Bedarfsplanmittel in Höhe von,2 Milliarden Euro plus 100 Millionen Euro für Grund-rwerb zur Verfügung. Das ergibt 1,3 Milliarden Euro.ind wir großzügig und runden wir auf, dann sind wirei 1,5 Milliarden Euro. Der Bundesverkehrswegeplanoll noch bis 2015 gelten. Aufgrund der Finanzkrise under Entscheidungen, die wir noch zu treffen haben, kannan davon ausgehen, dass nicht mehr Geld zur Verfü-ung stehen wird. 1,5 Milliarden Euro mal 4 ergibtMilliarden Euro. Ziehen wir von 47 Milliarden EuroMilliarden Euro ab, dann kommen wir auf eine Summeon 41 Milliarden Euro, die für Projekte fehlt.
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15176 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Dr. Anton Hofreiter
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Schauen wir uns an, was im Rest der Bundesrepubliklos ist. In der vorletzten Sitzung des Verkehrsausschus-ses hat der Herr Minister seinen Haushalt vorgestellt underläutert, dass allein 80 Projekte mit einem Volumen von2,6 Milliarden Euro bundesweit baureif seien, die nichtfinanziert seien.
– Im Haushalt für das nächste Jahr ist sie nicht aufge-führt.
Heute haben wir im Ausschuss mit dem Staatssekretärdarüber diskutiert, dass viel zu wenig Geld für den Un-terhalt vorhanden und vollkommen ungeklärt ist, wie Er-satzinvestitionen für die Autobahnen aus den 70er-Jah-ren getätigt werden können. Hier findet nun aber einerein parteipolitisch motivierte Debatte statt, obwohl jetztendlich ein Bundesland Vernunft zeigt.
Es gibt eine ganze Reihe von Bundesländern, die eine gi-gantische Liste – da brauchen Sie nicht zu lachen; daswissen alle Fachpolitiker im Ausschuss – von Projektenhaben, die wir nicht finanzieren können.
Wir alle im Ausschuss wissen, dass wir eigentlichnoch mehr Geld für den Unterhalt des Straßennetzesbrauchten als die 2,4 Milliarden Euro. Fachleute gehendavon aus, dass 3,5 Milliarden Euro benötigt werden.Anstatt sich zu freuen, dass wir ein erstes Bundeslandhaben, das Einsicht zeigt und es für sinnvoller hält, dasvorhandene Netz zu unterhalten und zu sichern, anstattes auszubauen,
wird Kritik geübt, und zwar nur, um eine künftige rot-grüne Landesregierung in Schwierigkeiten zu bringen.Dabei sind sich die Fachpolitiker doch völlig einig, dasswir mehr Geld für den Unterhalt des Straßennetzes brau-chen. So herum ist es nämlich richtig: Unterhalt mussvor Neubau und Ausbau des Netzes gehen.
Angesichts der Tatsache, dass der Bund noch nichteinmal in Ansätzen in der Lage ist, das vorhandene Netzzu unterhalten, ist es unerträglich, dass jetzt auf die aufLandesebene eingehackt wird, die Vernunft zeigen undklar erkannt haben, dass es sinnvoller ist, das vorhan-dene Netz auszubauen und auf Lärmschutz zu setzen,anstatt immer wieder neue Projekte zu planen, die nichtfizdsgDsvn2swvSvCgdufüHlitevktidbv–DdL
as ist armselig. Das ist der Fachdebatte nicht angemes-en.Angemessen wäre es, zu sagen: Wunderbar, ihr habtollkommen recht. Wir erhöhen die für euch vorgesehe-en Unterhaltsmittel – im Haushaltsentwurf sind ja auf,4 Milliarden Euro erhöhte Unterhaltsmittel veran-chlagt –, und Berlin bekommt sogar noch einen Bonus,eil es im Gegensatz zu den anderen Bundesländern soiel Vernunft gezeigt hat.
Ich kann dem Verkehrsministerium nur raten: Stellenie dies gegenüber anderen Landesverkehrsministern alsorbildlich dar und bedanken Sie sich dafür.
