Protokoll:
17117

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 117

  • date_rangeDatum: 30. Juni 2011

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 23:15 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/117 FDP eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Drucksachen 17/6070, 17/6361) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Drucksachen 17/6246, 17/6361) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes für eine be- schleunigte Stilllegung von Atom- kraftwerken (Drucksachen 17/5179, 17/6361) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dorothee Menzner, nate Künast, Sylvia Kotting-Uhl, wei- teren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Atomge- setzes – Abschalten der acht unsi- chersten Atomkraftwerke (Drucksachen 17/5180, 17/6361) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jürgen Trittin, Re- nate Künast, Sylvia Kotting-Uhl, wei- teren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Beendigung der Nutzung von Atomkraftwerken zur kommerziel- 13364 C 13364 C 13364 C 13364 D Deutscher B Stenografisch 117. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Elvira Drobinski-Weiß und Michael Schlecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick als Mitglied im Gremium gemäß § 10 a des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 9, 10, 13, 17 a und 40 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und 13361 A 13361 B 13361 B 13364 A 13364 A Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion DIE LINKE eingebrachten Ent- undestag er Bericht ung en 30. Juni 2011 t : wurfs eines … Gesetzes zur Ände- rung des Atomgesetzes – Keine Übertragbarkeit von Reststrommen- gen (Drucksachen 17/5472, 17/6361) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jürgen Trittin, Re- nate Künast, Sylvia Kotting-Uhl, wei- teren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomge- setzes und zur Wiederherstellung des Atomkonsenses (Drucksachen 17/5035, 17/6361) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jürgen Trittin, Re- 13364 C 13364 D len Energieerzeugung in Deutsch- land) (Drucksachen 17/5931, 17/6361) . . . . 13364 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/6362) . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Do- rothee Menzner, Eva Bulling-Schrö- ter, Ralph Lenkert, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Sofortige Stilllegung der sieben äl- testen Atomkraftwerke und des Atomkraftwerks Krümmel – zu dem Antrag der Abgeordneten Do- rothee Menzner, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Atomausstieg bis 2014 – Für eine er- neuerbare und demokratische Ener- gieversorgung – zu dem Antrag der Abgeordneten In- grid Nestle, Oliver Krischer, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Versorgungssicherheit trans- parent machen – Keine Experimente mit atomarer „Kaltreserve“ (Drucksachen 17/5478, 17/6092, 17/6109, 17/6361) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerba- ren Energien (Drucksachen 17/6071, 17/6363) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Neurege- lung des Rechtsrahmens für die För- derung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (Drucksachen 17/6247, 17/6363) . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Energiewende jetzt – zu dem Antrag der Abgeordneten Bär- bel Höhn, Hans-Josef Fell, Sylvia Kot- ting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Atomzeitalter beenden – En- ergiewende jetzt (Drucksachen 17/5182, 17/5202, 17/6363) e f) g h 13365 A 13365 B 13365 B 13365 C 13365 C ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: 10 Jahre EEG – Auf dem besten Weg zu einer ökologischen und sozi- alen Energiewende – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erneuerbare Energie ausbauen statt Atomkraft verlän- gern (Drucksachen 17/778, 17/799, 17/4953) . – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung energie- wirtschaftsrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 17/6072, 17/6365) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Neurege- lung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 17/6248, 17/6365) . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie – zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Dirk Becker, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Auf dem Weg zu einem nachhaltigen, effizien- ten, bezahlbaren und sicheren Ener- giesystem – zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Dirk Becker, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Programm für eine nachhaltige, bezahlbare und sichere Energieversorgung – zu dem Antrag der Abgeordneten Ca- ren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Schutz- schirm für Stromkunden – Bezahl- bare Energiepreise gewährleisten (Drucksachen 17/5181, 17/5481, 17/5760, 17/6365) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Be- schleunigung des Netzausbaus Elek- trizitätsnetze (Drucksachen 17/6073, 17/6366) . . . . 13365 D 13365 D 13366 A 13366 B 13366 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 III – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über Maßnah- men zur Beschleunigung des Net- zausbaus Elektrizitätsnetze (Drucksachen 17/6249, 17/6366) . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/6367) . . . . . . . . . . . . . i) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten In- grid Nestle, Hans-Josef Fell, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Modernisierung der Stromnetze – Bür- gernah, zügig, für erneuerbare Ener- gien (Drucksachen 17/5762, 17/6366) . . . . . . . j) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Dirk Becker, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Energieeffizienz verbessern – Auf dem europäischen Sondergipfel zur Energiepolitik am 4. Februar 2011 verbindliche Maßnah- men vereinbaren (Drucksachen 17/4528, 17/4785) . . . . . . . k) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaß- nahmen an Wohngebäuden (Drucksachen 17/6074, 17/6358) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanie- rungsmaßnahmen an Wohngebäu- den (Drucksachen 17/6251, 17/6358) . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/6360) . . . . . . . . . . . . . l) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ (EKFG-ÄndG) (Drucksachen 17/6252 (neu), 17/6356) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Geset- m n o p in Z A g (D in 13366 B 13366 C 13366 C 13366 D 13366 D 13366 D 13367 A 13367 A zes zur Errichtung eines Sonderver- mögens „Energie- und Klimafonds“ (EKFG-ÄndG) (Drucksachen 17/6075, 17/6356) . . . . ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der klimage- rechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden (Drucksachen 17/6076, 17/6357) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden (Drucksachen 17/6253, 17/6357) . . . . ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 17/6077, 17/6364) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Än- derung schifffahrtsrechtlicher Vor- schriften (Drucksachen 17/6254, 17/6364) . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Daniela Wagner, Oliver Krischer, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ungebundene EU-Mittel aus dem Konjunkturpaket (EEPR) unver- züglich für mehr Energieeffizienz und erneuerbare Energien nutzen (Drucksachen 17/4017, 17/5225) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jan Korte, Dorothee Menz- ner, Dr. Barbara Höll, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion DIE LINKE einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Gesetz zur grundgesetzlichen Verankerung des Ausstiegs aus der Atomenergie) (Drucksachen 17/5474, 17/6349) . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 3: ntrag der Fraktion der SPD: Die Ener- iewende zukunftsfähig gestalten rucksache 17/6292) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit 13367 A 13367 B 13367 B 13367 C 13367 C 13367 C 13367 D 13367 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Abgeordneten Jürgen Trittin, Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än- derung des Grundgesetzes (Absicherung des Wiederausstiegs aus der Atomenergie in Artikel 20 a) (Drucksache 17/6302) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Nils Schmid, Minister (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . N E T A k w L b (D S K M D D D D B D D N B T a b c 13368 A 13368 B 13371 A 13374 D 13376 D 13380 A 13382 B 13383 D 13384 D 13386 A 13386 C 13387 C 13388 D 13389 B 13389 C 13390 B 13391 B 13391 C 13392 C 13394 A 13396 A 13396 C 13397 D 13398 D 13400 A 13400 C 13401 A 13402 C 13403 C 13405 A amentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . rgebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Sahra Wagen- necht, Dr. Axel Troost, Dr. Barbara Höll, eiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE INKE: Verursacher der Krise zur Kasse itten – Neue Bankenabgabe einführen rucksache 17/6303) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . . . laus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . anfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . r. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . jörn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . icolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 41: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie im Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunter- richt (Fernunterrichtschutzgesetz) (Drucksache 17/6208) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 27. Oktober 2010 zur Änderung des Abkommens vom 11. August 1971 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen (Drucksache 17/6257) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 30. März 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung und zur 13404 D, 13407 D 13349 B 13412 D, 13415 B 13418 A, 13420 B 13409 C 13409 C 13411 A 13423 A 13424 B 13425 B 13426 C 13428 A 13429 C 13431 B 13432 B 13433 B 13435 A 13436 C 13438 A 13438 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 V Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen (Drucksache 17/6258) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Februar 2011 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Republik Zypern zur Vermeidung der Doppelbe- steuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Ver- mögen (Drucksache 17/6259) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Energiebetrie- bene-Produkte-Gesetzes (Drucksache 17/6278) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Tabea Rößner, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Pressefreiheit europaweit umsetzen – Medien als wichtigen Grundpfeiler der Demokratie stärken (Drucksache 17/6126) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein- Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zugang zu medizinischem Cannabis für alle betroffenen Patientinnen und Patienten ermöglichen (Drucksache 17/6127) . . . . . . . . . . . . . . . . h) Antrag der Abgeordneten Agnes Krum- wiede, Monika Lazar, Krista Sager, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Grundla- gen für Gleichstellung im Kulturbetrieb schaffen (Drucksache 17/6130) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier, Heinz-Joachim Barchmann, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gemeinsame Europäische Agrarpolitik nach 2013 – Konzept zum „Greening“ der Direkt- zahlungen vorlegen (Drucksache 17/6299) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Wolfgang Wieland, Jerzy Mon- tag, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ver- T a b Z A n – K D U H M D S U W U M K T T E e w U (D 13438 B 13438 B 13438 B 13438 C 13438 C 13438 C 13438 D antwortlichkeit der Bundesregierung für den Umgang des Bundesnachrich- tendienstes mit den Fällen Klaus Barbie und Adolf Eichmann (Drucksache 17/4586) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 42: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Cornelia Behm, Harald Ebner, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bericht zum Risikomanage- ment bei Lebensmittelkrisen vorlegen (Drucksachen 17/6107, 17/6337) . . . . . . . . )–j) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 278, 279, 280, 281, 282, 283, 284, 285 und 286 zu Petitionen (Drucksachen 17/6110, 17/6111, 17/6112, 17/6113, 17/6114, 17/6115, 17/6116, 17/6117, 17/6118) . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 1: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- en der CDU/CSU und FDP: Stuttgart 21 Ergebnis des Stresstests respektieren – eine Blockadepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . we Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . ichael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . teffen Bilger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . te Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . artin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arin Maag (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . homas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . agesordnungspunkt 6: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur eiteren Erleichterung der Sanierung von nternehmen rucksache 17/5712) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13438 D 13439 A 13439 B 13440 B 13440 B 13441 D 13443 A 13444 B 13445 C 13446 D 13448 B 13449 D 13450 C 13451 C 13452 B 13453 C 13454 D VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Ingo Egloff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Vereinbarte Debatte: 70. Jahrestag des Über- falls Deutschlands auf die Sowjetunion . . . Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Michael Glos (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Frak- tion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Artikel-115- Gesetzes (Drucksachen 17/4666 (neu), 17/6241) . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 21: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord- nung zu dem Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 17/6384) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z E C e d (D D T D H V D G Z A G te N s lö lö (D B P O D J G J T b 13455 A 13456 B 13457 D 13459 C 13460 D 13461 D 13462 D 13464 A 13465 B 13465 C 13466 C 13468 B 13469 A 13470 A 13471 A 13472 A 13473 B 13473 C 13475 B 13476 D 13479 A 13480 B 13481 D 13483 B 13484 A 13485 B 13486 D usatztagesordnungspunkt 6: rste Beratung des von den Fraktionen der DU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs ines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung es Bundeswahlgesetzes rucksache 17/6290) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . homas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . alina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . abriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Beate Müller- emmeke, Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, wei- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Tarifvertragssystem tärken – Allgemeinverbindliche Tarif- hne und branchenspezifische Mindest- hne erleichtern rucksache 17/4437) . . . . . . . . . . . . . . . . . . eate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ttmar Schreiner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Ottmar Schreiner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . utta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ohannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ) Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der AU/UN-Hybrid- Operation in Darfur (UNAMID) auf Grundlage der Resolution 1769 (2007) des Sicherheitsrates der Vereinten Nati- onen vom 31. Juli 2007 und Folgereso- lutionen (Drucksache 17/6322) . . . . . . . . . . . . . . . 13486 D 13487 A 13489 C 13491 C 13493 A 13494 A 13495 D 13496 D 13497 D 13498 A 13499 A 13499 D 13501 A 13502 C 13503 B 13503 C 13504 D 13505 C 13507 A 13508 A 13508 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 VII Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: – Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1) (Drucksachen 17/254, 17/4775) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Cornelia Möhring, Matthias W. Birkwald, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundge- setzes (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1) (Drucksachen 17/472, 17/4775) . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, Kai Gehring, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundge- setzes (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1) (Drucksachen 17/88, 17/4775) . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/ CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Parteiengeset- zes und eines … Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (Drucksache 17/6291) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkel- mann, Herbert Behrens, Matthias W. Birk- wald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kommission zur Überprüfung des Abgeordnetenrechts – Mehr Transpa- renz und Verantwortung für das Gemein- wohl (Drucksache 17/6305) . . . . . . . . . . . . . . . . . . P T J D V S D T A S g r n G (D Z a b B C J D V T T A S g K B (D in 13508 D 13510 A 13511 B 13512 C 13513 B 13514 A 13514 D 13515 A 13515 A 13515 C 13515 C eter Altmaier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . homas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . r. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: ntrag der Abgeordneten Kirsten Lühmann, ören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion der SPD: Barrie- efreie Mobilität und barrierefreies Woh- en – Voraussetzungen für Teilhabe und leichberechtigung rucksache 17/6295) . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 11: ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Neunund- zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Einführung ei- nes Ordnungsgeldes (Drucksachen 17/5471, 17/6309) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Geschäftsordnungsausschusses: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Einführung eines Ordnungsgeldes (§§ 36 bis 39 GO-BT) (Drucksache 17/6309) . . . . . . . . . . . . . . . ernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . hristian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Michael Schlecht, abine Leidig, Dr. Barbara Höll, weitere Ab- eordnete und der Fraktion DIE LINKE: eine zusätzlichen finanziellen Mittel des undes oder der Bahn AG für Stuttgart 21 rucksache 17/6129) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit 13515 D 13517 A 13517 C 13518 C 13519 C 13520 D 13521 C 13522 D 13523 A 13523 A 13523 B 13524 D 13526 B 13527 B 13528 A 13529 B 13529 D 13531 D VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofrei- ter, Dr. Valerie Wilms, Stephan Kühn, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stuttgart 21 – Kein Wei- terbau ohne Nachweis der Leistungsfähig- keit und ohne Klärung der Kosten und Ri- siken (Drucksache 17/6320) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Übertragung ehebe- zogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften (Drucksachen 17/3972, 17/6359) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Dr. Konstantin von Notz, Birgitt Bender, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung der eingetragenen Le- benspartnerschaften mit der Ehe im Bundesbeamtengesetz und in weiteren Gesetzen (Drucksachen 17/906, 17/6359) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Krista Sager, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Moratorium jetzt – Dringliche Klärung von Fragen zu Mehrkosten des ITER-Projekts (Drucksache 17/6321) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Effektive Regulierung der Finanz- märkte nach der Finanzkrise (Drucksache 17/6313) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Christoph Poland, Dorothee Bär, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Reiner Deutschmann, Patrick Kurth (Kyffhäuser), Sebastian Blumenthal, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ratifizierung der U K (D in Z A c w S w g B d w v (D W H U R D A T A H s d n D h d d E K (D in Z A N w N g d d (D 13531 D 13532 A 13533 A 13533 A 13533 C 13533 D NESCO-Konvention zum immateriellen ulturerbe vorantreiben rucksache 17/6314) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aa- hen), Siegmund Ehrmann, Martin Dörmann, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der PD sowie der Abgeordneten Agnes Krum- iede, Claudia Roth (Augsburg), Ekin Deli- öz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ratifizierung es UNESCO-Übereinkommens zur Be- ahrung des immateriellen Kulturerbes orbereiten und unverzüglich umsetzen rucksache 17/6301) . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . erbert Frankenhauser (CDU/CSU) . . . . . . . lla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . einer Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . gnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: ntrag der Abgeordneten Wolfgang Gunkel, einz-Joachim Barchmann, Gabriele Fogra- cher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion er SPD: Übermittlung von Fluggastdaten ur nach europäischen Grundrechts- und atenschutzmaßstäben ier: Stellungnahme gegenüber der Bun- esregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 es Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 UZBBG zum Richtlinienvorschlag OM(2011) 32 endg. rucksache 17/6293) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 13: ntrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von otz, Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), eiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Gutachten über die eplanten EU-Fluggastdatenabkommen mit en USA und Australien beim Gerichtshof er Europäischen Union einholen rucksache 17/6331) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13534 A 13534 A 13534 B 13535 C 13536 A 13536 D 13537 C 13538 C 13539 D 13540 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 IX Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Neuordnung des Geräte- und Produkt- sicherungsrechts (Drucksache 17/6276) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Fraktion der SPD: Besonderhei- ten der nationalen Finanzmärkte bei Um- setzung von Basel III berücksichtigen (Drucksache 17/6294) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Er- richtung des Europäischen Finanzauf- sichtssystems (Drucksache 17/6255) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Krestel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für eine gerechte und entwicklungsförder- liche internationale Rohstoffpolitik (Drucksache 17/6153) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T E e U w te s (D O A L F D D T a b D G K H J O T B s n – 13540 A 13540 B 13541 A 13541 D 13543 A 13543 C 13544 B 13545 A 13545 B 13545 B 13546 C 13547 D 13548 C 13549 A 13550 A 13550 A 13552 B 13553 C 13554 B 13554 D agesordnungspunkt 24: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur msetzung der Beitreibungsrichtlinie so- ie zur Änderung steuerlicher Vorschrif- n (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsge- etz – BeitrRLUmsG) rucksache 17/6263) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ntje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . othar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: ) Antrag der Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Transparenz und Kontrolle bei der Förderung von un- konventionellem Erdgas in Deutschland (Drucksache 17/5573) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Johanna Voß, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Erdgasförderung auf Kosten des Trinkwassers – Fracking bei der Erdgasförderung verbieten (Drucksache 17/6097) . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Paul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . erd Bollmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ohanna Voß (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . liver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Bildung, Forschung und Tech- ikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Abgeordneten René Röspel, Ulla Burchardt, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: 20 Jahre Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deut- schen Bundestag – Ein gelungenes Bei- spiel und internationales Modell für den Austausch von Wissenschaft und Politik 13555 D 13555 D 13556 C 13558 A 13559 D 13560 D 13561 C 13562 D 13563 A 13563 A 13564 B 13565 A 13565 D 13566 D 13567 C X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Josef Fell, Krista Sager, Sylvia Kotting- Uhl, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tech- nikfolgenabschätzung im Bundestag und in der Gesellschaft stärken (Drucksachen 17/3414, 17/3063, 17/6287) . . Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Antrag der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Polarregionen schützen – Polarforschung stärken (Drucksache 17/5228) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ewa Klamt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Inge Höger, Herbert Behrens, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Schutz vor militäri- schem Fluglärm (Drucksachen 17/5206, 17/5918) . . . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T B a V (A o G s F (D K D D J J V T A P A P 2 e (D D S F Y K T a b in 13568 D 13569 A 13570 C 13571 B 13572 A 13572 C 13573 C 13574 C 13574 D 13576 A 13576 D 13577 D 13578 C 13579 B 13580 B 13580 B 13581 B 13582 A 13582 D 13583 C 13584 B agesordnungspunkt 30: eschlussempfehlung und Bericht des Sport- usschusses zu dem Antrag der Abgeordneten iola von Cramon-Taubadel, Claudia Roth ugsburg), Monika Lazar, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN: Frauen- und Mädchenfußball tärken – Fußballweltmeisterschaft der rauen 2011 gesellschaftspolitisch nutzen rucksachen 17/5907, 17/6281) . . . . . . . . . . laus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . ens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . iola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 31: ntrag der Abgeordneten Stefan Schwartze, etra Crone, Petra Ernstberger, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: rogramme „Schulverweigerung – Die . Chance“ und „Kompetenzagenturen“ rhalten rucksache 17/6103) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . tefan Schwartze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . vonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 32: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, Jan Korte, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Digitalisierung des kultu- rellen Erbes als gesamtstaatliche Auf- gabe umsetzen (Drucksache 17/6096) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ansgar Heve- ling, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord- neten Reiner Deutschmann, Burkhardt Mül- ler-Sönksen, Jimmy Schulz, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Digitalisierungsoffensive für unser kul- turelles Erbe beginnen (Drucksache 17/6315) . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit 13585 B 13585 C 13586 D 13588 A 13589 A 13590 B 13591 B 13592 B 13592 C 13594 B 13595 C 13596 B 13597 C 13598 B 13598 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 XI Zusatztagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Siegmund Ehr- mann, Martin Dörmann, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: „Kulturelles Erbe 2.0“ – Digitalisie- rung von Kulturgütern beschleunigen (Drucksache 17/6296) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: a) Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Dietmar Bartsch, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: NS-Vergangenheit in Bun- desministerien aufklären (Drucksache 17/3748) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. h. c. Wolf- gang Thierse, Siegmund Ehrmann, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Personelle und in- stitutionelle Kontinuitäten und Brüche in deutschen Ministerien und Behörden der frühen Nachkriegszeit hinsichtlich NS-Vorgängerinstitutionen untersu- chen (Drucksache 17/6297) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Personelle und institutionelle Kontinuitäten und Brüche in deutschen Ministerien und Behörden der frühen Nachkriegszeit hinsichtlich NS-Vorgänger- institutionen systematisch untersuchen (Drucksache 17/6318) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . J C N A L A E A n e A w p u A E A z s K M K M H N A E F A S H U J H D C Y F M 13598 C 13598 C 13599 B 13600 A 13601 B 13602 C 13603 D 13604 D 13605 A 13605 A 13605 B 13606 B 13606 D 13607 D 13609 A an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . laudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten lbert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) zur amentlichen Abstimmung über den Entwurf ines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des tomgesetzes und zu den Abstimmungen zu eiteren Energiegesetzen (Tagesordnungs- unkt 4 und Zusatztagesordnungspunkte 3 nd 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 rklärungen nach § 31 GO zur namentlichen bstimmung über den Entwurf eines Drei- ehnten Gesetzes zur Änderung des Atomge- etzes (Tagesordnungspunkt 4 a) arin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . atthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . laus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . arco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . icole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . nnette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . rnst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . rank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . ndrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . utta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothee Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . vonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13610 A 13611 C 13613 C 13615 A 13615 B 13615 D 13616 A 13616 A 13616 C 13617 D 13618 A 13618 A 13618 B 13618 C 13621 D 13622 A 13623 A 13623 A 13623 C 13623 D 13624 B 13624 B 13624 C 13624 D 13625 C XII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Stüber (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Johanna Voß (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ralph Lenkert und Jens Petermann (beide DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesord- nungspunkt 4 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ekin Deligöz und Claudia Roth (Augsburg) (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei- nes Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesordnungspunkt 4 a) . . . . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Hermann Ott, Till Seiler, Memet Kilic, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesordnungspunkt 4 a) . . . . Anlage 7 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Drei- zehnten Gesetzes zur Änderung des Atomge- setzes und zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts- rahmens für die Förderung der Stromerzeu- gung aus erneuerbaren Energien (Tagesord- nungspunkt 4 a und c) Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Paul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gitta Connemann (CDU/CSU) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes und zur Abstimmung über den E B tä A E ü g d g D J A E D (b E R e o A E D s – – – (T A E A m s n ü d te u A E T s 13625 D 13626 C 13626 C 13626 D 13627 B 13627 C 13627 D 13628 C 13629 B 13630 A 13630 B ntwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur eschleunigung des Netzausbaus Elektrizi- tsnetze (Tagesordnungspunkt 4 a und h) . . . nlage 9 rklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Neure- elung des Rechtsrahmens für die Förderung er Stromerzeugung aus erneuerbaren Ener- ien (Tagesordnungspunkt 4 c) r. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . ens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . nlage 10 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Michael Fuchs und Andreas G. Lämmel eide CDU/CSU) zur Abstimmung über den ntwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des echtsrahmens für die Förderung der Strom- rzeugung aus erneuerbaren Energien (Tages- rdnungspunkt 4 c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 11 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten r. Michael Luther (CDU/CSU) zu den Ab- timmungen: Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Ener- gien Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze agesordnungspunkt 4 c, f und h) . . . . . . . . nlage 12 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten rnold Vaatz (CDU/CSU) zu den Abstim- ungen über den Entwurf eines Gesetzes zur teuerlichen Förderung von energetischen Sa- ierungsmaßnahmen an Wohngebäuden und ber den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung er klimagerechten Entwicklung in den Städ- n und Gemeinden (Tagesordnungspunkt 4 k nd m) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 13 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten ankred Schipanski (CDU/CSU) zu den Ab- timmungen: 13631 A 13633 B 13633 D 13634 B 13634 D 13635 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 XIII – Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften – Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze – Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungs- maßnahmen an Wohngebäuden – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sonderver- mögens „Energie- und Klimafonds“ (EKFG-ÄndG) – Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städ- ten und Gemeinden – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 4 a, c, f, h, k, l, m und n) Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Nešković (DIE LINKE) zur Bera- tung des Entwurfs eines Neunundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetenge- setzes – Einführung eines Ordnungsgeldes (Zusatztagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften – Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe im Bundesbeamtengesetz und in weiteren Gesetzen (Tagesordnungspunkt 11) Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A Z d d (T D N S M D V A Z d ri T n V K K P D D A Z d F o R D B D D A Z d – – (T n 13635 C 13636 B 13637 B 13638 C 13639 B 13639 D 13640 B 13640 D 13641 D nlage 16 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung es Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1) agesordnungspunkt 12) r. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . orbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . onja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 17 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Barrierefreie Mobilität und bar- erefreies Wohnen – Voraussetzungen für eilhabe und Gleichberechtigung (Tagesord- ungspunkt 14) olkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . arl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . irsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Müller (Aachen) (FDP) . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 18 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Effektive Regulierung der inanzmärkte nach der Finanzkrise (Tages- rdnungspunkt 15) alph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . jörn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 19 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Keine zusätzlichen finanziellen Mittel des Bundes oder der Bahn AG für Stuttgart 21 Stuttgart 21 – Kein Weiterbau ohne Nach- weis der Leistungsfähigkeit und ohne Klä- rung der Kosten und Risiken agesordnungspunkt 16 und Zusatztagesord- ungspunkt 10) 13642 D 13644 A 13644 D 13645 D 13646 C 13647 B 13648 B 13649 B 13650 B 13651 C 13652 C 13653 C 13654 B 13657 A 13658 B 13659 C 13660 C XIV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU). . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU). . . . . . . . . . . . . . . . Ute Kumpf (SPD). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Moratorium jetzt – Dringliche Klärung von Fragen zu Mehrkosten des ITER-Projekts (Tagesordnungspunkt 18) Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 EUZBBG zum Richtlinienvorschlag KOM(2011) 32 endg. – Gutachten über die geplanten EU-Flug- gastdatenabkommen mit den USA und Australien beim Gerichtshof der Europäi- schen Union einholen (Tagesordnungspunkt 21 und Zusatztagesord- nungspunkt 13) Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung 13661 C 13662 D 13663 C 13664 C 13665 B 13666 A 13667 A 13668 A 13669 C 13670 B 13671 A 13672 C 13673 D 13674 D 13676 A 13676 C Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Übermittlung von Fluggastdaten nur nach europäischen Grundrechts- und Daten- schutzmaßstäben hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 d le B p R M B D D 13671 D es Antrags: Besonderheiten der nationa- n Finanzmärkte bei Umsetzung von asel III berücksichtigen (Tagesordnungs- unkt 23) alph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . anfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . jörn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13622 D 13679 D 13680 D 13681 D 13682 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13361 (A) ) )(B) 117. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13615 (A) ) )(B) deutsche Kraftwerke aufgrund der hohen Standards und senschaften mit all ihren Risiken für viele Generationen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes und zu den Ab- stimmungen zu weiteren Energiegesetzen (Ta- gesordnungspunkt 4 und Zusatztagesordnungs- punkte 3 und 4) Ich respektiere den offensichtlich in der deutschen Bevölkerung nach dem Reaktorunglück in Japan vor- handenen Wunsch, schneller aus der Kernenergie in Deutschland auszusteigen. Ohne Zweifel gibt es bei der Kernenergie ein Restrisiko. Dies gilt auch für deutsche Anlagen – wenngleich das Eintreten dieses Risikos für d s v d o A z te g te W s g b u ru la d v F z s a is d fe u s D A z z d ru a M k ta li h w Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ahrendt, Christian FDP 30.06.2011 Aigner, Ilse CDU/CSU 30.06.2011 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 30.06.2011 Becker, Dirk SPD 30.06.2011 Brand, Michael CDU/CSU 30.06.2011 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 30.06.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 30.06.2011 Dr. Friedrich (Hof), Hans-Peter CDU/CSU 30.06.2011 Hardt, Jürgen CDU/CSU 30.06.2011 Haßelmann, Britta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 30.06.2011 Höger, Inge DIE LINKE 30.06.2011 Homburger, Birgit FDP 30.06.2011 Nietan, Dietmar SPD 30.06.2011 Nink, Manfred SPD 30.06.2011 Nord, Thomas DIE LINKE 30.06.2011 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht er Expertise der deutschen Betreiber sehr unwahr- cheinlich ist. Ich respektiere den mehrheitlichen Wunsch der Be- ölkerung und stimme den heute in den Deutschen Bun- estag eingebrachten Energiegesetzen zu. Ich stimme zu, bwohl ich erhebliche Bedenken habe. Der Wunsch zum usstieg muss einhergehen mit erstens der Fähigkeit und weitens der Bereitschaft, den Umstieg auch zu schul- rn. Ich bezweifle, dass die den Gesetzentwürfen zu- runde gelegten Maßnahmen den Ausstieg im angestreb- n Zeitrahmen ermöglichen. Ich befürchte, dass die unschziele mit den Maßnahmen nicht zu erreichen ind. So sehe ich zum Beispiel beim Ausbau der Ener- iegewinnung aus Wind und Sonne das Speicherpro- lem nicht ansatzweise gelöst. Ich habe nach vielen Gesprächen mit Bürgerinnen nd Bürgern auch nicht den Eindruck, dass die Bevölke- ng mehrheitlich bereit ist, die damit verbundenen Be- stungen zu tragen: Belastungen durch höhere Kosten, urch den Ausbau des Leitungssystems, durch den Bau on Windkraftanlagen in ihrer unmittelbaren Nähe usw. unktionieren kann der Zeitplan nur, wenn der Wunsch um Ausstieg gedeckt ist durch die Fähigkeit zum Um- tieg und die Bereitschaft, die Belastungen des Umstiegs uch zu tragen. Ich befürchte daher, dass der Zeitplan nicht zu halten t und im Ergebnis die absurde Situation auftreten kann, ass deutsche Kernkraftwerke abgeschaltet werden, der hlende Strom aus den Nachbarländern importiert wird nd dann auch Strom aus Kernkraftwerken, zum Bei- piel aus Tschechien – Temelin – oder Frankreich, nach eutschland importiert wird. nlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesordnungspunkt 4 a) Karin Binder (DIE LINKE): Ich stimme dem Drei- ehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes nicht u. Ich stimme dagegen, weil ein zügigerer Ausstieg aus er Atomenergie machbar wäre. Da jedoch die Regie- ng wirtschaftlichen Interessen der Kraftwerksbetreiber bsoluten Vorrang einräumt, werden die Interessen der enschen nach Gesundheit, Sicherheit und Nachhaltig- eit in den Hintergrund gedrängt. Spätestens mit den Ka- strophen von Tschernobyl und Fukushima wurde deut- ch, welches Erbe wir nachfolgenden Generationen interlassen. Jeder Tag längere Laufzeit für Kernkraft- erke verlängert das Risiko und vermehrt die Hinterlas- 13616 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Ich stimme da- gegen, weil die Dreizehnte AtG-Novelle keine Laufzeit- verkürzung ist, wenn man den sogenannten rot-grünen Atomkonsens zur Basis nimmt. Die Regierungskoalition – und mit ihr SPD und Grüne – ziehen keine Konsequen- zen aus der Nuklearkatastrophe von Fukushima, denn es findet sich im Vergleich zur rot-grünen Regelung von 2001 keine Verbesserung der Atomgesetzgebung. Die Linke im Bundestag fordert den Atomausstieg bis Ende 2014. Wie dieser ohne Einschränkungen in der Stromversorgung und ohne Strompreisexplosionen mög- lich ist, hat sie dezidiert dargestellt und auch mit einer Reihe von Anträgen untermauert. Und deshalb stimme ich dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Atomge- setzes nicht zu. Klaus Brähmig (CDU/CSU): Persönlich habe ich meine berechtigten Zweifel an der Geschwindigkeit des Atomausstiegs und der praktischen Umsetzung, dennoch möchte ich mich als direkt gewählter Bundestagsabge- ordneter dem überragenden Wunsch der Menschen in unserem Land nicht entziehen. Meine Bedenken bei meiner Zustimmung zum Atomausstieg möchte ich im Folgenden aber kurz erläutern: Gerade beim Umbau des Energienetzes weg vom Atomstrom hin zu alternativen Energien der habe ich persönlich große Zweifel, was die konkrete Umsetzung anbelangt. Eine große Mehrheit der Bevölkerung will nach den Vorfällen in Japan so schnell wie möglich aus der Atomenergie aussteigen. Aber der Bürger muss sich langfristig damit abfinden, dass die von ihm gewünschte Energiewende auch eine hässliche Seite hat; denn sie könnte mit einer dramatischen Verän- derung des Landschaftsbildes einhergehen. Derzeit dre- hen sich mehr als 21 300 Windräder zwischen Passau und Westerland. Bei einem Schnellausstieg in den nächs- ten zehn Jahren ist eine Verzehnfachung der Windräder in Deutschland realistisch. Riesengroße Rotoren werden in der Landschaft stehen. Neue Überlandleitungen und Bodenkabel werden gebaut bzw. durchs Land verlegt. Gleiches gilt für Solaranlagen. Insofern wird schon bald der gleiche Bürger, der jetzt den schnellen Ausstieg will, häufig sagen: alternative Energien aus der Steckdose ja, aber nicht vor meiner Haustür. Die Öffentlichkeit muss erst davon überzeugt werden und verstehen, dass der Bau von Windkraft-, Biogas- und Solarkraftanlagen wesentlich mehr Raum einnimmt als Kernkraftwerke. Deshalb rechne ich mit ungeahnten Verärgerungswellen von betroffenen Anwohnern und Gemeinden. Zudem hängt die Zukunftsfähigkeit von al- ternativen Energieträgern davon ab, ob wir schnell Spei- cherkapazitäten schaffen können; denn für die Grund- lastabsicherung sind sie sonst nicht in dem Maße verwertbar. Hier sind noch einige Fragen offen, und ich bin mir nicht sicher, ob wir die gewünschte Substitution der Grundlast durch alternative Energien in so kurzer Zeit schaffen. Unabhängig davon stimme ich den Gesetzentwürfen auf Drucksachen 17/6246 und 17/6070 zu. F n te fü d ti d A E b m – tu S s c c v s P h le p u tr d s m v N d k s n s B d fü li d V k rä v z A d n a F w K c m (C (D Marco Bülow (SPD): Ich begrüße, dass Union und DP nach jahrzehntelanger verfehlter Atompolitik sich un endlich dazu entschlossen haben, aus dieser Risiko- chnologie auszusteigen. Dies erkenne ich als Chance r eine wirkliche Energiewende und als Fortschritt in er bisherigen Energiedebatte an. Ich verstehe die Posi- on meiner Fraktion, die sich trotz aller bleibenden Be- enken dazu entschlossen hat, der Gesetzesvorlage zum tomausstieg zuzustimmen. Die SPD möchte nicht den indruck vermitteln, die späte Einsicht der Regierung zu lockieren. Nach langer Abwägung und der Auseinandersetzung it dem Thema und dem vorliegenden Gesetzentwurf soweit dies in der Kürze der parlamentarischen Bera- ngszeit überhaupt möglich war – bin ich zu dem chluss gekommen, der Regierungsvorlage nicht zu- timmen zu können. Das möchte ich in dieser persönli- hen Erklärung näher darlegen. Es gibt eine Reihe von inhaltlichen und handwerkli- hen Einzelpunkten, die ich für bedenklich halte. Ich bin or allem fest davon überzeugt, dass man ohne die Ver- orgungssicherheit zu gefährden und ohne große reisanstiege zu riskieren, früher aussteigen könnte. Ich alte es zudem nicht für ratsam, sechs AKW erst in den tzten beiden Jahren, 2021 und 2022, des Ausstiegs- lans vom Netz zu nehmen. Es gibt weitere Kritikpunkte nd Versäumnisse, die aber alle ausreichend in den An- ägen meiner Fraktion dargelegt wurden. Es gibt aber arüber hinaus drei Hauptkritikpunkte, die für mich be- onders zentral sind und die ich hier deshalb darlegen öchte: Erstens. Der Ausstieg wird nicht durch einen Staats- ertrag oder eine Grundgesetzänderung manifestiert. ach der plötzlichen Kehrtwende von Union und FDP in er Atompolitik und nachdem sich eine Reihe von Politi- ern der Regierungsparteien bereits wieder vom Aus- tieg distanzieren, kann eine erneute Umpositionierung icht ausgeschlossen werden. Zweitens. Viele Experten bezweifeln, dass der Aus- tiegsvertrag rechtssicher gestaltet wurde. Klagen der etreiber könnten demnach milliardenschwere Scha- ensersatzforderungen nach sich ziehen. Die Zeitpunkte r die Abschaltungen der AKW sind teilweise willkür- ch gewählt, und sie berücksichtigen nicht ausreichend ie Ergebnisse der Reaktor-Sicherheitskommission. onseiten der Regierung wurde kaum auf diese Beden- en eingegangen, erst Recht konnten sie nicht ausge- umt werden. Dies ist nicht nur nachlässig, sondern un- erzeihlich, wenn man den Staatshaushalt nicht noch usätzlich und sehenden Auges belasten will. Drittens. Auch wenn ein Ausstiegsdatum für jedes KW festgelegt wird, kann dies nicht zu Abstrichen bei er Sicherheit führen, denn immerhin sechs AKW sollen och etwa zehn Jahre laufen. Diese Schwachstelle hätte usgeräumt werden können, wenn die Regierung der orderung der SPD-Bundestagsfraktion nachgekommen äre und endlich das neue Kerntechnische Regelwerk in raft setzen und eine unabhängige und umfassendere Si- herheitsüberprüfung veranlassen würde. Die Sicherheit uss trotz Ausstieg immer an erster Stelle stehen und es Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13617 (A) ) )(B) ist nicht akzeptabel, dass dort Kompromisse gemacht wurden. Wenn man als Abgeordneter sein gutes Recht in An- spruch nimmt, eine Gewissensentscheidung zu treffen, sollte man diese auch gut begründen können. Sicher sind die von mir aufgeführten einzelnen Bedenken schwer- wiegend, aber sie bekommen vor allem deshalb eine hohe Priorität, weil Unfälle in der Atomenergie verhee- rende und unkalkulierbare Folgen haben können. Jedes einzelne Jahr, das ein Atomkraftwerk früher vom Netz geht, jede Sicherheitsnachrüstung könnten daher einen entscheidenden Faktor darstellen. Mein letzter wichtiger Kritikpunkt, der dazu führt, dass mir eine Zustimmung unmöglich ist, ist die Art und Weise, wie das Atomgesetz zustande gekommen ist und durchgesetzt wurde. Weil in erster Linie nur die beteilig- ten Fachpolitiker die ganze Vorgeschichte direkt miter- lebt haben, möchte ich hier die Abläufe und meine Be- gründung etwas detaillierter darstellen. Der Bundestag und seine Abgeordneten sollten dem Anspruch gerecht werden „die zentrale Rolle im politischen Willensbil- dungs- und Entscheidungsprozess“ einzunehmen. Genau dies habe ich zumindest bei den beiden Entscheidungen zur Änderung des Atomgesetzes im letzten Herbst – siehe meine persönliche Erklärung im Plenarprotokoll 17/68 – infrage gestellt. Das Parlament und seine Abge- ordneten gelangen durch eine immer schnellere Abfolge von umfangreichen Gesetzesvorlagen zunehmend an die Belastungsgrenzen. Ist die Zeitnot, mit der wichtige Ge- setze mit nachhaltigen Konsequenzen durch das Parla- ment gejagt werden, in Einzelfällen eventuell berechtigt, gilt dies sicher nicht für die jetzigen Energiegesetze. Im Eilverfahren hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima zwei unlegitimierte Kommissionen eingesetzt. Dort ka- men ohne Zweifel angesehene Fachleute zusammen. Sie agierten allerdings ohne gewählte Abgeordnete und in einer Zusammensetzung, die willkürlich allein von der Kanzlerin festgelegt wurde. Völlig abgekoppelt vom Parlament legten diese Kommissionen innerhalb von sechs bzw. acht Wochen ihre Berichte und Empfehlun- gen vor. In dieser Zeit gab es keinen Austausch zwischen den beiden Kommissionen und dem zuständigen Bun- destag. Das Parlamentsverfahren wurde in der kürzest- möglichen Zeit durchgezogen, obwohl die Vorlage von 14 Einzelgesetzen nicht nur sehr umfangreich ist, son- dern diese auch weitreichende Wirkung entfalten. Wün- sche der Opposition nach längerer Beratungszeit, nach frühzeitigen Anhörungen, damit daraus resultierende Er- kenntnisse überhaupt eine Chance haben, noch im Ge- setzesverfahren einbezogen zu werden, wiesen die Re- gierungsfraktionen mit Mehrheitsbeschlüssen ab. Am Montag, den 6. Juni, beschloss das Kabinett die Vorlage zu den Gesetzen, die zu einem Gesamtpaket ge- schnürt wurden. Am Mittwoch, den 8. Juni, bekamen die Fachpolitiker vom Leiter der Ethikkommission, Klaus Töpfer, in etwa 30 Minuten die Ergebnisse der Arbeit der Ethikkommission präsentiert. Kaum Zeit für wenige Fragen, geschweige denn zum Verarbeiten von Erkennt- nissen und Beseitigen von Bedenken. Danach fand eine v A g in ra u ru b s ta e w s im k s tu s d W te e d v K d w e d d m g m e ti u te d z A G A k ic S d v g s tu s z (C (D erkürzte Ausschusssitzung statt, dicht gefolgt von zwei nhörungen zum Atom- und zum Erneuerbare-Ener- ien-Gesetz – dies alles geballt in zwölf Stunden, anstatt ausreichender Zeit verteilt über einen längeren Zeit- um. Somit war es kaum möglich, wirklich aufmerksam nd sachlich über die Gesetze zu diskutieren. Die Anhö- ngen müssen deshalb als reine „Showveranstaltungen“ ezeichnet werden. Auch hier fehlte wieder die Zeit, re- ultierende Erkenntnis noch zu verwerten. Am Donners- g, den 8. Juni, erreichen die Gesetze das Plenum in der rsten Lesung. Bereits in der darauffolgenden Sitzungs- oche werden die Gesetze dann zur Abstimmung ge- tellt. Nachdem die Vertreter der Länder noch Änderungen Verfahren bei den Atomgesetzen bewirken konnten, am es im parlamentarischen Verfahren zu keinen sub- tanziellen inhaltlichen Veränderungen. Der Gestal- ngsanspruch des Bundestages konzentrierte sich aus- chließlich auf die Oppositionsfraktionen, die intern iskutierten und Änderungsvorschläge formulierten. enn aber die Regierungsfraktionen – egal welche Par- ien sie gerade bilden – ihren Gestaltungsanspruch, ihre igentliche Entscheidungskompetenz aufgeben, halte ich ies für äußerst bedenklich. Der künstlich erzeugte Zeitdruck und die Kompetenz- erlagerung von den Abgeordneten auf unlegitimierte ommissionen führen zur Abwertung und Missachtung es demokratischen parlamentarischen Verfahrens. Ge- ählte demokratische Abgeordnete können und dürfen in solches Vorgehen nicht zulassen. Ich jedenfalls kann ies nicht akzeptieren und möchte mit einer Zustimmung as fragwürdige Vorgehen im Nachhinein nicht legiti- ieren. Heidrun Dittrich (DIE LINKE): Ich stimme dage- en, weil es noch nie eine sichere Endlagerung des ato- aren Mülls gab und auch nicht gibt. Jeder weitere Tag rhöht das ungelöste Strahlenproblem. Die Bürgerinitia- ve in Lüchow-Dannenberg wird weiter protestieren, nd ich werde sie unterstützen. Auch gegen den nächs- n Castortransport werden wir protestieren. Die nukleare Katastrophe von Fukushima mahnt uns, ie Atomkraftwerke abzuschalten, zurückzubauen, und war unumkehrbar! Deshalb müssen ein Verbot der tomkraftwerke und ein endgültiger Ausstieg ins rundgesetz. Bis 2022 bedeutet, weitere elf Jahre die ngst vor einer atomaren Katastrophe zu haben. Ich be- enne, dass ich Angst vor einem Atomunfall habe, dass h Angst habe um meine Kinder und meine Freunde. ie werden uns im Bundestag fragen: Warum habt ihr as nicht verhindert? Die Menschen dürfen nicht dem Profitinteresse der ier Energiekonzerne geopfert werden. Jeder Tag län- ere Laufzeit eines Atomkraftwerks erhöht die Wahr- cheinlichkeit einer atomaren Katastrophe. Verantwor- ng bedeutet, nicht für die Profite verantwortlich zu ein, sondern für die Gesundheit der Bevölkerung und ukünftiger Generationen. 13618 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Nicole Gohlke (DIE LINKE): Ich stimme gegen das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes, denn allen Mitgliedern des Bundestages ist bewusst, dass ein Reaktorunglück nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Allen ist bewusst, dass die Risiken für die Gesundheit und das Leben von Millionen von Menschen im Falle eines Unglücks unkalkulierbar sind. Ich halte es deshalb für unverantwortlich, den Ausstieg aus der Atomenergie über ein Jahrzehnt zu verschleppen und Hintertüren offenzuhalten. Das Votum der Menschen in Deutschland ist eindeutig. Sie wollen das Ende der Atomkraft. Die Politik hat kein Recht, sich darüber hin- wegzusetzen. Deshalb stimme ich dem Dreizehnten Gesetz zur Än- derung des Atomgesetzes nicht zu. Annette Groth (DIE LINKE): Ich stimme dagegen, weil ich gemeinsam mit der Mehrheit der Menschen in Deutschland für einen sofortigen Atomausstieg bin und nicht verantworten kann, dass Phillipsburg 2 noch bis 2019 und Neckarwestheim 2 bis 2022 weiterbetrieben werden sollen und damit die Gefahr eines atomaren Un- falls für die Menschen in Baden-Württemberg für wei- tere elf Jahre gesetzlich festgeschrieben wird. Spätestens Fukushima hat gezeigt, dass auch in hochtechnisierten Ländern ein Atomunfall jederzeit droht. Auch wird wei- terhin jedes Jahr zusätzlicher hochradioaktiver Atom- müll produziert, der eine unverantwortliche Hypothek für die nächsten Generationen darstellt. Dies ist mit einer verantwortbaren Energiepolitik nicht zu vertreten. Des- halb stimme ich dem Entwurf eines Dreizehnten Geset- zes zur Änderung des Atomgesetzes nicht zu. Ernst Hinsken (CDU/CSU): Ich stimme unter Hint- anstellung größter nachfolgender Bedenken dem Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes, Drucksache 17/6070, zu: Erstens. Obwohl ich einen schnellstmöglichen unum- kehrbaren Ausstieg aus der Kernenergie will, bin ich ge- gen das feste Ausstiegsdatum 2022, weil ich befürchte, dass der Umbau gegebenenfalls länger dauert und dann Strom aus Kernkraftwerken benachbarter Länder wie Tschechien oder Frankreich bezogen werden muss. Zweitens. Zudem liegen keine genauen Angaben da- rüber vor, was der Umstieg in der Energieversorgung Verbraucher, Unternehmen und Steuerzahler kostet. Da- bei darf insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht durch stark steigende Strom- preise gefährdet werden. Bei Versorgungsproblemen muss Sorge getragen werden, dass eine politische Neu- bewertung der nationalen Stromversorgung erfolgen wird. Drittens. Darüber hinaus betrachte ich es als Fehler, die Endlagersuche erneut aufzunehmen. In Gorleben sind in den zurückliegenden 35 Jahren bereits 1,5 Mil- liarden Euro für Erkundungen und Überprüfungen inves- tiert worden. Es ist nicht nachvollziehbar, an anderen Orten jetzt nochmals von vorn zu beginnen n n li P m h li te g s fr B li w d A rh N a n w A m A E s V A a li m A s A n fa w g ri d n k F a o ri w e b d (C (D Viertens. Die Kernenergiefrage muss meiner Meinung ach im internationalen, zumindest im europäischen und icht nur im nationalen Rahmen gelöst werden. Schließ- ch sind rund um Deutschland 37 Kernkraftwerke in lanung oder im Bau. Falls dort etwas passieren sollte, acht die Strahlenbelastung nicht an unseren Grenzen alt. Die Bundesregierung ist aufgefordert, ihre diesbezüg- chen Aktivitäten aufrechtzuhalten und alle Möglichkei- n der Einflussnahme zum Ausstieg aus der Kernener- ie auch in anderen Ländern zu nutzen. Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Ich habe grund- ätzlich Verständnis dafür, dass die SPD-Bundestags- aktion ihre Unterstützung zum Gesetzentwurf der undesregierung zur Änderung des Atomgesetzes signa- siert hat. Nach diesem Gesetz würde das Atomkraft- erk, AKW, Grafenrheinfeld in meinem Wahlkreis je- och erst im Jahr 2015 abgeschaltet. Nach dem tomkonsens von Rot-Grün wäre das AKW Grafen- einfeld immerhin ein Jahr früher, nämlich 2014, vom etz genommen worden. Ich kann dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, denn ufgrund der Vorfälle in den Jahren 2010 und 2011 ist es icht länger verantwortbar, das AKW Grafenrheinfeld eiter zu betreiben. Die bayerische Atomaufsicht hat im nschluss an einen bei der Revision 2010 festgestellten öglichen Riss an einem Rohr im Primärkreislauf des KW Grafenrheinfeld nicht ordnungsgemäß gehandelt. s ist unverantwortlich, dass die bayerische Atomauf- icht aufgrund ihrer oberflächlichen und dilettantischen orgehensweise weiterhin die Verantwortung für das KW Grafenrheinfeld hat. Deshalb muss Grafenrheinfeld am besten sofort, aber uf jeden Fall so bald wie möglich vom Netz. Nach vor- egenden seriösen alternativen Berechnungen müsste es öglich sein, Grafenrheinfeld sofort abzuschalten. Ein bwarten bis Ende 2015 ist der Bevölkerung unter die- en Umständen jedenfalls nicht zuzumuten. Bei der Revision 2010 wurde festgestellt, dass im KW Grafenrheinfeld möglicherweise ein Riss an ei- em Rohr im Primärkreislauf vorhanden ist. Dieser Vor- ll sollte erst bei der Revision 2012 erneut überprüft erden. Der Vorschlag kam von Eon, wurde von der be- utachtenden Stelle TÜV Süd befürwortet und die baye- sche Atomaufsicht hat sich dem so angeschlossen. Das Bundesumweltministerium, BMU, wurde über iesen Sachverhalt nicht informiert, weil die oben ge- annten Beteiligten der Meinung waren, der Befund sei ein meldepflichtiges Ereignis. Das BMU erfuhr bei achgesprächen von dem Vorfall, stufte diesen eindeutig ls meldepflichtiges Ereignis ein und bestand auf einer rdnungsgemäßen Meldung, die aus Sicht des Ministe- ums sofort nach der Entdeckung notwendig gewesen äre, siehe auch weiter unten. Die Meldung erging dann in halbes Jahr nach Feststellung des Risses im Dezem- er 2010 an das BMU. Es wurde daraufhin festgelegt, ass bereits bei der Revision 2011 und nicht erst 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13619 (A) ) )(B) das Rohr erneut zu untersuchen und gegebenenfalls aus- zutauschen ist. Im Bezug auf den Schutz der Bevölkerung hätte die bayerische Atomaufsicht bereits im Juni 2010 eine Mel- dung an das BMU machen müssen. Die Behörde besteht aber noch heute darauf, dass sie dazu nicht verpflichtet gewesen sei und auch künftig so weiter verfahren will. Der zuständige bayerische Minister Söder erklärte auf eine Anfrage aus dem Landtag, ein eventueller Austritt von Radioaktivität an diesem Rohr wäre beherrschbar gewesen. Wie mir das BMU auf meine Nachfrage er- klärte, heißt beherrschbar, dass laut § 49 Strahlenschutz- verordnung in der Umgebung des AKW Grafenrheinfeld Radioaktivität austreten kann mit einer Körperdosis von bis zu 50 Millisievert oder einer Organdosisbelastung bis 150 Millisievert. Minister Söder und die bayerische Atomaufsicht wa- ren bereit, die Gesundheit der Bevölkerung zu gefähr- den, um dem Kraftwerksbetreiber Unannehmlichkeiten zu ersparen. Diese Haltung kann in Bezug auf eine se- riöse Gefahrenabwehr unter keinen Umständen akzep- tiert werden. Man stelle sich vor, die Polizei würde bei der Entschärfung von Bomben aus dem Zweiten Welt- krieg auf Evakuierungen verzichten und dies damit be- gründen, es sei ja bisher nichts Gravierendes passiert. Mein scharfes Urteil über die Arbeitsweise der baye- rischen Atomaufsicht habe ich mir nicht aus den Fingern gesogen. Es beruht auf den Widersprüchlichkeiten und unterschiedlichen Bewertungen des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit, StMUG, und des Bundes- ministeriums für Umwelt. Die Widersprüchlichkeiten der Antworten des Bayeri- schen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit, StMUG, und des Bundesministeriums für Umwelt, BMU, in Bezug auf den ungeklärten Befund an einer Rohrleitung des AKW Grafenrheinfeld während der Re- vision 2010 zeige ich im Folgenden auf: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, StMUG Quellen: Bayerischer Landtag/16. WP – 16/8066, 8067, 806B, 8069, 8070, 8072. Fragen der Abgeordne- ten Ludwig Hartmann, Simone Tolle, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bayerischer Landtag/16. WP – 16/8206. Schriftliche Anfragen des SPD-Abgeordneten Ludwig Wörner. Frage: Wann wurde das Bundesumweltministerium zum ersten Mal durch die Bayerische Atomaufsicht über den Befund informiert? Antwort: Es bestand keine Berichtspflicht gegenüber dem BMU, da es sich bei der Ultraschallanzeige nicht um ein meldepflichtiges Ereignis gemäß der Atom- (C (D rechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldever- ordnung des Bundes handelt … Frage: Welche Argumente begründeten die Entscheidung, dass der Befund nicht unter die Kriterien des Punk- tes 2.2. (Kriterium N 2.2.1 Zitat: „Schäden, insbe- sondere Risse, Verformungen oder Unterschreitun- gen von Sollwandstärken …“) der Anlage 1 der AtSM (Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten und Meldeverordnung) fällt? Antwort: Der Befund an der Volumenausgleichsleitung des KKW Grafenrheinfeld war nicht meldepflichtig, weil die Voraussetzungen der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten und Meldeverordnung (AtSMV) nicht gegeben sind. Das gilt bis heute. Das Kriterium N 2.2.1 der Anlage 1 der AtSMV ist nichterfüllt, weil ein Riss nicht festgestellt wurde … Frage: Wieso hat es die Bayerische Atomaufsicht zugelas- sen, dass der Reaktor des Kernkraftwerkes Grafen- rheinfeld am Ende der Revision im Juni 2010 wie- der hochgefahren werden durfte, obwohl – wie ein Vertreter der Staatsregierung in der Sitzung des Um- weltausschusses am 27. Januar 2011 einräumte – die Ursachen der veränderten Ultraschallanzeige bis heute nicht bekannt ist? Antwort: Das Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit hat die Ultraschallanzeige an der Volumenaus- gleichsleitung im Bereich des Thermoschutzrohres des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld noch bei An- lagenstillstand zusammen mit dem TÜV Süd auf der Grundlage materialwissenschaftlicher Berech- nungen eingehend geprüft und bewertet. Das Er- gebnis des TÜV Süd vom 15. Juni 2010 war ein- deutig: Die Integrität der Rohrleitung ist voll gewährleistet, der Befund ist damit sicherheitstech- nisch unbedenklich. Der TÜV Süd hat bei seinen Bewertungen alle ge- mäß Stand von Wissenschaft und Technik zu be- trachtenden Ursachen berücksichtigt. Auch die Reaktorsicherheitskommission (RSK) und ihr Aus- schuss „Druckführende Komponenten und Werk- stoffe“ haben sich mit der Frage der Ursachen be- fasst. Das Ergebnis von TÜV Süd und RSK war eindeutig: Keine der denkbaren Ursachen stellte die Sicherheit der Anlage in Frage. Frage: Wer traf wann und aufgrund welcher Erkenntnisse die Entscheidung, obwohl weitergehende Untersu- chungen angeblich den Verdacht auf einen Riss nicht erhärten konnten, dass der Befund am 16. De- zember doch noch als meldepflichtiges Ereignis an- gezeigt wird? 13620 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Antwort: Mit der eindeutigen Stellungnahme des TÜV Süd vom 15.06.2010 wurde die sicherheitstechnische Unbedenklichkeit bestätigt. Der Befund war im Juni 2010 nicht meldepflichtig, weil die Vorausset- zungen der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftrag- ten- und Meldeverordnung (AtSMV) des Bundes nicht erfüllt sind. Das gilt bis heute. Die RSK hat einhellig die Integrität des Rohrstücks – wie zuvor bereits der TÜV Süd – bestätigt … Frage: Warum wird als Ereignisdatum der 16.12.2010 um 17 Uhr gemeldet? Antwort: Aufgrund der Befassung der RSK am 16.12.2010 hat der Betreiber „rein vorsorglich“ und „vorläu- fig“, also ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, eine formelle Meldung erstattet. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Meldung der Meldeka- tegorie N (Normalmeldung) der INES-Stufe „0“ (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Be- deutung). Frage: Warum akzeptiert die Bayerische Atomaufsicht die- ses Ereignisdatum, obwohl offensichtlich der Be- fund im Juni 2010 festgestellt wurde? Antwort: Der Befund ist nicht meldepflichtig gemäß der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Mel- deverordnung. Das StMUG hat die vorläufige Mel- dung des Betreibers entgegengenommen, auch wenn es sich nach Überzeugung des StMUG nicht um ein meldepflichtiges Ereignis handelt … Frage: Aufgrund welcher Erkenntnisse kann die Bayeri- sche Atomaufsicht jeglichen Zusammenhang des Befundes mit dem Lastfolgebetrieb ausschließen? Antwort: Das KKW Grafenrheinfeld ist für den Lastfolgebe- trieb ausgelegt. In die sicherheitstechnischen Über- prüfungen ist der Lastfolgebetrieb mit einbezogen worden. Eindeutiges Ergebnis: Die Integrität der Rohrleitung ist nicht infrage gestellt … Bundesministerium für Umwelt, BMU Quelle: Deutscher Bundestag/17. WP – 17/5734. Fra- gen der SPD-Abgeordneten Frank Hofmann, Marianne Schieder, Martin Burkert, Dr. Matthias Miersch, Susanne Kastner. Frage: Welche Ergebnisse hat die aktuelle Revision im Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, insbesondere hin- sichtlich des möglicherweise schadhaften Thermo- schutzrohrs, ergeben? (C (D Antwort: Im Kernkraftwerk Grafenrheinfeld wurde während der Revision im Sommer 2010 bei einer Ultra- schalluntersuchung an der Volumenausgleichslei- tung ein im Sinne des kerntechnischen Regelwerks bewertungspflichtiger Befund festgestellt. Auf- grund dieser Untersuchung war ein Riss von bis zu 2,7 mm auf einer Länge von 33 cm (30 Prozent des Umfangs) anzunehmen. Dem Betreiber des Kernkraftwerkes wurde aufer- legt, bis März 2011 die Schadensursache und den Schadensmechanismus plausibel und nachvollzieh- bar darzulegen und den spezifikationsgerechten Zu- stand herzustellen. Am 6. April 2011 wurde in der 109. Sitzung des Ausschusses der Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) „Druckführende Komponenten und Werk- stoffe“ in einem Bericht des Betreibers mitgeteilt, dass sich die Messergebnisse und die Befundlage nach erneuter Prüfung mittels Ultraschall seit der letzten Messung in der Revision 2010 nicht verän- dert haben. Die Schadensursache konnte nicht ge- klärt werden, so dass nunmehr ein Heraustrennen des befundbehafteten Bereichs zu weiteren Unter- suchungen erforderlich wurde. Frage: Ist es richtig, dass eine Risswachstumsberechnung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik be- lastbar nur durchgeführt werden kann, wenn der Schädigungsmechanismus bekannt ist, und falls ja, um welche Art von Schadensmechanismus handelt es sich? Antwort: Zur Durchführung einer Risswachstumsberechnung ist die Kenntnis aller auf die Komponente wirken- den Einwirkungen, deren Häufigkeit, Art, Größe, Temperatur, Medium, Werkstoff, Fertigung, Maß- abweichungen sowie die Kenntnis über den zu un- terstellenden Schädigungsmechanismus erforder- lich. Die Schadensursache ist bisher nicht bekannt. Nach dem inzwischen erfolgten Heraustrennen des befundbehafteten Bereichs zu weiteren Untersu- chungen während der aktuellen Revision und nach den zerstörenden Materialuntersuchungen in dafür geeigneten heißen Zellen ist Mitte 2011 mit ersten Ergebnissen bezüglich des Schädigungsmechanis- mus zu rechnen. Frage: Welche Unterlagen lagen der Reaktor-Sicherheits- kommission in der Sitzung am 16. Dezember 2010 zur Beurteilung des Schadensmechanismus in der Volumenausgleichsleitung vor, und wurde den RSK-Mitgliedern insbesondere das einschlägige Schreiben des TÜV Bayern zur Verfügung gestellt? Antwort: In der RSK-Sitzung am 16. Dezember 2010 hat der Vorsitzende des RSK-Ausschusses „Druckfüh- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13621 (A) ) )(B) rende Komponenten und Werkstoffe“ unter dem Ta- gesordnungspunkt Verschiedenes über die voraus- gegangenen Beratungen in diesem Ausschuss berichtet. Die Gutachten des TÜV Bayern lagen dem RSK-Ausschuss vor. Die RSK hat keine Beur- teilung des Schadensmechanismus vorgenommen, sondern es wurde ein Meinungsbild darüber abge- fragt, ob ein sicherer Betrieb der Anlage bis zur an- stehenden Revision im März 2011 mit der darge- stellten Befundlage gewährleistet sein wird. Hierzu empfahl die RSK, im Zuge der nächsten anstehen- den Revision im Kernkraftwerk Grafenrheinfeld Ende März 2011 den in Frage stehenden Quer- schnitt erneut gezielt zerstörungsfrei zu prüfen und die Schadensursache zu ermitteln. Frage: Ist das Ereignis im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld vom Juni 2010 ein nach der Meldeverordnung mel- depflichtiges Ereignis oder wurde es erst durch die Beratung in der Reaktor-Sicherheitskommission meldepflichtig? Antwort: Der Befund an der Volumenausgleichsleitung, der während der Revision 2010 festgestellt wurde, war nach Auffassung des BMU gemäß Meldeverord- nung mit einer vorläufigen Meldung (Ereignisursa- che ist noch unbekannt) meldepflichtig. Nach den Beratungen in der Reaktorsicherheitskommission – 16.12.2010 – hat der Betreiber eine Meldung abgegeben. Frage: Handelt es sich bei der Befundanzeige am Rohr im Primärkreislauf des Atomkraftwerks Grafenrhein- feld um eine registrierpflichtige oder nicht regis- trierpflichtige Anzeige, und wie lang ist dieser Be- fund bzw. erstreckt er sich über den gesamten Umfang des Rohres? Antwort: Im Rahmen der wiederkehrenden Prüfung wurde in der Revision 2010 der Verrundungsbereich des Thermoschutzrohres am Anschluss der Volumen- ausgleichsleitung an die Hauptkühlmittelleitung ei- ner mechanisierten Ultraschallprüfung unterzogen. Bei der Prüfung wurde eine bewertungspflichtige Anzeige festgestellt. Die Anzeige befindet sich am oberen Ende der Verrundung … Die Anzeige ist über ihre Echohöhe registrierpflichtig und wird auf- grund ihrer Ausdehnung bewertungspflichtig. Frage: Wie ist die Steigerung des Befundes an einem Rohr im Primärkreislauf des Kernkraftwerks Grafen- rheinfeld von 2001 bis 2010 mit den vom TÜV Bayern durchgeführten Berechnungen, insbeson- d g d A re li k V A e e k a s d in w d A d ü n h g (C (D dere im Hinblick auf die in der Anlage tatsächlich stattgefundenen Lastwechsel, erklärbar? Antwort: In der Revision 2010 wurde im Rahmen der wieder- kehrenden zerstörungsfreien Prüfung im Vergleich mit der Prüfung im Jahr 2001 eine veränderte An- zeige, die als Befund zu bewerten ist, festgestellt. Mit den bisher dokumentierten Lastwechselzahlen ist die Veränderung der Anzeige ohne Ermittlung der Schadenursache nicht erklärbar. Frage: Hat der TÜV Bayern bei seinen Risswachstumsbe- rechnungen die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu unterstellenden Auslegungsstörfälle berücksichtigt, und wurde bei der Risswachstums- berechnung auch berücksichtigt, dass das Werk- stoffverhalten auch durch das Medium Kühlwasser mit ca. 310 Grad Celsius beeinflusst wird? Antwort: Der TÜV Bayern hat bei seinen Risswachstumsbe- rechnungen die Auswertungen der tatsächlichen Temperaturschwankungen und die maximal maß- geblichen Belastungen durch Auslegungsstörfälle sowie für Volllast und Flugzeugabsturz konservativ – das heißt sicherheitsgerichtet – berücksichtigt. Andrej Hunko (DIE LINKE): Ich stimme aus folgen- en Gründen gegen diesen Gesetzentwurf der Bundesre- ierung: Erstens. Die Verschiebung des Atomausstieges auf as Jahr 2022 ist wissenschaftlich nicht begründbar. Ein tomausstieg wäre erheblich früher möglich, wie zahl- iche Gutachten bestätigen. Es geht hierbei offensicht- ch darum, den Ausstieg für die vier großen Energie- onzerne rentabel zu machen. Zweitens. Die Bundesregierung verzichtet darauf, das erbot der industriellen und militärischen Nutzung der tomenergie ins Grundgesetz aufzunehmen und damit ine künftige Wiederaufnahme der Nutzung der Atom- nergie zumindest erheblich zu erschweren. Damit önnte – ähnlich wie beim von der SPD und Grünen ver- bschiedeten Atomgesetz aus dem Jahre 2001 – der Aus- tieg aus dem Ausstieg mit einfacher Mehrheit im Bun- estag beschlossen werden. Drittens. Die Bundesregierung verzichtet auch darauf, ternationale Initiativen zu starten, die auf einen welt- eiten Ausstieg aus der Atomenergie zielen. Insbeson- ere verzichtet sie darauf, auf die Auflösung und den usstieg aus dem EURATOM-Vertrag hinzuarbeiten, er die milliardenschwere Förderung der Atomenergie ber die EU festschreibt. Atomare Strahlung macht aber icht an nationalen Grenzen halt. All das ist aus meiner Sicht nicht verantwortbar; des- alb stimme ich gegen den Gesetzentwurf der Bundesre- ierung. 13622 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der 11. März 2011 wird in die Geschichte der Menschheit eingehen. Nach dem verheerenden Erdbe- ben und Tsunami in Japan hat in dem Atomkraftwerk Fukushima ein nuklearer Super-GAU stattgefunden. Dieses Ereignis hat die ganze Welt bewegt. Auch mich hat dies tief betroffen gemacht. Wie ganz viele Men- schen war ich voller Traurigkeit und großer Sorge. Mit meinen Gedanken bin ich bei den Menschen in Japan, wo die nukleare Katastrophe weiter anhält und Hundert- tausende Menschen noch Jahrzehnte von den tödlichen Konsequenzen betroffen sein werden. Als der Atomreaktor in Tschernobyl 1986 explo- dierte, war ich gerade mal ein Jahr alt. Jetzt bin ich mitt- lerweile 26 Jahre alt, und während meines Lebens haben sich zwei Super-GAUs ereignet. Das sogenannte Rest- risiko ist leider verdammt real. Die Wahnsinnstechnolo- gie Atomkraft ist nicht beherrschbar. Die Konsequenz 25 Jahre nach Tschernobyl und im Jahr von Fukushima kann nur lauten: Atomkraft endgültig und so schnell wie möglich abschalten! Dafür habe ich mit Hunderttausenden Menschen in der Bundesrepublik Deutschland auf den Straßen de- monstriert: bei den Mahnwachen vor dem Kanzlerinnen- amt in Berlin, bei der Umzingelung des Atomkraftwer- kes Grohnde, bei der Großdemonstration in Hannover. Der 28. Oktober 2010 – an dem hat die schwarz-gelbe Koalition die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke durch das Parlament gebracht – war für mich bisher der schwärzeste Tag als Bundestagsabgeordneter. Deswegen freue ich mich ausdrücklich, dass nun mit dieser vorlie- genden Dreizehnten Novelle des Atomgesetzes, AtG, die sieben ältesten Schrottreaktoren und der Pannenreaktor Krümmel abgeschaltet werden und die verheerende schwarz-gelbe Laufzeitverlängerung zurückgenommen wird. Das ist ein großer Erfolg. Diese Atomgesetz-Novelle der schwarz-gelben Bun- desregierung zieht meines Erachtens aber nicht alle not- wendigen Lehren und Konsequenzen aus dem katastro- phalen Super-GAU in Fukushima. Die letzten sechs Atomkraftwerke sollen erst in über zehn Jahren, am 31. Dezember 2021 bzw. am 31. Dezember 2022, abge- schaltet werden. Nach Fukushima ist es aus meiner Sicht geboten, so schnell wie nur irgendwie machbar aus der tödlichen Gefahr Atomkraft auszusteigen. Dass diese Lehre aus dem Super-GAU in Japan gezogen wurde, kann ich bei den festgelegten Laufzeiten nicht erkennen. Technisch und rechtlich wäre eine Abschaltung aller Atomkraftwerke in Deutschland schon deutlich vor 2022 möglich. Deswegen werde ich mit aller Kraft mit den Umweltverbänden, der Antiatombewegung und vielen Zehntausenden Bürgerinnen und Bürgern für einen deut- lich schnelleren Atomausstieg kämpfen. Das Atomkraftwerk Grohnde in meiner Region, rund 40 Kilometer von meinem Zuhause entfernt, soll noch mehr als zehn Jahre, bis zum 31. Dezember 2021, am Netz bleiben. Damit würde der Meiler insgesamt 37 Jahre in Betrieb sein. Je länger ein Atomkraftwerk läuft, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Unfäl- len. Das AKW Grohnde ist mit 223 meldepflichtigen Z c A g a n z k b v g z e k u v g o s la u ti p D to ri 9 a d G s A w c d fe B d V S g m la g g d m la u te n m b s in w A c D (C (D wischenfällen seit Inbetriebnahme sehr störanfällig. Si- herheitsverschärfungen für die am Netz bleibenden KW sind nach der Dreizehnten AtG-Novelle nicht vor- esehen. Nicht einmal die schwarz-gelben Sicherheits- ufweichungen aus dem Herbst 2010 sollen zurückge- ommen werden. § 7 d des Atomgesetzes führt weiterhin u einer Absenkung des Sicherheitsstandards für Atom- raftwerke. Dass es nach Fukushima weiterhin Rabatt ei der Sicherheit für Atomkraftwerke gibt, ist für mich öllig unverständlich. Meine Fraktion klagt deswegen egen den § 7 d vor dem Bundesverfassungsgericht. Bei der Bewertung der vorliegenden AtG-Novelle ist udem für mich die Endlagerung des nuklearen Mülls ine entscheidende Frage. Hier gibt es bisher überhaupt einen Fortschritt. Gemeinsam mit vielen Freundinnen nd Freunden aus dem Wendland wehre ich mich seit ielen Jahren dagegen, dass in Gorleben weiter Fakten eschaffen werden und ein ungeeigneter Endlagerstand- rt zementiert wird. Aus diesem Grund habe ich auch eit vielen Jahren gegen die Castortransporte im Wend- nd auf der Straße und der Schiene, auf Sitzblockaden nd Demonstrationen friedlich und entschlossen protes- ert. Der Salzstock Gorleben ist geologisch ungeeignet, olitisch verbrannt und gehört endgültig aufgegeben. ie schwarz-gelbe Bundesregierung hat 2010 das Mora- rium für eine Erkundung aufgehoben. Bundeskanzle- n Angela Merkel und Norbert Röttgen haben am . Juni 2011 in der Debatte zur Atom- und Energiepolitik ngekündigt, „ergebnisoffen“ in Gorleben weiter erkun- en zu wollen. Das heißt übersetzt: Der Schwarzbau in orleben soll einfach so weitergehen. Dagegen wehren ich zu Recht die Menschen im Wendland und Tausende tomkraftgegner und -gegnerinnen. Absolut notwendig äre stattdessen ein Baustopp in Gorleben, die Strei- hung der Enteignungsklausel, „Lex Bernstorff“, aus em Atomgesetz und eine neue bundesweite ergebnisof- ne, vergleichende Endlagersuche mit umfangreicher ürgerbeteiligung nach den wissenschaftlichen Kriterien es AK End. Gorleben kann genauso wenig Standort im ergleichsverfahren werden, wie die gescheiterten tandorte Asse und Morsleben solchen Kriterien stand- ehalten hätten. Gorleben soll leben, nicht strahlen. Ich habe über die Entscheidung über mein Abstim- ungsverhalten zu der Dreizehnten AtG-Novelle sehr nge nachgedacht und persönlich stark mit mir gerun- en. Der Beschluss der außerordentlichen Bundesdele- iertenkonferenz meiner Partei Bündnis 90/Die Grünen, er AtG-Novelle trotz substanzieller Kritik zuzustim- en, war für mich dabei eine sehr entscheidende Grund- ge. Trotzdem ist das eine äußerst schwierige Situation nd stellt für mich ein Dilemma dar. Ich kritisiere wei- rhin scharf, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung ach dem Super-GAU in Fukushima nicht den schnellst- öglichen Atomausstieg vollziehen will, es keine Ver- esserungen bei der Sicherheit gibt, in Gorleben weiter chwarz gebaut wird und die Urananreicherungsanlage Gronau und die Brennelementeproduktion in Lingen eiter betrieben werden sollen. Doch auch wenn das tomgesetz bei diesen Punkten weiter völlig unzurei- hend bleibt, muss ich mich zu der konkret vorliegenden reizehnten AtG-Novelle verhalten. Diese sieht die Ab- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13623 (A) ) )(B) schaltung von acht alten Schrottreaktoren vor und nimmt die Laufzeitverlängerung aus dem Herbst 2010 zurück. Für diese deutliche Verbesserung des Status quo werde ich insgesamt nach einer langen, intensiven Gesamtab- wägung mit Ja stimmen. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Atomausstieg, der Kampf geht jedoch un- vermindert weiter: gegen Castortransporte und ein End- lager Gorleben, für massive Sicherheitsverschärfungen und für einen schnellen Atomausstieg, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Harald Koch (DIE LINKE): Ich stimme dagegen, weil man beim Atomausstieg keine Hintertüren geöffnet lassen darf und er eben nicht erst 2022, sondern schon 2014 erfolgen muss und auch kann. Jeder zusätzliche Tag setzt die Menschen unnötigen Risiken aus; die Amortisation für die Energieriesen darf nicht länger im Vordergrund stehen. Um den Atomausstieg unumkehr- bar zu machen, fordere ich eine Aufnahme des Verbots der Atomstromnutzung ins Grundgesetz. Die Ener- giewende muss sozial ausgewogen sein; dazu dienen Strompreisregulierung und Stromsozialtarife. Deshalb stimme ich dem Dreizehnten Gesetz zur Än- derung des Atomgesetzes nicht zu. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist die Atomkatastrophe in Fukushima, die die Wende in der Atompolitik der schwarz-gelben Koalition herbeigeführt hat. Deutschland beginnt heute mit dem endgültigen Ausstieg aus dieser unbeherrschbaren Risikotechnolo- gie. Dieses Signal ist auch international von großer Be- deutung. Es ist ein historischer Sieg der vielen Men- schen in der Anti-AKW-Bewegung, der Umweltverbän- de und von Bündnis 90/Die Grünen. Dieses Signal zu verstärken, ist meine Absicht. Aus diesem Grund stimme ich für den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Än- derung des Atomgesetzes. Dennoch fällt diese Entscheidung nicht leichten Her- zens. Denn der vorgelegte Plan ist nicht der schnellst- mögliche Ausstieg, sondern ein Kompromiss auf dem Weg dahin. Ein Ausstiegsdatum zum Jahr 2017 ist mei- ner Überzeugung nach möglich und hätte technisch durchgesetzt werden können. Meine Positionen, unter anderem zu Fragen der Sicherheit, zu den Hermesbürg- schaften, zu Gorleben oder zu Gronau, zur Verankerung im Grundgesetz, sind nicht im Gesetz aufgegriffen. Doch die vielen persönlichen Debatten, auch in der grü- nen Partei, zeigen, dass diesem Etappensieg im Rahmen des Atomgesetzes zugestimmt werden kann. Dem Ausstieg auf der einen Seite muss jetzt der Um- stieg auf die erneuerbaren Energien gegenüberstehen. Doch das Energiepaket der Bundesregierung überzeugt in weiten Teilen ganz und gar nicht. Dies ist fahrlässig und verantwortungslos. Daher werde ich der Überarbei- tung der Energiegesetze nicht zustimmen. Hier geht der Kampf weiter. Die Geschichte der Atompolitik in Deutschland ist nicht zu Ende. Sie vollzieht sich aber jetzt unter andere Vorzeichen. Diese Zäsur ist auch international von größ- ter Bedeutung. Das ist mir sehr wichtig. A E s V g u a E g te G la K d e A in E b g u A K E z u z u z A B ti s S g n b m h to g ra d A d s d w D (C (D In Frankreich, den Niederlanden, Polen, Spanien, ustralien und vielen anderen Ländern wird die heutige ntscheidung des Bundestages als eine historische Ent- cheidung mit enormer Signalwirkung wahrgenommen. iele Menschen dort, die in den Bewegungen arbeiten, eben uns die Rückmeldung, dass es sie in ihrer Arbeit nterstützen würde, wenn ein breiter Konsens zwischen llen Parteien in Deutschland für den Ausstieg besteht. Leider wird in der Debatte über Atomkraft und die ndlagerung oft vergessen, wo die Büchse der Pandora eöffnet wird. Schon der Abbau von Uran geschieht un- r Missachtung von Menschenrechten, mit tödlicher efährdung für die Gesundheit und unter extremer Be- stung der Natur. Die ökologischen und ökonomischen osten dafür werden anderen Ländern, insbesondere in- igenen Völkern, aufgebürdet. Schon beim Uranabbau ntlarvt sich das Märchen von der sauberen Energie tomkraft als Lüge. Damit muss Schluss sein. Der Kampf geht weiter. Jetzt muss der Atomausstieg ternational werden. Mit dem Umstieg auf erneuerbare nergien muss gezeigt werden, dass wir Alternativen ha- en. Jutta Krellmann (DIE LINKE): Ich stimme dage- en, weil ein Atomausstieg wesentlich schneller möglich nd nötig ist, die Bundesregierung aber die vorgelegten usstiegsszenarien mit früheren Zeitpunkten nicht zur enntnis nimmt. Die Linke fordert den Atomausstieg bis nde 2014. Deshalb stimme ich dem Dreizehnten Gesetz ur Änderung des Atomgesetzes nicht zu. Hilde Mattheis (SPD): Der von der Bundesregierung nd den Regierungsfraktionen vorgelegte Gesetzentwurf ur Stilllegung von Atomkraftwerken in Deutschland ist nzureichend. Dem Gesetzentwurf kann ich nur deshalb ustimmen, weil die Fraktion der SPD zeitgleich einen ntrag einbringt, in dem die Unzulänglichkeiten der undesregierung benannt werden und der eine Perspek- ve für einen weiter gehenden Atomausstieg benennt. Das Dreizehnte Änderungsgesetz zum Atomgesetz ieht vor, dass ein Großteil der Siedewasserreaktoren, WR, in Deutschland mit sofortiger Wirkung vom Netz ehen soll. Nur zwei der risikoreichen Reaktoren sollen ach dem Willen der Bundesregierung bis Ende 2017 zw. Ende 2021 am Netz bleiben: die Meiler Gundrem- ingen B und C. Von Siedewasserreaktoren geht unbestritten ein noch öheres Sicherheitsrisiko aus als von Druckwasserreak- ren. Sie haben nur einen Hauptkreislauf; der Dampf elangt von den Brennelementen unmittelbar zum Gene- tor im Maschinenhaus. Dabei wird eine stärkere Ra- ioaktivität freigesetzt als bei Druckwasserreaktoren. uch die Abklingbecken der Siedewasserreaktoren sind eutlich ungeschützter als in Druckwasserreaktoren, da ie sich außerhalb des Reaktorsicherheitsbehälters befin- en. Bei einer Explosion lägen sie ungekühlt völlig frei, ie das beim Reaktor 4 in Fukushima passiert ist. Es wäre geboten, alle Siedewasserreaktoren in eutschland abzuschalten. Stattdessen sollen sie nach 13624 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) den Plänen der Bundesregierung noch bis 2017 bzw. 2021 und damit bis zu sechs Jahre länger laufen als im Jahr 2001 bereits beschlossen. Das ist unverantwortlich und nicht nachvollziehbar. Deshalb plädiere ich dafür, beide Reaktoren in Gundremmingen sofort vom Netz zu nehmen. Meine Fraktion macht in ihrem Antrag „Die Ener- giewende zukunftsfähig gestalten“ – Drucksache 17/6292 – deutlich, dass eine Beschleunigung des Atomausstiegs nötig und möglich ist. Die Ethik-Kommission hat dazu den Vorschlag eines jährlichen Monitorings vorgelegt. Ich bin überzeugt: Nur eine Energieversorgung, bei der erneuerbare Energien dominieren, stellt eine wirkliche Energiewende dar. Deshalb ist die Maxime der Bundes- regierung, sich auf den Maximallaufzeiten auszuruhen, falsch. Stattdessen ist jährlich zu prüfen, inwieweit die noch laufenden Atomkraftwerke überhaupt zur Versor- gung erforderlieh sind, und ob der Atomausstieg be- schleunigt werden kann. Die Abschaltung der Reaktoren Gundremmingen B und C muss angesichts des von ihnen ausgehenden Sicherheitsrisikos dabei oberste Priorität haben. Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen. Jenseits des verantwortungslosen Umgangs der Bun- desregierung mit den Bewohnerinnen und Bewohnern bin ich der Überzeugung, dass die Stilllegung alter Mei- ler und die Rücknahme der Laufzeitverlängerung in ei- nem ersten Schritt notwendig sind. Dorothee Menzner (DIE LINKE): Ich stimme dage- gen, weil in meiner Region in Niedersachsen schon jetzt Tausende Tonnen hochradioaktiven Atommülls lagern. Die Asse verseucht die Umwelt, das Endlager Morsle- ben droht einzustürzen. Der Salzstock Gorleben und der Schacht Konrad sind völlig ungeeignet zur sicheren La- gerung von Atommüll. Jährliche Atommülltransporte durch Niedersachsen machen ein normales Leben na- hezu unmöglich. Daher muss die Produktion von weite- rem Atommüll schnellstmöglich beendet werden. Mit Verabschiedung der vorliegenden Gesetzesnovelle wird hingegen die Grundlage für weitere Tausende Tonnen Atommüll geschaffen. Deshalb stimme ich dem Dreizehnten Gesetz zur Än- derung des Atomgesetzes nicht zu. Cornelia Möhring (DIE LINKE): Ich stimme gegen die Gesetzesnovelle der Bundesregierung zum Atomge- setz, weil sie in der Praxis keine Laufzeitverkürzung der Atomkraftwerke beinhaltet, sondern vielmehr eine ge- setzliche Laufzeitgarantie bedeutet, weil kein unumkehr- barer Ausstieg aus der Atomkraft stattfindet und die Bundesregierung die Bevölkerung nicht sofort vor den unkontrollierbaren Gefahren atomarer Strahlung schützt, wie es die Linke fordert. Das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Atomgeset- zes zieht keine ausreichenden Schlussfolgerungen aus der Katastrophe von Fukushima, und deshalb stimme ich ihm nicht zu. w a u k s d n re A g re b S g S g N Z g G je k s d G s d n s s E in b g s n K v b d fü z V in d U b c g u d R E im (C (D Yvonne Ploetz (DIE LINKE): Ich stimme dagegen, eil der vorliegende Gesetzentwurf, der den Ausstieg us der Atomenergie erst im Jahre 2022 vorsieht, eine nverantwortliche Verlängerung des atomaren Restrisi- os um mindestens weitere elf Jahre darstellt. Offen- ichtlich haben alle Parteien außer der Linken das Risiko er Kernenergie für Mensch und Umwelt immer noch icht ausreichend begriffen – und das trotz der verhee- nden Katastrophe in Fukushima. Als saarländische bgeordnete ist mir die Gefahr, die von der Atomener- ie ausgeht, ständig präsent, da sich das Saarland in di- kter Umgebung des französischen Meilers Cattenom efindet. Die Befürchtungen teilen mit mir unzählige aarländerinnnen und Saarländer. Der Widerstand der renzübergreifenden Bürgerinitiative des Dreiländerecks aarLorLux „Cattenom non merci“ wird so lange weiter eführt, bis das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet ist. icht die Ankündigung des Ausstieges, sondern nur die ahl der endgültig abgeschalteten AKW zählt. Der Gesetzentwurf ist zudem kritikwürdig, da der an- eblich festgeschriebene Ausstieg nicht wie bei einer rundgesetzverankerung unumkehrbar ist, sondern durch de neue Regierungsmehrheit zurückgenommen werden ann. Es liegen mindestens drei Bundestagswahlen zwi- chen der heutigen Entscheidung und dem Jahr 2022, em heute noch anvisierten Ausstiegsjahr. Eine Kritik des esetzes ist mit anderen Worten keine radikale Position, ondern eine Haltung der Vernunft. Ich stimme deshalb em Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes icht zu. Frank Schäffler (FDP): Die Änderung des Atomge- etzes, über die hier abgestimmt wird, soll den Atomaus- tieg bewirken. Sie ist das Herzstück der sogenannten nergiewende, die uns seit dem bedauerlichen Unglück Fukushima verordnet worden ist. Dieses Gesetzge- ungsvorhaben ist aus mehreren Gründen kritikwürdig. Ein Grund sollte uns alle in der Ablehnung der Ener- iewende einen. Wir verordnen Deutschland im europäi- chen Alleingang eine vollständige Reorganisation sei- er Energieerzeugungsbranche. Das ist mit enormen osten verbunden. Es sind viele Milliarden Euro für In- estitionen notwendig, um die in Deutschland heute ver- rauchte Energie morgen auf andere Art und Weise pro- uzieren zu können. Wir zwingen die Energieerzeuger, r sich ein anderes Geschäftsmodell zu entdecken. Wir wingen viele Millionen Menschen zur Umstellung ihres erhaltens beim Konsum von Energie. Wir greifen tief die Eigentumsrechte der Unternehmen ein, indem wir eren Investitionen mit einem Federstrich entwerten. m die Überlandleitungen zu bauen, werden viele Land- esitzer enteignet werden müssen. Durch die umfangrei- here Einspeisevergütung belasten wir die privaten und ewerblichen Stromverbraucher. Die enorme Tragweite der Energiewende allein sollte ns dazu anhalten, unsere Entscheidung wenigstens urchdacht, überlegt und mit der gebotenen kühlen ationalität zu treffen. Dies tun wir nicht. Das Paket zur nergiewende war gestern im Ausschuss und ist heute Parlament. Eine große Zahl mit heißer Nadel ge- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13625 (A) ) )(B) strickter Gesetzentwürfe wird im Schweinsgalopp durchs Parlament geritten, obwohl gleichzeitig andere Entscheidungen höchster Wichtigkeit anstehen. Das kann nicht richtig sein. Wir werden unserer Verantwor- tung hier nicht gerecht, und das sollte jedem bewusst sein. Ein anderer Grund ist die Umgestaltung der Energie- branche. Dadurch schaffen wir den Markt in der Strom- erzeugung gänzlich ab und verordnen stattdessen einen Zehn-Jahres-Plan, nach dem sich die Energieproduktion künftig zu richten hat. Bereits jetzt ist die Produktion von Strom aus Kernenergie eher als nationales industrie- politisches Projekt zu betrachten denn als eine Lösung des Marktes für das Problem der Knappheit von Energie. Die marktwirtschaftliche Lösung bestünde darin, die Energiebranche aus der politischen Umklammerung zu befreien. Dazu gehörte, Kosten und Nutzen der Energie- produktion zurück in die Hände der Unternehmer zu ge- ben. Es wäre interessant zu wissen, ob und wie Kern- energie in Deutschland produziert würde, wenn die Unternehmer für ihre geschäftlichen Risiken bei Unfäl- len und Abfallprodukten selbst und vollständig haften müssten. Bedauerlicherweise werden wir dies nie erfah- ren. Wir werden nie lernen, welche Lösung gefunden worden wäre, hätte man sich des Entdeckungsverfahrens des Marktes bedient. Dazu hätten wir die Kernenergie- branche entpolitisieren müssen. Diese ist das wichtigste Zugpferd vor dem staatlich gelenkten Karren, auf dem die nationale Energiestrategie zur Herstellung der Ver- sorgungssicherheit und Unabhängigkeit von Energieim- porten transportiert wird. Stattdessen gehen wir den entgegengesetzten Weg. Anstatt die Kernenergiebranche aus der ihr übertragenen nationalen Aufgabe zu entlassen, politisieren wir sämtli- che konkurrierenden Wege der Stromerzeugung. Anstatt eines Ordnungsrahmen, der das erste Mal in der Ge- schichte Marktpreise für die Erzeugung von Kernenergie ermöglicht hätte, schreiben wir auch dem Rest der Bran- che vor, wie er zu funktionieren hat. Wir planen von der Spitze herab, wie viele Gaskraftwerke zu bauen und Ki- lometer Überlandleitungen zu errichten sind. Wir greifen ein in das Preisgefüge bei Strom aus sogenannter erneu- erbarer Energie, indem wir umfangreiche Subventions- tatbestände schaffen. Wir planen hier in Berlin, welcher Anteil des Stroms aus welcher Quelle produziert werden soll. Wir ignorieren dabei sämtliche ökonomischen Ein- sichten über das Funktionieren von Märkten und die Wichtigkeit des Preissystems als Mechanismus zur Ver- mittlung von Informationen. Wir planen einen komplet- ten Wirtschaftszweig von oben herab und zentral. Wir gehen einen langen Schritt in die überkommene Zentral- verwaltungswirtschaft. An die Stelle der privaten und dezentralen Pläne der Unternehmer und ihrer Kunden setzen wir unsere angeblich überlegene Kenntnis, wie sich Wirtschaft und Gesellschaft organisieren sollen. Wenn der Mensch in seinem Bemühen, die Gesell- schaftsordnung zu verbessern, nicht mehr Schaden stiften soll als Nutzen, wird er lernen müssen, dass er in diesem wie in anderen Gebieten, in denen in- k g g te s d Z D O z W E tr te d te n ti d K d K w la S la E e m tu k n g W w d im k d to h d d p z s s N (C (D härente Komplexität von organisierter Art besteht, nicht volles Wissen erwerben kann, das die Beherr- schung des Geschehens möglich machen würde. (F. A. Hayek) Die verhängnisvolle Anmaßung, dass man wissen önne, wie zentrale Planung erfolgreich zu bewerkstelli- en sei, hat letztendlich zum Scheitern aller Sozialismen eführt. So wird auch die Energiewende letztlich schei- rn. Wir entscheiden heute nicht nur über ein mit einer chönen Bezeichnung ausgestattetes Gesetzespaket, son- ern nehmen auch dessen Folgen billigend in Kauf. Die entralverwaltungswirtschaft führte im Sozialismus der DR dazu, dass die Menschen Schlange standen, um rangen und Bananen zu erhalten. Das oder die Benut- ung des Schwarzmarkts waren die einzigen Wege, um aren mit staatlich festgelegten Preisen zu erhalten. Die ingriffe in die Energiewirtschaft werden zur Deindus- ialisierung in energieintensiven Branchen und zur Zu- ilung von Stromverbrauchszeiten führen. Wir werden ie wohlstandsfeindlichen Folgen der zentral verwalte- n Energiewirtschaft in Deutschland beobachten kön- en; denn die ökonomischen Gesetze sind von der Poli- k unbezwingbar. Max Straubinger (CDU/CSU): Mit dem Gesetz wird er schnelle Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der ernenergie bis zum Jahr 2022 festgeschrieben und zu- em geregelt, dass die bereits abgeschalteten sieben ernkraftwerke und das Kernkraftwerk Krümmel nicht ieder in den Betrieb gehen. Damit werden in Deutsch- nd circa 20 Prozent und für Bayern fast 60 Prozent der tromerzeugung bis 2022 stillgelegt, welche der Grund- stversorgung zuzurechnen sind. Ich habe erhebliche Zweifel, ob diese Grundlast mit insparungen im Stromverbrauch, mit dem Ausbau der rneuerbaren Energien wie Photovoltaik, Wind, Bio- asse, Geothermie und Wasserkraft und mit der Errich- ng von weiteren Gaskraftwerken ausgeglichen werden ann. Der Ausbau der regenerativen Energien und die otwendigen Stromleitungen und Speichereinrichtun- en für Strom setzen ein vielfältiges Engagement von irtschaft und Staat, Kommunen und Bürgern voraus, as schwer zu erreichen sein wird. Ich bin überzeugt, ass das Energiekonzept, welches CDU/CSU und FDP Herbst 2010 beschlossen haben, sachgerechter und ostenneutraler für Bürger und Betriebe den Umstieg in er Stromproduktion erbracht hätte. Zudem wären Net- stromimporte vermieden und die Versorgungssicher- eit gewährleistet worden. Trotz dieser und weiterer Bedenken werde ich heute em Gesetzentwurf auf Drucksache 17/6070 zustimmen, a die Versorgungssicherheit mit Strom über den euro- äischen Netzverbund gewährleistet ist und ich über- eugt bin, dass bei Versorgungsproblemen eine politi- che Neubewertung einer nationalen Stromversorgung tattfinden wird. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU 13626 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) und FDP sowie der Bundesregierung stimme ich nicht zu. Ich enthalte mich in der Abstimmung über die Atom- gesetznovelle der Koalition. Ich stimme für das grüne Gesetz mit AKW-Laufzeiten bis längstens 2017. Die Nutzung der Kernenergie ist und bleibt ein unkal- kulierbares Risiko für die Menschheit. Deshalb war die gesetzliche Verlängerung der Laufzeiten der AKW um Jahrzehnte in Deutschland vom vergangenen Herbst ver- hängnisvoll und unverantwortlich. Die Rücknahme die- ser Laufzeitverlängerung ist richtig und notwendig. Die endgültige Abschaltung von acht AKW ist ein richtiger, konsequenter Beitrag dazu. Dagegen bin ich deshalb selbstverständlich nicht. Aber der Gesetzentwurf der Koalition hält eines dieser AKW in unsinniger „Kaltre- serve“. Das ist für mich und die Grünen nicht zu- stimmungsfähig, genauso wenig wie die ungenügende AKW-Sicherheit, das Fehlen der Regelung für die End- lagersuche und eine wirkliche Energiewende hin zu er- neuerbaren Ressourcen. Auch die weiteren noch betriebenen AKW müssen vom Netz, und das möglichst schnell. Mit dem Gesetz- entwurf der Koalition werden die Laufzeiten dieser Re- aktoren erheblich verkürzt. Auch diese Verbesserung der bestehenden Rechtslage für die Nutzungsdauer ist grundsätzlich richtig. Sie entspricht weitgehend der 2000/2001 durch die rot-grüne Koalition geschaffenen Regelung, die bis zur Laufzeitverlängerung im letzten Herbst galt. Für Erhaltung und Wiederherstellung dieser erheblich kürzeren Laufzeiten hatten wir im Parlament, auf den Straßen und Schienen lange gestritten. Deshalb stimme ich jetzt nicht dagegen. Aber nach dem Super-GAU in Fukushima ist alles an- ders. Denn das Risiko der Nutzung der Kernenergie für die Menschheit ist viel, viel größer als angenommen. Daher kann ich doch nicht ohne Not einfach weiter dem alten rot-grünen Kompromiss zustimmen. Nach Fuku- shima muss alles neu gedacht werden. Alle haben dazu- gelernt. Ich weiß seither, der schnellere Ausstieg ist un- verzichtbar, und ein Ausstieg bis 2017 ist machbar ohne Versorgungsengpässe. Das unerwartet schnelle Wachs- tum der Energiegewinnung aus erneuerbaren Ressourcen macht es möglich. Das haben Sachkundige immer wie- der vorgerechnet. Seit Fukushima habe ich mich mit al- len Grünen für das Abschalten bis 2017 eingesetzt und mit Hundertausenden immer wieder dafür demonstriert. Einen Gesetzentwurf mit diesem Ziel hat die grüne Frak- tion in den Bundestag eingebracht. Für dieses Gesetz mit dem Laufzeitenende bis spätestens 2017 stimme ich. Für das Abschalten aller AKW bis 2017 kämpfe ich weiter. Dem Gesetzentwurf der Koalition mit Laufzeiten bis 2022 dagegen stimme ich nicht zu. Er bedeutet fünf lange Jahre mehr Überlebensrisiko für die Bevölkerung. Fünf Jahre mehr, in denen sich die AKW-Betreiber viel einfallen lassen können, um eine Laufzeitverlängerung zu erreichen. Die Milliardenprofite sind zu verlockend, Union und FDP traue ich zu, dass sie sich dem Begehren der Konzerne auf Dauer nicht verweigern – wie schon einmal im Herbst 2010. g E w s e n m J A E n d u d d d F d v d s w h v li G te G k n z z k n s d n s s W W h d d z v D ro k m u D (C (D Abstimmungen mit Enthaltung sind in Überlebensfra- en selten angemessen, aber wegen der Ambivalenz der ntscheidungssituation diesmal schon. Sabine Stüber (DIE LINKE): Ich stimme dagegen, eil das vorliegende Gesetz zur Änderung des Atomge- etzes durch die Hast und den aufgebauten Zeitdruck in iner für unsere parlamentarische Arbeit unangemesse- en Weise durch die Gremien gepeitscht wurde. Nach einer Meinung ist der Ausstieg ohnehin früher, bis zum ahre 2014, möglich. Aus juristischer Sicht ist die Begründung für den usstieg im Gesetz mangelhaft und eröffnet damit den nergiekonzernen durchaus Chancen auf Erfolg bei ei- er Schadenersatzklage. Wie immer ginge das zulasten er Bevölkerung. Das werde ich nicht mit verantworten, nd deshalb stimme ich dem Dreizehnten Gesetz zur Än- erung des Atomgesetzes nicht zu. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Ich stimme agegen, weil der Ausstieg aus dieser Risikotechnologie eutlich schneller möglich und nach der Katastrophe von ukushima auch dringend nötig wäre, um die Gefahr urch die Atommeiler und die Atommüllproduktion un- erzüglich zu reduzieren und eine bloße Rückkehr zum amaligen rot-grünen Atomkonsens, den die PDS als ge- etzliche Laufzeitgarantie abgelehnt hatte, unverant- ortlich ist; weil der Atomausstieg mit einfacher Mehr- eit wieder rückgängig gemacht werden kann, statt – wie on der Linken beantragt – den Verzicht auf die fried- che oder militärische Nutzung der Atomenergie im rundgesetz festzuschreiben, das nur mit einer Zweidrit- lmehrheit geändert werden kann; weil im gesamten esetzespaket die marktbeherrschende Rolle der Strom- onzerne nicht korrigiert wird und soziale Energietarife icht abgesichert werden. Deshalb stimme ich dem Drei- ehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes nicht u. Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Unsere Kern- raftwerke produzieren sicher kostengünstige und CO2- eutrale Energie, die für den Industrie- und Wirtschafts- tandort Deutschland existenziell ist. Daran haben auch ie fürchterlichen Ereignisse im Frühjahr in Fukushima ichts geändert. Die deutsche Bevölkerung hatte schon eit jeher eine diffuse Angst vor der Atomkraft. Damit teht unsere Gesellschaft weitgehend allein in der Welt. enn man nicht der Ansicht anhängt, dass am deutschen esen die Welt genesen solle, so muss man zumindest interfragen, warum einzig und allein Deutschland aus en Ereignissen in Japan den Schluss gezogen hat, in erart beschleunigtem Tempo aus der Kernenergie aus- usteigen. Das mit dem großen Nutzen der Kernenergie erbundene Restrisiko hat sich nicht verändert. Weder in eutschland noch in Frankreich oder einem anderen eu- päischen Land. Der deutsche Ausstieg aus der Kern- raft ist ein internationaler Alleingang. Wir hätten zu- indest auf europäischer Ebene versuchen sollen, nsere Partner in der Europäischen Union mitzunehmen. ass man auch bei anderen Fehlentscheidungen in der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13627 (A) ) )(B) Lage ist, auf EU-Ebene einen Konsens herbeizuführen, zeigt derzeit der Umgang mit der Euro-Schuldenkrise. Wir haben mit einer massiv schrumpfenden Bevölke- rung zu kämpfen. Den zukünftigen Generationen haben wir bereits fast zwei Billionen Euro Schulden aufgebür- det. Hinzu schreiten wir mit Siebenmeilenstiefeln einer gigantischen Euro-Schuldenhaftungsunion entgegen. Wenn uns schon leider keine demografische Trendwende gelingt, so sollten wir den nachfolgenden Generationen wenigstens eine volkswirtschaftliche Infrastruktur hin- terlassen, die ihnen die Chance lässt, unsere gigantischen Schulden zu bedienen und sich auch selbst einen ange- messenen Lebensstandard zu erarbeiten. Diese Chance haben wir verpasst, auch weil es uns nicht gelungen ist, die Bevölkerung von der Richtigkeit unserer Energie- politik zu überzeugen. Es ist leider immer leichter, auf schwierige Fragen leichte Antworten zu geben. Unser Energiekonzept vom Herbst letzten Jahres wäre die bes- sere, aber auch komplexere Antwort gewesen. Vermutlich ist den Menschen nicht bewusst, dass uns die Energiewende im günstigsten Fall Investitionen in drei- bis vierstelliger Milliardenhöhe kosten wird. Die Antiatombewegung macht viel Wind, aber davon dreht sich leider noch kein Windrad, ganz unabhängig von der Frage, ob wir unser schönes Land zu einem gigantischen Onshorewindpark machen sollen. Letztendlich wage ich zu prophezeien, dass wir für das Fotoalbum die erneuer- baren Energien ausbauen werden, klammheimlich aber unsere Energie – zumindest in Süddeutschland – aus Tschechien und Frankreich beziehen werden. Dass Tschechien und Frankreich weiter auf Atomkraft setzen, brauche ich nicht weiter auszuführen. Nichtsdestoweniger muss man sich mit Unabwend- barkeiten abfinden und nach vorne blicken. In der Gesellschaft und auch in der Politik gibt es mittlerweile einen sehr breiten Konsens zum Ausstieg aus der Kern- energie. Zu einer Demokratie gehört es auch, dass man aussichtslose Positionen räumt, um die Zukunft mitzuge- stalten. Ein Hadern über Vergangenes fördert nur den Verdruss und schafft keine positive Energie. Als Ob- mann für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Haus- haltsausschuss werde ich aktiv daran mitarbeiten, die Kosten für die Endenergieabnehmer so gering wie mög- lich zu halten. Johanna Voß (DIE LINKE): Ich stimme dagegen, weil das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Atomge- setzes ein Scheinausstiegsgesetz ist. IPPNW und andere haben aufgezeigt, dass das Gesetz den Klagen der Stromkonzerne nicht standhalten wird. Dann könnten Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe auf die Steuerzahler zukommen oder sogar zwischenzeitlich ausgeschaltete Atommeiler weiterbetrieben werden. Zu einem Ausstieg, der nicht nur ein Scheinausstieg ist, gehören auch ein Ende von allen Geschäften mit Uran, ein Ausstieg aus dem Euratom-Vertrag, ein Ende der Finanzierung von Reaktorprojekten weltweit. All das ist nicht Teil des Atomausstiegs der Bundesregierung. A s ru F a u ti o S le c A D ru A z v a Z s ti d m ru n g w A tr g u w g v (C (D Zu einem Ausstieg gehört auch die Sicherung der tommülllager und das Vermeiden von weiteren un- icheren Transporten von Atommüll. Weder die Regie- ng noch die Jasager von SPD und Grünen haben aus ukushima gelernt. Zu einem endgültigen Ausstieg gehört auch die Ver- nkerung im Grundgesetz – sonst bleibt der Ausstieg mkehrbar. Mit diesem Ausstiegsgesetz, dass die Amor- sation von Atommeilern garantiert, werden auch die ligopolen Strukturen verfestigt, auf Kosten dezentraler trukturen. Ich stimme dagegen, weil die verbliebenen Atommei- r nicht dem Stand von Sicherheit und Technik entspre- hend nachgerüstet werden. So dürfte kein einziges tomkraftwerk weiterlaufen. Das ist grob fahrlässig. eshalb stimme ich dem Dreizehnten Gesetz zur Ände- ng des Atomgesetzes nicht zu. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ralph Lenkert und Jens Petermann (beide DIE LINKE) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Drei- zehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgeset- zes (Tagesordnungspunkt 4 a) Wir stimmen dem Entwurf eines Dreizehnten Geset- es zur Änderung des Atomgesetzes nicht zu, weil der orliegende Entwurf nicht sicherstellt, dass der Ausstieg us der Atomstromerzeugung zum frühestmöglichen eitpunkt erfolgt und aufgrund der vorgesehenen Be- tandsgarantie bis längstens 2022 die Bevölkerung unnö- g lange den mit der Atomstromerzeugung einhergehen- en tödlichen Risiken ausgesetzt wird. Die Aufkündigung des sogenannten Atomkompro- isses von Rot-Grün durch die schwarz-gelbe Regie- ng hat gezeigt, dass eine einfachgesetzliche Regelung icht ausreicht und der Atomausstieg nur durch eine rundgesetzliche Verankerung unumkehrbar gestaltet erden kann. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ekin Deligöz und Claudia Roth (Augsburg) (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesordnungs- punkt 4 a) Die Atomkatastrophe von Fukushima markiert einen agischen, einschneidenden Wendepunkt unserer Ener- ie- und Klimapolitik. Vermeintliche Gewissheiten und nverbrüchliche Überzeugungen der Atomkraftbefür- orter sind der Einsicht gewichen, dass diese Technolo- ie nicht beherrschbar und die Restrisiken eben nicht ernachlässigbar sind. Der bisherige Atomkurs von 13628 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Union und FDP hat sich als fachlich fragwürdig, ethisch unverantwortlich und politisch unhaltbar erwiesen. Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen haben das nun endlich auch erkennen und einräumen müssen. Die Atomparteien Union und FDP wollen nun, nachdem sie über Jahrzehnte die Atomindustrie hofiert haben, den endgültigen Rückzug aus der Atomenergie antreten. Das ist aus unserer Sicht zu unterstützen, auch wenn es schon viel eher hätte passieren können und müs- sen. Die bündnisgrüne Bundestagsfraktion hat sich schon immer für einen breit getragenen Ausstieg einge- setzt. Es ist richtig, für die Entscheidung zu einer radika- len, unumkehrbaren Energiewende breite Mehrheiten im Parlament, in der Politik und in der Gesellschaft zu mo- bilisieren. Dem wollen wir uns deshalb nicht verwei- gern, sondern die Rücknahme der Laufzeitverlängerung, die endgültige Abschaltung der sieben ältesten Meiler sowie des Reaktors in Krümmel und klar fixierte Aus- stiegsdaten unterstützen. Wir werden deshalb dem Drei- zehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes, Drucksache 17/6070, im Deutschen Bundestag zustim- men. Diese Zustimmung bedeutet allerdings nicht, dass wir keinen weitergehenden, dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich des Atomausstiegs oder auch der Umset- zung der notwendigen Energiewende sehen. Wir werden uns mit aller Kraft für weitere Änderungen und Verbes- serungen beim Atomausstieg und bei den erforderlichen atompolitischen Maßnahmen bis zur vollständigen Ab- schaltung aller Reaktoren in Deutschland einsetzen. Es sollte nichts unversucht gelassen werden, den Ausstieg insgesamt zu beschleunigen. Die Sicherheitsanforderun- gen für die noch laufenden Atomkraftwerke müssen verschärft bzw. vorgenommene Verschlechterungen zu- rückgenommen werden. Notwendig ist zudem, ein er- gebnisoffenes, bundesweit vergleichendes Endlager- suchverfahren zu starten. Zu einem überzeugenden Sicherheitskonzept gehört es auch, die beiden in unserer Heimatregion befindlichen AKW-Blöcke Gundremmingen B und C – im Wesentli- chen baugleich mit den Katastrophenreaktoren in Fuku- shima – als Risikoanlagen früher als bislang geplant ab- zuschalten. Die Anlagen stehen an der deutschen Spitze bezüglich des anfallenden Strahlenmülls. Laut der Kin- derkrebsstudie des Deutschen Kinderkrebsregisters ist in der Umgebung der Meiler die Kinderkrebsrate signifi- kant hoch. Der Ausstieg aus der Atomkraft ist ein absolut not- wendiger, aber nicht ausreichender Schritt. Er muss mit einer konsequenten, nachhaltigen Energiewende einher- gehen. Die Alternative liegt dann aber gerade nicht in den fossilen Energieträgern, wie Union und FDP das fa- vorisieren. Gefragt sind der konsequente Ausbau der er- neuerbaren Energien sowie die Forcierung von Energie- effizienz und -einsparungen. Das hierzu vorliegende Gesetzespaket ist nicht einmal als halbherzig zu bezeich- nen. Die schwarz-gelbe Koalition bleibt hier nicht nur weit hinter dem Erforderlichen zurück, sondern unter- nimmt auch grundsätzlich falsche Weichenstellungen. A k im e u d F g N 3 n F F e s d g li d s s H m e w b fa E te s ro d le d m k a g g fr ta s B e s (C (D nlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Hermann Ott, Till Seiler, Memet Kilic, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesordnungs- punkt 4 a) Die Rücknahme der Laufzeitverlängerung für Atom- raftwerke, von der Koalition erst vor wenigen Monaten Eilverfahren durchgesetzt, ist notwendig und richtig, benso die endgültige Abschaltung der sieben Alt-AKW nd des Pannenreaktors Krümmel. Es ist zu begrüßen, ass die Bundesregierung im Lichte der Katastrophe von ukushima eine Kehrtwende in der Atompolitik vollzo- en hat und in der Beurteilung der Atomkraft nun in die ähe der Position gerückt ist, die die Grünen bereits seit 0 Jahren vertreten. Dies ist ein großer Erfolg der Grü- en und der Antiatombewegung insgesamt. Doch gerade im Lichte der Reaktorkatastrophe von ukushima ist der Atomausstieg von CDU/CSU und DP nicht ausreichend. Technisch und ökonomisch wäre in Atomaustieg bereits bis 2017 möglich – und als Kon- equenz der nach Tschernobyl nochmaligen Realisierung es sogenannten Restrisikos auch nötig. Fünf Jahre län- ere Laufzeiten bedeuten unzumutbare Gefahren im täg- chen Betrieb und eine erhebliche Erhöhung der Menge es insgesamt anfallenden Atommülls. Die Bundesregierung unternimmt auch keinen Ver- uch, die Endlagerfrage endlich einer sachgerechten Lö- ung zuführen. Dazu würde gehören, die im letzten erbst eingefügte Enteignungsgrundlage zurückzuneh- en, einen Baustopp in Gorleben zu verhängen und eine rgebnisoffene Endlagersuche einzuleiten. Absolut not- endig wäre auch eine Beendigung des gesamten Atom- rennstoffkreislaufs, also eine Schließung der Atom- brik in Gronau. Die Abschaltung der letzten sechs Atommeiler erst nde 2021 bzw. Ende 2022 ist nicht nur viel zu spät un- r dem Gesichtspunkt der Sicherheit, sie erfolgt auch zu pät unter politischen Gesichtspunkten. Zwischen dem t-grünen Atomausstieg und der Laufzeitverlängerung urch Schwarz-Gelb im Oktober 2010 lagen drei Wah- n. Zwischen dem jetzt geplanten Atomausstieg und em Abschalten der letzten sechs AKW liegen bei nor- alem Wahlzyklus ebenfalls drei Wahlen. Niemand ann heute voraussagen, wie die Welt im Jahre 2021 ussehen wird, welche krisenhaften Entwicklungen es eben mag und welche Höhe die Preise für fossile Ener- ien dann haben werden. Der Druck auf eine dann vielleicht wieder atom- eundliche Bundesregierung bzw. Mehrheit im Bundes- g, die Laufzeiten doch wieder zu verlängern, könnte ehr stark sein. Dieses Risiko ist uns zu groß. Auch die eibehaltung einer sogenannten Kalt-Reserve zeigt, dass ine Hintertür offengehalten werden soll. Dabei ist diese chon allein aus technischen Gründen völlig unsinnig. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13629 (A) ) )(B) Schließlich behindern die längeren Laufzeiten bis 2022 auch die Energiewende in Richtung einer solaren Gesellschaft. Der Ausstieg aus der Atomkraft und der Einstieg in die erneuerbaren Energien sind untrennbar miteinander verbunden, auch wenn der Bundestag natür- lich in verschieden Anträgen und Gesetzentwürfen dazu Stellung nimmt. Die sogenannte Energiewende setzt auf den Ausbau fossiler Energien und setzt die Erfolge bei der Bekämpfung des Klimawandels aufs Spiel. Dies zu- sammen mit der einseitigen Bevorzugung von Offshore- windenergie zulasten der Windkraft an Land und andere Regelungen zementiert die alten Strukturen und festigt die Marktmacht der großen Energiekonzerne. Die Bundesregierung und die schwarz-gelbe Koali- tion machen mit der Rücknahme der Laufzeitverlänge- rung und der Abschaltung der Alt-AKW das Richtige; aber sie unterlassen das Notwendige. Das Gesamtpaket stimmt nicht. Deshalb haben wir uns heute der Stimme enthalten. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes und zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (Tagesordnungspunkt 4) Michael Brand (CDU/CSU): Mein heutiges Ja zu dem Gesetzespaket zur Energiewende ist ein Ja mit kla- ren Bedingungen und ein paar offenen Bemerkungen zum Verfahren. Es ist eine 60/40-Entscheidung, weil neben den Chan- cen auch Risiken gegeben sind. Als frei gewählter Abge- ordneter ist es meine Pflicht, auf die Risiken hinzuweisen, und es ist aus meiner Sicht zwingend, dass Bundestag, Bundesregierung und unsere Gesellschaft sich über die Risiken und die Kosten der Energiewende im Klaren sind. Ich war, bin und werde dafür sein, dass die Atomener- gie vor allem wegen der weltweit nicht gelösten Endla- gerung so rasch wie möglich der Vergangenheit ange- hört. Zudem bietet diese Entscheidung tatsächlich die historische Chance für eine der leistungsfähigsten Volks- wirtschaften der Welt: Wir haben die Chance, im global kommenden Zeitalter der erneuerbaren Energien – also weg vom Öl, weg von der Kohle und weg vom Gas – von einer weltweiten Spitzenposition aus in Deutschland und weltweit von diesem global angesteuerten Energie- wandel zu profitieren. Zur Energiewende zählt auch, dass wir für die abzu- schaltenden Kernkraftwerke neue Kohle- und Gaskraft- werke brauchen. Wir werden nicht nur mit Wind und Sonne den Industriestandort Deutschland sichern, weder bei der Beschäftigung noch bei den privaten Haushalten. Wer Ja sagt zur Energiewende, der muss auch Ja sagen z D B fü g s d F H z n p z z w B p S d re w n g d te o w g g in w s g g h d E K A s li d ta a a d h fo ü s v ra A d E (C (D ur nötigen Infrastruktur für das neue Energiezeitalter. as bedeutet konkret: Wenn zum Beispiel Planung und au von Stromtrassen trotz weitreichender Prioritäten r Erdkabel weiter blockiert werden, kommt die Ener- iewende in Gefahr. Wenn wir den von vielen Experten chon für diesen Herbst 2011 befürchteten Blackout bei er Stromversorgung verhindern wollen, müssen wir die lexibilität behalten, frühzeitig zum Schutz von privaten aushalten, Krankenhäusern und Betrieben bis hin zu entralen Internetknoten reagieren zu können. So gibt es eine ganze Reihe von Problemen, die wir icht politisch leugnen dürfen. Physik lässt sich nicht olitisch beschließen. Wir haben als Politik die Pflicht, um Wohle der Allgemeinheit in Kenntnis der Probleme u organisieren. Dazu zählt, dass wir die Grundlage der irtschaftlichen Stärke unseres Landes, die industrielle asis mit Tausenden Betrieben und Millionen Arbeits- lätzen, nicht um einer falschen Ideologie willen aufs piel setzen dürfen. Zu Recht haben wir deshalb beson- ere Regelungen zum Schutz der energieintensiven Be- iche der deutschen Wirtschaft beschlossen. Und umso ichtiger sind die beschlossenen Fördermaßnahmen für eue Netz- und Speichertechnologien, die wir nun drin- end benötigen. Dazu muss bei Bundestag, Bundesregierung und in er Gesellschaft die Bereitschaft offen bleiben; ansons- n drohen Versorgungskrisen, die nicht per Beschluss der Resolution von Parteitagen oder Parlamenten abzu- enden sein werden. Der Schock von Fukushima hat vieles in Bewegung ebracht. Der Weg zum Zeitalter der erneuerbaren Ener- ien ist schon seit Jahren parteiübergreifender Konsens Deutschland und wurde konsequent beschritten. Nun ird er deutlich beschleunigt. Wir müssen bei der Be- chleunigung darauf achten, dass wir nicht durch allzu roße Hektik ins Stolpern geraten – mit möglichenfalls roßen Risiken. Mein Ja ist auch deshalb mit Einschränkungen verse- en, weil die harte Kritik unseres Bundespräsidenten an em parlamentarischen Verfahren und der fehlenden inbindung der Gesellschaft zum Erreichen eines echten onsenses leider als voll zutreffend zu bezeichnen ist. ngesichts der immensen Tragweite der Entscheidung ind mangelhafte Offenheit, mangelhafte Beratungsmög- chkeiten und ein für die Bedeutung viel zu schnell urchgepeitschtes Verfahren aus der Sicht der Parlamen- rier deutlich zu kritisieren. Diese Kritik richtet sich vor llem gegen diejenigen in Fraktionen und Regierung, die uf Solidarität pochen und diese Solidarität gegenüber en eigenen Reihen nicht in genügendem Maße geübt aben; hier sind die dafür Verantwortlichen dazu aufge- rdert, diesen Stil zu ändern, um den Bogen nicht zu berspannen. Gerade bei großen, weitreichenden Ent- cheidungen gilt: Demokratie darf nicht mit Demoskopie ertauscht werden. Für die beschlossene große Energiewende wird es da- uf ankommen, die ökologischen und ökonomischen uswirkungen – auch auf Stromkosten und Steuergel- er – genau zu beobachten. Werden alle notwendigen lemente in ausreichender Weise beachtet, kann und 13630 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) wird es gelingen, die großen Chancen zu nutzen und die Risiken für unsere Bevölkerung gering zu halten. Als direkt gewählter Abgeordneter werde ich die Ent- wicklung genau verfolgen und nötigenfalls dazu auffor- dern, dass wir im Notfall auch nachsteuern. Die Ener- giewende wird von uns allen viel fordern, sie wird kein Spaziergang, doch dass wir uns auf diesen schwierigen Weg machen, bietet große Chancen für die Zukunft un- seres Landes und für kommende Generationen – schon deshalb lohnt sich der Weg. Manfred Kolbe (CDU/CSU): In der heutigen Ab- stimmung über den sogenannten Atomausstieg habe ich mich der Stimme enthalten. Trotz der Katastrophe von Fukushima gelten meines Erachtens weiterhin die Argu- mente der Abgeordneten Dr. Angela Merkel aus der Ausstiegsdebatte vom 29. Juni 2000: Erstens: Für mich bleibt ein Rätsel, wie nach dem Ausstieg aus der Kernenergie ein klimaverträglicher, CO2- freier Ersatz für den 30-prozentigen Anteil der Kernenergie an der Grundlast unserer Energieer- zeugung geschaffen werden könnte. Zweitens: Der Ausstieg erfolgt zulasten der interna- tionalen Sicherheitsstandards. Ich finde, man muss schon relativ ruhig schlafen können, wenn man akzeptiert, dass in Russland 15 Reaktoren vom Typ Tschernobyl stehen und Deutschland mutwillig und wissentlich aus dem technologischen Know-how und aus der Verbesse- rung der Sicherheitsvorschriften aussteigt. Drittens: Diese Vereinbarung geht zulasten des Klimaschut- zes, zulasten der Ausbildungskapazitäten und gan- zer Berufszweige sowie zulasten des technologi- schen Fortschritts in der Bundesrepublik Deutsch- land. Diesen damaligen Worten von Dr. Angela Merkel ist auch heute noch wenig hinzuzufügen. Dr. Michael Paul (CDU/CSU): Eine Reihe – auch von mir – gestellter Fragen sind im Laufe des Gesetzge- bungsverfahrens zum Gesetzespaket zur Energiewende nicht geklärt worden. Insbesondere sind für mich fol- gende Punkte von großer Bedeutung: Erstens. Ein Ausstieg aus der Kernenergie in der nun vorgegebenen Geschwindigkeit kann massive Strom- preiserhöhungen für Unternehmen wie Verbraucher ver- ursachen. Die vorgelegten Gesetze geben keine Antwort darauf, wie der Preisanstieg zumindest gedämpft werden kann. Schon durch das Abschalten der acht Kernkraft- werke beim Moratorium sind die Stromgroßhandels- preise um über 12 Prozent gestiegen. Das werden die Verbraucher bei der nächsten Strompreiserhöhung im Herbst auf ihren Stromrechnungen wiederfinden. Wei- tere Erhöhungen ergeben sich, weil zum Beispiel bei der kostspieligen Förderung der Photovoltaik keine wirk- s te N w V w w A m tr s w M d tu te e n s e d a s ti 4 z d li M d B 1 ri d s F s m v K e h ta h g S G k g G d g K h ri z (C (D ame Kostenbremse gezogen wird. Es steht zu befürch- n, dass die EEG-Umlage über das heute schon hohe iveau von 3,53 Cent pro Kilowattstunde ansteigen ird. Weiterhin werden neue Gaskraftwerke, die zur ersorgungssicherheit gebraucht werden, nur gebaut, enn es dafür eine Förderung oder Unterstützung gibt, eil potenzielle Investoren insbesondere die zukünftige uslastung nicht kalkulieren können. Diese Förderung uss letztlich vom Stromkunden oder Steuerzahler ge- agen werden. Ferner werden die CO2-Zertifikatepreise teigen, was Auswirkungen auf das Preisniveau haben ird. Die CO2-Zertifikatepreise sind seit Beginn des oratoriums jetzt schon um circa 8 Prozent gestiegen. Zweitens. Hohe Strompreise schaden auch dem In- ustriestandort Deutschland. Die anlässlich der Erarbei- ng des Energiekonzepts der Bundesregierung im letz- n Jahr aufwendig berechneten Energieszenarien haben rgeben, dass ein Ausstieg aus der Kernenergie in der un vorgegebenen Geschwindigkeit große volkswirt- chaftliche Risiken bedeutet: Erhebliche Abwanderungs- ffekte im Bereich des produzierenden Gewerbes und er Verlust Tausender Arbeitsplätze würden bei deutlich nsteigenden Strompreisen voraussichtlich die Folge ein. Das deutsche Klimaschutzziel ist kurz- und mittelfris- g gefährdet. So kann das Ziel der CO2-Minderung um 0 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 wegen des Ver- ichts auf die Kernenergie praktisch nicht erreicht wer- en. Die vorgesehenen CO2-Einsparungen durch zusätz- che Maßnahmen bei der Gebäudesanierung können die ehremissionen durch fossile Kraftwerke, die wegen es Ausstiegs am Netz sein werden, nicht kompensieren. isher sind die CO2-Emissionen in Deutschland seit 990 um circa 25 Prozent zurückgegangen. Drittens. Deutschland ist bereits durch das Morato- um vom Stromexport- zum Stromimportland gewor- en. Seitdem importiert Deutschland täglich durch- chnittlich rund 40 GWh, einen großen Teil davon aus rankreich. Das zeigt aus meiner Sicht, dass der Aus- tieg aus der Kernenergie zu schnell erfolgt. Schließlich acht es keinen Sinn, wenn deutsche Kernkraftwerke om Netz gehen und dafür Strom aus ausländischen ernkraftwerken eingeführt wird. Viertens. Die vorgelegte Novelle des Atomgesetzes nthält erhebliche verfassungsrechtliche Risiken. Dies at auch die Sachverständigenanhörung im Bundes- gsumweltausschuss bestätigt. So verlangt der Gleich- eitsgrundsatz nach Art. 3 Grundgesetz, dass der Gesetz- eber nur bei Vorliegen eines sachlichen Grunds gleiche achverhalte ungleich behandeln darf. Im vorgelegten esetz werden aber zum Beispiel zwei baugleiche Kern- raftwerke, die im Abstand von acht Monaten ans Netz ingen – Gundremmingen B und C –, ohne sachlichen rund unterschiedlich behandelt: Gundremmingen C arf bis 2021, also vier Jahre länger als Gundremmin- en B, am Netz bleiben. Ein weiteres Beispiel: Das ernkraftwerk Krümmel, das abgeschaltet bleiben soll, at nur eine Laufzeit von rund 27 Jahren gehabt; alle üb- gen Kernkraftwerke haben mindestens 32 Jahre Lauf- eit. 32 Jahre Laufzeit ist aber – so wurde es schon im Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13631 (A) ) )(B) rot-grünen Ausstiegsgesetz von 2002 festgestellt – die verfassungsrechtliche Untergrenze, da ansonsten keine vollständige Amortisation der Investitionen erreicht wer- den kann. Ein Eingriff des Staates müsste sonst durch Entschädigungen ausgeglichen werden. Eine Entschädi- gung ist aber in der AtG-Novelle nicht vorgesehen. Auch ist keine Entschädigung dafür vorgesehen, dass die zugewiesenen Reststrommengen voraussichtlich nicht in konzerneigenen Anlagen aufgebraucht werden können. Aus den genannten Gründen ist aus meiner Sicht eine umfassende Zustimmung zum Gesetzespaket zur Ener- giewende nicht mit einer langfristig verantwortungsvol- len Energiepolitik für Deutschland vereinbar. Außerdem darf meiner Meinung nach der Gesetzgeber nicht sehen- den Auges verfassungsrechtlich höchst zweifelhafte Re- gelungen beschließen. Daher werde ich – anders als meine Fraktion – den Entwurf des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes in der Fassung der Drucksachen 17/6070 und 17/6246 ablehnen. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gitta Connemann (CDU/ CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Ände- rung des Atomgesetzes und zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über Maßnah- men zur Beschleunigung des Netzausbaus Elek- trizitätsnetze (Tagesordnungspunkt 4 a und h) Den vorliegenden Gesetzentwürfen stimme ich nach sorgfältiger Abwägung des Für und Widers nicht zu. Ich erkenne an, dass anders als beim seinerzeitigen rot-grünen Ausstiegsbeschluss jetzt exakt angegeben wird, wann und wie der Umstieg erfolgen soll. Ich er- kenne an, dass durch die Einführung einer Marktprämie erstmalig der Weg in die Marktorientierung auch für er- neuerbare Energien gewählt wird. Ich erkenne an, dass gerade im Bereich der Biomasse aufgrund der Interven- tionen unserer Agrarpolitiker Überförderungen abgebaut werden, Vertrauensschutz gewährt und stärkere Anfor- derungen an die Wärmenutzung definiert werden. Mir ist bewusst, dass fast alle meine Kolleginnen und Kollegen, die sich ebenfalls intensiv mit den Gesetzent- würfen auseinandergesetzt haben, zu einer zustimmen- den Bewertung kommen. Ich respektiere und achte diese Entscheidung. Über mein persönliches Abstimmungs- verhalten in dieser für die Zukunft Deutschlands heraus- ragend wichtigen Frage habe ich in den letzten Tagen und Wochen lange mit mir gerungen. Ich komme für mich zu dem Ergebnis, dass mir eine Zustimmung unter den jetzigen Voraussetzungen nicht möglich ist. Zur Begründung: Im Herbst 2010 hatte die Bundesre- gierung ein Energiekonzept vorgelegt, das den drei An- forderungen an eine nachhaltige Energiepolitik – sicher, sauber und bezahlbar – Rechnung trägt. Die Kriterien Verfügbarkeit, Umweltfreundlichkeit und Bezahlbarkeit wurden dabei in einen harmonischen Dreiklang gestellt. S e v 2 w g g a d e w 2 z a g fo a h u Ic m s a h w a A b d Z b a o W n le g re e a H b w d – g re d W g (C (D o sollten bis zum Jahr 2050 80 Prozent des Stroms aus rneuerbaren Energien gewonnen werden. Der Strom- erbrauch insgesamt sollte im gleichen Zeitraum um 5 Prozent sinken. Der von den 17 deutschen Kernkraft- erken erzeugte Strom sollte im Rahmen dieses Über- angs die gesicherte Versorgung zu bezahlbaren Preisen ewährleisten und gleichzeitig den Übergang in ein Zeit- lter der erneuerbaren Energien ebnen. Der Ausstieg aus er Kernkraft war damit bereits beschlossen. Diesem nergiepolitischen Konzept, das zugleich Energiewende ie auch Atomausstieg war, habe ich am 28. Oktober 010 im Deutschen Bundestag aus voller Überzeugung ugestimmt. Dem damaligen Beschluss lagen detaillierte, von un- bhängigen Forschungsinstituten erstellte Gutachten zu- runde. Der Beschluss des Deutschen Bundestages er- lgte im Rahmen eines der Bedeutung der Entscheidung ngemessenen Beratungszeitraums. Auf Parteitagen atte zuvor die CDU ihre Position ausführlich diskutiert nd einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss gefasst. h unterstütze diesen Beschluss einschließlich des da- it verbundenen Atomausstiegs nach wie vor. Darin be- tätigt mich auch das am 16. Mai 2011 vorgelegte Gut- chten der Reaktor-Sicherheitskommission, das den ohen Sicherheitsstandard der deutschen Kernkraft- erke bestätigt. Unter dem Eindruck des tragischen Reaktorunfalls m 15. März 2011 in Fukushima, Japan, soll nun der usstieg aus der Kernenergie in Deutschland deutlich eschleunigt werden. Alle noch am Netz befindlichen eutschen Kernkraftwerke sollen nach einem starren eitplan abgeschaltet werden. Dafür sollen die erneuer- aren Energien sowie die Energietransportnetze rasant usgebaut werden. Dieses Vorhaben ist international hne Beispiel. Die Herausforderungen für Gesellschaft, irtschaft und Politik sind gewaltig. Tatsächlich umsetzbar ist dieses Konzept allerdings ur dann, wenn alle dem Ausstiegsszenario zugrunde ge- gten Bedingungen tatsächlich eintreten. Diese Bedin- ungen wiederum sind sowohl technischer als auch chtlicher Natur. So müssen sich die Anlagen zur Erzeugung der erneu- rbaren Energien, insbesondere die Offshorewindkraft- nlagen, erst noch unter Praxisbedingungen bewähren. So müssen über 4 000 Kilometer neuer Hoch- und öchstspannungsleitungen – in der Regel gegen den er- itterten Widerstand von Anliegern – erst noch gebaut erden. So müssen neue Gas- und Kohlekraftwerke mit einem erzeitigen Planungsvorlauf von im Schnitt zehn Jahren ebenfalls gegen den erbitterten Widerstand von Anlie- ern – erst noch errichtet werden. Und so müssen neue Anlagen zur Speicherung des generativ erzeugten Stroms erst noch erdacht und ann – voraussichtlich ebenfalls gegen den erbitterten iderstand von Anliegern – gebaut werden. Ich halte aus heutiger Sicht die Erreichung sämtlicher enannter Bedingungen, einschließlich des um 25 Pro- 13632 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) zent gesenkten Stromverbrauchs, für unwahrscheinlich, zumindest in dem starr vorgegebenen Zeitraum. Allein ein politischer Wille – und sei die Parlamentsmehrheit auch noch so groß – wird keine dieser technischen und rechtlichen Hürden überspringen helfen oder gar Natur- gesetze außer Kraft setzen können. Eine ausführlichere Diskussion über Alternativen des künftigen Energiekonzeptes nach Fukushima sowie eine fundierte Abschätzung seiner Folgen wären aus meiner Sicht erforderlich gewesen. So ist den Abgeordneten des Deutschen Bundestages vor knapp vier Wochen ein mehrere hundert Seiten starkes Gesetzespaket vorgelegt worden, das in großer Eile geschnürt werden musste. Die Erfahrung zeigt, dass Geschwindigkeit immer auf Kos- ten von Sorgfalt geht. Voraussetzung für den Erfolg des geplanten Ausstiegsszenarios ist aber, dass alle Maßnah- men perfekt ineinandergreifen. Wir wären deshalb gut beraten gewesen, uns mehr Zeit für eine Entscheidung dieses Umfangs zu lassen. Aus meiner Sicht wäre eine ausführlichere Debatte sowie der Beschluss eines Partei- tages notwendig gewesen, zumal der Beschluss des Deutschen Bundestags vom Oktober 2010 auf diese Weise vorbereitet worden war. Nicht zufällig ist das Unverständnis über den energie- politischen Alleingang Deutschlands in unseren Nach- barländern groß, auch wegen der Auswirkungen auf diese Nachbarländer. Denn Deutschland ist Teil des eu- ropäischen Stromverbundnetzes, dessen Stabilität jeder- zeit sichergestellt sein muss. In diesem Rahmen bezieht Deutschland im Übrigen bereits heute, nach der Sofort- abschaltung von 8 der 17 Kernkraftwerke, ausländischen Atomstrom, namentlich aus Tschechien und aus Frank- reich. Sollte die mittelfristig befürchtete Versorgungs- lücke eintreten, würde dieser Stromimport noch erhöht. Die Möglichkeit dazu wird nicht ausgeschlossen. Bei Versorgungslücken bleibt somit der Rückgriff auf aus- ländischen Atomstrom. Damit verbindet sich allerdings für mich die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit des deutschen Atomausstiegs ohne Abstimmung mit den eu- ropäischen Partnern. Ich habe diese Frage wie auch eine Reihe anderer in den letzten Wochen im Gesetzgebungs- verfahren wiederholt gestellt. Sie blieben in der Sache unbeantwortet. Sie werden auch nicht durch die vorlie- genden Gesetzentwürfe geklärt. Dazu gehört auch die Frage nach der Erreichung des CO2-Minderungsziels von 40 Prozent bis 2020 ge- genüber 1990. Zwar sind CO2-Einsparungen durch zusätzliche energetische Maßnahmen bei der Gebäudes- anierung angesichts der vorgesehenen steuerlichen För- derung zu erwarten. Völlig offen ist allerdings, ob diese Minderungen die Mehremissionen durch fossile Kraft- werke, die wegen des Atomausstiegs ans Netz gehen müssen, kompensieren können. Ebenfalls völlig unklar sind die Kosten, die das neue Energiekonzept mit sich bringen wird. Die Stromgroß- handelspreise sind bereits nach der Abschaltung der acht Kernkraftwerke innerhalb weniger Wochen um über 12 Prozent gestiegen. Der Zubau von Photovoltaikanla- gen wird weitere Kosten nach sich ziehen. Tatsächlich benötigt die Photovoltaik heute 55 Prozent der gesamten E z s d g b s tr z tr B V d d W fä g u im a s v c v H m je n E n e p W o E li te F m s m N b A O u tu d d g k m n d o H (C (D EG-Beihilfen – und dies bei nur 3 Prozent der Stromer- eugung. Die Chance zu einer Dämpfung dieses Preisan- tieges, zum Beispiel durch einen festen Deckel, wird urch den vorliegenden Gesetzentwurf zum EEG nicht enutzt. Auch die zusätzlichen Kosten durch Netzaus- au, Emissionshandel etc. sind nicht beziffert. Dabei teht das Risiko hoher Entschädigungszahlungen für Be- eiber von Kernkraftwerken aus rechtlichen Gründen ulasten des Steuerzahlers nach wie vor im Raum. Hohe Strompreise schaden insbesondere dem Indus- iestandort Deutschland. Aus meinen Gesprächen mit etrieben weiß ich, dass diese sich um die langfristige ersorgungssicherheit mindestens ebenso sorgen wie um as Energiepreisniveau. Bereits heute ist erkennbar, dass as jetzt vorliegende Energiekonzept die internationale ettbewerbsfähigkeit stromintensiver Unternehmen ge- hrden wird. Diese sollen zwar über Härtefallregelun- en entlastet werden, nicht aber die zahlreichen kleinen nd mittelständischen Unternehmen, die sich ebenfalls internationalen Wettbewerb befinden. Dabei ist der ktuelle konjunkturelle Aufschwung nach der Wirt- chafts- und Finanzkrise gerade diesen Unternehmen zu erdanken. Die Stromrechnung zahlt in jedem Fall der Verbrau- her, und zwar unabhängig von seinem Einkommen. Die ielen Familien in meiner ostfriesisch-emsländischen eimat, die mit einem kleinen Einkommen auskommen üssen, werden über Gebühr belastet werden. Bereits tzt haben sich die Stromkosten an kalten Tagen zu ei- er zweiten Miete entwickelt. Dies gilt auch für die mpfänger kleiner Renten, deren Altersvorsorge in ei- em Haus besteht. Von einer steuerlichen Förderung nergetischer Sanierungsmaßnahmen können diese nicht rofitieren. Neben dieser persönlichen Betroffenheit wird der ahlkreis Unterems, den ich als direkt gewählte Abge- rdnete in Berlin vertrete, von dem jetzt neu vorgelegten nergiekonzept in besonderem Maße auch landschaft- ch und wirtschaftlich betroffen sein. Durch den geplan- n forcierten Ausbau von Offshoreanlagen werden die anggründe der ostfriesischen Fischer vor der Küste assiv dezimiert. Allein in der Nordsee, vor der deut- chen Küste, soll für Offshorewindkraft ein Ausbauvolu- en von 20 000 bis 25 000 Megawatt realisiert werden. ach Angaben des zuständigen Übertragungsnetzbetrei- ers wird dies den Bau von bis zu insgesamt 30 weiteren nschlussleitungen erforderlich machen. Diese werden stfriesland sowie das nördliche Emsland zerschneiden, nabhängig davon, ob sie als Erdkabel oder als Freilei- ngen geführt werden. Für einen fairen Ausgleich der Landeigentümer trägt as neue Energiekonzept keine Sorge. Insoweit hätte in em Gesetzentwurf für das Netzausbaubeschleunigungs- esetz eine Regelung getroffen werden müssen, für die eine Zeit war. Dies gilt auch für die Regulierung des it dem Ausbau der erneuerbaren Energien verbunde- en Flächenverbrauchs. So muss jede dieser Leitungen urch Ausgleichsflächen kompensiert werden, die den hnehin schon drastischen Flächenschwund in meiner eimat verschärfen wird. Zusätzlich werden so bislang Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13633 (A) ) )(B) von Landwirten und Gartenbauern genutzte Böden aus der Nutzung herausgenommen werden. Verschärft werden wird diese Tendenz durch den Bau von Biogasanlagen. Eine Großanlage von zum Beispiel 5 Megawatt benötigt circa 2 000 Hektar Ackerland, um darauf Energiepflanzen anzubauen. Die Vermaisung der Landschaft ist bereits heute erkennbar. Der Zielkonflikt zwischen traditioneller Landwirtschaft für die Lebens- mittelproduktion und dem Anbau von Energiepflanzen wird durch die vorliegenden Gesetzentwürfe nicht ge- löst, sondern verschärft. Insoweit hätte über eine Ausset- zung von naturschutzrechtlichen Ausgleichsregelungen für den Netzausbau für regenerative Energien nachge- dacht werden müssen wie auch über die Schaffung der Möglichkeit einer finanziellen Ersatzleistung für Aus- gleichsmaßnahmen. Auch dafür war keine Zeit. Über mein persönliches Abstimmungsverhalten in dieser für die Zukunft Deutschlands herausragend wich- tigen Frage habe ich in den letzten Tagen und Wochen lange mit mir gerungen. Ich hoffe, dass sich meine Be- fürchtungen nicht bewahrheiten werden. Mir ist bewusst, dass viele Bürgerinnen und Bürger sich nichts mehr wünschen als den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kernenergie. Ich teile diese Auffassung ausdrücklich. Ich bin keine Anhängerin der Kernenergie. Der Ausstieg aus dieser Energieform ist richtig, muss aber mit Augen- maß erfolgen. Bei allen verständlichen und berechtigten Sorgen und Ängsten sollten wir diesen Rückzug geord- net antreten. Die Voraussetzungen dafür sind für mich in der vorgesehenen kurzen Frist nicht gegeben. Ich werde deshalb den vorgenannten Gesetzentwürfen nicht zu- stimmen. Anlage 9 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerba- ren Energien (Tagesordnungspunkt 4 c) Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU): Ich trete für eine nachhaltige Energieversorgung ein: sicher, verlässlich, ökonomisch und ökologisch vernünftig. Ausdrücklich begrüße und unterstütze ich den Ausbau erneuerbarer Energien. Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeu- gung aus erneuerbaren Energien enthält zahlreiche sinn- volle Regelungen, um diesen Ausbau weiter zu beför- dern. Daher werde ich dem Gesetzentwurf zustimmen. Gleichwohl enthält der Gesetzentwurf Regelungen hinsichtlich der Vergütung von Strom aus Geothermie, die ich als problematisch und als nicht richtig erachte. Warum? Nach wie vor sehe ich in der Geothermie grundsätzlich eine Zukunftschance. Die Geothermie hat prinzipiell eine Reihe von Vorteilen gegenüber anderen Formen der erneuerbaren Energien, zum Beispiel ihre Grundlastfähigkeit. Allerdings muss die Geothermie noch weiter erforscht werden. T Z s c fo d d z d te g k b e M G s d h n s L in fü u d C h A d E u fü la ti m fr in s U d n m d ti c D tr 2 w d m re w (C (D Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Technologie der iefengeothermie leider noch nicht ausgereift ist. Im usammenhang mit dem Projekt in Landau kam es bei- pielsweise zu seismischen Ereignissen, die zu erhebli- hen Akzeptanzproblemen dieser Energiegewinnungs- rm geführt haben. Es ist offenkundig, dass im Bereich er Tiefengeothermie nach wie vor Bedarf an anwen- ungsorientierter Forschung besteht. Es wäre wichtig, unächst den sicheren und effizienten Betrieb bestehen- er bzw. weit fortgeschrittener Projekte zu gewährleis- n. Aus den Forschungsaktivitäten sollten Erkenntnisse ewonnen werden, die auch anderen Projekten zugute- ämen. Klar ist, dass zunächst die Sicherheit Vorrang ha- en muss. Die Sorgen der Bevölkerung müssen sehr rnst genommen werden. Es muss auf die Akzeptanz der aßnahmen vor Ort geachtet werden. Daher müsste die eothermie meines Erachtens stärker unter dem For- chungs- und Entwicklungsaspekt und weniger unter em Aspekt der schnellen Markteinführung mittels er- öhter Anreize durch das EEG gefördert werden. Geothermie macht zudem vor allem dann Sinn, wenn icht nur Strom erzeugt, sondern auch die Abwärme innvoll genutzt wird. Die Abwärme lediglich über die uft oder über das Wasser in die Umwelt abzugeben, ist vielfacher Hinsicht unvernünftig. Deshalb halte ich es r einen Fehler, den Wärmenutzungsbonus zu streichen nd in die Grundvergütung zu integrieren. Dadurch wird er Anreiz, Anlagen an Stellen zu planen, an denen die hance auf eine Wärmeabnahme besteht, reduziert. Dies alte ich für sachlich falsch. Jens Koeppen (CDU/CSU): Der Ausstieg aus der tomenergie ist richtig und wird von mir genauso wie ie Zielstellung, den Anteil erneuerbarer Energien an der nergieversorgung massiv zu steigern, uneingeschränkt nterstützt, obwohl der schnelle Atomausstieg Risiken r die Energieversorgung des Industrielands Deutsch- nd in sich birgt. Der vorgelegte Rechtsrahmen, der die Marktintegra- on der erneuerbaren Energien vorantreiben soll, ist aus einer Sicht leider wenig geeignet, um eine klima- eundliche, bezahlbare und sichere Energieversorgung Zukunft aufrechtzuerhalten. Daher verdient dieser Ge- etzentwurf nicht meine uneingeschränkte Zustimmung. m die Abkehr von der Atomenergie nicht zu gefähr- en, habe ich daher sehr lange überlegt, ob es trotz mei- er Bedenken möglich ist, dem Gesetzentwurf zuzustim- en. Das Signal, dass die Koalition quasi geschlossen ie Energiewende gestaltet, sah ich schließlich als wich- ger an, als gegen ein Einzelgesetz zu stimmen – bei si- her gegebener Parlamentsmehrheit. Jedoch muss zum Gesetzentwurf angemerkt werden: ie Marktintegration der neuen Energietechnologien itt hinter Subventionszusagen über eine Dauer von 0 Jahren zurück. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ird sich grundsätzlich von der Zielstellung verabschie- et, die Energieversorgung durch einen Wettbewerbs- arkt abzusichern. Hohe Renditen, die niemals in ande- n Bereichen mit derart sicheren Investitionen erzielt erden könnten, können zwar den Zubau mit vorhande- 13634 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) ner Technik beschleunigen, treiben aber nicht Innovatio- nen in diesem Bereich voran oder stellen sicher, dass die erneuerbaren Energien ein zuverlässiger Hauptbestand- teil unserer Energieversorgung werden. Das eigentliche Ziel des EEG – Marktintegration – ist mit den vorgese- henen Regelungen kaum erreichbar. Hinzu kommt, dass die finanziellen Lasten des Zu- baus von Erneuerbare-Energien-Anlagen, die in den Re- gionen in Norddeutschland – wie im Land Brandenburg und meiner uckermärkischen Heimat – überproportional entstehen, nicht solidarisch durch die Einwohner im ge- samten Bundesgebiet getragen werden. Der EEG-be- dingte Ausbau des Verteilnetzes wird weiterhin nicht bundesweit umgelegt, sondern belastet die Regionen mit einem hohen Anteil an Solar- oder Windenergieanlagen, wie es beispielweise in der Uckermark der Fall ist. Änderungswünsche im EEG und EnWG, um diese zunehmend standortbeeinträchtigenden Regelungen ab- zuändern, wurden nicht aufgegriffen. Die fehlende ge- samtstaatliche Finanzierungsverantwortung in diesem Bereich konterkariert die Anstrengungen und schadet ebenfalls der Akzeptanz der erneuerbaren Energien. Die Debatte zur Marktintegration der erneuerbaren Energien ist mit der Verabschiedung nicht abgeschlossen oder für die nächsten vier Jahre ausgesetzt. Ich gehe da- von aus, dass die Probleme, die ich benannt habe, in den kommenden zwei Jahren ausgeräumt werden. Die Bran- che ist dabei aufgefordert, von ihrer derzeitigen Diskus- sionsstrategie zu einer konstruktiven Debatte zurückzu- kehren. Die Branche kann angesichts der Erfolge der vergangenen Jahre selbstbewusst auftreten und sollte nicht weiter versuchen, sich schlechtzureden, um bessere Vergütungssätze zu beanspruchen. Diese Strategie wird auf Dauer nicht funktionieren. Es muss deutlich werden, dass man bereit ist, Verantwortung für die Energiever- sorgung in Deutschland zu übernehmen und Wind- und Solaranlagen nicht vorwiegend als sehr erfolgreiche Renditeobjekte gesehen werden. Marktintegration in den Wettbewerbsmarkt darf nicht nur politisches Ziel sein, sondern sollte auch von der Erneuerbare-Energien-Bran- che selbst angestrebt werden. Ich erwarte von der Koali- tion, zeitnah die wichtige Säule der Energiepolitik – die erneuerbaren Energien – durch einen verbesserten Rechtsrahmen zu stärken – und die angemessene parla- mentarische Beteiligung bei den kommenden Debatten abzusichern. Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Michael Fuchs und Andreas G. Lämmel (beide CDU/CSU) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förde- rung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (Tagesordnungspunkt 4 c) Den in der heutigen Sitzung des Bundestages zur Ab- stimmung stehenden, von den Fraktionen CDU/CSU und FDP sowie der Bundesregierung eingebrachten Ent- würfen für ein Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrah- m e e b e s tu P U c s n e ra b P d p F w b s O b c E g p e w F g s u D w s d d d B u im w A (C (D ens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneu- rbaren Energien stimmen wir nicht zu. Deutschland ist in wettbewerbsfähiges Industrieland und muss dies leiben. Unsere Energieversorgung langfristig auf erneu- rbare Energien umzustellen, ist richtig. Bei der Umge- taltung unserer Energieversorgung sind die Gewährleis- ng von Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähiger reise für uns von hoher Bedeutung. Daher muss der mstieg auf erneuerbare Energieträger mit wirtschaftli- hem und technischem Augenmaß erfolgen. Die be- chleunigte Energiewende darf den Industriestandort icht gefährden. An den nun anstehenden Entscheidungen haben wir rhebliche Zweifel. Erstens. Die Gewinnung von Elektrizität aus regene- tiven Energieträgern ist viel teurer als die Nutzung der isherigen Grundlastträger Gas, Kernenergie und Kohle. rivate Verbraucher und die Unternehmen werden durch en harten internationalen Wettbewerb höhere Strom- reise zu tragen haben. Gerade Letzteres wird negative olgen für die industrielle Basis, das verarbeitende Ge- erbe und damit für den Wohlstand unseres Landes ha- en. Zweitens. Die notwendige Infrastruktur für die ange- trebte Energiewende ist nicht ausreichend vorhanden. b ein angemessener Ausbau wirklich gelingen wird, ezweifeln wir. Das gilt für neue Stromtrassen und Spei- her zur Kompensation der fluktuierenden erneuerbaren nergieträger. Es birgt erhebliche Risiken für die Versor- ungssicherheit, weil die Gefahr von Versorgungseng- ässen und Stromausfällen droht. Zusätzlich ist uns nicht rsichtlich, wie die notwendigen Investitionen finanziert erden sollen. Drittens. Die Neuregelung des Rechtsrahmens für die örderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Ener- ien ignoriert grundlegende ordnungspolitische, wirt- chaftliche und technische Zusammenhänge. Sie setzt nzureichende Anreize für Innovationen und Effizienz. ie Photovoltaikanlagen als ineffizienter Kostentreiber erden weiterhin deutlich überfördert. Die energieinten- iven Unternehmen werden mit weiteren Kosten bela- en, die ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit und en Wohlstand Deutschlands bedrohen. Wir akzeptieren den gesellschaftlichen Konsens und ie Mehrheiten in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in ezug auf den Ausstieg aus der Kernenergie. An der Art nd Weise der beschleunigten Energiewende, besonders Bereich des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, haben ir jedoch erhebliche Zweifel. nlage 11 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Michael Luther (CDU/ CSU) zu den Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13635 (A) ) )(B) – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften – Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elek- trizitätsnetze (Tagesordnungspunkt 4 c, f und h) Den in der heutigen Sitzung des Bundestages zur Ab- stimmung stehenden und von den Fraktionen CDU/CSU und FDP sowie der Bundesregierung eingebrachten Ent- würfen für ein Gesetz über Maßnahmen zur Beschleuni- gung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze, ein Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften und ein Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stimme ich angesichts des breiten in der Bevöl- kerung bestehenden Konsenses über den Ausstieg aus der Atomenergie zu. Gleichwohl habe ich erhebliche Be- denken gegen die jetzt geplante Art und Weise des Aus- stiegs. Sicherlich ist es unzweifelhaft richtig, die Basis unse- rer Energieversorgung langfristig auf erneuerbare Ener- gien umzustellen. Um jedoch die erneuerbaren Energien als künftige Grundlage unserer Energieversorgung ent- wickeln zu können, ohne dabei eine stabile und bezahl- bare Stromversorgung in unserem Land infrage zu stel- len, ist meines Erachtens ein längerer zeitlicher Vorlauf erforderlich. Den jetzt gewählten Zeitrahmen halte ich für unverantwortlich kurz. Die Verstromung regenerativer Energieträger ist nach heutigem Stand der Technik sehr viel teurer als die Nut- zung von Kernenergie und Braunkohle als bisherige Grundlastträger. Es ist zu bezweifeln, dass es gelingen wird, in dem nun von uns gesetzten kurzen Zeitrahmen unsere Energieversorgung von konventionellen Energie- trägern vollständig auf erneuerbare Energieträger umzu- stellen. Dies birgt erhebliche Risiken für die Grundver- sorgungssicherheit. Erneuerbare Energien sind nicht grundlastfähig. Aufgrund der erheblichen Risiken für die Versor- gungssicherheit mit grundlastfähigem Strom steht zu befürchten, dass es zu Versorgungsengpässen und Stromausfällen kommen wird. Infolgedessen kann es zu einer Steigerung des Strompreises kommen. Neben der Belastung von Privathaushalten wird dies auch erhebli- che, heute noch nicht zu überschauende Folgen für die industrielle Basis unseres Landes haben. Diese Folgen sind bis heute weder ausreichend diskutiert noch im nöti- gen Maße der Bevölkerung kommuniziert worden. Ich sehe gleichwohl, dass der Ausstieg aus der Kern- energie breiter gesellschaftlicher Konsens ist. Ich werbe mit Nachdruck dafür, dass vor dem Hintergrund des sich jetzt durch die heute verabschiedeten Gesetzentwürfe konkretisierenden Ausstiegsszenarios die aufgeworfenen Fragestellungen praxisnah diskutiert werden. Sofern bei dem angestrebten Umbau unserer Energieversorgung unvorhergesehene Schwierigkeiten auftreten, müssen die nötigen Korrekturen an der Art und Weise und am Zeit- p w A d e w in A d z d s w (C (D lan des Ausstiegs aus der Kernenergie vorgenommen erden können. nlage 12 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arnold Vaatz (CDU/CSU) zu den Abstimmungen über den Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von ener- getischen Sanierungsmaßnahmen an Wohnge- bäuden und über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden (Tagesord- nungspunkt 4 k und m) Ich stimme beiden Gesetzentwürfen zu, obwohl ich en beschleunigten Ausstieg aus der Nutzung der Kern- nergie ablehne und die Begründung beider Gesetzent- ürfe darauf Bezug nimmt. Ich unterstütze dennoch die diesen Gesetzen getroffenen Neuregelungen. nlage 13 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Tankred Schipanski (CDU/ CSU) zu den Abstimmungen: – Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Än- derung des Atomgesetzes – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften – Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elek- trizitätsnetze – Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungs- maßnahmen an Wohngebäuden – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ge- setzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ (EKFG-ÄndG) – Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 4 a, c, f, h, k, l, m und n) Ich stimme dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung es Atomgesetzes (Drucksache 17/6246), dem Gesetz ur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung er Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (Druck- ache 17/6247), dem Gesetz zur Neuregelung energie- irtschaftsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 17/6248), 13636 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) dem Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze (Drucksache 17/6249), dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von energeti- schen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden (Drucksache 17/6251), dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Ener- gie- und Klimafonds“ (Drucksache 17/6252 (neu)), dem Gesetz zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden (Drucksache 17/6253) so- wie dem Ersten Gesetz zur Änderung schifffahrtsrechtli- cher Vorschriften zu, nachdem uns die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in verschiedenen Fraktionssitzungen versichert hat, dass es durch diese Gesetze und Gesetzes- änderungen zu keinen nennenswerten finanziellen Mehr- belastungen für Industrie und Verbraucher in Deutsch- land kommt. Ferner wurde uns vonseiten der Bundesregierung zu- gesichert, dass die zu beschließende Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke nur unter den fünf Rahmen- bedingungen erfolgt, die die sogenannte Ethikkommis- sion in ihrem Bericht aufgezeigt hat: Bezahlbarkeit von Energie für Verbraucher und In- dustrie erhalten. Keine Verschlechterung der Wettbe- werbsfähigkeit für die deutsche Industrie. Einhaltung der Klimaziele. Keinen Import von Kernenergie aus europäi- schen Nachbarstaaten. Sicherung der Stabilität der deut- schen Stromnetze. Die Einhaltung dieser Rahmenbedingungen wird durch eine Projektgruppe überwacht. Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Nešković (DIE LINKE) zur Beratung des Entwurfs eines Neunundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Einführung eines Ordnungsgeldes (Zusatztagesordnungspunkt 1) Wolfgang Nešković (DIE LINKE): Erstens. Die zur Abstimmung stehenden Vorlagen ignorieren die funda- mentale Bedeutung des Rede- und Abstimmungsrechts der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Die ein- bringenden Fraktionen von Union, SPD und FDP haben sich verfassungsrechtlichen Bedenken vorsätzlich ver- schlossen. Darin liegen eine Missachtung des Grundge- setzes und eine unentschuldbare Ignoranz gegenüber dem Bundesverfassungsgericht. Zweitens. Die Initiativen von Union, SPD und FDP haben eine Vorgeschichte: In der 60. Plenarsitzung des 17. Deutschen Bundestages am 17. September 2010 tru- gen mehrere Abgeordnete der Fraktion Die Linke weiße T-Shirts, die mit einem Aufdruck versehen waren, der eine Ablehnung des Bahnprojektes „Stuttgart 21“ zum Ausdruck brachte. Der Bundestagspräsident schloss die Abgeordneten deswegen für die laufende Sitzung und zwei Folgetage von den Beratungen des Deutschen Bun- destages aus. Die Abgeordneten wehrten sich vor dem Bundesverfassungsgericht und erreichten, dass der Bun- d n d c m v g m a h n fü d ti A – n fe m m A B n w k e s je tr rü Ü m a T fü rü z z fü n W z c o S d n s ra U s (C (D estagspräsident schließlich auf den Vollzug seiner Maß- ahme verzichtete. Drittens. Das Bundesverfassungsgericht hatte den an em Organstreit Beteiligten ein Schreiben mit rechtli- hen Hinweisen zukommen lassen. Neben kritischen Be- erkungen in Bezug auf die Rechtsschutzmöglichkeiten on ausgeschlossenen Abgeordneten – ein Einspruch ge- en den Ausschluss hat keine aufschiebende Wirkung – achte das Gericht auch Ausführungen zum Sitzungs- usschluss von Abgeordneten. Das Gericht formulierte: Im Extremfall könnte der Ausschluss von Abgeord- neten erheblichen Einfluss auf die Willensbildung im Parlament entfalten und Stimmenverhältnisse wären durch Fehlgebrauch des Instrumentes „Sit- zungsausschluss“ gar gezielt manipulierbar. Viertens. Die zur Abstimmung stehenden Vorlagen alten jedoch weiterhin daran fest, dass der Ausschluss icht nur für den laufenden Sitzungstag, sondern auch r künftige Sitzungstage erfolgen kann. Das ist nach en Hinweisen des Verfassungsgerichts hochproblema- sch und dürfte im Streitfall wohl keinen Bestand haben. uch die Hinweise auf den mangelnden Rechtsschutz Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung – sind icht berücksichtigt worden. Fünftens. Außerdem ist die Verwendung des Begrif- s der „Würde des Bundestages“ in den zur Abstim- ung stehenden Vorlagen nicht zielführend. Ordnungs- aßnahmen können nur zur Aufrechterhaltung der rbeitsfähigkeit des Parlaments verhängt werden. Der egriff der „Würde“ ist darüber hinaus von vornherein ur Menschen und nicht einem juristischen Konstrukt ie dem Deutschen Bundestag vorbehalten. Schließlich önnte die „Würde des Deutschen Bundestages“ auch in inhaltlich niveauloser Redebeitrag oder auch ein ent- prechender Zwischenruf beeinträchtigen. Dadurch wird doch nicht die Arbeitsfähigkeit des Parlaments beein- ächtigt, höchstens dessen Ansehen. Sechstens. Schließlich bleibt in den Vorlagen unbe- cksichtigt, dass das Ordnungsrecht als Maßnahme der belszufügung strafrechtlichen Grundregeln folgen uss. Danach muss – dem Schuldprinzip folgend – ein ngemessenes Verhältnis zwischen der Veranlassung, atbestandsseite, und der daran anknüpfenden Übelszu- gung, Rechtsfolgenseite, bestehen: Das jeweils ge- gte Verhalten muss in einem angemessenen Verhältnis u der dadurch hervorgerufenen „Strafe“ stehen. In dem ur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf wird jedoch r alle denkbaren Fallgestaltungen, die von einer „nicht ur geringfügigen Verletzung der Ordnung oder der ürde des Bundestages“ bis zu einer „gröblichen Verlet- ung der Ordnung oder der Würde des Bundestages“ rei- hen, stets die gleiche „Strafhöhe“ festgesetzt. Das ist ffenkundig mit dem verfassungsrechtlich geschützten chuldprinzip unvereinbar. Nach der Rechtsprechung es Bundesverfassungsgerichts setzt jede Strafe, nicht ur die Strafe für kriminelles Unrecht, sondern auch die trafähnliche Sanktion für sonstiges Unrecht, Schuld vo- us (BVerfG, NVwZ 2003, 1504). Offenkundig wollten nion, FDP und SPD dem Präsidenten die Mühsal einer chuldangemessenen Festsetzung des Ordnungsgeldes Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13637 (A) ) )(B) ersparen. So verlegten sich die Entwurfsverfasser auf pauschalierende Sanktionssätze ohne Wertungsmöglich- keiten. Doch wer im Rechtsstaat strafen will, muss sich – verfassungsrechtlich zwingend – dafür auch der Unbe- quemlichkeit rechtsstaatlichen Abwägens stellen. Siebtens. Diesen verfassungsrechtlichen Bedenken haben sich die einbringenden Fraktionen vorsätzlich ver- schlossen. Anträge von Linken und Grünen auf Durch- führung einer Anhörung wurden abgelehnt. Nachdem Union, FDP und SPD stattdessen wenigstens einem von Linken und Grünen angeregten erweiterten Bericht- erstattergespräch unter Einbeziehung von Sachverständi- gen zugestimmt hatten, haben sie dann in diesem – ohne Sachverständige einzuladen und ohne inhaltliche Befas- sung mit der Sache – lediglich beschlossen, dass es nichts zu diskutieren gibt. Sie haben damit das Bericht- erstattergespräch zu einer Farce verkommen lassen und auch erneute Anträge auf Durchführung einer Anhörung abgelehnt. Achtens. Die einbringenden Fraktionen fallen mit ih- ren Vorstellungen von parlamentarischer Würde hinter die demokratischen Errungenschaften des Norddeut- schen Bundes aus dem Jahre 1869 zurück. In dessen Par- lament gab es den Sitzungsausschluss nur für die lau- fende Sitzung. Er stellte auch keine Strafmaßnahme dar, sondern diente allein der Wiederherstellung der Ord- nung. War diese wiederhergestellt, waren die Ausge- schlossenen zurück in den Saal zu bitten und unklare Abstimmungen unter ihrer Beteiligung nachzuholen. Im Reichstag des zweiten Deutschen Kaiserreiches gab es den Sitzungsausschluss lange Zeit überhaupt nicht. Er wurde erst im Jahre 1895 eingeführt – für die laufende Sitzung. Ein Jahr zuvor missachtete ein Abge- ordneter die „Würde“ des Parlamentes. Der Mann wei- gerte sich, aufzustehen, als ein Hochruf auf den Kaiser ausgebracht wurde. Er hatte keine Achtung vor dem Monarchen. Warum sollte er sich also benehmen, als sei es anders? Es wäre würdelos gewesen. Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften – Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe im Bundesbeamtengesetz und in weiteren Gesetzen (Tagesordnungspunkt 11) Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): Mit dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetz zur Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften werden wir das Dienstrecht modernisieren und an die aktuelle Lebens- wirklichkeit anpassen. Wir werden also insbesondere Lebenspartnerschaften im Bundesbesoldungsgesetz in d la n w n im g w B fü w z in g a W u te W B d d n G E v T D v A re d li m s s W is m A ti s s g li U d d g In b d d (C (D ie Regelungen zum Familienzuschlag und zur Aus- ndsbesoldung integrieren. Wir werden Lebenspartner un auch im Beamtenversorgungsgesetz des Bundes so- ie im Soldatenversorgungsgesetz bei der Hinterbliebe- enversorgung einbeziehen. Wir werden Lebenspartner Bundesbeamtengesetz bei der Beihilfe berücksichti- en, und im Gesetz über den Auswärtigen Dienst werden ir die Fürsorge auf den Lebenspartner der entsandten eamtin oder des Beamten ausdehnen. Dies alles soll rückwirkend zum 1. Januar 2009 einge- hrt werden. Auf der Ebene von Rechtsverordnungen erden wir dies in separaten Vorschriften umsetzen, um Beispiel in der Auslandszuschlagsverordnung oder der Bundesbeihilfeverordnung. Die CDU/CSU-Fraktion verwirklicht mit dem vorlie- enden Gesetzentwurf eine sehr weitgehende und ver- ntwortbare Übertragung ehebezogener Regelungen. ir kommen Ihnen da sehr weit entgegen, meine Damen nd Herren der Opposition; aber der von Ihnen beantrag- n vollständigen Gleichstellung stimmen wir nicht zu. ir werden die Ehe auch weiterhin gegenüber anderen eziehungsformen begünstigen, und ich möchte Ihnen ies sowohl moralisch wie auch juristisch begründen. Sehr geehrte Frau Kollegin Lühmann, Sie betonten in er ersten Lesung zum Beispiel die Situation der soge- annten Regenbogenfamilien und forderten die völlige leichstellung dieser Lebenspartnerschaften mit der he. Hierfür ziehen Sie maßgeblich eine Studie der Uni- ersität Bamberg aus dem Jahr 2009 als Beleg für Ihre hesen heran. Projektleiterin dieser Studie war Frau r. Marina Rupp. Frau Dr. Rupp äußert sich zu den di- ergierenden Einschätzungen beim Thema Adoption in us Politik und Zeitgeschichte im Jahr 2009 sehr diffe- nziert, unter anderem zu der Meinung von Experten, ie „den Kindern neben dem ‚Verlust‘ der eigenen Fami- e nicht das Risiko der Diskriminierung zumuten“ öchten, „das beim Aufwachsen in einer gleichge- chlechtlichen Lebenspartnerschaft nicht auszuschließen ei.“ Für uns sollten das Wohl des Kindes an erster und die ünsche der Eltern an zweiter Stelle stehen. Insgesamt t die eher seltene Beziehungsform der Regenbogenfa- ilie viel zu wenig erforscht, als dass wir im Bereich der doption mit einer völligen Gleichstellung experimen- eren sollten. Am 6. Juni 2011 erfolgte eine öffentliche Sachver- tändigenanhörung im Deutschen Bundestag zum Ge- etzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur so- enannten Fremdkindadoption durch gleichgeschlecht- che Lebenspartner. Professor Dr. Klaus Gärditz von der niversität Bonn kritisierte in dieser Anhörung, dass es en Initiatoren der Sachverständigenanhörung nicht um as Wohl des Kindes gehe, das im Adoptionsrecht ei- entlich alleiniger Maßstab sei, sondern im Kern um die teressen von Erwachsenen. Die Adoption ist unserer Auffassung nach Hilfe für ereits geborene Kinder, die aus unterschiedlichen Grün- en Eltern und Familie verloren haben. Sie dient nicht er Heilung einer Kinderlosigkeit von Paaren, insofern 13638 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) kann auch kein Rechtsanspruch auf diese Elternschaft bestehen. Solange wir nicht sicher ausschließen können, dass Fremdkindadoptionen dem Wohl der betroffenen Kinder zuwiderlaufen, sehe ich die Pflicht des Gesetzge- bers, der Ehe auch weiterhin das grundgesetzlich mani- festierte Exklusivrecht zur Fremdkindadoption zu erhal- ten. Sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, die Forderung der Linken, die Ehe insgesamt abzuschaffen, ist grotesk; das werde ich nicht weiter kommentieren. Ich kommentiere aber gerne Ihr gemeinsames Wunsch- bild einer bunten Regenbogengesellschaft in Deutsch- land: Wir wollen zugunsten beliebiger Beziehungsfor- men nicht einfach alles fördern und damit das traditionelle Familienbild als Fundament dieser Gesell- schaft nach und nach entwerten. Die traditionelle Fami- lie ist immer noch die stabilste Form sozialen Zusam- menlebens, und das ist für uns Grund genug, auch künftig vehement für die Privilegierung dieser Bezie- hungsform einzutreten. Währenddessen dürfen Sie sich gerne von Lesben- und Schwulenverbänden als Initiatoren der Lebenspart- nerschaft feiern lassen. Allerdings beschleicht mich der Verdacht, dass auch der eine oder andere in Ihren Reihen unsere moralische wie juristische Position nachvollzie- hen kann. Anders ist für mich nicht zu erklären, dass die rot-grüne Regierung die Gleichstellung nicht einmal in der zweiten Amtsperiode bis 2005 eingeführt hat. Selbst in Nordrhein-Westfalen wird die Umsetzung zum Unmut von homosexuellen Medien nicht schnell genug voran- getrieben. Insofern kann ich Ihre Aufgeregtheit schon verstehen; immerhin sind Sie nur in der Beobachterrolle in Bezug darauf, wie eine christlich-liberale Bundesre- gierung eine maßgeschneiderte Modernisierung bei die- sem Thema bewerkstelligt. Ich möchte Ihnen abschließend auch unsere juristi- sche Bewertung nicht schuldig bleiben: Das Bundesver- fassungsgericht hat im Juli 2009 festgestellt, dass es dem Gesetzgeber freisteht, die Ehe gegenüber anderen Bezie- hungsformen zu begünstigen. Hierfür bedarf es gemäß dem Urteil jenseits des Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes, der die Benachteiligung anderer Lebens- formen rechtfertigt. Diese Sachgründe liegen für mich auf der Hand: Erstens. Ehepaarfamilien gewährleisten durch ihre Form des Zusammenlebens immer noch die besten Be- dingungen für das Wohl der Kinder; diese Einschätzung hat der Gesetzgeber richtigerweise bisher nicht revidiert. Zweitens. Die Vorgaben der Natur sind eine Richt- schnur für die Logik unseres Lebens. So gibt es natürli- cherweise bei der Funktion der Weitergabe des Lebens bereits keine Gleichstellung einer heterosexuellen Ehe mit einer homosexuellen Partnerschaft. Dass es Lebens- partnerschaften gibt, wird damit nicht bestritten. Aus ih- nen kann aber nie Elternschaft entstehen. Deshalb werden wir Ehe und Familie nicht relativie- ren, indem wir andere Formen menschlichen Zusam- menlebens in gleicher Weise ordnen. Die gesetzliche A b d h ik ö g B F a D b z g B s te B h d D to E fü m W n u e g is h g s ä u fa z b fa s d h s a ra s b b F b (C (D nerkennung als gleichgeschlechtliche Ehe ist und leibt für uns nicht verfassungsgemäß. Es ist erklärtes Ziel der christlich-liberalen Koalition, en öffentlichen Dienst zukunftsfähig zu gestalten. Die ier eingebrachten Regelungen sind ein wichtiger Mosa- stein, um die Attraktivität der Bundesverwaltung als ffentlicher Arbeitgeber wieder ein Stück voranzubrin- en. Wir gewährleisten mit diesem Gesetzentwurf der undesregierung unseren politischen Auftrag, Ehe und amilie besonders zu schützen, erfüllen aber gleichzeitig uch die Erwartungen von Bürgerinnen und Bürgern, im ienstrecht bestimmte ehebezogene Regelungen auf Le- enspartnerschaften im Einklang mit unserer Verfassung u übertragen. Deshalb stimmen wir für den Antrag der Bundesre- ierung. Norbert Geis (CDU/CSU): Im Gesetzentwurf der undesregierung wird versucht, die vollständige Gleich- tellung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaf- n mit der Ehe im Recht des öffentlichen Dienstes des undes, soweit es sich um ehebezogene Regelungen andelt, herzustellen. Der Vorschlag der Grünen, über en ebenfalls heute entschieden wird, geht viel weiter. ie Grünen möchten durch einfache Gesetzgebung die tale Gleichstellung der Lebenspartnerschaften mit der he in unserer Rechtsordnung erreichen. Das halte ich r verfassungswidrig. Man kann nicht die Verfassung it einem einfachen Gesetz durch die Hintertür ändern. er die Verfassung ändern oder ergänzen will, kann dies ur mit der dafür notwendigen qualifizierten Mehrheit nd in dem dafür notwendigen Verfahren erreichen. Ein infaches Gesetz genügt nicht. Dies wäre ein Verstoß ge- en Art. 79 GG. Wir haben einen Verfassungsstaat. Unsere Verfassung t die höchste Norm der staatlichen Rechtsordnung. Sie at Vorrang vor allen anderen Normen. Sie hat Geltung egenüber allen Organen des Staates. Sie hat einen be- onderen Bestandsschutz und ist deshalb nur schwer ab- nderbar – Art. 79 GG. Die Verfassung ist die Grundlage nseres Staatswesens. Sie ist unmittelbar geltendes Ver- ssungsrecht. Sie normiert höchste Rechtsgüter. Dazu ählt auch Art. 6 GG, der Schutz von Ehe und Familie. Es handelt sich bei Art. 6 GG nicht um eine unver- indliche Deklaration, sondern um einen Befehl der Ver- ssung an alle Staatsorgane, Ehe und Familie ganz be- onders zu schützen. Die Verfassung hebt die Ehe und ie Familie in besonderer Weise heraus und stellt sie als ochrangiges Rechtsgut neben die Würde des Men- chen, das Recht auf Freiheit und Leben, auf Gleichheit, uf Glaubens- und Gewissensfreiheit und andere hoch- ngige Rechtsgüter. Durch die völlige Egalisierung von Ehe und gleichge- chlechtlicher Lebensgemeinschaft wird die herausgeho- ene Bedeutung von Ehe und Familie verletzt. Die Le- enspartnerschaft soll gewissermaßen als eine weitere orm der Ehe gelten und dieselbe Förderung und densel- en Rechtsschutz haben wie die Ehe auch. Sie soll in un- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13639 (A) ) )(B) serer Rechtsordnung völlig gleichrangig neben der Ehe stehen, mit denselben rechtlichen Regelungen. Wenn zwei Institute in der Rechtsordnung völlig gleich behan- delt werden, dann sind sie auch gleich. Das ist das Ziel der Grünen und der gesamten Opposition. Damit aber missachtet die Opposition nicht nur Art. 6 GG, sondern auch Art. 79 GG. Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Juli 2002 noch anerkannt, dass es sich bei der Ehe um ein Aliud handele, um etwas ganz anderes. Dennoch war dieses Urteil der Beginn der Gleichstellung. Die Ar- gumentation des Gerichtes war blauäugig. Wenn zwei Gegenstände gleich behandelt werden, dann sind sie auch gleich. Ungleiches kann man nicht gleich behan- deln. Da hilft auch die Beteuerung nicht, die Ehe sei et- was ganz anderes. Wer so argumentiert, macht sich un- glaubwürdig. Durch das Ergänzungsgesetz zum Lebenspartner- schaftsgesetz vom Jahre 2005 wurde die rechtliche Gleichstellung mit der Ehe sehr weit vorangetrieben. Die Türe, die das Verfassungsgericht geöffnet hat, hat die seinerzeitige Mehrheit mit großem Selbstbewusstsein durchschritten. Mit dem Urteil vom 7. Juli 2009 hat das Verfassungsgericht diese Richtung bestätigt. Das Gericht leitet aus Art. 3 GG ab, beide Personengruppen, die Ehe- leute und die gleichgeschlechtlichen Partner oder Partne- rinnen, seien deshalb gleich zu behandeln, weil sie beide eine sexuelle Orientierung hätten, wie unterschiedlich diese auch sei. Das Gericht übergeht damit den eigentli- chen Grund, weshalb in der Verfassung Ehe und Familie als Höchstwert normiert sind. Ehe und Familie sind des- halb als ein Höchstwert durch die Verfassung herausge- stellt worden, weil sie die Generationenfolge sichern sol- len. Aus diesem Grund wird sie im Vergleich zu anderen menschlichen Vereinigungen in besonderer Weise privi- legiert. Die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft kann dies naturgemäß nicht leisten. Deshalb kann sie der Ehe auch nicht gleichgestellt werden. Sie kann nicht als eine andere Form der Ehe mit dieser auf gleicher Höhe stehen. Dadurch würde die Verfassung verändert, die in diesem Zusammenhang nur die Ehe und Familie als Höchstwert herausgestellt hat. Wer dies ändern will, muss die Verfassung ändern. Der Versuch, über ein Ge- setz die Verfassung zu ändern, verstößt gegen Art. 79 GG. Er ist verfassungswidrig. Der Antrag der Grünen ist deshalb abzulehnen. Das Bestreben, die Lebenspartnerschaft durch einfa- ches Gesetz der Ehe gleichzustellen, verstößt gegen Art. 6 GG und gegen Art. 79 GG. Zwar wird mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung keinesfalls die voll- ständige Gleichstellung der beiden Institute erreicht. Das Gesetzgebungsvorhaben ist deshalb für sich genommen nicht verfassungswidrig. Es verstärkt aber die Tendenz und ist deshalb verfassungspolitisch sehr bedenklich. Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Mit der heutigen Debatte und Beschlussfassung über die Gleich- stellung von Lebenspartnerschaften vollziehen wir einen weiteren Schritt hin zu Akzeptanz und Normalität ge- genüber homosexuellen Paaren in Deutschland. Das war ü e k s e fü M B s w fü o im a p W d d – u g p n e s li d G h h W B B n n G w b s u b G te g G lu W b (C (D berfällig und kommt keineswegs zu früh. Der Gesetz- ntwurf ist aber nicht ausreichend, denn durch eine will- ürliche Stichtagsregelung wird weiterhin echte Gleich- tellung verweigert. Im Jahr 2001 haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen ndlich überhaupt erst die sogenannte Homo-Ehe einge- hrt. Weil eben nicht die sexuelle Orientierung eines enschen mehr oder weniger wertvoll ist, sondern die ereitschaft, sich in Liebe zu binden und in guten wie in chlechten Tagen füreinander einzustehen, war dies ein ichtiger Baustein bei der Öffnung unserer Gesellschaft r Menschen, die auch heute noch unter Vorurteilen und ft genug auch unter Benachteiligungen zu leiden haben. Nun hat uns das Verfassungsgericht aufgetragen, auch öffentlichen Dienstrecht ehebezogene Regelungen uf die Lebenspartnerschaften zu übertragen. Die Euro- äische Union hat das Ihre unterstützend festgestellt. as leider aus freien Stücken nicht gelang, wird so urch unser höchstes Gericht erzwungen. Schade, dass ies überhaupt notwendig war. Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Koalition nun nicht frei von zum Teil befremdlichen Kommentaren nd geschmacklosen Bemerkungen – schließlich doch eliefert hat. Wir bedauern, dass aber ein falscher Zeit- unkt für die rückwirkende Geltung der Ansprüche defi- iert wurde. Das einschlägige Gesetz gilt seit 2001. Aber rst ab dem Januar 2009 will die Bundesregierung An- prüche anerkennen. Das riecht nach Willkür und wirk- ch nur widerwillig vollzogener Gleichstellung. Soweit haushalterische Gründe geltend gemacht wer- en, so überzeugen diese nicht. Denn es geht erstens um leichstellung und nicht um Rechenschieberei, und es andelt sich zweitens keineswegs um Unsummen, die ier in Rede stehen. Wohl aber wäre das Symbol einer irksamkeit von Anfang an ein wichtiges Signal der ereitschaft zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher indungen. Was heute angesichts der aktuellen Mehrheitsverhält- isse nicht gelingt, bleibt ein Auftrag für morgen. Wir ehmen ihn an. Michael Kauch (FDP): Schritt für Schritt zur leichstellung von Lesben und Schwulen; heute setzen ir ein weiteres Projekt der FDP-Fraktion um. Auf Initiative der Liberalen wurden eingetragene Le- enspartner bereits bei Erbschaftsteuer, Grunderwerb- teuer und BAföG mit Ehegatten gleichgestellt. Dabei ist nser Ziel die volle Gleichstellung eingetragener Le- enspartnerschaften mit der Ehe. Nun also folgt die Verabschiedung des Gesetzes zur leichstellung von Lebenspartnern im Beamten-, Solda- n- und Richterrecht sowie im Entwicklungshelfer- esetz. Bereits vor Veröffentlichung der einschlägigen erichtsurteile hatte die FDP in den Koalitionsverhand- ngen dieses Projekt gegenüber der Union durchgesetzt. Jetzt also beschließen wir, was längst überfällig war. ährend gesetzlich Rentenversicherte beim Tod des Le- enspartners seit 2005 eine Hinterbliebenenrente erhal- 13640 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) ten, ging bisher der Lebenspartner eines Bundesbeamten komplett leer aus. Eine himmelschreiende Ungerechtig- keit – und eine soziale Härte, die der Dienstherr verur- sacht hat, der doch eine besondere Fürsorgepflicht hat. Außerdem erfolgt nun bei Besoldung und Beihilfe eben- falls eine Gleichstellung mit verheirateten Kollegen. Das ist nur recht und billig, denn bei den Pflichten sind die eingetragenen Lebenspartner ja schon längst mit Ehegat- ten gleichgestellt. Wir Liberale meinen: Wer gleiche Pflichten hat, muss auch gleiche Rechte bekommen. Mit diesem Gesetzent- wurf wird ein weiterer Schritt zu diesem Prinzip ge- macht. Doch wir sind bei der Gleichstellung noch nicht am Ende. Bei der Einkommensteuer und beim Adoptions- recht werden eingetragene Lebenspartner noch immer benachteiligt. Auch diese Diskriminierung muss ein Ende haben. Gerade bei der Einkommensteuer erinnern wir den Koalitionspartner an die Bestimmungen des Ko- alitionsvertrages. Dort haben wir vereinbart, dass wir auch im steuerlichen Bereich gleichheitswidrige Be- nachteiligungen eingetragener Lebenspartner abbauen werden. Heute freuen wir uns aber zunächst einmal gemein- sam darüber, dass der Staat seine lesbischen und schwu- len Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair und gleichbe- rechtigt behandelt. Zeit wurde es! Dr. Stefan Ruppert (FDP): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden wir heute abschließend die Be- nachteiligung von Lebenspartnerschaften im öffent- lichen Dienstrecht abschaffen. Besonders die FDP hat lange für diese Gleichstellung gekämpft. Wir haben da- mit einen wichtigen Punkt aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Das vorliegende Gesetz steht im Einklang mit der Richtlinie 2000/78/EG der Europäischen Union. Die Richtlinie des Rates stammt vom 27. November 2000. Ihr Ziel ist es, einen Rahmen für die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vorzugeben. Sie ist eines der Kernstücke der Gleichstellungspolitik der Europäischen Union. Deutschland hat die Richtlinie durch das „Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung“ vom 4. August 2006 umgesetzt. Eine Reihe von Urteilen hat jedoch ge- zeigt, dass bei der Gleichstellung im Arbeitsleben noch Regelungsbedarf besteht. Ich möchte hier zwei Urteile exemplarisch herausgreifen: Der Europäische Gerichtshof stellte 2008 im Fall Maruko eine Ungleichbehandlung von Lebenspartner- schaften gegenüber den Ehen fest. Der Kläger Maruko hatte geklagt, weil die „Versorgungsanstalt der Deut- schen Bühnen“ sich weigerte, ihm eine Hinterbliebenen- rente für seinen verstorbenen Lebenspartner zu zahlen. Der Europäische Gerichtshof stellte abschließend einen Verstoß gegen die erwähnte Richtlinie 2000/78/EG fest. n g U b b k S G m d R in g w re U E re V b fa tr s g d im a ra tr g is b b s z L g B u n e w g B e v le n b s S s k (C (D Auch das Bundesverfassungsgericht zeigte mit sei- em Urteil vom 7. Juli 2009 Handlungsbedarf auf. Aus- angspunkt war eine Verfassungsbeschwerde, die die ngleichbehandlung von Ehen und eingetragenen Le- enspartnerschaften im Bereich der betrieblichen Hinter- liebenenvorsorge für den öffentlichen Dienst, VBL, ritisiert. Das Bundesverfassungsgericht kam zu dem chluss, dass diese Ungleichbehandlung mit Art. 3 des rundgesetzes unvereinbar ist. Dieses Urteil war ein Meilenstein auf dem Weg zu ehr Gleichbehandlung. Bis 2009 hatte die Mehrheit der eutschen Gerichte die Auffassung vertreten, dass das echtsinstitut der Lebenspartnerschaft mit dem Rechts- stitut der Ehe nicht vergleichbar ist. Die Gerichte gin- en davon aus, dass der Gesetzgeber Ehen fördern darf, eil sie typischerweise zur Gründung einer Familie füh- n. Das Bundesverfassungsgericht hat dies in seinem rteil zurückgewiesen. Die abstrakte Vermutung, dass hen typischerweise zur Gründung einer Familie führen, ichte nicht aus, um zahlreichen kinderlosen Ehen eine ergünstigung zukommen zu lassen, die kinderlosen Le- enspartnern vorenthalten blieb. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun eben- lls einen „Gesetzentwurf zur Gleichstellung von einge- agenen Lebenspartnerschaften im Bundesbeamtenge- etz und in weiteren Gesetzen“ vorgelegt. Es wäre besser ewesen, die Grünen hätte schon während ihrer Zeit an er Regierung dafür gesorgt, dass diese Gleichstellung Beamtenrecht vorangetrieben wird. Wir müssen nun usbaden, was sie versäumt haben. Die christlich-libe- le Bundesregierung ist wieder einmal der Reparaturbe- ieb für die Versäumnisse während der rot-grünen Re- ierungszeit. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung t inhaltlich sehr weitgehend und wurde auch von Ver- änden explizit gelobt. Eine Gleichstellung erfolgt ins- esondere durch folgende Maßnahmen: Im Bundesbe- oldungsgesetz werden die ehebezogenen Regelungen um Familienzuschlag und zur Auslandsbesoldung auf ebenspartnerschaften ausgedehnt. Im Bundesbeamten- esetz werden Lebenspartner in die Vorschrift über die eihilfe aufgenommen. Im Beamtenversorgungsgesetz nd im Soldatenversorgungsgesetz werden Lebenspart- er in die Regelungen zur Hinterbliebenenversorgung inbezogen. Im Gesetz über den Auswärtigen Dienst erden die Vorschriften über die Fürsorge des Auswärti- en Amtes für die Ehegatten der ins Ausland entsandten eamten auf Lebenspartner ausgedehnt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir nun inen weiteren Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung on Lebenspartnerschaften. Es wird bestimmt nicht der tzte Schritt sein. Das ist auch gut so, weil es immer och Bereiche gibt, in denen gleichgeschlechtliche Le- enspartnerschaften rechtlich benachteiligt sind. Von ge- ellschaftlicher Benachteiligung möchte ich an dieser telle ganz absehen. Frank Tempel (DIE LINKE): Der vorliegende Ge- etzentwurf ist eine notwendige Folge der EU-Antidis- riminierungsrichtlinie, des Bundesverfassungsgerichts- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13641 (A) ) )(B) urteils vom 9. Juli 2010 und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Denn bis heute hatte sich Schwarz-Gelb zu einer Aufhebung der Benachteiligung von Lebenspartnerschaften im Beamten-, Einkommens- und Steuerrecht nicht durchringen können, obwohl dies im eigenen Koalitionsvertrag steht. Für mich ist es un- glaublich, dass diese rechtliche Gleichstellung bis heute noch nicht erfolgt ist. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein richtiger Schritt, doch hatte man bei der Umsetzung nicht den Eindruck von besonderer Eile oder gar von Herzblut. Es ist richtig, die ehebezogenen Regelungen des Bun- desbesoldungsgesetzes, des Bundesbeamtengesetzes, des Beamtenversorgungsgesetzes und des Soldatenversor- gungsgesetzes auf die Lebenspartnerschaften auszudeh- nen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, die Rückwirkung auf den 1. Januar 2009 zu legen. Richtiger ist der Ansatz im Gesetzentwurf der Grünen und im entsprechenden Änderungsantrag der SPD und der Linken. Der 1. August 2001 war der Termin der Einführung des Lebenspartner- schaftsgesetzes. Es spricht also nichts gegen diesen Ter- min. Ich weiß nicht, ob es nur finanzielle Erwägungen sind, die es der Koalition unmöglich machen, diesen Termin zu setzen. Rechtlich wird sich der 1. Januar 2009 als Stich- tag nicht halten lassen, und das wissen Sie. In einem Ant- wortschreiben der Justizministerin an den Lesben- und Schwulenverband Deutschlands vom 23. Juni 2011 hat die Ministerin unumwunden zugegeben, dass der 3. De- zember 2003 nach EU-Recht der Stichtag zur Gleichstel- lung von homosexuellen Partnerschaften ist. Es bestehe aber „keine Aussicht“, so die Ministerin, „hierüber im … Gesetzgebungsverfahren mit dem Koalitionspartner eine Einigung erzielen zu können“. Sie begeben sich sehenden Auges in eine juristische Niederlage, und das, obwohl die Bundesländer Berlin und Sachsen-Anhalt, als sie ihre Landesbeamtinnen und -beamten gleichstellten, die Rückwirkung auf 2003 legten. Wenn wir uns anschauen, wie Sie beispielsweise die Fristvorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Ände- rung des Wahlrechts unterlaufen und damit eine mögli- che Verfassungskrise in Kauf nehmen, wundert uns Ihr Verhalten bei diesem Thema – Ihrer Meinung nach si- cherlich ein Randthema – nicht. Die Linke kann deshalb dem Entwurf in der vorlie- genden Form nicht zustimmen und wird sich enthalten. Vermutlich ist die inkonsequente Behandlung des Problems auf ein nach wie vor konservatives Familien- bild zurückzuführen. Familie ist für viele insbesondere in der CDU/CSU der eigentliche Ort der Kindererzie- hung. Alle anderen Formen werden geduldet, sollen aber nicht unterstützt werden. Die Rechtsprechung des Bun- desverfassungsgerichts hat dem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und das ist gut so! Die Linke will die rechtliche Gleichstellung und ge- sellschaftliche Akzeptanz der vielfältig vorhandenen Le- bensweisen. Dazu gehört vor allem die vollständige Überwindung der Ungleichbehandlung von heterosexu- e b b g d v A b G B n n v E s z li g D b e A tr P m g d b o E d n b d e k E w s c E u d la ih k G d D d s e li d (C (D llen Ehegatten und homosexuellen eingetragenen Le- enspartnerinnen und -partnern. Bisher sind Ehe und Le- enspartnerschaft in den Pflichten, beispielsweise den egenseitigen Unterhaltspflichten, völlig gleichgestellt; ie eingetragenen Lebenspartnerschaften werden aber in ielen Bereichen des Rechts, etwa im Steuerrecht, im doptionsrecht und bei der Sozialversicherung, weiter enachteiligt. Die Linke setzt sich deshalb für die völlige leichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft in allen ereichen des Rechts ein. Die Gleichberechtigung der Lebensweisen ist mit ei- er bloßen Gleichbehandlung von Ehe und Lebenspart- erschaft nicht erreicht. Denn es existiert eine Vielzahl on Lebensweisen und Familienformen, für die eine heschließung oder eine eingetragene Lebenspartner- chaft nicht infrage kommt: Einelternfamilien, Singles, usammenlebende Freunde, Verwandte, Patchworkfami- en, Wahlverwandtschaften oder auch Paare, die sich egen Ehe und Lebenspartnerschaft entschieden haben. eshalb kann die Gleichbehandlung von Ehe und Le- enspartnerschaft nur ein erster Schritt auf dem Weg zu iner umfassenden Lebensweisenpolitik sein, in der die nerkennung aller Lebensweisen zum Wohle der Be- offenen, aber insbesondere der Kinder ein leitendes rinzip ist. Die Fraktion Die Linke will zum Beispiel das nicht ehr zeitgemäße, aus dem Jahre 1957 stammende Ehe- attensplitting überwinden. Heute kann man nicht mehr avon ausgehen, dass nahezu alle Ehepaare Kinder ha- en. Das Ehegattensplitting begünstigt aber Ehepaare hne Rücksicht darauf, ob sie Kinder haben oder nicht. s dient also nicht der Entlastung von Familien mit Kin- ern. In nichtehelichen Lebensgemeinschaften und alter- ativen Familienformen wird die Verantwortung für Le- enspartner und Kinder genauso übernommen. An ieser Realität geht das Ehegattensplitting vorbei. Die Fraktion Die Linke fordert ein sozial gerechtes, infaches und transparentes Steuersystem. Das bedeutet onkret: Jede Frau und jeder Mann ist mit dem eigenen inkommen unabhängig von der jeweiligen Lebens- eise – verheiratet, alleinstehend, geschieden – zu be- teuern. Steuerliche Mehreinnahmen, die aus der Strei- hung des Ehegattensplittings resultieren, sind für die rhöhung des Kindergeldes zu verwenden. Ehepaare mit nterem oder/und mittlerem Einkommen werden durch en Wegfall des Ehegattensplittings nicht zusätzlich be- stet, wenn gleichzeitig der Einkommensteuertarif zu ren Gunsten geändert wird. Sehr geehrte Damen und Herren von der Regierungs- oalition, diskriminieren Sie nicht weiter nichteheliche emeinschaften, sondern stellen Sie sich den Realitäten es 21. Jahrhunderts! Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ass die Koalitionsmehrheit heute den Gesetzentwurf er Bundesregierung unverändert annimmt und den Ge- etzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen ablehnt, kommt iner rechtsstaatlichen Bankrotterklärung gleich. Für die berale Rechtspolitik ist es ein Offenbarungseid, dass ie Bundesjustizministerin bereits vor Verabschiedung 13642 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) des Gesetzes dazu ermunterte, gerichtlich dagegen vor- zugehen. Dem Gesetzentwurf zufolge sollen die verpartnerten Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter, Sol- datinnen und Soldaten und andere Versorgungsempfänger des Bundes erst ab dem 1. Januar 2009 im Besoldungs- und Versorgungsrecht mit Ehegatten gleichgestellt werden. Das widerspricht dem bindenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Mai 2011 in der Rechtssache Römer. Der EuGH hat entschieden, dass die Betroffenen ab dem Ablauf der Umsetzungsfrist der arbeitsrechtlichen Antidis- kriminierungsrichtlinie am 3. Dezember 2003 Anspruch auf dasselbe Arbeitsentgelt wie ihre verheirateten Kolle- gen haben, und zwar unabhängig davon, ob der deutsche Gesetzgeber die Gesetze entsprechend ändert oder nicht. Hierauf hat der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland die Bundesjustizministerin mit einem Schreiben vom 10. Mai 2011 hingewiesen. Die Bundes- justizministerin hat in ihrem Antwortschreiben vom 23. Juni 2011 die Rechtsauffassung des LSVD bestätigt. Wörtlich schreibt sie: Der Europäische Gerichtshof hat am 10. Mai 2011 entschieden, dass Betroffene das durch die Richtli- nie 2000/78/EG gewährleistete Recht auf Gleichbe- handlung ab dem Ablauf der Umsetzungsfrist, also ab dem 3. Dezember 2003, unmittelbar aus der Richtlinie geltend machen können. Dabei müssen sie nach der ausdrücklichen Feststellung des Ge- richts gerade nicht abwarten, dass der nationale Ge- setzgeber die maßgeblichen Vorschriften mit dem Unionsrecht in Einklang bringt. Dieser Gesetzentwurf ist also so eindeutig europa- rechtswidrig, dass selbst Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger die Betroffenen damit trösten möchte, sie könnten doch vor Gericht ziehen. Das ist schlichtweg zynisch. Wie können die Bundesjus- tizministerin und die FDP angesichts solch hochnotpein- licher Gesetzgebung noch davon sprechen, für Gleichbe- rechtigung und Bürgerrechte stehen zu wollen? Das Dilemma ist schnell erkannt, denn in ihrem Schreiben an den LSVD erklärt die Bundesjustizministe- rin auch, sie sehe keine Aussicht, über das erkannte Pro- blem im bereits seit längerer Zeit laufenden Gesetz- gebungsverfahren mit dem Koalitionspartner eine Einigung erzielen zu können. Die Koalition bricht also ganz bewusst das Recht und ist in einem wesentlichen menschenrechtlichen Aspekt tief gespalten. Die Union will den Lesben und Schwulen ihre Rechte vorenthalten, weil sie für sie offenbar keine vollwertigen Staatsbürge- rinnen und Staatsbürger sind. Die FDP hingegen betreibt nur verbale Imagepflege, will aber für die Rechte von Lesben und Schwulen keinen Koalitionskrach riskieren. Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare im Be- amtenrecht wie in anderen Rechtsgebieten ist verfassungs- und europarechtswidrig. Bündnis 90/Die Grünen wieder- holen dies seit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschafts- gesetzes 2001, und das wurde mehrmals gerichtlich festge- stellt. Dennoch musste sich die Bundesrepublik nicht nur vor den nationalen Gerichten, sondern auch auf der euro- p L ro fa fo z F v b s g w d ri R w g u m v b z d ri m s S A z li z M n re s s o li v S h g a v (C (D äischen Ebene – vor dem Europäischen Gerichtshof in uxemburg mit der Maruko-Entscheidung und vor der Eu- päischen Kommission in einem Vertragsverletzungsver- hren – mehrmals blamieren, bis sie sich zu einem Re- rmschritt im Dienstrecht entschieden hat. Dass nun endlich und viel zu spät ein Gesetzentwurf ur Gleichstellung im Dienstrecht bei der Pension, beim amilienzuschlag und bei der Beihilfe im Krankheitsfall erabschiedet wird, ist positiv. Allerdings sollen die Le- enspartnerinnen und Lebenspartner nach dem Willen der chwarz-gelben Koalition erst ab dem 1. Januar 2009 leichgestellt sein. Das ist ein völlig willkürlich ausge- ähltes Datum, das erneut den Diskriminierungsverboten es Grundgesetzes und der EU-Antidiskriminierungs- chtlinie nicht Rechnung trägt und im Widerspruch zur echtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht. Es erden also weitere Bedienstete des Bundes gegen das ei- ene Land klagen müssen, um ihre Rechte zu bekommen, nd die Bundesjustizministerin weiß dies bereits und er- utigt sie dazu. Die FDP-Fraktion und ihr stellvertretender Fraktions- orsitzender Kauch kündigen „Wochen der schwul-les- ischen Gleichstellung“ an, um vermeintliche Wohltaten u feiern. Die Wahrheit ist: Die schwarz-gelbe Koalition iskriminiert, wo sie nur kann. Und die eigene Ministe- n darf die Suppe dann auslöffeln und wird bloßgestellt. So demontiert man die eigenen Leute, so demontiert an den eigenen Anspruch als Bürgerrechtspartei, und o demontiert man die Gleichheitsrechte von Lesben und chwulen. nlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 3 Ab- satz 3 Satz 1) (Tagesordnungspunkt 12) Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Die uns heute ur Änderung des Art. 3 Abs. 3 unserer Verfassung vor- egenden Anträge der Opposition stellen für mich in weierlei Hinsicht etwas Besonderes dar: Zum einen durfte ich zu den Anträgen, mit denen das erkmal der sexuellen Identität ins Grundgesetz aufge- ommen werden soll, meine erste Rede, meine Jungfern- de in diesem Hohen Haus halten. Das bleibt einem chon in Erinnerung. Zum anderen sind diese Anträge für mich etwas Be- onderes – und das ist noch wichtiger –, weil ich Abge- rdneter des Wahlkreises Tempelhof-Schöneberg in Ber- n bin. Der eine oder andere wird sich in Berlin ielleicht etwas auskennen und wissen, dass der Stadtteil chöneberg dafür bekannt ist, dass er neben Köln die öchste Konzentration von Schwulen und Lesben in anz Deutschland hat. Mein Bundestagswahlkreis ist lso ein wirklich bunter und vielfältiger Wahlkreis, der or allem für eines steht: für Toleranz. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13643 (A) ) )(B) Die Menschen in Tempelhof-Schöneberg und – wenn ich das am Rande sagen darf – auch die Parteien gehen ganz unbefangen mit Schwulen und Lesben um. Sie sind mittlerweile selbstverständlicher Bestandteil unserer Ge- sellschaft. Und ich finde das auch gut und richtig so. Aber wahr ist auch, dass es immer noch Diskriminie- rungen von Schwulen und gewalttätige Übergriffe gegen sie gibt. Leider ist auf vielen Schulhöfen das Schimpf- wort „schwule Sau“ immer noch absolut gebräuchlich. Und noch immer hat sich kein Spitzenfußballer offen zu seiner Homosexualität bekannt. Diese Probleme, denen Schwule und Lesben teilweise in der gesellschaftlichen Realität ausgesetzt sind, nehme ich sehr ernst. Deswegen sage ich an dieser Stelle für meine Fraktion und auch ganz persönlich klar und unmissverständlich: Deutschland ist ein modernes und weltoffenes Land. Die Diskriminierung von Anderslebenden oder Anderslie- benden ist nicht akzeptabel. Die Ziele und Anliegen, die mit den vorgelegten Gesetzesanträgen verfolgt werden, teile ich daher uneingeschränkt. Die entscheidende Frage ist nun: Erreichen wir dieses gemeinsame Ziel mit der von Ihnen vorgeschlagenen Verfassungsänderung? Wird die tatsächliche Lebens- situation von Schwulen danach wirklich anders sein? Können wir Diskriminierungen damit wirksam begeg- nen? Ich bin der festen Überzeugung, dass es uns nicht weiterhelfen wird, das Merkmal der sexuellen Identität ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern. Deswegen werden wir Ihre Anträge auch ablehnen. Denn – auch das gehört zu einer ehrlichen Bestands- aufnahme – unsere Verfassung bietet bereits einen um- fassenden Schutz. Das Grundgesetz selbst gewährleistet die sexuelle Selbstbestimmung, und das nicht nur durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Es ist vor allen Dingen der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, der vor Diskriminierung schützt. Auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- gerichts ist der Schutz vor Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Identität in den letzten Jahren konsequent ausgebaut worden. Sie alle kennen die Urteile, mit denen insbesondere die Gleichstellung von eingetragenen Le- benspartnerschaften und der Ehe forciert wurde. Ohne in die juristischen Details zu gehen, können wir unter dem Strich festhalten, dass das Bundesverfassungsgericht den Schutzinhalt von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz bereits jetzt genau so bestimmt, als ob das Merkmal der sexuellen Identität in Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz ausdrücklich ge- nannt wäre. Insofern ist das, was Sie hier mit Ihren Anträgen er- reichen wollen, nämlich dass der einfachrechtliche Ge- setzgeber durch das Grundgesetz eine klare und verbind- liche Vorgabe erhält, bereits immanenter Bestandteil der Verfassung. Was schlussfolgern wir daraus? Ich für meinen Teil glaube, dass Sie mit Ihren Anträgen nichts weiter als Symbolpolitik betreiben. Sie wissen sehr genau, dass mit e n w ü ih s S d in s d G s te ju g L ru s s fe w M ra u E m w h u M u S D b ru s g g V w w 1 G li g a d M d v G (C (D iner solchen Verfassungsänderung unmittelbar gar ichts bewirkt würde. Das hat im Übrigen auch die Anhörung gezeigt, die ir im Rechtsausschuss durchgeführt haben. Die ganz berwiegende Auffassung der Sachverständigen war in rem Meinungsbild klar: Es gibt bereits einen umfas- enden verfassungsrechtlichen Schutz. Kein einziger achverständiger hat ausgeführt, dass in den Bundeslän- ern, in denen das Merkmal der sexuellen Orientierung der Verfassung verankert ist, die rechtliche oder tat- ächliche Situation von Homosexuellen besser ist. Wenn as aber der Befund ist, wieso sollten wir dann das rundgesetz ändern? Was wir brauchen, sind nicht theoretische Debatten, ondern praktische Ansätze. Gewalt beginnt mit Vorur- ilen im Kopf; an die müssen wir heran und gerade bei ngen Menschen und oftmals auch Menschen mit Mi- rationshintergrund für Toleranz und Akzeptanz anderer ebensweisen werben. Deswegen brauchen wir Aufklä- ngsarbeit in den Schulen. Und wir müssen diejenigen tärken, die Zivilcourage zeigen, wenn sie sich für Men- chen erheben, die wegen ihrer sexuellen Identität ange- indet werden. Deswegen sind zum Beispiel auch Veranstaltungen ie das lesbisch-schwule Stadtfest in Schöneberg, das otzstraßenfest, so wichtig. Es spricht für sich, dass da- n mehrere Hunderttausend Menschen teilgenommen nd es damit zum größten homosexuellen Straßenfest in uropa gemacht haben. Auch der Christopher Street Day letztes Wochenende it seinem Motto „Fairplay für Vielfalt“ – an dem ich ie auch beim Motzstraßenfest selber teilgenommen abe – war ein eindrucksvolles Signal für Gleichstellung nd gegen Diskriminierung. Über eine halbe Million enschen haben friedlich gemeinsam gefeiert, getanzt nd diskutiert, und das waren bei weitem nicht nur chwule. Solche Veranstaltungen, die öffentlich auf bestehende efizite hinwiesen und für Toleranz und Akzeptanz wer- en, bewirken weit mehr, als es eine Verfassungsände- ng jemals könnte. Lassen Sie mich abschließend festhalten: Durch un- ere Verfassung wird bereits ein umfangreicher Schutz egen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität ewährleistet. Es gibt eine Fülle von einfachrechtlichen orschriften, mit denen solchen Diskriminierungen irksam begegnet wird. Auch durch das Unionsrecht erden Ungleichbehandlungen verbindlich verboten. Wir haben unsere Verfassung seit ihrem Inkrafttreten 949 fast 60-mal geändert – manches Mal mit guten ründen, aber nach meiner Auffassung insgesamt deut- ch zu oft. Unser Grundgesetz ist immer noch eine sehr ute, eine bewährte Verfassung. Die Union will, dass das uch so bleibt. Wir wollen deshalb keine Verunklarung es Verfassungstextes durch neue Inhalte, durch die kein ehr an Schutz geboten wird und die daher nicht erfor- erlich sind. Deswegen spricht sich die Union gegen die orliegenden Gesetzesentwürfe zur Änderung des rundgesetzes aus. 13644 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Norbert Geis (CDU/CSU): Die Gesetzentwürfe wol- len in Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz nach den Wörtern „we- gen seines Geschlechtes“ die Wörter „seiner sexuellen Identität“ einfügen. Durch die Verankerung in der Ver- fassung soll der Schutz vor Diskriminierung und Un- gleichbehandlung verstärkt werden. Dieser Versuch ei- ner Verfassungsänderung muss nach meiner Auffassung scheitern, weil die Voraussetzungen für eine Verfas- sungsänderung fehlen. Es besteht kein Regelungsbedarf. Die Bestimmtheit des Begriffes „sexuelle Identität“ ist nicht gegeben. Durch eine solche Verfassungsänderung würde Art. 6 GG, der Schutz von Ehe und Familie, zu- rückgedrängt. Erstens: kein Regelungsbedarf. Die Verfassung ist kein Instrument, um persönliche Befindlichkeiten einer bestimmten Gruppe zu berücksichtigen. Sie ist kein Bil- derbuch. Sie ist kein Sammelsurium von Wunschvorstel- lungen. Die Verfassung ist die Grundlage unseres gesell- schaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenlebens. Sie muss einen festen Rahmen geben, auf den Verlass ist, der nicht ständig geändert werden kann. Es dürfen auch nicht zu viele spezielle Regelungen in die Verfassung ge- packt werden, weil sonst eine zu starke Beschränkung des Gesetzgebers, der ausführenden Gewalt und der Jus- tiz gegeben ist. Die Verfassung bleibt nur dann Grundlage unseres ge- sellschaftlichen und staatlichen Zusammenlebens, wenn sie von einem großen Konsens getragen wird. Deshalb muss bei jeder Verfassungsänderung die Frage gestellt werden, ob dadurch nicht die Integrationsfunktion der Verfassung, der Zusammenhalt der Gesellschaft, gestört wird und ob dadurch nicht eine erhöhte Distanz weiter Bevölkerungsteile zu der Verfassung geschaffen wird. Diese Fragen sind an den vorliegenden Entwurf zu rich- ten. In der Bevölkerung besteht zweifellos eine große Achtung vor der Privatsphäre und insbesondere vor dem Intimbereich eines jeden Einzelnen. Deshalb reagiert die Öffentlichkeit auch empfindlich auf Diskriminierungen. Eine eigene Absicherung der Rechte der Homosexuellen in der Verfassung ist daher nicht erforderlich. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und im Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz reicht aus. Dies betont ja auch das Verfassungsgericht in seinem Urteil vom 7. Juli 2009. Durch einfachrechtliche Regelungen ist es mög- lich, das verständliche Bedürfnis der Homosexuellenbe- wegung nach Sicherheit und Gleichheit zu erfüllen. Dies ist ja auch schon weithin geschehen. Eine eigene Eintra- gung in die Verfassung ist nicht erforderlich. Dies bestätigen ja auch die fast gleichlautenden Be- gründungen der drei Gesetzentwürfe. Dort wird ausge- führt, dass die gesellschaftliche Toleranz gegenüber Les- ben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, transsexuel- len und intersexuellen Menschen in den letzten Jahr- zehnten deutlich zugenommen hat. Toleranz heißt aber nicht Akzeptanz. In der Gesellschaft wird immer eine gewisse Distanz zu dieser Gruppe bestehen bleiben, gleichgültig, was in der Verfassung steht. Solche Aktio- n D a s k ti d s Id m O s E g s z O v B d le S te d O n d le E m d d d k s z la fa d F w s li li B s w g n H o h tr F (C (D en wie diese Gesetzesvorschläge vergrößern eher die istanz, als dass sie sie verringern. Es kann im Übrigen durchaus sein, dass viele die Ver- nkerung in der Verfassung nicht nur als überflüssig, ondern auch als aufdringlich empfinden. Der Bogen ann auch überspannt werden. Das wäre kontraproduk- v. Zweitens: mangelhafte Bestimmtheit. Zu dem fehlen- en Regelungsbedarf kommt die mangelhafte tatbe- tandliche Bestimmtheit der Formulierung „sexuelle entität“. Was heißt sexuelle Identität? Mit dieser For- ulierung wird der Unterschied zwischen sexueller rientierung und sexueller Identität vermischt. Die ge- chlechtliche Identität ist durch die Natur vorgegeben. s gibt die geschlechtliche Identität des Mannes und die eschlechtliche Identität der Frau. Eine dritte ge- chlechtliche Identität gibt es nicht. Das, was die Geset- esentwürfe unter Identität meinen, ist als sexuelle rientierung zu verstehen. Auch das Verfassungsgericht erwendet in seinem Urteil vom 7. Juli 2009 nicht den egriff der sexuellen Identität, sondern ausschließlich en der sexuellen Orientierung. Der Schutz der sexuel- n Identität ist schon in Art. 3 Abs. 3 gewährleistet. Der chutz der sexuellen Orientierung dagegen ist schlech- rdings in der Verfassung nicht regelbar. Dann würde arunter ja auch die Pädophilie als eine Art sexueller rientierung fallen. Dies aber wollen alle drei Entwürfe icht. Sie wollen nicht alle sexuellen Orientierungen urch die Verfassung geschützt wissen. Dies käme auch icht einer Trivialisierung unserer Verfassung gleich. ine klare, unmissverständliche Formulierung ist nicht öglich. Drittens: Verletzung von Art. 6 GG. Auch deshalb ist ie geplante Verfassungsänderung abzulehnen, weil da- urch der Schutz von Ehe und Familie und deren beson- ere Förderung durch den Staat ins Hintertreffen geraten önnten. Die schon jetzt gegebenen Abgrenzungs- chwierigkeiten zwischen dem Gebot, Ehe und Familie u fördern, und dem Diskriminierungsverbot würden zu- sten von Ehe und Familie verstärkt. Das Urteil des Ver- ssungsgerichtes vom 7. Juli 2009 hat dazu beigetragen, ass die besondere Verpflichtung des Staates, Ehe und amilie zu fördern, mehr und mehr nivelliert wird. Eine eitere Egalisierung ist nicht hinnehmbar. Die Wertent- cheidung der Verfassung zugunsten von Ehe und Fami- e darf nicht konterkariert werden. Aus diesen drei Gründen – der mangelnden Erforder- chkeit, der fehlenden präzisen Formulierung und der eschädigung der Wertentscheidung der Verfassung hin- ichtlich von Ehe und Familie – sind diese Gesetzent- ürfe abzulehnen. Sonja Steffen (SPD): Nach Art. 3 Abs. 3 des Grund- esetzes darf niemand wegen seines Geschlechtes, sei- er Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner eimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen der politischen Anschauungen oder wegen seiner Be- inderung benachteiligt oder bevorzugt werden. Die An- äge der SPD-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der raktion der Grünen, über die wir heute reden, zielen da- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13645 (A) ) )(B) rauf ab, Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes zu bereichern um den Zusatz der sexuellen Identität. Wir wollen, dass die sexuelle Identität zukünftig grundgesetzlich ge- schützt wird. Überall auf der Welt gibt es Menschen, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen als dem, das sie mit ihrer Geburt erhalten haben. Und überall auf der Welt gibt es Menschen, die mit Geschlechtsmerkmalen geboren werden, die nicht eindeutig weiblich oder männlich zuzuordnen sind. Es gibt überall Menschen, die Menschen gleichen Geschlechts lieben und begeh- ren. Der Europarat veröffentlichte vor kurzem den wichti- gen Bericht „Discrimination on grounds of sexual orien- tation and gender identity in Europe“. Er liefert eine um- fassende Übersicht zu tatsächlichen und rechtlichen Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Identität in Europa. Zudem enthält der Bericht konkrete Empfehlun- gen an alle Mitgliedstaaten zur Beendigung der Diskri- minierungen und zur Steigerung der Akzeptanz unter- schiedlicher sexueller Orientierungen. Er macht deutlich, dass das Recht auf sexuelle Identität ein Men- schenrecht ist. Denn weltweit sind Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung permanent Menschen- rechtsverletzungen ausgesetzt, die in vielen Formen auf- treten: der Aberkennung des Rechts auf Leben, der Fol- ter, der Diskriminierung beim Zugang zu sozialen und kulturellen Rechten wie Gesundheit, Unterkunft, Bildung und Arbeit, der Nichtanerkennung persönlicher Bindun- gen und Familienverhältnisse, der Unterdrückung ver- schiedener Geschlechteridentitäten und dem gesellschaft- lichen Zwang, still und unerkannt zu bleiben. Sexuelle Identität darf in unserem Staat nicht länger ein Grund für Diskriminierung sein. Auch Ingrid Sehrbrock, die stellvertretende DGB-Vorsitzende, hat sich anlässlich des Christopher Street Day dafür eingesetzt, den Art. 3 des Grundgesetzes entsprechend zu ändern. Sie wies da- rauf hin, dass homosexuelle und transsexuelle Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer Diskriminierung am Ar- beitsplatz erfahren – sei es in Form von Mobbing, Versetzung oder gar Kündigung. Noch immer ver- schweigen deshalb viele Menschen ihre sexuelle Identi- tät im Beruf. Ein weiteres Beispiel: Immer noch ist es in Deutsch- land nicht möglich, dass gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam ein Kind adoptieren. Wir hatten hier im Deutschen Bundestag erst vor kurzem eine Expertenan- hörung, die – zumindest aus unserer Sicht – gezeigt hat, dass es keine vernünftigen Gründe gibt, gleichge- schlechtlichen Paaren dieses Recht zu verweigern. Wichtiger Grund für die unterschiedliche Behandlung von Eheleuten und Lebenspartnern scheint für konserva- tive Verfassungsrechtler immer noch die unterschied- liche Wertung im Grundgesetz zu sein. Ich halte die These, das Grundgesetz sei nicht die richtige Stelle für einen besonderen Schutz der sexuellen Identität, für falsch. Richtig ist natürlich, dass wir tun- lichst vermeiden sollten, das Grundgesetz mit Normen zu überfrachten, die auch durch eine einfachgesetzliche Regelung ausreichende Bedeutung erlangen. v F In g s ti d M d G M d G B R fi d s z d V ti re b P s d O S Id ru c d Z g to d A s ti S tr b s c C s d v k 2 ti h (C (D Aber: Das Grundgesetz erlaubt und ermöglicht, ja, erlangt sogar von uns als Gesetzgeber eine behutsame ortentwicklung und Fortschreibung der Grundrechte. sbesondere dann, wenn die Menschenwürde und die leiche Freiheit der Bürgerinnen und Bürger ganz grund- ätzlich in Gefahr ist, ist die Verfassung genau die rich- ge Ebene. Der Verfassungsgesetzgeber hat genau an er Stelle des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes die öglichkeit, grundlegende Zeichen zugunsten der Min- erheiten zu setzen, also zugunsten derjenigen, die zur eltendmachung ihrer Rechte nicht die erforderlichen ehrheiten erreichen können. Was das abgegriffene Argument betrifft, dass man mit er Aufnahme der sexuellen Identität in den Art. 3 des rundgesetzes der Pädophilie Tür und Tor öffnet: Der egriff der „sexuellen Identität“ ist ein unbestimmter echtsbegriff, der bereits heute juristische Verwendung ndet. Hinsichtlich der Auslegung dieses Rechtsbegriffs ürfen wir dem Verfassungsgericht und der rechtswis- enschaftlichen Dogmatik vertrauen. Es ist im Übrigen u erwarten, dass eine eher enge, konservative Deutung es Grundrechts erfolgen wird. Deutschland wäre keineswegs das erste Land, das ein erbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Iden- tät in seine Verfassung schriebe. Die EU-Grund- chtecharta enthält in Art. 21 ein Diskriminierungsver- ot aufgrund von sexueller Ausrichtung. In Kanada, ortugal, Schweden, in der Schweiz und in Brasilien chützen die Verfassungen Bürgerinnen und Bürger aus- rücklich vor Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen rientierung. Bereits fünf Bundesländer, zuletzt das aarland im April 2011, haben den Schutz der sexuellen entität in ihre Landesverfassungen aufgenommen. Deshalb appelliere ich an dieser Stelle an die Regie- ngskoalition: Schließen Sie sich dem Antrag an, berei- hern wir gemeinsam das Grundgesetz um den Schutz er sexuellen Identität! Wir würden damit ein wichtiges eichen gegen die Diskriminierung der betroffenen Bür- erinnen und Bürger und für eine moderne, offene und lerante Gesellschaft setzen. Marco Buschmann (FDP): Wir debattieren heute arüber, ob es geboten ist, die sexuelle Identität in Art. 3 bs. 3 des Grundgesetzes aufzunehmen. Die Debatte wird in diesen Tagen besonders aufmerk- am verfolgt. In den Monaten Juni und Juli finden tradi- onell die Christopher Street Days statt. Was in den iebzigerjahren in den USA als kleine Protestdemons- ation gegen die Diskriminierung von Homosexuellen egonnen hat, ist mittlerweile in der Mitte der Gesell- chaft angekommen. Zum Berliner CSD am letzten Wo- henende kamen mehr als 700 000 Menschen. Beim SD in Köln waren in den letzten Jahren jeweils zwi- chen 650 000 und 1 Million Besucher. Im Vergleich azu protestierten in Köln nach der Reaktorkatastrophe on Fukushima circa 10 000 Menschen gegen die Atom- raft. Und selbst in Stuttgart zählte der CSD 2010 über 00 000 Besucher. Damit ließ er die größte Demonstra- on gegen Stuttgart 21 mit 50 000 Demonstranten klar inter sich. 13646 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Diese Zahlen zeigen eines sehr deutlich: Die kleinen Protestveranstaltungen sind heute große Volksfeste. Hier feiern Jung, Alt, Homo, Hetero und ihre Familien mitei- nander. Das ist die Wirklichkeit in unserem Land. Aber sie kommt nicht von ungefähr. Diese Offenheit baut auf vielen Maßnahmen in der Rechts- und Gesellschaftspoli- tik unseres Landes auf. Die FDP-Bundestagsfraktion hat für die Gleichstel- lung von Schwulen und Lesben schon viel erreicht: Wir haben 1973, zusammen mit der SPD, den An- wendungsbereich des berüchtigten § 175 StGB mini- miert und diesen dann 1994 mit der Union vollständig abgeschafft. Wir haben die volle Gleichstellung bei der Erb- schafts- und Grunderwerbsteuer sowie beim BAföG er- reicht. Wir werden heute die Initiative der Koalition verab- schieden, um die ehe- und familienrechtlichen Regelun- gen im Beamtenrecht auf die gleichgeschlechtlichen Le- benspartnerschaften zu übertragen. Wir werden die Magnus-Hirschfeld-Stiftung einrich- ten, die durch interdisziplinäre Forschung und Bildung der Diskriminierung Homosexueller entgegenwirken soll. Und wir werden, wie im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbart, die Diskriminierung im Steuerrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften abbauen. All diese Initiativen der FDP-Fraktion sind Beiträge dazu, dass Schwule und Lesben in unserem Land in ei- nem toleranten und offenen Klima leben können. Welt- weit gibt es wenige Länder, die eine solche Offenheit und Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Vielfalt sexueller Identitäten an den Tag legen. Für all diese Dinge haben wir uns vehement und aus Überzeugung eingesetzt, weil sie den Schwulen und Lesben in Deutschland etwas gebracht und konkrete Diskriminie- rungen abgebaut haben. Zu diesem Klima haben viele kleine Schritte beigetra- gen, ohne dass es dafür je einer Grundgesetzänderung bedurfte. Bei aller Sympathie für das Anliegen müssen wir uns alle die Frage stellen, was die beantragte Grund- gesetzänderung denn konkret bringen soll? Wir müssen uns fragen, ob es überhaupt eine Schutzlücke gibt, die durch eine Grundgesetzänderung geschlossen werden muss. Genau eine solche Schutzlücke gibt es aber nicht. Denn in Deutschland fehlt es nicht am verfassungsrecht- lichen Schutz der sexuellen Identität. Sie alle kennen die entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009. Es leitet aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz einen grundrechtlichen Schutz der sexuellen Identität ab, und zwar auf demsel- ben Schutzniveau wie bei Art. 3 Abs. 3. Diesen Befund hat auch die Mehrheit der Sachverständigen in der öf- fentlichen Anhörung des Rechtsausschusses bestätigt. Kurzum: Die beantragte Grundgesetzänderung hätte lediglich symbolische Wirkung. Wir wollen aber keine Symbolpolitik, sondern das alltägliche Leben von Men- s s id d a d G D w re e G w d e v v k g e s tr h n H o v h h s d s w D s re n F G m d a c re d g w im R (C (D chen, ganz gleich welcher sexuellen Identität, verbes- ern. Wir müssen eins tun: konkrete Diskriminierungen entifizieren und beseitigen, damit Schwule und Lesben ie gleichen Chancen in unserer Gesellschaft haben, wie lle anderen auch! Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Es passiert selten, ass die Oppositionsparteien drei nahezu gleichlautende esetzentwürfe zur Grundgesetzerweiterung vorlegen. ies ist gut so. Die Linke, die SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen ollen die Merkmale, die zu einer Diskriminierung füh- n können, im Grundgesetz vervollständigen, damit sie inem verfassungsrechtlichen Verbot unterliegen. Unser esetzentwurf unterscheidet sich an einer kleinen, aber ichtigen Stelle. Wir haben ausdrücklich betont, dass er Schutz der sexuellen Identität keine pädophilen Ori- ntierungen beinhaltet. Dies ist eigentlich eine Selbst- erständlichkeit. Aber notwendig, denn von konservati- er Seite wurde ein vermeintlicher Schutz dieses riminellen Vergehens als Argument gegen die Grund- esetzerweiterung ins Feld geführt. Doch bei diesem gemeinsamen Anliegen geht es um ine Kernfrage: Wer ist ein Mensch und welche Eigen- chaften eines Menschen dürfen niemals zu einer Beein- ächtigung seiner Würde führen? In Art. 3 Abs. 3 GG eißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, sei- er Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner eimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen der politischen Anschauungen benachteiligt oder be- orzugt werden.“ So lautet das Allgemeine Gleichbe- andlungsgebot im Grundgesetz seit 1949. Erst 1994 wurde noch das Verbot aufgrund einer Be- inderung mit aufgenommen. Das Verbot aufgrund der exuellen Identität wurde 1994 zwar bereits diskutiert, ies war aber leider nicht mehrheitsfähig. Auch die Anfänge der Demokratie, der Polis, be- chäftigten sich mit der Frage, welche Menschen bzw. elchen Bürgern verbriefte Rechte zukommen sollten. ie griechische Polis schränkte die ersten demokrati- chen Rechte auf freie, männliche Athener ein. Bürger- chte, und damit einen Schutz vor Willkür, erhielt somit ur eine sehr kleine Minderheit. Die Französische Revolution trat mit der Losung an: reiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Erst als Olympe de ouges „Die Rechte der Frau und Bürgerin“ prokla- ierte, wurde auch die Schwesterlichkeit zum Thema er Bürgerrechte. Doch Olympe de Gouges sollte dies uf das Schafott bringen. In Deutschland sollte es lange dauern, bis Frauen glei- he Rechte erhielten. Das Recht, zu wählen, zu studie- n, oder auch die Gewalt des Ehemanns anzeigen zu ürfen. Der berühmte Satz „Frauen und Männer sind leichberechtigt“ in Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes, ar keine Selbstverständlichkeit. Die wenigen Frauen Parlamentarischen Rat mussten ihn in einem harten ingen durchsetzen. Doch bis 1957 konnten Männer ih- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13647 (A) ) )(B) ren Ehefrauen die Aufnahme eines Jobs untersagen. Und erst 1997 wurde die Vergewaltigung in der Ehe strafbar. Schauen wir nochmals zurück: Die französische Re- volution trug trotz alledem den Wind der Freiheit in die Welt: Bürgerrechte. Der Code Napoléon sorgte unter an- derem für die Trennung von Kirche und Staat, für das Eherecht, der Straflosigkeit homosexueller Handlungen und vieles mehr. Am napoleonischen Vorbild orientierte sich auch Bayern, und so waren von 1810 bis 1854, nämlich bis zur Einführung des preußischen Strafgesetz- buch in Bayern, einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Männern straflos. Ab 1854 war die männliche Homosexualität dann in ganz Deutschland strafbar. Die Nationalsozialisten ver- schärften die Gesetzgebung gegen schwule Männer mas- siv. Viele Tausend schwule Männer starben in Haft oder in Konzentrationslagern. Diese Gesetzgebung, der § 175 in der Fassung der Nationalsozialisten, bestand in der Bundesrepublik bis 1969. Erst 1994 wurde er endgültig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Die sexuelle Identität ist ein Merkmal, das jedem Menschen eigen ist. Niemand kann sich dem entziehen. Noch heute werden Menschen wegen ihrer sexuellen Identität im Alltagsleben, auch hier in Deutschland, dis- kriminiert. Lesben und Schwule sind selbst rechtlich nicht gleichgestellt. Die Ehe wird ihnen verweigert. Die Verpartnerung bleibt eine Ehe zweiter Klasse. Aus dem Bewußtsein der Geschichte und in dem Wis- sen, dass wir den Diskriminierungsschutz der Zeit fort- während anpassen müssen, sollten wir ein deutliches Zeichen gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwu- len, Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen setzen. Deshalb sollte der Bundestag in seiner Gesamt- heit dieser Grundgesetzerweiterung zustimmen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Achtung vor der Würde des Menschen und die ge- sellschaftliche Pluralität bedingen, dass die heterose- xuelle Identität der Mehrheit der Gesellschaft nicht mehr länger als die einzige akzeptable Identität eines seine Persönlichkeit frei entfaltenden Menschen angesehen wird. Dennoch sind homosexuelle Frauen und Männer ebenso wie bisexuelle, transsexuelle oder intersexuelle Menschen weiterhin rechtlichen und gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt. Im Grundgesetz werden sie aber mit ihrer sexuellen Identität ignoriert. Als Konsequenz aus der nationalsozialistischen Ver- folgungs- und Selektionspolitik hatte sich der Parlamen- tarische Rat 1948/49 dafür entschieden, neben dem all- gemeinen Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG in Art. 3 Abs. 3 zu verankern, welche persönlichen Merkmale als Anknüpfungspunkt staatlicher Differen- zierung schlechthin ausscheiden: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauun- gen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Zwei der im nationalsozialistischen Deutschland sys- tematisch verfolgten Personengruppen fehlten in dieser A a n s L x re w P n S g m d e Id je S d s w K M v U N in la s b D z in g re s v a k w d a S h e fe u b s d z E li n te (C (D ufzählung: Behinderte und Homosexuelle. Bei der Ver- bschiedung des Grundgesetzes galt Homosexualität och als sittenwidrig und war in § 175 StGB mit einem trafrechtlichen Verbot belegt. Eine Anerkennung von esben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, transse- uellen und intersexuellen Menschen als verfassungs- chtlich vor Benachteiligung zu schützenden Personen ar zu dieser Zeit jenseits der Vorstellungswelt über alle arteigrenzen hinweg. Im Rahmen der Überarbeitung des Grundgesetzes ach der deutschen Einheit wurde 1994 in Art. 3 Abs. 3 atz 2 Grundgesetz das Verbot der Benachteiligung auf- rund der Behinderung aufgenommen. In der Gemeinsa- en Verfassungskommission von Bundestag und Bun- esrat sprach sich zwar eine Mehrheit für die Aufnahme ines Diskriminierungsverbots aufgrund der sexuellen entität aus, die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde doch nicht erreicht, Bundestagsdrucksache 12/6000, . 54. Aber nicht nur aus Verantwortung vor der Geschichte er Verfolgung und Unterdrückung vor und nach 1945 ollte der Katalog der Diskriminierungsverbote ergänzt erden. Vielmehr würde damit auch die folgerichtige onsequenz aus den Tendenzen der internationalen enschenrechtspolitik gezogen und damit eine neue, erfassungsrechtliche Grundlage und Legitimität für die msetzung der Politik auf nationaler Ebene geschaffen. achdem nichtheterosexuelle Menschen vom Schutz der ternationalen Menschenrechtsübereinkommen jahre- ng ausgeschlossen waren, widmet sich die aktive Men- chenrechtspolitik seit den 90er-Jahren auch dem Pro- lem der Diskriminierung aufgrund sexueller Identität. er Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und die unehmende Akzeptanz führten dazu, dass gerade auch Europa die Bekämpfung der Diskriminierung auf- rund sexueller Identität eine breitere Resonanz fand. Und gerade vor zwei Wochen hat der UN-Menschen- chtsrat in Genf in einem historischen Votum eine Re- olution zu Menschenrechten und sexueller Identität erabschiedet. Kriminalisierung und Diskriminierung ufgrund der sexuellen Identität wurden dort klipp und lar verurteilt. Eine deutsche Außenpolitik, die sich eltweit für Minderheitenrechte einsetzen will, würde urch die vorgeschlagene Grundgesetzänderung deutlich n Glaubwürdigkeit gewinnen. Die vorgeschlagene Ergänzung des Art. 3 Abs. 3 atz 1 würde ferner eine objektiv-rechtliche Funktion aben. Die neue Formulierung würde dementsprechend ine neue verfassungsrechtliche objektive Norm schaf- n, die den Wert der Toleranz gegenüber Homo-, Bi- nd Transsexuellen im Grundgesetz zum Ausdruck ringt. Und nicht zuletzt würde sie eine Richtungsent- cheidung für alle Bereiche des Rechts darstellen und amit Impulse für Gesetzgebung, Verwaltung und nicht uletzt Rechtsprechung geben. Schließlich zeigen die deutschen sowie europäische rfahrungen, dass Diskriminierungsverbote ein wesent- cher Bestandteil einer wirksamen Strategie sein kön- en, mit der ein Wandel der Einstellungen und Verhal- nsweisen erreicht werden kann. Solche Leitlinien 13648 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) machen nämlich deutlich, welches Verhalten in der Ge- sellschaft akzeptiert wird und welches nicht. Deshalb rufe ich die Koalitionsfraktionen dazu auf: Folgen Sie Ihren Parteikolleginnen und -kollegen aus dem saarländischen Landtag und stimmen Sie der Ergän- zung der verfassungsrechtlichen Diskriminierungsver- bote um das Merkmal „sexuelle Identität“ zu. Ich bin nämlich sicher, dass Sie, liebe CDU-Abgeordnete, Ihrem Landtagskollegen Thomas Schmitt nicht widersprechen werden, der in der Debatte über Ergänzung der Diskri- minierungsverbote in der saarländischen Verfassung um das Merkmal „sexuelle Identität“ feststellte: „Wir wollen aber, dass unsere Verfassung eine klare Entscheidung für eine tolerante und akzeptierende Gesellschaft zum Aus- druck bringt. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine solche Ergänzung mittlerweile gesellschaftlichen Kon- sens wiedergibt. Sie wird auch Bestätigung für diejeni- gen sein, die sich gegen Benachteiligungen einsetzen, und sie wird ein Zeichen für Respekt und Anerkennung sein.“ Genauso ist es. Sie haben schon die Wehrpflicht abgeschafft, sie stei- gen aus der Atomkraft aus, sie wollen die Hauptschule abschaffen. Noch ein Richtungswechsel hin zu richtigen Weichenstellungen kann Ihnen doch nicht mehr viel aus- machen. Tun Sie das nicht zuletzt für die in der Union engagierten Schwulen, Lesben und Transgender, die ge- rade heute Abend in der Vertretung des Saarlands ein Sommerfest veranstalten. Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Barrierefreie Mobi- lität und barrierefreies Wohnen – Vorausset- zungen für Teilhabe und Gleichberechtigung (Tagesordnungspunkt 14) Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU): Mit ih- rem Antrag zur barrierefreien Mobilität und zum barrie- refreien Wohnen folgt die SPD in vielen Punkten dem, was wir in der Regierungskoalition bereits konsequent bearbeiten. Was uns unterscheidet, ist die Praktikabilität der Herangehensweise durch die christlich-liberale Ko- alition. Doch erlauben Sie mir zunächst einen kurzen Blick zurück: Wenn es um Mobilität und um eigenständiges Handeln geht, dann gehören unsere Mitbürger mit einer Behinderung mit Gewissheit zu den Gewinnern der deut- schen Einheit. In kürzester Zeit war es dank besserer technischer Hilfsmittel und dank der breiteren Schultern der Sozialverbände möglich, dass behinderte Menschen wieder am öffentlichen Leben teilnehmen konnten. So- zialkassen und staatliche Fördersysteme flankierten die- sen Prozess. In kaum einem anderen sozialen Bereich wurde deut- licher, dass das von manchen verherrlichte DDR-Sozial- system tatsächlich nur die Grundversorgung sicherte und oft die Verwahrung für unsere behinderten Mitbürger be- deutete. Lediglich die Hilfsbereitschaft und die mensch- li A F A d L s k d a v re u a re tu k d h ö k b ö m m b s is ti k S D M z te z g n s te e C m P c s o n te te w s (C (D che Wärme des Pflegepersonals – und natürlich der ngehörigen – konnten dies mildern. Breite Schultern in orm vieler karitativer Einrichtungen haben hier gleich nfang der 90er-Jahre Hervorragendes geleistet. Für uns sind Barrierefreiheit und Zugänglichkeit und ie Teilhabe von Menschen mit Behinderung an allen ebensbereichen selbstverständliche Grundrechte. Darin ind wir uns sicherlich alle einig. Das bedarf keiner Dis- ussion. Gerade in den letzten 20 Jahren ist im Bereich er Mobilitätsverbesserung für behinderte Menschen uch durch unsere beiden Konjunkturprogramme sehr iel geschehen, zum Beispiel die Schaffung der Barrie- freiheit auf vielen kleinen Bahnhöfen. Dennoch – auch darin sind wir uns einig – können wir ns mit den Gegebenheiten nie zufrieden geben. Deshalb rbeiten die christlich-liberale Koalition und die Bundes- gierung intensiv an der ständigen Verbesserung der Si- ation. Welches sind nun die Herausforderungen für die Zu- unft? Im Gegensatz zum Antrag der SPD muss man ies einer differenzierten Betrachtung unterziehen: Wir aben da zum einen den öffentlichen Bereich mit seinen ffentlichen Einrichtungen und dem umfassenden Ver- ehrsbereich und zum anderen den riesigen privaten Le- ensbereich mit der eigenen Wohnung im Mittelpunkt. Klar ist für uns, dass eine barrierefreie Nutzung der ffentlichen Einrichtungen aus eigener Kraft – wo im- er möglich – für die Menschen sichergestellt werden uss. Das gilt übrigens nicht nur für die Bundesrepu- lik; vielmehr muss Mobilität heute weltweit möglich ein. Anders sieht es in unserem privaten Bereich aus: Es t klar, dass Barrierefreiheit mit einem hohen konstruk- ven Aufwand und hohen Kosten verbunden ist. Das önnen sich nur wenige leisten. Auch der Staat und die ozialkassen können das nicht in Gänze ausgleichen. er demografische Wandel führt dazu, dass mehr ältere enschen mit körperlichen Gebrechen Wohnraum nut- en. Deshalb sollten wir – mehr als bisher – Möglichkei- n von barrierearmen und altersgerechten Wohnraum- uschnitten in den Fokus setzen. Das ist finanziell ünstiger und kann auch von Hauseigentümern mit klei- em Geldbeutel und einer geringen staatlichen Unter- tützung geschultert werden. Bestes Beispiel hierfür ist das KfW-Programm „Al- rsgerecht Umbauen“. Durch dieses Förderprogramm rhalten vor allem ältere oder behinderte Menschen die hance, dank reduzierter Wohnbarrieren so lange wie öglich in ihren eigenen vier Wänden zu leben. Das rogramm definiert erstmals einen bundesweit einheitli- hen Standard für Barrierereduzierung im Wohnungsbe- tand. Es bietet wahlweise ein zinsgünstiges Darlehen der einen Investitionszuschuss – sowohl für selbstge- utztes als auch für vermietetes Wohneigentum. Die KfW bietet durch ihre Förderprogramme ein gu- s, nachahmenswertes Beispiel, wenn es darum geht, in- lligent die Kopplungsfunktion zwischen Demografie- andel – sprich Barrierearmut – und Energieeffizienz – prich CO2-Gebäudesanierungsprogramm – herzustel- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13649 (A) ) )(B) len. Die Nachhaltigkeit beim Bauen wird zukünftig eine größere Rolle spielen. Das gilt für den öffentlichen Be- reich ebenso wie für den privaten. Die Betrachtung eines Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus hinweg muss auch mögliche Neunutzun- gen berücksichtigen. Wer privat nicht von Anfang an barrierearm baut, sollte, wenn möglich, zumindest die Voraussetzung dafür schaffen, diesen Umbau später nachholen zu können – vielleicht auch schon, wenn der Kinderwagen zum Einsatz kommt. Für mich hat es sich bewährt – und das vermisse ich ebenfalls im Antrag der SPD –, engen Kontakt zu den Verbänden aus dem Bereich der Behindertenbetreuung zu halten. Es sind doch oftmals die kleinen Dinge des Lebens und die einfachen Lösungen, die auch unseren Mitmenschen mit Behinderung helfen, mobil zu bleiben. Dieser Erfahrungsaustausch – dafür kann ich bei allen Kollegen nur werben – sollte noch intensiver geführt werden. Dasselbe gilt natürlich für die Architekten und Bauplaner. Nichtsdestotrotz wird nicht jedes Handicap im Ver- kehrs- oder im Baubereich für unsere behinderten Mit- bürger zu beseitigen sein. Wenn ich auf meine Eingangs- worte zurückkommen darf, dann sprechen wir hier auch stets von technischen Hilfsmitteln. Auch das kommt im Antrag der SPD zu kurz, wird aber von der christlich-li- beralen Koalition – weniger durch uns Verkehrs- und Baupolitiker als vielmehr durch unsere Kollegen aus dem sozialen Bereich – intensiv beackert. Denn die di- rekte Hilfe für die Betroffenen durch ausgereifte Prothe- tik, hochwertige Orthopädie und Hightechmedicare ist die allerbeste Lösung, um mit den Gegebenheiten klar- zukommen. In diesen Bereichen gehört Deutschland zu den Weltmarktführern: Mittelständische Familienunter- nehmen wie die Hans B. Bauerfeind AG aus dem thürin- gischen Zeulenroda und die Duderstädter Otto Bock HealthCare GmbH sowie viele weitere Global-Player- Firmen spiegeln wider, dass sich soziales Empfinden und wirtschaftliche Interessen eben nicht ausschließen müssen. Barrierefreie Mobilität und barrierefreies Wohnen werden niemals abschließend oder endgültig geregelt werden können. Entgegen dem Antrag der SPD – der im Übrigen viel Richtiges enthält, aber nichts, was wir nicht bereits umsetzen – kommt es aus unserer Sicht darauf an, den öffentlichen und privaten Bereich differenzierter zu betrachten, einen engen Informationsaustausch zu den entsprechenden Verbänden zu pflegen und neben den organisatorischen und baulichen Umsetzungen die direkte Hilfe für die Betroffenen durch moderne, innova- tive Hilfsmittel nicht aus dem Fokus zu lassen. Karl Holmeier (CDU/CSU): Liest man den hier zur Diskussion stehenden Antrag der SPD-Fraktion, könnte man den Eindruck gewinnen, die SPD sei selbst nie in Regierungsverantwortung gewesen. Viele der Forderungen des Antrages haben ja durch- aus ihre Berechtigung, und tatsächlich besteht beim Aus- bau der Barrierefreiheit noch vielerorts Nachholbedarf. A g d m tu c h s s E re s re w u li s fü h c J g O g B a n b b fü W 2 5 m fö im fä s te w A v s u ti p L s d ti G G (C (D ber mit der Länge und Ausführlichkeit ihrer Forderun- en erwecken die Kollegen der SPD den Eindruck, in en letzten Jahren sei kaum etwas geschehen. Dies ist erstens nicht der Fall. Zweitens frage ich ich, weshalb Sie in elf Jahren Regierungsverantwor- ng nicht längst die hier von Ihnen aufgestellten zahlrei- hen Forderungen für mehr Barrierefreiheit umgesetzt aben. Insofern halte ich den Antrag der SPD-Fraktion chlichtweg für scheinheilig. Doch nun zur Sache. Ich habe bereits angedeutet, dass ich, entgegen dem mit dem SPD-Antrag vermittelten indruck, im Bereich Barrierefreiheit in den letzten Jah- n durchaus viel getan hat. Im Verkehrsbereich sind mit dem Gesetz zur Gleich- tellung behinderter Menschen und zur Änderung ande- r Gesetze wichtige gesetzliche Regelung getroffen orden, die die Möglichkeiten der Teilhabe behinderter nd mobilitätseingeschränkter Personen am gesellschaft- chen Leben erhöhen. Dies gilt für den ÖPNV, den Ei- enbahn- und Luftverkehr sowie den Straßenbau. Gerade r die Erhöhung der Mobilität von Menschen mit Be- inderungen gab es in den vergangenen Jahren erhebli- he Verbesserungen. Es werden beispielsweise jedes ahr rund 100 Bahnhöfe der Deutschen Bahn barrierefrei estaltet. Dahinter steckt ein enormer Kosten-, Zeit- und rganisationsaufwand. Im Baubereich setzt die christlich-liberale Bundesre- ierung mit dem KfW-Förderprogramm „Altersgerechtes auen“ bereits seit 2009 gezielte Investitionsanreize zur ltersgerechten und barrierefreien Anpassung der Woh- ungen und des Wohnumfeldes. Darüber hinaus werden undesweit Modellvorhaben für eine ganzheitliche Ver- esserung des Wohnumfeldes älterer Menschen durchge- hrt sowie wissenschaftlich begleitet. Über die soziale ohnraumförderung der Länder, für die der Bund bis 019 jedes Jahr Ausgleichszahlungen in Höhe von 18,2 Millionen Euro zahlt, werden außerdem Maßnah- en zur Barrierereduzierung im Wohnungsbestand ge- rdert. Unterstützt wird die Beseitigung von Barrieren Wohnbereich zudem durch die steuerliche Abzugs- higkeit von Renovierungs-, Erhaltungs- und Moderni- ierungsmaßnahmen mit bis zu 20 Prozent der Lohnkos- n. Die christlich-liberale Koalition ruht sich aber keines- egs auf dem bisher Erreichten aus. Mit dem Nationalen ktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenkon- ention gehen wir einen wichtigen Schritt nach vorn und etzen damit zugleich ein weiteres wichtiges Vorhaben nseres Koalitionsvertrages um. Sollten Sie diesen Ak- onsplan noch nicht kennen, meine sehr verehrten Op- ositionskollegen, so kann ich Ihnen diesen sehr zur ektüre empfehlen. Mit dem Nationalen Aktionsplan haben wir ein In- trument geschaffen, das die Umsetzung der UN-Behin- ertenkonvention in den nächsten zehn Jahren systema- sch vorantreiben soll. Er ist ein Maßnahmen-, kein esetzespaket, mit dem bestehende Lücken zwischen esetzeslage und Praxis geschlossen werden sollen. 13650 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Der zentrale Leitgedanke des Nationalen Aktionspla- nes und der UN-Behindertenkonvention ist die Inklusion behinderter und mobilitätseingeschränkter Menschen in allen Lebensbereichen. Eine der wesentlichen Heraus- forderungen hierfür ist natürlich die Barrierefreiheit. In diesem Rahmen greift zum Beispiel das Dachprogramm „Soziales Wohnen“ von 2010 bis 2014 mit 3,85 Millio- nen Euro Themen wie mobile Beratung, Qualifizierung von Handwerksbetrieben, technikunterstütztes Wohnen und inklusiver Sozialraum auf. Darüber hinaus plant die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern und der Ärzteschaft im nächsten Jahr ein Gesamtkonzept für ei- nen barrierefreien Zugang und die barrierefreie Ausstat- tung von Arztpraxen und Kliniken. Der weitere mobili- tätsgerechte Ausbau des ÖPNV steht ebenfalls auf der Agenda des Aktionsplanes. Hier werden wir dafür Sorge tragen, dass die bisherigen Modernisierungsmaßnahmen fortgeführt werden. Außerdem plant die Bundesregie- rung, den Anspruch auf unentgeltliche Beförderung zu erweitern und die im Nahverkehr geltende Einschrän- kung auf 50 Kilometer um den Wohnort zu streichen. Sie sehen, wir legen keinesfalls die Hände in den Schoß. Wir haben nicht nur in den letzten Jahren bereits viel zum Abbau von Barrieren für behinderte und mobi- litätseingeschränkte Menschen getan, sondern wir wer- den unsere erfolgreiche Arbeit auch weiter fortsetzen. Ich lade die Kollegen von der Opposition selbstverständ- lich recht herzlich ein, uns dabei zu unterstützen. Kirsten Lühmann (SPD): Um die Bahngleise im Bahnhof Unterlüß, in meinem Heimatort in Niedersach- sen, zu erreichen, muss man 42 Stufen hoch- und herun- tersteigen. Ein Bekannter, der im Rollstuhl sitzt, wollte mich schon öfters mit dem Metronom in Berlin besuchen. Lei- der war das bisher jedoch nicht möglich, eben weil der Bahnhof in Unterlüß nicht barrierefrei ist. Das bedeutet, Menschen im Rollstuhl oder Eltern mit Kindern im Kinderwagen können ohne fremde Hilfe nicht mit dem Zug von Unterlüß aus fahren. Die Regierungskoalition begründet das damit, dass Bahnhöfe nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel barrierefrei gestaltet werden können. Und da gibt es eben Bahnhöfe, für die das Geld nicht reicht. Denn die Regierungskoalition gibt das Geld lie- ber für andere Dinge aus: Steuersenkungen zum Bei- spiel, die nur einigen wenigen wirklich etwas bringen würden und angesichts der Haushaltslage sowieso um- stritten sind. Barrierefreiheit dagegen ist für 100 Prozent der Bevölkerung komfortabel, für 30 Prozent hilfreich und für 10 Prozent zwingend erforderlich. Die UN-Behindertenrechtskonvention, die im De- zember 2008 mit den Stimmen aller Fraktionen im Bun- destag verabschiedet wurde und damit auch für Deutsch- land völkerrechtlich verbindlich geworden ist, fordert, dass jedem Menschen der volle Genuss seiner Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung garantiert werden muss. a B fü d z in s e B s le u s w s h ru g g u 2 s tu h B g S B B m re e M d b d v fü li m u B ri G d G d n V s h (C (D Mobilität ist für alle da! Das sagen wir, und das sagt uch die Regierungskoalition; aber sie sagt eben auch: arrierefreiheit ja, aber bitte nur im Rahmen der zur Ver- gung stehenden Haushaltsmittel. – Diese Aussage fin- en Sie im Antrag der Regierungskoalition zur Umset- ung der UN-Behindertenrechtskonvention. Das bedeutet also, dass 71 Prozent aller Bahnhöfe wie Unterlüß weiterhin für viele Menschen nur sehr chwer zugänglich bleiben werden und dass Mobilität ben nicht für alle da ist. So können die Ziele der UN- ehindertenrechtskonvention, der auch Sie verpflichtet ind, nicht erreicht werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten füh- n uns diesen Zielen verpflichtet. Als Regierungspartei nd auch in der Opposition gilt der Teilhabe aller an un- erer Gesellschaft unser besonderes Augenmerk. Denn ir wollen Vielfalt von Anfang an. Deutschland hat auf dem Weg zur barrierefreien Ge- ellschaft in den letzten Jahren viel erreicht. Ich nenne ier nur drei wichtige Meilensteine, die wir als Regie- ngspartei beschlossen haben: das Neunte Buch Sozial- esetzbuch, SGB IX, im Jahre 2001, das Behinderten- leichstellungsgesetz des Bundes, BGG, im Jahre 2002 nd das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Jahre 006. Wir sind der Meinung: Die Umsetzung von Men- chenrechten darf nicht an dem Verweis auf die Belas- ng der öffentlichen Haushalte scheitern. Barrierefrei- eit ist ein Grundrecht. Sie bildet einen wichtigen estandteil der Teilhabe von Menschen mit Behinderun- en am gesellschaftlichen Leben und ist ein wichtiger chritt auf dem Weg zu ihrer Gleichberechtigung. In unserem Positionspapier zur Umsetzung der UN- ehindertenrechtskonvention setzen wir uns als SPD- undestagsfraktion klar dafür ein, notwendige und ange- essene Vorkehrungen mittel- und langfristig zu etablie- n. Dabei können viele notwendige Maßnahmen durch ine Umstrukturierung oder Anpassung vorhandener ittel finanziert werden. Schon heute ist beispielsweise ie barrierefreie Planung von Bauvorhaben – ob Ge- äude oder Straßen, Tief- oder Hochbau – keine notwen- igerweise kostenintensive Maßnahme. Denn es geht or allem darum, ein Bewusstsein zu schaffen, sowohl r Bauprofis als auch in der Bevölkerung. Unser Ziel ist: Barrierefreiheit muss selbstverständ- ch werden! Bereits bei der Planung und Ausführung uss sie mitberücksichtigt werden, genauso wie Statik nd Brandschutz heute. Dies gilt ganz besonders für aumaßnahmen der öffentlichen Hand. In unserem Antrag „Barrierefreie Mobilität und bar- erefreies Wohnen – Voraussetzungen für Teilhabe und leichberechtigung“ fordern wir, dass die staatliche För- erung auch im Rahmen der KfW-Programme zur CO2- ebäudesanierung zum Beispiel stärker an die Kriterien er Barrierefreiheit gekoppelt werden. Wir sind der Mei- ung, dass die Förderung für Neubauten nur unter den oraussetzungen der Barrierefreiheit gewährt werden oll. Geschieht dies nicht, entstehen die Kosten im Nach- inein. Dann muss der Staat Geld in die Hand nehmen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13651 (A) ) )(B) und Förderprogramme auflegen oder weiterentwickeln, um zum Beispiel den Wohnbestand, das Wohnumfeld und die Infrastruktur altengerecht anzupassen. Denn Wohnungen, die barrierefrei gebaut werden, kommen nicht nur Menschen mit Behinderungen zugute, sondern erleichtern oder ermöglichen älteren Personen, Familien mit Kindern und zeitweise mobilitätseingeschränkten Menschen den Alltag. Wohnungen, die barrierefrei ge- baut werden, müssen also später nicht mit Fördergeldern altengerecht umgebaut werden. Das ist nicht nur aus grundsätzlichen Erwägungen anzustreben. Vielmehr ent- lastet es die Sozialsysteme von Unterbringungskosten. Angesichts des demografischen Wandels wird der Be- darf an einem barrierefreien Umfeld stetig wachsen. Heute sind nach Schätzungen der Wohnungswirtschaft nur 1 Prozent des Wohnungsbestandes barrierefrei und nur weitere 4 Prozent barrierearm ausgestaltet. Dabei ist Barrierefreiheit für 10 Prozent der Bevölkerung zwin- gend erforderlich, für über 30 Prozent hilfreich und für 100 Prozent komfortabel. Wir fordern, dass Barrierefreiheit ein Standard in der Ausbildung von Ingenieurinnen und Ingenieuren wird. Bereits im Studium sollen angehende Bauprofis dieses Thema verinnerlichen. Dafür werden wir uns gegenüber der Wirtschaft, den Kammern und den Hochschulen ein- setzen. Wir wissen: Politik auf Bundesebene ist nicht unein- geschränkt zuständig. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir auf die zum Beispiel für die Bauüberwachung zu- ständigen Länder einwirken, sich der Aufgabe zu stellen und eindeutig zugunsten von Barrierefreiheit zu agieren. Barrierefreie Mobilität erfolgt grundsätzlich auf zwei Ebenen: Erstens sollen Menschen mit Behinderung dis- kriminierungsfrei befördert werden; zweitens müssen Verkehrsmittel barrierefrei gestaltet werden. Wir verste- hen Mobilität nicht nur im Sinne räumlicher Mobilität, sondern auch im Sinne der Erreichbarkeit von und des Zugangs zu Arbeitsstätten, Einkaufsmöglichkeiten oder zum Beispiel ärztlicher Versorgung. Wir fordern daher einen integrierten Ansatz der Raum-, Stadt- und Verkehrsplanung, der kompakte Sied- lungsstrukturen mit einer verbesserten Nahversorgung fördert, besonders im ländlichen Raum ergänzt durch flexible und möglichst barrierefreie öffentliche Ver- kehrsangebote. Im öffentlichen Personenverkehr muss sich Barrierefreiheit auf die gesamte Reisekette bezie- hen. Es reicht hier nicht aus, einzelne Stationen wie zum Beispiel Haltestellen barrierefrei und familienfreundlich zu gestalten, wenn es im Bus keine ausreichenden Plätze für Rollstuhlfahrer gibt. Wir fordern, dass von der Haustür bis zum Ziel der gesamte Weg für mobilitätseingeschränkte Menschen zugänglich gemacht wird. Dazu müssen sich die Akteure besser vernetzen, und es muss das Bewusstsein geschaf- fen werden, dass Barrierefreiheit niemandem schadet, aber jedem Kunden zugutekommen wird. Wir brauchen längere Grünphasen für Fußgänger, da- mit ältere Menschen, Kinder und mobilitätseinge- schränkte Menschen ohne Gefahr die Straße überqueren k d S u s S s d z ti v ih s s d n g m S h L z b s s n n g k e s z s e R rü d a u V M g a la v g w ri d (C (D önnen, und ebenso brauchen wir Mindeststandards für ie barrierefreie Gestaltung von Flugzeugen. Wir müssen umdenken, um von Anfang an in der tädteplanung, im Verkehrsmanagement, im Baubereich nd im Ingenieurwesen das Recht behinderter Men- chen, am Alltag teilzunehmen, zu berücksichtigen. onst werden Menschen vom täglichen Leben ausge- chlossen werden. Herr Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für ie Belange behinderter Menschen, schreibt im Vorwort ur deutschen Übersetzung der UN-Behindertenkonven- on: Ich wünsche mir die Mithilfe aller, damit der Text der UN-Konvention so schnell wie möglich Wirk- lichkeit wird. Dazu wird unser Antrag einen Beitrag leisten. Petra Müller (Aachen) (FDP): Der Diskriminierung on Menschen mit Behinderungen entgegenzutreten und nen darüber hinaus die Teilhabe am öffentlichen, ge- ellschaftlichen Leben zu ermöglichen, ist eine hohe und elbstverständliche Verpflichtung aller politisch Han- elnden in unserem Land. Deutschland setzt dabei hohe ormative Standards: Seit 2002 gibt es das Behinderten- leichstellungsgesetz; im selben Jahr trat das Allge- eine Gleichbehandlungsgesetz in Kraft. Ob in den GB, im BGB oder in den Prozessordnungen, ob im Ur- eberrechtsgesetz, im Allgemeinen Eisenbahn- oder im uftverkehrsgesetz – ich könnte die Liste noch fortset- en –: Deutschland wird der hohen Verantwortung für enachteiligte und behinderte Menschen gerecht und tellt diese Verantwortung auf eine breite und sichere ge- etzgeberische Basis. Dabei handelt es sich nicht um ei- en Gnadenakt der Politik, sondern uns leitet das Be- achteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grund- esetzes. Den gesetzlichen Regelungen stehen immer die kon- rete Umsetzung und Anwendung gegenüber. Die Barri- refreiheit zum Beispiel in öffentlichen Gebäuden einer- eits festzuschreiben und andererseits umzusetzen, ist weierlei. Das verlangt Planung und administrative Be- chlussfassung, es verlangt finanzielle Investitionen benso wie bauhandwerkliche Ausführung. Fragen der entabilität und Haushaltsplanung sind ebenso zu be- cksichtigen wie es gilt, die Verhältnismäßigkeit vor em Hintergrund von Kosten-Nutzen-Relationen zu be- chten. Kurz gesagt: Wollen ist nicht immer Können, nd manche Dinge brauchen ihre Zeit. Trotzdem ist Deutschland in den 17 Jahren seit der erankerung des Benachteiligungsverbots gegenüber enschen mit Behinderung im Grundgesetz weit voran- ekommen. Sowohl im öffentlichen Bewusstsein als uch in der administrativen Umsetzung beweist Deutsch- nd auch im internationalen Vergleich ein hohes Ni- eau. Aber Diskriminierung findet weiterhin statt; das ehört zur Wahrheit dazu. Die meisten Fälle liegen nach ie vor im Verborgenen. Die Beispiele, die in den Be- chten der Bundesbeauftragten für die Belange behin- erter Menschen beschrieben werden, reichen von der 13652 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Verweigerung der Mitnahme in einem Taxi über die Nichtbedienung in Restaurants bis hin zu schwerwiegen- den und folgenreichen Diskriminierungen im Berufsle- ben oder beim Abschluss privater Versicherungsver- träge. Auch an der Arbeitslosenquote lässt sich leider noch immer ein Missverhältnis für Menschen mit Behin- derung ablesen. Es sind also vor allem Beispiele aus dem direkten in- terpersonellen Kontakt behinderter Menschen oder aus dem Arbeitsleben, an denen sich akute soziale oder ge- sellschaftliche Diskriminierung manifestiert und wo sie bekämpft werden muss. Auch in den Bereichen Mobilität und Wohnungsbau ist sich die christlich-liberale Koalition der Bedeutung der Themen Barrierefreiheit und Teilhabe bewusst. Zu Recht beschreiben Sie in Ihrem Antrag ambitionierte Ziele und bestehende Entwicklungspotenziale aus städ- teplanerischer und wohnungsbaulicher Sicht. Die Aufga- ben, die hier noch vor uns liegen, sind gewaltig, werden jedoch kontinuierlich, nach Maßgabe der Verhältnismä- ßigkeit und entsprechend den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln erfüllt. Die Hauptlast tragen dabei die Länder und Kommu- nen. Dem Bund obliegt es nach § 8 BGG, seine Neubau- ten oder große Um- und Erweiterungsbauten seiner An- stalten, Körperschaften etc. barrierefrei auszuführen. Da aber ansonsten das Bauordnungsrecht nicht in die Zu- ständigkeit des Bundes fällt, präzisieren die Landes- gleichstellungsgesetze die Verpflichtungen für den Bau- bereich und werden in den Ländern in unterschiedlichem Umfang ausgestaltet, etwa durch Verordnungen, Einfüh- rungserlasse oder Richtlinien, insbesondere aber durch die bauaufsichtliche Einführung spezieller DIN-Nor- men. Weiterhin besteht sowohl im Miet- als auch im Eigen- tumsrecht ein Anspruch auf Herstellung von Barriere- freiheit. Im Wohnungseigentumsrecht haben behinderte Wohnungseigentümer aufgrund ihres (Mit-)Eigentums einen Anspruch auf Zustimmung der anderen Miteigen- tümer zu Baumaßnahmen für einen barrierefreien Zu- gang zu ihrer Wohnung. Eine ausdrückliche Regelung gibt es im Wohnungseigentumsgesetz jedoch nicht, und man könnte hier im Hohen Hause über einen entspre- chenden Passus nachdenken. Die Förderung des Wohnungsbaus, auch des Baus oder Umbaus von Wohnungen für behinderte Menschen, ist in Deutschland Sache der einzelnen Bundesländer. Der Bund stellt diesen zwar im Rahmen des Wohnraum- förderungsgesetzes sowohl für den Neubau als auch für Modernisierungsmaßnahmen Finanzmittel zur Verfü- gung; deren Vergabe sowie die Vergabe der landeseige- nen Mittel sind jedoch Sache des einzelnen Landes. Im Rahmen des KfW-Förderprogramms „Altersgerecht Umbauen“ wird die Reduzierung von Barrieren im Miet- und Eigentumswohnbereich ausdrücklich bezuschusst und gefördert. Dieses Programm wird die christlich-libe- rale Koalition erfolgreich fortführen. Für die FDP ist je- doch eine quartiersbezogene Weiterung des Programms unabdingbar. Damit lassen sich infrastrukturelle Ge- samtlösungen anstreben und Fragen der Mobilität im ei- g D s b d B d F b w g B V s K g d n S s m re k g lu h g tr e d F v K s B P tü fü d n d P e d V H h fr s S ru e (C (D entlichen Wohnumfeld integrierter berücksichtigen. as ist Ziel liberaler Stadtentwicklungspolitik unter be- onderer Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse ehinderter Mitbürger und einer insgesamt älter werden- en Gesellschaft. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Die Errichtung neuer arrieren muss – strafbewehrt! – verboten werden. Für ie Beseitigung vorhandener Barrieren brauchen wir örderprogramme. Der Allgemeine Behindertenver- and in Deutschland, ABiD, schlug jüngst beispiels- eise vor, ein spezielles zehnjähriges Konjunkturpro- ramm von 1 Milliarde Euro pro Jahr allein für die arrierenbeseitigung im Baubereich aufzulegen. Für den erkehrsbereich wird nicht weniger nötig sein. Das wäre innvolle Wirtschaftsförderung. Was haben Franz Müntefering, Reinhard Klimmt, urt Bodewig, Manfred Stolpe und Wolfgang Tiefensee emeinsam? Drei Dinge: Erstens sind sie alle Mitglied er SPD, zweitens waren sie von 1998 bis 2009 nachei- ander als Bundesminister für die Verkehrs-, Bau- und tadtentwicklungspolitik zuständig, und drittens haben ich alle fünf hinsichtlich ihres Engagements für die Ver- eidung neuer und die Beseitigung bestehender Barrie- n in ihrem Verantwortungsbereich nicht mit Ruhm be- leckert. Hätten sie das Sozialgesetzbuch IX, das Behinderten- leichstellungsgesetz, das Allgemeine Gleichbehand- ngsgesetz und die 2006 in der UNO beschlossene Be- indertenrechtskonvention zu ihrer Arbeitsgrundlage emacht, wären viele der im nun vorliegenden SPD-An- ag aufgeführten Punkte überflüssig bzw. erledigt. Wer s nicht glaubt, sollte sich nur einmal die Antworten aus em Bundesverkehrs- und -bauministerium auf meine in orm von Anfragen gegebenen Denkanstöße in der Zeit on 2005 bis 2009 noch einmal ansehen. Ich sage das auch, weil Sie, liebe Kolleginnen und ollegen von der SPD, in Ihrem Antrag im dritten Ab- atz mit Verweis auf die einstimmig verabschiedete UN- ehindertenrechtskonvention schreiben: „Dem muss die olitik der Bundesregierung jetzt Rechnung tragen.“ Na- rlich muss die Bundesregierung auch jetzt und heute r die Schaffung einer barrierefreien Umwelt im Sinne er UN-Behindertenrechtskonvention wirken, aber eben icht erst ab jetzt. Insofern sind Sie an vielen bestehen- en Barrieren mitschuldig. Leider erweist sich der derzeitige Bundesminister eter Ramsauer von der CSU auch nicht als Verfechter iner barrierefreien Umwelt. 599 Presseerklärungen fin- et man auf der Homepage des Bundesministeriums für erkehr, Bau und Stadtentwicklung seit Amtsantritt von errn Ramsauer vor 20 Monaten. Nur in zweien davon – ier geht es um Bahnhöfe – spielen Fragen der Barriere- eiheit eine Rolle. Schaut man sich seine Reden und onstigen Aktivitäten an, kommt man auch hier zu dem chluss, dass die Belange von Menschen mit Behinde- ngen diesem Minister ziemlich gleichgültig sind. Insofern unterstützt die Linke den Antrag der SPD – nthält er doch eine Reihe von Denkanstößen für die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13653 (A) ) )(B) Bundesregierung, um ihren salbungsvollen Worten zur UN-Behindertenrechtskonvention auch konkrete Taten zu deren Umsetzung im wirklichen Leben folgen zu las- sen. Leider erweckt der vorliegende Antrag wie schon der vor drei Wochen diskutierte SPD-Antrag zum barriere- freien Tourismus den Eindruck, dass hier im Schnellver- fahren aufgeschrieben wurde, was einem gerade so ein- fiel, egal, ob hier Bund, Länder, Kommunen oder andere in der Verantwortung stehen. Und leider mogelt sich die SPD auch in diesem Antrag um klare Positionen zu wichtigen Verkehrsbereichen herum. Wird sich denn nun die SPD – nachdem wir Linke vorangingen – für Barrie- refreiheit bei Fernbuslinien und für barrierefreie Taxen engagieren, zum Beispiel durch entsprechende verbind- liche Regelungen bei der anstehenden Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes? Zu Recht verweist die SPD in ihrem Antrag auf Art. 9 der Behindertenrechtskonvention, welcher korrekt über- setzt „Barrierefreiheit“ und nicht „Zugänglichkeit“ heißt. Aber ich verweise für all diejenigen, die sich mit der Konvention noch nicht so intensiv beschäftigt haben, auch auf den Art. 3, in dem die „Barrierefreiheit“ als ei- nes der Grundsätze der Konvention benannt wird, auf Art. 4 „Allgemeine Verpflichtungen“, auf Art. 19 „Selbst- bestimmt leben und Einbeziehung in die Gemeinschaft“ und auf Art. 20 „Persönliche Mobilität“. Seit 14 Tagen liegt uns auch der Nationale Aktions- plan der Bundesregierung zur Umsetzung der Konven- tion vor. Was hier hinsichtlich der Aufgaben für die Schaffung barrierefreier Mobilität und Wohnungen vor- geschlagen wird, ist – so auch die übereinstimmende Re- aktion der Behindertenbewegung – äußerst dürftig. Mit einem Weiter-so ohne verbindliche Regelungen im Verkehrs- und Baurecht in Bund und Ländern und ambitionierte Förderprogramme werden wir den riesigen Mangel an barrierefreien Wohnungen nicht ernsthaft be- seitigen. Ich war schon sehr erstaunt, als unlängst Ber- lins Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer, SPD, auf einem Forum des Berliner Behindertenverban- des zum Thema „Berlin barrierefrei“ auf die Frage nach barrierefreien Wohnungen antwortete, dass sie erst aktiv werden könne, wenn sie den Bedarf kenne. Einmal abge- sehen davon, dass ich mehr Kenntnis von verantwortli- chen Politikern erwarte, meine ich, dass langfristig der Bedarf mit 100 Prozent zu definieren ist. Wenn das ge- länge, muss niemand mehr aus seiner Wohnung auszie- hen, weil bestehende Barrieren im Haus und/oder in der Wohnung ein selbstbestimmtes und würdiges Leben un- möglich machen, und man kann einander auch uneinge- schränkt besuchen. Auch das gehört zur Teilhabe am Le- ben in der Gesellschaft. Dass dies nicht von heute auf morgen zu schaffen ist, ist einleuchtend, zumal bestehende Barrieren zu beseiti- gen aufwendig und teuer ist. Warum lassen wir aber zu, dass täglich neue Gebäude mit Barrieren entstehen? Auch hinsichtlich der Barrierefreiheit könnte man doch im Baurecht ebenso verbindliche Regelungen treffen wie zum Beispiel bezüglich der energetischen Ausstattung oder des Brandschutzes. P li s b d Z v k k ri v s g rü P ru s d n li h tu M M u p b u li g e W w B d lö a d s lu H h z M v g la b s Q k B V (C (D Wichtig ist eine engere Verzahnung von vorhandenen rogrammen und Initiativen. Ich unterstütze ausdrück- ch diesbezügliche ökologische Aktivitäten, zum Bei- piel Programme zur energetischen Sanierung von Ge- äuden und dem Einsatz erneuerbarer Energien. Aber iese Programm sind bisher nicht bzw. kaum mit dem iel der gleichzeitigen Schaffung von Barrierefreiheit erbunden. Dass es geht und dass man es zusammenden- en kann, wird unter anderem durch den Antrag der Lin- en „Grundrecht auf Wohnen sozial, ökologisch und bar- erefrei gestalten“ in der Bundestagsdrucksache 17/3433 om 26. Oktober 2010 deutlich. Diese Dreieinigkeit von ozial, ökologisch und barrierefrei sollten wir als durch- ängiges Prinzip in der Bau- und Verkehrspolitik be- cksichtigen. Nur dann werden wir eine zukunftsfähige olitik zum Wohle der Menschen mit und ohne Behinde- ngen gestalten. Die Beratung des vorliegenden Antrags in den Aus- chüssen sollten wir nutzen, um über Sinn und Unsinn er einzelnen Vorschläge zu diskutieren, ihn um weitere otwendige Vorschläge ergänzen, um im Ergebnis wirk- che Veränderungen im Alltagsleben zu erreichen. Lassen Sie uns – wie es der ABiD vorschlägt – Teil- abeermöglichung als Wirtschaftsförderung – Konjunk- rprogramm, Investitionsförderung – gestalten. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): obilität ist ein entscheidender Faktor im Leben jedes enschen: Wer mobil ist, hat mehr Möglichkeiten, kann nabhängig sein. Er hat mehr Chancen bei der Arbeits- latzwahl oder bei der Entscheidung, wie und wo er le- en möchte. Viele Menschen sind hier eingeschränkt – nd ihnen wird damit ein entscheidender Teil der persön- chen Freiheit genommen. Nichts anderes sind deswe- en die Barrieren, welche der SPD-Antrag behandelt: ine Freiheitsbeschränkung zu vieler. Der demografische andel gibt uns die Gewissheit, dass es immer mehr erden. Es ist deswegen richtig und wichtig, dass sich der undestag mit der Barrierefreiheit im Alltag immer wie- er beschäftigt. Zu viele Probleme sind hier noch unge- st, und bei zu vielen Aspekten können wir noch nicht bsehen, wie sich dies auf unsere Gesellschaft im Wan- el auswirkt. Der SPD-Antrag geht auf vieles ein. Be- onders hervorheben möchte ich die detaillierte Behand- ng der Regelungen zum ÖPNV und zum Bahnverkehr. ier muss in Zusammenhängen gedacht werden. Nach- altige Mobilität bedeutet immer seltener, mit einem ein- igen Verkehrsmittel von A nach B zu kommen. Die obilität von morgen braucht die optimale Verbindung erschiedener aufeinander abgestimmter Verkehrsträ- er. Deswegen brauchen wir nicht nur einen deutsch- ndweit getakteten Bahnfahrplan, sondern müssen auch erücksichtigen, dass Menschen mit Mobilitätsein- chränkungen diesen gesamten Weg in der gleichen ualität nutzen können wie Menschen ohne Einschrän- ungen. Nur wenn wir diese Beschränkungen und arrieren abbauen, werden mehr Menschen öffentliche erkehrsmittel nutzen. 13654 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Der vorliegende Antrag macht viele und umfassende Vorschläge. Hervorzuheben ist, dass der Antrag die Kon- flikte nicht ausspart: Es ist gewiss nicht einfach, Barrie- refreiheit, Denkmalschutz und Stadtbildpflege unter ei- nen Hut zu bekommen. Gleichzeitig ist natürlich die Frage berechtigt, was die Bundespolitik hier zur Befrie- dung dieser Konflikte beitragen kann und soll. Notwen- dig sind sicher vor allem lokale Ansätze, bei denen Bür- gerinnen und Bürger frühzeitig – und auf die jeweilige Maßnahme bezogen – mitentscheiden können. Der Antrag verfolgt eine Linie, der wir Grünen sicher grundsätzlich folgen können. Dennoch gibt es Punkte, über die in den Ausschussberatungen noch debattiert werden sollte. So wird sehr pauschal darauf hingewie- sen, dass Billigflieger Behinderte abweisen. Es sind zwar solche Fälle bekannt, jedoch sollten wir nicht so weit gehen, darin ein System zu erkennen. Das führt meines Erachtens zu einer unberechtigten Vorverurtei- lung. Hier sollten wir die bekannten Fälle genau untersu- chen und mit den Airlines nach einer Lösung suchen. Zwei Aspekte will ich ansprechen, die nach meiner Ansicht noch präzisiert werden sollten. Erstens. Der An- trag fordert, dass sich die Barrierefreiheit im öffentli- chen Personennahverkehr auf die gesamte Reisekette be- ziehen soll. Hier müssen wir sicherstellen, dass nicht nur die Verkehrsmittel, sondern auch die Fahrplangestaltung gemeint ist. Bisher ist etwa für die Deutsche Bahn eine Reise auch dann barrierefrei, wenn ein Rollstuhlfahrer von A nach B kommt – obwohl er oder sie zum Beispiel für eine Fahrt von Berlin nach Erfurt wegen der knappen Umsteigezeit in Leipzig eine Stunde länger braucht. Hierüber sollten wir gemeinsam nachdenken und Vor- schläge erarbeiten. Der zweite Punkt betrifft die Mobilität von Men- schen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung die öffentli- chen Verkehrsmittel auch dann nicht nutzen können, wenn alle heute bekannten Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit umge- setzt sind. Diese kleine Gruppe wird langfristig auf ei- gene, speziell umgebaute Pkw angewiesen sein. Leider steht diese Gruppe oft vor dem Problem, dass mögliche Kostenträger die Finanzierung der Fahrzeuge und Um- bauten verweigern. Hier ist bisher nicht absehbar, was wir für diese Gruppe mobilitätseingeschränkter Personen tun könnten. Ich hoffe, dass wir diese Fragen in den Ausschussbe- ratungen aufgreifen und Lösungen erarbeiten. Hier sind auch unsere für Sozialpolitik zuständigen Kolleginnen und Kollegen gefragt. Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Effektive Regulie- rung der Finanzmärkte nach der Finanzkrise (Tagesordnungspunkt 15) Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Gestern hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen Kongress zum T Z ri d B fr d d m tr W c s a Ü n B a ru d n v k n A w V m p s te d m fe d u W g H ti m s w V V L V G h w a m z g (C (D hema „Finanzmarktregulierung nach der Krise – Eine wischenbilanz“ veranstaltet. Neben der Bundeskanzle- n und dem Bundesfinanzminister haben sich der Bun- esbankpräsident, nationale und internationale Aufseher, anker und Wissenschaftler zu aktuellen Finanzmarkt- agen geäußert. Es wurde ausführlich über die Dinge iskutiert, die regulatorisch auf den Weg gebracht wor- en sind. Es wurde festgestellt, dass die Finanzmarkt- aßnahmen von Regierung und Parlament dazu beige- agen haben, dass Deutschland schnell aus der irtschaftkrise herausgekommen ist, und es wurden Lü- ken in der Regulierung aufgezeigt sowie weitere Lö- ungswege analysiert. Fazit: Viel wurde getan – meistens das Richtige –, ber es gibt auch noch sehr viel zu tun. Genau darum geht es auch in unserem Antrag mit der berschrift „Effektive Regulierung der Finanzmärkte ach der Finanzkrise“. Zum einen ziehen wir damit eine ilanz über die seit Bestehen der christlich-liberalen Ko- lition geleistete Arbeit im Bereich Finanzmarktregulie- ng. Zum anderen bringen wir aber auch zum Aus- ruck, dass trotz aller gelungenen Aktivitäten und Maß- ahmen im Regulierungsbereich noch ein weiter Weg or uns liegt, um den Beschluss der G 20, dass zukünftig ein Finanzmarkt, kein Finanzmarktakteur und kein Fi- anzmarktprodukt ohne angemessene Regulierung und ufsicht sein darf, Realität werden zu lassen. Im Einzelnen: Generalnorm unseres Handelns ist und ar der soeben erwähnte Beschluss der G 20 und die orgabe in unserem Koalitionsvertrag, dass kein Finanz- arkt, kein Finanzmarktakteur und kein Finanzmarkt- rodukt ohne angemessene Regulierung und Aufsicht ein darf. Deswegen haben wir in den letzten 18 Mona- n folgende Projekte auf den Weg gebracht: Erstes Stichwort: Fehlervermeidung. Eine Ursache er Finanzkrise war, dass die Akteure auf dem Finanz- arkt in ihren Instituten falsche Entscheidungen getrof- n haben. Nun liegt es im Wesen der Marktwirtschaft, ass in Unternehmen Entscheidungen getroffen werden nd dass diese Entscheidungen auch falsch sein können. enn aber falsche Entscheidungen dazu führen, dass ein anzes Wirtschaftssystem gefährdet wird, dann besteht andlungsbedarf. Aus diesen Gründen haben wir auf na- onaler und europäischer Ebene folgende Regulierungs- aßnahmen auf den Weg gebracht, die dazu beitragen ollen, dass auf Institutsebene weniger Fehler gemacht erden: Bessere Beaufsichtigung der Ratingagenturen; ermeidung von Fehlanreizen in den institutsinternen ergütungsstrukturen; Verbot bzw. Einschränkung von eerverkäufen; erhöhte Anforderungen im Bereich der erbriefungen; weitere Begrenzungen im Bereich der roßkredite. Zweites Stichwort: Fehlertragfähigkeit. In der Krise at sich gezeigt, dass Finanzinstitute nicht stark genug aren, um die Folgen einer falschen Entscheidung zu bsorbieren. Deswegen haben wir – im Übrigen zusam- en mit unseren europäischen Partnern – Maßnahmen ur Erhöhung der Fehlertragfähigkeit von Instituten ein- eführt bzw. werden sie einführen: Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13655 (A) ) )(B) Die Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen an Institute wurden bzw. werden erhöht – im Rahmen der Umsetzung der Kapitaladäquanzrichtlinie und in der ab Sommer anstehenden Umsetzung von Basel III. Der nicht über Börsen abgewickelte Derivatebereich, der sogenannte OTC-Sektor, wird ab Herbst dieses Jah- res grundsätzlich reformiert werden; die entsprechenden europäischen Vorschläge liegen auf dem Tisch. Offene Immobilienfonds wurden durch das Anleger- schutzgesetz stabilisiert. Drittes Stichwort: Finanzaufsicht. Wir haben aus der Krise aber auch gelernt, dass die Finanzaufsicht nicht in der Lage war, die Fehlentwicklungen rechtzeitig zu be- nennen und diesen entgegenzusteuern. Das lag nach un- serer Analyse zum einen an der Struktur und Organisa- tion der Aufsicht, zum anderen aber auch daran, dass wesentliche Bereiche des Finanzmarktes nicht oder nur teilweise unter staatlicher Aufsicht standen. Darauf ha- ben wir mit folgenden Regulierungsmaßnahmen rea- giert: Wir haben die europäischen Aufsichtsstrukturen kom- plett neu organisiert und dadurch erheblich gestärkt. Die Zusammenarbeit der nationalen Aufsichten wird durch das Umsetzungsgesetz zur Omnibus-I-Richtlinie, das wir im Herbst verabschieden werden, erheblich in- tensiviert. Einen Vorschlag zur Neuordnung der deutschen Auf- sichtsstrukturen wird die Bundesregierung noch im Sommer dieses Jahres vorlegen. Bisher nicht regulierte Bereiche wie zum Beispiel der Bereich der geschlossenen Fonds und Hedgefonds wer- den durch das Finanzanlagenvermittlergesetz bzw. durch die Umsetzung der AIFM-Richtlinie erstmals in die Auf- sicht einbezogen; beide Maßnahmen werden in den nächsten Monaten abgeschlossen werden. Viertes Stichwort: geordnete Abwicklung. Eine we- sentliche Erkenntnis der Finanzkrise war, dass uns kein Instrumentarium zur Verfügung stand, um große syste- mische Finanzinstitute im Insolvenzfall so abzuwickeln, dass nicht das gesamte Finanzsystem ins Wanken gerät. Dieser Mechanismus ist aber dringend notwendig, denn wir haben auch gesehen, dass trotz aller Regulierungs- maßnahmen nicht verhindert werden kann – und im Üb- rigen auch gar nicht verhindert werden soll –, dass Ban- ken durch unternehmerische Fehlentscheidungen vom Markt verschwinden. Wir haben darauf reagiert – in Deutschland übrigens als eines der ersten Länder über- haupt – und haben ein Restrukturierungsgesetz für Ban- ken verabschiedet. Dieses Gesetz ist die Blaupause für die Anstrengungen, einen europäischen Restrukturie- rungsmechanismus für europaweit tätige systemische Banken zu schaffen. Die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung haben hier Pionierarbeit geleistet. Fünftes Stichwort: Verbraucherschutz. Eine weitere Erkenntnis aus der Finanzkrise war, dass wir im Finanz- dienstleistungsbereich Defizite im Bereich des Verbrau- cherschutzes haben. Wie gesagt, es war eine weitere Er- kenntnis und nicht die große Erkenntnis. Ich sage das d d g h n T z d A V g d b R d G a ru a u fa n fo a d b v im M d c u v d D n h w w g B k n e fe ri a E ti E (C (D eswegen, weil ich darauf aufmerksam machen möchte, ass wir aus gutem Grund den Schwerpunkt unserer Re- ulierungsaktivitäten auf die Systemstabilisierung gelegt aben; die Finanzkrise im Herbst 2008 war in erster Li- ie eine Systemkrise und keine Verbraucherschutzkrise. rotzdem konnten wir im Bereich des Verbraucherschut- es in den letzten Monaten signifikante Verbesserungen urchsetzen: Im Anlegerschutzgesetz haben wir die Qualität der nlageberatung im Bankenbereich verbessert. Die Verbesserung der Beratungsqualität bei den freien ermittlern ist Gegenstand des Finanzanlagenvermittler- esetzes, das wir im Herbst auf den Weg bringen wer- en. Im Rahmen des OGAW-IV-Umsetzungsgesetzes ha- en wir entsprechend den europäischen Vorgaben die echte von Fondsanlegern gestärkt. Wir verfolgen darüber hinaus mit großem Interesse ie Ideen und Konzepte zur Stärkung von nachhaltigen eldanlagen und sehen daher diesem Teil der Anhörung m Montag mit Spannung entgegen. Insgesamt haben wir im Bereich Finanzmarktregulie- ng und Verbraucherschutz in den letzten 18 Monaten cht Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen; das neunte nd das zehnte sind bereits im parlamentarischen Ver- hren. Weitere Vorhaben, wie zum Beispiel die Neuord- ung der Finanzaufsicht, werden nach der Sommerpause lgen. Nun ist Quantität alleine kein Erfolgskriterium; ber ich möchte schon darauf hinweisen, dass wir mit em Restrukturierungsgesetz oder dem Gesetz zur Vor- eugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Deri- ategeschäfte neue innovative Wege gegangen sind und positiven Sinne auch im internationalen Vergleich aßstäbe gesetzt haben. Wir wissen aber auch, dass das noch nicht reicht, um ie Finanzmärkte nachhaltig sicherer und stabiler zu ma- hen. Deswegen arbeiten wir intensiv an weiteren von ns als relevant identifizierten Themen. Eines dieser Themen sind die großen, international ernetzten Finanzinstitute, von denen wir annehmen, ass sie für das gesamte System von Bedeutung sind. iese Institute beherrschen wir als Regulatoren definitiv och nicht. Ein Scheitern eines dieser Institute würde er- eblichen Schaden verursachen. Letztlich müsste dafür ieder der Steuerzahler geradestehen. Deswegen ist es ichtig, dass an diese Institute besondere Maßstäbe an- elegt werden. Wir begrüßen daher, dass im Rahmen des asel-III-Prozesses von diesen Instituten höhere Eigen- apitalbeträge als von nichtsystemrelevanten Instituten achgewiesen werden müssen. Wir werden uns dafür insetzen, dass dies schnell umgesetzt wird. Was noch hlt – das habe ich bereits erläutert –, ist ein Restruktu- erungsmechanismus für diese Institute – sozusagen das uf internationale, mindestens aber auf europäische bene erweiterte deutsche Restrukturierungsgesetz. Wir sehen des Weiteren Handlungsbedarf bei den Ra- ngagenturen. Sie waren zentraler Bestandteil der Krise. s ist darüber hinaus bedenklich, dass der gesamte Ra- 13656 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) tingmarkt im Wesentlichen von drei nichteuropäischen Agenturen beherrscht wird. Die Maßnahmen, die wir bisher zur Regulierung der Ratingagenturen auf den Weg gebracht haben, waren gut und zielführend; sie reichen aber nicht. Weitere Maßnahmen, die darauf abzielen, die Ratingqualität weiter zu verbessern, den Wettbewerb im Ratingmarkt zu stärken sowie zivilrechtliche Haftungs- regelungen für Ratingagenturen einzuführen, müssen folgen. Darüber hinaus haben wir in den letzten Monaten in- tensiv darüber diskutiert, wie die Finanzmärkte an den Kosten der Krise beteiligt werden können. Die EU- Kommission hat hierzu Untersuchungen durchgeführt und wird Vorschläge erarbeiten. Wir werden die Umset- zung dieser Vorschläge auf europäischer Ebene, wie auch in der Vergangenheit, unterstützen – so lange, wie keine originäre EU-Steuer entsteht. Ich möchte in die- sem Zusammenhang daran erinnern, dass es Vertreter der Bundesregierung waren, die dafür gesorgt haben, dass das Thema Finanztransaktionsteuer auf der europäi- schen Agenda weiter vorangetrieben worden ist. Zu einer Zwischenbilanz gehört aber auch eine kriti- sche Analyse der Dinge, die noch nicht erreicht worden sind, der Dinge, für die noch keine befriedigenden Lö- sungen erarbeitet worden sind. Ich möchte an dieser Stelle drei Punkte nennen: Wir beobachten mit Sorge, dass parallel zur Anhe- bung der Aufsichts- und Regulierungsstandards Finanz- marktakteure Geschäftstätigkeiten in den nicht oder we- nig regulierten Bereich auslagern. Hierzu zählen zum Beispiel die Aktivitäten von Zweckgesellschaften, Geld- marktfonds und Hedgefonds. Dabei gilt es zu vermeiden, dass ein großer Teil der Kredit-, Fristen- und Liquiditäts- intermediation außerhalb des Bankensektors stattfindet und in diesem Bereich Risiken entstehen, denen gerade mit den umgesetzten Regulierungsmaßnahmen im Ban- kensektor entgegengewirkt wurde. Wir sehen, dass es auch nach der Krise Länder gibt, in denen keine oder nur eine schwache Regulierung des Fi- nanzmarktes erfolgt. Es ist eine große Herausforderung, die jeweiligen Regierungen davon zu überzeugen, das nationale Regulierungswerk an internationale Standards anzupassen, um hierdurch die Nutzung von Regulie- rungsgefällen einzudämmen. Der dritte Punkt, zu welchem wir noch keine ab- schließende Lösung anbieten können, ist die Corporate Governance im Finanzdienstleistungsbereich. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Kontrollorgane in den Finanzinstituten genügend Sachkenntnis haben, um die Produkte und das Risikoprofil des Unternehmens zu ver- stehen und gegebenenfalls eingreifen zu können; das lässt sich politisch und aufsichtsrechtlich lösen. Es geht vielmehr darum, dass wir in vielen Teilen der Finanz- dienstleistungsbranche eine andere Unternehmenskultur brauchen. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank hat auf unserem Finanzmarktkongress gestern sinnge- mäß gesagt, dass es kein Geschäft wert sei, der Reputa- tion der Bank zu schaden. Das höre ich wohl, und ich würde mich freuen, wenn das eine oder andere Institut dies mehr als in der Vergangenheit beherzigen würde. D b d u n g V z s w v s d ti s s b d le tr M a fü m g fä g z g ti v d s z w a F s u g d s in k n tu In b n w is F (C (D amit meine ich weniger die regional tätigen Banken, ei denen Mitarbeiter und Management mit ihren Kun- en in engem Kontakt stehen, im gleichen Dorf wohnen nd im gleichen Verein feiern. Die Akteure in der Fi- anzwirtschaft haben neben ihren Verpflichtungen ge- enüber ihren Kapitalgebern auch eine gesellschaftliche erantwortung. Wenn ich dann aber auf den Konferen- en und Kongressen, auf denen ich zu diesem Thema preche, sinngemäß Aussagen höre wie: „Wenn ihr ollt, dass wir etwas nicht tun, dann müsst ihr es explizit erbieten, denn sonst sind wir es unseren Aktionären chuldig, dass wir unser Ergebnis optimieren“, dann ist ies nicht nur sehr kurzfristig gedacht, sondern nachhal- g verantwortungslos. Regulierung wird zum bürokrati- chen Monster; Regulierung wird nicht funktionieren, olange viele intelligente Menschen ihre Zeit damit ver- ringen, den ganzen Tag darüber nachzudenken, wie sie iese Regulierung umgehen können. Um das klarzustel- n: Dies ist kein Pauschalvorwurf an die Finanzindus- ie. Wir wissen, dass dort der überwiegende Teil der itarbeiter eine mehr als hervorragende Arbeit leistet; ber der eine oder andere sollte sich schon angesprochen hlen. Wir fordern daher die Bundesregierung auf: Erstens: Bei der effektiven Regulierung der Finanz- ärkte weiterhin konsequent und mit Augenmaß vorzu- ehen und dauerhaft für ein stabileres und widerstands- higeres Finanzsystem zu sorgen. Zweitens: Die Einhaltung neuer regulatorischer Vor- aben aufgrund bereits beschlossener Reformvorhaben u überwachen und regelmäßig zu überprüfen, ob die an- estrebten Regulierungsziele erreicht werden. Drittens: Sich dafür einzusetzen, dass die auf interna- onaler, europäischer und nationaler Ebene noch nicht ollendeten Reformvorhaben zügig abgeschlossen wer- en; insbesondere die Arbeiten der G 20 und des Finanz- tabilitätsrates zu den systemrelevanten Instituten sowie ur Regulierung des Schattenbankensystems müssen eiter vorangetrieben werden. Viertens: Sich dafür einzusetzen, dass die bereits ver- bschiedeten internationalen Beschlüsse zur verstärkten inanzmarktregulierung in allen beteiligten Staaten voll- tändig und international konsistent umgesetzt werden, m Wettbewerbsverzerrungen und die Nutzung von Re- ulierungsgefällen zu vermeiden; dies betrifft unter an- erem die Einführung der Beschlüsse des Baseler Aus- chusses in weiteren Ländern und die Umsetzung der ternationalen Vorgaben zu den Vergütungsstandards. Fünftens: Unter Berücksichtigung der seit der Finanz- rise und der Staatsschuldenkrise gewonnenen Erkennt- isse eine umfassende und systematische Folgebewer- ng der Ursachen für eingetretene und potenzielle stabilitäten der Finanzmärkte vorzunehmen und die isher umgesetzten und eingeleiteten Regulierungsmaß- ahmen im Hinblick auf die Ergebnisse dieser Folgebe- ertung zu evaluieren. Der letzte Punkt ist mir dabei besonders wichtig. Er t mir deswegen wichtig, weil es fast drei Jahre nach der inanzkrise ein guter Zeitpunkt ist, zurückzuschauen, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13657 (A) ) )(B) unter Berücksichtigung von gegebenenfalls neuen Er- kenntnissen die eingeleiteten Regulierungsmaßnahmen zu bewerten und die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen. Viel getan, viel erreicht, noch viel zu tun – am besten gemeinsam, gemeinsam mit der Opposition und, was sehr hilfreich wäre, gemeinsam mit der Finanzindustrie. Nehmen Sie das Angebot an! Dr. Carsten Sieling (SPD): Gerade gestern Nach- mittag hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu einem Kongress geladen, der die Überschrift „Finanzmarktre- gulierung nach der Krise – eine Zwischenbilanz“ trug. In salbungsvollen Worten wird im Vorwort der Einladung der Leserschaft offenbart, dass „nationale wie internatio- nale Märkte einen stärkeren Ordnungsrahmen brau- chen“. Ich vermute, man hat sich dort gegenseitig auf die Schulter geklopft und versichert, dass ja alles nicht so schlimm gewesen sei und man im Übrigen schon eine Menge geschafft habe. Nur leider ist dem nicht so. Weder war die Finanz- und Wirtschaftskrise, die zu einer Staatsschuldenkrise geworden ist, ein Betriebsunfall, noch reichen die bishe- rigen Reformen im Finanzsektor nur ansatzweise aus, um künftige Krisen zu verhindern. Wer allerdings erwartet hat, mit dem vorliegenden Antrag der Regierungsfraktionen ein Gesamtkonzept oder zumindest einen Eindruck darüber zu bekommen, mit welchem Anspruch sich die Regierungsfraktionen der größten Volkswirtschaft Europas und eines G-8- und G-20-Mitgliedes an den laufenden und harten internatio- nalen Regulierungsdebatten einbringen wollen, der wird bitter enttäuscht. Selten habe ich bei einem so wichtigen Thema einen so nichtssagenden und unambitionierten Text gelesen. Und auch der Umstand, dass wir diesen Antrag nach Mitternacht beraten, spricht Bände. Aber um die Finanzpolitik ist es eben ähnlich dunkel bestellt, wie es im Moment draußen ist. Aber nicht nur das. Weil man sich aufseiten der Ko- alition wahrscheinlich durchaus der dürftigen Bilanz in Sachen Finanzmarktregulierung bewusst ist, wird sich einfach dreist mit fremden Federn geschmückt. Nicht anders ist es sonst zu verstehen, dass sämtliche Regulie- rungsvorhaben der europäischen Ebene, die Deutschland sowieso umsetzen muss, hier als Erfolg dargestellt wer- den. Das gilt zum Beispiel für die Regulierung der Ra- tingagenturen, die Kapitaladäquanzrichtlinie, die Neure- gelung der EU-Finanzaufsicht oder die geplante Deri- vateneuregelung. Im Bereich des Verbraucherschutzes ist es offenbar allein die Quantität, die überzeugen soll. Denn nicht an- ders ist es zu verstehen, dass das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz und das Finanzanlagen- vermittler- und Vermögensanlagengesetz hier als zwei getrennte Gesetzesinitiativen dargestellt werden. Was dabei aber gern vergessen wird: Diese beiden Gesetze – mit dem Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchli- che Wertpapiergeschäfte – waren noch Anfang 2010 als gemeinsamer Entwurf in einem Gesetz vorgelegt worden b d s h s z g c d V A a h W b d z g Z h d „ R „ F F o n n g U H k w E z d D g E ru d s R F (C (D is Herr Brüderle mit der freien Vermittlerlobby sich urchsetzte und ein neuer, eigener – und natürlich abge- chwächter Vorschlag notwendig war. Stichwort Bankenrestrukturierungsgesetz: Auch hier at die Koalition dankbar auf die guten Vorarbeiten der ozialdemokratischen Minister Steinbrück und Zypries urückgegriffen. Und das in diesem Zusammenhang ei- ene Vorhaben der Bankenabgabe stockt nach der Blo- kade im Bundesrat. Die Reihe ließe sich fortsetzen: Stockende Reform er nationalen Finanzaufsicht oder ein fehlendes klares otum zur Finanztransaktionsteuer: überall Stillstand. Auch die Neuregelung der Vergütungsstrukturen bei ktiengesellschaften hin zu einer stärkeren Ausrichtung m langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolg at die SPD-Bundestagsfraktion gegen den massiven iderstand des Koalitionspartners 2009 auf den Weg ge- racht. Ich sehe keinen Vorschlag, wie künftig das Problem er systemrelevanten Banken, die „too big to fail“ sind, u lösen ist. Die USA, die Schweiz und Großbritannien ehen hier neue und eigene Wege. Deutschland bleibt aungast. Aber ich fürchte, der Anspruch ist schon gar nicht, ier Akzente zu setzen. Das zeigt sich auch an dem For- erungskatalog der Koalition am Ende des Antrags: Prüfen, beobachten, evaluieren“ ist offensichtlich der eformanspruch der Koalition, der mich verdächtig an nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“ erinnert. Anders ist es auch zu verstehen, dass auf der gestrigen inanzmarktkonferenz das „Who is who“ der deutschen inanzlobby auftreten darf, von Verbraucherschützern der geschädigten Anlegern dagegen weit und breit ichts zu sehen ist. Herr Ackermann darf dann mit dicken Krokodilsträ- en davon berichten, dass ihn die mickrige Bankenab- abe in Höhe von 70 Millionen doch angesichts eines nternehmensgewinnes der Deutschen Bank für 2011 in öhe von geplanten 10 Milliarden Euro hart trifft. Herr Blessing von der Commerzbank darf darüber lagen, dass die Öffentlichkeit gar nicht genug positiv ahrnimmt, dass er immerhin einen Großteil der Stillen inlage des Bundes in Höhe von 16,4 Milliarden Euro urückgezahlt hat. Ohne dabei aber zu erwähnen, dass er ie geplanten Zinsen darauf nie zahlen wird. Und schließlich wird Herr Francioni im Namen der eutschen Börse verkünden, dass sämtliche Bestrebun- en, eine Finanztransaktionsteuer nur auf europäischer bene einzuführen, zu nicht kompensierbaren Abwande- ngsbewegungen führen wird. Aber man muss sich auch nicht wundern, wenn man ie Frösche fragt, ob man ihren Teich trockenlegen ollte. So wird das nicht gelingen. Die SPD hat dazu eine eihe eigener Vorschläge eingebracht. Wir wollen eine Finanztransaktionsteuer. Gerade die inanzmarktakteure haben in der Finanz- und Wirt- 13658 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) schaftskrise von umfangreichen Rettungsmaßnahmen des Staates profitiert. Es ist somit ein Gebot der Gerech- tigkeit, den Finanzsektor auch durch die Erhebung einer Finanztransaktionsteuer höher zu besteuern. Dadurch würden die Finanzmarktakteure nicht zuletzt auch an der Finanzierung der von ihnen selbst wesentlich mit verur- sachten Kosten zur Krisenbewältigung beteiligt. Wir wollen höhere – weit über die Basel-III-Vor- schläge hinausgehende Eigenkapitalzuschläge für sys- temrelevante Finanzinstitute. Wir kämpfen für eine Bankenabgabe, die sich an den wirklichen Risiken des Geschäftsmodells einer Bank orientiert und so aufkommensstark ist, damit nicht in der nächsten Krise wieder die Steuerzahlerinnen und Steuer- zahler zur Kasse gebeten werden. Schließlich brauchen wir zwingend auch ein umfas- sendes Maßnahmenpaket, das alle Akteure im Bereich der Finanzdienstleistungen einschließt. Im Sinne eines „Finanz-TÜV“ brauchen die Anleger baldmöglichst zu- verlässige, detaillierte und verständliche Informationen über die am Markt angebotenen, teilweise hochriskanten Finanzprodukte. Nur so können die Verbraucherinnen und Verbraucher bei ihrer Vermögensanlage die Sicher- heit erreichen, die sie selbst für angemessen erachten. Die nur kurze Reihe ließe sich fortsetzen. Und sie zeigt, dass wir mehr brauchen als einen ziemlich lustlos zusammengeschriebenen Antrag zur Finanzmarktregu- lierung, den uns die Koalition hier heute vorlegt. Björn Sänger (FDP): Mit dem vorliegenden Antrag legt die christlich-liberale Koalition eine Zwischenbilanz der Regulierung der Finanzmärkte nach der Finanzkrise vor, die sich sehen lassen kann. Selbstverständlich ist das große Haus der neuen Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten noch nicht vollständig errichtet. Wir sind aber deutlich weiter als im Rohbau. Das Haus bietet – selbst nach doch recht kurzer Bauzeit – Schutz, und es wärmt. Bei allen Regulierungsfragen, vor denen wir standen, geht es im Kern um die Wiedereinführung der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Es mussten – und müssen – Sachverhalte geregelt werden, bei denen Pro- bleme aufgetaucht sind, die es, würde das Prinzip des „ehrbaren Kaufmanns“ konsequent durchgehalten wer- den, nicht gegeben hätte. Als Liberaler bedauere ich diese Tatsache, muss mich ihr jedoch stellen. Was ist nun die Aufgabe einer effektiven Regulierung der Finanzmärkte? Effektive Regulierung schafft einen Rechtsrahmen, der mit marktwirtschaftlichen Mitteln versucht, künftige Krisen – egal, woraus sie sich entwi- ckeln können – zu vermeiden und ausgebrochene Krisen lokal zu begrenzen. Das ist der christlich-liberalen Ko- alition mit den hierzu bislang vorgelegten Gesetzen und Initiativen gelungen, und damit sind wir deutlich weiter als andere, die elf Jahre an den Schalthebeln des Bundes- finanzministeriums sträflich untätig haben verstreichen lassen. k v re te e in li b te G a ti p S G b w n li n h g R e z d S a B tr e e d F F ti B ü u h ru W g fa M d v v d d S In d s s (C (D Gleichwohl gibt diese erfolgreiche Zwischenbilanz einen Anlass, sich auf Erreichtem auszuruhen. Sie ist ielmehr Motivation, den hohen qualitativen Level unse- r nationalen Regulierung auch auf die anstehenden in- rnationalen Regulierungsvorhaben auszudehnen. Denn s gibt nach wie vor Baustellen, und der Bau geht nicht der Geschwindigkeit voran, die wir uns als christlich- berale Regierungskoalition wünschen. Wir wollen die Finanzmärkte effektiv regulieren. Das edingt, dass wir die Internationalität der Märkte beach- n und daher zu globalen Lösungen kommen müssen. leichzeitig müssen wir die Besonderheiten, die wir in llen Bereichen im deutschen Markt haben, berücksich- gen. Denn wir wären doch mit dem Klammerbeutel ge- udert, wenn wir zum Beispiel das erfolgreiche Drei- äulen-Modell unserer Bankenlandschaft, das uns – im egensatz zu anderen Ländern – gut durch die Krise ge- racht hat, durch unpassende Regulierung gefährden ürden. Aber dieser Anspruch, den ja auch alle Fraktio- en dieses Hauses glücklicherweise teilen, sorgt natür- ch dafür, dass es mit der internationalen Regulierung icht so schnell vorangeht, denn die notwendigen Ver- andlungen brauchen Zeit. Dabei haben wir Deutsche schon Rahmenbedingun- en in Kraft gesetzt, die Vorbild für die internationale egulierung sind – unser Bankenrestrukturierungsgesetz twa, das es ermöglicht, Banken kontrolliert vom Markt u nehmen und durch die Absicherung eines Fonds, den ie Branche über die Bankenabgabe selbst speist, die chockwellen, die auf den Märkten entstehen können, bzublocken. Dieses Gesetz sollte meines Erachtens die laupause für die EU-Regulierung werden. Und das be- ifft ausdrücklich auch die Bankenabgabe, denn hier ist ine Harmonisierung auf europäischer Ebene dringend rforderlich, um unnötige Doppelzahlungen zu vermei- en. Aber ich denke auch an unser Leerverkaufsverbot. ür diese intelligente Lösung, die über eine zeitliche rist die unerwünschten Effekte zielgerichteter Spekula- on von den durchaus gewünschten Aspekten, wie zum eispiel der Liquiditätssicherung oder der Information ber Blasenbildung im Markt, trennt, interessieren sich nsere amerikanischen Freunde. Wir haben des Weiteren bei der Frage des Selbstbe- alts bei Kreditverbriefungen eine von der EU-Regulie- ng abweichende Lösung gewählt, weil wir – mit der issenschaft – der Auffassung sind, dass ein höherer Ei- enbehalt auch eine höhere Gewähr dagegen bietet, dass ule Kredite über das Verbriefungsinstrument die ärkte großflächig infizieren. Wir gehen davon aus, ass es unserer Bundesregierung auch gelingt, über die ereinbarte Evaluierung unsere europäischen Partner on der hohen Güte unserer Lösung zu überzeugen, so ass wir keine Regulierungsarbitrageverluste für den eutschen Markt befürchten müssen. Neben der Regulierung der Ratingagenturen und der chaffung eines Rechtsrahmens, der an die Vergütung in stituten schärfere Bedingungen stellt, haben wir auch en Schutz der Anleger entscheidend gestärkt. Hierbei ind die Produktinformationsblätter nur ein Aspekt. Ent- cheidend sind die Erfassung der Anlageberater in einem Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13659 (A) ) )(B) Register und die Möglichkeit, dass die Aufsicht bei ge- häuften Beschwerden eine weitere Tätigkeit untersagen kann. Zukünftig wird dies auch die im sogenannten Grauen Kapitalmarkt Tätigen betreffen, was ein Novum in Deutschland darstellt. Wichtig ist, dass der Anleger die wesentlichen Informationen, die für ihn und seine Anlagen von entscheidender Bedeutung sind, direkt be- kommt, ohne dass er auf die ergänzenden Informationen verzichten muss, auf die er bei Bedarf zugreifen kann. Diese Regelungen tragen zur Vereinfachung des Ver- braucherschutzes bei, helfen, den Anleger nicht zu ver- wirren, und dämpfen natürlich die Kosten, was am Ende des Tages auch dem Anleger zugutekommt. Neben all den Erfolgen, die die Bundesregierung mit der Unterstützung der christlich-liberalen Regierungs- koalition auch auf internationaler Ebene erreicht hat, in- dem deutsche Interessen in die Vereinbarungen einge- flossen sind, bleibt noch einiges zu tun. Ich denke hier an die Regulierung der außerbörslichen Derivatemärkte, den von Hedgefonds und Zweckgesellschaften domi- nierten sogenannten Schattenbankensektor und die Spe- kulation auf den Rohstoffmärkten. Es gilt bei all diesen Fragen der von uns mit Nachdruck unterstützte Grund- satz, dass kein Finanzmarkt, kein Finanzmarktakteur und kein Finanzmarktprodukt zukünftig unreguliert bleiben soll! Dabei sollen bewährte Regeln, wie etwa unser deut- sches Einlagensicherungssystem, nicht gefährdet, son- dern in die neue Welt überführt werden. Ein solides und festes Gebäude reißt man nicht ohne Not ab, sondern nutzt es zur Stabilisierung des neuen Hauses. Gleichzeitig nutzt die christlich-liberale Koalition die Regulierung, um auch den Finanzplatz Deutschland zu stärken. Ein sehr gutes Beispiel ist hier das Pension Poo- ling, also die länderübergreifende Verwaltung von Al- tersvorsorgeeinrichtungen. Hier können wir für die An- leger und unseren heimischen Markt Gutes tun, und daher freut es uns Liberale besonders, dass die Bundes- regierung zugesagt hat, sehr zeitnah – wahrscheinlich schon bis Ende dieses Jahres – einen ersten Gesetzent- wurf zur Realisierung dessen vorzulegen. Es freut mich, festzustellen, dass die christlich-libe- rale Koalition und die von ihr getragene Bundesregie- rung auf einem sehr guten Weg bei einer effektiven Re- gulierung der Finanzmärkte nach der Finanzkrise sind – ein Weg, bei dem das Ziel erkennbar ist und der kraftvoll beschritten wird. Die Geschwindigkeit ist angemessen. Wir rennen nicht planlos durch die Gegend, nur um Ak- tivität vorzutäuschen, wie das vom einen oder anderen Antrag derer, die elf Jahre die Möglichkeit gehabt hät- ten, gefordert wird. Nein, wir haben alle Regulierungs- aktivitäten im Kopf und bedenken deren Auswirkung auf die Finanzakteure. Denn die Summe der einzelnen Teile ergibt erst den Mechanismus. Wir wollen, dass dieser Mechanismus funktioniert und er Krisen vorbeugen hilft, und nicht, dass er durch eine zu hohe Gesamtbelas- tung krisenverursachend wirkt oder die Akteure aus dem Land treibt. Damit wäre niemandem geholfen. Wir brau- chen die dienende Rolle der Finanzwirtschaft für die Un- ternehmen der Realwirtschaft. Dabei sind wir ganz selbstverständlich bereit, nach einer Evaluierung an der einen oder anderen Stelle Veränderungen vorzunehmen, w w n c re le v R v e s F e e d v B u h w A m g h v S K z d in ti a li d U d te b n k ru u si u fi g g g n V s F a D re w (C (D enn wir feststellen, dass eine Maßnahme nicht so irkt, wie angenommen. Aber dazu muss man die Maß- ahmen auch erst mal wirken lassen. Das tun wir, die hristlich-liberale Koalition, und wir tun dies erfolg- ich, wie man in unserer Zwischenbilanz zweifelsfrei sen kann. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Mit dem uns orliegenden Antrag der Koalition, „Effektive egulierung der Finanzmärkte nach der Finanzkrise“, ersucht die Bundesregierung den Eindruck zu rwecken, dass erstens die Finanzkrise vorbei sei, was ie nicht ist. Mit der Euro-Krise setzt sich die inanzkrise fort. Laut jüngsten Pressemeldungen, wird ine Reihe von Banken, darunter auch eine deutsche, den uropäischen Bankenstresstest nicht bestehen. Auch sind ie in die Bad Banks ausgelagerten Giftpapiere nicht erkäuflich, das Risiko bleibt. Dass zweitens die undesregierung bereits auf vielen Gebieten zahlreiche nd natürlich allesamt richtige Maßnahmen ergriffen ätte und drittens die Bundesregierung bitte so eitermachen soll wie bisher, um, ich zitiere aus Ihrem ntrag „bei der effektiven Regulierung der Finanz- ärkte weiterhin konsequent und mit Augenmaß vorzu- ehen und dauerhaft für ein stabiles und widerstandsfä- iges Finanzsystem zu sorgen“. Aber die Bundesregierung ist nicht konsequent orgegangen und tut es bisher weiterhin auch nicht! icher wurde unter dem Druck der ausgebrochenen rise einiges eingeleitet, um die Finanzmärkte ein wenig u regulieren, zum Beispiel das auf den Euro und eutsche Aktien beschränkte Leerverkaufsverbot. Aber sgesamt ist nicht viel passiert, was tatsächlich zukünf- gen Krisen vorbeugt. Immerhin sind Sie von ihrem neoliberalen Credo, der lternativlosen Notwendigkeit die Finanzmärkte zu deregu- eren, welches die Finanzpolitik aller Bundesregierungen er letzten Jahrzehnte bestimmte, abgewichen. Aber dieses mschwenken war und ist zögerlich und wird gerade nicht en Anforderungen gerecht, um tatsächlich ein Bankensys- m zurecht zu stutzen, welches seinen eigentlichen Aufga- en gerecht wird, die ich Ihnen gerne nochmal ins Gedächt- is rufe: erstens Sicherstellung eines zuverlässigen und ostengünstigen Zahlungsverkehrs, zweitens Zurückfüh- ng der Banken auf ihre Rolle als Kapitalsammelstellen nd drittens Erfüllung ihrer Finanzierungsfunktion, indem e die Investitionen der Unternehmen, der Privathaushalte nd des Staates zu annehmbaren Bedingungen über Kredit nanzieren. Banken sind nicht zum Selbstzweck da. Diese eben enannten Kernaufgaben können auch kleine und mittel- roße Banken tun. Es braucht dazu keine gigantisch roßen Finanzinstitute. Diese erreichen ihre Größe oft ur unter anderem durch Spekulation, bei gleichzeitiger ernachlässigung ihrer eigentlichen Kernaufgaben. Und ie haben durch ihre Systemrelevanz das Potenzial, die inanzmarktstabilität insgesamt zu gefährden und damit uch die Funktionsweise ganzer Staaten zu bedrohen. aher müssen diese systemrelevanten Banken, durch gulatorische Maßnahmen, auf ein Maß zurechtgestutzt erden, dass keine Gefahr mehr von ihnen auf die 13660 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Finanzmarktstabilität ausgeht. Dies stünde noch nicht einmal im Widerspruch zur europäischen Kapitalver- kehrsfreiheit. Denn diese darf immer dann eingeschränkt werden, wenn die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gefährdet ist. Und systemrelevante Banken stellen zweifelsohne eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung dar. Auch sollten Privatbanken in einen gegen- seitigen Haftungsverbund gezwungen werden, wie ihn Sparkassen und Genossenschaftsbanken längst haben. Das würde Risiken wirklich deutlich minimieren und im Falle eines Crashs müsste nicht die Allgemeinheit für den Schaden geradestehen. Wichtig ist auch das Thema Ratingagenturen. Die EU-Ratingverordnung ist kaum das Papier wert, auf das sie geschrieben wurde. Wir alle kennen das Problem mit den wenigen, nicht unabhängig agierenden Ratingagen- turen und ihren oft falschen Bewertungen, welche durch fehlende Transparenz der angewendeten Verfahren über- haupt nicht nachvollziehbar sind. Sie versuchen ernst- haft die bloße Registrierung dieser Orakel als Regulie- rung zu verkaufen. Was wir brauchen ist eine europäische, öffentliche Ratingagentur, deren Finanzierung durch eine Gebüh- renordnung – vergleichbar mit Notaren – sichergestellt wird. Wo ist da Ihre Initiative, frage ich Sie? Sie haben ein Restrukturierungsgesetz installiert, das nicht mehr als Blendwerk ist. Sogar die Kanzlei Freshfields, die bisweilen selbst Gesetzentwürfe für Sie formuliert, bezeichnet das Sanierungsverfahren als zahn- los. Dazu kommt, dass das Restrukturierungsverfahren nicht auf das Insolvenzrecht anderer Staaten abgestimmt ist und es darf bezweifelt, dass bei seiner Einleitung die Gläubiger die Füße still halten. Für die Restrukturierung einer großen systemrelevanten Bank wird auf Jahrzehnte hinaus schlicht das Geld fehlen, weil sie eine Bankenab- gabe eingeführt haben, die viel zu gering ausfällt. Bei Beibehaltung der mickrigen Bankenabgabe dürfte eine nächste Krise erst wieder in einigen Jahrzehnten auftre- ten, das wissen Sie, trauen sich aber nicht eine angemes- sene Bankenabgabe durchzusetzen. Auch ich frage Sie, wo Ihr Engagement für eine Fi- nanztransaktionsteuer ist? Und die Frage der Kosten der jetzigen Krise wird von Ihnen überhaupt nicht, oder nur sehr zaghaft gestellt. Das Problem ist, es bleibt bei Ihnen bei alten neoliberalen Denkmustern und Leitbildern. So auch beim Thema Finanzaufsicht. Zwar halten auch wir Linke die Errichtung verbindlicher europäischer Aufsichts- strukturen für richtig und wichtig. An allen Institutionen des neuen EU-Aufsichtssystems ist aber gemeinsam zu kritisieren, das ihnen keine makroökonomischen und makroprudenziellen Leitsätze auferlegt wurden, um die von den Finanzmärkten ausgehenden Risiken wirkungs- voll zu bekämpfen. Es wird immer noch die Effektivität der Finanzmärkte hervorgehoben, die es zu gewähr- leisten gilt. Die Folge wird sein: Die Banken kassieren und wenn Not am Mann ist, dann hilft doch wieder der Staat. All das, was weiter geschehen soll, soll mit „Augenmaß“ geschehen. Genau das heißt im Klartext, die Banken und diejenigen zu verschonen, die zulasten d s u L d A A d k n h F v s im G a P g u ri u tu g b R R d B b w s s S B n n K g 5 B ti s ru B d g h d a re P S K K (C (D er Steuerzahlerinnen und Steuerzahler spekulieren. Ich age Ihnen: mit uns nicht! Wenn Sie hier nicht endlich mdenken und Ihre alten und überholten neoliberalen eitsätze effizienter Kapitalmärkte über Bord werfen, ann kommt die nächste Krise sicherlich. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ls unbedarfter Leser könnte man bei der Lektüre des ntrags der Regierungsfraktionen beinahe zu dem Ein- ruck gelangen: alles kein Problem mehr mit den Ban- en und den Finanzmärkten. Das ist leider überhaupt icht so. Ihr Antrag ist in vielen Bereichen schlicht Lob- udelei. Er vermittelt ein falsches Bild vom Stand der inanzmarktregulierung und den ungelösten Problemen, or denen wir heute, nach vier Jahren Krise, noch immer tehen. So ist das sogenannte Too-big-to-fail-Problem noch mer ungelöst. Anders als etwa die Schweiz oder roßbritannien traut sich Deutschland noch nicht einmal n eine ernste und ehrliche Diskussion heran, wie das roblem der impliziten Staatsgarantie für Großbanken elöst werden kann. Diese kostenlose Staatsgarantie ist nvereinbar mit einer Marktwirtschaft. Die Steuerzahle- nnen und Steuerzahler werden zwangsweise zu Bürgen nd Versicherern ohne Prämienzahlung für Finanzinsti- te, die aufgrund ihrer Größe eine staatliche Rettungs- arantie besitzen. Zugleich haben solche Institute Wett- ewerbsvorteile, weil sie infolge der staatlichen ettungsgarantie ein besseres Rating und somit bessere efinanzierungsbedingungen erhalten. So verstärkt sich as Problem selbst. Leider ist überhaupt nicht in Sicht, dass Sie oder die undesregierung sich ernsthaft um eine Lösung der Too- ig-to-fail-Problematik bemühen, im Gegenteil: Basel III ird derzeit auch auf deutsche Initiative in der europäi- chen Umsetzung in entscheidenden Bereichen verwäs- ert. So wird nach allem, was wir aus Brüssel hören, eine chuldenbremse für Banken, die ihre risikoungewichtete ilanzsumme in Relation zum Eigenkapital begrenzt, icht eingeführt, obwohl die Basel-III-Vereinbarung das och vorsah. Dabei müsste gerade Banken, die bei der reditvergabe an Unternehmen sehr genau auf die Ei- enkapitalausstattung achten, klar sein: Mit weniger als Prozent Eigenkapital zu wirtschaften ist kein seriöses ankgeschäft. Das wird bis heute aber vom Staat akzep- ert, obwohl man Banken mit einer Leverage Ratio viel tabiler machen könnte, wie beispielsweise die Erfah- ngen in Kanada zeigen. Auch fehlt bis heute ein echtes EU-Insolvenzrecht für anken und ein europäischer Bankenrettungsfonds, mit enen sich Banken ohne gravierende Marktverwerfun- en abwickeln ließen. Dabei ist allen Experten schon eute klar, dass mit nationalen Abwicklungsregimen wie em deutschen es unmöglich ist, grenzüberschreitend gierende Banken abzuwickeln, ohne dass es zu Panik- aktionen an den Märkten kommt. Den Kennern Ihrer olitik und Brüsseler Interventionen ist ebenso klar, dass ie versuchen werden, die dringende Delegation echter ompetenz auf die europäische Ebene im Bereich des risenmanagements zu verhindern. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13661 (A) ) )(B) Kein Produkt, keine Region und kein Akteur außer- halb der Aufsicht, hieß es vor beinahe drei Jahren beim G-20-Treffen in Washington. Erst gestern hat Ihre Kanz- lerin diesen Spruch bei Ihrer Finanzmarktkonferenz wie- derholt, und Ihr Antrag verklärt dieses ja richtige Motto gar zum Leitmotiv Ihrer Finanzmarktregulierung. Doch bis heute sind billionenschwere Märkte für Derivate wie Kreditversicherungen nicht nur unbeaufsichtigt, son- dern auch nach wie vor völlig intransparent. So ist es bis heute für die deutsche Aufsicht nicht möglich, eigen- ständig in Erfahrung zu bringen, welche deutschen Ban- ken zu welchen Volumina Sicherungsgeber oder -neh- mer für Kreditausfallversicherungen beispielsweise auf griechische Anleihen sind. Ich bin vor diesem Hinter- grund sehr gespannt auf die Umsetzung und Durchfüh- rungsbestimmungen zu den neuen EU-Regulierungen zu Derivaten und den Marktinfrastrukturen. Die Gretchen- frage, an der auch Sie sich werden messen lassen müs- sen, lautet, welcher Anteil von Derivaten letztlich tat- sächlich auf regulierte Handelsplätze überführt wird, oder anders ausgedrückt: wie hoch der Anteil an Deriva- ten sein wird, der auch künftig unreguliert ablaufen wird, weil bestimmte Industrien daran ein massives finanziel- les Interesse haben und weil Sie dem dann nachgegeben haben. Spätestens dann werden Sie Ihr ja richtiges Motto von der lückenlosen Regulierung aller Finanzprodukte korrigieren müssen. Ihr Antrag ist an mancher Stelle ausgesprochen wi- dersprüchlich. So loben Sie auf der einen Seite die neue Versicherungsregulierung Solvency II und die darin vor- genommene „Modernisierung der Risikomanagement- vorschriften“. Das passt aber überhaupt nicht zu Ihrer Kritik an den Ratingagenturen und ihrem Einfluss. Sie begrüßen vor diesem Hintergrund, dass die EU-Kom- mission derzeit eine Konsultation durchführt, wie die Verwendung externer Ratings in der Regulierung gemin- dert werden kann, und Sie fordern dringend Maßnahmen zur Verminderung des Einflusses der Ratingnoten ein. Ist Ihnen eigentlich klar, dass Solvency II die Bedeutung von Ratings in der Versicherungsregulierung nochmals deutlich stärken wird und dass deshalb Ihre Positionen und Forderungen an dieser Stelle einfach nicht zusam- menpassen? Ja, es sind viele Gesetze erlassen worden. Ja, es sind weitere Gesetze auf dem Weg. Aber es ist nicht die Masse an Regeln, die Länge der Gesetze, die einen stabi- len Finanzmarkt ausmachen, sondern ihr Inhalt und ins- besondere ihr Zusammenwirken. Viele Wissenschaftler beklagen, dass die entscheidenden Regeln nicht gesetzt werden. Selbst der IWF warnt davor, dass die Risiken für eine Finanzkrise eher zu- als abgenommen hätten. Nehmen Sie das eigentlich überhaupt zur Kenntnis? Na- türlich geht es um die Durchsetzung der Regeln. Was Sie zum Thema Aufsicht aufgeschrieben haben, erstaunt vielleicht am meisten. Glauben Sie wirklich, Sie können Ihr klägliches Scheitern bei der Reform der Finanzauf- sicht schönreden? Im Koalitionsvertrag wollten Sie noch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht un- ter das Dach der Bundesbank packen. Damit sind Sie ge- scheitert. Jetzt machen Sie nur noch Kleinkram, den Sie s h A w W n k S s g S g u d c H A la S n n k u N B te te je a s te b ru b te S G a h d (C (D elbst noch vor wenigen Monaten als kläglich bezeichnet ätten. So viel Ehrlichkeit muss schon sein. nlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Keine zusätzlichen finanziellen Mittel des Bundes oder der Bahn AG für Stuttgart 21 – Stuttgart 21 – kein Weiterbau ohne Nach- weis der Leistungsfähigkeit und ohne Klä- rung der Kosten und Risiken (Tagesordnungspunkt 16 und Zusatztagesord- nungspunkt 10) Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU): Eigentlich urde schon heute Mittag in der Aktuellen Stunde alles ichtige zum Infrastrukturprojekt Stuttgart 21 in mei- em Wahlkreis gesagt. Winfried Hermann ist zum Ver- ehrsminister in Baden-Württemberg und nicht zum tuttgart-21-Verhinderungsminister gewählt worden. An einem Amtsverständnis dürfen erhebliche Zweifel an- emeldet werden. Der Umgang von Grünen und Linken mit dem Thema tuttgart 21 ist aber generell unredlich. Mit Mutmaßun- en und Tricksereien versuchen Sie, das für Stuttgart nd Baden-Württemberg so wichtige Projekt zu diskre- itieren. Ihre Argumente werden dabei immer schwä- her, wie das Lavieren von Verkehrsminister Winfried ermann in den letzten Wochen bei Stuttgart 21 zeigt. Auch die beiden uns hier zur Diskussion vorliegenden nträge sind in ihren Begründungen gespickt mit Speku- tionen und einer unredlichen Interpretation des chlichterspruchs von Heiner Geißler. Mit der Wahrheit ehmen Sie es in Ihren Anträgen nicht ganz so genau. Das möchte ich gerne zunächst zum Antrag der Grü- en genauer ausführen: Jeder Lokaljournalist in Stuttgart ennt den Schlichterspruch inzwischen besser, als Sie es ns in Ihrer Antragsbegründung weismachen wollen: irgendwo im Schlichterspruch ist festgehalten, dass die ahn zu irgendeinem Zeitpunkt die Bauarbeiten zu un- rbrechen hätte, weder während noch nach dem Stress- st. Der Stresstest dient im Übrigen nicht dazu, das Pro- kt zu verhindern, sondern es zu optimieren. Nach llem, was wir bisher wissen, wird dies auch mit über- chaubaren Ergänzungen funktionieren. Es war ein Entgegenkommen der Bahn, die Bauarbei- n nach dem Regierungswechsel in Baden-Württem- erg zunächst ruhen zu lassen, bis sich die neue Regie- ng konstituiert hat. Eine Verlängerung des Baustopps is zu einer möglichen Volksabstimmung im Herbst kos- t 410 Millionen Euro. Nach Ihrem Antrag müsste der teuerzahler diese Summe zahlen, weil sich SPD und rüne in Baden-Württemberg nicht einig sind und sich uf eine verfassungswidrige Volksabstimmung geeinigt aben, um dieses Dilemma zu lösen. Die Kosten müsste ann aber bitte schön auch die baden-württembergische 13662 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Landesregierung tragen. Dazu ist sie natürlich nicht be- reit. Über die angeblichen Detailforderungen des Schlich- ters Heiner Geißler, die Sie in der Begründung Ihres An- trags auflisten, wundere ich mich doch sehr: Entweder Sie haben den Schlichterspruch nicht gelesen oder Sie versuchen, mit Ihrem Antrag darüber hinwegzutäuschen, dass die meisten angemahnten Verbesserungen nur dann erforderlich werden, wenn das Ergebnis des Stresstests dies notwendig macht. Heiner Geißler hat eben nicht ge- fordert, dass es zwangsläufig zu einer Erweiterung des Tiefbahnhofs um ein neuntes und zehntes Gleis, zu einer zweigleisigen westlichen Anbindung des Flughafens an die Neubaustrecke, zu einer Anbindung der bestehenden Ferngleise von Zuffenhausen an den neuen Tunnel von Bad Cannstatt zum Hauptbahnhof sowie zu einer Aus- rüstung aller Strecken von Stuttgart 21 bis Wendlingen zusätzlich mit konventioneller Leit- und Sicherungstech- nik kommen muss. Absolut unglaubwürdig wird Ihre Antragsbegründung aber dann, wenn Sie befürchten, dass die Überführung der frei werdenden Flächen in eine Stiftung Mehrkosten für das Projekt verursacht. Diese frei werdenden Flächen gehören der Stadt Stuttgart und haben rein gar nichts mit den Projektkosten zu tun. Also wird es auch nicht zu Mehrkosten kommen, wenn man weniger für diese Flä- chen einnimmt. Das weiß inzwischen jede Stuttgarterin und jeder Stuttgarter. Sie wissen das wohl nicht! Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Auch für Sie wird es Zeit, den Tatsachen ins Auge zu se- hen. Bei einem erfolgreichen Testat des Stresstests durch die SMA geht Ihnen Ihr zentrales Argument verloren: die angeblich mangelhafte Leistungsfähigkeit von Stutt- gart 21, die nur mit derart teuren Nachbesserungen zu lö- sen sei, dass der 4,5 Milliarden Euro Kostenrahmen ge- sprengt wird. Dann werden Sie Ihren Wählern in Baden-Württem- berg erklären müssen, warum Sie im Wahlkampf trotz der allseits bekannten Vorbehalte den Eindruck erweckt haben, Sie könnten als baden-württembergische Regie- rungspartei Stuttgart 21 stoppen. Zum Antrag der Linken möchte ich nur eine kurze Bemerkung abgeben: Sie beziehen sich auf den Stern- Journalisten Arno Luik. Seit Monaten zitiert Herr Luik beim Thema Stuttgart 21 aus angeblichen Geheimdoku- menten der Bahn, aus denen hervorgeht, dass das Projekt wahlweise viel teurer wird, Tunnelwände einstürzen werden oder das Stuttgarter Mineralwasser versiegen wird. Leider haben die Öffentlichkeit und auch ich selbst bisher nicht eines dieser Geheimdokumente auch nur in Ansätzen zu Gesicht bekommen, so auch beim Artikel, auf dem Ihr neuerlicher Antrag beruht. Es handelt sich also um reine Spekulation, unterfüttert mit Mutmaßun- gen eines offensichtlich übermotivierten, möglicher- weise aber auch überforderten Stern-Journalisten. Aber wenn Sie ehrlich sind, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken: Eigentlich interessiert Sie das doch auch gar nicht. Ihnen geht es sowieso weniger um Stuttgart 21 an sich als um den Protest dagegen. Und wo b v O S e n s k V m s fi w a M k z S te d v v S b L ti o w rü d fü A d fi d a ß d k b 4 tr n s S h te s d S E (C (D leibt eigentlich Ihre Distanzierung von der Gewalt am ergangenen Montag? Abschließen möchte ich mit einem Zitat des Ulmer berbürgermeisters Ivo Gönner – übrigens mit einem PD-Parteibuch ausgestattet. Er sagte im Zuge der Er- ignisse der vergangenen Wochen: „Die Zeichen stehen ach allem, was zu hören ist, auf Realisierung des Ge- amtprojektes Stuttgart–Ulm. Deshalb sollte der Ver- ehrsminister des Landes seine peinlich anmutenden ersuche einstellen, das Projekt zu hintertreiben.“ Zunächst einmal würde es mich sehr freuen, wenn ehr Sozialdemokraten den Mut aufbringen würden, olche deutlichen Worte zu finden. Die Sozialdemokratie ndet aber auch beim Thema Stuttgart 21 nicht statt – ie bei vielen anderen Themen in ganz Deutschland uch. Offiziell zwar für Stuttgart 21, taucht die SPD seit onaten ab. Den Appell Ivo Gönners an den ehrenwerten Ver- ehrsminister in Baden-Württemberg richte ich heute udem auch an die Fraktionen von Grünen und Linken: tellen Sie auch hier im Bundestag Ihre peinlich anmu- nden Versuche ein, das Projekt zu hintertreiben! Ba- en-Württemberg und Stuttgart haben etwas Besseres erdient. Ich schließe mit der Wiederholung meines Appells on heute Nachmittag: Setzen Sie sich dafür ein, dass tuttgart 21 und die Neubaustrecke Stuttgart–Ulm ge- aut werden, und sichern Sie damit die Zukunft unseres andes! Stuttgart 21 ist ein Infrastrukturprojekt von na- onaler Bedeutung und darf nicht grüner Parteitaktik der linker Technologiefeindlichkeit zum Opfer fallen. Wir lehnen Ihre Anträge daher ab. Ulrich Lange (CDU/CSU): Eigentlich hatte ich er- artet, dass die Linken ihren Antrag zu Stuttgart 21 zu- ckziehen würden, einmal angesichts des Ergebnisses es Stresstests und zum anderen angesichts der durchge- hrten Aktuellen Stunde zum Stresstest zu Stuttgart 21. ber vielleicht ist es auch noch nicht zu Ihnen durchge- rungen: Auch wenn es noch nicht von der Gutachter- rma SMA bestätigt wurde, sieht alles danach aus, dass er Stresstest für S 21 positiv ausgegangen ist. Das allein ist eine sehr positive Nachricht. Wichtig ist ber auch, dass der Tiefbahnhof Stuttgart 21 ohne grö- ere Veränderungen funktionieren wird, vor allem ohne as ins Spiel gebrachte neunte und zehnte Gleis. Damit ann der Tiefbahnhof ohne erhebliche Mehrkosten ge- aut werden. Damit wird der Kostenrahmen von bis zu ,5 Milliarden Euro eingehalten. Spätestens mit diesem Wissen müssten Sie Ihren An- ag zurückziehen, weil er überholt ist. Aber es geht Ih- en ja nicht um die Sache an und für sich. Dass Sie chlecht und schlampig recherchieren, ist offensichtlich. ie begründen Ihren Antrag damit, dass viele Unsicher- eitsfaktoren beim Bau bestehen würden und befürch- n, dass der Kostenrahmen von 4,5 Milliarden Euro im chlechtesten Fall um zusätzliche Kosten von 2 Milliar- en Euro erhöht wird. Sie kommen dann zu dem chluss, dass „die Steuerzahler dann über 7 Milliarden uro aufbringen“ müssten. 4,5 Milliarden Euro plus Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13663 (A) ) )(B) 2 Milliarden Euro sind 6,5 Milliarden Euro und nicht über 7 Milliarden Euro. Mit solchen Finanzierungsküns- ten haben Sie schon die DDR ruiniert. Aber nicht nur die Linken, sondern auch und beson- ders die Grünen haben fest damit gerechnet, dass es nicht gelingen wird, die Effektivität des neuen Tiefbahn- hofs um 30 Prozent auf 49 Züge pro Stunde in den Hauptverkehrszeiten zu steigern. Damit ist das letzte Ar- gument gegen den Tiefbahnhof gefallen. Aber leider sind die Grünen schlechte Verlierer. Vielleicht haben sie sich auch in ihrer populistischen Art und Weise zu weit aus dem Fenster gelehnt, als sie angekündigt haben, mit ihnen sei der Tiefbahnhof auf keinen Fall zu machen. Der Stresstest hat, auch wenn es noch nicht offiziell von der Gutachterfirma SMA bestätigt wurde, gezeigt, dass der Tiefbahnhof die geforderte Leistungssteigerung von 30 Prozent erreicht, und zwar ohne neuntes und zeh- netes Gleis, ohne gravierende Mehrkosten. Fachleute ge- hen davon aus, dass das positive Ergebnis darauf zurück- zuführen ist, dass die Zu- und Abfahrten wie in einem Kreisverkehr stattfinden, sodass Züge dicht getaktet ein- und ausfahren können, ohne sich gegenseitig zu behin- dern: ein Meisterstück deutscher Planung. Dank an die DB AG für diese Leistung. Die Verwirrung, ja Verzweiflung bei den Grünen wird in dem jetzigen Antrag deutlich, in dem gefordert wird: kein Weiterbau ohne Nachweis der Leistungsfähigkeit und ohne Klärung der Kosten und Risiken. Meine lieben grünen Kolleginnen und Kollegen, mit dem erfolgreich durchgeführten Stresstest sind diese Forderungen erfüllt, auch wenn Sie dies wie ein trotziges Kind einfach nicht wahrhaben wollen. Die Modalitäten des Stresstests waren festgeschrie- ben: anerkannte Standards des Bahnverkehrs für Zugfol- gen, Haltezeiten und Fahrzeiten müssen angewendet werden. Selbst für den Fall, dass der S-Bahn-Tunnel oder der Fildertunnel gesperrt werden, muss ein funktio- nierendes Notfallkonzept vorgelegt werden. Der Leis- tungstest betraf nicht nur die Kapazität der Schienen und Gleise, sondern auch die der sonstigen Infrastruktur wie Signale und Leit- und Sicherungstechnik. Auf Wunsch der neuen – ich betonte: der neuen – grün-roten Landes- regierung hatte die Bahn Ende Mai noch mehr als 70 Signale, 30 Weichen und 55 Kilometer Gleise zusätz- lich in das System eingegeben. Den Stresstest hat die Gutachterfirma SMA entwi- ckelt, ihm liegt der vom Land Baden-Württemberg ge- forderte Fahrplan zugrunde. Die Arbeiten werden von der Deutschen Bahn AG durchgeführt. Die SMA beglei- tet die Simulation und bewertet das Ergebnis. Dabei führt sie eine detaillierte Reisezeitanalyse durch, um den heutigen Fahrplan mit dem zu simulierenden Fahrplan zu vergleichen. Insgesamt wurden 100 Betriebstage simuliert. Offi- ziell will die Bahn die Ergebnisse den Projektpartnern am 11. Juli 2011 zur Verfügung stellen und am 14. Juli in einer unter der Leitung von Schlichter Heiner Geißler geplanten öffentlichen Sitzung diskutieren. n s m g g B e T A z S d is B in S d ti a s b d S w w K o z v P ti e in u d b m in c B e g v fü b K g (C (D Auch wenn das Endgutachten der Firma SMA noch icht vorliegt, gehe ich fest davon aus, dass S 21 reali- iert werden wird. Beenden Sie Ihre destruktive Kritik, it der Sie gewaltbereite Demonstranten zu Krawallbür- ern aufstacheln. Verwenden Sie Ihre Energie nicht ge- en Stuttgart 21, sondern geben Sie beim kommenden au Tipps und Ratschläge, bringen Sie Ihr Fachwissen in, damit wir in Stuttgart einen zukunftsorientierten iefbahnhof erhalten, der weltweit Anerkennung findet. Ute Kumpf (SPD): Die heute zur Debatte stehenden nträge der Linken und Grünen kommen zu einer Zeit, u der man in Stuttgart gespannt auf das Ergebnis des tresstests wartet. Am 14. Juli 2011 wird er vorgestellt, anach erst wird sich zeigen, ob der Stresstest bestanden t und wie es weitergeht mit Stuttgart 21. Je näher die Entscheidung um das heftig umstrittene ahnprojekt rückt, umso mehr ändert sich die Stimmung der Stadt. Man spürt dieser Tage die Anspannung in tuttgart. Nicht zuletzt die Eskalation nach der Montags- emonstration am 20. Juni, bei der es erstmals gewalttä- ge Ausschreitungen einiger weniger gab, zeigt, wie viel uf dem Spiel steht. Die Gegner glauben, dass der politische Protest Tau- ender Bürger nur dann ein Erfolg war, wenn der Tief- ahnhof nicht gebaut wird. Es besteht die Gefahr, dass er offene, kritische Austausch von Argumenten, den die chlichtung ermöglicht hat, als gescheitert angesehen ird, wenn der unterirdische Durchgangsbahnhof gebaut ird. Schwarz-Weiß-Denken, ein Automatismus, der in den öpfen vieler entstanden ist. Richtig oder falsch, gut der schlecht, Befürworter oder Gegner, auch das gehört um Konflikt um Stuttgart 21. Auch das hat sich in den ergangenen Monaten in öffentlichen Äußerungen und ressemitteilungen festgesetzt. Für Stuttgart ist es wich- g, dass dieser Automatismus aufgebrochen wird. S 21 ist ein Infrastrukturprojekt. Es geht bei der Aus- inandersetzung um unterschiedliche Auffassungen, wie Stuttgart und Baden-Württemberg Stadtentwicklung nd Mobilität nachhaltig gestaltet werden. Es geht darum, wie wir in Zukunft mehr Verkehr von er Straße auf ein modernes europäisches Schienen-Ver- undnetz bringen. Wie wir die Verkehrsträger besser iteinander vernetzen, wie wir neu gewonnene Fläche Stuttgart in ein nachhaltiges Innenstadtquartier entwi- keln. Die Faktenlage für die Finanzierungsbeteiligung des undes ist klar: Bei Stuttgart 21 handelt es sich nicht um in Projekt des Bedarfsplans des Bundes. Es ist ein ei- enwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG. Der Bund übernimmt mit einem Festbetrag in Höhe on 563,8 Millionen Euro aus Mitteln des Bedarfsplans r das Projekt Stuttgart 21 den Anteil, der für die Ein- indung der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm in den noten Stuttgart auch ohne Verwirklichung von Stutt- art 21 erforderlich gewesen wäre. 13664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Über den genannten Betrag hinaus übernimmt der Bund keine Kostensteigerungen. Das wurde bisher im- mer wieder betont. Der Antrag der Linken geht daher völlig in die falsche Richtung. Weitere Mittel des Bun- des für Stuttgart 21 standen und stehen nicht zur De- batte. Der Antrag der Grünen greift Punkte auf, die man richtig finden kann. Aber es muss auch klargestellt wer- den, wer die Kosten für einen Baustopp trägt. Wer be- stellt, der hat auch zu bezahlen. Und das wäre die Lan- desregierung und nicht der Bund, daher lehnen wir den Antrag ab. Heiner Geissler hat in seinem Schlichterspruch am 30. November Folgendes deutlich gemacht: „Dennoch halte ich die Entscheidung, Stuttgart 21 fortzuführen, für richtig.“ Und weiter: „Bei einem Ausstieg aus Stuttgart 21 entstünden den Projektträgern [...] hohe Kosten. Eine der (Wirtschaftsprüfungs-)Gesellschaften kommt zu der Auffassung, dass ein Ausstieg rund 1 Milliarde Euro kosten würde, die beiden anderen ge- hen sogar von Kosten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro aus. Das ist viel Geld dafür, dass man am Ende nichts bekommt.“ Sicher ist: Die Entscheidung über den Erfolg des Stresstests hängt vom Gutachten der SMA ab. Die Schweizer Firma, die von Projektbefürwortern und Pro- jektgegnern als Instanz benannt wurde, gibt den Prü- fungsbericht ab. Alle – Gegner und Befürworter, die Bahn und die Landesregierung in Baden-Württemberg – müssen Inte- resse daran haben und die Verantwortung dafür überneh- men, dass die Situation in Stuttgart nicht erneut eskaliert. Dass das Ergebnis des Stresstests nicht im Krawall en- det, nicht erneut Menschen bei Demonstrationen verletzt werden. „Stresstest“ und „Wutbürger“ sind inzwischen bun- desweit Inbegriff für den Protest. Wir alle sind gut bera- ten, neue Wege der Beteiligung zu gehen und dafür die rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Wir müssen Ant- worten auf die Frage geben, wie wir künftig Bürgerbe- teiligung bei Großprojekten gestalten. Zustimmung zu Großprojekten kann gewonnen wer- den, wenn frühzeitig, umfassend und nachvollziehbar in- formiert wird, Beteiligungsformen neu entwickelt und die Vorschläge aus der Bevölkerung aufgenommen wer- den. Die SPD nimmt die Einwendungen und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst. Gerade als überzeugte Projektbefürworter. Für uns bietet Stuttgart 21 in Verbin- dung mit der Neubaustrecke nach wie vor einmalige Chancen zur Stärkung des Fernbahnverkehrs gegenüber dem Flugzeug, enorme Potenziale im Regionalverkehr, 100 Hektar für nachhaltige Stadtentwicklung und neue Arbeitsplatzressourcen. Wir wissen, dass wir die Menschen mit diesen Schlagworten nicht überfordern dürfen, sondern sie mit guten Argumenten überzeugen müssen. Und wir sie di- rekt beteiligen müssen. Dafür stehen wir als SPD. Und w w h A A L fl m H d g S w z m Ü d E ü V w g 2 ü d 3 b b le n S 2 v d k tr im n n D a S le fü P a z z d w (C (D ir stehen zum Volksentscheid, wenn er notwendig ird. Uwe Beckmeyer (SPD): Zum zweiten Mal wird eute über Stuttgart 21 debattiert, heute Nachmittag auf ntrag der Koalition in einer aktuellen Stunde und heute bend aufgrund der Anträge von den Fraktionen Die inke und Bündnis 90/Die Grünen. Mit Verlaub, die beiden heutigen Debatten sind über- üssig wie ein Kropf. Denn: Erinnern wir uns noch ein- al an die Vereinbarung des Schlichtungsspruchs von einer Geißler vom 30. November 2011. Darin wurde ie Deutsche Bahn verpflichtet, einen Stresstest für den eplanten Bahnknotenpunkt Stuttgart 21 anhand einer imulation durchzuführen. Sie muss dabei den Nach- eis führen, dass ein Fahrplan mit 30 Prozent Leistungs- uwachs in der Spitzenstunde mit guter Betriebsqualität öglich ist. Vereinbart wurde auch, dass erst nach der berprüfung der gewonnen Daten aus dem Stresstest urch das Schweizer Verkehrsplanungsbüro SMA das rgebnis durch Herrn Geißler vorgestellt wird. Ich habe mich persönlich bei Bahnchef Dr. Grube ber die Ergebnisse des Stresstests informiert. Über den orstand für den Bereich Technik, Herrn Dr. Kefer, urde mir schriftlich ausgerichtet, dass die Ausarbeitun- en zu dem Projekt Stuttgart 21 plangemäß am 21. Juni 011 in elektronischer Form an SMA zur Begutachtung berspielt wurden. Des Weiteren wurde mir mitgeteilt, ass die Fachdokumentation dazu in Papierform am 0. Juni 2011 an das Land Baden-Württemberg überge- en wurde und die Beraterfirma SMA die Begutachtung is zum 11. Juli 2011 fertigstellen und im Anschluss al- n Beteiligten überreichen wird. Die abschließende öffentliche Diskussion der Ergeb- isse des Stresstests und der Zertifizierung durch die MA erfolge in einer gemeinsamen Sitzung am 14. Juli 011. Irgendwelche Vorabmeldungen, Zwischenergebnisse onseiten der Deutschen Bahn AG, aus dem Büro des ba- en-württembergischen Verkehrsministers oder des Ver- ehrsplanungsbüros SMA sind hier völlig irrelevant und agen nur zur weiteren Verunsicherung bei. Wer auch mer vorab bewusst Infos an die Medien streut, darf icht auch noch damit belohnt werden, dass man soge- annten Sensationsmeldungen Aufmerksamkeit schenkt. as sollten Sie, meine Damen und Herren, von der Ko- lition, einmal beherzigen. Das, was ich heute Nachmittag in der aktuellen tunde erwähnt habe, kann man nur oft genug wiederho- n: Entemotionalisierung ist angesagt! Das gilt sowohl r Demonstranten und Polizei, aber auch für vorlaute olitiker, die damit die Stimmung nur noch anheizen. Gerade die Auseinandersetzungen im letzten Jahr, ber auch vor einigen Wochen lassen nur einen Appell u: Die gewalttätigen Ausschreitungen müssen unver- üglich aufhören, und es muss alles unternommen wer- en, um bereits im Vorfeld zu deeskalieren und verant- ortungsvoll zu handeln. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13665 (A) ) )(B) Fazit: Lassen Sie uns die Ergebnisse des 14. Juli ab- warten. Danach muss die Deutsche Bahn AG die Ergeb- nisse respektieren und entsprechende Entscheidungen treffen. Zu dem Antrag der Linken. Ihre Forderungen nach ei- nem Kostenstopp für den Bund gehen in die falsche Richtung. Das stand und steht ohnehin nicht zur Debatte und verunsichert nur die Bevölkerung. Vereinbart war, dass der Bund sich lediglich an den Sowieso-Kosten von 563,8 Milliarden Euro für die Einbindung der Neubau- strecke Wendlingen–Ulm in den Knoten Stuttgart betei- ligt. Über den genannten Betrag hinaus übernimmt der Bund keine Kostensteigerungen. Der Antrag der Linken geht daher völlig in die falsche Richtung. Weitere Mittel des Bundes für Stuttgart 21 standen nie zur Debatte. In dem Antrag der Grünen sind einige akzeptable Punkte genannt. Die Frage der Finanzierung eines Bau- stopps bleibt aber für sie ungeklärt. Da können wir nicht zustimmen. Wir fordern für das gesamte Projekt eine Kostentransparenz und einen seriösen Finanzierungs- plan. Dies muss natürlich auch für Einzelmaßnahmen gelten. Auch ist wenig hilfreich, dass immer wieder vonsei- ten der Grünen suggeriert wird, dass das Land Baden- Württemberg seine Kosten notfalls auf den Bund abwäl- zen könnte. Auch die Audienz von Ministerpräsident Kretschmann beim Bundesverkehrsminister zur Abla- dung der Sorgen, die das Projekt Stuttgart 21 so im All- tagsgeschäft mit sich bringt, war hier fehl am Platz. Dabei sind einige Punkte im Antrag der Grünen durchaus akzeptabel, wie die Offenlegung der Kostenri- siken in einem transparenten Verfahren. Die SPD-Bun- destagsfraktion hat hierzu bereits im letzten Jahr in ih- rem Antrag „Kein Weiterbau von Stuttgart 21 bis zur Volksabstimmung“ (Drucksache 17/2933) gefordert, dass die Bundesregierung als Eigentümer der Deutschen Bahn AG umfassend über die Planungsstände und Kostenentwicklungen informiert. Dies ist bislang unterblieben. Die Bundesverkehr- minister duckt sich grundsätzlich weg, als ob ihn dieses Thema überhaupt nichts angeht. Nur einmal ergriff er aus Sao Paulo doch das Wort. Darin droht er nach der Wahlniederlage in Baden-Württemberg, den Geldhahn für wichtige Verkehrsprojekte in den Ländern Rhein- land-Pfalz und Baden-Württemberg zuzudrehen (Spiegel Online, 28. März). Beleidigt sein und nicht verlieren können ist keine hilfreiche Politik, mit der Infrastruktur- projekte in allen Regionen Deutschlands gemeistert wer- den können. Auch hier ist Augenmaß angesagt. Werner Simmling (FDP): Wir befinden uns nicht im baden-württembergischen Landtag, dennoch befassen wir uns heute mit zwei Anträgen, die besser im dortigen Landtag aufgehoben wären. Wenn ich im Antrag der Grünen lese, dass die DB AG bis zur Volksabstimmung nicht weiterbauen soll, der Weiterbau bei nicht bestandenem Stresstest nicht durch- geführt wird oder der Bund keine Kostensteigerungen übernehmen soll, dann muss ich sagen: Das sind As- p b k k D W tr „ d ru m M n g 4 A D te g e te re Z tr w b g k tr d is tu v S d h g z B w H s g S D m G g s le a s (C (D ekte, die mit der Landesregierung in Baden-Württem- erg diskutiert werden sollten und nicht mit uns hier. Zum Thema Baustopp lassen Sie mich ausführen: Das Land Baden-Württemberg hatte in der Lenkungs- reissitzung am 10. Juni 2011 die Möglichkeit, im Len- ungskreis einen Antrag auf einen Baustopp zu stellen. as hat es nicht getan! Da muss ich mich schon fragen: as soll dann der Deutsche Bundestag mit diesem An- ag? Zudem sind auch die weiteren Forderungen wie keine Beteiligung des Bundes an den Mehrkosten“ hier eplatziert. Der Bund hat mit eventuellen Kostensteige- ngen bei S 21 überhaupt nichts zu tun. Der Bund ist it einem Festbetrag von 563,8 Millionen Euro beteiligt. ehrkosten bzw. Kostensteigerungen werden vom Bund icht übernommen. Derzeit wird der Kostenrahmen ein- ehalten. Es gibt sogar noch einen Risikofonds von 38 Millionen Euro. Was die Kostenrisiken betrifft, erinnere ich an die usschusssitzung vom 11. Mai 2011, in der Herr r. Volker Kefer von der DB AG persönlich zu den Kos- nrisiken Stellung bezogen hat. Er hat genau diese Fra- en erläutert. Die DB AG führt für die Projektkosten ine kontinuierliche Überprüfung durch, um dann die in- rnen Auftraggeber über mögliche Risiken zu informie- n. Natürlich werden alle erdenklichen Risiken in dem usammenhang aufgeführt, auch Risiken, deren Ein- ittswahrscheinlichkeit weit unter 50 Prozent liegen ird. Die Risiken werden so lange als Risiken geführt, is deren Umsetzung gesichert ist. Es besteht aus jetzi- er Sicht kein Anlass, dass der noch verbleibende Risi- opuffer von 438 Millionen Euro überschritten wird. Auch beim Thema Stresstest bin ich über Ihren An- ag sehr verwundert. Sie stellen den Stresstest als etwas ar, dass sich allein die DB AG ausgedacht hätte. Fakt t aber, dass der Stresstest das Ergebnis des Schlich- ngsverfahrens ist und er sich an den in der Schlichtung ereinbarten Regeln orientiert. Auch dass die Firma MA den Stresstest im Nachhinein kontrolliert, war aus- rücklich Wunsch der Grünen. Und der Schlichterspruch at auch besagt, dass, wenn der Stresstest positiv aus- eht, das heißt die gewünschte Steigerung um 30 Pro- ent der Leistungsfähigkeit gegenüber der des heutigen ahnhofs erbracht wird, der neue Tiefbahnhof gebaut ird. Nun lese ich, dass Verkehrsminister Winfried ermann den Stresstest komplett ignorieren will. Das er- taunt mich sehr. Diese Haltung interpretiere ich als robe Missachtung gegenüber dem sehr erfolgreichen chlichtungsverfahren und der Leistung des Schlichters r. Geißler. Dieses Verhalten enttäuscht und lässt mich ehr und mehr an dem Verantwortungsbewusstsein der rünen in der BW-Landesregierung zweifeln. Den Antrag der Linken schließe ich in die vorange- angene Kritik mit ein. Aus diesen Gründen erübrigt ich eine weitere Debatte zu dem Antrag der Linken. Wir hnen daher beide Anträge ab. Nachdem in der öffentlichen Debatte eher eine Gut- chterschlacht um die Kosten und Risiken von S 21 tattfindet, möchte ich an dieser Stelle einmal mehr die 13666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Vorteile des Bahnhofprojektes S 21 hervorheben. Natür- lich sind 4,1 Milliarden Euro eine gewaltige Summe, aber wir dürfen nicht vergessen, dass der Umbau des Ei- senbahnknotens eine Investition für die nächsten Jahr- zehnte, ja, wenn nicht für die nächsten 100 Jahre ist. Un- ter dieser Betrachtungsweise ist dies ein sehr gutes Investment. Wenn ich dann daran denke, dass allein der Ausstieg 1,5 Milliarden Euro kosten und nichts erreicht würde, dann muss ich mich schon fragen, wie das be- triebswirtschaftliche Verständnis der Grünen ist. Wir haben derzeit einen Bahnhof, der im Jahr 2020 fast 93 Jahre alt ist, und alle, die jemals in Stuttgart wa- ren, werden mir beipflichten, dass das, was wir dort ha- ben, eine Bausünde ist. Dieser Bahnhof teilt die Stadt, verschandelt durch sein Gleisbett den Blick in die Stadt und ist darüber hinaus nicht leistungsfähig. Ich für meine Person und die überwiegende Zahl der 600 000 Stuttgarter freuen sich, dass nach einer erfolg- reichen Präsentation des Stresstests mit dem Bau des neuen Bahnhofs in Stuttgart endlich begonnen werden kann. Die Gesamtarchitektur, die im Zusammenhang mit dem neuen Bahnhof entsteht, wird ein Schmuckstück werden, um das uns viele andere Städte beneiden wer- den. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Stuttgart stehen seit über einem Jahr jeden Montag Tausende auf der Straße, um gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 zu demonstrieren. Und sie werden es wohl weiter tun. Kein Wunder, denn Stuttgart 21 ist das um- strittenste Infrastrukturprojekt der DB AG und des Bun- des. Bis heute hat die Deutsche Bahn AG (DB AG) nicht den Nachweis der höheren eisenbahntechnischen Leis- tungsfähigkeit von Stuttgart 21 gegenüber dem beste- henden Kopfbahnhof erbringen können. Das gilt auch für alle prüfbaren Kosten- und Baurisiken. Denn nach wie vor ist Stuttgart 21 ein Projekt mit tausend Unbe- kannten. Bereits frühere Schätzungen der Bahn mussten immer wieder nach oben korrigiert werden. Einen über- prüfbaren Projektbericht über Kosten- und Risikenent- wicklung hat die DB AG bis heute nicht vorgelegt und damit den Nachweis verweigert, dass das Kostenlimit von 4,5 Milliarden überhaupt eingehalten werden kann. Stattdessen wurde ein interner Bericht mit 121 Kosten- risiken bekannt, die sich auf deutlich über eine Milliarde Euro summieren. Die Entwicklung der letzten Tage und Wochen hat die Situation weiter verschärft. Bereits Anfang Juni hat die DB AG deutlich gezeigt, dass sie dem Stresstest keine Bedeutung beimisst. Laut Schlichterspruch muss dieser belegen, dass durch den geplanten Tiefbahnhof zur Spit- zenzeit ein Drittel mehr Züge fahren können als im letz- ten Fahrplanjahr im Kopfbahnhof fuhren. Dass der Kopfbahnhof vor mehr als vier Jahrzehnten schon fast das Doppelte an Zügen bewältigte, belegen alte Fahr- pläne. Ein Drittel mehr Züge ist also eine sehr moderate Anforderung und doch scheint sie es in sich zu haben. Nicht umsonst wurde vereinbart, die Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofes und die Kapazität der S n te fe d E A d E tu A fe d w d b e D d w d te 7 Id n li d w s b m d d n m e n n s d v b u v a m z K d re te fü w n m o h g (C (D chienen per Computersimulation zu testen; dem soge- annten Stresstest. Zu den Behauptungen, der Stresstest läge dem Minis- rium für Verkehr und Infrastruktur in Stuttgart vor: Of- nsichtlich haben einige Landtagsabgeordnete in Ba- en-Württemberg den Unterschied zwischen dem rgebnis des Stresstests und den Eingabedaten sowie rbeitsständen zu dem Stresstest nicht verstanden. Nach en gestrigen Aussagen der Landesregierung liegt ein rgebnis bis heute nur der Bahn selbst und der Bera- ngsfirma SMA und Partner zur Bewertung vor. Ungeachtet des ausstehenden Ergebnisses hat die DB G die Arbeiten zur Tieflegung des Stuttgarter Bahnho- s wieder aufgenommen. Am letzten Wochenende ist ann – unwidersprochen durch die DB AG – bekannt ge- orden, dass die Bahn den Stresstest angeblich bestan- en habe, ohne dass dieses von der unabhängigen Bahn- eratungsfirma SMA und Partner testiert worden ist, wie s in der Schlichtung vereinbart worden war. Auch eine iskussion mit den Projekt- und Vertragspartnern über ie Bewertung der Ergebnisse ist offensichtlich nicht ge- ünscht, denn schon am 15. Juli 2011, einen Tag nach er offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse des Stress- sts, will die DB AG Großaufträge im Volumen von 50 Millionen Euro für Tunnelarbeiten vergeben. Die ee der Schlichtung, Transparenz zu schaffen und in ei- em offenen und fairen Prozess mit allen Projektbetei- gten einen Stresstest durchzuführen, wird damit von er DB AG massiv hintertrieben. Es ist einfach schlicht- eg falsch, wenn Bahnchef Grube immer wieder ver- ucht, den Eindruck zu erwecken, als handele es sich eim Stresstest nur um eine lästige Formalie, die nur arginale Änderungen am Projekt zur Folge hat. Nein, er Stresstest muss – unabhängig überprüft – erstmalig en Nachweis erbringen, dass Stuttgart 21 auch ein klei- es bisschen zukunftsfähig ist und wenigstens ein Drittel ehr Züge abgefertigt werden können. Und dabei geht s um einen qualitätsvollen Fahrplan. Denn es kann doch iemand ernsthaft wollen, dass Milliarden Euro für ei- en neuen Bahnhof ausgegeben werden, der keine we- entlichen Verbesserungen für die Fahrgäste bringt. Von aher geht es um das „Ob“ und nicht nur um das „Wie“ on Stuttgart 21. Stuttgart braucht einen qualitätsvollen Fahrplan. Das edeutet Änderungen, die sich auf die bisherigen Pläne nd Genehmigungen für Stuttgart 21 auswirken. Nicht ergessen darf man dabei, dass auch die laufenden bzw. nstehenden Planänderungsverfahren im Grundwasser- anagement und Tunnelvortrieb zu weiteren Projektver- ögerungen führen werden. Eine präzise Darlegung der ostenentwicklung einschließlich aller Risiken muss eshalb oberste Priorität haben. Wir fordern die Bundes- gierung und die DB AG auf, mit Abschluss des Stress- sts darzulegen, welche Planungen sie ergänzend durch- hren, welche Genehmigungen sie beantragten und von elchen realen Mehrkosten auszugehen ist. Solange dies icht geschehen ist und eventuell erforderliche Geneh- igungen nicht erteilt sind, lässt sich nicht feststellen, b die genannten Verbesserungen im Rahmen der beste- enden Planungen überhaupt möglich und finanziell ab- esichert sind. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13667 (A) ) )(B) Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Moratorium jetzt – Dringliche Fragen zu Mehrkosten des ITER- Projekts (Tagesordnungspunkt 18) Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU): Heute diskutie- ren wir wieder einmal einen Dagegen-Antrag der Grü- nen. Diesmal wird ein Moratorium für das ITER-Projekt verlangt – letztlich mit dem Ziel, einen unilateralen Aus- stieg Deutschlands aus ITER vorzubereiten. Warum? Weil es teurer wird als geplant und weil es technische Probleme gibt. Anders formuliert: Es wird gerade ein bisschen holprig, und die grüne Reaktion folgt prompt: Raus aus dem Projekt. Weglaufen. In die Büsche. Wer jedoch in der Regierung ist, der muss Verantwor- tung übernehmen und sich an geschlossene Verträge hal- ten. Diesen Zusammenhang, liebe Grüne, lernen Sie ge- rade in meiner Heimatstadt Stuttgart kennen. Dass Sie sich Ihrer Verantwortung nicht stellen, zeigt schon Ihr Antrag. Darin heißt es, der ITER-Vertrag sei im Oktober 2007 in Kraft getreten. Das ist richtig. So lange hat die Ratifikation durch die zahlreichen Partner- länder gedauert. Ausverhandelt wurde der Vertrag je- doch vor 2006, also unter rot-grüner Regierungszeit. Sie hätten damals Ihre Chance zum Ausstieg gehabt. Zumin- dest aber hätten Sie verhindern können, dass der Vertrag gar keine Ausstiegsmöglichkeiten für EURATOM vor- sieht. Stattdessen haben Sie diesem Vertrag zugestimmt. Heute wollen Sie nichts mehr von ihm wissen. So geht es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grü- nen! Mit Ihrer Forderung nach einem Moratorium für das ITER-Projekt wären vier Konsequenzen verbunden: Erstens. Sie verunsichern die Partnerländer des Pro- jektes und fördern Zweifel an der Zuverlässigkeit Deutschlands als internationalem Partner. Dass Sie sich innerhalb Deutschlands mit der Ablehnung vieler Pro- jekte als Dagegen-Partei profilieren wollen, ist eine Sa- che; aber dass Sie jetzt auch international vereinbarte Kooperationen wieder rückgängig machen wollen und damit die Glaubwürdigkeit Deutschlands aufs Spiel set- zen, das ist auch uns neu. Zweitens. Mit der Forderung nach einem Moratorium versuchen Sie den Eindruck zu vermitteln, dass Deutsch- land mit einem kurzen Telefonanruf aus dem ITER-Pro- jekt aussteigen könne und damit alle Probleme gelöst seien. Dabei wissen Sie sehr genau, dass dies nicht mög- lich ist. Es handelt sich also um ein weiteres Projekt, bei dem Sie einen Ausstieg niemals werden durchsetzen können. Sie selbst, Frau Sager, nennen in einer Presse- mitteilung gleich zwei Gründe, die Ihrem Ausstiegs- wunsch widersprechen: Deutschland ist nur mittelbar an dem ITER-Projekt beteiligt, Vertragspartner ist EURATOM. Das heißt, ein einseitiger Ausstieg Deutschlands ist gar nicht möglich. ü w re g h ti fr B g g k in d s fo D P n P w g d b C m z g K 6 c n je n b s d S k p d z d D z u E (C (D Außerdem schreiben Sie: Auch die innerhalb der EU verbreiteten Annahmen ber die Ausstiegskosten in Höhe von 4,5 Milliarden irken natürlich abschreckend. Wie Sie dennoch einen Ausstieg ermöglichen bzw. chtfertigen wollen, ist nicht nachvollziehbar. Es scheint mir eher, dass hier wieder einmal Ankündi- ungen gemacht werden, die Sie in der Regierung nicht alten könnten. Deshalb ist folgender Satz Ihres Frak- onsvorsitzenden Jürgen Trittin zum ITER-Projekt un- eiwillig komisch: Wir können es uns nicht leisten, soviel Geld in einen ereich zu stecken, der bisher nur versprochen und nicht ehalten hat. Was haben Sie uns nicht schon alles versprochen? Drittens: die Nebenwirkungen. Auf die Nebenwirkun- en Ihrer Forderungen gehen Sie in Ihrem Antrag mit einem Wort ein. Auch das Projekt „Wendelstein 7-X“ Greifswald wäre von dem Moratorium betroffen – und amit mehrere Hundert Spitzenarbeitsplätze in einem trukturschwachen Umfeld. Auch die deutsche Fusions- rschung insgesamt wäre durch einen Ausstieg eutschlands nachhaltig beeinträchtigt. Verantwortliche olitik sieht für uns anders aus. Viertens. Ein Moratorium für das ITER-Projekt wäre ichts anderes als eine weitere Kostensteigerung. Ein rojekt zu verzögern, spart nie Geld; im Gegenteil, es ird nur immer teurer. Statt sich also falschen Illusionen hinzugeben, ist es rundsätzlich hilfreich, sich nüchtern und sachlich mit em Thema auseinanderzusetzen. Gibt es Probleme eim ITER-Projekt? Ja, definitiv. Der Ansatz der CDU/ SU-Fraktion besteht aber nicht darin, vor den Proble- en wegzulaufen, sondern darin, sich der Probleme an- unehmen und diese zu lösen. Seit Bekanntwerden der erheblichen Kostensteigerun- en beim ITER-Projekt ist viel passiert. Es wurde eine ostendeckelung für den EURATOM-Anteil auf ,6 Milliarden Euro beschlossen, und es wurden zahlrei- he Verbesserungen in der Struktur und beim Kostenma- agement erreicht. Das Management von ITER wird ab tzt regelmäßig evaluiert. Strenge Aufsichtskommissio- en wurden eingerichtet, die die Finanzsituation kritisch eobachten und alle Prüfungsberichte kritisch begleiten ollen. Treibende Kraft hinter diesen Verbesserungen ist ie deutsche Bundesregierung. Dementsprechend laufen ie mit Ihrem Antrag der Regierung hinterher. Berechtigt sind dagegen die Fragen nach den Auswir- ungen der Erdbebenkatastrophe in Japan auf den Zeit- lan für das ITER-Projekt und die Vergabepraxis durch ie europäische Agentur Fusion for Energy (F4E). Der- eit wird versucht, die Verzögerung des ITER-Projektes urch die Erdbebenkatastrophe in Japan zu minimieren. ie Lieferung und Produktion der Magnetspulen soll um Beispiel nicht mehr abwechselnd zwischen Japan nd Europa erfolgen, sondern nacheinander, das heißt, uropa liefert zunächst neun Spulen und anschließend 13668 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Japan die anderen neun. Dadurch können die Zeitverzö- gerungen deutlich reduziert werden. Bei der Vergabepraxis durch die europäische Agentur Fusion for Energy sind wir leider noch ein ganzes Stück von transparenten und offenen Verfahren entfernt. Aber auch hier konnten zuletzt die Ausschreibungsbedingun- gen für deutsche Unternehmen zum Beispiel in Haf- tungsfragen verbessert werden. Die Strategie der Bun- desregierung, die Defizite konstruktiv zu beseitigen, ist allemal erfolgversprechender als die der Grünen, gleich alles hinzuschmeißen. Folglich ist das von Ihnen geforderte Moratorium ab- zulehnen. Wer regieren will, der muss gestalten, Chancen nut- zen und Zukunft ermöglichen. Immer nur dagegen sein, Moratorien verhängen und neue Technologien abzuleh- nen, damit, meine Damen und Herren von den Grünen, lässt sich kein Staat machen. Wir von der CDU/CSU-Fraktion sind davon über- zeugt, dass die Fusionstechnologie viele Zukunftschan- cen bietet, und wollen sie daher zum Erfolg führen. Las- sen Sie uns deshalb weiter konstruktiv, aber kritisch das ITER-Projekt begleiten. Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Liebe Frau Sager, Sie rufen die Bundesregierung in Ihrem Antrag zu einem sofortigen Moratorium des ITER-Projektes auf. Macht das zu diesem Zeitpunkt wirklich Sinn? Wie rea- listisch ist solch ein Vorstoß? Dient er der Sache? Ich glaube, man muss sich diesen Fragestellungen von drei Seiten nähern: Die erste Frage dazu: Wie stehen wir zur Kernfusion? Wollen wir an der Fusionsforschung grundsätzlich fest- halten? Nun, die Vorteile der Kernfusion sind uns allen – oder zumindest den meisten – bis auf einige wenige Grüne, die immer noch meinen, es handele sich hier um eine „Art Atomkraft“ – wohlbekannt. Wenn diese Technik Marktreife erlangt, ist die Kernfusion eine sichere, sau- bere, nahezu unerschöpfliche und nachhaltige Energie- quelle, die zudem noch grundlastfähig ist. Dies ist eine großartige Chance. Auch wenn es wahr- scheinlich noch einige Zeit brauchen wird, bis dieser Zeitpunkt erreicht ist, so sind wir es unseren Kindern schuldig, diese Technologie so lange zu erforschen, so- lange wir die Chance sehen, diese eines Tages als si- chere, saubere und bezahlbare Energiequelle nutzen zu können. Denn für unsere Kinder und Kindeskinder könnte die Kernfusion tatsächlich einen wichtigen Bei- trag zu ihrer Energieversorgung leisten. Deswegen ist es mir absolut unverständlich, wenn Grüne wie zum Beispiel auch Ihr ehemaliger Parteivor- sitzender Herr Bütikofer, aber auch andere, die Kernfu- sion per se als „absurd“ bezeichnen. Ich meine, das ist verantwortungslos und generationenungerecht. s fo lä s w A li d E s C d 3 L T re E im W w s g fr h s to ta b 3 K d g fo s E d U h w s b d IT ß d (C (D Nein, wir in der CDU/CSU sehen in der Fusionsfor- chung eine wichtige Chance und wollen diese weiter er- rschen. Nun zur zweiten Frage: Sollen wir weiterhin ein ver- sslicher und respektierter ITER-Partner bleiben, oder ollen wir einseitig aussteigen – und mit Ihrem Antrag ollen sie ja gerade einen ersten großen Schritt zum usstieg machen. Der ITER-Forschungsreaktor ist ein weltweit einma- ges Projekt, an dem Deutschland im Übrigen ja nur in- irekt beteiligt ist, nämlich über seine Beteiligung an URATOM. Wir arbeiten hier also nicht nur mit unseren europäi- chen Partnern zusammen, sondern auch mit Russland, hina, Indien, Japan, Korea und den USA. In den Län- ern der sieben Vertragsparteien leben mehr als ,6 Milliarden Menschen. Natürlich wird die Fusionstechnologie auch anderen ändern zur Verfügung stehen. Wir sind ein Partner im eam. Das ist doch auch in unserem nationalen Inte- sse. Schließlich sind wir eine führende Industrie- und xportnation. Das ITER-Projekt ist auch ein wichtiger Meilenstein Bereich internationaler Forschung und Entwicklung. ir Europäer sind aufgefordert, dieses Projekt verant- ortungsvoll zu führen. Dabei kommt Deutschland tat- ächlich eine wichtige Rolle zu, die von der Bundesre- ierung auch wahrgenommen wird. Denn es war unsere Ministerin Schavan, die schon ühzeitig auf ein stärkeres Projektmanagement und hö- ere Transparenz gedrängt und sich dabei auch durchge- etzt hat. Aber eine Strategie nach dem Motto „rein in die Kar- ffeln – Moratorium – raus aus den Kartoffeln“ wäre fa- l. Denn wir sind hier Partner – und Partnerschaft raucht Verlässlichkeit. Das Übereinkommen für ITER hat eine Laufzeit von 5 Jahren und trat erst vor etwas mehr als drei Jahren in raft. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, a kann ich Ihnen nur eines sagen: Kooperative Grundla- enforschung ist kein Sprint. Kooperative Grundlagen- rschung ist ein gemeinsamer Marathonlauf, und ich age Ihnen eines: Wenn Deutschland – und damit auch uropa – sich aus dem Projekt zurückzieht, dann werden ie Chinesen und die Koreaner alleine weitermachen. nsere Kinder werden uns dann eines Tages fragen: Was abt ihr da gemacht? Die deutschen Forschungseinrichtungen sind welt- eit – noch – führend auf dem Gebiet der Fusionsfor- chung. Wir sollten alles daransetzen, damit das so leibt. Nun aber zur dritten Frage – und ich gebe zu, diese ist erzeit nicht einfach zu beantworten –: Können wir uns ER heute leisten? Natürlich dürfen wir nicht die Augen davor verschlie- en, dass beim ITER-Projekt und dabei vor allem bei en Kosten nicht alles nach Wunsch läuft. Man kann Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13669 (A) ) )(B) nicht damit zufrieden sein, wenn Kostenrahmen nicht eingehalten werden können. Das ist bei Großprojekten leider immer wieder einmal der Fall, denn die Kosten der Zukunft sind eben schwer abzuschätzen, noch dazu wenn es sich um vielfältige Forschungsleistungen handelt, um neue Materialien, um neue Methoden und eben um einen sehr langen Zeit- raum. Ich habe im Plenum schon einmal deutlich gemacht, dass auch wir ITER nicht um jeden Preis haben können. Das ist doch klar. Aber ein Moratorium hilft da nicht weiter. Im Gegenteil, es schwächt unsere Position, um die Dinge voranzutreiben. Die polnische EU-Präsidentschaft wird im Herbst in- tensiv an der ITER-Finanzierung arbeiten und sich um eine einvernehmliche Lösung bemühen. Wir sollten ihr dazu eine Chance geben. Ich bin tatsächlich zuversichtlich, dass wir durch ITER in der nächsten Dekade die Kraftwerktauglichkeit der Kernfusion demonstrieren können, und das aus zwei Gründen. Die kritischen technischen und wissenschaftlichen Herausforderungen sind bereits gelöst worden. Seit den 1970er-Jahren ist die Leistung aus der Kern- fusion um mehr als das Milliardenfache gestiegen und damit deutlich schneller als etwa die Zahl der Schalt- kreise auf Computerchips, die sich nach dem Moore’schen Gesetz etwa alle 18 Monate verdoppeln. Zum Schluss bleibt uns also die Bewertung der Er- gebnisse der drei Fragen und was daraus folgen sollte: Erstens. Es lohnt sich, die Kernfusion zu erforschen, denn Sie kann große Chancen für die nächsten Generatio- nen eröffnen. Zweitens. Partnerschaft braucht Verlässlichkeit, auch bei ITER. Eine einseitige „Anstiftung zum Ausstieg“ be- lastet die Kooperation. Es müssen gemeinschaftliche Lö- sungen gesucht und gefunden werden. Drittens müssen die Kosten weiterhin eng betrachtet und verfolgt werden. Das Projektmanagement muss wei- ter verbessert, und der Anteil deutscher Lieferungen und Leistungen muss erhöht werden. Die Bundesregierung muss hier weiterhin eng am Ball bleiben und hat dafür unser vollstes Vertrauen. Wir, die christlich-liberale Koalition, begreifen For- schung und Entwicklung als Chance für Deutschland und für Europa. Wir sind offen für neue Dinge und wir haben die Kraft und Inspiration, diese auch anzugehen. Wir meinen es ernst mit der „Bildungs- und For- schungsrepublik Deutschland“. Das ist gut für den Inno- vations- und Technologiestandort Deutschland und da- mit auch gut für unsere heimische Wirtschaft. Ich kann Ihnen von den Grünen nur raten: Seien Sie nicht ideologisch. Haben Sie Mut und zeigen Sie Verant- wortungsbewusstsein. h D E S s in fu C te fü V T R s S x d im tr d rü e s n n fu n n u g In in A a n g D b s ja H z z P IT e J n k c IT fo IT b K (C (D René Röspel (SPD): Wieder einmal dürfen wir uns ier im Bundestag mit dem Thema ITER beschäftigen. abei handelt es sich um ein gemeinsames Projekt der U, Japans, Russlands, der USA, Chinas, Indiens und üdkoreas zum Bau und Unterhalt eines Fusionsfor- chungsreaktors. In diesem Reaktor sollen Abläufe, die der Sonne stattfinden, in einem Kraftwerk nachemp- nden werden. Als Standort wurde das französische adarache gewählt. Die EU trägt 45,5 Prozent der Kos- n. Nach letzten Informationen werden die Baukosten r ITER auf über 15 Milliarden Euro steigen, was eine erdreifachung der ursprünglichen Kosten bedeutet. Ein eil der Mehrkosten ist durch Inflation und steigende ohstoffpreise bedingt. Weitere Gründe für die Kosten- teigerungen sind neue Erkenntnisse, insbesondere zur teigerung der Sicherheit des ITER, sowie die Komple- ität der internationalen Kooperation. Für die EU heißt ies einen Kostenanstieg auf circa 7,2 Milliarden Euro, Vergleich zu den 2,7 Milliarden Euro, die bei Ver- agsunterzeichnung vereinbart waren. Woher innerhalb es europäischen Haushalts diese Gelder kommen, da- ber wird in Brüssel bereits seit Monaten gestritten. Für uns Sozialdemokraten ist die Fusionsforschung in spannendes Forschungsthema der Grundlagenfor- chung. Ob und, wenn ja, wann jemals mit dieser Tech- ologie kommerziell Energie gewonnen werden kann, ist och komplett unklar. Selbst wenn, wie angekündigt, 2050 ein erster Kern- sionsreaktor zur Strombereitstellung in Betrieb ge- ommen werden könnte, wovon bereits jetzt immer we- iger Experten ausgehen, käme dies als Beitrag für nsere Energieversorgung viel zu spät. Denn die Ener- iewende müssen wir bis dahin längst geschafft haben. sofern müssen wir uns schon fragen, wie viel Geld wir diesen Forschungszweig geben wollen und können. ktuell besteht leider die Gefahr, dass Finanzmittel aus nderen Forschungsbereichen, wie zum Beispiel der er- euerbaren Energien, abgezogen werden, um die ständig rößer werdenden Haushaltslöcher bei ITER zu stopfen. as halten wir Sozialdemokraten für falsch. Zu den bisher bekannten Kostenexplosionen kommt ei ITER jetzt ein weiteres Problem. Das diesjährige chwere Erdbeben in Japan hat auch eine Testanlage der panischen Atomenergiebehörde in Naka beschädigt. ier sollten supraleitende Magnete und eine Vorrichtung ur Heizung des Plasmas für ITER getestet werden. Der- eit sind die Forschungsgebäude nicht betretbar. Laut resseberichten rechnet der technische Direktor von ER aufgrund dieser Beschädigungen bereits jetzt mit iner Verzögerung des ITER-Projekts um weitere zwei ahre. Welche Folgekosten das haben könnte, ist bisher och unklar. Eine Arbeitsgruppe soll jetzt bis November lären, welche genauen finanziellen und wissenschaftli- hen Auswirkungen die Folgen des Erdbebens auf das ER-Projekt haben werden. Im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik- lgenabschätzung diskutieren wir die Probleme bei ER regelmäßig. Im Antrag „Für eine Stärkung der reit aufgestellten europäischen Grundlagenforschung – eine finanziellen Einschnitte beim Europäischen For- 13670 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) schungsrat zugunsten des Einzelprojekts ITER“ haben wir als SPD-Bundestagsfraktion zu dem Thema bereits klar Stellung bezogen. Der uns jetzt vorliegende Antrag der Grünen fasst nun den aktuellen Informationstand gut zusammen und greift offene Fragen auf. Auch wird dort unter anderem die Verhängung eines Moratoriums gefordert. Das klingt bei all den beschrie- benen Problemen beim Bau von ITER erst einmal ein- leuchtend. Offen lässt der Antrag aber, was denn mit Moratorium gemeint ist und wie das genau umgesetzt werden soll. Denn Deutschland ist gar kein direkter Ver- tragspartner, sondern allein über seine Mitgliedschaft in EURATOM an ITER beteiligt. Jegliche Vertragsände- rung benötigt aber erst einmal einen Konsens zwischen allen europäischen Mitgliedstaaten. Und danach muss eine Einigung mit den internationalen Partnern gefunden werden. All dies wird ziemlich schwierig und langwierig werden, wenngleich wir große Sympathie dafür haben. Unklar ist, welche Auswirkung ein solches Morato- rium im Detail haben kann und soll. Auch in Deutsch- land arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich der Fusionstechnologie. Deren Erkenntnisse und Produkte sollen ebenfalls in das Projekt von ITER fließen. Bedeutet Moratorium, dass diese Arbeiten ein- gestellt werden sollen? Sollen Arbeiten auf der Baustelle in Cadarache dann unterbrochen werden? Ist das recht- lich überhaupt machbar? Leider bleibt der Antrag der Grünen bei den Lösungsansätzen zeimlich schwammig. Deshalb zusammenfassend: Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, Ihre Analyse zu ITER teilen wir weitgehend. Aber bei ITER handelt es sich um ein inter- nationales Projekt, aus dem man leider eben nicht ein- fach ein- bzw. aussteigen kann. Auch wenn ich mit Ihren Lösungsansätzen durchaus sympathisiere, so halte ich sie doch leider für nicht praktikabel. Dennoch sollten sich alle Interessierten zusammensetzen und überlegen, auf welchem Weg und mit welchen Konsequenzen die weitere Kostensteigerung begrenzt werden kann. Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP): Das ITER- Projekt ist Teil der weltweiten Fusionsforschung, die sich in den letzten Jahrzehnten aus der plasmaphysikali- schen Grundlagenforschung heraus mit der Klärung der Frage beschäftigt, ob die Fusion unter kraftwerksähnli- chen Bedingungen Energie liefern kann. Dabei waren das ITER-Projekt und der Bau des Experimentalreaktors bei der Vertragsschließung keineswegs ausgeplant. Viel- mehr stand der Bau noch vor einigen zu lösenden For- schungs- und Entwicklungsaufgaben. Unterschiedlichste Wissenschaftsdisziplinen, angefangen von der Elektro- technik über das Bauingenieurwesen bis zum Maschi- nenbau, mussten auf ganz neue Weise kombiniert wer- den. Dieser Umstand führte zu neuen Erkenntnissen und Standards, die in das laufende Projekt eingearbeitet wer- den mussten, und trug wiederum dazu bei, dass die Pla- nungen im Prozess ausgefertigt wurden. Neben der Kostensteigerung der Baumaterialien im Zuge der Welt- wirtschaftskrise war dies sicherlich ein Hauptaspekt, der zu der erheblichen Kostensteigerung des ITER-Projekts beitrug. Doch ein Moratorium kann nicht die Antwort d fü v V w U je fa v d le B ih m u s b s s C s d s s ü c re e s n S s u te tu s m h m d g z K e te k g m s s a fa u g e A s (C (D arauf sein, wie man die Mehrkosten und die Belastung r den EU-Haushalt bewältigt. Gerade die Verlängerung on Projekt- und Bauphasen sowie ein Aussetzen und erschieben von Aufträgen würde erst recht zu einer eiteren Kostensteigerung führen. Der anspruchsvolle mfang wie auch die hohe Komplexität des ITER-Pro- kts bedürfen ein Handeln, dass das Projekt nicht in Ge- hr bringt. Dass Sie, geehrte Kolleginnen und Kollegen on Bündnis 90/Die Grünen, aber genau die Gefährdung es Projekts mit Ihrem Antrag in den Blick nehmen wol- n, zeigen die Argumente und die Punkte, die Sie zur egründung und als Forderung vorbringen. Als besonders unredlich empfinde ich dabei die von nen konstruierte Verbindung zwischen dem Erdbeben it der folgenden nuklearen Katastrophe von Fukushima nd der Sicherheit des Fusionsreaktors ITER und der Fu- ionsforschung im Allgemeinen. Es dürfte auch Ihnen ekannt sein, dass katastrophale Unfälle wie bei der Fis- ion bei der Fusion unmöglich sind. So hat die europäi- che Kraftwerksstudie „European Fusion Power Plant onceptional Study“ 2005 festgestellt, dass bei einem ofortigen und totalen Ausfall der Kühlung sowie ohne as Einsetzen einer Gegenmaßnahme der Brennvorgang ofort zum Erliegen kommt und ein Schmelzen ausge- chlossen ist. Diese unabhängige Studie, erstellt von ber 100 Experten aus Europa, bestätigt damit die Si- herheitseigenschaften von Fusionsreaktoren aus frühe- n Studien. Insofern halte ich es für eine Verirrung, inen Vergleich zu Sicherheitsanforderungen bei Fis- ionskraftwerken zu ziehen. Leider ist Ihr gesamter Antrag, sehr geehrte Kollegin- en und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, in der umme lediglich eine Zusammenfassung der im Aus- chuss für Bildung und Forschung bereits besprochenen nd erörterten Fragen, die darüber hinaus nicht nur wei- stgehend von den Sachstandsberichten und Unterrich- ngen durch die Bundesregierung beantwortet wurden, ondern die auch von der Bundesregierung aufgenom- en wurden und mit denen sie sich auseinandergesetzt at. Ein Moratorium halte ich auch in diesem Zusam- enhang für verfehlt, setzt sich die Bundesregierung och bereits mit der Problematik auseinander. Die Fra- en bezüglich der angesprochenen noch strittigen Finan- ierung zwischen Rat und EP sowie die Etablierung von ontrollmechanismen werden nicht gelöst, indem man in Moratorium verhängt und die Arbeit am Projekt un- rbricht. Die Probleme und Lösungsvorschläge sind be- annt und erfordern von den direkten ITER-Partnern ein emeinsames Handeln. Das ITER-Projekt, in dem die Europäische Atomge- einschaft EURATOM als ein einheitlicher europäi- chen Partner vertreten ist, wird für die zukünftige wis- enschaftliche Zusammenarbeit in der EU und mit ußereuropäischen Staaten zum Prüfstein. Meiner Auf- ssung nach wird Ihr Antrag, sehr geehrte Kolleginnen nd Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, dem nicht erecht, weil er der internationalen und insbesondere der uropäischen Verpflichtung nicht Rechnung trägt. Im usschuss können wir die Fragen gerne nochmals inten- iv diskutieren, die Sie uns in Ihrem Antrag vorgelegt Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13671 (A) ) )(B) haben. In der jetzigen Form können wir Ihrem Antrag in keiner Weise zustimmen. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Die Debatte um den Fusionsreaktor ITER ist im Bundestag etwa so ein Dau- erbrenner, wie das Plasmafeuer im Reaktor in ferner Zu- kunft einmal werden soll. Während die Debatte mit einer notwendigen und in greifbare Nähe gerückten Energiewende in diesem Land verknüpft werden muss, kann der Fusionsreaktor damit nicht verknüpft werden. Er vermag dazu in absehbarer Zeit keinen Beitrag zu leisten. Stattdessen entzieht das gesamte Projekt Jahr um Jahr dem Energieumstieg Mil- liarden an dringend benötigten Mitteln. Dieses Geld fehlt sowohl bei der Forschung an Speichertechnologien als auch in Bezug auf Energieeffizienzsteigerung und neuen Erzeugungsformen. Dieses Mal diskutieren wir das ITER-Projekt unter verschärften Rahmenbedingungen, nicht nur, weil im- mer noch keiner genau weiß, zu wessen Lasten die pro- gnostizierten Mehrkosten zu decken sind, nicht nur, weil das Management diesem Megaprojekt nicht gewachsen scheint, nicht nur, weil immer neue Forschungsergeb- nisse die Realisierung des Projektes nach hinten ver- schieben, nicht nur, weil unklar ist, welchen Nutzen die Gesellschaft daraus ziehen wird, nachdem sie ja mit den steuerfinanzierten Forschungsmilliarden in Vorleistung gegangen ist, nicht nur, weil dieses Projekt eine erhebli- che Zentralisierung von Energieerzeugungsstrukturen bedingt; vielmehr steht die Gesamtrechnung, die ITER verursacht, in keinerlei vernünftigem Verhältnis zu dem heute Machbaren und Notwendigen. Die Zeit drängt, wenn man dem Klimawandel erfolg- reich und verantwortbar für nachfolgende Generationen begegnen will. Aber eines verträgt ITER nun ganz und gar nicht: Zeitdruck. Im Gegenteil, ITER wird mehr Zeit beanspruchen, weil Japan als eines der beteiligten Län- der nach Fukushima eben nicht mehr in der Lage ist, in den geplanten Zeitfenstern seine Zulieferungen zu reali- sieren, was zugleich zu weiteren Kostensteigerungen führen wird. Das ist der Ausgangspunkt der verschärften Rahmen- bedingungen. Nach Fukushima darf ITER aber auch nicht mehr mit Atomkraftwerken verglichen werden. Dieser Maßstab hat sich definitiv überlebt! Zudem kommt zu den Kosten von ITER auch eine milliarden- schwere staatliche Begleitfinanzierung für die Sicherung sowie den Rückbau von Kernkraftwerken und die Er- schließung von Endlagern. Der gesellschaftliche Nutzen von ITER muss sich an den Möglichkeiten erneuerbarer Energien messen lassen, insbesondere zu einem Zeitpunkt, da ganz Europa von einer Krise der öffentlichen Haushalte erschüttert wird. Es geht also vor diesem Hintergrund auch um nichts Ge- ringeres als um das Bestimmen von Ausgabeprioritäten im Energieforschungsbereich. Damit steht auch die Exis- tenz von EURATOM infrage. Meine Fraktion hat dazu einen Antrag gestellt. e e z li k c e s N g h P d M k A Ic d b w e e u d A k d h m E te D k s m s D IT IT s A d tr m s fu fä s b ru te s B k w d (C (D Die geplanten 15 Milliarden Euro Gesamtkosten für inen noch nicht einmal gebauten Testreaktor stehen in inem krassen Missverhältnis zu bereits praktizierten Er- eugungsformen erneuerbarer Energien wie auch zu rea- stischen Forschungsoptionen in diesem Bereich. So ann es auch nicht verwundern, dass erste, aber deutli- he Absetzbewegungen stattfinden. Österreich fordert ine Neuorientierung des EURATOM-Programms, des- en Budget großteils in die Fusionsforschung fließt. och will Österreich bisherige Kompromisse nicht änzlich infrage stellen. Aber so weitermachen wie bis- er will es auch nicht. Das übrigens spürt man auch bei ositionen anderer Länder wie etwa Luxemburg. Jetzt for- ert unser südlicher Nachbar Österreich, die EURATOM- ittel sollen auf Strahlenschutz, Nuklearmedizin, Risi- oforschung und Non-Proliferation konzentriert werden. ndere europäische Länder gehen noch nicht so weit. h halte das allerdings nur für eine Frage der Zeit. Der Bundesrat seinerseits hat in seiner Stellungnahme ie Kostensteigerungen bei ITER erneut höchst kritisch ewertet. Auch er lehnt die Kostensteigerung zulasten ichtiger Zukunftsinvestitionen aus dem nationalen und uropäischen Forschungsetat ab. Wie das gehen soll, ist benso unklar wie der Erfolg des Fusionsprojektes. Wir nterstützen die Forderung nach einem Moratorium, enn wir müssen unsere drängenden energiepolitischen ufgaben von heute und morgen lösen, eben weil wir eine Zeit mehr haben, schon gar nicht bis nach 2050. In er Verantwortung der heute lebenden Generationen ste- en zeitnah umsetzbare Alternativen zu einer ökono- isch, ökologisch und sozial zerstörerisch wirkenden nergieproduktion. ITER kann dazu keinen Beitrag leis- n. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): er Deutsche Bundestag hat heute, als Antwort auf Fu- ushima, den deutschen Atomausstieg – diesmal inklu- ive schwarz-gelb – beschlossen. Der nächste Schritt uss sein, die Förderung der Atomindustrie durch deut- ches Steuergeld europaweit einzudämmen. Bündnis 90/ ie Grünen schlagen, mit unserem nunmehr dritten ER-Antrag, in dieser Legislatur vor, damit beim ER-Projekt anzufangen und die weitere Geldver- chwendung durch Euratom infrage zu stellen. Mag die usrichtung des EURATOM-Vertrages von 1957 mit em Ziel der „Entwicklung einer mächtigen Kernindus- ie“ im Nachkriegsdeutschland gesellschaftlich zustim- ungsfähig gewesen sein – im Lichte von Naturkata- trophen und Staatskrisen ist eine ernsthafte Überprü- ng und Neubewertung auch hier notwendig. Die Hoffnung den Forschungsreaktor im erdbebenge- hrdeten französischen Cadarache mit einem europäi- chem Anteil von gedeckelten 6,6 Milliarden Euro auen zu können, hat sich abermals durch die Verzöge- ng bei der Bereitstellung der japanischen Komponen- n zerschlagen. Die Forschungsgebäude im Naka Fu- ion Institute nördlich von Tokio wurden nach schweren eschädigungen gesperrt, die Magnete für den ITER önnen frühestens mit einem Jahr Verzögerung geliefert erden. Schon vor Fukushima war der ITER das nach er internationalen Raumstation ISS weltweit teuerste 13672 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Kooperationsprojekt. Die Finanzierung ist nach wie vor nicht gesichert, der Großteil der Finanzlücke zum Wei- terbau soll mit Mitteln aus dem Etat für ländliche Raume gestopft werden, die ansonsten an die Mitgliedstaaten zurückflössen. Die Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima las- sen die Mär vom „billigen Atomstrom“ zynisch erschei- nen. Atomunfälle zeigen weltweit, dass alle Anstrengun- gen auf Risikobeherrschung und auf den Umgang mit den Folgeproblemen der Atomkraft umzulenken sind. Auch aus Gründen des effektiven und verantwortungs- vollen Umgangs mit Steuergeldern müssen die Mittel, die bislang für den ITER vorgesehen sind, dringlicher für Sicherheitsaspekte, die Folgenbewältigung der Kern- kraft, aber auch vorausschauend für die Klimaforschung, die erneuerbaren Energien und die Energiewende einge- setzt werden. Deutschland alleine finanziert den ITER über die EURATOM-Verträge mit etwa 1,32 Milliarden Euro. Es kann nicht sein, dass die europäische Atom- industrie nach dem deutschen Atomausstieges-Beschluss mit neuen, staatsfinanzierten Großprojekten befriedet wird. Das betrifft auch die 960 Millionen Euro EU-Gel- der, die für die Transmutationsforschung vorgesehen sind, zumal diese Atomtechnologie neue Partitionie- rungs- und Wiederaufbereitungsanlagen in bisher unbe- kannten Größenordnungen notwendig machen würde. Immer weitere Verzögerungen und Baukostensteige- rungen werden auch neue Zeitpläne und Finanzrahmen sprengen – die Höhe der Kosten für den europäischen Fusionstraum sind nicht absehbar. Klaffende Finanzie- rungslücken werden sich angesichts der Finanzkrise in einigen Mitgliedstaaten der EU nur schmerzlich füllen lassen. Die Entnahmen aus dem Etat für natürliche Res- sourcen und ländliche Räume werden bis an die Grenze des Erträglichen schmerzen. Alleine das Versprechen, dass ein Super-Gau bei der Kernfusion nicht passieren könne, hilft wenig. Auch die Kernfusion – sollte sie ein- mal tatsächlich funktionieren – produziert Atommüll, der Jahrtausende endgelagert werden muss. Höchste Zeit also aus dem Projekt auszusteigen, da die Kernfusion auch nach optimistischen Prognosen vor 2060 keinen Strom wird liefern können. Bis dahin aber decken die Erneuerbaren längst europaweit den Strombedarf. In der am 29. Juni 2011 ohne Debatte verabschiedeten Erklärung des Rates der Europäischen Union heißt es, das EURATOM-Rahmenprogramm für Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen, das den zusätzlichen ITER-Fi- nanzbedarf decken soll, sei überdies „als Beitrag zur Neuausrichtung der Forschung im Nuklearbereich“ zu sehen, das einer „stärkeren Betonung der nuklearen Si- cherheit“ bedürfe. Im Jahr 2013 soll ein „Symposium … zu der Debatte über Nutzen und Grenzen der Kernspal- tungsenergie in einer emissionsarmen Wirtschaft“ statt- finden. Darüber hinaus wird die „Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der neuen Tech- nologien“ ersucht, „eine Studie über die ethischen Aus- wirkungen der Energieforschung auf das menschliche Wohlbefinden … durchzuführen.“ Es ist zu hoffen, dass die Risiken und das Leid durch Atomkraft bis dahin nicht in Vergessenheit geraten. A d M fü b K K s w a n e d w z d k te k c u P d s s re g E d e a ru re b n s G (C (D nlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge – Übermittlung von Fluggastdaten nur nach europäischen Grundrechts- und Daten- schutzmaßstäben hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes- regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 EUZBBG zum Richtlinienvorschlag KOM(2011) 32 endgültig – Gutachten über die geplanten EU-Fluggast- datenabkommen mit den USA und Austra- lien beim Gerichtshof der Europäischen Union einholen (Tagesordnungspunkt 21 und Zusatztagesord- nungspunkt 13) Clemens Binninger (CDU/CSU): Wir diskutieren as Thema Fluggastdaten wahrlich nicht zum ersten al. Und wir sind uns weitestgehend einig, dass erstens r die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ne- en Informationen zu Finanztransaktionen und zum ommunikationsverhalten von Terrorverdächtigen auch enntnisse über deren Reisebewegungen unverzichtbar ind. Zweitens dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass ir den internationalen Terrorismus – das gilt genauso uch für grenzüberschreitende organisierte Kriminalität – ur in Kooperation mit unseren ausländischen Partnern rfolgreich verfolgen und bekämpfen können. Genau eshalb sprechen wir über eine EU-Richtlinie zur Ver- endung von Fluggastdatensätzen. Die Europäische Kommission hat dazu einen Entwurf ur Weitergabe, Speicherung und Nutzung von Fluggast- aten vorgelegt, der nach Meinung von SPD und Grünen einesfalls tragbar ist, weil er die hier geforderten Da- nschutzstandards nicht einmal im Ansatz erfüllen ann. Trotzdem haben SPD und Grüne genau einem sol- hen Entwurf zugestimmt. Dabei handelt es sich nicht m die aktuell vorliegenden Entwürfe, sondern um das NR-Abkommen mit den USA aus dem Mai 2004, das ie rot-grüne Bundesregierung seinerzeit im Rat unter- tützt hat. Verglichen mit diesem Abkommen haben wir either zahlreiche Verbesserungen beim Datenschutz er- icht, die auch in der Praxis bei der Nutzung von Flug- astdatensätzen eingehalten werden. Die Entwürfe der uropäischen Kommission für eine PNR-Richtlinie und ie Abkommen mit Australien und auch mit den USA nthalten weitere Fortschritte beim Datenschutz, die uch auf die Initiative der CDU-geführten Bundesregie- ng zurückzuführen sind. Vielleicht hätten die Grünen vor mehr als sieben Jah- n ihre eigene Regierung einmal auffordern sollen, eim Datenschutz und den EU-Grundrechten etwas ge- auer hinzuschauen oder ein Gutachten beim Europäi- chen Gerichtshof einzuholen. Wir waren uns bereits bei der Debatte über den letzten rünen-Antrag zum Thema PNR im April einig, dass im Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13673 (A) ) )(B) Rahmen der Verhandlungen und Nachverhandlungen auf europäischer und internationaler Ebene Fragen des Da- tenschutz- und Grundrechtsstandards weiterhin groß ge- schrieben werden müssen. Das PNR-Abkommen, wie es jetzt im Entwurf vor- liegt, soll einen einheitlichen Rahmen innerhalb der EU schaffen. Die Verhandlungen dazu sind noch lange nicht abgeschlossen. Die Richtlinie hat drei wesentliche Ziele. Erstens: Es soll – ich glaube, noch nicht einmal die Opposition ist da anderer Meinung – verhindert werden, dass Terrorverdächtige, die einen Anschlag planen, über- haupt erst ein Flugzeug besteigen. Gegen die Forderung kann es keine ernsthaften Einwände geben. Zweitens: Es soll gelingen, schwere Straftaten auf- zuklären. Drittens: Es soll gelingen, durch die Auswertung der Daten Verdächtige zu erkennen. Wenn wir den Ent- wurf der Richtlinie bewerten, stellen sich natürlich einige – auch datenschutzrechtliche – Fragen, die im Laufe der Verhandlungen noch geklärt werden müssen. Eine Frage, die sich für mich stellt, ist, ob die Spei- cherdauer – 30 Tage offen, dann pseudonymisiert für fünf Jahre – notwendig oder zu lang ist. Dieses Thema spricht auch der SPD-Antrag an. Ich bin durchaus der Auffassung, dass sehr genau überlegt und begründet werden muss, ob es fünf Jahre sein sollen. Aus meiner Sicht könnten es auch weniger sein. Ehrlicherweise ist aber auch festzuhalten: Diese Daten werden nicht ge- speichert, weil der Staat es will. Diese Daten sind alle schon heute bei den Fluggesellschaften vorhanden und werden dort auch heute schon mehrere Jahre gespei- chert. Es geht also in erster Linie um die Frage, ob wir unter bestimmten Voraussetzungen den Sicherheits- behörden diese Daten zur Verfügung stellen, um An- schläge zu verhindern, schwere Straftaten aufzuklären oder Verdächtige zu identifizieren. Wem die Sicherheit der Bürger etwas wert ist, der kann diese Frage nicht mit Nein beantworten. Eine weitere Frage: Sollen nur Flüge von außerhalb in die EU erfasst werden oder auch Flüge innerhalb der EU? Der Antrag der SPD spricht sich hier gegen eine Ausweitung aus. Diese Argumentation ist unlogisch; denn wir müssen uns darüber klar sein, dass die Gefähr- lichkeit von Terrorverdächtigen nicht geringer wird, weil sie von Barcelona nach Berlin fliegen statt von Beirut nach Berlin. Die Beantwortung dieser Frage muss sich meiner Einschätzung nach an der Gefährlichkeit der Per- sonen orientieren. Aus gutem Grund fordern das Verei- nigte Königreich, unterstützt von einer ganzen Reihe EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich, Spanien, Italien, Tschechien, Irland, Niederlande, Estland oder Dänemark und Zypern, eine sofortige Einbeziehung innereuro- päischer Flüge. Für mich ganz persönlich stellt sich auch eine dritte Frage, bei der ich auch Bedenken, die in den beiden Anträgen angesprochen werden, ein Stück weit aufgrei- fen möchte. Das oberste Ziel ist, zu verhindern, dass ein Terrorverdächtiger ein Flugzeug besteigt. Daran kann es keinen Zweifel geben. Wer das ablehnt, macht keine s z e g id te fa d g d A u n d s w d w z w L k e A U w m z E v S s w k e c re s R h d fr n M te d A U h u R G s lu (C (D eriöse Sicherheitspolitik. Auch schwere Straftaten auf- uklären, halte ich für absolut berechtigt. Deshalb ist es ine wesentliche Zielrichtung bei der Nutzung von Flug- astdaten, Kriterien zu erkennen, mit denen Verdächtige entifiziert werden können, was am Ende einer Art Ras- rfahndung gleichkommt. Hier hat uns das Bundesver- ssungsgericht ganz klar aufgegeben: Die Rasterfahn- ung ist zulässig, sie muss aber an eine konkrete Gefahr eknüpft sein. Das heißt, eine pauschale Ermächtigung, iese Daten quasi jede Woche auf irgendwelche uffälligkeiten hin zu durchleuchten, ist rechtlich nach nserem Verständnis schwer abzubilden. Deshalb ist es otwendig, dass ein Bezug zu einer konkreten Gefahr, em begründeten Verdacht auf Terrorismus oder chwere Straftaten besteht. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass auf ein Instrument ie die Nutzung von PNR-Daten nicht verzichtet wer- en kann, wenn wir Sicherheit im Luftverkehr wollen, enn wir verhindern wollen, dass Passagiermaschinen u Waffen und zu Zielen von Anschlägen werden, und enn wir wollen, dass die Sicherheitsbehörden in der age sind, schwere Verbrechen aufzuklären und riminelle Strukturen zu erkennen. Wer fordert, dass ine Warnlampe angeht, braucht eine Speicherung und uswertung von Passagierdatensätzen. Alles andere ist nfug und Sand, der den Leuten in die Augen gestreut ird. Durch die PNR-Richtlinie wird ein einheitlicher Rah- en geschaffen. Es gab und gibt zurzeit zwischen ein- elnen Staaten einen Wildwuchs bilateraler Abkommen. s war in der Vergangenheit und teilweise bis heute öllig unklar, wer wie viele Daten aus welchen EU- taaten bekommt, wie lange sie gespeichert werden, wie ie genutzt werden und ob sie an Dritte weitergegeben erden. Insofern ist die Richtlinie, durch die Einheitlich- eit hergestellt wird, sehr zu begrüßen. Wir sind noch nicht am Ende der Verhandlungen für ine europäische PNR-Richtlinie angelangt. Über man- hes wird noch zu sprechen sein. Wir müssen akzeptie- n, dass unsere Partner in Europa dabei teilweise unter- chiedlicher Ansicht sind. An den Grundzielen der PNR- ichtlinie gibt es aber nichts mehr zu rütteln. Wolfgang Gunkel (SPD): Bereits vor zwei Monaten aben wir den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission iskutiert. Inhaltlich hat sich für die SPD-Bundestags- aktion wenig geändert. Unsere Bedenken haben wir un in dem heute vorliegenden Antrag formuliert. Ich will es gleich vorwegschicken: Als realistischer ensch weiß ich, dass ein völliger Verzicht auf die Wei- rgabe von Fluggastdaten in der Europäischen Union erzeit nicht durchsetzbar ist. Zudem wird ein legitimes nliegen verfolgt: Die Mitgliedstaaten der Europäischen nion müssen terroristische und strafrechtliche Bedro- ungen abwehren. Doch müssen sie dabei die grund- nd menschenrechtlichen Garantien beachten, die zu den echtstraditionen der Mitgliedstaaten zählen und in der rundrechtecharta der Europäischen Union verankert ind. Dies ist durch die im Entwurf vorgesehenen Rege- ngen noch nicht ausreichend gewährleistet. 13674 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Die SPD fordert deshalb die Bundesregierung auf, un- ter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes einige Punkte in den Beratungen zu dem Richtlinienentwurf dringend nachzuverhandeln. Insbesondere spielt die Entscheidung des Bundesver- fassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung bei der Bewertung der Richtlinie eine wichtige Rolle. Das Bun- desverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 2. März 2010 (1 BvR 256/08) hohe Anforderungen an die soge- nannte Vorratsdatenspeicherung gestellt. Hierzu zählt das Gericht die Datenspeicherung „ohne Anknüpfung an ein zurechenbar vorwerfbares Verhalten, eine – auch nur abstrakte – Gefährlichkeit oder sonst eine qualifizierte Situation. Die Speicherung bezieht sich dabei auf All- tagshandeln, das im täglichen Miteinander elementar und für die Teilnahme am sozialen Leben in der moder- nen Welt nicht mehr verzichtbar ist.“ (BVerfG, a.a.O., Rn. 210). Diese Definition trifft auf die Speicherung von PNR- Daten zu. Sie werden allein deshalb erhoben, weil Rei- sende das Flugzeug wählen, also ein sozial ebenso gebil- ligtes wie unverzichtbares Alltagshandeln an den Tag le- gen. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge- richts ergeben sich auch im Hinblick auf den Umfang der abzurufenden Daten verfassungsrechtliche Grenzen (BVerfG, a.a.O., Rn. 237). Vor drei Jahren war beim Thema europäische PNR schon klar, dass man umfangreichere PNR nicht braucht, wenn die bisher genutzten Datenspeicher sinnvoll einge- setzt werden. Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise die API-Daten den gleichen Zweck erfüllen könnten. Auch diese Daten werden von Fluggästen erhoben. Zweck der Speicherung ist die Verbesserung der Grenz- kontrolle und die Bekämpfung der illegalen Migration. In Paragraf 31 a Bundespolizeigesetz ist ausführlich ge- regelt, welche Daten erhoben werden. Es handelt sich hier um zehn Datensätze; dazu gehören persönliche An- gaben, aber auch Abflugsort und -zeit sowie Details über die Reisedokumente. Gespeichert werden diese Daten 24 Stunden, es sei denn, sie werden für Grenzkontrollen oder zur Strafverfolgung wegen illegaler Einreise benö- tigt. Diese Daten können ohne Weiteres auch für die Ter- rorismusbekämpfung oder Fälle schwerer Kriminalität verwendet werden. Die Europäische Kommission hat nicht ausreichend begründet, warum dieser Datenbestand ungenügend sein soll. Zwar erlaubten es die API-Daten der KOM zufolge nicht, „,unbekannte‘ Verdächtige so zu identifizieren, wie dies mit einer Auswertung von PNR-Daten möglich ist“ (KOM(2011) 32 endg., S. 5). Diese Aussage wird je- doch nicht näher belegt. Ich dagegen denke nicht, dass der Verwendung der API-Daten ein plausibler Grund entgegensteht. So ist auch der Bundesrat in seinem Beschluss zum Richtli- nienvorschlag vom 18. März 2011 zu dieser Schlussfol- gerung gekommen. g 3 u a K e b S d n m s s F e M d d te w k d s h lä la a re n g m s w s c is a w P m p te s m A g F (C (D Die Speicherfrist ist zu lang und sollte ebenfalls drin- end nachverhandelt werden. Sie beträgt grundsätzlich 0 Tage und soll dann noch einmal mit Verschlüsselung m fünf Jahre verlängert werden. Tatsächlich kann aber uf diese Daten unter bestimmten Voraussetzungen im lartext zugegriffen werden. Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse der auf uropäischer Ebene erfolgten Evaluierung haben erge- en, dass eine Speicherfrist von sechs Monaten zur trafverfolgung nicht erforderlich ist. Circa 70 Prozent er Abfragen von Daten erfolgen in den ersten drei Mo- aten; der Anteil steigt auf 85 Prozent, wenn die Daten aximal sechs Monate alt sind. Dieses Ergebnis deckt ich mit den Erfahrungen auf nationaler Ebene. In den USA, wo die Speicherung der PNR-Daten nun chon seit gut drei Jahren erfolgt, gab es genau einen all, in dem die Überprüfung sämtlicher Passagiere zu inem Gerichtsverfahren führte. Wenn man das an den illionen Daten misst, die seitdem abgespeichert wur- en und weiterhin werden, muss man die Sinnhaftigkeit ieses Verfahrens stark bezweifeln. Die Speicherdauer muss deshalb dringend überarbei- t werden, um die Verhältnismäßigkeit der Richtlinie zu ahren. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert weiterhin, dass ein automatisierter Datenabgleich stattfindet und dass ie Daten nur bei einem begründeten Verdacht auf chwere oder terroristische Straftaten erfolgen. Weiter- in darf der Abruf nur unter Richtervorbehalt erfolgen. Auch hinsichtlich der Weitergabe der Daten an Dritt- nder gilt es dringend nachzubessern. Art. 8 RL-E er- ubt die Weitergabe der Daten an Drittstaaten. Neben nderen Voraussetzungen müssen sich diese bereiterklä- n, die Daten ausschließlich zu den im RL-E vorgesehe- en Zwecken zu nutzen. Darüber hinaus ist eine Weiter- abe an einen weiteren Drittstaat durch den Drittstaat öglich, sofern der übermittelnde Mitgliedstaat zu- timmt. Diese Ermächtigung ist ebenso unbestimmt wie eitreichend. Die Weitergabe darf hier nur zulässig sein, ofern dies in internationalen Abkommen, die ein ausrei- hendes Datenschutzniveau gewährleisten, vorgesehen t. Ich bitte die Bundesregierung, diese Punkte bei den nstehenden Beratungen umfassend zu beachten. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den ir an dieser Stelle mitberaten, greift einen wichtigen unkt auf. Der Europäische Gerichtshof hat bereits ein- al ein PNR-Abkommen gestoppt. Wenn bei den ge- lanten Abkommen mit den USA und Australien die da- nschutzrechtlichen Bedenken so umfassend sind, dann ind auch hier unbedingt Nachbesserungen vorzuneh- en. Gisela Piltz (FDP): In der Antwort auf eine Kleine nfrage meiner Fraktion antwortete die damalige rot- rüne Bundesregierung am 15. Januar 2004 auf die rage: Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13675 (A) ) )(B) Zu welchem Zeitpunkt soll eine Pflicht zur Weiter- gabe von Passagierdaten auch innerhalb der EU eingeführt werden? Und nun die Antwort: Innerhalb der Europäischen Union hat Spanien eine Ratsinitiative eingebracht. Das von der Bundesre- gierung unterstützte Ziel dieser Initiative ist eine verbesserte Kontrolle der Zuwanderungsströme und die Bekämpfung der illegalen Einwanderung. An- gestrebt wird der Erlass einer Richtlinie des Rates, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten gesetzli- che Regelungen schaffen sollen, mit denen Beför- derungsunternehmen, insbesondere Fluggesell- schaften, verpflichtet werden können, bestimmte Passagierdaten vorab den Grenz- und Einwande- rungsbehörden des jeweiligen EU-Ziellandes zu übermitteln. In Ihrem Antrag, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle- gen von der SPD, fordern Sie nun eine „Beschränkung auf terroristische und schwere Straftaten“. Ich frage Sie jetzt lieber nicht, ob „eine verbesserte Kontrolle der Zu- wanderungsströme“ unter Ihre Definition von „terroristi- schen und schweren Straftaten“ fällt. Die Antwort könnte – so oder so – ohnehin nur eines beweisen: Die SPD irrlichtert in der Innen- und Rechtspolitik zwischen Law and Order und dem untauglichen Versuch, sich den Anstrich einer Rechtsstaatspartei zu geben. Ich kann hier nur wiederholen, was ich schon in der Debatte zu dem Grünen-Antrag zu dem Vorschlag der EU-Kommission gesagt habe: Wer hat’s erfunden? Das waren nämlich SPD und Grüne. Unter der rot-grünen Bundesregierung hat Joschka Fischer im Rat dem Ab- kommen zwischen EU und USA zur Übermittlung von Fluggastdaten zugestimmt. Ich rufe hier noch einmal in Erinnerung, dass in diesem Abkommen damals das Wort „Datenschutz“ ein absolutes Fremdwort war. Zum Glück hatte das Europäische Parlament damals die Notbremse gezogen; SPD und Grüne hier im Bundestag waren es je- denfalls nicht, ebenso wenig die damaligen Minister von SPD und Grünen. Wenn genau diese beiden Fraktionen jetzt heute hier so tun, als wäre der von der EU-Kommission vorge- schlagene Speicherzeitraum von 30 Tagen unverhältnis- mäßig lang, dann zeugt das nur davon, dass jedenfalls Ihre Erinnerung eher kurz ist: Beim ersten PNR-Abkom- men mit den USA hat Rot-Grün eine Speicherfrist von dreieinhalb Jahren ohne Pseudonymisierung und ohne besondere Datensicherung und mit dem Zugriff von zahllosen Sicherheitsbehörden in den USA als daten- schutzrechtlichen Erfolg gefeiert. Sie wissen und es ist kein Geheimnis, dass die FDP- Fraktion ein EU-System zur Nutzung von Fluggastdaten sehr kritisch sieht. Dasselbe gilt für die Übermittlung von Fluggastdaten in die USA. Es ist aber leider so, dass weder gegen ein EU-PNR-System noch gegen ein Ab- kommen mit den USA oder anderen Ländern im Rat eine Mehrheit vorhanden ist. Im Gegenteil. Hier gilt jetzt lei- der nur noch, zu retten, was zu retten ist. Deshalb unter- stützt die FDP-Fraktion die Bemühung der Bundesregie- ru e a S G m tä d m v b n g w u m b s K ti e F G e s n te B s n d e k d s g d g B E P s u (C (D ng, sich im Rat für einen hohen Datenschutzstandard inzusetzen – und zwar sowohl was die PNR-Richtlinie ngeht als auch was die Abkommen zu PNR angeht. Noch ein Wort an die SPD: Sie fordern ja, dass die ammlung von Fluggastdaten sich insbesondere an den rundsätzen zur Vorratsdatenspeicherung orientieren üsse. Nachdem Sie ja die Vorratsdatenspeicherung in glich lauter werdender Endlosschleife wieder einfor- ern, nachdem das Gesetz Ihrer damaligen Bundesjustiz- inisterin mit Pauken und Trompeten untergegangen ist, erstehe ich natürlich auch, dass Sie hier nicht so sensi- el sind. In Ihrem Antrag habe ich nämlich vergeblich ach einem Satz aus dem Urteil des Bundesverfassungs- erichts gesucht: Umgekehrt darf die Speicherung der Telekommuni- kationsverkehrsdaten nicht als Schritt hin zu einer Gesetzgebung verstanden werden, die auf eine möglichst flächendeckende vorsorgliche Speiche- rung aller für die Strafverfolgung oder Gefahren- prävention nützlichen Daten zielte. Eine solche Ge- setzgebung wäre, unabhängig von der Gestaltung der Verwendungsregelungen, von vornherein mit der Verfassung unvereinbar. Die verfassungsrechtli- che Unbedenklichkeit einer vorsorglich anlasslo- sen Speicherung der Telekommunikationsverkehrs- daten setzt vielmehr voraus, dass diese eine Ausnahme bleibt. Damit setzen Sie sich überhaupt nicht auseinander – ie Sie sich generell nicht so sehr mit den rechtlichen nd verfassungsrechtlichen Fragen herumplagen. Da uss ich hier ja einmal die Grünen wenigstens dafür lo- en, dass sie in ihrem Antrag die Gutachten des juristi- chen Dienstes sowohl des Rates zu dem Vorschlag der ommission für ein EU-PNR-System als auch des juris- schen Dienstes der Kommission zu dem Abkommens- ntwurf mit den USA aufgreifen. Die aufgeworfenen ragen, gerade im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der rundrechtecharta, müssen von der Bundesregierung rnst genommen werden. Ich bin ganz sicher, dass un- ere liberale Bundesjustizministerin hier sehr viel ge- auer hinschauen wird, als die SPD-Bundesjustizminis- rin das damals getan hat. Auch der Bundesrat hat – auf Initiative der Länder aden-Württemberg, wohlgemerkt noch zu Zeiten der chwarz-gelben Koalition im Ländle, und Hessen – ei- en Beschluss gefasst, in dem die Kommission aufgefor- ert wird, die Verhältnismäßigkeit des Vorschlags für ine PNR-Richtlinie erneut gründlich zu prüfen. Daran önnen Sie sehen, dass bei schwarz-gelben Regierungen iese Frage in guten Händen ist. Die FDP-Fraktion hier im Bundestag wird daher wie chon bisher auch künftig gemeinsam mit der Bundesre- ierung und der liberalen Fraktion im Europaparlament ie Entwicklungen in Sachen Fluggastdaten kritisch und enau betrachten. Zugleich unterstützt sie aber auch die undesregierung darin, im Falle einer Mehrheit in uropa – die es, wie schon gesagt, auf jeden Fall für NR in der EU und in Abkommen mit Drittstaaten gibt – ich mit aller Kraft für ein hohes Niveau an Datenschutz nd Rechtsschutz einzusetzen und so wenigstens das, 13676 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) was nach dem rot-grünen Sündenfall in Sachen PNR noch zu retten ist, auch tatsächlich im Sinne unseres Rechtsstaates zu retten. Jan Korte (DIE LINKE): Die Vizeministerin für Hei- matschutz der USA, Jane Holl Lute, hat kürzlich in Ber- lin massiv für das amerikanisch-europäische Abkommen zur Übermittlung von Fluggastdaten geworben. Mit dem Abkommen, so Frau Lute, sollen angeblich nicht Sicher- heitsbestrebungen der Vereinigten Staaten über Daten- schutzbedenken der Europäer gestellt werden, sondern der US-Administration gehe es einzig „um das Wohl al- ler Reisenden“. Die USA respektierten die europäische Sicht, erwarteten aber auch Respekt für ihren Stand- punkt. Die Vizeministerin sicherte einen verantwor- tungsvollen Umgang mit den Daten zu. Britische Datenschutzexperten kommen in einer Ana- lyse der geplanten EU-Richtlinie zur Auswertung und Weitergabe von Fluggastdaten – Passenger Name Re- cord, PNR – allerdings zu dem Ergebnis, dass die Richt- linie wenig bis überhaupt keinen Datenschutz garantiere. Die Daten würden stattdessen völlig unkontrolliert und intransparent verbreitet werden. Die britischen Experten von Amberhawk gelangen in ihrem Bericht insgesamt zu einem höchst negativen Ergebnis. Ausreichender Schutz besteht eigentlich nur, solange die Fluglinien über die Daten verfügen, denn dann kämen die eher strengen Da- tenschutzstandards der EU zum Tragen. Jede Weitergabe hebe hingegen Teile des Datenschutzes auf. Wenn das Abkommen so in Kraft treten würde, dürfte beim Export der Daten in die USA auch das letzte bisschen Schutz im wahrsten Sinne des Wortes über Bord gehen. Denn was die jeweiligen Empfänger mit den Daten anstellen und wohin sie diese als Nächstes transferieren, kann keiner der Passagiere mehr kontrollieren, ebenso wenig wie Datenschützer. Die Fachjuristen von Amberhawk beschreiben die Auswirkungen der PNR-Richtlinie als bizarr: Je unkriti- scher die Erhebung und Verwendung von Passagierdaten ist, wie zum Beispiel bei der Nutzung der Angaben zur Essens- und Sitzplatzbuchung bei der Fluggesellschaft, desto höher ist der Schutz der Daten. Je kritischer die Verwendung der Passagierdaten ist, zum Beispiel zur Sammlung und Speicherung zu Strafverfolgungszwe- cken, desto niedriger wird der Schutz der Daten. Und das ist nicht das einzige Absurde an diesem Abkommen. Man muss sich hier wirklich einmal die Frage stellen, wer hier die Verhandlungen seitens der EU geführt hat und ob diese Leute noch ein paar Wochenenden Zeit für Weiterbildungsseminare haben. Wenn wir überhaupt irgendeinen Wert auf Daten- schutz legen, können wir einem solchen Abkommen nicht zustimmen. Da ist sich die Opposition offenbar einmal einig. Es wäre tatsächlich einmal etwas ganz Be- sonderes, die Bundesregierung dazu zu bringen, in Europa etwas für den Datenschutz und für die Einhal- tung europäischer Datenschutzstandards zu tun. Das war bislang vergebene Liebesmüh. Es lief eher genau anders- herum: Das, was die letzten Bundesregierungen national nicht umsetzen konnten, haben sie über den Umweg Europa hinzubekommen versucht. U n g K d g M n D z g g fa B ri u U w d k N g z ti b G fü li D h A d h V d g G d k w b G k s V e li E s d te m K (C (D Letztendlich bleibt das PNR-Abkommen mit den SA in den Gedanken vieler nur ein erster Schritt zu ei- er EU-weiten Vorratsdatenspeicherung von Flugpassa- ierdaten. Wenn es nach dem Willen der Europäischen ommission ginge, würden künftig sämtliche Passagier- aten zu Flügen zwischen Drittstaaten und EU-Mit- liedsländern gespeichert. Eine Mehrheit der EU- itgliedstaaten will außerdem auch Daten über alle in- ereuropäischen Flüge sammeln und analysieren. Diese aten sollen nicht nur zur Strafverfolgung, sondern auch ur präventiven Erstellung von „Risikoprofilen“ heran- ezogen werden. Grundsätzlich ist demnach jeder Flug- ast verdächtig und muss überwacht werden. Manche ntasieren schon über die Erfassung der Reisedaten von ahnpassagieren und Schiffsreisenden. Das konterka- ert die europäische Idee eines Raumes der Demokratie nd der Freizügigkeit. Die Linke lehnt das Fluggastdatenabkommen mit den SA genauso ab wie das mit Australien. Die Linke wird eiter gegen EU-weite Vorratsdatenspeicherungen und ie Überwachung der Bevölkerung kämpfen. Darauf önnen Sie sich verlassen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Es ist der Bedeutung der geplanten Speicherun- en von Fluggastdaten angemessen, dass wir hier zum weiten Mal innerhalb eines Vierteljahres darüber debat- eren. Denn was hier in der Pipeline ist, stellt die Vorga- en des deutschen Grundgesetzes und auch der EU- rundrechte auf den Kopf! Das Drama hat zwei Teile, die später aneinanderge- gt werden sollen. Der erste Teil ist die geplante Richt- nie über die Vorratsspeicherung von Fluggastdaten. azu gibt es von uns den Antrag vom April und den eutigen der SPD. Der zweite Teil sind die geplanten bkommen der EU mit den USA und Australien über ie Weiterleitung von Fluggastdaten. Dazu liegt unser eutiger Antrag vor. Zum ersten Teil, der geplanten Richtlinie über die orratsspeicherung von Fluggastdaten: Ich habe das an ieser Stelle bereits im April dieses Jahres gesagt: so eht es nicht! Mittlerweile sind ein Gutachten der EU- rundrechteagentur und eines des juristischen Dienstes es Rates zum gleichen Ergebnis gekommen: Es sind eine behebbaren Kleinigkeiten, die im Richtlinienent- urf falsch liegen, es ist das Gesamtkonzept des Vorha- ens, das völlig konträr zu deutschen und europäischen rundrechten liegt. Ohne den Nachweis der Erforderlichkeit für die Be- ämpfung schwerer Verbrechen sollen nun Fluggastdaten ämtlicher internationaler und EU-interner Flüge auf orrat für über 5 Jahre gespeichert werden. Und zwar bei inem staatlichen Datenpool, aus dem sich dann unzäh- ge Polizei- und Strafverfolgungsbehörden aus ganz uropa bedienen dürfen. Profilbildung und Rasterung ind ausdrücklich Zweck dieser Vorratsspeicherung. Je- es einzelne der genannten Elemente der geplanten Da- nspeicherung würde beim Bundesverfassungsgericht it Pauken und Trompeten durchfallen. Ich freue mich daher, dass auch die Kolleginnen und ollegen von der SPD mit ihrem Antrag verdeutlicht ha- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13677 (A) ) )(B) ben, dass wir hier mehr Grundrechte und mehr Daten- schutz brauchen. Aber, meine Damen und Herren der SPD, es reicht hier leider nicht aus, nur einzelne daten- schutzrechtliche Verbesserungen einzufordern. Denn es fehlt gewissermaßen schon der Grundstein jeglicher ver- fassungsrechtlicher Zulässigkeit: es fehlt an der Erfor- derlichkeit der geplanten Vorratsspeicherung von Flug- gastdaten. Das muss nun doch endlich zu allen durchgedrungen sein: nicht nur die europäischen Datenschutzbeauftrag- ten und die EU-Grundrechteagentur, selbst der juristi- sche Dienst des Rates der EU, also genau des Organes der EU, in dem die Regierungen der Mitgliedstaaten ver- treten sind, kommt in seiner Stellungnahme zum Richtli- nienentwurf im April zu diesem Ergebnis – ich zitiere: „In Anbetracht der einschlägigen Rechtsprechung ist die systematische und automatische Vorabverarbeitung, [… sprich: Profilbildung und Rasterung] des Vorschlags […] äußerst problematisch, was die Verhältnismäßigkeit be- trifft. Damit liefe die Richtlinie (wenn sie in dieser Form angenommen würde, und noch mehr, wenn Flüge zwi- schen Mitgliedstaaten einbezogen würden) nach Ansicht des juristischen Dienstes eindeutig Gefahr, in einem Ver- fahren nicht nur vor dem Gerichtshof, sondern auch vor den nationalen Verfassungsgerichten oder obersten Ge- richtshöfen beanstandet zu werden, insbesondere deswe- gen, weil nicht hinreichend dargelegt wird, weshalb die Maßnahmen notwendig sind.“ Ganz Europa argumentiert – politisch und rechtlich – mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Und genau dieses Bundesverfassungsgericht hat uns un- missverständlich aufgegeben, uns auf europäischer Ebene für die Wahrung der verfassungsrechtlichen Da- tenschutzstandards einzusetzen. Wie sich aus den Verhandlungsergebnissen der rele- vanten Ratsarbeitsgruppe vom 11. Mai 2011 ergibt, zweifelt eine ganze Reihe nationaler Parlamente an der Erforderlichkeit der Vorratsspeicherung von Fluggastda- ten. Wir Grüne lehnen die Vorratsspeicherung von Flug- gastdaten auch weiterhin entschieden ab. Denn eine sol- che Datensammlung ins Blaue hinein löst sich zu weit von den verfassungsrechtlichen Vorgaben und würde ei- nen Paradigmenwechsel im Sicherheitsrecht zulasten der Bürgerrechte einläuten. Nun zum zweiten Teil, den geplanten Abkommen mit den USA und Australien über die Weitergabe von Passa- gierdaten zu Zwecken der Strafverfolgung: Die Verhandlungen mit Australien und den USA sind seit kurzem vorläufig abgeschlossen. Die Abkommen sollen den Behörden erlauben, die Daten auf Vorrat zu speichern. Sie setzen also auf die EU-interne Vorrats- speicherung noch eine weitere Vorratsspeicherung in den USA und Australien drauf. Beide Staaten verfügen aner- kanntermaßen nicht annähernd über Datenschutzstan- dards, die den deutschen oder europäischen vergleichbar wären. Es wurden uferlose Speicherfristen von 5,5 Jah- ren für Australien und 15 Jahren für die USA ausgehan- delt. Auch die in die USA und nach Australien weiterge- leiteten Fluggastdaten dürfen dann für Risikoanalysen v n b d d s z d is d s d m w d h P ru d p a s m p A V A te a R d q c d d e d m e k A ti a d (C (D erwendet werden. Dabei sollen die Passagiere aufgrund icht nachvollziehbarer Risiko-Profile der Sicherheits- ehörden elektronisch in Schubladen sortiert werden. Ebenso wie bei der Vorratsspeicherung von Fluggast- aten in der EU widerspricht ein solches Vorgehen klar en Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, insbe- ondere seiner Rechtsprechung zur Rasterfahndung und ur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsverbin- ungsdaten. Aber nicht nur das. Der juristische Dienst der Europä- chen Kommission, ja genau, das ist das Organ der EU, as selbst für die Aushandlung dieser Abkommen zu- tändig ist, hat in einem Gutachten vom 18. Mai 2011 ie Auffassung vertreten, dass die geplanten Abkommen it den Grundrechten unvereinbar sind. Angesprochen ird hier insbesondere Art. 8 der EU-Grundrechtecharta: as EU-Grundrecht auf Datenschutz, über dessen Ein- altung der EuGH wacht. Dass wir als Parlament die verfassungsrechtliche flicht haben, uns auf europäischer Ebene für die Wah- ng unserer verfassungsrechtlichen Datenschutzstan- ards einzusetzen, habe ich bereits gesagt. Das ist eine arlamentarische Selbstverständlichkeit! Wir haben aber uch die Möglichkeit und die Instrumente dazu. Mit un- erem Antrag fordern wir die Bundesregierung noch ein- al dazu auf, beim EuGH ein Gutachten über die ge- lanten Flugastdaten-Abkommen mit dem USA und ustralien einzuholen. Der EuGH hätte dann gemäß Art. 218 Absatz 11 des ertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, EUV, die Möglichkeit, die Vereinbarkeit dieser geplan- n Abkommen vorab mit dem EU-Primärrecht und so uch mit den EU-Grundrechten zu überprüfen. Die echtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Teil er deutschen Verfassungstradition ist Rechtserkenntnis- uelle für den EuGH. Deutsche Verfassungsrechtspre- hung hat auf diesem Weg bereits vielfach Eingang in ie EuGH-Rechtsprechung gefunden. Deutschland sollte urch die Einholung des Gutachtens beim EuGH seine uroparechtlichen Möglichkeiten und Pflichten zur För- erung des europäischen Grundrechteschutzes wahrneh- en. Wir dürfen hier nicht sehenden Auges eine Situation ntstehen lassen, in dem die EU grundrechtswidrige Ab- ommen abschließt. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag. nlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Besonderheiten der nationalen Finanzmärkte bei Umsetzung von Basel III berücksichtigen (Tagesordnungs- punkt 23) Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Die neuen interna- onalen Standards des Baseler Ausschusses für Banken- ufsicht müssen in europäisches Recht umgesetzt wer- en. Dabei wird es nicht zu einer starren, schematischen 13678 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Umsetzung kommen. Vielmehr wird aufbauend auf den Baseler Vereinbarungen und unter Berücksichtigung europäischer und deutscher Besonderheiten eine Umset- zung in europäisches Recht erfolgen. Die Kommission wird dazu voraussichtlich einen Legislativvorschlag vor- legen, der aus einer Verordnung und einer Richtlinie be- steht. Die Verordnung soll Regelungen zum Eigenkapital, zur Liquidität sowie zur Transparenz enthalten. In der Richtlinie sollen Regelungen für die Zulassung und Be- aufsichtigung von Instituten, Anforderungen an die in- terne Organisation sowie aufsichtsrechtliche Maßnah- men festgeschrieben werden. Die Kommission möchte, soweit wir wissen, den Weg der Regelung durch eine Verordnung gehen, um sicher- zustellen, dass in den Bereichen Eigenkapital, Liquidität und Transparenz ein europäisches Level Playing Field für Banken erreicht wird – also einheitliche Bedingun- gen für alle in Europa tätigen Kreditinstitute. Denn eine EU-Verordnung gilt unmittelbar für alle Kreditinstitute, während eine EU-Richtlinie erst durch den deutschen – und 26 weitere – Gesetzgeber in nationales Recht um- gesetzt werden muss. Der aufsichtsrechtliche Teil des Regelwerkes muss zwingend im Rahmen einer Richt- linie umgesetzt werden, da er an nationales Verwaltungs- recht anknüpft. Die Tatsache, dass so wichtige Felder wie Eigenkapi- tal, Liquidität und Transparenz im Rahmen einer EU- Verordnung und nicht im Rahmen einer Richtlinie gere- gelt werden sollen, stößt in Teilen der deutschen Kredit- wirtschaft auf erhebliche Bedenken: Es wird befürchtet, dass die mangelnde Beteiligung des Deutschen Bundestages dazu führt, dass „nationale Besonderheiten“ zu wenig berücksichtigt werden. Es wird befürchtet, dass sich die EU-Kommission bei der Formulierung der Verordnung nicht am deutschen, in erheblichen Teilen mittelständischen und durch Sparkas- sen und Volksbanken geprägten Bankensystem, sondern am angelsächsischen, von kapitalmarktorientierten Insti- tuten geprägten Bankensystem orientiert. Es wird befürchtet, dass auf EU-Ebene keine Diffe- renzierung zwischen kleinen, regionalen und großen, internationalen Instituten vorgesehen ist und allen Insti- tuten, unabhängig von ihrer Größe, die gleichen bürokra- tischen Lasten auferlegt werden. Diese Befürchtungen haben gute Gründe. Wir neh- men sie daher sehr ernst. Für die weitere Diskussion ist es, so denke ich, aber hilfreich und wichtig, noch einmal die Unterschiede zwischen einer Verordnung und einer Richtlinie detailliert zu erörtern. Ich halte dies deswegen für notwendig, weil in der Diskussion mit einigen Unge- nauigkeiten argumentiert wird. Beginnen wir mit der Richtlinie: Die Richtlinie richtet sich an den nationalen Gesetz- geber. Dieser hat die Vorgaben der Richtlinie in nationa- les Recht umzusetzen. Je nach Ausgestaltung der Richt- linie hat er dabei die Möglichkeit, Wahlrechte wahrzunehmen und die europäischen Regelungen unter B ti fa R B w n h li e s S s d d w S e re w g is d z d is P n m d d ti B e b e W b D S fü n im S d n d H w S ti V (C (D erücksichtigung nationaler Besonderheiten in seine na- onale Rechtsordnung einzupassen. Er hat gegebenen- lls auch die Möglichkeit, über den Regelungsinhalt der ichtlinie hinauszugehen – im Fall von Basel III zum eispiel erhöhte Eigenkapitalanforderungen zu stellen; ie gesagt, je nach Ausgestaltung, denn es gibt Richtli- ien, die so formuliert sind, dass viele Freiräume beste- en, es gibt aber auch Richtlinien, die sehr eng formu- ert sind und die die oben skizzierten Freiräume nicht inräumen. Die Kritiker der Rechtssetzung durch Richtlinien wei- en darauf hin, dass die nationalen Wahlrechte und pielräume dazu führen, dass europaweit 27 unter- chiedliche Regelungen entstehen – 27 Regelungen, in enen Wahlrechte unterschiedlich wahrgenommen wer- en, 27 Regelungen, bei denen es gegebenenfalls zu be- ussten oder unbewussten Umsetzungsfehlern kommt. ie führen weiter an, dass die Rechtssetzung umso un- inheitlicher wird, je größer die Wahlrechte und je zahl- icher die Fehler sind. Eine uneinheitliche Umsetzung ürde dazu führen, dass Geschäfte in die Länder verla- ert werden, in denen die Regulierung am schwächsten t; man nennt dies Regulierungsarbitrage. Eine Verordnung richtet sich dagegen unmittelbar an ie nationalen Finanzinstitute; es bedarf keiner Umset- ung in nationales Recht, mit all den daraus resultieren- en Schwierigkeiten. Kritikpunkt an der Umsetzung durch eine Verordnung t, dass keine weiteren Modifikationen durch nationale arlamente mehr möglich sind. Eine Berücksichtigung ationaler Besonderheiten durch die nationalen Parla- ente ist nicht mehr vorgesehen; sie müssen bereits in ie Verordnung eingearbeitet werden. Die Befürworter einer Verordnung führen dagegen an, ass Institute, die in mehreren europäischen Ländern tä- g sind, entlastet werden, da Bürokratiekosten für die efolgung von unterschiedlichen nationalen Regelungen ntfallen. Rein national und regional tätige Institute ha- en den Vorteil, dass auch sie von einer gesteigerten uropaweiten Systemstabilität und einem einheitlichen ettbewerbsumfeld profitieren. Sowohl eine Richtlinie als auch eine Verordnung ge- en einen Rahmen vor. Dieser Rahmen wird dann mit etailregelungen gefüllt, den sogenannten technischen tandards. Die Bedeutung dieser technischen Standards r die praktische Anwendung der neuen Regeln darf icht unterschätzt werden. Sie sind der Hebel, mit denen Zweifel Politik gemacht werden kann. Auf europäischer Ebene werden diese technischen tandards, deren Erlass als delegierte Rechtsakte sowohl urch Ermächtigung in einer Verordnung als auch in ei- er Richtlinie vorgesehen werden kann, von der EBA, er Europäischen Bankenaufsichtsbehörde, vorgegeben. ier bestehen erhebliche Defizite, und zwar deswegen, eil die parlamentarische Kontrolle über die technischen tandards faktisch sehr eingeschränkt ist; das heißt, Poli- k wird durch Beamte gestaltet. Bei der Abwägung, ob eher eine Richtlinie oder eine erordnung zur Umsetzung von Basel III geeignet ist, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13679 (A) ) )(B) sind diese Vor- und Nachteile zu berücksichtigen. Eine Richtlinie bietet vermeintlich mehr Spielraum für den nationalen Gesetzgeber. Letztlich hängt das aber sehr von der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall ab. So kann auch eine Richtlinie keinen oder nur sehr wenig Umsetzungsspielraum lassen. Auf der anderen Seite kann auch eine Verordnung durchaus Wahlrechte belas- sen. Das heißt, wenn eine Richtlinie die entscheidenden Punkte abschließend regelt, kann auch im Rahmen der Umsetzung durch den Bundestag keine Anpassung an nationale Besonderheiten mehr erfolgen. Wesentlich entscheidender als die Form ist daher der Inhalt. Wir müssen deshalb daran arbeiten, dass alle uns in Deutschland wichtigen Regelungen und Wahlrechte in dem europäischen Rechtsakt – sei es eine Verordnung oder eine Richtlinie – verankert werden. Folgende Punkte sind dabei besonders wichtig: Erstens. Wir brauchen eine rechtsformunabhängige Definition der Eigenkapitalinstrumente, also Prinzipien für die Zurechnung von Finanzinstrumenten zum auf- sichtsrechtlichen Eigenkapital unabhängig von der Rechtsform des jeweiligen Instituts. Dabei darf bei- spielsweise genossenschaftliches Kapital nicht schlech- ter gestellt werden als Aktienkapital. Zweitens. Es ist besorgniserregend, dass auf nationa- ler, aber insbesondere auf europäischer Ebene der Ge- setzgeber immer mehr Regelungsinhalte an die Exeku- tive, an die Verwaltung, im Fall von Basel III an die EBA delegiert. Denn die technischen Standards im Zu- sammenhang mit der Umsetzung von Basel III werden eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Qualität des Regelwerkes spielen. Die EBA als neugegründete Be- hörde muss gerade in Deutschland noch viel Vertrauen aufbauen. Das Vorgehen der EBA bei der Implementie- rung der Bankenstresstests wurde von wesentlichen Marktteilnehmern jedenfalls nicht als glücklich empfun- den. Drittens. Wir müssen verhindern, dass kleine und mittlere Privatbanken, Regionalbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken vom Umfang der Regulierung überfordert werden. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn an die Sparkasse Rietberg der gleiche Maßstab an- gelegt würde wie an die Deutsche Bank. Gerade kleinere Institute beklagen in letzter Zeit sehr glaubwürdig, dass der bürokratische Aufwand der Regulierungsanforderun- gen in keinem Verhältnis mehr zu ihrer Institutsgröße und ihrem Institutsrisiko steht. Regulierung darf nicht dazu führen, dass große Einheiten gegenüber kleinen Einheiten gestärkt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Art und Weise, wie die Aufsicht geführt wird, adäquat zu gestal- ten. Denn auch im Bereich der nach dem Entwurf durch Verordnung geregelten Rechtsgebiete wird Raum für Auslegung bestehen und werden Rundschreiben – wie bisher – erforderlich sein. Neben den Vorgaben durch die europäische Rechtssetzung werden daher die Art und Weise der Kontrolle der Regeln durch BaFin und Bun- desbank ganz besonders für die kleineren Institute eine entscheidende Rolle spielen. Hier liegt meines Erachtens ein wichtiger Hebel für weniger Bürokratie. „ R D z P h h d b m h z ru d g te S K u e a h m k T c w g F d P fo s u is s d R e s m fü u s M in F fü w te (C (D Lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Die Frage Basel III – Richtlinie oder Verordnung?“ bewegt zu echt viele – gerade kleinere – Kreditinstitute in eutschland. Die Kommission scheint sehr entschlossen u sein, den Weg über eine Verordnung zu gehen. Unsere ositionierung zu dieser Frage wird maßgeblich vom In- alt des Regelwerkes inklusive der an dem Regelwerk ängenden technischen Standards abhängen. Das heißt, jetzt ist die Kommission am Zug: Wir wer- en den Prozess auf europäischer Ebene sehr genau eobachten. Der Deutsche Bundestag hat mit dem ge- einsamen Entschließungsantrag vom 8. Juli 2010 in- altliche Positionen formuliert. Die Kommission muss eigen, dass sie es schafft, ein einheitliches Regulie- ngsniveau zu schaffen und dabei die Besonderheiten er Bankenmärkte der Mitgliedstaaten zu berücksichti- en. Der Finanzplatz Deutschland mit all seinen Facet- n, mit den starken Säulen Genossenschaftsbanken und parkassen muss sich in der Basel-III-Umsetzung der ommission wiederfinden. Eine Regulierung zulasten nserer Finanzwirtschaft darf es nicht geben, weder in iner Richtlinie noch in einer Verordnung. Wir sollten daher die Diskussion – auch und gerade uf europäischer Ebene – insbesondere anhand der In- alte führen und nicht allein anhand des formalen Rah- ens. Zum Abschluss gestatten Sie mir noch eine Anmer- ung: Beim Studium der Stellungnahmen zu diesem hema und bei vielen Gesprächen, die ich in dieser Sa- he geführt habe, ist mir wieder einmal klar geworden, ie wenig Vertrauen den europäischen Institutionen ent- egengebracht wird. Wir sollten wirklich einmal die rage beantworten, woran das liegt. Denn die Tatsache, ass – ob nun in der Sache gut begründet oder nicht – arteien, Verbände und Unternehmen eine Richtlinie rdern, weil sie nicht glauben, dass die EU-Kommis- ion eine Verordnung vorlegt, die ihnen gerecht wird, nd damit in Parlament und Rat auch noch durchkommt, t ein großes Misstrauensvotum gegenüber den europäi- chen Institutionen. Hier liegt das eigentliche Problem. Es gilt vorrangig, ieses Problem zu lösen, bevor die anderen in dieser ede aufgeworfenen – ebenfalls sehr wichtigen – Fragen rörtert werden. Manfred Zöllmer (SPD): Die Europäische Kommis- ion wird in Kürze Entwürfe für Rechtsakte vorlegen, it denen sie die Vorschläge des Baseler Ausschusses r Bankenaufsicht zur Neuregelung der Eigenkapital- nd Liquiditätsanforderungen für Kreditinstitute – das ogenannte Basel III – in europäisches Recht umsetzt. it diesen Neuregelungen sollen Konsequenzen aus den der Finanzkrise offenbar gewordenen Lücken in der inanzmarktregulierung gezogen werden. Die ersten länderübergreifenden Eigenmittelstandards r Banken, Basel I, sind bereits 1988 verabschiedet orden. Im Jahr 2004 folgte Basel II, das neue Risikoka- gorien einführte, aber den großen, international tätigen 13680 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) Instituten erlaubte, die jeweiligen Risiken mit eigenen Modellen zu bewerten und zu gewichten. Diese Regelung nutzten die Banken aus, um ihre Ei- genkapitalausstattung anzupassen. Vom Ergebnis hielten sie in der Folge nicht mehr, sondern weniger Eigenkapi- tal. Dies geschah offenbar in der Überzeugung, die zur Umsetzung von Basel II geschaffene Risikomanagement- infrastruktur mache es möglich, Risiken so zuverlässig zu erfassen, dass auch eine Bank mit geringerem Eigenkapi- tal gut geschützt sei. Die Finanzkrise hat diese Haltung als Illusion ent- larvt, und deshalb ist es gut, wenn unter anderem an die- sem Punkt nachjustiert wird. Der Großteil der geplanten Basel-III-Änderungen soll nach dem Willen der Europäischen Kommission mittels einer Verordnung und nicht, wie bisher bei solchen Re- gelungen üblich, durch eine Richtlinie vorgenommen werden. Wir Sozialdemokraten sind davon überzeugt, dass eine Umsetzung von Basel III durch eine Verordnung mit großen Nachteilen verbunden wäre. Eine Verord- nung stellt gemäß Art. 249 Abs. 2 EG-Vertrag unions- weit unmittelbar geltendes Recht dar – die sogenannte Verbindlichkeit in allen Teilen. Diese grenzt die Verord- nung von der Richtlinie ab. Die Verordnung ist gänzlich geltendes Recht, während die Richtlinie nur hinsichtlich der Zielbestimmung verbindlich ist. Die Umsetzung der Zielbestimmung bei Richtlinien bleibt jedem einzelnen Mitgliedstaat vorbehalten. Dem Deutschen Bundestag würden somit seine Mit- wirkungsmöglichkeiten genommen, und nationale Be- sonderheiten könnten nicht berücksichtigt werden. Eine Richtlinie eröffnet Spielräume bei der Ausfüllung und Konkretisierung der europäischen Vorgaben durch die Mitgliedstaaten, was bei der Bankenregulierung einen wichtigen Punkt darstellt. Die Wahl des Rechtsinstrumentes ist insoweit eine zentrale Weichenstellung, da sie die Beteiligungsmög- lichkeiten nicht nur hinsichtlich der aktuellen Reform, sondern auch hinsichtlich der künftigen Regulierungs- vorhaben bestimmt. Der Deutsche Bundestag muss die neuen Regelwerke zu Basel III angesichts ihrer hohen Bedeutung sowohl für die Kreditwirtschaft als auch für die Unternehmen und Anleger aktiv mitgestalten können. Eine bloße Be- gleitung des europäischen Rechtssetzungsprozesses würde der Verantwortung des Deutschen Bundestages für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Lan- des nicht gerecht. Die Mitwirkung der Parlamente bietet die beste Ge- währ, dass bei der Anwendung der globalen Basel-III- Vorschriften den spezifischen Bedingungen der jeweili- gen Finanzmärkte ausreichend Rechnung getragen wird. Es steht fest, dass zwischen den Finanzmärkten erheb- liche Unterschiede bestehen. Für den deutschen Finanz- markt sind eine langfristige Orientierung, eine bankba- sierte Unternehmensfinanzierung und ein dezentral ausgerichtetes mehrgliedriges Bankensystem signifikant. O ru g R d u d m b n z g n ru w fü ru G a te s D s h b s d z h m W g s B b s m fr U s d ri s d A d s L u le (C (D Dem stehen Finanzmärkte mit einer kurzfristigen rientierung, einer kapitalmarktorientierten Finanzie- ng und einem stärker zentralisierten Bankensystem ge- enüber. Eine Umsetzung der Basel-III-Vorschriften ohne ücksicht auf diese Unterschiede wäre gerade für den eutschen Bankenmarkt mit seinem hohen Anteil kleiner nd regionaler Institute nicht angemessen. Es bestünde ie Gefahr, dass die auf international tätige und kapital- arktorientierte Bankkonzerne ausgerichteten Vorga- en die Kreditvergabefähigkeit von Sparkassen und Ge- ossenschaftsbanken über Gebühr einschränken und so u einer Verringerung und Verteuerung der Kreditversor- ung für den Mittelstand führen. Das Ergebnis wäre icht mehr Wettbewerbsgleichheit, sondern eine Verzer- ng des Wettbewerbs zulasten vieler deutscher Institute. Eine effektive Finanzmarktregulierung setzt gleich- ertige, aber keine uniformen europäischen Vorgaben r alle Mitgliedstaaten voraus. Es darf keine Regulie- ngsarbitrage zwischen den Mitgliedstaaten geben. leichwertige Wettbewerbsbedingungen lassen sich ber auch bei einer Umsetzung der Basel-III-Vorschrif- n mittels einer Richtlinie erreichen. Uniforme Regelungen würden sich auf verschieden trukturierten Märkten sehr unterschiedlich auswirken. ie bei einer Richtlinie vorhandenen Entscheidungs- pielräume ließen es zu, sich den spezifischen Gegeben- eiten entsprechend anzupassen und dadurch eine wett- ewerbsneutrale Wirkung zu erreichen. Dabei kann es ich in bestimmten Fällen als erforderlich erweisen, über ie europäischen Vorgaben hinaus höhere Standards an- uwenden. Ein Level Playing Field wäre gesichert. Hierbei gehen wir davon aus, dass eine in Rede ste- ende Richtlinie hinsichtlich ihrer Zielsetzung strikt for- uliert sein muss. Den Mitgliedstaaten muss aber die ahl der Mittel zu ihrer Umsetzung überlassen bleiben. Wir fordern daher mit unserem Antrag die Bundesre- ierung auf, sich gegenüber der Europäischen Kommis- ion und den Mitgliedstaaten für eine Umsetzung der asel-III-Vorschriften durch eine Richtlinie einzusetzen; ei den Beratungen über die Richtlinie für eine Berück- ichtigung der Besonderheiten des deutschen Finanz- arktes einzutreten, insbesondere bezüglich der lang- istigen Finanzierungsorientierung, der bankbasierten nternehmensfinanzierung und der dezentralen Banken- truktur; dem Bundestag frühzeitig und regelmäßig über en Stand der Beratungen auf europäischer Ebene zu be- chten. Björn Sänger (FDP): Die uneinheitlichen Auf- ichtsregelungen und Eigenkapitalvorschriften für Kre- itinstitute haben die Finanzkrise begünstigt. Deshalb begrüßt die FDP-Fraktion die vom Baseler usschuss für Bankenaufsicht vorgesehenen, umfassen- en Verbesserungen der Finanzmarktregulierung hin- ichtlich der Anforderungen an Kapital, Liquidität und everage und spricht sich für eine möglichst zeitnahe nd effiziente Umsetzung der neugefassten internationa- n Standards aus. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13681 (A) ) )(B) Um nun ein möglichst weitreichendes regulatorisches Umfeld mit denselben Anforderungen an alle zu errei- chen, müssen die neuen Bankenstandards so einheitlich wie möglich implementiert werden. Daher stellt sich die Frage, ob dafür eine EU-Verord- nung oder eine Richtlinie der optimale Weg wäre. Eine EU-Verordnung hat sofort rechtsverbindliche Wirkung in den einzelnen Mitgliedstaaten. Das Ziel einer einheit- lichen Bankenregulierung hätte man bei abschließenden Regelungen dann wohl erreicht, aber um den Preis einer „one size fits all“-Regulierung. Nun ist bekannt, dass das deutsche Finanzsystem einige Besonderheiten aufweist. Von verschiedenen Seiten werden Befürchtungen geäu- ßert, dass die Eigenheiten und Strukturen der Finanzsys- teme in einzelnen Ländern, besonders in Deutschland, in einer Verordnung nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Dies lässt sich nicht bestätigen. Im Gegenteil, eine Verordnung lässt durchaus Raum für eine Anpas- sung der Vorschriften an nationale Besonderheiten. Au- ßerdem besteht auch die Möglichkeit, nur einen Teil der Vorgaben in einer Verordnung umzusetzen. So ist es grundsätzlich sachgerecht, die unmittelbar an die Insti- tute gerichteten Bestimmungen für aufsichtsrechtliches Eigenkapital, Liquidität und Transparenz über eine EU- weit geltende Verordnung zu regeln. Die an die Mit- gliedstaaten gerichteten Vorgaben hingegen, etwa hin- sichtlich nationaler Aufsicht, können über eine EU- Richtlinie umgesetzt werden. Die von der EU-Kommission geplante Umsetzung von Basel III über eine Verordnung statt über eine Richt- linie erscheint vor diesem Hintergrund sinnvoll. Eine Verordnung ist die schnellere Lösung, und ein einheitli- ches Regelwerk liegt im Interesse aller Mitgliedstaaten. Entscheidend ist, dass bei der Umsetzung die interna- tionalen Wettbewerbsbedingungen gewahrt bleiben und Regulierungsarbitrage weitgehend vermieden wird, was auch die sozialdemokratischen Kollegen in ihrem Antrag fordern. Es überrascht mich, dass den Kollegen dieses Wort geläufig ist, und sicherheitshalber möchte ich kurz die Gelegenheit nutzen, Regulierungsarbitrage einmal zu erklären. Arbitrage kann man durch Preisunterschiede an verschiedenen Märkten erzielen. Kauft man beispiels- weise ein beliebiges Produkt in London, das in Frankfurt teurer ist, lässt sich ein Gewinn erzielen, wenn man die- ses Produkt bei Deckung der sonstigen Kosten in Lon- don kauft und in Frankfurt wieder verkauft. Gleichermaßen handelt es sich bei Regulierungsarbi- trage um Geschäfte, deren Teilnehmer von Unterschie- den in regulatorischen Bestimmungen profitieren. Wenn Unternehmen beispielsweise nach den in diesem Land geltenden Vorschriften weniger Steuern zahlen müssen, bietet dies vielen Unternehmen einen Anreiz, dort die Geschäfte abzuwickeln. Führt man nun eine auf Deutschland und wenige europäische Länder be- schränkte Finanztransaktionsteuer ein, ermöglicht man Unternehmen Regulierungsarbitrage, die diese Märkte meiden oder ihre Geschäfte von dort in das nichtbetrof- fene Ausland verlagern. Ich hoffe, ich konnte den Kolle- gen damit endlich die Augen öffnen, dass ihre bisherigen Forderungen nicht gerade sinnvoll sind. Ic m d d A U c k B h E s R E V s d u tü tr u z o e o li ti ü B k le ru te B m E d re w D d d d z B e E ü in e m d (C (D Aber nun zurück zum Thema Basel-III-Umsetzung. h möchte an die Adresse der antragstellenden SPD an- erken: Selbstverständlich muss sichergestellt werden, ass die Basel-III-Regelungen die Gegebenheiten des eutschen Bankensektors ausreichend berücksichtigen. uch wollen wir als christlich-liberale Koalition die msetzung der Regelungen aktiv mitgestalten. Der Deutsche Bundestag hat, auf die Initiative der hristlich-liberalen Koalition und unter Ihrer Mitwir- ung, schon im Mai 2010 einen Entschließungsantrag zu asel III verabschiedet, der klar absteckt, welche Ver- andlungsziele wir seitens der Bundesregierung auf EU- bene erwarten. Die Verhandlungen beobachten wir nun ehr genau und warten ab, wie der Entwurf der Capital equirements Directive IV, den die EU-Kommission bis nde Juli vorstellen wird, aussieht. Da wir die von den Sozialdemokraten angesprochene erantwortung des Deutschen Bundestages für die wirt- chaftliche und soziale Entwicklung unseres Landes, für ie auch die Funktionsfähigkeit des Finanzsektors nicht nerheblich ist, sehr ernst nehmen, behalten wir uns na- rlich vor, dann durch einen neuen Entschließungsan- ag den Rechtssetzungsprozess in Brüssel zu begleiten nd gegebenenfalls darauf hinzusteuern, dass die Umset- ung doch durch eine Richtlinie erfolgt, sollte eine Ver- rdnung sich nicht als tauglich für den deutschen Markt rweisen. Vorher wollen wir nicht über ungelegte Eier grübeln der über ohnehin – für uns zumindest – Selbstverständ- ches debattieren und lehnen den Antrag der SPD-Frak- on ab. Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Wir debattieren heute ber Basel III, also neue Eigenkapitalvorschriften für anken und damit einen Baustein bei der Verhinderung ünftiger Finanzkrisen. Ein abgestimmtes internationa- s Vorgehen ist dabei sinnvoll, vor allem um Regulie- ngsarbitrage zu verhindern. Aber ein abgestimmtes in- rnationales Vorgehen sollte nicht bedeuten, dass der aseler Ausschuss für Bankenaufsicht einen Vorschlag achen kann, der dann weitgehend unverändert von der U-Kommission in eine Verordnung gegossen wird und ann ohne weitere Mitsprache des Bundestags und ande- r nationaler Parlamente nur noch rechtlich umgesetzt erden kann. Das ist demokratietheoretisch fragwürdig. afür bräuchte es also einer besonderen Begründung, ie in diesem Fall nicht gegeben wurde. Wir wissen, dass Banken wie Lehman Brothers vor er Krise auf dem Papier gut kapitalisiert waren und urchaus Eigenkapitalquoten in Höhe von etwa 10 Pro- ent aufwiesen. Dennoch gab es die Pleite von Lehman rothers. Basel III allein ist also nur ein Teilbeitrag, um ine erneute Finanzkrise zu verhindern. Derzeit wird der indruck erweckt, als ob es bei der ganzen Diskussion ber Basel III um die Frage der Wettbewerbsgleichheit Europa ginge. Darum geht es aber gar nicht, sondern s geht schlicht und einfach darum, Banken sicherer zu achen. Nun gibt es riesige Regelungsvorschriften für ie kleinen Volksbanken und Sparkassen, die nie Ursa- 13682 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 (A) ) )(B) che des ganzen Problems gewesen sind, jetzt aber eben auch unter diesen europäischen Dampfzug geraten. Die Krise war in Deutschland primär eine Krise der Privat- und Landesbanken. Nun orientieren sich die Ei- genkapitalvorschriften nach Basel III am Prototyp sol- cher Banken. Wegen dieser Grundausrichtung ist abzu- sehen, dass die Eigenheiten anderer Banktypen nicht angemessen berücksichtigt werden. Dies schwächt dann unser dezentralisiertes Bankensystem und schadet wie- derum unnötigerweise der Systemstabilität. Wenn wir nun Hinweise bekommen, dass die Staats- und insbesondere Kommunalfinanzierung durch be- stimmte Bestandteile von Basel III gefährdet wird, müs- sen wir diesen nachgehen. Wir sollten ebenfalls regeln dürfen, wie in Basel III deutsche Besonderheiten wie stille Einlagen, stille Reserven oder Pfandbriefe behan- delt werden. Theoretisch ginge dieses natürlich auch durch Einflussnahme auf die Inhalte einer Verordnung. Eine Verordnung mit Wahlmöglichkeiten kann mögli- cherweise sogar mehr Freiräume enthalten als eine eng gefasste Richtlinie. Solange uns aber kein Entwurf vor- liegt, haben wir Grund zur Skepsis und halten die Ein- flussmöglichkeiten des Bundestags bei einer Richtlinie für größer. Wir sollten jedenfalls nicht davon ausgehen, dass die Europäische Kommission die Besonderheiten des dezentralen Bankensystems in Deutschland ausrei- chend berücksichtigt. Das war in der Vergangenheit kaum der Fall und ist bei einer EU mit 27 Mitgliedstaa- ten illusorisch. Deswegen ist für uns der Weg über eine Richtlinie momentan der deutlich vielversprechendere. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auch wenn vieles noch nicht überzeugt: Die Basel-III- Vereinbarungen enthalten wichtige und richtige Be- schlüsse, die dazu beitragen können, das Finanzsystem stabiler und widerstandsfähiger als bisher zu machen. Neben den höheren Kapitalanforderungen gehört hierzu ganz besonders die Einführung einer Leverage Ratio, also die risikoungewichtete Begrenzung der Bilanz- summe in Relation zum harten Eigenkapital einer Bank. Für uns Grüne gehört die Einführung einer solchen Leverage Ratio – also einer Schuldenbremse für Banken – zu den wichtigsten Lektionen aus der Krise: Zum einen darf es nicht länger so sein, dass Banken mit weniger als 3 Prozent Eigenkapital bezogen auf die Bilanzsumme wirtschaften. Das ist schlicht viel zu riskant für die Sys- temstabilität und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und darf nicht länger praktiziertes Geschäftsmodell von Banken sein. Zum anderen: Das bankaufsichtliche Regelwerk, Auf- seher und die Risikomodelle der Banken haben im Vor- feld der Krise wesentliche Risiken im System gar nicht erkannt oder dramatisch unterschätzt, so zum Beispiel bei den US-Immobiliendarlehen, die trotz minderer Qua- lität nicht als hochrisikoreiche Investitionen identifiziert wurden – mit dramatischen und bis heute andauernden Folgen, wie wir alle wissen. Und heute, in Zeiten einer sehr ernsten Schuldenkrise in Europa, erleben wir, dass die aufsichtsrechtliche Einstufung von europäischen Staatsanleihen als risikolose Investments mit der Wirk- li m tr K u ti h s d E d ra ü G d d n s m n te s g K to p v m N te s B in D a a s s s b ro m a k d w k d d D V n d d S te (C (D chkeit nichts tun hat. Vor diesem Hintergrund ist es da- it aus unserer Sicht unverantwortlich, darauf zu ver- auen, dass Risiken in der Zukunft stets und aufs omma genau gemessen und danach die Eigenkapital- nterlegung berechnet werden kann. Eine Leverage Ra- o, wie sie auch der Basel-III-Beschluss vorsieht, verste- en wir insofern als elementar wichtige sicherheits- und tabilitätspolitische Ergänzung zum derzeitigen System er Eigenkapitalunterlegung von Banken. Doch nach allem, was wir aus Brüssel hören, wird die U-Kommission auch auf Druck aus Deutschland bei er Basel-III-Umsetzung darauf verzichten, die Leve- ge Ratio in verbindliche Finanzmarktregulierung zu berführen. Das kann und darf nicht sein: Wenn die unst der Stunde nicht genutzt wird und die Lehren aus er Krise heute nicht in Gesetzestext gegossen werden, ann werden wir auch in ferner Zukunft diesen Schritt icht schaffen und uns gegen mächtige Bankeninteres- en durchsetzen können. Auch in anderen Punkten verwässert die EU-Kom- ission den Basel-III-Beschluss, zum Beispiel bei den euen Liquiditätsregeln, wie aus diversen Presseberich- n zu entnehmen war. Wie wir alle wissen, handelt es ich bei der globalen Finanzmarktkrise auch um eine ravierende Liquiditätskrise: Die ersten Einschläge der rise im außerbilanziellen deutschen Landesbankensek- r im Sommer 2007 zeigten sich im Wesentlichen im lötzlichen Versiegen von bis dahin nahezu unbegrenzt erfügbarer kurzfristiger Liquidität. Und nach der Leh- an-Insolvenz im September 2008 verschwand über acht die Möglichkeit für sehr viele Banken, sich am In- rbankenmarkt mit Liquidität eindecken zu können. In- ofern ist es richtig und wichtig, dass sich der Baseler ankenausschuss darangesetzt hat, erstmals überhaupt seiner Geschichte Liquiditätsregeln zu verfassen. Im etail mag ja an diesen neuen Regeln noch das eine oder ndere mit guten Argumenten zu diskutieren sein. Was ber nicht sein kann und darf, ist, dass die EU-Kommis- ion auch an dieser Stelle Basel III einfach ignoriert und ich – wie bei der Leverage Ratio – offenhält, ob be- timmte Liquiditätsregeln überhaupt eines Tages ver- indlich eingeführt werden. Auch teile ich die Sorge vieler Finanzminister in Eu- pa, die sich im Mai an die Kommission wandten und ahnten, es könne nicht sein, dass die EU-Umsetzung ls Maximalharmonisierung gestaltet werde, dass es also ünftig nicht mehr möglich sein solle, in einzelnen Län- ern höhere Standards in der Bankenregulierung anzu- enden, als es der EU-Rahmen vorsieht. Für mich ist lar: Wir brauchen nach unten europaweite Mindeststan- ards. Aber nach oben muss es auch künftig den Län- ern möglich sein, härtere Standards durchzusetzen. Für eutschland beispielsweise wünschte ich mir ein solches orgehen. Die Schweiz zeigt, dass eben auch national ach oben ganz erheblich härtere Standards gesetzt wer- en können, ohne dass daraus Massenabwanderungen er Finanzinstitute resultieren. Was kleinere und regional agierende Institute wie parkassen und Genossenschaftsbanken betrifft, so soll- n wir darauf achtgeben, sie vor allem mit den bürokra- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 13683 (A) (C) (D)(B) tischen Anforderungen der EU-Umsetzung von Basel III nicht zu überfordern. Die in Brüssel verabschiedeten Re- geln müssen möglich machen, dass Spezifika der jewei- ligen Bankensysteme berücksichtigt werden, ohne dass es wie im Vorfeld der Finanzkrise zu einem Regulie- rungswettbewerb nach unten kommen kann. Für uns Grüne steht der Inhalt des Kommissionsvor- schlags zur Basel-III-Umsetzung im Vordergrund und die Frage, ob an den richtigen Stellen zusätzliche Regeln national möglich sind und für regional tätige Banken passende Regelungen gefunden werden können. Danach sollte sich die gesetzestechnische Frage richten, ob der Kommissionsvorschlag als Richtlinie oder als Verord- nung erfolgen sollte. Die SPD entscheidet sich für die Variante Richtlinie, weil hierin mehr Chancen gesehen werden, nationale Spezifika durch nationale Gesetzge- bung zu regeln. Ich tendiere ebenfalls zu dieser Ein- schätzung. Was aber keinesfalls geschehen darf, ist, dass alles, was wir aus Brüssel zur Basel-III-Umsetzung der- zeit hören, immer darauf hinausläuft, Basel III abzu- schwächen – ob bei der Leverage Ratio, den neuen Li- quiditätsregeln oder auch der künftigen Hinzurechnung von stillen Einlagen zum harten Eigenkapital. In diesen Chor sollten wir nicht einstimmen. 117. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711700000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten, möchte
ich der Kollegin Elvira Drobinski-Weiß und dem Kol-
legen Michael Schlecht zum jeweils 60. Geburtstag gra-
tulieren, den sie am vergangenen Wochenende gefeiert
haben, und im Namen des ganzen Hauses gute Wünsche
übermitteln.


