Protokoll:
17128

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 128

  • date_rangeDatum: 23. September 2011

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:42 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/128 Verbesserung der Versorgungsstruktu- ren in der gesetzlichen Krankenversi- cherung (GKV-Versorgungsstrukturge- setz GKV-VStG) (Drucksache 17/6906) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Agnes Alpers, Karin Binder, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wirksamere Bedarfsplanung zur Sicherung einer wohnortnahen und bedarfsgerechten gesundheitlichen Ver- sorgung (Drucksache 17/3215) . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: a) Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 40-jähriges BAföG-Jubiläum für soziale Weiterentwicklung nutzen (Drucksache 17/6372) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Studienfinanzierung stärken – Das BAföG zum Zwei-Säulen- Modell ausbauen (Drucksache 17/7026) . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung 15059 C 15059 D 15060 A 15062 A 15080 B 15080 C Deutscher B Stenografisch 128. Sitz Berlin, Freitag, den 23 I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Ulrich Petzold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlussempfehlung des Aus- schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschusses) zu dem Steuerver- einfachungsgesetz 2011 (Drucksachen 17/5125, 17/5196, 17/6105, 17/6121, 17/6146, 17/6583, 17/6875, 17/7025) Tagesordnungspunkt 28: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur D B C D J D L D D 15059 A 15059 B 15059 B Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . 15062 C 15064 A undestag er Bericht ung . September 2011 t : r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . r. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . r. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . othar Riebsamen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 15066 A 15068 B 15069 B 15070 D 15072 A 15074 B 15075 B 15076 C 15077 D 15079 A – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Burchardt, Swen Schulz (Spandau), II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Notfallplan für die Hochschul- zulassung zum Wintersemester 2011/12 jetzt starten – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Hochschulzu- lassung bundesgesetzlich regeln – Sozialen Zugang und Durchlässig- keit in Masterstudiengängen sichern (Drucksachen 17/5899, 17/5475, 17/7051) Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Verbesse- rung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt (Drucksachen 17/6277, 17/6853, 17/7065) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/7068) . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Mast, Gabriele Lösekrug-Möller, Anette Kramme, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Arbeits- marktpolitik an den Herausfor- derungen der Zeit orientieren – Weichen für gute Arbeit, Vollbe- schäftigung und Fachkräftesiche- rung stellen D H J S B K G P M A D T A (T w S s (D M D D M K N C 15080 C 15080 D 15082 D 15085 A 15086 D 15087 B 15088 D 15091 B 15092 A 15094 B 15095 D 15097 C 15098 D 15099 D 15101 B 15101 B – zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Agnes Alpers, Jutta Krellmann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Arbeitsmarktpolitik neu ausrichten und nachhaltig finanzieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Katrin Göring-Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Arbeitsmarktpolitik – In Beschäftigung und Perspektiven in- vestieren statt Chancen kürzen (Drucksachen 17/6454, 17/5526, 17/6319, 17/7065) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . ohannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . abine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . ascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ngelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . r. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 31: ntrag der Abgeordneten Marlene Rupprecht uchenbach), Petra Crone, Petra Ernstberger, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der PD: Kinderrechte in Deutschland umfas- end stärken rucksache 17/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . r. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . iana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . iriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 15101 D 15101 D 15103 A 15104 D 15106 C 15108 A 15109 B 15109 D 15111 B 15112 A 15113 A 15113 C 15114 C 15115 C 15117 A 15117 B 15118 A 15120 B 15121 B 15122 A 15123 B 15125 A 15125 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 III Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Neuordnung des Geräte- und Produktsicherheitsrechts (Drucksachen 17/6276, 176852, 17/7063) . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Neuord- nung des Geräte- und Produktsicherheits- rechts (Tagesordnungspunkt 32) Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15125 D 15126 C 15127 C 15127 D 15129 A 15130 B 15131 B 15132 B 15133 A 15134 A 15134 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 15059 (A) ) )(B) 128. Sitz Berlin, Freitag, den 23 Beginn: 9.0
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    Anlage 2 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 15129 (A) ) )(B) Krestel, Holger FDP 23.09.2011 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.09.2011 Dr. Seifert, Ilja DIE LINKE 23.09.2011 Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 23.09.2011 Dr. Sitte, Petra DIE LINKE 23.09.2011 Anlage 1 Liste der entschuldigte Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bartol, Sören SPD 23.09.2011 Beckmeyer, Uwe SPD 23.09.2011 Behrens, Herbert DIE LINKE 23.09.2011 Bracht-Bendt, Nicole FDP 23.09.2011 Breil, Klaus FDP 23.09.2011 Burkert, Martin SPD 23.09.2011 Deutschmann, Reiner FDP 23.09.2011 Ernst, Klaus DIE LINKE 23.09.2011 Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.09.2011 Flosbach, Klaus-Peter CDU/CSU 23.09.2011 Dr. Friedrich, Hans-Peter CDU/CSU 23.09.2011 Dr. Geisen, Edmund Peter FDP 23.09.2011 Glos, Michael CDU/CSU 23.09.2011 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.09.2011 Grindel, Reinhard CDU/CSU 23.09.2011 Grund, Manfred CDU/CSU 23.09.2011 Dr. Gysi, Gregor DIE LINKE 23.09.2011 Dr. Hendricks, Barbara SPD 23.09.2011 Dr. Jochimsen, Lukrezia DIE LINKE 23.09.2011 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 23.09.2011 Koch, Harald DIE LINKE 23.09.2011 Körper, Fritz Rudolf SPD 23.09.2011 Dr. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 23.09.2011 L D L L L D D N N N Ö P P R S D S S S S S A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten aurischk, Sibylle FDP 23.09.2011 r. Lehmer, Max CDU/CSU 23.09.2011 eidig, Sabine DIE LINKE 23.09.2011 eutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 23.09.2011 iebing, Ingbert CDU/CSU 23.09.2011 r. de Maizière, Thomas CDU/CSU 23.09.2011 r. Meister, Michael CDU/CSU 23.09.2011 ahles, Andrea SPD 23.09.2011 iebel, Dirk FDP 23.09.2011 ietan, Dietmar SPD 23.09.2011 zoğuz, Aydan SPD 23.09.2011 ieper, Cornelia FDP 23.09.2011 itterle, Richard DIE LINKE 23.09.2011 oth (Heringen), Michael SPD 23.09.2011 chaaf, Anton SPD 23.09.2011 r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 23.09.2011 chirmbeck, Georg CDU/CSU 23.09.2011 chmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 23.09.2011 chneider (Erfurt), Carsten SPD 23.09.2011 chreiner, Ottmar SPD 23.09.2011 chwarzelühr-Sutter, Rita SPD 23.09.2011 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 15130 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 (A) ) )(B) Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Neuordnung des Geräte- und Produkt- sicherheitsrechts (Tagesordnungspunkt 32) Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU): Dass die Frage nach der Sicherheit von technischen Geräten in einem europäischen Kontext beantwortet wird, war in den letz- ten Dekaden mitnichten eine tradierte Selbstverständ- lichkeit. Sie stellte sich erst mit dem freien Warenver- kehr in der Europäischen Gemeinschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde sie – wenn überhaupt – nationalstaat- lich beantwortet. Dies führte in der Tendenz eher dazu, dass aufgrund unterschiedlicher technischer Anforderun- gen an die Produktsicherheit Handelshemmnisse aufge- baut wurden, anstatt sie abzubauen. Gerätesicherheit wird mittlerweile nicht mehr isoliert nationalstaatlich definiert, sondern innerhalb der Euro- päischen Union miteinander abgestimmt. Mit dem Ge- räte- und Produktsicherheitsgesetz wurde ab 1. Mai 2004 die europäische Richtlinie über die allgemeine Produkt- sicherheit in Deutschland in nationales Recht umgesetzt. Es regelt unter anderem das Inverkehrbringen von tech- nischen Arbeitsmitteln, aber auch von komplexen Anla- gen und stellt somit auch eine Grundlage für einen funk- tionierenden Arbeitsschutz dar. Kurzum bietet es eine Rechtsgrundlage, um unsichere Produkte vom Waren- verkehr auszuschließen. Es trägt damit zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen bei, weshalb ihm eine u p o u re d a E re Z d k re w d te In h m d D b a D m ti P m p p z s a R c s n S d Z v la M m fo d D w le s H s g d d rü Steinbach, Erika CDU/CSU 23.09.2011 Dr. Stinner, Rainer FDP 23.09.2011 Thönnes, Franz SPD 23.09.2011 Tillmann, Antje CDU/CSU 23.09.2011 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.09.2011 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 23.09.2011 Weinberg, Harald DIE LINKE 23.09.2011 Werner, Katrin DIE LINKE 23.09.2011 Dr. Westerwelle, Guido FDP 23.09.2011 Wöhrl, Dagmar G. CDU/CSU 23.09.2011 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 23.09.2011 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 23.09.2011 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich (C (D mfassende wirtschafts- und damit auch arbeitsmarkt- olitische Bedeutung zukommt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf über die Neu- rdnung des Geräte- und Produktsicherheitsrechts wird nter anderem die Geräte- und Produktsicherheit europa- chtlich harmonisiert. Diese Harmonisierung erleichtert en Warenaustausch auf dem europäischen Markt, soll ber in erster Linie den Verbraucher- und Arbeitsschutz U-weit auf hohem Niveau sichern. Mit dem Produktsicherheitsgesetz wird unter ande- m die Zusammenarbeit von Marktüberwachung und oll gestärkt werden, um den Import unsicherer Pro- ukte möglichst frühzeitig erkennen und verhindern zu önnen. Mit dem Gesetzentwurf soll eine gut funktionie- nde Zusammenarbeit zwischen Zoll- und Marktüber- achungsbehörden sichergestellt werden. Dabei sollen ie Zollbehörden insbesondere berechtigt und verpflich- t werden, alle für weitere Maßnahmen erforderlichen formationen an die zuständige Marktüberwachungsbe- örde weiterzugeben. Hierzu zählen zum Beispiel Infor- ationen wie Name und Anschrift des Empfängers und es Absenders, Versendungsland, Ursprungsland etc. ies ermöglicht ein Eingreifen der Marktüberwachungs- ehörden zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, aber uch die Informationsgewinnung über Produkte aus rittländern, die sich bereits auf dem Gemeinschafts- arkt befinden. Dadurch wird eine Erhöhung der Effek- vität der Marktüberwachungsbehörden erreicht. Darüber hinaus werden Hersteller bei Einführung von rodukten einer Dokumentationspflicht unterliegen. Es uss für die zuständige Marktüberwachungsbehörde über- rüfbar sein, dass der Einführer seiner Dokumentations- flicht nachgekommen ist. Die Nichterfüllung bildet ugleich den Anknüpfungspunkt für einen Bußgeldtatbe- tand. Ebenso werden die Marktüberwachungsbehörden nhand angemessener Stichproben die Einhaltung der echtsvorschriften kontrollieren müssen. Ebenso wollen wir das GS-Zeichen für „geprüfte Si- herheit“ nachhaltig stärken, um Missbrauch zu er- chweren, denn mit einem gefälschten GS-Zeichen wird icht nur der betroffenen GS-Stelle ein wirtschaftlicher chaden zugefügt, sondern die Zuverlässigkeit der mit em GS-Zeichen verbundenen Aussage insgesamt in weifel gezogen. Daher werden die GS-Stellen künftig erpflichtet, gegen Hersteller, die ihr GS-Zeichen uner- ubterweise verwenden, vorzugehen. Sie wird geeignete aßnahmen zu treffen haben, wie zum Beispiel die Ab- ahnung eines widerrechtlichen Verwenders, die Auf- rderung zur Abgabe von Unterlassungserklärungen, as Einschalten der Wettbewerbszentrale oder die urchsetzung von Unterlassungsansprüchen im Klage- ege vor den örtlichen Gerichten. Die anderen GS-Stel- n sind in diesen Fällen zu unterrichten, da nicht auszu- chließen ist, dass auch andere GS-Zeichen von diesem ersteller unerlaubterweise verwendet werden. Die Her- teller werden verpflichtet, Informationen zu Fälschun- en ihres GS-Zeichens zu veröffentlichen. Damit wird ie Grundlage für eine „Liste schwarzer Schafe“ gelegt, ie letztlich potenzielle Fälscher abschrecken soll. Da- ber hinaus streben wir mit unserem Gesetzentwurf Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 15131 (A) ) )(B) eine Erhöhung des Bußgeldrahmens auf 100 000 Euro an. Bußgelder sollen bei schwerwiegenden Verstößen abschreckend sein und auch etwaige Gewinnmargen, die durch einen Verstoß erzielt werden, berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund erscheint uns eine weitere Erhöhung des Bußgeldrahmens für geboten. Ich möchte an dieser Stelle auch noch kurz auf darauf eingehen, warum wir auf eine explizite Ausnahme von Arzneimitteln im Produktsicherheitsgesetz nicht ver- zichten können. Mir ist dies deshalb wichtig, weil im Laufe des Verfahrens mehrfach eine solche Änderung angeregt wurde. Grundsätzlich stellt die Regelung in § 1 Abs. 4 des Produktsicherheitsgesetzentwurfs klar, dass die Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes nicht zur Anwendung kommen, wenn in anderen Rechtsvorschrif- ten entsprechende oder weitergehende Vorschriften ent- halten sind. Demnach haben andere Rechtsvorschriften, die umfassend die Bereitstellung spezieller Produkte auf dem Markt regeln, Vorrang, und das Produktsicherheits- gesetz ist nicht anzuwenden. Für den Fall, dass diese an- deren Rechtsvorschriften Regelungen für spezielle Pro- dukte im Hinblick auf bestimmte Teilaspekte für das Bereitstellen auf dem Markt treffen, können im Spezial- recht Regelungslücken bestehen und dann kommt das Produktsicherheitsgesetz insoweit ergänzend zur An- wendung. Arzneimittelrechtliche Vorgaben können unter Um- ständen eben nicht ausreichen, wie dies beispielsweise bei Arzneimitteln in Druckgasbehältnissen der Fall ist. So regelt der Anhang 6 des EG-Good-Manufacturing- Practice-Leitfadens – kurz: EG-GMP-Leitfaden – die Herstellung medizinischer Gase. Mit diesen Regelungen werden die grundsätzlichen Anforderungen an die Arz- neimittelherstellung entsprechend der guten Herstellungs- praxis festgelegt. Dabei geht es insbesondere um die Anforderungen an Räume, Personal und die ordnungs- gemäße Abfüllung der medizinischen Gase, die Vermei- dung von Kreuzkontaminationen und die Dokumenta- tion des Herstellungsvorgangs. Anforderungen an die Behältnisse selbst werden nicht näher spezifiziert. Inso- fern können Arzneimittel nicht aus dem Produktsicher- heitsgesetz ausgeklammert werden. All das klingt sehr technisch. In der Quintessenz aber geht es darum, den Konsumenten- und Arbeitsschutz über die Geräte- und Produktsicherheit auf einem hohen Niveau EU-weit sicherzustellen und einen fairen Wett- bewerb um qualitativ hochwertige Produkte zu wahren. Josip Juratovic (SPD): Das Geräte- und Produkt- sicherheitsrecht klingt zuallererst nach einem sehr tech- nischen Thema. Man denkt an technische Überprüfun- gen beispielsweise von Steckdosen, wie sie in der vergangenen Woche in unseren Büros in Berlin stattfan- den, oder daran, wie große Maschinen in der Produktion überwacht und gewartet werden. Aber wir dürfen dieses Gesetz nicht nur technisch be- urteilen, sondern müssen schauen, was die Auswirkun- gen auf die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind. Denn für uns muss klar sein: Wir müssen die Arbeitswelt, die Arbeitsmaschinen, die P s d V p z h d w v h m Z n M H n s h u w m fe u E re A u d P n re b P a d g w a U m ti a ru M tu G P Z N H e d re D (C (D rodukte, die in der Produktion verwendet und herge- tellt werden, so sicher wie möglich machen, sodass we- er die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch die erbraucher Schaden nehmen. Hier beginnt die sehr raktische Anwendung des Gesetzes. Ich bin froh, dass wir in Deutschland ein so differen- iertes Gesetz über die Geräte- und Produktsicherheit aben, und zunächst möchte ich der Regierung danken, ass dieses Gesetz nun rechtssystematisch angepasst ird. Wir können viele unserer Gesetze in dieser Form ereinfachen und damit für den täglichen Gebrauch andhabbarer machen. Diese Überarbeitung geht einher it der Anpassung des Rechts an eine EU-Verordnung. udem werden mit der Neufassung zwei Richtlinien, ämlich die Spielzeugrichtlinie und die Richtlinie über aschinen zur Ausbringung von Pestiziden, umgesetzt. ier ist jedoch mein erster Kritikpunkt: Diese Richtli- ien hätten bis zum 20. Januar bzw. bis zum 15. Juni die- es Jahres bereits umgesetzt werden müssen. Deswegen at die Bundesregierung es auch so eilig mit der zweiten nd dritten Lesung im Parlament; denn diese Fristen urden schlichtweg verschlafen. Jedoch habe ich aus Sicht der Arbeitnehmer, die un- ittelbar von der Geräte- und Produktsicherheit betrof- n sind, weitere Anmerkungen, die leider nicht in den ns heute zur Abstimmung vorliegenden Gesetzentwurf inzug gehalten haben. Wir hatten diese Änderungen be- its in einem Änderungsantrag zu diesem Entwurf im usschuss vorgelegt. Erstens bin ich der Meinung, dass auch im Geräte- nd Produktsicherheitsrecht klargestellt werden muss, ass der Arbeitgeber verpflichtet ist, Maschinen in der roduktion bereitzustellen, die auf dem Stand der Tech- ik sind. Diese Verpflichtung existiert im Arbeitsschutz- cht. Daher müssen wir hier Missverständnissen vor- eugen und diese Verpflichtung auch ins Geräte- und roduktsicherheitsgesetz aufnehmen. Zweitens muss klargestellt werden, dass ein Produkt m Markt nicht bereitgestellt werden darf, wenn Anfor- erungen, die die Ministerien durch Rechtsverordnun- en an Produkte stellen können, nicht berücksichtigt erden. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, ber Rechtssicherheit ist immer der bessere Weg, als hier nklarheiten zu hinterlassen. Drittens fordere ich, dass ein Produzent einer Doku- entationspflicht unterliegen muss. Er muss dokumen- eren, dass er das Produkt, das er auf den Markt bringt, usreichend und mit Erfolg geprüft hat. Hier geht es da- m, inwiefern auch gebrauchte Produkte noch auf dem arkt gehandelt werden dürfen, wenn sie nicht dem ak- ellen Stand der Technik und dem aktuellen Stand der esetzgebung entsprechen. Bisher war geregelt, dass rodukte dem Rechtsstand entsprechen müssen, der zum eitpunkt des Inverkehrbringens galt. Das ließ sich im achhinein oft schwer nachvollziehen. Daher muss dem ändler eine Nachweispflicht für die Ungefährlichkeit ines solches Produkts auferlegt werden. Hier muss er ie Abweichung zur aktuellen Rechtslage dokumentie- n und die sich daraus ergebenden Risiken darstellen. amit können die Beschäftigten mit den Risiken vertraut 15132 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 (A) ) )(B) gemacht werden, und die Risiken können bei der Erstel- lung einer Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt wer- den. Im Übrigen wäre dies auch ein Schritt gegen Pro- duktpiraterie. Wenn nämlich gefälschte Produkte auf unseren Markt kommen, die große Gefahren bergen, da sie nicht geprüft werden, kann das so nachvollzogen werden. Viertens müssen wir den Informationsanspruch der Öffentlichkeit regeln. Ich bin der Überzeugung, dass die Öffentlichkeit grundsätzlich informiert werden muss, wenn ein Produkt oder ein Gerät eine Gefahr birgt. Dies darf nur eingeschränkt werden, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, wenn die Daten derzeit vor Gericht verwendet werden oder wenn Urheberrechte betroffen sind. Damit wollen wir verhindern, dass mehr Informationen als nötig geheim gehalten werden. Fünftens – und dies habe ich bereits in meiner letzten Rede im Juni zum Geräte- und Produktsicherheitsrecht gesagt – müssen die Sanktionen für Verstöße angehoben werden. Art. 41 der Verordnung (EG) 765/2008 fordert Sanktionen, die „spürbar, verhältnismäßig und abschre- ckend“ sind. Die Regierung hatte ursprünglich 50 000 Euro dafür vorgeschlagen. Das zahlen viele Un- ternehmen doch aus der Portokasse! Wenn Unternehmen also ein Interesse daran haben, eine alte Maschine, die Risiken für die Arbeitnehmer birgt, weiter zu nutzen, werden sie eher diese Sanktion zahlen, als dass sie eine neue, sichere Maschine anschaffen. Deswegen müssen die Sanktionen dringend erhöht werden, und zwar emp- findlich. In Übereinstimmung mit den Bundesratsemp- fehlungen schlagen wir 300 000 Euro vor. Das wäre ein gutes Zeichen für den Arbeitsschutz. Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, in Ihrem Änderungs- antrag, mit dem Sie ja nebenbei viele redaktionelle Än- derungen an Ihrem eigentlichen Entwurf vornehmen, er- höhen Sie die Sanktionen auf 100 000 Euro. Das ist ein erster Schritt, reicht aber für einen wirksamen Arbeits- schutz nicht aus. Eine weitere Sache, die wir nicht vergessen dürfen, ist, dass all die Regelungen, die wir hier treffen, auch ausreichend kontrolliert werden müssen. Hier appelliere ich an die Länder, dass die Überwachungsbehörden, die in den letzten Jahren einen empfindlichen Personalabbau erleiden mussten, endlich wieder personell aufgestockt werden. Denn was nützt uns ein gutes Arbeitsschutz- recht, wenn es letztlich an der Umsetzung hapert? Mit diesen Änderungen, die Sie in unserem Ände- rungsantrag schriftlich und juristisch genau nachlesen können, könnten wir die Neuregelung des Geräte- und Produktsicherheitsrechts dafür nutzen, dass der Arbeits- schutz großgeschrieben wird. Ansonsten bleiben wir lei- der dabei, dass das Gesetz zwar technisch erneuert wird, aber keine großen politischen Fortschritte zu verzeich- nen sind. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Mit diesem Gesetz werden elf europäische Produktrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt. Kernelement des Entwurfs ist die Anpas- sung des Geräte- und Produktsicherheitsrechts an die seit 1. Januar 2010 geltende Verordnung (EG) Nr. 765/2008 z m w li M d s d d d R v s w g fa a s u d h s d w e d M g u fa s d M u li M g ti te e c b e in – li C fü ü d s c n D (C (D ur Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusam- enhang mit der Vermarktung von Produkten. Daneben erden ausgewählte Bestimmungen der Spielzeugricht- nie 2009/48/EG und die Richtlinie 2009/127/EG über aschinen zur Ausbringung von Pestiziden über die Än- erung der Maschinenverordnung – 9. GPSGV – umge- etzt. Außerdem greift der Entwurf Vorschläge des Bun- esrates zur Verbesserung der Marktüberwachung sowie er Ad-hoc-Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Stärkung er Marktüberwachung auf. Das vorliegende Gesetz wird zukünftig die zentrale echtsvorschrift für die Vermarktung und Überwachung on technischen Non-food-Produkten in Deutschland ein. Für die erfasste Produktpalette besteht ein bundes- eiter Markt, dessen Funktionsfähigkeit einheitliche Re- eln erfordert. Aufgrund des erheblichen Änderungsum- ngs wurde das Gesetz komplett neugefasst, wodurch uch an einigen Stellen überfällige Rechtsklarheit ge- chaffen wurde. Durch die Zusammenfassung sind keine mständlichen neuen Gesetzesnormen geschaffen wor- en, vielmehr wurden die bestehenden Regelungen er- eblich verschlankt. Gerade in der Marktüberwachung haben wir den zu- tändigen Behörden den Handlungsspielraum gegeben, er notwendig ist, um ein hohes Sicherheitsniveau zu ge- ährleisten und einen fairen Wettbewerb zwischen den inzelnen Unternehmen zu sichern. Dies wird unter an- erem durch die intensivierte Zusammenarbeit zwischen arktüberwachung und Zoll erreicht. Dadurch können efährliche Produkte möglichst frühzeitig aufgespürt nd aus dem Verkehr gezogen werden. Durch eine verbesserte Marktüberwachung wird der ire Wettbewerb zwischen den Unternehmen unter- tützt, gerade auch angesichts der Importe aus Drittlän- ern außerhalb der EU. Durch die Erstreckung der arktüberwachungsbestimmungen auf alle dem Gesetz nterfallenden Produkte wird die bestehende Einheit- chkeit der Marktüberwachung gewahrt. Für die Vollzugsbehörden in den Ländern wurden die öglichkeiten erweitert, die Kosten für Amtshandlun- en – Prüfungen und Besichtigungen – im Falle berech- gter Beanstandung von den betroffenen Wirtschaftsbe- iligten zu erheben. Damit wird dem Verursacherprinzip inmal mehr Rechnung getragen. Gerade für uns Liberale ist der beste Weg im Verbrau- herschutz, Transparenz zu schaffen und somit den Ver- raucher durch Informationen in seiner freien Konsum- ntscheidung zu unterstützen. Dies schafft ein Zeichen Deutschland besser als alles andere: Das GS-Zeichen geprüfte Sicherheit – steht für Sicherheit und Verläss- chkeit bei Produkten und Geräten. Es ist neben dem E-Zeichen das einzige gesetzlich geregelte Prüfzeichen r Produktsicherheit in Europa. Verbraucher erhalten ber das GS-Zeichen die Information, dass ein Produkt, as sie erworben haben, sicher ist. Und durch neue, noch trengere Regelungen wird das Vertrauen der Verbrau- her in das GS-Zeichen bestätigt und vertieft. So kann och besser als bisher Missbrauch bekämpft werden. urch die Zusammenführung der Bestimmungen zum Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 15133 (A) ) )(B) GS-Zeichen wird auch dem Verbraucher der Überblick über die entsprechenden Regelungen erleichtert. Dieser vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt, um die Europäische Union sicherer und für den Verbraucher transparenter zu machen. Daher würde ich mich freuen, wenn auch in diesem Hohen Hause über die Parteigrenzen hinweg diese Regelungen Zustimmung finden würden. Karin Binder (DIE LINKE): Wir behandeln heute die Neuordnung des Geräte- und Produktsicherheitsrechts, die durch verschiedene Neuerungen auf EU-Ebene, un- ter anderem durch die sogenannte Spielzeugrichtlinie, notwendig wird. Warum ich mit diesem Gesetzentwurf nicht zufrieden bin, werde ich Ihnen jetzt erläutern. Allerdings möchte ich zumindest anmerken, dass die Regierungskoalition und auch die SPD mit ihren Änderungsanträgen einige sinnvolle Vorschläge des Bundesrates aufgegriffen ha- ben. Aber das reicht leider nicht aus. Wir haben noch immer das Problem, dass mit dem so- genannten CE-Zeichen den Verbraucherinnen und Ver- brauchern eine vermeintliche Sicherheit vorgegaukelt wird, die jedoch nicht besteht. Tausendfach kommen Produkte mit diesem CE-Zeichen und mit all ihren mög- lichen Mängeln auf einen internationalen Markt. Sie wurden nie auf ihre Sicherheit geprüft. Insbesondere Kinder werden somit vermeidbaren Gefahren ausgesetzt. Das belegt das EU-Informationssystem RAPEX, wo Spielzeuge als zweithäufigste Produktgruppe entspre- chende Warnmeldungen verursachen. Die Zahl der Mel- dungen ist nur noch im Bereich von Textilien höher. Beides sind Produkte des täglichen Bedarfs. Jeder Mensch geht damit täglich um und kommt damit in Be- rührung – zum Beispiel mit Schadstoffen, die zumindest unsere Gesundheit gefährden können. Kinder können Kleinteile verschlucken oder sich an scharfen Kanten verletzen. Jedes Auto muss zugelassen werden. Und selbstver- ständlich muss es regelmäßig vom TÜV kontrolliert werden, um seine Plakette zu bekommen. Aber Gegen- stände des täglichen Bedarfs, die wir an unsere Haut las- sen – unser wichtigstes und größtes Organ –, die wir in den Mund nehmen oder einfach täglich gebrauchen, müssen nicht einmal vor ihrer Fertigung auf ihre unbe- denkliche Tauglichkeit hin überprüft werden. Ist das lo- gisch? Sie verweisen mich jetzt auf das GS-Zeichen, das Sie- gel für geprüfte Sicherheit. Aber auch das liefert leider nicht immer die Qualität, die wir erwarten könnten. Und sein größter Nachteil – es ist eine freiwillige Prüfung. Die Hersteller müssen sich dem Prozedere einer Sicher- heitsprüfung nicht unterziehen. Solange nicht alle Hersteller solche Sicherheitsprü- fungen vornehmen lassen müssen, solange wird die Poli- tik und werden die Kontrollbehörden immer hinterher- h E s n ih g V ta S k le g s ri w ü s „ s m e V V e h h h g k g P k d s te S b d tu m v b 1 n k s d tr H V w o M (C (D echeln. Und wir werden auch immer nur die Spitze des isberges aus dem Verkehr ziehen können. Daran ändert auch die jetzt im Gesetzentwurf vorge- ehene erhöhte Kontrollfrequenz für die Bundesländer ichts. Zum einen haben heute schon einige Länder für re Behörden eine größere Zahl von Kontrollen vorge- eben, und zum anderen nützt allein die quantitative orgabe nichts, wenn nicht gleichzeitig auch eine quali- tive Vorgabe gemacht wird. Um möglichst einheitliche tandards für die Länder zu schaffen, braucht es eine lare Definition, nicht nur über die Anzahl der Kontrol- n, sondern auch über das „Wie“ der Überprüfungen. Auch die Bußgelder sind nicht zufriedenstellend gere- elt. Der Hinweis der Regierung, dass ja auch der wirt- chaftliche Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswid- gkeit gezogen hat, nach § 17 (4) OWiG abgeschöpft erden soll und das Höchstmaß der Geldbuße hierfür berschritten werden kann, ist nicht wirklich strafver- chärfend. Wir alle wissen, wie schwierig das Thema Gewinnabschöpfung“ ist, und dass sich die Behörden ehr schwer damit tun, dem Unternehmen den unrecht- äßig erworbenen Gewinn nachzuweisen. Also ist die einzige Möglichkeit zur Abschreckung ine weit höhere Geldbuße, die selbstverständlich den erbraucherorganisationen zugutekommen muss. Nun komme ich noch auf ein weiteres Problem für die erbraucherinnen und Verbraucher zu sprechen. Es gibt ine Vielzahl von Stellen, an denen Informationen einge- en und durchaus auch veröffentlicht werden. Allerdings aben wir damit die typische Informationsflut, die ver- indert, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sich die ewünschten Informationen ohne Probleme einholen önnen. Zur vielbeschworenen Klarheit und Wahrheit ehört, dass diese Informationen gebündelt auf einer lattform zur Verfügung gestellt werden. Die Zuständig- eit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsme- izin (BAuA) halte ich jedoch nicht für zielführend, dort ucht niemand nach Verbraucherinformationen. Am bes- n sollten diese Informationen gesammelt auf einer eite des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Le- ensmittelsicherheit (BVL) zur Verfügung gestellt wer- en. Zuletzt möchte ich noch einmal auf die Verantwor- ng der Bundesregierung und der Bundesbehörden auf- erksam machen. In der Rangliste der Herkunftsländer on beanstandeten Produkten sind nach China die „un- ekannten“ Herkunftsländer besonders auffällig. Rund 0 Prozent der bei RAPEX gemeldeten Produkte können icht rückverfolgt werden, da sie nicht einmal eine Her- unftskennzeichnung haben, geschweige denn die Be- chaffenheit der Produkte klar ist. Hier ist der Zoll gefor- ert – und die Politik. Die einführenden Unternehmen agen hierfür die Verantwortung und müssen auch in die aftung genommen werden können. Die Sicherheitsinteressen der Verbraucherinnen und erbraucher, vor allem der Kleinsten, müssen gewahrt erden. Die Linke fordert deshalb, dass kein Produkt hne entsprechende Prüfung und ohne Zertifikat auf den arkt gebracht werden darf. 15134 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 (A) ) )(B) Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Heute wird der Deutsche Bundestag ein neues Produktsicherheitsgesetz beschließen und das Geräte- und Produktsicherheitsrecht neu ordnen. Das begrüßen wir. Der Gesetzentwurf hat allerdings nach wie vor Män- gel. Viele dieser Mängel habe ich bereits in der ersten Lesung benannt, und nur wenige davon, oft nur die re- daktionellen Schnitzer, wurden im Beratungsverlauf durch einen Änderungsantrag behoben. Es ist längst überfällig, dass die europäischen Rechtsvorgaben umge- setzt werden, und wir erkennen an, dass das Produkt- sicherheitsrecht nun insgesamt klarer strukturiert und weitgehend verständlicher gefasst wurde. Das ist ein Schritt nach vorne. Deswegen werden wir Grüne dem Gesetz zustimmen – auch wenn wir meines Erachtens nach von einer klaren und einfachen Rechtsmaterie noch immer weit entfernt sind. Das Produktsicherheitsrecht ist ein Kernelement des Verbraucherschutzes. Es regelt, welche Produkte auf den Markt gelangen und stärkt das GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit. Die Marktüberwachungsbehörden müssen im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher konse- quent dafür Sorge tragen, dass bei allen Produkten, ins- besondere bei Kinderspielzeug, gewisse Grenzwerte für beispielsweise Weichmacher und Schwermetalle nicht überschritten werden. Damit allein ist es jedoch noch nicht getan. Wir sind überzeugt, dass die Grenzwerte selbst nicht niedrig genug sind und die Liste der gefährli- chen Stoffe nicht vollständig ist. Dieses Problem wird durch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht gelöst. Produktsicherheit betrifft auch den Arbeitsschutz. Ne- ben Verbraucherprodukten wird nämlich auch die Si- cherheit technischer Arbeitsmittel geregelt. Insbeson- dere in der industriellen Fertigung, aber auch im Handwerk und dem Baugewerbe, also immer, wenn mit Geräten gearbeitet wird, ist Sicherheit für diejenigen, die sie bedienen, unabdingbar. Beschäftigte, die unter Zeit- und Leistungsdruck an komplexen Maschinen arbeiten, müssen sich darauf verlassen können, dass festgelegte Sicherheitsstandards eingehalten werden. Arbeitgeber und Betriebe sind für die Sicherheit ihrer Beschäftigten und damit auch für die Sicherheit der Arbeitsmittel ver- antwortlich. Sie müssen Garantien haben, dass Geräte, die in Deutschland auf dem Markt sind, bestimmte Vor- gaben erfüllen. Und nicht zuletzt die Hersteller von Ge- räten müssen vor unfairen Wettbewerbsbedingungen ge- schützt werden, die zulasten der Qualität gehen. Das preiswertere Produkt darf nicht auf dem Markt angebo- ten werden, wenn es die Sicherheit und Unversehrtheit von Beschäftigten sowie Verbraucherinnen und Verbrau- chern gefährdet. Um diesem hohen Anspruch gerecht zu werden, muss das Produktsicherheitsrecht jedoch von allen beteiligten Akteuren umgesetzt werden. Bei der Umsetzung werden sich die Mängel des Gesetzentwurfs leider auswirken. So ist zwar die Intensivierung der Zusammenarbeit zwi- schen Marktüberwachung und Zoll ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist jedoch fraglich, ob genügend Personal für diese Aufgaben zur Verfügung steht. Die Länder sind zuständig für die Marktaufsichtsbehörden und müssten sich dabei stärker einbringen – hierauf hat d d b d rü A w m s u g h V B m ti G v g A d s e m U n (C (D er Bund genauso wenig direkten Einfluss wie auf eine ringend notwendige Stärkung des TÜV und der Ver- raucherzentralen. Die fehlende Zuständigkeit darf für ie Bundesregierung jedoch kein Anlass sein, sich zu- ckzulehnen. Wer den Ländern neue und umfassendere ufgaben zuweist, muss auch sicherstellen, dass sie ahrgenommen werden. Neben effektiven Kontrollen bedarf es auch wirksa- er, spürbarer und abschreckender Sanktionen bei Ver- tößen, was auch für andere Bereiche des Arbeitsrechts nd des Arbeitsschutzes gilt. 50 000 Euro als Ober- renze des Bußgeldrahmens, wie ursprünglich vorgese- en, sind zu wenig – und für große Konzerne Peanuts. or diesem Hintergrund begrüße ich die Anhebung des ußgeldrahmens auf 100 000 Euro. Sie hätten aber ruhig utiger sein können und – wie von Teilen der Opposi- on gefordert – eine Obergrenze von 300 000 Euro im esetz verankern können. Das ist eine Summe, die selbst on größeren Unternehmen nicht einfach aus dem Hut ezaubert werden kann. nlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Me- ien hat mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Ab- atz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Bericht- rstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: – Unterrichtung durch die Bundesbeauftragte für die Unterla- gen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deut- schen Demokratischen Republik Zehnter Tätigkeitsbericht der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehema- ligen Deutschen Demokratischen Republik – 2011 – Drucksachen 17/4700, 17/5122 Nr. 1.2 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden nionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- er Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 17/4598 Nr. A.5 Ratsdokument 14142/10 Drucksache 17/6010 Nr. A.1 Ratsdokument 9731/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.3 Ratsdokument 10772/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.4 Ratsdokument 10784/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.5 Ratsdokument 10834/11 Rechtsausschuss Drucksache 17/5822 Nr. A.17 Ratsdokument 8609/11 Drucksache 17/6010 Nr. A.2 Ratsdokument 8453/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.10 Ratsdokument 11055/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.11 Ratsdokument 11212/11 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 128. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2011 15135 (A) (C) (D)(B) Drucksache 17/6407 Nr. A.12 Ratsdokument 11664/11 Drucksache 17/6568 Nr. A.2 Ratsdokument 11658/11 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/1100 Nr. A.12 EuB-EP 2005 128. Sitzung Berlin, Freitag, den 23. September 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712800000

Liebe Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen!

Bitte nehmen Sie Platz.

Die Sitzung ist eröffnet.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Ih-
nen sagen, dass wir Grund zur Freude haben, weil unser
Kollege Ulrich Petzold heute mit uns gemeinsam seinen
60. Geburtstag feiert.


(Beifall)


Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich dazu sehr
herzlich und wünsche alles Gute.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, interfraktionell ist
vereinbart worden, die heutige Tagesordnung um die
Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum
Steuervereinfachungsgesetz 2011 zu erweitern, die
gleich als Erstes aufgerufen werden soll. – Sie sind da-
mit einverstanden; ich höre keinen Widerspruch. Dann
ist das auch so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 6 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

chungsgesetz 2011

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Redet
– Drucksachen 17/5125, 17/5196, 17/6105,
17/6121, 17/6146, 17/6583, 17/6875, 17/7025 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Michael Meister

Kollege Michael Meister, wollen Sie Bericht erstat-
ten?


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Das ist nicht erforderlich!)


– Es ist nicht erforderlich. Dann kommen wir gleich zur
Abstimmung. Das spart uns an diesem Freitagmorgen
Zeit.

Der Vermittlungsausschuss hat gemäß §
Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen
Deutschen Bundestag über die Änderungen g

(C (D ung . September 2011 0 Uhr bzustimmen ist. Wer stimmt für die Beschlussempfehng des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 7/7025? – Ein Blick genügt, um festzustellen, dass alle raktionen zustimmen. Vorsichtshalber frage ich noch ach den Gegenstimmen. – Keine. Enthaltungen? – eine. Somit ist die Beschlussempfehlung angenomen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a und 28 b auf: a)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
serung der Versorgungsstrukturen in der

(GKV-Versorgungsstrukturgesetz GKV-VStG)


– Drucksache 17/6906 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Martina Bunge, Agnes Alpers, Karin Binder,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Wirksamere Bedarfsplanung zur Sicherung

ext
einer wohnortnahen und bedarfsgerechten ge-
sundheitlichen Versorgung

– Drucksache 17/3215 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Sie
sind damit einverstanden. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne nun die Aussprache. Als Erster in unserer
desminister Daniel Bahr für die Bundes-
ort. Herr Bundesminister, bitte.

bei der FDP und der CDU/CSU)
10 Abs. 3
, dass im
emeinsam

Debatte hat Bun
regierung das W


(Beifall )





(A) )


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1712800100

Guten Morgen, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Jetzt, wo der Sommer zu Ende ist,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Welcher Sommer?)


können viele Deutsche darauf zurückblicken, welche
Gesundheitssysteme sie im Ausland erlebt haben. Eines
können wir immer wieder feststellen: Wenn ihnen im
Ausland etwas passiert, möchten sie so schnell wie mög-
lich zurück nach Deutschland, um hier behandelt zu wer-
den.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Ihre Vorgängerin auch immer schon hervorgehoben! – Gegenruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja und?)


Die Patienten in Deutschland wissen, dass sie hier den
Arzt, das Krankenhaus und auch die Krankenkasse ihres
Vertrauens selbst wählen können. Die Patienten in
Deutschland vertrauen darauf, dass alles medizinisch
Mögliche für ihre Gesundheit getan wird und sinnvolle
Innovationen schnell Eingang in die Praxis finden. Kurz:
Sie vertrauen auf unser deutsches Gesundheitssystem.
Wir stellen fest, dass andere Länder uns um unser Ge-
sundheitssystem beneiden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Bei aller Kritik im Detail, bei allem, was man noch
besser machen kann – darum streiten wir hier im Deut-
schen Bundestag –, wissen wir, dass es kaum ein anderes
Land auf dieser Welt gibt, das es schafft, freie Arztwahl,
freie Krankenhauswahl, Therapiefreiheit, freie Wahl der
Krankenkasse miteinander zu verbinden. Das, liebe Kol-
leginnen und Kollegen, gilt es auch für die Zukunft zu
erhalten.

Die Herausforderungen, vor denen das deutsche Ge-
sundheitssystem steht, sind nicht leicht zu bewältigen.
Die demografische Entwicklung, die alternde Bevölke-
rung und der medizinisch-technische Fortschritt sind He-
rausforderungen, die an die Finanzierbarkeit, aber auch
an die Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitswe-
sens große Herausforderungen stellen. Tagtäglich leisten
Tausende von Pflegern und Pflegerinnen, von Ärzten
und Ärztinnen, von Arzthelferinnen und Arzthelfern,
von Physiotherapeuten, Psychotherapeuten, Ergothera-
peuten und Angehörige vieler anderer Berufsgruppen
ihre Arbeit. Vor dem Hintergrund der demografischen
Entwicklung wird die Belastung bei dieser Arbeit zuneh-
men. Für die Leistung, die in den Gesundheitsberufen
tagtäglich erbracht wird, braucht es Motivation, Ver-
trauen und Anerkennung. Genau das ist das Ziel des Ver-
sorgungsstrukturgesetzes.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir wollen denjenigen, die im Gesundheitswesen arbei-
ten, Motivation, Vertrauen und Anerkennung für ihre
Leistung geben und die Versorgung für die Patienten
deutlich verbessern.

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(C (D Die Gesundheitsberufe wandeln sich. Während früher ie Pflege immer weiblich war, war die Medizin männch. Wir stellen fest, dass in Deutschland sechs von zehn rstsemestern in der Humanmedizin mittlerweile Frauen ind. Junge Medizinerinnen wie junge Mediziner haben eute eine andere Einstellung zum Arztberuf, als das früer der Fall war. Früher war der Arzt in der Regel männch, hat 60 bis 70 Stunden – Notdienste und Wochennddienste eingerechnet – gearbeitet, und zu Hause hat ich die Frau um die Familie gekümmert. Das wird nicht as Berufsbild des künftigen Arztes, der künftigen Ärzn sein. Deshalb brauchen wir eine bessere Vereinbareit von Gesundheitsberuf und Familie. Weil die jungen edizinerinnen und Mediziner nach geregeltem Ein ommen und geregelten Arbeitszeiten suchen, müssen ir die Strukturen etwas verändern. Wir müssen auf die en gesellschaftlichen Wandel eine Antwort haben, dait nicht diejenigen, die ein teures Medizinstudium, aus teuermitteln finanziert, aufgenommen haben, später ufgrund der Rahmenbedingungen, die ihnen die Politik ibt, sagen: Wir gehen doch nicht in die ärztliche Versorung. Wir werden kein Arzt. – Hier läuft etwas falsch, nd das ändern wir mit diesem Gesetz. Wir verbessern die Vertretungsregelung für Mediziner der Praxis. Wir schaffen eine bessere Möglichkeit, ei en Entlastungsassistenten einzustellen. Damit geben ir den jungen Medizinern eine verlässliche Perspekve, eine Praxis auch in der Fläche zu eröffnen. Früher wurde über die Ärzteschwemme diskutiert. eute stellen wir fest, dass mittlerweile gerade in der läche – im Münsterland an der niederländischen renze, in der Oberpfalz an der tschechischen Grenze, in er Uckermark, in Schleswig-Holstein und in vielen aneren Regionen in Deutschland – offene Stellen in Kranenhäusern zu beklagen sind und Hausund Fachärzte eine Nachfolger finden. Es bringt nichts, darüber zu treiten oder den drohenden Ärztemangel zu leugnen. iese Koalition, diese Regierung hat gehandelt. Wir haen das Problem angepackt, weil wir die Sorgen der enschen vor Ort ernst nehmen. Die Menschen werden ns danach beurteilen, ob wir ihnen eine medizinische ersorgung vor Ort gewährleisten, und dafür sorgt diese oalition. Regelungen, die vielleicht einmal ihre Berechtigung atten, sind dort infrage zu stellen, wo Versorgungsproleme drohen. In überversorgten Gebieten hat die Menenabstaffelung sicher ihre Berechtigung. Aber wenn engenabstaffelung, was bedeutet, dass ein Arzt bei imer mehr Patienten immer weniger Geld bekommt, dazu hrt, dass junge Mediziner in der Fläche keine Arztpra is eröffnen, dann läuft etwas falsch. Wir heben diese engenabstaffelung auf. Wir erlauben Zuschläge, die gewährt werden können, m jungen Medizinern einen Anreiz zu geben, sich in er Fläche niederzulassen. Wir stärken den Grundsatz Beratung vor Regress“, weil es nicht sein darf, dass ein ediziner, der in der Fläche mehr Patienten betreut, Bundesminister Daniel Bahr )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

doppelt bestraft wird, weil er möglicherweise mehr Arz-
neimittel verschreiben muss.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir stärken die Notdienste durch Kooperationen zwi-
schen Ärzten und Krankenhäusern. Wenn alle diese An-
reize nicht wirken, werden wir dafür sorgen, dass die
Kassenärztliche Vereinigung oder sogar Kommunen mit
eigenen Einrichtungen eine medizinische Versorgung
vor Ort gewährleisten können. Wir bauen Bürokratie ab.
Wir regeln, dass delegationsfähige Leistungen von Ärz-
ten auf andere Berufsgruppen übertragen werden kön-
nen, um den Arzt in seiner Tätigkeit zu entlasten und an-
dere Berufsbilder in ihrer Tätigkeit zu stärken.

Während SPD und Grüne während ihrer Regierungs-
zeit und in den Debatten der letzten Wochen und Monate
immer den drohenden Ärztemangel geleugnet haben, pa-
cken wir als Koalition dieses Problem an.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir wollen, dass der Landarzt für die Menschen nicht
nur in einer idyllischen Vorabendserie existiert. Wir sor-
gen mit gezielten Anreizen – nicht mit der Gießkanne –
dafür, dass sich auch die Menschen in der Fläche darauf
verlassen können, dass sie eine medizinische Versorgung
vor Ort bekommen.

Es stimmt: Es gibt nicht überall unterversorgte Ge-
biete. Aber wenn ich mir den Altersschnitt der Ärzte in
der Praxis anschaue, dann wird deutlich, dass dieses Pro-
blem auf uns zukommen wird. Da gilt es, jetzt zu han-
deln.

Es gilt, den Medizinern eine verlässliche Perspektive
zu eröffnen und den Pflegern und Arzthelfern verlässli-
che Rahmenbedingungen zu bieten. Wir schaffen eine
Bedarfsplanung, die sich am wirklichen Bedarf orien-
tiert. Die bisherige Bedarfsplanung war rein historisch
begründet, setzte auf den Zustand Anfang der 90er-Jahre
auf, anstatt die Demografie und die Morbidität zu be-
rücksichtigen, anstatt den wirklichen Bedarf zu berück-
sichtigen. Wir schaffen Flexibilität,


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


damit vor Ort geschaut werden kann: Wo gibt es wirk-
lich Überversorgung? Wo droht Unterversorgung? Wo
müssen gezielt Anreize gesetzt werden, damit sich dort
jemand niederlässt?

Wir schaffen eine Regionalisierung in der Vergütung.
Das heißt, vor Ort wird wieder entschieden, wie vergütet
wird. Wir können doch angesichts der unterschiedlichen
Situationen nicht glauben, man könne zentralistisch von
Berlin aus die richtige Vergütung in ganz Deutschland
festlegen.

Wir bauen die Überversorgung ab, indem wir die
Möglichkeit bieten, dass frei werdende Arztsitze in über-
versorgten Gebieten aufgekauft werden. Das ist der rich-
tige Weg, um die Überversorgung in Ballungsräumen
schrittweise abzubauen. Ich halte nichts davon, dass wir
durch Strafen Ärzte demotivieren, die auch in überver-
sorgten Gebieten viele Patienten zu versorgen haben.
Wenn Sie durch Deutschland fahren, werden Sie in vie-

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(C (D n Städten Diskussionen darüber erleben, wie häufig nge Wartezeiten sind, bis man einen Termin beim Arzt ekommt. Die Diskussion über eine Überversorgung üssen wir sachlich führen. Wir müssen die Überversor ung durch richtige Maßnahmen abbauen, statt einfach ur die Mediziner in Ballungsräumen durch Honorarkürungen zu bestrafen; denn das ist der falsche Weg. Wir schaffen mit diesem Gesetz auch eine neue Mögchkeit für fairen Wettbewerb zwischen den gesetzlihen Krankenkassen. Wir geben den Versicherten die öglichkeit der Wahlfreiheit, das heißt, ihre Kranken asse nach ihren Bedürfnissen wählen zu können. Kranenkassen können künftig wieder Zusatzleistungen anieten wie beispielsweise eine bessere Unterstützung urch Haushaltshilfen, wie beispielsweise eine zusätzlihe Vergütung bei künstlicher Befruchtung oder wie beipielsweise die Erstattungsfähigkeit von rezeptfreien edikamenten. Dadurch schaffen wir einen fairen Wettewerb um eine bessere Versorgung, um bessere Leisngen der Krankenkassen untereinander. Wer profitiert on diesen Maßnahmen? Wen beglücken wir mit diesem esetz? Wir beglücken mit diesem Gesetz die Patientinen und Patienten, weil sie dadurch mehr Wahlfreiheit nd eine bessere Versorgung haben. Sie erleben, dass wir re Sorgen und Nöte wirklich ernst nehmen. Ich möchte ein Beispiel anführen, mit dem meine orvorgängerin, Frau Schmidt von der SPD, genauso bestet war; denn eine Krankenkasse bereitet uns seit Jahn wirtschaftliche Sorgen und Probleme. Als die City KK in Berlin und Hamburg geschlossen werden usste, haben wir erlebt, dass sich die Menschen offen ichtlich nicht darauf verlassen können, dass die gesetzchen Krankenkassen Solidarität untereinander zeigen, nd dass es offensichtlich nicht selbstverständlich ist, ass man sich für den notwendigen Krankenversichengsschutz seine Krankenkasse selbst auswählen kann. Mit diesem Versorgungsstrukturgesetz sorgen wir dar, dass die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, dait sich die Patientinnen und Patienten, die Versicherten arauf verlassen können, dass sie einen Krankenversiherungsschutz unabhängig vom Alter, unabhängig von orerkrankungen, unabhängig vom Geschlecht und unbhängig vom sozialen Stand in Deutschland selbstvertändlich haben. Wir sorgen dafür, dass, wenn eine asse geschlossen wird, unbürokratisch ein Wechsel zu iner anderen Kasse möglich wird. Wenn Kassen noch inmal ein solch inakzeptables Abwimmelverhalten zeien, dann wird es drastische Strafen geben bis hin zur bberufung des Vorstandes. Das ist ein notwendiger chritt, der mit diesem Gesetz gegangen wird. Insofern setzen wir mit diesem Gesetz gezielt Anize, um die Versorgung der Menschen in Deutschland u verbessern. Das machen wir nicht mit der Gießkanne, ondern mit gezielten Maßnahmen. Diese Maßnahmen ind notwendig. Wenn wir nichts tun, dann wird es deutch teurer; denn der Ärztemangel in den Regionen führt Bundesminister Daniel Bahr )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

zu deutlich höheren Kosten, als wenn wir jetzt die richti-
gen Anreize setzen, um Mediziner in die Fläche zu lo-
cken und damit die Versorgung in der Fläche zu gewähr-
leisten.