Der Kollege Patrick Schnieder hat das Wort für die
DU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-en! Das, was wir hier in Berlin bei den sich anbahnen-en Koalitionsverhandlungen im Zuge der Diskussionm die A 100 erleben, ist bestenfalls eine Posse, und Siehren diese Posse hier kräftig fort, lieber Herr Kollegeofreiter. Ihr zukünftiger Koalitionspartner hier in Ber-n möchte dieses Projekt. Sie haben hier gerade die bes-n Voraussetzungen dafür geliefert, dass die Koalitions-erhandlungen sehr honorig ablaufen werden.Sie führen diese Posse nicht nur in Bezug auf die Er-lärungen der Grünen vor der Wahl, dass es eine Koali-on nur ohne die A 100 geben werde, fort, sondern auchahin gehend, dass Sie genau wissen, dass der Bundaut.Ich darf Aussagen von Herrn Ratzmann, und zwaron vor der Wahl zitieren:Die Koalition gemeint ist die rot-rote in Berlin –versucht die Stadt für dumm zu verkaufen. Wenndie Planfeststellung steht, dann wird auch die Bau-genehmigung erteilt, und dann wird der Bund dieBagger losschicken.as ist schon eine Dreistigkeit, so zu tun, als könnte manieses Projekt noch aufhalten. Damit verkauft man dieeute für dumm.
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Patrick Schnieder
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Das Ergebnis dieser vollmundigen Ankündigungen,widerstreitend von Rot und von Grün hier in Berlin, istein fauler und substanzloser Formelkompromiss. Siesollten zugeben: Hier geht es nur um die Machtfrage.Hier geht es nur darum, Senatorensessel zu besetzen.Sachfragen spielen überhaupt keine Rolle.
Im Übrigen: Dieses Theater um die A 100, das hier inBerlin inszeniert wird, ist zugleich ein verkehrspoliti-scher Offenbarungseid von Rot und von Grün. Das istRealsatire. Mit Realpolitik hat das überhaupt nichts ge-mein.
Dafür gibt es ganz offensichtlich Vorbilder, verehrteFrau Kollegin. Ich nenne den Hochmoselübergang inRheinland-Pfalz.
– Natürlich tut das weh, Herr Kollege Herzog. – DieSPD war dafür. Der Landtag in Mainz hat das Projektmit 100 Prozent bestätigt. Die Grünen haben im Wahl-kampf gesagt: Wir werden es verhindern. – Dieser Über-gang wird heute gebaut. Die Kröte musste also ge-schluckt werden.
Genauso wird man in Berlin – sagen Sie das doch bitteehrlich – die Kröte A 100 schlucken müssen.
Das, was dort inszeniert wird, ist nichts als Theater.Ein weiteres Beispiel ist Stuttgart 21. Das ist nichtsanderes, nur sind dort die Vorzeichen umgekehrt: Dagibt es einen Ministerpräsidenten, der vor der Wahl ge-sagt hat: Wir werden dieses Projekt stoppen. Ich prophe-zeie Ihnen: Die dortige Volksabstimmung, die man miteiner Trickserei auf den Weg gebracht hat, wird zu einerkrachenden Niederlage dieser grün-roten Koalition füh-ren.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir stellen fest:Rot-grüne Verkehrspolitik heißt, dass Straßenneubauselbst da, wo Bedarf besteht, nicht mehr stattfinden soll.
Das soll in Berlin in Zukunft so sein. Das steht im Koali-tionsvertrag der Regierung in Baden-Württemberg, dassPsIcIddvaaleSgkMghcDuSdliwliSwnmtunPLislemd
Rot-grüne Verkehrspolitik heißt auch – das müssenie Menschen wissen –: Die Belange von Wirtschaft,on Klima- und Umweltschutz – es geht dabei übrigensuch um die Menschen, die an solchen Straßen wohnen –,ber auch die Arbeitsplätze haben bei Ihnen keinen Stel-nwert. Deshalb sollten die SPD-Genossen hier in dertadt bei dem, was sie angehen, ganz vorsichtig sein. Esibt Vorbilder für das, was passieren kann, wenn mannappe Mehrheiten mit gefährlichen Fragen verknüpft.an sollte Frau Ypsilanti und Frau Simonis einmal fra-en, was dabei herauskommen kann.Rot-Grün für Berlin, aber auch weit darüber hinauseißt: Das ist das Ende einer vernünftigen und verlässli-hen Verkehrspolitik.
as darf es nicht geben.