(Beifall)


Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schlägt anstelle
des aus dem Deutschen Bundestag ausgeschiedenen Ab-
geordneten Alexander Bonde den Kollegen Dr. Gerhard
Schick als neues Mitglied im Gremium gemäß § 10 a
des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes vor. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall.
Dann ist der Kollege Schick in das Gremium gewählt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbun-
dene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste auf-

Z

Redet
geführten Punkte zu erweitern:

ZP 2 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemäß Anlage 5
Nr. 1 b GO-BT

zu den Antworten der Bundesregierung auf
die Fragen 1 und 2 auf Drucksache 17/6273

(siehe 116. Sitzung)


ZP 3 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Die Energiewende zukunftsfähig gestalten

– Drucksache 17/6292 –

ZP 4 Erste Beratung des von den Abgeordne
Trittin, Volker Beck (Köln), Cornelia B
teren Abgeordneten und der Fraktio

(C (D ung en 30. Juni 2011 0 Uhr NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Absicherung des Wiederausstiegs aus der Atomenergie in Artikel 20 a)


– Drucksache 17/6302 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

P 5 Weitere Überweisung im vereinfachten Ver-
fahren

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Wilhelm Priesmeier, Heinz-Joachim Barchmann,
Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Gemeinsame Europäische Agrarpolitik nach
2013 – Konzept zum „Greening“ der Direkt-
zahlungen vorlegen

– Drucksache 17/6299 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ext
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele, Wolfgang Wieland, Jerzy
Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verantwortlichkeit der Bundesregierung für
den Umgang des Bundesnachrichtendienstes
mit den Fällen Klaus Barbie und Adolf
Eichmann

– Drucksache 17/4586 –
ngsvorschlag:
huss (f)

r Ausschuss (f)

huss
für Kultur und Medien
ten Jürgen
ehm, wei-
n BÜND-

Überweisu
Innenaussc
Auswärtige
Innenaussc
Ausschuss





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP:

Stuttgart 21 – Ergebnis des Stresstests respek-
tieren – Keine Blockadepolitik

ZP 6 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines
Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Bun-
deswahlgesetzes

– Drucksache 17/6290 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate
Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Tarifvertragssystem stärken – Allgemeinver-
bindliche Tariflöhne und branchenspezifische
Mindestlöhne erleichtern

– Drucksache 17/4437 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Tourismus

ZP 8 Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes
zur Änderung des Parteiengesetzes und eines
… Gesetzes zur Änderung des Abgeordneten-
gesetzes

– Drucksache 17/6291 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Dagmar Enkelmann, Herbert Behrens,
Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

Kommission zur Überprüfung des Abgeordne-
tenrechts – Mehr Transparenz und Verant-
wortung für das Gemeinwohl

– Drucksache 17/6305 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss

ZP 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, Stephan
Kühn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Z

Z

Z

(C (D Stuttgart 21 – Kein Weiterbau ohne Nachweis der Leistungsfähigkeit und ohne Klärung der Kosten und Risiken – Drucksache 17/6320 – P 11 a)

tionen der CDU/CSU, SPD und FDP einge-
brachten Entwurfs eines Neunundzwanzigsten
Gesetzes zur Änderung des Abgeordneten-
gesetzes – Einführung eines Ordnungsgeldes

– Drucksache 17/5471 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung (1. Ausschuss)


– Drucksache 17/6309 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Kaster
Christian Lange (Backnang)

Jörg van Essen
Dr. Dagmar Enkelmann
Volker Beck (Köln)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Geschäftsordnungsausschusses

Änderung der Geschäftsordnung des Deut-
schen Bundestages

hier: Einführung eines Ordnungsgeldes

(§§ 36 bis 39 GO-BT)


– Drucksache 17/6309 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Kaster
Christian Lange (Backnang)

Jörg van Essen
Dr. Dagmar Enkelmann
Volker Beck (Köln)


P 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Schmidt (Aachen), Siegmund Ehrmann, Martin
Dörmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Agnes
Krumwiede, Claudia Roth (Augsburg), Ekin
Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ratifizierung des UNESCO-Übereinkommens
zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes
vorbereiten und unverzüglich umsetzen

– Drucksache 17/6301 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Tourismus

P 13 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gutachten über die geplanten EU-Fluggastda-
tenabkommen mit den USA und Australien





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

beim Gerichtshof der Europäischen Union ein-
holen

– Drucksache 17/6331 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

ZP 14 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Siegmund Ehrmann, Martin Dörmann, Petra
Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

„Kulturelles Erbe 2.0“ – Digitalisierung von
Kulturgütern beschleunigen

– Drucksache 17/6296 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

ZP 15 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ekin
Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Personelle und institutionelle Kontinuitäten
und Brüche in deutschen Ministerien und Be-
hörden der frühen Nachkriegszeit hinsichtlich
NS-Vorgängerinstitutionen systematisch un-
tersuchen

– Drucksache 17/6318 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

ZP 16 Beratung des Antrags der Abgeordneten Günter
Gloser, Dr. Rolf Mützenich, Rainer Arnold, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Den Nahost-Friedensbemühungen neuen
Schwung verleihen

– Drucksache 17/6298 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 17 Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel
Sarrazin, Priska Hinz (Herborn), Fritz Kuhn, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

zu den Legislativvorschlägen der Europäi-
schen Kommission „Wirtschaftspolitische

(KOM [2010] 522, 523, 524, 525, 526, 527)


hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes

Z

Z

(C (D Bundesregierung muss unverzüglich europäisch gestalten – Drucksache 17/6316 – P 18 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Roland Claus, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE zu dem Vorschlag für eine Verordnung Nr. …/… des Rates zur Änderung der Verordnung gung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit – Ratsdok.-Nr. 14496/10 – zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten – Ratsdok.-Nr. 14497/10 – zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet – Ratsdok.-Nr. 14498/10 – zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken – Ratsdok.-Nr. 14520/10 – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes – Drucksachen 17/5904, 17/6168 – Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider Otto Fricke Roland Claus Priska Hinz P 19 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie ordneten Sahra Wagenknecht, Michael Schlecht, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE zu dem Vorschlag einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet (Ratsdok. 14512/10, KOM[2010] 525)


und





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

zu dem Vorschlag einer Verordnung des Euro-
päischen Parlaments und des Rates über die
Vermeidung und Korrektur makroökonomi-

(Ratsdok. 14515/10, KOM[2010] 527)


hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes

– Drucksachen 17/5905, 17/6175 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Garrelt Duin

ZP 20 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE
LINKE:

Einschränkung des Versammlungsrechts durch
Massenfunkzellenabfrage

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

Die Tagesordnungspunkte 9, 10, 13, 17 a und 40 wer-
den abgesetzt. Hierdurch kommt es zu den ebenfalls in
der Zusatzpunktliste dargestellten Änderungen des Ab-
laufs.

Schließlich mache ich noch auf zwei nachträgliche
Ausschussüberweisungen im Anhang zur Zusatzpunkt-
liste aufmerksam:

Der am 10. Juni 2011 überwiesene nachfolgende Ge-
setzentwurf soll zusätzlich dem Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie (9. Ausschuss) zur Mitbera-
tung überwiesen werden:

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des
Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts

– Drucksache 17/6052 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Der am 27. Mai 2011 überwiesene nachfolgende An-
trag soll zusätzlich dem Innenausschuss (4. Ausschuss)

zur Mitberatung überwiesen werden:

Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Katrin
Kunert, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE

Rekommunalisierung beschleunigen – Öffent-
lich-Private-Partnerschaften stoppen

– Drucksachen 17/5776 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Können Sie sich auch damit anfreunden? – Das ist of-
fensichtlich so. Dann ist das so beschlossen.

d


(C (D Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 a bis p sowie ie Zusatzpunkte 3 und 4 auf: 4 a)

tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Än-
derung des Atomgesetzes

– Drucksache 17/6070 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des
Atomgesetzes

– Drucksache 17/6246 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Frak-
tion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes für eine beschleunigte Stilllegung von
Atomkraftwerken

– Drucksache 17/5179 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Dorothee Menzner, Eva Bulling-
Schröter, Ralph Lenkert, weiteren Abgeordne-
ten und der Fraktion DIE LINKE eingebrach-
ten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung
des Atomgesetzes – Keine Übertragbarkeit
von Reststrommengen

– Drucksache 17/5472 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Jürgen Trittin, Renate Künast, Sylvia
Kotting-Uhl, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes
zur Änderung des Atomgesetzes und zur
Wiederherstellung des Atomkonsenses

– Drucksache 17/5035 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Jürgen Trittin, Renate Künast, Sylvia
Kotting-Uhl, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes
zur Änderung des Atomgesetzes – Abschal-
ten der acht unsichersten Atomkraftwerke

– Drucksache 17/5180 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Jürgen Trittin, Renate Künast, Sylvia
Kotting-Uhl, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än-

(Beendigung der Nutzung von Atomkraftwerken zur kommerziellen Energieerzeugung in Deutschland)


– Drucksache 17/5931 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 17/6361 –





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Georg Nüßlein
Marco Bülow
Michael Kauch
Dorothee Menzner
Sylvia Kotting-Uhl


(8. Ausschuss)


– Drucksache 17/6362 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Schulte-Drüggelte
Sören Bartol
Heinz-Peter Haustein
Sven-Christian Kindler
Michael Leutert

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dorothee
Menzner, Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Sofortige Stilllegung der sieben ältesten
Atomkraftwerke und des Atomkraftwerks
Krümmel

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dorothee
Menzner, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-
Schröter, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE

Atomausstieg bis 2014 – Für eine erneuer-
bare und demokratische Energieversorgung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ingrid Nestle,
Oliver Krischer, Bärbel Höhn, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Versorgungssicherheit transparent machen –
Keine Experimente mit atomarer „Kaltre-
serve“

– Drucksachen 17/5478, 17/6092, 17/6109,
17/6361 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Georg Nüßlein
Marco Bülow
Michael Kauch
Dorothee Menzner
Sylvia Kotting-Uhl

c) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des
Rechtsrahmens für die Förderung der
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien

– Drucksache 17/6071 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens

(C (D für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – Drucksache 17/6247 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Drucksache 17/6363 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth Dirk Becker Michael Kauch Dorothee Menzner Hans-Josef Fell d)

richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Fraktion der SPD

Energiewende jetzt
– zu dem Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn,

Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Atomzeitalter beenden – Energiewende jetzt

– Drucksachen 17/5182, 17/5202, 17/6363 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth
Dirk Becker
Michael Kauch
Dorothee Menzner
Hans-Josef Fell

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Fraktion der SPD

10 Jahre EEG – Auf dem besten Weg zu ei-
ner ökologischen und sozialen Energiewende

– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Josef
Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
Erneuerbare Energie ausbauen statt Atom-
kraft verlängern

– Drucksachen 17/778, 17/799, 17/4953 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth
Dirk Becker
Michael Kauch
Dorothee Menzner
Hans-Josef Fell

f) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung en-
ergiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften

– Drucksache 17/6072 –





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Neuregelung energiewirtschafts-
rechtlicher Vorschriften

– Drucksache 17/6248 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 17/6365 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Rolf Hempelmann

g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf
Hempelmann, Dirk Becker, Hubertus Heil

(Peine), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der SPD

Auf dem Weg zu einem nachhaltigen, effi-
zienten, bezahlbaren und sicheren Energie-
system

– zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf
Hempelmann, Dirk Becker, Hubertus Heil

(Peine), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der SPD

Programm für eine nachhaltige, bezahlbare
und sichere Energieversorgung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay,
Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Schutzschirm für Stromkunden – Bezahl-
bare Energiepreise gewährleisten

– Drucksachen 17/5181, 17/5481, 17/5760,
17/6365 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Rolf Hempelmann

h) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen
zur Beschleunigung des Netzausbaus Elek-
trizitätsnetze

– Drucksache 17/6073 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes über Maßnahmen zur Beschleunigung
des Netzausbaus Elektrizitätsnetze

– Drucksache 17/6249 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Wirtschaft und Technologie

(9. Ausschuss)


– Drucksache 17/6366 –

(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Ingrid Nestle – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)


– Drucksache 17/6367 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Michael Luther
Klaus Brandner
Otto Fricke
Roland Claus
Priska Hinz (Herborn)


i) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Ingrid Nestle, Hans-Josef Fell,
Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Modernisierung der Stromnetze – Bürgernah,
zügig, für erneuerbare Energien

– Drucksachen 17/5762, 17/6366 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Nestle

j) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Rolf Hempelmann, Dirk Becker,
Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD

Die Energieeffizienz verbessern – Auf dem eu-
ropäischen Sondergipfel zur Energiepolitik
am 4. Februar 2011 verbindliche Maßnahmen
vereinbaren

– Drucksachen 17/4528, 17/4785 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Nestle

k) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen
Förderung von energetischen Sanierungs-
maßnahmen an Wohngebäuden

– Drucksache 17/6074 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur steuerlichen Förderung von
energetischen Sanierungsmaßnahmen an
Wohngebäuden

– Drucksache 17/6251 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 17/6358 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Olav Gutting





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Lothar Binding (Heidelberg)

Dr. Birgit Reinemund


(8. Ausschuss)


– Drucksache 17/6360 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke
Roland Claus
Priska Hinz (Herborn)


l) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Änderung des Gesetzes zur Er-
richtung eines Sondervermögens „Energie-
und Klimafonds“ (EKFG-ÄndG)


– Drucksache 17/6252 (neu)

– Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes zur Errichtung eines Sonderver-

(EKFGÄndG)


– Drucksache 17/6075 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-
ausschusses (8. Ausschuss)


– Drucksache 17/6356 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Sören Bartol
Otto Fricke
Roland Claus
Sven-Christian Kindler

m)– Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der
klimagerechten Entwicklung in den Städten
und Gemeinden

– Drucksache 17/6076 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Stärkung der klimagerechten Ent-
wicklung in den Städten und Gemeinden

– Drucksache 17/6253 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 17/6357 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Hans-Joachim Hacker

n) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten

Z

Z

(C (D Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften – Drucksache 17/6077 – – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften – Drucksache 17/6254 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Drucksache 17/6364 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Valerie Wilms o)


(15. Ausschuss)

richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Daniela Wagner, Oliver
Krischer, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Ungebundene EU-Mittel aus dem Konjunk-
turpaket (EEPR) unverzüglich für mehr Ener-
gieeffizienz und erneuerbare Energien nutzen

– Drucksachen 17/4017, 17/5225 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Volkmar Vogel (Kleinsaara)


p) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Jan Korte, Dorothee Menzner, Dr. Barbara
Höll, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines
… Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

(Gesetz zur grundgesetzlichen Verankerung des Ausstiegs aus der Atomenergie)


– Drucksache 17/5474 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 17/6349 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingo Wellenreuther
Michael Hartmann (Wackernheim)

Dr. Stefan Ruppert
Jan Korte
Wolfgang Wieland

P 3 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Die Energiewende zukunftsfähig gestalten

– Drucksache 17/6292 –

P 4 Erste Beratung des von den Abgeordneten Jürgen
Trittin, Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, wei-
teren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines … Gesetzes zur Änderung des Grundge-





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)


(Absicherung des Wiederausstiegs aus der Atomenergie in Artikel 20 a)


– Drucksache 17/6302 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Es liegen Entschließungsanträge der Fraktionen Bünd-
nis 90/Die Grünen und Die Linke vor. Über vier Vorla-
gen werden wir im Anschluss an die Debatte namentlich
abstimmen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Anträge der Fraktion der SPD, der
Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen zu Rückstellungen im Kernenergiebereich auf
den Drucksachen 17/5901, 17/5480 und 17/6119 nicht in
seine Beschlussempfehlung einbezogen. Diese Vorlagen
sollen heute nicht behandelt werden. – Ich höre auch
dazu keinen Widerspruch. Dann können wir so verfah-
ren.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache zweieinhalb Stunden vorgesehen. –
Auch dazu darf ich Einvernehmen feststellen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Bundesminister Dr. Norbert Röttgen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! Das Hohe Haus wird heute nach mindestens 30-jäh-
riger kontroverser und zum Teil unversöhnlicher Debatte
über die Energiepolitik in unserem Land einen energie-
politischen Konsens beschließen. Das ist ein Ereignis für
sich. Ich glaube, dass das heute im Zentrum steht und
auch als Signal an unser Land und an die Bevölkerung
geht.

Wir haben monatelang – beileibe nicht nur in den letz-
ten drei Monaten – über Cent-Beträge, über halbe Pro-
zentpunkte und über Jahreszahlen diskutiert. Diese De-
batte hat das Land geprägt und geht heute über die
Fraktionen und die Parteien hinweg in eine gemeinsame
Entscheidung des Bundestages, des Parlaments, ein. Ich
glaube, nach den Gesprächen kann man sagen, dass sie
auch von allen Bundesländern akzeptiert wird und dass
sie ihr in der nächsten Woche zustimmen werden. Ich
glaube, dass das eine wirkliche Weichenstellung ist, mit
der unser Land jetzt dieses gemeinsames Projekt be-
schließt. Es ist ein nationales Gemeinschaftsprojekt, das
heute beschlossen wird. Das ist ein sehr guter Tag für
Deutschland, für unser Land.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der SPD: Wir waren schon einmal so weit!)


Es ist damit nichts beendet, sondern dieses nationale
Gemeinschaftswerk geht jetzt los. Die Deutschen, unser
Land, wollen dabei mitmachen. Es ist wirklich ein Ge-

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(C (D einschaftsprojekt, nicht nur der Politik, sondern des esamten Landes. (Thomas Oppermann [SPD]: Aber es ist nicht national!)


Es sind die Unternehmen, die mitmachen wollen und
ie mitmachen werden. Es ist das Handwerk, das sich
arauf freut, unser Land erneuerbar, innovativ und effi-
ient zu machen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


s ist die Elektroindustrie. Es ist die IT-Branche, die sich
arauf freut und vorbereitet hat, mit intelligenten Netzen
nd intelligenten Leitungen ein ganz neues Industriefeld
u entwickeln.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Röttgen hat’s gepackt!)


s ist die Chemieindustrie. Es ist die Automobilindustrie
it dem Projekt der Elektromobilität. Es ist der Maschi-

enbau. Es ist die Energiewirtschaft.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711700100

Einen Augenblick, bitte. Wir haben uns gerade darauf

erständigt, zweieinhalb Stunden zu debattieren. Dabei
esteht reichlich Gelegenheit, das, was jetzt in Zwi-
chenrufen völlig unverständlich herüberkommt, in einer
r die deutsche Öffentlichkeit nachvollziehbaren Weise

orzutragen. – Im Augenblick hat der Umweltminister
as Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Norbert, dann mach mal!)


Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
aturschutz und Reaktorsicherheit:
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass man über

des Detail reden und dass man in dem einen oder ande-
n Punkt auch unterschiedlicher Auffassung sein kann.
ber man muss auch ein Gespür dafür haben, dass es
tzt nicht nur darum geht, recht zu haben und in einzel-
en Punkten auf seiner Meinung zu bestehen,


(Lachen bei der SPD)


ondern man muss auch begreifen, dass jetzt dieses na-
onale Werk in Deutschland losgeht. Wir laden Sie noch
inmal dazu ein und begrüßen es, dass Sie bei diesem
rojekt dabei sind. Es ist positiv für unser Land, dass es
tzt losgeht. Sie sollten jetzt endgültig über Ihren Schat-
n springen. Das tun andere auch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD)


Es ist doch ausgesprochen positiv, wenn etwa der
hef von Eon, der die Entscheidung über den Ausstieg
us der Kernenergie so nicht befürwortet, sondern der
agegen argumentiert hat, jetzt, nachdem mit dem heuti-
en Tag absehbar und klar ist, wie die Entscheidung aus-
eht, öffentlich erklärt, diese Energiewende sei eine „rie-
ige Chance“ für das Land. Es ist doch positiv, dass jetzt
lle, auch die Energiewirtschaft, sagen: Wir stellen uns





Bundesminister Dr. Norbert Röttgen


(A) )


)(B)

an die Spitze dieser Bewegung, die vorteilhaft sein wird
und die große Chancen für unser Land beinhaltet.