Herzlichen Dank und auf eine gute Beratung dieses
Gesetzentwurfs.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712800200

Vielen Dank, Herr Bundesminister. – Der nächste

Redner in unserer Debatte ist für die Fraktion der Sozial-
demokraten unser Kollege Professor Karl Lauterbach.
Bitte schön, lieber Kollege.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1712800300

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Zunächst einmal ganz konkret: Was
hat uns der Minister vorgetragen?


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Nur Gutes!)


Was hat der Minister wirklich gesagt?

Erster Punkt. Er hat die Verbesserung der Situation
der Hausärzte und Landärzte angesprochen. Was passiert
denn konkret? Es werden insgesamt 100 Millionen Euro
zur Verfügung gestellt, nachdem vorher die Hausarztver-
träge auf dem Land mehr oder weniger sang- und klang-
los gekappt worden sind. Dem System wird bei der haus-
ärztlichen Versorgung netto Geld entzogen. Die
Hausärzte gehören nicht zu der Gruppe, die sich der
Klientelpolitik der FDP sicher sein könnte; die Haus-
ärzte sind nicht geschützt durch den Lobbyismus der
FDP. Den Hausärzten ist zunächst ein großer Teil des
Geldes entzogen worden. Jetzt werden auch noch Zu-
schläge für die unterversorgten Gebiete entzogen. Dann
gibt es zusätzlich ein Almosen von 100 Millionen Euro,
und das will der Minister hier als eine Förderung der
hausärztlichen Versorgung verkaufen. Das ist doch Au-
genwischerei. In Wirklichkeit wird den Hausärzten Geld
entzogen, und nichts anderes.


(Beifall bei der SPD)


Zweiter Punkt. Es wurde darüber gesprochen, was in
den überversorgten Gebieten passiert. In den überver-
sorgten Gebieten können die Kassenärztlichen Vereini-
gungen ein Vorkaufsrecht geltend machen; sie können
dort Kassensitze kaufen. Aber welchen Anreiz dazu ha-
ben sie denn? Dazu hat der Minister nichts gesagt. Im
Prinzip ist es so: Die Kassenärztliche Vereinigung kann
zwar ein paar Sitze kaufen, die Politik aber macht nichts.
Es ist doch Ihre Aufgabe, sehr verehrter Herr Minister,
für den Abbau der Überversorgung zu sorgen. Sie als
Minister können bei den Kassenärztlichen Vereinigun-
gen doch nicht als Bittsteller auftreten, ohne einen Me-
chanismus nennen zu können, wie das Ganze funktionie-
ren soll. Die Überversorgung wird durch dieses Gesetz
überhaupt nicht angegangen. Das ist dem Minister auch
klar; daher bestritt er die Überversorgung. Er hat gesagt:
Wenn man in die überversorgten Gebiete fährt, dann

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(C (D tellt man fest, dass man auch dort warten muss. Das timmt. Das liegt aber nicht daran, dass dort Ärzte fehn, sondern das ist das Ergebnis Ihrer verfehlten Honorpolitik, an der Sie ebenfalls nichts ändern. ie produzieren die Überversorgung und machen nichts, m sie abzubauen. Sind Sie bereit, eine Zwischenfrage zuzulassen? Sehr gerne, ja. Bitte schön, Frau Kollegin. Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrter Herr ollege Lauterbach, Sie reden immer so viel von Überersorgung. Ist Ihnen bekannt, dass die sozialdemokratiche Senatorin in Hamburg Frau Prüfer-Storcks, die uch immer gesagt hat, es gebe überall eine immense berversorgung, auf die Frage, ob die Überversorgung berhaupt bestehe und wie sie abgebaut werden könne, eantwortet hat: „In Hamburg gibt es keine Überversorung“? Hamburg ist, wie Sie vielleicht wissen, die weitgrößte Stadt Deutschlands. Warum reden Sie also mer von Überversorgung, wenn dies doch die eigenen inister bzw. Senatoren negieren und sagen: Nein, bei ns natürlich nicht. – Mich würde interessieren, wie Sie arauf reagieren. Vielen Dank. Sie konfrontieren mich hier mit einem möglichen itat, welches ich weder prüfen kann noch kenne. Ich ann nur so viel sagen: Im Hinblick auf ein Gesetz, zu em der Minister vorträgt, er wolle Überversorgung abauen, erwarte ich vom Minister, dass er einen zuminest plausiblen Mechanismus erklärt, wie das, was er ich selbst zum Ziel setzt – er bestreitet somit ja die berversorgung nicht –, funktionieren kann. (Beifall bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Das steht doch drin!)


(Beifall bei der SPD)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712800400
Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1712800500
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712800600
Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1712800700
Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1712800800

Das Gesetz ist erneut handwerklich gescheitert.
eine Kritik ist: Wenn man eine Überversorgung ein-
umt, was der größte Teil im Hause jederzeit bereit ist

u tun, weil es offensichtlich ist – anderes zu behaupten,
ürde der Bestreitung gleichen, dass die Erde eine Ku-
el ist –, und sie beseitigen will, muss man hier tätig
erden. Da kann der Minister nicht zum Bittsteller bei
er Kassenärztlichen Vereinigung degenerieren.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Auf die Frage antworten Sie offensichtlich nicht! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Vielen Dank für die Nichtbeantwortung der Frage!)







(A) )


)(B)


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712800900

Das war die Antwort auf die Zwischenfrage der Kol-

legin Aschenberg-Dugnus. – Bitte schön, Sie haben das
Wort.


Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1712801000

Nichtsdestotrotz: Dieses Gesetz enthält eine Reihe

von Kostensteigerungen, über die nicht so schnell hin-
weggegangen werden darf. Es ist zwar so, dass sich die
Versorgung nicht verbessert, aber die vorhandene Ver-
sorgung – das darf man nicht außer Acht lassen – wird
deutlich teurer. So wird beispielsweise in den Regionen,
in denen Ärztemangel besteht, die Mengenabstaffelung
abgeschafft, was ökonomisch völlig unsinnig ist. Wenn
ich mehr Leistungen der gleichen Art erbringe, habe ich
natürlich geringere Fixkosten pro Leistung; somit sinken
auch meine Kosten für die Grenzleistung. Das ist ökono-
misch ein völlig natürlicher Prozess. Aber diese Abstaf-
felung wird abgeschafft.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Wollen Sie die Abstaffelung insgesamt erhöhen?)


Von einer Erhöhung spreche ich doch gar nicht, Herr
Lanfermann. Die Abstaffelung ist im Großen und Gan-
zen ein Ergebnis der Arbeit der Großen Koalition. Das
war nicht das Schlechteste, was wir gemacht haben.

Meine Kritik, dass die Abschaffung der Abstaffelung
eine Verteuerung der bestehenden Leistungen darstellt,
ist berechtigt. Die vorhandene Versorgung wird teurer.
Das spiegelt sich auch in diesem Gesetzentwurf wider.
Weshalb sollte das gemacht werden? Weshalb stellen wir
nicht das Ziel in den Vordergrund, die Leistungen auszu-
dehnen und zu verbessern? Was ist der Grund dafür? Die
Leistungen in den unterversorgten Gebieten müssen aus-
gedehnt werden; denn dort besteht ein Leistungsbedarf.
Dieser Leistungsbedarf wird im vorliegenden Gesetzent-
wurf aber nicht angesprochen. Die Leistung bei beste-
hender Unterversorgung wird einfach nur höher vergü-
tet. Somit handelt es sich hierbei nur um ein Geschenk
an ein paar Ärzte. Für die Patienten bessert sich die Ver-
sorgung in keiner Weise.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Sie haben nichts verstanden!)


Es handelt sich nicht um den Entwurf eines Strukturge-
setzes, sondern um ein Geschenk an ein paar Ärzte. Eine
Veränderung der Versorgungssituation wird es nicht ge-
ben.


(Beifall bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Nichts verstanden!)


Eine ähnliche Entwicklung ist bei der spezialärztli-
chen Versorgung zu beobachten. In Zukunft wird jeder
onkologische Leistungen anbieten können, der auf der
Grundlage einer Einschätzung der Kassenärztlichen Ver-
einigungen die Kriterien dafür erfüllt. Das wird natürlich
dazu führen, dass jede noch so kleine onkologische Ein-
richtung – ob Praxis oder Krankenhaus – diese spezial-
ärztlichen Leistungen extrabugdetär abrechnet. Auch das
ist nichts anderes als eine Verteuerung, wenn nicht sogar
eine Verschlechterung der jetzigen Leistungen. Das wird

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(C (D och dazu führen, dass mehr Leistungserbringer die gleihen Leistungen anbieten, sodass sich die Leistungen uf mehr Einheiten verteilen. Es wird dazu führen, dass nkologen, die kaum Erfahrung haben, Leistungen erringen. Somit haben wir hier sogar den Fall, dass die estehenden Leistungen nicht nur teurer, sondern auch chlechter werden. Ich verstehe nicht, worin der Sinn eier solchen Regelung liegt. (Heinz Lanfermann [FDP]: Die Ratlosigkeit ist rundum!)


Hinzu kommt, dass der Vorbehalt des Verbots im Hin-
lick auf die Leistungen im Krankenhaus schwerer wird;
enn um eine neue Leistung im Krankenhaus zu verbie-
n, müssen zwei Drittel der Mitglieder des Gemeinsa-
en Bundesausschusses ein Verbotsvorbehalt äußern.
ie Krankenhausgesellschaft kann also im Prinzip im
lock neue Leistungen im Krankenhaus zulassen, und
war selbst dann, wenn deren medizinischer Wert in kei-
er Weise erwiesen ist. Auch das ist ein Beispiel dafür,
ass durch dieses Gesetz – wenn es denn konkret wird –
ntweder die bestehenden Leistungen teurer werden oder
eistungen eingeführt werden, die in medizinischer Hin-
icht unsinnig sind und deren medizinischer Wert zumin-
est zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bestätigt werden
ann. Das ist also auch keine Verbesserung der Versor-
ung.

Durch dieses Gesetz wird es in Zukunft möglich sein,
ls bisher nicht zugelassener Leistungserbringer Leistun-
en zu erbringen. Ich spreche dabei beispielsweise von
omöopathen oder Heilern. Im Prinzip kann dann eine
eistung zulasten der Krankenkasse erbracht werden,
ie wir nach unserem jetzigen Verständnis gar nicht als
ine medizinische Leistung ansehen. Bei allem Respekt
or der Homöopathie: Sind das tatsächlich Leistungen,
ie über die Zusatzbeiträge der Versicherten bezahlt wer-
en sollten? Ist das ein Schritt in die richtige Richtung?
uch das ist doch nichts anderes als das Bemühen, die
ersorgung aufzubohren.

Ich komme zum Ende


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Gott sei Dank!)


nd will das Gesetz in Gänze beurteilen. Sie selbst haben
ie Frage gestellt, wen Sie mit diesem Gesetz beglücken.
ie beglücken in erster Linie die Kassenärztlichen Verei-
igungen; denn sie werden den größten Teil der Rege-
ngen dieses Gesetzes umsetzen müssen. Die Politik
ird somit zum Bittsteller der Kassenärztlichen Vereini-
ungen. Das bezieht sich sowohl auf den Bundesaus-
chuss als auch auf die Regelungen der regionalisierten
edarfsplanung. Außerdem beglücken Sie ein paar
rzte, die die bestehenden Leistungen schlicht und

rgreifend höher abrechnen können. Es wird dadurch
icht mehr Hausärzte geben. Es wird auch nicht zu
inem Abbau der Unterversorgung oder zu einem Abbau
er Überversorgung kommen. Wen Sie definitiv nicht
eglücken, sind die Versicherten und die Patienten, da
on diesem Gesetz keine Initiative zur Verbesserung der
ersorgungsqualität ausgeht. Es sind bestenfalls neutrale
der bedenkliche Vorschläge. Sie beglücken auch nicht





Dr. Karl Lauterbach


(A) )


)(B)

die Beitragszahler; denn die Versorgungsstruktur wird
verschlechtert und die Zusatzangebote werden am Ende
über Zusatzbeiträge zu finanzieren sein, die dann die
Nettoeinkünfte der Geringverdiener und Rentner schmä-
lern. Das ist das, worüber wir hier konkret sprechen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Es ist uns aber schwergefallen!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712801100

Vielen Dank, Herr Kollege. – Der nächste Redner in

unserer Debatte ist für die Fraktion der CDU/CSU unser
Kollege Johannes Singhammer. Bitte schön, Kollege
Singhammer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1712801200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen die
Gesundheitsversorgung demokratischer, patientennäher
und gerechter gestalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb bringen wir jetzt und heute das GKV-Versor-
gungsstrukturgesetz ein und beenden damit die unerfreu-
liche jahrelange Praxis, Gesundheitsgesetze ausschließ-
lich am Sparzwang auszurichten. Wir gestalten damit
nachhaltig eine bessere ärztliche Versorgung, vor allem
in ländlichen Regionen. Wir wollen gleiche Lebensver-
hältnisse in den Ballungsräumen und den ländlichen
Regionen. Deshalb ist das Versorgungsstrukturgesetz da-
rauf ausgerichtet, eine Balance zu finden und die Land-
flucht zu stoppen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben uns auf folgende Maßnahme verständigt
– jetzt hören Sie einmal zu! –:

Erstens: Demokratisierung der Bedarfsplanung. Die
Länder erhalten bei der Bedarfsplanung mehr Mitwir-
kungsrechte und können damit regionale Besonderheiten
ganz anders berücksichtigen.


(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben die Länder erstritten! Zum Glück!)


Damit wird mehr Kompetenz dahin verlagert, wo die
Entscheidungen getroffen werden.

Zweitens: mehr Ärzte in ländlichen Regionen. Ärzte,
die bereit sind, sich in unterversorgten Regionen nieder-
zulassen, erhalten – ja, selbstverständlich, Herr
Lauterbach – einen Blumenstrauß an erheblichen finan-
ziellen Anreizen. Sie werden von Begrenzungen der Ver-
gütung ausgenommen, können Preiszuschläge für ihre
Leistungen erhalten und über einen Strukturfonds von
den Kassenärztlichen Vereinigungen gefördert werden,
damit die Attraktivität gesteigert wird.


(Beifall der Abg. Willi Zylajew [CDU/CSU] und Lars Lindemann [FDP])


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(C (D Drittens. Wir schaffen einen Bonus für junge Landrzte. Ärzte, die sich in unterversorgten Bereichen nieerlassen, werden künftig bei der Auswahl von Nachbeetzungen in den Ballungsräumen, die vielen attraktiver rscheinen, besonders berücksichtigt. Damit soll erreicht erden, dass die erstmalige Niederlassung eines Arztes einer ländlichen Region nicht zu einer Lebensent cheidung wird, bei der der junge Arzt oder die junge rztin das Gefühl hat, man könne sie nicht mehr revidien. Auf der anderen Seite werden wir die Überversor ung in bestimmten Regionen durch einen Abbau von rztsitzen mindern. Das geschieht selbstverständlich ber die KV, die Selbstverwaltung, weil sie das beste Intrumentarium bietet. Viertens. Wir sorgen für eine bessere Vereinbarkeit on Familie und Beruf. Herr Minister Bahr, Sie haben zu echt darauf hingewiesen, dass viele von denen, die ünftig den ärztlichen Beruf ergreifen, junge Ärztinnen ind. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, ihren ünschen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie nd Beruf besser zu entsprechen. eshalb tun wir dreierlei: Erstens. Die Möglichkeit für ertragsärztinnen, sich im zeitlichen Zusammenhang mit iner Entbindung vertreten zu lassen, wird von 6 auf 2 Monate verlängert; das ist natürlich sinnvoll. Zweins. Die Möglichkeit der Beschäftigung einer Entlasngsassistentin bzw. eines -assistenten wird bei der Er iehung von Kindern für bis zu 36 Monate sowie bei der flege von Angehörigen für bis zu 6 Monate eröffnet. Dait synchronisieren wir die Vertretungsmöglichkeiten it anderen Gesetzen, die schon bestehen. Drittens. Bei er Auswahlentscheidung über die Nachbesetzung eines ertragsarztsitzes in einem gesperrten Bereich werden indererziehungsund Pflegezeiten, durch die eine ärztche Tätigkeit unterbrochen worden sind, künftig becksichtigt. – Das ist ein echter Zugewinn an Familieneundlichkeit. Wem das nicht passt, der soll hier einmal ufstehen und dagegen sprechen. Fünftens. Wir sehen eine gerechtere Honorarverteing vor. Die Verteilung der Honorare für die ambulante ersorgung erfolgt künftig wieder stärker auf der Ebene er Kassenärztlichen Vereinigungen. Auch dadurch wird gionalen Besonderheiten stärker Rechnung getragen. Sechstens. Wir setzen neueste Technologien ein. Wir orgen beispielsweise für den Ausbau der Telemedizin. ir sagen: Diejenigen, die von Ballungsräumen am weisten entfernt sind, sollen die modernste Technologie ekommen. Deswegen machen wir das. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Breitband im ländlichen Raum!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Siebtens – das ist ganz wichtig – sorgen wir für mehr
ransparenz in der Selbstverwaltung. Wir werden die
truktur des Gemeinsamen Bundesausschusses neu ge-
talten. Wir wollen ein transparenteres, nachvollziehba-
s Verfahren. Damit sorgen wir für eine größere Akzep-
nz der Entscheidungen.





Johannes Singhammer


(A) )


)(B)

Schließlich wollen wir mehr Offenheit. Damit sich
Versicherte bei der Wahl ihrer Krankenkasse umfassend
auch über die wirtschaftliche Situation der Kassen infor-
mieren können, werden die Krankenkassen künftig ver-
pflichtet sein, die Geschäftsergebnisse des vergangenen
Jahres in verständlicher Form regelmäßig zu veröffent-
lichen. Auch damit schaffen wir ein großes Stück mehr
Verbraucherschutz und -freundlichkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Neben der Vielzahl von Verbesserungen, die bereits
jetzt im Gesetzentwurf vorgesehen ist, werden wir uns
im Rahmen des Beratungsverfahrens für eine Reihe von
zusätzlichen Verbesserungen einsetzen:

Dazu gehören erstens praktische Hilfen für Familien.
Wir wollen beispielsweise, dass die Haushaltshilfe künf-
tig eine verpflichtende Leistung der Krankenkasse ist.
Warum ist das so wichtig? Weil wir aus einer Vielzahl
von Gesprächen wissen, dass das notwendig ist. Wenn in
einer Familie beispielsweise die Mutter krank wird, im
Krankenhaus liegt, ist es notwendig, dass über einen län-
geren Zeitraum hinweg eine häusliche Unterstützung da
ist. Diese Verlässlichkeit muss gegeben sein. Deshalb
wollen wir an dieser Stelle eine Verbesserung.

Zweitens. Wir wollen neue Versorgungsformen unter-
stützen. Kooperative Versorgungsformen wie Ärztenetze
wollen wir unterstützen. Sie sollen gerecht gestaltet sein
und nicht zu Verwerfungen, sondern zu sinnvollen Syner-
gieeffekten führen.

Drittens. Wir wollen kürzere Wartezeiten. Das ist
selbstverständlich. Die Wartezeit für einen Behandlungs-
termin beim Facharzt soll verkürzt werden. Die Selbst-
verwaltung soll die Maßnahmen für ein besseres Versor-
gungsmanagement vereinbaren.

Wir haben einen ganz entscheidenden Schritt nach
vorne unternommen, und zwar im Sinne einer Neuaus-
richtung der Gesundheitspolitik. Wir können das deshalb
tun, und zwar nur deshalb, weil wir anders als im ver-
gangenen Jahr nicht mehr darüber diskutieren müssen,
ob wir ein riesiges Haushaltsloch bei den gesetzlichen
Krankenkassen schließen müssen. Damals betrug das
drohende Haushaltsloch bis zu 11 Milliarden Euro. Jetzt
diskutieren wir möglicherweise darüber, was wir mit den
vorhandenen Überschüssen des Gesundheitsfonds ma-
chen wollen. Eine Diskussion darüber, wie wir Milliar-
den aus dem Gesundheitsfonds richtig und nachhaltig
verwenden, ist mir viel lieber als eine Diskussion da-
rüber, wie wir vorhandene Haushaltslöcher schließen
können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das zeigt, dass sich in der Gesundheitspolitik Entschei-
dendes getan hat. Weiteres wird mit diesem Gesetz fol-
gen.

Die Opposition behauptet immer, diese Regierung
würde in besonderer Weise Klientelpolitik betreiben;
weil mich das ärgert, muss ich das ansprechen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es halt! Ihr liefert jeden Tag einen neuen Beweis dafür!)



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(C (D Horchen Sie einmal genau hin: Wir haben die Ausgaen für Medikamente um 6 Prozent gesenkt. Das bedeut für die Krankenkassen eine monatliche Entlastung on 100 Millionen Euro. Die Arzneimittelindustrie leist dazu einen ganz erheblichen Beitrag; das gilt auch für en Großhandel und andere. Wenn gesagt wird, das sei lientelpolitik, kann ich nur sagen: Die Dankbarkeit der harmaindustrie, die uns für diese Art von Klientelpolik entgegenschlägt, ist ungefähr so nachhaltig wie die er Atomindustrie gegenüber den Grünen für den Atomusstieg. Wir haben damit eine klare neue Linie nicht nur aufezeigt, sondern auch umgesetzt. Wir werden noch eine anze Reihe weiterer Verbesserungen im Gesundheitsereich angehen. Wir werden zeigen, dass diese Regieng handlungsfähig und in der Lage ist, das Gesund eitswesen nachhaltig zu stabilisieren. Sie wollen immer an die Regierung; das ist verständch. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird auch gelingen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ber man muss einmal schauen, was Sie eigentlich wol-
n und wie fähig Sie sind.


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Sagen Sie einmal, was Sie wollen!)


h möchte auf einen Punkt kommen, über den in dieser
oche auch im Ausschuss diskutiert worden ist. Es ging

m die Abschaffung der Zuzahlungen; das ist ein wichti-
er Punkt. Die Linken haben beantragt, alle Zuzahlun-
en abzuschaffen. Es geht ja nur um eine Kleinigkeit
on 5 Milliarden Euro.


(Heinz Lanfermann [FDP]: 5,5!)


ntsprechende Hinweise darauf, wie dies ermöglicht
erden soll, sind natürlich nicht erfolgt. Die Sozialde-
okraten lehnen das ab – das ist, finde ich, richtig und

erantwortlich –, die Grünen enthalten sich der Stimme.
o wollen Sie Regierung machen. Wir in Deutschland,
ie deutschen Patienten und die in der Gesundheitswirt-
chaft Tätigen, brauchen keine Chaoscombo, sondern
ine seriöse Regierung.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


ass wir eine solche sind, zeigen wir mit diesem Gesetz-
ntwurf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Da sitzt sie doch, die Chaoscombo! Sie sitzt vor uns!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712801300

Nächste Rednerin in unserer Debatte ist unsere Kolle-

in Frau Dr. Martina Bunge für die Fraktion Die Linke.
itte schön, Frau Kollegin Dr. Bunge.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )


)(B)


Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1712801400

Guten Morgen, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! „Gesetz zur Verbesserung der Versor-
gungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversiche-
rung“, das ist ein vollmundiger Titel, der große Erwar-
tungen weckt. Aber leider folgen den vollmundigen
Ankündigungen – wie so oft bei dieser Regierung –
keine, falsche oder nur halbherzige Taten.

Was sind für Sie eigentlich die Versorgungsstrukturen
der gesetzlichen Kassen? Ein großer Teil der Versorgung
findet in Krankenhäusern statt. In Ihrem Gesetzentwurf
finde ich kein Wort dazu. Ein großer Teil der Versorgung
findet durch Krankenpflegepersonal statt. In Ihrem Ge-
setzentwurf finde ich kein Wort dazu. Besonders beim
Pflegepersonal drückt doch der Schuh erheblich. Ein an-
derer großer Teil der Versorgung findet durch Heilberufe
wie Physiotherapeuten, Ergotherapeuten usw. statt. Dies
ist für Sie offensichtlich Gedöns; denn dazu finde ich in
Ihrem Gesetzentwurf kein Wort.

Wir alle sind in der Pflicht, die UN-Behinderten-
rechtskonvention umzusetzen. Dazu muss der Zugang
zur Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinde-
rungen endlich barrierefrei werden. Auch hier Fehlan-
zeige. Das alles ist untragbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Für Sie besteht die Versorgung offensichtlich allein
aus ärztlichen Ambulanzen. Aber von den acht Schwer-
punkten, die Sie selber in diesem Gesetzentwurf formu-
liert haben, beschäftigt sich nur einer mit der flächen-
deckenden ambulanten ärztlichen Versorgung. Wir
sehen: Nicht nur der Name Ihres Gesetzes, sondern auch
inhaltlich ist Ihr Gesetz aufgebauscht. Das ist angesichts
der Probleme, die wir haben und die auch von Ihnen
schon beschrieben wurden, fatal.


(Beifall bei der LINKEN)


Eines muss ich noch loswerden. Es dürfte als ein No-
vum in der Gesundheitspolitik in Deutschland gelten,
dass der Finanzminister, dass das Finanzministerium in
einer derart massiven Weise Einfluss auf ein Gesund-
heitsgesetz genommen hat. Weil der Bundeshaushalt
künftig mit den Kosten für den Sozialausgleich zu Ihrer
Kopfpauschale belastet wird, hat der Finanzminister
festschreiben lassen, dass zusätzliche Kosten für Ärzte
und Zahnärzte aus dem Geld für den Sozialausgleich he-
rausgerechnet werden müssen, wenn nicht an anderer
Stelle im Gesundheitssystem gespart wurde. Für das zu-
sätzliche Geld für Ärzte haften also immer die Versicher-
ten, entweder mit Leistungsminderungen oder mit Kür-
zungen des Sozialausgleichs. Beides, also die
Leistungen und der Sozialausgleich, sind aber Rechtsan-
sprüche. Wie Sie das praktisch hinbekommen wollen, ist
mir völlig schleierhaft.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Bahr, ich schätze die Satzungsleistungen völlig
anders ein. Ich denke, Sie machen deshalb ein Einfallstor
für Leistungsminderungen auf, indem Sie den Umfang
der freiwilligen Leistungen, also Satzungsleistungen der
Krankenkassen, erweitern. Selbst die Kassen gehen da-

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(C (D on aus, dass infolge dieser Regelung bald Kernleistunen zu Satzungsleistungen werden und die Regelleistunen der Kassen immer weiter abgeschmolzen werden. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wo steht das denn? – Heinz Lanfermann [FDP]: Ist ja Unsinn! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wo lesen Sie denn so etwas?)


Dann lesen Sie einmal die Stellungnahmen.

Eines ist klar: Noch bevor der erste Cent beim Sozial-
usgleich aus Bundesmitteln bezahlt wurde, steht fest:
ieser Sozialausgleich ist eine Farce, und: Wer sich auf
iese Regierung verlässt, ist verlassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun zur Versorgung. Sie haben vielfach angekündigt,
twas gegen den vorhandenen und zu erwartenden Ärz-
mangel zu tun, aber Sie haben bis heute nicht verstan-
en, dass wir in allererster Linie ein Problem bei der
erteilung der Ärztinnen und Ärzte haben. Also noch
inmal von vorne: Wir wissen doch gar nicht genau, wie
iele Ärztinnen und Ärzte wir eigentlich für die Versor-
ung der Menschen brauchen. Aber wie wollen wir Ver-
orgung sicherstellen, wenn wir das Erforderliche nicht
ennen? Die heutige Bedarfsplanung beruht auf Daten
on 1990. Da wurden einfach die vorhandenen Ärztin-
en und Ärzte gezählt, in Relation zur Bevölkerung ge-
etzt und der so ermittelte Wert für jede Arztgruppe als
00-Prozent-Wert zugrunde gelegt. Damit agieren wir
is heute. Seit über zwei Jahrzehnten!

Ausgehend von dieser völlig unzulänglichen Basis
aben wir heute im Bundesdurchschnitt bei allen Arzt-
ruppen eine Versorgung von mehr als 100 Prozent, also
ffiziell Überversorgung. Bei Hausärzten reichen die
ersorgungszahlen nach jetzigem Maßstab von 67 bis
67 Prozent. Aber die praktischen Erfahrungen der Pa-
entinnen und Patienten sind: Überall klemmt es; man
uss ewig auf einen Arzttermin warten, lange Wartezei-
n in Kauf nehmen und, und, und. Das ist doch nicht
innehmbar.


(Beifall bei der LINKEN)


n der Ausgangsbasis soll in Ihrem Versorgungsgesetz
ichts geändert werden.

Ganz speziell sieht die Lage bei den Psychotherapeu-
n aus. 1999 wurde das Psychotherapeutengesetz novel-
ert, um Unterversorgung zu beheben. Die damals vor-
andene Unterversorgung wurde 1999 dennoch mit einer
00-Prozent-Versorgung gleichgesetzt. Inzwischen sind
ir aber vorangekommen. Die Versorgung hat gegen-
ber dem damaligen Stand 150 bis 190 Prozent erreicht;
otzdem haben wir in etlichen Gebieten immer noch
nterversorgung. Gemäß den Regelungen des vorliegen-
en Gesetzentwurfs könnten jedoch Psychotherapeuten-
raxen aufgekauft und geschlossen werden, solange ein
ert von 110 Prozent der damals festgestellten Versor-

ung überschritten wird. Das bedeutet: Fast die Hälfte
er Psychotherapeutensitze könnte zugemacht werden.
ieser Vorschlag ist doch unglaublich.


(Beifall bei der LINKEN)






Dr. Martina Bunge


(A) )


)(B)

Was wir brauchen, ist, dass endlich wissenschaftlich
evaluiert wird, wie viele Ärztinnen und Ärzte, aber auch
wie viel Pflegepersonal, wie viele Physiotherapeuten,
Hebammen usw. für die Versorgung eigentlich notwen-
dig sind. Grundlage dafür muss der Gesundheitszustand
der Menschen und der zeitliche Aufwand sein, einen
Arzt oder einen anderen Gesundheitsdienstleister zu er-
reichen. Sie wollen den tatsächlichen Bedarf an Ärztin-
nen und Ärzten aber gar nicht wissen; das erinnert Sie
viel zu sehr an Planwirtschaft. Es geht hier aber um Da-
seinsvorsorge. Hier ist der Staat gefordert und nicht der
von Ihnen so geliebte Markt.


(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Seit’ an Seit’ marschieren!)


Unabhängig davon, ob wir nun zu viele oder zu we-
nige Ärzte haben, steht fest, dass die Regionen unter-
schiedlich gut versorgt sind. Es müssen mehr Ärztinnen
und Ärzte in die offiziell unterversorgten Gebiete und
weniger Ärztinnen und Ärzte in die offiziell überver-
sorgten Gebiete. Nur wenn an diesen beiden Stellschrau-
ben gedreht wird, können wir wirklich etwas erreichen.

Nach Ansicht der Bundesregierung reicht es aber aus,
vor allem finanzielle Anreize zu schaffen, damit Ärztin-
nen und Ärzte vermehrt in unterversorgte ländliche Be-
reiche gehen. Eine wissenschaftliche Studie hat aber ge-
zeigt, dass man sie mit Geld nicht aufs Land locken
kann.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Womit denn dann?)


Wenn man die Versorgung gerechter organisieren will,
muss man tatsächlich an die Strukturen heran, wie es der
Gesetzesname verspricht, und nicht nur an die Geldscha-
tulle der Versicherten.


(Beifall bei der LINKEN – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wohl mit DDREhrenmedaillen!)


Wenn sich die Versorgung nicht oder nur schwer über
freiberufliche Ärzte mit lebenslangen, sogar von Gene-
ration zu Generation vererbbaren Zulassungen organisie-
ren lässt, muss man davon Abstand nehmen. Wir brau-
chen mehr oder eigentlich generell befristete
Kassenzulassungen, und es muss viel mehr auf ange-
stellte Ärztinnen und Ärzte gesetzt werden.


(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Beim Staat wahrscheinlich! Alle beim Staat! – Heinz Lanfermann [FDP]: Oh ja! Super!)


Damit wären die Sitze und Anstellungen in unterver-
sorgten Gebieten viel attraktiver und zukunftssicherer,
und das starre System wäre endlich flexibilisiert, das
heißt planbarer.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Ja, genau! Unbedingt! Kubanisches Modell! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Stellen Sie die nur in Ihrer Partei ein, oder was? Wollen Sie Parteiärzte?)


Wir brauchen auf dem Land mobile Arztpraxen und
Shuttledienste zu Ärztezentren. So sehen moderne Struk-
turen aus.

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(C (D (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Ja, ja! Das wissen wir!)


Natürlich muss die Landarzttätigkeit mit ihren vielen
ausbesuchen und langen Anfahrtswegen, aber auch mit
rer sozialen Funktion adäquat vergütet werden. Nur:
r Vorschlag, die Abstaffelung der Leistungsmenge für
rzte in unterversorgten Gebieten aufzuheben, ist eine
achnummer.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Na, na!)


iese Regelung betrifft nicht einmal 40 Ärzte


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie hat das Gesetz nicht verstanden!)


nd bringt keinen Arzt zusätzlich aufs Land.


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sie haben es ja immer noch nicht verstanden! Sehr schade!)


ber Sie gehen damit hausieren – das tun Sie auch heute
ieder –, als sei es das Ei des Kolumbus. Was wir brau-

hen, ist eine dauerhaft aufwandsdeckende Vergütung
er Landärzte für ihr oft unermüdliches Engagement in
ünnbesiedelten Gebieten.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Was denn jetzt? Doch mehr Geld oder nicht mehr Geld?)


Ja, aber dauerhaft; das muss man wissen. – Es darf
ein ständiges Hin und Her geben.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Wie? Erst kein Geld und dann dauerhaft? Das ist ja toll!)


Hören Sie ordentlich zu!


(Lachen des Abg. Heinz Lanfermann [FDP])


Das größte Hindernis für eine gerechtere, bessere Ver-
ilung der Ärzte ist Ihr fehlender Wille,


(Heinz Lanfermann [FDP]: Ja, genau! Und das dauerhaft!)


offiziell überversorgten Gebieten die Arztdichte zu
erringern. So sollen zum Beispiel die gerade erst einge-
hrten Abschläge wegfallen. Wir denken: Um für eine

essere, gerechtere Verteilung der Ärztinnen und Ärzte
u sorgen, müssen wir in den offiziell überversorgten
ebieten ansetzen. Sonst bleibt alles beim Alten.

Auf Dauer müssen wir dahin kommen, dass das Geld
em Bedarf an Versorgung entsprechend in eine Region
ießt und dort bleibt.


(Lars Lindemann [FDP]: Ach nein! Lesen Sie doch mal den Gesetzentwurf!)


ird es nicht abgerufen, weil Ärztinnen und Ärzte feh-
n, können damit andere Versorgungsformen wie mo-
ile Praxen, Shuttledienste oder eingerichtete Praxen
nanziert werden. Es ist doch ein Unding, dass das Geld
egenwärtig dorthin fließt, wo die meisten Ärztinnen
nd Ärzte sind, und nicht dorthin, wo die meisten Ärz-
nnen und Ärzte gebraucht werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)






Dr. Martina Bunge


(A) )


)(B)

Ich denke, Sie sollten sich, wenn Sie mir schon nicht
zuhören, einmal in Ruhe den vorliegenden Antrag der
Linksfraktion anschauen, in dem es darum geht, wie man
zukunftsfähige Versorgungsstrukturen gestalten kann. Es
lohnt sich, hineinzuschauen.


(Beifall bei der LINKEN)


Mein Fazit: Ihrer vollmundigen Ankündigung, eine
flächendeckende Versorgung zu sichern, kommen Sie
mit diesem Gesetzentwurf nicht oder zumindest nicht
ausreichend nach.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Ala! Dann also doch!)


Das ist kein Versorgungsgesetz für die Patientinnen und
Patienten, sondern ein Versorgungsgesetz für die Ärzte-
schaft, aber nicht einmal für die Ärztinnen und Ärzte,
die es am dringendsten bräuchten, sondern für den Be-
rufsstand insgesamt. Insofern sage ich – ich bin ja er-
staunt, dass Sie den Begriff „Beglückung“ übernommen
haben –: Für den Berufsstand ist es ein Beglückungspa-
ket.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie wollten doch gerade mehr Geld! Erst mehr Geld, dann nicht mehr Geld, dann Beglückung! Was denn nun?)


In nicht einmal zwei Jahren Regierungszeit haben Sie
es geschafft, dafür zu sorgen, dass der Bundesfinanz-
minister im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung der
Bevölkerung mitbestimmt. Eines ist doch wohl klar: Die
Entscheidung, ob Geld in Banken oder in die medizini-
sche Versorgung investiert wird, fällt bei Ihnen immer
zugunsten der Banken aus. Für die gesetzlich Versicher-
ten bleibt eine Versorgung nach Kassenlage. Eine Politik
für die Menschen, die Patientinnen und Patienten und
die Versicherten sieht anders aus.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712801500

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Die nächste Rednerin

in unserer Debatte ist für die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen unsere Kollegin Birgitt Bender. Bitte schön,
Frau Kollegin Bender.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1712801600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die

Koalition besteht unser Gesundheitswesen offensichtlich
nur aus Ärztinnen und Ärzten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wie anders lässt sich erklären, dass der Bundesgesund-
heitsminister den Anspruch erhebt, die medizinische
Versorgung, vor allem die auf dem Lande, zu verbessern,
und dann einen Gesetzentwurf vorlegt, der sich nur auf
eine einzige Berufsgruppe im Gesundheitswesen be-
zieht, nämlich auf die Ärztinnen und Ärzte?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Ohne Ärzte wird es wohl nicht gehen! – h te F D F A ri D T A 1 w e lä G m lu n d e d n n z A D n U Ih E S s e s n g L b P H d w u v s ru ü (C (D Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Haben Sie eben eigentlich zugehört?)


Herr Minister, Sie sollten vielleicht weniger Fernse-
en schauen und nicht die Soapoperas mit den Landärz-
n zum Leitbild erheben, sondern einmal mit Ihren
achleuten im Ministerium reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie sollten einmal die Nachrichten hören!)


ann würden Sie nämlich erfahren, dass Ihre eigenen
achbeamtinnen und Fachbeamten im Jahre 2008 im
uftrag der Gesundheitsministerkonferenz an einem Be-
cht zur Sicherstellung der Primärversorgung in
eutschland mitgearbeitet haben. Das ist heute unser
hema. Damals wurde errechnet, dass aufgrund der
lterung der Bevölkerung alleine bis zum Jahr 2020
5 000 zusätzliche Hausärztinnen und Hausärzte not-
endig sein werden, und zwar nur, um den Status quo zu

rhalten. Darin waren Versorgungsengpässe, die es in
ndlichen Gegenden oder in den ärmeren Vierteln der
roßstädte bereits gibt, noch nicht eingerechnet.

Weiter hätten Sie, Herr Minister, dem Bericht entneh-
en können, dass ein derartiger Anstieg eine Verdoppe-
ng der jährlichen Niederlassungen innerhalb der

ächsten zehn Jahre voraussetzt. Des Weiteren hätten Sie
ann festgestellt, dass nach Einschätzung sowohl Ihrer
igenen Fachleute als auch der Fachleute aus den Län-
ern ein derartiger Anstieg in so kurzer Frist schlicht
icht möglich ist und allein schon deshalb die vorhande-
en Potenziale nichtärztlicher Gesundheitsberufe, wie
um Beispiel die von Pflegekräften, zu erschließen sind.
ber genau das tun Sie nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as heißt, die steigende Nachfrage nach Hausbesuchen,
ach Patientenberatung und -schulung und auch nach
nterstützung betreuender Angehöriger wird sich durch
r Gesetz nicht befriedigen lassen.

Diese seit drei Jahren vorliegenden Erkenntnisse und
mpfehlungen entsprechen auch dem, was 2007 der
achverständigenrat für das Gesundheitswesen festge-
tellt hat. Aber davon ist in Ihren Gesetzentwurf nichts
ingegangen, außer einigen Plattitüden. Man kann auch
agen: Außer Spesen nichts gewesen.

Auch ist in Ihrem Gesetzentwurf keine Rede von
euen Versorgungsformen, wie etwa von Kommunen ge-
ründeten Arztstationen, um die Versorgung auf dem
and zu verbessern. Stattdessen wird der weitere Aus-
au von medizinischen Versorgungszentren, in denen
atientinnen und Patienten eine Versorgung aus einer
and vorfinden, behindert, zum Beispiel indem Grün-
ungswilligen der Zugang zum Kapitalmarkt versperrt
ird. Stattdessen wird der Geldhahn für die Ärztinnen
nd Ärzte aufgedreht. Zum vierten Mal innerhalb von
ier Jahren steigen die Honorarmittel für die Ärzte-
chaft, und das nicht etwa mit einer spezifischen Steue-
ngswirkung, nein, für alle, unabhängig davon, ob sie in

ber- oder unterversorgten Regionen praktizieren.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Völliger Quatsch!)






Birgitt Bender


(A) )


)(B)

Die bereits vor Jahren beschlossenen, aber bis heute von
der Selbstverwaltung nicht umgesetzten Honorarab-
schläge in überversorgten Bezirken werden ersatzlos ge-
strichen. Wirksame Anreize hingegen für die Niederlas-
sung auf dem Land oder in sozialen Brennpunkten gibt
es keine.

An fehlenden Hausbesuchen, ermüdenden Wartezei-
ten und langen Anfahrten zur nächsten Landarztpraxis
wird dieses Gesetz nichts ändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber offensichtlich – ich kann es Ihnen nicht ersparen –
hat diese Regierung gar nicht vor, Probleme der Gesund-
heitsversorgung wirklich zu lösen. Vielmehr kämpft die
FDP um ihr Überleben. Sie überlegt sich, wo sie viel-
leicht noch ein Klientel vorfinden und befriedigen
könnte – dies könnte innerhalb der Ärzteschaft sein –,
um einmal wieder 1 Prozent hinzuzugewinnen.

Ich muss schon sehr ernsthaft sagen, Herr Minister:
Für die Zusammenschlüsse der Ärzteschaft ist es ein ab-
solut legitimes Anliegen, für die wirtschaftlichen Inte-
ressen ihrer eigenen Mitglieder zu kämpfen. Wenn sich
aber eine Regierung dies zu eigen macht, dann ist das
eine politische Bankrotterklärung. Das werfen wir Ihnen
vor.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712801700

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin in

unserer Debatte ist unsere Kollegin Frau Christine
Aschenberg-Dugnus für die Fraktion der FDP. Bitte
schön, Frau Kollegin.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1712801800

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Ich muss Ihnen sagen: Wenn es hier im
Plenum um Gesundheitsthemen geht, freue ich mich im-
mer schon Tage vorher darauf, hier vor Ihnen zu spre-
chen. Ich schaue in die netten Gesichter der Kolleginnen
und Kollegen,


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht bei Ihnen nur noch zwei Jahre!)


vor allem auf der linken Seite, von denen unentwegt
Vorwürfe kommen: Lobbyismus, Klientelpolitik und
wen wir angeblich alles beglücken. Ich freue mich jedes
Mal darauf. Dabei sind Sie doch eigentlich nur verärgert
darüber, dass wir etwas regeln und etwas tun. Sie hinge-
gen haben jahrelang nichts getan und immer behauptet,
es müsse auch nichts getan werden. Sie ärgern sich doch
nur darüber.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, unser Minister Daniel
Bahr hat Ihnen soeben einen Gesetzentwurf vorgestellt,
mit dem die zentralen Probleme in der Gesundheitsver-
sorgung gelöst werden. Mit dem Gesetzentwurf gehen

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(C (D ir den drohenden Ärztemangel an und sorgen dafür, ass die Menschen das Vertrauen in das deutsche Geundheitssystem nicht verlieren. Der Entwurf eines GKV-Versorgungsstrukturgesetes, das wir Ihnen heute hier vorlegen, ist ein erneuter eweis dafür, dass sich die christlich-liberale Koalition m die Sorgen der Menschen kümmert. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat Ihnen das erzählt?)


it unserem Gesetzentwurf verbessern wir ganz konkret
ie medizinische Versorgung der Patienten und rücken
ir den Menschen dorthin, wo er hingehört, nämlich in
en Mittelpunkt unseres Handelns. Die Menschen vor
rt werden spüren, dass ihre tatsächliche und auch er-
bte Versorgungssituation besser ist als in Zeiten sozial-
emokratischer Gesundheitspolitik unter Ulla Schmidt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stephan Thomae [FDP]: Das ist aber keine Kunst!)


erantwortlich dafür ist ein ganzes Bündel von Maßnah-
en. Sie müssen sich den Gesetzentwurf nur einmal

urchlesen. Ich nenne vier Beispiele:

Erstens. Die am Wohl des Patienten ausgerichtete
eiterentwicklung der Bedarfsplanung. Sie ist nicht

entralistisch, Frau Bunge, sondern zielgenau, flexibel
nd die regionalen Besonderheiten berücksichtigend,
as uns besonders wichtig ist.

Zweitens. Die Weiterentwicklung der Steuerung des
iederlassungsverhaltens von Ärzten. Diese ist ebenfalls
exibel und regionalisiert ausgestaltet; denn vor Ort
eiß man besser, was zu tun ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Drittens. Die stärkere Verzahnung von ambulanter
nd stationärer Behandlung.

Viertens. Die sektorenübergreifende Organisation des
rztlichen Notdienstes. Auch durch den Ausbau mobiler
ersorgungskonzepte werden wir zur Sicherstellung ei-
er flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung
eitragen.


(Stephan Thomae [FDP]: Sehr wichtig!)


Während die eine Hälfte des Hauses die Ärzte gebets-
ühlenartig als eigennützige Berufsgruppe bezeichnet,

ie möglichst viel Geld raffen will,


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Politik ist klientelorientiert! Das ist das Problem!)


ehen wir es als selbstverständlich an, dass die Ärzte mit
rem Beruf auch Geld verdienen müssen. Das ist doch
ohl ganz klar. Deswegen finden wir es ganz im Gegen-
il zu Ihnen auch überhaupt nicht schlimm, dass das
iederlassungsverhalten der Ärzte über finanzielle An-
ize geregelt wird. Frau Bunge, ich habe es eben in ei-

em Zwischenruf schon einmal gesagt: In der DDR gab





Christine Aschenberg-Dugnus


(A) )


)(B)

es eine Medaille zum Ehrentitel „Verdienter Arzt des
Volkes“. Ich glaube, dafür gab es 8 000 Ostmark. Inso-
fern müsste Ihnen das eigentlich bekannt vorkommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das ist ganz was anderes!)


Meine Damen und Herren, ich komme aus einer länd-
lichen Region in Schleswig-Holstein. Mein Wahlkreis ist
Rendsburg-Eckernförde. Glauben Sie wirklich, dass ich
einen jungen Arzt aus Kiel mit gutem Zureden überreden
kann, sich in einer ländlichen Gegend wie zum Beispiel
Brekendorf niederzulassen, nur weil dort ein Bedarf
besteht? Meinen Sie, er würde sein gesamtes bisheriges
familiäres und kulturelles Umfeld aufgeben, weil die
Politik nach zehn Jahren Ulla Schmidt gegensteuern und
den Ärztemangel auf dem Land bekämpfen muss, was
wir jetzt ja tun? Das glaube ich nicht.

Wir haben mit den Ärzten gesprochen und ihnen zu-
gehört. Das rate ich Ihnen auch.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich ist den Ärzten das Honorar wichtig. Man muss
schließlich auch Geld verdienen; das ist völlig legitim.
Deswegen schaffen wir einen finanziellen Anreiz da-
durch, dass Landärzte von der Abstaffelung der Hono-
rare ausgenommen werden, damit sie für mehr Arbeit
nicht auch noch weniger Geld bekommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wer den Ärzten zuhört, der wird auch feststellen, dass
die Finanzen nicht das Wichtigste sind, sondern ganz be-
sonders wichtig ist für junge Ärzte das Umfeld, in dem
sie arbeiten und leben. Genau deshalb lockern wir die
Residenzpflicht. Dass Mediziner dort wohnen müssen,
wo sie ihre Praxis haben, ist einfach nicht mehr zeitge-
mäß. Wenn Menschen auf dem Land wohnen und in der
Stadt arbeiten können, dann muss das genauso gut auch
umgekehrt möglich sein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eine Lockerung der Residenzpflicht wird dazu beitra-
gen, dass Mediziner ihre Lebensentwürfe stärker als bis-
her an der Vereinbarkeit von Familie, Privatleben und
Beruf ausrichten können. Das betrifft vor allen Dingen
auch Frauen. Wir alle wissen ja: Die Medizin wird weib-
lich. Durch diese Maßnahme wird die ärztliche Versor-
gung auf dem Land immens gestärkt.

Nicht nur unsere konkreten Schritte zur Verbesserung
der medizinischen Versorgung sind wegweisend, son-
dern auch der Geist dieses Gesetzentwurfs und der Men-
talitätsunterschied zu den Ansätzen der Opposition sind
im besten Sinne bemerkenswert.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir setzen eben nicht auf Zwang, wie es der SPD-Men-
talität entsprechen würde, sondern wir setzen auf An-
reize und Motivation.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


ir sagen nicht einfach: Geh aufs Land! Mach, dass du
ort hinkommst! – Vielmehr bieten wir Anreize, sich in
nterversorgten Regionen niederzulassen. Wir ermuti-
en und bestärken junge Mediziner, sich bewusst auf
em Land niederzulassen, weil es eben nicht mit Nach-
ilen verbunden sein wird, weil es eben nicht unattrak-
v ist, sondern gewürdigt wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie werden es erleben: Wenn unser Versorgungsstruk-
rgesetz in Kraft ist, werden Sie zugeben müssen, dass
re verbale Geisterfahrt völlig unangemessen war. Wir
achen nämlich kein Ärztebeglückungsgesetz. Unser
inister macht ein Patientenbeglückungsgesetz. Das
erden Ihnen die Patienten demnächst bestätigen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712801900

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin in

nserer Debatte ist für die Fraktion der Sozialdemokra-
n unsere Kollegin Dr. Marlies Volkmer. Bitte schön,
rau Kollegin Dr. Volkmer.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1712802000

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Alle Menschen in unserem Land müssen
ich darauf verlassen können, eine gute medizinische
ersorgung zu bekommen, ganz gleich, ob sie in Bal-
ngsgebieten der Großstadt oder auf dem Land leben.
azu gehört die Teilhabe am wissenschaftlichen Fort-

chritt. All das muss unter den Bedingungen der Demo-
rafie in einer älter werdenden Gesellschaft erbracht
erden.

Ein Versorgungsgesetz muss sich daran messen las-
en, wie es diese Ziele umsetzt. Ich sage von vornherein:
ieser Gesetzentwurf wird den Zielen nicht einmal im
nspruch gerecht,


(Beifall bei der SPD)


enn man kann die Anforderungen von morgen nicht mit
en Strukturen von gestern lösen. Zu klären ist doch:
as müssen wir in unserem Gesundheitssystem verän-

ern? Wie müssen wir die Strukturen gestalten, damit
ir tatsächlich zu einer bedarfsgerechten Versorgung
ommen? Dabei ist die Frage entscheidend: Wie ist der
ugang in dieses Gesundheitssystem?