Michael Groß hat das Wort für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnennd Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herrchnieder, durch Ihre Rede ist noch einmal klar gewor-en, dass die Beantragung der Aktuellen Stunde eigent-ch die Fortsetzung Ihres Wahlkampfs ist. Sie betreibeneiter Wahlkampf und akzeptieren das Ergebnis in Ber-n nicht.
ie versuchen, die Koalitionsgespräche zu beeinflussen,eil Sie nicht die erste Wahl sind. Darüber, dass Sie esicht sind, können Sie traurig sein, aber so ist es nunal.Es ist richtig: Der Ausbau der A 100 wurde in der ak-ellen Bedarfsplanüberprüfung des Bundes als Maß-ahme des Vordringlichen Bedarfs bestätigt. Es ist lautressemitteilung das einzige neue Bauprojekt für dasand Berlin im Investitionsrahmenplan bis 2015. Dabeit die Frage, ob es diesen Plan überhaupt gibt. In dertzten Woche wurde seine Existenz durch den Parla-entarischen Staatssekretär vehement bestritten, obwohlie Presse aus dem Plan zitiert hat.
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Michael Groß
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Nach verlorenen Wahlen für die Union, zum Beispielin NRW, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, istein deutlich erkennbares Muster, dass der Verkehrs-minister Millionen für Verkehrsinfrastrukturprojektestreichen will. Die Schlagzeile „Ramsauer droht … mitGeldentzug“, so im Spiegel, wiederholt sich ständig. Sowundert es auch niemanden mehr, dass in Berlin sofortdie Gelder für den Ausbau der A 100 gestrichen werdensollen, falls man Ihren Wünschen nicht nachkommt.
Dabei haben die Koalitionsverhandlungen von Rot undGrün noch nicht einmal begonnen. Die Bundesregierungstreicht gern, wo Rot-Grün regiert. In NRW ist es angeb-lich der RRX, in Baden-Württemberg stehen gleich alleVerkehrsinfrastrukturprojekte auf dem Prüfstand,
und in Berlin sind es wichtige Infrastrukturmittel.In Bayern wollen Sie 29 Bauvorhaben beginnen – inBerlin nur eines.
Darf ich Sie daran erinnern, dass Herr Ramsauer Bun-desminister ist? Sie sind bundesweit zuständig undsollten bundesweit die Verantwortung für die Verkehrs-infrastruktur übernehmen und bundespolitische Ent-scheidungen treffen. Die Zuständigkeit des Bundesver-kehrsministers für Koalitionsgespräche auf Landesebeneist mir bisher entgangen, aber ich bin ja erst seit zweiJahren dabei und lerne natürlich gerne dazu.
Mir fehlt allerdings eindeutig, dass der Bundesminis-ter schlicht und ergreifend, wie vollmundig angekündigt,Verantwortung für sein Ressort übernimmt. Der Ver-kehrsetat ist gnadenlos unterfinanziert. Bereits aus demletzten Investitionsrahmenplan wurden 213 Maßnahmennicht abgearbeitet. Der Erhaltungsbedarf wird nur zuetwa zwei Dritteln finanziert; Aus- und Neubau werdennur zur Hälfte finanziert. Mit Investitionen in das Stra-ßennetz in Höhe von circa 130 Euro pro Einwohner liegtDeutschland im europäischen Vergleich auf den hinters-ten Plätzen.Herr Ramsauer selbst fordert 14 Milliarden Euro vomFinanzminister – so war letztens zu lesen –, um die not-wendigen Verkehrsprojekte aus dem Bundesverkehrs-wegeplan umzusetzen. Im Verkehrsausschuss hat dieRegierung jetzt erklärt, dass die Mittelbindung durchlaufende Vorhaben in den nächsten Jahren grundsätzlichkeine Neubeginne erlaubt. Im Straßenbauplan 2012 istder Ausbau der A 100 gar nicht enthalten. Setzen Siesich dafür ein und sorgen Sie dafür, dass die Infrastruk-turmittel in den Bundeshaushalt eingestellt werden undBerlin zur Verfügung stehen!nnsKBswBHPvAeIhGfodsüleumLnGgodsrunHzghdd
Anstatt verkehrspolitische Verantwortung zu über-ehmen, Gespräche zu führen und über Alternativenachzudenken, die umweltpolitische und verkehrspoliti-che Lösungen darstellen, verweigern Sie sich in deroalition; dasselbe gilt für den Minister. Es fehlen derundesregierung Mobilitätskonzepte, die Probleme lö-en. Die Arbeit an pragmatischen Lösungen ist aber not-endig, um beispielsweise Verkehr aus den Städten undallungszentren wie Berlin hinauszuführen.
err Ramsauer ruft nur nach mehr Geld und nach einerkw-Maut oder streicht Projekte. Das ist keine Bundes-erkehrspolitik. Fangen Sie endlich mit Fachpolitik an!kzeptieren Sie das Ergebnis in Berlin und führen Siendlich lösungsorientierte Gespräche!Herzlichen Dank.