Wir alle hier im Haus wollen das gemeinsam. Es ist
die Koalition, die diesen Prozess angeführt hat,


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


aber wir alle kommen in diesem Prozess zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist der Koalitionsvertrag, der dieses Land in das Zeit-
alter der erneuerbaren Energien führt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Heuchelei!)


Es sind nicht nur die Unternehmen, die an diesem Ge-
meinschaftswerk mitwirken werden, sondern das sind
die Wissenschaft und die Forschung. Das sind die
140 000 Ingenieure unseres Landes, die das als ihr Pro-
jekt ansehen. Es sind ganze Institute und Lehrstühle,
Forscher und Forschernetzwerke – ich war in der letzten
Woche in der TH Aachen –, die sich jetzt zu nationalen
Zentren der Energieforschung zusammenschließen, weil
sie wissen, dass es um die Zukunft unseres Landes geht.
Diese Forscher, Ingenieure, Wissenschaftler machen da-
bei mit. Das macht unser Land stark.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es sind die Bürgerinnen und Bürger, die dieses Pro-
jekt der Energiewende wollen, die mitmachen wollen
und werden.


(Burkhard Lischka [SPD]: Jetzt auch die CDU!)


Sie sind dabei. Sie wissen, dass dieser Prozess nicht um-
sonst ist. Natürlich ist das ein Investitionsvorhaben. Na-
türlich kostet das auch etwas. Aber es wird keinen über-
fordern. Die Leute wissen das. Die Leute wissen auch:
Wenn man die neue Energieversorgung haben möchte,
dann gehört auch eine neue Infrastruktur dazu. Wir brau-
chen die Leute gar nicht zu belehren und so tun, als wür-
den sie sich immer nur die Rosinen herauspicken. Ich
bin davon überzeugt, dass die Menschen in diesem
Lande bei diesem Projekt der Energiewende und der
neuen Energiepolitik voll dabei sind. Es ist zuallererst
ein Bürgerprojekt, das heute in Gang gesetzt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das haben die Bürger gegen Sie durchgesetzt!)


Denn genau das ist der Punkt: dass mit dem heutigen Tag
die Gesellschaft an den Start geht. Damit sind alle Strei-
tigkeiten und Auseinandersetzungen in den Grundfragen
beigelegt.

Es mag zwar sein – so empfinde ich das bei Ihren
Zwischenrufen –, dass der eine oder andere doch noch
Schwierigkeiten hat, sozusagen ein parteipolitisches
Thema zu verlieren,


(Zurufe von der SPD: Oh!)


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(C (D ber dadurch, dass der eine oder andere von Ihnen ein arteitaktisches Thema verliert, gewinnt das Land umso ehr. Sie haben sich in Ihren Parteien richtig entschie en, meine Damen und Herren. Vollziehen Sie diesen Schritt nun konsequent weiter! us solchen Streitigkeiten und Spaltungen der Gesell chaft mag man zwar parteipolitisches Kapital schlagen, ber jetzt geht es darum, das Land voranzubringen. (Johannes Kahrs [SPD]: Sie haben zehn Jahre lang Zeit gehabt!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Widerspruch bei der SPD)


as haben Sie auch verstanden. Sie sollten sich in Ihren
wischenrufen nicht weniger intelligent benehmen als
leich in Ihrem Abstimmungsverhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bekennen Sie sich dazu, dass Sie mitmachen! Es ist
chtig, dass Sie mitmachen, weil es zu dem Konsens da-
ugehört. Sie müssen und dürfen auch dazu stehen.

Was geschieht in der Sache? Wir haben beschlossen,
ie Kernenergie in Deutschland mit klaren Zeitpunkten
ersehen zu beenden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711700200

Herr Minister, gestatten Sie Zwischenfragen?

Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
aturschutz und Reaktorsicherheit:
Nein, ich würde gerne im Zusammenhang reden.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mehr Mut!)


Ja, ganz bestimmt.

Wir werden die Kernenergie erstmalig bezogen auf
onkrete Daten für jedes Kernkraftwerk in Deutschland
eenden. Es sind jetzt acht Kernkraftwerke, die nicht
ehr ans Netz gehen werden. Zwei davon sind seit Jah-
n nicht am Netz. Das heißt, es geht darum, dass

,5 Gigawatt Leistung nicht mehr ans Netz gehen. Das
ind 6,5 von 93 Gigawatt gesicherter Leistung bei
2 Gigawatt Spitzenlast, die auf uns zukommen. Das ist
bsolut verkraftbar.

Das ist alles anspruchsvoll, aber das werden wir si-
her, weil wir alle diese Themen im Blick haben, reali-
ieren und schaffen können. Ab dann gibt es einen suk-
essiven und klar gestalteten Prozess, der Sicherheit
chafft. Alle können sich jetzt darauf einstellen und wer-
en sich auch darauf einstellen.

Wir werden den Umstieg schaffen. Denn der Kon-
ens, den wir herbeiführen, ist weit mehr als ein Aus-
tiegskonsens: Es ist ein Umstiegskonsens. Es geht um
en Umstieg auf erneuerbare Energien mit entsprechen-
er Förderung, die aber immer weniger werden soll. Es
t vielleicht einer der Diskussionspunkte, über die wir
och reden müssen.





Bundesminister Dr. Norbert Röttgen


(A) )


)(B)

Meine Vorstellung bzw. die Vorstellung der Koalition
ist nicht, dass es umso besser ist, je länger und höher die
Förderung gewährt wird. Der Ehrgeiz bei den erneuerba-
ren Energien liegt vielmehr darin, dass sie im Markt an-
kommen und eines Tages keine Förderung mehr bekom-
men. Wir wollen nämlich die neuen Technologien
vorrangig mit marktwirtschaftlichen Mitteln in den
Markt einführen. Dieses Ziel verfolgen wir mit dem
EEG und der Novelle des EEG.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir machen darum das Erneuerbare-Energien-Gesetz
so wirtschaftsfreundlich und industriefreundlich, wie es
noch nie war, weil es alte Gegensätze sind, die neuen
Technologien zu fördern und gleichzeitig Industrieland
bleiben zu wollen. Um das klar zu sagen: Wir als Koali-
tion wollen alle Beiträge leisten, dass wir Industrieland
bleiben. Wir wollen wirtschaftlich erfolgreich sein. Wir
wollen sogar an der Spitze stehen. Wir wollen Wachstum
haben, aber wir wollen und werden es schaffen, Wachs-
tum so zu organisieren, dass wir nicht die Lebensgrund-
lagen der nächsten Generationen aufzehren. Das ist das
große Projekt, das wir in der Energiepolitik realisieren.
Weit darüber hinaus schaffen wir eine Perspektive für
Natur und generationenverträgliches Wachstum, national
und international.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Energieversorgung wird dezentraler werden. Pho-
tovoltaik, Windenergie an Land und Biomasse bedeuten
dezentrale Energieversorgung. Es macht keinen Sinn,
die eine Technologie gegen die andere auszuspielen.
Windenergie an Land und Windenergie auf hoher See
sind unterschiedliche Technologien in unterschiedlichen
Entwicklungsstadien. Sie werden von uns spezifisch ge-
fördert, weil wir die Technologien jetzt loslassen und
sich bewähren lassen wollen. Dann werden sich die bes-
seren durchsetzen.

Die Versorgung mit erneuerbaren Energien wird mit-
telständischer sein. Wir werden als großes Industrieland
weiterhin das Engagement großer Energieversorgungs-
unternehmen brauchen. Aber es werden sich viel mehr
Mittelständler dort engagieren. Ob kleine oder mittel-
ständische Unternehmen: Die Energieversorger werden
dezentral Energie erzeugen.

Die Energieversorgung in Deutschland wird technolo-
gisch anspruchsvoller werden, nicht nur die konventio-
nellen Technologien, die fossile Energieversorgung und
die nukleare Energieversorgung. Es wird vielmehr ein
permanenter technologischer Lernprozess und Innova-
tionsprozess in unserem Land starten. Die Energiever-
sorgung wird sehr viel stärker vom Verbraucher her ge-
steuert, weil wir nicht mehr nur Leitungen haben, in die
Elektronen hineingeschossen werden – dabei ist der Ver-
braucher ein passiver Abnehmer –, sondern weil der Ver-
braucher in Zukunft mit intelligenten Zählern und intelli-
genten Leitungen selber bestimmen kann, wann er
welchen Strom zu welchem Preis beziehen will. Die Au-
tonomie des Verbrauchers wird erheblich gestärkt wer-
den.

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(C (D Wir werden eine heimischere Energieerzeugung beommen. Wir werden die Abhängigkeiten vom Import, olitische und geopolitische Abhängigkeiten, aber auch ie Volatilität des Preises, also wirtschaftliche Abhänigkeiten, reduzieren. Wir werden den Import, also dass ir in Deutschland Geld verdienen und dafür Energierennstoff im Ausland kaufen müssen, deutlich reduzien. Wir werden die Einkäufe aus dem Ausland ersetzen urch eine Wertschöpfung in Deutschland. Dadurch sind ereits bis heute 350 000 Arbeitsplätze in dieser Branche ntstanden. Es werden mehr werden, weil wir die heimiche Wertschöpfung mit der Energieversorgung fördern. (Thomas Oppermann [SPD]: Heimisches Gas!)


ie wird auch wettbewerbsfähiger werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich ist das ein Lernprozess, bei dem es um stän-
ige Anpassungen geht.


(Lachen und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Vor allem ein persönlicher!)


Das ist klar. Manche mögen die Selbsteinschätzung ha-
en, dass sie nicht mehr lernen müssen und schon immer
lles wissen. Aber denjenigen, die von sich selber glau-
en und sich selber beklatschen, dass sie schon immer
lles gewusst haben und die beste Politik für Deutsch-
nd machen, sage ich: Ein bisschen Demut täte allen
ut.


(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ir wollen das Land nach vorne führen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die erneuerbaren Energien werden durch diese Bun-
esregierung nach vorne gebracht. Es ist diese Koalition,
ie die erneuerbaren Energien nach vorne führt. Der An-
il der erneuerbaren Energien beträgt derzeit 19 Pro-

ent. Es ist diese Koalition, die in den letzten Monaten
en nun erzielten Konsens organisiert hat


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


nd einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, dass unser
and nun das – so glaube ich – mit Abstand bedeut-
amste Investitions-, Innovations- und Modernisierungs-
rojekt in Angriff nimmt. Wir legen dafür die entspre-
henden Gesetze vor. Es handelt sich um acht
esetzentwürfe, ein Gesetzgebungspaket, das den Rah-
en dafür absteckt.

Manche im Ausland fragen: Werden die Deutschen
as schaffen? Kann man das überhaupt schaffen? Denn
s ist erstmalig und deshalb bislang einmalig, dass sich
in großes Industrieland bereit erklärt, eine solche tech-
ologisch-wirtschaftliche Revolution durchzuführen.
ir tun das, weil wir glauben, dass das gut für unser

and ist. Aber selbst diejenigen im Ausland, die das be-
lagen, sagen: Wenn es ein Land schaffen kann, dann ist
s Deutschland. Die Botschaft des heutigen Tages lautet:





Bundesminister Dr. Norbert Röttgen


(A) )


)(B)

Die Deutschen machen sich ans Werk. Es wird gut für
unser Land sein, weil wir alle zusammenstehen. Also
machen wir uns ans Werk!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711700300

Das Wort erhält nun der Kollege Sigmar Gabriel für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1711700400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man

eben die Augen bei der Rede von Herrn Röttgen ge-
schlossen hat, hat man sich gefragt: Ist er es eigentlich
selber oder sein Karikaturist, der da spricht? Das war
nicht ganz klar.


(Heiterkeit bei der SPD)


Herr Röttgen, ich nehmen Ihnen Ihre Rede wirklich
nicht übel. Wer zur Atomenergie seine Meinung so oft
gewechselt hat wie Sie, immer im Zusammenhang mit
der Frage „Welchen nächsten Job peile ich eigentlich an,
den des BDI-Geschäftsführers, den im Kabinett oder
vielleicht Schwarz-Grün?“, dem darf man nicht übel
nehmen, dass er so laut und mit so viel Pathos spricht;
denn so jemand muss sich eigentlich selber erst einmal
vom Gegenteil dessen, was er vorher so alles erzählt hat,
überzeugen.


(Beifall bei der SPD)


Alle Achtung!

In einem hat er allerdings recht: Die Bürgerinnen und
Bürger sind die Trägerinnen und Träger der Ener-
giewende. Nur sind sie das, Herr Röttgen, schon seit fast
30 Jahren. Die Wahrheit ist: Die Bürgerinnen und Bürger
haben dies gegen Sie und Ihre Regierungskoalition
durchgesetzt. Das ist es, was hier in Deutschland stattge-
funden hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich wird der heutige Tag in die Geschichts-
bücher eingehen; es ist wirklich ein historischer Tag. Die
weit übergroße Mehrheit des Hauses entscheidet sich ge-
gen die Atomenergie und für den Ausstieg. Die SPD tut
das mit großem Selbstbewusstsein. Wir haben diesen
Schritt vor fast 30 Jahren bereits als notwendig erachtet,
vor der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Ja, 1983, Hans-Jochen Vogel. – Wir haben das in einer
Art und Weise getan, Herr Röttgen, an der Sie sich hät-
ten ein Beispiel nehmen können. Willy Brandt hat vor
25 Jahren öffentlich erklärt, sinngemäß: Dass wir einmal
an die Atomenergie geglaubt haben, das war ein Fehler.
Wir haben uns getäuscht in unserem Glauben an die Un-
fehlbarkeit des Menschen und der Technik, und wir sind

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(C (D ls Sozialdemokraten bereit, zu sagen: Diesen Fehler üssen wir rückgängig machen. Den Mut und die Größe, die Brandt und Vogel damals atten, hätten Sie heute an den Tag legen müssen. Dann äre das, was Sie da so erzählt haben, etwas glaubwüriger geworden. Millionen von Menschen brauchten keine Ethikommission in Deutschland, um zu wissen, dass es eine ybris ist, den Menschen fast gottgleich zum unfehlban Herrscher der bislang größten Risikotechnologie zu rklären. Deshalb ist klar, der Unterschied zwischen Ihen bei CDU/CSU und FDP einerseits und uns und auch en Grünen andererseits liegt auf der Hand: Wir bechließen das hier aus voller Überzeugung, Sie jedoch us Gründen des schieren Machterhalts, der selbstverchuldeten Alternativlosigkeit und einer Haltung, die Sie tets gern anderen seit Jahr und Tag vorwerfen, nämlich lankem Opportunismus. Herr Röttgen, ich weiß nicht, ob es Ihnen entgangen t: Wir haben in diesem Haus bereits einmal einen Eneriekonsens verabschiedet. 1998 hatten wir mit den Grüen endlich die Mehrheit und konnten nach einem lanen Diskussionsprozess mit allen Teilen der esellschaft, insbesondere mit der Energiewirtschaft nd der Industrie, dann vor elf Jahren den Ausstieg aus er Atomenergie beschließen. Mehr als 20 Jahre Zeit wollten wir uns für diesen usstieg nehmen – wir sind damals auch von den Umeltverbänden kritisiert worden, dass wir es nicht chneller wollten –, 20 Jahre Zeit, Schritt für Schritt heus aus der Atomenergie, Schritt für Schritt hinein in ie erneuerbaren Energien. Das ist der große Unterchied zu dem politischen Handeln dieser Regierung. och vor einem halben Jahr wollten CDU/CSU und DP, Frau Merkel und Herr Röttgen an der Spitze, die aufzeiten der Atomkraftwerke um 14 Jahre verlängern. ie wollten 14 Jahre längere Laufzeiten selbst für alte tomkraftwerke. Aus einem verlässlich geplanten Aus tieg aus der Atomenergie machten sie eine für die Inustrie scheinbar verlässliche Verlängerung der Nutzung er Atomenergie. Die Folgen waren klar: Die Investitionen in die erneurbaren Energien gerieten ins Stocken. Die Modernisieng des Kraftwerksparks kam zum Erliegen. Entlassun en bei den Kraftwerksbauern waren die Folge. Sie, eine Damen und Herren, Frau Merkel, Herr Röttgen, err Westerwelle und alle, die dazugehören, haben eine er größten Erfolgsgeschichten der Bundesrepublik eutschland, die erneuerbaren Energien, im vollen Lauf estoppt. Das ist es, was Sie hier vor einigen Monaten etan haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)






Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

Ich finde es gut, Herr Röttgen, dass Sie sich hier hinstel-
len und sagen: 350 000 Arbeitsplätze haben wir geschaf-
fen. – Ja, mit einem Erneuerbare-Energien-Gesetz, ge-
gen das Sie, Frau Bundeskanzlerin, hier im Haus
gestimmt haben! Das ist doch die Wahrheit, über die wir
hier heute sprechen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Vor einem halben Jahr haben Sie Millionen von Men-
schen verunsichert. Diejenigen, die längst zum Träger
der Energiewende geworden waren, Herr Röttgen,
brauchten Sie nicht zu überzeugen; denn das waren sie
schon. Denjenigen haben Sie gesagt: April, April,
marsch zurück ins Atomzeitalter!


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Unsinn!)


Das alles nur, weil Sie vier großen Energiekonzernen im
Hinterzimmer zwei- und dreistellige Milliardengewinne
zuschustern wollten.


(Beifall bei der SPD)


Nun, keine sechs Monate später, die komplette Kehrt-
wendung!

Damit Sie mich nicht falsch verstehen, Frau Bundes-
kanzlerin: Wir freuen uns, dass Sie hier den Atomaus-
stieg mit uns endlich gemeinsam beschließen. Wir tun
dies auch gerne zum zweiten Mal. Für Deutschland und
die Sicherheit in unserem Lande ist es ein guter Tag. Wir
freuen uns auch, weil dies für uns – übrigens auch für die
Antiatombewegung – ein Tag großer Genugtuung ist.
30 Jahre Häme, 30 Jahre Verleumdung, 30 Jahre Belei-
digung und Diffamierung, das haben wir von Ihnen er-
fahren. Heute stimmen Sie endlich dem rot-grünen Aus-
stieg zu. Wir erleben heute einen Tag großer
Genugtuung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Ha, ha, ha, Traumtänzer!)


Bei aller Chuzpe und allen rhetorischen Tricks und
Kniffen, mit denen Sie im Nachhinein Ihre energiepoliti-
schen Wenden erklären wollen: Dieser Tag bedeutet
nichts anderes als Ihr energiepolitisches Waterloo; denn
dieser Ausstieg ist unser Ausstieg, und dabei wird es
auch bleiben.


(Beifall bei der SPD)


Aber klar ist auch: Die Art und Weise, wie Sie es ma-
chen, ist mit erheblichen Risiken verbunden. Deutsch-
land ist die größte Volkswirtschaft Europas und eine der
größten der Welt.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber nicht in eurer Regierungszeit!)


Im Kern unseres Landes ist die Industrieproduktion
Grundlage unseres Wohlstandes. Die Energieversor-
gung ist das Herz-Kreislauf-System der deutschen
Volkswirtschaft. Sie, Frau Merkel, operieren alle sechs

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(C (D onate am offenen Herzen, und zwar mit wechselnden iagnosen. Das muss jetzt ein Ende haben. Wissen Sie, arum wir heute zustimmen? Nicht weil wir nicht laubten, es ginge auch schneller, sondern weil wir glauen, dass endlich wieder Planbarkeit und Berechenbareit in die Energiepolitik zurückkommen müssen, damit eutschland auch Industriestandort bleiben kann und icht ständig durch Sie, durch Ihr Hin und Her, verunichert wird. (Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Bei euch gab es 5 Millionen Arbeitslose! Ihr seid so Helden!)


Herr Kauder, ich weiß ja nicht, ob Sie Zeitung lesen.
eil Sie immer so schön dazwischenrufen, mache ich

ie darauf aufmerksam, dass gestern der Aufsichtsrats-
orsitzende der BASF einen Artikel in der Bild geschrie-
en hat. Ich lese Ihnen daraus vor:

Insbesondere die energiepolitische Diskussion der
letzten Wochen zeigt aber, dass uns diese Erfolge zu
Kopf gestiegen sind. Wir halten für selbstverständ-
lich, was nicht selbstverständlich ist. Wir ignorieren
die Industrie als Grundlage unseres Wohlstandes.

Ich weiß nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist: Er meint
ie. Er meint das, was Sie hier im Land treiben. Alle
echs Monate die Energiepolitik zu ändern, das kann nur
in Land überleben, das so kräftig wie Deutschland ist.
edes andere Land wäre durch diese Form der Planlosig-
eit der Energiepolitik, die Sie an den Tag gelegt haben,
den Bankrott geritten worden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie merken ja schon gar nicht mehr, wenn Sie kritisiert werden! Der meint doch Sie!)


Nein, nein, Herr Kauder. – Was Frau Merkel veranstal-
t, ist das größte wirtschaftspolitische Experiment seit
er deutschen Einheit. Mit einem Unterschied: Es war
nnötig. Wir waren auf einem guten, berechenbaren
eg. Aber wer Energiepolitik in hektischen Wendungen

etreibt, muss wissen, dass das einfach Milliarden Euro
ostet.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Unserem Land geht es gut!)


er den Kraftwerksbau erst zum vollständigen Erliegen
ringt, um ihn dann umso schneller anzufahren, der
eibt die Preise in die Höhe. Wer alle Energieeinspar-
rogramme aus der Zeit der Großen Koalition verstüm-
elt oder ganz abschafft, der muss sich nicht wundern,

ass gegen steigende Strompreise niemand mit Kosten-
paren ankommen kann. Sie ganz persönlich, Frau Bun-
eskanzlerin, haben mit Ihrer Laufzeitverlängerung für
ie Atomindustrie unserem Land wirtschaftlich enorm
eschadet. Die Kosten gehen in die Milliarden.


(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: So ein Blödsinn!)


Es ist Ihre Stop-and-go-Politik, die alles viel teurer
acht. Mit dem berechenbaren und kontinuierlichen
usstieg von Rot-Grün wäre es wesentlich klüger gewe-

en. Diese Kostensteigerungen haben weder die Bürger





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

noch die Industrie zu verantworten. Ich bin froh, dass die
SPD-Ministerpräsidenten in den Verhandlungen mit Ih-
nen dafür gesorgt haben, dass zum Beispiel der Teil der
energieintensiven Industrie, der bisher von zu hohen
Strompreisen entlastet wird, ausgeweitet wird.

Aber ich sage Ihnen auch: Wir wollen dafür sorgen,
dass es dabei bleibt, dass dieser Ausstieg konsequent ein
Umstieg in eine sichere, bezahlbare und nachhaltige
Energieversorgung wird, und zwar aus einem Guss. Wir
werden aufpassen, dass die deutsche Industrie am Stand-
ort bleiben kann. Wieso verweigern Sie sich eigentlich
dem klugen Vorschlag von Herrn Töpfer und von Herrn
Hauff, ein nationales Forum Energiewende einzurich-
ten? Es ist doch Unsinn, zu glauben, dass wir mit den
Gesetzen hier das Problem bewältigt hätten.

Der Prozess, der jetzt kommt, ist das Schwierige. Es
ist doch keineswegs mit dem getan, was wir hier heute
verabschieden werden. Sie reden ständig mit Überschrif-
ten; aber auf das Kleingedruckte kommt es an. Wir brau-
chen auch ein energiepolitisches Preismonitoring. Wir
müssen nachsteuern, und das dürfen wir weder Ihnen
noch Ihren Ministern überlassen, weil Sie es nicht kön-
nen. Das haben Sie doch in der Vergangenheit gezeigt.


(Beifall bei der SPD)


Das muss außerhalb Ihrer Regierung stattfinden, am bes-
ten gleich hier im Parlament.

Sie werden auch nicht überrascht sein, dass wir nicht
jedem Gesetz hier zustimmen. Normalerweise brauchen
wir anderthalb Jahre für die Novellierung des EEG; das
ist ein kompliziertes Gesetz. Sie machen das in acht Wo-
chen. Ich weiß nicht, ob Sie gelesen haben, was der Bun-
despräsident zu seiner Jahresbilanz in einem Interview
mit der Zeit gesagt hat. Er behauptet dort, dass mit den
Entscheidungsmöglichkeiten im Parlament Schindluder
getrieben wird und dass es so nicht geht. Wissen Sie, wen
er meint? Er meinte Sie, Frau Bundeskanzlerin, und Ihre
Regierung. Das ist das, was draußen gerade stattfindet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir stimmen wirklich zu, weil wir Planbarkeit und
Berechenbarkeit zurückbekommen wollen, und nicht,
weil wir glauben, dass Ihre Politik unsere Zustimmung
verdient. Es geht um das, was in unserer Gesellschaft bei
aller Vielfalt und Verschiedenheit am Ende ebenfalls ge-
schaffen werden muss: Vertrauen, Glaubwürdigkeit und
eben Berechenbarkeit von politischem Handeln – Prinzi-
pien, meine Damen und Herren, die diese Regierung und
die Kanzlerin an der Spitze seit ihrem Amtsantritt vor
mehr als anderthalb Jahren Tag für Tag mit beklemmen-
der Konsequenz Stück für Stück aufzubrauchen schei-
nen.

Ihre Stop-and-go-Politik, Ihre hektischen Wechsel in
der Energiepolitik, die heute zur Abstimmung stehen,
sind doch symptomatisch für die Politik, die Sie in
Deutschland betreiben. Das gleiche Muster dieses Poli-
tikversagens trifft doch auf alle anderen Felder ebenfalls
zu: auf die Bundeswehrreform, auf den Umgang mit
Steuern und insbesondere auf den Umgang mit der Euro-

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(C (D rise. Ich frage Sie, Frau Kanzlerin: Warum kommen ie eigentlich nicht auf die Idee, in Europa die Chance er erneuerbaren Energien jetzt einmal zu nutzen und zu agen: „Lasst uns nicht noch 20 Jahre ergebnislos über esertec und den Strom aus der Sahara für Europa reen“? Wir sollten in Andalusien, in Griechenland, in ortugal und auch in der Türkei anfangen. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dorothee Menzner [DIE LINKE])


as wäre ein Wachstumsprogramm für Europa.

Sie schüren Ängste in Europa. Sie treiben die Anti-
uropäer in die Parlamente und in die Regierungen.
uropa braucht wieder Hoffnung, und erneuerbare Ener-
ien bringen Hoffnung und Arbeitsplätze in Deutschland
nd in ganz Europa. Das brauchen wir jetzt und nicht
as, was Sie da derzeit treiben.


(Beifall bei der SPD)


Beispiele für Ihre Stop-and-go-Politik habe ich ge-
annt. Die Wählertäuschungen sind unglaublich groß
eworden; sie sind der Markenkern der Regierung. Der
piegel stellt in dieser Woche fest: „Es wird nicht re-
iert, sondern gedealt.“ Unter diesen Dealern scheint ein
uer Ton zu herrschen. Sie warten jetzt wieder auf den

ächsten Knigge-Gipfel. Sie müssten mittlerweile ge-
rnt haben, dass Sie von Freiherren keine Hilfe mehr
ekommen.


(Lachen des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])


Aber es geht nicht nur um den Stil, sondern auch um
en Inhalt dessen, was Sie tun. Tatsache ist: Diese Koali-
on passte von Anfang an nicht in die Zeit, und sie hatte
ur zwei große Projekte: die Laufzeitverlängerung und
ie Steuersenkung. Die Laufzeitverlängerung beerdigen
ir heute und die Steuersenkung, wenn Sie nicht klüger
erden, im Bundesrat, Frau Kanzlerin. Darauf können
ie sich verlassen.


(Beifall bei der SPD)


Der Vorgänger der heutigen Kanzlerin hat einmal den
atz geprägt: „Erst das Land, dann die Partei.“ Bei Ih-
en, Frau Bundeskanzlerin, ist das immer umgekehrt.
ie sind immer zuerst CDU-Taktikerin und nur gelegent-
ch, wenn wir Glück haben, auch einmal Kanzlerin.


(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Frechheit! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Wissen Sie: Es wäre doch nicht schlimm, wenn nur ich
as sagen würde. Aber lesen Sie einmal den Spiegel, die
elt, die Bild und andere in dieser Woche, also Ihre kon-

ervativen Blätter. Von denen schreiben wir doch inzwi-
chen unsere Reden ab, weil uns schlimmere Darstellun-
en gar nicht mehr einfallen können als die, die in der
ffentlichkeit zu finden sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Volker Kauder [CDU/CSU]: So weit sind Sie
gekommen, dass Sie abschreiben! Sie schrei-
ben ab!)





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

– Nein, Herr Kauder. Aber ich habe Ihnen gegenüber ei-
nen Vorteil: Ich schaue in die Gesichter der Abgeordne-
ten Ihrer Koalition, und diese Gesichter zeigen mir:
Ganz viele wissen, dass das stimmt, was ich hier gerade
sage, und Sie wissen es im Grunde natürlich auch.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei Ihnen ist Pfeifen im Walde.

Es geht wirklich um das, was in Deutschland gemacht
werden muss. Ihrer Regierung fehlt alles, was die politi-
sche Führung eines 80-Millionen-Volkes braucht: eine
gemeinsame Grundausrichtung, ein vertrauensvoller
Umgang, ein ordentliches Handwerk, eine konsequente
und entschiedene Führung. Was Sie da treiben, das trifft
aber leider nicht nur Sie, sondern das ist ein Turbo, ein
Katalysator für Politikverachtung in Deutschland. Es
trifft inzwischen alle Politikerinnen und Politiker in die-
sem Land, weil niemand mehr der Politik traut, weil die
Leute jeden Tag merken, dass man Ihnen nicht mehr
trauen kann, meine Damen und Herren. Sie sind verant-
wortlich für das, was hier in Deutschland passiert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Welches Politikverständnis Sie haben, das offenbaren
Sie ja freundlicherweise, sodass man wörtlich zitieren
kann. Als die FAZ Sie am 22. Juni gefragt hat: „Warum
wollen Sie sich eigentlich treffen beim Thema Steuer-
senkung, und was ist Ihr Ziel?“,


(Zuruf von der FDP: Thema!)


haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, geantwortet:

Wann kommt was und wie kommt jeder dabei auf
seine Kosten?

Das ist das Ziel Ihres Treffens: Wie kommt jeder dabei
auf seine Kosten? – Das ist kein Motto fürs Regieren;
das ist das Motto eines Räuberhauptmanns, der auf der
Waldlichtung seine Beute verteilen will. Das ist das, was
Sie da machen.


(Beifall bei der SPD)


Hier geht es nicht darum, wer in Ihrer Koalition auf
welche Kosten kommt. Hier geht es nicht darum, der
FDP eine Steuersenkung zu gönnen nach dem Motto
„Jede Milliarde ein Punkt mehr bei der Wahl“. Hier geht
es darum, dass Sie sich zum Beispiel an die Verfassung
unseres Landes halten, und das heißt: keine dauerhaften
Mehrausgaben, wenn man keine entsprechenden Mehr-
einnahmen dafür hat. Sie müssen Schulden senken in un-
serem Land und dürfen nicht der FDP Steuergeschenke
versprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auf der Waldlichtung verteilen Sie Beute, die es in
Deutschland nicht gibt, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD)


Das ist die Politik eines ziemlich armseligen Räuber-
hauptmanns in dieser Regierung.

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(C (D Alles, was da passiert, führt dazu, dass die Mitglieder rer Regierung Sie an bestimmte Dinge erinnern, was ormalerweise unser Job ist. In der Vergangenheit war es ämlich immer so: Wenn etwas nicht funktionierte, hat ie Opposition gesagt: Frau Kanzlerin, bestimmen Sie al die Richtlinien der Politik! – Nun halte ich das in wischen für eine Drohung. Aber mittlerweile fordert as Ihr eigener Koalitionspartner von Ihnen. Ich glaube, dass Sie in erheblichem Maße nicht nur er Industrie und der Wirtschaft schaden, sondern auch em Vertrauen in die Verlässlichkeit der demokratischen olitikgestaltung. Ich sage Ihnen: Wenn Sie wirklich ut haben, Frau Bundeskanzlerin, und wenn Sie etwas r Deutschland tun wollen, dann kommen Sie nach dem erbst nicht mit dem soundsovielten Neustart zurück, ondern hören Sie einfach auf! Das wäre der beste Neutart für unsere Republik, den wir uns derzeit vorstellen önnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711700500

Das Wort erhält nun der Bundesminister für Wirt-

chaft und Technologie, Philipp Rösler.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft
nd Technologie:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Lieber Herr Kollege Gabriel, waren Sie nicht
al Umweltminister?


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


h finde, dafür haben Sie heute herzlich wenig zum
hema geredet.


(Thomas Oppermann [SPD]: Aber es hat wehgetan!)


Es war eher ein allgemeinpolitischer Teil. Es scheint ja
och herzugehen bei der Frage: Wer wird eigentlich
anzlerkandidat?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Sigmar Gabriel [SPD]: Sie jedenfalls nicht! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: 18 Prozent!)


wei davon sitzen hier vorn, einer sitzt dahinter. Mir
egt, anders als Ihnen, Herr Gabriel, Polemik vollkom-
en fern, aber ich glaube, wir haben heute die Kaltre-

erve der sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten gese-
en.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


In einem hat Herr Gabriel recht – das wird die Grünen
rgern –: Die erste Partei, die das Thema Umweltpolitik
ufgebracht hat, waren in der Tat die Sozialdemokraten.


(Zuruf von der SPD: Es könnte etwas ruhiger sein hier!)






Bundesminister Dr. Philipp Rösler


(A) )


)(B)

– Ich wäre auch ganz dankbar, wenn Sie jetzt ruhiger
wären. Ich wollte Sie zu Beginn einmal loben, ganz
kurz; es wird danach nicht so schön für Sie.

Herr Gabriel hat zu Recht einmal gesagt, dass die So-
zialdemokraten die Umweltpolitik erfunden haben und
nicht die Grünen; denn es war Willy Brandt, der vom
blauen Himmel über der Ruhr gesprochen hat. Es waren
übrigens ebenfalls die Sozialdemokraten, die vehement
den Einstieg in die Kernenergie gefordert haben nach
dem Motto „Billiger Strom für alle“.

Sie haben Ihre Position geändert. Das haben Sie er-
klärt, und es wurde allgemein akzeptiert. Diese Regie-
rungskoalition hat – ebenso wie Sie – die Ereignisse in
Fukushima wahrgenommen. Diese Ereignisse haben uns
nicht unbeeindruckt gelassen. Wir haben daraufhin ge-
sagt: Das ist das erste Ereignis, die erste Katastrophe, die
aufgrund technischen Versagens zustande gekommen ist.


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es wäre verantwortungslos, meine sehr verehrten Da-
men und Herren, wenn eine Regierung in einem solchen
Fall nicht reagieren würde. Sie können sich winden, Sie
können dazwischenrufen, aber am Ende dieses Tages
werden Sie genau unserem Ausstiegsbeschluss zustim-
men. Das zeigt: Sie unterstreichen die Richtigkeit unse-
rer politischen Entscheidung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Burkhard Lischka [SPD]: Was für eine schwache Rede!)


Das können Sie guten Gewissens tun; denn Ihr Aus-
stiegsbeschluss war ausdrücklich ein anderer. Sie haben
nämlich nur den Ausstieg beschlossen. Sie haben aber
vergessen, zugleich als Alternative den Einstieg und den
Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland zu be-
schließen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben sich damit zufriedengegeben, zu sagen: Wir
steigen hier aus. – Die notwendige Entscheidung zu tref-
fen, die gebraucht worden wäre, um zum Beispiel den
Ausbau von Ersatzkapazitäten voranzutreiben, haben Sie
aber nicht gewagt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Und die ganzen Windräder sind aus Pappmaschee! – Lachen bei der SPD)


Auch heute verweigern Sie sich solchen sinnvollen
Vorschlägen. Sie alle wissen: Wir brauchen bis zum Jahr
2013 10 Gigawatt und bis zum Jahr 2020 nochmals
10 Gigawatt Ersatzkapazitäten. Das bedeutet im Übrigen
nicht nur den Ausbau erneuerbarer Energien, sondern
auch den Zubau von konventionellen Kraftwerken. Ich
bin sehr gespannt, ob die Grünen dann den Mut haben,
auf unserer Seite zu stehen, wenn es darum geht, kon-
ventionelle Kraftwerke zu bauen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Ihrer nie!)


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(C (D isher sind Sie immer nur dabei, zu demonstrieren, enn es darum geht, neue Kraftwerke – seien es Kohleraftwerke, Gaskraftwerke – oder die dazu notwendigen ochspannungsleitungen zu bauen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen weiß man ja nicht, ob Sie im nächsten Bundestag sind!)


olch ein Verhalten hat nichts mit Glaubwürdigkeit zu
n. Zur Ehrlichkeit hingegen gehört: Wer den Ausstieg

nd den Umstieg will, der braucht den Einstieg in erneu-
rbare Energien, aber auch den Ausbau von konventio-
ellen Kraftwerken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dafür werden jetzt im Gesetzespaket – Energiewirt-
chaftsgesetz, Netzausbaubeschleunigungsgesetz – die
oraussetzungen geschaffen. Sie alle wissen: Wir müs-
en schneller vorankommen, wenn es darum geht, die
otwendigen Netze auszubauen. Bisher haben wir Pla-
ungszeiten von zehn Jahren, hinzu kommen noch die
auzeiten. Wir wollen diesen Zeitraum auf vier Jahre re-
uzieren.

Die Bundesländer, die Sie bereits angesprochen ha-
en, haben alle gemeinsam – sechzehn zu null – aus-
rücklich gefordert, dass wir den Netzausbau nicht nur
ber die vorhandenen Gesetze beschleunigen, sondern
ass wir uns weiterhin dafür einsetzen, auf europäischer
bene das materielle Recht zu ändern, damit wir die
öglichkeit haben, beim Netzausbau und beim Kraft-
erksausbau schneller voranzuschreiten. Lieber Herr
ollege Gabriel, das ist eine Ohrfeige für Sie; denn in
rer Zeit als Umweltminister haben Sie genau das nicht

eschafft. Das war zum Schaden nicht nur der Umwelt-
olitik, sondern auch der deutschen Wirtschafts- und In-
ustriepolitik.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711700600

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Menzner?

Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft
nd Technologie:

Nein. – Das wird nunmehr nachgeholt. Wir brauchen
icht nur den beschleunigten Ausbau der Netze und der
onventionellen Kraftwerke, sondern auch ein besseres
rneuerbare-Energien-Gesetz. Erstmalig wird hier auf
arkt und auf Effizienz gesetzt, weil wir davon über-

eugt sind, dass es Quatsch ist, bei dem Ausbau der er-
euerbaren Energien nur auf Subventionen und Regulie-
ngen zu setzen. Wir werden – auch wenn Ihnen das

icht gefällt – in diesem Bereich Marktprinzipien brau-
hen – wie beispielsweise die Marktprämie –, um beim
usbau der erneuerbaren Energien schneller voranzu-
ommen. Das zeichnet die schwarz-gelbe Regierungs-
oalition aus, im Unterschied zu Ihrem rot-grünen Aus-
tiegsbeschluss von 2002.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Bundesminister Dr. Philipp Rösler


(A) )


)(B)

Gleichzeitig geht es in der Tat darum, die Wirtschaft
nicht übermäßig zu belasten; denn sie steht in Bezug auf
die Energiepreise nicht nur in einem europäischen, son-
dern auch weltweiten Wettbewerb. Deswegen ist es rich-
tig, sich auf europäischer Ebene für die Strompreiskom-
pensation einzusetzen, um energieintensive Industrien zu
entlasten.

Gleichzeitig kommt es zu einer Entlastung des Mittel-
standes in Deutschland, weil durch das neue Erneuer-
bare-Energien-Gesetz erstmalig kleine und mittelstän-
dische Unternehmen von der Energieumlage befreit
werden können und dadurch eine Erleichterung erfahren.
Das zeigt, dass wir nicht nur darauf achten, die Energie-
versorgung in Deutschland umzustellen, sondern dass
wir gleichzeitig ein Augenmerk darauf haben, dass un-
sere deutsche Wirtschaft gerade im Hinblick auf die klei-
nen und mittelständischen Unternehmen wettbewerbsfä-
hig bleibt. Sie von der SPD schauen als ehemals große
Volkspartei auf die großen Konzerne. Wir schauen auch
auf den Mittelstand in Deutschland.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Rolf Hempelmann [SPD]: Das haben wir letztes Jahr gesehen!)


In der Tat sind gerade diese Unternehmen in Bezug
auf die Energieumstellung sehr positiv gestimmt, aus ei-
nem ganz einfachen Grund. Die europäischen Nachbarn
fragen uns: Was passiert eigentlich gerade bei euch in
Deutschland, was macht ihr eigentlich im Bereich der
Energieumstellung? Da steht ein Fragezeichen und kein
Ausrufezeichen; denn man ist sehr gespannt, was gerade
in Deutschland passiert.

Unsere Nachbarn trauen uns zu, dass das, was wir uns
vorgenommen haben, möglich wird; sie haben sogar
Angst davor, dass das, was wir uns vornehmen, am Ende
erreicht wird, weil sie wissen: Wenn wir neue Produkte,
Dienstleistungen und Güter in den Bereichen der erneu-
erbaren Energien und der Effizienz produzieren bzw. be-
reitstellen, dann wird das ein Wettbewerbsvorteil für die
deutsche Wirtschaft im europäischen, aber auch im welt-
weiten Rahmen sein. Die Energieumstellung ist deswe-
gen auch für die Wirtschaft nicht negativ, sondern aus-
drücklich positiv, weil sie uns neue Chancen bietet im
Inland, im europäischen Markt, aber genauso im übrigen
Ausland.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir sind davon überzeugt, dass das, was wir auf den
Weg bringen, in der Tat ein großer Schritt auf dem Weg
zur Energieumstellung ist. Die Arbeit ist mit der Verab-
schiedung der vorliegenden Gesetzentwürfe nicht abge-
schlossen; die Arbeit, die mit der Energieumstellung
verbunden ist, beginnt jetzt erst. Denn das, was vor uns
liegt, ist ein ähnlich großes Projekt wie die Wiederverei-
nigung – es ist fast schon gleichbedeutend –:


(Johannes Kahrs [SPD]: Wer schreibt Ihnen denn die Reden?)


Gerade im Bereich der Infrastrukturprojekte haben wir
damals gesehen, dass es sehr wohl möglich ist, in der Sa-
che Großes zu leisten, wenn sich ein ganzes Land an-

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(C (D trengt und alle gemeinsam an einem Ziel arbeiten. Das eht im Bereich der Infrastruktur; das geht im Bereich er Energieumstellung. (Johannes Kahrs [SPD]: Lassen Sie sich mal etwas aufschreiben! Das wäre besser!)


Auch wenn Sie dazwischenrufen: Sie werden dem
usstiegsbeschluss zustimmen


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein, Sie stimmen unserem zu!)


nd sich einmal mehr dem Einstieg in den Ausbau der
rneuerbaren Energie verweigern.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch kein Einstieg!)


as ist am Ende nicht glaubwürdig. Es geht hier nicht
m Ihre Politik, die Sie damals unter Rot-Grün begon-
en haben; es geht hier um eine andere Politik, nämlich
ine vernünftige und realistische Umstellung der Ener-
ieversorgung in Deutschland.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn all die Jahre den Einstieg verweigert? Die FDP! Wer hat Wahlkampf gegen die Windkraft geführt? Die FDP!)


as ist der Unterschied zwischen einer Koalition, die re-
iert, und einer Opposition, die am Ende doch gegen die
esentlichen Neuerungen der vorliegenden Gesetzent-
ürfe ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711700700

Gregor Gysi ist der nächste Redner für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711700800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

öttgen, Sie müssen mir eine Sache erklären. Sie haben
eute gesagt, dass der Ausstieg aus der Atomenergie
ine Revolution ist. Im Dezember 2010 haben Sie uns
rklärt, dass die Verlängerung der Nutzung der Atom-
nergie eine Revolution ist.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war die Konterrevolution!)


h finde, Sie sollten innerhalb der Union einmal klären,
as eigentlich eine Revolution und was eine Konter-
volution ist, damit man sich darüber verständigen

ann.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Gysi, das können Sie doch erklären, was der Unterschied ist!)


Herr Kauder, selbstverständlich.






(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711700900

Herr Kollege Gysi, für die Klärung dieses Unter-

schieds stellen Sie doch sicher Ihre sachverständige Be-
ratung zur Verfügung.


(Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711701000

Aber selbstverständlich, Herr Präsident. Ich wollte

das gerade Herrn Kauder anbieten. Da er davon keine
Ahnung hat, werde ich ihm das gerne erklären. Aber es
kostet Sie ein teures Essen – damit das klar ist!


(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD)


Davon abgesehen wird der Bundestag heute mit den
Stimmen von Union, FDP, SPD und Grünen einen halb-
herzigen Atomausstieg beschließen. Es liegt nur an der
Atomkatastrophe von Fukushima, dass er angesichts die-
ser Mehrheitsverhältnisse im Bundestag überhaupt zu-
stande kommt. Einige Dinge, die Sie hier regeln, entset-
zen und enttäuschen mich wirklich; denn ich glaube,
dass man konsequenter aus einer solchen Katastrophe
Schlussfolgerungen ziehen muss.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch die Grünen werden zustimmen; sie haben dafür
einen Parteitag gemacht. Ich muss den Grünen ehrlicher-
weise sagen: Das ist schon ein wenig wichtigtuerisch,
deshalb einen Parteitag zu veranstalten. Sie wussten
doch, dass es auf Ihre Stimmen gar nicht ankommt, weil
die Koalition eh die Mehrheit hat. Ich muss Ihnen aber
eines lassen: Sie haben eine fantastische Medienöffent-
lichkeit erreicht.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Purer Neid!)


Ich muss über solche Tricks neu nachdenken.

Im Kern ging es Ihnen doch darum, der Union zu zei-
gen, dass Sie zu einer Koalition mit der Union fähig
sind. Sie wollen doch gerne die frühere Rolle der FDP
übernehmen und bei der Frage, ob nun die SPD oder die
Union regiert, zum Schalter werden.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Das ist peinlich!)


Das ist ein bisschen schlicht.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! In der Tat! Du bist schlicht!)


– Das gilt aber für Sie, Herr Trittin.

Drei Parteien hätten wirklich einen Parteitag durch-
führen müssen: die CDU, die CSU und die FDP.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre auch, Gregor Gysi!)


Wissen Sie auch, warum? Ihre Parteitage haben doch die
Verlängerung der Nutzung der Atomenergie beschlos-
sen; Sie haben das katastrophalerweise im Dezember
umgesetzt. Bevor Sie jetzt einen Wechsel vornehmen,

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(C (D ätten Sie Ihre Parteien eigentlich fragen müssen, ob sie amit einverstanden sind. (Christian Lindner [FDP]: Haben wir doch! Rostocker Parteitag!)


m Ihr Demokratieverständnis will ich mich aber nicht
eiter kümmern. Ich wollte nur auf die Begrenztheit
inweisen.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Gerade Sie! Gysi und die Demokratie! – Christian Lindner [FDP]: Schlecht recherchiert!)


Jetzt nehme ich zu den Zielen Stellung, die Sie aufge-
en, die wir aber für wichtig halten. SPD und Grüne sa-
en, dass im Kern jetzt das beschlossen wird, was sie
chon 2002 beschlossen hatten. Wenn Sie diese Auffas-
ung ernsthaft vertreten, dann sagen Sie damit, Fuku-
hima hätte an Ihren Entscheidungen von 2002, wenn
ie jetzt regieren würden, nichts geändert. Finden Sie
icht, dass das deutlich zu wenig ist? Hätten Sie nicht sa-
en müssen: „Auch wir ziehen daraus Schlussfolgerun-
en und machen das eine oder andere wesentlich konse-
uenter“?


(Beifall bei der LINKEN)


Das Zweite ist, meine Damen und Herren von SPD
nd Grünen: Was Sie sagen, stimmt nicht ganz. Die Re-
ierungskoalition legt jetzt immerhin konkrete Termine
r die Abschaltung einzelner AKW fest. Solche gab es

ei Ihnen gar nicht.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir!)


Das Hauptproblem ist aber ein anderes: Die Regie-
ng bestimmt die Fristen nach den Amortisationszeiten
r die AKW und nicht nach der Machbarkeit. Auch da-

ei machen Sie mit.


(Beifall bei der LINKEN)


h komme darauf noch zurück. Die Regierungskoalition
eigert sich, das Ganze unumkehrbar zu machen. Auch
as nehmen Sie letztlich in Kauf. Sie weigert sich auch,
ie großen Energieriesen zu zerlegen und zu rekommu-
alisieren, um das Ganze wesentlich demokratischer zu
estalten.


(Rainer Brüderle [FDP]: Verstaatlichung!)


as in Ihren Gesetzentwürfen überhaupt nicht enthalten
t, ist die Antwort auf die Frage, wer eigentlich die Kos-
n der Energiewende zu bezahlen hat. Wo bleibt die so-

iale Abfederung? Dazu ist nichts geregelt.


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt komme ich zu den einzelnen Punkten. Wissen-
chaftlich nachgewiesen ist nach unserer Auffassung,
ass der Ausstieg bis Ende 2014 machbar ist. Die Grü-
en haben gesagt: bis Ende 2017. Ich nehme das einmal
o hin. Trotzdem stimmen Sie jetzt dem Jahr 2022 zu.
omit begründen die Bundesregierung und die Koali-

on in den Gesetzentwürfen, dass sie das Jahr 2022 neh-
en? Sie sagen, dass die Atomkraftwerke sich andern-





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

falls nicht amortisierten und die Atomkraftwerke nur
dann mit Gewinn bewirtschaftet werden könnten, wenn
man sie erst 2022 schließen würde. Das heißt, auf
Wunsch von Eon, EnBW, RWE und Vattenfall sind die
Fristen so gesetzt worden.

Ich sage Ihnen Folgendes: Es geht um die Frage der
Machbarkeit und nicht um die Frage, was sich für die
vier Energiekonzerne rechnet. Man kann die Bevölke-
rung nicht vier oder sieben Jahre länger dem Fukushima-
Risiko aussetzen, nur damit sich die AKW für diese vier
Konzerne rechnen. Genau das wird gemacht. Genau das
beschließen Sie mit.


(Beifall bei der LINKEN)


Alle Parteien im Bundestag sagen: Der Ausstieg aus
der Atomenergie soll unumkehrbar sein. Das ist eine
wichtige industriepolitische Wende. Darauf ist hier
schon hingewiesen worden. Warum, Herr Kauder und
Herr Brüderle, weigern Sie sich, das Grundgesetz zu än-
dern? In Österreich steht in der Verfassung: Atomwaffen
und die Nutzung der Atomenergie sind verboten. – Wa-
rum nehmen wir das nicht in das Grundgesetz auf?


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben doch eine Zweidrittelmehrheit dafür. Das ist
doch keine Schwierigkeit. Es gibt große Mehrheiten im
Bundestag und im Bundesrat dafür. Wenn wir das auf-
nehmen würden, wäre es unumkehrbar – das garantiere
ich Ihnen –, weil sich nie wieder eine Zweitdrittelmehr-
heit im Bundestag oder im Bundesrat fände, die bereit
wäre, den Ausstieg aus der Atomenergie rückgängig zu
machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Sie das nicht machen, dann machen Sie einen
Atomausstieg mit Rückfahrkarte. Herr Röttgen hat er-
klärt, ein solches Vorgehen würde künftige Mehrheiten
binden. Ja genau, das soll künftige Mehrheiten binden.
Deshalb nimmt man doch etwas in das Grundgesetz auf.


(Beifall bei der LINKEN)


Er will sie eben nicht binden. Ich kann Ihnen schon jetzt
sagen, wie das laufen wird: 2013 werden Sie sich einen
Wiedereinstieg nicht trauen. Ich glaube zwar nicht, dass
Sie dann noch die Mehrheit haben werden; aber selbst
wenn Sie sie hätten, würden Sie sich das, wie gesagt,
nicht trauen. 2017 wird der Atomausstieg aber schon so
lange zurückliegen, dass Sie vielleicht sagen werden:
Jetzt könnte man doch wieder einsteigen. – Das möchte
ich nicht. Wir möchten der Bevölkerung diese Sorge
nehmen. Deshalb muss der Ausstieg ins Grundgesetz ge-
schrieben werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun haben die Grünen schnell auch noch einen Ge-
setzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes einge-
bracht. Darüber stimmen wir heute aber noch nicht ab-
schließend ab. Für unseren Gesetzentwurf beantragen
wir übrigens eine namentliche Abstimmung. In Ihrem
Gesetzentwurf, lieber Herr Trittin und liebe Frau Künast,
nennen Sie das Jahr 2022 als Ausstiegsdatum. Damit sa-

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(C (D en Sie der Bevölkerung: Selbst wenn wir ab 2013 regien, werden wir nichts beschleunigen. Durch die Fest chreibung des Jahres 2022 im Grundgesetz nehmen Sie ich jeden Spielraum. Sie müssen dann auch offen und hrlich sagen, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht da drin!)


ass Sie sich von dem Ausstiegsdatum 2017 völlig ver-
bschiedet haben. Selbst wenn Sie die absolute Mehrheit
ätten, würden Sie beim Jahr 2022 bleiben. Ich finde,
as spricht gegen Sie.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau lesen!)


Jetzt kommen wir zum dritten Punkt, zur Demokrati-
ierung der Energieversorgung. Die Konzerne sind und
leiben zu mächtig. Wie mächtig die vier Konzerne sind,
aben SPD und Grüne festgestellt, als sie versucht haben,
en Atomausstieg zu organisieren. Wir haben gesehen,
ie schwierig das war, wie weit sie den Konzernen ent-
egengekommen sind. Meines Erachtens sind sie ihnen
iel zu weit entgegengekommen; das ist aber eine andere
rage. Die jetzige Regierungskoalition, die ja auf Wunsch
ieser vier Konzerne und natürlich auch anderer die Ver-
ngerung der Laufzeiten beschlossen hat, schreibt jetzt
ieder in den Gesetzentwurf, dass man das auf diese
eise macht, damit sich das rechnet und damit die Kon-

erne nicht einen halben Euro Verlust machen, nachdem
ie auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger und der ande-
n Unternehmen schon 100 Milliarden Euro Gewinne

emacht haben. Deshalb werden so lange Fristen gewählt
nd deshalb wird die Bevölkerung länger diesem Risiko
usgesetzt.

Ich sagen Ihnen: Wenn wir die Macht der vier Kon-
erne nicht auflösen, wird die Politik ohnmächtig; das ist
as Problem. Deshalb schlagen wir eine Zerlegung und,
oweit es geht, eine Rekommunalisierung vor, damit die
olitik wieder zuständig wird für die Energieversorgung
er Bevölkerung genauso wie für die Wasserversorgung,
r Gesundheit und Bildung. Öffentliche Daseinsvor-

orge gehört in öffentliche Hand und nicht in den Privat-
esitz zur Profitmaximierung.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich verstehe die Energiekonzerne. Sie sagen: Wer
ehr Strom verbraucht, bekommt ihn billiger, und wer
eniger Strom verbraucht, bekommt ihn teurer. Markt-
irtschaftlich ist das ja nicht unvernünftig gedacht, aber
ir wollen doch Energieeinsparung, wir wollen doch
nergieeffizienz. Erklären Sie beispielsweise einmal ei-
er alleinerziehenden Mutter mit einem Kind, die relativ
enig Strom verbraucht, wieso sie pro Kilowattstunde
ehr zahlen muss als ein Millionär mit einer Villa und

inem Swimmingpool. Das ist abstrus! Das kann man
ur politisch regulieren, aber Sie verweigern die politi-
che Regulierung dieser Preise.


(Beifall bei der LINKEN)


ns ist das ein wichtiges Anliegen.





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Zu dem, was Sie machen, kommt jetzt noch ein Zu-
ckerbrot hinzu.


(Rainer Brüderle [FDP]: Was?)


Sie fördern riesige Windparks in der Nord- und Ostsee.
Wer verdient daran? Die vier Konzerne, weil es die ein-
zigen sind, die sich das Ganze leisten können. Sie be-
kommen also noch mehr geschenkt. Mein Gott, hören
Sie doch einmal auf, jeden Tag die Versicherungen, die
Banken und die Riesenkonzerne zu beschenken! Angeb-
lich wollen Sie etwas für die kleinen und mittleren Un-
ternehmen tun, aber Sie vergessen sie täglich. Deshalb
sage ich immer: Wir sind die einzige Mittelstandpartei.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der FDP: Oh!)


Sie von der FDP bestreiten das noch, aber es ist wahr.
Bei der Solarenergie werden Produkte genutzt, die von
kleinen und mittleren Unternehmen hergestellt werden.
Da fördern Sie nicht. Nur die großen Windparks werden
unterstützt. Das entlarvt alles.


(Rainer Brüderle [FDP]: 70 Prozent der Umlage! – Michael Kauch [FDP]: Kabarett!)


Nun kommen wir zum nächsten Punkt: die erneuerba-
ren Energien. Ich frage: Wo ist Ihre angekündigte Offen-
sive für erneuerbare Energien geblieben? Alles, was Sie
hier beschließen wollen, hatten wir schon. Da gibt es
nichts Neues. Glauben Sie nicht, dass man deren Ausbau
viel stärker fördern muss, um die Energiewende so
schnell und zuverlässig wie möglich herbeizuführen,
und zwar – da hat Herr Gabriel recht – europaweit? Ge-
nau das wäre die Aufgabe; aber da versagen Sie.

Kommen wir zur sozialen Gestaltung. Das Ganze
kostet Geld. Ihre einzige Sorge betraf die energieintensi-
ven Unternehmen. Diesen haben Sie schon zugesichert,
dass sie um bis zu 1,2 Milliarden Euro entlastet werden.
Das haben Sie sofort geregelt. Aber was arme Haushalte
machen, was kleine Unternehmen mit geringen Umsät-
zen machen, das kümmert Sie alles nicht. Genau das
können wir nicht akzeptieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich nenne noch einmal die Zahlen. Im Durchschnitt
verbraucht eine Bezieherin von Hartz IV Strom für
44 Euro im Monat. Im Hartz-IV-Satz sind aber nur
30,42 Euro für Storm vorgesehen. Woher soll sie die
Differenz nehmen? Sie zahlen ihr die ja nicht aus. Es
gibt jährlich 800 000 Sperren der Strom- und Gasversor-
gung. Gehen Sie einmal in einen solchen Haushalt, und
schauen Sie sich einmal an, wie Kinder ohne Gas und
Strom leben müssen. Ich halte das für grundgesetzwid-
rig. Deshalb fordern wir als Erstes: Strom- und Gassper-
ren sind zu verbieten.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Zweite, das wir fordern, sind Stromsozialtarife.
Wir müssen jedes Energieunternehmen – ob öffentlich
oder privat: das spielt gar keine Rolle – verpflichten, in
einem bestimmten Umfang finanziell schwachen Haus-
halten Sozialtarife anzubieten. Dazu müssen sie ver-
pflichtet werden. Sonst organisieren wir, bedingt durch
die Verteuerung des Stroms, eine Katastrophe.

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(C (D Wir brauchen auch ganz dringend eine staatliche trompreiskontrolle. Da geht es nicht, wie Sie immer run, um Planwirtschaft. Das ist völliger Quatsch. Dann ätten wir in der Bundesrepublik Deutschland bis zur rsten Hälfte der Großen Koalition Planwirtschaft geabt. Da gab es nämlich eine staatliche Strompreiskonolle. Da geht es um eine ganz andere Frage: Es geht um die rage der Zuständigkeit der Politik für eine Lebensfrage er Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen. Da önnen Sie nicht immer sagen: Das geht uns gar nichts n, das machen die vier Konzerne. SPD und Union haen uns erzählt, es gebe da so viel Wettbewerb, dass wir eine staatliche Preiskontrolle bräuchten. Da kann ich loß lachen. Diese vier Konzerne sind doch in der Lage, ittwochs miteinander zu telefonieren, und dann verabden sie sich, wie sie uns zwei Wochen später abzo ken. So läuft das. Deshalb möchte ich Ihre Zuständigeit haben, damit die Wählerinnen und Wähler auch issen, an wen sie sich wenden müssen. Dann brauchen wir einen Energiesparfonds. Ich will nen das auch erklären: In den ärmeren Haushalten und ei den kleinen Unternehmen mit geringen Umsätzen ind lauter technische Geräte im Einsatz, die einen hoen Stromverbrauch haben. Die können es sich nicht isten, neue Technik zu erwerben. Deshalb haben wir ie Schaffung eines Fonds vorgeschlagen, der jährlich it 2,5 Milliarden Euro zu bestücken ist. Damit muss eholfen werden, dass neue Technik erworben wird; enn wir alle brauchen die Energieeinsparung. Deshalb üssen wir hier politisch handeln und aktiv werden. Herr Kollege. Ich bin gleich fertig, Herr Bundestagspräsident. Ich sage Ihnen: Alle Mehrkosten, die Sie verursachen, erden allein die Bürgerinnen und Bürger sowie die leinen und mittleren Unternehmen zu tragen haben. as ist falsch. Wir können dem Ganzen nicht zustimen. Von unserer Fraktion gibt es ein Nein, auch wenn ndlich der Ausstieg aus der Atomenergie beginnt. Das egrüßen wir trotzdem. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Mit Nein beginnt gar nichts!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711701100
Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711701200

Nein, passen Sie auf: Ganz umgekehrt, Herr Kauder.
timmen Sie doch erst einmal der Grundgesetzänderung
u.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oje!)


h verspreche Ihnen: Wenn wir das Grundgesetz heute
ndern, lassen wir uns auch auf einen Kompromiss ein.
al sehen.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wer mit Nein stimmt, steigt aus aus den Erneuerbaren!)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711701300

Das Wort erhält nun die Kollegin Renate Künast,

Bündnis 90/Die Grünen.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Wer war denn die Beifahrerin beim Landesgeschäftsführer?)



Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711701400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist

der Zeitpunkt, an dem man Dank aussprechen muss –
Dank an all die vielen Menschen, die weit über 30 Jahre
in diesem Land den Mut hatten, zu kämpfen, die sich
weit über 30 Jahre in diesem Land eingemischt und
friedlich demonstriert haben und auch nicht aufgehört
haben, zu kämpfen, als einige von ihnen kriminalisiert
wurden, als Wasserwerfer selbst an kältesten Tagen Was-
ser auf sie spritzten, als richtig Druck im Dorf und in der
Stadt war. Das will ich hier ausdrücken. Herzlichen
Dank an all diese; denn sie haben sich um die Zukunft
Deutschlands verdient gemacht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Klaus Traube als einer, der mal in einem AKW mitge-
arbeitet hat, wurde kriminalisiert und unter Druck ge-
setzt. Marianne Fritzen in Gorleben ist eine, die wirklich
ihr ganzes Leben einem beharrlichen Kampf gewidmet
und Bewegungen immer wieder zusammengeführt hat.
Diesen gehört unser Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich erwähne auch die Winzerinnen und Winzer, die
Bäuerinnen und Bauern in Wyhl, den Bauern Maas aus
Kalkar oder Walter Mossmann, der uns bei so mancher
Demo oder auch an manchen Tagen in der Republik
Freies Wendland mit seinen Liedern zusammenge-
schweißt hat, wenn der Druck von außen sehr groß war.
Er hatte damals den Mut, zu sagen: Es steht überm Rhein
eine Burg aus Beton, weh denen, die drum herum woh-
nen. – Er drückte die Sorge aus: Wenn es nur nicht zu
spät ist. – All jenen gehört Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das gilt auch für Holger Strohm, der das Buch Fried-
lich in die Katastrophe geschrieben hat, für die Mütter-
initiativen und für die „Ärzte gegen den Atomkrieg“. All
denen gehört der heutige Tag. Sie haben sich im Sommer
2001 über den ersten Atomausstieg gefreut. Auch wenn
viele von ihnen, was ich verstehe, jetzt nicht zufrieden
sind, ist das ein großer Schritt, den Deutschland mit sei-
nen Bürgerinnen und Bürgern gemacht hat, die Demo-
kratie gewagt haben, als man sie anfeindete. Dieser
Schritt gehört diesen Menschen, und das gehört in dieses
Protokoll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Der Atomkonsens des Jahres 2001 war ein Zwischenchritt. Ich habe nie geglaubt, dass sich das Oligopol der ier Atomkonzerne nicht dagegen wehren würde. Einen ugenblick lang haben wir gedacht: Pacta sunt seranda. Sie unterschreiben etwas und halten sich daran. ir haben aber schnell gemerkt, dass dem nicht so ist. ir haben immer gewusst: Erst dann, wenn das letzte tomkraftwerk in diesem Land abgeschaltet ist, ist diese ewegung erfolgreich gewesen, und dann wird sie sich eu ausrichten. Deshalb, meine Damen und Herren, sage h Ihnen: Sie können gerne von einem großen Konsens prechen. Auch die heutige Entscheidung, die deutschen ernkraftwerke stufenweise bis spätestens 2022 abzu chalten und die sieben ältesten Meiler plus Krümmel ofort stillzulegen, ist nur ein Zwischenschritt der AntiKW-, der Umweltund der Grünen-Bewegung. Wir ind noch lange nicht fertig. Wir fangen jetzt erst richtig n. Was hat die Bewegung erreicht? Sie hat den Konsens ber den Ausstieg im Jahr 2001 erreicht. Außerdem hat ie dafür gesorgt, dass Sie jetzt gezwungen sind, sich zu ewegen. Gegen den erbitterten Widerstand des Energieligopols und gegen den erbitterten ideologischen Wierstand der Pro-AKW-Parteien hat diese Bewegung ericht, dass heute 17 Prozent des Stroms in Deutschland us erneuerbaren Energiequellen stammen. Auch das ist ur ein Zwischenschritt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es noch mehr ist, ist das schöngerechnet.

Immerhin hat dies auch der Bundeswirtschaftsminis-
r erkannt, der hier gerade ein Erstsemesterseminar zum
hema Wirtschaftspolitik abgehalten hat.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat er überhaupt Abitur?)


ber immerhin, der Mann ist ja neu im Amt.

Ich sage Ihnen: Mit all Ihrem Gerede von einer Brü-
kentechnologie, von einer Energierevolution und von
nergiewenden – nach dem Motto „Jetzt geht es erst
chtig los“ – haben Sie sich selbst widerlegt. Die Brücke,
ie noch im letzten Jahr angeblich notwendig war, muss-
n Sie jetzt selbst ein Stück weit einreißen. Wer wollte,
onnte immer wissen. Carl Friedrich von Weizsäcker
um Beispiel hat vor 25 Jahren, und zwar vor der Kata-
trophe von Tschernobyl, klar gesagt: Die Technik der
olarenergie hat Fortschritte gemacht, die sie als haupt-
ächliche Energiequelle des kommenden Jahrhunderts
öglich erscheinen lässt. – Man konnte also wissen,
enn man wissen wollte und nicht auf dem Schoß der
ier Stromkonzerne saß.

Eines ist klar: Jetzt können auch Sie von den Ent-
cheidungen des heutigen Tages nicht mehr abrücken.
etzt hat die Bewegung einen Zustand der Stärke er-
icht. Das wird heißen: Jetzt geht es mit voller Kraft in

ine zukunftsfähige, nachhaltige, dezentrale, effiziente
nergieerzeugung, die Sie jahrelang blockiert haben.





Renate Künast


(A) )


)(B)

Jetzt ist Schluss mit den Milliardensubventionen für die
Atomenergie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich muss an dieser Stelle auf eines hinweisen: Viele
sagen immer, die neuen Technologien seien so teuer.
Meine Damen und Herren, wovon reden wir hier? Für
die Atomenergie wurden ungefähr 200 Milliarden Euro
an Subventionen und Forschungsgeldern zur Verfügung
gestellt. Das ist noch nicht einmal alles. Hinzu kommt,
dass uns die Atomenergie hochradioaktiven Müll hinter-
lässt. Die Summen, die notwendig wären, um eine halb-
wegs sichere Lagerung des Atommülls zu gewährleisten
– wenn wir denn einen Ort dafür fänden –, sind noch gar
nicht bezifferbar. Insofern sage ich insbesondere in
Richtung der Abgeordneten der Koalitionsfraktionen:
Solche Zwischenrufe, wie Sie sie vorhin gemacht haben,
verbieten sich. Hören Sie auf, ideologisch zu sein!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Arbeiten Sie endlich mit daran, dass Deutschland ein
Land der erneuerbaren Energien wird, in dem der Müll
nicht jahrtausendelang von Generation an Generation
übergeben wird!

Ich stelle fest: Heute ist ein guter Tag. Allerdings hät-
ten Sie, Frau Bundeskanzlerin, all dies schon im letzten
Jahr wissen können. Mir ist egal, ob Sie aus Wahl-
kampfsorge oder aus Überzeugung dazugelernt haben.
Mir reicht die Ironie der Geschichte, dass Sie sich jetzt
faktisch dem annähern müssen, was Sie jahrzehntelang
bekämpft haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt kann niemand mehr infrage stellen, dass
Deutschland die Energiewende will. Die Menschen in
Deutschland wollen nicht auf Kosten anderer Generatio-
nen leben, indem sie ihnen strahlenden Atommüll über-
lassen. Ich sage Ihnen: Die Menschen in Deutschland
wollen auch nicht durch Kohleverstromung und CO2-
Ausstoß auf Kosten nachfolgender Generationen leben.
Jetzt geht es in Richtung Nachhaltigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Von der Entscheidung, die Laufzeit zu verkürzen,
wird Schwarz-Gelb nicht abrücken können. Die heutige
Entscheidung zur erneuten Laufzeitverkürzung und zur
Abschaltung der acht ältesten Kernkraftwerke ist ein
Wegweiser für die weitere Entwicklung des Industrie-
standorts Deutschland. Ich sage ganz klar: Das ist auch
für die Industrie – und das wollten Sie immer – ein Zei-
chen der Klarheit. Rückwärts wird es nicht mehr gehen.
Es geht nur noch vorwärts, in das Zeitalter der Erneuer-
baren. Heute ist ein Tag, von dem etwas ausgehen kann,
gerade weil die Pro-Atom-Parteien jetzt anders abstim-
men müssen. Von heute an werden wir anders leben, an-
ders transportieren und anders produzieren. Wir sind

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(C (D och nicht fertig. Dieser Umbau der Gesellschaft fängt tzt erst an. Jetzt schaut die Welt auf uns. Wir werden dem gerecht erden müssen. Die Größe der Aufgabe ist, zu zeigen, ass das viertgrößte Industrieland der Welt diese Aufabe meistert. Wir haben die Verantwortung, zu zeigen, ass der Umbau funktioniert. Wir haben heute aber auch ie Verantwortung, nicht hierzulande etwas abzuschaln, was wir in anderen Ländern noch finanzieren. Auch ie Nichterteilung von Hermesbürgschaften, zum Beipiel für Brasilien, gehört zu einem eindeutigen Kurs. ir sind weder hier noch anderswo für die Atomenergie. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zu diesem eindeutigen Kurs wird auch gehören, dass
ir in Zukunft neue Technologien, Effizienz und Wissen
it anderen Gesellschaften und anderen Staaten teilen,

amit sich die derzeitigen Entwicklungs- und Schwel-
nländer wirtschaftlich entwickeln können und eine
ute Energieversorgung haben.

Wenn wir heute Ja sagen, dann handelt es sich defini-
v um ein „Ja, aber“. Die Grünen stimmen zu, die von
nen bis 2040 verlängerte Laufzeit auf 2022 zurück-

usetzen – mit einem Stufenplan und einem festen End-
atum. Wir stimmen zu, dass die sieben ältesten Kern-
raftwerke und Krümmel vom Netz genommen werden,
uch wenn wir wissen, dass es schneller gehen könnte
nd man aus heutiger Sicht schon 2017 aus der Atom-
nergie aussteigen könnte.


(Zuruf von der FDP: Wie denn?)


eshalb sagen wir: Ja, aber. Für all das zu sorgen, wird
ie Aufgabe der Grünen nach der nächsten Bundestags-
ahl sein.

Die Sicherheit der verbleibenden AKW haben Sie
ach Fukushima nicht ehrlich geregelt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das kerntechnische Regelwerk gehört in den Bundes-
nzeiger. Das wäre eine der Lehren, die wir aus den Er-
ignissen in Fukushima ziehen müssten angesichts des
issens, dass auch hochtechnologische Länder solche
nfälle erleben können.

Ein weiterer Punkt. Sie haben nicht den Mut, die End-
gerfrage offen anzupacken. Wir sagen: Wir brauchen

ine ergebnisoffene, bundesweite Suche nach einem
ndlager. Wir wollen den Stopp des illegalen Weiterbaus
on Gorleben, und zwar sofort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer es mit der Energiewende ernst meint, sagt Ja
azu, im Grundgesetz zu verankern, dass der Betrieb von
tomkraftwerken untersagt wird. Auch diesen Antrag
aben wir eingebracht. Wir sagen Ja zur Verkürzung der
aufzeiten. Wir sagen aber auch „aber“. „Aber“ sagen
ir zu Ihrem ehrgeizlosen Erneuerbare-Energien-Ge-

etz; ich weiß, dass die Bundesländer noch hier und dort
it Ihnen darüber diskutieren werden. Das fängt schon





Renate Künast


(A) )


)(B)

bei den Zielen an. Dass bis 2020 nur 35 Prozent des
Strombedarfs durch Ökostrom gedeckt werden sollen, ist
zu wenig. Wir müssen uns ein Ziel von deutlich über
40 Prozent setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen den Schwerpunkt auf dezentrale, kleine
Anlagen setzen. Wir müssen den Schwerpunkt außerdem
auf einen Netzausbau setzen, der nicht neue Konflikte
produziert. Gerade im 21. Jahrhundert müssen wir insbe-
sondere bei diesem Thema den Bürgern unseren Respekt
ausdrücken, indem wir sagen: Jede Planung und jede Be-
schleunigung beginnt mit einer ehrlichen Bürgerbeteili-
gung.

Heute stellen wir eines fest: Deutschland steht an der
Schwelle, im 21. Jahrhundert Vorreiter für die Green
Economy zu sein. Wir Grüne werden diese Rolle anneh-
men und nicht nur heute dafür sorgen, dass beschlossen
wird, wie ausgestiegen wird. Wir wollen darüber hinaus
zeigen: Wir sind auch in Deutschland ein Garant für in-
ternationalen Klimaschutz und für eine internationale
Klimawende.

Ich bin heute stolz darauf – und auch ein bisschen ge-
rührt –, was eine Bewegung, die früher diskriminiert und
kriminalisiert wurde, alles geschafft hat. Wir alle – ich
habe es am Anfang gesagt – haben unser Land verändert.
Ich sage Ihnen: Heute ist ein guter Tag für Deutschland.
Wir sind sehr stark, und wir werden weiterhin für Verän-
derungen sorgen, hin zu einer nachhaltigen, verantwor-
tungsvollen Wirtschaft, die nicht auf Kosten anderer
lebt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711701500

Das Wort erhält nun der Kollege Rüdiger Kruse für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rüdiger Kruse (CDU):
Rede ID: ID1711701600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Frau Künast, über Ihre Rede habe ich mich gefreut,
weil Sie, die Sie die Einzigen sind, die tatsächlich in al-
ler epischen Breite die Frage „Wer hat es erfunden?“
stellen dürften, es nicht getan haben. Das spricht für
Souveränität.

Sie haben die Frage aufgeworfen – natürlich rheto-
risch gemeint –, ob die Grünen noch ein Thema haben
werden, wenn sie dieses Ziel erreicht haben. Ich gebe Ih-
nen auch in diesem Punkt recht: Selbstverständlich wer-
den Sie wieder Themen finden; das kann ich aus der Er-
fahrung der Union belegen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Ja! Jeden Tag neu!)


Die Union war es, die – in einem Alleingang, wenn man
so will – die soziale Marktwirtschaft eingeführt hat. Dies
ist ein Projekt, das heute weltweit Anerkennung findet
und von den Sozialdemokraten schon seit langem nicht
mehr kritisiert wird. Heute wird sie höchstens von einer
Partei kritisiert.

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(C (D Aber damit war die Geschichte der Union noch nicht eendet. Das Thema „Integration in das westliche Bündis“ war anfangs auch keine Konsenspolitik. Lassen Sie mir doch die Chance, im Laufe meiner ede auch bei der SPD etwas Gutes zu finden. Anders ls Ihre Redner bin ich nicht der Meinung, dass jeweils ie eigene Partei allein selig machend ist. Bevor ich auf ie Ostpolitik zu sprechen komme – die einen Verdienst at; darüber bestand ebenfalls kein Konsens in diesem ause –, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass ns die Integration in das westliche Bündnis gelungen t. Es trägt noch heute. Lassen Sie mich auf das Thema Wiedervereinigung u sprechen kommen, das zumindest geschichtlich nicht o weit zurückliegt, als dass sich die meisten Menschen icht mehr daran erinnern könnten und als dass wir uns icht mehr daran erinnern könnten, dass maßgebliche ertreter, nämlich die, die hier das operative Geschäft eleitet haben, gesagt haben: Das geht nicht, das wollen ir nicht. Das war übrigens Oskar Lafontaine. Auch ach der Wiedervereinigung, die sicherlich ein großes ernthema der Union war, war es nicht so, dass wir eine Themen mehr hatten. Das heißt, Ihnen wird es geauso gehen wie uns, die wir in der Lage sind, unsere ositionen neu zu überdenken. Als Sie sich gegründet haben, lag es wohl eher nicht Ihrer Gründungsabsicht, dass Sie die ersten Einsätze er Bundeswehr mit verantworten. Sie haben sich daals richtig entschieden, aber es war in Ihrer Grün ungsgeschichte nicht vorgesehen. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Energiepolitik ist das Thema!)


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie die Ostpolitik!)


Herr Gabriel sieht das anders. Herr Gabriel ist weit in
ie Geschichte zurückgegangen, um jemanden zu fin-
en, der schon vor Tschernobyl etwas Kritisches über
ie Atomenergie gesagt hat, wobei man sagen muss,
ass Willy Brandt zu jenem Zeitpunkt nicht mehr in der
perativen Verantwortung war.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Vorsitzender der SPD! – Zuruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


Ja, das hat er auf einem Parteitag gesagt. Wissen Sie,
as wäre in etwa so, als wenn ich jetzt das Buch Ein Pla-
et wird geplündert hochhalten würde, das Herbert
rühl als CDU-Abgeordneter geschrieben hat.


(Zurufe von der SPD: Gruhl hieß der!)


enn man will, dann kann man sich immer auf seine
tandpunkte zurückziehen.


(Zuruf von der SPD: Wer ist denn deswegen aus der CDU ausgetreten?)


Sehen Sie, deswegen sind die Grünen gegründet wor-
en. Helmut Kohl hat einmal gesagt – er konnte nämlich
flektieren –: Es war ein Fehler, zu wenig auf Herbert
ruhl zu hören. Das heißt, die uns sehr bekannte Debatte

us dem Werbefernsehen – Stichwort: „Wer hat es erfun-





Rüdiger Kruse


(A) )


)(B)

den?“ – hat noch einen anderen Teil. Es geht nicht im-
mer nur darum, wer es erfunden hat, sondern es geht
auch darum, wer an der Umsetzung beteiligt ist. An die-
ser Umsetzung wollen und werden wir uns beteiligen.

Man darf hier auch einmal daran erinnern, wer die
Katalysatortechnik eingeführt hat, wer das erste Windrad
gebaut hat und wer das erste Umweltministerium einge-
richtet hat.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es! – Rolf Hempelmann [SPD]: SPD Hessen 1970! – Weitere Zurufe von der SPD: Oh!)


– SPD Hessen 1970. Vorher war die Umweltpolitik beim
Innenministerium angesiedelt, und wir haben die ersten
Einspeiseregelungen eingeführt.

Ich glaube aber, das ist nicht der wesentliche Punkt,
sondern der wesentliche Punkt ist, zu erkennen, dass
man eine Neubewertung von Sachverhalten vornehmen
kann. Es ist richtig: In den 60er-Jahren ist ein kollektiver
Fehler begangen worden – übrigens im Einvernehmen
der großen Parteien –, nämlich die Entscheidung, maß-
geblich auf Atomenergie zu setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Solche Irrtürmer muss man dann auch mal wieder korri-
gieren.

Herr Gysi, Sie und Ihr System hatten mit kollektiven
Irrtümern ja viel zu tun; denn Sie haben immerhin
40 Jahre lang versucht, darauf eine Republik zu gründen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Hallo? So ein langer Bart!)


Insofern war es sehr beeindruckend, wie Sie sich hier
hingestellt haben. Weil Sie Jurist sind, hatte ich von Ih-
nen eigentlich erwartet, dass Sie eine rückwirkende Ab-
schaltung der Atomkraftwerke verlangen. Das Einzige,
was Sie hier tun, um sich zu legitimieren, ist, zu sagen:
Ich bin der brutalstmögliche Abschalter.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ist das das neue Niveau der CDU?)


– Das müssen Sie erst einmal erreichen.

Es war ein wenig überraschend – das schaffen Sie
sonst ja eigentlich immer –, dass Sie heute die Bonizah-
lungen für die Banker ausgelassen haben. Ansonsten
landen Sie immer beim gleichen Thema.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, komisch!)


Das mag etwas mit Ihrer Marke zu tun haben.

Sie haben hier den Energieverbrauch angesprochen
und uns vorgeworfen, dass wir jene begünstigen, die be-
sonders viel Energie verbrauchen. Entschuldigung, aber
die größten Energieverbraucher sind eben nicht die Mil-
lionäre mit ihren Schwimmbecken.


(Jörg van Essen [FDP]: Das hat Oskar Lafontaine auch gedacht!)


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(C (D Das mag zwar nach Ihrer Vorstellung so sein. Aber ie größten Energieverbraucher sind Unternehmen: zum inen die Deutsche Bahn, mit der wir alle gerne fahren, nd zum anderen die sogenannte energieintensive Indusie. Nur weil der deutsche Arbeiter mit Ihrer Partei eine Solidarität mehr hat, müssen Sie ihn jetzt nicht erraten. Wenn Sie die energieintensive Industrie in dieem Land ihrer Basis berauben – das scheinen Sie ja zu ollen, weil Sie sagen, dass sie mehr zahlen sollen als er normale Einzelverbraucher –, dann vernichten Sie rbeitsplätze. enn Sie diese Arbeitsplätze vernichten, dann vernichn Sie auch die Hoffnung, dass wir das, was wir uns orgenommen haben, auch umsetzen können. Das, was wir uns umzusetzen vorgenommen haben, ag im Augenblick wie ein nationaler Alleingang ausse en. Es gibt immer wieder Kritiker, die sagen: Wenn an das schon macht, dann bitte nicht alleine. Es ist aber un einmal so: Irgendjemand muss sich zuerst bewegen. diesem Fall sind wir das. Das ist der einzige Punkt, ei dem ich mit Herrn Gabriel auf einer Linie liege. Alrdings sage ich das und brülle es nicht. Das ist ein Thema, das eine solche Dynamik hat, dass adurch ein Impuls für Europa gegeben werden kann. as ist das, was wir brauchen; denn die Impulse für Eupa, die es früher gegeben hat – das Erreichen von Frie en, Freizügigkeit usw. –, sind Wirklichkeit geworden. as heißt, wir brauchen einen neuen Impuls. Wir wollen, enn wir über Europa diskutieren, nicht mehr nur über ostenfaktoren oder anonyme Bürokratie reden, sondern ir brauchen für Europa eine Idee, die sinnstiftend ist. (Ulrich Kelber [SPD]: Sagen Sie das mal Ihrer Kanzlerin! – Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Frau Sager, ich danke Ihnen, dass Sie mich angesichts
iner verbleibenden Redezeit von null Sekunden retten.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711701700

Das geht zwar eigentlich nicht durch bilaterale Ab-

prachen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Rüdiger Kruse (CDU):
Rede ID: ID1711701800

Frau Sager und ich sind uns aus Hamburg vertraut.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711701900

Aber ich stelle jetzt einmal ein Interesse an einer Zwi-

chenfrage und die Genehmigung des Redners, eine sol-
he Frage zu stellen, fest. – Bitte schön, Frau Sager.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711702000

Die Hamburger schaffen das auch ohne den Präsiden-

n.






(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711702100

Nein, das schon mal gar nicht.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt bekommt sie keine!)



Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711702200

Herr Kollege Kruse, Sie heben in Ihrer Rede sehr

stark darauf ab, dass jede Partei an den Punkt kommen
kann, an dem sie sagt: Wir müssen Positionen der Ver-
gangenheit revidieren und uns gründlich damit auseinan-
dersetzen, dass unsere Position vielleicht nicht richtig
gewesen ist. Ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie
gegenüber Ihrer eigenen Fraktion jetzt nicht mit der Hal-
tung auftreten: Seht, ihr Leute, ich habe euch ja schon
immer gesagt, dass das der falsche Weg war.

Als die Grünen ihre Position zum Beispiel in der Au-
ßenpolitik verändert haben, haben wir in der Partei, auf
Parteitagen und in der Öffentlichkeit eine sehr intensive
und sehr offene demokratische Auseinandersetzung da-
rüber geführt. In einem demokratischen Verfahren haben
wir dann gesagt: Wir nehmen eine Richtungsänderung
vor; wir korrigieren uns.

Ich frage Sie – da denke ich ähnlich wie der Bundes-
präsident –: Glauben Sie nicht, dass es für die großen
Aufgaben, die jetzt vor unserem Land liegen, was diese
Energiewende angeht, besser gewesen wäre, wenn Ihre
Partei in einem ähnlich demokratischen, öffentlichen,
vielleicht auch von harten Auseinandersetzungen beglei-
teten Verfahren zu dieser Kurskorrektur gekommen
wäre?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rüdiger Kruse (CDU):
Rede ID: ID1711702300

Zunächst einmal darf ich sagen, dass ich, auch wenn

wir als Hamburger sehr vertraut sind, die Koordinierung
und Unterstützung des Präsidenten selbstverständlich
sehr begrüße.

Ich hatte den Eindruck, Frau Sager, dass die Debatte
in der Union doch sehr öffentlich gewesen ist und die
verschiedenen Standpunkte deutlich geworden sind.
Diese Debatte begann vor etwa einem Jahr, als es um
dieses Thema ging. Das war übrigens nicht mein
Wunsch, sondern ein Wählerauftrag; denn all diejenigen,
die die christlich-liberale Koalition gewählt haben,
wussten, dass es diese im Zusammenhang mit der Finan-
zierbarkeit des Klimaschutzes für wichtig erachtete, die
Laufzeit zu verlängern. Es gab einen Grundkonsens in
der Bevölkerung, wonach das okay war.

Damals gab es auch den Grundkonsens: Wir wollen
keine großen Strompreiserhöhungen. Das hat sich jetzt
nach Fukushima geändert. Die Bereitschaft der Men-
schen, mehr zu zahlen, ist in allen Teilen der Bevölke-
rung gewachsen. Auch dort folgen die CDU/CSU und
die FDP dem Souverän, was in einer Republik richtig ist.

Wir haben eine Debatte geführt. Wir haben sicherlich
trotz vieler bürgerlicher Aspekte, die uns verbinden, eine
unterschiedliche Kultur. Aber Sie können nicht sagen,

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(C (D ass diese Debatte nicht öffentlich gewesen wäre. Sie ist ogar sehr öffentlich gewesen; denn wir haben auch in en Medien sehr intensiv diskutiert. Norbert Röttgen hat r seine Position intensiv geworben. Ich bin in meinem ahlkreis durch Kreisverbände und Ortsverbände gelaun und habe über Energiepolitik diskutiert, und zwar chon seit letztem Juni. Insofern sind wir hier sehr breit ufgestellt. Anders ist nicht zu verstehen, dass wir im erbst letzten Jahres die Laufzeitverlängerung – der ext dazu bestand aus sechs Seiten – beschlossen haben. ie restlichen 60 Seiten waren sehr gut. Wir haben die nergiewende auf einer breiten Basis beschlossen. – Ich anke für Ihre Frage. Jetzt wird mir der Präsident gleich sagen, dass meine edezeit zu Ende ist. Ich glaube, dass wir, anders als eine Redezeit, erst am Anfang einer sehr guten Enticklung stehen. Ich freue mich sehr, dass es am Ende inen breiten Konsens für diese herausragende Aufgabe ibt. Das, worin wir unsere Vielfalt einbringen können, t die Umsetzung des Ganzen. Dafür haben wir beährte Instrumente, sodass die Umsetzung sicher gelinen wird. Ein Wert ist auch, dass Union und FDP bei iesem Thema, das sehr wirtschaftsnah ist, die Kompenz dafür haben, iesen Beschluss konsensuell umzusetzen. Das ist unser orteil gegenüber Ihnen, Herr Gabriel. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711702400

Ich erteile das Wort nun dem Minister für Finanzen

nd Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg, Herrn
ils Schmid.


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711702500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Wenn Gerhard Schröder das Lukas-Evangelium zi-
ert, dann muss etwas Wichtiges geschehen sein. Er hat
ämlich angesichts des Kurswechsels der Regierungs-
ehrheit in diesem Haus gesagt, dass im Himmel mehr
reude über einen einzigen reuigen Sünder ist als über
9 Gerechte. Diesem Zitat kann ich mich nur anschlie-
en. Ich freue mich über viele Hundert reuige Sünder in
iesem Haus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Doch kommt man angesichts der aktuellen Diskus-
ion schon ein bisschen ins Grübeln. Wenn Parteien
5 Jahre brauchen, nämlich von dem Unglück in Tscher-
obyl bis zur Katastrophe in Fukushima, um zu erken-
en, dass die Atomkraft eine nicht beherrschbare Tech-
ologie ist, dann frage ich mich: Wie lange brauchen
ann dieselben Parteien, um einzusehen, dass Steuersen-
ungen auf Pump ein Riesenfehler sind?





Minister Dr. Nils Schmid (Baden-Württemberg)



(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD)


In beiden Fällen gibt es keine sachlichen Gründe für
diesen plötzlichen U-Turn. Man kann leicht nachvollzie-
hen, dass hier taktische Erwägungen eine Rolle gespielt
haben. So wie jetzt die Pläne für Steuersenkungen der
Rettungsring für den neuen FDP-Vorsitzenden sein sol-
len, so war der U-Turn bei der Kernenergiepolitik vor al-
lem dem Ziel geschuldet, kurz vor der Landtagswahl in
Baden-Württemberg mit ganzer Kraft auf die Bremse zu
treten, um eine marode Landesregierung vor der Abwahl
zu retten.

Wie Sie sehen, ist dieser Versuch mächtig in die Hose
gegangen. Deshalb redet jetzt der Vertreter einer neuen
Landesregierung in Baden-Württemberg in diesem Ho-
hen Hause.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das zeigt: Verlässlichkeit, Planbarkeit und Prinzipien-
treue in der Politik werden von vielen Menschen in die-
sem Land eingefordert.


(Ulrich Kelber [SPD]: Herr Kauder, hören Sie mal auf Ihren Landsmann!)


Sie müssen sich darauf verlassen können, dass nicht
Klientelinteressen, sondern Vernunft und Sachverstand
Entscheidungen leiten.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Jetzt erzählen Sie mal, wie das bei Stuttgart 21 ist! Wie ist denn da die gerade Linie der SPD?)


Nur dann kann das Vertrauen, das zerstört worden ist,
wieder zurückgewonnen werden.

Gerade die Unternehmen in Baden-Württemberg
brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Die Stadt-
werke, die Mittelständler, die großen Industriekonzerne
und auch das Autoland Baden-Württemberg sind mehr,
als es in anderen Bundesländern der Fall ist, darauf an-
gewiesen, dass gerade in der Energie- und Wirtschafts-
politik Verlässlichkeit, Planbarkeit und Investitions-
sicherheit gewährleistet sind.


(Beifall bei der SPD)


Deshalb begrüßt die baden-württembergische Landes-
regierung, dass die neue Bundesregierung, wenn auch
handwerklich schlechter, zu dem alten Atomkonsens zu-
rückkehren will, den Gerhard Schröder, Jürgen Trittin,
Frank-Walter Steinmeier, Werner Müller und viele an-
dere ausgehandelt haben und der vor wenigen Monaten
ohne Not aufgekündigt worden ist. Aber auch da gilt der
Spruch vom reuigen Sünder. Wenn die Lernkurve der
CDU/CSU auch bei anderen Themen so steil ist, dann
kann man hoffen, dass bei den Steuersenkungen nicht
derselbe Fehler wiederholt wird.


(Beifall bei der SPD)


Eines ist aber auch klar: Die Geschwindigkeit der
Energiewende in Deutschland entscheidet sich in Baden-
Württemberg, nicht nur weil die neue Landesregierung
vier AKW und eine riesige Schuldenlast von der alten
Landesregierung geerbt hat – es ist eine schwere Hypo-

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(C (D ek, dass wir die Übernahme des Anteils an EnBW rein urch Schulden finanziert haben –, sondern auch, weil es in Paradebeispiel dafür ist, was die schwarz-gelbe nergiepolitik in der Vergangenheit an Versäumnissen ngerichtet hat. Ich denke nur an den wichtigen Bereich er Windenergie. Wo ist denn das böse Wort von der „Verspargelung er Landschaft“ entstanden? Das war in Badenürttemberg. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: „Windmonster“ haben die immer gesagt!)


ie Herren Teufel, Kauder und Mappus haben dieses
ort bis zum Gehtnichtmehr gebraucht und den Ausbau

er Windenergie in Baden-Württemberg verhindert. Jetzt
ollen sie plötzlich die Frontmänner der erneuerbaren
nergien sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bevor wir von Verspargelung reden, würde ich lieber
arüber reden, dass jedes Windrad, das an einem geeig-
eten Ort aufgestellt ist, ein Ausweis baden-württember-
ischer Ingenieurskunst ist, auf den wir stolz sein soll-
n. Das ist technischer Fortschritt, der nicht verhindert
erden darf.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet die CDU/CSU-
undestagsfraktion bei der Förderung der Onshorewind-
nergie Verschlechterungen plant.


(Michael Kauch [FDP]: Das ist schlichtweg gelogen!)


ezeichnend ist auch, dass die baden-württembergische
iege der CDU/CSU-Bundestagsfraktion um Herrn
auder und Herrn Pfeiffer nichts Besseres zu tun wis-

en, als den Bereich, der für Baden-Württemberg in den
ächsten Jahren besonders wichtig ist, weiter zu ver-
achlässigen und zu verschlechtern. Sie tun damit dem
dustriestandort Baden-Württemberg einen schweren

ort an. Sie haben sich zu Recht in die hintere Reihe ver-
ogen, Herr Kauder.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711702600

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Schlecht?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711702700

Ja.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711702800

Bitte schön, Herr Kollege Schlecht.


(Zuruf von der SPD: Jetzt gibt es wieder SPDSchelte!)







(A) )


)(B)


Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711702900

Herr Minister, in Baden-Württemberg gibt es insoweit

eine günstige Voraussetzung für die Energiewende, als
das Energieversorgungsunternehmen in Baden-Württem-
berg in öffentlichem Eigentum ist und damit öffentlicher
Kontrolle untersteht. Was mich allerdings verwundert,
ist erstens, dass Sie zur Geschäftspolitik der EnBW
– Ziel sollte es sein, den Energieumbau voranzubringen –
bekundet haben, auf diese keinen Einfluss nehmen zu
wollen, sondern die EnBW weiterhin als ganz normales
marktwirtschaftliches kapitalistisches Unternehmen ar-
beiten lassen wollen.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Zweitens wundert mich folgender Punkt: Selbst als
der Geschäftsführer der EnBW erklärt hat, er sei zwar
ein Atommann, aber wenn sich die poltischen Verhält-
nisse gewandelt hätten, sei er durchaus bereit, sich den
alternativen Energien zuzuwenden, aber das würde
8 Milliarden Euro kosten, hat sich die neue Landesregie-
rung nicht einmal ansatzweise damit befasst, in ihr eige-
nes Unternehmen zu investieren, um den Umbau der
Energieversorgung voranzubringen. Das habe ich ver-
misst.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711703000

Herr Kollege, Sie müssen sich jetzt aber zeitlich ein

bisschen disziplinieren.


Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711703100

Noch einen Satz. – Warum haben Sie das nicht ganz

anders gehandhabt? Ist das nicht wirklich schon ein ers-
tes großes Versagen Ihrer Politik im Hinblick auf den
Energieumbau?


(Lachen bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711703200

Darauf soll ich antworten? Herr Kollege, ein großes

Versagen Ihrerseits ist, zu verkennen, dass EnBW eine
AG ist. Deshalb gibt es keine Geschäftsführer, sondern
Vorstandsvorsitzende. Es gilt das Aktienrecht für das
Verhältnis zwischen Eigentümer und Vorstand. Deshalb
ist es selbstverständlich, dass die Landesregierung im
Rahmen des Aktienrechts Einfluss auf die Strategie, aber
nicht auf Einzelheiten der Geschäftspolitik nehmen
wird. Alles andere wäre rechtswidrig. Sie wollen mich
doch wohl nicht zu rechtswidrigem Verhalten auffor-
dern?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711703300

Herr Minister, da Sie jetzt so schön damit angefangen

haben: Würden Sie noch eine Bemerkung der Kollegin
Flachsbarth einbeziehen wollen?


(Sigmar Gabriel [SPD]: Unbedingt! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das muss man haben wollen!)


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(C (D Ja. Bitte schön, Frau Dr. Flachsbarth. Herr Minister, ich habe lediglich eine Nachfrage in er Sache. Sie haben eben gesagt, dass die Unionsfrakon an der Verschlechterung der Bedingungen für den usbau der Windenergie onshore maßgeblich beteiligt ewesen sei. Könnten Sie mir bitte freundicherweise im etail nachweisen, wo das der Fall ist, (Sigmar Gabriel [SPD]: In ganz BadenWürttemberg!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711703400
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711703500
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1711703600

sbesondere in Bezug auf den SDL-Bonus oder das Re-
owering? Ich möchte das Gegenteil behaupten: Die
nionsfraktion hat gemeinsam mit dem Koalitionspart-
er für eine maßgebliche Verbesserung der Bedingungen

Vergleich zum Status quo gesorgt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711703700

Es geht zuerst um die Ausgestaltung der Degression

ei der Förderung der Windenergie. Ich bin der Auffas-
ung, dass der jetzige Vorschlag nicht ausreichend ist.
ie wissen ganz genau, dass in Baden-Württemberg ein
esiger Nachholbedarf besteht.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum wohl?)


tellen Sie sich einmal vor: Weniger als 1 Prozent unse-
s Stroms wird aus Windenergie erzeugt. Vergleichbare
änder wie Rheinland-Pfalz mit ähnlicher Topografie
nd ähnlicher Windhöffigkeit haben bereits einen Anteil
on 10 Prozent erreicht. Jetzt haben die Südländer – üb-
gens auch Herr Seehofer für Bayern – erklärt, dass sie
ich langsam an diesen Schnitt heranrobben wollen. Da-
r brauchen wir Unterstützung; denn eine dezentrale
nergieversorgung funktioniert nur, wenn wir die Ge-
innung von Energie aus Wind, Wasser, Biomasse und
onne in den jeweiligen Regionen des Landes fördern.
eshalb sage ich: Aus baden-württembergischer Sicht
t die jetzige Ausgestaltung der Förderung von Wind-
nergie im EEG nicht ausreichend. Darüber werden wir
och diskutieren müssen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Vor allem brauchen wir eine mentale Veränderung.
h höre ständig, wie die Chancen der erneuerbaren
nergien beschworen werden. Ich bin in den letzten Jah-
n und Monaten durch das Industrie- und Mittelstands-
nd Baden-Württemberg gereist und habe viele Unter-
ehmen besichtigt. Darunter war kein einziges, das mit
roßer Begeisterung neue AKW bauen wollte. Es gibt
ber ganz viele Unternehmen, die hochleistungsfähige
indkraftanlagen oder Photovoltaikanlagen fertigen und

iese in die ganze Welt exportieren. Das ist die Zu-
unftschance des Industriestandorts Baden-Württem-





Minister Dr. Nils Schmid (Baden-Württemberg)



(A) )


)(B)

berg. Sie haben über Jahre hinweg zum Beispiel den
Ausbau der Windenergie als „Verspargelung der Land-
schaft“ verteufelt. Da sehen Sie einmal, wie rückständig
Sie waren!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Gerade weil wir das wichtigste Industrieland in
Deutschland sind, entscheidet sich die Energiewende in
Baden-Württemberg, auch wenn es um den Ausbau der
erneuerbaren Energien geht. Gerade in einem Industrie-
land wie Baden-Württemberg haben wir aufgrund
unserer gesunden Struktur aus Mittelständlern und Groß-
industrie sowie unserer Maschinen-, Anlagenbau- und
Elektroindustrie, die für die notwendigen technologi-
schen Inputs für Anlagen zur Erzeugung erneuerbaren
Stroms sorgt, für den Ausbau der Speichertechnologie
und für die Verknüpfung von E-Mobilität und dezentra-
ler Energieerzeugung, die Chance, Modellregion dafür
zu sein, wie die Energiewende funktionieren kann. Ich
sage Ihnen eines: Wir warten nur darauf, dass die Bun-
desregierung und die Mehrheit in diesem Haus uns end-
lich die Instrumente dafür in die Hand gibt. Alleine
schaffen wir das in Baden-Württemberg eben nicht.

Dazu gehört, dass Sie eine ordentliche Förderung der
erneuerbaren Energien hinbekommen; ich bin auf das
Beispiel Onshorewindenergie eingegangen. Dazu ge-
hört, dass Sie Kapazitätsmärkte für Neubauten von
Kraftwerken schaffen. Wir sind uns einig, dass insbeson-
dere hocheffiziente Gaskraftwerke dabei eine große
Rolle spielen. Dazu gehört auch, damit der Industrie-
standort gesichert wird, dass wir Rücksicht auf die ener-
gieintensiven Branchen nehmen.

Das ist das Paket, das Baden-Württemberg braucht;
das ist das Paket, das Deutschland braucht. Dieses Paket
lag vor zehn Jahren auf dem Tisch. Es lag mit beiden Fa-
cetten auf dem Tisch. Ich glaube, Herr Rösler war da-
mals noch nicht dabei. Es gab den Ausstiegsfahrplan;
daran mögen sich manche vielleicht noch erinnern. Man
erinnert sich vielleicht auch noch daran, dass es ein EEG
gab, das damals eingeführt worden ist, vor allen Dingen
dank des Engagements von Hermann Scheer aus Baden-
Württemberg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Damals, als es um das EEG und die Frage ging, ob die
große Wasserkraft dabei berücksichtigt werden soll – Stich-
wort Rheinfelden –, war die CDU/CSU-Bundestagsfrak-
tion dagegen. Anschließend rühmen Sie sich, wie toll Sie
die erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg aus-
bauen wollen. Ich glaube, die Realität spricht eine an-
dere Sprache.

Deshalb ist es jetzt an der Zeit, dass wir endlich für
die Industrie, für die Wirtschaft, aber auch für die Bürge-
rinnen und Bürger in Baden-Württemberg und in
Deutschland diese Sicherheit schaffen. Wirtschaftliche
Vernunft, soziale Balance und Nachhaltigkeit gehören
zusammen. Baden-Württemberg als starkes Industrie-
land wird seiner Verantwortung gerecht werden. Werden
auch Sie Ihrer Verantwortung gerecht.

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(C (D Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711703800

Für die FDP-Fraktion erhält nun der Kollege Michael

auch das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1711703900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn das,

as Herr Schmid hier gerade vorgetragen hat, von der
ompetenz der neuen Wirtschaftspolitik in Baden-
ürttemberg zeugen soll, dann ist mir um das indus-

ielle Kernland Deutschlands angst und bange.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Ulrich Kelber [SPD]: Nachtreten als Verlierer!)


Nicht Steuersenkungen werden auf Pump finanziert,
ondern die Ausgaben des Staates, die des Bundes und
uch diejenigen des Landes Baden-Württemberg. Nicht
ie Beglückung von Philipp Rösler ist der Grund für
teuersenkungen, sondern es sind die Interessen der hart
rbeitenden Normalverdiener, denen die Lohnerhöhun-
en vom Staat weggenommen werden. Das ist der Grund
r die Steuersenkungen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir kehren auch nicht zu dem rot-grünen Atomdeal
it den Konzernen zurück. Sie haben den Deal über
eststrommengen gemacht. Dadurch konnten die Kon-
erne das Ausstiegsdatum immer weiter nach hinten
chieben. Wir legen ein neues Konzept vor. In diesem
onzept gibt es klare Enddaten. Die Bürgerinnen und
ürger sowie die Unternehmen können sich darauf ver-
ssen: Es gibt einen klaren Fahrplan. Das gab es bei
ot-Grün nicht.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Ihr Fahrplan wechselt alle halbe Jahre!)


eshalb tun Sie nicht so, als ob Sie immer schon alles
ewusst hätten, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711704000

Herr Kollege Kauch, gestatten Sie eine Zwischenbe-

erkung? – Nein.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1711704100

Frau Künast hat die Frage der demokratischen De-

atte angesprochen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Die
DP hat es sich nicht leicht gemacht, hierbei einen
euen Kurs einzuschlagen. Wir haben einen Parteitag
inberufen. Auf diesem Parteitag wurde kontrovers dis-
utiert. Am Schluss sind wir gemeinsam zu einem Er-





Michael Kauch


(A) )


)(B)

gebnis gekommen. Das ist die demokratische Legitima-
tion dafür, was wir heute hier im Deutschen Bundestag
beschließen werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen uns vor allem damit beschäftigen, was die
Zukunft dieses Landes ist, während die Opposition hier
die Geschichte bis in die 50er-Jahre hinein bemüht hat.
Deswegen haben wir hier ein neues Erneuerbare-Ener-
gien-Gesetz vorgelegt. Dieses neue Erneuerbare-Ener-
gien-Gesetz hat zum einen das Ziel, den Ausbau der er-
neuerbaren Energien zu beschleunigen, und zum anderen,
mehr Marktwirtschaft in dieses System zu bringen. Wir
werden mit diesem Gesetz die Produzenten von Öko-
strom dazu bringen, sich stärker an den Bedürfnissen ih-
rer Kunden zu orientieren; denn unser Ziel ist nicht die
Beglückung von Unternehmen. Vielmehr wollen wir,
dass Verbraucherinnen und Verbraucher für das Geld, das
sie für ihren Strom zahlen, so viel Ökostrom wie möglich
bekommen, und zwar dann, wenn sie ihn brauchen, und
nicht nur dann, wenn die Erzeuger ihn ins Netz speisen
wollen.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb haben wir die Instrumente zur Direktver-
marktung von Ökostrom verbessert. Wir haben die
Markt- und Netzintegration gestärkt. Dazu haben ins-
besondere die Koalitionsfraktionen das Instrument des
sogenannten Grünstromprivilegs, also der Direktver-
marktung über Ökostromhändler, gegenüber dem Regie-
rungsentwurf verbessert. Wir haben es geschafft, dass
auch wieder kleinere Händler eine Chance haben, dieses
Instrument wirtschaftlich zu nutzen, und wir haben die
Marktprämie für stetige erneuerbare Energien erhöht.
Wir haben jetzt auch bei Bestandsanlagen für Biomasse
dafür gesorgt, dass sie eine Prämie bekommen, wenn sie
sich flexibel an den Bedürfnissen des Marktes ausrich-
ten.

Dies zeigt ganz klar: Wir wollen dahin, dass die er-
neuerbaren Energien die Hauptfunktion im Energiesys-
tem übernehmen können. Die rot-grüne Politik bestand
immer nur darin, ein paar Anlagen zu bauen; aber wie
diese Anlagen in die Energieversorgung integriert wer-
den, war nie ihr Thema. Aber das ist unser Thema.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Herr Schmid das Gesetz offensichtlich nicht
richtig gelesen hat, über das er hier spricht, dann tut es mir
leid. Aber ich glaube, es ist weniger ein Informa-
tionsdefizit als vielmehr der Versuch der baden-württem-
bergischen Landesregierung, irgendwie darum herumzu-
kommen, den Plänen der Bundesregierung zuzustimmen.
Sie suchen das Haar in der Suppe, und mag es auch noch
so klein sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wenn Sie das Gesetz, das wir heute als Koalition ein-
bringen, und die Änderungsanträge der Koalitionsfrak-
tionen mit dem vergleichen, was Ihr Ministerpräsident
am Donnerstag im Kanzleramt vereinbart hat, dann stel-

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(C (D n Sie fest: Das Ergebnis, das die Koalitionsfraktionen rreicht haben, ist eine höhere Vergütung für die nächsn drei Jahre für die Onshorewindkraft als die, die Herr retschmann im Kanzleramt zugestanden hat. Wir erhöhen zwar im Vergleich zu diesem Ergebnis ie Degression um 0,5 Prozent, was einen Betrag von ,045 Cent pro Jahr bedeutet; ich sage dies, um Ihnen ie Größenordnung darzustellen. Dafür erhöhen wir den ystemdienstleistungsbonus im Verhältnis zu der Vereinarung mit Herrn Kretschmann in der letzten Woche um ,21 Cent, also um das Fünffache der Summe, die wir ei der Degression darauflegen. Das machen wir desalb, weil wir nicht wollen, dass man mit dem Bau von indkraftanlagen wartet. Wir wollen, dass sie jetzt ge aut werden; in den nächsten drei Jahren brauchen wir en Aufwuchs. Deshalb verbessern wir die Bedingungen r die nächsten drei Jahre. Das ist für die Windkraft an and sachgerecht, gerade in Bayern und Badenürttemberg. Es ist unerträglich, zu sehen, wie Sie, eine Damen und Herren, und insbesondere Sie, Herr chmid, Ihr parteipolitisches Süppchen kochen und den ürgern hier Halbwahrheiten erzählen. Wir haben in der Tat auch den industriellen Mitteltand bei der Umlage für die erneuerbaren Energien entstet. Der muss allerdings jetzt mit dieser knappen Erwäh ung zufrieden sein. Das tun wir nicht deswegen, weil wir den Unterneh en etwas Gutes tun wollen, sondern wir tun das wegen er Arbeitsplätze in diesem Lande. Gleichzeitig haben ir aber den weiter gehenden Wünschen der Industrie icht entsprochen; denn eine Entlastung der Unternehen bedeutet für andere eine Erhöhung der Umlage. Das at diese Koalition berücksichtigt. Wir haben den Mitteltand entlastet, aber die Großindustriewünsche eben icht erfüllt. Das ist sachgerecht. Ich erteile das Wort für zwei Kurzinterventionen, zu ächst dem Kollegen Fell und dann der Kollegin enzner. Bitte schön. Herr Kollege Kauch, Ihre Aussage, es sei unerträg ch, zu sehen, wie parteipolitische Süppchen gekocht ürden, fällt voll auf Sie zurück. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711704200
Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1711704300

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711704400
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711704500

Wenn Sie sich an das Rednerpult des Deutschen Bun-
estages stellen und sinngemäß behaupten, unter Rot-
rün seien die erneuerbaren Energien nicht eingeführt





Hans-Josef Fell


(A) )


)(B)

bzw. nicht genügend unterstützt worden, dann frage ich
Sie, warum in der Welt außerhalb Deutschlands staunend
zur Kenntnis genommen wird, dass Deutschland die
Technologieführerschaft in den erneuerbaren Energien
besitzt und seit zehn Jahren eine Industrie aufgebaut hat,
die inzwischen 370 000 Arbeitsplätze hat? Unter Ihrer,
der damaligen schwarz-gelben Regierung Kohl waren es
nur 30 000 Arbeitsplätze. Dies ist eine Erfolgsge-
schichte, die Sie nicht wegreden können. Sie kochen Ihr
parteipolitisches Süppchen und wollen nicht wahrhaben,
was wirklich ist.

Es ist auch nicht so, dass Ihre Partei längst Ihren – viel-
leicht persönlichen – Aussagen gefolgt ist. Wie wollen
Sie in der Öffentlichkeit klarmachen, dass der Fraktions-
vorsitzende der Freien Demokraten im nordrhein-west-
fälischen Landtag, Herr Papke, bezüglich Windenergie-
anlagen nur von Industriemonstern spricht und bei jeder
Bürgerinitiative gegen Windenergie auftritt. Wie wollen
Sie begründen, dass die Nachholbedarfe in den süd-
lichen Bundesländern erst mit Ihrer Regierungsbeteili-
gung notwendig werden? Sie tragen doch die Verantwor-
tung für die Blockade der Windenergie in der
Vergangenheit? Wie wollen Sie eigentlich jetzt die
Marktintegration, von der Sie so viel gesprochen haben,
begründen, wenn selbst der BDEW, der Bundesverband
der Energie- und Wasserwirtschaft, die Verschlechterun-
gen im Zusammenhang mit dem sogenannten Grün-
stromprivileg, die Sie jetzt im Erneuerbare-Energien-Ge-
setz vornehmen, mit den Worten „Damit ist es tot“
kommentiert? Damit machen Sie dem entscheidenden
Instrument der Marktintegration den Garaus, und Sie
bringen eben nicht die von Ihnen als Zielvorstellung be-
zeichnete Marktintegration voran.

Es ist schlicht nicht wahr, was Sie sagen. Ich bitte Sie,
das hier in der Öffentlichkeit zuzugeben. Wir haben von
Ihnen keinen Einstieg in erneuerbare Energien zu erwar-
ten. Wir erwarten allerhöchstens einen beschleunigten
Ausbau. Genau den nehmen Sie aber nicht in Angriff.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711704600

Frau Kollegin Menzner.


Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711704700

Danke, Herr Präsident. – Kollege Kauch, in der Be-

gründung der 13. Novelle des Atomgesetzes finden wir
relativ wenig. Wir haben in den letzten Wochen mit-
einander vernommen, dass die vier Stromkonzerne über-
legen und teilweise schon konkret angekündigt haben,
auf Entschädigungen zu klagen, und Sie legen an dieser
Stelle nicht nach. Die Begründung im Gesetzentwurf,
wieso Laufzeiten begrenzt werden, ist sehr dürftig, ob-
wohl diese Begrenzung natürlich einen Eingriff in das
Eigentums- und Verfügungsrecht dieser Konzerne dar-
stellt. Ich möchte Sie an eine Entscheidung zum Bundes-
berggesetz von 1991 erinnern. Da hat das Bundesverfas-
sungsgericht entschieden – das möchte ich zitieren –:

Die Gründe des öffentlichen Interesses, die für ei-
nen solchen Eingriff sprechen, müssen so schwer-

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(C (D wiegend sein, daß sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand seines Rechts, das durch die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gesichert wird. Ich frage Sie, wieso die Koalition gerade vor dem intergrund der Ankündigungen dieser Konzerne nicht arauf hingewirkt hat, dass die 13. Novelle des ATG verssungsund entschädigungssicher wird. Zur Erwiderung Herr Kollege Kauch. Frau Menzner, ich danke Ihnen für die ausgesprochen achliche Intervention zu dem Thema, das Sie auch chon im Umweltausschuss angesprochen haben. Ich sage ausdrücklich: Wir teilen das Ziel, dass die erkürzung der Laufzeiten der Kernkraftwerke keine illiardenschweren Entschädigungszahlungen an die onzerne nach sich zieht. Vielleicht könnten Sie Ihrem Fraktionsvorsitzenden ine gewisse Nachhilfe geben. Er hat uns gerade vorgeorfen, dass wir in der Begründung auf die Amortisaonsfristen von Kernkraftwerken eingehen. Das ist geau die Begründung, die es an dieser Stelle braucht, Frau enzner. Es ist nämlich so, dass wir nicht in die Eigenmsrechte der Unternehmen eingreifen, sondern durch ie festen Abschaltdaten in Kombination mit den Überagungsmöglichkeiten innerhalb des Zeitraums bis zur bschaltung aus unserer Sicht eine verfassungsfeste Lö ung gefunden haben. Wir teilen das Ziel. Wir teilen icht Ihre Skepsis. Auf jeden Fall teilen wir nicht die pomische Kritik Ihres Fraktionsvorsitzenden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1711704800
Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1711704900

Dann zu den Äußerungen von Herrn Fell. Herr Fell,
h habe Ihnen nicht vorgeworfen, dass das EEG in der
on Rot-Grün beschlossenen Fassung den Anlagenbau
icht angereizt hat. Insofern war es effektiv. Man kann
arüber streiten, ob es effizient war; aber es war effektiv.
ir sind nur jetzt in der Situation, dass der Anteil der er-

euerbaren Energien im Netz schon deutlich über
6 Prozent liegt. Wir wollen spätestens 2020 auf einen
nteil von 35 Prozent kommen. Wir wollen bis 2050 ei-
en Anteil der erneuerbaren Energien von 80 Prozent.

Wenn es so ist, dass die erneuerbaren Energien den
auptanteil der Energieversorgung übernehmen müssen,
ann muss man sich heute andere Fragen stellen, als Sie
ich damals stellen mussten, als sozusagen das Rad ans
aufen gebracht wurde.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben! – Rolf Hempelmann [SPD]: Sie haben die falschen Antworten!)


etzt geht es um folgende Fragen: Wie bekommen wir
ie erneuerbaren Energien in den Markt? Wie bekom-
en wir sie ins Netz? Wie beenden wir die Dauersub-





Michael Kauch


(A) )


)(B)

ventionierung und damit eine schleichende Verstaatli-
chung des Energiemarkts über staatlich festgesetzte
Preise? All das sind Aufgaben, denen wir uns jetzt stel-
len müssen. Darauf geben wir mit den von uns vorge-
schlagenen Änderungen zum EEG die Antworten.

Ich weise im Übrigen auf Folgendes hin: Die erneuer-
baren Energien hängen nicht nur von der Vergütung ab.
Sie hängen auch davon ab, ob beispielsweise die Länder
und Kommunen ausreichend Flächen bereitstellen und
ob der Netzausbau beschleunigt wird. Deshalb machen
wir als Koalition die Erdverkabelung jetzt zum Regel-
fall. Bis zu einer Kostenhöhe von fast dem Dreifachen
einer Freileitung ist die Leitung als Erdkabel auszufüh-
ren.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was erzählt der?)


Damit werden Bürgerproteste deutlich abgebaut.

Wir sorgen als Koalition gleichzeitig dafür, dass die
Erdverkabelung nicht vorgenommen wird, wenn natur-
schutzfachliche Gründe dagegenstehen. Das war von
den Ländern nicht gefordert worden. Das haben die Ko-
alitionsfraktionen eingeführt, weil naturschutzfachlich
die Erdkabel eben nicht immer besser sind als Freileitun-
gen. Das gehört zur Wahrheit dazu.

Auch die Leistungsbegrenzung beim Repowering, die
unter dem früheren Umweltminister Gabriel ins Gesetz
geschrieben worden ist, hebt diese Koalition auf; Stich-
wort „Verringerung von Höhenbegrenzungen“. Sie soll-
ten uns nicht an Worten Einzelner messen, sondern an
den Taten der Mehrheit unserer Fraktion und unserer
Partei. Die steht ganz klar zu dem Kurs, den wir hier
heute beschließen werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711705000

Das Wort hat nun Eva Bulling-Schröter für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711705100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kauch, Ihre Antwort zeigt: Sie sind die Getriebe-
nen. Genau deshalb muss dieser Atomausstieg anders als
der im Jahr 2000 unumkehrbar werden. Wir brauchen ei-
nen unumkehrbaren Ausstieg – und das nicht erst in drei
Legislaturperioden, sondern wesentlich eher.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Atomausstieg, das ist das eine; zukunftsfähige
Energieversorgung zu organisieren, das ist das andere.
Für die Linke ist ganz klar: Die Energiewende muss ei-
nen Anteil der regenerativen Energien von 100 Prozent
zum Ziel haben, und sie muss sozial gestaltet werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn ich mir die Gesetzentwürfe anschaue, komme
ich zu dem Schluss: Da droht schon eine gewisse Ener-

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(C (D iearmut für einkommensschwache Haushalte. Darum inige Worte zur Novelle des Gesetzes über den Energiend Klimafonds. Der Fonds soll Verlässlichkeit bei der nergiewende garantieren. Da geht es um soziale Abicherung, um regenerative Energien, um den Ausbau. Ich frage mich: Ist das so? Ab 2013 gibt es nur noch ine Säule, nämlich die Versteigerungserlöse aus dem missionshandel. Das heißt, wenn die Preise für CO2ertifikate sinken, ist weniger Geld in dem Fonds. Das t eine Gefahr, auf die ich hinweisen möchte. Alternativ hätte man die Kernbrennstoffsteuer erhöen können. Ich denke aber, die Koalition wollte es sich icht weiter mit den AKW-Betreibern verscherzen. chade! Wir brauchen mehr Geld in diesem Fonds. Denn ir alle wissen: Die Energiewende kostet viel Geld. Was enthält dieser Fonds? Forschung für Elektromoilität. Die Sachverständigen haben gesagt, sie gehöre icht hinein. Elektromobilität wird die Probleme des Inividualverkehrs nicht lösen – das wissen wir alle –, und enn sie mit Atomkraftstrom betrieben wird, dann soieso nicht. Eine der größten Sünden sind die Zuschüsse für enerieintensive Unternehmen in Höhe von 500 Millionen uro. Das ist der vierte Mechanismus zur Subventionieng der energieintensiven Unternehmen. Die Zuschüsse ind gedacht als Ausgleich für emissionshandelsbedingte trompreiserhöhungen. Um eines klarzustellen, damit Sie uns das nicht wieer vorwerfen: Natürlich sind wir für eine angemessene nterstützung der Unternehmen, wenn ein relevanter eil der Produkte im internationalen Wettbewerb steht. chließlich gibt es jenseits der EU vielfach keine verleichbare Umweltgesetzgebung. Doch man muss becksichtigen, dass Firmen bereits seit Jahren entlastet erden: Erstens. Der Spitzenausgleich und andere Nachlässe ei der Stromsteuer bringen den Unternehmen 4,2 Milarden Euro jährlich. Zweitens die Ausgleichsregelungen im EEG. Und das t der Hammer: Während die Bürgerinnen und Bürger ber die EEG-Umlage die Energiewende finanzieren üssen, wird bei der Industrie Geld damit verdient; denn ie erneuerbaren Energien führen an der Börse zu stromreissenkenden Effekten in Höhe von 0,6 Cent pro Kiloattstunde. Das heißt, es gibt einen Einspeisevorrang für rneuerbare Energien, wodurch der jeweils teuerste trom aus fossilen Rohstoffen überflüssig wird. Die EG-Umlage für große energieintensive Unternehmen ber wird auf 0,05 Cent pro Kilowattstunde begrenzt. as heißt, das Ganze ist eine Gelddruckmaschine; das ird auch von der Bundesregierung zugegeben. Drittens die kostenlose Vergabe der CO2-Zertifikate n die Industrie im Rahmen des Emissionshandels ab 013. Hier hat sich die Lobby schamlos durchgesetzt. eutlich mehr Unternehmen als die Zahl derjenigen, die tsächlich mit energieintensiven Produkten im internaonalen Wettbewerb stehen, profitieren davon. Eva Bulling-Schröter )


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Viertens – ich habe es schon genannt – die zusätzliche
Kompensation von Strompreiserhöhungen für die Indus-
trie in Höhe von 500 Millionen Euro.