Im geltenden Gesetz haben wir das geregelt. Wir hat-
n noch niemals so viele Medizinerinnen und Mediziner
Lande wie heute. Trotzdem wissen wir alle aus der

raxis, dass Patientinnen und Patienten Schwierigkeiten
aben, Termine beim Facharzt zu bekommen. Sie haben
chwierigkeiten, einen Hausarzt zu finden, wenn ihr bis-
eriger Hausarzt in Rente geht. Das liegt an vielem, aber
s liegt auch daran, dass wir in den strukturschwachen





Dr. Marlies Volkmer


(A) )


)(B)

Regionen eine Unterversorgung und in den Ballungsge-
bieten häufig eine Überversorgung haben.

Ein Versorgungsgesetz muss für eine bessere Vertei-
lung der Ärzte sorgen. Dazu gehört es, Überversorgung
abzubauen, und zwar wirksam.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Das ist in Ihrem Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Inzwi-
schen fordern auch Teile der Ärzteschaft, gesetzlich zu
regeln, dass überflüssige Praxen nicht wiederbesetzt,
sondern aufgekauft werden.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist es doch! Lesen Sie doch zur Abwechslung mal das Gesetz!)


Freiwilligkeit nützt hier nichts. Damit kommen Sie nicht
weiter.

Der Gesetzentwurf dieser Bundesregierung wird dazu
führen, dass der Ärztemangel regional sogar noch ver-
stärkt wird, nämlich durch die Regelung für die spezial-
ärztliche Versorgung.


(Beifall bei der SPD)


Ich will es ganz klar sagen: Sie sehen in Ihrem Gesetz-
entwurf vor, für die spezialärztliche Versorgung jegliche
Bedarfsplanung und jegliche Mengenbegrenzung abzu-
schaffen. Das heißt, ein Arzt kann seine Leistungen
überall im Lande erbringen, und zwar ohne Mengenbe-
grenzung. Wer kann, der darf.


(Hilde Mattheis [SPD]: Genau!)


Ich muss keine Hellseherin sein, um vorauszusagen, was
passieren wird: Die Ärzte werden danach drängen, in die
spezialärztliche Versorgung zu gehen.

Das hat zwei Folgen. Die eine Folge ist – das wissen
Sie ganz genau – eine deutliche Verteuerung dieses Ge-
sundheitssystems. Zu bezahlen haben es die Versicherten
allein, nämlich durch Zusatzbeiträge.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Die zweite negative Folge ist: Der Anreiz von Medizin-
studenten, sich zum Allgemeinmediziner ausbilden zu
lassen, sinkt. Dadurch wird es nicht mehr, sondern weni-
ger Hausärzte geben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist gegen die Interessen der Patientinnen und Patien-
ten, und es ist auch gegen die Interessen vieler Ärztinnen
und Ärzte. Um Überversorgung abzubauen, müssen au-
ßerdem die Honorarzuschläge in unterversorgten Gebie-
ten Honorarabschlägen in überversorgten Gebieten ge-
genüberstehen.

Sie haben von einem Blumenstrauß an finanziellen
Anreizen gesprochen, den Sie Ärzten zur Verfügung
stellen wollen, die sich auf dem Land niederlassen. Mit
diesem Blumenstrauß werden Sie nicht viel erreichen.
Denn es sind nicht in erster Linie finanzielle Gründe, die

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(C (D rzte daran hindern, eine Landpraxis zu übernehmen der zu gründen. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das haben wir auch nicht gesagt! Sie haben mal wieder nicht zugehört!)


in wesentlicher Grund ist vielmehr, dass sie nicht als
inzelkämpfer rund um die Uhr für ihre Patienten ver-
ntwortlich sein wollen. Da ist es sehr schwer, Beruf und
amilie zu vereinbaren.


(Beifall bei der SPD)


ie wollen auch Zeit für eine kontinuierliche Fortbildung
nd den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen ha-
en.

Deswegen liegt es auf der Hand, dass wir Strukturen
rauchen, die mehr Teamarbeit ermöglichen. Integrierte
ersorgungskonzepte und medizinische Versorgungs-
entren auch in Krankenhäusern sind gerade in den
trukturschwachen ländlichen Regionen extrem wichtig.

it dem Gesetzentwurf tun Sie aber nichts, um diese
trukturen zu verbessern. Sie erschweren vielmehr die
ründung von medizinischen Versorgungszentren und
r Fortbestehen. Das ist zwar durchaus im Interesse der
assenärztlichen Bundesvereinigung, aber es ist gegen
ie Interessen von Patientinnen und Patienten und auch
diesem Fall wieder gegen die Interessen vieler Ärztin-

en und Ärzte.

Es ist auch an der Zeit, nichtärztliche Gesundheitsbe-
fe stärker einzubinden. Ihre Forderung an den Ge-
einsamen Bundesausschuss, eine Liste delegierbarer
eistungen zu erstellen, ist bloß ein Feigenblatt. Ärzte
önnen doch schon heute Leistungen delegieren. Das
ird auch praktiziert.

Viele Maßnahmen der Bundesregierung kranken da-
n, dass Sie den Arzt immer noch als Einzelkämpfer se-

en. Das ist aber überholt.

Zusammenfassend stelle ich fest: Der Gesetzentwurf
erbessert die Versorgung nicht, er verteuert sie aber.
ie steigenden Kosten sind allein durch die Versicherten
ber Zusatzbeiträge aufzubringen.

Der Entwurf dieses Gesetzes mit dem wohlklingen-
en Namen Versorgungsstrukturgesetz oder, wie ich
eute gelernt habe, Patientenbeglückungsgesetz


(Heinz Lanfermann [FDP]: Ja! Genau!)


t nichts anderes als eine teure, schillernde Seifenblase,
ie schon beim bloßen Hinsehen zerplatzt.


(Beifall bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712802100

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt spricht als Nächs-

r für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Jens
pahn. Bitte schön, Kollege Jens Spahn.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )


)(B)


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1712802200

Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Man könnte schadenfroh sein, Herr Kollege
Lauterbach und Frau Kollegin Volkmer, wenn man sieht,
wie Sie sich hier winden müssen,


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Ich winde mich nicht!)


um Argumente zu suchen und Haare in der Suppe zu fin-
den. Denn Sie wissen genau, dass Sie das, was wir mit
dem Versorgungsstrukturgesetz angehen und was im
Grunde die Debatte fast der letzten zehn Jahre über die
Versorgung im ländlichen Raum widerspiegelt, in den
vergangenen Jahren längst hätten tun müssen. Es wurmt
Sie, dass wir das jetzt tun. Deswegen suchen Sie mit al-
ler Gewalt und mit zum Teil etwas verqueren Argumen-
tationen das Haar in der Suppe.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn in der letzten Legislaturperiode regiert?)


Ärgern Sie sich nicht! Arbeiten Sie konstruktiv mit,
damit der Gesetzentwurf in den Beratungen im Deut-
schen Bundestag noch besser wird!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben im letzten Jahr die Finanzierung der ge-
setzlichen Krankenversicherung neu geregelt. Wir haben
eine zusätzliche Einnahmequelle jenseits einer lohnab-
hängigen Finanzierung gefunden, die tragfähig und auf
Dauer angelegt ist. In diesem Jahr geht es, nachdem wir
im letzten Jahr die Finanzierung besprochen haben, im
Schwerpunkt um die Frage, was mit dem Geld passiert.
Wie können wir die beiden entscheidenden Qualitäts-
merkmale des deutschen Gesundheitswesens, die uns
deutlich von allen anderen Ländern in Europa und auf
der Welt unterscheiden, auch für die Zukunft sichern?
Diese beiden Merkmale sind erstens der schnelle Zugang
zu Innovation – man findet kaum noch ein Land, in dem
ein neu zugelassenes Medikament erstattungsfähig ist;
die Erstattungsfähigkeit in Deutschland beizubehalten, ist
uns wichtig, weil sie für viele Patienten, etwa für krebs-
kranke, die Hoffnung auf Leidminderung bedeutet – und
zweitens eine flächendeckende Versorgung; Spitzenme-
dizin darf nicht nur in München oder in Hamburg ange-
siedelt sein, sondern es muss sie auch andernorts geben;
wir wollen, dass es überall rund um die Uhr einen guten
Zugang zur Versorgung gibt. Die Sicherung dieser bei-
den Qualitätsmerkmale ist das eigentliche Ziel dessen,
was wir hier tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es geht hier heute um ein – dieser Begriff ist zu Recht
verwandt worden; mit dem Wort „Patientenbe-
glückungsgesetz“ tue ich mich allerdings schwer – Pa-
tientengesetz. Das ganze Jahr schon stellen wir den Pa-
tienten und seine Bedürfnisse, seinen Blick, seinen
erlebten Versorgungsalltag in den Mittelpunkt.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Richtig!)


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(C (D ir haben in diesem Jahr schon das Krankenhaushygieegesetz verabschiedet. Es enthält Regelungen in Bezug uf das Thema: Wie ist eigentlich der Zustand im Kranenhaus? Kommt man aus dem Krankenhaus kränker eraus, als man hineingegangen ist, weil man sich Infekonen zugezogen hat? Wir reden noch über das Patiennrechtegesetz. Die Eckpunkte stehen bereits fest. Es ird gerade am Gesetzentwurf gearbeitet. Wir wollen ie Patienten und ihre Rechte stärken. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das aktuelle Gesetz scheint nicht viel zu bieten!)


atürlich steht im Mittelpunkt all dieses Tuns die Ab-
icht, sich anzuschauen, wie ein Patient die Versorgung
uf Grundlage dieses Versorgungsgesetzes erlebt.

Ein großes Thema in diesem Zusammenhang ist – das
t hier schon angesprochen worden – die flächende-
kende Versorgung. In einer 20 000-Einwohner-Stadt
ie Gescher im Münsterland, meiner Heimatregion, gibt

s noch sieben Hausärzte. Wenn man dort eine Veran-
taltung zum Thema Patientenversorgung durchführt,
ommen 200 Menschen. Die Menschen dort wissen
ämlich: Von den sieben Hausärzten dort sind fünf über
5 Jahre. Da man weiß, dass es für Hausärzte im Mo-
ent nicht attraktiv ist, aufs Land zu gehen, bewegen die
enschen die Fragen: Was ist eigentlich in zehn Jahren?
as tun die Politiker gegen diese mangelnde Attraktivi-
t?


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie bieten doch gar keine Antwort für das Problem! Das ist doch nichts!)


s geht hier nicht um ein Ärztegesetz. Man bringt eine
ute Versorgung der Menschen nur mit den Menschen
ustande, nicht gegen sie. Wir denken von den Sorgen
er Menschen her, wenn wir über diese Maßnahmen an
ieser Stelle reden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ansetzen muss man bei der Definition des Istzustan-
es. Sie haben recht: Die heutige Bedarfsplanung funk-
oniert nicht. Sie wurde in den 1990er-Jahren zu Zeiten
er Ärzteschwemme diskutiert. Aus den uns vorliegen-
en Zahlen lässt sich die Frage, ob eine Region gut ver-
orgt ist oder nicht, nicht angemessen beantworten. Des-
egen führen wir eine neue Bedarfsplanung durch. Wir

chauen dabei nicht mehr nur in die Landkreise oder
tädte, sondern wir gehen kleinräumiger vor, damit wir
enau wissen, wo im Land es einen Versorgungsbedarf
ibt.

Das Ganze ist übrigens nicht nur – vieles in dieser
ebatte war für mich arg verkürzt – ein Stadt-Land-Pro-
lem. Natürlich gibt es bei uns im Münsterland, in der
ifel, in Mecklenburg-Vorpommern und in vielen ande-
n Gegenden Versorgungsprobleme. Aber diese Pro-

leme gibt es auch in den Städten. Vielleicht sollten wir
uch darüber einmal eine Diskussion führen. In Berlin-
eukölln gibt es zwar die meisten Kinder, aber in Ber-
n-Charlottenburg gibt es die meisten Kinderärzte. Auch





Jens Spahn


(A) )


)(B)

in den Städten gibt es also Verteilungsprobleme. Auch
da müssen wir entsprechende Anreize setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann muss man die Überversorgung auch angehen!)


– Wenn das Einzige, was Ihnen zum Thema „flächende-
ckende Versorgung“ einfällt, der Abbau von Überversor-
gung ist, dann ist das aber arg wenig; das muss ich Ihnen
sagen. Das in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen,
wird dem Thema nun wirklich nicht gerecht, zumal Sie
genau wissen, dass wir dieses Problem angehen.

Jetzt komme ich zum Thema „flächendeckende Ver-
sorgung“. Frau Kollegin Bunge, ich muss mich schon
sehr wundern. Ich finde es gut, dass wir in einem frei-
heitlichen Staat leben, in dem jeder selbst entscheiden
kann, wo er eine Praxis eröffnet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie sprachen auch von angestellten Ärzten. Ich weiß
nicht, ob Sie damit eine Art kubanisches Modell „ange-
stellte Parteiärzte“ meinen. Wir jedenfalls haben ein Bild
von freiberuflichen Ärzten, die natürlich selbst entschei-
den, wo sie sich in unserem freien Land niederlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Man muss über Anreize reden, durch die es attraktiv
wird, sich auf dem Land niederzulassen. Über ein Staats-
dekret geht das seit 1990 glücklicherweise jedenfalls
nicht mehr.

Aus den beschriebenen Gründen reden wir über sol-
che Anreize. Dazu gehören finanzielle Anreize. Selbst-
verständlich muss es sich finanziell lohnen, aufs Land zu
gehen; schließlich muss man dort viel mehr arbeiten als
in der Stadt: Praxen sind länger voll; man ist womöglich
der einzige Arzt weit und breit. In Mecklenburg-Vor-
pommern etwa muss man für einen Hausbesuch zum
Teil 30 Kilometer fahren. Auf dem Lande hat man we-
gen der Zersiedelung und der Kleinräumigkeit weitere
Wege.

Hinzu kommen andere wichtige Rahmenbedingun-
gen. Geld allein wird es nicht richten; da haben Sie
recht. In diesem Zusammenhang geht es um die bereits
angesprochene Residenzpflicht: Muss ein Arzt in der
Nähe seiner Praxis wohnen, oder ist es ihm gestattet, in
der Stadt zu wohnen und auf dem Land zu arbeiten? Da-
rüber hinaus geht es um die Organisation von Notdiens-
ten. Ärzte auf dem Land haben zweimal im Monat am
Wochenende Notdienst, Ärzte in der Stadt hingegen nur
ein Mal im halben Jahr. Angesichts dessen kann, glaube
ich, jeder verstehen, dass dieser Aspekt für eine junge
Ärztin oder einen jungen Arzt ein Kriterium bei der Be-
antwortung der Frage ist, ob man aufs Land oder in die
Stadt geht.

Deswegen ist nicht nur Geld ein Thema, sondern es
müssen auch viele andere Rahmenbedingungen berück-
sichtigt werden. Genau das tun wir mit diesem Gesetz.
Es enthält viele Maßnahmen – größere wie kleinere –,
um es insgesamt attraktiver zu machen, sich als Arzt in

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(C (D chwierigen Stadtteilen oder im ländlichen Raum niederulassen. Wir blicken vor allem auf den Arzt, weil auf auer der beste Apotheker ohne einen Arzt in der Nähe s nicht schafft. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was ist mit den anderen Gesundheitsberufen?)


ine Apotheke ohne Rezept funktioniert nicht gut. Die
iskussion darüber, wie wir eine flächendeckende Ver-

orgung mit Ärzten hinbekommen, ist nichts anderes als
ine Vorbotendebatte über die Frage, wie wir insgesamt
ine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung hin-
ekommen. Es wäre gut, wenn Sie sich etwas konstrukti-
er und etwas weniger plakativ in diese Debatte einbrin-
en würden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein weiteres Thema, das die Menschen auf allen Ver-
nstaltungen wahnsinnig bewegt, sind die Wartezeiten,
enn es darum geht, einen Facharzttermin zu bekom-
en. Zum Teil gibt es objektive Probleme. Bei uns im
ünsterland etwa ist die Zahl der Neurologen im Mo-
ent leider noch sehr überschaubar. Deswegen muss
an dort als Parkinsonpatient fünf, sechs Monate auf ei-

en Termin zur Neueinstellung der Medikamente war-
n. Zum Teil gibt es auch subjektive Probleme, wie man

ie aus den großen Städten kennt. Herr Kollege
auterbach, da unterscheiden wir uns sehr deutlich. Ich
in Ihnen dankbar, dass Sie in den letzten Monaten die
nterschiede so deutlich gemacht haben. Sie wollen mit
trafen arbeiten. Der Arzt, der nicht innerhalb von zwei,
rei Wochen einen Termin anbietet, soll 20 000 Euro
oder wie viel auch immer – Strafe zahlen. Nach Ihrem
rztbild müssen die Ärzte gezwungen werden, die Men-

chen zu versorgen. Sie tun so, als ob die Ärzte gar
ichts mit Patienten zu tun haben wollten. Das ist nicht
nser Arztbild. Wir wissen, dass wir eine gute Versor-
ung der Menschen nicht gegen die Ärzte, sondern nur
it den Ärzten hinbekommen. Es ist schön, dass Sie die-

en Unterschied zwischen uns im Zusammenhang mit
en Maßnahmen, die wir ergreifen wollen, deutlich ge-
acht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen bei den Wartezeiten auf gemeinsame Ver-
inbarungen setzen, aus denen hervorgeht, wie die Ab-
ufe zu erfolgen haben, wann ein Hausarzt einen Patien-
n an den Facharzt überweist, wie schnell Termine zu
nden sind. Ärzte und Krankenkassen sollen vertragli-
he Rahmenbedingungen vereinbaren. Natürlich geht es
abei auch um Vergütungsstrukturen. Es muss sich loh-
en, sich um schwierige Fälle zu kümmern und einen
atienten intensiv zu untersuchen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


s dürfen nicht einmal im Quartal nur leichtere Fälle
inbestellt werden, weil dann die pauschale Finanzie-
ng ausgelöst wird. Wir müssen also über die Anreize
den und dürfen die Ärzte nicht pauschal diffamieren,
ie Sie das tun. Wir haben hier einen anderen Ansatz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Jens Spahn


(A) )


)(B)

Ein weiteres Thema, das die Menschen bewegt, ist
das Entlassungsmanagement im Krankenhaus. Wenn ich
als Patient am Freitagnachmittag nach einer Hüftopera-
tion das Krankenhaus verlasse, dann möchte ich mich
nicht fragen müssen, was jetzt passiert. Es gibt schon
viele Häuser, in denen das sehr gut klappt. Aber es gibt
auch viele, in denen es noch Probleme gibt. Es geht da-
bei um folgende Fragen: Wie geht es nach der Entlas-
sung aus dem Krankenhaus weiter, ambulante Pflege
oder stationäre Pflege? Gibt es eine Familie, die den Pa-
tienten auffängt, oder lebt der Patient allein? Wie geht es
mit der Medikation weiter? Braucht der Patient vielleicht
ein Rezept für die Physiotherapie oder für ein Arzneimit-
tel? Bislang sind all diese Fragen zu oft ungeklärt. Wir
sagen: Das muss besser laufen. Das Einfachste ist eine
bessere Kommunikation zwischen Krankenhäusern und
niedergelassenen Ärzten. Aber auch zwischen Haus- und
Fachärzten muss es besser laufen. Deswegen wollen wir
vernetzte Strukturen und eine bessere Zusammenarbeit.
Der Patient soll einen Anspruch darauf haben, dass zwi-
schen Krankenhaus und niedergelassenem Arzt eine
Kommunikation stattfindet. Das wollen wir regeln. Da-
bei setzen wir aber nicht auf Strafen, sondern auf An-
reize; denn wir glauben, dass das die Versorgung letzt-
lich verbessert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712802300

Kollege Spahn, der Kollege Dr. Lauterbach möchte

eine Zwischenfrage stellen und damit Ihre Redezeit ver-
längern. Gestatten Sie dies?


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1712802400

Mit Freuden.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712802500

Bitte schön.


Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1712802600

Sie haben die Problemlage beschrieben,


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Richtig beschrieben!)


zum Teil nicht falsch. Aber Sie haben aus meiner Sicht
zum Gesetzentwurf eigentlich nichts gesagt. Daher
greife ich das einzige konkrete Beispiel auf, das Sie ge-
nannt haben. Sie haben gesagt, dass man als Parkinson-
patient in Münster – wenn man so will, in Ihrer Heimat-
stadt – auf einen Termin für die Neueinstellung der
Medikamente sechs Monate warten muss. Was ändert
denn Ihr Gesetzentwurf, den wir heute beraten, an die-
sem konkreten Fall? Meines Erachtens ändert sich da-
durch nichts. Münster ist die Stadt, die vom Kollegen
Bahr und Ihnen sozusagen mit betreut wird. In dem ein-
zigen Fall, den Sie als Beispiel genannt haben, ändert
sich durch das Gesetz aus meiner Sicht nichts.

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(C (D Erstens, Herr Kollege Lauterbach, ist es immer hilf ich, die Wörter bis zum Ende zu hören. Ich habe vom ünsterland gesprochen. Der Kollege Bahr kommt aus er Stadt Münster. Ich komme aus den Weiten des Münsrlandes. Die Stadt Münster ist hervorragend versorgt manche sagen sogar: überversorgt –, während es in den eiten des Münsterlandes ganz anders aussieht. Bei uns, 0 Kilometer von der niederländischen Grenze entfernt, t es deutlich schwieriger, Ärzte zu finden, die sich dort iederlassen. Insofern ist diese Unterscheidung schon inmal wichtig. Also: Genau zuhören! Zweiter Punkt: Was ändert dieses Gesetz? Natürlich ndert es etwas, weil die Unterversorgung, die die Menchen täglich erleben und die tatsächlich vorhanden ist, ufgedeckt wird – das ist heute nicht der Fall, weil die tatistik so schlecht ist – und eine bessere Vergütung der rzte geplant ist, die sich in Regionen wie dem Münsternd niederlassen, die schlecht versorgt sind. Die Frage, wer eigentlich in der Arztpraxis sitzt – das etrifft die Zusammenarbeit der Ärzte untereinander – (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage wird nicht beantwortet!)

Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1712802700

doch; hören Sie einmal genau zu, Herr Kollege Kuhn –,
at mit den Vergütungsstrukturen zu tun. Wenn es nur
auschalvergütungen gibt, dann ist das ein Anreiz dafür,
öglichst viele Patienten mit leichten Krankheiten ein-
al im Quartal zu bestellen.


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Was haben Sie für ein Bild von den Ärzten! Als ginge es nur um das Geld!)


enn es aber die Möglichkeit der Einzelleistungsvergü-
ng gibt, dann stellt das einen Anreiz dar, sich als Fach-

rzt in unterversorgten Gebieten niederzulassen. Wir ha-
en viele konkrete Punkte aufgegriffen. Man hat aber
chon an Ihrer Rede gemerkt, dass Sie den Gesetzent-
urf nicht besonders intensiv gelesen haben.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Den habe ich genau gelesen!)


ie können das aber bei den Beratungen in den nächsten
ochen noch nachholen, Herr Kollege Lauterbach.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine Eiernummer! Spahn eiert! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die schlechte Nachricht ist: Für das Münsterland ändert sich nichts!)


Auch das Thema Regress beschäftigt die Menschen.
abei geht es nicht nur um die Ärzte. Vielmehr haben
ie Patienten Angst, dass ihnen ihr Arzt aus Angst vor
egressforderungen nicht die Medikamente verschreibt,
ie er wirklich braucht. Mit dieser Angst der Patienten
üssen wir umgehen. Wir können doch nicht nur mit

en Achseln zucken, sondern wir müssen darauf reagie-
n. Wir wollen den Ärzten die Angst vor dem Regress

ehmen, sie aber trotzdem zu wirtschaftlichem Verord-
en anhalten; denn es soll nichts verschwendet werden.





Jens Spahn


(A) )


)(B)

Deswegen muss das Prinzip „Beratung vor Regress“ und
„Beratung vor Bestrafung“ gelten, damit der Arzt keine
Angst haben muss, wenn er Medikamente verschreibt,
und vor allem der Patient sicher sein kann, dass er das
bekommt, was er braucht. Wir tun mit vielen Einzelmaß-
nahmen etwas für die Patienten. Diese Beispiele machen
das sehr deutlich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Abschließend kann man mit Fug und Recht sagen,


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Blühende Landschaften im Münsterland!)


dass wir mit diesem Gesetzentwurf die erlebte Versor-
gungsrealität des Patienten in den Mittelpunkt stellen.
Erstmals seit 10, 15 Jahren ist dies auch der Entwurf ei-
nes Gesetzes im Gesundheitswesen, das kein Spargesetz
ist, sondern durch das Strukturen verändert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es geht darum, wofür wir wie viel Geld ausgeben, um
die Versorgung der Patienten zu verbessern.

Ich verstehe, dass Sie sich ärgern und etwas schmal-
lippig sind, weil wir diese Dinge anstoßen, während Sie
zehn Jahre lang nur darüber geredet haben.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange regieren Sie denn schon? Das sind jetzt schon sechs Jahre!)


Es wäre schön, wenn Sie sich in den nächsten Wochen
konstruktiv in diese Debatte einbringen würden. Sie ha-
ben noch viele Gelegenheiten dazu. Ich sage Ihnen eines
zu:


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712802800

Das war doch schon ein wunderbarer Schlusssatz.


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1712802900

Wenn Sie zur Abwechslung einmal einen konstrukti-

ven Vorschlag machen, greifen wir ihn gerne auf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712803000

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner in un-

serer Debatte ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
unser Kollege Dr. Harald Terpe. Bitte schön, Kollege
Dr. Terpe.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1712803100

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer nach den

bisherigen enttäuschenden Gesundheitsgesetzen der
schwarz-gelben Koalition einen gesundheitspolitischen
Aufbruch erwartet hat, der wird auch diesmal enttäuscht:
Trippelschrittchen in die Zukunft und weit ausholende
Schritte in die Vergangenheit.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Geht es auch mal konkret?)


Nun will ich nicht behaupten, dass der Gesetzentwurf
berhaupt keine für die Versorgung sinnvollen Einzel-
gelungen enthält. Es ist manches darunter, wofür Sie

nsere konstruktive Unterstützung haben.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das ist schon mal ein Ansatz! – Weiterer Zuruf von der FDP: Das hören wir gern!)


h nenne beispielsweise die Überarbeitung der ärztli-
hen Bedarfsplanung mit regionalem Bezug, die Locke-
ng der Residenzpflicht, die Datengrundlage für die
ersorgungsforschung und nach meiner Meinung – trotz
ller Unbestimmtheit – im Grundsatz auch die Schaffung
er spezialärztlichen Versorgung.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Na, guck!)


ber gemessen an dem, was zur Verbesserung der Ver-
orgung eigentlich getan werden müsste, ist dieser Ge-
etzentwurf ein Flop.

Wir wissen, dass durch den demografischen Wandel
ie Zahl der chronisch und mehrfach erkrankten Patien-
nnen und Patienten zunehmen wird, vor allem in ländli-
hen Räumen. Deshalb wird sich die Art der Versorgung
hnehin ändern müssen, und zwar weg von der rein
rztzentrierten Behandlung hin zu einer ganzheitlichen
ersorgung der Patientinnen und Patienten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


azu liegen zahlreiche Studien vor. Beispielsweise hat
er Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwick-
ng im Gesundheitswesen wiederholt darauf hingewie-

en, dass schon heute ein erheblicher Verbesserungsbe-
arf in der gesundheitlichen Versorgung besteht. Dabei
eht es nicht nur um die erlebte Versorgungsqualität
ohne Frage ein wichtiger Punkt –, sondern es geht auch

m tiefgreifende Strukturveränderungen. Es geht um
ine Stärkung der integrierten Versorgung, damit endlich
ie überkommene Grenze zwischen dem niedergelasse-
en Bereich und den Krankenhäusern überwunden wird.
s geht um eine andere Aufgabenverteilung, um bessere
usammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen und
m eine Stärkung der Primärversorgung. Meine These
utet, dass sektoren- und professionenübergreifende
ersorgungsstrukturen die besten Chancen für eine
achhaltig gute Versorgungsqualität bieten.

Der Sachverständigenrat hat auch wiederholt darauf
ingewiesen, dass die Anreize in unserem Gesundheits-
esen nicht stimmen. Der gesunde Patient lohnt sich für
en Arzt überhaupt nicht. Es geht nur noch darum, mög-
chst viele Leistungen zu erbringen. Das führt zu einer
äufig entseelten, nicht am Gesundheitsnutzen der Pa-
entinnen und Patienten orientierten Medizin.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s tut mir leid: Ich sehe in diesem Gesetzentwurf wenig
der nichts, durch das dieses spezifische Problem auch
ur im Ansatz zu lösen wäre.





Dr. Harald Terpe


(A) )


)(B)

Stattdessen öffnen Sie die Tür für größtenteils unkon-
ditionierte Honorargeschenke an Ihre vermeintliche
Klientel. Ich glaube, es werden mehr Anreize für eine
bessere Versorgung, gerade im Primärbereich, ge-
braucht; gebraucht wird nicht die Belohnung der clevers-
ten Leistungsausweitung. Honorare ja, aber leistungsge-
recht und transparent.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ähnlich verfahren Sie mit dem Gemeinsamen Bun-
desausschuss. Auch dort stärken Sie die finanziellen In-
teressen der Leistungserbringer. Künftig wird es noch
schwerer sein, Behandlungsmethoden auszuschließen,
die uns alle nur Geld kosten, für die Patientinnen und Pa-
tienten aber keinen gesundheitlichen Nutzen bringen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass un-
solidarische Politik zulasten vieler und zum Nutzen we-
niger leider Tradition in der FDP hat.


(Widerspruch bei der FDP)


Der Vorgänger im Amt des Gesundheitsministers, Herr
Rösler, hat bei der Verabschiedung des GKV-Finanzie-
rungsgesetzes im vergangenen Jahr an dieser Stelle be-
klagt, dass im Gesundheitswesen reglementiert werde,
wer wann welche Leistung bei wem an welchem Ort er-
bringen dürfe oder eben nicht. Deshalb muss hier gefragt
werden: Warum und zu wessen Nutzen reglementieren
Sie eigentlich, wer in Deutschland ein Medizinisches
Versorgungszentrum gründen darf? Sollen die MVZ in
Kliniken gar ausgebremst werden? Warum begrenzen
Sie sogar die Wahl der Rechtsform eines solchen Versor-
gungszentrums? Von den 1 700 MVZ sind ganze 5 MVZ
in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Trotzdem
wird Zeit darauf verschwendet, eine Regelung für diese
fünf Fälle zu treffen. Ich finde, das ist Placebopolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zustimmung der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Auch andere Regelungen in diesem Gesetzentwurf
sind mehr als dürftig. Sie rühmen sich unter anderem da-
mit, dass Ärztinnen und Ärzte in unterversorgten Regio-
nen künftig keine Angst mehr vor Honorarkürzungen ha-
ben müssen. Wir haben dazu in einer Kleinen Anfrage
nachgefragt. Daraufhin wurde uns gesagt: Diese gesetz-
liche Regelung würde im Grunde aktuell 37,3 Ärztinnen
und Ärzte betreffen. Wenn man dann noch berücksich-
tigt, dass Hausärztinnen und Hausärzte in den wirklich
unterversorgten Regionen eigentlich ohnehin keine
Honorarkürzungen haben, dann betrifft das nur noch
7,3 Ärztinnen und Ärzte.


(Lachen des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Es ist also auch eine Regelung, die im Grunde kaum eine
Bedeutung hat.

Wir sind dann bei der Frage, die auch schon aufge-
worfen worden ist: Wie gehen wir mit der Unterversor-
gung um – das ist das Wichtigste bei diesem Thema –,
aber auch mit der Überversorgung? Dazu ist schon ein

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(C (D eispiel genannt worden: Wir müssen uns darum kümern, wie hier in der Stadt die Charlottenburger Kinder rzte nach Neukölln kommen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: So ist das!)


Abschließend: Dieser unzulängliche Gesetzentwurf
räuchte im Verfahren eine grundlegende Neuorientie-
ng, nämlich eine Orientierung an den Patientinnen und

atienten und nicht am monetären Nutzen einzelner
eistungserbringer. Dafür hätten Sie jedenfalls unsere
olle Unterstützung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712803200

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner für die

raktion der CDU/CSU ist unser Kollege Lothar
iebsamen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Lothar Riebsamen (CDU):
Rede ID: ID1712803300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

or der Sommerpause haben wir den Entwurf des Kran-
enhaushygienegesetzes vorgelegt, und kurz nach der
ommerpause, also heute, legen wir den Entwurf des
ersorgungsstrukturgesetzes vor. Sie können erkennen,
ass wir bei beiden Gesetzentwürfen die Versorgungs-
ualität der Menschen in Deutschland in den Fokus rü-
ken. Sie können auch erkennen, dass der Gesetzge-
ungsprozess des vergangenen Jahres – es ging darum,
ie GKV-Finanzierung auf der Einnahmeseite wie auf
er Ausgabenseite auf sichere Beine zu stellen – kein
elbstzweck war. Damit haben wir sozusagen Mittel
eigeschaufelt, um die Versorgungsqualität, die in
eutschland weitestgehend gut ist, zu sichern. Dort, wo

ie weniger gut ist – in ländlichen Räumen, aber auch in
anchen Stadtbezirken –, soll sie deutlich verbessert
erden.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf orientieren wir
ns an der Lebenssituation der Patientinnen und Patien-
n, aber auch an der Lebenssituation der Ärztinnen und
rzte im 21. Jahrhundert, an den Strukturen unseres Ge-

undheitssystems, insbesondere in den Sektoren und an
eren Grenzen.

Entscheidende Weichenstellungen sind in diesem Zu-
ammenhang im Bereich der Bedarfsplanung vorgese-
en. Wir wollen weg von einer eher zentralen Bedarfs-
lanung hin zu einer dezentralen Bedarfsplanung. Die
achleute vor Ort kennen die Situation. Sie wissen, wie
iele Kilometer es bis zum nächsten Hausarzt, Facharzt
der Krankenhaus sind. Es ist wichtig, diese Bedarfs-
langrenzen nicht an politischen Grenzen festzumachen,
ondern an Grenzen, die an der Vernunft und am Wissen
er Fachleute vor Ort orientiert sind.

Es ist folgerichtig, dass die Länder erheblich mehr
itwirkungsrechte bekommen. In den Landesausschüssen
erden Sie mitberaten können. Die Bedarfsplanung ist
en Ländern vorzulegen. Sie werden auch beim Gemein-
amen Bundesausschuss ein Mitspracherecht bekom-





Lothar Riebsamen


(A) )


)(B)

men. Bei der Umsetzung werden allerdings nicht nur die
Länder einbezogen, sondern auch die Gemeinden. Wenn
die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit den
Gemeinden erkennen, dass die Notwendigkeit besteht,
eine Versorgungslücke zu schließen, können die Ge-
meinden eigene Einrichtungen betreiben.

Neben der Bedarfsplanung geht es um die sektorüber-
greifende Versorgung und um deren Ausbau. Hier ent-
stehen zusätzliche Möglichkeiten, insbesondere im spe-
zialärztlichen Bereich. Jeder, der eine entsprechende
medizinische Leistung erbringen kann – die Betonung
liegt auf „kann“; die Qualität der Behandlung ist die
erste und wichtigste Voraussetzung – darf behandeln. In
beiden Sektoren muss die gleiche Leistung erbracht wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir orientieren uns an der Lebenssituation der Ärztin-
nen und Ärzte, die sich in den letzten Jahrzehnten geän-
dert hat. Wir haben in den medizinischen Berufen derzeit
mehr Abgängerinnen als Abgänger zu verzeichnen. Des-
wegen spielt es eine besondere Rolle, dass die Verein-
barkeit von Familie und Beruf verbessert wird. Auch in
diesem Zusammenhang spielen die Sektoren eine Rolle.
Es ist eine Erleichterung für Männer wie für Frauen,
wenn zum Beispiel die niedergelassenen Ärzte bei der
notärztlichen Versorgung nicht auf sich alleine gestellt
sind, sondern wenn großräumiger gedacht wird und auch
Krankenhäuser einbezogen werden und damit die Wo-
chenenden und die Nächte bei der Notversorgung freige-
stellt sind.

Eine weitere Erleichterung für Ärztinnen, die entbun-
den haben, sind die Entlastungsassistenten, die künftig
für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren eingestellt
werden können.

Auch die Residenzpflicht wurde angesprochen. Lei-
der ist es natürlich so, dass nicht alle Ärztinnen und
Ärzte, die grundsätzlich bereit sind, ihren Beruf im länd-
lichen Raum oder in bestimmten Stadtbereichen auszu-
üben, dort auch leben und wohnen wollen. Es geht auch
um die Situation der Ehegatten bzw. um die Arbeits-
platzfindung der Ehegatten. Deswegen macht es Sinn,
die Residenzpflicht nicht mehr vorzusehen.

Außerdem haben wir im Gesetzentwurf vorgesehen,
dass Aufgaben vom ärztlichen Bereich an den Pflegebe-
reich delegiert werden können. Auch dies ist eine Er-
leichterung insbesondere für die Versorgung des ländli-
chen Raums.

Natürlich geht es auch um wirtschaftliche Anreize. Es
geht darum, dass es dort, wo es zu viele Arztsitze gibt,
erleichtert wird, diese aufzukaufen. Ferner geht es da-
rum, die Honorarverteilung vor Ort dezentral vorzuneh-
men, sodass den örtlichen Gegebenheiten besser Rech-
nung getragen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dabei spielt die Abstaffelung, die heute schon mehr-
fach angesprochen worden ist, eine ganze besondere

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(C (D olle. Es geht nicht darum, wie die Abstaffelung heute ussieht, sondern es geht darum, wie sich die Abstaffeng entwickeln wird. Nehmen wir beispielsweise eine emeinde mit 3 000 Einwohnern und zwei Ärzten. enn ein Arzt in den Ruhestand geht und nur noch ein rzt übrig bleibt, so wird dieser selbstverständlich mehr rbeiten müssen als vorher. Das soll nicht bestraft weren. Das wollen wir mit dieser Abstaffelung belohnen. arum geht es. Mit diesem Gesetz sorgen wir für eine Verbesserung er heutigen Situation. Vor allem aber werden wir die ufgaben erfüllen, die uns erwarten. Die Situation wird ich aufgrund der demografischen Entwicklung und der orbiditätsentwicklung natürlich ein Stück weit drama sieren. Wir begegnen dieser Problematik und werden it diesem Gesetz die Situation der Patientinnen und Paenten in unserem Land ein weiteres Mal verbessern. Herzlichen Dank. Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Rednerin in nserer Debatte ist für die Fraktion der Sozialdemokran unsere Kollegin Dr. Carola Reimann. – Bitte schön, rau Kollegin Dr. Reimann. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her n! Ich könnte zu Beginn meiner Rede an die vielen bechtigten Kritikpunkte der Vorrednerinnen und Vorred er anknüpfen. Zunächst einmal möchte ich aber der chwarz-gelben Regierung meine Glückwünsche ausprechen. Bei all dem Chaos und Gezänk der vergangeen Wochen – Herr Kollege Singhammer hat das Chaosombo genannt – (Heinz Lanfermann [FDP]: Damit waren Sie gemeint!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712803400

(Beifall bei der SPD)

Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1712803500

renzt es schon an ein kleines Wunder, dass Sie über-
aupt noch in der Lage sind, diesem Parlament einen
esetzentwurf vorzulegen.

Hinsichtlich der Pflege – der Minister hat an das ka-
ndarische Ende des Sommers erinnert – können Sie
eute noch nicht einmal grobe Eckpunkte vorlegen. Bei
ll dem, was wir inzwischen von Schwarz-Gelb so ge-
ohnt sind, sind das geradezu überraschende Ansätze ei-
es gemeinsamen Handlungswillens, die viele von uns
ar nicht mehr erwartet hatten.

Die Abläufe bei Ihren hilflosen Reformbemühungen
ennen wir aber leider inzwischen zu gut, um uns über
nsätze so richtig freuen zu können. Egal ob bei der Ge-

undheitsreform, bei der Pflege oder jetzt beim Versor-
ungsstrukturgesetz: Die Abläufe sind gleich. Es wird
usgiebig gestritten. Dann wird monatelang entgegen
ahlreichen Ankündigungen – die Stichworte waren das
weibettzimmer oder die Terminvergabe bei Fachärz-





Dr. Carola Reimann


(A) )


)(B)

ten – weiter gestritten und nichts vorgelegt. Wenn dann
am Ende doch noch etwas mit Hängen und Würgen prä-
sentiert wird, dann wünscht man sich, es wäre gar nicht
erst zu einer Einigung gekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Entweder wurde wieder einmal munter an den eigent-
lichen Problemen vorbeireformiert, oder – schlimmer
noch – das schwarz-gelbe Reformwerk präsentiert neue
zusätzliche Probleme.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf ist eine Mischung
aus beidem. Er ist ein Sammelsurium von Vorschlägen
und Maßnahmen mit allen möglichen Auswirkungen auf
die Versorgung.

Das Hauptziel, nämlich die Versorgung, werden Sie
damit aber sicher nicht erreichen. Die Versorgung der
Patientinnen und Patienten in unserem Land wird so
nicht verbessert.

Beginnen wir einmal mit der Kategorie „Gut gemeint,
aber an den eigentlichen Problemen vorbeireformiert“.
Sie gehen von der Annahme aus – davon muss ich aus-
gehen –, dass das, was für den Arzt gut ist, auch gut für
den Patienten ist und ihm hilft. Der Minister hat selbst
davon gesprochen, wer mit diesem Gesetz beglückt
wird. Nur so kann man das verstehen; denn sonst ist es
lupenreine Klientelpolitik.

Natürlich ist es richtig, Anreize auch finanzieller Art
zu geben, um Ärztinnen und Ärzte aufs Land zu locken.
Wenn man aber auf der einen Seite den Versicherten
diese zusätzlichen Kosten zumutet, dann muss es doch
auf der anderen Seite auch möglich sein, beim Abbau
der Überversorgung den Ärzten etwas abzuverlangen.
Zur Erinnerung: Wir hatten noch nie so viele Ärzte im
Land wie heute. Es gibt genug; aber sie sind nicht immer
da – in der Analyse sind wir uns alle einig –, wo man sie
braucht.

Um das zu ändern, müssen Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen, mit Privilegien brechen und etablierte Struktu-
ren verändern.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Aber dazu fehlt Ihnen die Kraft. Ihnen fehlt der Mut, bei-
spielsweise nicht nur Honorarzuschläge – also mehr
Geld – zu verteilen, sondern in überversorgten Gebieten
Abschläge festzuschreiben. Ihnen fehlt der Mut – Kolle-
gen haben das angesprochen –, noch stärker auf eine
bessere Kooperation der Berufsgruppen zu setzen und
neue Aufgabenverteilungen einzufordern. Ihnen fehlt
einfach der Mut, auch der eigenen Klientel etwas abzu-
verlangen.

Stattdessen belasten Sie die Versicherten weiter durch
höhere Ausgaben für Ärztehonorare. Der Gesundheits-
minister spricht zwar immer noch von Ausgabenneutra-
lität, der Ministerkollege Schäuble aber, der für die Fi-
nanzen zuständig ist, besteht auf einer Klausel zur
Minderung der Zahlungen für den Sozialausgleich. Da-
bei kommt es doch nach Ihrer Überzeugung zu gar kei-
nen Mehrkosten. Das muss mir erst mal einer erklären.

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(C (D (Heinz Lanfermann [FDP]: Der ist übervorsichtig!)


Damit sind wir an der Stelle, wo Gesetze nicht nur
re Ziele nicht erreichen, sondern wo neue, zusätzliche
robleme geschaffen werden. Eben erst haben Sie mit
em GKV-Finanzierungsgesetz eine Kopfpauschale mit
er Beruhigungspille „Sozialausgleich“ eingeführt. Jetzt,
it dem nächsten Gesetz, dem GKV-Versorgungsstruk-
rgesetz, werden die Gelder für den Sozialausgleich
ieder genommen. Sie werden genommen, damit die
onorarmehrausgaben für die Ärzte finanziert werden
önnen.

Die Liste der Fehlentscheidungen in dem Entwurf
sst sich weiter fortführen. Nachdem wir mit der letzten
onorarreform gemeinsam in der Großen Koalition die
ngleichung der bis dahin sehr verschiedenen Vergü-
ngsniveaus in den Kassenärztlichen Vereinigungen auf

en Weg gebracht haben, kehren Sie jetzt wieder um.
ls Niedersächsin weiß ich, wovon ich rede. Was nutzen
ir denn Zuschläge für unterversorgte Gebiete im Nor-

en – wie zum Beispiel im Harz –, wenn die eigentliche
eistung wesentlich schlechter vergütet wird als zum
eispiel bei Ihnen in Bayern? Herr Singhammer, das ist
in Blumenstrauß allein für die Bayern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Diese Regelung ist ein Rückschritt genauso wie Ihr
lan, weitreichende Einschränkungen bei den medizini-
chen Versorgungszentren vorzunehmen, obwohl gerade
iese im Sinne der Patientinnen und Patienten eine wich-
ge Brücke für eine bessere ärztliche Versorgung bilden
önnen.


(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Bei der Erarbeitung dieses Entwurfs haben die Be-
ürfnisse und Interessen der Patienten – anders, als es
ier gesagt worden ist – ganz offensichtlich keine Rolle
espielt. Sie stellen, wie so häufig, den Arzt ins Zentrum
rer Bemühungen und werden deshalb das Ziel, eine

essere Versorgung in Stadt und Land, nicht erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich kann Ihnen nur raten: Hören Sie auf, sich an alten
esitzständen zu orientieren. Überwinden Sie etablierte
trukturen, rückständige Zuständigkeiten und Arbeits-
erteilungen. Haben Sie auch einmal den Mut, wirklich
llen die Bereitschaft zu Veränderungen abzuverlangen.
ann und nur dann werden Sie die Versorgungssituation
unserem Land – auch auf dem Land – im Sinne der
atientinnen und Patienten wirklich verbessern.

Danke.


(Beifall bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712803600

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner für

ie Fraktion der CDU/CSU ist unser Kollege Dietrich
onstadt. Bitte schön, Kollege Dietrich Monstadt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dietrich Monstadt (CDU):
Rede ID: ID1712803700

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Meine Damen und Herren! Wir haben in dieser De-
batte einige Kritik der Opposition zu hören bekommen.
Es gab aber nicht nur Kritik, sondern wir haben auch ler-
nen dürfen, welche Fernsehsendungen die Kollegin
Bender offensichtlich bevorzugt.

Meine Damen und Herren von der SPD, liebe Frau
Kollegin Dr. Reimann, ich befürchte, es ist Ihnen nicht
klar, was Sie permanent kritisieren. Das, was Sie kritisie-
ren, sind Auswirkungen der Politik, die Ihre Ministerin,
Frau Ulla Schmidt, auf den Weg gebracht hat. Diese
Auswirkungen müssen wir jetzt mühsam wieder einfan-
gen.

Herr Kollege Dr. Lauterbach, Sie haben uns eine Bür-
gerversicherung angekündigt. Auf dieses Konzept war-
ten wir bis heute. Offensichtlich sind Sie mit der Arbeit
der Koalition so zufrieden, dass Sie auf eigene Konzepte
gänzlich verzichten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Steht doch im Netz!)


Trotzdem und gerade deswegen: Der vorliegende Ge-
setzentwurf ist ein erfreulicher Anlass für unsere heutige
Debatte. Die Versorgung von Patientinnen und Patienten
wird sich verbessern. Arztpraxen und Krankenhäuser
werden schrittweise besser miteinander verzahnt. In der
neuen spezialärztlichen Versorgung werden Kranken-
hausärzte und niedergelassene Ärzte ihre Patienten am-
bulant versorgen.

Lassen Sie mich auf einen Kernbereich unseres Ge-
setzgebungsvorhabens hinweisen, der gerade für mein
Bundesland Mecklenburg-Vorpommern besonders wich-
tig ist: die Sicherstellung der flächendeckenden Versor-
gung. Die bundesweiten Zahlen zeigen zwar keinen Ärz-
temangel auf. Wir haben aber ein zunehmendes
Ärzteverteilungsproblem. Einerseits gibt es in attrakti-
ven städtischen Ballungsräumen überversorgte Regio-
nen, andererseits sehen wir in ländlichen Gebieten, wie
es sie in Mecklenburg-Vorpommern und auch in anderen
Ländern gibt, eine drohende Unterversorgung. Die de-
mografische Entwicklung wird diese Probleme noch ver-
stärken; Herr Minister Bahr ist darauf intensiv eingegan-
gen. Es ist richtig, in unterversorgten Regionen neue
Versorgungsstrukturen zu ermöglichen, die über die
klassischen Praxismodelle hinausgehen. Deshalb gibt es
einen umfassenden Katalog von Anreizen und finanziel-
len Unterstützungen, der Ärzten die Entscheidung, sich
in ländlichen oder strukturschwachen Regionen nieder-
zulassen, erleichtern soll.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit einer leistungsgerechten Vergütung wollen wir
die Bedingungen für die Ärzte in strukturschwachen Ge-
bieten verbessern. So soll der Arzt, der mehr arbeitet,
weil er mehr Patienten versorgen muss, nicht finanziell
dafür büßen. Er wird von der Abstaffelung der Vergü-
tung bei Mengenüberschreitungen befreit und damit ent-
scheidend bessergestellt. Wichtig ist auch, dass die Bun-
desländer künftig mehr Mitwirkungsrechte bei der
Bedarfsplanung erhalten. Auf diese Weise können regio-

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(C (D ale Besonderheiten besser berücksichtigt werden. Aus er Sicht eines Landes wie Mecklenburg-Vorpommern ind das die richtigen Schritte, um eine flächendeckende nd hochwertige Versorgung sicherzustellen. Dies wird Übrigen nicht nur von der Regierungskoalition so geehen. Positive Bewertungen kommen sowohl vonseiten er Landespolitik als auch vonseiten der Selbstverwalng und der Patientenvertreter. Erlauben Sie mir eine Bemerkung zur psychotheraeutischen Versorgung: Wir wissen – viele von uns sind letzter Zeit darauf angesprochen worden –, dass es in iesem Bereich Wartezeiten und Engpässe gibt. Es gibt ie Befürchtung, dass die Krankenversicherungen Psyhotherapeutensitze abbauen, wenn eine nominelle berversorgung besteht, obwohl der tatsächliche Bedarf icht gedeckt ist. Natürlich soll durch das Gesetz gerade ies nicht möglich sein. Ziel ist vielmehr, die Verteilung er Praxissitze am tatsächlichen Bedarf der Menschen uszurichten. Der Abbau von Praxen, gerade auf Kosten iner Facharztgruppe, ist damit eindeutig nicht gemeint. ir werden aber prüfen, ob es im Versorgungsgesetz och Klarstellungsmöglichkeiten gibt. Eine wichtige Neuerung führen wir mit der Erproung neuer Untersuchungsund Behandlungsmethoden in. Damit sichern wir gesetzlich versicherten Patienten en Zugang zu medizinischen Innovationen. Darüber hiaus sorgen wir für die Gewinnung wissenschaftlicher aten zum Nutzen einer Methode. Nach der heutigen echtslage auf der Grundlage des § 137 c SGB V kann er Gemeinsame Bundesausschuss eine im stationären ereich eingeführte neue Methode, zum Beispiel eine eue Krebstherapie, auf ihren Nutzen überprüfen. Das oll auch so bleiben. Bislang ist es allerdings so, dass der Gemeinsame undesausschuss entweder den Nutzen als Beleg anerennt oder aber die Methode aus dem GKV-Leistungsatalog ausschließen muss. Bisher hat der Gemeinsame undesausschuss keine Möglichkeit, selbst eine Studie u veranlassen, wenn der Nutzenbeleg noch unzureihend ist. Das ändern wir mit der Erprobung im neuen 137 e. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann künfg innovative Methoden zeitlich begrenzt unter struktuerten Bedingungen bei gleichzeitigem Erkenntnisgeinn erproben. Er muss also nicht sofort zu seiner chärfsten Waffe, dem Ausschluss nach § 137c, greifen, enn die Studiendaten noch nicht ausreichen. Damit erält der Gemeinsame Bundesausschuss ein neues Instruent für die Bewertung von Methoden, deren Nutzen war noch nicht mit hinreichender Evidenz belegt ist, die ber vielversprechend sind und therapeutisches Potenial besitzen, weil sie zum Beispiel weniger invasiv sind der weniger Nebenwirkungen haben. Wenn eine Erprobung stattfindet, heißt das übrigens icht, dass Patienten außerhalb der Studie keinen Zuang mehr zu dieser Methode haben. Parallel zur Erproung unter Studienbedingungen haben Patienten weiterin Zugang zu dieser Methode. Meine Damen und Herren, ein Teil der infrage komenden Methoden wird Medizinprodukte betreffen. Ich abe neulich die Befürchtung gehört, künftig müsse je Dietrich Monstadt )





(A) )

der Rollstuhl durch eine solche Erprobung, eine klini-
sche Studie. Solche Befürchtungen sind nicht begründet.
Es handelt sich um Medizinprodukte, die ihre klinische
Bewertung nach dem Medizinproduktegesetz längst hin-
ter sich haben, verkehrsfähig sind, legal vermarktet wer-
den dürfen und als Nachweis dafür die CE-Kennzeich-
nung tragen. Wenn der G-BA feststellt, dass der Nutzen
eines solchen Medizinproduktes noch nicht hinreichend
belegt ist, heißt dies also nicht, dass das Produkt am
Nullpunkt seiner klinischen Entwicklung steht.