Patrick Döring hat das Wort für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!r Beitrag, geschätzter Herr Kollege Groß, gibt mirelegenheit, einmal darauf hinzuweisen, dass wir vorlgender Situation stehen: In den Koalitionsverträgen,ie in den letzten Monaten Rote und Grüne abgeschlos-en haben, ist eine konsequente Verweigerung gegen-ber der Fortsetzung von Straßenbauprojekten niederge-gt. Wenn man ein Anhänger der föderalen Ordnungnd der Auftragsverwaltung der Länder ist, dann mussan das durchaus hinterfragen. Denn es ist so, dass dieänder im Auftrag des Bundes Bundesfernstraßen pla-en, bauen und bewirtschaften. Es gibt von Rot undrün regierte Länder, die sich diesem Auftrag verwei-ern. Vor dieser politischen Situation stehen wir. Das istffensichtlich auch in Berlin der Fall. Man kann daherem Bundesverkehrsminister nicht vorwerfen, er reali-iere Projekte nicht; denn die jeweiligen Landesregie-ngen blockieren diese Projekte konsequent. Das istun wirklich verkehrte Welt.
Ich hätte schon erwartet, Frau Kollegin Rawert underr Kollege Groß, dass Sie sich einmal vor Ihren Spit-enkandidaten und wahrscheinlich wiedergewählten Re-ierenden Bürgermeister stellen, der immerhin gesagtat: Es gibt keinen faulen Kompromiss im Klein-Klein,ie Trasse ist frei, der Bund zahlt. Es kann gebaut wer-en. Da gibt es nichts zu verhandeln.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15179
Patrick Döring
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Es ist eigentlich Ihre Aufgabe, diese Position hier vorzu-tragen, und nicht die Aufgabe eines Abgeordneten derFreien Demokraten.Ich muss schon sagen: Diese Art der Verhandlung, diewir hier erleben, zeigt deutlich, dass man es schon vorder Wahl mit der Durchführung der Kampagne nichternst gemeint hat. Immerhin haben die Grünen im Rah-men einer Kleinen Anfrage in der 16. Wahlperiode sehrviele Fragen gestellt. Am 16. März 2010 wurde sie vonder neuen Bundesregierung beantwortet. Darin stehtzum Beispiel:Der Bedarfsplan, in dem die Verlängerung derA 100 enthalten ist, bedeutet einen Planungsauftragan die Auftragsverwaltung, die Planung an demVorhaben aufzunehmen und durchzuführen.Genau das ist passiert. Obwohl Sie wussten, dass diePlanfeststellung abgeschlossen wird und Baurecht beste-hen könnte, wenn nicht Sie und Ihre Büchsenspannerden Planfeststellungsbeschluss beklagen würden, habenSie hier Plakate mit einem Versprechen geklebt, dasnicht zu halten ist. Das muss man Ihnen vorhalten dür-fen, auch deswegen, weil wir gerade Haushaltsplanbera-tungen haben.
Noch abenteuerlicher ist allerdings die Vorlage, dieSie Ihren eigenen Delegierten zu Ihrer Landesdelegier-tenkonferenz vorlegen. Da steht allen Ernstes inZeile 117:Bislang sind die Mittel für den Weiterbau der A 100im Bundeshaushalt … gar nicht eingestellt.Zumindest die hier anwesenden Mitglieder des Deut-schen Bundestages wissen, dass das die Unwahrheit ist.Ich verweise auf die Tabelle 4 im Straßenbauplan des Ein-zelplans 12, Land: Berlin, laufende Nr.: 51, Straße: A 100.Für „Bauliche Vorleistungen im S-Bahnhof Bln-Ost-kreuz“ sind Gesamtkosten von 16,5 Millionen Euro vor-gesehen, davon in 2012 5 Millionen Euro. – Sie wissen,dass der Satz in dem Antrag, den Sie Ihren Delegiertenvorlegen, gelogen ist. So kann man die Demokratie nichtstärken, geschätzte Kolleginnen und Kollegen.