Und noch etwas: Die Bundesregierung hat letzten
Monat bei der EU-Kommission Zuschüsse von über
1 Milliarde Euro angemeldet; das haben wir zufällig er-
fahren. Wir fragen uns: Wer bezuschusst eigentlich die
Bürgerinnen und Bürger mit kleinem Einkommen?


(Beifall bei der LINKEN)


Sollen die alles allein tragen? Im Bereich der energeti-
schen Gebäudesanierung gibt es Steuererleichterungen
und Förderungen. Das ist ja gut – aber vor allem für die
Menschen, die ohnehin nicht arm sind und Steuern zah-
len.

Fazit: Das Gesetzespaket führt zu einer extremen so-
zialen Schieflage. Das halten wir für ungerecht. Wir
wollen, dass der sozialökologische Umbau von der brei-
ten Bevölkerung akzeptiert wird. Dabei geht es nicht nur
um Ökologie, sondern auch um soziale Aspekte. Das
muss gewährleistet sein. Sonst bekommen wir die Ak-
zeptanz nicht hin, die wir dringend brauchen für
100 Prozent regenerative Energien.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711705200

Das Wort hat nun Bärbel Höhn für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711705300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für

uns und für mich ist heute ein wichtiger Tag. Die unsin-
nigen Laufzeitverlängerungen vom letzten Herbst wer-
den heute zurückgenommen. Das ist gut; denn wir wol-
len den Ausstieg aus der Atomkraft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb habe ich mich gefreut, dass ein Redner der Ko-
alition, Herr Kruse, aus meiner Sicht eine gute Rede ge-
halten hat, weil sie nachdenklich war.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Josef Göppel [CDU/CSU])


Ich habe noch die großen Worte im Ohr, die vor ei-
nem halben Jahr gefallen sind: Es war von einem „Jahr-
hundertkonzept“ die Rede; die Kanzlerin sprach von ei-
ner „Revolution“, die bis zum Jahr 2050 trage; Herr
Westerwelle hat die „epochale Bedeutung“ hervorgeho-
ben. Sie haben sich mit diesen großen Worten überboten.
Wer angesichts dieser großen Worte heute hier noch ver-
sucht, die Opposition mit frischen und nassforschen Re-
den anzugreifen, wie es Herr Röttgen und Herr Rösler
hier getan haben, der muss noch viel lernen, wenn er in
die Energiewende einsteigen will.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was hat Herr Röttgen, der es offensichtlich nicht
mehr nötig hat, hier noch zu sitzen, im letzten Herbst ge-

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(C (D agt? Die Grünen seien „energiepolitische Blindgänger“. h kann nur sagen: Willkommen im Club, Herr öttgen! Wir wollen raus aus der Atomkraft, wir wollten s im letzten Herbst. Das ist nicht besserwisserisch. Wir ollten das schon im Herbst, weil wir wissen, dass die utzung der Atomkraft falsch ist, und wir nicht Fuku hima brauchen, um das zu lernen. Kollegin Höhn, gestatten Sie eine Zwischenfrage von iner Kollegin aus der Linksfraktion? Bitte. Frau Kollegin Höhn, ich möchte Sie fragen, ob ein Zi t, was sich heute in der Rheinischen Post findet und Ihen zugeschrieben wird, richtig ist. Hier das Zitat: Wenn wir 2013 mitregieren sollten, werden die Grünen an dem Zeitraum festhalten, dass bis 2022 der letzte Meiler abgeschaltet werden soll. Das heißt, wir werden den vorzeitigen Ausstieg 2017 auch nicht mehr als Zielsetzung im nächsten Wahlkampf haben. Wir sagen: Wir wollen raus aus der Atomkraft. An ers als Sie von den Linken haben wir ein Konzept, wie ir aus der Atomkraft herauskommen wollen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das haben wir auch!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711705400
Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711705500
Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711705600
Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711705700

ir sind nicht diejenigen, die immer nur Forderungen
rheben und nicht deutlich machen, wie es geht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ir wollen mit der Mehrheit der Menschen in diesem
and und der Mehrheit der Parteien raus aus der Atom-
raft. Es ist gut für die Sache, wenn man nicht nur laut
chreit, sondern auch ein Konzept hat, wie man es um-
etzen kann; das haben wir.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der LINKEN: Haben wir doch!)


Die Koalition hat uns vorgeworfen, wir würden par-
itaktisch agieren, das sei Klein-Klein. Herr Rösler, ich
abe mitbekommen, wie der Vizekanzler sozusagen zum
izekanzler der Kaltreserve wurde; denn man brauchte
ie Kaltreserve – die unsinnige Idee, ein Atomkraftwerk
der Kaltreserve zu halten –, um die FDP zu retten.
azu muss ich sagen: Das ist parteitaktisch motiviert,
as ist Klein-Klein. Da hätte ich von Ihnen etwas ande-
s erwartet, nämlich dass Sie dann vollständig ausstei-

en und nicht immer noch an der Kaltreserve festhalten.
as wäre die richtige Politik gewesen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)






Bärbel Höhn


(A) )


)(B)

Herr Rösler, ich habe gar kein Problem damit, dass
Sie als Wirtschaftsminister neu im Amt sind. Aber viel-
leicht muss man aufpassen, dass man da nicht große
Worte spuckt. Wenn Sie sagen, dass die Energiewende
erst jetzt angepackt werde, dann muss ich sagen: Zur
Energiewende gehört auch die Energieeffizienz. Sie wa-
ren letzte Woche in Brüssel. Da ging es um die Energie-
effizienz. Genauso schlecht wie Ihr Vorgänger Brüderle
versuchen Sie alles zu tun, um die Beschlüsse zur Ener-
gieeffizienz in Brüssel zu blockieren. Hören Sie auf,
diese Beschlüsse zu blockieren!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das schafft Arbeitsplätze. Es wäre Ihre Aufgabe als
Wirtschaftsminister, die 250 000 Arbeitsplätze zu schaf-
fen, die in diesem Bereich möglich sind.

Dasselbe gilt für die erneuerbaren Energien. Sie strei-
ten sich über die Windkraft auf dem Land. Herr Kauch
hat es richtig auf den Punkt gebracht – ansonsten war die
Rede furchtbar –: Sie streiten sich bei der Windkraft auf
dem Land um 0,05 Cent pro Kilowattstunde. Jeder weiß:
Wer wirklich raus aus der Atomkraft will, muss rein in
die erneuerbaren Energien und insbesondere die Wind-
kraft auf dem Land fördern; denn sie hat Potenzial und
ist kostengünstig. Da wollen Länder einsteigen: Nord-
rhein-Westfalen – das Land hat fünf Jahre Blockade der
FDP hinter sich –, Baden-Württemberg und Bayern. Wer
wegen 0,05 Cent pro Kilowattstunde fightet, der hat die
Bedeutung der Energiewende noch nicht verstanden.
Wir müssen das Potenzial der Windkraft auf dem Land
besser nutzen. Wir müssen endlich die Blockade bre-
chen, die die schwarz-gelbe Koalition in den Ländern
verursacht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Atomausstieg gehört auch die Frage der Endla-
gerung. Ich fand es interessant, dass Ministerpräsident
McAllister in seiner gestrigen Regierungserklärung eine
vollkommen neue Debatte angestoßen hat. Er sagte, in
Gorleben solle der Atommüll oberirdisch gelagert wer-
den und er wolle die Senkung der Radioaktivität, sprich
das Transmutationsverfahren. Das hat übrigens auch die
Bundesforschungsministerin vor. Jeder, der sich etwas
auskennt, weiß: Transmutation heißt, wieder eine
enorme Atomwirtschaft aufzubauen, die mit enormen
Risiken verbunden ist. Das heißt: Wiederaufarbeitungs-
anlage. Das heißt: Atomwirtschaft. Wer aus der Atom-
kraft raus will, muss wirklich raus aus der Atomkraft
und darf keine Riesenprojekte im Bereich der Atomwirt-
schaft aufbauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Kanzlerin hat die Energiewende hier vorgegeben.
Dazu wurde sie durch die Katastrophe in Fukushima ge-
zwungen. Wir werden darauf achten, dass da nicht nur
Energiewende draufsteht, sondern auch Energiewende
drin ist. Ich sehe ganz viele Abgeordnete der Koalition,
die diese Energiewende überhaupt noch nicht verinner-
licht haben und momentan bei jedem Punkt und Komma

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(C (D afür fighten, dass diese Energiewende nicht kommt. as ist ein schwerer Fehler. Wer aussteigt aus der Atomraft, muss einsteigen in die erneuerbaren Energien und ie Energieeffizienz erhöhen. Das werden wir tun, dauf werden wir achten, und dabei werden wir Sie trei en. Wir haben noch viel Arbeit zu erledigen. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711705800

Das Wort hat nun Georg Nüßlein für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1711705900

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich

telle fest: Dies ist weniger eine historische als eine His-
rikerdebatte. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass
ir uns stärker dem Ausblick als dem Rückblick wid-
en.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Ihr blickt nicht so gern zurück!)


etzt bin aber auch ich gezwungen, zu reagieren und zu-
ckzublicken.

Ich möchte erst einmal festhalten, dass die Kernener-
ie früher unseren Wohlstand aufgebaut und die Indus-
ialisierung gesichert hat, insbesondere von Süd-
eutschland. Das muss man an dieser Stelle einleitend
ositiv bemerken dürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber man hat das Risiko ignoriert!)


Zweitens. Nachdem hier heute Morgen schon allen
öglichen gedankt wurde – mit viel Pathos von Frau
ünast zum Beispiel –, möchte ich mich bei den vielen
itarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kernkraftwer-

en bedanken, die täglich unsere Sicherheit sicherstel-
n. Sie sind in beruflicher Hinsicht am stärksten von
em betroffen, was wir heute hier beschließen. Vielen
ank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den
ernkraftwerken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich rückblickend etwas zu unserem Be-
chluss vom letzten Herbst sagen: Der Opposition ist es
amals gelungen, durch eine Medienkampagne zu sug-
erieren, dass es bei diesem Energiekonzept nur um die
aufzeitverlängerung ging.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die Medien sind schuld!)


ie wissen sehr genau, dass das nicht der Fall war. Durch
ie Laufzeitverlängerungen wollten wir ein Mittel zum
weck schaffen. Wir wollten Zeit und Geld für den Um-
tieg generieren.





Dr. Georg Nüßlein


(A) )


)(B)


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, ja! – Ulrich Kelber [SPD]: Nur, das Geld haben Sie den Falschen zugesteckt!)


– Sie wissen doch, dass wir diese Zeit brauchen, weil wir
mit dem EEG damals zwar Kapazitäten geschaffen ha-
ben,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Alter Redebaustein!)


dass wir aber keine Versorgungssicherung hinbekommen
haben. Sie wissen, dass das die eigentliche Herausforde-
rung ist. Sie wissen, dass wir Zeit brauchen, weil wir im
Bereich von Forschung und Entwicklung noch viel tun
müssen. Sie haben zum Beispiel die Photovoltaik zu früh
auf den Markt gebracht. Deshalb müssen wir jetzt über
die finanziellen Konsequenzen dieses falschen Ent-
schlusses diskutieren.


(Ulrich Kelber [SPD]: Deswegen nehmen Sie die Laufzeitverlängerung zurück? Weil wir mehr Zeit brauchen?)


Sie wissen alle, dass das, was wir heute hier entschei-
den, Geld kosten wird – das muss man so klar anspre-
chen –, und Sie wissen, Frau Bulling-Schröter, dass es
auch um Verteilungsfragen geht. Es geht um die Frage:
Wer zahlt was? Dass Industrie und Wirtschaft, sofern
keine Potenziale zur Effizienzsteigerung vorhanden sind,
von der EEG-Umlage entlastet werden müssen, ist ein
zentraler Bestandteil dessen, was wir heute hier be-
schließen.

Nach Fukushima und nach der Revidierung unseres
letztjährigen Beschlusses haben wir weniger Zeit und
weniger Geld zur Verfügung. Daher stehen wir vor einer
anspruchsvollen Aufgabe. Ich bin der festen Überzeu-
gung, dass der Ausstieg der leichtere Teil dieser Aufgabe
ist. Ich glaube aber trotzdem, dass es entscheidend ist,
dass wir hier einen Konsens zustande bringen. Ich be-
danke mich ausdrücklich bei den Grünen, dass sie jetzt
kein Haar in der Suppe gesucht und auch keines hinein-
geschmuggelt haben.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein paar Haare sind schon drin!)


Die Zustimmung der Grünen ist natürlich nur konse-
quent; denn der heutige Beschluss – das hat auch Ihre
Vorsitzende, Frau Roth, bei der Bundesdelegiertenkonfe-
renz festgestellt – stellt eine Verbesserung gegenüber
dem Beschluss von Rot-Grün dar.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja vielleicht auch zehn Jahre später!)


Das, was wir hier heute im Rahmen des Atomaus-
stiegs beschließen, bringt Planungssicherheit für alle Be-
teiligten, für die, die in die Alternativen investieren wol-
len, aber auch für die Versorger. Ich meine, dass das, was
wir hier heute beschließen, aufgrund dieses breiten Kon-
senses nicht ins Grundgesetz aufgenommen werden
muss. In unserem Grundgesetz steht nicht einmal, wel-
ches Wirtschaftssystem die Bundesrepublik Deutschland
verfolgt.

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(C (D h weiß, dass die Linke ein Problem damit hätte, die mens erfolgreiche soziale Marktwirtschaft ins Grund esetz zu schreiben. Daher ist es absolut unsinnig, einelne technologische Entscheidungen dieses Hauses ins rundgesetz zu übernehmen. Das ist absolut falsch und in Schritt, den wir sicher nicht gehen wollen. Ich hoffe im Übrigen, dass der Konsens gerichtsfest t. Auch ich habe an der einen oder anderen Stelle mit lick auf die Themen Gleichbehandlung und Eigenmsschutz meine Zweifel; das gebe ich offen zu. Frau ünast, Sie als Juristin wissen, dass man das so oder so ehen kann und dass es an dieser Stelle vor allem darauf nkommt, an die Versorger zu appellieren. Sie sollten us meiner Sicht ganz genau überlegen, ob es angesichts ieses politischen, vor allem aber auch gesellschaftlihen Konsenses Sinn macht, den Rechtsweg zu bechreiten. Ich sage aber auch – ich habe mir das jetzt in der Deatte lange genug angehört –, dass sich der Konsens aus einer Sicht nicht mit Besserwisserei verträgt. Die Grü en treten jetzt besserwisserisch auf und sagen, sie hätn das schon immer gewusst, die unvorstellbaren Risien der Kernenergie seien lange bekannt gewesen. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na und? Ist doch so!)


(Zuruf von der LINKEN: Aha!)


ür mich ist dies eine der letzten Gelegenheiten – das
ebe ich gerne zu –, mein ceterum censeo zu sagen und
nen noch einmal die Fragen zu stellen, die Sie noch nie

eantwortet haben: Wenn das alles so ist, warum sind
ie dann im Jahr 2000 nicht sofort ausgestiegen? Warum
aben Sie stattdessen ein hohes internationales Sicher-
eitsniveau attestiert?


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Aus dem gleichen Grund wie ihr: Profite!)


enseits dieser Fragen, die Sie wahrscheinlich nie beant-
orten werden, freue ich mich, dass dieses ideologische
ampfthema heute beendet wird. Ich weiß, dass sich bei
en Grünen noch der Phantomschmerz einstellen wird.


(Zuruf von der SPD)


h erlebe momentan in etlichen Veranstaltungen, dass
ie geneigt sind, die alten Debatten noch einmal zu füh-
n. Ich gebe für mich offen zu: Auch ich habe manch-
al das Bedürfnis, da noch einmal draufzuhauen.

Es stellt sich auch die Frage, was die AKW-Folklore
Zukunft machen wird, wenn sie nicht mehr sitzend,

ingend, tanzend oder sonst irgendwie demonstrieren
ürfen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Machen Sie sich keine Sorgen, die finden etwas!)


Ich glaube, dass wir uns nicht der Vergangenheit wid-
en sollten, sondern ernsthaft der Frage, wie wir jetzt

eim Ausbau der erneuerbaren Energien weitermachen.
ir müssen in beiden Reihen viel um Akzeptanz wer-

en. Die Themen Vermaisung, Verbauung der Flüsse,
erschandelung mit Leitungen usw. spielen immer noch





Dr. Georg Nüßlein


(A) )


)(B)

eine Rolle, und zwar nicht nur auf der rechten Seite, son-
dern ganz genauso auf der linken Seite dieses Hauses.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711706000

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1711706100

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Ich

glaube, dass wir jetzt auch bei dem Thema Endlagerung
einen Konsens brauchen. Für mich steht klipp und klar
fest, dass das eine Aufgabe der Generation ist, die die
Kernenergie genutzt hat.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711706200

Das Wort hat nun Hubertus Heil für die SPD-Frak-

tion.

(Beifall bei der SPD)



Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1711706300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

wissen und spüren, dass Glaubwürdigkeit in Bezug auf
demokratische Politik eine knappe Ressource ist. In die-
sem Land ist das Ansehen demokratischer Politik nicht
gerade ausgeprägt. Umso mehr muss ich feststellen, dass
die Art und Weise, wie heute hier von schwarz-gelber
Seite argumentiert wird, nicht gerade mithilft, die Glaub-
würdigkeit demokratischer Politik insgesamt zu stärken.
Oder, um es anders zu sagen: Herr Bundeswirtschafts-
minister und auch Frau Bundeskanzlerin, wenn Sie sich
jetzt mit Herrn Seehofer hinstellen und die Ökohippies
mimen, dann glaubt Ihnen das – um es klar zu sagen –
keine Sau in Deutschland.


(Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Säue sind nicht die Zielgruppe!)


Ich sage das, Herr Bundeswirtschaftsminister, deshalb
ganz im Ernst, weil wir jetzt mit einem Mythos, den Sie
hier zu stricken versuchen, sofort aufräumen können. Sie
haben behauptet, Rot-Grün hätte vor zehn Jahren zwar
den Ausstieg auf den Weg gebracht, aber nicht den Ein-
stieg in erneuerbare Energien. Ich frage Sie als Nieder-
sachse, die wir beide sind, Herr Kollege Rösler: Sind
denn all die Windräder, die in Niedersachsen stehen, aus
Pappmaschee? Es ist reale Wirtschaft bzw. reale Wert-
schöpfung, die da stattfindet. Sie produzieren auch
Strom, Herr Rösler. Sie haben die Energiewende nicht
erfunden, wir haben sie vor zehn Jahren eingeleitet. Das
ist der Unterschied.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich sage Ihnen noch etwas zu Niedersachsen. Wir
beide kommen aus Niedersachsen. Unsere Heimat hat
nach wie vor etwas Gutes: eine industrielle Wertschöp-
fungskette von der Grundstoffindustrie bis hin zu High-
techschmieden. Aber wir alle aus unserer Generation ha-
ben erlebt, dass die Wirtschaft bzw. die Industrie einem

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(C (D trukturwandel unterlag und dass Arbeitsplätze – beipielsweise im Südosten Niedersachsens in der Stahlinustrie – verloren gingen. Es war die rot-grüne, SPD-geführte Bundesregierung nter Bundeskanzler Gerhard Schröder, die durch das rneuerbare-Energien-Gesetz mitgeholfen hat, dass wir um ersten Mal, bedingt durch die Förderung der erneurbaren Energien, einen Aufwuchs an industriellen Areitsplätzen – beim Maschinenbau, in der Stahlindustrie, Handwerk und beim Schiffbau – in unserer Heimat rlebten. Das können Sie nicht ignorieren. Das glaubt Ihen auch kein Mensch, Herr Rösler. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei eiigen bedanken, die nicht mehr im Deutschen Bundestag ind. Einer davon lebt auch nicht mehr. Ich erinnere an ermann Scheer, aber auch an den früheren Kollegen ietmar Schütz und den aktuellen Kollegen Rolf empelmann. Sie haben aus unserer Sicht damals im eutschen Bundestag mitgeholfen, das Erneuerbarenergien-Gesetz zu einer Erfolgsstory zu machen. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da gab es noch ein paar Grüne!)


(Beifall bei der SPD)


Euch lobe ich sowieso den ganzen Tag. Seid nicht so
ervös.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann aber auch mal die Namen nennen!)


Wir haben das gemeinsam gemacht. Ich kann Renate
ünast nur sagen: Wenn sie einmal das Wort „Rot-
rün“ sagen würde, wäre ich ganz happy. Denn es war
ot-Grün. Wir können gemeinsam stolz darauf sein.


(Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)


s war aber auch das rot-grüne Bündnis, das damals vor
0 Jahren einen gesellschaftlichen Großkonflikt, der un-
er Land 30, 40 Jahre lang polarisiert und gespalten hat,
efriedet hat. Es waren Sie, die das damals bekämpft und
it Häme überzogen haben. Wenn ich mir einzelne Text-

austeine aus der gerade von Herrn Nüßlein gehaltenen
ede noch einmal ins Gedächtnis rufe – er sprach von
AKW-Folklore“; damit meinte er die Bürgerinnen und
ürger, die sich gegen die Atomkraft gewehrt haben –,
ann ich nur sagen: Sie haben nichts gelernt, und das,
as Sie hier machen, ist wenig glaubwürdig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn Sie sich jetzt in Sachen Atomausstieg mit zehn
ahren Verzögerung an den rot-grünen Kurs anpassen, ist
as nichts, was wir ablehnen oder kritisieren würden.
orhin wurde von Nils Schmid schon aus der Bibel zi-
ert. Es ging da um „reuige Sünder“ und „Gerechte“. Sie
üssen aber eines zur Kenntnis nehmen: Das, was Sie
Herbst letzten Jahres produziert haben, wirkt fort. Sie

aben einen Konflikt aufgerissen, aber Sie haben vor al-
n Dingen zu Rechts- und Planungsunsicherheiten bei-
etragen. Das Ergebnis war, dass wir einen Stopp bzw.
inen Stau und einen Attentismus bei den Investitionen
rlebt haben. Das gilt beispielsweise für die milliarden-





Hubertus Heil (Peine)



(A) )


)(B)

schweren Investitionen, die die Stadtwerke geplant hat-
ten. Die wurden durch Ihre Laufzeitverlängerung erst
einmal auf Eis gelegt. All das wirkt leider Gottes fort.

Zu den Rechtsunsicherheiten. Der rot-grüne Aus-
stiegsbeschluss bzw. der Konsens mit der Energiewirt-
schaft war rechtssicher und unbeklagt. Das diesbezügli-
che Risiko schätzen wir beim Atomgesetz als nicht
besonders hoch ein. Wir wollen es auch nicht herbeire-
den, weil wir glauben, dass es heilbar ist. Beispielsweise
in Bezug auf Art. 3 Grundgesetz muss es eine plausible
Erklärung dafür geben, warum Gleiches ungleich behan-
delt werden kann. Die gibt es. Sie haben sie auf unsere
Nachfrage hin in den Ausschüssen nachgeliefert. Das er-
kennen wir an. Aber es gibt ein Restrisiko, das Sie im
Zweifelsfall auch politisch zu verantworten haben. Das
will ich an dieser Stelle klar zu Protokoll geben.

Mir ist wichtig, dass die erfolgreiche Energiewende in
Deutschland, die im Herbst letzten Jahres unterbrochen
wurde, jetzt konsequent fortgesetzt werden kann. Aber
ich muss sagen: In Ihren vorliegenden Gesetzentwürfen,
abgesehen vom Atomgesetz, ist eine Fülle von Vorschlä-
gen enthalten, die aus meiner Sicht nicht angetan ist, die
Erreichung des Ziels einer bezahlbaren, einer sauberen
und einer nachhaltigen Energieversorgung dauerhaft zu
sichern.

Im Einzelnen. Wir werden erstens dem Atomgesetz
aus voller Überzeugung zustimmen, weil es ein Zurück
zum rot-grünen Ausstiegsbeschluss ist.


(Beifall bei der SPD)


Wir werden zweitens Ihren Gesetzentwurf zum Er-
neuerbare-Energien-Gesetz ablehnen müssen – ich bin
mir noch nicht sicher, wie das im Bundesrat vor sich
geht; ich hoffe, dass noch die Chance besteht, den Ver-
mittlungsausschuss anzurufen –, weil wir erleben wer-
den, dass er eine Verschlechterung darstellt und den
Ausbau erneuerbarer Energien, vor allen Dingen der in-
ländischen Windkraft, behindert.

Wir werden drittens klarmachen – das tun wir auch in
unserem Antrag –, dass das Energiewirtschaftsgesetz ver-
besserungswürdig ist. Was meine ich damit? Der Teil, der
lediglich die Umsetzung einer EU-Richtlinie beinhaltet,
ist vollkommen unstrittig; dem kann man ohne Weiteres
zustimmen. Aber ich will ganz deutlich sagen, dass Ihre
Vorschläge weder Ansätze zur Kommunalisierung noch,
Herr Bundesumweltminister und Herr Bundeswirt-
schaftsminister, ausreichende Regelungen im Hinblick
auf die Bedenken energieintensiver Unternehmen enthal-
ten. In den Verhandlungen hat sich auf Druck der Länder
eine ganze Menge zum Positiven bewegt. Aber ich
glaube, wir müssen weiterhin aufpassen, dass die ener-
gieintensiven Unternehmen in Deutschland, die im inter-
nationalen Wettbewerb stehen und eine Steigerung der
Kosten befürchten, nicht unter die Räder kommen. Hier
geht es uns nicht in erster Linie um die Konzerne, son-
dern um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
diesen energieintensiven Unternehmen. Wir wissen: Wir
brauchen auch die energieintensive Wirtschaft, damit die
Energiewende gelingt, weil sie Teil der Wertschöpfung
im Rahmen des Ausbaus erneuerbarer Energien ist, von
der chemischen Industrie bis zum Stahlbau.

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(C (D Wir werden deutlich machen, dass das, was Sie bei er energetischen Gebäudesanierung vorhaben, nicht usreichend ist. Sie erreichen damit noch nicht einmal as Niveau, das die Große Koalition in diesem Bereich rreicht hat. Sie haben die Mittel im letzten Jahr gekürzt. etzt erhöhen Sie sie ein wenig. Aber das reicht nicht us. Sie haben vor allen Dingen keine Antworten auf die ragen der Mieter in Deutschland, die sich Sorgen mahen, gegeben. Das müssen Sie sich deutlich ins Stammuch schreiben lassen. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dorothee Menzner [DIE LINKE])


Der heutige Tag ist ein besonderer Tag. Er ist ein gu-
r Tag für Deutschland, weil endgültig, ein für alle Mal,
it der Nutzung der Atomkraft in diesem Land Schluss

emacht wird. Aber das bedeutet nicht das Ende von
nergiepolitik. Wir müssen die Energiepolitik fortset-
en. 2013 muss das, was Sie jetzt unzureichend auf den
eg gebracht haben, von einer anderen Mehrheit weiter-

ntwickelt werden. Das ist nicht einfach, weil uns jetzt
ahre verloren gehen. Aber ich sage an dieser Stelle: Wir
erden diesen Weg gehen, weil Deutschland im Bereich
er erneuerbaren Energien Ausrüster der Welt sein kann,
eil Deutschland Vorbild bei der Energieeffizienz sein
ann, weil das Vorbild der größten europäischen Volks-
irtschaft in Europa und für Europa wirken wird und
eil andere Länder, wenn wir die Energiewende erfolg-
ich fortsetzen, unserem Beispiel folgen werden; da bin
h mir sicher.

Ich will zum Schluss sagen: Das, was vor zehn Jahren
on den damals Verantwortlichen, von Bundeskanzler
erhard Schröder, von Frank-Walter Steinmeier und von

ürgen Trittin, verhandelt und auf den Weg gebracht
urde, haben Sie kritisiert. Wenn Sie Ihre Glaubwürdig-
eit wiederherstellen wollen, Herr Rösler – ich nehme
nen ab, dass Sie jemand sind, der sich persönlich da-
m bemühen will –, dann wäre es an der Zeit, denjeni-

en, die damals die richtigen Entscheidungen getroffen
aben – die Sie im Herbst letzten Jahres rückgängig ge-
acht haben und die Sie jetzt unterstützen –, mit Res-

ekt zu begegnen und ihnen Anerkennung zu zollen. Das
ürde Ihre Glaubwürdigkeit wiederherstellen. Sie wür-
en sich keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn Sie
ie Entscheidungen von damals als richtig anerkennen
ürden. Herr Nüßlein, ich sage das nicht, um Vergan-
enheitsbewältigung zu betreiben, sondern weil das im
inblick auf den Konsens, den wir für die künftige Ener-
iewirtschaftspolitik in Deutschland, der größten Volks-
irtschaft Europas, brauchen, wichtig wäre, um eine

aubere, sichere und nachhaltige Energieversorgung si-
herzustellen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen klaren Kurs.
enn Sie sich diesem Kurs jetzt in Teilen anschließen,
erden wir uns nicht beschweren. Allerdings müssen
ir die Energiewende gestalten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711706400

Das Wort hat nun Hermann Otto Solms für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711706500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

möchte eine Vorbemerkung machen. Gerade kommt über
den Ticker die Meldung, dass die Zahl der Arbeitslosen
in Deutschland in diesem Monat wiederum gesunken ist,
und zwar um etwa 70 000, und dass wir jetzt bei einer
Arbeitslosenquote von weniger als 7 Prozent, nämlich
bei 6,9 Prozent, angekommen sind.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das ist die beste Zahl seit 1991.

Die von den Forschungsinstituten veröffentlichten
laufend erhöhten Wachstumszahlen zeigen, dass sich die
deutsche Wirtschaft in einer sehr stabilen und robusten
Situation befindet. Deshalb können wir uns den zugege-
ben riskanten Weg dieser Energiewende auch leisten.
Wir müssen dabei aber natürlich die Probleme angehen.
Wir dürfen nicht – so wie es Rot-Grün seinerzeit ge-
macht hat – nur den Atomausstieg beschließen und über
die Konsequenzen, die das Erreichen einer vernünftigen
Energieversorgung nach sich zieht, hinweggehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist allmählich müßig, sich gegenseitig vorzuhalten,
wer was wann früher gemacht hat. Das ist absolut lä-
cherlich. Natürlich hat Rot-Grün mit dem EEG einen gu-
ten Aufschlag gemacht. Aber das Gesetz hatte einen
Vorläufer, nämlich das Stromeinspeisungsgesetz. Das
wurde unter dem liberalen Wirtschaftsminister Helmut
Haussmann im Jahre 1990 im Bundestag verabschiedet.
Mit diesem Gesetz wurde erstmals die Einspeisung be-
vorzugt. Es wurde dann mit dem EEG fortgesetzt. Das
war eine konsequente Maßnahme. Ehre, wem Ehre ge-
bührt. Man muss aber auch auf die Lücken hinweisen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jetzt passiert Folgendes: Jetzt überholt die Koalition
wieder Rot-Grün. Deswegen sind Sie gezwungen, beim
Atomausstieg mitzumachen. Ich bedaure allerdings sehr,
dass Sie nicht bereit sind, die Konsequenzen im Hinblick
auf die alternativen Energien zu ziehen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die nicht ausreichen! – Abg. Hubertus Heil [Peine] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Herr Heil, weil Sie mir eine Frage stellen wollen,
möchte ich Ihnen sagen: Ich habe von Ihrer Seite kein
Wort zum Netzausbaubeschleunigungsgesetz gehört. Je-
der in der Wirtschaft, in der Wissenschaft und in der
Politik weiß, dass es ohne ein solches Gesetz nicht gehen
wird, da wir den Zeitplan sonst nicht einhalten können.


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(C (D (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu hat Frau Künast doch schon etwas gesagt! Haben Sie nicht zugehört?)


Ich spreche zu Herrn Heil, Frau Höhn. Er hat dazu
ämlich nichts gesagt. – Wir werden Ihnen die Gelegen-
eit geben, in einer namentlichen Abstimmung zu zei-
en, wie Sie sich dazu positionieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711706600

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Heil?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711706700

Ja.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1711706800

Herr Kollege Solms, ich werde Ihnen eine Zwischen-

age stellen und sie mit Erlaubnis des amtierenden Prä-
identen so einkleiden, dass ich Ihre Frage gleich mit be-
ntworte. Das ist ein heikler parlamentarischer Vorgang.

Wir sind ganz klar für den Netzausbau in Deutsch-
nd. Wir wissen, dass er für die Systemintegration der

rneuerbaren Energien unabdingbar ist. Die Frage, die
ir uns stellen, ist aber, ob Ihr NABEG, Ihr Netzausbau-
eschleunigungsgesetz, das Ziel erreicht. Daran haben
ir Zweifel. Sie sehen nämlich nichts vor, um die Ak-

eptanz des Netzausbaus nachhaltig zu stärken. Die Län-
er werden das, was Sie vorhaben, im Übrigen nicht mit-
agen.


(Patrick Döring [FDP]: So ein Quatsch!)


Zu meiner Frage. Herr Solms, ich habe ein Zitat mit-
ebracht. Es stammt von Ihrem Kollegen Michael Fuchs,
er wie andere aus der Koalition heute erstaunlicher-
eise nicht zu diesem Thema redet. Das wäre wahr-

cheinlich auch ein wenig schwierig. Herr Fuchs sagte
m 7. März 2010 für die Koalition in der FAZ:

Volkswirtschaftlich bedeutet es einen enormen
Schaden, gut funktionierende Kernkraftwerke abzu-
schalten,


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch keine Frage!)


die weder durch Vogelschredderanlagen, also
Windkraft, noch durch Subventionsgräber, also So-
larzellen, ersetzbar sind.

Sie tun jetzt so, als sei Schwarz-Gelb der größte Be-
rworter der erneuerbaren Energien. Herr Solms, ich
age Sie deshalb allen Ernstes: Wie kommen dann sol-
he Zitate zustande? Das ist doch eigentlich die Ideolo-
ie, der Sie nachgehangen sind. Sie mussten sich nach
ukushima anpassen. Sie sollten sich dazu einmal be-
ennen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711706900

Ich will die Aussagen von Herrn Fuchs nicht kom-

mentieren. Ihre Frage müssten Sie ihm stellen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Er redet ja leider nicht!)


Es ist doch angesichts einer solch radikalen Veränderung
völlig selbstverständlich, dass es verschiedene Meinun-
gen gibt. Das ist doch auch in Ihrer Fraktion so.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein! – Lachen bei der FDP und der CDU/CSU)


Es gibt auch unterschiedliche Auffassungen in Bezug
auf die Details. Natürlich gibt es die auch bei uns. Ich
sage für die FDP doch auch, dass wir uns schwergetan
haben, diesen Weg mitzugehen. Denn wir haben die
Sorge, dass es auf dem Weg Einbrüche bei der Versor-
gungssicherheit geben wird. Außerdem sorgen wir uns,
dass die Bezahlbarkeit nicht gewährleistet werden kann
und es dadurch zu einem Nachteil für den Wirtschafts-
standort Deutschland kommt. Es ist die besondere Ver-
antwortung des Wirtschaftsministers Philipp Rösler, da-
rauf zu achten, dass dies nicht passieren wird. Das waren
unsere Einwände bei der Diskussion innerhalb der Ko-
alition. Im Ergebnis sind diese Sorgen berücksichtigt
worden.

Natürlich ist heute die Diskussion nicht zu Ende. Wir
werden die Vorgänge jedes Jahr prüfen. Es wird ein Mo-
nitoring durch den Umweltminister und durch den Wirt-
schaftsminister geben. Dann werden wir die Ergebnisse
im Bundestag debattieren und möglicherweise Ände-
rungsvorschläge beraten und verabschieden müssen. Das
ist doch selbstverständlich.

Ich bin auf Ihr Abstimmungsverhalten bei der an-
schließenden Abstimmung über das NABEG gespannt.
Es ist völlig unzweifelhaft, dass der Netzausbau be-
schleunigt werden muss. Wenn die Bundesländer Pro-
bleme damit haben, dann sollen sie im Bundesrat da-
rüber beraten. Jetzt ist es Sache der gesetzgebenden
Körperschaft des Deutschen Bundestages, der die wirk-
liche Legitimation dafür hat – der Bundesrat hat sie nur
abgeleitet –, die Beschlüsse zu fassen. Danach können
sich die Bundesländer damit befassen.

Ich will betonen: Das ist ein sehr mutiger Schritt. Man
darf sich diesbezüglich keinen Illusionen hingeben. Man
darf nicht nur an die eigenen Träume glauben, sondern
muss auch zur Kenntnis nehmen, dass das Ganze mit er-
heblichen Risiken verbunden ist. Deswegen ist der For-
derung von Philipp Rösler Rechnung getragen worden,
indem wir erforderlichenfalls ein Atomkraftwerk für die
nächsten zwei Winter in Kaltreserve bereithalten. Es
wäre gut, wenn wir sie nicht bräuchten, aber es kann
sein, dass wir sie brauchen.

Eines ist klar: Wir können es uns als Industriestandort
Deutschland nicht leisten, dass die Stromversorgung zu-
sammenbricht.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Peter Götz [CDU/CSU])


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(C (D er Ausfall der Stromversorgung an einem Tag würde xperten zufolge einen geschätzten Schaden von Milliarden Euro zur Folge haben. Stellen Sie sich vor, as das für sensible Bereiche von Unternehmen und erwaltungen bedeutet, in denen es beispielsweise hohe echnerkapazitäten gibt. Auch in Krankenhäusern önnte ein Stromausfall gesundheitliche Folgen für die atienten haben. Das dürfen wir nicht riskieren. Desween treten wir dafür ein, dass die Versorgungssicherheit bsolute Priorität hat. Der Wirtschaftsminister trägt dar Sorge, dass die notwendigen Entscheidungen herbei eführt werden, auch wenn es Kontroversen gibt und anche dagegen stimmen. Lassen Sie mich ein paar Worte zum Anlass sagen. Es t im demokratischen Sinne völlig selbstverständlich, ass, wenn aufgrund eines Unglücks wie in Fukushima ie Sorgen in der Bevölkerung so stark wachsen, dass irca 80 Prozent der Menschen den Ausstieg aus der tomwirtschaft wollen, die demokratischen Parteien dauf Rücksicht nehmen müssen und dem Willen der evölkerung folgen. Aber sie müssen es auf eine verantortungsvolle Weise machen. Die Mehrheit der Deut chen, die den Ausstieg aus der Atomkraft wünscht, will leichzeitig, dass die Energieversorgung ohne Gefahr eies Blackouts und zu bezahlbaren Preisen erhalten leibt. Das ist kein Widerspruch in sich, sondern es ist ie Aufgabe verantwortungsvoller Politik, die Entscheiungen so zu treffen, dass wir beides miteinander verinden können. Ich bin der absoluten Überzeugung: Wenn uns das gengt, dann wird es einen richtigen Schub für die deutche Wirtschaft geben, und dann werden wir, so wie hilipp Rösler das vorhin gesagt hat, im europäischen ie im weltweiten Wettbewerb einen großen Vorsprung rzielen. Allerdings kommen zunächst harte Jahre auf ns zu, in denen die notwendigen Voraussetzungen dafür eschaffen werden müssen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711707000

Das Wort hat nun Peter Götz für die CDU/CSU-Frak-

on.


Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1711707100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

assen Sie mich nach dieser von der Opposition primär
ckwärts geführten Atomdebatte zur Sachlichkeit zu-
ckkommen


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


nd auf einige Gesetze eingehen, die heute zur Abstim-
ung stehen.

Um zu erreichen, dass die Energiewende schneller als
unächst geplant eintritt, brauchen wir – das ist unstrit-
g – auf vielen Gebieten gesetzliche Änderungen. Dazu
ehört unter anderem der gesamte Baubereich. Bereits

Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass wir die klima-





Peter Götz


(A) )


)(B)

gerechte Entwicklung der Städte und Gemeinden stärken
wollen. Das ist mit den im Baugesetzbuch vorgesehenen
klimapolitischen Anpassungen gut gelungen. Wir geben
den Gemeinden einen zusätzlichen Gestaltungsrahmen
und schaffen im Bau- und Planungsrecht mehr Rechts-
sicherheit für die Erzeugung erneuerbarer Energien.

Mit dem Instrument des besonderen Städtebaurechts
muss allerdings sehr behutsam umgegangen werden.
Deshalb haben wir einen Regierungsvorschlag zu die-
sem Bereich nicht übernommen. Der Vorschlag bleibt
aber auf der Agenda, und wir wollen ihn nochmals sorg-
fältig überprüfen und auch weiter diskutieren, wenn wir
über den zweiten Teil des Baugesetzbuches reden.

Mit dem neuen Förderprogramm „Energetische Stadt-
sanierung“ wollen wir die Städte und Gemeinden unter-
stützen, einem klimagerechten Stadtumbau besser Rech-
nung zu tragen. Dreh- und Angelpunkt für die Erreichung
der Klimaschutzziele und für die Einsparung von Energie
ist jedoch der gesamte Gebäudebereich. 40 Prozent der in
Deutschland verbrauchten Endenergie und etwa ein Drit-
tel der CO2-Emissionen entfallen allein auf diesen Sektor.
Dort liegen mit großem Abstand die größten Einsparpo-
tenziale für Energie. Um diese zu erschließen, müssen wir
engagiert vorgehen.

Wir setzen dabei nicht auf Zwang, sondern auf An-
reize und Verbraucherinformationen. Wir wollen die
Menschen überzeugen, viel für die Energieeffizienz zu
tun. Andere hier im Haus wollen sie dazu nötigen. Das
ist ein feiner, für den gesellschaftlichen Konsens aber
wichtiger Unterschied.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ab dem kommenden Jahr werden wir die Mittel im
CO2-Gebäudesanierungsprogramm auf jährlich 1,5 Mil-
liarden Euro erhöhen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Nachdem Sie sie erst zusammengestrichen haben!)


Darin sind auch 150 Millionen Euro für direkte Zu-
schüsse enthalten. Durch steuerliche Anreize wollen wir
weitere Eigentümergruppen für die energetische Sanie-
rung ihrer Gebäude gewinnen. Dabei dürfen wir weder
die Hauseigentümer noch die Mieter überfordern; wir
dürfen sie aber auch nicht „überfördern“. Das ist Unions-
politik.

Durch die drei Angebote – zinsgünstige Kredite der
KfW aus dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm oder
direkte Zuschüsse der KfW oder eine verbesserte steuer-
liche Abschreibung – bringen wir die energetische Sa-
nierung von Wohngebäuden voran wie nie zuvor. So
stark wurde die energetische Sanierung in Deutschland
noch nie gefördert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie mich noch einige wenige grundsätzliche
Bemerkungen aus kommunaler Sicht machen. Ohne die
Städte und Gemeinden wird die Energiewende nicht ge-
lingen. Die Kommunen spielen auf dem Weg zu mehr

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(C (D nergieeffizienz und mehr Klimaschutz eine Schlüssellle. Bereits heute haben sich viele Kommunen dem Kliaschutz verschrieben. So hat die Parlamentarische taatssekretärin Katherina Reiche in der Region Beeskow Brandenburg erst vor wenigen Wochen das tausendste ommunale Klimaschutzprojekt der Nationalen Klimachutzinitiative ausgezeichnet. Die Kommunen haben darüber hinaus – das gilt auch r den Bund und die Länder – bei der energetischen Sa ierung ihres eigenen Gebäudebestandes eine große Verntwortung, der sie gerecht werden müssen. Auch in nderen Bereichen haben die Kommunen eine Schlüsselnktion. o werden erneuerbare Energien vor allem im ländlichen aum erzeugt. Vorhandene Stromtrassen müssen ertüchgt und neue gebaut werden. Infraund Speicherstruktur ind unbestritten dringend notwendig. Dafür brauchen ir die Städte, Gemeinden und Landkreise als Partner. Für uns ist es wichtig, dass die Menschen vor Ort und ie Entscheider in den Gemeinderäten und Kreistagen ei allen Vorhaben sehr frühzeitig eingebunden werden. inzu kommt: Städte und Gemeinden übernehmen mit ren Stadtwerken bei einer dezentralen Energieerzeu ung aus erneuerbaren Energien wichtige Aufgaben, auf ie wir in Zukunft verstärkt angewiesen sein werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch diese wenien Bemerkungen wird deutlich: Unsere höchst ambitioierten und anspruchsvollen Ziele bedürfen großer Antrengungen vieler. Dazu gehören auch die Kommunen. ie Energiewende in Deutschland wird nur mit den tädten, Gemeinden und Landkreisen gelingen. Wenn wir durch ein lernendes System die Energierzeugung umbauen und gleichzeitig die Klimaschutziele erreichen wollen, dann müssen wir die Kommunen ls wichtige Begleiter rechtzeitig beteiligen. Sie können iel zum Erfolg beitragen, sie wollen aber zu Recht auch itgestalten, wenn es um ihre Belange geht; denn sie tehen ebenso in der Verantwortung gegenüber ihren ürgern wie wir. Ich bin fest davon überzeugt: Mit Optimismus und uversicht werden wir die großen Herausforderungen, ie vor uns liegen, verantwortungsvoll meistern. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Patrick Döring für die FDP-Frak on. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich ill nahtlos an das anschließen, was der Kollege Götz nd der Kollege Solms erwähnt haben. In der Tat haben ir in dieser Debatte neben den zweifellos wichtigen nd schwierigen Debatten über die Entwicklung des tomgesetzes und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Patrick Döring )


(Zuruf von der LINKEN: Aber kein Geld!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711707200
Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1711707300




(A) )

weitere Komponenten vorgelegt und Antworten auf das
gegeben, was die Menschen genauso bewegt wie die
Fragen nach dem genauen Ende der Nutzung der Kern-
energie, Antworten, die der rot-grüne Kompromiss nie
gegeben hat.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb musste er verbessert werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Widerstände zum Netzausbau, die wir überall
spüren, sind genau der Grund dafür, dass Sie sich gewei-
gert haben, darüber nachzudenken, wie man Netze
schneller ausbauen kann.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Lächerlich!)


Wir wollten und wollen weiterhin mehr intensive Bür-
gerbeteiligung. Wir schaffen mit diesem Gesetz gemein-
sam mit den Ländern bundeseinheitliche Netzplanung.
Wir schaffen mit diesem Gesetz gemeinsam mit der
Bundesnetzagentur klare und transparente bundesein-
heitliche Entscheidungsregeln, wann, wo und nach wel-
chen Maßgaben eine 380-kV-Leitung gebaut wird.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711707400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Ingrid Nestle von den Grünen?


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1711707500

Danke, nein. – Es wird geregelt, nach welchen Maß-

stäben eine Erdverkabelung im 110- und 220-kV-Be-
reich sinnvoll ist. Diese Antworten, die wir brauchen,
waren Sie nie bereit zu geben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es wurde hier immer wieder über Offshoreanlagen
gesprochen. Die schönsten Programme zur Offshore-
windenergie nützen gar nichts, wenn es in Niedersach-
sen und in Schleswig-Holstein einen organisierten Bür-
gerprotest gegen einen Netzausbau gibt und der Bund
gesetzgeberisch keine Maßgaben und keine Vorschläge
macht, wie Bürgerbeteiligung und Planungsbeschleuni-
gung zusammengebracht werden können. Es ist das Ver-
dienst des Bundeswirtschaftsministers, dass dies jetzt
mit dem NABEG gelingt.


(Beifall bei der FDP)


Ich will ausdrücklich sagen: Die Bundesländer, und
zwar alle 16, egal wie sie geführt sind, haben in der Be-
ratung zum NABEG anerkannt, dass wir weitere Verän-
derungen im materiellen Recht brauchen, um zu einer
Planungsbeschleunigung zu kommen. Ich sage mit allem
Ernst: Wir werden auf diesem Weg der Energieversor-
gung nur vorankommen, wenn wir uns auch bei be-
stimmten Absurditäten in der Raumordnung und der
Planfeststellung neu aufstellen.

Es ist für die Betroffenen nachgerade nicht versteh-
bar, dass man zwar ein Naturschutzgebiet unterhalb
einer bestehenden 380-kV-Leitung ausweisen kann,

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(C (D ber über einem bestehenden Naturschutzgebiet keine 80-kV-Leitung errichten darf. Das macht keinen Sinn. as ist nicht konsistent. Es ist vor allen Dingen eine Verinderung der Integration erneuerbarer Energien in unere Elektrizitätsversorgung. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich auch zum Baurecht das Nötige
agen. Mit der Erleichterung des Repowering von Wind-
nergieanlagen an Land, mit der verbesserten baurechtli-
hen Anerkennung der Errichtung von Photovoltaikanla-
en, mit der Klimaschutzklausel in dem Gesetz zur
tärkung der klimagerechten Stadtentwicklung und mit
en nötigen neuen Regeln zur erleichterten Einsetzung
on KWK-Anlagen schaffen wir im Baurecht die nöti-
en Voraussetzungen, in der Stadt, im Ort, an den Ge-
äuden und im Bestand den Einsatz der Erneuerbaren zu
erbessern.

Diese nötigen Maßnahmen in der Novelle zum Bau-
cht, die wir heute vornehmen, wurden in den letzten

ahren von den heute nicht mitmachenden Fraktionen
icht einmal vorgeschlagen.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht wahr! Sie haben das als FDP immer blockiert!)


ie werden sicherlich dagegen stimmen. Stattdessen ha-
en die Grünen in ihrem Änderungsantrag zu diesem
esetzentwurf den schönen bau- und städteplanerischen
strumentenkasten Ihrer Vorstellungen vorgetragen und
ollen tatsächlich über die städtische Bauleitplanung
nd darüber hinaus die Besitzer von Gebäudebeständen
den Stadtteilen zu energetischen Sanierungen zwin-

en. Das ist eben der Unterschied zwischen Ihrer und
nserer Politik: Wir wollen die Energiewende mit den
ürgern gestalten, nicht gegen die Immobilienbesitzerin-
en und -besitzer in Deutschland.


(Beifall bei der FDP)


Es ist bemerkenswert, dass es auch nach Rot-Grün
icht dazu gekommen ist, die Privilegierung der Errich-
ng von kerntechnischen Anlagen im Außenbereich aus

em Baugesetzbuch zu streichen. Bis zum heutigen Tage
t die Errichtung von Kernenergieanlagen im Außenbe-
ich nach § 35 des Baugesetzbuches privilegiert. Wir

ind es, die das in logischer Konsequenz unserer Ent-
cheidungen aus dem Baugesetzbuch herausnehmen und
eutlich sagen: Wenn wir aus der Kernenergie ausstei-
en, dann müssen wir auch die Privilegierung aus dem
aurecht nehmen. Darauf sind Sie noch nie gekommen,
ebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Wir schaffen außerdem vereinfachte und verbesserte
teuerliche Absetzungsmöglichkeiten für diejenigen, die
ihrem Immobilienbestand die energetische Sanierung

orantreiben. Mit der 10-prozentigen Sonderabschrei-
ung sichern wir zusätzliche Konjunktur in Handwerk
nd Baugewerbe und schaffen mit diesem zusätzlichen
strument den Anreiz, schnell und ohne unnötige Belas-





Patrick Döring


(A) )


)(B)

tung der KfW-Förderprogramme, die ebenfalls notwen-
dig sind, weitere Investitionen in diesem Bereich für die
Immobilienbesitzerinnen und -besitzer auszulösen. Denn
wir wollen schneller und intensiver sanieren als in der
Vergangenheit.

Sie haben zweifellos das KfW-Gebäudesanierungs-
programm seinerzeit erfunden, aber es wäre nach Ihren
Vorstellungen in diesem Jahr ausgelaufen.


(Lachen bei der SPD)


Wir sorgen dafür, dass es auf hohem Niveau verstetigt
und fortgesetzt wird. Das ist die Rechtslage, und es ist
das, was diese Koalition verantwortet.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711707600

Zu einer Kurzintervention erhält das Wort Ingrid

Nestle.


Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711707700

Vielen Dank. – Herr Döring, Sie haben gesagt, wir

würden uns nicht trauen, über den Netzausbau zu reden;
deshalb würde unserem Konzept etwas fehlen. Ist Ihnen
bewusst, dass wir schon vor Ihrer Partei ein Konzept
nicht gegen, sondern für den Netzausbau vorgelegt ha-
ben?

Ist Ihnen bewusst, dass zum Beispiel in meiner Hei-
matregion die Energieleitung Breklum–Flensburg seit
Jahren fertig sein könnte, wenn sie, wie von den Grünen
gefordert, als Erdkabel geplant worden wäre? Dann wäre
sie Ende 2007 fertig geworden. Sie ist aber bis heute
nicht fertig. Wir verlieren Millionen über Millionen an
Kilowattstunden Strom und viel Geld, weil der Wind
nicht mehr abgeführt werden kann. Das liegt nicht daran,
dass wir bei den Erdkabeln blockiert haben, sondern Sie.

Wenn es Ihnen so wichtig ist, dass der Ausbau der
Energienetze jetzt vorangeht und die Stromleitungen ge-
baut werden, und wenn Ihnen die Bürgerbeteiligung so
wichtig ist, dann frage ich Sie, warum Ihr FDP-geführtes
Wirtschaftsministerium auf die Frage, was mehr Bürger-
beteiligung bedeutet, geantwortet hat: Wir machen eine
Infokampagne; wir werden besser informieren.

Ist das Ihre Form der Bürgerbeteiligung, besser zu in-
formieren? Warum haben Sie nicht unsere Vorschläge im
Entwurf des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes be-
rücksichtigt, auch neue Formen der Bürgerbeteiligung
aufzunehmen und mit den Bürgern gemeinsam die Netze
zu planen?

Ich war oft in den verschiedensten Teilen Deutsch-
lands unterwegs und habe vor Ort um Akzeptanz für den
Netzausbau geworben. Haben auch Sie um Akzeptanz
für den Netzausbau geworben?

Ein letzter Punkt: Sie haben gesagt, dass Sie es nicht
gut finden, wenn die Leitungen über Häuser hinweg ge-
baut werden. Warum haben Sie dann keine Abstands-

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(C (D gelung mit aufgenommen? Sie hätten zum Beispiel orsehen können, dass Leitungen, die weniger als 00 Meter von einer Ortschaft entfernt verlaufen, unter ie Erde verlegt werden müssen. Warum haben Sie dieen Schutz der Bürger nicht mit aufgenommen? Damit önnten Sie den Netzausbau entscheidend weiter bechleunigen. Das ist schon lange unsere grüne Position: ir sind für den Netzausbau, und zwar für einen menchenfreundlichen Netzausbau. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711707800

Kollege Döring, bitte.


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1711707900

Frau Kollegin Nestle, vielleicht wollen Sie es bewusst

issverstehen. Es macht doch keinen Sinn, in Deutsch-
nd eine Abstandsregelung ins Gesetz zu schreiben, so-
nge wir im materiellen Recht keine Klarheit haben,
ie wir zum Beispiel die Naturschutzbelange Europas
it den Herausforderungen unseres Netzausbaus zusam-
enbringen. Indem man so viele Abstandsregelungen

nd andere Hürden aufbaut, dass man weder bei der
ohnbebauung noch in Naturschutzgebieten eine Lei-
ng verlegen kann, kann man einem Land alle Gestal-
ngsmöglichkeiten nehmen. Damit erreicht man leider

icht das, was wir erreichen wollen, nämlich Beschleu-
igung.

Wenn Ihre Antwort auf die Beschleunigung lautet,
berall dort, wo dies gewünscht ist, Erdverkabelung vor-
unehmen, dann weise ich darauf hin, dass das, was wir
tzt mit dem Energiewirtschaftsgesetz lösen, indem wir
ie Umlage der erhöhten Kosten für Erdverkabelung bei
10- und 220-kV-Leitungen im EnWG vorsehen, not-
endig ist, um das Vorhaben überhaupt durchzusetzen.

Sie kennen doch selbst die technischen Probleme bei
er Erdverkabelung von 380-kV-Leitungen und insbe-
ondere die Kostenherausforderung. Wenn Ihre Antwort
uf die Energiewende ist, dass die Netzentgelte um das
ünf- bis Zehnfache steigen, dann kann ich nur sagen:
icht mit uns, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ein weiterer Punkt. Die Bürgerbeteiligung ist im
ABEG verankert. Aber Sie wissen doch genauso gut
ie ich, dass der Bundesinnenminister ein Mediations-
esetz und ein Planungsvereinfachungsgesetz in Vorbe-
itung hat. Diese Gesetze fassen das zusammen, was
it den Ländern zusätzlich vereinbart wird. Wir haben

orgeschlagen, bereits im Rahmen des Raumordnungs-
erfahrens die Träger öffentlicher Belange sowie die
ürgerinnen und Bürger über die Trassenführung, die
iele und Pläne zu informieren und ihnen Mitsprache-
öglichkeiten zu geben. Das ist schon realisiert und
ird durch das Mediationsgesetz rechtlich abgesichert.
ahin entwickelt sich unser Netzausbaubeschleuni-
ungsgesetz, also nicht in Ihre simple Richtung nach
em Motto „Wir tun alles unter die Erde, und die Kosten
ind uns egal“. So einfach darf man es sich nicht ma-
hen.





Patrick Döring


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711708000

Das Wort hat nun Thomas Bareiß für die Fraktion der

CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1711708100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

Herren! Ich muss gestehen, dass ich angesichts der in
den letzten Wochen emotional geführten Debatte über
den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie sehr
skeptisch war. Ich habe das mehrfach gesagt, auch hier
im Parlament. Aber bei allem Für und Wider sehe ich in
dem, was jetzt vorliegt, die große Chance – das ist der
Grund, warum ich heute zustimme –, nach einer sehr
langen Debatte endlich einen wirklichen Konsens in un-
serer Gesellschaft hinzubekommen. Herr Heil, Frau
Höhn und Herr Gabriel, Sie haben vorhin darauf hinge-
wiesen, dass Rot-Grün bereits vor zehn Jahren einen
Konsens hinbekommen hat. Wenn Sie damals tatsächlich
einen Konsens hinbekommen haben sollten, dann nur
den über den Ausstieg. Es gab aber in den letzten zehn
Jahren keinen Konsens in unserer Gesellschaft über den
Einstieg:


(Ulrich Kelber [SPD]: Weil Sie gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz waren! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie blockiert haben!)


Wo und wie steigen wir ein? Was müssen wir tun? – Sie
haben keinen Konsens über den Bau von Leitungen und
Pumpspeicherkraftwerken sowie über eine effiziente Ge-
staltung des EEG erzielt.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie die Dagegen-Partei waren!)


Deshalb finde ich es mehr als schade, dass Sie den gro-
ßen Schritt, den wir nun machen, nicht mitgehen und den
Einstieg nicht unterstützen. Das wird uns in den Debat-
ten der nächsten Jahre nichts nutzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es geht in den nächsten Jahren – das ist ein wichtiger
Punkt, der bislang bei all dem strategischen Geplänkel
ein Stück weit zu kurz gekommen ist – um enorm viel.
Wir stehen vor einer enormen Herausforderung. Diese
möchte ich kurz beschreiben. Wir werden in den nächs-
ten zehn Jahren den Anteil der erneuerbaren Energien
verdoppeln. Wir müssen unsere Ausbaurate in den
nächsten zehn Jahren verdoppeln.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die Ausbaurate verdoppeln?)


Wir müssen noch schneller vorangehen als bisher.

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(C (D Herr Kollege, gestatten Sie gleich zwei Zwischenfra en? Ja oder Nein? Nein. – Wir müssen in den nächsten zehn Jahren nicht ur den Anteil der erneuerbaren Energien, sondern auch ie Energieeffizienz verdoppeln. Dazu legen wir ein entprechendes Konzept vor. Wir werden aber auch – man at den Eindruck, dass das gar keine Rolle mehr spielt – ie Klimaschutzziele im Auge behalten. Das Ziel, die O2-Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren, steht ach wie vor auf der Agenda. Dieses Ziel haben Sie sich ie gesteckt. Wir werden an diesem Ziel festhalten, egal as andere Länder in Europa oder anderswo auf der elt machen. Wir sind in diesem Bereich Vorbild. Es ibt keine andere Industrienation auf der Welt, die so mbitionierte Zielsetzungen hat wie Deutschland. Wir steigen zudem aus der Kernenergie aus, wodurch ir 25 Prozent unserer Stromerzeugung in den nächsten ehn Jahren verlieren werden. Der Ausstieg aus der ernenergie ist kein Selbstzweck. Wir steigen aus der ernenergie aus, weil wir wissen, dass der Energiehuner auf der Welt in den nächsten 20 Jahren um 50 Proent steigen wird. Deutschland muss und soll der echnologieführer auf der Welt sein, der diesen Energieunger nachhaltig, wirtschaftlich und ressourcenschoend stillt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir in den letzten zehn Jahren bereits Technologieführer geworden sind?)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711708200
Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1711708300

as ist fester Bestandteil unserer Wachstums- und Wohl-
tandsstrategie für die nächsten zwei, drei Jahrzehnte.
as ist das große Projekt, um das es heute geht. Das
üssen wir gemeinsam gestalten.

In den Ausschussdebatten und Anhörungen in dieser
oche ging es meistens ganz konkret um die Sache. Die
rünen behaupten nun, wir förderten die Windenergie
ffshore zu stark und vernachlässigten die Windenergie
nshore und förderten nur die Großen und nicht die Klei-
en. Das sind alte Spielchen. Das alles bringt doch
ichts. Wir brauchen doch alle: Wir brauchen sowohl
ffshore als auch Onshore, wir brauchen Biomasse, so-
ohl die kleinen als auch die großen Unternehmen, wir
rauchen Photovoltaik. Wir brauchen alle Ressourcen,
ie wir in Deutschland nur heben können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ir brauchen ebenfalls die Wasserkraft. All diese Pro-
kte verhindern Sie vor Ort immer wieder mit solchen
cheindebatten, wie ich sie gerade beschrieben habe.
as halte ich nicht für den richtigen Weg.

Wir müssen auch auf die Akzeptanz achten. Hierzu
öchte ich Herrn Gabriel direkt ansprechen, weil er

eute die Kosten noch einmal in besonderer Weise her-
orgehoben hat. Ich mache mir Sorgen um die Akzep-
nz, gerade vor dem Hintergrund der Kosten, und zwar





Thomas Bareiß


(A) )


)(B)

meine ich nicht nur die Industrie. Sie haben wir in die-
sem Gesetz in vielen Bereichen entlastet. Vielmehr ma-
che ich mir Sorgen um den normalen Verbraucher, um
die Familien, die diese ganze Veranstaltung letztendlich
ebenfalls bezahlen werden.

Wenn Sie hier sagen: „Wir müssen die Kosten ein-
dämmen“, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie
vor drei, vier Jahren ein EEG gebastelt haben, das auf
Teufel komm raus eine Technologie fördert, die Solar-
energie, was dazu geführt hat, dass wir jetzt 7 Milliarden
Euro jährlich für die Solarenergie ausgeben. Die Hälfte
des gesamten EEG-Topfes geht in die Solarbranche; da-
bei wird nur 2,3 Prozent des Stromes tatsächlich von die-
ser Branche erzeugt.

Ein Großteil des Geldes, das wir für diese Branche
ausgeben, fließt direkt nach Asien und in andere Länder
– diese Länder kaufen natürlich auch Maschinen bei
uns –; meines Erachtens ist dieses Geld daher sehr inef-
fizient angelegt. Deshalb müssen wir auch dort umsteu-
ern, was wir getan haben. Die christlich-liberale Koali-
tion hat in den letzten zwölf Monaten die Mittel für die
Solarenergieförderung um 33 Prozent reduziert. Dies hat
mit dazu beigetragen, dass die Kostensituation besser
dargestellt werden kann und somit die Akzeptanz bei
den Bürgern wieder in stärkerem Maße gegeben ist und
für die Zukunft gesichert werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen aber auch offen sagen, dass wir die er-
neuerbaren Energien in den nächsten Jahren stärker in
den Markt bringen müssen. Wenn wir einen Anteil von
35 Prozent erneuerbarer Energien wollen, dann brauchen
wir mehr Markt- und Systemintegration. Auch die Er-
zeuger von erneuerbaren Energien werden Verantwor-
tung in unserem Strom- und Energiekonzept überneh-
men müssen. Das wird wehtun und Diskussionen
auslösen. Wir sind der Überzeugung, dass wir mit den
Instrumenten Marktprämie, Grünstromprivileg und an-
deren, die wir im EnWG und im EEG implementiert ha-
ben, den Weg zu mehr Markt, zu mehr Wettbewerb ge-
hen. Auch das ist ein wichtiger Baustein in unserem
Energiekonzept für die Zukunft.

Trotz allem, auch mit Marktelementen und der Um-
steuerung beim EEG, müssen wir darauf hinweisen, dass
das Ganze, wie schon gesagt, mehr kosten wird. Das Pro-
jekt, das wir jetzt vorhaben, wird Arbeitsplätze in einem
ganz wichtigen Sektor, einem Zukunftssektor, schaffen.
Wir müssen aber darauf achten, dass wir in anderen Sek-
toren keine Arbeitsplätze vernichten. Deshalb haben wir
in der Gesetzgebung einen großen Schwerpunkt darauf
gelegt, dass die energieintensiven Industrien auch weiter-
hin – sogar mehr als bisher – geschont werden. Wir haben
einen Schwerpunkt gerade auf die kleinen und mittelstän-
dischen Unternehmen gelegt und diejenigen mit einem
Verbrauch zwischen 1 Gigawattstunde und 10 Gigawatt-
stunden noch einmal in besonderer Weise entlastet. Das
trägt dazu bei, dass der Industriestandort Deutschland
auch hinsichtlich der Grundstoff- und Rohstoffsektoren
wettbewerbsfähig und zukunftssicher gestaltet werden
kann.

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(C (D Meine Damen und Herren, das Projekt der Eneriewende – auf der einen Seite Ausstieg aus der Kernnergie, auf der anderen Seite Einstieg in die neuen echnologien – müssen wir gemeinsam angehen. Wie esagt, ich finde es schade, dass Sie nur die Hälfte des eges mitgehen. Ich fordere Sie noch einmal auf: Gehen ie gemeinsam mit! (Ulrich Kelber [SPD]: Wir gehen da nicht zurück!)


enn wir machen die Energiewende richtig, aus einem
uss.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wir warten weiter vorne auf Sie!)


In diesem Sinne: Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711708400

Das Wort hat nun Maria Flachsbarth für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1711708500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den großen
edanken und grundsätzlichen Erwägungen dieser De-
atte erlaube ich mir, Sie auf den letzten Metern noch
inmal zurück in die Mühen der Ebene und der gesetzge-
erischen Details mitzunehmen, die wir auf die Novelle
es Erneuerbare-Energien-Gesetzes verwendet haben.
iese Arbeit war grundlegend wichtig dafür, dass all
as, was wir heute debattiert haben, in die Realität um-
esetzt werden kann.

Das EEG ist ein bewährtes Gesetz, das jetzt aber er-
achsen werden muss. Wir brauchen es, um das Ziel zu

rreichen, innerhalb der nächsten Jahre den Anteil der
rneuerbaren auf bis zu 35 Prozent des Strombedarfs zu
erdoppeln. Dazu haben wir auf der einen Seite die be-
ährten Instrumente erhalten: den Einspeisevorrang und
ie für 20 Jahre gesicherte Vergütung. Auf der anderen
eite müssen wir sehen, dass die Erneuerbaren jetzt
irklich ein vollwertiger Marktteilnehmer werden, dass

ie sich als Wettbewerber einfügen, dass sie nachfrage-
rientierter werden. All dies ist bisher überhaupt nicht
er Fall. Deshalb haben wir das EEG qualitativ weiter-
ntwickelt: mit der Einführung der Marktprämie, mit der
ffnung der Flexibilitätsprämie auch für Bestandsanla-
en und mit dem Grünstromprivileg. Wir haben das
rünstromprivileg über die Novelle von vor einem hal-
en Jahr hinaus weiterentwickelt und einen bestimmten
nteil von fluktuierendem Strom eingeführt, damit wir
er großen Herausforderung gerecht werden können,
ass fluktuierender Strom seinen Markt erobert.

Ganz wichtig war uns – das haben schon viele Redner
us der Koalition vor mir gesagt –, dass wir den Indus-
iestandort Deutschland nicht überfordern, insbesondere
icht die energieintensiven Betriebe, auch nicht die klei-
en und mittelständischen energieintensiven Betriebe. Es





Dr. Maria Flachsbarth


(A) )


)(B)

ist richtig, dass wir da Erleichterungen geschaffen haben.
Aber wir müssen natürlich vorsichtig sein, damit wir die-
jenigen Verbraucherinnen und Verbraucher, die eben
nicht privilegiert sind, nicht mit diesem Instrument über-
fordern. Wir müssen wissen, dass die Privilegierungen
insgesamt ein Kostenvolumen von 2 Milliarden Euro
ausmachen und dass die Umlage für Erneuerbare deshalb
nicht mehr 3 Cent pro Kilowattstunde, sondern 3,5 Cent
pro Kilowattstunde beträgt. Es ist ein richtiges Instru-
ment, das aber sparsam und vorsichtig anzuwenden ist.

Wenn wir darauf schauen, wie denn nun die Instru-
mente bezüglich der Förderung der einzelnen erneuerba-
ren Energien im Detail neu justiert worden sind, so wer-
den wir sehen: Es ist ohne Zweifel die Windenergie, die
weiterhin der große Lastesel für den Ausbau der Erneu-
erbaren bleibt. Auf der einen Seite ist es Wind offshore,
das heißt die großen Windparks im Meer, die viel Zu-
wachs in der Leistung, letztendlich aber auch viele Voll-
laststunden versprechen. Das Ganze ist und bleibt eine
technologische Herausforderung erster Güte, was die
Gründung und die Materialanforderungen in aggressiver
Seeluft und rauem Klima angeht. Deswegen ist neben
dem besonderen KfW-Förderprogramm von 5 Milliar-
den Euro und der Erleichterung des Netzanschlusses
auch an der Vergütung etwas gemacht worden: Im Rah-
men des Stauchungsmodells wird die Anfangsvergütung
erhöht, die Degression verschoben und der Sprinterbo-
nus in die Grundvergütung integriert, sodass wir wirk-
lich einen Anreiz bieten können, in diese moderne, neue
Technologie zu investieren. Es erfordert einen großen
Kapitalbedarf. Doch wir sind sicher, dass sich auch Zu-
sammenschlüsse, Konsortien von Stadtwerken, noch
mehr als bislang in dieser Technologie engagieren wer-
den.

Aber wir haben auch im Bereich Onshore abweichend
vom Regierungsentwurf etwas getan, und zwar durch die
Fortführung des Systemdienstleistungsbonus bis zum
31. Dezember 2014 und durch wirkliche Erleichterungen
im Bereich des Repowerings; es wurden nämlich die Al-
tersgrenzen der Anlagen und die Leistungserhöhungs-
obergrenze gestrichen. In Richtung des baden-württem-
bergischen Wirtschaftsministers kann ich nur sagen: Die
Baden-Württemberger sollen ja alles außer Hochdeutsch
können; aber ich würde es auch einmal mit Rechnen pro-
bieren.

Auch in Bezug auf die Biomasse haben wir versucht,
einen Ausgleich zu finden. Biomasse ist eine regelbare
Erneuerbare, steht aber nicht unbegrenzt zur Verfügung.
Wir haben Flächenkonkurrenzen, wir haben möglicher-
weise strukturelle Verwerfungen durch zu große Markt-
macht beim Einkauf von Substraten, durch Konkurrenzen
gegenüber der Viehwirtschaft, wir haben Akzeptanzpro-
bleme bezüglich Vermaisung und unzureichender Effi-
zienz. Wir mussten den Boni-Dschungel lichten. Auch
die problematische Kopplung von Gülle und NaWaRo-
Bonus musste abgeschafft werden. All das ist im Rahmen
unserer Novelle erfolgt.

Wir haben nur noch zwei Rohstoffklassen. Wir haben
degressive Elemente im Bereich der Grundvergütung
und der Rohstoffklasse I in Bezug auf die Größen unse-

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(C (D r Anlagen. Wir geben Anreize zum Einspeisen von iomethan. Wir helfen, sowohl bei kleinen als auch bei rößeren Anlagen Gülle zu verwenden. Wir erreichen ehr Effizienz durch vorgeschriebene Wärmenutzung on 60 Prozent, durch die Deckelung beim Einsatz von ais und dadurch, dass für Biogasanlagen ab 750 Kiloatt ab 2014 die Pflicht zur Nutzung der Marktprämie ingeführt wird. Auch die Nutzung von Bioabfällen dort gibt es keine Konkurrenzen hinsichtlich der Nut ung – haben wir maßgeblich gefördert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, alles in allem: Ein usgewogenes Konzept. Das EEG hat sich wieder als ein rnendes System erwiesen. Es ist fit für die nächste tappe. Wir sind einen guten Schritt weiter auf dem Weg s regenerative Zeitalter. An die Opposition gerichtet: as EEG ist und war ein Parlamentsgesetz. Geben Sie eshalb Ihrem Herzen einen Stoß, und stimmen Sie dieem unserem guten Gesetz zu. Herzlichen Dank. Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich Kol gen Olav Gutting für die CDU/CSU-Fraktion das ort. Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich ill hier sagen: Ich bin stolz auf diese Koalition; enn wir haben es in einem Kraftakt und in einem brein Konsens geschafft, den andauernden Konflikt um die ernenergie in diesem Land zu befrieden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Rolf Hempelmann [SPD]: Ihr wart doch diejenigen, die den Konflikt geschürt haben!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711708600
Olav Gutting (CDU):
Rede ID: ID1711708700

(Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD])


eute beschließen wir nicht nur den Ausstieg aus der
ernenergie – das könnte ja jeder –, sondern auch den
instieg in die Energiewende, den Einstieg in das Zeital-
r der erneuerbaren Energien. Im Gegensatz zu früheren
ersuchen auf diesem Feld haben wir es geschafft, dabei
kologie und Ökonomie zu verbinden; wir spielen Öko-
gie und Ökonomie nicht wie in der Vergangenheit ge-

eneinander aus.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Koalition hat dafür gesorgt, dass es jetzt eine Ba-
nce zwischen den für die Energiewende notwendigen
vestitionsanreizen auf der einen Seite und der Erzeu-

ung des notwendigen Innovationsdrucks zur Steigerung
er Effizienz auf der anderen Seite gibt. Wir müssen
tzt dafür sorgen, dass es zum Beispiel bei der Einspei-

evergütung bei einem für Unternehmen und Investoren
erlässlichen, planbaren Kurs bleibt. Planbarkeit ist
ämlich die Voraussetzung dafür, dass Kapitalmarkt und
chnische Entwicklungen miteinander verknüpft wer-
en können. Diese Planbarkeit, zum Beispiel bei der





Olav Gutting


(A) )


)(B)

Photovoltaik, gewährleistet die Transformation einer
von der Vorgängerregierung teilweise überförderten
Branche in eine unabhängige, hochprofitable Form der
Energieerzeugung, die ein Exportschlager für unsere In-
dustrie werden kann.

Neben der Förderung der erneuerbaren Energien set-
zen wir zusätzliche Impulse. Wir haben uns zum Ziel ge-
setzt, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis
zum Jahr 2020 um 40 Prozent und bis zum Jahr 2050 um
mindestens 80 Prozent zu senken. Das ist ein ambitio-
niertes Ziel, bei dem wir gerade beim Gebäudebestand
ein ganz erhebliches Potenzial an Einsparungen erken-
nen. Wir haben uns deshalb entschlossen, bei energeti-
schen Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden neben den
bereits vorhandenen KfW-Programmen eine steuerliche
Förderung zu etablieren. Dabei ist klarzustellen, dass es
sich hierbei um eine zusätzliche Förderung zu den be-
reits bestehenden Programmen der KfW-Bankengruppe
handelt. Gefördert werden, begrenzt auf die nächsten
zehn Jahre, Sanierungen beginnend ab dem 5. Juni die-
ses Jahres, also rückwirkend. Die Befristung bis zum
Ende des Jahres 2021 halten wir für wichtig; denn wir
wollen nicht wieder eine endlose Steuersubvention, son-
dern wir wollen bewusst einen zielgerichteten zusätzli-
chen Impuls zur Energieeinsparung setzen.

Diese Förderung ist auch deswegen zielgerichtet, weil
sie auf das Ergebnis der durchgeführten Sanierungsmaß-
nahmen abzielt. Die Vorgabe ist nämlich, dass nach der
Sanierung der KfW-Effizienzhaus-85-Standard erreicht
werden muss. Dieser Standard ist hoch. Es ist also ein
ambitioniertes Ziel. Aber wenn wir die Energieeinspa-
rungen erreichen wollen, die wir uns vorgenommen ha-
ben, dann müssen wir dieses hohe Ziel setzen. Diese
steuerliche Förderung gibt es nur beim großen Paket.

Für die Einzelmaßnahmen, die auch immer wieder
diskutiert wurden, bleibt es bei den KfW-Förderpro-
grammen. Festzuhalten ist dabei, dass wir die KfW-Mit-
tel für energetische Sanierungen gerade noch einmal er-
höht haben, nämlich auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro,
sodass wir jetzt zusammen mit der steuerlichen Förde-
rung bei der energetischen Sanierung ein Gesamtpaket
von über 3 Milliarden Euro haben.

Dieses ansehnliche Paket wird seine Wirkung entfal-
ten,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


auch und gerade beim Handwerk und in der Bauindus-
trie. Durch die Hebelwirkung – das wissen wir – wird
das 16-Fache an Investitionen ausgelöst. Die Branche
vor Ort darf eine spürbare Auftragsbelebung erwarten –
mit allen Konsequenzen: Es wird zusätzliche Arbeits-
plätze geben, zusätzliche Steuereinnahmen und – das
sage ich gerade in Richtung der Kommunen – zusätz-
liche Gewerbesteuereinnahmen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass wir mit dem
heute zu beschließenden Gesetzespaket einen weiteren
konsequenten Schritt hin zur Energiewende gehen. Wir
machen den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land

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1)

2)

(C (D it diesen Maßnahmen zusätzlich zum KfW-Programm in weiteres attraktives Angebot. Wir haben nunmehr inen breit gefächerten Instrumentenkasten, und mit dieem Instrumentenkasten werden wir unserem anspruchsollen Ziel einer nachhaltigen Verringerung der Treibausgasemissionen und eines zügigen Umstiegs in das eitalter der erneuerbaren Energien ein ganzes Stück näer kommen. Deswegen: Stimmen Sie zu! Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711708800

Ich schließe die Aussprache.

Bevor wir mit den Abstimmungen beginnen, weise
h darauf hin, dass wir neben einer Vielzahl von einfa-

hen Abstimmungen auch insgesamt vier namentliche
bstimmungen durchführen werden.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den von
en Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
ntwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des
tomgesetzes. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
nd Reaktorsicherheit empfiehlt unter Buchstabe a sei-
er Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6361, den
esetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und FDP

uf Drucksache 17/6070 anzunehmen. Ich bitte diejeni-
en, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
andzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
er Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
timmen der vier Fraktionen CDU/CSU, FDP, SPD und
rüne gegen die Stimmen der Linken angenommen.

Vor unserer ersten namentlichen Abstimmung will ich
arauf hinweisen, dass es zahlreiche – wirklich zahlrei-
he – schriftliche Erklärungen nach § 31 unserer Ge-
chäftsordnung gibt.1)

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Dazu ist namentliche Abstim-
ung vorgesehen. Ich bitte die Schriftführerinnen und
chriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –
ind alle Plätze besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne
h die erste namentliche Abstimmung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die obligate Frage:
t noch jemand im Saale, der seine Stimme nicht abge-
eben hat? – Dann müssen wir noch einen Moment war-
n.

Ich glaube, jetzt haben alle ihre Stimme abgegeben.
ann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-
hrerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu

eginnen. Das Ergebnis dieser Abstimmung wird Ihnen
päter bekannt gegeben.2)

Bevor wir zu den einfachen Abstimmungen kommen,
at Kollegin Kathrin Vogler Gelegenheit zu einer münd-
chen Erklärung nach § 31 unserer Geschäftsordnung.

Anlagen 2 bis 12
Ergebnis Seite 13412 D





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Platz
zu nehmen. Bis zur nächsten namentlichen Abstimmung
dauert es noch eine Weile, weil wir ungefähr 20 einfache
Abstimmungen absolvieren müssen. – Bitte schön, Kol-
legin Vogler.


(Unruhe)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie noch
einmal bitten, Platz zu nehmen. Es gibt jetzt eine münd-
liche Erklärung, und dann gibt es eine ganze Reihe ein-
facher Abstimmungen, für die eine gewisse Übersicht im
Hause notwendig ist.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Herr Kauder! Herr Brüderle!)


Darf ich die Bitte noch einmal namentlich an die Regie-
rungsbank richten?


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Frau Merkel!)


Ich bitte Sie herzlich, Platz zu nehmen – Kollege
Burgbacher, Kollege Otto –, damit wir fortfahren kön-
nen.


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711708900

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Mir ist es wichtig, ganz kurz Ihre Auf-
merksamkeit zu beanspruchen. Ich möchte Ihnen sagen,
dass ich gegen dieses Gesetz gestimmt habe, weil der
Weiterbetrieb der Atomkraftwerke bis 2022 konkret be-
deutet, dass durch meinen Wahlkreis Steinfurt weiterhin
gefährliche Atomtransporte fahren: zum AKW in Lin-
gen, zur Urananreicherungsanlage in Gronau und zum
Zwischenlager in Ahaus, und dies länger als notwendig.

In den Wochen nach dem Reaktorunglück von Fuku-
shima haben in meinem Heimatort Emsdetten Montag
für Montag 300 oder mehr Menschen für ein schnellst-
mögliches Abschalten der Atomkraftwerke demon-
striert. Sie haben mich dazu aufgefordert, dafür zu sor-
gen, dass das Wirklichkeit wird. Wenn wir hier heute das
verabschieden, was Sie vorgelegt haben, reicht das mir
und auch diesen Menschen nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Urananreicherungsanlagen in Gronau und im be-
nachbarten niederländischen Almelo werden sogar noch
ausgebaut. Die Menschen in Ahaus befürchten völlig zu
Recht, dass das dortige Zwischenlager schleichend zum
Endlager gemacht wird. Die AKW in Deutschland wer-
den nach dem, was hier heute beschlossen wird, noch
25 000 Tonnen strahlenden Atommüll produzieren. Ich
kann nicht verantworten, dem zuzustimmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb stimme ich dem Dreizehnten Gesetz zur Än-
derung des Atomgesetzes nicht zu. Ich werde am Sonn-
tag beim 300. Sonntagsspaziergang in Gronau mit vielen
Atomkraftgegnerinnen und -gegnern an der Urananrei-
cherungsanlage für eine schnellstmögliche Abschaltung
der Atomkraftwerke demonstrieren.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ent chließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen uf Drucksache 17/6368. Wer stimmt für diesen Entchließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltunen? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen er beiden Regierungsfraktionen gegen die Stimmen der raktion Die Grünen bei Enthaltung von SPD und Linen abgelehnt. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktoricherheit empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 17/6361, den Gesetzentwurf er Bundesregierung zur Änderung des Atomgesetzes uf Drucksache 17/6246 für erledigt zu erklären. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung t einstimmig angenommen. Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion er SPD für eine beschleunigte Stilllegung von Atomraftwerken. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz nd Reaktorsicherheit empfiehlt unter Buchstabe c seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6361, den esetzentwurf der Fraktion der SPD auf Drucksache 7/5179 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Geetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der beiden oalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD und rünen bei Enthaltung der Linken abgelehnt. Damit entllt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Berang. Wir kommen zur Abstimmung über Gesetzentwurf der raktion Die Linke zur Änderung des Atomgesetzes – eine Übertragbarkeit von Reststrommengen. Der usschuss für Umwelt empfiehlt unter Buchstabe d seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6361, den esetzentwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache 7/5472 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Geetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen des Hau es gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke abgehnt. Damit entfällt auch bei diesem Gesetzentwurf die eitere Beratung. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzenturf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung es Atomgesetzes und zur Wiederherstellung des Atomonsenses. Der zuständige Ausschuss empfiehlt unter uchstabe e seiner Beschlussempfehlung auf Druck ache 17/6361, den Gesetzentwurf der Fraktion Bündis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/5035 abzulehnen. h bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen on CDU/CSU, FDP und Linken gegen die Stimmen der rünen und bei Enthaltung der SPD abgelehnt. Damit ntfällt die weitere Beratung dieses Gesetzentwurfs. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzenturf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung es Atomgesetzes – Abschalten der acht unsichersten Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711709000




(A) )

Atomkraftwerke. Der zuständige Ausschuss empfiehlt
unter Buchstabe f seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/6361, den Gesetzentwurf der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/5180 abzu-
lehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in
zweiter Beratung mit den Stimmen der beiden Regie-
rungsfraktionen gegen die Stimmen von Grünen und
Linken bei Stimmenthaltung der SPD abgelehnt. Auch
hier entfällt die weitere Beratung.

Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Atomgeset-
zes – Beendigung der Nutzung von Atomkraftwerken
zur kommerziellen Energieerzeugung in Deutschland.
Der zuständige Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe g
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6361,
den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
auf Drucksache 17/5931 abzulehnen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der beiden Ko-
alitionsfraktionen gegen die Stimmen der Grünen bei
Stimmenthaltung von SPD und Linken abgelehnt. Auch
hier entfällt die weitere Beratung.

Wir setzen die Abstimmungen zu den Beschlussemp-
fehlungen des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit auf Drucksache 17/6361 fort. Unter
Buchstabe h empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/5478
mit dem Titel „Sofortige Stilllegung der sieben ältesten
Atomkraftwerke und des Atomkraftwerks Krümmel“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfrak-
tionen gegen die Stimmen der Linken und der Grünen
bei Stimmenthaltung der SPD angenommen.

Unter Buchstabe i empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 17/6092 mit dem Titel „Atomausstieg bis
2014 – Für eine erneuerbare und demokratische Energie-
versorgung“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der beiden
Koalitionsfraktionen und der SPD gegen die Stimmen
der Linken bei Enthaltung der Grünen angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter
Buchstabe j seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/6109 mit dem Titel „Versorgungssicher-
heit transparent machen – Keine Experimente mit ato-
marer ‚Kaltreserve‘“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der bei-
den Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppo-
sitionsfraktionen angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten
Gesetzentwurf zur Neuregelung des Rechtsrahmens für
die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren

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(C (D nergien. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und eaktorsicherheit empfiehlt unter Buchstabe a seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 17/6363, den Ge etzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP uf Drucksache 17/6071 in der Ausschussfassung anzuehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der esetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den timmen der beiden Koalitionsfraktionen gegen die timmen der drei Oppositionsfraktionen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie zuvor ngenommen. Abstimmung über den Entschließungsantrag der raktion Die Linke auf Drucksache 17/6369. Wer timmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag t gegen die Stimmen der Linken mit den Stimmen der brigen vier Fraktionen abgelehnt. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktoricherheit empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 17/6363, den Gesetzenturf der Bundesregierung zur Neuregelung des echtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung us erneuerbaren Energien auf Drucksache 17/6247 für rledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Wir setzen die Abstimmungen zu der Beschlussemphlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und eaktorsicherheit auf Drucksache 17/6363 fort. Der usschuss empfiehlt unter Buchstabe c seiner Be chlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frakon der SPD auf Drucksache 17/5182 mit dem Titel Energiewende jetzt“. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der beien Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD nd Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen. Unter Buchstabe d empfiehlt der Ausschuss die Abhnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grüen auf Drucksache 17/5202 mit dem Titel „Atomzeitalr beenden – Energiewende jetzt“. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimen der beiden Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen on SPD und Grünen bei Enthaltung der Linken angeommen. Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit uf Drucksache 17/4953. Der Ausschuss empfiehlt unter uchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung es Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache 7/778 mit dem Titel „10 Jahre EEG – Auf dem besten eg zu einer ökologischen und sozialen Energiewende“. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )





(A) )

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der beiden Regierungsfrak-
tionen gegen die Stimmen der drei Oppositionsfraktio-
nen angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 17/799 mit dem Titel „Erneuerbare
Energie ausbauen statt Atomkraft verlängern“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen ge-
gen die Stimmen der Grünen bei Enthaltung von SPD
und Linken angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung energiewirt-
schaftlicher Vorschriften. Der Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 17/6365, den Ge-
setzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP
auf Drucksache 17/6072 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Linken und Grünen bei Stimmenthaltung
der SPD angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie in der
zweiten Beratung angenommen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
fiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/6365, den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher
Vorschriften auf Drucksache 17/6248 für erledigt zu er-
klären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist einstimmig angenommen.

Wir setzen die Abstimmungen zu der Beschlussemp-
fehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
auf Drucksache 17/6365 fort. Der Ausschuss empfiehlt
unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf Druck-
sache 17/5181 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem
nachhaltigen, effizienten, bezahlbaren und sicheren
Energiesystem“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der beiden Ko-
alitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD und
Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen.

Unter Buchstabe d empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf Druck-
sache 17/5481 mit dem Titel „Programm für eine nach-
haltige, bezahlbare und sichere Energieversorgung“. Wer

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1)

(C (D timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung t mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen, der inken und der Grünen gegen die Stimmen der SPD anenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter uchstabe e seiner Beschlussempfehlung die Ablehung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druckache 17/5760 mit dem Titel „Schutzschirm für Stromunden – Bezahlbare Energiepreise gewährleisten“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung t gegen die Stimmen der Linken mit den Stimmen der brigen Fraktionen angenommen. Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/ SU und der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes ber Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus lektrizitätsnetze. Der Ausschuss für Wirtschaft und echnologie empfiehlt unter Buchstabe a seiner Bechlussempfehlung auf Drucksache 17/6366, den Geetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP uf Drucksache 17/6073 in der Ausschussfassung anzuehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der esetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den timmen der beiden Koalitionsfraktionen gegen die timmen von SPD und Linken bei Enthaltung der Grüen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Über diesen Gesetzentwurf timmen wir nun namentlich ab. Ich bitte die Schriftführinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze ein unehmen. – Ist alles für die Abstimmung vorbereitet? – ann eröffne ich die zweite namentliche Abstimmung. Die obligate Frage: Haben alle anwesenden Kollegen n der namentlichen Abstimmung teilgenommen? – Das t offensichtlich der Fall. Dann schließe ich die Abstimung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, it der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis auch die er namentlichen Abstimmung wird Ihnen später beannt gegeben.1)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, wieder
latz zu nehmen, damit wir die Abstimmungen fortset-
en können.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-
chließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksa-
he 17/6370. Wer stimmt für diesen Entschließungsan-
ag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
ntschließungsantrag ist mit den Stimmen der beiden
oalitionsfraktionen und der SPD gegen die Stimmen
er Linken bei Enthaltung der Grünen abgelehnt.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
ehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 17/6366, den Gesetzentwurf der Bundesre-
ierung über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netz-

Ergebnis Seite 13415 B





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

ausbaus Elektrizitätsnetze auf Drucksache 17/6249 für
erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Mo-
dernisierung der Stromnetze – Bürgernah, zügig, für er-
neuerbare Energien“. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/6366, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen auf Drucksache 17/5762 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen und
der SPD gegen die Stimmen von Linken und Grünen an-
genommen.

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft
und Technologie zu dem Antrag der Fraktion der SPD
mit dem Titel „Die Energieeffizienz verbessern – Auf
dem europäischen Sondergipfel zur Energiepolitik am
4. Februar 2011 verbindliche Maßnahmen vereinbaren“.
Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 17/4785, den Antrag der Fraktion der
SPD auf Drucksache 17/4528 abzulehnen. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der drei Oppositionsfraktionen angenom-
men.

Abstimmung über die von den Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP sowie von der Bundesregierung einge-
brachten Entwürfe eines Gesetzes zur steuerlichen Förde-
rung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohn-
gebäuden. Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6358, die ge-
nannten Gesetzentwürfe der Fraktionen der CDU/CSU
und der FDP auf Drucksache 17/6074 sowie der Bundes-
regierung auf Drucksache 17/6251 zusammenzuführen
und in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte die-
jenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit
in zweiter Beratung mit den Stimmen der beiden Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD und Linken
bei Enthaltung der Grünen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie
in der zweiten Abstimmung angenommen.

Abstimmung über die von der Bundesregierung sowie
von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP einge-
brachten Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des Ge-
setzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie-
und Klimafonds“. Der Haushaltsausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6356,
die genannten Gesetzentwürfe der Bundesregierung auf

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(C (D rucksache 17/6252 DU/CSU und der FDP auf Drucksache 17/6075 zusamenzuführen und in der Ausschussfassung anzunehmen. h bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus chussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen egen die Stimmen der drei Oppositionsfraktionen angeommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie zuvor ngenommen. Abstimmung über die von den Fraktionen der CDU/ SU und der FDP sowie von der Bundesregierung einebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Stärkung der limagerechten Entwicklung in den Städten und Geeinden. Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtenticklung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 17/6357, die genannten Gesetzentwürfe der raktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 7/6076 sowie der Bundesregierung auf Drucksache 7/6253 zusammenzuführen und in der Ausschussfasung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzntwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um as Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltunen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung it den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen, der PD und der Linken bei Ablehnung der Grünen angeommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit mit den Stimmen der beiden Koalitionsaktionen, der SPD und der Linken gegen die Stimmen er Grünen angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über die von den Frakonen der CDU/CSU und der FDP sowie von der Bunesregierung eingebrachten Entwürfe eines Ersten Geetzes zur Änderung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften. er Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksahe 17/6364, die genannten Gesetzentwürfe der Fraktioen von CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/6077 owie der Bundesregierung auf Drucksache 17/6254 zuammenzuführen und in der Ausschussfassung anzunehen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der usschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei hen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Geetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimen der beiden Koalitionsfraktionen, der SPD und der rünen bei Enthaltung der Linken angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )





(A) )

Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie
zuvor angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu dem
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ti-
tel „Ungebundene EU-Mittel aus dem Konjunkturpaket

(EEPR) unverzüglich für mehr Energieeffizienz und er-

neuerbare Energien nutzen“. Der Ausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/5225,
den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/4017 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men von CDU/CSU, FDP und SPD gegen die Stimmen
der Grünen und Linken angenommen.

Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion
Die Linke zur Änderung des Grundgesetzes – Gesetz zur
grundgesetzlichen Verankerung des Ausstiegs aus der
Atomenergie. Der Innenausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6349, den Ge-
setzentwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache
17/5474 abzulehnen. Wir stimmen nun über diesen Ge-
setzentwurf namentlich ab. Ich bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen. – Wir
können mit der Abstimmung beginnen. Ich eröffne die
dritte namentliche Abstimmung.

Haben sich alle Mitglieder des Hauses an der Abstim-
mung beteiligt? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann
schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Auch dieses Ergebnis wird später bekannt gege-
ben1).

Wir kommen zur nächsten Abstimmung, und zwar
über den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache
17/6292 mit dem Titel „Die Energiewende zukunftsfähig
gestalten“. Wir stimmen über diesen Antrag namentlich
ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer
wiederum, ihre Plätze einzunehmen. – Da sie sie gar
nicht verlassen haben, sind wir bereit für die vierte und
letzte namentliche Abstimmung, die hiermit eröffnet ist.

Haben alle anwesenden Mitglieder des Hauses ihre
Stimme abgegeben? – Das ist offensichtlich der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis auch dieser Abstimmung wird
später bekannt gegeben2).

Zusatzpunkt 4. Interfraktionell wird Überweisung des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/6302 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht
der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Damit sind der Tagesordnungspunkt 4 und die
Zusatzpunkte 3 und 4 absolviert.

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1) Ergebnis Seite 13418 A
2) Ergebnis Seite 13420 B

(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Sahra Wagenknecht, Dr. Axel Troost, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Verursacher der Krise zur Kasse bitten – Neue Bankenabgabe einführen – Drucksache 17/6303 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Sahra agenknecht für die Fraktion Die Linke das Wort. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen“: as war für Walter Eucken, den bekannten Ökonomen nd Vater der sozialen Marktwirtschaft, eine der Grundgen einer funktionierenden Wirtschaftsordnung. Die es Prinzip wird heute komplett ignoriert. Die heutigen inanzmärkte sind ein Feld organisierter Haftungsfreieit und kollektiver Verantwortungslosigkeit. Das ist uch das Ergebnis der Politik Ihrer Regierung und der olitik der Vorgängerregierungen. Um über 300 Milliarden Euro ist die deutsche Staatserschuldung allein infolge der Bankenrettung angestieen. 300 Milliarden Euro: Das ist im Vergleich so viel ie fast ein ganzer Bundeshaushalt. Und überhaupt: Die taatsverschuldung in Deutschland ist seltsamerweise och nie in so kurzer Zeit derart angestiegen wie in den tzten Jahren, also just in der Zeit, in der dieses Land on Politikern regiert wurde, die in ihren Sonntagsreden ern von Schuldenbremsen und von Konsolidierung reen. Offenbar fällt Ihnen der öffentliche Schuldenstand ber immer nur dann ein, wenn es um Ausgaben für Bilung oder um die Lebensgrundlage von Hartz-IV-Bezieern geht. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Immer die gleiche Platte!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711709100

Für die Banken haben Sie dagegen eine Freibier-
nlage installiert, die Sie mit immer neuen Milliarden
uffüllen, damit sich die Herren Ackermann und Co
ach Belieben bedienen können; denn auch die als Euro-
ettung getarnten Milliardenpakete sind im Kern ja
ichts anderes als eine neue Runde der Bankenrettung.

Natürlich kann man dieses zynische Spiel immer wei-
rspielen. Theoretisch kann man es so lange weiterspie-
n, bis Deutschland genauso pleite ist wie Griechen-
nd. Besser und eine wirkliche Bremse für die

skalierende Staatsverschuldung wäre es aber vielleicht,
ich das Geld von dort zurückzuholen, wo es hingeflos-





Sahra Wagenknecht


(A) )


)(B)

sen ist, nämlich von den Verantwortlichen für die
Finanzmarktkrise, von denen, die von den Rettungs-
milliarden profitiert haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Eine ordentliche Bankenabgabe wäre ein wichtiger He-
bel dafür. Die Einführung einer Millionärsteuer wäre ein
anderer wichtiger Hebel.

Die Bankenabgabe, die die Bundesregierung vorge-
schlagen hat, ist aber, ich bitte Sie, doch nichts anderes
als eine Farce und Wählertäuschung. Angeblich sollen
so 70 Milliarden Euro zusammenkommen, damit die
Steuerzahler beim nächsten Crash geschont werden kön-
nen. 70 Milliarden Euro! Dabei haben Sie die jährlichen
Einnahmen noch nie höher als mit 1,2 Milliarden Euro
angesetzt. Zurzeit sieht es eher so aus, als würde es etwa
die Hälfte sein. Selbst wenn 1 Milliarde Euro herein-
kommen würde, wäre dies viel zu wenig.

Es gab einmal einen deutschen Staat, der viel Spott
dadurch auf sich gezogen hat, dass er Fünfjahrespläne
aufgestellt hat. Ich muss sagen: Hier ist die Bundesregie-
rung wirklich weiter. Sie stellt jetzt offensichtlich Sieb-
zigjahrespläne auf; denn wenn man mit der Banken-
abgabe 1 Milliarde Euro pro Jahr hereinholt, dann heißt
das: In genau 70 Jahren hat man die 70 Milliarden Euro,
mit denen man dann für die nächste Finanzkrise gewapp-
net sein will.


(Beifall bei der LINKEN)


Das heißt, nach den Planungen der Bundesregierung darf
die nächste Finanzkrise in frühestens 70 Jahren stattfin-
den.

Da fragt man sich schon, ob man Ihnen zu so viel Zu-
kunftsoptimismus gratulieren soll oder ob man Sie nicht
besser für einen derartigen Realitätsverlust von Herzen
bedauern muss.


(Beifall bei der LINKEN)


Es spricht zumindest wirklich verdammt wenig dafür,
dass sich die Realität an Ihre Pläne halten wird.

Der nächste Crash hat längst begonnen. Das liegt
auch daran, dass die letzte Finanzkrise im Grunde nie
wirklich aufgearbeitet wurde. Es läuft doch alles weiter,
als hätte es diese Krise überhaupt nie gegeben. Es laufen
weiter die gleichen absurden Geschäftsstrategien. Es
laufen weiter die gleichen halsbrecherischen Hebelfinan-
zierungen. Es laufen weiter die gleichen giftigen Finanz-
produkte.

Allein die Deutsche Bank hat von den internationalen
Rettungspaketen in der Größenordnung von gut 20 Mil-
liarden Euro profitiert. Die Deutsche Bank hat von die-
sen über 20 Milliarden Euro keinen Cent zurückgezahlt.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Pfui!)


Natürlich ist es dann für die Deutsche Bank umso leich-
ter, jetzt wieder üppige Dividenden auszuschütten und
ihre Manager mit Boni zu verwöhnen, während in
Deutschland Krankenhäuser chronisch unterfinanziert
sind und bei Niedrigverdienern aus angeblichen Spar-
zwängen der Heizkostenzuschuss gestrichen wurde. Sie

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(C (D nden das offenbar völlig normal. Ich muss sagen: Ich nde das skandalös und unerträglich. (Beifall bei der LINKEN – Björn Sänger [FDP]: Unerträglich ist das, was Sie gerade von sich geben!)


Sehen Sie sich doch bitte einmal das Geschäftsmodell
er privaten Großbanken an. Wenn die Aufgabe einer
ank darin besteht, Ersparnisse in volkswirtschaftliche
vestitionen zu lenken, dann ist die Deutsche Bank
ngst keine Bank mehr, sondern sie ist eher eine gigan-
sche Wettbude, die ihre sagenhaften Gewinne zum gro-
en Teil damit macht, auf nahezu alles, was die Welt so
ietet, Lebensmittel, Rohstoffe, Staatsanleihen, waghal-
ige Wetten zu verkaufen oder selber einzugehen.

Dabei haben von der Deutschen Bank konstruierte
iftpapiere bekanntlich schon in der letzten Finanzkrise

ine üble Rolle gespielt, denn die Deutsche Bank war ei-
er der ganz großen Player in diesem Geschäft, amerika-
ische Hypothekenkredite zu verbriefen. Da man relativ
enau wusste, dass diese Hypothekenkredite irgendwann
ul werden, hat man gleich noch die Wette gegen diese
ypothekenkredite mitverkauft und sich daran eine gol-
ene Nase verdient. Diese Geschäftspraktiken haben
tattgefunden. Sie haben sich am Ende darin niederge-
chlagen, dass der deutsche Steuerzahler die IKB, die
andesbanken, die WestLB und andere, retten musste,
eil dieser Finanzmüll nämlich genau dort angekommen
t.

Gestern hat sich in den USA die Bank of America zur
ahlung von 8,5 Milliarden Dollar Schadensersatz ver-
flichten müssen, weil sie Schrottpapiere im Volumen
on 16,5 Milliarden Dollar verkauft hat, weil sie also ge-
au das Gleiche gemacht hat, was die Deutsche Bank in
och ganz anderer Größenordnung getan hat. Ich frage
ie Bundesregierung: Wann werden Sie endlich die
eutsche Bank dazu zwingen, Schadensersatz für die zig
illiarden an Finanzmüll zu zahlen, der bei der IKB und

ei den Landesbanken und damit letztlich beim Steuer-
ahler abgeladen wurden? Machen Sie doch einmal et-
as in dieser Frage, wenn Sie die Staatsverschuldung
irklich bremsen wollen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Wir leben in einem Rechtsstaat, Frau Kollegin!)


Das ist für Sie ein Rechtsstaat, dass die Banken abzo-
ken, dass sie abstruse Geschäftsmodelle machen und
ass der Steuerzahler dann die Verluste trägt. Ich muss
agen, ich habe vom Rechtsstaat eine andere Vorstel-
ng.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Das merkt man! – Dr. Volker Wissing [FDP]: Das kommt deutlich zum Ausdruck!)


Deswegen frage ich Sie auch: Wie lange noch wollen
ie das Geld der Steuerzahler in diesem schwarzen Loch
erbrennen, statt die Ackermänner und Co endlich daran
u hindern, finanzielle Massenvernichtungswaffen zu
asteln, die uns allen irgendwann um die Ohren fliegen
erden? Sie wissen doch genauso gut wie wir, dass uns





Sahra Wagenknecht


(A) )


)(B)

das um die Ohren fliegen wird. Dass sich die Staats-
schuldenkrise so zuspitzt, hat auch etwas mit diesen Kre-
ditausfallversicherungen zu tun, die nicht zuletzt die
Deutsche Bank kreiert, verkauft, mit denen sie handelt
und sich so eine goldene Nase verdient.


(Beifall bei der LINKEN)


Deswegen fordert die Linke: Legen Sie die Finanz-
mafia endlich an die Kette, statt sich von ihr in immer
neuen Runden am Nasenring durch die Manege ziehen
zu lassen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711709200

Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU

Kollege Klaus-Peter Flosbach. Bitte schön, Kollege
Flosbach.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Klaus-Peter Flosbach (CDU):
Rede ID: ID1711709300

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Hier gibt es einen Vorschlag der Linken,
die Verursacher der Finanzkrise zur Verantwortung zu
ziehen. Wenn wir uns diesen Antrag ansehen, so sehen
wir mehr als deutlich, dass dies ein sehr untauglicher,
durchsichtiger und sehr plumper Versuch ist, im Grunde
das private Bankensystem und sogar das öffentlich-
rechtliche Bankensystem in Deutschland zu zerschlagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie haben gar nicht über die Verursacher der Finanz-
krise gesprochen. Sie haben alle Ihre Pauschalurteile, die
Sie regelmäßig hier vortragen, wiederholt und uns Ihre
ideologischen sozialistischen Ergebnisse vorgestellt, wie
man die Banken im Grunde zerschlagen kann.

Wenn Sie sich mit den Ursachen der Finanzkrise be-
schäftigt hätten, dann müssten Sie heute die Frage stel-
len, wer die Verursacher der Finanzkrise waren. Waren
es die USA selbst, die niedrige Zinsen in den Markt ge-
geben haben? Waren es die Banken in den USA, die
Kredite an Personen vergeben haben, die nicht kredit-
fähig waren? Waren es diejenigen, die diese Kredite mit
der sogenannten Verbriefung gebündelt und beispiels-
weise nach Deutschland verkauft haben? Waren es die
Banken in Deutschland, die sie gekauft haben, wie die
IKB, die Hypo Real Estate und andere Banken oder die
Landesbanken, die kein eigenes Risikomanagement
mehr wahrnahmen und diese Papiere einfach übernom-
men haben? Waren es die Ratingagenturen, die einen
Stempel aufgedrückt haben? Waren es die Aufsichtssys-
teme, die nicht funktioniert haben, oder waren es wirk-
lich auch politische Rahmenbedingungen?

All das müssen wir selbstverständlich fragen. Aber so
einfach, wie Sie es dargestellt haben, ist die Welt nun
einmal nicht. Sie müssen die Zusammenhänge beachten.
Dann kämen Sie nicht auf solche Ideen wie die, das Ban-
kensystem zu zerschlagen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie haben als Lösung vorgeschlagen, dass die Banken
Deutschland, und zwar die privaten Banken und auch

eispielsweise die Landesbanken, neben der normalen
esteuerung eine zusätzliche Bankenabgabe in Höhe
on 0,15 bis 0,30 Prozent der Bilanzsumme zahlen sol-
n. Ich weiß nicht, ob Sie sich schon einmal mit einer
ilanzsumme einer deutschen Bank beschäftigt haben.
ie haben sicherlich die der Deutschen Bank im Blick
ehabt. Denn Ihr Vorschlag zielt genau darauf ab, bei der
eutschen Bank über die übliche Besteuerung hinaus
en gesamten Gewinn zu kassieren. 100 Prozent Ver-
teuerung: Das ist Ihr Vorschlag. Er gilt aber nicht nur
r die Deutsche Bank, sondern auch für die Commerz-

ank, die Landesbanken und alle privaten Banken. Das
t der Ansatz, den wir betrachten müssen. Hier wird im
runde versucht, 100 Prozent der Gewinne der Banken

bzugreifen.

Sie haben auch von sozialer Marktwirtschaft gespro-
hen und Walter Eucken erwähnt. Jede Gesellschaft
raucht ein funktionierendes Bankensystem. Wer ist ei-
entlich der größte Mittelstandsfinanzierer in Deutsch-
nd? Wer begleitet unsere deutschen Unternehmen ins
usland, um am Weltmarkt aktiv zu sein? Wie kommt es
azu, dass wir 40 Prozent unseres Wachstums dem Ex-
ort verdanken? Die große Zahl an qualifizierten Arbeits-
lätzen in Deutschland hängt von einer funktionierenden
irtschaft und einem funktionierenden Bankensystem

b.


(Zuruf von der LINKEN: Na ja!)


Das ist so. Die Linken haben noch nie mit der Wirt-
chaft umgehen können. Sie wissen immer noch nicht,
ass erfolgreiche Sozialpolitik nur dann machbar ist,
enn wir auch ein starkes Wirtschaftssystem haben, um

ntsprechende Erträge zu erwirtschaften.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie müssen Ihren Horizont erweitern. Er wird immer
och von einer Mauer begrenzt. Die Deutschen in Ost
nd West haben in 20 Jahren Deutschland wieder nach
orne gebracht. Was Sie vorschlagen, ist aber weit von
er Wirklichkeit entfernt.

Wir haben in den letzten Jahren erfolgreiche Politik
emacht, um die Finanzmärkte zu stabilisieren. Frau
agenknecht, Sie haben von den Auswirkungen der
rise gesprochen. Sie müssen mit den richtigen Zahlen
nd mit den Zahlen operieren, die auch für die Bevölke-
ng wichtig sind.

Ich möchte aus der Zwischenbilanz der Bundesanstalt
r Finanzmarktstabilisierung vom 28. Januar 2011 zitie-
n. Die Bundesanstalt ist für uns das entscheidende
remium in Deutschland. Sie hat die Finanzkrise bewer-
t:

Im internationalen Vergleich ist der Aufwand für die
Bankenstabilisierung in Deutschland moderat … In
Deutschland gelang die Stabilisierung, anders in an-
deren Staaten, ohne einen Bank-Run, ohne eine





Klaus-Peter Flosbach


(A) )


)(B)

Überlastung des Staates und ohne soziale Verwer-
fungen.


(Lachen bei der LINKEN)


Auch Zusammenbrüche von Kreditinstituten konn-
ten vermieden werden. Nach dem Rezessionsjahr
2009 erholte sich die deutsche Wirtschaft in beein-
druckender Schnelligkeit.

Das sollten Sie in dieser Zwischenbilanz vom 28. Januar
nachlesen.

Sie haben von der Staatsverschuldung gesprochen.
Wie ist denn die Erhöhung der Staatsverschuldung ent-
standen? In der Tat bürgen wir als Staat immer noch für
über 200 Milliarden Euro an ausgesonderten Papieren
oder auch Krediten, die in den Bad Banks der Hypo Real
Estate oder der Westdeutschen Landesbank lagern.

Aber in jedem Monat werden diese Papiere Zug um
Zug verkauft. Dadurch wird sich unsere Verschuldung
reduzieren. Der Verschuldung in Höhe von 200 Milliar-
den Euro stehen – so hoffen wir jedenfalls – Vermögens-
werte in gleicher Höhe gegenüber, die dazu führen, dass
unsere Verschuldung Zug um Zug abgebaut wird. Das
dürfen Sie nicht verheimlichen.


(Abg. Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Schick, wenn ich zum Ende gekommen bin, kön-
nen Sie eine Kurzintervention machen. Dann werde ich
Ihnen erwidern.

Entscheidend ist, dass die Verschuldung Zug um Zug
abgebaut wird. Das ist einer unserer Erfolge. Dadurch
haben wir unsere Wirtschaft stabilisiert.

Wir haben aber auch auf die Krise reagiert, und zwar
in zwei großen Bereichen, nämlich durch Regulierung
und eine Bankenabgabe, die ich gleich noch darlegen
möchte. Das Wichtigste ist, dass wir die Banken durch
höhere Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen sta-
bilisiert haben. Hier geht es darum, Verluste aufzufangen
und vor allen Dingen die Widerstandsfähigkeit der Ban-
ken zu stärken. So kann sich die Krise nicht auf gleiche
Weise wiederholen.

Wir haben die europäische Aufsicht im Banken-, Ver-
sicherungs- und Wertpapierbereich gestärkt, aber auch
im Ausschuss für Systemrisiken oder im Finanzstabili-
tätsrat, der gemeinsam mit dem Internationalen Wäh-
rungsfonds als globales Frühwarnsystem funktioniert.
Das sind wichtige Maßnahmen, die es bisher nicht gab.
Wir haben zudem die Vergütungssysteme in Banken und
Versicherungen verändert und sie auf Nachhaltigkeit
ausgerichtet. Wir haben die Eigenbeteiligung bei Ver-
briefungen erweitert und federführend das Verbot unge-
deckter Leerverkäufe nicht nur in Deutschland, sondern
auch in Europa durchgesetzt.

Es sind sicherlich noch einige Dinge zu regeln – das
hat gestern der Finanzmarktkongress der Unionsfraktion
gezeigt –, wenn es um Schattenbanken, Ratingagenturen

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(C (D nd Derivate geht. Aber das Entscheidende ist: Wir haen mit den oben beschriebenen Maßnahmen die Märkte eutlich stabilisiert. Wir sind auch bei der Bankenabgabe orreiter. Alle Europäer schauen auf Deutschland, um erauszufinden, wie wir die Bankenabgabe gestaltet haen. Die meisten europäischen Länder wollen unser Sysm übernehmen. Auch die Europäische Kommission rüft eine entsprechende Gesetzesvorlage. Was ist unter einer Bankenabgabe zu verstehen? Die anken müssen entsprechend der Höhe ihrer Risiken in en Bilanzen Beiträge an einen Restrukturierungsfonds ahlen. Hier geht es nicht um die Kosten der bisherigen rise, sondern darum, in Zukunft Krisen anders abzuwi keln. In Zukunft werden wir Geld haben, um systemrevante Banken abzuwickeln oder über Brückenbanken u restrukturieren. Das sorgt für Stabilität und schont en Geldbeutel des Steuerzahlers. Das ist das Entscheiende für uns in Deutschland. Die G 20 haben in Pittsburgh eine faire und nachhalge Beteiligung des Finanzsektors verlangt. Ich sehe das enauso. Herr Schäuble hat auf der gestrigen Tagung eutlich gemacht: Wir brauchen eine gerechte Lastenerteilung, wenn wir die Legitimität nicht verlieren woln. Wir können nicht verlangen, dass alle Regeln global ind. Wir müssen unter Umständen Regeln auch nur in uropa oder in der Euro-Zone durchsetzen. Ich bin sehr oh, dass sich auch das Europäische Parlament für die inführung einer Finanzmarktsteuer ausgesprochen hat. err Barroso hat deutlich gemacht, dass er es für richtig ält, eine solche Steuer in Europa gemeinsam einzufühn. Wer die Länder um uns herum und die großen ärkte USA, Japan oder Russland betrachtet, sieht, dass ort keine Finanzmarktsteuer existiert. Aber nahezu alle änder der G 20 – dazu gehören auch die Schweiz, Sinapur und Hongkong – haben bereits eine Finanzmarktteuer eingeführt. Wir wissen sicherlich, dass wir mit eier Finanzmarktsteuer die Krise nicht verhindert hätten, eil sie ganz anders entstanden ist. Frau Wagenknecht, sen Sie das einfach einmal nach! Aber eine solche teuer ist wichtig für eine gerechte Lastenverteilung und orgt für einen finanziellen Beitrag der Finanzbranche. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen. Bevor ich dem nächsten Redner in unserer Debatte das ort erteile, darf ich Ihnen die von den Schriftführerinen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse der vier amentlichen Abstimmungen bekannt geben. Zum Erebnis der ersten namentlichen Abstimmung über den on den Fraktionen von CDU/CSU und FDP eingebrachn Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung es Atomgesetzes: abgegebene Stimmen 600. Mit Ja haen gestimmt 513, mit Nein haben gestimmt 79, Enthalngen 8. Der Gesetzentwurf ist angenommen. Vizepräsident Eduard Oswald )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711709400




(A) )

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 600;
davon

ja: 513
nein: 79
enthalten: 8

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer

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ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
lav Gutting
lorian Hahn
r. Stephan Harbarth
rgen Hardt
erda Hasselfeldt
r. Matthias Heider
elmut Heiderich
echthild Heil
rsula Heinen-Esser
rank Heinrich
udolf Henke
ichael Hennrich
rgen Herrmann
nsgar Heveling
rnst Hinsken
eter Hintze
hristian Hirte
obert Hochbaum
arl Holmeier
ranz-Josef Holzenkamp
achim Hörster
nette Hübinger
homas Jarzombek
ieter Jasper
r. Franz Josef Jung
ndreas Jung (Konstanz)

r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
wa Klamt
olkmar Klein
rgen Klimke
xel Knoerig
ns Koeppen
artmut Koschyk
homas Kossendey
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
üdiger Kruse
ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
lrich Lange
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
r. Ursula von der Leyen

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atthias Lietz
r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
r. Michael Luther
arin Maag
r. Thomas de Maizière
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

r. Michael Meister
r. Angela Merkel
aria Michalk
r. h. c. Hans Michelbach
r. Mathias Middelberg
hilipp Mißfelder
ietrich Monstadt
arlene Mortler
r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

r. Philipp Murmann
ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
duard Oswald
enning Otte
ita Pawelski
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
onald Pofalla
hristoph Poland
uprecht Polenz
ckhard Pols
homas Rachel
r. Peter Ramsauer
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)

othar Riebsamen
sef Rief
laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
ankred Schipanski
eorg Schirmbeck
hristian Schmidt (Fürth)

atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
adine Schön (St. Wendel)

ernhard Schulte-Drüggelte
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(Weil am Rhein)

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einhold Sendker

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(Hildesheim)





(A) )

Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Kerstin Griese
Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe

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echthild Rawert
tefan Rebmann
erold Reichenbach
r. Carola Reimann
önke Rix
ené Röspel
r. Ernst Dieter Rossmann
arin Roth (Esslingen)

ichael Roth (Heringen)

arlene Rupprecht

(Tuchenbach)

nton Schaaf
xel Schäfer (Bochum)

ernd Scheelen
arianne Schieder

(Schwandorf)

erner Schieder (Weiden)

lla Schmidt (Aachen)

ilvia Schmidt (Eisleben)

arsten Schneider (Erfurt)

ttmar Schreiner
wen Schulz (Spandau)

wald Schurer
rank Schwabe
r. Martin Schwanholz
olf Schwanitz
tefan Schwartze
ita Schwarzelühr-Sutter
r. Carsten Sieling
onja Steffen
eer Steinbrück
r. Frank-Walter Steinmeier
hristoph Strässer
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r. h. c. Wolfgang Thierse
ranz Thönnes
olfgang Tiefensee
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te Vogt
r. Marlies Volkmer
ndrea Wicklein
eidemarie Wieczorek-Zeul
r. Dieter Wiefelspütz
altraud Wolff

(Wolmirstedt)

ta Zapf
agmar Ziegler
anfred Zöllmer
rigitte Zypries

DP

ns Ackermann
hristine Aschenberg-
Dugnus
aniel Bahr (Münster)

lorian Bernschneider
ebastian Blumenthal
laudia Bögel
icole Bracht-Bendt
laus Breil
ainer Brüderle
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ylvia Canel
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r. Bijan Djir-Sarai

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r. Edmund Peter Geisen
r. Wolfgang Gerhardt
ans-Michael Goldmann
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iriam Gruß
achim Günther (Plauen)

r. Christel Happach-Kasan
einz-Peter Haustein
anuel Höferlin

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r. Werner Hoyer
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ichael Kauch
r. Lutz Knopek
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r. Heinrich L. Kolb
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r. h. c. Jürgen Koppelin
ebastian Körber
olger Krestel
atrick Kurth (Kyffhäuser)

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abine Leutheusser-
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hristian Lindner
r. Martin Lindner (Berlin)

ichael Link (Heilbronn)

r. Erwin Lotter
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r. Martin Neumann

(Lausitz)

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(Frankfurt)


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r. Birgit Reinemund
r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
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(Lüdenscheid)





(A) )

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 601;
davon

ja: 316
nein: 214
enthalten: 71

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer

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(Bönstrup)

olfgang Bosbach
orbert Brackmann
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r. Reinhard Brandl
elmut Brandt
r. Ralf Brauksiepe
r. Helge Braun
eike Brehmer
alph Brinkhaus
ajus Caesar
lexander Dobrindt
homas Dörflinger
arie-Luise Dött
r. Thomas Feist
nak Ferlemann
grid Fischbach
artwig Fischer (Göttingen)

irk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)

r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)

ichael Frieser

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rich G. Fritz
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
lexander Funk
go Gädechens
r. Thomas Gebhart
orbert Geis
lois Gerig
berhard Gienger
sef Göppel

eter Götz
r. Wolfgang Götzer
te Granold
einhard Grindel
ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
lav Gutting
lorian Hahn
r. Stephan Harbarth
rgen Hardt
erda Hasselfeldt
r. Matthias Heider
elmut Heiderich
echthild Heil
rsula Heinen-Esser

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udolf Henke
ichael Hennrich
rgen Herrmann
nsgar Heveling
rnst Hinsken
eter Hintze
hristian Hirte
obert Hochbaum
arl Holmeier
ranz-Josef Holzenkamp
achim Hörster
nette Hübinger
homas Jarzombek
ieter Jasper
r. Franz Josef Jung
ndreas Jung (Konstanz)

r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
Zweite namentliche Abstimmung, Entwurf eines Ge-
setzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netz-
ausbaus Elektrizitätsnetze, Drucksache 17/6073, Frak-
tionen CDU/CSU und FDP: abgegebene Stimmen 601.