In § 137 c und e des Fünften Buches Sozialgesetz-
buch geht es gar nicht um die Frage, ob solche Medizin-
produkte auf den Markt kommen und verwendet werden
dürfen oder nicht, sondern darum, ob die gesetzlichen
Krankenkassen dafür zahlen oder nicht. Mit den Rege-
lungen des neuen § 137 e SGV V erleichtern wir den Pa-
tientinnen und Patienten den Zugang zu Innovationen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, mit dem GKV-Versor-
gungsstrukturgesetz setzen wir unsere Reformen für ein
stabiles, zukunftsfähiges, soziales Gesundheitssystem
fort. Ich lade Sie dazu ein, sich konstruktiv in die jetzt
anstehenden Beratungen einzubringen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1712803800

Herr Kollege, wir haben zu danken. Sie waren der

letzte Redner in unserer Debatte. – Ich schließe die Aus-
sprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/6906 und 17/3215 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe die Tages-
ordnungspunkte 29 a bis c auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

40-jähriges BAföG-Jubiläum für soziale Wei-
terentwicklung nutzen

– Drucksache 17/6372 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kai
Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer

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(C (D Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Studienfinanzierung stärken – Das BAföG zum Zwei-Säulen-Modell ausbauen – Drucksache 17/7026 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss c)

richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla
Burchardt, Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst
Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD

Notfallplan für die Hochschulzulassung
zum Wintersemester 2011/12 jetzt starten

– zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Hochschulzulassung bundesgesetzlich re-
geln – Sozialen Zugang und Durchlässigkeit
in Masterstudiengängen sichern

– Drucksachen 17/5899, 17/5475, 17/7051 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Tankred Schipanski
Swen Schulz (Spandau)

Dr. Martin Neumann (Lausitz)

Nicole Gohlke
Kai Gehring

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort für die
raktion Die Linke unserer Kollegin Nicole Gohlke.
itte schön, Frau Kollegin Gohlke.


(Beifall bei der LINKEN)



Nicole Gohlke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1712803900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

as BAföG hat am 1. September seinen 40. Geburtstag
efeiert. Auch die Fraktion Die Linke gratuliert dem
undesausbildungsförderungsgesetz zu seinem Jubi-
um, war doch das BAföG der erste Versuch in der Bun-
esrepublik, die Hochschulen für die Breite der Gesell-
chaft und nach sozialen Kriterien zu öffnen: ein
tudium nicht mehr nur für die Kinder von Rechtsanwäl-
n und höheren Beamten, sondern auch für die Söhne
nd endlich auch vermehrt für die Töchter von Fabrik-
rbeiterinnen und Bäckern. Wenn man sich das BAföG
eute anschaut, dann will es einem zu diesem Jubiläum
ber nicht so richtig feierlich zumute werden. Denn die
usbildungsförderung wird ihren ursprünglichen Zielen





Nicole Gohlke


(A) )


)(B)

immer weniger gerecht; sie ist eigentlich nur noch ein
Schatten ihrer selbst.

In der Gesetzesbegründung des BAföG von 1971
wurde der Anspruch formuliert, „soziale Unterschiede …
auszugleichen“ und „durch Gewährung von individuel-
ler Ausbildungsförderung auf eine berufliche Chancen-
gleichheit der jungen Menschen hinzuwirken“. Diesem
Anspruch wurde das BAföG wahrscheinlich nie völlig
gerecht; aber es gab zunächst eine sehr positive Entwick-
lung. Heute sind wir davon allerdings weiter entfernt
denn je, obwohl diese Regierung angeblich eine „Bil-
dungsrepublik“ ausrufen möchte.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Was wir auch tun!)


Was sind die Fakten? In den 60er-Jahren, vor Einfüh-
rung des BAföG, lag der Anteil der Studierenden aus so-
genannten sozial niedrigen Herkunftsgruppen bei durch-
schnittlich 6 Prozent. 1982, nach Einführung des BAföG,
war der Anteil dieser Gruppe auf 23 Prozent gestiegen.
Und heute? Im Jahr 2009 gab es einen Rückgang auf nur
15 Prozent. Eine andere Zahl: Nach der Einführung 1971
wurden 44 Prozent der Studierenden mit dem BAföG ge-
fördert; heute sind es nur noch knapp 20 Prozent.

Während das BAföG in den ersten Jahren für viele
Studierende eine bedarfsdeckende Finanzierung war,
deckt das BAföG heute nur noch 15 Prozent der Gesamt-
finanzierung der Studierenden ab. Zwei Drittel der Stu-
dierenden müssen parallel zum Studium arbeiten, um ihr
Leben und ihr Studium bestreiten zu können. Bei den
heutigen Mietpreisen und Lebenshaltungskosten erlaubt
es nicht einmal der Höchstsatz den Studierenden, ohne
Nebenjob auszukommen.

Das BAföG war in seiner ursprünglichen Konzeption
ein Vollzuschuss. Die Regierung Kohl hat es komplett
auf ein Darlehen umgebaut. Das war ein Fehler, den lei-
der auch die nachfolgenden Regierungen nicht mehr
vollständig korrigiert haben. Seit 1990 ist das BAföG
zur Hälfte ein Darlehen und zwingt seitdem die Studie-
renden, sich zumindest teilweise zu verschulden.

All diese Zahlen machen deutlich, wie sehr die der-
zeitige Ausgestaltung des BAföG an dem vorbeigeht,
was die Studierenden brauchen. Das ist für diese selbst-
ernannte Bildungsrepublik der eigentliche Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


In dieser Situation lässt Frau Schavan vermelden,
dass die BAföG-Erhöhung des Jahres 2010 das vorgezo-
gene Geschenk zum 40-jährigen Jubiläum gewesen sei
und sie weitere, von vielen Seiten dringend geforderte
Erhöhungen ablehne.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schlechter Scherz!)


Als Ausgleich – das ist ihr Vorschlag – könnten die Stu-
dierenden ja noch ein Darlehen aufnehmen. Noch ein
Darlehen! Also weitere Verschuldung statt Förderung.
So ein Vorschlag, so ein Umgang mit den Studierenden
ist aus meiner Sicht wirklich zynisch und völlig lebens-
fern;


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D enn bereits die Verschuldung, die heutzutage mit dem AföG verbunden ist, schreckt einen großen Teil der ngen Menschen ab. Auch diese Regierung muss ir endwann einmal zur Kenntnis nehmen, dass die beruflihe Realität von jungen Menschen, auch die von jungen kademikerinnen und Akademikern, schon seit Jahren icht mehr so ist, dass alle nach ihrem Studium tolle und ochbezahlte Jobs finden und dann nach wenigen Monan in der Lage sind, ihre Schulden, die sie während des tudiums gemacht haben, zurückzuzahlen. Muss man ieser Regierung wirklich erklären, dass auch hierzunde und nicht nur in Griechenland oder Spanien viele ochschulabsolventinnen und -absolventen in Praktika der in befristeten Beschäftigungsverhältnissen landen der sie sich erst einmal lange mit irgendwelchen mies ezahlten Jobs, die gar nichts mit ihrem Abschluss oder rem Studienfach zu tun haben, über Wasser halten üssen? Deswegen haben junge Menschen Angst vor er Verschuldung. Sie wissen nicht, ob und wie schnell ie in der Lage sein werden, ihre Schulden zurückzuzahn. Frau Schavan sollte wirklich aufhören, mit dem Hinrgrund einer gut dotierten Bundesministerin jungen enschen, die keine klare berufliche Perspektive haben, ine Verschuldung zu empfehlen. Sie sollte stattdessen as BAföG so ausbauen, dass junge Menschen sorgenei studieren können. Die Linke fordert, dass das BAföG endlich wieder als ollzuschuss gewährt wird; denn nur so kann man junge enschen, vor allem die aus sogenannten sozial prekän Herkunftsgruppen, ermutigen, ein Studium aufzu ehmen. Wir fordern die sofortige Anhebung des BAföG m 10 Prozent, eine jährliche Anpassung an die Lebensaltungskosten und eine deutliche Ausweitung des Bechtigtenkreises. Und wir wollen, dass Schülerinnen nd Schüler der Oberstufe endlich wieder BAföG bezieen können; denn die soziale Auslese, die das deutsche ildungssystem dramatisch durchzieht, beginnt in der chule, und das muss endlich durchbrochen werden. Dabei hat die schwarz-gelbe Regierung durch die eröffentlichung der neuesten OECD-Studie doch gede wieder einmal die Quittung für ihr sozial diskrimi ierendes Bildungssystem bekommen. Die Studie stellt st, dass in Deutschland nur 26 Prozent der jungen Erachsenen einen Fachhochschuloder Hochschulab chluss bzw. einen Meisterbrief machen, während der urchschnitt in den westlichen Industrieländern insge amt bei 37 Prozent liegt. Die Anzahl der Hochqualifiierten und der Hochschulabsolventen in der Bundespublik wächst also unterdurchschnittlich. In dieser Situation hat Schwarz-Gelb nichts anderes u tun, als mit dafür zu sorgen, dass Jahr für Jahr Tauende von Bewerberinnen und Bewerbern von den ochschulen abgewiesen werden und keinen Studienlatz erhalten. Tausende junge Menschen haben zwar bitur gemacht, haben also vielleicht mühevoll ihr echt auf ein Studium erlangt, können von ihrem Recht ber keinen Gebrauch machen, weil es nicht genug Stuienplätze gibt. Nicole Gohlke )


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Mittlerweile unterliegen die meisten Studiengänge in
Deutschland lokalen oder bundesweiten Zulassungs- und
Zugangsbeschränkungen. Im Wintersemester 2010/11
waren rund 51 Prozent örtlich zulassungsbeschränkt; bei
den Masterstudiengängen sind es mindestens 37 Prozent.
Für die meisten Studiengänge reicht schon lange nicht
mehr die Abiturnote aus. Nein, es gibt Eignungs- und
Sprachtests, es werden Praktikumsnachweise und Moti-
vationsschreiben verlangt. Jede Hochschule, jeder Stu-
diengang entwickelt eigene Ranking- und Auswahlsys-
teme. Diese für die Bewerberinnen und Bewerber
wirklich schwierige Situation ist nicht neu, doch sie wird
seit Jahren hingenommen, obwohl der Bund seit 2006
für die Hochschulzulassung zuständig sein kann. Man
kann das Thema also nicht einfach den Ländern in die
Schuhe schieben. Doch die Regierung schaut beim Zu-
lassungschaos zu. Im Moment bewerben sich Tausende
von Studierenden doppelt und dreifach auf Studienplätze
aus Angst, sonst überhaupt keinen Studienplatz zu erhal-
ten. Weil es über diese Mehrfachbewerbungen aber kei-
nen bundesweiten Überblick gibt, bleiben trotz eigent-
lichem Studienplatzmangel Studienplätze unbesetzt. Im
letzten Jahr waren es über 16 000. Die Lösung für dieses
Problem sollte das dialogorientierte Serviceverfahren
werden, eine Stelle, bei der alle Studienplätze und alle
Bewerber registriert und die Informationen abgeglichen
werden. Doch Software- und Schnittstellenprobleme
verhindern dessen Einführung seit Monaten. Es ist über-
haupt nicht absehbar, wann es zu einer Lösung dieser
Probleme kommt.

Seien wir einmal ehrlich: Das eigentliche Problem
sind doch nicht Software- oder Technikfragen. Das
Grundproblem sind schlicht und ergreifend fehlende
Studienplätze und die mangelnde öffentliche Finanzie-
rung des Hochschulsystems. Derzeit kommen auf rund
1,1 Millionen ausfinanzierte Studienplätze 2,2 Millionen
Studierende. Die gesamte Infrastruktur der Hochschulen
– die Bibliotheken, die Räume, die Studentenwohnheime
und die Mensen – ist eigentlich nur für die Hälfte der
derzeitigen Studierenden ausgelegt. Das ist doch die ei-
gentliche Katastrophe.


(Beifall bei der LINKEN)


In der Praxis sieht das dann so aus – diese Bilder
kennt man auch aus dem Fernsehen und der Presse –,
dass Studierende vor Hörsälen schlafen, um noch einen
Platz für die Vorlesung am nächsten Tag zu bekommen,
oder dass Kirchen- und Kinosäle angemietet werden, um
das Raumproblem der Hochschulen zu lösen. Die, die
studieren dürfen, studieren unter erschwerten, oft unzu-
mutbaren Bedingungen. Unter diesem Zustand leiden
natürlich nicht nur die Studierenden, sondern auch die
Lehrenden und die Hochschulmitarbeiter.


(Beifall bei der LINKEN)


Tausende Bewerberinnen und Bewerber erhalten
überhaupt keinen Studienplatz. Dieses Wintersemester
werden es wohl bis zu 50 000 sein. Im Rahmen des
Hochschulpakts II wurden zwar 275 000 Studienplätze
geschaffen, um die doppelten Abiturjahrgänge auszu-
gleichen, und im Zuge der Aussetzung der Wehrpflicht
hat die Regierung die Zahl der Studienplätze auf

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(C (D 34 000 erhöht, benötigt werden allerdings – allen seriöen Quellen zufolge – mindestens 500 000. Die Linke ill, dass alle, die studieren möchten, auch tatsächlich tudieren können. Die, die studieren wollen, wissen selbst am besten, für elches Fach sie sich entscheiden und welche Hoch chule am besten für sie geeignet ist. Sie kennen ihre eigungen, ihre Wünsche, ihre individuelle Lebensplaung und ihre Qualifikationen. Dass sie, die Studierenen und ihr Auswahlrecht – und nicht das der Hochschun –, endlich in den Mittelpunkt gerückt werden, ist icht nur ein politisches Ziel an sich, es ist auch die Voussetzung für gutes Studieren. Das gilt auch für das Masterstudium. Die Entscheiung, ob man nach seinem Bachelorabschluss noch ein asterstudium anhängen möchte oder direkt in den Bef einsteigen möchte, sollen die Studierenden selbst effen können. Dies darf nicht durch die Hochschule, irendwelche Zulassungshürden oder die ständige Mänelverwaltung im Masterstudium für sie entschieden erden. Die Linke fordert deswegen einen Ausbau der Stuienplätze um 500 000, um endlich jedem und jeder Stuierwilligen das Recht auf einen Studienplatz zu sichern. ir fordern ein Bundesgesetz, das die transparente und oordinierte Vergabe von Studienplätzen regelt und diees wahnsinnige Zulassungschaos beendet. Wir fordern as Recht auf einen Masterstudienplatz für alle Bachelorbsolventen. Eine Hochschulpolitik, die – wie die schwarz-gelbe olitik – mit dem realen Leben der Studierenden nichts u tun hat und stattdessen in alter Ständepolitik verharrt, uss scheitern. Ich habe große Sympathie für all diejeni en Studierenden und Schülerinnen und Schüler, die im ommenden Wintersemester vielleicht wieder einmal uf die Straße gehen müssen, um auf ihre Situation und teressen aufmerksam zu machen. Vielen Dank. Der Kollege Stefan Kaufmann erhält nun das Wort für ie Fraktion der CDU/CSU. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Heute werden wir über leich vier Oppositionsanträge abstimmen: zwei zum AföG und zwei zur Regelung der Hochschulzulassung. meiner Rede möchte ich mich auf die beiden Anträge um BAföG konzentrieren und nur einen Satz zu dem ntrag der Linken zur Hochschulzulassung und zu den erzerrenden Ausführungen von Frau Kollegin Gohlke agen. Dr. Stefan Kaufmann )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712804000

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Stefan Kaufmann (CDU):
Rede ID: ID1712804100




(A) )

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
der FDP)

Ihre Forderung, „Wer eine Studienberechtigung hat,
hat das Recht, ein Studium im Fach und an der Hoch-
schule seiner Wahl aufzunehmen“, hat bei mir ein
Schmunzeln ausgelöst. Im Fach und an der Hochschule
seiner Wahl? Das heißt, jede Hochschule müsste entspre-
chend der Nachfrage ihr Studienplatzangebot beliebig
erweitern und zusätzlich auch noch alle gewünschten
Studiengänge anbieten. Ich finde, ein bisschen mehr Re-
alitätsnähe könnten wir auch von einer Oppositionspartei
erwarten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nun zu den BAföG-Anträgen. Die Grünen fordern
gebetsmühlenhaft, die BAföG-Förderung auf ein soge-
nanntes Zwei-Säulen-Modell umzustellen. Beide Säulen
sind natürlich als Vollzuschüsse gedacht. Damit wollen
Sie erreichen, dass jeder, der sich an einer Hochschule
einschreibt, einen direkt auszahlbaren, bedarfsunabhän-
gigen Studierendenzuschuss bekommt.


(Beifall des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Meine Damen und Herren von den Grünen, das hört sich
für mich nach einem bedingungslosen Grundeinkommen
an. Ich weiß, dass es in Ihren Reihen und besonders bei
den Linken viele Anhänger dieser staatlichen Rundum-
versorgung gibt,


(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Die gibt es bei euch für die Banken!)


aber einmal ganz im Ernst: Wie viel soll Ihre BAföG-
Reform kosten? Bei mehr als 2 Millionen Studierenden,
die monatlich elternunabhängig einen dreistelligen
Grundbetrag überwiesen bekommen, wünsche ich Ihnen
viel Spaß bei den Auseinandersetzungen mit Ihren Haus-
hältern.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die tragen das mit!)


Seltsam ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von den
Grünen, dass wir in Ihrer Regierungszeit von all diesen
Reformvorschlägen zum BAföG nichts gesehen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Unter Rot-Grün hat sich praktisch überhaupt nichts ge-
tan.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist aber eine Frechheit! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war die größte Reform!)


Im Jahre 2002 stiegen die Förder- und Freibeträge nur
geringfügig. Zudem betraf dies ausschließlich Neuan-
träge. Für die meisten Betroffenen kamen nicht einmal
10 Euro mehr im Monat heraus. Deshalb wurde diese
Minierhöhung von den Studenten auch als „Pizzare-
form“ verspottet; denn man bekam gerade so viel Geld
mehr, dass man sich davon eine Pizza kaufen konnte.

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(C (D ine wirklich beeindruckende Bilanz rot-grüner BAföGolitik! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulla Burchardt [SPD]: Vielleicht sollte die Regierung ihre Abgeordneten einmal aufklären! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 50 Prozent mehr gefördert!)


Doch zurück zu den Anträgen: Wer bietet noch mehr?
ie ahnen es: die Linken. Die Linken – wir haben es ge-
ört – fordern eine Anhebung der Bedarfssätze um
0 Prozent bereits zum 1. Oktober.


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das wäre angemessen!)


as ist aber noch nicht genug: Das BAföG soll sich jähr-
ch automatisch erhöhen, und die Freibeträge sollen
benfalls um 10 Prozent steigen. Zudem soll das BAföG,
ie auch von den Grünen gefordert, in einen Vollzu-

chuss umgewandelt werden.

Und nun das Beste: Bei der Berufsausbildungsbei-
ilfe soll der Staat zusätzlich die Kosten übernehmen,
enn der Auszubildende in eine eigene Wohnung um-

ieht. Auszubildende könnten sich also in Zukunft auf
taatskosten eine Wohnung dazumieten. Willkommen

roten Schlaraffenland, meine Damen und Herren!
azu fällt mir, ehrlich gesagt, nur noch ein Ausspruch
on Franz Josef Strauß ein. Der hat einmal gefragt: Was
assiert, wenn man in der Sahara den Sozialismus ein-
hrt? Antwort: Zehn Jahre gar nichts – und dann wird

er Sand knapp.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Hunderte von Milliarden für Banken und Spekulanten!)


Für mich zeigen die vorliegenden Anträge vor allem
ines: Die Opposition zieht wieder die Spendierhosen
n. Aber das natürlich nur, solange Sie in der Opposition
ind. Ministerin Annette Schavan hat es vorgestern im
usschuss angesprochen: Nennen Sie mir doch einmal

in einziges Bundesland, das von Ihnen regiert wird, das
ine BAföG-Erhöhung mitmachen würde.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir ja sehen!)


erade erst hat die neue grüne Wissenschaftsministerin
meinem Heimatland Baden-Württemberg, Theresia
auer, klargestellt, dass eine BAföG-Erhöhung für sie
eine Priorität hat.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


s ist genau das Gleiche wie beim BAföG-Änderungs-
esetz vor einem Jahr. Vormittags fordert die Opposition
ressewirksam BAföG-Erhöhungen, und abends im Ver-
ittlungsausschuss werden diese dann abgelehnt.


(Dr. Philipp Murmann [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Auch aktuell ist mir ein Drängen der rot-grünen oder
er rot-roten Landesregierungen im Bundesrat auf eine
AföG-Erhöhung nicht bekannt. Im Gegenteil – darauf





Dr. Stefan Kaufmann


(A) )


)(B)

hatte ich bereits in meiner letzten Rede zum BAföG hin-
gewiesen –: Von den Linken praktizierte Realpolitik
sieht ganz anders aus. In Brandenburg wurden den
Hochschulen ihre Rücklagen in Höhe von 10 Millionen
Euro immer noch nicht zurückgegeben. In Ihrem vorlie-
genden Antrag beklagen Sie aber gleichzeitig „die struk-
turelle Unterfinanzierung des deutschen Hochschulsys-
tems“. Fangen Sie also bitte vor Ihrer eigenen Haustür
an!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Unter der CDU-geführten Bundesregierung und unter
Annette Schavan konnten wir hingegen vieles für die
Studierenden erreichen, und das trotz strikter Finanzdis-
ziplin und Weltwirtschaftskrise. So wurden zunächst
2008 die Bedarfssätze des BAföG um satte 10 Prozent
und die Freibeträge um 8 Prozent angehoben. Zusätzlich
gab es kleine Verbesserungen wie zum Beispiel einen
Kinderbetreuungszuschlag. Dies, der Richtigkeit halber
gesagt, haben wir zusammen mit Ihnen, den Kolleginnen
und Kollegen der SPD, durchgesetzt.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wie gnädig!)


CDU und FDP schafften es bereits zwei Jahre später,
das BAföG nochmals zu erhöhen. Es gab eine weitere
Anhebung der Bedarfssätze und der Freibeträge. Außer-
dem haben wir die Anhebung der Altersgrenze für das
Masterstudium auf 35 Jahre durchgesetzt, die Auslands-
förderung für Schüler ausgeweitet, den BAföG-Höchst-
satz auf 670 Euro pro Monat angehoben und, und, und.
Dafür haben wir allein 2010 noch einmal 170 Millionen
Euro zusätzlich ausgegeben. Insgesamt haben Bund und
Länder damit die Rekordsumme von fast 2,9 Milliarden
Euro für das BAföG aufgebracht. Damit ist das BAföG
der größte Einzelposten im Bildungshaushalt.

Die Erfolge stellen sich ein: Die Zahl der BAföG-
Empfänger nähert sich der Millionengrenze. Mit einer
Steigerung von nochmals 5 Prozent gegenüber 2009 auf
derzeit rund 916 000 BAföG-Empfänger ist diese Regie-
rung auf einem guten Weg. Das müssen auch Sie, liebe
Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, endlich
anerkennen.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass
sich die Welt verändert. In den 70er-Jahren stehen zu
bleiben


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das von einem Konservativen!)


wie große Teile der Oppositionsfraktionen, hilft den
Menschen nicht weiter. Die Biografien werden vielfälti-
ger, und somit muss auch die Bildungsfinanzierung viel-
fältiger werden. Mit Begabtenförderung und Stipendien-
programm setzen wir auf das richtige Pferd.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein Wort
zum Deutschlandstipendium sagen: Das ständige
Schlechtreden des Deutschlandstipendiums, auch wieder
in Ihrem Antrag, liebe Kollegen von den Grünen, hat
nichts genützt.

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(C (D (Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Man muss es nicht schlechtreden, es ist schlecht!)


ie haben sich zu früh gefreut. Natürlich bedarf es Zeit,
ine neue Stipendienkultur in Deutschland zu etablieren;
as haben wir von Anfang an gesagt. Dennoch geben die
euesten Zahlen zum Deutschlandstipendium Anlass zur
reude.


(Beifall des Abg. Dr. Martin Neumann [Lausitz] [FDP])


Baden-Württemberg haben bereits 20 Hochschulen
as Kontingent für 2011 voll ausgeschöpft,


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wie viele sind denn das?)


arunter auch Kunst- und Musikhochschulen. Das heißt,
s ist keineswegs so, dass nur technische Studiengänge
om Deutschlandstipendium profitieren.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Nennen Sie mal Zahlen! – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Zahlen!)


Insgesamt hat bereits mehr als ein Drittel der teilneh-
enden Hochschulen ihr Kontingent für 2011 voll aus-

eschöpft.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viel Prozent der Studis betrifft das denn?)


inige Hochschulen, etwa die FH Eberswalde, die
WTH Aachen, die Universität Augsburg und die TU
ergakademie Freiberg, haben sogar deutlich mehr Sti-
endien eingeworben, als sie in 2011 vergeben können.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie ist die soziale Zusammensetzung?)


re Befürchtungen, liebe Kolleginnen und Kollegen
on der Opposition, dass das Programm nur in wohlha-
enden Regionen Westdeutschlands funktionieren
ürde, haben sich also nicht bestätigt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Bauen Sie bitte keine Luftschlösser, sondern lassen
ie uns in Zukunft gemeinsam am Erfolg des Deutsch-
ndstipendiums weiterarbeiten! Lassen Sie uns auch ge-
einsam das BAföG behutsam weiterentwickeln! Dies

eißt aus meiner Sicht eher, die Basis der Anspruchsbe-
chtigten zu erweitern, als ständig nach einer Erhöhung

er Fördersätze zu rufen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das hätten Sie ja mit uns machen können!)


s muss in diesem Zusammenhang schon irritieren, dass
ut FiBS nur circa 50 Prozent der Anspruchsberechtig-
n überhaupt einen BAföG-Antrag stellen.

Fazit: In Deutschland steht jedem ein Studium offen.
eutschland ist ein attraktiver Studienstandort.


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Warum sind wir dann im europäischen Vergleich so schlecht?)


nd: Unser Bildungssystem ermöglicht sozialen Auf-
tieg durch Leistung – trotz Ihrer Unkenrufe, liebe Frau





Dr. Stefan Kaufmann


(A) )


)(B)

Kollegin Gohlke. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele,
die Sie der Presse entnehmen können.

Also: Hören Sie bitte auf, das BAföG im 40. Jahr sei-
nes Bestehens kleinzureden! Das BAföG ist und bleibt
die tragende Säule der Studienfinanzierung in Deutsch-
land. Es hat Millionen Menschen eine akademische Aus-
bildung ermöglicht, unter anderem mir selbst.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Toll, dass die CDU das endlich anerkennt!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712804200

Swen Schulz ist der nächste Redner für die SPD-

Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1712804300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 40 Jahre
BAföG – das ist eine wechselvolle, insgesamt aber sehr
stolze Geschichte, über die wir diskutieren.


(Beifall des Abg. Patrick Meinhardt [FDP])

Das BAföG wurde 1971 eingeführt, und zwar – man
höre und staune – von der sozialliberalen Koalition.


(René Röspel [SPD]: Das war noch eine FDP damals!)


Damals konnte man mit der FDP tatsächlich noch Staat
machen.


(Heiterkeit bei der SPD – Ulla Burchardt [SPD]: Ja! Da war die noch zu gebrauchen! – Patrick Meinhardt [FDP]: Wir konnten damals noch mit Ihnen Staat machen!)


Aber es war natürlich die SPD,

(Zurufe von der FDP: Oh! Oh! – Na klar!)


die schon damals der Motor war und darauf gedrängt
hat, das BAföG einzuführen. Die SPD hat das BAföG
immer verteidigt und es, wo sie konnte, nach Kräften
ausgebaut. Das war auch 1998 der Fall, als wir gemein-
sam mit den Grünen die Bundesregierung übernommen
haben. In der Kohl-Ära ist das BAföG nachgerade ka-
puttgemacht worden. Wir mussten es erst wieder auf-
bauen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Ja!)

In der Großen Koalition haben wir das BAföG gegen
Angriffe von Ministerin Schavan verteidigt; das ist die
Wahrheit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulla Burchardt [SPD]: Das sollte noch nicht mal in den Koalitionsvertrag!)


Wir unterstützen das BAföG nicht etwa aus Prinzi-
pienreiterei oder weil es eine schöne Tradition ist, son-
dern weil wir davon ausgehen, dass es ein Menschen-
recht auf Bildung gibt. Es darf nicht vom Geldbeutel

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(C (D bhängen, ob jemand Bildung erhält oder nicht. Das ist Kern der Unterschied zwischen uns und Ihnen von er Regierungskoalition. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Nein! Da ist kein Unterschied!)


Das BAföG war und ist Kernstück der Bildungsoffen-
ive, die wir in den 70er-Jahren gestartet haben. Das
AföG war in der Tat sehr erfolgreich. Es hat Millionen
enschen ermöglicht, ein Studium oder den Schulbe-

uch zu finanzieren. Aber, Herr Kaufmann: Wir dürfen
ns nicht darauf ausruhen. Wir dürfen es nicht dabei be-
ssen. Wir müssen das BAföG fortwährend weiterent-
ickeln. Es gibt in der Tat einige Studien – wir haben

uch im Ausschuss für Bildung und Forschung über sie
iskutiert –, deren Ergebnisse zeigen, dass es in erster
inie finanzielle Gründe sind, die Menschen daran hin-
ern, Bildungsangebote wahrzunehmen, oder sie veran-
ssen, ein Studium abzubrechen. Darum müssen wir das
AföG weiter ausbauen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Ja!)


Die Linke und vor allen Dingen die Grünen haben
ierzu Vorschläge vorgelegt, die durchaus diskutabel
ind. Die SPD hat schon letztes Jahr einen umfassenden
ntrag zu diesem Thema vorgelegt. Uns geht es darum,
ie Förderung zu erhöhen, damit das Geld während der
esamten Dauer des Bildungsprozesses ausreicht. Wir
ollen vor allem, dass mehr Menschen in den Genuss
er Förderung kommen.

Wir beobachten durchaus eine Art Mittelstandsloch,
ie wir es nennen: Das Einkommen der Eltern vieler
tudierender liegt an einer Grenze. Sie bekommen ent-
eder gar keine oder nur eine geringe Förderung, haben

ber trotzdem Schwierigkeiten, ihre Ausbildung zu
nanzieren. Da müssen wir durch die Ausweitung der
örderung und auch durch ein neues Instrument, das wir
orschlagen, nämlich das Nullzinsdarlehen, etwas ma-
hen. Auch müssen wir auf die Herausforderungen der
euen Studienstruktur reagieren. Bei vielen gibt es in der
örderung eine Lücke zwischen Bachelor und Master.
as müssen wir ausgleichen.

Ich möchte ausdrücklich sagen, dass die Idee des ein-
eitlichen, elternunabhängigen Sockels durchaus reiz-
oll ist. Darüber müssen wir diskutieren. Dies ist natür-
ch eine schwierige Sache, weil wir dann auch das
indergeld und die Steuerfreibeträge mit einbeziehen
üssen. Das ist – auch unter verfassungsrechtlichen Ge-

ichtspunkten – nicht ganz leicht.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber möglich!)


h denke, das müssen wir einmal gemeinsam diskutie-
n, wenn wir wieder eine vernünftige Mehrheit im
eutschen Bundestag haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sehr gerne! – Ulla Burchardt [SPD]: Das ist ja bald!)






Swen Schulz (Spandau)



(A) )


)(B)

In diesem Zusammenhang, weil ich über Steuern ge-
sprochen habe, will ich noch etwas zum Thema steuerli-
che Absetzbarkeit sagen: Vor einiger Zeit gab es ein Ur-
teil des Bundesfinanzhofs. Der Kollege Meinhardt von
der FDP hat dann gleich gesagt: Super! Jetzt gibt es die
Möglichkeit, weniger Steuern zahlen zu müssen. – Ich
bitte Sie herzlich, einmal darüber nachzudenken. Das ist
doch der falsche Weg. Es kann doch nicht sein, dass die-
jenigen, die nach der Ausbildung viel Geld verdienen,
Steuergutschriften erhalten. Vielmehr muss es darum ge-
hen, dass die Leute jetzt, also in der Phase der Ausbil-
dung, Unterstützung erhalten. Da müssen wir Verände-
rungen herbeiführen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Eine bessere Bildungsfinanzierung kostet Geld; das
wissen wir. Auch wissen wir, dass das Geld nicht auf den
Bäumen wächst. Darum haben wir von der SPD ein
Konzept vorgelegt, nämlich einen Pakt für Entschuldung
und Bildung. Wir wollen, dass jährlich 20 Milliarden
Euro mehr von Bund und Ländern in Bildung investiert
werden. Da das gegenfinanziert werden muss, wie wir
sehr wohl wissen, sagen wir – obwohl dies unpopulär
und streitig ist –, dass das mit Steuererhöhungen für die-
jenigen mit hohen Einkommen und großen Vermögen
einhergehen muss.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darüber werden natürlich harte Diskussionen geführt
werden, aber es ist eine klare Ansage und der richtige
Weg.

Wir streiten tatsächlich für Bildung. Aber was macht
die Koalition?


(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Sie gibt mehr Geld für Bildung aus!)


Sie dümpelt so vor sich hin.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


Im letzten Jahr gab es beim BAföG ein bisschen oben-
drauf. In diesem Jahr gibt es eine Nullrunde. Was pas-
siert denn im nächsten Jahr? Man weiß es nicht.

Aber das Stipendienprogramm soll der große Erfolg
sein. Herr Kollege Kaufmann hat gesagt, da gehe es rich-
tig voran. Ich habe einmal nachgeschaut – neulich gab es
eine Presseerklärung des Ministeriums –: Aktuell gibt es
4 793 Stipendien.


(René Röspel [SPD]: Wow!)


Das sind 0,2 bis 0,3 Prozent aller Studierenden. Herzlichen
Glückwunsch, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aber die
rund 1 Million BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger
lassen Sie links liegen. Das geht so nicht!


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Monika Grütters [CDU/CSU]: Wir haben das BAföG erhöht!)


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(C (D Herr Kaufmann, Sie sagen immer – auch die Ministen hat dies vor zwei Tagen in der Ausschusssitzung geagt –: Die Länder machen nichts. Auch sie müssen eine AföG-Erhöhung mitfinanzieren. Von ihnen kommt ber nichts. – Wie denn auch? Es sind doch Ihre verantortungslose Steuerund Finanzpolitik und Ihre Steuereschenke für Hoteliers und Reiche, die den Ländern die eine weghauen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU und der FDP – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Was ist mit der Körperschaftsteuer?)


ie können einem Schwimmer doch keine Bleigewichte
nhängen und sagen: Nun schwimm mal schneller! Das
t das, was Sie hier veranstalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)


Ich weiß, dass das wehtut und dass Sie das aufregt,
ber Sie müssen der Wahrheit einmal ins Gesicht sehen.


(Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: BadenWürttemberg hat einen ausgeglichenen Haushalt!)


Ehrlich gesagt: Die Selbstbeweihräucherung, wie viel
ller Sie sind, als die rot-grüne Regierungskoalition es

inmal war, und wie viel mehr Geld Sie für Bildung und
orschung zur Verfügung stellen, geht auf die Nerven.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712804400

Herr Kollege Schulz, möchten Sie noch unmittelbar

or Schluss Ihrer Rede eine Zwischenfrage des Kollegen
upprecht beantworten?


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1712804500

Gerne, ja.


Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1712804600

Lieber Kollege Schulz, kann es sein, dass Sie überse-

en haben, dass es vor zwei Wochen eine intensive Be-
chterstattung dahin gehend gegeben hat, dass der
rößte Steuerausfall, den wir in den letzten 20 Jahren zu
erzeichnen hatten, durch die große Körperschaftsteuer-
form von Rot-Grün verursacht wurde?


(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Genosse der Bosse!)


iese Untersuchung wurde nicht von einem konservati-
en Institut, sondern von einem gewerkschaftsnahen In-
titut durchgeführt.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1712804700

Das war eine Entscheidung, die wir gemeinsam ge-

offen haben. In der Tat sind wir in der Lage, gegebe-
enfalls auf neue Situationen entsprechend zu reagieren
nd Konsequenzen daraus zu ziehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Swen Schulz (Spandau)



(A) )


)(B)

Wir haben ein klares Programm. Es muss dann eben
auch Steuererhöhungen für bessere Bildung geben. Sie
können sich aber nicht darauf einigen. Wir werden das
dann nach der nächsten Bundestagswahl machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Eine Klatsche vom Bundesfinanzhof haben Sie bekommen!)


Ich war gerade dabei, noch einmal die Unterschiede
zwischen dieser Koalition und Rot-Grün bei der Finan-
zierung von Bildung und Forschung zu skizzieren.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712804800

Das geht jetzt aber nicht mehr.


(Heiterkeit)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1712804900

Das ist schade.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712805000

Ja, das finde ich auch.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1712805100

Ich habe Sie vorhin so gelobt, Herr Präsident. Ich

dachte, jetzt bekomme ich eine Minute mehr.

Eigentlich hätte ich jetzt darauf hinweisen wollen,


(Heiterkeit bei der SPD)


dass Ihnen die Steigerung im Haushalt durch die Strei-
chung der Eigenheimzulage möglich ist, die wir als Rot-
Grün immer beantragt haben, während Sie sie im Bun-
desrat blockiert haben. Erst in der Großen Koalition ha-
ben wir das gemeinsam geschafft.

Wir stehen zum BAföG und streiten dafür, Sie düm-
peln herum. Na gut, dann machen wir das mit einer
neuen Regierungskoalition besser.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712805200

Es ist schade, wenn der Höhepunkt einer Rede dem

brutalen Redezeitregime zum Opfer fällt. Ich kann nur
immer wieder meine Empfehlung wiederholen, mit dem
Höhepunkt zu beginnen. Dann entsteht dieses Problem
regelmäßig nicht.


(Heiterkeit und Beifall)


Nun hat der Kollege Patrick Meinhardt das Wort.


Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1712805300

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen!


(René Röspel [SPD]: Jetzt kommt der Höhepunkt!)


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(C (D iebe Frau Gohlke, Ihre Feststellung, dass das BAföG eutzutage ein Schatten seiner selbst sei, hat noch nicht inmal Ihre eigene Fraktion dazu gebracht, an der Stelle u applaudieren. (Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Da gibt es auch nichts zu applaudieren!)


h darf hier im Namen des ganzen Hauses zuerst einmal
ststellen: 40 Jahre BAföG ist eine bildungspolitische
rfolgsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es war 1971 eine richtige Entscheidung, unter dem
orzeichen des Bürgerrechts Bildung klarzumachen,
ass die Chancenverteilung im Bildungswesen auch
urch das Instrument BAföG in eine andere Richtung
elenkt werden sollte. Ich glaube, das ist der richtige
usgangspunkt, unter dem man die BAföG-Gesetzge-
ung und die BAföG-Reformen in diesen 40 Jahren be-
achten muss.

Es ist auch gut, dass es unter wechselnden Regierun-
en unterschiedliche Akzentuierungen und Fortentwick-
ngen beim BAföG gab. Anhand der 23 Novellen, die

s in diesen 40 Jahren gegeben hat, sieht man, dass es
eim BAföG mit Sicherheit einen lernenden Prozess
ibt. Ich sage auch ausdrücklich: Es war ein richtiges
olitisches Zeichen, dass die Große Koalition im Jahre
008 die Bedarfssätze um 10 Prozent und die Freibe-
äge um 8 Prozent erhöht hat. Die FDP-Fraktion hat da-
als zugestimmt, weil wir es für ein richtiges bildungs-

olitisches Zeichen nach einer sehr langen Durststrecke
ehalten haben, hier ordentlich etwas draufzusatteln.

Es ist auch richtig gewesen, dass wir bei der BAföG-
odernisierung im vergangenen Jahr noch einmal rich-

g etwas draufgelegt haben: ungefähr 500 Millionen
uro mehr pro Jahr bzw. 1,6 Milliarden Euro mehr in
en kommenden drei Jahren. 43 000 Studierende mehr
önnen wir durch diese BAföG-Modernisierung schon
tzt fördern. Wir sind auf dem Weg zur Millionen-
renze. Entfall der Grenze von 30 Jahren bei der Master-
rderung, verlässliches Beibehalten der Förderungsart

uch nach Fachrichtungswechsel, neue Berücksichti-
ung von Kinderbetreuungszeiten, Gleichstellung der
ingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe beim
AföG, Nichtanrechnung des Stipendiums von 300 Euro
uf das BAföG: All das zeigt, dass wir erkannt haben,
ass das BAföG ein wichtiges Instrument ist. Deswegen
ar es ein richtiges Zeichen dieser Regierungskoalition,
ier zu modernisieren und einen großen Schritt voranzu-
ehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


In den vorliegenden Anträgen fordern Sie eine Erhö-
ung der Fördersätze. Bei den Grünen sind es 5 Prozent
nd bei den Linken 10 Prozent. Beide Anträge sind of-
nsichtlich mit sehr heißer Nadel gestrickt, nach dem
otto „Wünsch Dir was“. Sie setzen hier einfach

gendwelche Beträge ein. Ich glaube, es ist wichtiger
das müssen wir ehrlich sagen –, dass wir eine verlässli-





Patrick Meinhardt


(A) )


)(B)

che Finanzierung haben. Das bedeutet, dass wir vom
Bund und von den Ländern her Verlässlichkeit sicher-
stellen müssen.

Erinnern wir uns alle gemeinsam bitte an die letzte
Debatte über das BAföG im vergangenen Jahr und da-
ran, welches Hickhack es hier aufgrund der 65/35-Finan-
zierung mit den Ländern gab.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie sie mit dem Deutschlandstipendium erpresst haben!)


Wir als Fraktion sind gerne bereit, darüber nachzuden-
ken, wie wir erreichen können, dass es zu einer regelmä-
ßigen Anpassung kommt. Aber eines muss dabei sicher-
gestellt werden: Jeder muss seine Hausaufgaben
machen, auch in den eigenen Bundesländern.


(Beifall der Abg. Monika Grütters [CDU/ CSU])


Ich weiß, Frau Gohlke, was passieren würde, wenn
Sie Ihrer brandenburgischen Landesregierung eine Erhö-
hung des BAföG um 10 Prozent vorschlagen würden.
Die dortigen Minister würden sagen: Mit uns nicht! –
Das gefällt mir an dieser Stelle überhaupt nicht. Wir
müssen in diese Debatte eine ehrliche und verlässliche
Finanzierungsstruktur als Thema hineinbringen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulla Burchardt [SPD]: Brandenburg hat sogar das Schüler-BAföG!)


Wir alle wissen doch – die HIS-Studie ist hier schon
mehrfach angesprochen worden –, was eines der großen
Probleme überhaupt ist: Im Zusammenhang mit dem
BAföG fühlen sich 33 Prozent – so das Ergebnis der
HIS-Studie – schlecht beraten; bei denjenigen mit einer
niedrigen sozialen Herkunft waren es sogar 44 Prozent.
Bei der BAföG-Beratung haben wir insgesamt einen
enormen Nachholbedarf und müssen in allen Bundeslän-
dern etwas voranbringen. Angesichts einer Förderquote
von nur 25 Prozent, obwohl über 70 Prozent der Studie-
renden einen Anspruch auf Förderung haben, muss eines
klar sein: Wir müssen zusätzlich in ein frühzeitiges In-
formationssystem über die Fördermöglichkeiten im Be-
reich des BAföG investieren.

Es geht darum, eine kluge Studienfinanzierung zu er-
reichen. Dabei geht es einerseits um Bildungsdarlehen
und andererseits um BAföG. Darüber hinaus geht es da-
rum, eine moderne, intelligente, kluge, zeitgemäße und
sozial gerechte Stipendienkultur in der Bundesrepublik
Deutschland zu justieren. Wir brauchen eine neue Sti-
pendienkultur, um das hier sehr deutlich zu formulieren.

Der Grund, über die Einführung eines dezentralen
Deutschlandstipendiums nachzudenken, ist in allererster
Linie der, dass wir innerhalb der OECD-Staaten das
Schlusslicht in der Stipendienförderung sind. Es ist für
eine Wirtschafts- und Bildungsnation wie die Bundes-
republik Deutschland fahrlässig, die Besten der Besten
nicht zu fördern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Die Besten der Besten zu fördern, heißt eben auch: Wir ollen das unabhängig vom Geldbeutel und unabhängig om sozialen Status erreichen. Wir haben im Augenblick ie Situation, dass wir über die Begabtenförderungserke, deren Mittel wir deutlich erhöhen, 1 Prozent der tudierenden in der Bundesrepublik Deutschland mit eiem Stipendium ausstatten können. Beim Deutschlandtipendium ist daher der elementare Ansatz: Wir dürfen icht länger das Schlusslicht in der Stipendienförderung ein. Wir wissen doch alle, dass im Moment Fachhochchüler in der Bundesrepublik Deutschland in der Fördeng benachteiligt werden. Nur 9 Prozent der Stipendien er Begabtenförderungswerke gehen an Fachhochschür. Gleichzeitig wissen wir, dass über 50 Prozent der ort Studierenden aus nicht akademischen Familien ommen. Deswegen ist es für mich ein Zeichen von Bilungsgerechtigkeit, an den Hochschulen eine eigene Stiendienkultur in die Wege zu leiten, um dort für mehr oziale Gerechtigkeit zu sorgen. Eine allerletzte Bemerkung. In Nordrhein-Westfalen erden auch unter der neuen rot-grünen Regierung weirhin 2 600 Studierende durch ein Stipendienprogramm efördert. (Ulla Burchardt [SPD]: Sollen wir die herausschmeißen, Herr Meinhardt?)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


h zitiere eine entsprechende Meldung aus Nordrhein-
estfalen: SPD und Grüne wollen das NRW-Stipendium

o lange weiterführen, bis das Deutschlandstipendium in
ntsprechendem Umfang greift. – Ich wäre froh, wenn
ieser Pragmatismus, der hinsichtlich der Studierenden
Nordrhein-Westfalen richtigerweise an den Tag gelegt
ird, auch bundesweit bei Rot und Grün in der Debatte
m Bildungsgerechtigkeit vorherrschen würde.


(Kai Gehring Das heißt, wir müssen das Pinkwart-Programm auslaufen lassen? alentförderung ist kein Widerspruch zur Breitenfördeng. Das Gegenteil ist der Fall. Dadurch wird ausge rückt, dass Bildung ein Bürgerrecht ist. Vielen herzlichen Dank. Kai Gehring ist der nächste Redner für die Fraktion ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ugang zu unseren Hochschulen ist ein ganz zentrales erechtigkeitsthema und entscheidend für Wachstum nd Wettbewerbsfähigkeit. Daher können wir es uns chlichtweg nicht länger erlauben, dass der Weg zum ampus für viele junge Menschen blockiert bleibt. Um Zugänge zu verbreitern, muss die Regierung dreirlei tun: Sie muss anlässlich des 40. BAföG-Geburts Kai Gehring )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712805400
Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1712805500




(A) )

tags die staatliche Studienfinanzierung weiterentwi-
ckeln. Sie muss den Studienplatzmangel bei Bachelor-
und Masterstudiengängen wirksam bekämpfen. Sie muss
bundesweit für ein funktionierendes Hochschulzulas-
sungsverfahren sorgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist nicht hinnehmbar, dass unzureichendes BAföG,
fehlende Studienplätze, Zulassungschaos und bundes-
weit gestiegene lokale NCs junge Menschen vom Stu-
dium abhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dass die OECD letzte Woche in ihrer Vergleichsstu-
die Bildung auf einen Blick erneut festgestellt hat, dass
hierzulande Hochqualifizierte fehlen, nehmen wir als
Grüne sehr ernst. Die Bildungspolitiker der Koalition
würden diese alarmierende Botschaft am liebsten vom
Tisch wischen. Fakt ist aber: In Deutschland fehlen
Fachkräfte und Akademiker. Das muss Warn- und Weck-
ruf für die Bundesregierung sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der von Schwarz-Gelb beklagte Fachkräftemangel ist
im Übrigen größtenteils hausgemacht. Sie nutzen das
Studierendenhoch nicht. Im Wintersemester fehlen min-
destens 50 000 Studienplätze. Deshalb fordern wir einen
Hochschulpaktnotfallplan sowie Nachverhandlungen
zwischen Bund und Ländern. Kein Studienberechtigter
sollte ohne Platz in einer Warteschleife landen. Alle jun-
gen Menschen brauchen einen Zugang zur Hochschule.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie verwalten das anhaltende Zulassungschaos nur,
Sie lösen es aber nicht. Es ist ein Fiasko, dass das dialog-
orientierte Serviceverfahren nach wie vor nicht funktio-
niert. Es ist auch ein Fiasko, dass trotz der Knappheit
Studienplätze unbesetzt geblieben sind – fast 10 000 al-
lein im letzten Semester –, da es nach vier Jahren Reden
noch immer kein funktionierendes Einschreibungs- und
Zulassungsverfahren gibt. Deshalb brauchen wir bun-
deseinheitliche Zulassungsregeln und ein funktionieren-
des und transparentes Vergabesystem, an dem sich mög-
lichst alle Hochschulen beteiligen und das angemessen
ausfinanziert ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie sorgen im Ausbildungsbereich nicht dafür, dass es
weniger Warteschleifen, Abbrecher und Altbewerber
gibt. Sie hoffen einfach auf eine demografische Lösung
und lehnen sich zurück. Im Übrigen knausern Sie auch
noch bei der Weiterbildung, statt ein umfassendes
Erwachsenenbildungsförderungsgesetz auf den Weg zu
bringen.