Hier den Eindruck zu erwecken, der Bund stehe nichtzu seinen Verpflichtungen, ist nun wirklich abenteuer-l
Der Bund will das einzige Projekt
für Berlin aus dem Bundesverkehrswegeplan im Vor-
dringlichen Bedarf realisieren. Dieser Bundesverkehrs-
wegeplan ist von Rot-Grün beschlossen.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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15180 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Stefanie Vogelsang
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Frau Rawert, Sie haben sich hier hingestellt und ge-sagt, es sei für die SPD doch mal an der Zeit, sich beiden Wählerinnen und Wählern für den Wahlausgang am18. September zu bedanken. Glauben Sie nicht, FrauKollegin, dass der eine oder andere Wähler dabei war,der Klaus Wowereit und Ihrer SPD das Vertrauen ge-schenkt hat, weil er darauf setzte, dass man bald nichtmehr von Friedrichshain aus 35 Minuten braucht, um ir-gendeine Autobahnanschlussstelle zu erreichen, dassman eben nicht mehr stundenlang in Staus stehen muss,wenn man vom Ostteil, zum Beispiel von Treptow, nachNeukölln fahren möchte,
dass man nicht mehr lange Planungen vornehmen muss,wenn man von Neukölln aus in einen anderen Bereichfahren will? Es waren bestimmt viele Menschen, die aufKlaus Wowereit vertraut haben
und gesagt haben: Er setzt sich für die Autobahn ein, unddas ist uns wichtig.
Doch, ich denke, schon.Mehr als die Hälfte der Berlinerinnen und Berlinerhaben bei einem zentralen Wahlkampfthema in dieserWahl, dem Weiterbau der A 100 als Symbol für Infra-strukturfähigkeit und Zukunftsfähigkeit dieser Stadt, ge-sagt: Ja, genau das wollen wir haben. – Und jetzt findeich in dieser Vereinbarung nichts als unehrliches Hin-und Hergeschummel. Sie vertrauen darauf, es aussitzenzu können. Sie vertrauen darauf, dass sich die Berline-rinnen und Berliner nicht direkt von Ihnen geohrfeigtfühlen, wenn sie bei den Grünen schwammig dies undbei der SPD schwammig das erkennen können. Aber sodämlich sind wir Berlinerinnen und Berliner nicht.
Das entdeckt jeder.Frau Kollegin Rawert, ich möchte Ihnen genauso, wied
Wenn Sie ganz schnell eine klare und
deutliche Aussage der Koalition bzw. des Senats von
Berlin zum Weiterbau der A 100 bringen, sorgen wir, so-
bald das Baurecht vorliegt, dafür, dass dieses Projekt
umgehend finanziert und bezahlt wird.
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Das Wort hat Uwe Beckmeyer für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Mitem, was Sie hier treiben, wollen Sie etwas kaschieren,nd zwar dergestalt: Machen wir es denen in Berlin ein-al richtig schwer!
ie tun das vor dem Hintergrund einer politischen Situa-on, in der Merkels Macht zerbröselt.
ie verlieren ein Bundesland nach dem anderen. Ihreacht im Bundesrat wird immer geringer. Einer deroalitionspartner ist inzwischen unter „ferner liefen“.ber Sie treiben dieses Thema wie bisher voran.Worum geht es eigentlich? Der Regierende Bürger-eister hier in Berlin hat klar gesagt: Die Sozialdemo-raten wollen das Projekt, wollen all das, was die A 100usmacht.
ei den Grünen dagegen ist folgende Position erkenn-ar: Wir brauchen auch Mittel für Lärmschutz, Flüster-sphalt und andere wichtige Projekte in diesem Land.
Hören Sie zu!
a merkt man doch, was momentan mit dem Verkehrs-aushalt los ist: Es ist die pure Not. Für viele wichtige
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15181
Uwe Beckmeyer
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Projekte ist zu wenig Finanzmasse vorhanden; da hat derKollege Anton Hofreiter völlig recht.
Wir haben heute im Verkehrsausschuss über denHaushalt des Jahres 2012 gesprochen. Wir haben von derKoalition keinen einzigen Antrag zur Ausweitung desHaushaltes bekommen.
– Richtig, ein absolut peinlicher Vorgang. Keine einzigeweitere Initiative aus der Koalition für eine Anhebungder Mittel!
– Hören wir einmal zu.Heute höre ich an diesem Pult vom zuständigenStaatssekretär, dass das Geld für die A 100 bereitgestelltwird. Ich sage „Wunderbar!“ und klatsche Beifall.
Es freut mich, dass Sie eine solche stramme Aussagemachen können. Die Frage ist nur: Wo haben Sie die ent-sprechenden Mittel tatsächlich eingestellt?