M
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(D it Ja haben gestimmt 316, mit Nein haben gestimmt 14, Enthaltungen 71. Damit ist der Gesetzentwurf angeommen. Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Nein CDU/CSU Gitta Connemann Dr. Rolf Koschorrek Franz Obermeier Dr. Michael Paul Arnold Vaatz SPD Marco Bülow Frank Hofmann FDP Frank Schäffler Dr. Rainer Stinner DIE LINKE Jan van Aken A D H K M H C E D R D H W D K W N D A D H D D A U D H Ja Ju gnes Alpers r. Dietmar Bartsch erbert Behrens arin Binder atthias W. Birkwald eidrun Bluhm hristine Buchholz va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus r. Diether Dehm eidrun Dittrich erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann laus Ernst olfgang Gehrcke icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein r. Barbara Höll ndrej Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen arald Koch n Korte tta Krellmann K S R M S U D T U D C K N W P Je R Y In P M D K R D K S A D atrin Kunert abine Leidig alph Lenkert ichael Leutert tefan Liebich lla Lötzer r. Gesine Lötzsch homas Lutze lrich Maurer orothee Menzner ornelia Möhring ornelia Möller iema Movassat olfgang Nešković etra Pau ns Petermann ichard Pitterle vonne Ploetz grid Remmers aul Schäfer ichael Schlecht r. Ilja Seifert athrin Senger-Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte ersten Steinke abine Stüber lexander Süßmair r. Kirsten Tackmann F D A K Jo S H H K Jö S E C M D B D M M D T D H (Crank Tempel r. Axel Troost lexander Ulrich athrin Vogler hanna Voß ahra Wagenknecht alina Wawzyniak arald Weinberg atrin Werner rn Wunderlich abine Zimmermann nthalten DU/CSU anfred Kolbe ieter Stier ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN emet Kilic onika Lazar r. Hermann Ott ill Seiler r. Wolfgang StrengmannKuhn ans-Christian Ströbele Vizepräsident Eduard Oswald )





(A) )

Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief

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r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
ankred Schipanski
eorg Schirmbeck
hristian Schmidt (Fürth)

atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
adine Schön (St. Wendel)

ernhard Schulte-Drüggelte
we Schummer

(Weil am Rhein)

etlef Seif
hannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
ernd Siebert
homas Silberhorn
hannes Singhammer
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arola Stauche
r. Frank Steffel
rika Steinbach
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
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tephan Stracke
ax Straubinger
arin Strenz
homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
r. Peter Tauber
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
r. Johann Wadephul
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

go Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
eter Wichtel
nnette Widmann-Mauz
laus-Peter Willsch
lisabeth Winkelmeier-
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agmar Wöhrl
r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
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r. Christel Happach-Kasan
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hristian Lindner
r. Martin Lindner (Berlin)

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r. Erwin Lotter
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r. Martin Neumann

(Lausitz)

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(Frankfurt)


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(Lüdenscheid)


(Hildesheim)





(A) )

Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Kerstin Griese
Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann

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(Tuchenbach)

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(Schwandorf)

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r. Martin Schwanholz
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r. Frank-Walter Steinmeier
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(Wolmirstedt)

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(A) )


Cornelia Möhring Dr. Ralf Brauksiepe Joachim Hörster Dr. Gerd Müller
Wolfgang Nešković
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle

Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt

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r. Franz Josef Jung
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r. Egon Jüttner

Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Kornelia Möller
Niema Movassat

Dr. Helge Braun
Heike Brehmer

Anette Hübinger
Thomas Jarzombek

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Philipp Murmann
Dritte namentliche Abstimm
setzes zur Änderung des Grun
grundgesetzlichen Verankerung
Atomenergie –, Fraktion Die L

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 599;
davon

ja: 71
nein: 461
enthalten: 67

Ja

DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Dr. Barbara Höll
Andrej Hunko
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothee Menzner

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dgesetzes – Gesetz zur
des Ausstiegs aus der
inke: abgegebene Stim-

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r. Ilja Seifert
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r. Petra Sitte
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r. Kirsten Tackmann
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r. Axel Troost
lexander Ulrich
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alina Wawzyniak
arald Weinberg
atrin Werner
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DU/CSU

se Aigner
eter Altmaier
eter Aumer
orothee Bär
homas Bareiß
orbert Barthle
ünter Baumann
rnst-Reinhard Beck

(Reutlingen)

anfred Behrens (Börde)


eronika Bellmann
r. Christoph Bergner
eter Beyer
teffen Bilger
lemens Binninger
eter Bleser
r. Maria Böhmer
olfgang Börnsen

(Bönstrup)

olfgang Bosbach
orbert Brackmann
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ichael Brand
r. Reinhard Brandl
elmut Brandt

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en 599. Mit Ja haben gestimm
timmt 461, Enthaltungen 67.
weiter Beratung abgelehnt. Da
chäftsordnung die weitere Bera

homas Dörflinger
arie-Luise Dött
r. Thomas Feist
nak Ferlemann
grid Fischbach
artwig Fischer (Göttingen)

irk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)

r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)

ichael Frieser

rich G. Fritz
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
lexander Funk
go Gädechens
r. Thomas Gebhart
orbert Geis
lois Gerig
berhard Gienger
sef Göppel

eter Götz
r. Wolfgang Götzer
te Granold
einhard Grindel
ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
lav Gutting
lorian Hahn
r. Stephan Harbarth
rgen Hardt
erda Hasselfeldt
r. Matthias Heider
elmut Heiderich
echthild Heil
rsula Heinen-Esser
rank Heinrich
udolf Henke
ichael Hennrich
rgen Herrmann
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eter Hintze
hristian Hirte
obert Hochbaum
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(Heidelberg)





(A) )

Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Nadine Schön (St. Wendel)

Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff

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olfgang Zöller
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(Hildesheim)


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(Wackernheim)

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r. Eva Högl
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r. Bärbel Kofler
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hristian Lange (Backnang)

r. Karl Lauterbach
urkhard Lischka
abriele Lösekrug-Möller
irsten Lühmann
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ilde Mattheis
etra Merkel (Berlin)

llrich Meßmer
r. Matthias Miersch
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r. Rolf Mützenich
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(Wolmirstedt)





(A) )

Vierte namentliche Abstimm
der Sozialdemokraten, „Die E
hig gestalten“: abgegebene Stim

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 595;
davon

ja: 139
nein: 320
enthalten: 136

Ja

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner

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nergiewende zukunftsfä-

men 596. Mit Ja haben

g
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ernhard Brinkmann

(Hildesheim)


delgard Bulmahn
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etra Crone
artin Dörmann

lvira Drobinski-Weiß
arrelt Duin
ebastian Edathy
go Egloff

iegmund Ehrmann
r. h. c. Gernot Erler
etra Ernstberger
arin Evers-Meyer
lke Ferner
abriele Fograscher
r. Edgar Franke
agmar Freitag
igmar Gabriel
ichael Gerdes
artin Gerster

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en 136. Der Antrag ist abgeleh

is Gleicke
ünter Gloser
lrike Gottschalck
ngelika Graf (Rosenheim)

erstin Griese
ichael Groschek
ichael Groß
olfgang Gunkel
ans-Joachim Hacker
ettina Hagedorn
laus Hagemann
ichael Hartmann

(Wackernheim)

ubertus Heil (Peine)

olf Hempelmann
r. Barbara Hendricks
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etra Hinz (Essen)

rank Hofmann (Volkach)

r. Eva Högl
hristel Humme
sip Juratovic
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(Frankfurt)


(Lausitz)


(Lüdenscheid)





(A) )

Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Uta Zapf
Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Nein

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß

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(Reutlingen)

anfred Behrens (Börde)


eronika Bellmann
r. Christoph Bergner
eter Beyer
teffen Bilger
lemens Binninger
eter Bleser
r. Maria Böhmer
olfgang Börnsen

(Bönstrup)

olfgang Bosbach
orbert Brackmann
laus Brähmig
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r. Reinhard Brandl
elmut Brandt
r. Ralf Brauksiepe
r. Helge Braun
eike Brehmer
alph Brinkhaus
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itta Connemann
lexander Dobrindt
homas Dörflinger
arie-Luise Dött
r. Thomas Feist
nak Ferlemann
grid Fischbach
artwig Fischer (Göttingen)

irk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)

r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)

ichael Frieser

rich G. Fritz
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
lexander Funk
go Gädechens
r. Thomas Gebhart
orbert Geis
lois Gerig
berhard Gienger
sef Göppel

eter Götz
r. Wolfgang Götzer
te Granold
einhard Grindel
ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
lav Gutting
r. Stephan Harbarth
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r. Matthias Heider
elmut Heiderich
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eter Hintze
hristian Hirte
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ranz-Josef Holzenkamp
achim Hörster
nette Hübinger
homas Jarzombek
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r. Franz Josef Jung
ndreas Jung (Konstanz)

r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster
olker Kauder
r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
wa Klamt
olkmar Klein
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xel Knoerig
ns Koeppen
anfred Kolbe
r. Rolf Koschorrek
artmut Koschyk
homas Kossendey
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
üdiger Kruse
ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

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r. Norbert Lammert
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lrich Lange
r. Max Lehmer
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r. Ursula von der Leyen
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r. Carsten Linnemann
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r. Jan-Marco Luczak
r. Michael Luther
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r. Thomas de Maizière
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r. Patrick Sensburg
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r. Frank Steffel
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hristian Freiherr von Stetten
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arin Strenz





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

FDP

Jens Ackermann
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober

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Schnarrenberger

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hristian Lindner
r. Martin Lindner (Berlin)

ichael Link (Heilbronn)

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r. Martin Neumann

(Lausitz)

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(Frankfurt)


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r. Christiane Ratjen-
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r. Birgit Reinemund
r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
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r. Erik Schweickert
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r. Hermann Otto Solms
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r. Max Stadler
orsten Staffeldt
r. Rainer Stinner
tephan Thomae
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hannes Vogel

(Lüdenscheid)

r. Daniel Volk
r. Guido Westerwelle
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
artfrid Wolff (Rems-Murr)


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r. Martina Bunge
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r. Dagmar Enkelmann
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icole Gohlke
iana Golze
nnette Groth
r. Gregor Gysi
eike Hänsel
r. Rosemarie Hein
r. Barbara Höll
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r. Lukrezia Jochimsen
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arald Koch
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ichael Leutert

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r. Gesine Lötzsch
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ornelia Möller
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olfgang Nešković

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vonne Ploetz
grid Remmers

aul Schäfer (Köln)

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r. Ilja Seifert
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abine Stüber
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r. Kirsten Tackmann
rank Tempel
r. Axel Troost
lexander Ulrich
athrin Vogler
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alina Wawzyniak
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atrin Werner
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(A) )

– So weit die Bekanntgabe der Ergebnisse der vier na-
mentlichen Abstimmungen.

Wir fahren in unserer Debatte fort. Für die sozialde-
mokratische Fraktion spricht unser Kollege Manfred
Zöllmer.


(Beifall bei der SPD)


– Bitte schön, Kollege Zöllmer.


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1711709500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Forderung, die Verursacher der Krise zur Kasse zu bit-
ten, hatte während der Finanzmarktkrise bei allen hier
im Bundestag vertretenen Parteien Hochkonjunktur. Seit
den Ereignissen von 2007 haben wir hier im Bundestag
vielfach über die Aufarbeitung der Finanzkrise disku-
tiert. Eine Vielzahl von Gesetzen wurde beschlossen, in
Deutschland und ebenso in Europa und in den USA.
Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, aber diese
Debatte gibt eine gute Möglichkeit, ein paar Aspekte nä-
her zu beleuchten, zum Beispiel eine Antwort auf fol-
gende Frage zu geben: Ist es gelungen, in Deutschland
die Verursacher der Krise für die Kosten der Krise zur
Kasse zu bitten? Die Antwort ist einfach; sie lautet Nein.


(Beifall bei der SPD)


Das Versprechen der Kanzlerin, dies zu tun, hat sich
als Falschaussage erwiesen. Nun kann man fragen: Wa-
rum soll man jemandem glauben, der permanent seine
Meinung wechselt und heute dies und morgen das ver-
kündet, wie wir es eben erlebt haben? Aus „Die Verursa-
cher sollen für die Krise zahlen“ – so wörtlich Frau
Merkel – wurde „Die Verursacher sollen für mögliche
zukünftige Finanzmarktkrisen zahlen“. Dann ging es um
die Bankenabgabe; sie sollte dies leisten. Doch wir ha-
ben sie immer noch nicht, und in der ursprünglich von
der Bundesregierung intendierten Form ist es noch nicht
einmal eine Versicherungslösung.

Das, was die Bundesregierung bisher vorgelegt hat,
ist ein Armutszeugnis.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Quatsch!)


Wie lange sollen wir eigentlich noch warten, bis zumin-
dest eine Minimalbeteiligung des Bankensektors an zu-
künftigen Krisen wirklich auf den Weg gebracht wird?


(Beifall bei der SPD)


Verstecken Sie sich doch nicht hinter dem Bundesrat!
Wer alle Änderungsanträge von Sozialdemokraten und
Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss zu diesem Thema
ablehnt – es handelt sich um Änderungsanträge, die da-
für sorgen sollten, dass die Banken substanziell, also
wirklich Geld in den Rettungsfonds einzahlen –, der darf
sich nicht beschweren, wenn der Bundesrat nun tätig
wird, um wenigstens die größten Ungerechtigkeiten der
Verordnung zu beseitigen.

Der Bundesrat hat mit 16 : 0 Stimmen solche Kom-
promissvorschläge auf der Basis der genannten Ände-
rungsanträge gemacht. Wir fordern deshalb die Bundes-
regierung auf, alle Versuche, die Großbanken zu

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(C (D chonen, endlich aufzugeben und dafür zu sorgen, dass ie Bankenabgabe Realität wird. Wir wissen, dass die Summe, die da in jedem Jahr zuammenkommt, nur dann ausreichen wird, wenn die ächste Finanzmarktkrise erst in 100 Jahren kommt. (Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Nächste Woche! Weiß doch jeder!)


(Beifall bei der SPD)


Okay, dann nehmen wir das entsprechend zu Protokoll.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Da ist was in Planung! – Nicolette Kressl [SPD]: Höchst kompetent!)


Ja, es war ein sehr kompetenter Zwischenruf; das kann
h nur bestätigen.

Nachdem die Beratungen im Finanzausschuss und im
undestag beendet sind und der ganze Vorgang beim
undesrat liegt, entdecken nun die Linken dieses Thema
nd fordern, wie wir eben gehört haben, eine neue Ban-
enabgabe einzuführen. Ich kann mich im Übrigen nicht
n Änderungsanträge der Fraktion Die Linke im Finanz-
usschuss erinnern. Dort haben sie die Bankenabgabe
ur abgelehnt. Nun kann man ja sagen, besser zu spät als
ie; aber im Bundesrat haben alle Länder den Kompro-
issvorschlägen zur Bankenabgabe zugestimmt, auch

ie Länder mit Regierungsbeteiligung der Linken.


(Beifall bei der SPD)


Nun kann man fragen: Was soll dieser Antrag? Wol-
n Sie von dieser Zustimmung ablenken, wollen Sie von
er Antisemitismusdebatte ablenken, haben Sie auf der
aktionsinternen Resterampe für Anträge noch einmal
achgeschaut und etwas gefunden, was Sie schon einmal
eiseite gelegt haben, was aber für diese Zwecke immer
och geht?


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die Schallplatte von Frau Wagenknecht ist immer die gleiche!)


Ja, das weiß ich. – Liebe Kolleginnen und Kollegen
on der Linken, seriöse Politik geht nun wirklich anders.

Es gibt ein Instrument, das eine Beteiligung des Fi-
anzsektors insgesamt, nicht nur der Banken, an den
osten der Krisen sicherstellte. Das ist die Finanztrans-

ktionsteuer, die Sie auch in Ihrem Antrag fordern. Wer
ich anschaut, wie die Bundesregierung bisher mit die-
em Thema umgegangen ist, der kommt ins Staunen. Es
ing nach dem Motto: Rin in die Kartoffeln, raus aus
enselben. In der Regierung ging das dann so, dass sich
er Finanzminister gegen den Wirtschaftsminister posi-
onierte und Teile der CDU gegen die FDP agierten;
ann wurde es in die Haushaltsplanung übernommen
nd anschließend wieder aus der Haushaltsplanung her-
usgeschmissen. Vor kurzem hatten wir noch eine De-
atte im Bundestag zu diesem Thema. Dies alles ist
irklich der Beleg dafür, dass wir es hier nicht mit einer

eriösen Regierung, sondern mit einer Chaostruppe zu
n haben.


(Beifall bei der SPD)






Manfred Zöllmer


(A) )


)(B)

Es gab und gibt viel Widerstand. Aber es ist Bewe-
gung in diesem Thema. Dieses Thema ist ein sehr gutes
Beispiel für die Aussage, dass Politik das hartnäckige
Bohren dicker Bretter ist; das ist wirklich ein ganz di-
ckes Brett. Viele Bürgerinnen und Bürger, viele Abge-
ordnete auf unterschiedlichen Ebenen, viele zivilgesell-
schaftliche Gruppen arbeiten an diesem Thema und
fordern die tatsächliche Einführung einer Finanztransak-
tionsteuer. Dieser Druck zeigt Wirkung. Wir haben eben
gehört, dass es Bewegung in Europa gibt. Wir hoffen,
dass diese Bewegung auch in die richtige Richtung geht;
dann werden wir es nachdrücklich unterstützen.

Auf der anderen Seite sehen wir, dass die Versuche,
die Finanztransaktionsteuer zu diskreditieren, in sich zu-
sammenbrechen. Die Riester-Renten-Lüge, also die Be-
hauptung, mit dieser Steuer würden die kleinen Riester-
Sparer getroffen, ist in sich zusammengefallen. Dann
gibt es immer die Warnung vor der Abwanderung der Fi-
nanzmärkte nach Asien. Herr Kollege Flosbach hat es
eben schon angesprochen: In Singapur und in Hongkong
gibt es eine Stamp Tax, in Hongkong ist sie sogar so aus-
gestaltet, dass sie der Finanztransaktionsteuer sehr nahe
kommt. Bei den Gesprächen, die wir als Finanzaus-
schussmitglieder dort geführt haben, ist deutlich gewor-
den, dass der Chef der Börse die Wirkung der Finanz-
transaktionsteuer ausdrücklich begrüßt hat. Er hat
gesagt, sie habe ein dämpfende Wirkung auf die Finanz-
märkte, auch gebe es keine Probleme mit dem High Fre-
quency Trading.

Wir fordern deshalb, dass sich die Bundesregierung
und die Koalitionsfraktionen ohne Wenn und Aber für
die Implementierung der Finanztransaktionsteuer einset-
zen. Dann hätten wir wirklich eine Beteiligung der Ver-
ursacher an den Kosten der Krise. Unsere Unterstützung
in dieser Frage haben Sie.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711709600

Nächster Redner ist für die Fraktion der FDP unser

Kollege Dr. Volker Wissing.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1711709700

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wirbt be-
kanntlich mit dem Slogan: „Dahinter steckt immer ein
kluger Kopf“. In der fünften Zeile Ihres Antrages zitie-
ren Sie die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Trotzdem
steckt hinter Ihrem Antrag kein kluger Kopf.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie fordern, dass wir die Verursacher der Krise zur Ver-
antwortung ziehen. Das tun wir auch. Es laufen vor den
Gerichten in aller Welt zahllose Verfahren mit dem Ziel,
Verantwortlichkeiten zu klären und Schuldfragen zu be-
antworten. Wo Schuld festzustellen ist, werden die Ver-
antwortlichen auch verurteilt. Das hat in Ihrem Antrag
keine Berücksichtigung gefunden, weil Sie sich mit der

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(C (D ewaltenteilung schwertun. Sie tun sich auch mit dem echtsstaat schwer. Das haben Sie, Frau Wagenknecht, nschaulich demonstriert: Sie haben hier die Meinung ertreten, dass man, wenn eine Bank riskante Papiere an ine andere Bank verkauft und sich bei der Bank, die sie ekauft hat, ein Risiko ereignet, den Verkäufer staatlich estrafen müsse; das war Ihre Vorstellung. (Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Das passiert gerade in den USA!)


Das ist in einer mitteleuropäischen Rechtskultur nicht
öglich. Wir haben gewachsene rechtsstaatliche Struk-
ren. Damit mögen Sie wenig Erfahrung haben. Viel-
icht haben Sie auch wenig Verständnis dafür. Vielleicht
aben Sie auch keine Zuneigung zu unserem Rechts-
taat. Ich sage Ihnen: Wir haben diesen Rechtsstaat, und
ir werden ihn gegen all Ihre Angriffe verteidigen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Im Interesse der Banken verteidigen!)


Schuldfragen zu klären, ist nicht Aufgabe des Deut-
chen Bundestages, sondern der Justiz. Das wollen wir
Deutschland so belassen, und deswegen bekämpfen
ir Ihre Politik.


(Harald Koch [DIE LINKE]: Aber der Bundestag beschließt die Gesetze!)


chuld lässt sich auch nicht beliebig kollektivieren, son-
ern sie muss im Einzelfall nachgewiesen werden. Wenn
ie schreiben, dass weitere milliardenschwere Risiken
er Banken auf die Bürgerinnen und Bürger abgewälzt
orden sind, dann sollten Sie in der Lage sein, das kon-
ret zu benennen, oder Sie sollten schweigen. Das ist
ben der Unterschied zwischen Ideologie und Sachpoli-
k. Die eine Seite will polemisieren, die andere will Lö-
ungen erarbeiten.


(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Sie polemisieren lieber!)


r Antrag polemisiert.

Sie kritisieren den Gewinn der Deutschen Bank und
hren ihn als Beleg für einen Verstoß gegen die Anwen-

ung des Verursacherprinzips bei der Bewältigung der
inanzkrise an. Was für ein Unsinn! Wenn Sie das Verur-
acherprinzip einfordern, dann müssen Sie konkret sa-
en, was die Deutsche Bank verursacht hat. Ein hoher
ewinn einer Bank ist noch kein Verstoß gegen die ge-

etzlichen Regeln. Ihren Umkehrschluss, dass die Kri-
enbewältigung der Bundesregierung falsch sei, weil die
eutsche Bank Geld verdiene, halte ich für sehr gewagt.
h glaube, es ist eine Zumutung, wenn man sich so et-
as hier im Hohen Hause anhören muss.

Es ist in Deutschland so, dass wegen der Finanz-
arktkrise höhere Lasten zu tragen sind; aber das ist

icht die Schuld der privaten Banken, sondern dafür
ägt der öffentliche Bankensektor die Verantwortung.
ass Sie das immer wieder ignorieren, weil es in Ihre
eologie nicht hineinpasst, macht Ihre Anträge leider

icht klüger.





Dr. Volker Wissing


(A) )


)(B)

Es ist bedenklich, dass Sie bis zum Abwinken auf
dem Verursacherprinzip herumreiten. Wenn Sie dieses
Prinzip auf die Deutsche Bank anwenden wollen, dann
müssen Sie zuerst einmal sagen, was diese Bank verur-
sacht hat. Wenn Sie nicht nachweisen können, dass diese
Bank etwas verursacht hat, dann müssen Sie sie von den
Bankenabgaben konsequenterweise ausnehmen. Das
wollen Sie vielleicht; wir wollen das nicht.

Wir sind gemeinsam mit der Bundesregierung einen
anderen Weg gegangen. Wir stellen keine wie auch im-
mer geartete Schuldfrage in den Vordergrund, und wir
machen die Zahlung der Bankenabgabe nicht von einer
Verantwortung für die Krise abhängig, sondern wir wol-
len, dass sich der gesamte Bankensektor an künftigen
Bankenrestrukturierungen beteiligt; denn nach unserer
Auffassung ist es nicht die Aufgabe des Steuerzahlers,
Bankenrestrukturierungen zu finanzieren. Festzustellen
ist eine gefahrgeneigte Tätigkeit der Finanzbranche, und
deswegen soll die Finanzbranche auch künftige Restruk-
turierungen finanzieren und einen entsprechenden Fonds
speisen.


(Björn Sänger [FDP]: Das ist auch richtig so!)


Dafür sorgen wir, und das ist auch vernünftig. Deswegen
unterstützen wir diesen Weg der Bundesregierung aus-
drücklich.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711709800

Kollege Dr. Wissing, gestatten Sie eine Zwischen-

frage unserer Kollegin Sahra Wagenknecht?


Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1711709900

Ja, bitte.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711710000

Bitte schön, Frau Kollegin Wagenknecht.


Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711710100

Sie haben gerade so eifrig den Rechtsstaat verteidigt.

Ich frage Sie einfach einmal etwas zu einer konkreten
Praxis der Deutschen Bank; Sie wollten ja Beispiele hö-
ren. Es gibt das sehr interessante und lesenswerte Buch
des amerikanischen Finanzjournalisten Michael Lewis.
Er schildert darin unter anderem ein Treffen von einem
führenden Investmentbanker der Deutschen Bank mit
einer Gruppe von Hedgefonds-Managern. Bei diesem
Treffen hat der deutsche Banker die Hedgefonds-Mana-
ger überzeugt, gegen die von der Deutschen Bank selbst
konstruierten Papiere zu wetten. Dabei fragte einer der
Hedgefonds-Manager den Investmentbanker der Deut-
schen Bank relativ ungläubig: Wer ist denn eigentlich
der Idiot auf der anderen Seite? Wer ist eigentlich so ver-
rückt und kauft den Finanzmüll, den Sie dort konstruiert
haben? Darauf sagte dieser Banker der Deutschen Bank
relativ kurz und kühl: Düsseldorf, stupid Germans. –
Düsseldorf, dumme Deutsche.

Finden Sie solche Geschäftspraktiken rechtsstaatlich?
Finden Sie, dass das einfach so laufen gelassen werden
kann? Wir alle wissen: In Düsseldorf saß die IKB, sitzt
die WestLB. Das waren die Käufer. Die Lasten trägt der

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(C (D teuerzahler. Ist es Ihr Rechtsstaatsverständnis, dass wir lle jetzt diese Last mittragen und bezahlen, während die eutsche Bank – mit ähnlichen Praktiken übrigens – ieder fleißig Geld scheffelt? Ich habe mir schon gedacht, dass Sie in Ihrer Frage ie Dinge genauso durcheinanderbringen wie vorher in rem Redebeitrag. Deshalb wiederhole ich, was ich vor in gesagt habe: Es ist nicht Aufgabe des Deutschen undestages, festzustellen, ob eine Bank gegen besteende Gesetze verstoßen hat; (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Er kann Gesetze ändern!)

Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1711710200

as ist Sache der Justiz. Das haben Sie offenbar immer
och nicht verstanden; aber es ist so.

Dann haben Sie angesprochen, dass die Deutsche
ank gesagt haben soll, dass die Landesbanken, also öf-
ntliche Banken – das sind die Banken, die Sie für klü-

er halten –, so dumm gewesen seien, Papiere zu kaufen,
ie private Banken nicht haben wollten. Daraus ziehen
ie merkwürdigerweise den Rückschluss, dass man in
eutschland mehr von diesen öffentlichen Banken

chaffen sollte, bis man nur noch öffentliche Banken hat.
ei Ihnen geht einfach alles durcheinander. Sie versu-
hen, die Realität in Ihre Ideologie zu pressen, bringen
ns idiotische Anträge, die alles andere als logisch sind,


(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Keine Antwort!)


nd haben außer irgendwelchen Parolen gegen Banken
eine einzige Lösung für die Bewältigung der Finanz-
arktkrise zu bieten. Weil Sie keine schlüssigen Kon-

epte haben und weil das alles jeglicher Logik entbehrt,
chaffen Sie es auch nicht, Ihre Vorstellungen mit einem
odernen Rechtsstaat in Einklang zu bringen. Deswe-

en sage ich Ihnen: Sie sind auf dem Holzweg. Wenn
as eine Antwort auf Ihre Frage ist, dann habe ich sie Ih-
en gern gegeben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir können weiterhin feststellen, dass Ihre These, man
olle die Deutsche Bank verstaatlichen, nun wirklich alles
ndere als eine gute Idee ist. Es war die ungute Verqui-
kung von staatlicher Sicherheit mit einer höheren Risi-
obereitschaft und mangelnder Professionalität des öf-
ntlichen Bankensektors – das haben Sie mit Ihrer Frage

erade noch einmal angesprochen –, die dazu geführt hat,
ass Landesbanken massiv in die Krise gerutscht sind.
eswegen hat der deutsche Steuerzahler heute ein Pro-
lem. Daraus kann man nicht den Rückschluss ziehen
ich sage es Ihnen noch einmal –, dass man mehr Banken

erstaatlichen müsse; denn dann würden Sie das Risiko
r den Steuerzahler noch weiter erhöhen. Ich weiß nicht,

b die Linke das irgendwann versteht: Es ist der öffentli-
he, nicht der private Bankensektor, der dem deutschen
teuerzahler die Probleme bereitet.


(Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Die Hypo Real Estate war schon immer staatlich!)






Dr. Volker Wissing


(A) )


)(B)

Sagen Sie doch bitte nicht immer wieder: Der Weg ist
die Bankenverstaatlichung. – Ich weiß nicht, welche
Lehren die Linke aus der Finanzmarktkrise gezogen hat;
mehr Staatsbanken benötigt Deutschland jedenfalls
nicht.


(Beifall des Abg. Björn Sänger [FDP])


Sie sollten sich einmal die Mühe machen, Ihre Politik
zu Ende zu denken. Ich finde auch das, was Sie über den
Beschluss der französischen Nationalversammlung zur Fi-
nanztransaktionsteuer schreiben, nicht besonders logisch.
Sie heben den Beschluss des französischen Parlaments
hervor und sagen: Weil Frankreich eine Finanztransak-
tionsteuer vorschlägt, muss man sie jetzt flächendeckend
einführen. – Sie sollten der Entscheidung des französi-
schen Parlaments einmal die Entscheidungen all der an-
deren Parlamente gegenüberstellen, die nämlich keine
Beschlüsse hinsichtlich der Finanztransaktionsteuer ge-
fasst haben. Wenn Sie das tun, dann ergibt sich weltweit
ein eindeutiges Meinungsbild.

Wir haben die Diskussion auf der Ebene der G 20 und
auf anderen Ebenen immer wieder geführt. Es ist im Üb-
rigen, Herr Kollege Zöllmer, ein Märchen – das erzählen
Sie hier immer wieder, aber es bleibt ein Märchen –,
dass sich die Bundesregierung international nicht für
eine Finanztransaktionsteuer einsetzt. Das Gegenteil ist
richtig.


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie tun es nicht!)


Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesfinanz-
minister, setzt sich auf europäischer Ebene für eine
Finanztransaktionsteuer ein. Wir als Koalitionsfraktio-
nen haben dem Bundesfinanzminister dafür auch grünes
Licht gegeben. Aber wir haben eines immer klar gesagt:
Wir wollen keine Finanztransaktionsteuer, die den
Finanzplatz Deutschland schwächt und andere Finanz-
plätze stärkt.

Wir machen im Deutschen Bundestag keine Finanz-
politik für den Finanzstandort Großbritannien, sondern
wir machen Finanzpolitik für unseren Standort. Wenn
Großbritannien nicht bereit ist, in Europa gemeinsam
eine Finanztransaktionsteuer einzuführen, dann halten
wir es aus deutschem Interesse nicht für vertretbar, eine
solche Steuer hier einzuführen. Sie können dieses Mär-
chen bei der nächsten Debatte wieder erzählen und sa-
gen, in Deutschland werde das alles blockiert; dadurch
wird es immer noch nicht wahr.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wer ist „wir“?)


– „Wir“, das ist die Koalition, Frau Kollegin Kressl.


(Nicolette Kressl [SPD]: Da hat man etwas anderes gehört!)


Wenn Sie die Beschlüsse, die wir hier gemeinsam ge-
fasst haben, nachgelesen hätten, dann wüssten Sie, dass
dem so ist.

Wir haben eine klare Haltung in dieser Frage. Die
FDP jedenfalls macht eine Finanztransaktionsteuer ohne
UK nicht mit, weil wir nicht bereit sind, unsere Finanz-
standorte zu opfern und andere zu fördern. Wir machen

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(C (D Deutschen Bundestag immer noch Politik fürs deutche Volk. Vielen Dank. Nächster Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die rünen ist unser Kollege Dr. Gerhard Schick. Bitte chön, Kollege Dr. Schick. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711710300
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iese Debatte zeigt sehr gut, welche Einschätzungen es
ezüglich der Finanzkrise gibt. Da hören wir als Erstes
on Herrn Flosbach, dass in Deutschland eigentlich alles
anz toll gelaufen ist. Dabei werden die Lasten für die
ürgerinnen und Bürger völlig verharmlost.

Die Fakten zeigen da leider etwas anderes. Der Fiscal
onitor des Internationalen Währungsfonds vom April

011 zeigt auf, dass Deutschland nach Irland und noch
or den USA das Land ist, welches – im Verhältnis zur
rößenordnung der Wirtschaftsleistung und auch in ab-

oluten Größen – am stärksten von dieser Finanzkrise
etroffen ist. Ich finde, es geht einfach nicht, das zu ver-
armlosen und so zu tun, als gebe es hier keine Last.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Das ist falsch, was Sie sagen! Sie nennen keine konkreten Zahlen!)


Die Zahlen: Für Deutschland 10,7 Prozent des Brutto-
landsprodukts, so sagt der IWF, und in den USA sind

s 3,4 Prozent. Die genauen Zahlen für die anderen Län-
er können wir im Ausschuss im Detail gerne durchge-
en.

Weiterhin geht es nicht an, die durch die Finanzkrise
ffengelegten Geschäftspraktiken von Großbanken, die
is zu Betrug, Untreue und anderen strafrechtlich rele-
anten Delikten reichen, zu übersehen.


(Joachim Poß [SPD]: Darüber wurde nicht gesprochen!)


a kann man doch nicht sagen, das sei nur ein Justizpro-
lem. Vielmehr braucht eine soziale Marktwirtschaft im-
er auch ein ethisches Fundament.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


enn sich die Politik einer Bewertung dessen enthält,
as auf den Märkten passiert, dann können wir als Ge-

etzgeber doch einpacken.

In den USA ist es nicht so, dass nur die Justiz darauf
ingehen würde. Es gibt auch einen Bericht des US-
enats, der die Rolle der Großbanken sehr genau be-
achtet. Ich finde, auch in Deutschland sollte man ent-
prechend reagieren und untersuchen, was wir zu einer
erbesserung unseres Finanzsystems beitragen können.





Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

Die CDU/CSU-Fraktion hat gestern eine Jubelrunde in
Form einer Finanzmarktkonferenz veranstaltet.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Sehr gute Veranstaltung! Sie waren sogar eingeladen!)


Ich halte es für notwendiger, kritisch an die Sache heran-
zugehen, anstatt sie zu verharmlosen.

Ganz konkret: Weil wir davon ausgehen müssen, dass
es gerade in Deutschland aufgrund der Finanzkrise sehr
hohe Kosten gibt, muss die Frage beantwortet werden:
Wer trägt die Kosten dieser Krise? Ich kenne aus der Ko-
alition keine Antwort auf diese Frage. Deswegen be-
fürchten wir – gemeinsam mit vielen Menschen in die-
sem Lande –, dass das wieder am unteren Ende der
Einkommensskala in Deutschland passiert, und zwar so,
wie Sie schon die Kosten für die Wiedervereinigung
finanziert haben, nämlich über höhere Staatsverschul-
dung und durch steigende Sozialversicherungsabgaben.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Und steigende Steuern!)


Das würde die kleinen Leute treffen. Deshalb soll es das
nicht geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Es gibt einen Vorschlag, wer die Kosten dieser Krise
tragen soll. Er kommt von der Linkspartei. Leider müs-
sen wir sagen: Dieser Vorschlag funktioniert nicht. Es
geht verfassungsrechtlich nicht, den Haushalt mit einer
Sonderabgabe aufzufüllen. In einem Gutachten des Wis-
senschaftlichen Dienstes vom März 2010 steht, dass die
Abgabe nicht dem allgemeinen Haushalt zur Gesamt-
deckung zur Verfügung stehen kann. Das gilt genauso
für die Verluste des Haushalts bei vergangenen Unter-
stützungsleistungen. In der juristischen Literatur wird
das Thema auf diese Weise bewertet. Der Vorschlag der
Linken wird also nicht funktionieren. Deshalb sollten
wir uns mit den Vorschlägen beschäftigen, die funktio-
nieren. Ich kann mich der Kritik des Kollegen Zöllmer
nur anschließen: Bei den Beratungen zur Bankenabgabe
hätte die Linkspartei Änderungsvorschläge einbringen
können, um das Ganze anders auszugestalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie lautet unsere Antwort auf die Frage, wie die Kos-
ten der Krise bewältigt werden können? Sie lautet: Ver-
mögensabgabe. Wir sagen: Die Kosten dieser Finanz-
krise sollen mit einer einmaligen Abgabe auf große
Vermögen – netto über 1 Million Euro pro Person – ab-
getragen werden. Denn die Schuldenlast ist zu hoch und
gefährdet die Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens.
Wir wollen nicht, dass die kleinen Leute, die am wenigs-
ten von dem Boom vor der Finanzkrise profitiert haben,
diese Last tragen sollen. Wir geben eine ehrliche Ant-
wort auf die Frage, wer die Kosten dieser Krise tragen
soll. Geben auch Sie endlich diese Antwort!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Der zweite Teil des Antrags, über den wir heute disutieren, bezieht sich auf die Finanztransaktionsteuer. ie Entwicklung bei diesem Thema ist spannend: Selten aben Initiativen aus der Bevölkerung, aus der Zivilgeellschaft so schnell den Weg in die Parlamente und die esetzgebung gefunden. Es ist teilweise atemberaubend, ie die schlechten Argumente gegen die Steuer nach nd nach wegkippen. Zuletzt ist auf der Reise einer Degation des Finanzausschusses nach China deutlich georden: Man kann nicht einfach sagen, dass diese Steuer ufgrund des Wettbewerbs mit den asiatischen Börsenlätzen für uns gefährlich sein könnte. Nein, dort gibt es ereits Steuern, die dem ähneln, was wir hier vorschlaen. Jetzt ist eine neue Situation eingetreten: Die EUommission hat im Rahmen der Planungen für die ächsten Jahre vorgeschlagen, zur Finanzierung des eupäischen Haushaltes eine solche Steuer zu realisieren. etzt kommt es darauf an, wie sich die Bundesregierung nd der Deutsche Bundestag zu diesem Vorschlag veralten. Wer für eine Finanztransaktionsteuer ist, muss tzt die Europäische Kommission unterstützen und dar sorgen, dass dieser Vorschlag ein Erfolg wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dann geht es eben nicht mehr, darauf zu verweisen,
ass London vielleicht nicht mitmacht; es ist ein Vor-
chlag der Europäischen Kommission für die gesamte
uropäische Union. Deswegen wollen wir von Bundes-
ußenminister Westerwelle keine Absage zu diesem Vor-
chlag mehr hören; wir wollen hier auch nicht hören,
an sei irgendwie doch für eine Finanztransaktionsteuer.
s braucht jetzt ein klares Ja aus Deutschland zu diesem
orschlag der Europäischen Kommission.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daneben müssen wir die Frage stellen: Was ist jetzt für
ie Finanzmärkte das Wichtigste? Da wurde vom Kolle-
en Flosbach lange darüber diskutiert, wer alles schuld
ewesen sein könnte. Da wird häufig Nebel verbreitet, in-
em gesagt wird, alles sei superkomplex. Ich finde, es ist
otwendig, dass wir uns der Prioritäten bewusst sind und
chauen, was die wichtigsten Aspekte sind, die wir ange-
en müssen, um unsere Banken stabiler zu machen, damit
ine solche Krise nicht mehr eintritt. Es gibt viele Punkte;
ber ein wichtiger Punkt ist – das zeigt auch die Wissen-
chaft immer deutlicher –: Wir müssen unsere Banken
it mehr Eigenkapital ausstatten,


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Genau das machen wir!)


nd zwar nicht nur risikogewichtet. Vielmehr brauchen
ir eine Schuldenbremse für Banken.

Man muss sich das einmal vorstellen: Bevor eine
ank einem Unternehmen Geld leiht, will sie eine ent-

prechende Eigenkapitalquote sehen; sie will, dass die-
es Unternehmen stabil wirtschaftet. Wenn es aber um
ie Bank selber geht, meint man, man könne auch weni-
er als 3,3 Prozent eigenes Kapital haben, um seine
eschäfte zu finanzieren. Ich halte es für keine seriöse





Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

Geschäftspolitik, wenn Banken eine so geringe Eigenka-
pitalquote aufweisen. Ich glaube, wir müssen hier ver-
stärkt einen Schwerpunkt setzen: Unsere Banken müssen
gut mit Eigenkapital ausgestattet sein.

Ich fordere die Bundesregierung auf, an dieser Stelle
endlich von der Bremse zu gehen und sich in Brüssel
nicht für eine Verwässerung, sondern für eine Verschär-
fung der Bankenregulierung einzusetzen und das zen-
trale Instrument einer Schuldenbremse für Banken end-
lich aktiv voranzutreiben, damit eine solche Krise nicht
noch einmal eintritt. Tun Sie etwas in diese Richtung!

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711710400

Vielen Dank, Kollege Dr. Schick. – Nächster Redner

für die Fraktion der CDU/CSU ist unser Kollege Hans
Michelbach. Bitte schön, Kollege Michelbach.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1711710500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Nach der Finanzmarktkrise im Herbst 2008
haben wir alle Anstrengungen unternommen, um unsere
Finanzmärkte besser und sicherer zu gestalten. Deutsch-
land hat diese globale Krise schneller und erfolgreicher
überwunden als erwartet. Wir erhalten für unsere Krisen-
bewältigung international hohe Anerkennung und Zu-
stimmung. Das ist ein Fakt.

In diesem Sinne war gestern ein guter Tag für die
Finanzmärkte, einerseits, weil das griechische Parlament
Verantwortung gezeigt und das Sparpaket beschlossen
hat, andererseits, weil unsere Fraktion alle für den Fi-
nanzmarkt wesentlich Verantwortlichen in unserem Saal
versammeln konnte, um dort über die Schwerpunkte der
Finanzmarktregulierung zu debattieren. Das war ein gu-
ter Tag für unsere Finanzmärkte.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Vorstände unserer
großen systemischen Banken auf dieser Veranstaltung
erstmals deutlich erklärt haben, dass sie bereit sind, hin-
sichtlich der Staatsanleihen Verantwortung zu überneh-
men, und eine Gläubigerbeteiligung in Aussicht gestellt
haben. Es ist wichtig, dass Verantwortung übernommen
wird; denn das Wichtigste ist, dass neues Vertrauen ge-
schaffen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es muss klar sein, dass sich diese Koalition bei der
Krisenbewältigung von niemandem übertreffen lässt,
schon gar nicht von der Opposition. Der wirtschaftliche
Aufschwung ist gelungen. Natürlich braucht man für ei-
nen wirtschaftlichen Aufschwung und die Schaffung
neuer Arbeitsplätze private Banken, die bereit sind, Risi-
ken zu übernehmen. Dies ist die Grundlage unserer so-
zialen Marktwirtschaft.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dieser wirtschaftliche Aufschwung ist unser Auf-
chwung. Ich weiß, dass dies der Opposition nicht ge-
llt. Deshalb stellen Sie wöchentlich neue Schaufenster-

nträge, die viel Populismus enthalten und in denen Sie
en Teufel an die Wand malen und Verunsicherung ver-
reiten. Sie erfinden neue Abkassiermodelle und propa-
ieren – das hat heute insbesondere Frau Wagenknecht
etan – Ihre Feindbilder. Wir brauchen aber keine Feind-
ilder. Wir brauchen zusätzliche Investitionen und neue
rbeitsplätze. Wir haben uns vorgenommen: über
Million weniger Arbeitslose in Deutschland. Das ist,
as letzten Endes zählt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir wollen den Finanzmarkt solider und widerstands-
higer machen und alle Produkte und Marktteilnehmer

trikt regulieren. Das muss das Hauptziel sein. Wir ver-
armlosen nichts. Wir setzen vielmehr ethische Maß-
täbe. Bei der Finanzmarktregulierung haben wir es na-
rlich – das muss man sehen – mit einer wichtigen und

uch schwierigen Abwägung zu tun. Es geht um erfolg-
ersprechende Regeln zwischen Staat und Markt. Diese
ufgabe gehen wir sehr verantwortungsbewusst an. Es
eht aber auch um Wohlstand und Zukunftschancen. Das
ehört zusammen; das kann man in einer freien sozialen
arktwirtschaft nicht voneinander trennen.

Von den Grünen wird mit der Vermögensabgabe ein
bkassiermodell als Patentrezept in den Raum gestellt.
an muss sich doch einmal fragen, ob das international
onsens ist. Es ist doch völlig falsch, sich auf nationaler
bene ständig neue Steuern einfallen zu lassen, die inter-
ational umgangen werden können. Letzten Endes ha-
en Sie dann nur Ihre Feindbilder propagiert. Das ist
och der Punkt. Das dient der Allgemeinheit nicht. Das
ringt keine neuen Investitionen und schafft keine neuen
rbeitsplätze. Deswegen sage ich: Lassen Sie diese
pielchen. Lassen Sie diese Abkassiermodelle auf natio-
aler Ebene.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Schlimm ist, dass die Opposition die deutschen Ban-
en dafür geißelt, dass sie wieder Gewinne erwirtschaf-
n. Diese Gewinne sollen, so die Opposition, möglichst

chnell wegbesteuert werden. Das ist Ihre Philosophie.
as ist aber nicht unsere Philosophie, weil es hinsicht-
ch Investitionen und Arbeitsplätzen absolut kontrapro-
uktiv ist. Das dient unserer Wirtschaft und dem Stand-
rt Deutschland nicht. Das würde der Gesundung des
inanzmarktes und der Umsetzung einer höheren Eigen-
apitalquote, die Basel III vorsieht, entgegenstehen. Das
t der Punkt: Wir müssen den Banken gönnen, dass sie
ewinne erwirtschaften. Dann können sie eine hohe Si-

herheit durch eine angemessene Eigenkapitalquote ge-
ährleisten.

Die zentrale Lehre aus der Finanzmarktkrise muss
ein, dass wir vor allem eine stärkere und effizientere
egulierung der Finanzmärkte brauchen. Wir brauchen
lare Restrukturierungsverfahren in Europa, mehr
echte der BaFin, eine klare Finanzaufsicht in der EU





Dr. h. c. Hans Michelbach


(A) )


)(B)

sowie Transparenz und Sicherheit. In diesem Zusam-
menhang muss natürlich auch neues Vertrauen entste-
hen. Es zerstört sicher die gesellschaftliche Akzeptanz
unserer Marktwirtschaft, wenn die Gewinne privatisiert
werden und die Verluste auf Dauer der Steuerzahler tra-
gen soll. Aber dem haben wir einen Riegel vorgescho-
ben.

Bei unseren Entscheidungen geht es nicht um kosme-
tische Reparaturen, sondern wir haben ganz konkrete
Maßnahmen getroffen. Das Restrukturierungsgesetz, die
Eigenkapitalunterlegung im Rahmen von Basel III, die
Regelungen zu den Leerverkäufen und die Regelung
zum Rating – all das sind wesentliche Schritte in die
richtige Richtung. Wir müssen deutlich machen, dass
wir bei der Bankenabgabe eine gute Abwägung getrof-
fen haben. Wir haben sie hier im Deutschen Bundestag
beschlossen. In der nächsten Woche werden wir zusam-
men mit dem Bundesrat eine Lösung finden, damit sie
auch dort beschlossen wird. Dann haben wir auch auf
diesem Gebiet einen wesentlichen Schritt getan.

Ich glaube, wir müssen uns auch mit der möglichen
Einführung einer Finanztransaktionsteuer offensiv aus-
einandersetzen. Zuerst muss man sich aber fragen, wel-
che Lenkungswirkung solch eine Steuer haben kann.
Ohne zu wissen, wie sich diese neue Steuer auswirken
würde, kann man sie nicht verantwortungsbewusst be-
schließen. Wir dürfen zum Schluss nicht die Situation
haben, dass nur der Bankkunde oder der Verbraucher auf
nationaler Ebene sie zahlt. Das muss international abge-
stimmt sein; hier muss eine internationale Lösung gefun-
den werden. Denn es kann nicht so sein, dass der Bank-
kunde vor Ort, der nicht die Möglichkeit hat,
internationale Bankgeschäfte zu tätigen, am Ende der
Dumme ist.

Es ist ganz wichtig, dass wir dem Kommissar, der im
Finanzausschuss war, Glauben schenken. Er hat deutlich
gesagt: Es ist unverantwortlich, eine Bewertung vorzu-
nehmen, wenn keine unvoreingenommene Prüfung hin-
sichtlich einer positiven Lenkungsfunktion durch die
EU-Kommission vorliegt. Warten wir ab, bis es konkrete
Ergebnisse gibt.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es doch gehört! In Shanghai und Hongkong wird das realisiert!)


Dann können wir eine klare Entscheidung treffen. Es
geht um sachliche Bewertungen, um Lenkungswirkun-
gen,


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das machen wir doch!)


um eine seriöse Entscheidung und um verantwortliche
Politik.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen auch einmal Ja sagen!)


Es geht aber nicht um ideologische Feindbilder und Ent-
schließungen, die Sie immer wieder mit diesen Abkas-
siermodellen hier vortragen.

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(C (D Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger haben vertanden, dass wir die Dinge gut abwägen und vernünftig oranbringen. Es geht darum, auch den wirtschaftlichen rfolg, den Erfolg für unseren Wirtschaftsstandort, den rfolg für die Arbeitsplätze, den Erfolg für die Investionen in Verbindung mit der privaten Finanzwirtschaft icherzustellen. Das gelingt immer besser. Darauf könen wir gemeinsam stolz sein. Herzlichen Dank. Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt spricht für die raktion der Sozialdemokraten unser Kollege r. Carsten Sieling. Bitte schön, Kollege Sieling. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das t heute wieder eine ganz „große“ Debatte über Bankengulierung, Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise sw. Ab und zu wird man von Bürgerinnen und Bürgern arauf angesprochen, dass der Deutsche Bundestag anchmal wie ein Raumschiff wirkt. Leider bestätigen ebatten wie diese das deutlich. Ich muss das auch in ichtung der Koalition sagen. Sie haben gestern angefangen, das Raumschiff mit aptain Kirk, Mr. Spock und allen möglichen anderen zu esetzen. Mit Ihrer großartig inszenierten Konferenz haen Sie versucht, das alles, was Sie bisher nicht geleistet aben, als Erfolg darzustellen. Das war schon gestern läherlich. Man lädt einen Herrn Ackermann ein. Von dem sst man sich ein bisschen kritisieren, um seine eigenen aßnahmen gut darstellen zu können. So macht man as. Die Debatte heute zeigt, dass Sie völlig abgehoben ind. Sie haben bisher nichts richtig Wirksames auf den eg gebracht. Die Verursacher werden nicht herangezo en. (Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Dann sagen Sie mal konkret, wie Sie die Verursacher heranziehen wollen! Konkret werden! Nicht Gemeinplätze!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711710600

(Beifall bei der SPD)

Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1711710700

abei haben wir doch die Gefahren der Krise noch
nge, lange nicht abgewehrt. Das ist eine Tatsache. Da-
m entgleist diese Debatte hier und heute auch.


(Beifall bei der SPD – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sagen Sie mal, was Sie machen wollen!)


Ich sage es Ihnen auch konkret. Sie reden hier schön
nd machen woanders die Dinge schlecht. Darf ich Ih-
en ein ganz aktuelles Beispiel nennen? In schwierigen
eratungen – immerhin unter tätiger Mithilfe der Bun-
esregierung – wurde erreicht, eine Lösung für die
estLB zu finden. Was machen die Vertreter von FDP

nd CDU heute im Landtag von Nordrhein-Westfalen?
ie stimmen dagegen.


(Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Und die Linke!)






Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)

– Wenn Sie sich in dieser Frage mit der Linken in ein
Boot setzen, ist das eher Ihr als unser Problem.


(Beifall bei der SPD – Dr. Frank Steffel [CDU/ CSU]: Das gehört zur Wahrheit! Ihre Koalition!)


Ich finde es unverantwortlich, was Sie an dieser Stelle
machen.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Jetzt beschimpfen Sie Ihren Koalitionspartner!)


– Die Aufregung in Ihren Reihen spricht Bände. Dazu
muss ich gar nichts mehr sagen.


(Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Wir sind für Neuwahlen!)


Sie sind in der Verantwortung, jetzt zu zeigen, wie Sie
das vom Eis bekommen wollen.


(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Nein, Sie lösen das Problem WestLB in NordrheinWestfalen nicht, obwohl Sie dort regieren, Herr Sieling! Das sind doch die Fakten!)


Genauso verhält es sich mit Ihrer sogenannten Ban-
kenabgabe. Herr Michelbach bläst hier einen Ballon auf,
indem er sagt, es gebe Leute, die den Banken ihre Ge-
winne neiden. Nein, nein, ganz und gar nicht. Nur ist es
so: Die Gewinne der Banken von heute sind die Folge
der Bankenrettung von 2008, die im Übrigen unter der
Regie von Peer Steinbrück stattfand. Darum machen die
Banken heute wieder Gewinne. Wir sagen: Auch sie
müssen wirksam zur Finanzierung der Lasten herange-
zogen werden. Das darf nicht weiter dem Steuerzahler
aufgebürdet werden. Auch darum geht es an dieser
Stelle.


(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Werden Sie doch mal konkret, Herr Kollege!)


– Ich bin konkret, Herr Kollege. Ich bin deshalb konkret,
weil die Bankenabgabe, die Sie vorschlagen, in keiner
Weise diesem Ziel entspricht. Sie entspricht nicht Ihrem
selbstgesetzten Ziel; denn Sie sagen, das sei eine Versi-
cherungslösung für die Zukunft. Wahrscheinlich gilt sie
– das wissen Sie auch – im Hinblick auf das Jahr 2098.
Sie brauchen für diesen Fonds 70 Milliarden Euro. In
diesem Jahr werden Sie, wenn Sie es überhaupt noch auf
die Reihe bekommen, vielleicht 600 Millionen Euro er-
reichen. Ihr selbst gesetztes Ziel erreichen Sie nicht.
Das, was Sie an dieser Stelle vorschlagen, ist keine Be-
teiligung des Finanzsektors an den Lasten der Krise.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Was schlagen Sie denn vor?)


– Wir haben Gott sei Dank über den Bundesrat zumin-
dest einige Initiativen zur Verbesserung angeregt. Diese
Initiativen haben wir als sozialdemokratische Fraktion
– das gilt auch für die anderen Oppositionsfraktionen;
die Grünen gehen auf jeden Fall in die gleiche Richtung
– auch in den Deutschen Bundestag eingebracht. Das ha-
ben wir getan, um die geplante Bankenabgabe wenigs-
tens ein wenig wirksamer zu machen und zu verhindern,

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(C (D ass sie angesichts der unzureichenden Heranziehung er Gewinne eine Großbankenverschonungsregelung ird. eshalb haben wir einen Satz von 25 Prozent vorgechlagen. (Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Wir schlagen 15 vor, Sie schlagen 20 vor! Das ist super!)


(Beifall bei der SPD)


er Bundesrat bzw. die Finanzminister haben sich zu-
indest schon auf 18 Prozent hochbewegt. Das ist ein
chritt in die richtige Richtung.

Wir haben Vorschläge gemacht. Auch diese haben die
inanzminister im Bundesrat einstimmig beschlossen.
abei ging es darum, im Bereich der Sparkassen und
enossenschaftsbanken eine Entlastung zu erreichen.
erivate und anderes sollten stärker herangezogen wer-
en. Das ist – besonders weil die FDP da Gott sei Dank
icht viel mitzureden hat, in Hessen aber schon – ein
roblem insbesondere der CDU. Denn Herr
ahrenschon von der CSU und Carsten Kühl, der Fi-
anzminister von Rheinland-Pfalz, haben diesen Kom-
romiss ausgehandelt.

Ihre Leute im Bundesrat haben da wieder blockiert.
as führte dazu, dass selbst diese lächerlich kleine Ban-
enabgabe bislang nicht eingeführt werden konnte. Sie
üssen sich bewegen, meine Damen und Herren. Wir

elfen Ihnen selbst bei dieser kleinen Nummer.


(Beifall bei der SPD)


Erstens machen Sie also bei der WestLB das kaputt,
as Sie vorher aufgebaut haben. Zweitens machen Sie

us der Bankenabgabe nichts Ordentliches. Drittens las-
en Sie – wir haben dazu gerade schon den Chefblockie-
r Wissing von der FDP gehört – auch bei der Finanz-
ansaktionsteuer alle im Regen stehen. Merken Sie
igentlich nicht, dass Sie in dieser Frage in Europa die
tzten Mohikaner sind?


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


Natürlich sind Sie die letzten Mohikaner. – Herr
issing hat die Bundesregierung bzw. Herrn Schäuble

cheinheilig gelobt. Gleichzeitig hat man aber gesagt:
ir stimmen nicht zu. – Vor einigen Tagen haben wir

ber einen Antrag zur Einführung einer Finanztransak-
onsteuer diskutiert. Sie, Herr Michelbach, haben ihn ei-
en Schaufensterantrag genannt. Ihre Leute im französi-
chen Parlament, die UMP, haben dem Inhalt dieses
ntrags mittlerweile zugestimmt. Die Fraktion von
errn Sarkozy unterstützt dieses Anliegen, weil sie
eiß, dass dies keine Schaufensterangelegenheit ist.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Da geht es aber um die internationale Ebene!)


Wie weit sind wir bis jetzt? Selbst Berlusconi in Ita-
en – mit dem Sie sehr viel zu tun haben, wir überhaupt
ichts – spricht sich inzwischen für eine Finanztransak-
onsteuer aus.





Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Auf internationaler Ebene!)


Barroso und die EU-Kommission sind schon genannt
worden.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aber international!)


Der Zug fährt, und alle marschieren voran. Aber CDU
und CSU lassen sich von der FDP am Nasenring durch
den Deutschen Bundestag ziehen und bekommen es
nicht hin, dieses wirklich wirkungsvolle Mittel auf den
Weg zu bringen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Zum Schluss möchte ich die nachfolgenden Redner
bitten, nicht wieder das Märchen zu erzählen, wir seien
der Auffassung, dass man damit alle Finanzkrisen dieser
Welt, so auch die letzte, hätte verhindern können. Natür-
lich nicht!


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Welch eine Erkenntnis!)


Das sagt niemand. Die Finanztransaktionsteuer ist ein
Element, das dazu beitragen kann, dass die Blase an den
Märkten ein bisschen schrumpft. Außerdem kann sie da-
für sorgen, dass Geld, das wir dringend benötigen, um
Steuergelder zu schonen, in die öffentlichen Haushalte
fließt und dass die Schuldigen an der Finanzierung der
Folgen dieser Krise beteiligt werden. Darum geht es.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711710800

Nächster Redner in unserer Debatte ist für die Frak-

tion der FDP unser Kollege Björn Sänger. Bitte schön,
Kollege Björn Sänger.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1711710900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Der vorliegende Antrag zeigt eines ganz deutlich:
dass es sehr schwierig ist, aus einem guten Tee mit ei-
nem zweiten Aufguss noch ein schmackhaftes Getränk
zu machen.


(Harald Koch [DIE LINKE]: Probieren Sie es mal!)


Bei schlechtem Tee und mehrfachem Aufguss wird es
schier unerträglich. Nichts anderes ist Ihr Antrag. Er
wurde aus – gefühlt – mindestens fünf Anträgen, die uns
bisher von den Linken zu diesem Thema und ähnlichen
Themen vorgelegt wurden, schnell zusammengeschus-
tert. Dies zeigt eines ganz deutlich: dass Copy and Paste
nichts bringt, wenn man von der Sache nichts versteht.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Achtung! Ich komme gleich nach Ihnen dran! – Sahra – D d d m a s W n h D S w s s s d k a ti u h z A T k K a v A s m tu m K n d v a d k n A (C (D Wagenknecht [DIE LINKE]: Das sagen ausgerechnet Sie!)


Ich weiß, Herr Kollege Troost, Sie kommen nach mir.
ann können Sie darauf eingehen. Ich freue mich schon
arauf.

Frau Kollegin Wagenknecht, die Tatsache, dass Sie
ie drei Seiten Ihres Antrags in einen Zusammenhang
it der sozialen Marktwirtschaft gestellt haben, zeigt

uch ganz deutlich, dass Sie von der sozialen Marktwirt-
chaft nichts verstehen.


(Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Oh! Und ausgerechnet Sie verstehen etwas davon, ja?)


ie denn auch? Soziale Marktwirtschaft gedeiht in ei-
em Klima der gesellschaftlichen Freiheit. Von Freiheit
aben Sie und Ihre Partei nun wirklich keine Ahnung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


as ist in etwa so, als würde der Papst im kommenden
eptember, wenn er von diesem Pult zu uns sprechen
ird, eine Grundsatzrede über das Kinderkriegen halten.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP – Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Wie bitte? Das ist ja ein absurder Vergleich! Das sieht meine katholische Tochter ganz anders!)


Sie möchten die Verursacher der Krise zur Rechen-
chaft ziehen. Dabei beschäftigen Sie sich mit der Deut-
chen Bank. Das ist legitim. Auch ich bin kein ausgewie-
ener Freund der Deutschen Bank. Aber ich stelle fest,
ass die Deutsche Bank während der gesamten Krise
eine Staatshilfe in Anspruch genommen hat. Ich stelle
llerdings auch fest, dass es sicherlich fragwürdige Prak-
ken, die juristisch aufgearbeitet werden, gegeben hat
nd gibt.

Ich sage Ihnen: Es gehören immer zwei dazu. Es ge-
ört jemand dazu, der jemand anderen über den Tisch
iehen und ein unsauberes Geschäft abschließen will.
ber es gehören auch Leute dazu, die sich über den
isch ziehen lassen. Damit sind wir bei den Landesban-
en und den Sparkassen, die laut Ihrem Antrag mit der
rise nichts zu tun haben. Die Landesbanken gehören

ber mehrheitlich den Sparkassen, und die Sparkassen-
orstände sitzen in den jeweiligen Verwaltungs- und
ufsichtsräten; auch dies gehört zur sozialen Marktwirt-

chaft.

Wenn man in einem Aufsichtsgremium sitzt, kann
an sich auf zweierlei Weise verhalten: Man kann das
n, was man tun soll, nämlich die Aufsicht führen, oder
an kann sich bei Schnittchen Anekdoten über die
ommunalpolitiker, die im Aufsichtsgremium der eige-
en Sparkasse sitzen, erzählen. Möglicherweise ist an
er einen oder anderen Stelle die Priorität ein bisschen
erschoben worden. Deswegen sind die Landesbanken
uch in die jetzige Situation geraten.

Sie schimpfen des Weiteren auf die Großbanken; auch
as ist nichts Neues. Lehman und die IKB waren aber
eine wirklich großen Banken. Sie möchten mithilfe ei-
er neuen Bankenabgabe, der dann durch zukünftige
nträge eine Bankenabgabe 2.0 bzw. eine Bankenab-





Björn Sänger


(A) )


)(B)

gabe reloaded folgen werden, eine Prävention für künf-
tige Krisen schaffen. Ich weiß nicht, wie das, was Sie
jetzt planen – mit der Frage der Verfassungsrechtlichkeit
will ich mich schon gar nicht beschäftigen –, funktionie-
ren soll. Sie wollen eine Abgabe auf die Bilanzsumme,
und zwar unabhängig davon, ob das Institut Gewinn
macht oder nicht. Das kann man machen. Es ist aber
nicht sinnvoll, wenn man zukünftigen Krisen vorbeugen
will. Ein verantwortlicher Bankmanager muss den Ge-
winn verwenden, um Eigenkapital aufzubauen. Eine ver-
nünftige Eigenkapitalbasis ist der richtige Ansatz. Eine
Substanzbesteuerung – nichts anderes wäre das – führt
mit Sicherheit dazu, dass die Banken nicht gut für eine
nächste Krise gerüstet sind. Deshalb ist die Bankenab-
gabe in der Form, wie sie die schwarz-gelbe Bundesre-
gierung bzw. die schwarz-gelbe Koalition beschlossen
hat, der richtige Ansatz. Denn es wird ein Fonds ge-
schaffen, der im Bedarfsfall bei der Restrukturierung
hilft.

Es hilft nichts, die Gewinnerzielungsabsicht der Bran-
che zu geißeln. Wer soll denn den Industriestandort
Deutschland finanzieren, wenn wir keine großen Banken
und keine Privatbanken mehr haben? Bei allem Respekt
vor der Leistungsfähigkeit unserer Sparkassen und Ge-
nossenschaftsbanken: Diese Banken allein werden diese
große Aufgabe in unserem Land nicht schultern können.
Dafür sind die zu bewegenden Volumina schlichtweg
viel zu groß. Diesen Bankensektor zu zerschlagen, be-
deutet, die Axt an die Industriearbeitsplätze zu legen, die
uns gut durch die Krise geführt haben. Das werden wir
Ihnen als Regierungskoalition nicht durchgehen lassen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich fasse zusammen: Was Sie hier vorhaben, ist nichts
anderes als ein Karnevalsumzug durch den Wald, insbe-
sondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Ka-
pital bzw. die Banken relativ scheue Rehe sind. Sie ha-
ben schlichtweg – das hat sich sehr deutlich gezeigt –
eine vollkommen andere Vorstellung davon, wie die
Wirtschaftsordnung in diesem Land gestaltet werden
sollte. Ihre Vorstellung von einer Bankenabgabe ist, un-
sere Banken ans Ausland abzugeben. Das wollen wir
ausdrücklich nicht. Deswegen werden wir dem vorlie-
genden Antrag nicht zustimmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Harald Koch [DIE LINKE]: Wir reden von Raubtierkapitalismus!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711711000

Nächster Redner in unserer Debatte ist für die Frak-

tion Die Linke unser Kollege Dr. Axel Troost.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711711100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Kollegin Wagenknecht hat darauf hingewiesen,
dass die Staatsverschuldung durch die Bankenkrise, sta-
tistisch gesehen, um 300 Milliarden Euro angestiegen
ist. Daraufhin wurde gesagt: Ja, das ist, statistisch gese-

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(C (D en, richtig. In dieser Summe sind aber auch viele Bürgchaften enthalten. – Herr Kollege Schick hat gesagt, ass die Bankenabgabe nicht rückwirkend, sondern nach orne ausgerichtet werden muss. Reden wir doch einmal konkret nach vorne ausgericht darüber, was jetzt passiert. Reden wir doch einmal ber die ehemalige private Hypo Real Estate. Das war in privates Unternehmen, das unter großem Druck vertaatlicht werden musste. An dieser Bank hängt bzw. chlummert eine Bad Bank in einer Größenordnung von 73 Milliarden Euro. as betrifft die Zukunft, wohlgemerkt. Seien wir einmal ptimistisch – ich bin von Natur aus Optimist – und geen davon aus, dass noch 90 Prozent der faulen und chwierigen Papiere – sonst wäre es keine Bad Bank – alisiert werden können. Es bleiben also nur 10 Prozent brig. 10 Prozent sind 17,3 Milliarden Euro. Diese umme wird anschließend in vollem Umfang als Staatserschuldung auf den Bund zukommen. Das ist eine rößenordnung, mit der man die Kinderversorgungseinchtungen in der gesamten Bundesrepublik auf einem ohen Niveau finanzieren könnte. Das gilt sowohl für vestitionen als auch für die Betreuung. Da stellt sich in der Tat die Frage: Wer soll das bezahn? Fließt das stillschweigend Jahr für Jahr in 2-, 3der 5-Milliarden-Schritten in den öffentlichen Haushalt inein, oder wollen wir die Verursacher der Krise heraniehen? Ich war gestern auf dem Kongress der CDU/CSUundestagsfraktion, den ich übrigens besser fand, als anche hier behauptet haben. Herr Ackermann hat in er Tat darauf hingewiesen, dass die Deutsche Bank, enn es sehr schlecht läuft, im Rahmen der jetzt geplann Bankenabgabe mit bis zu 800 Millionen Euro betrofn wäre. Er hat darauf hingewiesen, dass das vor Steu rn 1,5 Milliarden Euro wären. Bei einer solchen umme bekommt man erst einmal einen Schreck. Wenn an aber weiß, dass die Deutsche Bank in diesem Jahr inen Gewinn von 10 Milliarden Euro vor Steuern mahen will, dann stellt man fest: Das sind gerade einmal 5 Prozent. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Da haben sie schon 3 Milliarden Körperschaftsteuer bezahlt!)


(Zuruf von der LINKEN: Peanuts!)


Nein, wohlgemerkt, aus den 800 Millionen Euro wer-
en 1,5 Milliarden Euro vor Steuern.

Ich bin nicht nur Optimist, sondern auch kompromiss-
ereit und schlage vor: Stellen wir doch durch eine an-
ere Form einer Bankenabgabe sicher, dass die Deutsche
ank Jahr für Jahr mindestens 3 Milliarden Euro in ei-
en Fonds einbezahlt. Vor Steuern sind das rund
Milliarden Euro. Das sind dann 50 Prozent ihres Ge-
inns, 50 Prozent sozusagen für die Allgemeinheit, da-
it die Kosten, die durch die Bankenkrise verursacht
urden, abgedeckt werden können, und 50 Prozent, die
an dann, neben der Körperschaftsteuer, an die Aktio-

äre ausschütten kann.





Dr. Axel Troost


(A) )


)(B)


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie zahlen doch Körperschaftsteuer!)


Das ist die politische Frage, um die es letztlich geht.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: 100 Prozent Besteuerung!)


Es geht nicht um eine, wie Herr Kollege Wissing ge-
sagt hat, juristische Verurteilung. Das Juristische wird
unter anderem in den USA geprüft. Vielmehr geht es da-
rum, politisch und ökonomisch die Verantwortung der
Banken für diese Krise und die dadurch entstandenen
Kosten deutlich zu machen. Die Deutsche Bank gehört
nun einmal zu denen, die von der gesamten Deregulie-
rung der letzten Jahrzehnte mit Abstand am meisten – es
sind Dutzende Milliarden – profitiert hat. Deswegen sind
wir der Meinung, dass hier Veränderungen stattfinden
müssen. Mit einer anderen Form einer Bankenabgabe
könnte endlich realisiert werden, dass die privaten Ban-
ken – und in erheblichem Maße die Deutsche Bank – in
die Finanzierung eingebunden werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich zum Schluss auf die Finanztransak-
tionsteuer eingehen. In der Tat ist zwischen gestern und
heute einiges passiert, sowohl was Italien – man will an-
geblich sofort, noch für 2012 wirksam, eine Börsenum-
satzsteuer oder eine Finanztransaktionsteuer einführen –
als auch was den Vorschlag von Barroso angeht. Ich
finde, wir müssen dieses Thema verfolgen und von die-
ser Stelle aus unterstützen.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711711200

Nächster Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist

der Kollege Dr. Frank Steffel.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Frank Steffel (CDU):
Rede ID: ID1711711300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr
Sänger, auch wenn ich Ihren Vergleich zwischen dem
Papst und dem Kinderkriegen und Frau Wagenknecht
und der Marktwirtschaft nicht ganz verstanden habe, ist
meine Präferenz klar: Mir ist lieber, der Papst sagt etwas
zum Kinderkriegen als Frau Wagenknecht zur Markt-
wirtschaft.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich interpretiere das einmal in diese Richtung.

Der Kollege Zöllmer von der SPD hat sich sehr zu-
treffend zum Thema „Motive der Linken für diesen An-
trag“ geäußert. Insofern muss ich das nicht noch einmal
wiederholen. Zur Sache selbst haben meine Kollegen
Flosbach und Michelbach viel Richtiges und auch das
Notwendige gesagt.

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(C (D Weil die Debatte immer etwas verkürzt geführt wird nd daher in die falsche Richtung läuft, möchte ich aus icht von CDU/CSU klar sagen: Wir setzen uns für eine ankenabgabe ein. Wir sind sehr zuversichtlich, dass ir in der nächsten Woche im Bundesrat eine Bankenababe beschließen werden. Aber es gibt offensichtlich eien Grunddissens. Wir wollen eine Bankenabgabe als chutzschirm für die Zukunft und nicht als primäre trafe für Geschehnisse in der Vergangenheit, deren Urprung wir ohnehin nicht verlässlich zuordnen können. azu ist in der Debatte eine Menge gesagt worden. Uns geht es bei der Bankenabgabe nicht um Abkasieren oder gar um eine Verstaatlichung der großen Banen – auch das wurde schon beantragt –, sondern uns eht es darum, in der Zukunft Risiken von den deutschen anken und vom deutschen Steuerzahler fernzuhalten. as muss das wesentliche Motiv sein; denn in einem ind wir uns doch einig: Was wir in den letzten zwei, rei Jahren auf dieser Welt, in Europa und in Deutschnd erlebt haben, darf und soll sich nicht wiederholen. ie Politik muss aus den Geschehnissen der Vergangeneit alle notwendigen Konsequenzen ziehen: zum chutze der Bankkunden, zum Schutze der Bankanteilsigner, nämlich vieler Millionen Kleinaktionäre, zum chutze des deutschen Mittelstandes, zum Schutze der undesrepublik Deutschland, des Steuerzahlers und alr, die dazu gehören, und nicht zum Schutze der Banen, wie immer behauptet wird. Die Banken erfüllen in einer sozialen Marktwirtschaft ine wesentliche, existenzielle Funktion. Das kann doch iemand ernsthaft bestreiten. Deswegen ist natürlich der indruck verheerend, der hier von Ihnen erweckt wird, onach es in diesem Prozess in den letzten Jahren dazu ekommen ist, dass die Banken gar nichts bezahlen, ährend die kleinen Leute die Zeche begleichen. Dieser Eindruck ist übrigens aus zwei Gründen vereerend: Zum einen – das werden Sie verstehen – ärgert ich das politisch. Es nutzt Ihnen natürlich, wenn Sie en Eindruck erwecken: Die Großen lässt man laufen, nd die Kleinen hängt man. Dieser Eindruck hilft Ihnen atürlich politisch, während er allen anderen Fraktionen diesem Parlament schadet. Zum anderen ärgert mich as aber auch gesellschaftspolitisch; denn es ist verheend, wenn die Menschen in Deutschland das Gefühl ha en, hier könnten irgendwelche Menschen in den Konernen machen, was sie wollen, während sich die Politik berhaupt nicht darum kümmert. (Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Aber das ist ja das Problem! – Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Dann tun Sie doch was dagegen!)


Deswegen will ich Ihre Frage, wer die Zeche bezahlt,
lar beantworten. Zur Wahrheit gehört: Die Zeche dieser
inanzkrise zahlen alle Menschen in Deutschland. Das
t übrigens genauso wie bei der Atompolitik. Den Preis
r den Ausstieg aus der Atomenergie zahlen auch alle
enschen in Deutschland. So wie wir es in unserer so-

ialen Marktwirtschaft immer halten, tragen die starken
chultern wesentlich mehr als die schwächeren. Darauf
gen wir als eine – ich sage jetzt nicht: als die letzte –





Dr. Frank Steffel


(A) )


)(B)

verbliebene Volkspartei in diesem Parlament auch aus-
drücklich großen Wert.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Liebe Frau Paus, ich kann Ihnen dazu zwei Zahlen
nennen:


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre ja mal was!)


5 Prozent der deutschen Steuerzahler zahlen 42 Prozent
des Lohn- und Einkommensteueraufkommens. 50 Pro-
zent der deutschen Steuerzahler zahlen 95 Prozent. Die
unteren 50 Prozent der Einkommen all derer, die fleißig
arbeiten, sind von Steuern so gut wie überhaupt nicht be-
troffen. Sozialer geht es nicht.


(Beifall des Abg. Klaus-Peter Flosbach [CDU/ CSU] – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Weil sie fast kein Einkommen haben! – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie denken aber bitte an die Abgabenlast!)


Deswegen ist es auch richtig, dass dem Eindruck wider-
sprochen wird, die Kleinen zahlten die Zeche. Nein, in
Deutschland tragen starke Schultern mehr als schwache.
Das ist auch richtig, und das braucht diese soziale
Marktwirtschaft auch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich will Ihnen im Übrigen noch einen Hinweis geben:
Ich kann es schon gar nicht mehr wiederholen, weil es
immer wieder gesagt wird, aber Sie erwecken den Ein-
druck, als ob die Finanzmärkte der Welt in Deutschland
zu regeln wären. Lieber Herr Troost, Sie haben viel zu
viel Ahnung von diesem Thema, um nicht zu wissen,
dass es unter den Top-100-Banken dieser Erde nur noch
eine deutsche Bank gibt. 99 von 100 Banken, die auf
dieser Erde wirklich eine große Rolle spielen, haben ih-
ren Sitz überhaupt nicht in Deutschland. Wir führen also
Phantomdiskussionen, wenn wir glauben, mit dieser De-
batte könnten wir das Monster Finanzmarkt zähmen.
Das werden wir damit nicht zähmen können.

Wir unterstützen Bundesfinanzminister Schäuble und
die Bundeskanzlerin ausdrücklich bei ihrem Bestreben,
auf internationaler Ebene im Rahmen der G 20 oder auf
europäischer Ebene die Finanztransaktionsteuer einzu-
führen. Ich will es noch einmal sehr klar sagen – wir ha-
ben das vor drei Wochen hier diskutiert –: Wir sind da-
für, auf internationaler Ebene diejenigen für die Kosten
der Krise aufkommen zu lassen, die zumindest eine
große Mitverantwortung tragen. Kollege Flosbach hat
darauf hingewiesen: Es gibt nun wirklich sehr viele Fa-
cetten und damit auch sehr viele Verantwortliche, durch
die diese katastrophale Situation in den letzten Jahren
verursacht wurde.

Ich will noch ein Wort zur Deregulierung sagen. Wir
müssen heute gemeinsam attestieren, dass in den letzten
20 Jahren Deregulierung im Vordergrund der Politik
stand. Wir alle glaubten, wir täten unseren Bürgern, der
Gesellschaft, dem deutschen Mittelstand, den deutschen
Banken, den deutschen Konzernen und der europäischen

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(C (D irtschaft insgesamt einen Gefallen, wenn wir in einen eregulierungswettlauf mit Amerika, mit Asien insge amt, mit Russland, Indien und vielen anderen eintreten ürden. Wir müssen heute gemeinsam attestieren: Die er Weg war falsch. Es ist an der Zeit, mehr über Regulierung als Primat er Politik zu reden und auf internationaler Ebene insbeondere im Finanzbereich den Pegel zwischen Dereguerung und Regulierung möglichst wieder ein Stückchen ehr in Richtung Regulierung, staatliche Aufsicht, zu chieben. (Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])


as war im Übrigen – Herr Troost, ich bin Ihnen sehr
ankbar für Ihren Hinweis – eine der wesentlichen Er-
enntnisse – ich möchte fast von unisono sprechen –
estern auf der, wie ich fand, außerordentlich interessan-
n Veranstaltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Werner Simmling [FDP])


Wenn es eine Gesellschaftsordnung gibt, die in der
age ist, das zu tun, dann ist dies unsere soziale Markt-
irtschaft. Sie hat sich als anpassungsfähig und lernfä-
ig erwiesen, und zwar im Gegensatz zu Staatsdoktri-
en, ob Kommunismus, Neoliberalismus, Sozialismus,
ie immer sie auch heißen. Eine Erkenntnis der Krise ist

umindest für mich: Die Zeit der Ideologien ist vorbei.
as mag mancher bedauern; bei Ihnen, Frau Wagenknecht,
abe ich diesen Eindruck.

Die Menschen erwarten von uns zu Recht, dass wir
as richtige Maß zwischen Allmacht des Staates und
llmacht des Marktes finden. Ich sage für die CDU/
SU: Wir wollen beides nicht.


(Otto Fricke [FDP]: Das ist ja schön!)


Rahmen der sozialen Marktwirtschaft muss man in
ielen Einzelbereichen abwägen: Wo ist die Allmacht
es Staates möglicherweise schädlich, und wo ist die
llmacht des Marktes alles andere als hilfreich? Die so-

iale Marktwirtschaft setzt auf einen starken Staat, aber
otzdem auf Freiheit, um Wohlstand zu schaffen. Sie
erbindet soziale Sicherheit mit Freiheit. Deswegen wol-
n wir einen starken Staat als Hüter unserer Ordnung.

Wir haben in dieser Legislaturperiode – ich habe das
inmal nachsehen lassen – das 46. Mal hier im Deut-
chen Bundestag über eine Bankenabgabe und die Fi-
anztransaktionsteuer gesprochen. Das ging zumeist auf
re Anträge zurück, im Finanzausschuss unzählige
ale. Auch heute habe ich den Eindruck: Wir haben uns

war alle bemüht, aber etwas richtig Neues, mit Verlaub,
ebe Kolleginnen und Kollegen, hat zu diesem Thema
einer mehr zu sagen. Es gilt der alte Satz – deswegen
chöpfe ich meine Redezeit auch nicht aus –: Es ist alles
esagt, nur nicht von jedem.

Ich wünsche einen schönen Nachmittag.


(Beifall bei der CDU/CSU)







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Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711711400

Kollege Dr. Steffel, jetzt geben wir aber schon noch

der Frau Kollegin Nicolette Kressl das Wort. – Bitte
schön, Frau Kollegin.


(Beifall bei der SPD)



Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1711711500

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich gehe davon aus,

dass Herr Steffel seine restliche Redezeit nicht mir über-
tragen hat.


(Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Steht mir, glaube ich, nicht zu! – Otto Fricke [FDP]: Er ist ein Gentleman!)


– Dann kann man ja vielleicht darüber verhandeln.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Die Debatte heute kann schon ein Anlass sein,
eine Analyse darüber zu machen, inwieweit die Banken-
abgabe, wie sie von der Bundesregierung vorgeschlagen
worden ist, tatsächlich die richtige Antwort auf die Fra-
gen ist, die die Finanzmarktkrise uns aufgegeben hat.

Ich rekapituliere, dass die Bundeskanzlerin von dieser
Stelle aus zum Thema Bankenabgabe gesagt hat – sie hat
dies noch nicht widerrufen –, die Bankenabgabe sorge
dafür, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in
Zukunft nicht mehr durch die Kosten einer solchen Krise
belastet werden. Hier müssen wir konstatieren: Das war
nicht richtig, und das ist nicht richtig. Ich finde, es wäre
Zeit, diese Aussage zu widerrufen, weil sie einfach nicht
den Tatsachen und der Wahrheit entspricht.


(Beifall bei der SPD)


Wir wissen inzwischen alle, dass die Einzahlungen in
den Fonds viel zu niedrig sind, um eine in näherer und
mittlerer Zukunft ähnliche Krise, wie wir sie hatten, al-
lein durch die Mittel aus dem Fonds auszugleichen. Es
geht nicht um so zynische Bemerkungen in der Art: Das
kommt nächste Woche. Vielmehr wissen wir aus der
Historie, dass die Phasen, in denen Krisen entstehen, in
der letzten Zeit durchaus kürzer geworden sind


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wollen Sie jetzt die nächste Krise herbeireden?)


und dass wir uns darauf einstellen müssen, dass es in
diesem Bereich deutlich volatiler wird und wir uns nicht
darauf ausruhen können nach dem Motto: Wir sorgen
mit einem kleinen Topf dafür, dass in 70 Jahren genü-
gend Geld vorhanden ist. – Ich finde, das ist nicht mehr
die richtige Aussage, mit der wir Finanzmarktpolitik für
die Zukunft machen können.


(Beifall bei der SPD)


Die zweite Analyse, die sich daraus ergibt, ist – auch
das muss deutlich gesagt werden –, dass durch die ge-
plante Bankenabgabe keiner der Finanzmarktakteure an
den durch die Krise entstandenen Kosten beteiligt wird.
Ich finde, das darf hier auch niemand behaupten. Das
Geld, das in diesen Fonds eingezahlt werden soll, ist für
die Zukunft viel zu wenig, auch wenn ich es im Zusam-
menhang mit den entstandenen Kosten müßig finde,

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(C (D ber 1 Milliarde Euro mehr oder weniger zu diskutieren, ie das vorhin von der Koalition versucht wurde. Wir issen: Die Krise hat unsere Wirtschaft belastet. Sie hat nseren Etat belastet. Wir müssen uns daher überlegen: ie beteiligen wir die Finanzmarktakteure an den ent tandenen Kosten? Wir sind der Überzeugung, dass es ein guter Weg ist, ine Finanzmarkttransaktionsteuer einzuführen. Es wäre gut, wenn sich die Koalition bei der Untertützung der Finanztransaktionsteuer nicht immer wieder elbst dementieren würde, was wir auch heute wieder erben konnten. Ich will das an einem Punkt deutlich ma hen. Herr Wissing hat vorhin deutlich gesagt: Die Fianzmarkttransaktionsteuer gibt es für uns – deshalb abe ich nachgefragt, wer mit „uns“ gemeint ist – nur ann, wenn sich Großbritannien beteiligt. Gott sei Dank kann man so etwas inzwischen schnell oogeln, und ich darf Ihnen ein Zitat des Bundesfinanzinisters vom 23. Juni vorlesen. Herr Schäuble hat ge agt: „Die niedrigste Regelungsebene wäre die Euroone.“ Das bedeutet, Herr Wissing und der Finanzminisr treten auch heute noch mit unterschiedlichen Aussaen zur Finanzmarkttransaktionsteuer auf. Sie behaupten ber tatsächlich, Sie würden in Europa mit einer Stimme uftreten. Das ist völlig absurd und hiermit widerlegt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Herr Wissing ist doch gar nicht in der Regierung!)


Könnten Sie das noch einmal wiederholen, Herr
teffel?


(Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Das verhandelt doch die Bundesregierung!)


Der entscheidende Punkt ist – ich will an dieser Stelle
twas stärker ins Detail gehen –, dass in der Frage der
estrukturierungsverordnung zur Bankenabgabe ein

ehr ungewöhnlicher Vorgang stattfindet. Es gab eine
6 : 0-Entscheidung der Länder für die Verschärfung der
erordnung in diesem Bereich, um die deutschen Ban-
en dazu zu bringen, sich stärker zu beteiligen, als bisher
orgesehen war.

Was passiert? Es wird, wenn ich mich nicht täusche,
it dem Land Hessen über Bande gespielt – man denke

ur an die Regierungsbeteiligung –, und es bewegt sich
ichts. Ich finde, es ist ein unerträglicher Vorgang, dass
ei dem, was ohnehin schlecht genug ist und was wir
icht für ausreichend halten, jetzt noch so lange gezockt
ird, nur um die privaten Großbanken zu schonen. Das
ann nicht der richtige Weg sein.

Ich fordere alle auf, endlich dafür zu sorgen, dass zu-
indest die verbesserte Fassung so schnell wie möglich

urch die Länder auf den Weg gebracht werden kann.


(Beifall bei der SPD – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Immer noch unzureichend!)


Das habe ich gesagt. Es ist immer noch unzureichend,
ber besser als nichts. Im Übrigen, Herr Troost, schließe





Nicolette Kressl


(A) )


)(B)

ich mich allen Fraktionen an. Es wäre besser gewesen,
Sie hätten statt eines eigenen Antrags Änderungsanträge
vorgelegt.

Bei der Rede von Frau Wagenknecht fand ich es be-
sonders waghalsig, dass sie ernsthaft behauptet hat, mit
diesem Antrag würde es gelingen, die bestehenden Defi-
zite in der Finanzmarktstruktur zu verändern. Entschul-
digung, das ist absurd. Sie sollten Ihre eigenen Anträge
lesen.


(Beifall bei der SPD)


Darin geht es um die Höhe der Bankenabgabe, mit einer
deutlichen Abschöpfung verbunden, und um eine Fi-
nanztransaktionsteuer. Wenn Sie ernsthaft behaupten,
damit seien die Probleme gelöst, die Sie beschrieben ha-
ben und die wir zumindest zum Teil ebenfalls sehen,
dann muss ich sagen: Ein bisschen mehr Niveau wäre im
Parlament angebracht.


(Beifall bei der SPD – Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Da haben Sie aber nicht zugehört!)


– Doch, ich habe genau zugehört.


(Zuruf von der LINKEN: Das hat sie aber nicht gesagt!)


Ich will noch auf zwei einzelne Punkte in diesem An-
trag eingehen und darauf hinweisen, dass bei der Ban-
kenabgabe auch bestimmte verfassungsrechtliche Vorga-
ben zu beachten sind. Das müssen wir bei Sonder-
abgaben in Deutschland immer im Blick behalten. Des-
halb fand ich es, ehrlich gesagt, ein bisschen populis-
tisch, dass Sie in Ihrem Antrag die Sparkassen und
Volksbanken von der Abgabe ausnehmen wollen. Man
kann eine risikoorientierte Bewertung vorziehen, um sie
weniger zu belasten, statt sie einfach auszunehmen.

Man sollte auch nicht vergessen, dass es zwar richtig
ist, dass die allermeisten Sparkassen und Volksbanken
nicht die Verantwortung tragen, dass aber auch sie von
den Stabilisierungsmaßnahmen profitiert haben. Auch
das gehört zur Wahrheit. Man sollte damit sehr ernsthaft
umgehen.

Gestatten Sie mir noch eine kurze Anmerkung zum
Thema Abgabe. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben,
die wir bei der Bankenabgabe berücksichtigen müssen,
gelten im Übrigen auch bei der Vermögensabgabe, Herr
Schick. Insofern glaube ich: Je weiter wir uns von der
Finanzmarktkrise entfernen, umso genauer muss man
die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten beachten. Wir
sollten gemeinsam darüber reden, ob eine gruppenorien-
tierte Vermögensabgabe wirklich ein besserer Weg wäre
als eine entsprechende Vermögensbesteuerung.

Ich fasse zusammen: Die Bankenabgabe ist nicht die
richtige Lösung. Sie reicht nicht aus. Wir glauben, dass
der Antrag der Linken nicht die richtigen Antworten
gibt.

Ich fordere alle gemeinsam auf, beim Thema Finanz-
markttransaktionsteuer in Europa gemeinsam voranzu-
gehen. Damit können wir mehr durchsetzen als mit der
Debatte, die wir heute führen.

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(C (D Vielen Dank. Letzte Rednerin in dieser Debatte ist für die Fraktion er CDU/CSU unsere Kollegin Bettina Kudla. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen nd Herren! Eine wirklich strukturierte Politik ist – ich enke, das hat die Debatte gezeigt – in dem Antrag der inken nicht erkennbar. Sie bringen zwei Dinge durchinander: Beiträge zur Risikovorsorge für die Zukunft nd zusätzliche Beiträge zum Steueraufkommen und dait zum Ausgleich der Kosten der Krise. Es ist absolut chtig, mit der von der Bundesregierung in diesem Jahr ingeführten Bankenabgabe auf eine Risikovorsorge zu etzen. Der langfristig – ich betone: langfristig – angeeilte Betrag von bis zu 70 Milliarden Euro wird zukünfg einen stabilen Beitrag zur Bewältigung von Krisensiationen leisten. Die Zuführung zum Restrukturierungsnds erfolgt sukzessive. Einerseits muss Risikoge ichtspunkten Rechnung getragen werden; andererseits arf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehen nicht eingeschränkt werden. Heutzutage wird viel on nachhaltiger Politik gesprochen. Die Bankenabgabe t eine langfristige und damit den Finanzmarkt nachhalg stabilisierende Weichenstellung. Nun zur Finanzmarkttransaktionsteuer. Hier haben ie Vorredner bereits die möglichen Facetten ausführlich eleuchtet. Die Bundesregierung hat sich klar zur Einhrung einer Finanzmarkttransaktionsteuer bekannt und at auf internationaler Ebene intensiv um diese Steuer eworben. Ich zitiere die Zeitung Die Welt vom gestrien Tage: Die EU-Kommission will bis Donnerstag die Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer beschließen … Der Vorschlag greift Forderungen aus Deutschland, Frankreich und Österreich auf. Die jeweiligen Regierungen hatten im vergangenen Jahr eine Steuer auf sämtliche Finanztransaktionen gefordert. ass ebendiese Forderungen keine hohlen Phrasen geesen sind, können Sie in zahlreichen Pressestatements on Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel nachlesen. ielleicht täte Ihnen das einmal gut. Am Beschluss der Europäischen Kommission ist zu egrüßen, dass eine Finanzmarkttransaktionsteuer eingehrt werden soll. Eine neue Steuer in Form einer EU teuer ist jedoch abzulehnen. ie nationalen Staaten müssen die Möglichkeit haben, ine Finanzmarkttransaktionsteuer selbst zu erheben und nerhalb der nationalen Haushalte zu vereinnahmen. (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen sich jetzt schon einig werden!)


(Beifall bei der SPD)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711711600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bettina Kudla (CDU):
Rede ID: ID1711711700

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Bettina Kudla


(A) )


)(B)

Die Einführung einer EU-Steuer – der EU-Haushalt fi-
nanziert sich nun einmal aus den nationalen Eigenmit-
teln – würde bedeuten, dass die Eigenmittelobergrenze
überschritten wird,


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht! – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!)


also der Betrag, der den Beitrag der EU-Länder zum EU-
Haushalt auf 1,04 Prozent des Bruttonationaleinkom-
mens deckelt. Es würde jeglichen Konsolidierungsbe-
mühungen der nationalen Haushalte widersprechen, falls
der Beitrag zum EU-Haushalt erhöht würde. Schließlich
haben wir zurzeit keine Krise des Euro. Wir haben ein
Problem der zu hohen Verschuldung der nationalen Staa-
ten.

Eine pauschale Verurteilung von Finanzinstituten leh-
nen wir ab. Die Banken haben nun einmal eine zentrale
Rolle – das wurde bereits mehrfach betont – bei der Kre-
ditvergabe. Die Möglichkeit, einen Kredit in Anspruch
zu nehmen, ist für den mittelständischen Unternehmer
genauso wichtig wie für den Privatmann. Wir wollen
gute Rahmenbedingungen für eine soziale Marktwirt-
schaft. Unternehmen brauchen die Chance, Gewinne zu
machen; denn dies schafft Arbeitsplätze und sichert die
Einnahmen des Staates. Ich bin sehr froh, dass große
Bankinstitute wie die Deutsche Bank und die Commerz-
bank nach den schwierigen Jahren der Finanzkrise wei-
terhin bzw. wieder Gewinne machen; denn über diese
Gewinne zahlt zum Beispiel die Commerzbank die
Staatshilfen wieder zurück.

Unternehmen dürfen nicht durch eine verantwor-
tungslose Politik zur Abwanderung ins Ausland veran-
lasst werden. Gerade im Zeitalter der Globalisierung ist
es für Unternehmen und ganz besonders für Finanzinsti-
tute sehr einfach, ihren Sitz und ihre Geschäftstätigkeit
ins Ausland zu verlegen. Damit wäre niemandem gehol-
fen, im Gegenteil: Die Volkswirtschaft würde ge-
schwächt.

Die Finanzmarktpolitik muss ausgewogen sein. Die-
ser Ausgewogenheit kommt man in großen Schritten nä-
her, wenn man folgende drei Themen betrachtet: Eigen-
kapitalbildung durch Basel III, Bildung eines Restruk-
turierungsfonds durch die Bankenabgabe und Einfüh-
rung einer Finanzmarkttransaktionsteuer. Ich bin der
Meinung, dass eigentlich eine klare Strukturierung die-
ser drei Maßnahmen vorliegt.

Das Wichtigste ist, dass die Unternehmen erst einmal
selbst Vorsorge betreiben. Durch Basel III sollen sie
selbst Reserven bilden, damit etwaige Verluste nicht
gleich existenzgefährdend werden. Durch die Bankenab-
gabe wird ein Krisenfonds eingerichtet, der für die Fälle
gedacht ist, in denen Banken trotz des erhöhten Eigenka-
pitals in eine Existenzkrise geraten. Ich halte es für ganz
entscheidend, dass man dieses Thema jetzt erst einmal
angegangen ist, auch wenn das Volumen des Banken-
fonds noch nicht befriedigend ist. Aber wichtig ist die
Entscheidung, dass man ihn einrichtet und dass die Un-
ternehmen in diesen Topf einzahlen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Finanzkrise hat viele Ursachen. Unter anderem
aben Sie in Ihrem Antrag auf die Probleme der Landes-
anken hingewiesen.


(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Welche Ursachen sehen Sie?)


iese Probleme sind nicht einfach durch irgendwelche
nonymen Banken oder anonymen Verursacher entstan-
en.


(Weitere Zurufe von der LINKEN)


iese Probleme sind durch eine verfehlte Geschäftspoli-
k entstanden.


(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Ja!)


erade die Landesbanken haben es versäumt, sich mit
em Thema „Sinnvolles Geschäftsmodell“ auseinander-
usetzen. Hinzu kam Verantwortungslosigkeit, gepaart
it Missmanagement, und Gremien wie Vorstand und
ufsichtsrat sowie Eigentümer waren an all diesem be-
iligt.

Umso wichtiger ist es, dass die Politik ihr Augenmerk
arauf richtet, dass aus der jüngeren Generation gut aus-
ebildete Unternehmer und Vorstände nachwachsen. Wir
rauchen einen entsprechenden Nachwuchs in Füh-
ngspositionen. Gleich zu Beginn der Legislaturperiode

at die Bundesregierung dazu ein Stipendienprogramm
it dem Ziel aufgelegt, Hochbegabte unter der Bedin-

ung zu fördern, dass sie sich gleichzeitig gesellschaft-
ch engagieren. Ich betone das deswegen, da wir die
olgen der Finanzkrise nicht allein durch ein gesetzli-
hes Regelwerk des Finanzmarktes lösen können, son-
ern nur durch eine Politik, die einerseits gute Ausbil-
ung und Verantwortungsbereitschaft fördert und
ndererseits Unternehmern wie Arbeitnehmern entspre-
hende Chancen bietet.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Der Antrag der
raktion Die Linke geht an der Realität vorbei. Die Bun-
esregierung ist auf dem richtigen Weg. Auf dem Gebiet
er Regulierung der Finanzmärkte tut sich eine ganze
enge. Lassen Sie uns daran weiter gemeinsam arbei-
n.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711711800

Vielen Dank, Frau Kudla. – Nun schließe ich die Aus-

prache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/6303 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sie sind damit ein-

erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 41 a bis 41 h sowie
ie Zusatzpunkte 5 a und 5 b auf:





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

41 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Europäischen Dienstleistungsrichtli-
nie im Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am
Fernunterricht (Fernunterrichtsschutzgesetz)


– Drucksache 17/6208 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
tokoll vom 27. Oktober 2010 zur Änderung
des Abkommens vom 11. August 1971 zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland und
der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen

– Drucksache 17/6257 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 30. März 2011 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und Irland zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur
Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen

– Drucksache 17/6258 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 18. Februar 2011 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Repu-
blik Zypern zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerung und zur Verhinderung der Steuer-
verkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen

– Drucksache 17/6259 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Energiebetriebene-Produkte-Geset-
zes

– Drucksache 17/6278 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Tabea
Rößner, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck

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(C (D BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Pressefreiheit europaweit umsetzen – Medien als wichtigen Grundpfeiler der Demokratie stärken – Drucksache 17/6126 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union g)


(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein-
Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zugang zu medizinischem Cannabis für alle
betroffenen Patientinnen und Patienten er-
möglichen

– Drucksache 17/6127 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Agnes
Krumwiede, Monika Lazar, Krista Sager, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Grundlagen für Gleichstellung im Kulturbe-
trieb schaffen

– Drucksache 17/6130 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

P 5 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Wilhelm Priesmeier, Heinz-Joachim Barchmann,
Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Gemeinsame Europäische Agrarpolitik nach
2013 – Konzept zum „Greening“ der Direkt-
zahlungen vorlegen

– Drucksache 17/6299 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele, Wolfgang Wieland, Jerzy
Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verantwortlichkeit der Bundesregierung für
den Umgang des Bundesnachrichtendienstes
mit den Fällen Klaus Barbie und Adolf Eich-
mann

– Drucksache 17/4586 –





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Die Vorlage auf Drucksache 17/4586 – das
betrifft den Zusatzpunkt 5 b – soll federführend beim In-
nenausschuss beraten werden. Sie sind damit einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so
beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 42 a bis 42 j auf.
Es handelt sich um Beschlussfassungen zu Vorlagen, zu
denen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 42 a:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch,
Cornelia Behm, Harald Ebner, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Bericht zum Risikomanagement bei Lebens-
mittelkrisen vorlegen

– Drucksachen 17/6107, 17/6337 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Mechthild Heil
Kerstin Tack
Dr. Christel Happach-Kasan
Karin Binder
Nicole Maisch

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/6337, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/6107 abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Das
sind die Fraktionen der Sozialdemokraten und Bünd-
nis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Die Linksfraktion.
Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Die Tagesordnungspunkte 42 b bis 42 j betreffen die
Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 42 b:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 278 zu Petitionen

– Drucksache 17/6110 –

Wer stimmt dafür? – Das sind alle Fraktionen dieses
Hauses. – Gegenprobe! – Niemand. Enthaltungen? –
Niemand. Die Sammelübersicht 278 ist angenommen.

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(C (D Tagesordnungspunkt 42 c: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 279 zu Petitionen – Drucksache 17/6111 – Wer stimmt dafür? – Das sind alle Fraktionen. Wer timmt dagegen? – Niemand. Enthaltungen? – Niemand. ie Sammelübersicht 279 ist angenommen. Tagesordnungspunkt 42 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 280 zu Petitionen – Drucksache 17/6112 – Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktioen und die sozialdemokratische Fraktion. Wer stimmt agegen? – Die Linksfraktion. Enthaltungen? – Fraktion ündnis 90/Die Grünen. Die Sammelübersicht 280 ist it dem von mir erwähnten Stimmverhalten angenomen. Tagesordnungspunkt 42 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 281 zu Petitionen – Drucksache 17/6113 – Wer stimmt dafür? – Das sind alle Fraktionen. Wer timmt dagegen? – Niemand. Enthaltungen? – Niemand. omit ist die Sammelübersicht 281 einstimmig angeommen. Tagesordnungspunkt 42 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 282 zu Petitionen – Drucksache 17/6114 – Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktioen, die Sozialdemokraten und die Linksfraktion. Wer timmt dagegen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die rünen. Enthaltungen? – Niemand. Somit ist mit dem on mir erwähnten Stimmverhalten die Sammelübericht 282 angenommen. Tagesordnungspunkt 42 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 283 zu Petitionen – Drucksache 17/6115 – Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktioen, die Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen. er stimmt dagegen? – Die Linksfraktion. Enthaltun en? – Niemand. Somit ist die Sammelübersicht 283 mit em Stimmverhalten, wie ich es erwähnt habe, angeommen. Vizepräsident Eduard Oswald )





(A) )

Tagesordnungspunkt 42 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 284 zu Petitionen
– Drucksache 17/6116 –

Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktio-
nen und die Linksfraktion. Wer stimmt dagegen? – So-
zialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltun-
gen? – Niemand. Somit ist die Sammelübersicht 284
angenommen.

Tagesordnungspunkt 42 i:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 285 zu Petitionen
– Drucksache 17/6117 –

Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktio-
nen. Wer stimmt dagegen? – Sozialdemokraten und
Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Die Linksfrak-
tion. Die Sammelübersicht 285 ist somit angenommen.

Tagesordnungspunkt 42 j:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 286 zu Petitionen
– Drucksache 17/6118 –

Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktio-
nen. Wer stimmt dagegen? – Das sind die drei Opposi-
tionsfraktionen. Stimmenthaltungen? – Keine. Somit ist
die Sammelübersicht 286 mit dem Stimmverhalten, das
ich erwähnt habe, angenommen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP:

Stuttgart 21 – Ergebnis des Stresstests respek-
tieren – Keine Blockadepolitik

Ich eröffne die Aussprache.

Erster Redner in der Aktuellen Stunde ist unser Kol-
lege Dr. Stefan Kaufmann für die Fraktion der CDU/
CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Stefan Kaufmann (CDU):
Rede ID: ID1711711900

Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kolle-

gen! Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits vier-
mal über das Bahnprojekt Stuttgart 21 debattiert. Die ak-
tuelle Entwicklung macht es nötig, dass wir uns heute in
dieser Aktuellen Stunde mit dem sogenannten Stresstest
für dieses Infrastrukturprojekt und vor allem dem nicht
akzeptablen Verhalten der Grünen in diesem Zusammen-
hang befassen müssen.

Nur zur Erinnerung: Im Herbst letzten Jahres wurde
im Rahmen einer Schlichtung zwischen Projektbefür-
wortern und Projektgegnern unter anderem ein Stresstest

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(C (D ereinbart. Dabei handelt es sich um eine Simulation des ukünftigen Zugverkehrsaufkommens in der badenürttembergischen Landeshauptstadt. Dieser Test soll lären, ob der geplante Tiefbahnhof tatsächlich bis zu 0 Prozent mehr Zugverkehr bewältigen kann als der tzt bestehende Kopfbahnhof zu Spitzenzeiten. Die Proktträger haben sich verpflichtet, die Infrastruktur ent prechend nachzubessern, falls sich dies im Zuge des tresstests als notwendig erweisen sollte. Das Ergebnis des Stresstests wird von einem unabängigen und renommierten Verkehrsberatungsinstitut in er Schweiz geprüft, am 11. Juli den fünf Projektpartern zur Verfügung gestellt und hernach am 14. Juli der ffentlichkeit präsentiert. Genau so und nicht anders urde das Vorgehen in der von Heiner Geißler moderiern Schlichtung von allen Seiten, Gegnern und Befürortern von Stuttgart 21, anerkannt. (Michael Schlecht [DIE LINKE]: Nein! Das stimmt nicht!)


it am Tisch saßen damals die heutigen Mitglieder der
aden-württembergischen Regierung Winfried Hermann
nd Winfried Kretschmann. Auch sie haben diesem Ver-
hren damals zugestimmt.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Im vergangenen Landtagswahlkampf haben die Grü-
en den Mund sehr voll genommen und den Bürgerinnen
nd Bürgern gerade in Stuttgart durchaus mit Erfolg
eisgemacht, dass sie bei einer Regierungsübernahme
as Projekt stoppen würden.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Daran werden sie noch ersticken!)


etzt müssen die neuen Regierungsparteien seriöser-
eise ihren Wählerinnen und Wählern erklären, dass wir
Deutschland in einem Rechtsstaat leben, in dem Ge-

etze und geschlossene Verträge unabhängig von Minis-
rsesseln Bestand haben; denn nach allem, was man
eiß, wurde der Stresstest bestanden.


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Von wegen!)


ffiziell ist dies nicht, weil die Bahn der Prüfung der Er-
ebnisse durch das Schweizer Institut zu Recht nicht
orgreifen wollte.

Unterdessen ist der Verkehrsminister Hermann außer
and und Band geraten. Er wirft der Bahn Foulspiel vor,
eil aus Bahnkreisen das Ergebnis des Stresstests durch-
esickert sei und er selbst bis auf ein paar Präsentations-
lien rein gar nichts über diesen Stresstest wisse. Der
rankfurter Rundschau gab er aber schon vergangenen
onnerstag zu verstehen, dass die Bahn den Stresstest
ohl irgendwie bestanden habe. Da frage ich mich

chon, von welcher Seite aus irgendetwas durchgesickert
t.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Der Hermann ist undicht!)


Bis vergangene Woche hatte man den Eindruck: Der
eue baden-württembergische Verkehrsminister ist noch





Dr. Stefan Kaufmann


(A) )


)(B)

nicht aus seiner Oppositionsrolle herausgekommen und
braucht etwas länger, um zu begreifen, was es heißt, Re-
gierungsverantwortung zu übernehmen. Das wurde zum
Beispiel deutlich, als er die Zuständigkeit für die Reali-
sierung von Stuttgart 21 einem anderen Ressort übertra-
gen wollte. Wer, wenn nicht der Verkehrsminister, soll
sich denn bitte um dieses Infrastrukturprojekt kümmern?
Offensichtlich verheddert sich Winfried Hermann immer
mehr in seinem Bemühen, es der Partei und den Stutt-
gart-21-Gegnern recht zu machen, und scheut dabei auch
vor der Unwahrheit nicht zurück.

Auf dem Stuttgarter Marktplatz hat er bei einer Bür-
gerversammlung die Öffentlichkeit – ich muss es in die-
ser Deutlichkeit sagen – hinters Licht geführt, und zwar
Befürworter und Gegner gleichermaßen. Er sagte: Die
Informationen zum Stresstest für den neuen unterirdi-
schen Bahnhof muss die Bahn frühzeitig herausrücken.
Es ist ein Ärgernis, dass die Bahn ihre Ergebnisse erst
drei Tage vor dem 14. Juli mitteilen und einen Tag später
mit der Vergabe von Bauleistungen beginnen will. So hat
die Landesregierung nicht wirklich Zeit, zu prüfen und
zu diskutieren. – Ende des Zitats. Auf ausdrückliche
Nachfrage von Versammlungsteilnehmern hin wieder-
holte er seine angebliche Unkenntnis der Stresstest-
ergebnisse.

Richtig ist aber: Verkehrsminister Hermann hatte zu
diesem Zeitpunkt bereits seit Tagen Kenntnis über den
Stand und die Ergebnisse des Stresstests. Es gibt ausrei-
chend Belege dafür, dass der Minister in die von der
Bahn durchgeführte Computersimulation für den geplan-
ten Tiefbahnhof stets eingeweiht gewesen ist. Es wurden
sogar noch Forderungen der Grünen in die Simulation
eingearbeitet. Bei der Präsentation des 31-seitigen Ab-
schlussberichts zum Test im sogenannten Lenkungskreis
am 16. Juni war ein hochrangiger Vertreter des Verkehrs-
ministeriums persönlich zugegen. Winfried Hermann
sagt also in der Öffentlichkeit bewusst die Unwahrheit
und wirft mediale Nebelkerzen, um zu verbergen, dass er
kaum noch rationale Argumente gegen eine zügige Fort-
führung dieses bedeutenden Infrastrukturprojekts hat.
Dies entspricht so gar nicht dem Anspruch, mit dem die
neue Landesregierung angetreten ist. „Neue Transparenz
und Offenheit“ scheint nur dann zu gelten, wenn es der
grünen Ideologie entspricht. Schade, dass Ministerpräsi-
dent Kretschmann seinem zwischenzeitlich beim Koali-
tionspartner SPD und in der Öffentlichkeit in Ungnade
gefallenen Minister am Dienstag auch noch treuherzig
den Rücken gestärkt hat.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Na ja!)


Deutlichere Worte wären hier angebracht gewesen – im
Übrigen auch zur Gewalteskalation bei der sogenannten
Montagsdemo vergangene Woche durch die sogenannten
Parkschützer.

Mittlerweile werden selbst innerhalb der grün-roten
Koalition erhebliche Zweifel nicht nur am Verhalten des
Ministers, sondern auch an seiner Eignung laut. Diese
Zweifel konnte Minister Hermann gestern im Landtag
trotz Zurückruderns nicht ausräumen. Deshalb sollte
sich Winfried Hermann ernsthaft überlegen, selbst die

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(C (D otwendigen Konsequenzen zu ziehen, zumindest aber ur Wahrheit zurückzukehren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es kann jedenfalls nicht sein, dass eine Minderheit die
ukunft des Landes Baden-Württemberg blockiert, und
s darf nicht sein, dass Süddeutschland vom europäi-
chen Schnellbahnnetz abgehängt wird. Deshalb fordern
ir die Landesregierung in Stuttgart auf: Halten Sie
chtsverbindliche Verträge und den Schlichterspruch

in! Akzeptieren Sie das Ergebnis des Stresstests ohne
eitere Bedingungen! Verteidigen Sie Stuttgart 21 und
en Rechtsstaat gegen gewalttätige Aktionen von Teilen
er Projektgegner! Setzen Sie sich dafür ein, dass Stutt-
art 21 und die Neubaustrecke gebaut werden und si-
hern Sie damit die Zukunft unseres Landes! Helfen Sie
it, dass der Bau in einer Atmosphäre des gegenseitigen
espekts und Vertrauens erfolgen kann.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711712000

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Stefan Kaufmann (CDU):
Rede ID: ID1711712100

Stuttgart 21 ist ein Infrastrukturprojekt von nationaler

edeutung und darf nicht grüner Parteitaktik oder linker
echnologiefeindlichkeit zum Opfer fallen.

Danke sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711712200

Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist der

ollege Uwe Beckmeyer für die Fraktion der Sozialde-
okraten. Bitte schön, Kollege Uwe Beckmeyer.


(Beifall bei der SPD)



Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1711712300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Ich denke, das Thema bedarf zumindest in diesem
ause als Erstes einer gewissen Entemotionalisierung;


(Lachen des Abg. Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP] – Zuruf von der FDP: Jetzt auf einmal!)


as hat es verdient. Was wir eben gehört haben, war,
laube ich, nicht in diesem Sinne.

Was uns hier vorliegt, ist der Antrag auf eine Aktuelle
tunde – ich zitiere –: „Stuttgart 21 – Ergebnis des
tresstests respektieren – Keine Blockadepolitik“.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau!)


ie haben eben den Eindruck erweckt, als sei der Stress-
st erfolgt, habe schon einen Stempel, sei schon in der
elt.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Der Hermann hat das in die Welt gesetzt! Nicht in die Welt, in die Frankfurter Rundschau hat er es gesetzt!)






Uwe Beckmeyer


(A) )


)(B)

Weil ich seriös arbeite, habe ich vor zwei Tagen Herrn
Dr. Grube eine Mail geschickt, in der ich ihm geschrie-
ben habe, dass Sie eine Aktuelle Stunde mit diesem Titel
beantragt hätten und dass ich als Sprecher der Arbeits-
gruppe Verkehr der sozialdemokratischen Bundestags-
fraktion wünschte, dass mir zur Vorbereitung dieser Ak-
tuellen Stunde die Ergebnisse, vielleicht auch die
vorläufigen Ergebnisse, des Stresstests übermittelt wür-
den.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das war sehr naiv!)


Ich bekam die Antwort nicht von Herrn Dr. Grube,
sondern von dem dafür zuständigen Konzernvorstand
Technik, Herrn Dr. Kefer.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Sehr angenehmer Mann!)


– Ja. – Darin heißt es: Bezug nehmend auf unser heuti-
ges Telefonat. Wir haben unsere Ausarbeitung zum obi-
gen Thema plangemäß am 21. Juni in elektronischer
Form an SMA – das sind die Schweizer – zur Begutach-
tung überspielt. Die Fachdokumentation wird dazu in
Papierform am 30. Juni – das ist heute – an das Land Ba-
den-Württemberg übergeben. Die SMA-Begutachtung
wird bis zum 11. Juli fertiggestellt und im Anschluss al-
len Beteiligten zur Verfügung gestellt. Die öffentliche
Diskussion der Ergebnisse des Stresstests und der Zerti-
fizierung durch die SMA erfolgt in einer gemeinsamen
Sitzung am 14. Juli. – Das ist die Sitzung mit Herrn
Geißler, dem eingesetzten Mediator, Vermittler, wie
auch immer.

In Ihrer Rede heute haben Sie erklärt, es sei schon al-
les mehr oder weniger im grünen Bereich, alles fertig.
Die Bahn selbst ist vorsichtig genug, dies noch nicht zu
erklären, weil die SMA noch ihren Stempel darunterset-
zen muss. Sie muss noch erklären, dass das Ganze plau-
sibel ist. Diese Plausibilitätserklärung des verabredeten,
von allen im Grunde akzeptierten und damit auch von
Winfried Hermann akzeptierten Gutachters, diese Zerti-
fizierung, wie auch immer das heißen mag, muss gege-
ben werden.

Erst dann liegt ein akzeptierter Stresstest vor. Dann
erst wird der Vermittler, Herr Geißler, feststellen können,
in welchen Bereichen der Stresstest im Hinblick auf un-
sere Vorgaben – mit allem, was in den letzten Tagen in
der Presse stand: 30 Prozent Zuwachs, Zugänglichkeit
für Familien und Behinderte usw. –, Bestand hat und in-
wieweit eine Realisierung möglich ist.

Kommen wir nun zu einem weiteren wichtigen Punkt;
und darüber haben nicht wir zu entscheiden, sondern der
DB-Vorstand: Kann der DB-Vorstand die vorgegebenen
Baumaßnahmen mit dem vorhandenen Geld – 4,5 Mil-
liarden Euro, inklusive der restlichen 420 Millionen
Euro der Risikomarge – durchführen? Diese Entschei-
dung hat der Bahnvorstand zu treffen.

Herr Präsident, das Licht leuchtet hier immer noch
auf. Das leuchtet schon die ganze Zeit. Haben Sie die
Uhr noch einmal zurückgestellt, oder was ist los?

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(C (D Es ist das Wesen der Aktuellen Stunde, Herr Kollege eckmeyer, dass man immer fünf Minuten Redezeit hat. Ja, gut, aber das leuchtet schon die ganze Zeit. Nein, nein. Fünf Minuten sind untrüglich fünf Minu n. Wenn man aber ganz unsicher ist, kann man auch och dort oben auf die Uhr im Saal schauen. Wir haben xtra wegen Ihnen diese Uhr dort installieren lassen, err Kollege. Diese jetzt verbrauchte Zeit wird mir hoffentlich noch ugestanden. Wir sind bei der Übergabe immer sehr genau. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ent cheidung, über die ich gerade gesprochen habe, wird ie Bahn treffen müssen. Sie wird sie auch treffen, und war im Sinne ihres eigenen Verständnisses von Wirtchaftlichkeit. Insofern gilt: Wenn Heiner Geißler sagt, er Ausgang des Stresstestes sei offen, so ist ihm beizuflichten. Aber – und da widerspreche ich dem einen oder anden in Stuttgart – diesem Stresstest liegt eine Verabre ung zugrunde, und zwar darüber, wie er durchgeführt nd bewertet wird. Das geschieht nämlich zunächst urch die Bahn, dann durch die SMA, und schließlich erlgt die Bewertung durch den Sachverständigenkreis m Herrn Geißler. Das ist – so denke ich – der richtige eg. Darum habe ich im Hinblick auf die ganze Aufre ung der letzten Tage die Bitte: Tragen wir nicht dazu ei, dass sich das fortsetzt. Herr Kollege. Ich rate zu Gelassenheit und dazu, dass dem Gremium m Heiner Geißler am 14. Juli der Raum gegeben wird, ie Ergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen. Am Ende es Tages werden alle die, die sagen: „Dieser Stresstest ar erfolgreich“, zufrieden sein. Herr Kollege! Dann hat er aber auch ein entsprechendes Testat be ommen. )

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711712400
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1711712500
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711712600

(Heiterkeit)

Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1711712700

(Heiterkeit)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711712800
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1711712900
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711713000
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1711713100
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711713200
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1711713300




(A) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711713400

Auch das Einpacken verlängert nicht die Redezeit.


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1711713500

Dann hat er auch alles, was wir nötigerweise brau-

chen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich bedanke mich für
die Zeit, die Sie mir gewährt haben.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711713600

Habe ich doch gar nicht; würde ich auch niemals.

Hartfrid Wolff hat das Wort für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was

Grüne und SPD in Stuttgart inszenieren, ist schlicht
Volksverdummung. Das beweist auch die Rede des Kol-
legen eben. Die SPD hat sich vor der Landtagswahl klar
zu Stuttgart 21 bekannt. Jetzt lässt sie den grünen Koali-
tionspartner Angriffe gegen die Bahn und gegen S 21
führen – und schweigt. Sie berät, aber sie schweigt.

Auch zu den gewaltsamen Übergriffen von fanatisier-
ten S-21-Gegnern hat sie wenig gesagt. Die SPD muss
sich aber durchsetzen und der Bahn zu ihrem Recht ver-
helfen. Von ihr erwarten wir ein klares Bekenntnis zu
Stuttgart 21 und zu entschlossenem Handeln.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Die SPD ist aber offensichtlich auch von ihrem
Selbstwertgefühl her in der Landesregierung nur Junior-
partner. Sie wirkt wie der Bettvorleger des grünen
Ministerpräsidenten und nicht wie eine aktive Partei, die
die Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler wahrneh-
men möchte.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Selbstverzwergung der SPD!)