Das alles ist mangelhaft und hilft nicht, den Fach-
kräfte- und Akademikermangel zu bekämpfen. Bundes-
ministerin Schavan müsste endlich die Bekämpfung des
Fachkräftemangels zur Chefinnensache machen. Sie

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(C (D uss endlich von der Zuschauertribüne herunterkomen, um zu gestalten und zu handeln. Sie sollte im Übri en auch an solchen Debatten wie der heutigen teilnehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Moderne Hochschulpolitik eröffnet Chancen und er-
öglicht Teilhabe. An den Schnittstellen und Übergän-

en in unserem Bildungssystem zeigt sich, ob Chancen-
leichheit besteht und Aufstieg durch Bildung gelingt.
ergleichsstudien stellen uns immer wieder ein schlech-
s Zeugnis aus: Ein Sechstel aller Kinder wächst in
LG-II-Bedarfsgemeinschaften auf. Deren Chancen auf

inen Universitätsabschluss sind leider weiterhin sehr
ering.

Jugendliche aus einkommensärmeren Nichtakademi-
er-Elternhäusern werden nach wie vor völlig unzurei-
hend gefördert und zu wenig zum Bildungsaufstieg er-
untert. Es ist eine traurige Realität, dass Konto oder
ass der Eltern stärker über Bildungserfolg oder Bil-
ungsmisserfolg in unserem Land entscheiden als Talent
nd Potenzial.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das muss sich ändern. Bisher ist es so. Daher kann
on Bildungsgerechtigkeit keine Rede sein. Wir müssen
ie krassen Bildungsungerechtigkeiten weiter abbauen.
ir brauchen breite Zugänge zum Campus, und deshalb

eht es auch darum, die Studienfinanzierung zu verbes-
ern.

Vor 40 Jahren wurde das BAföG eingeführt. Es hat
eitdem 4 Millionen Menschen ein Studium finanziert,
ie es sich sonst nicht hätten leisten können. Wir können
eute sagen: Herzlichen Glückwunsch zu einer der gro-
en Erfolgsstorys des deutschen Sozialstaates! Das
AföG hat unser Land definitiv gerechter gemacht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


40 Jahre sind Anlass zum Feiern, aber auch zum Fort-
ntwickeln. Alle Seiten dieses Hauses haben BAföG-Re-
rmen auf den Weg gebracht. Seit 1998 unter der rot-

rünen Bundesregierung ging es dabei glücklicherweise
ur noch um Aufbau und Ausbau statt um den Abbau
ie in den Zeiten davor.

In dem von uns vorgelegten Antrag fordern wir kurz-
istige Reformschritte, darunter eine Erhöhung der Be-
arfssätze und Freibeträge um mindestens 5 Prozent, um
en Berechtigtenkreis zu erweitern und mehr jungen
enschen den BAföG-Bezug zu ermöglichen.

Über diese Reparaturen hinaus wollen wir das BAföG
ittelfristig zu einem Zwei-Säulen-Modell ausbauen.
err Kaufmann, ich erkläre es Ihnen und anderen gerne
och einmal: Dieses Modell kombiniert bedarfsabhän-
ige und bedarfsunabhängige Elemente. Die erste Säule
t ein Zuschuss für alle Studierenden und schafft damit
ine gewisse Basisabsicherung. Damit würden wir allen
tudienberechtigten einen starken Anreiz bieten, ein Stu-





Kai Gehring


(A) )


)(B)

dium aufzunehmen. Die zweite Säule ist ein Bedarfszu-
schuss, der eine starke soziale Komponente für Studie-
rende aus einkommensarmen Elternhäusern garantiert.
Das Ganze ist also bedarfsabhängig.

Im Rahmen dieses Zwei-Säulen-Modells würden wir
die familienbezogenen Leistungen, also das Kindergeld
und Steuerfreibeträge, in einen Sockel für alle überfüh-
ren. Dieses Geld käme dann den Studierenden direkt zu-
gute. Das wäre ein großer Vorteil im Vergleich zum bis-
herigen BAföG.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Sie wissen doch, dass das rechtlich problematisch ist!)


Mit unserem Modell würden wir im Übrigen Studien-
berechtigte aus dem bisherigen BAföG-Mittelschichts-
loch herausholen. Das ist eine ganz wichtige Herausfor-
derung. BAföG-Mittelschichtsloch heißt doch: Die
Eltern verdienen knapp über der Grenze und können
trotzdem ihren Kindern das Studium nicht finanzieren.
Die Gruppe derjenigen, die in dieses Loch fallen, ist
ziemlich groß, und da müssen wir Angebote machen. Es
ist spannend, dass Linksfraktion, GEW und CHE ver-
gleichbare Säulenmodelle vorschlagen. Vielleicht – so
habe ich Herrn Schulz vorhin verstanden – macht sich
die SPD ebenfalls noch auf den Weg, das mit uns ge-
meinsam zu diskutieren oder womöglich bald einzufüh-
ren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Wir sind gespannt!)


Bei Schwarz-Gelb scheint einerseits endlich die
Phase überwunden zu sein, das BAföG schlechtzureden,
zu attackieren und stattdessen Studienkredite für alle zu
propagieren, wie man es gerade Ende der 1990er-Jahre
und in den 2000er-Jahren gemacht hat. Andererseits ist
es bedauerlich, dass sich die Bundesministerin zum
40. BAföG-Geburtstag verweigert, ein Reformpaket zu
schnüren. BAföG ist kein Almosen, kein Geschenk, son-
dern Lebensunterhaltsfinanzierung vieler junger Men-
schen in unserem Land. Sie brauchen es dringend.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Dann erkennen Sie doch an, dass wir in den letzten zwei, drei Jahren viel gemacht haben!)


Schwarz-Gelb wandert trotz gelegentlicher Erleuch-
tungen weiter auf Irrwegen. Im vergangenen Jahrzehnt
haben sieben schwarz-gelb-regierte Bundesländer Stu-
diengebühren eingeführt. Das war sozial ungerecht. Das
ist und bleibt ungerecht. Das hat Studienberechtigte rei-
henweise vom Studium abgeschreckt, und es hat nicht
mehr Mittel an die Hochschulen gebracht, weil Sie
gleichzeitig die Grundfinanzierung dieser Hochschulen
in den Ländern abgesenkt haben.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Das hat deutlich mehr Mittel an die Hochschulen gebracht! Das ist eine Lüge!)


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(C (D ngesichts dessen ist es ein historischer Erfolg, dass vor llem rot-grüne Länder die ungerechte Campusmaut abeschafft haben. Darauf sind wir gemeinsam stolz. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Und die Hochschulen im Regen stehen lassen! – Ulla Burchardt [SPD]: Das wird in Bayern fortgesetzt!)


etzte Gebührenbastionen sind jetzt Niedersachsen und
ayern. Das sind die letzten Mohikaner, bei denen Stu-
iengebühren für alle anfallen. Ich sage Ihnen voraus:
uch die werden wir knacken, und wir werden endlich

ine studiengebührenfreie Republik schaffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Dass Sie eine andere Republik wollen, ist klar! – Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Aber nicht zum Wohle der Hochschulen!)


Ein weiterer Irrweg bleiben Ihre Deutschlandstipen-
ien. Die Energie und das Geld, mit dem Sie Ihren La-
enhüter auch heute hier promoten, sollten Sie wirklich
eber ins BAföG investieren. Das brächte auch ein di-
kes Plus für Bildungsgerechtigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as Deutschlandstipendium ist doch nichts anderes als
ine Eliteförderung für bisher 0,3 Prozent aller Studie-
nden in Deutschland.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Tja! Hamburger Boykott! Roter Boykott!)


a kann man doch nicht von einer neuen Säule der Stu-
ienfinanzierung reden. Daran kann man erkennen: Sie
etzen ganz klar eine falsche Priorität. Wir müssen eine
essere staatliche Studienförderung in der Breite errei-
hen.

Wenn 71 Prozent der Akademikerkinder ein Studium
ufnehmen, aber nur 24 Prozent der Nichtakademiker-
inder,


(Patrick Meinhardt [FDP]: Dann müssen wir die Fachhochschulen mehr fördern!)


eigt das doch, dass sich eine gerechte Studienfinanzie-
ng auf diese potenziellen Bildungsaufsteigerinnen und
ildungsaufsteiger konzentrieren muss. Ihre neue Sti-
endienkultur, die Sie auch heute hier proklamiert ha-
en, ist nichts anderes als eine Fata Morgana.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Sie haben die Stipendienwüste in Deutschland hinterlassen!)


r Programm ist die falsche Reaktion auf die soziale
chieflage beim Hochschulzugang.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Womöglich ist die Bundesregierung derzeit wieder
abei, einen neuen Irrweg einzuschlagen, nämlich beim
mgang mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs zur steu-

rlichen Absetzbarkeit von Erstausbildungskosten. Wir
ollen keine nachlaufende Gutschrift, die vom Studien-
ch oder der Gehaltshöhe abhängt. Wir wollen auch





Kai Gehring


(A) )


)(B)

nicht, dass Studiengebühren an privaten Hochschulen
über die Hintertür des Steuerrechts vom Steuerzahler
subventioniert werden, sondern wir wollen eine bessere,
direkte Förderung während der Ausbildungs- und Stu-
dienzeiten, die sich an der Bedürftigkeit des Einzelnen
bemisst. Fakt ist: Die staatliche Studienfinanzierung
muss gerechter, besser, verlässlicher und leistungsfähiger
werden. Niemand soll aus finanziellen Gründen auf ein
Studium verzichten müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Muss er heute auch nicht!)


Ich setze dabei auch auf die Erkenntnisse in der Ko-
alition, dass Fachkräfte- und Akademikermangel Wohl-
stand, Wachstum und Innovation bremsen, und das umso
mehr in Zeiten demokratischer Schrumpfung und Alte-
rung, in denen das Arbeitskräftepotenzial dramatisch
sinkt. Wir brauchen daher dringend mehr Bildungsauf-
steiger. Kein Talent darf zurückgelassen werden. Das ist
keine Floskel und keine Phrase, sondern das muss die
absolute Priorität haben. Alles andere wäre wirtschaft-
lich widersinnig und absolut ungerecht.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712805600

Das Wort erteile ich nun dem Kollegen Reinhard

Brandl für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1712805700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir feiern in diesen Tagen 40 Jahre BAföG. Das ist ein
guter Grund, zu feiern; denn über Jahrzehnte hinweg hat
das BAföG Millionen von Schülern und Studenten ge-
holfen,


(Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Schülerinnen!)


ihre Ausbildungskosten zu decken. Die christlich-libe-
rale Koalition wird die Geschichte des BAföG erfolg-
reich weiterschreiben. Gerade in Zeiten, in denen land-
auf, landab vom Fachkräftemangel gesprochen wird,
wird deutlich, welche zentrale Bedeutung eine gute Aus-
bildung nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für
unser Land als Ganzes hat.

Die Förderung von Bildung und Forschung war von
Anfang an eines der zentralen Projekte dieser Koalition.
Der Haushaltsentwurf 2012 für das Bundesministerium
für Bildung und Forschung sieht wie die Jahre zuvor er-
neut eine massive Steigerung vor: im Vergleich zu 2011
um fast 10 Prozent auf 12,8 Milliarden Euro. Noch nie
hat eine Bundesregierung so viel Geld für Bildung und
Forschung ausgegeben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Dank Eigenheimzulage!)


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(C (D Wir sind stolz darauf, diesen Schwerpunkt setzen zu önnen, trotz der schwierigen Haushaltssituation, (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steuermehreinnahmen!)


nd das, ohne unser anderes großes Ziel, die Konsolidie-
ng der Staatsfinanzen, aus den Augen zu verlieren.
infach mehr ausgeben, das kann jeder.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können es nicht! Sie setzen die falschen Prioritäten!)


ber die Neuverschuldung konsequent zurückzuführen
nd dennoch einen solchen Akzent zu setzen, das ist
achhaltige, das ist generationengerechte Politik.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


as ist ein Markenzeichen dieser Bundesregierung und
ieser Koalition.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Genau, das können nur wir!)


Von unserem Schwerpunkt auf Bildung und For-
chung haben in den vergangenen Jahren auch die
AföG-Empfänger profitiert. Nach der großen BAföG-
ovelle 2008 haben wir 2010 das BAföG noch einmal

rhöht. Die Bedarfssätze sind um 2 Prozent gestiegen,
ie Einkommensfreibeträge um 3 Prozent. Bund und
änder haben im Jahr 2010 über 2,8 Milliarden Euro für
as BAföG ausgegeben. Das waren 170 Millionen Euro
ehr als im Vorjahr. 916 000 Schüler und Studenten ha-

en 2010 BAföG-Leistungen erhalten. Das waren über
0 000 mehr als 2009. Kollege Kaufmann hat weitere
erbesserungen beim BAföG angesprochen, die wir im
uge dieser Novelle vorgenommen haben. Ich brauche
as daher nicht zu wiederholen. Hinzu kommt, dass der
nteil derer, die ein Studium aufnehmen, in den letzten

ahren konstant gestiegen ist, allein in den vergangenen
nf Jahren um 10 Prozentpunkte auf heute 46 Prozent

es Altersjahrgangs.

Das alles kann man natürlich kleinreden. Es geht im-
er noch mehr. Ich weiß auch, dass im Bildungssystem

och längst nicht alles in Ordnung ist. Aber wir haben
ben nicht nur Verantwortung für die finanzielle Unter-
tützung von Schülern und Studenten während ihrer
usbildungszeit, sondern auch Verantwortung für den
taatshaushalt und den Staat als Ganzes. Genauso wie
ei jeder anderen staatlichen Transferleistung müssen
ir beim BAföG immer wieder das Interesse derer, die
ie Leistung beziehen, mit den Interessen derer in Aus-
leich bringen, die mit ihren Steuern diese Leistungen
ezahlen, obwohl sie selbst sie nie in Anspruch nehmen.
uch das gehört zur Gerechtigkeit. Es kann dabei nicht
anach gehen, wer am lautesten schreit; denn das schafft
ur Ungerechtigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Gerecht kann es nur auf einer sachlichen Basis ge-
chehen. Die Bundesregierung schafft seit Einführung
es BAföG eine solche Basis, indem sie alle zwei Jahre
en BAföG-Bericht vorlegt, der aufzeigt, wie sich Ein-





Dr. Reinhard Brandl


(A) )


)(B)

kommen und Verbraucherpreise entwickeln. Bei der
letzten Erhöhung 2010 sind wir sogar bewusst darüber
hinausgegangen, um unser Schwerpunktthema Bildung
noch einmal besonders herauszustellen. Der nächste
BAföG-Bericht kommt 2012. Auf dieser Basis und je
nach Lage der Staatsfinanzen werden wir im nächsten
Jahr darüber beraten, um wie viel wir das BAföG erhö-
hen können.

Sie können sich darauf verlassen: Bildung und For-
schung bleiben auch in Zukunft ein Schwerpunktthema
dieser Bundesregierung und der Koalition. Wir dürfen
aber auch nicht überziehen. Nur wenn wir das BAföG
mit Vernunft und Ernsthaftigkeit weiterentwickeln,
bleibt auch die breite Akzeptanz für dieses international
herausragende Instrument der Studienfinanzierung er-
halten. Nur dann werden wir in zehn Jahren einen guten
Grund zu feiern haben, nämlich das fünfzigjährige Jubi-
läum des BAföG.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712805800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Burchardt für die

SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1712805900

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Da-

men und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geld
allein bringt noch nichts Gutes. Das sehen wir bei dem
neuen dialogorientierten Serviceverfahren, das zu die-
sem Wintersemester in Kraft treten sollte. Die Einfüh-
rung eines modernen effizienten Zulassungsverfahrens
ist abermals verschoben worden. Das ist – ich glaube,
das sehen wir alle so – eine Blamage für den Hochschul-
und Wissenschaftsstandort Deutschland.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Ansturm der Bewerber zu diesem Wintersemester
kommt nicht unerwartet. Er ist schon länger bekannt.
Das wissen alle. Die Studenten dieses Bewerberjahr-
gangs finden keinen geebneten Zugang zu den Fächern,
die sie studieren wollen, sofern die Hochschulen über-
haupt eine ausreichende Zahl an Studienplätzen zur Ver-
fügung stellen. Selbst für diejenigen, die einen der knap-
pen Plätze erhalten, wird der Einstieg nicht geebnet,
sondern sie finden wieder einen Bürokratiedschungel
vor. Es ist zu befürchten, dass mit viel Geld finanzierte
Studienplätze brachliegen werden. So war es im letzten
Jahr. Lieber Kollege Gehring, die Zahl des BMBF hin-
sichtlich nicht besetzter Studienplätze, die mir bekannt
ist, lautet 20 000. Das kann nicht länger hingenommen
werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist noch schlimmer!)


Mit diesem Flop setzt sich eine fast zehn Jahre wäh-
rende Geschichte, ein neues Zulassungsverfahren einzu-
führen, fort. Es ist eine Geschichte von Pleiten, Pech und

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(C (D annen. 1999 hat die rot-grüne Koalition den Hochschun die Freiheit gegeben, Bewerber selber auszusuchen das als Hinweis für die Redenschreiber der Koalition. eitdem ist klar – 2002 hat die Kultusministerkonferenz as selber festgestellt –: Ohne ein Mindestmaß an zenaler Koordinierung kann das nicht funktionieren. Dann at die Kultusministerkonferenz noch einige Jahre geraucht, um auf die Idee zu kommen, die ZVS, eine Beörde, in eine Stiftung umzuwandeln. Jetzt hat ein Stifngsrat die Verantwortung übernommen, der sich aus 6 Vertretern der Landesregierungen und 16 Vertretern er Hochschulrektoren zusammensetzt. Erstmals sind die ochschulrektoren mitverantwortlich, ob etwas klappt der nicht. Das möchte ich an dieser Stelle festhalten. an sollte also die Forderungen nicht immer nur an die olitik richten. Übrigens ist auch das BMBF Mitglied es Stiftungsrates, wenn auch ohne Stimmrecht. Über Jahre ist nichts passiert, weil widerstreitende Inressen und Erwartungen, wechselnde Wünsche von olitik und Hochschulrektoren und ideologische Ressenments gegenüber zentraler Koordinierung die Debatten es Stiftungsrates dominierten. Die Praktiker, die viele ahre für die Organisation der Bewerbungsverfahren bei er ZVS, bei der Hochschule und dem Unternehmen IS verantwortlich waren, sind entweder nicht gefragt orden oder auf sie wurde nicht gehört. Dieses Grundproblem ist virulent, seitdem die Anchubfinanzierung von 15 Millionen Euro eingesetzt urde, die unser Ausschuss bei den Haushältern lockeremacht hat. Das durfte Frau Schavan dann öffentlich erkünden. Auch dieses Hin und Her bei der Entwickng des dialogorientierten Serviceverfahrens hat eine olle dabei gespielt, dass es noch nicht in Kraft gesetzt erden konnte. Dabei muss allen Verantwortlichen von nfang an bewusst gewesen sein – Bund, Ländern und ochschulrektoren –, dass es dabei nicht nur um die Enticklung einer anspruchsvollen Technik geht, sondern uch um ein hochkomplexes Geschäftsmodell. Ein eues, zentrales technisches Verfahren muss mit der -Software, die an den Hochschulen vorhanden ist, ompatibel sein. Das ganze System scheiterte, weil es an 0 Prozent der Hochschulen, die mit einer bestimmten oftware gearbeitet haben, nicht funktioniert hat. Das ann eigentlich keine Überraschung gewesen sein, war s aber für die Verantwortlichen in BMBF und Stiftungst doch. Jedes Unternehmen weiß, Herr Murmann: enn ein neues technisches System eingeführt wird, ann muss es eine Prozessanalyse und ein Schnittstellenanagement geben. Darauf haben die Damen und Hern von Stiftungsrat und BMBF in ihrer Weisheit aber erzichtet. Auch Frau Schavan ist ihrer Verantwortung nicht gecht geworden. (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


ie hat zwar die 15 Millionen Euro vollmundig verkün-
et, sich aber anschließend um nichts mehr gekümmert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Ulla Burchardt


(A) )


)(B)

Insofern hat nicht die Technik versagt, sondern das Ma-
nagement, und zwar auf ganzer Linie.

Das BMBF hat nicht eingegriffen, als es aufgrund des
Finanzierungsstreits zwischen Ländern und Hochschu-
len mit dem versprochenen Full Service für die Bewer-
ber nichts wurde, sondern eine Version „light minus“ he-
rauskam. Es hat kein zentrales Bewerbungsmanagement
gegeben. Das ist keine Entlastung der Bewerber von Bü-
rokratie. Es hat keine Entlastung für die Hochschulen ge-
geben. Hochschulen mit Mehrfachstudiengängen konnten
überhaupt nicht mitmachen. Damit war das Versprechen
der HRK überhaupt nicht einlösbar.

Sie sind mit dafür verantwortlich, dass es in diesem
System und in dem ganzen Verfahren keinen Plan B gab.
Das kann keiner verstehen. Jeder muss wissen: Wenn es
um ein hochkompliziertes Modell geht, muss es einen
Plan B geben. Aber aufgrund des Finanzierungsstreits
haben Sie darauf verzichtet, im System eine Funktion
programmieren zu lassen, die einen Plan B ermöglicht
hätte, nach dem die Hochschulen das Ganze in Ihrem
Auftrag, nach Ihren Wünschen an die Zentrale in Dort-
mund, an die Stiftung, hätten verlagern können.

Wenn jetzt HIS, also das Unternehmen Hochschul-In-
formations-System, zum Sündenbock gemacht wird,
dann ist das degoutant und kaschiert nur die eklatante
Fehleinschätzung, die es bei Ländern, bei den Hoch-
schulrektoren und auch an der Spitze des BMBF gege-
ben hat. Das BMBF ist zusammen mit den Ländern Ge-
sellschafter von HIS. Man hätte wissen können, dass an
80 Prozent der Hochschulen eine 13 Jahre alte HIS-Soft-
ware in Betrieb war. Kein Mensch käme auf die Idee,
dass man einen 13 Jahre alten Gebrauchtwagen so tunen
kann, dass er bei der Formel 1 mitfahren kann, um dann
dem Unternehmen die Schuld aufs Auge zu drücken und
zu sagen: Ach, er hat leider nicht das ganze Rennen
funktioniert. – Für ein solches Vorgehen fehlt wirklich
jegliches Verständnis. Man sollte in Klausur gehen und
erkennen: So geht es nicht weiter.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt hat der Neustart begonnen. Im Oktober sollen
die ersten Testläufe stattfinden. Zum Wintersemester
2012/13 soll das ganze System in Betrieb gehen. Ein
paar Forderungen von uns sind erfüllt worden. Endlich
ist ein Lenkungsausschuss eingesetzt worden. Klasse,
muss ich sagen; Hauptsache, man hat gelernt. Es hat aber
leider ein bisschen zu lange gedauert.

Einen Notfallplan haben Sie leider nicht entwickelt.
Die Studienplatzbörse, die nie richtig funktioniert hat, ist
auf dem alten Stand. Darum hat sich keiner gekümmert.
Vor allen Dingen aber – das beunruhigt mich wirklich
und, ich glaube, auch Frau Grütters; sie hat gestern im
Ausschuss entsprechende Andeutungen gemacht –: Man
muss ernsthafte Zweifel haben, ob dieses System zum
Wintersemester 2012/2013 tatsächlich zum Einsatz
kommen kann, unter anderem deshalb, weil es wieder ei-
nen unerträglichen Finanzierungsstreit gibt, diesmal um
5 Millionen Euro, die dem Unternehmen HIS zur Verfü-
gung gestellt werden sollen, damit es die alte Software

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(C (D npassen kann. Dort, wo die neue HIS-Software angeandt wurde, hat das Ganze übrigens funktioniert; desegen ist es sowieso total falsch, das Unternehmen zu eschimpfen. Die Gesellschafterversammlung – Bund nd Länder – hat beschlossen, dass HIS 5 Millionen uro erhält, um den Anpassungsprozess hinzubekomen. HIS ist ein Unternehmen. Es muss Gewinne erwirt chaften. Die Länderfinanzminister haben aber gesagt: ie 5 Millionen Euro gibt es nicht. (Monika Grütters [CDU/CSU]: Richtig! Das stimmt!)


Oktober soll das Ganze anlaufen, und HIS hat bis
eute kein Geld gesehen. Meine Damen und Herren, lie-
er Herr Staatssekretär, vielleicht kümmern Sie sich jetzt
ndlich einmal um die Sache.


(Beifall bei der SPD – Monika Grütters [CDU/ CSU]: Die Länder!)


Ich sage Ihnen heute: Aus dieser Verantwortung
ommt keiner mehr heraus. Es geht nicht an, das allein
uf die Länder zu schieben. Die Länder darf man zwar
ei der Kritik nicht außen vor lassen, aber Sie können
uch nicht sagen: Das ist alles Ländersache; wir haben
amit nichts zu tun.

Es gibt viele gute Gründe, über mehr zu diskutieren
ls nur über dieses Zulassungsverfahren. Der wirkliche
kandal ist, dass es einen flächendeckenden Numerus
lausus gibt. Deswegen brauchen wir eine strukturell
ernünftige Bildungsfinanzierung, eine Aufhebung des
ooperationsverbots. Ich kann Ihnen sagen: Die SPD
ird dies auf ihrem Bundesparteitag im Dezember be-

chließen. Wir haben die Verständigung zwischen Bun-
es- und Landespolitikern erreicht.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Wir werden uns angucken, ob Sie es wirklich so beschließen werden!)


ie haben die Chance, drei Wochen vorher etwas vorzu-
gen. – Jetzt hätte es mal Beifall geben dürfen.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Wir müssen vor allen Dingen Schluss machen mit der
eologie der Bestenauslese. Ich habe den Satz von Ih-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1712806000

er NC ist eine Frage der Qualitätsauswahl. Machen Sie
chluss mit dieser Mottenkiste, sonst kommen wir an
ieser Stelle nicht weiter.

Wir brauchen endlich eine solide Bestandsaufnahme
arüber, wie viele Studienplätze es gibt. Es kann doch
icht sein, dass die KMK in ihrem Bericht zum Master-
ereich lapidar feststellt, dass es keine Kenntnis über die
nzahl bundesweit vorhandener Studienplätze gibt. Es
ann auch nicht sein, dass Sie nicht im Traum daran den-
en, eine solche Erhebung durchzuführen, weil sie mit
u viel Bürokratie verbunden wäre. Das ist des Wissen-
chaftsstandorts Deutschland nicht würdig. Man muss
och eine vernünftige Ressourcenplanung machen kön-
en, und dafür braucht man eine empirische Basis.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712806100

Frau Kollegin.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1712806200

Ich komme zum Schluss. – Wir brauchen ein Bundes-

zulassungsgesetz und keine Wundertüte, wie die Linke
das verspricht. Wir brauchen solide, vernünftige Instru-
mente und empirische Daten, und zwar nicht nur, damit
man weiß, ob ausreichend Studienplätze zur Verfügung
stehen, sondern auch, damit man weiß, wie viele Stu-
dienplätze es insgesamt gibt und wie viele Menschen ei-
nen Studienplatz erhalten.

Ich habe die dringende Bitte an die Ministerin und die
Koalition: Machen Sie von Ihrer Kompetenz Gebrauch!
Sie haben im Zuge der Föderalismusreform zugestimmt,
dass der Bund die Kompetenz für die Zulassung hat.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712806300

Frau Kollegin.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1712806400

Wenn Sie es nicht machen, dann werden wir es in An-

griff nehmen.


(Beifall bei der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Hat die SPD nicht zugestimmt?)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712806500

Martin Neumann ist der nächste Redner für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1712806600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Ich möchte mich in meiner zur Verfü-
gung stehenden Zeit auf die Anträge von SPD und Lin-
ken zum Thema Hochschulzulassung konzentrieren.
Schauen wir uns die Anträge genau an. Wir sollten hin-
terfragen, wie die Probleme, die aufgezeigt werden, tat-
sächlich gelöst werden können.

Zum Antrag der SPD, in dem ein Notfallplan für die
Hochschulzulassung gefordert wird. Es ist klar – Frau
Burchardt hat das eben deutlich gemacht –, dass das Ver-
schieben des Starts des dialogorientierten Zulassungs-
verfahrens mehr als nur ärgerlich ist. Darüber sind wir
uns einig. Wir haben über die verschiedenen Ursachen,
zum Beispiel die Softwareprobleme, diskutiert. Wir ge-
hen davon aus, dass alles geklärt werden kann. Allen Be-
teiligten ist klar, dass eine große Aufgabe vor uns liegt,
die aber erfüllt werden kann.

Der Notfallplan und die damit verbundenen konkre-
ten Forderungen an den Bund können nicht allein vom
Bund erfüllt werden. Das muss man deutlich sagen. Hier
hilft nur – das ist wichtig hervorzuheben – eine gemein-
same Kraftanstrengung der Länder, der Stiftung für
Hochschulzulassung und der beteiligten Hochschulen.
Der Bund hat vieles gemacht, vor allen Dingen hat er das
gemacht, wozu er rechtlich und insbesondere finanziell

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(C (D der Lage ist. Den Notfallplan kann man daher aus unerer Sicht nur als weiße Salbe beschreiben. Ich komme zum Antrag der Linken. Alle Welt spricht on Vollbeschäftigung für Arbeitnehmerinnen und Areitnehmer. Das ist ein redliches Ziel, völlig klar. Geauso bedeutsam ist es natürlich, eine sogenannte Volleschäftigung für Studierwillige zu schaffen. Auch in iesem Punkt sind wir uns einig. Doch es gibt auch gravierende Unterschiede; so beerten wir das zumindest. Sie sprechen von einem Heer on Studierwilligen. Die Zahlen zeigen, dass im letzten ahr weit über 10 000 zulassungsbeschränkte Studienlätze frei waren. Das entspricht einer Vakanz von 5 Proent und einer offensichtlichen Diskrepanz in Bezug auf ie Vermutung, dass Menschen, die studieren wollen, icht studieren können. Die genannte Vakanz geht übriens mit einer signifikanten Erhöhung der Studierendenuote einher. Fast die Hälfte aller Schulabgänger des ahres 2010 begann mit einem Studium. Das ist ein euer Rekord. Das muss man an dieser Stelle würdigen. Lassen Sie mich also feststellen: Wer studieren öchte, der kann das auch tun. Ich denke an Gespräche, ie ich zum Beispiel mit Handwerkskammerpräsidenten hre. Sie sagen: Das ist in Ordnung. Der Weg ist richtig. ir brauchen Hochqualifizierte. – Auch das ist ein unkt, den es zu würdigen gilt. Weiter fordern Sie eine freie Studienplatzwahl an jeer beliebigen Hochschule des Landes in jedem beliebien Studiengang. Das haben Sie so geschrieben. Das lingt ein bisschen nach „Wünsch dir was“. Der eine der andere Antrag, den Sie vorgelegt haben, hat diesen nschein. Wenn man sich Ihre Anträge genauer an chaut, dann muss man – Frau Gohlke, das muss ich an ieser Stelle sagen – die Ernsthaftigkeit Ihrer Absicht inage stellen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Daran kann man sie erkennen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wenn man sämtliches Abstraktionsvermögen, über
as man verfügt, einmal zusammennimmt und versucht,
in Ziel herauszuarbeiten, dann stellen sich gleich meh-
re Fragen. Sie forderten gestern in diesem Hohen Haus
ehr Planungssicherheit für wissenschaftliche Mitarbei-
rinnen und Mitarbeiter sowie für Wissenschaftler. Sie
ollen also de facto weniger Zeitarbeit und weniger be-
istete Arbeitsverträge auf diesem Gebiet.


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Genau!)


So weit, so gut. Das erfordert aber – jetzt kommen wir
uf den Punkt – Planungssicherheit für die Hochschulen.
ie sollen die Hochschulen das denn machen?


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das erfordert die Ausfinanzierung der Hochschulen!)


Liebe Frau Gohlke, ohne entsprechende Steuerung
äme jedes Jahr eine unbekannte Zahl an Studienanfän-
ern an die Hochschulen oder eben nicht.





Dr. Martin Neumann (Lausitz)



(A) )


)(B)


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das weiß man vorher überhaupt nicht, wie viele Abiturienten wir haben!)


Umso wichtiger wäre es in dem Fall für Hochschulen, je
nach Bedarf Personal einstellen zu können und nicht be-
nötigte Kapazitäten abzuwickeln. Letztere Alternative
stellt im Übrigen ein Problem dar. Werden weniger
populäre Universitäten nicht mehr so stark frequentiert,
dann müssten dort Stellen abgebaut werden.

Aus Zeitgründen möchte ich nur ganz kurz auf das
Bundeshochschulzulassungsgesetz eingehen. Sie fordern
damit etwas heraus. Das muss Ihnen bewusst sein. Wir
wollen die Autonomie der Hochschulen. Wir sehen das
als einen sehr wichtigen Punkt an, weil damit in einem
gewissen Sinne Freiheit für Wissenschaft entwickelt
werden kann. Diese Forderung, die Sie gestellt haben,
werden wir von der FDP nicht mittragen.

Nun noch zu einer Behauptung, die Sie immer wieder
anführen, nämlich zum angeblichen Mangel an Master-
studienplätzen an deutschen Hochschulen. Ich will es an
dieser Stelle noch einmal ganz deutlich sagen. Wir haben
in Deutschland keinen Mangel an Masterstudienplätzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Da sind Sie aber falsch informiert!)


90 Prozent der Bachelorabsolventen 2009, die ein Mas-
terstudium aufgenommen haben, gaben an, sowohl ihr
Wunschfach als auch einen Platz an ihrer Wunschhoch-
schule bekommen zu haben.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Drei Viertel aller Masterstudiengänge sind nicht mit
einem Numerus clausus belegt. Selbst bei den örtlich zu-
lassungsbeschränkten Fächern blieben nach Ende des
Nachrückverfahrens


(Ulla Burchardt [SPD]: Sonstige Zulassungsbeschränkungen sind in der Statistik gar nicht erfasst!)


– Frau Burchardt, hören Sie doch erst einmal zu – fast
20 Prozent der Plätze frei. Wie erklären Sie das?


(Ulla Burchardt [SPD]: Durch die Zulassungsregeln!)


Nicht alle Bachelorabsolventen – an dieser Stelle
komme ich auf den Sinn von Bologna zu sprechen; das
dürfen wir nicht vergessen – streben einen Masterab-
schluss an. Dies anzunehmen beweist wieder einmal Ihr
völlig falsches Verständnis des neuen Studiensystems.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das sagt keiner!)


Sie verdrehen den Sinn des Bologna-Prozesses.


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Mit Absicht!)


Ich stelle gerade fest, dass die Zeit etwas knapp wird.
Ich habe noch eine Minute.

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(C (D Nein, eben nicht. Aber für eine schöne Schlussformel icht es allemal. Die Opposition schafft Studienbeiträge ab, spart kate orisch am falschen Ende und wirft uns dann vor, wir ürden die Studierenden im Stich lassen. Ich weiß, das wollen Sie nicht hören, aber ich sage es och einmal ganz deutlich an dieser Stelle: Knapp die älfte aller Deutschen hält Studienbeiträge für ein proates Mittel zur Studienfinanzierung. Mit einem durchachten System dahinter können gute und auch sozialerträgliche Erfolge erzielt werden. (Beifall bei der FDP – Ulla Burchardt [SPD]: Deshalb sind Sie in Nordrhein-Westfalen abgewählt worden!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712806700
Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1712806800

Zum Abschluss noch ein Zitat von Herrn Brecht, der
inst so treffend schrieb:

Wer A sagt, muß nicht B sagen. Er kann auch er-
kennen, daß A falsch war.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann erkennen Sie es endlich!)


In diesem Sinne lege ich Ihnen nahe, Ihre Haltung zu
en eben genannten Punkten noch einmal zu überdenken
nd sie in ein nicht so ganz weltfremdes Licht zu rücken.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712806900

Das Wort erhält nun die Kollegin Monika Grütters für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1712807000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Kolleginnen und Kollegen! Für Sie und nicht
uletzt die jungen und anderen Zuhörer oben auf den
ribünen möchte ich noch einmal sagen: 40 Jahre
AföG sind eigentlich ein freudiger und guter Anlass für
ine Plenardebatte.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das sehen wir alle gemeinsam so; auch das ist bemer-
enswert. – BAföG ist immerhin eines der weltweit er-
lgreichsten Studienfördermodelle, um das wir von vie-
n anderen Ländern beneidet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist richtig, dass die Opposition und wir die Gunst
er Stunde nutzen, um noch einmal über das leidige
hema Hochschulzulassung zu diskutieren. Frau
urchardt hat natürlich recht: Die Situation ist zum Ver-
weifeln; auch das eint uns leider. Wir haben im Plenum
das letzte Mal, glaube ich, im Frühjahr – und immer





Monika Grütters


(A) )


)(B)

wieder in den Ausschüssen, inklusive Anhörungen, da-
rüber sprechen müssen: Der Bund hat jenseits aller Zu-
ständigkeiten mit seiner Unterstützung in Form der Anfi-
nanzierung in Höhe von 15 Millionen Euro – um die wir
ringen mussten; aber diese Maßnahme war sicher rich-
tig – seinerseits das Notwendige getan, um die Situation
für die Studierenden maßgeblich zu verbessern: mit der
Möglichkeit, maximal 12 Studienwünsche anzugeben,
und durch die Möglichkeit der Kombination von Fach
und Studienort die Suche wesentlich zu erleichtern. Es
geht immerhin um nicht weniger als eine Entscheidung
für den künftigen Lebensweg. Insofern ist das keine
Kleinigkeit, sondern ein zentraler Punkt der Hochschul-
politik.

Aber: Selbst wenn das dialogorientierte Servicever-
fahren für die Hochschulzulassung derart stolpert, soll-
ten wir es jetzt noch nicht totreden und nicht infrage stel-
len.


(Ulla Burchardt [SPD]: Das tut ja keiner!)


Liebe Frau Gohlke, ich glaube, dass selbst die Piraten
Softwareprobleme nicht einfach wegbellen können.


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Aber es gibt auch politische Probleme!)


Sie können sich natürlich hier hinstellen und fordern, das
Chaos gefälligst mal eben zu beseitigen. Es geht aber
schließlich nicht um politische Maßnahmen, sondern um
Computerprobleme.

Die SPD fordert, dass wir eine Taskforce Hochschul-
zulassung einrichten sollen. Da kann ich nur fragen: Was
versprechen Sie sich von einer solchen Bundessteue-
rung? Die steht uns weder zu, noch wird sie angestrebt,
noch könnten wir sie ausfüllen,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


weil die Verantwortung für das Gelingen des neuen Ver-
fahrens formal und materiell bei den Ländern, bei der
Stiftung, bei den Hochschulen und bei den Vertragspart-
nern liegt. Wir sind keine KMK-Dompteure, wir sind
auch keine HRK-Feuerwehr.


(Ulla Burchardt [SPD]: Aber Beteiligte!)


Übrigens nimmt der Bund seinen Sitz in dem Gremium
natürlich wahr, selbst wenn er nicht stimmberechtigt ist.
Es wäre frech, das hier in Abrede zu stellen. Mit Geset-
zen lassen sich Softwareprobleme eben nicht lösen;


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


im Übrigen auch nicht durch ein Bundeszulassungs-
gesetz.


(Ulla Burchardt [SPD]: Das sagt auch keiner!)


Frau Gohlke, in Ihrem Antrag steht noch ein anderer
bemerkenswerter Satz, nämlich:

Der Ansatz, dass die Hochschulen selbst die aus ih-
rer Sicht besten Studieninteressierten auswählen
sollen, muss als gescheitert betrachtet werden …

Darüber kann man sich jetzt lange streiten. Was aber die
politische Aussage dabei ist, möchte ich nicht verhehlen.

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(C (D (Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Die Studierenden in den Mittelpunkt stellen!)


h finde es nämlich unverantwortlich, wenn Sie auf
iese Weise vor allen Dingen eines zur Disposition stel-
n: die Autonomie der Hochschulen. Diese Autonomie
ilt bei Ihnen offensichtlich reichlich wenig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Es geht darum, dass die Studierenden wählen dürfen!)


ie wäre das erste Opfer einer linken Hochschulpolitik.

In diesem Zusammenhang erlaube ich mir einen Blick
das Hochschulgesetz des soeben abgewählten rot-
ten Senats in Berlin. Dieses Gesetz hat immerhin der

räsident der FU beklagt. Die kleinteilige und bürokrati-
che Gängelung könne er nicht mögen. Und der Präsi-
ent der Universität der Künste, Martin Rennert – der
icht verdächtig ist, ein Bürgerlicher zu sein –, hat das
esetz schlichtweg als Misstrauensvotum des Senats ge-
enüber den Hochschulen bezeichnet.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Anträge von Linkspartei und SPD, die Hoch-
chulzulassung durch ein Bundesgesetz zu regeln, zei-
en keine Möglichkeit auf, wie es in dem Bereich berg-
uf gehen könnte, sondern spiegeln Ihren Wunsch nach
entralismus und staatsgläubiger, kleinlicher Gängelung
ider. Das können wir nicht haben. Die Entmündigung
er deutschen Hochschulen wird es jedenfalls mit der
hristlich-liberalen Koalition nicht geben. Wir glauben
ach wie vor, dass die Hochschulen am besten wissen,
ie sie bei der Auswahl der Studierenden qualitätsorien-
ert und sozial ausgewogen agieren.

Zur Forderung der SPD, die Deckelung des Hoch-
chulpakts 2020 aufzuheben und einen „Hochschulpakt
lus“ zu etablieren, möchte ich wissen: Wie sehen das
enn Ihre Ministerpräsidenten? Da käme doch eine er-
ebliche finanzielle Mehrbelastung nicht zuletzt auf
ordrhein-Westfalen zu. Herr Gehring, Sie wagen sich

ogar so weit vor, zu sagen: Wir fordern bis 2015 min-
estens 400 000 zusätzliche Studienplätze. Die Zahl von
usätzlich 335 000 Plätzen bis 2015 haben wir ja nicht
illkürlich gegriffen. Sie beruhte auf einer Berechnung
er KMK.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine glatte Fehlprognose! Es sind ja doppelt so viele gekommen wie prognostiziert!)


ir haben immer gesagt: Wenn es mehr werden, finan-
ieren wir diese nachlaufend nach zwei Jahren nach; so
aben wir das auch im Hinblick auf den Hochschulpakt I
emacht. Ich finde es verwegen, hier irgendwelche Zah-
n in den Raum zu stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber man braucht doch realistische Prognosen!)


h will Sie nur davor warnen, unsere Zahlen durch ei-
ene Spekulationen zu überbieten. Denn diese Zahlen





Monika Grütters


(A) )


)(B)

sind wahrscheinlich nicht stichhaltig. Das gemeinsam
von Bund und Ländern vereinbarte System zur Finanzie-
rung – zwei Jahre nachlaufend, weil dann die Zahlen
feststehen – ist doch besser, als neue Zahlen in den
Raum zu stellen.

Ich darf Sie daran erinnern, dass diese Regierung den
Etat des BMBF um satte 54 Prozent gesteigert hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn wir uns trotz der verfassungsrechtlichen Zuständig-
keiten mit den Ländern auf einen „Hochschulpakt ohne
Grenzen“, den die Opposition fordert, einigen würden,
glaube ich, dass er möglicherweise die SPD- und Grünen-
geführten Landesregierungen überfordern würde. Schön
wäre es, wenn das Stichwort von dieser Seite gekommen
wäre. Aber auch in Berlin, lieber Herr Kollege Schulz,
muss man erst einmal um jede Komplementärfinanzie-
rung – so auch bei Exzellenzinitiative und Hochschul-
pakt – betteln.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ja, warum ist Berlin denn pleite? Da hat die CDU ja wohl ein paar Aktien drin! – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


– Berlin hat 62 Milliarden Euro Schulden. Das war kein
gutes Stichwort, Herr Schulz.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712807100

Einen Augenblick! Für die Verlängerung des Berliner

Wahlkampfes ist jetzt weder Anlass noch Zeit. Die Kol-
legin sollte Gelegenheit bekommen, ihre Rede zu Ende
zu führen.


Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1712807200

Das stimmt. Ich bringe meine Rede zu Ende. Aller-

dings sind Schulden in Höhe von 62 Milliarden Euro
nach zehn Jahren unter Rot-Rot eine eindeutige Antwort
auf Ihre Frage, Herr Schulz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben dem Qualitätspakt für die Lehre zusätzli-
che 2 Milliarden Euro an Bundesgeldern zugeführt. Wir
haben einen Rekordetat für den Bildungsbereich mög-
lich gemacht. Wir verbessern damit die Situation der
Studierenden nachhaltig. Wir arbeiten am Erreichen des
10-Prozent-Ziels und an der Weiterentwicklung Deutsch-
lands zu einer Bildungsrepublik. Sie sollten weder die
Erhöhung der Bundeszuschüsse zu den Begabtenförde-
rungswerken noch das Deutschlandstipendium schlecht-
reden.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist einfach schlecht!)


Sie sollten auch die BAföG-Erhöhung dieser Regierung
nicht schlechtmachen.

Eines haben wir damit doch schließlich gemeinsam er-
reicht: Noch nie gab es so viele junge studierende Men-
schen in Deutschland. Noch nie wurden so viele vom
Bund und von den Ländern gefördert.


(Uta Zapf [SPD]: Trotz dieser Regierung!)


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(C (D h finde: Das ist auch gut so. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Rossmann für die PD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! rau Gohlke hat am Anfang ihrer Rede das 40-jährige ubiläum des BAföG in den Mittelpunkt gestellt. Ich öchte dies gerne aufgreifen: Das BAföG ist wie eine atze, die einfach nicht kleinzukriegen ist. Es ist richtig tabil und ist immer wieder aufgestanden. Es verdient, uch die nächsten zehn Jahre eine gute Perspektive zu aben. Was sind die Anforderungen dafür? Die erste Anforderung ist sicherlich – Herr aufmann, uns hat es gefreut, dass auch Sie das in den ittelpunkt gestellt haben –, dass wir zu den Zahlen aus em Jahre 1971 zurückkommen. Damals wurden 45 Proent der Schüler und Studierenden durch das BAföG gerdert. Aktuell sind es nur noch 25 Prozent. Selbst wenn ir den Anteil von 45 Prozent so schnell nicht erreichen, ollte es unser gemeinsames Ziel sein, zum 50-jährigen ubiläum auf 35 Prozent zu kommen. Das wäre schon etas. Wenn wir gut sind, kommen wir vielleicht auch auf 0 Prozent. Wir müssen an dem Ansatz festhalten, die Freibeträge ochzusetzen. Auf diese Weise können auch weitere Beölkerungskreise aus dem Grenzbereich zwischen Nichtutverdienenden und der Mittelschicht vom BAföG protieren. Das war schon bei der letzten Debatte unser nliegen. Sie sind dem noch nicht nachgekommen. Wir euen uns aber über alle, die dazulernen. Der zweite Punkt ist, dass wir Ihre Aufmerksamkeit uf etwas richten wollen, das das BAföG damals stark emacht hat: Es gab auch eine Förderung für Schülerinen und Schüler, selbst wenn diese noch zu Hause wohnn. Man wollte anhand des BAföG die bildungsfernen chichten für höhere Studienund Bildungsperspektiven ewinnen. Diese Schülerförderung müssen wir wieder ufnehmen. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712807300

(Beifall bei der SPD)

Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1712807400

Wir müssen das BAföG an die veränderten sozialen
edingungen anpassen. Damals war es – das ist nicht
iskriminierend gemeint – das katholische Arbeitermäd-
hen vom Lande, das man durch die BAföG-Förderung
r weiterführende Bildung gewinnen wollte. Heute ist

s der eingewanderte Jugendliche aus Duisburg, der vor
lgende Frage gestellt wird: Mache ich eine Berufsaus-

ildung und verdiene schnell Geld, oder nehme ich ein
tudium in Angriff? Er könnte dann über die Oberstu-
nfinanzierung seine Schulausbildung weiterführen und

anach sogar ein Studium aufnehmen. Vor diesem Hin-





Dr. Ernst Dieter Rossmann


(A) )


)(B)

tergrund sollten Sie einmal ernsthaft darüber nachden-
ken.

Drittens. Das BAföG, das vor 40 Jahren aktuell war,
muss sich auf neue Studienstrukturen einstellen. Ange-
sichts der heutigen Bachelor- und Masterstruktur muss
es eine Anpassung geben, zum einen durch Einführung
einer Förderung ohne Unterbrechung für den Übergang
vom Bachelor zum Master, zum anderen durch eine
deutliche Anhebung, wenn nicht gar einen Wegfall der
Altersgrenzen; wir wollen doch gerade den Wechsel
zwischen Studium und Arbeit fördern, aber das funktio-
niert mit einer Altersbegrenzung nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es muss auch in Bezug auf die Teilzeitstudiengänge
eine Verbesserung geben. Wir leben in einer Zeit, in der
vermehrt Teilzeitstudiengänge aufgenommen werden;
aber dies bildet sich noch nicht im BAföG ab. Dement-
sprechend müssten Aufstockungsbeträge für Teilzeitstu-
denten hinzukommen.

Eine weitere neue Dimension: Wir haben gemeinsam
in der Großen Koalition die Anerkennung von Kinderer-
ziehungszeiten beim BAföG deutlich verbessert, aber
noch nicht die Pflegeverantwortung berücksichtigt, die
Menschen möglicherweise tragen, wenn sie – vielleicht
sogar in einem höheren Alter – im Studium sind. Auch
das muss integriert werden; es ist eine neue soziale Qua-
lität, die sich im BAföG wiederfinden sollte.

Viertens. Das BAföG hat durch das Meister-BAföG
eine Erweiterung erhalten. Wenn wir darüber nachden-
ken, müssen wir anerkennen, dass wir auch beim
Meister-BAföG zu weiteren Verbesserungen kommen
müssen, unter anderem bei der Maßnahmenförderung.
Andererseits muss das vielleicht heißen, dass jemand,
der spät einen Masterstudiengang anfängt, auch eine
Maßnahmenförderung erhält; aktuell müsste er den Le-
bensunterhalt während des Studiums alleine tragen.

Es gibt also genügend konkrete Sacharbeit beim
BAföG, die wir im Hinblick auf die „Perspektive Bil-
dung 2021“ zu leisten haben. Das gilt umso mehr, als die
ganze europäische Dimension 2021 viel virulenter sein
wird, als sie 1971 war. Wenn man die europäische Per-
spektive einnimmt, dann erkennt man, dass es in Europa
bei der Studienförderung zwei Denkschulen gibt: zum
einen die skandinavische Denkschule – Elternunabhän-
gigkeit –, zum anderen die angelsächsische Denkschule,
nach der das Studium von den Betroffenen selbst finan-
ziert wird. Wir in Deutschland haben zum Glück eine
Affinität zum skandinavischen Modell, aber noch nicht
in Bezug auf die Elternunabhängigkeit der Förderung,
die von den Grünen immer wieder eingefordert wird.

Es ist natürlich ein gewaltiger Schritt, ein solches
Fundament, ein Bildungsgeld, zu finanzieren. Können
wir nicht darüber nachdenken, ob es eine Plausibilität
dafür gibt, das Kindergeld für über 18-Jährige, das bis-
her an die Eltern gezahlt wird, stattdessen an die erwach-
senen Kinder zu zahlen?


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das ist doch das grüne Modell!)


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(C (D s wäre ein erster Weg, um ein Bildungsgeld zu finanieren, ohne dass die Mittel aufgestockt werden müssten. enn das Kindergeld an die erwachsenen Kinder ge ahlt würde, würde das ihre Emanzipation befördern. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch unser Modell!)


eil SPD und Grüne dies nicht allein schaffen, werben
ir jetzt dafür, dass auch die anderen das voranbringen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Noch nicht!)


Wir schaffen es auch deshalb nicht, weil wir im gesam-
n Bildungsförderungsverfahren des nächsten Jahr-

ehnts – es gibt die Perspektive eines Bildungsgesetzbu-
hes – die Unterstützung der anderen Seite im Bundesrat
rauchen.

Ich will ausdrücklich Herrn Brandl unterstützen, der
erspektivisch fragte: Wie sieht das BAföG im Jahr
021, beim 50. Geburtstag des BAföG, aus? Wenn wir
hrlich sind, müssen wir zugeben, dass es 2002 unter
ot-Grün mit der Deckelung der Darlehen und der
ichtanrechnung des Kindergeldes eine deutliche Ver-
esserung gegeben hat.