Herr Döring, es ist nicht ganz richtig, wenn Sie sagen,das Geld komme automatisch, wenn es an der Stelle, dieSie vorhin genannt haben, eingestellt ist. Die definitiveAufnahme in den Straßenbauplan und damit die Darstel-lung der Finanzierung im Bundeshaushalt findet entspre-chend den Regularien des BMVBS nach dem Vorliegeneines rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses statt.
Der entsprechende Planfeststellungsbeschluss wird mo-mentan in Leipzig beklagt. Es wird damit gerechnet,dass im Frühjahr 2012 eine gerichtliche Entscheidungdazu vorliegt. Das ist die aktuelle Lage.
Nun kommt aus Berlin der Wunsch, Gespräche zuführen. Im politischen Bereich ist das Gespräch eigent-lich ein übliches Mittel der Kommunikation. Da könnenSie doch nicht einfach sagen: Wir führen keine Gesprä-che.
Führen Sie doch einmal Gespräche! Auf der anderenSeite gibt es bei der grünen Fraktion die Erwartung, dassdie Gespräche zu einem anderen Ergebnis führen als zudem, worauf zurzeit noch die Planungen beruhen.Ich habe die persönliche Einschätzung – ich bin keinBerliner und auch kein Abgeordneter des Berliner Abge-ordnetenhauses –, dass das Umwidmen von Mitteln imBundesverkehrswegeplan und die Verwendung für an-dere Projekte nicht so einfach geht. Ich kenne wenigeBk–HRgsstiWgdhdWIhgHßeWinoAadcbMti
Klatschen Sie nicht zu früh. – Nur, meine Damen underren, das, was hier in Berlin, im Brennpunkt unsererepublik, passiert, macht doch exemplarisch klar: Eseht nicht nur um die A 100, sondern auch um Lärm-chutz, den Schutz der Bevölkerung vor Verkehrsemis-ionen und vieles andere mehr. Darauf hat diese Koali-on überhaupt keine Antwort.
Wir haben heute Anträge zum Lärmschutz gestellt.
ir haben heute gefordert und dafür gestimmt, dass zu-unsten dieser Bereiche zusätzliche Anstrengungen beier Infrastrukturfinanzierung unternommen werden. Wiraben einen entsprechenden Deckungsbeitrag geleistet,en Sie von der FDP aus dem Haushalt gekegelt haben.
ir haben gesagt: Wir wollen eine Rücknahme der vonnen durchgesetzten Streichung der Mauterhöhung. Daeht es locker um einen dreistelligen Millionenbetrag imaushalt. Setzen Sie Ihre Beschlüsse zur Bundesstra-enmaut, die Sie im Deutschen Bundestag gefasst haben,ndlich um.
ir haben keinen Anlass, Ihnen zu trauen, weil Sie nicht der Lage sind, Ihren Haushalt auf der Einnahmeseiterdentlich in Gang zu setzen.
uf der anderen Seite hoffen wir natürlich, dass die Ko-lition in dieser Legislaturperiode vielleicht noch einmalie Kraft hat – es wäre ein letztes Aufbäumen –, ein biss-hen Geld für die Verkehrsinfrastruktur zusammenzu-ringen. Dann habe ich auch die Hoffnung, dass Herrücke seine Versprechungen einhalten kann.
Herzlichen Dank.
Das Wort hat Dr. Martin Lindner für die FDP-Frak-on.
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15182 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
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Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren! Esgibt in Deutschland eine Partei, die uns immer erzählt, esgehe ihr nur um Inhalte – nie um Minister- oder Senato-renposten, sondern immer nur um ihre grünen Inhalte.Ich bin beglückt, Ihnen heute ein Zitat des geschätztenRegierenden Bürgermeisters von Berlin aus der Sitzungdes Abgeordnetenhauses vom 1. September 2011 zumThema „Grüne Inhalte“ vortragen zu können. Ich zitiere:Ich bin hocherfreut darüber, dass Herr Ratzmann– das ist der Fraktionsvorsitzende –
und neulich auch Frau Künast den inhaltlichenWahlkampf angekündigt haben. Zehn Punkte sinddort benannt worden, und es hieß: Wenn diese zehnPunkte nicht akzeptiert werden, dann werden dieGrünen gar nichts mitmachen. – So lautete die Pa-role. Herr Ratzmann! Das ist heute eingedampftworden. Von Ihren zehn Punkten haben Sie nurnoch einen zum harten Kern gemacht, nämlich dieA 100. Sie haben gesagt: Wenn das nicht erfülltwird und wenn der Wowereit da nicht einknickt,dann – – Ja, was ist denn dann, Herr Ratzmann?Dann bleibt Ihr Anzug wieder im Schrank hängenwie beim letzten Mal, oder was?
Dann setzt der Regierende Bürgermeister seine Redefort und sagt:Das müssen Sie sich doch einmal klarmachen. Siesitzen doch auf einem hohen Ross, das Ihnen längstweggeschossen ist. Herr Ratzmann,– das ist Ihr zukünftiger Koalitionspartner, sehr martia-lisch –dass Sie noch meinen, Bedingungen für Koalitions-verhandlungen stellen zu können! Wo leben wirdenn eigentlich? Wo leben Sie denn eigentlich?Ich wünsche Ihnen weiterhin großartige Verhandlungenmit diesem wirklich fairen Partner!
Dann kam Ratzmann, sitzengeblieben auf diesem ein-zelnen Punkt, und sagt in der Berliner Morgenpost:A-100-Ausbau wird es mit den Grünen nicht gebenEr führt weiter aus:Wenn Wowereit die A 100 bauen will, muss er dasmit der CDU machen.Jetzt haben Sie einen großartigen Kompromiss gefun-den. Sie sagen: Jetzt verhandeln wir erst einmal mit demVerkehrsminister, und zwar ganz ergebnisoffen. – Wasglauben Sie denn eigentlich, was der Verkehrsministerjetzt tut? Meinen Sie, er sagt: „Wir schmeißen alle Pläne,dHdDzreRsWsSzGBgRß3WtiADusdwfüw
as kann doch nicht Ihr Ernst sein!Es ist lächerlich, wenn Sie glauben, dass der Bau auf-uhalten ist. Das Ding wird gebaut, und der dann amtie-nde Innen-, Verkehrs- oder Wirtschaftssenatoratzmann wird in dem Moment das rote Band durch-chneiden, in dem der Ministerpräsident von Baden-ürttemberg das rote Band bei Stuttgart 21 durch-chneidet.
o wird es kommen. Ich freue mich auf die Einladungum Abschluss dieses wirklich exzellenten Projekts.
Das einzig Überraschende ist doch, wie schnell derenickbruch erfolgt. Das ist doch das einzig Spannende.ei den Linken, Herr Liebich, war der Regierende Bür-ermeister so anständig und hat gewartet, bis er zumegierenden Bürgermeister gewählt wurde. Anschlie-end hat er mit den Linken das Blindengeld gekürzt,0 000 Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut, dieohnungsbaugesellschaften und die Landesbank priva-siert. So viel zu Ihren Versprechungen, Herr Liebich. –ber bei euch wartet er noch nicht einmal!
as ist sensationell dreist,
nd Sie sind sensationell devot; das muss man hier fest-tellen.
Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Verhandlungen mitiesem wunderbaren Regierenden Bürgermeister. Wirerden in der Bundesregierung, in dieser Koalition, da-r sorgen, dass das vernünftige Projekt A 100 in Berlineiter gebaut wird. Ratzmann heißt jetzt Ypsilanti.Herzlichen Dank.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15183
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Arnold Vaatz hat das Wort für die CDU/CSU-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Wir sind am Ende der Aktuellen Stunde ange-langt.
Das ist eine gute Gelegenheit, noch einmal die Faktenzusammenzutragen.Die Rechtslage ist eindeutig – das haben direkt oder in-direkt eigentlich alle Redner bestätigt –: Es gibt einenBundesverkehrswegeplan, der im Jahr 2003 unter Rot-Grün beschlossen wurde. Es gibt eine gesetzliche Grund-lage zur Umsetzung, den Bundesfernstraßenbedarfsplan.Das entsprechende Gesetz ist 2004 beschlossen worden,auch unter Rot-Grün. Damit ist der unverbindliche Bun-desverkehrswegeplan in ein verbindliches Gesetz über-führt worden.
In dem Bundesfernstraßenbedarfsplan haben wir denAbschnitt 16 der A 100 – Dreieck Neukölln bis Trepto-wer Park – als vordringlichen Bedarf eingeordnet. DasLand Berlin hat daraufhin den Planungsauftrag des Bun-des umgesetzt. Wir haben gerade gehört, wie hoch dieeigenen Kosten waren. Der Planfeststellungsbeschlussist Ende 2010 ergangen. Er ist beklagt worden. Sobalddie Gerichtsentscheidungen gefällt sind und der Plan-feststellungsbeschluss umgesetzt werden kann, wird derBund das dafür erforderliche Geld bereitstellen. Wir ha-ben heute die verbindliche Zusage des Ministers bzw.des Ministeriums gehört.