(Ulla Burchardt [SPD]: Ja!)


008 hat es unter Schwarz-Rot mit der Aufstockung der
reibeträge um 10 Prozentpunkte – das war der
truck’sche Kampf, den wir erfolgreich mit Ihnen führen
onnten – und der besseren Anerkennung für studie-
nde Eltern deutliche Verbesserungen gegeben.


(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Kaufmann [CDU/ CSU])


Herr Kaufmann, wenn wir es bis 2021 schaffen, dass
5 Prozent der Studierenden mit BAföG gefördert wer-
en, und die neuen Bedingungen des Bachelors und des
asters, die Anerkennung der Pflegeverantwortung und

ie europäische Dimension einarbeiten, dann soll einem
m das BAföG nicht bange sein.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712807500

Herr Kollege.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1712807600

Dann haben wir hier bei der Bildungsförderung in

eutschland nicht nur eine stabile, stressresistente
atze, sondern auch eine richtig schöne Katze.

Danke.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712807700

Das Wort erhält nun der Kollege Axel Knoerig für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Axel Knoerig (CDU):
Rede ID: ID1712807800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
as 40. Jubiläum des BAföG ist ein Anlass, dieses Ge-





Axel Knoerig


(A) )


)(B)

setz zunächst einmal zu würdigen. Es hat den berufli-
chen Werdegang vieler junger Menschen erheblich er-
leichtert bzw. überhaupt erst möglich gemacht.
Insbesondere Kindern aus einkommensschwächeren Fa-
milien hat dieses Gesetz die Tür zu einer akademischen
Laufbahn geöffnet. Wir sollten auch erwähnen: Für viele
Abgeordnete des Deutschen Bundestages ist das BAföG
Teil der persönlichen Lebensgeschichte.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Patrick Meinhardt [FDP])


Es gibt ganz prominente Mitglieder des Hauses, die
BAföG erhalten haben; damit ist viel gesagt.

In Ergänzung zu meinen Vorrednern möchte ich mich
der Wirkung dieses Gesetzes und der Idee, die ihm zu-
grunde liegt, widmen. Dabei möchte ich vor allem die
wirtschaftlichen Aspekte beleuchten. Grundlage war be-
kanntermaßen das Wissen um die Notwendigkeit, die
geistigen Ressourcen in unserer Volkswirtschaft zu för-
dern. Die staatliche Förderung von Bildung fließt in die
Kosten-Nutzen-Rechnung eines jeden Einzelnen ein.

Wir sollten uns einmal anschauen, wie die Rechnung
ohne BAföG aussieht. Sich über ein Studium zu bilden,
ist für den Studenten mit verschiedenen Kosten verbun-
den. Da sind einmal die Kosten für die Ausbildung
selbst. Hinzu kommt der Ausfall des Verdienstes aus ei-
ner anderen, oft geringer qualifizierten Tätigkeit, der
man sonst nachgegangen wäre. Diesen Kosten steht die
Differenz zwischen dem erwarteten, höheren Einkom-
men nach dem Studium und dem Einkommen, das man
ohne akademischen Abschluss beziehen würde, also der
mögliche Mehrverdienst aufgrund höherer Bildung, ge-
genüber. Es ist erwähnenswert, dass der Wert der Per-
sönlichkeitsentwicklung, die man durch ein Studium er-
fährt, einen besonderen Stellenwert hat.

Das Gesetz leistet somit einen sinnvollen Beitrag zur
Wohlfahrt unserer Volkswirtschaft. Ohne BAföG ent-
ginge der Allgemeinheit der Wohlstandsbeitrag, der spä-
ter von dem Geförderten geschaffen wird. Dieser schlägt
sich unter anderem in höheren Steuerzahlungen nieder.

Ich möchte Ihnen aber auch eine andere Betrach-
tungsweise nahebringen: Die BAföG-Leistungen müs-
sen von Steuerzahlern aufgebracht werden. Diese sind
durchaus für die oben dargelegte Argumentation zu ge-
winnen, auch dann, wenn sie selbst keine Akademiker
sind. Allerdings ist ihnen nicht zu vermitteln, dass derje-
nige, der später meist mehr verdient, seine Ausbildung,
wie von der Fraktion Die Linke gefordert, voll staatsbe-
zuschusst und darlehensfrei erhalten soll. Ich frage Sie:
Warum soll nicht weiterhin ein Teil der Ausbildungskos-
ten zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Geförderte in
seinem Beruf tätig ist, zurückgezahlt werden? Das ist für
mich nicht nachvollziehbar, insbesondere nicht vor dem
Hintergrund, dass es eine Gruppe von Studierenden gibt,
die von uns zu wenig gewürdigt wird. Das sind diejeni-
gen, die berufsbegleitend studieren und deswegen auch
kein BAföG erhalten. Wenn ihre Studiengebühren nicht
vom Arbeitgeber übernommen werden, müssen sie
durchweg fast alle Kosten tragen.

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(C (D arüber hinaus zahlen sie Steuern und Sozialabgaben nd finanzieren so die Vollzeitstudenten mit. Allein an er größten Privathochschule in unserem Land studieren uf diese Weise über 17 000 junge Menschen ausbilungsund vor allem berufsbegleitend. Ich meine die OM Hochschule für Oekonomie & Management geeinnützige GmbH mit über 20 Studienzentren in eutschland. Diese Studierenden sind in gewisser Weise die akadeischen Lastenträger unserer Bildungspolitik; denn ab esehen von der steuerlichen Absetzbarkeit ihrer Stuienbeiträge fördern wir sie nicht, und das, obwohl ihre hancen am Arbeitsmarkt hervorragend sind. Es gibt iele Studien, die ausweisen, dass das berufsbegleitende tudieren eine ideale Verbindung von Theorie und Prais ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja!)


Die Situation beim sogenannten Meister-BAföG sieht
hnlich aus. Der Kollege von der SPD hat das zu Recht
ngesprochen. Auch hier wird dieses Jahr ein kleines
ubiläum gefeiert: 1996, vor 15 Jahren, wurde das
ufstiegsfortbildungsförderungsgesetz – schwieriges
ort – verabschiedet. Junge Menschen, die nach der

chule eine berufliche Ausbildung erfolgreich abschlie-
en, erwerben dadurch einen Rechtsanspruch auf staatli-
he Unterstützung, wenn sie sich beruflich weiterqualifi-
ieren wollen. Diese Förderung ist – das sollten wir
erausstellen – von Einkommen und Vermögen unab-
ängig. 166 000 berufstätige Menschen wurden im ver-
angenen Jahr mit Meister-BaföG-Leistungen gefördert.
iese Zahl steigt weiter an.

Vor dem Hintergrund, dass Fachkräfte aus den Berei-
hen Industrie, Handel, Dienstleistungen und Handwerk
unserer Wirtschaft eine essenzielle Aufgabe erfüllen,

alte ich das Meister-BAföG für besonders förderungs-
ürdig. Das ist insbesondere zu berücksichtigen, wenn
an über den Ausbau der Maßnahmen reden möchte.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712807900

Ich bedanke mich für die vorbildliche Nichtinan-

pruchnahme einer vorhandenen Redezeit. Ich nehme
as als leuchtendes Beispiel zu Protokoll.

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
ollege Philipp Murmann für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Philipp Murmann (CDU):
Rede ID: ID1712808000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich werde versuchen, vier Höhepunkte in
eine Rede einzubauen.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)






Dr. Philipp Murmann


(A) )


)(B)

Erstens. Nicht nur in Unternehmen, sondern auch in
der Politik gilt: Wer Erfolg haben will, braucht klare
Ziele und Prioritäten. 10 Prozent des Bruttoinlandspro-
duktes für Bildung und Forschung, das ist ein mutiges
und klares Ziel, wie es vor uns niemand so klar formu-
liert hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das macht deutlich: Bildung und Forschung haben
klare Priorität in unserer Politik. Wenn etwas Priorität
hat, dann muss dies auch erkennbar sein. 6 Milliarden
Euro mehr für Bildung – davon übrigens ein großer Teil
für das BAföG – und 6 Milliarden Euro mehr für For-
schung, das verbessert die Chancen für unsere Jugend
und für unser Land. Wo stehen wir heute? In 2010 liegen
wir bereits bei 9,3 Prozent, und das bei einem steigenden
Bruttoinlandsprodukt. Im Forschungsbereich – dort ha-
ben wir das 3-Prozent-Ziel – liegen wir zum ersten Mal
bei über 2,8 Prozent; denn nicht nur der Staat, sondern
auch die Unternehmen haben ihre Forschungsanstren-
gungen erhöht. Das macht sich bemerkbar: Starke Unter-
nehmen bedeuten starke Wirtschaft, geringe Arbeitslo-
sigkeit, steigende Löhne, steigende Zahlen der
Auszubildenden und nicht zuletzt steigende Steuerein-
nahmen. Das ist nicht nur Glück, sondern auch das Er-
gebnis einer Politik mit klaren Prioritäten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Und der Abschaffung der Eigenheimzulage!)


– Menschlich kann ich natürlich verstehen, dass sich bei
dem einen oder der anderen aus der Opposition ein we-
nig Neid einschleicht.


(Horst Meierhofer [FDP]: Ich kann es sogar politisch verstehen!)


– Politisch können wir es auch verstehen.

Zweiter Punkt: das BAföG. Wir feiern heute Geburts-
tag; das soll auch so sein. Mit 1,5 Milliarden Euro ist es
der größte Einzeltitel in unserem Bildungshaushalt. Das
begrüßen wir alle, wenn auch mit unterschiedlicher Aus-
prägung. Zu Recht ist das BAföG eine wichtige Säule
der Bildungspolitik, aber das BAföG ist keine sozialisti-
sche Wunderwaffe, wie Sie es uns manchmal glauben
machen wollen. Es ist ein wichtiges Instrument im In-
strumentenkasten. Bei aller Euphorie über die hohe Zahl
der Studienanfänger – die Quote liegt bei 46 Prozent; da-
rüber freuen wir uns alle –, müssen wir zur Kenntnis
nehmen, dass die Absolventenquote immer noch unter
30 Prozent liegt. Diese Zahl gilt es jetzt anzugehen. Wir
brauchen nicht noch mehr Studienanfänger, wir brau-
chen mehr Absolventen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dies gilt ganz besonders in diesem Jahr, in dem der
demografische Wandel zum ersten Mal richtig zuschlägt.
Für 100 Akademiker, die in den Ruhestand gehen, kom-
men nur 90 nach. Das wird eine Wachstumsbremse; da-
rum müssen wir uns jetzt kümmern. Deswegen werden
die Studienberatung und der Qualitätspakt Lehre zukünf-
tig sehr hohe und klare Priorität haben.

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(C (D Zum dritten Aspekt: das geforderte Bundeshochchulzulassungsgesetz. Liebe Kolleginnen und Kolleen an der linken Außenlinie, der Bund soll und kann im lleingang keine Regelung beim Hochschulzugang trefn. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ies würde einen Angriff auf die Autonomie der Hoch-
chulen darstellen. Das wollen wir nicht, und das ma-
hen wir auch nicht mit. Wir wollen eigenständige
ochschulen; denn nur eigenständige Hochschulen sind
er Garant für hohe Qualität.


(Beifall der Abg. Sylvia Canel [FDP])


Wenn Sie eine Garantie für einen Masterstudienplatz
eben wollen, so können Sie das ja in Brandenburg, einem
er letzten Bundesländer, in denen Sie noch mitregieren,
inführen. Dann werden Sie sehen, dass das keinen Erfolg
at. Man muss auch klar darauf hinweisen: Es gibt einen
iskriminierungsfreien Zugang zum Masterstudium. Die-
er Zugang wird an transparente Leistungskriterien ge-
nüpft. Das ist gut so; denn nur das Leistungsprinzip ga-
ntiert eine hohe Qualität des Masterabschlusses, und

iese Qualität brauchen wir. Deshalb ist Ihr Antrag, in
em eine reine Garantie für einen Masterstudienplatz ge-
rdert wird, auf keinen Fall zustimmungsfähig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Nun zu meinem vierten Punkt. Bildungspolitik lebt
atürlich nicht nur von Zahlen, Bildungspolitik lebt auch
on Vorbildern. Vorgestern waren die Preisträger des
iesjährigen „Jugend forscht“-Wettbewerbs bei der Bun-
eskanzlerin. Zum ersten Mal haben sich mehr als
0 000 Schülerinnen und Schüler bei „Jugend forscht“
ngemeldet, mehr als je zuvor. Auf der Tribüne sitzen ei-
ige junge Menschen; vielleicht war der eine oder an-
ere von euch dabei.


(Beifall der Abg. Monika Grütters [CDU/ CSU])


enn Sie sich diese jungen Menschen anschauen, dann
ommt Begeisterung auf. Sie stellen sich Fragen und su-
hen Antworten. Sie sind interessiert und setzen sich ein.
ie arbeiten selbstständig und häufig gemeinschaftlich.
ie trauen sich etwas zu und haben Spaß am Wettbe-
erb. Sie geben nicht auf, bis sie Lösungen gefunden ha-
en. Wenn ich die Begeisterung dieser jungen Leute
ehe, dann weiß ich: Wir sind bei Bildung und For-
chung auf einem richtigen und guten Weg.

Zum Schluss. Die Zahlen sprechen eine deutliche
prache. Wir alle haben sie heute gehört. Deswegen
ann ich nicht verstehen, warum man mit so vielen An-
ägen – es liegen vier Anträge vor – den Geburtstag des
AföG ein bisschen an den Rand schiebt.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne die Anträge hätten wir gar nicht darüber debattiert!)






Dr. Philipp Murmann


(A) )


)(B)

Solche undurchdachten, unfinanzierbaren, undurchführ-
baren und zum Teil auch rechtlich gar nicht umsetzbaren
Forderungen können wir nicht unterstützen.

Wir wollen klare Linien. Irrwege werden wir nicht
mitgehen. Wir lehnen sie ab und bleiben bei unserem
Ziel: Vorfahrt für Bildung und Forschung. Das ist das
Markenzeichen der Politik dieser Bundesregierung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie fahren aber immer in eine Sackgasse damit!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712808100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 17/6372 und 17/7026 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. –
Dazu gibt es offenkundig Einvernehmen. Dann sind die
Überweisungen so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 29 c. Hier geht es um die Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät-
zung auf der Drucksache 17/7051.

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der SPD-
Fraktion auf der Drucksache 17/5899 mit dem Titel
„Notfallplan für die Hochschulzulassung zum Winterse-
mester 2011/2012 jetzt starten“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich der Stimme? – Die Beschlussempfehlung ist
mit Mehrheit angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung
des Antrags der Fraktion Die Linke auf der Drucksache
17/5475 mit dem Titel „Hochschulzulassung bundesge-
setzlich regeln – Sozialen Zugang und Durchlässigkeit in
Masterstudiengängen sichern“. Wer stimmt dieser Be-
schlussempfehlung zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Auch hier ist die Beschlussempfehlung
mit Mehrheit angenommen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 30 a und b auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Verbesserung der Eingliederungschancen
am Arbeitsmarkt

– Drucksachen 17/6277, 17/6853 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 17/7065 –

Berichterstattung:
Abg. Katja Mast

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 17/7068 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Axel E. Fischer Bettina Hagedorn Dr. Claudia Winterstein Roland Claus Priska Hinz b)

richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Mast,
Gabriele Lösekrug-Möller, Anette Kramme,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Arbeitsmarktpolitik an den Herausforde-
rungen der Zeit orientieren – Weichen für
gute Arbeit, Vollbeschäftigung und Fach-
kräftesicherung stellen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine
Zimmermann, Agnes Alpers, Jutta Krellmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Arbeitsmarktpolitik neu ausrichten und
nachhaltig finanzieren

– zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Markus Kurth, Katrin Göring-
Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Arbeitsmarktpolitik – In Beschäftigung und
Perspektiven investieren statt Chancen kür-
zen

– Drucksachen 17/6454, 17/5526, 17/6319,
17/7065 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Katja Mast

Die Aussprache soll nach einer interfraktionellen Ver-
inbarung eine Stunde dauern. – Das ist offenkundig
icht umstritten, sodass wir so verfahren können.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
undesministerin für Arbeit und Soziales, Frau Dr. von
er Leyen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
rbeit und Soziales:
Vielen Dank, Herr Präsident.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712808200

Vielleicht, Frau Ministerin, warten wir noch ein paar

ekunden, um den Schichtwechsel ordnungsgemäß ab-
uwickeln. – Bitte schön.

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
rbeit und Soziales:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Ge-

etz, das wir heute abschließend beraten, behandelt die





Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen


(A) )


)(B)

Instrumente der Arbeitsmarktpolitik. Wir wollen mit der
Neuordnung der Instrumente vor allen Dingen die Zahl
der Instrumente reduzieren; denn wir wissen, dass Ver-
mittlerinnen und Vermittler vor Ort aus dem Instrumen-
tenkasten ein bestimmtes Reservoir kennen und das dann
auch anwenden. Masse ist hier nicht gefragt – sie ver-
wirrt nur –, sondern Zielgenauigkeit. Wir wollen deshalb
auch mehr Flexibilität für die Vermittlerinnen und Ver-
mittler vor Ort ermöglichen. Schließlich haben wir die
Akzente verschoben. Über all das wollen wir heute de-
battieren.

Das Gesetz kommt zur rechten Zeit; denn die Nach-
frage nach Arbeit ist so hoch wie seit Jahren nicht mehr.
Das zeigt sich auch an allen Daten: Wir haben eine Re-
kordbeschäftigung, die höchste seit der Wiedervereini-
gung; es gibt 1 Million offene Stellen; die Arbeitslosig-
keit ist unter 3 Millionen gesunken; und es gelingt uns
inzwischen, die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit
langsam, aber sicher abzubauen. Das war viele, viele
Jahre nicht der Fall. Allein in den letzten fünf Jahren ist
die Zahl der Langzeitarbeitslosen von 1,7 Millionen fast
auf die Hälfte gesunken, nämlich auf 880 000. Das ist er-
freulich für die Menschen; das ist erfreulich für den Ar-
beitsmarkt. Es ist ein Zeichen der guten Bilanz der Bun-
desregierung unter Angela Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese gute Zeit am Arbeitsmarkt wollen wir nutzen
und die arbeitsmarktpolitischen Instrumente neu ausrich-
ten. Wir rechnen weiterhin mit einer stabilen Wirtschaft
und einem robusten Arbeitsmarkt, auch wenn wir wis-
sen, dass es internationale Risiken gibt. Trotzdem: Der
Arbeitsmarkt ist robust.

Wir müssen umstellen von dem Szenario der Massen-
arbeitslosigkeit, das wir lange hatten, auf das Szenario
„Wir suchen Fachkräfte“. Dazu müssen die Menschen
passgenau qualifiziert werden. Das heißt, wir müssen
auch die alten Förderrezepte, die in der Zeit der Massen-
arbeitslosigkeit funktioniert haben, sorgfältig überprü-
fen. Das haben wir getan. Wir räumen gewissermaßen
den Instrumentenkasten mit diesem Gesetz auf.

Wir wollen eine einfache Handhabung, wir wollen
passgenaue und individuelle Hilfen. Deshalb möchte ich
zwei Punkte aufgreifen, die oft in der Kritik sind, die
aber auch zeigen, wo die neuen Akzente liegen.

Wir gehen weg von der globalen Betrachtung der Ar-
beitslosen, insbesondere der Langzeitarbeitslosen, und
sagen nicht mehr: „Alle Instrumente müssen für alle pas-
sen“ – also nach dem Motto: „One fits all“, Instrumente
von der Stange –, sondern wir wollen Instrumente, die
personenzentriert, individuell und passgenau sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nehmen wir zum Beispiel die Gruppe der Alleiner-
ziehenden. Langzeitarbeitslose Alleinerziehende waren
über Jahre ein Block, in dem sich kaum etwas bewegt
hat, weil die Grundhaltung in etwa lautete: Sie hat ein
Kind; es lohnt sich sowieso nicht. – Wir haben im letzten
Jahr eine Umstellung vorgenommen und gesagt: Das
Motto muss lauten: Weil sie ein Kind hat, müssen wir

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(C (D afür sorgen, dass Kinderbetreuung gewährleistet ist, ass es familienfreundliche Arbeitsplätze gibt, dass etzwerke gebildet werden. – Wir stellen jetzt unter dem trich fest: Die Langzeitarbeitslosigkeit der Alleinerzieenden sinkt schneller als die Langzeitarbeitslosigkeit sgesamt. Dies zeigt: Die passgenaue Ausrichtung un erer Instrumente ist in dieser Zeit der richtige Weg. Immer wieder wird die Summe, die für die Instruente der Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung gestellt ird, kritisiert. Die sinkende Arbeitslosigkeit bringt mit ich, dass wir nicht mehr ein und dieselbe starre Summe usgeben müssen. Dennoch steht im Rahmen der Grundicherung in 2012 knapp 1 Milliarde Euro mehr für Einliederung und Verwaltung zur Verfügung, als es im Jahr 007 der Fall war. Alle wissen: Dazwischen gab es eine rise und ein Konjunkturpaket gegen Arbeitslosigkeit. er Vergleich zeigt: Heute steht 1 Milliarde Euro mehr ur Verfügung. Damals gab es aber 660 000 Langzeitrbeitslose mehr als heute. Das heißt, wir stellen mehr ittel zur Verfügung, obwohl es weniger Arbeitslose ibt und der Arbeitsmarkt deutlich aufnahmefähiger ist. s geht also nicht nur um die Masse der Instrumente. Es eht vor allen Dingen um Zielgenauigkeit und Präzision. Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage oder wischenbemerkung zu? Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für rbeit und Soziales: Nein. Wir sind am Anfang der Debatte. Im Laufe der iskussion können alle Argumente ausgetauscht weren. In der Grundsicherung für Arbeitsuchende verändern ir etwas, gerade mit Blick auf die öffentlich geförderte eschäftigung. Wir gehen weg von der Dauerförderung ünstlich geschaffener Arbeitsplätze. Sie waren in der eit der Massenarbeitslosigkeit richtig. Sie sind für enschen, die überhaupt keine Chance am Arbeitsmarkt aben, auch heute noch richtig. Aber in einer Zeit, in der uf dem ersten Arbeitsmarkt händeringend Arbeitskräfte esucht werden, dürfen sie nicht weiterhin das dominiende Instrument sein. Die Untersuchungen der vergangenen Jahre haben geeigt, dass zu häufig die Falschen künstlich geförderte rbeitsplätze hatten und Menschen dadurch sogar Chan en, in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukehren, verasst haben. Deshalb verfahren wir nicht mehr nach dem ießkannenprinzip. Wir sagen zum Beispiel: Es muss enau begründet werden, warum jemand einen 1-Euroob braucht. Dann kann er auch zur Verfügung gestellt erden. Dies darf aber nicht mehr mit der bisherigen auschalität und in der bisherigen Größenordnung gechehen. Ich glaube, das ist eine richtige Umstellung. Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712808300

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Wir müssen weg von der künstlich geförderten Be-
schäftigung und viel stärker auf Weiterbildung und Qua-
lifizierung setzen, damit die Menschen aufgrund ihrer
Qualifikation Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt fin-
den. Deshalb investieren wir bei weniger als 3 Millionen
Arbeitslosen 3 Milliarden Euro in Weiterbildung und,
insbesondere mit Blick auf Jugendliche, 3,2 Milliarden
Euro in den Bereich des Übergangs von Schule, Ausbil-
dung und Beruf. Dadurch helfen wir passgenau den jun-
gen Menschen, die, obwohl es derzeit viele offene Lehr-
stellen gibt, noch nicht die richtige Lehrstelle gefunden
haben. 500 000 jungen Menschen greifen wir damit un-
ter die Arme.

Ich glaube, wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt,
der zur rechten Zeit kommt, die richtigen Akzente setzt
und die richtige Politik unterstreicht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712808400

Hubertus Heil ist der nächsten Redner für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1712808500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Frau Ministerin, was wir gerade erlebt haben, war
der Versuch einer doppelten Täuschung der deutschen
Öffentlichkeit. Ich will Ihnen sagen, warum. Das, was
Sie uns eben geboten haben, war der Versuch, für eine
Kürzungspolitik, die Sie mit dem schön klingenden Be-
griff „Instrumentenreform“ verschleiern, eine Sprache
zu finden. Aber die Wahrheit ist: Es geht Ihnen nicht um
zielgenaue arbeitsmarktpolitische Instrumente, sondern
um die Anpassung der Instrumente an Ihre Kürzungsbe-
schlüsse aus dem letzten Jahr. Das war der erste Versuch
der Täuschung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Iris Gleicke [SPD]: So ist das leider! Leider wahr!)


Frau Ministerin, weil Sie, wie so oft, so mit Zahlen
hantiert haben, wie es Ihnen gerade in den Kram passt
– ich frage mich übrigens, warum Sie nicht 2008 als Re-
ferenzjahr genannt haben; denn 2008 war das Jahr vor
der Krise, nicht 2007 –, will ich Ihnen und der deutschen
Öffentlichkeit sagen, was in den Jahren bis 2015 gesche-
hen wird – die Kürzungspolitik zulasten langzeitarbeits-
loser und arbeitsloser Menschen, die Sie in den nächsten
Jahren fortsetzen, kann man nämlich, wenn man die
Zahlenwerke insgesamt betrachtet, eindrucksvoll bele-
gen –: Sie kürzen erstens im Bereich des SGB II, also
zulasten von langzeitarbeitslosen Menschen, bis 2015,
also innerhalb von vier Jahren, allein 8 Milliarden Euro
bei der Eingliederung. Sie kürzen zweitens durch die so-
genannte Instrumentenreform zusätzlich 7,5 Milliarden
Euro. Das macht zusammen „round about“ 15 Milliar-
den Euro zulasten von Langzeitarbeitslosen.

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(C (D Zusätzlich haben Sie schon Kürzungen im Bereich er Arbeitslosenversicherung auf den Weg gebracht, ämlich 13 Milliarden Euro bis 2015 weniger durch das ogenannte Sparpaket und des Weiteren 12,15 Milliaren Euro durch den Entzug eines halben Mehrwertsteurpunktes. Frau Ministerin, Sie können sich nicht hier hinstellen nd sagen, es werde gar nicht gekürzt. enn man das, was Sie im Bereich der aktiven Arbeitsarktpolitik jetzt auf den Weg bringen, alles zusammen ählt, dann stellt man fest, dass Sie in vier Jahren 0 Milliarden Euro zulasten von langzeitarbeitslosen enschen kürzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall der Abg. Katja Mast [SPD])


Damit bin ich, weil ich davon gesprochen habe, dass
as eine doppelte Täuschung ist, bei einem weiteren
unkt, der in Ihrer Rede wieder zum Vorschein gekom-
en ist. Frau von der Leyen, es ist eine Milchmädchen-
chnung – ich kann Ihnen diesen Begriff nicht ersparen –,


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Ganz schön sexistisch! – Gegenruf der Abg. Iris Gleicke [SPD]: Es gibt auch Milchbuben!)


enn Sie nach dem Motto verfahren: Da es weniger Ar-
eitslose gibt, braucht es auch weniger Mittel. – Tatsa-
he ist: Wir bekommen in Deutschland einen tief gespal-
nen Arbeitsmarkt. Während auf der einen Seite immer
ehr Unternehmen aufgrund der Auswirkungen des de-
ografischen Wandels am Arbeitsmarkt händeringend
achkräfte suchen werden, haben wir nach wie vor einen
erfestigten Sockel von Dauer- und Langzeitarbeitslo-
igkeit. Jeder, der sich in der Materie ein bisschen aus-
ennt, weiß, dass die Menschen, die drei, vier, fünf,
echs Jahre und länger arbeitslos sind, begleitende Hil-
n, Qualifizierung und Maßnahmen brauchen, um zu ei-

em selbstbestimmten Leben in Beschäftigung zu kom-
en.

Frau von der Leyen, wenn Sie uns schon nicht glau-
en, dann glauben Sie wenigstens den Profis der Bun-
esagentur für Arbeit, die das letzte Woche deutlich ge-
acht haben. Wenn Sie uns schon nicht glauben, dann

lauben Sie den Wohlfahrtsverbänden und den arbeitge-
ernahen oder arbeitnehmernahen Weiterbildungsträ-
ern an diesem Punkt. Sie sagen Ihnen: Was Sie jetzt
achen, ist eine Zerstörung von Maßnahmen und Struk-
ren. Die langzeitarbeitslosen Menschen werden von
nen abgehängt, und zwar dauerhaft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau von der Leyen, wenn Sie das fiskalisch damit be-
ründen – Sie könnten das ja –: „Es ist weniger Geld da;
ir müssen auch bei mir sparen“, dann sage ich Ihnen ei-
es: Kurzfristig bewirken diese Kürzungen im Haushalt
chöne Zahlen bei Ihnen und bei Herrn Schäuble. Aber
ngfristig läuft das Ganze auf eines hinaus: Diese Ge-





Hubertus Heil (Peine)



(A) )


)(B)

sellschaft findet sich mit Langzeitarbeitslosigkeit ab.
Wir lassen die Menschen im Transfer mit allen Folge-
kosten, die das hat.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr, Herr Heil!)


Das wird für den Staat und die Gesellschaft verdammt
teuer.

Reden wir einmal über die Menschen, die das, was
Sie hier an Kürzungen machen, betrifft. Wer sind denn
die Langzeitarbeitslosen in dieser Zeit in diesem Land?
Das sind die jungen Menschen, die aufgrund von Proble-
men in den Familien oder Fehlleistungen im Bildungswe-
sen keine anständige Qualifikation haben. 65 000 junge
Menschen verlassen Jahr für Jahr unsere Schulen ohne
Schulabschluss. 1,5 Millionen Menschen zwischen
20 und 30 Jahren haben keine berufliche Erstausbildung.
Und was machen Sie? Sie hängen diese Jugendlichen
dauerhaft ab. Sie schaffen dauerhaften Nachwuchs für
Hartz IV, indem Sie beispielsweise den Qualifizierungs-
zuschuss vollständig streichen. Das, Frau von der Leyen,
müssen Sie sich zurechnen lassen. Sie spalten den Ar-
beitsmarkt in einer Zeit des Fachkräftebedarfs, indem
Sie junge Menschen dauerhaft zurücklassen.


(Beifall bei der SPD)


Und was machen Sie noch? Wir haben ein bewährtes
Instrument – nach allen Expertenmeinungen ist es ein
gutes Instrument –, das beispielsweise Arbeitslosen in
der Vergangenheit die Möglichkeit eröffnet hat, nicht nur
in reguläre Beschäftigung zu kommen, sondern auch,
sich selbstständig zu machen, nämlich den Gründungs-
zuschuss. Viele Arbeitslose konnten sich mit dieser Hilfe
selbstständig machen. Das ist also ein Instrument sowohl
der Arbeitsmarkt- als auch der Wirtschaftsförderung, das
bewirkte, dass auch noch weitere Arbeitsplätze geschaf-
fen wurden. Sie jedoch trocknen dieses Instrument in
wesentlichen Teilen aus. Auch das wird Folgen haben.

Frau Ministerin, ich kann Ihnen an dieser Stelle eines
nicht ersparen – das Motto „Warme Worte, kalte Taten“
kennen wir ja schon; auch heute haben wir es wieder er-
lebt –: Ich befürchte langsam, dass in den Reihen der
schwarz-gelben Koalition möglicherweise ein Men-
schenbild zu finden ist, das klammheimlich davon aus-
geht, dass es einen großen Sockel von Langzeitarbeitslo-
sigkeit, von Menschen gibt, die man gar nicht mehr in
Beschäftigung bringen mag und die man mit sozialem
Transfer abspeisen will.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Herr Heil, das, was Sie heute erzählen, ist unter Ihrem Niveau!)


Ich sage Ihnen: Wir bleiben bei dem Grundsatz „För-
dern und Fordern“. Wir sagen: Fördern und Fordern ist
richtig. Es ist zwar richtig, zu sagen, dass sich Menschen
selbst anstrengen müssen. Aber Menschen, die beson-
dere Vermittlungshemmnisse haben, brauchen an diesem
Punkt Unterstützung.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das tun wir!)


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(C (D Damit, dass Sie bis 2015 40 Milliarden Euro im Beich der aktiven Arbeitsmarktpolitik streichen, sagen ie diesen Menschen Folgendes: Bleibt draußen, nehmt ie Stütze, bleibt in Arbeitslosigkeit! – Was das für die etroffenen Menschen und übrigens auch für die Kinder ieser Familien bedeutet, die in einer solchen Situation ind und nicht erleben, dass es einen regulären Tagesabuf gibt und dass Menschen würdig in Arbeit kommen nd von ihrer eigenen Hände Arbeit leben können, intessiert Sie offensichtlich nicht. Angesichts der zerstöreschen Wirkung, die Sie durch diese Kürzungspolitik erursachen, werden und müssen wir das spätestens 013 korrigieren. Darauf kann sich die deutsche Öffentchkeit verlassen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau von der Leyen, ich finde es schier unerträglich,
ass Sie hier – das tun Sie auch sonst verstärkt – die
ortvernebelungsmaschine angeworfen haben. Das tun

ie in Talkshows, wie gestern Abend im Politikmagazin
arkus Lanz, und das tun Sie auch heute hier im Deut-

chen Bundestag wieder. Ich kann Ihnen diesen Vorwurf
icht ersparen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712808600

Herr Kollege.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1712808700

Wir haben gestern Seine Heiligkeit hier erlebt. Heute

aben wir hier Ihre Scheinheiligkeit erlebt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das war nun wirklich unter allem, was es an Niveau gibt! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Getroffene Hunde bellen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712808800

Na ja. – Jetzt hat jedenfalls der Kollege Johannes

ogel für die FDP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1712808900

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Herr Heil, ich glaube, Ihre letzte Bemer-
ung richtet sich selbst.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich will Ihnen sagen, was ich unerträglich finde: Un-
rträglich finde ich es, wie Sie hier die Öffentlichkeit
uschen. Ich will nur einmal auf die Lage auf dem deut-

chen Arbeitsmarkt hinweisen: Wir haben unter 3 Mil-
onen Arbeitslose. Das ist so wenig wie seit 20 Jahren
icht mehr.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ie Sockelarbeitslosigkeit, die Zahl derjenigen, die lang-
eitarbeitslos mit einer schlechten Perspektive sind,





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)

sinkt in diesem Aufschwung, lieber Herr Heil. Man kann
sich bei der Jugendarbeitslosigkeit ja auch einmal die
Vergleichszahlen in den Ländern anschauen, in denen
Sie in der Landesregierung Verantwortung tragen, zum
Beispiel hier in Berlin.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie haben für Ihre Konzepte 1,8 Prozent bekommen, lieber Herr Vogel!)


Die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland ist die nied-
rigste aller großen Industrienationen in Europa.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Frankreich und auch Schweden haben eine doppelt so
hohe Jugendarbeitslosigkeit wie wir, lieber Herr Heil.

Gerade in dieser Lage sagt die Koalition eben nicht:
„Auf dem Arbeitsmarkt läuft alles gut“, sondern wir
widmen uns jetzt der Aufgabe, allen Menschen eine Per-
spektive zu geben.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Deshalb kürzen Sie bei der Arbeitsmarktförderung!)


Das ist auch der Gedanke, der hinter dieser Instrumen-
tenreform steht. Wir wollen die Arbeitsmarktvermittlung
besser machen. Dieser Gesetzentwurf ist ein sehr guter
Beitrag auf diesem Weg.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie nennen immer wieder die Zahlen. Das klingt na-
türlich auch erst einmal gut. Sie addieren die Milliarden-
beträge, die möglicherweise zurückgenommen werden.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: „Möglicherweise“? – Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Das ist beschlossen!)


Herr Heil, Sie vergessen aber, darauf hinzuweisen, dass
die einzig seriöse Betrachtung von Zahlen in diesem Fall
darin liegt, zu ermitteln, wie viel Geld pro Arbeitslosen
zur Verfügung steht.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)


Lieber Herr Heil, ich kann nur sagen: Wir stellen uns der
Aufgabe, den Haushalt zu konsolidieren.

Ich will auch auf die großen Risiken für den Arbeits-
markt hinweisen. Wir befinden uns mitten in der euro-
päischen Schuldenkrise. Wir konsolidieren den Haus-
halt, Sie wollen Schulden vergemeinschaften. Während
wir konsolidieren, sorgen wir dafür, dass nicht an der fal-
schen Stelle gespart wird.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Deshalb treiben Sie die EZB auch in Staatsanleihen!)


Lieber Herr Heil, pro Langzeitarbeitslosen steht in
diesem und im nächsten Jahr genauso viel Geld wie
2008 zur Verfügung, als Sie noch Regierungsverantwor-
tung getragen haben. Das ist die Wahrheit. Alles andere
ist eine Täuschung der Öffentlichkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie haben von der Gefahr der Spaltung des Arbeits-
marktes gesprochen.

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(C (D (Katja Mast [SPD]: Wie sieht es denn für die Langzeitarbeitslosen aus?)


as ist richtig. Ich kann Ihnen aber sagen, was das Beste
t, um einer Spaltung vorzubeugen, nämlich in Qualifi-
ation zu investieren.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Darum kürzen Sie jetzt gerade!)


er Arbeitsmarkt wird nicht durch Flexibilität gespalten,
ondern durch die mangelnde Qualifikation von einigen

enschen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja!)


Ich schaue mir einmal die Zahlen an: 2005 hatten wir
Millionen Arbeitslose, in diesem Jahr sind es unter
Millionen. 2005 war das letzte Regierungsjahr von
ot-Grün. Dieses Jahr geben wir 1 Milliarde Euro mehr
r Qualifikation aus, als Sie das 2005 getan haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört!)


Von wegen schlechte Perspektive und gespaltener Ar-
eitsmarkt! Das war Ihre Politik. Wir machen eine an-
ere.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2005 ist das Gesetz in Kraft getreten! Das ist das Letzte!)


In den letzten zwei Minuten will ich noch ein paar
ätze zum Gesetzentwurf selbst sagen. Es geht in der Tat
arum, dass wir den Instrumentenkasten aufräumen. Wir
agen: Es ist richtig, auf Instrumente zu verzichten, mit
enen Menschen nicht in Arbeit gebracht werden. Des-
alb ist es eine gute Nachricht, dass zum Beispiel das In-
trument ABM wegfällt, was nie ein erfolgreiches In-
trument war,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Und der Gründungszuschuss? Und der Qualifizierungszuschuss?)


nd dass wir uns gleichzeitig auf die Instrumente kon-
entrieren, durch die den Menschen wirklich eine Per-
pektive gegeben wird. Das ist der Gedanke, der hinter
iesem Gesetzentwurf steht. So etwas legen wir hier vor.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will noch auf einen anderen Aspekt eingehen. Ich
eue mich nämlich – das sage ich besonders für meine
raktion –, dass wir auch die privaten Arbeitsvermittler

Instrumentenkasten der Arbeitsvermittlung erhalten
onnten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!)


s geht darum, kreative Konkurrenz im Markt zu haben,
nd zwar Konkurrenz um die besten Lösungen, wie wir
en Menschen eine Perspektive geben können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


iebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich
hne schon, was gleich kommen wird. Es wäre für das





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)

Niveau unserer Debatte – das sage ich offen – schön,
wenn wir auf derselben Grundlage ehrlich miteinander
diskutieren würden.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten wir auch gerne!)


Deshalb, Frau Kollegin Pothmer, würde ich mich freuen,
wenn Sie gleich darauf verzichten würden, hier wieder
die Lüge zu erzählen, das sei ein schlechtes Instrument.
Die Evaluation des IAB hat ergeben: Das ist ein gutes
Instrument. Es bringt nämlich Menschen in Beschäfti-
gung. Deswegen erhalten wir es.

In der Tat wollen wir auch bei der öffentlich geförder-
ten Beschäftigung dafür sorgen, dass diese nicht das In-
strument der ersten Wahl ist, zum Beispiel für junge
Menschen, sondern dass es um Qualifikation geht und
dass wir uns in der öffentlich geförderten Beschäftigung
auf die konzentrieren, die sie wirklich brauchen und sie
in diesem Bereich wirkungsvoll halten. Mein Kollege
Kober wird dazu gleich etwas sagen.

Zum Schluss will ich einen Aspekt, auf den Sie gar
nicht eingehen – ich kann verstehen, warum –, hier in
der Debatte anführen. Ich meine den Paradigmenwech-
sel bei der Förderung der Weiterbildung von beschäftig-
ten Arbeitnehmern. Wir stellen uns mit diesem Gesetz-
entwurf auch der Aufgabe, den Arbeitsmarkt der
Zukunft zu bauen. Es wird Regionen geben – diese gibt
es in diesem Land auch schon heute –, in denen Vollbe-
schäftigung herrscht. Die Frage ist hier: Wie reagieren
wir auf den Fachkräftemangel?

Wir schaffen hier einen echten Paradigmenwechsel.
Erstmalig wird nicht nur die Möglichkeit geschaffen, die
Weiterbildung von beschäftigten Arbeitnehmern, von
Geringqualifizierten und Älteren weiter zu finanzieren,
sondern auch die Möglichkeit, dass alle Arbeitnehmer
von kleinen und mittleren Unternehmen in diesem Land
– bei denen ist die Weiterbildungsquote nicht so hoch
wie bei den Konzernen – durch die Bundesagentur für
Arbeit teilgefördert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Das ist eine echte Innovation, die Sie nie geschafft ha-
ben. Wir stellen uns der Aufgabe, auf den Fachkräfte-
mangel und das Problem von mangelnder Qualifikation,
das eine Spaltung des Arbeitsmarkts bewirkt, zu reagie-
ren. Dieser Gesetzentwurf bringt einen echten Paradig-
menwechsel.

Sie haben nichts Besseres zu tun, als über angebliche
Haushaltskürzungen zu reden. Man könnte das schon als
Kompliment sehen: Was man an diesem Gesetzentwurf
inhaltlich kritisieren könnte, fällt Ihnen offenbar nicht
ein. Ich bin gespannt, ob dazu im Laufe der Debatte et-
was kommt. Ich rechne nicht wirklich damit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Ich erteile der Kollegin Sabine Zimmermann das ort, Fraktion Die Linke. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wir sollen uns heute abschließend mit dem on der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines esetzes zur Verschlechterung der Eingliederungschan en am Arbeitsmarkt beschäftigen. Ach, ich habe mich versprochen, Entschuldigung. Ich eine natürlich: zur Verbesserung. (Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP: Ah!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712809000

(Beifall bei der LINKEN)

Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1712809100

(Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU)


och, ich habe ganz bewusst ausgesprochen – das hat
ei Ihnen auch Wirkung gezeigt –, was die Sozialver-
ände, Gewerkschaften, Erwerbsloseninitiativen und die
ehrheit der Bürgerinnen und Bürger von diesem Ge-

etz denken.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Rhetorisches Feuerwerk!)


Die Bundesregierung sorgt damit nur ein weiteres
al für einen gigantischen Kahlschlag in der Arbeits-
arktpolitik, und das auf dem Rücken von erwerbslosen
enschen in diesem Land. Während der Rettungsschirm
r die Banken immer größer wird, drückt die Bundesre-

ierung den vielen erwerbslosen Menschen nur einen
leinen löchrigen Knirps in die Hand. Das ist ungerecht,
ber das ist Ihre Politik. Dabei machen wir nicht mit.


(Beifall bei der LINKEN)


Selbst in Zeiten des Aufschwungs gelingt es nicht,
angzeitarbeitslose in nennenswerten Größenordnun-
en in Beschäftigung zu bringen. Ihr Anteil an allen Er-
erbslosen blieb im August mit 33 Prozent genauso wie
Vorjahr. Damit liegt Deutschland deutlich über dem

urchschnitt der europäischen Länder. Nur die Slowakei
at einen noch höheren Anteil langzeitarbeitsloser Men-
chen. Mit Ihrem Gesetz zur vermeintlichen Verbesse-
ng der Eingliederungschancen werden Sie es bald

chaffen, den Spitzenplatz in Europa zu erobern. Dazu
önnen wir nur sagen: Glückwunsch! Deutschland, das
and der Langzeitarbeitslosen! – Das ist Ihr Verdienst
on Ihrer Regierung, meine Damen und Herren der
chwarz-gelben Koalition.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte noch etwas zu den absoluten Zahlen sa-
en. Im Juni betrug die offizielle Zahl der Langzeitar-
eitslosen im Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für
rbeit 868 000. Im Juli belief sich diese Zahl dann auf
62 000. Nun fragen Sie bestimmt, warum, Herr Vogel,
er Sie uns so schön Ihre Rechnungen aufmachen. Ich
ann Ihnen sagen, woran es liegt. Erstmals konnten näm-
ch Langzeitarbeitslose ausgewiesen werden, die von
en Optionskommunen betreut werden. All die Jahre zu-





Sabine Zimmermann


(A) )


)(B)

vor – das waren sieben Jahre; seit dieser Zeit bestehen
die Optionskommunen – wurden sie vor der Öffentlich-
keit offenbar versteckt.

Ich frage mich: Was ist hier los?


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ein Skandal!)


Genau genommen weiß man gar nicht genau, wie viele
Arbeitslose es in unserem Land gibt. Außerdem gibt es
noch die knapp 100 000 über 58-jährigen arbeitslosen
Hartz-IV-Bezieher – die Sie vergessen haben, Herr Vogel –,
die aus der Statistik herausgefallen sind,


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Wir haben aber an der Statistik überhaupt nichts verändert!)


weil sie in den letzten zwölf Monaten kein Jobangebot
vom Jobcenter bekommen haben.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist unerhört!)


Ich frage mich: Was ist hier los? Wie wollen Sie uns
darstellen, dass die Arbeitsmarktpolitik greift und die
Arbeitslosigkeit zurückgeht? Wenn etwas in Bewegung
ist, dann sind es nicht die Langzeitarbeitslosen auf dem
Weg in ihren neuen Job, sondern allenfalls die Statisti-
ken. Nur 2,2 Prozent der Langzeitarbeitslosen gelang es
in den letzten zwölf Monaten, in einen Job zu kommen.
Von großen Erfolgen am Arbeitsmarkt, insbesondere für
Langzeitarbeitslose, zu reden, halten wir für Augenwi-
scherei.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie, allen voran unsere Ministerin Frau von der Leyen,
verschließen die Augen vor der Realität.

Vor allem Langzeiterwerbslose benötigen dringend
Weiterbildung und Qualifizierung, um eine Chance auf
einen Job zu erhalten. Das wurde heute schon mehrfach
angesprochen. Die Hälfte von ihnen verfügt nicht über
eine abgeschlossene Berufsausbildung. Doch die Maß-
nahmen zur Weiterbildung und Qualifizierung haben Sie
bereits in diesem Jahr drastisch zusammengestrichen.
Die Teilnehmerzahlen sind um 36 Prozent zurückgegan-
gen, Herr Vogel.

Gleichzeitig redet die Regierung, auch Sie, Herr
Vogel, von einem Fachkräftemangel. Auf der einen Seite
werden die Gelder für aktive Maßnahmen gestrichen.
Auf der anderen Seite jammern Sie auf hohem Niveau,
dass wir einen Fachkräftemangel haben. Ich bitte Sie,
das passt doch nicht zusammen.

Die Linke steht für eine andere Arbeitsmarktpolitik.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Das glaube ich!)


Ich denke, das wird Sie nicht wundern. Dazu haben wir
einen Antrag eingebracht, den Sie vielleicht einmal lesen
sollten.

Notwendig ist eine Reform der Arbeitsmarktinstru-
mente – darin sind wir uns einig –, die aber nicht auf Bil-

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(C (D gmaßnahmen und Vermittlung in prekäre Beschäftiung setzt und damit lediglich die Arbeitslosenstatistik ereinigt. Es gilt, Qualifizierung und Vermittlung in gute rbeit zu stärken. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Linke möchte nachhaltige Maßnahmen stärken,
ie am individuellen tatsächlichen Bedarf der Betroffe-
en ausgerichtet sind. Damit verbunden sind Rechtsan-
prüche der Betroffenen auf Fördermaßnahmen. Insbe-
ondere müssen die Erwerbslosen mit den größten
chwierigkeiten am Arbeitsmarkt besser unterstützt wer-
en: Ältere, Menschen mit Behinderungen, aber auch
angzeiterwerbslose. Denn diese Gruppen sind die gro-
en Verlierer der letzten Jahre und werden dies aufgrund
res Gesetzentwurfs auch weiter sein.

Die Bundesagentur für Arbeit darf von der Bundesre-
ierung nicht weiter in die chronische Unterfinanzierung
etrieben werden. Damit meine ich die Abschaffung der
efizithaftung des Bundes, die vorgesehene Reduzie-
ng des Beitrages zur Arbeitsförderung und die Strafge-

ühr beim Übergang vom Arbeitslosengeld I in Hartz IV.
ie pressen die Bundesagentur für Arbeit aus wie eine
itrone. Das geht zulasten der erwerbslosen Menschen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zudem darf die Arbeitsverwaltung nicht länger Motor
r prekäre Beschäftigung sein. Wir fordern eine Neuge-

taltung der Zumutbarkeitsregelungen und eine bessere
bsicherung gegen Arbeitslosigkeit, um dem Druck zur
ufnahme von niedrig entlohnter und nicht qualifika-
onsgerechter Beschäftigung entgegenzuwirken. Denn
s kann nicht sein, dass Menschen in Arbeit vermittelt
erden und zusätzlich Hartz IV beziehen müssen. Damit
uss endlich Schluss sein in diesem Land!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Statt die öffentlich geförderte Beschäftigung einzu-
tampfen, wie es die Regierung derzeit tut, wollen wir
eue Rahmenbedingungen für gute öffentlich geförderte
eschäftigung schaffen, um Langzeiterwerbslosen eine
erspektive zu geben. Dies sind eben nicht 1-Euro-Jobs;
s geht vielmehr um sinnvolle zusätzliche Arbeit, von
er man leben und seine Familie ernähren kann.

Die Arbeitsverwaltung wurde in den letzten Jahren
mer mehr zu einem System umgestaltet, das sich aus-

chließlich negativ definiert: über Sperrzeiten, Sanktio-
en und wenig Förderung. Dieser falsche Weg muss ein
nde haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Solange Sie mit Ihrem vorgelegten Gesetzentwurf die
hancen von langzeitarbeitslosen Menschen so drama-
sch verschlechtern, werden wir als Linke nie zustim-
en.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1712809200

Das Wort erhält nun die Kollegin Brigitte Pothmer,

Bündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1712809300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der hier

heute vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich nicht an
den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Der hier heute
vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich am Rotstift-
diktat des Finanzministers.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dem werden jedenfalls wir nicht zustimmen.

Sie behaupten immer, Herr Vogel und Frau von der
Leyen, dass die vorgesehenen Einsparungen durch Effi-
zienz und Zielgenauigkeit aufgefangen werden. Diese
Effizienz und diese Zielgenauigkeit wollen Sie dadurch
erreichen, dass die Entscheidungskompetenz der Jobcen-
ter gesteigert wird. Deswegen werden Pflichtleistungen
in Ermessensleistungen umgewandelt. Jetzt will ich Ih-
nen einmal am Beispiel des Gründungszuschusses erläu-
tern, wie das aussieht. Beim Gründungszuschuss sollen
5 Milliarden Euro eingespart werden; das sind 83 Pro-
zent des Etats. Die Ausweitung der Entscheidungskom-
petenz vor dem Hintergrund dieser Einsparungen ist
nichts anderes, als dass Sie die Drecksarbeit der Ableh-
nung nach unten verlagern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Es gibt aber interessanterweise eine Ausnahme: Die Ver-
mittlungsgutscheine für private Vermittler werden nicht
in eine Ermessensleistung umgewandelt. Die Vermitt-
lungsgutscheine für private Vermittler sind so etwas wie
die Mövenpick-Steuer der Arbeitsmarktpolitik.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist in gleicher Weise arm und billig!)


Das ist das einzige Instrument, das nicht zur Ermessens-
leistung wird.

Sie sind angetreten, um den Instrumentenkasten nach
dem Prinzip der Effizienz zu organisieren. Wie sieht die
Effizienz bei den privaten Vermittlern eigentlich aus? Im
Jahr 2010 sind 634 000 Vermittlungsgutscheine ausgege-
ben worden. Eingelöst worden sind davon 50 000. Das
entspricht 7,9 Prozent.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Ja und?)


Arbeit haben davon nur 4,2 Prozent gefunden. Das ist
das Prinzip der Effizienz à la FDP.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD] – Lachen des Abg. Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP])


Ich will hier aber gar nicht den Eindruck erwecken, als
würden schon mit dem Ausgeben des Vermittlungsgut-
scheines Kosten fällig, auch wenn damit durchaus Be-

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(C (D tungsund Bürokratieaufwand verbunden ist. Aus Seositätsgründen will ich hier deutlich machen: Die rovision wird erst gezahlt, wenn jemand tatsächlich echs Wochen in Arbeit ist. Herr Vogel, was ist an ,2 Prozent effizient? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


as hier ist kein Effizienzinstrument; das ist Wahl-
ampfhilfe für die FDP.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: So viele Wahlen gibt es auch nicht!)


o viele private Vermittler gibt es aber gar nicht, um der
DP über die Fünfprozenthürde zu helfen. Hinzu kommt
och – das besagt im Übrigen auch die IAB-Studie –,
ass die privaten Vermittler im Wesentlichen den Rahm
bschöpfen. Die wirklich schweren Fälle bleiben bei der
undesagentur für Arbeit und bleiben bei den Jobcen-
rn.

Aber die schwer Vermittelbaren interessieren Sie ja
owieso nicht; die haben Sie längst abgeschrieben. Die-
er Gesetzentwurf konzentriert sich auf diejenigen, die
hne großen Unterstützungsbedarf in den ersten Arbeits-
arkt kommen. Frau von der Leyen, es geht Ihnen da-
m, sich im schönen Schein der durch die Konjunktur

bnehmenden Arbeitslosenzahlen zu sonnen. Ich sage
nen: Wo Sonne ist, da ist auch Schatten.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Lessing!)


h finde, die Aufgabe einer Arbeitsministerin besteht
arin, sich diesem Schatten einmal zuzuwenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


as wir nämlich nicht brauchen, ist eine Schattenkanz-
rin. Was wir brauchen, ist eine Arbeitsministerin, die

ich genau um diese Schattenseiten kümmert, und das
ind die schwer Vermittelbaren,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


as sind die gesundheitlich Eingeschränkten, das sind
ie ohne Ausbildung, das sind die Älteren, und das sind
ie Alleinerziehenden.

Frau von der Leyen, wenn Sie hier auftreten und sa-
en, die Zahl der Arbeitslosen unter den Alleinerziehen-
en sei überproportional zurückgegangen, dann kann ich
ur sagen: Das stimmt nicht. Genauso stimmt Ihre Rech-
ung nicht, dass Sie pro Kopf mehr als in den Jahren zu-
or ausgeben werden. Wenn Sie allerdings das Jahr 2005
um Referenzjahr nehmen, also das Jahr, in dem diese
egelung eingeführt worden ist und die Jobcenter im
ufbau begriffen waren, dann zeigt das den Mangel an
eriosität in Ihrer Argumentation.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie Zahl, die wirklich relevant ist, ist folgende: Die Zahl
er Langzeitarbeitslosen ist im letzten Jahr um 4 bis 5 Pro-





Brigitte Pothmer


(A) )


)(B)

zent gesunken. Aber Sie kürzen in diesem Bereich um
25 Prozent. Sie können vieles außer Kraft setzen, nicht
aber Adam Riese.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Probleme, die wir heute auf dem Arbeitsmarkt
haben, sind grundsätzlich anderer Natur als vor zwei
Jahren. Heute sind die Menschen arbeitslos, nicht weil
Arbeitsplätze fehlen, sondern weil ihnen die Qualifika-
tion für die vorhandenen Arbeitsplätze fehlt. Es ist Auf-
gabe der Arbeitsmarktpolitik, das zu verändern. Wenn
das nicht gelingt, dann hat die Arbeitsmarktpolitik ver-
sagt. Fachkräftemangel bei gleichzeitig hoher Arbeits-
losigkeit, das ist das Versagen der verantwortlichen
Ministerin. Dafür tragen Sie die Verantwortung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Anhörung hat das noch einmal deutlich gemacht.
Alle fordern eine Rücknahme der Kürzungen, aber auch
eine qualitative Verbesserung. Wir brauchen einen bes-
seren Personalschlüssel. Wir brauchen besser qualifizier-
tes Personal in den Jobcentern. Wir brauchen Qualifizie-
rungsmaßnahmen insbesondere für Geringqualifizierte,
die zu einem Abschluss führen. Wir brauchen die volle
Finanzierung von Umschulungen, besonders in nachge-
fragten Berufen wie in der Pflege. Welchen Sinn macht
es eigentlich, dass die Kosten der Umschulungen hier
nicht übernommen werden? Tatsächlich ist jede Um-
schulung im Pflegebereich mit einer Jobgarantie verbun-
den.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dazu finden wir in Ihrem Gesetzentwurf nichts, rein gar
nichts. Mit diesem Gesetz treiben Sie die Spaltung des
Arbeitsmarktes und damit auch die Spaltung in der Ge-
sellschaft voran. Leider hat der Änderungsantrag, den
die Fraktionen vorgelegt haben, daran nicht wirklich et-
was geändert. Deswegen werden wir diesem Gesetzent-
wurf nicht zustimmen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712809400

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt der Kollege

Karl Schiewerling.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1712809500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es amüsant, dass
sich die Opposition an unserer Bundesarbeitsministerin
in persönlichen Fragen handfest abarbeitet. Sie scheint
eine so gute Politik zu machen, dass Sie, meine Damen
und Herren von der Opposition, nur noch mit Schlägen
unterhalb der Gürtellinie operieren können.

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(C (D (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


h sage es Ihnen sehr deutlich: Auch Sie, Frau Kollegin
othmer, können Adam Riese nicht außer Kraft setzen.
Millionen Arbeitslose sind nun einmal mehr als knapp

Millionen Arbeitslose.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


enn Sie die Zahlen nicht zur Kenntnis nehmen wollen,
ann nenne ich Ihnen hier in der Öffentlichkeit die Zah-
n noch einmal: 2006 gab es 5 Millionen Arbeitslose.
ir haben damals 1 643 Euro pro Kopf ausgegeben. Wir
erden im Jahr 2011 2 524 Euro pro Kopf ausgeben,
amit Langzeitarbeitslose bzw. Arbeitslose in den Ar-
eitsmarkt integriert werden können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


egen Adam Riese werden Sie, Frau Kollegin Pothmer,
icht argumentieren können.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712809600

Herr Kollege Schiewerling, erlauben Sie eine Zwi-

chenfrage der Kollegin Mast?


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1712809700

Mit verhaltener Freude.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712809800

Bitte schön, Frau Mast.


Katja Mast (SPD):
Rede ID: ID1712809900

Herr Kollege Schiewerling, vielen Dank, dass Sie

eine Zwischenfrage zulassen. – Mich interessiert, wie
ich die Pro-Kopf-Ausgaben für Langzeitarbeitslose in
eutschland seit Ihrer Regierungsübernahme entwickelt
aben bzw. entwickeln werden. Da Sie offenbar gerne
it Zahlen agieren, wird es für Sie sicherlich kein Pro-

lem sein, uns auch hierzu konkrete Zahlen zu nennen.


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1712810000

Die habe ich Ihnen gerade genannt.


(Katja Mast [SPD]: Nein! Sie haben über Arbeitslosigkeit allgemein gesprochen, nicht über Langzeitarbeitslosigkeit!)


Nein, Frau Kollegin, ich habe Ihnen die Zahlen ge-
annt. – 2011 gibt es geschätzt 2,1 Millionen Arbeitslose

SGB-II-Bereich. Die Pro-Kopf-Ausgaben liegen bei
524 Euro. 2006 gab es 2,8 Millionen Langzeitarbeits-
se. Damals wurden pro Kopf 1 643 Euro ausgegeben.
as sind die Zahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Mast [SPD]: Sie haben über Arbeitslose allgemein gesprochen!)


rau Kollegin Mast, es tut mir leid, dass die Zahlen nun
inmal so sind, wie sie sind, und dass Sie mit Ihrer Argu-





Karl Schiewerling


(A) )


)(B)

mentation nicht durchdringen. Aber auch Sie müssen
diese Zahlen einmal zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir schließen nach der Organisationsreform und der
Reform der Regelsätze mit dem Gesetz, über dessen Ent-
wurf wir heute abschließend beraten, nun den dritten
Teil der Arbeitsmarktgesetzgebung, die Reform der ar-
beitsmarktpolitischen Instrumente, ab. Ich finde, dass
wir in den letzten zwei Jahren einiges auf den Weg ge-
bracht haben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712810100

Herr Kollege Schiewerling, auch Frau Kollegin

Pothmer würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1712810200

Nein, jetzt nicht.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Der Mut verlässt ihn!)


Die Notwendigkeit, die arbeitsmarktpolitischen In-
strumente zu reformieren – ich sage Ihnen das in aller
Deutlichkeit –, besteht unabhängig von der Konjunktur
und den Finanzen. Selbst wenn wir 4 Milliarden Euro
mehr zur Verfügung hätten, müssten wir die arbeits-
marktpolitischen Instrumente effizienter gestalten; denn
ob 4 Milliarden Euro mehr oder 500 Millionen Euro we-
niger, es geht in jedem Fall darum, die Steuergelder effi-
zient einzusetzen, weil wir gegenüber dem Steuerzahler
für das, was wir tun – das bleibt immer so –, Verantwor-
tung tragen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es geht bei dem, was wir tun, um einen Umbau und
nicht – das wollen einige von Ihnen suggerieren – um ei-
nen Abbau der Sozialleistungen. Es geht erst recht nicht
um einen Kahlschlag. Es geht darum, dass auch die
Langzeitarbeitslosen ihre Chancen nutzen können, auf
dem ersten Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden.


(Zuruf von der LINKEN: Allgemeinplatz!)


Diese Gesetzgebung stellt in der Tat einen Paradigmen-
wechsel dar. Wir müssen konsequent in die Qualifizie-
rung investieren und konsequent eine Treppe zum ersten
Arbeitsmarkt bauen. Einige brauchen mehr Stufen, um
dorthin zu kommen, einige brauchen nur eine Stufe oder
müssen nur einen Schritt gehen; es geht aber darum, dass
wir die Menschen in den ersten Arbeitsmarkt integrie-
ren.

Sie, Frau Kollegin Pothmer, sagen, uns habe die Kon-
junktur geholfen. Die Konjunktur hat uns überhaupt
nicht geholfen; sie ist vielmehr die Basis dafür, Men-
schen wieder im ersten Arbeitsmarkt unterzubringen.
Arbeitsmarktpolitische Instrumente schaffen keine Ar-
beitsplätze, sondern sie ebnen den Weg, um wieder in
Beschäftigung zu kommen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


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(C (D rbeitsplätze werden von der Wirtschaft geschaffen, und ie Wirtschaft kann sie nur bei einer entsprechenden onjunktur und dann schaffen, wenn gute Rahmenbeingungen von der Politik gesetzt werden. Wir haben die ahmenbedingungen richtig gesetzt; sonst hätten wir en Erfolg auf dem Arbeitsmarkt nicht. Der Weg ist von uns dadurch geebnet worden, dass ir die Instrumente zusammengefasst haben, dass wir ehr Flexibilität und Entscheidungsfreiheit vor Ort ha en und die Instrumente zur Vermittlung auf den ersten rbeitsmarkt geschärft haben. Ich bin auf einige Dinge, ie wir jetzt erreicht, aber die wir zusammen in der letzn Legislaturperiode nicht geschafft haben – das sage h Ihnen sehr deutlich –, ein klein wenig stolz. Wir haen es geschafft, die Entscheidungsfreiheit vor Ort anzuiedeln, weil die Situation zwischen Kiel und Konstanz, wischen Aachen und Görlitz völlig unterschiedlich ist. ir flexibilisieren, wir überlassen die Entscheidungseiheit den Verantwortlichen vor Ort, haben aber auch ie dringende Bitte, dass diese Entscheidungsfreiheit ahrgenommen wird und die Möglichkeiten tatsächlich enutzt werden. Wir flexibilisieren sogar die Finanzierung dahin geend, dass die Verantwortlichen entscheiden können, wie ie immerhin 20 Prozent des gesamten Eingliederungstils – das sind weit mehr als 800 Millionen Euro – einset en, um die spezifischen Arbeitsmarktprobleme vor Ort u lösen. Das setzt Eigenverantwortung voraus. Darauf auen wir, und darauf setzen wir unsere Akzente. Das hat auch etwas mit dem Fachkräftemangel zu tun. ber tun wir doch nicht so, als sei das Problem des achkräftemangels ein monolithischer Komplex. Es andelt sich vielmehr um eine sehr differenziert zu bentwortende Frage, (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


eil die Situation der Menschen höchst unterschiedlich
t. Dort, wo wir etwas leisten können, damit Jugendli-
he, Heranwachsende und Menschen, die gerade in Be-
chäftigung gekommen sind, weiterqualifiziert werden,
m eine Perspektive zu haben, weil wir ihre Kraft, ihre
egabungen und ihre Fähigkeiten brauchen, investieren
ir und bieten Qualifizierungsmöglichkeiten. Wir bitten

lle Träger und Institutionen, die sich in diesem Bereich
ngagieren, dies weiter mit voller Kraft zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es ist mir an dieser Stelle ein Anliegen, ein deutliches
ort des Dankes an die vielen Initiativen und Träger zu

chten.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die werden sich aber über Ihre warmen Worte sehr freuen!)






Karl Schiewerling


(A) )


)(B)

Ich weiß, dass in einigen Bereichen der Beschäftigungs-
initiativen, die sich für Langzeitarbeitslose einsetzen,
Umstrukturierungen stattfinden werden.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Kürzungen! Reden Sie doch Deutsch!)


Diejenigen, die ausschließlich Beschäftigung organisie-
ren, werden es schwer haben, weil wir sie auffordern,
Beschäftigung mit Qualifizierung zu verbinden und den
Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu organisieren.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mit weniger Geld!)


Dafür werden wir die Mittel bereitstellen. Dafür werden
wir die Rahmenbedingungen schaffen. Wir erreichen
mehr Effizienz, weil mehr Entscheidungsfreiheit vor Ort
entsteht.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ohne Geld!)


Ich bin ganz sicher, dass es nicht nur um die Frage geht,
wie wir die Mittel verteilen, sondern auch um die Frage,
wie wir die Mittel effizient einsetzen.

In diesem Sinne freue ich mich darauf, dass wir zu
neuen Aufbrüchen in diesem Bereich kommen. Es geht
nicht um Abbau. Es geht um Umbau. Es geht um Schär-
fung. Es geht um gute Perspektiven für die Menschen,
junge wie ältere, damit sie eine gute und hoffnungsvolle
Zukunft am Arbeitsmarkt haben. Ich bin froh darüber,
dass sich die Zahlen so entwickelt haben, wie sie sich
entwickelt haben. Ich rate Ihnen, den Menschen das auch
nicht schlechtzureden;


(Stefan Schwartze [SPD]: Das brauchen wir nicht! Sie haben es so schlecht gemacht!)


denn sie brauchen Mut, und sie brauchen nicht perma-
nent Schwarzmaler, die ihnen sagen: Ihr habt sowieso
keine Perspektive. – Sie haben eine Perspektive, und wir
eröffnen sie ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712810300

Für die SPD spricht jetzt die Kollegin Gabriele

Lösekrug-Möller.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1712810400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Verehrter Kollege
Schiewerling, wer sich Effekte des Aufschwungs so an
die Brust heftet, wie Sie es getan haben, der sollte die
andere Seite der Brust freilassen; denn dahin heften wir
dann die Effekte, die entstehen, wenn der Aufschwung
nachlässt.

Was hier geschieht, ist unverantwortlich. Es ist unver-
antwortlich, dass Sie sagen: All das Gute auf dem Ar-
beitsmarkt haben wir gemacht. – Ich glaube, die Men-
schen in Deutschland wissen das besser. Auch wenn Sie
so froh sind über das Gesetz, das heute verabschiedet
wird, und sich einer Noch-Mehrheit im Parlament rüh-
men können, so haben Sie doch nicht die Mehrheit der

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(C (D esellschaft auf Ihrer Seite. Wir haben in diesem Verhren erlebt, wie Sozialverbände, Kirchen, Wohlfahrts erbände und Initiativen gegen das Sturm gelaufen sind, as heute verabschiedet wird. (Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Selbsterhaltung! – Patrick Döring [FDP]: Blanker Lobbyismus!)


wei Dinge müssen zusammen gesehen werden, Herr
immer: Ihre radikalen Kürzungen und die Veränderung
er Instrumente. Die Kollegin Pothmer hat es auf den
unkt gebracht. Ich will es noch einmal sagen, weil Sie
s offenbar noch nicht verstanden haben: Sie geben den
itarbeitern in den Jobcentern vor Ort nur die Chance,
ein zu sagen, wenn sie ihr Ermessen ausüben. Das ist
hrlässig. Das haben sie auch wirklich nicht verdient.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir wissen: Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist al-
s nichts. – Wir Sozialdemokraten haben einmal Instru-
ente reformiert, zusammen mit der CDU/CSU. Das
ar ein guter Schritt. Wir haben signalisiert: Wir sind
ereit, weiterzumachen. – Das gilt aber nicht, wenn Sie
ine Instrumentenreform machen und sich die Instru-
ente nur noch auf das beziehen, was nach Ihren
illiardenkürzungen hinter dem Komma noch übrig

leibt. Das ist Missbrauch von Reform.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as führt dazu, dass der Graben zwischen jenen Men-
chen, die in guter Arbeit sind, und denen, die gar keine
rbeit haben oder zu schlechten Bedingungen arbeiten
üssen, noch tiefer wird. Das sind die Effekte Ihrer Ar-

eitsmarktpolitik, auf die Sie so stolz sind.

Wir können das am Beispiel der Jugendwerkstätten in
iedersachsen durchbuchstabieren. Frau Ministerin, Sie
ennen sich da aus. Sie wissen: Über 100 Einrichtungen
rbeiten seit Jahren erfolgreich. Mehr als 5 000 junge
enschen ohne Chance bekommen dort genau das, was

ie brauchen, damit sie gut in Ausbildung und Arbeit
ommen. Wenn es nicht Proteste gegeben hätte, dann
ären diese Werkstätten radikal ans Ende ihrer Existenz
ekommen.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ach je!)


as wir jetzt haben, Kollege Straubinger, ist ein kleiner
ortschritt. Sie könnten sich bei Ihrer Kollegin
onnemann aus Niedersachsen informieren. Sie hat
uch berechtigte Sorge in der Frage, wie es in diesem
usammenhang weitergeht.

Das alles zeigt mir: Wenn es konkret darum geht, jun-
en Menschen Chancen zu eröffnen, dann passen Sie
re Politik nicht der Wirklichkeit an, sondern legen
underbare Sachen ins Schaufenster. Betreten dann aber
edürftige den Laden, finden sie leere Regale vor. – Das
t die Politik, die Sie machen. Das gilt für den Grün-
ungszuschuss. Das gilt für den Vermittlungsgutschein
r junge Leute. Da ist es ja eine wunderbare Ausnahme,





Gabriele Lösekrug-Möller


(A) )


)(B)

wenn es mit den Privaten funktioniert; wir haben das
hier hinreichend erörtert. Auch das wird der FDP als
Partei nicht weiterhelfen. Möglicherweise eröffnet es
Personen, die irgendwann einmal ohne Mandat sein wer-
den, die Chance auf Vermittlung. Ich empfehle da auch
unsere öffentlichen Einrichtungen. Auch die vermitteln
gut. Diese Aktion wäre nicht notwendig gewesen.


(Beifall bei der SPD)


Leider müssen wir den Gesetzentwurf ablehnen,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Sie können auch zustimmen!)


trotz der Änderungsvorschläge, die von CDU/CSU und
FDP immerhin noch gekommen sind. Einige waren bit-
ter nötig. Ich denke hier an die Wohnheime und an die
Förderung kleiner Einrichtungen, die offenbar von der
Frau Ministerin nicht beachtet worden sind. Es wird
dringend Zeit, dass sich die Arbeitsmarkt- und Sozial-
politik in dieser Republik ändert.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712810500

Für die FDP spricht jetzt der Kollege Pascal Kober.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1712810600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie tun
mir schon leid;


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh! – Angelika KrügerLeißner [SPD]: Wir müssen Ihnen nicht leid tun, Herr Kober!)


denn es ist offensichtlich sehr schwer, gegen eine so er-
folgreiche Regierung Opposition zu machen. Ihnen fällt
nichts anderes ein, als auf persönliche Angriffe unter der
Gürtellinie auszuweichen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche persönlichen Angriffe denn?)


Ich kann es nur wiederholen: Diese Regierung ist so
erfolgreich, wie Sie es sich im Interesse der Menschen in
unserem Land nur wünschen könnten. Wir haben in der
Bundesrepublik gegenwärtig 41 Millionen Erwerbstä-
tige, so viele wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.
Wir haben weniger als 3 Millionen Arbeitslose. Die
Langzeitarbeitslosigkeit, die die Schwächsten der
Schwachen betrifft, sank im letzten Jahr erstmalig seit
Einführung des Hartz-IV-Systems um 6 Prozent. Die Ju-
gendarbeitslosenquote liegt bei unter 10 Prozent, also
nur halb so hoch wie im europäischen Durchschnitt. Im
letzten Jahr wurden 684 000 zusätzliche sozialversiche-
rungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschaffen.
Von daher kann ich schon verstehen, dass es schwer ist,
Opposition gegen eine so erfolgreiche Regierung zu ma-
chen.

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(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nicht einmal 2 Prozent!)


Ich möchte Sie für Folgendes sensibilisieren. Was ich
ben genannt habe, waren die nackten Zahlen. Aber stel-
n Sie sich vor, wie viele persönliche Lebensschicksale
underttausender sich konkret dahinter verbergen: Hun-
erttausende Menschen, die jetzt wieder schlafen kön-
en, Hunderttausende Familien, die in den Urlaub fahren
önnen, Hunderttausende Menschen, die wieder eine
erspektive haben – das, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der Opposition, sollten Sie anerkennen um des
ebensglücks dieser Menschen willen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die wählen jetzt alle FDP!)


Wir sind nicht so vermessen, alles auf unsere Regie-
ngsführung zurückzuführen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Das hörte sich aber anders an!)


ir wissen, dass bereits in der Vergangenheit Wesentli-
hes im Bereich der Wirtschaft geschehen ist, das dazu
eführt hat, dass es jetzt so viele Chancen für die Men-
chen auf dem Arbeitsmarkt gibt. Es gibt 1 Million of-
ne Stellen, die darauf warten, besetzt zu werden. Des-

alb ist es richtig, dass wir in die Weiterbildung
vestieren. Wir investieren mehr, als Sie je zu investie-
n bereit waren. Sie haben 2005 2 Milliarden Euro in

ie Weiterbildung investiert.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2005 gab es die Jobcenter noch gar nicht! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Argumente werden nicht besser, wenn sie wiederholt werden!)


ir investieren 3 Milliarden Euro. Das zeigt deutlich,
o wir uns in der Verantwortung sehen. Wir ergänzen
as, was auf dem Arbeitsmarkt durch eine glücklicher-
eise gute Konjunkturentwicklung möglich war, durch

ine kluge Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Lassen Sie mich daran erinnern, dass ich Sie bei der
rsten Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfes gebe-
n habe, sich nicht darauf zurückzuziehen, nur ständig
ber die Rückführung von Mitteln zu klagen.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Das ist leider gescheitert!)


h habe Sie aufgefordert, sich konstruktiv an der Ver-
esserung der einzelnen Instrumente zu beteiligen; aber
on Ihnen ist in dieser Hinsicht nichts gekommen. Wir
ingegen haben bei den bereits zur Verfügung stehenden
strumenten die Stellschrauben justiert, um so in Zu-

unft größere Erfolge zeitigen können.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Bei den 1-Euro-Jobs
zw. den Arbeitsgelegenheiten haben wir eine soge-





Pascal Kober


(A) )


)(B)

nannte Nachrangigkeitsklausel eingeführt, sodass das In-
strument nur dann anwendbar ist, wenn – –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712810700

Herr Kollege Kober, ich wollte Sie eigentlich nicht

mitten im Satz unterbrechen. Möchten Sie eine Zwi-
schenfrage des Kollegen Heil zulassen?


Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1712810800

Eine Zwischenfrage des Kollegen Heil natürlich

gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712810900

Bitte schön.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1712811000

Geschätzter Kollege Kober, in der vergangenen Wo-

che war auf meine Einladung hin Herr Staatssekretär
Brauksiepe in meinem Heimatwahlkreis. Dies ist der
Landkreis Peine, zwischen Braunschweig und Hannover
ge
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1712811100
Pro Kopf wird überhaupt nicht gespart. –
Komischerweise erleben wir gerade, dass die Strukturen
einer hocheffizienten Berufsbildungs- und Beschäfti-
gungsgesellschaft des Landkreises Peine zusammenbre-
chen. Derzeit vollzieht sich dort ein Strukturwandel.
Dass die Caritas und die Diakonie über die Jugendwerk-
stätten einiges zu berichten haben, hat die Kollegin
Lösekrug-Möller bereits angesprochen.

Ich habe eine einfache Frage an Sie. Ich schlage vor,
dass wir vereinbaren, dass Sie in einem Jahr in meinen
Wahlkreis kommen und den Menschen vor Ort erklären,
dass alles so toll ist, wie Sie es hier prognostizieren.
Nehmen Sie meine Einladung an?


Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1712811200

Lieber Hubertus Heil, zunächst einmal möchte ich da-

rauf hinweisen, dass dieses Gesetz noch gar nicht wirk-
sam ist. Wenn die Träger jetzt verunsichert sind, was ih-
nen in Zukunft bevorsteht, dann liegt das im
Wesentlichen daran, dass Sie hier nicht sachlich argu-
mentieren, sondern den Trägern Angst machen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Nun zu Ihrer Frage, Herr Heil. Ich komme gerne und
lade Sie zugleich in meinen Wahlkreis ein. Danach tau-
schen wir uns darüber aus. Ich freue mich darauf.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir haben im Bereich des 1-Euro-Jobs eine Nachran-
gigkeitsklausel eingeführt, damit genau diejenigen da-
von profitieren, die es nötig haben und für die diese Ar-
beitsgelegenheit sinnvoll ist, statt sie zu verwenden, um
irgendwelchen Trägern oder sonstigen Auftraggebern
billige Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. So haben
wir – die Zeit reicht nicht mehr, dies auszuführen – an
ganz vielen Stellen gerade im Bereich des SGB II ganz
konkrete kleine Veränderungen vorgenommen, um diese
Instrumente zielgerichteter einzusetzen, damit mehr
Menschen die Chance auf einen Arbeitsplatz haben. Uns

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(C (D eht es in der Tat gerade um die Schwächsten. Deshalb darauf können Sie vertrauen – werden wir auch weiter it Ihnen die Diskussion und die Auseinandersetzung uchen. Vielen Dank. Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt der Kollege ax Straubinger. Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! ir verabschieden heute das Gesetz zur Verbesserung er Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt. Damit etzt sich nach der Jobcenterreform und der Leistungsrerm die Reform der gesetzlichen Grundlagen der Ar eitsmarktpolitik der Bundesregierung fort. Ich glaube, s ist ein sehr gutes Gesetz, das wir heute verabschieden, eil damit ein Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktolitik verbunden ist. Es geht nämlich darum, mehr Eieninitiative bei den Jobcentern und bei der Arbeitsverittlung insgesamt zuzulassen und diese nicht mit gendwelchen Pflichtleistungen zu strangulieren. Das ist er entscheidende Gedanke bei dieser Gesetzgebung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712811300

(Beifall bei der CDU/CSU)

Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1712811400

lle Arbeitsagenturen begrüßen die Möglichkeit der Ei-
eninitiative, die damit zukünftig verbessert wird.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


Natürlich. – Darüber hinaus werden damit den Men-
chen mehr Chancen eröffnet.

In den vergangenen Jahren haben wir bereits eine er-
lgreiche Arbeitsmarktpolitik betrieben, auch in der
eit der Großen Koalition; das möchte ich in keiner
eise in Abrede stellen. Mittlerweile ist ein signifikan-
r Rückgang der Dauerarbeitslosigkeit festzustellen;
enn wir sind das Problem der Arbeitslosigkeit kontinu-
rlich angegangen.

Unter Rot-Grün gab es 5 Millionen Arbeitslose. Jetzt
ind es 2,8 Millionen Arbeitslose. Gestern wurde gemel-
et, dass der Monat September den neuesten Tiefpunkt
ei der Arbeitslosigkeit in Deutschland bedeuten wird.
s wird 200 000 Arbeitslose weniger geben als vor ei-
em Jahr im Monat September. Das zeigt sehr deutlich,
ass der Arbeitsmarkt aufnahmefähig ist und dass es
eshalb geboten ist, die Instrumente so einzusetzen, dass
unächst in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt wird und
icht in irgendwelche Arbeitsgelegenheiten oder andere
ormen der Eingliederung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beides ist wichtig!)


iel dieses Gesetzes ist es, den ersten Arbeitsmarkt zu
edienen. Ich habe natürlich Verständnis für diejenigen,





Max Straubinger


(A) )


)(B)

die sich als Leistungsanbieter von Eingliederungsmaß-
nahmen betätigt haben. Wichtiger aber ist es, Menschen
in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln.

Dass dieser Arbeitsmarkt aufnahmefähig ist, möchte
ich durch ein Beispiel aus meinem Heimatwahlkreis un-
termauern. Jüngst in der letzten Woche erschien dort
eine Meldung von der Bundesagentur für Arbeit, dass
derzeit 197 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden kön-
nen. Das bedeutet, dass es große Chancen für Jugendli-
che gibt. Sosehr ich die Leistungsfähigkeit von Jugend-
netzwerken und sonstigen Einrichtungen schätze,
weitaus entscheidender ist es, die jungen Menschen zu-
erst in eine Lehrstelle zu bringen. Nichts ist lehrreicher
als die praktische Erfahrung im Betrieb, um damit ein
selbstbestimmtes Leben führen zu können. Das ist der
Sinn dieser Gesetzgebung.

Häufig wird kritisiert, es würden ständig nur finan-
zielle Kürzungen vorgenommen. Es ist aber ein Unter-
schied – Vorredner haben es bereits gesagt –, ob wir
5 Millionen Arbeitslose haben oder 3 Millionen oder un-
ter 3 Millionen. Weil auch das oft bezweifelt wird,
möchte ich darlegen: Im Jahr 2007 hatten wir im
SGB-II-Rechtskreis 2,5 Millionen Arbeitslose zu ver-
melden. Im Jahr 2011 sind wir bei 2 Millionen ange-
langt. Das heißt, wir haben 500 000 Arbeitslose weniger.
Im SGB-III-Rechtskreis hatten wir im Jahr 2007
1,25 Millionen Arbeitslose zu verzeichnen, im Jahr 2010
waren es 900 000, und im Jahr 2011 – davon bin ich
überzeugt – werden wir knapp 800 000 erreichen.

Das zeigt sehr deutlich: Auch wenn wir geringere
Mittelansätze im Haushalt tätigen, steht trotzdem je Fall
mehr Geld zur Verfügung. In dem Zusammenhang kann
man hervorheben – es wurde bereits dargelegt –: Im Jahr
2007 wurden je Fall ungefähr 2 000 Euro aufgewandt;
im laufenden Jahr werden es ungefähr 2 500 Euro je Fall
sein. Wir werden unserer Verantwortung gegenüber den
Arbeitslosen mitten in unserem Land gerecht und inte-
grieren sie in den ersten Arbeitsmarkt. Das ist zuvörderst
unsere Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deshalb ist es kleinlich, was die Opposition heute be-
trieben hat.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Ja natürlich ist das alles kleinlich, was Sie dargelegt
haben. – Sie haben selbst kein richtiges Konzept, außer
nach immer mehr Geld und Finanzmitteln zu rufen, dann
aber nicht bereit zu sein, den Arbeitslosen die Chancen,
die der Arbeitsmarkt bietet, mit effizienter und effektiver
Arbeitsvermittlung zu eröffnen. Das werden wir mit den
neuen Instrumenten tun. Deshalb werbe ich für Zustim-
mung des ganzen Hauses.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712811500

Für die SPD spricht jetzt die Kollegin Angelika

Krüger-Leißner.

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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Was ich bis jetzt in der Debatte gehört habe, önnte widersprüchlicher nicht sein. Es ist unglaublich. ir alle reden zum gleichen Gesetz, auf Regierungsseite ehr euphorisch, mit viel Lob und vielen Versprechunen sowie viel Glauben daran, dass dieses Gesetz nun als besser machen wird in der Arbeitsmarktpolitik. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Natürlich macht es alles besser!)


(Beifall bei der SPD)

Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1712811600

ie massive Kritik von der anderen Seite des Hauses,
err Kolb, die hören Sie gar nicht. Die ignorieren Sie
enauso wie die Frau Ministerin, die die Oppositionskri-
k und die Kritik auch der Verbände, der BA, der Ge-
erkschaften und des Deutschen Landkreistags perma-
ent ignoriert. Eigentlich wundert mich das aber nicht.
chon seit langer Zeit beobachte ich, dass Ihr Programm
eißt: Große Ankündigung, Versprechungen, Schönre-
en, Sparen zulasten der Ärmsten und dann wider besse-
s Wissen Durchziehen mit der Kraft der Mehrheit der
timmen dieses Hauses.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Zahlen sprechen doch für uns, Frau Krüger-Leißner!)


Ich möchte eines klarstellen: Keiner von uns entzieht
ich der Verpflichtung, auch Reformen der Instrumente
er Arbeitsmarktpolitik zu machen. Nach den Evaluie-
ngen erscheint es mir ohnehin notwendig, hier Verbes-

erungen zu erbringen. Auch die Veränderungen in der
esellschaft und in der Arbeitswelt erfordern das. Ich
age Sie allerdings: Was ist eine Reform wert, die sich
icht den dringendsten Fragen dieser Zeit stellt? Dazu
ehören folgende Fragen:


(Florian Bernschneider [FDP]: Was ist mit der Weiterbildung, Frau Kollegin?)


ie gelingt es, die Verfestigung in der Langzeitarbeits-
sigkeit aufzubrechen? Wie begegnen wir dem zuneh-
enden Fachkräftemangel? Oder: Wie verhindern wir
umpinglöhne im Niedriglohnbereich? Auf all diese
ragen sind in diesem Gesetzentwurf keine Antworten
u finden. Stattdessen höre ich von Ihnen, dass mit der
strumentenreform alles viel einfacher, viel transparen-
r und viel effizienter werden soll. Es soll mehr Gestal-
ngsmöglichkeiten geben. Sie reden sogar von neuen
erspektiven.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Botschaft ist angekommen!)


ber wo sind diese Perspektiven?

In der Anhörung haben selbst die Sachverständigen
iese neuen Perspektiven nicht gesehen. Bei allem Ge-
de über Chancen für die Arbeitsuchenden und insbe-

ondere für die Langzeitarbeitslosen ist eines gewiss:
it diesem Gesetzentwurf wird alles viel schwieriger.
as gilt sowohl für die öffentliche Beschäftigung als

uch für die Qualifizierung, die berufliche Weiterbil-
ung, Umschulungen und die Chance, den Existenzgrün-
ungszuschuss zu bekommen. Das betrifft nicht nur ein-
elne Gruppen, sondern alle, quer durch die Bank.





Angelika Krüger-Leißner


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD)


All das ist schon schlimm genug. Das Fatale an die-
sem Gesetzentwurf ist aber die Verknüpfung mit dem
Sparhaushalt, den wir in der letzten Sitzungswoche zum
ersten Mal beraten haben. Die Spielräume für die Job-
center und die BA werden enger und enger. Auch die
Gestaltungsspielräume sind nicht mehr gegeben. Das gilt
insbesondere für die individuelle Beratung, für eine län-
gerfristige Förderung und für zielgenaueres Handeln. Da
geht den Jobcentern die Luft aus.

Sie haben den Schwerpunkt Ihrer Sparmaßnahmen
genau im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik ange-
setzt. Allein die für das nächste Jahr geplanten Kürzun-
gen in Höhe von 4 Milliarden Euro sind Beleg dafür,
dass diese Reform, über die wir heute reden, nichts wei-
ter als eine Makulatur ist. Auch die am Mittwoch vorge-
nommenen Änderungen ändern nichts an der Fehlaus-
richtung Ihres Gesetzentwurfs. Sie zeigen lediglich, dass
das, was Sie eingebracht haben, ziemlich stümperhaft
ist.

Liebe Ministerin, ich bin überzeugt, dass Sie sehr
bald zu der Erkenntnis kommen werden, dass die Kür-
zungen im Bereich der öffentlichen Beschäftigung der
schwerwiegendste Fehler sind. Das wird Ihnen auf die
Füße fallen. Denn gerade in diesem Bereich brauchen
wir intensive Aktivitäten und viele neue Anreize, um
dem künftigen Fachkräftebedarf gerecht zu werden.


(Beifall bei der SPD)


Diese dringenden Investitionen in die Zukunft fehlen.
Stattdessen gibt es ganz kuriose Regelungen – anders
kann man das nicht sagen, Herr Vogel –, mit denen Sie
an erfolglosen Instrumenten festhalten. Aber es ist ja al-
les durchschaubar.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712811700

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1712811800

Danke, Herr Präsident. Auf der anderen Seite kürzen

Sie die Mittel für Instrumente wie den Gründungszu-
schuss, für den es in diesem Land einen großen Bedarf
gibt. Man kann nur sagen: ziemlich kopfloses Agieren,
nicht weitsichtig und purer Lobbyismus.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712811900

Kommen Sie jetzt bitte wirklich zum Schluss.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1712812000

Diese Reform steht unter keinem guten Stern.

Danke.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712812100

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich Dr. Matthias Zimmer von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Danke schön. – Herr Präsident! Meine Damen und erren! Der Heilige Vater hat gestern im Plenum dieses undestages von dem „hörenden Herz“ gesprochen. Ich nde, das ist eine sehr schöne Metapher. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das linke Herz hat keine Ohren!)

Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1712812200

enn ich mir das eine oder andere, was heute von der
pposition vorgetragen wird, anhöre, bekomme ich den
indruck, Sie sind der Meinung, ein hörendes Herz be-
its dann zu haben, wenn Sie spendierende Hosen anha-

en. Das ist falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ein hörendes Hirn wäre auch gut!)


Dies ist in der Anhörung vor einigen Tagen sehr deut-
ch geworden. Dort hat die Kollegin Mast erklärt: Ge-
de dann, wenn die Arbeitslosigkeit abnimmt, müssen
ir doch mehr Geld ausgeben. Demnach müssen wir
ehr Geld ausgeben, wenn die Arbeitslosigkeit sinkt,

ber auch, wenn sie steigt. Da kann ich doch nur fragen:
önnen Sie mir eigentlich irgendeinen Zeitraum nennen,
dem wir weniger Geld ausgeben können? Oder führt
r Modell dazu, dass für die Betreuung des letzten Ar-

eitslosen 8 Milliarden Euro und 15 000 Eingliederungs-
eamte zur Verfügung stehen? Was Sie hier vorschlagen,
ann doch eigentlich nicht Ihr Ernst sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as erinnert mich ein wenig an die britische Kolonial-
erwaltung, die in der Zeit von 1935 bis 1957 ihr Perso-
al verdreifacht hat, obwohl die Zahl der Kolonien stark
bgenommen hat. Das muss eine sozialdemokratische
egierung gewesen sein.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und jetzt etwas zum Inhalt! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ich finde Loriot übrigens viel witziger als Sie!)


Meine Damen und Herren, ich will, weil das nicht er-
ähnt worden ist, auf einige Höhepunkte der Instrumen-
nreform eingehen; ich glaube, das ist wichtig. Wir ha-
en nicht nur die Instrumente gestrafft, sondern haben
uch – das finde ich besonders wichtig – die Mittel für
ie freie Förderung deutlich erhöht: Wir haben den An-
il der Eingliederungsmittel, den die Bundesagentur für
ie freie Förderung nach § 16 e und f SGB II aufwenden
arf, auf insgesamt 20 Prozent aufgestockt. Das gibt den
ermittlern vor Ort erheblich mehr Flexibilität.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dadurch wird die Decke nicht größer!)


ir haben das Aufstockungs- und Umgehungsverbot he-
usgenommen. Auch das trägt zu erheblich mehr Flexi-

ilität bei.

Wir haben bei den Arbeitsgelegenheiten – sie sollen
ettbewerbsneutral ausgestaltet sein, zusätzlich geschaf-





Dr. Matthias Zimmer


(A) )


)(B)

fen werden und im öffentlichen Interesse liegen – die
Rolle der Beiräte gestärkt. Ich bin schon der Meinung,
dass die Beiräte eine wichtige Funktion erfüllen können,
wenn es darum geht, vor Ort zu entscheiden, welche Ar-
beitsgelegenheiten geschaffen werden können.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen wir ja schon lange!)


Wir haben die Senkung der Trägerpauschale auf maxi-
mal 150 Euro pro Teilnehmer vom Tisch bekommen.
Die Maßnahmen werden, sofern sie wirtschaftlich effi-
zient sind, nach wie vor gefördert; da gab es große Be-
denken bei den Trägern.

Last, but not least – auch das ist mir wichtig; Kollegin
Lösekrug-Möller hat es erwähnt –: Das Jugendwohnen
ist wieder ins Gesetz aufgenommen worden. Verehrte
Frau Kollegin, es war der Arbeitsminister Scholz, der es
herausgenommen hat; wir haben es jetzt wieder hinein-
genommen. Ich finde das gut. Zudem haben wir eine pä-
dagogische Betreuung installiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich finde, darauf kann man einmal stolz sein. Wir
können sagen, wir haben hier eine gute Reform hinbe-
kommen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das leider nicht!)


Bei der einen oder anderen Wortmeldung, die ich hier
höre, hatte ich ein wenig den Eindruck, dass die Kritik,
die geübt wurde, weit über das Ziel hinausschießt. Frau
Kollegin Pothmer, das betrifft vor allen Dingen die Kür-
zung des Gründungszuschusses.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 83 Prozent!)


Ich bin nicht der Meinung – es entspricht auch nicht der
üblichen Diktion –, dass wir damit, wie Sie es formuliert
haben, „die Drecksarbeit der Ablehnung nach unten ver-
lagern“.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Doch, so ist es! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie mal mit den Beamten vor Ort! Sie empfinden das genau so!)


Ich finde, das ist starker Tobak. Ich glaube, die Beamten
und Mitarbeiter vor Ort machen das sehr verantwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Frau Pothmer, es ist aber nicht verantwortlich, die Mit-
nahmeeffekte beim Gründungszuschuss zu leugnen. Sie
könnten sonst auch gleich das Geld unter das Branden-
burger Tor legen und sagen: „Nehmt es doch mit!“ So
geht es nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Letzter Punkt: die private Arbeitsvermittlung. Ich
finde es schon richtig, dass wir mit der privaten Arbeits-
vermittlung einen Wettbewerber der Bundesagentur für
Arbeit aufgestellt haben. Ich glaube auch, dass der Wett-
bewerb der Bundesagentur und den privaten Arbeitsver-
mittlern guttut. Eine Kollegin hat es bereits gesagt – ich

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(C (D chließe mich dem nur an –: Vielleicht sind wir eines Taes, am Ende unserer parlamentarischen Laufbahn, froh, uf einen guten, fähigen privaten Arbeitsvermittler zu effen, der uns in einer Notlage weiterhelfen kann. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Für die Kollegen der FDP!)


Abschließend sage ich: Es ist ein gutes Gesetz, das
en Notwendigkeiten am Arbeitsmarkt Rechnung trägt.
h empfehle Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712812300

Ich schließe die Aussprache.

Tagesordnungspunkt 30 a. Wir kommen zur Abstim-
ung über den von der Bundesregierung eingebrachten
esetzentwurf zur Verbesserung der Eingliederungs-

hancen am Arbeitsmarkt. Der Ausschuss für Arbeit und
oziales empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 17/7065, den Gesetzentwurf
er Bundesregierung – Drucksachen 17/6277 und
7/6853 – in der Ausschussfassung anzunehmen.

Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
usschussfassung zustimmen wollen, um ihr Handzei-

hen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
ntwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
onsfraktionen angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
timmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichen
bstimmungsverhältnis angenommen.

Tagesordnungspunkt 30 b. Wir setzen die Abstim-
ung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für
rbeit und Soziales auf Drucksache 17/7065 fort. Der
usschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be-

chlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frak-
on der SPD auf Drucksache 17/6454 mit dem Titel
Arbeitsmarktpolitik an den Herausforderungen der Zeit
rientieren – Weichen für gute Arbeit, Vollbeschäftigung
nd Fachkräftesicherung stellen“. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
altungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
ppositionsfraktionen angenommen.

Unter Buchstabe c empfiehlt der Ausschuss die Ab-
hnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-

ache 17/5526 mit dem Titel „Arbeitsmarktpolitik neu
usrichten und nachhaltig finanzieren“. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist gegen die
timmen der Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller
brigen Fraktionen angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe d
ie Ablehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Grünen auf Drucksache 17/6319 mit dem Titel „Arbeits-
marktpolitik – In Beschäftigung und Perspektiven inves-
tieren statt Chancen kürzen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Marlene
Rupprecht (Tuchenbach), Petra Crone, Petra
Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Kinderrechte in Deutschland umfassend stär-
ken

– Drucksache 17/6920 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Gibt es
Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist
das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin das Wort der Kollegin Marlene Rupprecht für die
antragstellende SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1712812400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Die SPD hat einen Antrag „Kinderrechte in Deutschland
umfassend stärken“ eingebracht. Worum geht es uns? In
diesem Jahr feiern wir „22 Jahre UN-Kinderrechtskon-
vention“. Darin sind alle Rechte von Kindern – gemeint
sind alle Kinder von 0 bis 18 Jahren – niedergelegt. Das
ist übrigens das meistgezeichnete Dokument. Bis auf
zwei Staaten, nämlich USA und Somalia, haben alle die
Konvention gezeichnet und ratifiziert, auch wir.

Wir haben als Staat bei der Zeichnung aber festgelegt,
dass wir bei bestimmten Punkten Vorbehalte, Anmer-
kungen haben. Das Parlament fand das eigentlich über-
flüssig und hat immer wieder angemahnt, dies zurückzu-
nehmen. Das Parlament und die Kinderkommission
waren sich darüber einig, dass es auf internationaler
Ebene nicht besonders gut aussieht, wenn Deutschland
bei bestimmten Punkten Ausnahmen machen will. Diese
Ausnahmen betrafen unter anderem Adoptionskinder,
Kindersoldaten, aber auch Flüchtlingskinder. Im Grunde
genommen waren alle Punkte geregelt, bis auf die
Flüchtlingskinder. Das führte jedoch dazu, dass die Vor-
behaltserklärung nach wie vor Bestand hatte. Letztes
Jahr ist es gelungen – danke an die Koalition; das muss
ich einfach sagen –, dass sie zurückgenommen wurde.
International hat es uns geholfen, weil endlich gesehen
wurde: Deutschland nimmt es zurück. Ein erster großer
Schritt ist getan.

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(C (D Jetzt muss der zweite Schritt erfolgen. Wir müssen ie deutsche Gesetzgebung, und zwar die einfache Geetzgebung, daraufhin überprüfen, ob sie dem entspricht, as die Kinderrechtskonvention vorschreibt. In der Kinerrechtskonvention gibt es den wunderbaren Art. 3. ieser schreibt den Staaten sehr dezidiert vor, dass sie ei all ihrem Handeln – Ämter, Gerichte, Parlamente – orrangig das Kindeswohl zu berücksichtigen haben. as ist jetzt notwendig. Das heißt, wir haben die Vorbealte jetzt zwar zurückgenommen, aber wir haben die infache Gesetzgebung keineswegs angepasst. Wir haen die Flüchtlingskinder nicht aufgenommen; mein ollege Strässer wird nachher noch etwas zu den Punkn sagen, die dringend überarbeitet gehören. Wir haben benfalls nicht deutlich gemacht, dass wir wollen, dass ie Kinderrechte auch im Grundgesetz als Werteausruck unserer Gesellschaft wiederzufinden sind, und war mit den Kindern als Rechtssubjekte, nicht nur als bjekte. Das alles haben wir noch nicht geschafft. Wir brauchen auch dringend ein klares Konzept für inderund Jugendpolitik in Deutschland. Der Aktionslan „Für ein kindergerechtes Deutschland“ ist ausgelaun. Er müsste in allen Politikfeldern unter Beteiligung ller Kinder und Jugendlichen fortgeschrieben werden; as ist dringend notwendig. Dabei ist ebenfalls notwenig, dass wir festlegen, wie wir messen, was wir erreicht aben und ob wir etwas erreicht haben. Ein Monitoringerfahren muss also verankert werden. Auch das ist uner Ziel. Ich glaube, da gibt es bei uns Kinderpolitikern aum Unterschiede. Wir Kinderpolitiker wollen das. Es t dringend notwendig; denn bei allem muss das Kineswohl im Mittelpunkt stehen. Also: Kinderrechte ins rundgesetz und Fortführung des Aktionsplans mit eiem Monitoringverfahren für Kinderund Jugendpolitik Deutschland. Ein wichtiger Punkt ist die Beteiligung von Kindern nd die Wahrnehmung der Rechte von Kindern. Wir haen keine Anlaufstellen für Kinder, um Beschwerden szuwerden. Darüber haben wir bei den Runden Ti chen zum Kindesmissbrauch diskutiert. Dort wurde gerdert – das steht auch im Abschlussbericht –, soge annte Anlaufstellen oder Ombudsstellen einzurichten, ie im Interesse der Kinder handeln und die Stimme ereben. Diese Aufgabe müssen wir uns als nächstes vorehmen. Ich glaube, Deutschland muss sich mit dem, was wir all den Jahren auf den Weg gebracht haben, nicht ver tecken. Das möchte ich hier betonen. Aber wir dürfen icht stehen bleiben und sagen, dass wir alles erreicht aben, sondern wir müssen fragen: Wie muss es weiterehen, damit unsere Kinder so aufwachsen, dass aus ihen selbstverantwortliche, für die Gesellschaft verantortliche Menschen werden, die die Demokratie tärken? Wenn wir das erreichen, haben wir nicht das roblem, das wir derzeitig feststellen, wenn es um politiche Beteiligung geht, nämlich dass sich die Hälfte der ahlberechtigten enthält. Das ist meiner Ansicht nach ine Katastrophe für die Demokratie. Das kann man ändern, indem man Kindern klarmacht, ass man sie ernst nimmt, indem man auf Augenhöhe, Marlene Rupprecht )





(A) )

kindgerecht und altersgemäß mit ihnen arbeitet und in-
dem man ihre Rechte gut nachlesbar verankert. Das ist
die Aufgabe und die Herausforderung für die nächsten
Jahre. Aus diesem Grund haben wir einen Antrag vorge-
legt, von dem wir hoffen, dass er Ihre Zustimmung fin-
det und unterstützt wird, damit wir mit dem, was begon-
nen wurde, fortschreiten können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712812500

Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt das Wort der

Kollege Dr. Peter Tauber.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1712812600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir
über das Thema Kinderrechte sprechen, wenn wir da-
rüber sprechen, wie wir Kinderrechte umfassend stärken
wollen, so ist es ganz gut, wie es die Kollegin Rupprecht
auch getan hat, die Probleme in den Blick zu nehmen. Es
ist aber auch ganz gut, wenn wir uns einmal darüber ver-
ständigen, wie viel Gutes in den letzten Jahren eigentlich
geschehen ist.