Herr Kollege Beckmeyer, die Voraussetzungen für dieFinanzierung, die Sie eingefordert haben, sind, sobaldder Rechtsstreit beendet ist, gegeben. Insofern sind IhreEinwände gegenstandslos. Ich habe mich ein bisschenüber Ihre Argumentation gewundert. Sie haben so getan,als bekämen Sie das Geld zweimal. Erst habe ich michgewundert, aber dann fiel mir ein, dass Sie der größtenSchuldenfabrik, die es in dieser Republik gibt, entsprun-gen sind, dem Senat von Bremen.
Deshalb weiß ich, dass es Ihnen leichtfällt, Geld zu for-dern, ohne irgendeine Ahnung zu haben, wo es herkom-men soll.KwlimreLbcbbInwADWbvEvsdfrruDsnbhmdSngwwzBSg
Auch politisch ist die Situation vollkommen klar. Derompromiss, über den in der Zeitung geschriebenurde, ist nur angeblich ein Kompromiss. Es ist auffäl-g, dass Sie eine Volksbefragung zu diesem Thema ge-ieden haben. Warum haben Sie sie gemieden? Weil espräsentative Umfragen gibt, die den Feststellungen derinken widersprechen, Herr Liebich. Die Linken glau-en immer, besser zu wissen, was die Menschen brau-hen, als die Menschen selber. Sie sagen: Die Autobahnraucht keiner. Die Berliner sagen zu 52 Prozent: Wirrauchen sie.
Ostberlin, wo die Betroffenen leben – ihre Fahrzeitird deutlich verkürzt –, sagen 63 Prozent, dass sie dieutobahn brauchen.
as halte ich für ein ganz wichtiges Votum.Aus diesem Grund muss von Rot-Grün ein anderereg zur Verhinderung beschlossen werden, damit dasöse Autobahngeld in gutes, grünes Lärmschutzgelderwandelt werden kann. Dazu braucht man aber dasinverständnis des Bundes. Deshalb soll mit dem Bunderhandelt werden, und wenn das nicht fruchtet, wird,agt Herr Wowereit, die A 100 gebaut. Weil wir wissen,ass eine Umwidmung der 420 Millionen Euro nicht in-age kommt, ist das Ergebnis völlig klar: Die Verlänge-ng der A 100 bis zum Treptower Park wird gebaut.as ist die Aussage. Sie haben sich ganz offensichtlichelbst Bedingungen gestellt, die Sie nicht erfüllen kön-en. Sie müssen die Konsequenzen ziehen und die Auto-ahn bauen. Die Frage ist nur, ob die Berliner Unter-ändler der Grünen wirklich so naiv waren, zu glauben,an könne dem Bund eine solche Umwidmung abhan-eln. Ich persönlich meine, dass sie das nicht glauben.ie sind nicht so naiv. Sie wissen ganz genau, dass dasur ein Placebo ist, mit dem sie ihre eigene Basis beruhi-en und Herrn Ratzmann den Weg in den Senat ebnenollen. Das ist das Ziel. Aber das – da bin ich mir sicher –ird selbst Ihre grüne Klientel in Berlin merken.Sie haben ja vorhin mit dem Finger auf andere ge-eigt. Aber auch mit Ihnen wird es schnell bergab gehen.ei Ihnen wird der Lack genauso schnell ab sein, wennie Ihre Wählerklientel weiter so betrügen.Den Berlinern können wir von diesem Platz aus sa-en: Die A 100 wird gebaut.
Metadaten/Kopzeile:
15184 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Arnold Vaatz
(C)
(B)
Das Geld dafür wird bereitstehen,
sobald der Rechtsstreit beendet ist. Die CDU im BerlinerAbgeordnetenhaus wird den Regierenden BürgermeisterHerrn Wowereit auch aus der Oppositionsposition he-raus, wenn es so kommen sollte, dabei unterstützen, dieAutobahn zu bauen. Diese Zusicherung haben Sie.Vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.
Wir sind am Ende unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Donners-
tag, den 29. September 2011, 9 Uhr, ein. Genießen Sie
den restlichen Abend und die gewonnenen Einsichten.
Die Sitzung ist geschlossen.