Sie haben dankenswerterweise einen Punkt genannt,
nämlich die Rücknahme der Vorbehaltserklärung zu der
UN-Kinderrechtskonvention. Ich glaube, dass das ein
ganz starkes und wichtiges Signal war, dass wir als poli-
tische Entscheidungsträger die Rechte der Kinder ernst
nehmen und dafür die entsprechenden Rahmenbedin-
gungen schaffen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie wissen aber auch, dass der einzige Punkt, der
noch offen ist, ein bisschen komplizierter ist. Hier geht
es um Kinder, die im Rahmen eines Asylverfahrens nach
Deutschland kommen. Es beginnt bei der Frage, wie die
Identität der Kinder festgestellt werden kann, wenn sie
ohne Papiere einreisen. Hier muss man auch fragen, wa-
rum sie keine Papiere haben. Es geht weiter mit der
Frage, ob es eine Verpflichtung zur Ausstellung einer
Geburtsurkunde geben soll. Auch das ist ja eine Forde-
rung, die erhoben wird. Hier muss zunächst einmal ge-
sagt werden, auf welcher Basis denn dann eine Geburts-
urkunde ausgestellt werden soll.

Das alles ist also ein bisschen schwieriger und kom-
plizierter, als es auf den ersten Blick scheint. Deswegen
rate ich dazu, ein bisschen vorsichtiger zu sein und nicht
frank und frei darüber zu sprechen. Ansonsten könnte
nämlich der Eindruck entstehen, als ob hinter gewissem
staatlichen Handeln böser Wille steht. Das, glaube ich,
ist nicht so. Das kann man zurückweisen. Auch Ihre Par-
tei selbst hat das in der Vergangenheit ja so gewertet,
wenn ich das richtig sehe.

Wir diskutieren dieses Thema nicht erst seit gestern.
Es gab wechselnde politische Mehrheiten in der Frage,
ob die Vorbehaltserklärung überhaupt zurückgenommen

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(C (D erden kann. Noch 2007 – da waren, wie ich glaube, Soialdemokraten in der Bundesregierung vertreten – errschte politische Einigkeit, die ausländerrechtliche ltersgrenze unangetastet zu lassen. sofern warne ich ein wenig vor zu starker Schwarzmarei. Dadurch entstünde ein völlig falsches Bild. Natürch liegen uns die Rechte der Kinder, die zu uns komen, am Herzen. Wenn wir jetzt darüber reden, was wir tun können, um ie Rechte von Kindern umzusetzen und zu gewährleisn, dann gehört es auch zur Wahrheit, festzustellen, dass s nicht allein in unserer Hand liegt. Darüber entscheien nicht wir als Deutscher Bundestag allein, sondern es eht hier um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an er eben auch andere Ebenen beteiligt sind. Religionsunrricht zum Beispiel auch für muslimische Kinder diese Forderung haben Sie ja aufgegriffen – ist eine ufgabe, der sich die Länder stellen müssen. Das Glei he gilt für die Vermittlung von Medienkompetenz. uch hier sind die Länder und ihre Bildungsplanungen efragt. Ein weiteres Thema, das immer wieder genannt wird, ind die Beteiligungsrechte. Hier haben wir einiges auf en Weg gebracht. Hauptgeldgeber bei der Schaffung eies Individualbeschwerdeverfahrens ist die Bundesrepulik, wenn es darum geht, beim zuständigen Ausschuss r die Rechte des Kindes Beschwerdemöglichkeiten für inder einzurichten. So schwarz-weiß und so negativ, wie Sie es andeuten, t die Welt Gott sei Dank auch in diesem Punkt nicht. ieser Aspekt ist mir und meiner Fraktion sehr wichtig; enn wir müssen ein wenig aufpassen, mit welchem uktus wir über Kinder und Jugendliche und ihre Per pektiven in diesem Land reden. Ich halte es schon für chtig, den Finger in die Wunde zu legen und Probleme uch zu benennen, statt sie schönzureden, aber in Ihrem ntrag und zum Teil auch in Ihren Ausführungen suggeeren Sie, dass die Rahmenbedingungen für Kinder und amilien in diesem Land schlecht seien. Ein weiteres Problem ist, dass wir uns allzu oft in den ebatten gegenseitig das Recht absprechen, diese Intessen wirklich in den Blick zu nehmen. Das ist nicht so. ir können über die sachliche Angemessenheit eines etreuungsgeldes streiten, aber dem anderen zu unter tellen, er sei bei diesen Überlegungen nicht von dem emühen geleitet, die Rechte von Kindern und Familien den Blick zu nehmen, geht nicht. Wenn wir das nicht ndern, dann tun wir Kindern, Jugendlichen und vor alm auch Familien in dieser Gesellschaft keinen Gefaln. Deswegen mahne ich auch bei diesem Punkt ein isschen mehr Sachlichkeit in der Debatte an. Welcher Eindruck entsteht nämlich? Bei jungen Paan, die vor der Frage stehen, ob sie sich für Kinder ent cheiden, entsteht der Eindruck, dass sie von der Politik, ber auch von der Gesellschaft selbst alleingelassen wer Dr. Peter Tauber )


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )

den. Ich glaube, dieser Eindruck ist falsch. Wir können
das so definitiv nicht stehenlassen. Denn die Politik hat
in den letzten Jahren an unheimlich vielen Stellen die
Rahmenbedingungen für Familien und damit für Kinder
deutlich verbessert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das beginnt beim Ausbau der Betreuungsangebote.
Sie wissen, dass der Bund die Kommunen und die Län-
der hierbei mit einem unglaublich umfangreichen Pro-
gramm, dem Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz, un-
terstützt, sowohl bei den investiven Maßnahmen im
Gebäudebereich als auch bei den laufenden Betriebskos-
ten. Wir werden dafür ab 2014 weiterhin 770 Millionen
Euro jährlich zur Verfügung stellen.

Es geht weiter mit der Unterstützung und dem stärke-
ren Einsatz von Familienhebammen; auch dies ist ein
ganz wichtiges Instrument, das wir den Familien an die
Hand geben wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Miriam Gruß [FDP])


Ein weiterer Aspekt ist das Bundeskinderschutzgesetz,
das wir auf den Weg bringen. Zudem bleiben trotz der
Sparbemühungen im Hinblick auf den Bundeshaushalt
die Mittel des KJP weitgehend ungekürzt.


(Caren Marks [SPD]: Na, na, na!)


Lediglich im Bereich der Bürokratie sparen wir ein. Die
Leistungen für die Verbände und damit für die Kinder
und Jugendlichen bleiben gleich; auch dies ist ein ganz
wichtiges und starkes Signal.


(Beifall des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/ CSU] – Diana Golze [DIE LINKE]: Allein im Kinderund Jugendplan 2 Millionen weniger! Das ist doch nicht nichts!)


Hinzu kommt die Offensive „Frühe Chancen“ zur
Sprach- und Integrationsförderung. In diesem Rahmen
stellen wir für 4 000 Schwerpunktkitas Sprache & Inte-
gration 400 Millionen Euro bereit.


(Caren Marks [SPD]: Wir reden aber nicht über den Haushalt, sondern über Kinderrechte!)


Auch durch die Erhöhung des Kindergeldes werden die
Familien gestärkt.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Das kommt bei den Armen aber nicht an!)


Damit stärken wir auch das Recht der Kinder, in einer
Familie groß zu werden. An dieser Stelle sei darüber hi-
naus die Initiative „Jugend stärken“ erwähnt.

Da ich eben vonseiten der Sozialdemokraten den
Zwischenruf gehört habe,


(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Du musst aber gut hören können!)


ich würde nicht zum Thema reden, sage ich Ihnen: Ich
rede sehr wohl zum Thema. Denn all diese Maßnahmen
tragen am Ende dazu bei, dass Kinder in diesem Land so

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(C (D roß werden können, wie wir alle es uns wünschen; man önnte auch sagen: glücklich und behütet. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber nicht das Thema!)


ie Maßnahmen, die ich erwähnt habe, helfen dabei.
eswegen gehören sie in diese Rede.

Ich könnte ferner das Bildungspaket, das Kindern und
ugendlichen die Teilhabe an unserer Gesellschaft er-
öglichen soll, erwähnen.


(Iris Gleicke [SPD]: Theorie und Praxis!)


um Beispiel wollen wir Kindern den Zugang zur digita-
n Welt ermöglichen. Die Projektgruppe Medienkom-
etenz der Enquete-Kommission „Internet und digitale
esellschaft“ unter Leitung von Thomas Jarzombek hat

inen wunderbaren Vorschlag gemacht, um allen Kin-
ern, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, digitale
ompetenzen zu vermitteln: Jedem Schüler soll künftig

in Laptop zur Verfügung gestellt werden.

Wir versuchen, die Menschen, die mit jungen Leuten
u tun haben, fit zu machen, zu qualifizieren und auszu-
ilden. Hierbei spielen die Ausbildung frühpädagogi-
cher Fachkräfte und die Medienqualifizierung für Er-
ieherinnen und Erzieher im Netzwerk Frühkindliche
ildung mit dem wunderbaren Namen BIBER eine
ichtige Rolle.

Ein weiteres Element ist das Elterngeld, das ermög-
cht, dass Familie in diesem Land ganz anders gelebt
erden kann und Väter ihrer Verantwortung stärker ge-
cht werden können; auch darauf haben Kinder nämlich

in Recht. Außerdem sind wir der Auffassung, dass Kin-
erlärm keine Belästigung, sondern Zukunftsmusik ist.
uch dies muss man deutlich sagen. Das gehört dazu,
enn wir über Kinderrechte in dieser Gesellschaft reden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich habe eine Menge politischer Maßnahmen aufge-
stet.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Aber jetzt mal zum Thema!)


h persönlich bin der festen Überzeugung: Wenn wir
ber Kinderrechte reden, dann geht es in allererster Linie
arum, dass Kinder ein Anrecht auf Liebe und Fürsorge
der, wie es der Heilige Vater gestern gesagt hat, auf ein
örendes Herz haben. Das kann die Politik nicht verord-
en. Das können nur die Eltern ihren Kindern geben.


(Beifall der Abg. Ingrid Fischbach [CDU/ CSU] – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Politik muss Rahmenbedingungen setzen!)


Zum Schluss ist mir wichtig, Folgendes festzustellen:
diesem Land haben Kinder trotz vieler Probleme alle
hancen. Es gibt nur wenige Länder auf dieser Erde, in
enen Kinder unter solch guten Rahmenbedingungen he-
nwachsen können und in denen sie solch gute Perspek-
ven haben. Wenn wir dies den jungen Menschen nicht
urufen, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn





Dr. Peter Tauber


(A) )


)(B)

sich zu wenige von ihnen für ein eigenes Kind entschei-
den.

Aus meiner Sicht haben Kinder vor allem ein Recht:
das Recht auf liebende und fürsorgliche Eltern. Weit
über 80 Prozent der Eltern in diesem Land machen einen
guten Job.


(Iris Gleicke [SPD]: Einen „Job“?)


In einer Diskussion über Kinderrechte muss man zu-
nächst einmal ihnen herzlich Dank sagen. Sie machen
das besser als wir, wenn wir nur reden und Regelungen
ins Grundgesetz schreiben. Das hilft den Kindern selten.
Die Kinder brauchen Eltern, die sich um sie kümmern.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir müssen die Rahmenbedingungen dafür setzen!)


Viele von ihnen machen das ganz toll. Ihnen gilt es
Danke zu sagen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712812700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Diana Golze von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD])



Diana Golze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1712812800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle-

ginnen und Kollegen! Kinder sind keine kleinen Er-
wachsenen. Das sagen nicht nur viele Kolleginnen und
Kollegen hier im Haus, das sagt auch das Bundesverfas-
sungsgericht. Ich bin der Meinung, dass diese Auffas-
sung endlich auch eine Mehrheit hier im Haus bekom-
men sollte, mit der Folge, dass Kinderrechte im
Grundgesetz verankert werden.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein achtjähriger Junge hat mir gegenüber bei einem
Workshop einmal den Satz geprägt: Kinderrechte sind
das, was Kinder brauchen, damit es ihnen gut geht. – Ich
finde, treffender kann man es gar nicht formulieren.
Doch was so einfach klingt, scheint schwer in die Reali-
tät überführbar zu sein; denn sonst würden wir uns heute
nicht zum ich weiß nicht wievielten Mal im Parlament
mit diesem Thema befassen.

Es ist nicht zu bestreiten, dass sich der Blick auf die
Kinder in unserer Gesellschaft verändert hat. Bei diesem
veränderten Blick auf die Kinder merken wir natürlich
auch, welche Aufgaben alle noch vor uns liegen.

1992 – Marlene Rupprecht hat es gesagt – wurde die
UN-Kinderrechtskonvention durch die Bundesrepublik
ratifiziert. Das ist ziemlich lange her. Doch Deutschland
ist heute nach wie vor weit davon entfernt, ein wirklich
kinderfreundliches Land zu sein.

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(C (D Schauen wir uns die Probleme einmal an: wachsende inderarmut, Bildungsungerechtigkeit, fehlende Beteiliungsrechte für Kinder und die nach wie vor bestehende assive Verletzung der Rechte von Flüchtlingskindern. a, die Bundesrepublik hat nach langer Debatte endlich en letzten Vorbehalt gegen die UN-Kinderrechtskonention zurückgenommen, der die minderjährigen unbeleiteten Flüchtlinge betraf. Aber in der Praxis hat sich ichts geändert. Die Aussage von 1992, dass sich die Bundesrepublik orbehalte, Unterschiede zwischen Inländern und Ausndern zu machen, war weder 1992 tragbar, noch ist sie s heute. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie betroffenen Kinder sind vor Krieg, Gewalt, drohen-
er Zwangsrekrutierung, drohender Zwangsverheiratung,
erfolgung und Beschneidung geflüchtet. Sie kommen
um Teil nach einer dramatischen Flucht in Deutschland
n, erhalten aber nach wie vor nicht das, was wir deut-
chen Kindern ohne Vorbehalte zubilligen, indem wir ih-
en Rechte und einen Rechtsbeistand an die Seite stellen.
s fängt doch schon damit an, dass Kinder ab 16 Jahren
uch nach der Rücknahme des Vorbehaltes ein Asylver-
hren ohne Beistand durchstehen müssen, dass sie in

ollgestopften Sammelunterkünften untergebracht wer-
en, dass sie nur die notdürftigste Gesundheitsversor-
ung haben und dass sie in Abschiebehaft genommen
erden. Das ist ein unhaltbarer Zustand!


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen dafür sorgen, dass diese Kinder – und
ach der UN-Kinderrechtskonvention sind es Kinder,
err Dr. Tauber, auch wenn sie 16 oder 17 Jahre alt sind;
ie UN-Kinderrechtskonvention gilt für alle Kinder un-
r 18 Jahren – auch als solche behandelt werden, und

war menschenwürdig und ihrer Situation entsprechend.

Wir wollen keine reine Symbolpolitik anstelle von
tsächlicher Umsetzung. Wir wollen, dass das deutsche
sylrecht, das Aufenthaltsrecht, das Asylverfahrens-
cht und das Sozialrecht endlich angepasst werden und

ass die Rücknahme des Vorbehaltes endlich in die Ge-
etzgebung einbezogen wird.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir bleiben dabei: Kinderrechte müssen für alle Kin-
er gelten. Aber das bezieht sich auch auf andere Berei-
he in unserer Gesellschaft. Ich habe das Thema gerade
chon einmal kurz angesprochen, nämlich Kinderarmut.
,6 Millionen Kinder in Deutschland leben auf Armuts-
iveau. Die Regelsätze der Grundsicherung für Kinder
ind nicht an den Bedarfen von Kindern orientiert. Sie
ichen nicht für gesunde Ernährung, Beiträge für Sport-

ereine oder Musikunterricht, ganz zu schweigen von
ino- oder Theaterbesuch. Das wollte die Bundesregie-
ng durch das großangekündigte sogenannte Bildungs-

nd Teilhabepaket regeln. Aber wie jeder weiß: In der
raxis ist es ein Flop. Es ist bürokratisch und lebensfern.





Diana Golze


(A) )


)(B)

Die Nachweispflicht und die ständige gesonderte Bean-
tragung drangsalieren die betroffenen Eltern. Zudem
grenzt es Kinder nach wie vor vom freien und vor allem
gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Gesellschaft
aus. Das ist genau das Gegenteil von dem, was die UN-
Kinderrechtskonvention einfordert.

Seit Jahren wird die Bundesrepublik vom UN-Aus-
schuss für die Rechte der Kinder kritisiert, weil hier, wie
in kaum einem anderen Industrieland, der soziale Status
der Elternhäuser über Schullaufbahn und Bildungserfolg
entscheidet. Die Bundesrepublik sagt zwar in ihrem letz-
ten Staatenbericht, Kinder und Jugendliche haben ihre
eigenen Rechte, aber davon ist in der praktischen Umset-
zung und in der praktischen Politik nichts zu sehen.

Ich wiederhole es daher: Kinder sind keine kleinen
Erwachsenen. Um Kindern einklagbare Rechte zu ver-
leihen, ist es überfällig, den Vorgaben der UN-Kinder-
rechtskonvention zu folgen und Kinderrechte auf
Schutz, Förderung und Beteiligung im Grundgesetz zu
verankern.

Im April nächsten Jahres jährt sich die Ratifizierung
durch Deutschland zum 20. Mal. Ich fände das einen gu-
ten Anlass dafür, dass Deutschland hier einen deutlichen
Schritt vorwärtsgeht. Die Kinder warten darauf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712812900

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt die Kollegin

Miriam Gruß.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Miriam Gruß (FDP):
Rede ID: ID1712813000

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Ich gebe es zu: Der Antrag der SPD
klingt sympathisch. Er beinhaltet aber nur wenig Neues.
Deswegen möchte ich anhand von drei Punkten aufzei-
gen, wie wir die Kinderrechte in Deutschland konkret
gestärkt haben und weiterhin stärken:

Erstens: die UN-Kinderrechtskonvention; sie ist jetzt
schon mehrfach angesprochen worden. Sie wurde im
Jahre 1992 mit einer Vorbehaltserklärung ratifiziert. Es
war diese Bundesregierung, die die Vorbehalte 2010 zu-
rückgenommen hat. Insofern freut mich die Anerken-
nung von dir, Marlene, in diesem Punkt.


(Beifall bei der FDP)


Ich finde wirklich, ein besseres Zeichen der Kinder-
freundlichkeit konnten wir in dieser Regierung fast nicht
setzen. Das hat vorher nämlich keine Regierung hinbe-
kommen.

Es war stets die Auffassung aller Bundesregierungen,
dass die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention, ins-
besondere der Schutz der Flüchtlingskinder nach Art. 22,
in Deutschland ohne Einschränkung umgesetzt werden
sollten. Mit der Rücknahme der Erklärung entsteht des-
halb auch keine Notwendigkeit, das innerstaatliche

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(C (D echt zu verändern. Die Forderung nach einer Änderung es Asylrechts läuft also ins Leere. (Caren Marks [SPD]: Nein! Sie haben es nicht verstanden!)


Übrigen haben wir in Bayern in vorbildlicher Weise
iniges zugunsten der Familien verändert, die hier in
chlimmen Unterkünften hausen mussten.

Die Vertragsstaaten der UN-Kinderrechtskonvention
aben sich außerdem verpflichtet, dem Generalsekretär
er UN Berichte über entsprechende Maßnahmen und
ie dabei erzielten Fortschritte vorzulegen. Wenn die
PD jetzt einen EU-Staatenbericht fordert, dann ist das
lso kein Mehrwert, sondern etwas, was von den Ver-
agsstaaten bereits geliefert wird. Eines ist aber ganz
ntscheidend: Mit der Rücknahme haben wir gezeigt,
ass das Kindeswohl im Mittelpunkt unserer Politik
teht.

Zweitens: das Individualbeschwerdeverfahren. Rechte
hne Durchsetzungsverfahren sind nichts wert. Deshalb
eut es mich, dass auf unsere Initiative hin erreicht
urde, dass der UN-Menschenrechtsrat im Juni 2011
em Entwurf des Zusatzprotokolls zur UN-Kinderrechts-
onvention zur Errichtung eines Individualbeschwerde-
erfahrens zugestimmt hat. Damit bekommen die Kinder
anz individuell ein Werkzeug an die Hand, mit dem sie
ich gegen die Verletzung ihrer Rechte wehren können.

Mit dem Individualbeschwerdeverfahren können Kin-
er und Jugendliche ihre Rechte im UN-Ausschuss für
ie Rechte des Kindes in Genf rügen, und das – darauf
urde Wert gelegt – im kindgerechten Verfahren. Es war
nsere Regierung, die diesen Antrag gemeinsam mit
eun anderen Staaten beim Menschenrechtsrat einge-
racht hat.

Drittens: Debatte zum Thema „Kinderrechte ins
rundgesetz“. Ich mache kein Hehl daraus und stehe
ach wie vor dazu: Als Mitglied der Kinderkommission
ich gehöre ihr nach wie vor an, wenn auch nur als stell-
ertretendes Mitglied – bin ich dafür, dass Kinderrechte
s Grundgesetz aufgenommen werden.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])


eider hat sich in unserer Koalition keine Mehrheit dafür
nden können, aber ich mache mich persönlich nach wie
or dafür stark.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht einmal in der eigenen Fraktion Zustimmung! Da hat niemand geklatscht! – Gegenruf der Abg. Caren Marks [SPD]: Nur einer aus der CDU/CSU – aus Versehen!)


Die Kinderrechte müssen in Deutschland umfassend
estärkt und weiter bekannt gemacht werden. Es gibt
ber auch die Möglichkeit – darauf haben wir uns ver-
tändigt, und das hat auch Eingang in den Koalitionsver-
ag gefunden –, unterhalb der Ebene des Grundgesetzes
inderrechte zu stärken, und das tun wir.





Miriam Gruß


(A) )


)(B)

Das beste Beispiel dafür ist der Kinderlärm; das ist
schon angesprochen worden. Wir haben erreicht, dass
Kinderlärm kein Grund mehr zur Klage ist. Tatsächlich
gilt der alte Spruch der Kinderkommission: Für uns ist
Kinderlärm jetzt endlich Zukunftsmusik. – Kinderlärm
darf nicht mehr mit Industrielärm gleichgesetzt werden.
Kinder haben ein Recht auf kindertypischen Lärm, und
das ist gut so. Das ist das beste Beispiel dafür, dass wir
auch unterhalb der Ebene des Grundgesetzes eine Menge
für die Rechte von Kindern tun konnten und getan ha-
ben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712813100

Für die Grünen hat jetzt die Kollegin Katja Dörner

das Wort.


Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1712813200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Wenn man der Rede von Herrn Tauber
lauscht, könnte man glatt meinen, man sei bei Alice im
Wunderland.


(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Bei euch glaubt man, man sei bei Alice Cooper!)


Das ist aber nicht der Fall. Ich werde in meiner Rede
darlegen, dass die Wirklichkeit dieser Bundesregierung
durchaus etwas anders aussieht.

Fakt ist nämlich: Die Stärkung der Kinderrechte steht
nicht weit vorne auf der Agenda, wenn sie bei dieser
Bundesregierung überhaupt vorkommt. Die Ministerin
hat ganz lapidar verkündet: Die UN-Konvention ist in
Deutschland voll umgesetzt. Es gibt überhaupt keinen
Handlungsbedarf. – Der Aktionsplan „Für ein kinderge-
rechtes Deutschland“ ist ausgelaufen. Er wurde sang-
und klanglos beerdigt. Es soll keinen Nachfolgeplan ge-
ben. Ein Lichtschimmer an Aktivität – das haben wir
heute schon gehört –, die Rücknahme der Vorbehaltser-
klärung, verlischt letztlich ohne Wirkung, weil die Rück-
nahme ausdrücklich keine konkreten Folgen haben soll.
Ich finde, das ist eine Farce.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Bundesregierung dreht im Zusammenhang mit
der Rücknahme der Vorbehaltserklärung und den Folgen
für die minderjährigen Flüchtlinge ganz seltsame Pirou-
etten. Das kann man in der Antwort auf unsere Kleine
Anfrage zur Situation und zur Stärkung der Kinderrechte
sehr schön nachlesen.

Ich möchte ein Beispiel nennen. Wir haben gefragt,
ob alle 16- und 17-jährigen Jugendlichen nach Auffas-
sung der Bundesregierung Kinder im Sinne der Konven-
tion seien. Die Antwort – Zitat –:

Ja, weil Artikel 1 der VN-Kinderrechtskonvention
das so bestimmt.

Wir haben weiter gefragt, ob alle 16- und 17-jährigen Ju-
gendlichen die gleichen Rechte haben. Antwort: Ja,

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(C (D … soweit nicht die gesetzlichen Regelungen zwischen deutschen und ausländischen Staatsangehörigen differenzieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das passt vorne und inten nicht zusammen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


ntweder haben alle unter 18-Jährigen die Rechte, wie
ie in der Kinderrechtskonvention dargelegt sind, oder
ir unterscheiden nach Staatsangehörigkeit. Letzteres ist

ber der Kinderrechtskonvention zufolge überhaupt
icht zulässig.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich mit der Ra-
fizierung der UN-Kinderrechtskonvention längst selbst
azu verpflichtet, minderjährige Flüchtlinge eben nicht
ie Erwachsene zu behandeln. Wir Grünen fordern ganz
lar, endlich die notwendigen Änderungen im Asyl-, im
ufenthalts- und im Sozialrecht vorzunehmen. Die un-

elige Geschichte dieser Vorbehaltserklärung sollte und
uss endlich voll und ganz ein Ende haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Wir hören und lesen sehr oft den Satz: Kinder sind
nsere Zukunft. Das stimmt. Kinder sind aber bei wei-
m nicht nur unsere Zukunft, sondern Kinder sind heute
nd jetzt. Kinder haben heute und jetzt eigene Rechte,
nd zwar aus sich selbst heraus. „Kinder haben was zu
agen“ – das ist auch das Motto des diesjährigen Welt-
indertages. Wir müssen uns alle selber fragen, wo wir
inder zu Wort kommen lassen. Wo und wie beziehen
ir selbst die Perspektive von Kindern in unser eigenes
rbeiten, in die Gesetzgebung mit ein?

Die Kinderkommission, der ich selber angehört habe,
istet hier einen ganz wichtigen Beitrag als – im besten
inne – Lobby für Kinder im Bundestag. Aber auch die
undesregierung ist gefragt – vor allem nach den großen
nkündigungen, die zu diesem Thema im Koalitionsver-
ag zu lesen sind, die aber bisher keine besonderen Aus-
irkungen hatten –, echte Beteiligungs- und Partizipa-
onsverfahren zu schaffen und auch anzuwenden.

Ähnlich verquer wie bei der Vorbehaltserklärung ar-
umentieren Bundesregierung, CDU/CSU und FDP bei
er Frage der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundge-
etz. Die Argumentation läuft nach dem Motto: Das
rauchen wir nicht, das hätte sowieso keine Folgen. –
h frage mich: Warum gibt es diesen Widerstand gegen

ine Maßnahme, die nach eigener Angabe sowieso keine
olgen hätte?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Antwort ist ganz simpel: weil Sie es selber besser
issen.

In der UN-Kinderrechtskonvention ist eine klare An-
rderung formuliert. Ich möchte Art. 3 dieser Konven-

on zitieren:

Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen … ist
das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorran-
gig zu berücksichtigen ist.





Katja Dörner


(A) )


)(B)

Diesem Vorrangprinzip kann unserer Meinung nach
durch nichts mehr Durchschlagskraft verschafft werden
als durch die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundge-
setz. Deshalb ist diese Aufnahme überfällig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Ich mache der Bundesregierung und den Koalitions-
fraktionen einen Vorschlag: Sie machen das einfach so
wie bei der Rücknahme der Vorbehaltserklärung. Wir er-
arbeiten zusammen einen Gesetzentwurf zur Aufnahme
der Kinderrechte ins Grundgesetz.

Die Opposition unterstützt das alles und verschafft die
für die Verfassungsänderung notwendige Zweidrittel-
mehrheit. Die rechte Seite des Hauses sagt einfach wei-
terhin: Das hat keine Folgen. Die linke Seite des Hauses
macht dann etwas daraus.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr kreativ!)


Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712813300

Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt der Kollege

Norbert Geis das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1712813400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Ich gehe gleich auf die Forderung
ein, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Man
kann zwar darüber diskutieren, aber denken Sie daran,
dass die Menschenrechte für alle Menschen gelten und
deshalb auch für die Kinder; denn Kinder sind ebenfalls
Menschen. Wer bezweifelt, dass die Menschenrechte für
alle Menschen Geltung haben, der bezweifelt ihre Reich-
weite.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bezweifeln wahrscheinlich nicht einmal Sie, Herr Geis!)


Dies ergibt sich letztlich auch aus der Konvention der
Vereinten Nationen vom 20. November 1989, die die
Rechte der Kinder hervorhebt. Darin wird betont, dass
das Kind von Anfang an eine Person ist und eine eigene
Würde hat, wie jeder andere Mensch auch.

Deshalb ist es nach meiner bescheidenen Auffassung
und auch nach Auffassung vieler anderer nicht notwen-
dig, diese Rechte eigens in das Grundgesetz aufzuneh-
men. Das würde unter Umständen sogar, statt einen Ak-
zent zugunsten der Kinder zu setzen, zum Nachteil der
Kinder wirken, wenn nicht alles so im Grundgesetz nie-
dergelegt wird, wie wir uns das vorstellen, was die Frage
angeht, welche Rechte Kinder haben.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Nachteile denn?)


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(C (D eswegen warne ich davor, solche Rechte ins Grundgeetz aufzunehmen. Sie sind schon im Grundgesetz entalten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann nennen Sie doch mal die Nachteile!)


er Vorrang des Wohles des Kindes ist – das liegt in der
atur der Sache – schon im Grundgesetz niedergelegt.


(Diana Golze [DIE LINKE]: An welcher Stelle, bitte?)


Die UN-Konvention vom 20. November 1989 über
ie Rechte des Kindes ist deshalb entstanden, weil man
stgestellt hat, dass die Kinder weltweit am ehesten und

ls Erste darunter zu leiden haben, wenn es zu Hungers-
öten, Epidemien und Konflikten kommt.

Es gibt aber auch andere interessante Aspekte in der
onvention, mit denen man sich ebenfalls beschäftigen
uss. Das Übereinkommen stellt nämlich klar, dass, wie
ie vorhin schon richtig gesagt haben, Kinder keine Er-
achsenen im Kleinformat sind, sondern das Recht auf
rziehung haben. Dazu gehören eine liebende Umge-
ung und das Recht, angenommen zu werden. Dass sie
as Recht auf Erziehung durch ihre Eltern haben, steht in
er Konvention. Das hat weitreichende Folgen, die ich
leich noch darlegen werde. Ich weiß jetzt schon, dass
ie nicht mit allem einverstanden sein werden.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Wenn wir dann auch über Bildung und Teilhabe reden, können Sie das gerne machen!)


ie haben das Recht auf Erziehung durch ihre Eltern.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat doch niemand etwas dagegen!)


Das Recht auf Erziehung durch ihre Eltern ist im Üb-
gen auch durch ein interessantes Urteil des Bundesver-
ssungsgerichts vom 1. April 2008 herausgestellt wor-

en. Darin wird festgestellt, dass die Eltern nach Art. 6
rundgesetz die Pflicht haben, Kinder zu erziehen, dass

ber daraus auch folgt – das kommt in Art. 6 Grundge-
etz nicht direkt zum Ausdruck –, dass die Kinder ein
echt darauf haben, dass die Eltern sie erziehen.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das heißt die Mütter und die Väter! – Diana Golze [DIE LINKE]: Das ist auch die einzige Stelle, wo Kinder vorkommen!)


Ich habe Sie nicht verstanden. Sie müssen eine Zwi-
chenfrage stellen; sonst kann ich nicht darauf eingehen.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen Ihre Redezeit nicht unnötig verlängern!)


Wenn Sie das nicht wollen. Sie werden es mir sicher-
ch nicht übelnehmen, wenn ich meine Redezeit aus-
utze.


(Caren Marks [SPD]: Wir sind schmerzfrei! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Tauber [CDU/ CSU]: Den Eindruck habe ich nicht immer!)






Norbert Geis


(A) )


)(B)

– Dann ist es ja gut. Aber die Schmerzen, die Sie berei-
ten, sind manchmal kaum noch zu ertragen.


(Caren Marks [SPD]: Dann habe ich ja alles richtig gemacht! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür sehen Sie noch gut aus!)


Am besten geht man dann hinaus.

Aber wir wollen jetzt nicht über Schmerzfreiheit re-
den, sondern über Kinderrechte. Wenn es richtig ist, dass
die Kinder ein Recht darauf haben, von ihren Eltern er-
zogen zu werden, wie es im Bundesverfassungsgerichts-
urteil von 2008 und in der Konvention aus dem Jahr
1989 festgestellt wird, dann ist es auch richtig, dass die
Familien stärker in den Fokus gelangen. Wir müssen die
Familien stärker ins Blickfeld nehmen. Kinder können
nämlich nur dann richtig erzogen werden, wenn ihre Fa-
milien funktionieren.


(Zuruf der Abg. Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD])


Bei manchen Äußerungen hat man das Gefühl – ganz
und gar nicht bei Ihren, Frau Rupprecht –, dass die El-
tern geradezu gefährlich sind für die Erziehung der Kin-
der, dass man alles dem Staat überlassen muss


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch Bildungseinrichtungen sind nicht gefährlich für Kinder!)


und dass man die Kinder – ich weiß, dass Sie jetzt wider-
sprechen – möglichst schnell in die Kita geben muss, da-
mit sie dort ordentlich erzogen werden. Das ist falsch.


(Zuruf der Abg. Monika Lazar [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


– Ich weiß, dass das Ihren ideologischen Vorstellungen
durchaus nicht entspricht. –


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben aber keine ideologischen Vorstellungen!)


Alle Gutachten bestätigen dies.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein!)


– Sie kennen sie nicht, und Sie lesen sie nicht, weil Sie
bereits eine ideologische Schranke haben.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie nicht! – Caren Marks [SPD]: Sie sind von Schranken umzingelt!)


Das ist ja das Problem. Man kann sich mit Ihnen über-
haupt nicht darüber unterhalten. Sie regen sich bei die-
sem Thema sofort auf und gehen hoch wie ein
HB-Männchen. Man kann mit Ihnen überhaupt nicht or-
dentlich diskutieren. Sie degradieren dieses Parlament
geradezu zum Kindergarten. Das ist wirklich wahr.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Der Papst hätte Ihnen gestern widersprochen!)




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(C (D Der Papst hätte mir nicht widersprochen. Lassen Sie mich wenigstens noch ein paar Gedanken azu äußern. Vielleicht haben Sie die Geduld, das wirkch einmal anzuhören. Ich wiederhole: Wenn es richtig ist, dass die Kinder inen Anspruch darauf haben, von ihren Eltern erzogen u werden – das haben sowohl das Bundesverfassungsericht als auch die UN-Kinderrechtskonvention festgetellt –, dann müssen wir die Voraussetzungen dafür chaffen. Wir müssen akzeptieren, dass die Erziehung urch die Eltern die Regel ist. Wir müssen dort eingrein, wo Ausfälle sind. Es gibt Ausfälle in der Bundesre ublik Deutschland, etwa bei 5 Prozent der Kinder. Wir üssen stärker auf unterer Ebene, durch die Jugendämr, dafür Sorge tragen – ich weiß nicht, ob man das ganz nd gar gesetzlich regeln kann; wahrscheinlich ist das icht möglich –, dass die Elternkompetenz gestärkt wird das ist der nächste und wichtigste Schritt –, damit die inder in den ersten beiden Lebensjahren bei ihren Elrn bleiben können. Es gibt genug Gutachten darüber, ass die Kinder in den ersten zwei Jahren die Nähe der utter und die Nähe des Vaters mehr als sonst in ihrem eben brauchen. Diese Nähe ist so wichtig wie die täglihe Nahrung. Sie sagten, wir hätten zu wenig zustande gebracht. an kann natürlich immer kritisieren. Denken Sie einal daran, dass wir 1998 das neue Kindschaftsrecht ge chaffen haben. Durch die Neuregelung wurde das Verältnis zwischen Eltern und Kindern ganz entscheidend eändert. Das wird allerseits anerkannt. Für die damalige euregelung war Edzard Schmidt-Jortzig verantwortch. Er hat sich dadurch sicherlich große Verdienste erorben. Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt eingehen. ir haben uns natürlich auch um die gewaltfreie Erzie ung der Kinder zu bemühen. Auf Initiative der damalien Justizministerin Däubler-Gmelin hat das Parlament Jahre 2000 im BGB verankert, dass Kinder gewaltfrei u erziehen sind. Auch daran wird deutlich, dass man im inblick auf die Rechte des Kindes vieles bedacht hat. nser größtes Problem im Augenblick ist der sexuelle issbrauch. Hierzu gab es einen Runden Tisch. Dieser unde Tisch hat, wie ich meine, wirklich gute Vor chläge gemacht, die auch aufgenommen worden sind nd im Kinderschutzgesetz niedergelegt werden sollen. ir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt. Am nächsten ontag findet dazu eine Anhörung statt. Deswegen will h mich gar nicht über all das ausbreiten, was vorgeseen ist. Ich meine, dass wir mit einer Novellierung des inderschutzgesetzes vor allen Dingen in dem Versuch inen Schritt weiterkommen, die Kinder vor dem Verrechen des sexuellen Missbrauchs zu schützen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist gut, ich darüber zu streiten. Ich hoffe, dass wir trotz des treits zu einem gemeinsamen Weg finden. Danke schön. )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712813500

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Christoph

Strässer das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1712813600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Kollege Geis, ich glaube, Ihr Exkurs
in das Verfassungsrecht, was den Art. 6 des Grundgeset-
zes angeht, beruht auf einem Verständnis des Gewollten,
das fundamental anders ist als das, was Sie in diese Be-
stimmung hineinzuinterpretieren versuchen. Niemand
hier braucht eine Belehrung darüber, dass Kinder Per-
sönlichkeiten sind, Persönlichkeitsrechte haben und den
Schutz des Grundgesetzes genießen – schon jetzt.

Darüber kann und darf es keinen Streit geben. Aber
das, was mit der geplanten Änderung des Art. 6 des
Grundgesetzes geplant und gewollt ist, bezieht exakt das
ein, was im Prinzip alle Rednerinnen und Redner vorge-
tragen haben, nämlich dass Kinder eines besonderen
Schutzes bedürfen, dass Kinder in bestimmten Situatio-
nen eben nicht mit eigener Stimme sprechen können und
dass sie deshalb mehr als alle anderen auf staatlichen
Schutz angewiesen sind. Kinder bedürfen daher nach
meiner Überzeugung des Schutzes des Art. 6 GG.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da das alles sehr theoretisch klingt, möchte ich auf
die Praxis zu sprechen kommen.


(Abg. Norbert Geis [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Ich bin mir nicht sicher, ob das verfahrensmäßig geht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712813700

Natürlich geht das. Wenn Sie es zulassen, kann der

Kollege Geis Ihnen eine Zwischenfrage stellen. – Bitte
schön.


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1712813800

Ich will nur darauf hinweisen – ich denke, dass Sie

mit mir darin übereinstimmen –, dass ich versucht habe,
genau den Inhalt des Urteils des Bundesverfassungsge-
richts vom 1. April 2008 wiederzugeben. Danach haben
die Eltern die Verpflichtung, ihre Kinder zu erziehen.
Aber darauf begründet sich auch das Recht der Kinder
auf Erziehung gegenüber den Eltern. Insofern meine ich,
dass das, was Sie wollen, durch das Bundesverfassungs-
gericht ordentlich ausgelegt worden ist.

Es gibt einen Brief des ehemaligen Bundespräsiden-
ten und Verfassungsgerichtspräsidenten Roman Herzog
an die Bundeskanzlerin, in dem er klar darlegt, dass auf-
grund dieses Urteils des Bundesverfassungsgerichts eine
Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz nicht
erforderlich ist.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1712813900

Ich will die hektische Debatte nicht fortführen, son-

dern nur das darlegen, was weder Sie noch offenbar Herr

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(C (D erzog richtig wahrgenommen haben. Es geht nicht um as Recht eines jeden Kindes auf Erziehung, sondern dam, dass Kinder aufgrund ihrer besonderen Schutzbe ürftigkeit eines besonderen Schutzes bedürfen und dass ieser im Rahmen einer gesamtstaatlichen Regelung am esten gewährleistet ist, wenn man ihre Rechte in das rundgesetz aufnimmt. Ich füge als jemand, der der einung ist, dass man mit der Aufnahme von Rechten in as Grundgesetz sehr restriktiv umgehen sollte, hinzu: as ist nicht alles in den letzten Jahren geregelt worden! o ist der Tierschutz in Art. 20 a im Grundgesetz veranert worden. Zudem ist geplant, Sport, Kultur – und was eiß ich noch alles – als Staatsziele aufzunehmen. Anesichts dessen kann man meiner Meinung nach nicht rnsthaft darüber streiten, ob Kinderrechte den gleichen erfassungsrang haben sollen wie die Staatsziele Sport nd Kultur. Dann muss man erst recht die Kinderrechte ufnehmen. Vielleicht sollte man danach aufhören, das rundgesetz weiter auszudehnen. Aber die Kinder brau hen einen im Grundgesetz verankerten Schutz. Dabei leibe ich. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben schon sehr oft auf die Kinderrechtskonven-
on verwiesen. Art. 3 der Kinderrechtskonvention hat
us meiner Sicht genau das, was wir im Hinblick auf das
rundgesetz einfordern, nämlich Verfassungsrang. Das

ollte auch in der deutschen Rechtsordnung so sein.
ann könnten wir uns vielleicht andere Sachen sparen.
ber wir kämpfen noch immer darum, dass Art. 3 der
inderrechtskonvention, in dessen Zentrum das Wohl
es Kindes steht, in der Gesetzgebung dieser Regierung
nd dieser Koalition Berücksichtigung findet.

Ich will deutlich auf das Recht derjenigen Kinder hin-
eisen, die im Gegensatz zu vielen anderen Kindern in
eutschland – der überwiegenden Mehrheit geht es gut;
as will ich nicht bestreiten; man wäre völlig verrückt,
enn man das täte – weniger Rechte haben. Diese Kin-
er bedürfen auch eines besonderen Schutzes durch die
usgestaltung der einfachgesetzlichen Regelungen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712814000

Herr Kollege Strässer, die Kollegin Deligöz möchte

nen gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie es er-
uben.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1712814100

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712814200

Bitte schön.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1712814300

Herr Kollege Strässer, können Sie mir bestätigen,

ass Herr Herzog im Jahre 2006 – das habe ich soeben
Internet gelesen – gemeinsam mit National Coalition

ine Erklärung in der Akademie der Künste in Berlin ab-
egeben hat, in der er fordert, Kinderrechte im Grundge-





Ekin Deligöz


(A) )


)(B)

setz aufzunehmen? Das bestätigt alle Thesen, die Sie ge-
rade vorgetragen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1712814400

Da ich nach der Geschäftsordnung des Deutschen

Bundestages nicht befugt bin, am Rednerpult das Inter-
net zu nutzen, gehe ich davon aus, dass die Quelle rich-
tig zitiert ist. Mich würde auch verwundern, wenn Herr
Herzog etwas anderes vertreten hätte; denn er ist in der
von Ihnen erwähnten National Coalition höchst aktiv.
Ich bestätige das also, ohne es zu wissen. Ich glaube, es
stimmt.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte gerne noch einmal auf die Regelung der
besonders schutzbedürftigen Kinder zurückkommen – sie
ist hier angesprochen worden –, die ohne Pass nach
Deutschland kommen. Sie, Herr Kollege Tauber, bekla-
gen, dass sie keinen Pass haben. Wenn sie mit einem
Pass an die deutsche Grenze kämen, würden sie zurück-
gewiesen, weil sie dann keine Flüchtlinge wären. Das al-
les sind Widersprüche, die hier jetzt keine Rolle spielen.

Herr Dr. Stadler, ich glaube, dass die Regelung in § 12
Asylverfahrensgesetz, wonach auch ein Ausländer, der
das 16. Lebensjahr vollendet hat, zur Vornahme von Ver-
fahrenshandlungen fähig ist, nicht in Übereinstimmung
mit der Kinderrechtskonvention steht, insbesondere
nicht mit Art. 20 und 22. Dort wird nämlich differenziert
zwischen Kindern, die in Deutschland leben, und Kin-
dern, die nach dem Schutzrecht der internationalen Kon-
vention geschützt werden. Hier wird die Grenze bei
18 Jahren gezogen.

Es gibt den Einwand, dass es in Deutschland Bereiche
gibt, in denen das Alter von 18 auf 16 Jahre gesenkt wor-
den ist. Aber § 12 Asylverfahrensgesetz ist Verfahrens-
recht. Verfahrensrechte sind Schutzrechte. Im Rechts-
staat wird Schutz durch das Verfahrensrecht gewährt.
Wenn man Kindern, die in diesem Alter nach Deutsch-
land kommen, diesen Verfahrensschutz nimmt oder ihn
relativiert, dann verstößt das für mich ganz klar gegen
die Regeln der internationalen Kinderrechtskonvention.
Das muss geändert werden.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Ich glaube, dass auch an anderen Stellen viel nachzu-
bessern und viel nachzuholen ist. Das betrifft insbeson-
dere die Frage: Was passiert eigentlich mit Kindern, die
zum Beispiel mit dem Flugzeug in Frankfurt ankommen
und um Asyl bitten? Kann man auf diese Kinder wirk-
lich das Flughafenverfahren anwenden? Können Kinder
in diesem Alter, die ohne Schutz, ohne Beistand, ohne
vernünftige Betreuung sind und die keine Schulbildung
haben, diesem Verfahren unterzogen werden? Nein, an
dieser Stelle waren wir froh über die Rücknahme. Wenn
es aber bei einem Placeboeffekt bleibt, dann machen wir
nicht mit. Wir werden Sie weiterhin mit Initiativen – in
Anführungszeichen – belästigen, um die Kinderrechte

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(C (D nd die Kinderrechtskonvention auch materiell in eutschland durchzusetzen. Danke schön. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712814500

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

er Kollege Florian Bernschneider für die FDP-Fraktion
as Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Florian Bernschneider (FDP):
Rede ID: ID1712814600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nachge-
ehen: Zum 18. Mal in dieser Legislaturperiode diskutie-
n wir heute das Thema Kinderrechte.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das zu viel, oder was? – Caren Marks [SPD]: Ein wichtiges Thema!)


Dies ist ein wichtiges Thema, völlig zu Recht. – Grob
berschlagen sind das etwa 13 Stunden Diskussion über
ie Rechte der Kinder. Wenn man die Diskussionszeit
er vergangenen Legislaturperioden dazu zählt, haben
ir mehrere Tage über die Rechte von Kindern gespro-

hen. Das ist zunächst einmal – da haben Sie völlig
cht – ein gutes Zeichen; denn es zeigt, dass uns allen
das ist einer der beliebtesten Sätze aus all diesen De-

atten – die Rechte von Kindern am Herzen liegen.

Wenn man sich einige der bisherigen Debatten einmal
nschaut, dann muss man etwas schmunzeln, besonders
ber die Debatten, bei denen Redner aller Fraktionen am
ednerpult stehen und sich darüber ereifern, Kinder an
olitischen Entscheidungen partizipieren zu lassen, und
as gegen 22 Uhr, also zu einer Tageszeit, zu der jedes
ind im Bett liegt. Ich weiß, wir Fachpolitiker bestim-
en nicht den Ablauf der Tagesordnung. Wir haben uns

uch heute nicht in die Primetime eingetaktet. Trotzdem
uss man einmal kritisch sagen: Es ist auch gut, dass
inder nicht alle Diskussionen, die wir in den vergange-
en Jahren geführt haben, tatsächlich miterleben konn-
n. Sie würden uns zu Recht fragen, warum wir Jahr-

ehnte brauchten, um eine Selbstverständlichkeit,
ämlich die Rücknahme der Vorbehalte zur UN-Kinder-
chtskonvention, umzusetzen. Wir als christlich-liberale
oalition haben das jetzt endlich geschafft. Anstatt dies

nzuerkennen, nehmen Sie Fahrt auf für das nächste
ammutprojekt, nämlich die Aufnahme der Kinder-
chte ins Grundgesetz. Ich wage einmal den Blick in die
laskugel:


(Caren Marks [SPD]: 1,8 Prozent)


elbst wenn es uns einmal gelingen wird, die Kinder-
chte in das Grundgesetz aufzunehmen, dann werden

ns die Kinder die Frage stellen: Jetzt habt ihr jahrelang
arüber diskutiert, aber was bringt das genau? Es wurde
eute von allen Oppositionsrednern versprochen, darauf
onkrete Antworten zu geben. Richtig konkrete Antwor-





Florian Bernschneider


(A) (C)


)(B)


ten habe ich aber nicht gehört. Die Verfassungsrechtler
sagen uns, die Kinderrechte sind im Grundgesetz schon
abgebildet. Deswegen wünsche ich mir, dass wir keine
Zeit mit abstrakten Debatten verlieren, sondern uns kon-
kret damit beschäftigen, wie wir die Kinderrechte stär-
ken können.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das haben in der Vergangenheit auch alle anderen
Koalitionsfraktionen getan. Ich glaube aber trotzdem,
dass wir die Leistung von Schwarz-Gelb in den letzten
zwei Jahren auf keinen Fall kleinreden dürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 32 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Neuordnung des Geräteund Produktsicherheitsrechts – Drucksachen 17/6276, 17/6852 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – Drucksache 17/7063 – Caren Marks [SPD]: Das sehen die Bürger genauso! 1,8 Prozent!)


Kinderlärm ist kein Grund mehr für Klagen. Das Bun-
deskinderschutzgesetz sorgt dafür, dass viel Wichtiges
auf den Weg gebracht wird. Die Familienhebammen sind
die richtige Entscheidung, wenn es um den Präventions-
gedanken geht. Wir investieren 12 Milliarden Euro mehr
in Bildung und Forschung. Mit der Offensive „Frühe
Chancen“ setzen wir 400 Millionen Euro für Chancen-
gerechtigkeit ein. Die Freiwilligendienste, die Sommer-
ferienjob-Regelung, alles das sind konkret erlebbare
Rechte für Kinder und Jugendliche in unserem Land.

So berechtigt einige der im vorliegenden SPD-Antrag
aufgeworfenen Fragen auch sein mögen: Der Antrag lie-
fert wenig Konkretes. Selbst wenn man ihn beschlösse,
kämen am Ende wenig spürbare Ergebnisse für die Kin-
der dabei heraus. Spürbare Ergebnisse aber müssen un-
ser Ziel sein. Ich habe gerade ein paar Punkte aufgezählt,
die zeigen, dass die christlich-liberale Koalition genau
diesen Weg eingeschlagen hat, nämlich Konkretes zu lie-
fern, anstatt viele abstrakte Debatten zu führen. Ich
würde mich freuen, wenn Sie uns dabei begleiten wür-
den.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1712814700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/6920 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

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1)

(D Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Matthias Zimmer Hierzu ist vereinbart, dass die Reden zu Protokoll enommen werden.1)


Deswegen kommen wir gleich zur Abstimmung. Der
usschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt in seiner
eschlussempfehlung auf Drucksache 17/7063, den Ge-
tzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 17/6276

nd 17/6852 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
chussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
t mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
raktion Bündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der
PD-Fraktion und Enthaltung der Fraktion Die Linke
ngenommen.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
t mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 28. September 2011, 13 Uhr,
in.

Die Sitzung ist geschlossen.