Der Wechsel zu einer grün-geführten Regierung hat
offenbar nicht – wie der eine oder andere gehofft hat –
zu einer Befriedung der Situation in Stuttgart geführt. Im
Gegenteil: Das Chaos in der Landesregierung hat in den
letzten Tagen massiv zugenommen. Offenbar wird Zau-
berlehrling Kretschmann die Geister, die er im Wahl-
kampf rief, nicht wieder los. Zum Erreichen der Macht
war dem Zauberlehrling die machtpolitische Instrumen-
talisierung dieses Themas gut; zum verantwortungsvol-
len Umgang mit der Macht reicht das aber nicht aus.

Wenn Demonstranten Sachbeschädigungen oder An-
griffe auf Polizisten begehen, ist das nicht nur rechtswid-
rig;


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Die Rede hätten Sie vor einem halben Jahr halten sollen, als es andersherum war! Unglaublich!)


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(C (D s ist auch nicht vom Demonstrationsrecht des Grundgeetzes gedeckt. Es stellt auch im Hinblick auf das vertrene Ziel ein Armutszeugnis dar: Offensichtlich geht es en Leuten im Wesentlichen um Krawalle und nicht ehr um Sachargumente. Die Landesregierung unter retschmann muss endlich die Rechtslage akzeptieren, ies auch in den eigenen Stellungnahmen deutlich achen und deeskalierend wirken. Das Kabinett retschmann wirkt aber nicht deeskalierend. (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Richtig!)


Wir fordern die Landesregierung von Baden-
ürttemberg ebenso wie die Grünen und die SPD im

und auf, sich nicht nur deutlich von den gewalttätigen
useinandersetzungen vom 21. Juni zu distanzieren,

ondern sich auch klar zum Rechtsstaat zu bekennen.
as schließt das Bekenntnis zu geschlossenen Verträgen
nd rechtsverbindlichen Entscheidungen mit ein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Uwe Beckmeyer [SPD]: Wer stellt das denn infrage?)


Die Gegner des Projekts argumentieren, das Projekt
tuttgart 21 sei illegitim. Was ist das für eine Selbstherr-
chkeit einer in absoluten Kategorien denkenden Mei-
ungsclique mit einer vermeintlich übergeordneten Mo-
l!


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo haben Sie das abgeschrieben?)


ine von den Grünen geförderte Empörungskultur er-
etzt keinen nachhaltigen politischen und demokrati-
chen Prozess.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Lösen Sie sich mal von Ihrem Text und reden Sie frei!)


s birgt eine Gefahr für unsere Demokratie, wenn wir
emeinsame Regeln und Gesetze der Laune eines Au-
enblicks unterwerfen.


(Lachen des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die FDP setzt sich seit Jahren dafür ein, dass das
uorum für Volksentscheide in Baden-Württemberg
eutlich gesenkt wird. Dahinter steht auch eine liberale
rundüberzeugung. Es kann aber nicht darum gehen,

ine aktuelle Stimmung auszunutzen und deshalb im
arforceritt die Landesverfassung zu ändern. Wenn dann
ber noch ein Volksentscheid nur dazu dienen soll, die
on den Grünen selbst geschaffene Regierungskrise zu
eenden, zeugt das eindeutig von Hilflosigkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Martin Burkert [SPD]: Das sind Reflexe einer Wahlniederlage!)


Meine Damen und Herren, der Umgang des Verkehrs-
inisters mit dem Projektpartner Bahn ist schlicht un-

erschämt. Obwohl sein Ministerium im gemeinsamen
enkungskreis mit am Tisch sitzt, gibt sich Herr
ermann unwissend; er behauptet, widerspricht, be-





Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) )


)(B)

hauptet, widerspricht. Ich frage mich: Was ist das für ein
Persönlichkeitsprofil? Der Stuttgarter Verkehrsminister
ist eben nicht nur der Minister für die Stuttgart-21-Geg-
ner, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger in Baden-
Württemberg; sie schätzen Ehrlichkeit, Rechtsstaatlich-
keit und Demokratie. Verkehrsminister Hermann hat
vielleicht ein Parteibuch, aber sonst nichts, was ihn für
sein politisches Führungsamt qualifiziert.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Uwe Beckmeyer [SPD]: Er kann sich nicht einmal wehren! Sie greifen hier eine Person an, die nicht Mitglied dieses Parlaments ist!)


Stuttgart 21 stärkt den Wirtschaftsstandort Baden-
Württemberg, schafft neuen Wohnraum und Arbeits-
plätze.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Sagen Sie mal was Inhaltliches!)


Anders als mit den Grünen und ihren allergischen
Reaktionen auf Großvorhaben aller Art ist die Umset-
zung wichtiger Infrastrukturprojekte mit uns weiterhin
möglich;


(Zuruf von der FDP: Genau!)


wir bleiben bei unserer klaren Linie. Die FDP steht im
Bund wie in Baden-Württemberg zu Stuttgart 21; sie
steht zu Rechtsstaatlichkeit, Offenheit und für eine Zu-
kunft für Baden-Württemberg.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Sie setzen Milliarden in den Sand!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711713700

Michael Schlecht hat das Wort für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711713800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Zu den Merkwürdigkeiten der Überschrift dieser Aktuel-
len Stunde hat der Kollege Beckmeyer schon alles ge-
sagt; das erspart mir ein bisschen Redezeit.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Uns auch!)


Man muss eines sehr deutlich sagen: Der sogenannte
Stresstest, um den es hier geht, war von Anfang an eine
Farce.


(Beifall bei der LINKEN)


Bei der sogenannten Schlichtung wurde Ende November
letzten Jahres vereinbart, dass der Stresstest transparent
und unter Beteiligung der Gegner von Stuttgart 21
durchgeführt wird. Vereinbart war, dass die Inputvariab-
len und die Rechenmethoden gemeinsam entwickelt und
abgestimmt werden. Nichts davon ist eingehalten wor-
den. Von daher ist alles, was unter der Überschrift
„Stresstest“ läuft, von vornherein eine Farce und im
Grunde nichts wert. Das ist der erste Skandal, den man
deutlich benennen muss.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt hat die Bahn im stillen Kämmerlein alleine vor
ich hin gerechnet, genauer: Sie hat manipuliert. Sie hat
o lange gerechnet – das kann man den Gerüchten in der
resse entnehmen –, bis etwas herauskam, das ihr in den
ram passte.


(Oliver Luksic [FDP]: Woher wissen Sie das denn?)


as ist schlichtweg eine Manipulation.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Halten Sie sich an die Fakten, nicht an Gerüchte! Sie reden von Gerüchten, kennen aber das Ergebnis nicht! Das ist unseriös!)


Sie haben eine Aktuelle Stunde zu Gerüchten bean-
agt.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und Sie bewerten sie!)


azu muss man sich doch irgendwie verhalten.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dass die Bahn die Ergebnisse ihres Manipulations-
sts – so muss man ihn im Grunde genommen nennen –

wei Wochen vor der vereinbarten Veröffentlichung an
ie Presse weitergegeben hat, ist schlichtweg eine Un-
erschämtheit. Dahinter steckt Folgendes: Der Rambo-
urs der Bahn soll legitimiert werden, damit schnell
eitergebaut werden kann. Das Entscheidende ist – das
t der eigentliche Skandal –, dass die Regierung hier in
erlin der eigentliche Motor des Rambo-Kurses der
ahn in Stuttgart ist. Dieses Projekt soll mit Gewalt

chnell durchgezogen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


In den Ergebnissen dieses Manipulationstests wird
tolz darauf verwiesen, dass die Vorgabe einer 30-prozen-
gen Leistungssteigerung erfüllt wird – zumindest liest
an das in den Zeitungen –, und das, ohne jemals geprüft

u haben, ob mit dem jetzigen Bahnhof eine 30-prozen-
ge oder noch höhere Leistungssteigerung möglich
äre. Nach unseren Berechnungen, nach unseren Ein-

chätzungen, nach dem, was uns das Bündnis sagt, ist
as in jedem Fall möglich. Insofern ist die Erfüllung der
edingungen dieses sogenannten Stresstests von vorn-
erein fraglich.

Hinzu kommt, dass ein moderner Taktfahrplan mit
tuttgart 21 nicht möglich ist. Es gibt mittlerweile Aus-
agen des angenehmen Herrn Kefer, denen man entneh-
en muss, dass er dem zustimmt. Das sind die wirkli-

hen Skandale, die sich schon jetzt abzeichnen.

Hinzu kommt, dass dieser Stresstest anders geplant
ar. Der Stresstest war – im Gegensatz zu dem, was hier

rzählt wird – als Grundlage für die weitere Diskussion
edacht. Hinzu kommt, dass neben dem erfolgreichen
tresstest die von Herrn Geißler formulierten fünf oder





Michael Schlecht


(A) )


)(B)

sechs weiteren Konditionen erfüllt sein müssen, damit
man aus Geißlers Sicht überhaupt über den Weiterbau
von Stuttgart 21 nachdenken kann.


(Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Falsch!)


All diese Punkte sind nach dem, was man bisher hört,
nicht abgearbeitet. Daher kann man nicht sagen, dass mit
der Präsentation der Ergebnisse dieses Manipulationstes-
tes irgendein Tor aufgestoßen oder eine Entscheidung
für Stuttgart 21 getroffen wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Selbst wenn diese Tests alle positiv verlaufen würden:
Die Menschen in Stuttgart haben einen viel umfassende-
ren Blick. Viele Menschen in Stuttgart lehnen Stutt-
gart 21 nicht deshalb ab, weil der Bahnsteig einen zu
starken Winkel und vieles andere mehr hat, sondern weil
es selbst in der reichen Schwabenmetropole viele soziale
Missstände gibt. Die Kinderarmut ist zu hoch, Kitaplätze
fehlen usw.


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Alles CDUgemacht!)


All das passt nicht damit zusammen, dass bei diesem
Wahnsinnsprojekt Milliarden und Abermilliarden ver-
pulvert werden. Das ist eine ganz entscheidende Motiva-
tion für viele Menschen in Stuttgart, gegen dieses Pro-
jekt zu sein. Diese Motivation, gegen das Projekt
anzutreten, wird bestehen bleiben. Ich finde, deswegen
sollten diese Menschen unterstützt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Zum Schluss: Man muss schon einmal fragen, was
hinter dieser Rambo-Methode der Bahn und der Bundes-
regierung steckt. Worum es im Kern geht, ist vollkom-
men klar:


(Otto Fricke [FDP]: Jetzt kommt die große Verschwörungstheorie!)


Das Projekt Stuttgart 21 ist kein Eisenbahnprojekt. Im
Kern ist das ein Immobilienprojekt.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


Mit der Querlegung des Bahnhofs werden Grundstücke
frei. Es ist vollkommen klar, dass Union und FDP, leider
aber auch die SPD, im Zweifelsfall für Immobilienspe-
kulanten viel mehr Verständnis haben als für die Men-
schen in einer Stadt.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Jetzt wird es aber sehr dünn! – Ulrich Lange [CDU/ CSU]: Der Sozialismus nimmt seinen Lauf!)


Das Projekt ist noch nicht durch. Es kann noch zu Fall
gebracht werden, wenn die Stuttgarterinnen und Stutt-
garter mit vielfältigen Protesten dagegen antreten und
sich dagegen auflehnen, wie das im letzten Sommer und
Herbst der Fall war.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711713900

Kollege Schlecht.

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(C (D Ich bin gleich fertig. – Wir haben es in unserer Hand. ir haben die Chance, dieses Projekt zu Fall zu bringen. Danke schön. Für Bündnis 90/Die Grünen spricht Dr. Anton ofreiter. (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Die bayrische Vertretung für Baden-Württemberg!)

Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711714000

(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711714100


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711714200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Es entbehrt nicht eines gewissen Amüse-
ents, wenn sich ein Vertreter dieser Regierungskoali-
on über eine Landesregierung aufregt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


aut Beobachtungen aller politisch Interessierten und
bereinstimmender Kommentare in allen Zeitungen ist
ie momentane schwarz-gelbe Bundesregierung mit Ab-
tand die schlechteste Bundesregierung, die dieses Land
hatte. Daher wären etwas mehr Bescheidenheit und
emut angemessen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Zum Thema kommen! – Otto Fricke [FDP]: Das hilft jetzt unheimlich! – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Zur Sache kommen!)


Es gab allerdings Zeiten, in denen die CDU/CSU
urchaus in der Lage war, Regierungen vernünftig zu
hren. Aus diesen Zeiten stammt ein ehrenwerter Politi-

er namens Heiner Geißler. Auf die massiven Anwürfe
egen den Verkehrsminister in Baden-Württemberg,
errn Hermann,


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Zu Recht!)


öchte ich Ihnen mit einem Zitat dieses seriösen Kolle-
en von Ihnen, der aus Zeiten stammt, als Sie noch zu
ernünftiger Politik in der Lage waren, antworten. Auf
ie Frage, ob er Herrn Hermann für einen guten oder
chlechten Minister hält, antwortet Herr Geißler, CDU-
olitiker:

Er ist vor allem ein Überzeugungstäter und mir lie-
ber als alle angepassten Politik-Yuppies.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


err Hermann ist Herrn Geißler also lieber als alle ange-
assten Politik-Yuppies.


(Otto Fricke [FDP]: So wie Sie!)






Dr. Anton Hofreiter


(A) )


)(B)

Jeder kann jetzt selber entscheiden, wer zu dieser Kate-
gorie gehört. Mir würde der eine oder andere einfallen.


(Otto Fricke [FDP]: Wer ist denn hier PolitikYuppie?)


Vollkommen amüsant ist, dass ausgerechnet am heuti-
gen Tag betont wird, dass einmal getroffene Entschei-
dungen nicht revidiert werden können.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das merken die nicht einmal!)


Das entbehrt nicht unfreiwilliger Komik.


(Otto Fricke [FDP]: Jetzt reden wir über Atom, über die Regierung! Können wir nicht auch noch über Hartz IV reden?)


Was haben wir heute hier im Bundestag gemacht?
Wir haben mit großer Einigkeit den Ausstieg aus der
Atomenergie beschlossen. Für uns war dies eine konse-
quente Fortsetzung unserer Politik, für Sie eine
180-Grad-Wende.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was hat das mit Stuttgart 21 zu tun? – Otto Fricke [FDP]: Können wir einmal zum Thema kommen?)


Die Vertreter dieser Koalition, die heute bei einem ganz
entscheidenden Thema, der Energieversorgung für das
bedeutendste Industrieland Europas, diese 180-Grad-
Wende ihrer Politik und ihre komplette Kapitulation un-
terschrieben haben, sagen: Bei einem Bahnhof – der
Bahnhof ist, glaube ich, nicht ganz so bedeutend wie
das, was wir hier heute beschlossen haben –


(Otto Fricke [FDP]: Aha! Ein Bahnhof ist nicht so bedeutend! Okay! – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Können wir das festhalten: Er ist nicht bedeutend?)


darf eine neu gewählte Regierung, ein neu gewähltes
Parlament keine anderen Entscheidungen treffen. Ent-
schuldigen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist
lächerlich!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Geben Sie es ruhig ehrlich zu; denn an dem heutigen Tag
haben Sie sich komplett der Lächerlichkeit preisgege-
ben.

Jetzt schauen wir uns das Ganze an; man kann sich
hier eigentlich nur wiederholen. Herr Beckmeyer hat
wunderbar vorgelesen, wie der Stresstest vonstatten geht
und wann die Ergebnisse veröffentlich werden sollen.
Sie haben heute eine Aktuelle Stunde dazu beantragt.
Wie wäre es, einfach auf die Ergebnisse des Stresstests
zu warten und sich heute nicht groß darüber aufzuregen?

Dass die Bahn falsch spielt, das kennen wir zu Ge-
nüge. Wer in der letzten Legislaturperiode im Verkehrs-

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(C (D usschuss war, weiß – das wird jeder zugeben, wenn er hrlich ist –, wie wir alle gemeinsam, auch die damalien Vertreter der Regierungsfraktionen, mehr oder wenier gegen die Privatisierung der Bahn – dieses Vorhaben t schiefgegangen – gekämpft haben. (Otto Fricke [FDP]: Ist das jetzt Ihre Meinung als Vorsitzender des Verkehrsausschusses?)


In der letzten Legislaturperiode war Herr Lippold Aus-
chussvorsitzender, und auch er war auf unsere Seite.


(Otto Fricke [FDP]: Aber Sie sind der Meinung, ja?)


Aufgrund dieser Erfahrung wissen wir, dass die Bahn,
enn ihr etwas wichtig ist, durchaus nicht immer ganz

eriös spielt.


(Otto Fricke [FDP]: Also die Bahn lügt?)


nen von der FDP empfehle ich, Ihren ehemaligen
erkehrspolitischen Sprecher Horst Friedrich zu fragen.
ie von der CDU/CSU sollten einmal bei Norbert
önigshofen nachfragen. Beide können Ihnen erzählen,
ass die Bahn in für sie entscheidenden Fragen nicht im-
er hundertprozentig seriös spielt. Also sollte man sich

berhaupt nicht darüber aufregen, dass eine Landesre-
ierung Zweifel an den Zahlen der Bahn hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Oliver Luksic [FDP]: Ausgerechnet die Grünen hetzen gegen die Bahn!)


Fassen wir zusammen: Sie wollen uns hier erzählen,
ass in einer Demokratie gefallene Entscheidungen nicht
vidiert werden können; das ist am heutigen Tag völlig

nglaubwürdig. Sie wollen uns hier erzählen, dass die
ahn immer alle Zahlen seriös präsentiert.


(Otto Fricke [FDP]: Also Bilanzfälschung? – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was ist das für ein Vorwurf?)


as ist völlig unglaubwürdig; das glauben Ihre eigenen
ertreter nicht. Entspannen Sie sich, seien Sie gelassen,
nd wir schauen, wie das Ganze weitergeht.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711714300

Steffen Bilger hat das Wort für die CDU/CSU-Frak-

on.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Steffen Bilger (CDU):
Rede ID: ID1711714400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Herr Kollege Hofreiter, ich weiß nicht, ob die
ussagen über die Bahn, die Sie gerade getroffen haben,
r den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Deut-

chen Bundestages angemessen sind.





Steffen Bilger


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Sind sie eben nicht!)


Die Süddeutsche Zeitung schrieb Montag: Stresstest
bestanden, Stuttgart 21 kann wohl mehr, als die Gegner
dachten. Und weiter. Von Baden-Württembergs Verkehrs-
minister Hermann kann man das noch nicht sagen. –
Dem ist wenig hinzuzufügen. Ob der Stresstest tatsäch-
lich bestanden wurde, wird die Untersuchung der
Schweizer Firma SMA zeigen. Da diese aber in die auf-
wendigen Simulationen der DB AG eingebunden war,
gehe ich davon aus, dass von den Schweizern tatsächlich
das Okay kommen wird: Stresstest bestanden.

Wie wir mittlerweile wissen, ist das voraussichtliche
Ergebnis auch der grün-roten Landesregierung schon
lange bekannt. Sie wurde stets auf dem Laufenden ge-
halten. Das geschah teilweise in mehrstündigen Sitzun-
gen, an denen auch der Verkehrsminister oder seine
engsten Mitarbeiter teilgenommen haben.

Für Winfried Hermann hätte ich einige Ideen, wie er
in seiner neuen Aufgabe an Kontur gewinnen könnte:
Wie wäre es beispielsweise mit einem sachlichen Um-
gang mit Stuttgart 21? Wie wäre es mit einem unideolo-
gischen Blick auf dieses demokratisch legitimierte Groß-
projekt? Wie wäre es mit einem verantwortungsvollen
Verhalten, das einem Mitglied der Exekutive angemes-
sen ist?


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie es doch auch einmal!)


Und wie wäre es vor allem mit mehr durchdachten Äu-
ßerungen? Denn dieses ständige „Ich dementiere“ wird
jedenfalls nicht lange gut gehen.

Verantwortung übernehmen ist jetzt angesagt – und
nicht, den Verschwörungstheoretikern unter den S-21-
Gegnern ständig neue Nahrung zu geben. Dass er sich
gestern im baden-württembergischen Landtag noch nicht
einmal dazu durchringen konnte, klar zu sagen, dass er
das Ergebnis des Stresstests akzeptieren werde – wie es
alle Parteien in der Schlichtung vereinbart hatten –, ist
bezeichnend. Deshalb frage ich: Ist das der neue Politik-
stil der Grünen, sobald man an der Macht ist?

Winfried Hermann hat über die Bahn gesagt: „Bahn
spielt foul“. Aber wenn hier einer foul spielt, dann ja
wohl Winfried Hermann selbst. Mit allen Tricks – teil-
weise auch entgegen den Vereinbarungen in der Schlich-
tung – versucht er, von seinem Infrastrukturverhinde-
rungsministerium aus Stuttgart 21 zu verteuern, damit es
über die vertraglich maximal vorgesehenen 4,5 Milliar-
den Euro kommt.

So weit wir es aber nun überblicken, werden weder
ein neuntes oder zehntes Gleis notwendig sein noch
sonst sehr teure Nachbesserungen. Im Gegenteil: Nach
jetzigem Stand wird es 40 Millionen Euro kosten, die
Verbesserungsvorschläge umzusetzen. Übrigens sind das
tatsächlich sinnvolle Neuerungen, die wir der Schlich-
tung durch Heiner Geißler zu verdanken haben. Die von
den Projektgegnern – bis hin zu Ministerpräsident
Kretschmann – prophezeiten und herbeigesehnten Un-

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(C (D ummen im hohen dreistelligen Millionenbereich haben ich klar als das entpuppt, was sie sind: falsche Propheeiungen. Der Kostenrahmen wird durch die mit dem tresstest verbundenen Verbesserungen nicht im Ansatz esprengt. (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Was Sie alles wissen!)


Noch einmal zu Hermann und dem Foulspiel: Die
rünen werden die Geister nicht mehr los, die sie geru-
n haben. Vor der Landtagswahl haben sie den Protest

uf die Straße geholt, um das demokratisch legitimierte
rojekt Stuttgart 21 zu verhindern.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war aber jemand anders der Zauberlehrling!)


etzt sind sie an der Macht, und der Protest ist immer
och da. Mit falschen Versprechungen wurden Wähler
elockt.


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ihre ehemaligen Wähler!)


Ich sage zu Ihnen von der Linken nur: 2,8 Prozent bei
er Landtagswahl – mit dem Spruch: „Wählt uns, und
ir verhindern Stuttgart 21.“ – Aber die klare Mehrheit
er Wähler hat Parteien gewählt, die für Stuttgart 21
ind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ast 70 Prozent haben CDU, SPD und FDP gewählt.
nd jetzt? Letzte Woche wurden neun Polizisten ver-
tzt, und es entstand Sachschaden in Millionenhöhe.


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ja, in Millionenhöhe! Wer es glaubt, wird selig!)


Dazu, dass sich Winfried Hermann darüber aufregt,
ass von der Bahn das Stresstestergebnis durchgesickert
t, kann ich nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, sollte
icht mit Steinen werfen. Wie wir jetzt wissen – das
urde schon gesagt –, hat er selbst sich zuerst der Presse
egenüber zum Stresstest geäußert. Erst danach sicker-
n auch von der Bahn Erkenntnisse zum Stresstest
urch.

Dass aber der baden-württembergische Verkehrsmi-
ister dann auch noch der Bahn, die Baurecht hat, eine
itschuld an den Ausschreitungen der vergangenen Wo-

he – nach dem Motto „Ihr hättet ja nicht weiterbauen
üssen“ – gegeben hat, ist schlichtweg völlig daneben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Ein Skandal ist das!)


Meine Damen und Herren, angemessen wäre nicht
ur eine klare Distanzierung von der Gewalt gewesen,
ondern auch eine Distanzierung von denen, die diese
ewalt geschürt und sie anschließend sogar noch als
iedliche Feierabendstimmung verharmlost haben. Wer
ber bei den selbst ernannten Parkschützern, die für die
skalation mitverantwortlich waren – die die Gewalt erst
ugneten und dann der Polizei die Schuld gaben, wie





Steffen Bilger


(A) )


)(B)

vor einigen Wochen geschehen –, als neuer Minister ei-
nen Antrittsbesuch am Bauzaun macht, der diskreditiert
sich selbst. Diese Unterwerfungsgeste von Winfried
Hermann war völlig unangebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Was bleibt den Grünen jetzt noch? Vielleicht eine
kleine Resthoffnung auf die Volksabstimmung zu
Stuttgart 21, die im Herbst stattfinden soll? Wie man
hört, macht sich nun plötzlich auch die neue Landesre-
gierung Sorgen, ob ein Volksentscheid in dieser Frage
überhaupt verfassungsgemäß ist. Wie auch immer: An-
gesichts der stetig wachsenden Zustimmung für Stutt-
gart 21 freue ich mich auf die Volksabstimmung, wenn
sie denn stattfindet. Besonders freue ich mich auf die
Zusammenarbeit mit der SPD bei dieser Volksabstim-
mung, gemeinsam für Stuttgart 21.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711714500

Herr Kollege.


Steffen Bilger (CDU):
Rede ID: ID1711714600

Die Grünen in Bund und Land und konkret Minister-


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711714700
Stellen Sie sich
der Realität! Sie müssen endlich Ihrer Verantwortung in
der Landesregierung nachkommen. Die Menschen in
Baden-Württemberg verdienen es.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711714800

Ute Kumpf hat das Wort für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ute Kumpf (SPD):
Rede ID: ID1711714900

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Damen und Herren

auf den Rängen! Wir sind nicht im Landtag von Baden-
Württemberg, wir sind in Berlin.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Oh ja! Das hätte wahrscheinlich keiner gemerkt, wenn Sie es nicht gesagt hätten!)


Es geht auch nur um einen Bahnhof. Es geht nicht um
Leben und Tod. Wie Sie feststellen, beschäftigt das Pro-
jekt Stuttgart 21 aber auch uns in Berlin. Vor allem in
Richtung von CDU/CSU und FDP muss ich sagen: Mir
ist nicht ganz erklärlich, warum Sie dieses Thema auf
die Tagesordnung gesetzt haben.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Keine Sorge! Das erklärt Ihnen Herr Strobl gleich noch mal!)


Sind das Nachwehen, weil Sie die Wahl in Baden-
Württemberg verloren haben? Warum wird hier über je-
manden gerichtet, und warum wird hier jemand verur-
teilt, der nicht präsent ist?


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Ach was! Die SPD redet doch nur darum herum! – O e te d w w w u w n s 1 h a S d D g – n B d V a m m m V n m w g M (C (D Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Meinen Sie die Deutsche Bahn oder wen?)


der wollen Sie vielleicht alte Geschichten aufrollen?

Fakt ist doch, dass Ihr Vertreter, Herr Heiner Geißler,
inen Schlichterspruch gesprochen hat. Dieser Schlich-
rspruch wurde sowohl von den Gegnern als auch von
en Befürwortern getragen. In diesem Schlichterspruch
urde ein Verfahren ausgehandelt. Es wurde festgelegt,
ie der Stresstest bzw. Faktencheck durchgeführt wird,
ie er zeitlich ablaufen wird, wann was überreicht wird
nd welche Fakten einfließen werden; manche Fakten
urden vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg
achgereicht. Der Zeitplan stand. Auch Sie haben in Ge-
prächen mit Herrn Grube erfahren, dass das Datum
4. Juli eingehalten werden muss. Weil sonst alles neu
ätte ausgeschrieben werden müssen, stand der 14. Juli
ls Schlichtungstag fest. Warum also diese Aktuelle
tunde? Klären Sie das doch bitte im Landtag von Ba-
en-Württemberg, aber nicht im Deutschen Bundestag.
er Deutsche Bundestag hat sich mit diesem Thema ei-
entlich gar nicht mehr zu befassen; das ist das Erste.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Zur Sache! Nicht ablenken! – Ulrich Lange [CDU/ CSU]: Interessant! Das ist wohl der Unterschied zwischen Opposition und Regierung! – Weitere Zurufe: Was? Sonst waren Sie doch immer diejenigen, die hier über dieses Thema diskutieren wollten! – Das ist doch unmöglich!)


Nein. Hier ist schlichtweg der falsche Ort.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ihnen, Kollege Hofreiter, muss ich sagen: Es ist we-
ig hilfreich, wenn einem die Argumente ausgehen, ein
ahn-Bashing zu inszenieren und die Bahn als unseriös
arzustellen. Auch das hilft uns nicht weiter.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


ielleicht – Sie sind ja neuer Vorsitzender des Verkehrs-
usschusses – hat Ihr Verhalten auch damit zu tun, dass
anche Grüne, wenn sie in Führungspositionen kom-
en, Schwierigkeiten haben, Verantwortung zu überneh-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Ganz genau! Siehe Verkehrsminister Hermann! Siehe Herr Hofreiter! Es wird langsam schlimm!)


ielleicht gilt das nur für männliche Grüne; das weiß ich
icht. Ich lasse die Frauen aber einmal außen vor. Sie
üssen sich der Verantwortung stellen und so agieren,
ie es sich für einen Ausschussvorsitzenden gehört. Das
ilt natürlich auch für einen Minister.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das war jetzt richtig gut!)


an darf nicht in Rollenkonflikte geraten.





Ute Kumpf


(A) )


)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Das Gleiche gilt für den Kollegen Schlecht; ich
glaube, er war schon lange nicht mehr in Stuttgart. Ich
finde es übrigens sehr schön, dass sich so viele Nicht-
Stuttgarter Gedanken über Stuttgart machen und uns im-
mer wieder furchtbar gute Ratschläge geben.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Die Leute in Stuttgart wollen endlich Klarheit, egal in
welche Richtung. Sie wollen ein Ergebnis. Sie wollen,
dass durch den Schlichterspruch eine Entscheidung ge-
fällt wird.

Wahrscheinlich werden auch Sie in den letzten Wo-
chen Besuch von Schulklassen aus Ihren Wahlkreisen
bekommen haben. Die Schulklassen aus meinem Wahl-
kreis Stuttgart haben die Faxen inzwischen dicke.


(Otto Fricke [FDP]: Ja!)


Sie wollen nicht mehr demonstrieren. Sie haben auch die
Belastungen dicke, die durch die Demonstrationen ent-
standen sind.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Na also! Fertig bauen!)


Die Jugend will also Klarheit, egal wie das Verfahren
ausgeht. Auch die Stadt ist am Rand der Erschöpfung.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Dann wirken Sie mal auf die Grünen in Stuttgart ein!)


Es demonstrieren auch Leute von außerhalb. Es sind
doch nicht nur die Einheimischen, die in Stuttgart vor
dem Bahnhof stehen. Es sind auch Menschen aus ande-
ren Regionen, aus ganz Baden-Württemberg und aus
ganz Deutschland. Die Stuttgarter machen bei den De-
monstrationen also nicht die Mehrheit aus. Bleiben Sie
bei den Fakten.

Sie sollten zur Kenntnis nehmen – das tut mir persön-
lich sehr leid –, dass wir bei den Wahlen die Mehrheit
nicht erreicht haben. Die CDU kommt in Baden-
Württemberg noch immer auf 39 Prozent. Wir haben mit
einer hauchdünnen Mehrheit die grün-rote Regierung
stellen können.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, ja! Das hättet ihr euch gut überlegen sollen!)


Wir müssen bei den Fakten bleiben, wenn es um Demo-
kratie geht. Sie als Bundestagsabgeordnete müssen ak-
zeptieren, dass die Linke in Stuttgart nicht die Mehrheit
hat. Sie hat auch in Baden-Württemberg oder hier im
Deutschen Bundestag nicht die Mehrheit.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Gott sei Dank!)


Am 14. Juli 2011 werden uns die Ergebnisse des Fak-
tenchecks vorliegen. Herr Geißler hat uns und den Ver-
antwortlichen im Schlichterspruch Folgendes aufgetra-
gen: Es muss um ein neuntes und zehntes Gleis erweitert
werden. Der zweigleisige Ausbau zum Flughafen muss

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(C (D rfolgen. Die Wendlinger Kurve muss kreuzungsfrei anebunden werden. Die Ferngleise von Zuffenhausen üssen angeschlossen werden. Alle Strecken von Stutt art 21 müssen zusätzlich mit konventioneller Technik usgestattet werden. Die Deutsche Bahn muss sich verflichten, für den Bahnknoten Stuttgart eine Simulation urchzuführen. Der Bahnhof muss behindertengerecht ein. Maßnahmen für den Katastrophenalarm müssen orgesehen werden. All dies wird am 14. Juli 2011 auf en Tisch kommen. Herr Geißler hat sich bereit erklärt, en Faktencheck durchzuführen. Lassen Sie uns das Erebnis abwarten. Wenn zwischen den beiden Koalitionspartnern Disens besteht – das wissen Sie; Sie haben den Koalitionsertrag gelesen –, dann wird es einen Volksentscheid geen. Der Volksentscheid wird für den Fall, dass er otwendig wird, bereits vom Justizministerium vorbeit. Vielleicht brauchen wir ihn aber gar nicht. Denn ielleicht kommt es aufgrund des Ergebnisses des Gutchtens dazu, dass Stuttgart 21 gebaut werden kann. Wir aren immer im Dissens; das wissen Sie. Warten Sie lso den 14. Juli 2011 ab. Ich glaube, an diesem Datum at in Frankreich irgendetwas Revolutionäres stattgefunen. Vielleicht werden auch wir eine Revolution starten. Danke schön. (Beifall bei der SPD – Hartfrid Wolff [RemsMurr] [FDP]: Da bin ich mal gespannt!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711715000

Werner Simmling hat jetzt das Wort für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Werner Simmling (FDP):
Rede ID: ID1711715100

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

gen! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Verantwor-
ng, die Grün-Rot in Sachen Stuttgart 21 zu überneh-
en hat, lastet schwer. Man hat den Eindruck, dass sie

ogar zu schwer auf ihren Schultern lastet. Das Chaos,
as im Moment dort herrscht, liebe Frau Kumpf, ist der
rund, weshalb wir das Thema Stuttgart 21 hier heute

um x-ten Mal debattieren.

Das Regieren hat sich die grün-rote Landesregierung
Baden-Württemberg sicher nicht so vorgestellt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ereits unmittelbar vor seiner Vereidigung kündigte
infried Hermann an – ich darf das einmal wiederholen –,

ass er den Bau nicht mehr betreuen und die Verantwor-
ng an ein anderes Ministerium abgeben würde, wenn

s bei dem geplanten Volksentscheid eine Mehrheit für
en neuen Bahnhof gibt.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Peinlich! Aber auf dem Posten sitzen bleiben!)


ei dieser Haltung kann man doch nur mit dem Kopf
chütteln. Das geht nicht. Das zeigt einmal mehr, wel-
hes Demokratieverständnis und welches Verantwor-





Werner Simmling


(A) )


)(B)

tungsbewusstsein die Grünen und in diesem Fall insbe-
sondere Winfried Hermann an den Tag legen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die euphorische Erwartungshaltung, die Bündnis 90/
Die Grünen vor der Wahl in Bezug auf eine Verhinde-
rung von Stuttgart 21 bei ihrer Klientel geschürt hat,
scheint nun in eine tiefe Enttäuschung und Resignation
umzuschlagen. Um dies zu verhindern, versucht die
grün-rote Landesregierung nun alles, um Stuttgart 21 zu
torpedieren. Man versucht, den Stresstest, dem Ende
November 2010 alle Beteiligten – ich wiederhole: alle
Beteiligten – in der Schlichtung mit Heiner Geißler zu-
gestimmt haben, zu diskreditieren, und zwar noch bevor
die Ergebnisse offiziell vorgestellt wurden.

Minister Hermann, der noch nie einen Hehl aus seiner
Abneigung gegen Stuttgart 21 machte, beklagt sich in
der Öffentlichkeit darüber, dass er bzw. die Landesregie-
rung angeblich keinerlei Informationen über den Stand
der Untersuchungen habe. Wie kann das denn sein? Der
Minister ist doch Mitglied im Lenkungskreis Stutt-
gart 21. Er war informiert. So aber macht man Stim-
mung. So sorgt man für böses Blut. Die Folge waren
schwere Ausschreitungen bei den Demonstrationen der
vergangenen Tage mit acht leichtverletzten und einem
schwerverletzten Polizisten. Das ist ein übler Beweis für
die verantwortungslose Politik der neuen Regierung.
Anstatt zu deeskalieren, wird eine Blockadepolitik vor-
bereitet, und die Bürger werden weiter verunsichert. Ich
appelliere an dieser Stelle an die baden-württembergi-
sche Landesregierung und fordere sie auf, ihrer Verant-
wortung endlich gerecht zu werden und die Spielregeln,
die alle Beteiligten – Bund, Land, die Stadt Stuttgart, die
Region Stuttgart, der Flughafen Stuttgart und die Bahn –
gemeinsam aufgestellt haben, auch einzuhalten und sich
an unsere rechtsstaatlichen Grundsätze zu halten.

Wie muss es jetzt weitergehen? Jetzt müssen schnells-
tens die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, den
politischen und gesellschaftlichen Konflikt um Stutt-
gart 21 zu lösen, das heißt Rückgewinnung von Ver-
trauen und Glaubwürdigkeit. Es gilt jetzt, das offizielle
Ergebnis des Stresstests abzuwarten, welches nach der
Überprüfung durch die Züricher SMA am 14. Juli vorge-
legt wird. Auch das ist ein Teil aus der Vereinbarung
vom November 2010, dem alle Beteiligten zugestimmt
haben.

Um es klar zu sagen, Herr Beckmeyer: Es war Herr
Hermann, der aus dem Nähkästchen plauderte und damit
ein Informationschaos anrichtete. Wenn der geplante
Bahnhof die vorausgesetzten 30 Prozent mehr Verkehr
abfertigen kann, dann wird Grün-Rot bauen müssen. Ich
sage Ihnen: Die Mehrheit der Stuttgarter wird sich sehr
darauf freuen; denn es ist eine große städtebauliche
Chance für Stuttgart, um alte Bausünden wiedergutzu-
machen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Ulrich Lange hat das Wort für die CDU/CSU-Frak on. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Ja, es droht den Grünen in Baden-Württemberg ein rgebnis, das nicht ins parteipolitische Kalkül passt. Lieer Toni Hofreiter, ich habe bisher Ihre Reden als Facholitiker zum Thema Bahn inhaltlich durchaus immer ieder geschätzt. Aber das, was Sie hier an inhaltsloser olemik und Unverschämtheit gegenüber der Deutschen ahn und ihren Mitarbeitern, die diesen Test nach besm Wissen und Gewissen nach fachlichen Regeln urchgeführt haben, (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie das?)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711715200

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1711715300

orgebracht haben, geht einfach zu weit. Wie wollen Sie,
eber Toni Hofreiter, bei der nächsten Ausschusssitzung,
ie Sie leiten, so viel Vertrauen aufbauen, dass wir mit
er Deutschen Bahn im Ausschuss weiterhin vernünftig
usammenarbeiten können? Ich fand Ihre Rede gelinde
esagt einen Skandal,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nd Sie täten gut daran, sich bei der DB AG, bei den
itarbeitern und beim Vorstand, dafür zu entschuldigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will auf die Fakten selbst nicht mehr eingehen. Ich
telle aber fest: Ihr Verkehrsminister war eingebunden.
r Verkehrsminister könnte hier sein, wenn er wollte.
iebe Kollegin Kumpf, insofern stimmt Ihr Einwand
icht: Er könnte hier auf der Bundesratsbank sitzen, so
ie heute Vormittag Ihr Finanzminister, aber Sie haben
ngst, Ihren Verkehrsminister hierher zu bringen, weil

r sich dann äußern müsste.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


as will er aber nicht; denn das hätte unter Umständen
ie nächste Blamage und das übernächste Dementi zur
olge. So kann man keine glaubwürdige Politik gestal-
n; dabei legen Sie doch immer so viel Wert darauf.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch alberne Gerüchte! Das ist doch Kinderkram!)


Seien Sie mir nicht böse, aber wenn Winfried
ermann einen Stresstest als Minister hätte machen
üssen, dann hätte er ihn nicht bestanden; denn er de-
entiert permanent und behauptet, er wisse etwas nicht

der er kenne das alles nicht. Ich fragen Sie ganz offen:
as hat er die ersten Tage und Wochen in seinem Minis-
rium gemacht? Das war doch sein Thema! Lieber Toni
ofreiter, sagen Sie Winfried Hermann: Wir glauben
m nicht!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)






Ulrich Lange


(A) )


)(B)

Auch die Äußerungen im Rahmen der Randale – wir
erinnern uns an die letzten Bilder, als es Randale gab –
wirkten alles andere als deeskalierend. Ich habe die De-
monstranten gehört. Das Ganze wurde dann auch noch
als Freudenfest bezeichnet. Ich frage mich schon, ob wir
angesichts von Schneisen der Verwüstung und verletzten
Polizisten „Freudenfeste“ feiern können. Meine Damen
und Herren der SPD, hier sind auch Sie gefordert – auch
Sie tragen Regierungsverantwortung in Stuttgart, wenn
auch nur als Juniorpartner –, auf Ihren Koalitionspartner
einzuwirken. Tun Sie das endlich,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Oliver Luksic [FDP])


damit Ihr Wunsch, Stuttgart 21 realisieren zu können,
Wirklichkeit werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Kollege Schlecht, Ihre Rede war eine Rede im Sinne
eines besten Krawallbürgers.


(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Ui!)


Sie enthielt leider nur Unterstellungen und war ohne jede
Substanz.

Die Süddeutsche Zeitung – Kollege Steffen Bilger hat
sie schon zitiert –, die bisher kein großer Freund von
Stuttgart 21 war, hat vor kurzem schön geschrieben:
„Den Grünen gehen die Hürden aus“. Ja, den Grünen ge-
hen die Hürden aus, und aus purer Panik und Verzweif-
lung zweifelt man jetzt das Baurecht an. Das kann ja
wohl nicht sein.

Lieber Kollege Beckmeyer, statt hier hinsichtlich ir-
gendeines Stresstests herumzueiern, der vielleicht vor-
liegt oder auch nicht vorliegt, sollten Sie lieber Ihrem
Fraktionsvorsitzenden der SPD in Stuttgart folgen und
die Grünen auffordern, das Baurecht der Bahn zu akzep-
tieren. Machen Sie es so wie Ihr Parteikollege, der Ko-
alitionspartner in Stuttgart, und eiern Sie nicht rum. Das
war wirklich peinlich.

Wir freuen uns über einen zukunftsorientierten und
technisch hervorragend geplanten Tiefbahnhof.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711715400

Herr Kollege.


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1711715500

Ich bin mir sicher: Zusammen mit unserem Verkehrs-

minister und der DB werden wir die Eröffnung von
Stuttgart 21 als Freudenfest feiern – für Stuttgart, für
seine Bürger und für alle Bahnreisenden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Garantiert nicht!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711715600

Martin Burkert spricht für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ehr verehrte Damen und Herren! Egal wie man zu tuttgart 21 steht, eines ist für alle, denke ich, klar: Wir ollen in Deutschland ein effizientes und modernes chienennetz. Die Eisenbahn ist das umweltfreundchste und effektivste Verkehrsmittel, das wir in eutschland haben. Darin sind sich hier alle einig, zuindest diejenigen, die eine ökologisch und ökonomisch innvolle Verkehrspolitik machen. Der Grund, warum wir uns heute hier versammelt haen, ist der noch nicht vorgelegte Stresstest. In der Tat ird viel davon abhängen, wie dieser Stresstest ausfallen ird. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der rechn Seite dieses Hauses, ich habe viel Verständnis für Ihn Schockzustand, in dem Sie sich nach der Wahl in Ba en-Württemberg anscheinend noch befinden, aber arum man heute eine Aktuelle Stunde durchführt, obohl das Ergebnis dieses Tests erst am 14. Juli 2011 prä entiert wird, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Noralerweise greift man in ein laufendes Verfahren nicht in, aber das hängt wohl wirklich noch mit der Wahl in aden-Württemberg zusammen. Nach der ganzen Diskussion um Stuttgart 21 steht st: Wir brauchen in der Tat eine öffentliche Darstelng, um diese dann ausführlich und in einer breiten Öfntlichkeit erörtern zu können. Deswegen wird am 1. Juli 2011 den Projektpartnern das Ergebnis vorgegt, und am 14. Juli 2011 wird Heiner Geißler das Erebnis dann auch öffentlich erörtern. All das wurde festelegt. Ich plädiere eindringlich dafür, das Ergebnis in Ruhe u diskutieren und nicht wieder vorschnell Schlüsse zu iehen, wie das heute schon wieder der Fall war. Das gilt r alle Beteiligten: Bahn, Bundesregierung, Landesre ierung, Kommune und auch Stuttgart-21-Kritiker. Eines darf nicht mehr passieren – das muss man der orgängerregierung vorwerfen –, nämlich dass man die evölkerung am Schluss wieder vor vollendete Tatsahen stellt. Herr Minister Ramsauer, in einer Sache bin h mit Ihnen einig: Sie sagten gestern im Handelsblatt: esonnenheit ist das oberste Gebot. In der Tat gilt es tzt, in dieser Frage Besonnenheit zu bewahren. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Großprojekte eien arbeitsmarktund verkehrspolitischen Sinn ergeben üssen. Ein Projekt wie Stuttgart 21 – das wissen Sie us den Medien – verschlingt immense Investitionsmitl von Bund, Ländern und Kommunen und damit natürch unsere Steuergelder. Klar muss für uns auch sein, ass der demokratische Prozess eingehalten werden uss. Entscheidungen müssen transparent getroffen erden. Wenn ein offizielles Ergebnis vorliegt und aufrund der Faktenlage eine Entscheidung getroffen wird, ann muss diese umgesetzt werden. Wir müssen zur achlichkeit zurückkehren. Das betrifft alle Beteiligten. Auch der neue Ministerpräsident ist aufgerufen, zu eeskalieren. Keiner von uns will mehr Straßenschlachn sehen. Diffamierungen und pauschale Anschuldigunen über mangelnde Fachkompetenz sind ebenso fehl Martin Burkert )

Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1711715700




(A) )

am Platz wie Beschimpfungen und Verunglimpfungen.
Gerade in diesem Zusammenhang möchte ich diejenigen
erwähnen, die am Stuttgarter Hauptbahnhof ihrer Arbeit
nachgehen, und auch diejenigen, die auf der Baustelle
am Bahnhof arbeiten. Egal welche Lösung am Schluss
zum Tragen kommt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Deutschen Bahn AG oder einer der Baufirmen dür-
fen auf keinen Fall Opfer von Angriffen und Beschimp-
fungen werden. Das haben wir leider alles gesehen. Es
darf keine Bilder mehr geben, auf denen Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeitsstelle – das muss
man sich in Deutschland einmal vorstellen – nur noch
unter Polizeischutz erreichen können.

Aus meiner Sicht müssen wir sofort zur Sachlichkeit
zurückkehren und dann ab dem 14. Juli die Ergebnisse in
aller Ruhe bewerten. Unterschiedliche Aspekte wird es
geben. Ich bin davon überzeugt, Heiner Geißler wird sie
in seine Überlegungen einbeziehen. Das ist eine seiner
großen Lebensaufgaben, die er mit Bravour meistert.

Eine Frage ist auch: Was wäre denn bei einem Bau-
stopp? Lieber Toni Hofreiter, liebe Fraktion der Grünen,
wie sähen denn die Auswirkungen auf das System
Schiene aus? Was würde denn mit der Realisierung der
transeuropäischen Netzkorridore passieren? Was würde
ein Baustopp für die Deutsche Bahn AG bedeuten, was
für die Region? Frau Kumpf ist darauf eingegangen. Wie
würden Alternativen aussehen? Welche Kosten würden
bei einem Baustopp entstehen? Dazu habe ich von Ihnen
heute keinen Ton gehört.

Es gilt: Für Sachlichkeit und Transparenz müssen die
Signale auf Hp 1 gestellt sein. Für alle Nichteisenbahner:
Hp 1 bedeutet, das Signal auf Grün zu stellen. Nach
15 Jahren Planung und Diskussion gilt jetzt: Volle Fahrt
für die beste Lösung dieses Projekts. Ich prophezeie, es
wird wohl gebaut.

Herr Minister, eine Frage bleibt zum Schluss noch of-
fen: Welche Lehren ziehen wir denn für die zukünftigen
Infrastrukturprojekte in Deutschland aus Stuttgart 21?


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Nie wieder Grün wählen!)


Hier, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sind alle
aufgerufen, Lösungen zu suchen und umzusetzen. Ich
kann Ihnen sagen: Die SPD-Bundestagsfraktion arbeitet
daran.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711715800

Karin Maag hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1711715900

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Ich habe jetzt gelernt, dass dieser Stresstest zu ei-
nem Stressfaktor für die Landesregierung in Baden-
Württemberg geworden ist. Dass wir das Ganze hier im

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(C (D undestag diskutieren, Frau Kumpf, hat natürlich einen eferen Sinn: Wir sind in diesem Projekt nämlich Veragspartner. Mir ist es nicht egal, wenn die Landesregieng alles versucht, um das Projekt zu torpedieren. Desegen ist es gut und richtig, dass wir hier darüber reden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt so nicht!)


Herr Kollege Hofreiter, was Sie über ein Bundes-
nternehmen, die Deutsche Bahn AG, gesagt haben, war
inem Vorsitzenden des Ausschusses nicht angemessen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Deutsche Bahn AG ist Vertragspartner!)


h fände es angebracht, dass Sie sich hier oder direkt
ei der Bahn dafür entschuldigen.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie einfach das Protokoll!)


Ich will aber jetzt kurz auf die Schlichtung zurückbli-
ken, die mir wichtig ist. Die Schlichtung zu Stuttgart 21
ar ein Erfolg. Gräben, die sich durch Stuttgart gezogen
aben, sind wieder zugeschüttet worden. Darauf hat
uch die Kollegin Kumpf hingewiesen. Die Argumente
erden wieder als Argumente wahrgenommen.

Wir haben ein Modell geschaffen, Herr Kollege, das
orbildhaft dafür stehen kann, wie künftig Großprojekte
ernünftig und in einem guten Rahmen der Bevölkerung
ermittelt werden können. Egal, auf welcher Seite wir in
tuttgart stehen: Dieses Handeln im Geiste der Schlich-
ng dürfen die Bürger von uns Politikern aller Parteien

nd selbstverständlich auch von der Bahn als Bundes-
nternehmen erwarten.

Jetzt komme ich zu dem ehemaligen Kollegen im
undestag und jetzigen grünen Verkehrsminister, Herrn
ermann. Er trägt derzeit viel dazu bei, dass diese Annä-
erung und das Einvernehmen wieder torpediert wird.

Das Notwendige zum Stresstest haben wir mehrfach
ehört. Die Landesregierung ist selbstverständlich Mit-
lied im Lenkungskreis, und die Deutsche Bahn hat den
enkungskreis regelmäßig über die Arbeiten informiert.
elbstverständlich werden die Ergebnisse erst am
4. Juli veröffentlicht.

Weil es ein Bundesprojekt ist – der Stresstest gehört
u Stuttgart 21 –, will ich jetzt noch einmal das Verhal-
n und sehr einseitige Amtsverständnis des Ministers
eleuchten. Jeder Minister leistet einen Amtseid. Er
chwört unter anderem, dass er die Rechte wahren und
eine Pflichten gewissenhaft erfüllen wird. Zu diesen
flichten gehören Aufrichtigkeit und Wahrheit. Seine
flichten erfüllt ein Minister sicherlich nicht gewissen-
aft, wenn er, ob autorisiert oder nicht, einem Journalis-
n der Frankfurter Rundschau Auskunft erteilt und an-

chließend offensichtlich wider besseres Wissen erklärt,
er Landesregierung liegen noch keine Materialien zum
tresstest vor.

Wenn der Ministerpräsident die Diskrepanz nun mehr
der weniger gequält so erklärt, dass dem Land keine





Karin Maag


(A) )


)(B)

Originalunterlagen, sondern nur Zwischenberichte vor-
liegen, dann ist das sicherlich richtig. Aber ob das etwas
an der Sache ändert, wage ich zu bezweifeln. Dass er
doch informiert war, hat der Minister nun auch verklau-
suliert, um es so auszudrücken, eingeräumt.

Der Vorgang verdeutlicht aber vor allem, dass der
Minister bestenfalls noch nicht im Amt angekommen ist
und offensichtlich in seiner Rolle in der Opposition im
Bundestag, also im Dagegensein, verharrt, ohne sich
über die Verantwortung, die er mittlerweile zu tragen
hat, auch nur ansatzweise Gedanken zu machen.
Schlimmstenfalls will er das gar nicht. Schlimmstenfalls
will er – so verstehe ich die Äußerungen – mit der Macht
des Amtes, aber ohne die Verantwortung des Amtes zu
übernehmen, das Bahnhofsprojekt verhindern. Zu dieser
Linie passt, dass er bereits kurz nach den Koalitionsver-
handlungen gesagt hat, wenn Stuttgart 21 gebaut werde,
dann fühle er sich als Minister nicht mehr zuständig.

Er hat eines nicht erkannt. Es geht darum, dass er das
Recht wahren muss. Bahn, Bund und die grün-rote Lan-
desregierung in Baden-Württemberg sind jetzt Partner.
Es geht um Vertragstreue. Es geht darum, wie man mit
Vertragspartnern umgeht. Man muss einen Vertragspart-
ner nicht mögen, aber man muss ihn respektieren und
fair behandeln. Das ergibt sich aus dem Recht in diesem
Land. Dazu gehört auch, ein gemeinsames Projekt zu
fördern. Man macht sich sonst schadensersatzpflichtig.

Es geht auch um die Souveränität eines Mitglieds der
Landesregierung. Ein Minister kann und darf nach mei-
nem Verständnis nicht mehr oberster Projektgegner sein.
Es ist sicherlich nicht angenehm, meine Damen und Her-
ren von den Grünen, der eigenen Klientel Wahrheiten
beizubringen.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das sollten Sie alles in Stuttgart debattieren!)


– Nein, ich debattiere es hier, weil Ihr Minister dieses
Projekt torpediert. Es ist ein Bundesprojekt.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711716000

Frau Kollegin, Sie können es gerne hier debattieren,

aber nicht mehr innerhalb Ihrer jetzigen Redezeit. Sie ist
nämlich längst um.


Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1711716100

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

Ich bin schließlich und endlich der Auffassung: Wer
Baurecht ignoriert, wer seiner Projektförderungspflicht
nicht nachkommt, –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711716200

Frau Kollegin!


Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1711716300

– der ist nicht geeignet für ein Ministeramt, der ist

eine Belastung.

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(C (D Frau Kollegin! Ich halte den Ministerpräsidenten meines Landes al rdings für so klug, dass er, wenn er schon den obersten egner des Projekts in die Regierung einbezogen hat, ies erkennt und die Konsequenzen zieht. Vielen Dank. Thomas Strobl hat jetzt das Wort für die CDU/CSU raktion. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Nur um es noch einmal klar zu sagen: Die Art und eise, wie der Kollege Dr. Hofreiter hier über ein für die erkehrsinfrastruktur in Deutschland und in Europa beeutendes Unternehmen gesprochen hat – im Übrigen andelt es sich um ein Unternehmen, dessen Eigentümer er Bund ist und für das wir alle hier eine besondere Verntwortung tragen –, und insbesondere seine Behaupng, dass es in diesem Unternehmen an der Tagesord ung sei, die Unwahrheit zu sagen und zu täuschen (Michael Schlecht [DIE LINKE]: Das hat er nicht gesagt!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711716400
Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1711716500

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711716600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1711716700

das hat er wohl gesagt; zumindest hat er sinngemäß ge-
agt, dass dort die Unwahrheit gesagt und getäuscht wird
nd dass das eigentlich immer so ist; das kann man im
rotokoll nachlesen –, werden der Verantwortung, die
ir als Bundestagsabgeordnete für dieses Bundesunter-
ehmen haben, nicht gerecht, genauso wenig wie seiner
erantwortung als Vorsitzender des Verkehrsausschus-
es. Herr Kollege Lange, das geht nicht zu weit, sondern
as geht überhaupt nicht. Herr Hofreiter, nehmen Sie das
nverzüglich zurück, und entschuldigen Sie sich dafür.
nderenfalls sollten Sie die Konsequenzen in Ihrem
mt als Vorsitzender des Verkehrsausschusses ziehen.
as geht so nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Worüber wollen Sie hier reden?)


Frau Kollegin, wir führen hier eine Debatte, und ich
in auf einen Vorredner eingegangen, der einen Redebei-
ag geleistet hat, der nach meiner Meinung so nicht im
aum stehen bleiben kann. Auf diesen Redebeitrag bin
h – das ist der Sinn einer Debatte – soeben eingegan-
en.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie zeigen deutlich, dass Sie gar keine Inhalte haben!)


Zu den Inhalten ist Folgendes zu sagen: Niemand an-
eres als Ihr Parteikollege Winfried Hermann, der grüne
erkehrsminister in Baden-Württemberg, hat das Thema





Thomas Strobl (Heilbronn)



(A) )


)(B)

Stresstest in die Welt gesetzt und auch, dass die Bahn
vermutlich diesen Test bestanden hat. Daraufhin hat die
grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg so-
gar eingeräumt, dass Stuttgart 21 offenbar nicht vor
überdimensionierten Kostensteigerungen steht. Wenn
das richtig ist, was in die Welt gesetzt worden ist, dann
steht dem Weiterbau technisch und rechtlich nichts mehr
entgegen. Besprechen Sie das doch mit Ihrem Parteikol-
legen, dem grünen Verkehrsminister Winfried Hermann
in Baden-Württemberg! Ich habe ihn nicht gebeten,
diese Debatte anzuzetteln. Das hat er aus freien Stücken
getan. Fragen Sie ihn nach seiner Motivation! Mögli-
cherweise wird er Sie aufklären.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Mein Rat wäre, dass die Grünen langsam aufhören,
dieses Projekt ständig zu blockieren, zu diskreditieren
und neue Hürden aufzubauen. Auch Sie, meine Damen
und Herren von den Grünen, sollten darauf hinwirken,
dass die Landesregierung in Baden-Württemberg dem
nachkommt, wozu sie vertraglich verpflichtet ist, näm-
lich dieses Projekt zu befördern. Dazu passt nicht, Hür-
den aufzubauen und zu blockieren.

Ich möchte noch einen Vorschlag machen. In Baden-
Württemberg regiert eine Bürgerregierung. Warum gibt
es nicht – das fände ich ganz vernünftig – ein Dialogfo-
rum, in dem Befürworter, Gegner und Sachverständige
das Projekt Stuttgart 21 öffentlich und transparent be-
gleiten, mit einer Persönlichkeit – ähnlich wie Heiner
Geißler – als Moderator? In einem solchen Dialogforum
könnten Gegner und Befürworter ihre Argumente
austauschen und das Projekt öffentlich begleiten. Ein
solches Forum hätte die neue Landesregierung längst
einrichten können. Statt Hürden aufzubauen und zu blo-
ckieren, könnte sie als Bürgerregierung so einen kon-
struktiven und sinnvollen Beitrag zur Begleitung dieses
Projektes leisten.

Es ist aber bemerkenswert, dass schon die Ergebnisse
der Schlichtung unter dem Moderator Heiner Geißler,
den die Grünen vorgeschlagen haben, immer nur dann
mit Applaus bedacht wurden, wenn sie ins Konzept
passten.

Das erinnert an die Geschichte von dem Dogmatiker,
der immer sagt: Die Ergebnisse und der Kompromiss
sind mir dann recht, wenn sie sich zu 100 Prozent mit
meinen Positionen decken. – Eine solche Denkweise ist
in einer Demokratie nicht konstruktiv; sie ist auch nicht
verantwortlich.

Der wahre Hintergrund ist klar: Die Grünen haben
Angst, bei ihren Wählerinnen und Wählern das Gesicht
zu verlieren und eingestehen zu müssen, dass sie ein
zentrales Wahlkampfversprechen, nämlich Stuttgart 21
zu verhindern, nicht einhalten können.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gab kein solches Versprechen!)


Daher kommen auch die nervösen Aktivitäten des
grünen Verkehrsministers, den Ministerpräsident

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(C (D retschmann zwar noch einen ehrenwerten Mann nennt; ies tut er aber durchaus mit der notwendigen Ironie. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn infried Hermann von der Sprachverwirrung redet, die ber ihn gekommen sei, hängt das mit dieser Nervosität usammen. Wir sind nicht in Babylon, sondern in der undesrepublik Deutschland, und es ist schon zu klären, llerdings nicht hier – das wird im baden-württembergichen Landtag geschehen –, wie genau es der grüne Verehrsminister mit der Wahrheit nimmt. Sein Verhalten eigt zumindest eines, dass er nämlich ein Dogmatiker in er Politik ist, der nach der Pippi-Langstrumpf-Methode erfährt: Er macht sich die Welt, widdewidde wie sie m gefällt. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pippi Langstrumpf ist mir sehr sympathisch!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711716800

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist dann auch abgelaufen.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1711716900

Das ist wohl wahr.


(Zuruf von der CDU/CSU: Schade!)


eswegen ist meine Schlussbemerkung: Warten wir alle
beruhigen Sie auch den grünen Verkehrsminister in
aden-Württemberg – die Ergebnisse des Stresstests ab.
arten wir ab, was SMA dazu sagt.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711717000

Herr Kollege.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1711717100

Warten wir ab, was der Kollege Heiner Geißler dazu

agt, und dann führen wir die Debatte –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711717200

Herr Kollege.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1711717300

– in aller Sachlichkeit weiter.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711717400

Damit schließe ich die Aussprache.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weite-
ren Erleichterung der Sanierung von Unter-
nehmen

– Drucksache 17/5712 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales





Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt


(A) )


)(B)

Hierzu ist verabredet worden, eine Stunde zu debat-
tieren. – Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch.
Dann ist das so beschlossen.

Für die Bundesregierung hat die Kollegin
Leutheusser-Schnarrenberger das Wort.


(Beifall bei der FDP)


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundes-
ministerin der Justiz:

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-
legen! Das Insolvenzrecht ist ein unerlässlicher Bestand-
teil einer sozialen Marktwirtschaft in einer freien und of-
fenen Gesellschaft. Ziel eines jeden Insolvenzverfahrens
ist die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger. Die
strikte Orientierung am Gläubigerinteresse kann aber
dazu führen, dass das für den Einzelfall angemessene
und zugleich im gesamtwirtschaftlichen Interesse lie-
gende Ergebnis nicht in der Zerschlagung des Unterneh-
mens, sondern darin liegt, das Unternehmen fortzufüh-
ren und zu sanieren. Eine Sanierung ist immer dann
volkswirtschaftlich sinnvoll, wenn der Fortführungs-
wert des Unternehmens den Liquidationswert übersteigt.
Das Insolvenzverfahren gibt nicht vor, ob ein Unterneh-
men zu retten oder zu liquidieren ist. Es setzt einen neu-
tralen Rechtsrahmen, in dem die Beteiligten unter
Berücksichtigung des Grundsatzes der Gläubigergleich-
behandlung die für sie vorteilhafteste Lösung finden und
umsetzen können.

Wir brauchen in Deutschland eine Kultur der zweiten
Chance. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die-
ser Ansatz zu wenig beherzigt wurde. Zudem legt das
geltende Recht den Beteiligten vermeidbare Hindernisse
in den Weg zu der für sie bestmöglichen Lösung.

Mit dem heute zur Debatte stehenden Regierungsent-
wurf wollen wir den Rechtsrahmen für Insolvenzen in
Deutschland verbessern. Ich hoffe, dass wir mit dieser
Novelle einen Schritt in Richtung einer sanierungs-
freundlicheren Wirkung des Verfahrens tun können und
ihm noch mehr als schon bislang das Stigma des Schei-
terns nehmen.

Die Gründe für Insolvenzen sind vielfältig. Die vor-
herrschende Meinung, ein Unternehmen gerate stets auf-
grund persönlichen wirtschaftlichen Versagens in eine
Schieflage, ist falsch, hat aber unmittelbar nachteilige
Konsequenzen. Die Unternehmer scheuen den Gang
zum Insolvenzgericht. In der Folge werden Insolvenz-
verfahren in der Regel erst beantragt, wenn die letzte
Masse verbraucht, die Chance auf Sanierung vertan und
die Quote für die Gläubiger gering ist.

Genau hier setzt der Gesetzentwurf an: Wir beseitigen
gezielt Hindernisse, die einer frühzeitigen Einleitung des
Insolvenzverfahrens im Wege stehen. Das Verfahren
wird vorhersehbarer, das Störpotenzial Einzelner wird
beseitigt.

Wie erreichen wir das? Wir stärken im Gesetzentwurf
den Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insol-
venzverwalters. Die jetzige Möglichkeit der Abwahl

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(C (D urch die Gläubiger einige Monate nach Verfahrenserffnung kommt regelmäßig zu spät. eshalb soll künftig ein vorläufiger Gläubigerausschuss chon an der Bestellung des vorläufigen Verwalters mitirken. Das Insolvenzplanverfahren wird weiter ausgebaut, dem wir die Anteilsinhaber des insolventen Unternehens einbeziehen und damit einen Geburtsfehler der In olvenzordnung beheben. leichzeitig beschleunigen wir das Planverfahren und eseitigen Obstruktionspotenzial und Verfahrenshinderisse. Dies erleichtert Sanierungen. Die Eigenverwaltung wird vereinfacht und den Unterehmern so ein Stück die Angst vor dem Kontrollverlust enommen. Wir führen zum Beispiel mit dem sogenannn Schutzschirmverfahren eine besondere Spielart des röffnungsverfahrens ein und greifen damit Vorschläge us dem parlamentarischen Raum auf. Diese Möglicheit soll dem Schuldner aber nur eröffnet werden, wenn och keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Damit werden inerseits die Gläubigerrechte gewahrt und andererseits nreize für einen früheren Insolvenzantrag gesetzt. Der Gesetzentwurf sieht vor, die fachliche Kompenz bei den Gerichten durch eine stärkere Konzentration nd durch zusätzliche Anforderungen an die Qualifikaon der Insolvenzrichter und der Rechtspfleger zu steiern. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


er Vorschlag, die Konzentration bei den Gerichten vor-
unehmen, was dann natürlich jeweils in der Verantwor-
ng der Landesjustizminister zu erfolgen hat, hat den
undesrat in seiner Gegenäußerung besonders beschäf-
gt. Nach meinem Dafürhalten müssen wir uns im wei-
ren Verfahren bei unseren Beratungen noch einmal ge-
au ansehen, wie es gekommen ist, dass in manchen
ändern diese Konzentration erfolgt ist, auch ohne dass
ir es schon ausdrücklich im Gesetz vorsehen. Da hat
an genau dies bereits vorgenommen, sodass dann na-
rlich der Sachverstand aufgrund der Durchführung
ehrerer Verfahren an jeweils einem Gericht schon

eutlich ausgeprägter ist. In anderen Ländern ist dies
icht der Fall; es hält sich mit ungefähr acht zu acht, wie
ir es bewerten, wohl die Waage. Hier gibt es Bera-
ngsbedarf im Hinblick darauf, dass von Teilen der
andesjustizminister Probleme bei den Umsetzungs-
öglichkeiten gesehen werden.

Der Regierungsentwurf will aber nicht nur die Insol-
enzordnung verbessern, sondern er enthält auch ein
ollständig neues Insolvenzstatistikgesetz. Das mag sich
in wenig spröde anhören. Wir werden dadurch in Zu-
unft für die praktische Arbeit sehr viel genauere Anga-
en über Insolvenzen und die finanziellen Ergebnisse
on Insolvenzverfahren erhalten, indem wir detaillier-





Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger


(A) )


)(B)

tere Informationen auch von den Insolvenzverwaltern
und nicht nur den Gerichten einholen.

Das vorliegende Sanierungsgesetz enthält die richti-
gen Leitlinien zur Erleichterung der Fortführung und Re-
strukturierung von Unternehmen im Interesse aller Gläu-
biger, vom Lieferanten bis zum Arbeitnehmer. Die
immer wieder vorgenommene Anpassung der Insolvenz-
ordnung an die Erfahrungen, die in der Praxis mit der
Anwendung der einzelnen Instrumente gemacht werden,
prägt die Gesetzgebung, auch die der vergangenen Le-
gislaturperioden. Immer wieder hat man sich Reformen
und Änderungen der Insolvenzordnung vorgenommen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt.
Ich denke dabei an die Konzentration auf das Planver-
fahren, an die Steigerung der Eigenverwaltung und an-
dere Punkte.

Wir werden uns noch mit weiteren Vorschlägen, wie
im Koalitionsvertrag vereinbart, zu befassen haben. Ich
meine hier die Verbraucherinsolvenzen. Ferner stellt sich
die Frage der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen und an-
derem. Es handelt sich um Themen, die den Bundestag
und insbesondere den Rechtsausschuss schon früher in-
tensiv beschäftigt haben. Wir sollten diesen Gesetzent-
wurf, natürlich mit Zustimmung des Bundesrates, bezüg-
lich Wirkung und Anreizen so gestalten, dass es in der
Praxis zu den Verbesserungen kommt, die ich genannt
habe. Dann sind wir auf einem guten und richtigen Weg.

Wir müssen in der Bilanz des geltenden Rechts leider
feststellen, dass die Erwartungen, die wir hier im Bun-
destag, meistens über Koalitionsfraktionsgrenzen hin-
weg, formuliert haben – dass es stärker zu Eigenverwal-
tung, zu früheren Insolvenzanträgen, zu mehr
Perspektive auf Sanierung kommt –, im erhofften Um-
fang nicht erfüllt worden sind. Deshalb setzen wir mit
den in diesem Gesetzentwurf enthaltenen Stellschrauben
an diesen Punkten an.

Ich freue mich auf die Beratungen. Intensive Debatten
finden schon statt; es gibt Anhörungen. Ich hoffe auf
Ihre Unterstützung bei der Durchführung dieses Gesetz-
gebungsverfahrens.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711717500

Burkhard Lischka spricht für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Burkhard Lischka (SPD):
Rede ID: ID1711717600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn

wir uns hier heute eine Stunde Zeit nehmen, um über das
Insolvenzrecht und einen möglichen Reformbedarf zu
debattieren, dann hat das einen guten Grund: Das Insol-
venzrecht ist kein Randthema für einige wenige Fach-
leute wie Insolvenzrichter oder Insolvenzverwalter. Auf
Grundlage dieses Rechts wird Jahr für Jahr über die Zu-
kunft oder das Aus von etwa 32 000 Unternehmen und
Hunderttausenden von Arbeitsplätzen entschieden. Beim
Insolvenzrecht geht es deshalb nicht nur um 359 Para-

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(C (D rafen im Bundesgesetzblatt, sondern im konkreten Einelfall immer auch um Gefühle und Emotionen: um Wut, orge, Trauer über den Verlust der beruflichen Existenz der des Arbeitsplatzes genauso wie um Hoffnung oder ielleicht die Freude, wenn die Sanierung eines Unterehmens gelingt. Sie haben recht, Frau Ministerin: Das Ziel eines moernen Insolvenzrechts muss es sein, Unternehmen, die ich in einer Schieflage befinden, frühzeitig unter die rme zu greifen, sie zu sanieren, Arbeitsplätze zu erhaln, anstatt sie plattzumachen und abzuwickeln. Die Kernfrage, mit der wir uns jetzt anhand des vorelegten Gesetzentwurfs zu beschäftigen haben, ist ganz infach: Dienen die Vorschläge, die Sie jetzt auf den isch gelegt haben, tatsächlich dazu, die Sanierung, das eißt die Fortführung von Unternehmen, zu erleichtern – oder nein? Das ist die simple Frage. Das ist aber auch er Prüfmaßstab, mit dem wir Sozialdemokraten Ihren esetzentwurf beurteilen werden. Frau Ministerin, da gibt es Ansätze, die in die richtige ichtung weisen. Zu Recht beklagen Sie – Sie haben das uch eben getan –, dass viele Unternehmer häufig viel zu pät einen Insolvenzantrag stellen, quasi dann, wenn das ind bereits in den Brunnen gefallen ist und es in dem nternehmen nichts mehr zu retten gibt. Insofern teile h Ihre Einschätzung, dass wir Anreize setzen müssen, ass Unternehmer frühzeitig einen Antrag stellen. Das rhöht die Chancen auf die Rettung eines Unternehmens nd den Erhalt der Arbeitsplätze. Aber, Frau Ministerin, h habe Zweifel, ob Sie diesen guten und richtigen An atz in Ihrem Gesetzentwurf immer konsequent zu Ende edacht haben. So schlagen Sie beispielsweise vor, dass ein Unterehmer nicht, wie bisher, erst dann einen Antrag stellen ann, wenn er tatsächlich zahlungsunfähig, das heißt leite, ist. Künftig soll das ein Unternehmer schon tun önnen, wenn Zahlungsunfähigkeit lediglich droht. Sie ollen dann – Sie haben das eben erläutert – einen chutzschirm aufspannen, unter dem der Unternehmer ei von Vollstreckungsmaßnahmen drei Monate lang an er Sanierung seines Unternehmens arbeiten kann. So eit, so gut. Der Pferdefuß liegt allerdings darin, dass dieser chutzschirm in der Praxis höchst löchrig sein wird. Was ird nämlich in der Praxis passieren? Der Unternehmer tellt, wie von Ihnen gewünscht, einen Antrag. Davon ekommen seine Banken Wind, und sie werden ihm zuächst einmal sämtliche Kredite kündigen. Das heißt, er Unternehmer ist dann wirklich pleite. Was machen Sie? Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass amit das Schutzschirmverfahren automatisch beendet t und sich der Unternehmer in der ganz normalen Insolenz befindet. Das heißt, erst locken Sie den Unterneher unter Ihren Schutzschirm, und dann, wenn das Geitter beginnt, ziehen Sie den Schirm weg und lassen en Unternehmer im Regen stehen. Das ist doch grotesk, rau Ministerin. Das ist kein Schutzschirm, den Sie da ufspannen, sondern das ist die Aufforderung, schlicht nd einfach in eine Sackgasse zu laufen. Burkhard Lischka )





(A) )


(Beifall bei der SPD)


Lassen Sie uns das weitere Gesetzgebungsverfahren
wirklich dafür nutzen, hier zu Regelungen zu kommen,
nach denen derjenige, der frühzeitig einen Antrag stellt,
auch tatsächlich die faire Chance bekommt, an der Sa-
nierung seines Unternehmens zu arbeiten, selbst dann,
wenn aus der drohenden eine tatsächliche Zahlungsunfä-
higkeit wird. Anreize für die Praxis sollten wir hier set-
zen, anstatt irgendwelche Scheinlösungen zu präsentie-
ren, Frau Ministerin.

Ich will noch einen zweiten Punkt herausgreifen, bei
dem ich wirklich ernsthafte Zweifel an der Praxistaug-
lichkeit Ihres Gesetzentwurfes habe. Sie wollen – Sie ha-
ben das eben angesprochen – die Zahl der Insolvenzge-
richte weiter reduzieren. Künftig soll es nur noch ein
Insolvenzgericht pro Landgerichtsbezirk geben. Zur Be-
gründung führen Sie an, dass das zu einer Qualitätsver-
besserung der Rechtsprechung führt. Weil große Ge-
richte sich besser spezialisieren könnten als kleine, so
sagen Sie, würde das dazu dienen, die Rechtsprechung
zu verbessern.

Frau Ministerin, welches Problem wollen Sie da ei-
gentlich lösen? Ist Ihnen während Ihrer Amtszeit irgend-
wann zu Ohren gekommen, dass unsere Gerichte nicht
vernünftig arbeiten würden, dass unsere Richter bei der
Anwendung des Insolvenzrechts irgendwie Probleme
hätten? Das Gegenteil ist der Fall. Um die Qualität unse-
rer Rechtsprechung und Gerichte beneiden uns andere
Staaten. Das ist einer der glänzendsten Standortvorteile,
die dieses Land weltweit hat. Hören Sie doch bitte damit
auf, Probleme lösen zu wollen, wo gar keine Probleme
sind!


(Beifall bei der SPD)


Es gibt nichts, aber auch rein gar nichts, was Ihre An-
nahme rechtfertigen würde, dass große Gerichte besser
arbeiten als kleine. Der Deutsche Richterbund hat Ihnen
erst vor wenigen Wochen eine Statistik vorgelegt, aus
der eindeutig hervorgeht, dass die Rechtsmittel- und Be-
schwerdequote bei kleinen Insolvenzgerichten keinen
Deut höher ist als bei großen Insolvenzgerichten. In Ih-
rer Rede sind Sie darauf nicht eingegangen, sondern ha-
ben eigentlich stereotyp Ihr Credo von der Schließung
zahlreicher Insolvenzgerichte wiederholt.

Was bedeutet das? Das bedeutet, dass in Zukunft bei-
spielsweise die Menschen, die sich in einem Privatinsol-
venzverfahren befinden, die also ohnehin nichts haben,
150 Kilometer und mehr bis zum nächsten Insolvenzge-
richt fahren müssen. Das hat mit der Bürgerfreundlich-
keit der Justiz – das Wort führen Sie, Frau Ministerin, ja
sehr gern im Mund – gar nichts zu tun. Das ist ein Akt
der Bürgerunfreundlichkeit, und zwar zulasten der
Schwächsten in dieser Gesellschaft, derjenigen, die oh-
nehin am Rande des Existenzminimums leben.

Das Ganze ist im Übrigen kein Randproblem. Wir ha-
ben im letzten Jahr 109 000 Privatinsolvenzverfahren
gehabt. Diesen Personen plus 32 000 Unternehmern
wollen Sie jetzt die Wege verlängern. Hören Sie in dem
Zusammenhang doch einmal auf Ihre Länderkollegen!
Die Landesjustizminister lehnen diesen Vorschlag fast

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(C (D nisono ab. Sie wissen, wovon sie reden, Frau Ministen. Es kommt noch etwas anderes dazu. Unsere Insolvenzerichte arbeiten vor allen Dingen deshalb besonders gut das ist meine Erfahrung –, weil sie eingebettet sind, ingebettet in ein kleinteiliges Netzwerk aus Schuldnereratungsstellen, Verbraucherzentralen und Wohlfahrtserbänden, in dem gerade die Menschen im Privatinsolenzverfahren über Jahre hinweg intensiv beraten und etreut werden. Wenn Sie die Länder dazu zwingen, Inolvenzgerichte zu schließen, zerstören Sie auch diese ut funktionierenden Netzwerke, ohne zu wissen, ob ich über die Entfernungen, die Ihnen vorschweben, ähnche Netzwerke überhaupt etablieren lassen. rau Ministerin, das ist keine Weiterentwicklung des Inolvenzrechts, sondern schlicht und einfach ein Abbruch der Fläche. Deshalb werden wir Sozialdemokraten Ihren Gesetzntwurf kritisch begleiten. Es gibt richtige Ansätze, jaohl, aber es gibt auch Regelungen, die aus unserer icht weder praxistauglich noch sachgerecht noch urchdacht sind. In den kommenden Wochen haben Sie ie Möglichkeit, an diesen Regelungen zu arbeiten und eränderungen vorzunehmen. Tun Sie das, korrigieren ie einzelne Regelungen! Das dient den Betroffenen, es ient der Justiz und dem Wirtschaftsstandort Deutschnd. Danke. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711717700

Das Wort hat die Kollegin Elisabeth Winkelmeier-

ecker für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1711717800

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

gen! Es hat lange genug gedauert bis zur heutigen ers-
n Lesung des Gesetzentwurfs zur Vereinfachung der
eiteren Sanierung von Unternehmen. Ich bin froh da-
ber, dass es jetzt so weit ist. Denn zwölf Jahre nach In-

rafttreten der Insolvenzordnung müssen wir konstatie-
n, dass nicht alle Erwartungen erfüllt worden sind, mit

enen wir damals den Wechsel von der Konkursordnung
ur Insolvenzordnung vorgenommen haben. Etliche
unkte sind zu ändern, einige davon jetzt in einem ersten
chritt. Weitere Schritte werden folgen, zum Beispiel in
ezug auf die Verbraucherinsolvenz, die Konzerninsol-
enz und dergleichen.

Der Entwurf hat sehr viel Zustimmung gefunden,
uch in der Fachwelt. Wir hören aber auch viele Verbes-
erungsvorschläge. Ich sage ausdrücklich unsere Bereit-
chaft zu, wirklich zuzuhören, wenn Anregungen aus der
raxis kommen. Wir wollen ein Gesetz erlassen, das in
er Praxis funktioniert. Es ist ein Gesetz, bei dem nicht
eologie im Vordergrund steht. Vielmehr wollen wir





Elisabeth Winkelmeier-Becker


(A) )


)(B)

gute Regelungen finden, um Sanierungen zu ermögli-
chen.

Die Bilanz der Insolvenzen in Deutschland ist immer
noch zu schlecht. Sanierungsfähige Unternehmen wer-
den liquidiert; Arbeitsplätze gehen verloren. Das Leid
der Betroffenen ist auch etwas, was uns dabei umtreibt.
Wir wollen nicht, dass Menschen ihr Lebenswerk verlie-
ren, dass sie ihre Löhne nicht bekommen oder dass sie
selber in Insolvenz geraten, weil eine Forderung, die sie
gegen andere haben, ausfällt.

Diese Ziele sind nicht neu; sie lagen bereits der dama-
ligen Insolvenzreform zugrunde. Wir müssen darüber
nachdenken, warum diese Reform nicht geklappt hat.
Aus meiner Sicht ist in diesem Zusammenhang nicht un-
wesentlich, dass wir an den Interessen der handelnden
Personen – an ihren irrationalen und rationalen Beweg-
gründen – ein Stück weit vorbeigeregelt haben. Das
muss auch eine vermeintlich trockene Materie wie das
Insolvenzrecht noch besser berücksichtigen. Deswegen
müssen wir uns die vier Player, die wir auf dem Spielfeld
haben, noch einmal im Hinblick darauf, was sie vom
Verfahren erwarten, genau anschauen und uns überlegen,
wie wir besser an sie herankommen.

Im Mittelpunkt stehen die Gläubiger. Es geht im In-
solvenzverfahren darum, dass ihre Forderungen durch-
gesetzt werden. Sie sind zwar die Hauptbetroffenen, wa-
ren bislang aber immer nur in der Zuschauerrolle. Nach
der Antragstellung sind bis zum ersten Zusammentreffen
des Gläubigerausschusses drei bis fünf Monate vergan-
gen, dann ist die Messe gelesen. Alle wesentlichen Ent-
scheidungen sind bis dahin längst getroffen. Dement-
sprechend haben die Gläubiger dann kein Interesse
mehr; Gläubigerversammlungen finden ohne Gläubiger
statt.

Wir wollen, dass die Fachkunde der Gläubiger deut-
lich stärker einbezogen wird. Deshalb bieten wir das In-
strument des vorläufigen Gläubigerausschusses an, der
viel früher in das Verfahren einbezogen werden soll,
nach Möglichkeit direkt bei Verfahrensbeginn. Wir ver-
kennen dabei nicht, dass es hier einen Zielkonflikt gibt:
einerseits die möglichst frühe Gläubigerbeteiligung, an-
dererseits ein schnelles Verfahren. Wenn der Antrag ein-
mal gestellt ist, dann muss der Verwalter schnell bestellt
werden und schnell agieren, gerade dann, wenn es sich
um ein noch lebendes Unternehmen handelt, das saniert
werden soll.

Wir haben das Problem, mitwirkungsbereite Gläubi-
ger zu finden, die die Gesamtheit der Gläubiger reprä-
sentieren. Es soll nicht nur ein Bankenvertreter gefunden
werden, der dann für alle Gläubiger spricht, sondern die
Gläubigerbeteiligung muss repräsentativ sein.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Schuldner den
Antrag gut vorbereiten. Demnächst müssen sie direkt zu
Beginn eine Liste der Gläubiger einreichen. Das soll
ausdrücklich eine Anregung sein, sich bereits in diesem
frühen Stadium darum zu kümmern, welcher Gläubiger
mitwirkungsbereit ist oder in welche Richtung eine Sa-
nierung gehen kann. All diese Punkte werden die Vorbe-
reitung eines Insolvenzverfahrens verbessern.

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(C (D Unabhängig davon hat ein vorläufiger Gläubigerauschuss aber auch dann noch seinen Sinn, wenn der Veralter die Arbeit bereits aufgenommen hat. In den ersten ochen werden viele wichtige Entscheidungen getrofn, die über Wohl und Wehe, über Sanierung oder Zer chlagung des Unternehmens entscheiden können. Desalb ist die Einbeziehung der Gläubiger auch an der telle wichtig. Wir gehen mit dem Gesetzentwurf auch darauf ein, ass die Gläubiger natürlich nicht in eine Sanierung inestieren, also neues Geld hineinstecken wollen, wenn er Wertzuwachs hinterher gar nicht ihnen, sondern den nteilseignern zukommt. Deshalb führen wir den Debtquity-Swap als neues Instrument ein. Ferner erhöhen ir die Durchsetzbarkeit des Plans gegen einzelne Gläuiger, die obstruieren und eine vernünftig agierende ehrheit erpressen wollen. Wir sind optimistisch, dass wir damit die Möglichkein der Gläubiger, konstruktiv an einem Plan mitzuwiren, insgesamt erhöhen, sodass die Gläubiger merken, ass es sich lohnt, die Zeit zu investieren, und dass wir essere Ergebnisse erzielen können. Ich möchte auf eine Gläubigergruppe kurz besonders ingehen; wir wissen, dass die Gläubiger keine homoene Gruppe bilden, sondern ganz unterschiedliche Intessen haben. Mir läge es sehr am Herzen, dass wir uns it der Interessenlage der Arbeitnehmer beschäftigen. or zwei Jahren haben wir eine große Diskussion über ie Anfechtung von Lohnnachzahlungen geführt. Dabei ing es um Fälle, in denen erarbeitete Löhne zurückgeahlt werden mussten. Ich würde mir wünschen, dass wir ns Gedanken darüber machen, wie wir diesem Misstand vor allem bei kleineren Einkommen, jedenfalls bei inkommen bis zu einer bestimmten Höchstgrenze, beegnen können. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der zweite wichtige Player ist der Schuldner. Dass
er Schuldner so lange zögert, ist häufig einer der
ründe dafür, dass Sanierungen schwierig werden; denn

r verpulvert die letzten Ressourcen. Das, was vielleicht
och für eine Sanierung gebraucht werden könnte, ist
ann weg, weil der Schuldner einfach nicht rechtzeitig
en Weg zum Insolvenzrichter gefunden hat. Da braucht
an sich nicht zu wundern: Der Schuldner scheut natür-
ch das Stigma der Insolvenz; er scheut den Kontrollver-
st, der droht, wenn ihm ein Verwalter vor die Nase ge-

etzt wird, auf dessen Auswahl und Vorgehen er keinen
influss hat. Viele haben schon selbst oder in ihrem Um-
ld erlebt, dass Familienunternehmen mit großer Tradi-
on schnell zerschlagen worden sind. Es hätte sicherlich
icht immer andere Lösungen gegeben; das ist klar. Ich
alte es aber auch für sehr verständlich, dass der Gang
um Insolvenzrichter Ängste auslöst.

Wir müssen auch sehen: Es liegt nicht immer am
chuldner, dass er sich in der Krisensituation befindet.
a kann etwa ein Geschäftspartner ausgefallen sein. Es





Elisabeth Winkelmeier-Becker


(A) )


)(B)

kann auch sein, dass der Schuldner ein Einsehen hat und
den nötigen Sachverstand schon eingekauft hat, weil er
lieber mit einem selbst ausgewählten Sanierer als mit ei-
nem ihm vorgesetzten Verwalter in das Verfahren geht.
Für diese Fälle wollen wir die Möglichkeiten erweitern,
mit eigenem Personal, mit eigenem Berater oder unter
eigener Wahrnehmung der Funktion in das Verfahren zu
gehen, um mehr Planbarkeit und Kontrolle zu ermögli-
chen und damit den Anreiz zu geben, frühzeitig das Ver-
fahren zu beantragen, anstatt es mit aller Macht und
letztlich ohne Erfolg nach hinten zu verschieben.

Wir eröffnen diese Chance mit dem neuen Schutz-
schirmverfahren bei drohender Zahlungsunfähigkeit und
dem leichteren Zugang zur Eigenverwaltung. Damit soll
der Schuldner auch in der Krise die Kontrolle behalten.
Das gibt es aber nicht zum Nulltarif; wir müssen uns die
Schwierigkeiten, die Sie genannt haben, genau an-
schauen. Dreh- und Angelpunkt wird letztendlich sein,
dass der Schuldner das Verfahren mit den Gläubigern gut
vorbereitet, dass er die Gläubiger mit einem Plan davon
überzeugt, dass Sanierungschancen bestehen, sodass sie
bereit sind, Kreditlinien weiter offenzuhalten und viel-
leicht auch neues Geld hineinzustecken; damit steht und
fällt das Schutzschirmverfahren.

Wir hoffen, mit dem Zusammenspiel des Anreizes zu
früherer Antragstellung und der besseren Beteiligung der
Gläubiger, die frühzeitig einbezogen werden, zu einer
größeren Zahl von Sanierungen zu kommen, sodass die
Forderung nach einem eigenständigen Sanierungsver-
fahren zunächst zurückgestellt wird.

Der dritte Player sind die Gerichte. Bei den Gerichten
führt das Insolvenzrecht häufig ein Schattendasein; es
steht im Schatten anderer Fachgebiete. Wenngleich wir
auf unsere Gerichte sicherlich sehr stolz sind und sie für
Deutschland ein guter Standortfaktor sind, trifft das für
das Insolvenzrecht eher nicht zu: Da werden teilweise
Unternehmenssitze verlegt, damit man nicht nach deut-
schem Insolvenzrecht und mit deutschen Gerichten agie-
ren muss;


(Burkhard Lischka [SPD]: Wenn das der Maßstab ist!)


da geht man teilweise ganz bewusst in den angelsächsi-
schen Raum. Dort werden hoch gestellte Richter in die-
sem Fachbereich tätig, zum Teil sogar Bundesrichter.
Bei uns ist es der Richter am Amtsgericht im Zusam-
menspiel mit dem Rechtspfleger. Außerdem haben sie
zum Teil nur ein kleines Pensum solcher Fälle, was dazu
führt, dass sie die Routine, die man braucht, nicht entwi-
ckeln können. Deshalb halten wir daran fest – ich unter-
stütze das nachdrücklich –, dass wir zu einer weiteren
Konzentration der Insolvenzgerichte kommen und nur
eines pro Landgerichtsbezirk haben. So oft muss man
nicht zum Insolvenzrichter, dass die Entfernung eine so
große Bedeutung hätte, dass das nicht zumutbar wäre.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711717900

Sie kommen bitte zum Ende, Frau Kollegin.

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(C (D Zuletzt ein Blick auf die Verwalter: Für sie ändert sich diesem Stadium der Reform noch nicht so viel. Sie üssen sich damit auseinandersetzen, dass die Gläubi er ihnen in Zukunft noch stärker auf die Finger schauen nd Vorschläge machen werden. Für die Verwalter wird ie Arbeit also nicht bequemer. Gute Verwalter werden ich darüber aber keine Sorgen machen müssen. Wir müssen uns jetzt alle zusammen an die Detailrbeit machen. Ich glaube, dass wir zu einer guten Regeng kommen können, und freue mich auf die Beratun en. Herzlichen Dank. Richard Pitterle hat das Wort für die Fraktion Die inke. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin en und Kollegen! In den vergangenen zehn Jahren gab s 340 000 Unternehmensinsolvenzen. 5 Millionen Mäner und Frauen haben dabei ihre Arbeit verloren. Mit iesem Gesetzentwurf soll erreicht werden, dass Unterehmen, die in Schieflage geraten sind, saniert werden önnen und somit die Abwicklung verhindert wird. Das nden wir gut, weil so die Möglichkeit eröffnet wird, rbeitsplätze zu erhalten, statt sie den Bach runtergehen u lassen. llein das kann Grundlage dafür sein, dass die Unterehmen wieder auf die Füße kommen und später neue rbeitskräfte einstellen. Auch der vorgesehenen Stärkung der Gläubigerrechte timmen wir zu. Für größere Insolvenzverfahren soll ein orläufiger Gläubigerausschuss schon vor Eröffnung des solvenzverfahrens eingesetzt werden. Neu ist, dass m ein Vertreter oder eine Vertreterin der Arbeitnehmer ngehören muss, und zwar unabhängig von der Höhe ihr Forderungen im Insolvenzverfahren. Zudem hat der orläufige Gläubigerausschuss das Recht, den Insolvenzerwalter mitzubestimmen. Die Stellung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneher im Insolvenzverfahren ist trotzdem unbefriedigend. ie wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht weentlich verbessert. Gerade im Vorfeld von Insolvenzen ckern sich Arbeitnehmer ab, machen Überstunden, torieren das Ausbleiben von Gehältern, verzichten sogar uf Urlaubsgeld. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens t vielfach die Chance vorbei, diese Vorleistung jemals ergütet zu bekommen. Daran ändert dieser Gesetzenturf nichts. Außerdem ist durch das Insolvenzgeld die Lohnzahng nur für die letzten drei Monate vor der Insolvenz esichert. Nach wie vor müssen Arbeitnehmerinnen und Richard Pitterle )

Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1711718000

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711718100

(Beifall bei der LINKEN)

Richard Pitterle (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711718200

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Arbeitnehmer befürchten, dass vor der Insolvenz ge-
zahlte Gehälter vom Insolvenzverwalter zurückverlangt
werden. Wie oft habe ich als Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern diese Regelung
des Gesetzes erklären müssen. Diese Menschen haben
durch die Insolvenz ihren Arbeitsplatz verloren und wur-
den plötzlich mit Rückzahlungsforderungen konfron-
tiert, obwohl sie das Geld längst für Miete und sonstigen
Lebensaufwand ausgegeben hatten. Von den Betroffenen
versteht das keiner. Dass die Bundesregierung dieses
Unrecht duldet und die Insolvenzanfechtung gegenüber
der vor der Insolvenz erfolgten Lohnzahlung nicht besei-
tigt hat, ist ein Schwachpunkt dieses Gesetzentwurfs.


(Beifall bei der LINKEN)


In der gestrigen Anhörung gab es Einigkeit darüber, dass
man diese Ungerechtigkeit durch Nachbesserung im Ge-
setz abstellen kann. Tun Sie es also, Frau Justizministe-
rin.

Wir finden es auch völlig ungenügend, dass Ihre Vor-
schläge nicht vorsehen, die Ansprüche aus Sozialplänen
und Aufhebungsverträgen gegen Ausfall zu schützen.
Für einen Arbeitnehmer, der sich nach 30 Jahren Schuf-
terei bereit erklärt hat, sich den Arbeitsplatz durch eine
Abfindung abkaufen zu lassen, um eine Kündigung zu
vermeiden, ist es eine Ungerechtigkeit, wenn er mit lee-
ren Händen dasteht. Das sollte geändert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn es die Intention des Gesetzentwurfs ist, die Ab-
wicklung von Unternehmen zu vermeiden, so sind die
hier vorgesehenen Änderungen bisher unzureichend. Es
wäre unberechtigt, alle Insolvenzverwalter unter Gene-
ralverdacht zu stellen. Aber jeder, der mit Insolvenzen
zu tun hat, weiß, dass es für unseriöse Insolvenzverwal-
ter zahlreiche Möglichkeiten der Bereicherung, Vorteils-
nahme und Korruption gibt. Die Erfahrung zeigt, dass
manche Insolvenzverwalter nicht zuallererst das Allge-
meinwohl, das Unternehmen, die Gläubiger und die Ar-
beitsplätze im Blick haben, sondern vor allem die eige-
nen Interessen.

Ich frage mich auch: Warum gibt es keine formalen
Anforderungen an die Qualifikation der Insolvenzver-
walter? Allein der gesunde Menschenverstand sagt, dass
die Kenntnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen Vo-
raussetzung sein muss, um die Chance der Sanierung ei-
nes Unternehmens zu erkennen und die Sanierung er-
folgreich zu betreiben. In Ihrem Gesetzentwurf steht
jedenfalls an keiner Stelle, dass Insolvenzverwalter über
diese konkreten Erfahrungen und Qualifikationen verfü-
gen müssen. Nicht nur bei den Gerichten, die die Tätig-
keit der Verwalter kontrollieren sollen, sondern auch bei
den Verwaltern selbst muss mehr Qualifikation verlangt
und nachgewiesen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Fälle, in denen die Gläubiger leer ausgehen, wäh-
rend die Insolvenzverwalter von der Insolvenz passabel
leben können, sind leider nicht selten. Professor
Haarmeyer von der Gläubigerschutzvereinigung bestä-
tigte, dass 70 Prozent der Verfahren ohne Quote enden,

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(C (D as heißt ohne Geld für die Gläubiger. Bei einem solhen Sachverhalt sagt der Volksmund: außer Spesen ichts gewesen. Auch hier wäre eine Steuerung über die ergütungsstruktur der Insolvenzverwalter möglich. orschläge von Fachleuten gibt es genügend. Zum Beipiel könnte man über eine Deckelung der Vergütung eierseits und eine Erfolgsprämie beim Erreichen einer uote von 30 Prozent andererseits nachdenken. Damit eine größere Masse und somit die Chance für ine Sanierung erhalten bleibt, muss gesetzlich klargetellt werden, dass die Umsatzsteueransprüche, die vor em Eintritt des Insolvenzfalls entstanden sind, nicht als asseverbindlichkeiten anzusehen sind. Schließlich: Insolvenzgerichte sollten das letzte Wort ber die Bestellung von Insolvenzverwaltern behalten. ur durch ein unabhängiges Gericht ist gewährleistet, ass ein unabhängiger Insolvenzverwalter bestellt wird. ur so ist gewährleistet, dass die Verfahren nicht nur on den Interessen der Großgläubiger geleitet werden. h habe meine Zweifel daran, dass die Konzentration er Gerichte sinnvoll ist. Aus meiner Sicht wäre es sinnoll, den Ländern weiterhin freizustellen, ob sie von der öglichkeit der Konzentration Gebrauch machen woln oder nicht. Ich bin auf alle Fälle gespannt, welche Schlussfolgengen die Koalition aus der gestrigen Anhörung ziehen ird und ob der Entwurf in dem von mir vorgeschlageen Sinne noch verbessert wird. Vielen Dank. Jetzt hat Ingrid Hönlinger das Wort für Bündnis 90/ ie Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ehr geehrte Frau Ministerin! Wir alle erinnern uns: Vor irca zwei Jahren haben der Warenhauskonzern Arcanor und seine Tochtergesellschaften Quelle und Karstadt ie Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor dem Essener mtsgericht beantragt. Das Kaufhaus Quelle war endültig am Ende, Karstadt konnte gerade noch durch eien Privatinvestor gerettet werden. Von dieser Insolvenz aren 43 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrofn. Sie und ihre Familien mussten oft wochenund mo atelang um ihre Zukunft bangen. Mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Auswirkunen, aber auch mit Blick auf die Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmer müssen wir uns das Thema Unternehensinsolvenzen genau anschauen. Die zentrale Frage utet: Sind die Mittel der geltenden Insolvenzordnung usreichend, um angemessen auf die Situation von berohten Unternehmen zu reagieren? Die Antwort lautet ein. Die erfolgreiche Sanierung von Unternehmen im solvenzverfahren stellt noch immer die Ausnahme dar. Ingrid Hönlinger )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711718300
Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711718400




(A) )

Ein Blick auf die Zahlen reicht aus, um uns den drin-
genden Handlungsbedarf vor Augen zu führen. Im letz-
ten Jahr haben rund 32 000 Unternehmen bei deutschen
Amtsgerichten das Insolvenzverfahren beantragt. Damit
ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Vergleich
zum Vorjahr um 2,1 Prozent zurückgegangen. Das Jahr
2009 war aber auch das Jahr der Krisen und ist daher
nicht die richtige Bezugsgröße. Die Zahlen zeigen: Wirt-
schaftskrisen führen auch dazu, dass wir uns die Insol-
venzordnung genau anschauen müssen.

Wir Grünen haben uns schon vor einem Jahr mit die-
sem Thema auseinandergesetzt. Über unsere Verbesse-
rungsvorschläge wurde hier im Bundestag diskutiert. Es
freut uns, dass die Bundesregierung, wenn auch ein Jahr
später, jetzt diesen Gesetzentwurf vorlegt, in dem einige
unserer Forderungen aufgegriffen werden; aber es fehlen
doch noch entscheidende Komponenten.

Das Hauptziel der Insolvenzreform muss die frühzei-
tige Rettung und Restrukturierung von Unternehmen
sein. Unternehmen sollten möglichst erst gar nicht insol-
vent werden. Es sollten schon vorher Sanierungsmög-
lichkeiten greifen. Momentan fehlt eine institutionelle
Verankerung, um grundsätzlich lebensfähige Unterneh-
men noch vor der Stigmatisierung durch ein eröffnetes
Insolvenzverfahren zu sanieren. Wir sollten deshalb
überlegen, wie wir es auch gestern in der Anhörung dis-
kutiert haben, sanierungsbedürftigen Unternehmen ein
Reorganisationsverfahren bzw. ein Sanierungsverfahren
– eventuell vor einer spezialisierten Kammer für Han-
delssachen – zu ermöglichen, um so das Stigma der In-
solvenz zu vermeiden. Österreich erzielt damit schon
sehr gute Erfolge.

Kommt es dann doch zur Eröffnung eines Insolvenz-
verfahrens, sind natürlich die fachliche Kompetenz und
auch die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters oder
der Insolvenzverwalterin Voraussetzungen für ein er-
folgreiches Verfahren. Ich stimme Ihnen zu: Richterin-
nen und Richter an Insolvenzgerichten müssen fachlich
in der Lage sein, darüber zu entscheiden, welchen Ver-
walter oder welche Verwalterin sie bestellen. Hier
könnte man ebenfalls daran denken, den Sachverstand,
der an den Kammern für Handelssachen besteht, zu nut-
zen. Kontraproduktiv ist es aber, dem vorläufigen Gläu-
bigerausschuss – so ist es im Gesetzentwurf vorgese-
hen – so weitgehend die Befugnis der Bestellung der In-
solvenzverwaltung einzuräumen. Dieses Verfahren birgt
nämlich die Gefahr, dass sich die Insolvenzverwaltung
auf wenige Spezialistinnen und Spezialisten beschränkt –
im schlimmsten Fall auf die, die großen Gläubigern wie
Banken oder Versicherungen nahestehen. Wir meinen,
die Insolvenzverwaltung muss auch neuen Verwalterin-
nen und Verwaltern offenstehen. Konkurrenz ermöglicht
auch im Bereich der Insolvenzverwaltung eine qualita-
tive Steigerung.


(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


– Danke.


(Heiterkeit)


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(C (D Wichtig ist uns bei der Neuregelung der Insolvenzordung auch, dass nicht nur große Unternehmen ins Blickld geraten, sondern auch die Interessenlage kleinerer nternehmen berücksichtigt wird. Eine Überlegung wäre, ie Bestimmung einzuführen, dass Gläubigerforderungen, ie in Anteilsoder Mitgliedschaftsrechte am Schuldnernternehmen umgewandelt werden sollen, nur dann umewandelt werden können, wenn die Alteigner zustimen. Das könnte es insbesondere Familienunternehmen rleichtern, einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn es errderlich ist. Außerdem könnten wir so für Betriebe und eschäftigte eventuell die Gefahr abwenden, dass sich chnäppchenjäger an Insolvenzen bereichern. Steuerliche Flankierungsmaßnahmen sucht man im esetzentwurf vergeblich. Dazu ist in ihm leider gar ichts enthalten. Wir wünschen uns, dass auch steuerlihe Komponenten bei einer Neuregelung des Insolvenzchts berücksichtigt werden. Wir sehen also: Der Regierungsentwurf enthält einige rauchbare Vorschläge. Weitere Verbesserungen sind ringend erforderlich, um das Insolvenzrecht zu aktualiieren, die Chancen auf Sanierung zu erhöhen und präentive Maßnahmen zur Unternehmensrettung zu tablieren. Wir Grünen werden uns weiter konstruktiv eteiligen, wenn es um diese Thematik geht. Wir wollen it unseren Verbesserungsvorschlägen erreichen, dass rbeitsplätze, wo immer möglich, erhalten werden, dass ir Unternehmen in schwierigen Zeiten eine Brücke auen, dass unnötige Investitionen vermieden werden nd dass damit der Wirtschaftsstandort Deutschland insesamt gestärkt wird. Jeder gerettete Arbeitsplatz, jedes nternehmen, das einen schwierigen Anpassungspro ess übersteht, und jede Firma, die eine zweite Chance rhält, sind ein Gewinn für die Menschen und für die irtschaft. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Dr. Matthias Heider für die DU/CSU-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen nd Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg: as Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung on Unternehmen trägt seinen Namen zu Recht. Im Weentlichen geht es um drei Punkte: Erstens. Es stärkt den influss der Gläubiger insbesondere in Bezug auf die uswahl des Insolvenzverwalters. Zweitens. Das Insolenzplanverfahren wird ausgebaut und gestrafft. Dritns. Der Zugang zur Eigenverwaltung wird erleichtert. Darüber hinaus bietet das Gesetz eine Chance zur tablierung bzw. Erneuerung einer Sanierungskultur. ie wichtig ein Umdenken, ein Mentalitätswechsel im solvenzbereich ist, zeigt folgendes Beispiel – ich enne Ihnen bewusst kein Beispiel aus aktuellen Insolenzverfahren, sondern eines, das Sie alle möglicher Dr. Matthias Heider )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711718500

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Matthias Heider (CDU):
Rede ID: ID1711718600




(A) )

weise kennen –: In den Buddenbrooks beschreibt
Thomas Mann den Bankrott als den bürgerlichen Tod
des Kaufmanns, als etwas Grässlicheres als das Ende des
Lebens, als Tumult, Zusammenbruch, Ruin, Schande,
Verzweiflung und Elend – für ihn, für seine Familie, aber
auch für viele seiner Beschäftigten. Diese Vorstellungen
haben sich bis heute nicht geändert. Auch heute,
134 Jahre nach Einführung der allgemeinen deutschen
Konkursordnung von 1877 – ungefähr der Zeit, in der
die Buddenbrooks spielen – und zwölf Jahre nach dem
Inkrafttreten der Insolvenzordnung, wird die Eröffnung
eines Insolvenzverfahrens in Deutschland oftmals als
das katastrophale Ende unternehmerischen Handelns an-
gesehen.

Dies kann sich durch die erste Stufe der Insolvenzre-
form ändern. Der Konkurs ist das Risiko unternehmeri-
schen Handelns. Er gehört zu den Sanktionen kaufmän-
nischer Fehler. Diese können vielfältiger Natur sein:
Investitionen in falsche Produkte – „am Markt vorbei“
nennt man das –, fehlendes Risikomanagement, man-
gelnde Kostenkontrolle, Kapitalbindung durch zu hohe
Lagerbestände, explodierende Rohstoffkosten, Missma-
nagement im Unternehmen bis hin zu dolosem Verhal-
ten.

Der Antrag auf Insolvenz soll für den redlichen Gläu-
biger die Chance auf eine erfolgreiche Unternehmenssa-
nierung sein. Die geltende Insolvenzordnung stellt – die
Bundesministerin der Justiz hat es einleitend gesagt –
den Verfahrenszweck der gemeinschaftlichen Gläubiger-
befriedigung vornan. Hieran wird sich auch nach Verab-
schiedung dieses Gesetzes nichts ändern. Demgegenüber
sind Liquidation und Unternehmenserhaltung durch ei-
nen Insolvenzplan sekundäre Verfahrenszwecke, die
dem übergeordneten Zweck der Gläubigerbefriedigung
dienen.

Die Insolvenzordnung und ihr Zweck sind Ausdruck
der freien Marktwirtschaft und ihrer Regeln; das soll
auch so bleiben. Ziel der Gesetzesnovellierung ist, die
Sanierung von Unternehmen attraktiver zu gestalten und
Anreize für den Schuldner zu schaffen, bei drohender
Zahlungsunfähigkeit frühzeitig den Antrag zu stellen;
denn allein dies hilft, die Gläubiger nach Möglichkeit zu
befriedigen, Arbeitsplätze zu erhalten und einen mit der
Insolvenz einhergehenden volkswirtschaftlichen Scha-
den abzuwenden.

Im vergangenen Jahr sind 8 500 der 32 000 Insolven-
zen, die Sie, Frau Hönlinger, gerade genannt haben,
mangels Masse abgewiesen worden; das sind mehr als
25 Prozent aller angemeldeten Insolvenzverfahren.
„Mangels Masse abgewiesen“ heißt, dass das Vermögen
des Schuldners nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten
zu decken. Auch diesen Unternehmen wollen wir klar-
machen, dass die frühzeitige Antragstellung – bereits bei
drohender Zahlungsunfähigkeit – der richtige Weg ist,
um eine Sanierung erfolgreich abzuschließen, statt abzu-
warten, bis es zu spät ist.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung beinhaltet
hier den richtigen Weg. Das Insolvenzplanverfahren
wird entschlackt, die Eigenverwaltung wird gestärkt,
und das Sanierungsvorbereitungsverfahren – Stichwort:

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(C (D chutzschirm – wird neu eingeführt. Der Erfolg der Saierung erfordert jedoch eine rechtzeitige Kommunikaon und eine Konsenssuche zwischen den Beteiligten: wischen den Gläubigern und den Schuldnern, aber auch wischen den Insolvenzgerichten und den Verwaltern. h nenne Ihnen ein Beispiel, weil ich hier Handlungsbe arf sehe. Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerusschusses bereits bei Eingang des Schuldnerantrages t grundsätzlich ein geeignetes Mittel, eine frühzeitige ommunikation zwischen Gläubigern und Insolvenzgecht zu fördern. Darüber hinaus ist es zentrales Anliegen es Gesetzentwurfes, die Gläubiger frühzeitig in das erfahren einzubinden. Vertreter der Praxis haben uns in der Anhörung darauf ingewiesen, dass die Einsetzung eines vorläufigen läubigerausschusses oft sehr aufwendig und schwerfälg ist. In dringenden Fällen kann dadurch der Erfolg, die ufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes und damit die anierung, gefährdet werden. Die verpflichtende Einbefung eines solchen Gläubigerausschusses bei einem nternehmen mit einer Bilanzsumme und einem Umsatz on nur 2 Millionen Euro und einer Anzahl von zehn Areitnehmern im Jahresdurchschnitt erscheint daher im inblick auf unsere kleinen und mittelständischen Unrnehmen nicht sachgerecht. Ich würde mir hier eine oderate Anhebung der Schwellenwerte auf etwa die rößenordnung für mittlere Kapitalunternehmen wün chen. Ergänzend könnte eine Sollvorschrift bestimmen, ass ein vorläufiger Gläubigerausschuss auch dann einurichten ist, wenn mit dem Eröffnungsantrag vom chuldner alle erforderlichen Daten eingereicht werden. ierzu sollten namentlich Vorschläge nebst Gruppenzurdnung sowie Einverständniserklärungen der beteilign Personen gehören. Das würde sogar noch über die eschleunigung im Verfahren hinausgehen und eine itarbeit des Schuldners vor dem Verfahren erfordern. Auch wenn angesichts des breiten und nachhaltigen irtschaftlichen Aufschwungs die Folgen der Finanznd Wirtschaftskrise mehr und mehr aus dem Blick der ffentlichkeit geraten – wir haben aktuell nur noch rund ,8 Millionen Arbeitslose –, besteht auf diesem Feld ach wie vor Handlungsbedarf. Die Wirtschaft und die etroffenen erwarten von uns zu Recht, dass wir in die em Parlament einen praktikablen Vorschlag machen. arauf sollten wir in der anstehenden Beratung gemein am hinwirken. Chancen zur Sanierung der betroffenen nternehmen braucht es in guten wie in schlechten Zein. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Ingo Egloff für die SPD raktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden Ingo Egloff )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711718700

(Beifall bei der SPD)

Ingo Egloff (SPD):
Rede ID: ID1711718800




(A) )

aus den Erfahrungen, die wir in zehnjähriger Praxis mit
der novellierten Insolvenzordnung gemacht haben, Kon-
sequenzen gezogen. Die Sachverständigenanhörung am
gestrigen Tage hat deutlich gemacht, dass der Regie-
rungsentwurf an etlichen Stellen nachgebessert werden
muss. Ich denke, das muss das Ziel unserer gesetzgeberi-
schen Tätigkeit im Rechtsausschuss und auch hier im
Bundestag sein.

Ziel ist, ein Insolvenzrecht zu schaffen, das zuallererst
darauf setzt, Unternehmen zu erhalten und zu sanieren,
deren Prognose darauf hindeutet, dass sie nach erfolgter
Entschuldung oder Umschuldung weiter am Markt be-
stehen können. Darüber hinaus müssen wir angesichts
der mittelständischen Struktur unserer Wirtschaft dafür
sorgen, dass die Durchführung eines Insolvenzverfah-
rens von den eigentümergeführten Unternehmen nicht
mehr als Makel angesehen wird. Einige meiner Vorred-
ner haben bereits darauf hingewiesen: Die Unternehmen
müssen das Insolvenzverfahren als Chance wahrneh-
men, in einer schwierigen Situation durch professionelle
Hilfe gegebenenfalls die Weiterexistenz des Unterneh-
mens zu organisieren.


(Beifall bei der SPD)


Es gilt – das zeichnet den Entwurf aus – den Gläubi-
gereinfluss bei der Auswahl des Insolvenzverwalters zu
stärken; das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite
müssen wir verhindern – auch darauf ist von meinen
Vorrednern schon hingewiesen worden –, dass be-
stimmte Gläubigergruppen wie Banken und Versiche-
rungen dafür sorgen, dass Insolvenzverwalter nach ih-
rem Gusto bestellt werden. Wir müssen uns daher die
Regelung des § 56 Abs. 3 des Entwurfes genau ansehen.
Ich bin der Auffassung, dass dieser Paragraf so nicht
bleiben kann, weil hier das Recht des Insolvenzrichters,
einen Insolvenzverwalter abzulehnen, in einer Art und
Weise eingeschränkt wird, wie es meines Erachtens nicht
sachgerecht ist.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vonseiten des Bundesrates gibt es an der Regelung im
vorgesehenen § 22 a in Bezug auf die Schwellenwerte
Kritik. Man kann in der Tat darüber nachdenken, ob die
dort angesetzten Werte nicht zu niedrig sind. Ob aller-
dings, wie in der Sachverständigenanhörung gestern dar-
gestellt, die Werte des § 267 Abs. 2 HGB der richtige
Ansatzpunkt sind oder ob man nicht Werte suchen muss,
die dazwischen liegen, wird Gegenstand der Beratungen
im Ausschuss sein. Wir sollten darauf achten, dass wir
eine sachgerechte Lösung finden.

Die im Gesetzentwurf vorgesehene grundlegendste
Änderung betrifft § 225 a. Hier findet in der Tat ein Pa-
radigmenwechsel statt. Lassen Sie mich einmal in der
Geschichte des Insolvenzrechts zurückgehen: Schon in
den 70er-Jahren wurde unter Bundesjustizminister Hans-
Jochen Vogel eine Kommission eingesetzt, die in diese
Richtung gearbeitet hat; aber bei jeder Insolvenzrechts-
reform ist eine derartige Regelung abgelehnt worden.
Wir müssen allerdings verhindern, dass Unternehmen in

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(C (D ndere europäische Länder ausweichen, um die Mögchkeiten des dortigen Insolvenzverfahrens in Anspruch u nehmen. Deswegen ist es zunächst positiv zu bewern, dass wir diese Regelung in § 225 a vorsehen. Die mwandlung von Forderungen in Gesellschaftsanteile ann in der Tat Vorteile haben. In der Begründung des esetzentwurfs wird das deutlich: Durch den Wegfall von Verbindlichkeiten kann eine Überschuldung des Unternehmens beseitigt werden; gleichzeitig kann das Erlöschen von Zinsund Tilgungspflichten die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens wiederherstellen. as kann man im Gesetzentwurf nachlesen. Die Anwendung der vorgesehenen Regelung ist dann chtig, wenn die Forderungsumwandlung mit dem Ziel erbunden ist, das Unternehmen fortzuführen und friches Kapital einzubringen. Die Frage ist aber, ob das mer so funktioniert. Angesichts der Aspekte, die gesrn in der Anhörung angesprochen worden sind, sollten ir uns im Gesetzgebungsverfahren darüber verstärkt edanken machen. Es gibt Beispiele aus dem angelsächsischen Raum. ls Beispiel ist die Deutsche Nickel AG genannt worden das ist die Firma, die bei der Einführung des Euro die -Euro-Münzen geprägt hat –, die 2004 in die Insolvenz egangen ist. Sie hat durch Ausweichen in den angelächsischen Rechtsbereich versucht, die Vorteile des ortigen Verfahrens in Anspruch zu nehmen. Am Ende t sie trotzdem in Konkurs gegangen, weil die Gläubier, diejenigen, die die Forderungen aufgekauft haben, as Unternehmen haben hängen lassen. Das waren ondsgesellschaften aus Amerika und England, die dauf spekuliert haben, die lukrativen Teile zu verwerten nd den Rest in die Insolvenz gehen zu lassen. Dieses Verhalten kennen wir aus der Vergangenheit urch Beteiligung von Fondsgesellschaften, insbesonere amerikanischen Fondsgesellschaften, an deutschen ittelständischen Unternehmen. Deswegen lohnt es sich Interesse der Arbeitsplätze und im Interesse der Un rnehmen, darüber nachzudenken, ob wir in diesem Beich nicht Sicherungsmechanismen einführen können nd wie wir das systematisch so ausgestalten können, ass wir auf der einen Seite den Vorteil haben, dass die nternehmen in Deutschland bleiben, und auf der anden Seite Nachteile ausschließen können. Die gestrige Anhörung war ein guter Ansatz. Es war ine ausgesprochen sachliche Diskussion mit vielen Angungen. Wir nehmen die Anregung der Bundesjustizinisterin gerne auf, in den Ausschussberatungen weiter emeinsam am vorliegenden Gesetzentwurf zu arbeiten, m am Ende das zu erreichen, was wir alle erreichen ollen: ein Insolvenzrecht auf der Höhe der Zeit, das einen Zweck für die deutschen Unternehmen, für die eutsche Wirtschaft erfüllt. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Matthias Heider [CDU/CSU])







(A) )


)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711718900

Der Kollege Stephan Mayer hat jetzt das Wort für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1711719000

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle-

ginnen! Sehr geehrte Kollegen! Wir können zunächst
feststellen, dass sich unser Insolvenzrecht bewährt hat;
aber wir müssen aufgrund der Erfahrungen der jüngsten
Wirtschafts- und Finanzkrise zur Kenntnis nehmen, dass
unsere Insolvenzordnung in der praktischen Anwendung
durchaus Defizite und Schwächen aufweist.

Die Insolvenz kann, muss aber nicht das Ende eines
Unternehmens bedeuten. Die Erfahrungen der Vergan-
genheit haben gezeigt, dass viele Unternehmer bedauer-
licherweise zu lange warten, bis sie mit Sanierungsmaß-
nahmen in ihren Unternehmen beginnen oder – wenn es
ansteht – einen Insolvenzantrag stellen, und das deutsche
Insolvenzverfahren teilweise zu unflexibel und zu wenig
kalkulierbar ist. Dies hat – es wurde bereits angespro-
chen – in der Vergangenheit dazu geführt, dass Unter-
nehmen ihren Sitz ins Ausland verlegt haben, insbeson-
dere nach Großbritannien, um dem deutschen
Insolvenzrecht bzw. dem deutschen Insolvenzverfahren
zu entgehen. Dies zeigt uns, dass ein zeitgemäßes Insol-
venzrecht ein wichtiger Aspekt und ein wichtiger Be-
standteil eines modernen Wirtschaftsstandortes ist. Des-
wegen ist es richtig, dass unser Insolvenzrecht novelliert
wird. Der vorliegende Gesetzentwurf beweist, dass die
christlich-liberale Koalition nach wie vor – allen Unken-
rufen zum Trotz – handlungsfähig ist, insbesondere im
Bereich der Innen- und Rechtspolitik.

Wichtig ist – das ist der entscheidende Punkt dieses
Gesetzgebungsvorhabens –, dass Sanierungsmaßnahmen
früher einsetzen. Insbesondere müssen die Gläubiger-
interessen stärker berücksichtigt werden. Es geht auch
darum, die Gläubiger zu beteiligen, wenn ansteht, den
Insolvenzverwalter festzulegen. Das Ziel muss immer
die Neustrukturierung bzw. Neuausrichtung des Unter-
nehmens sein, ebenso – das sage ich ganz deutlich – die
Sicherung der vorhandenen Arbeitsplätze.

Zwei wichtige Aspekte des jetzt vorliegenden Gesetz-
entwurfes sind, dass das Insolvenzplanverfahren ausge-
baut und gestrafft wird und dass die Eigenverwaltung at-
traktiver gestaltet wird.

Gerade von der Eigenverwaltung ist in der Vergan-
genheit bedauerlicherweise zu wenig Gebrauch gemacht
worden. Selbst wenn die Zahlungsunfähigkeit drohte,
die Gläubiger aber durchaus Vertrauen in den Unterneh-
mer hatten und dies auch deutlich zum Ausdruck ge-
bracht haben, haben die Insolvenzgerichte bisher zu we-
nig von dieser Möglichkeit der Eigenverwaltung
Gebrauch gemacht. Deswegen ist es richtig, die Eigen-
verwaltung insgesamt attraktiver zu gestalten, in der
Hoffnung, dass dann in der Praxis häufiger davon Ge-
brauch gemacht wird.

Ich finde es sehr erfreulich, dass jetzt verpflichtend
festgelegt wird, dass in jedem Gläubigerausschuss ein

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(C (D rbeitnehmervertreter Sitz und Stimme hat. Das war isher nicht der Fall. Ich glaube, man kann wirklich festhalten: Der Gesetzntwurf ist ein gelungener und ausgewogener Spagat, it dem einerseits das berechtigte Interesse des Schuld ers berücksichtigt wird, sein Unternehmen nach Mögchkeit fortzuführen, mit dem andererseits aber auch in etracht gezogen wird, dass es berechtigte Gläubigerinressen zu wahren gilt und dass natürlich auch jegliche issbrauchsmöglichkeiten ausgeschlossen werden müs en. Es ist auch festzuhalten, dass der Gesetzentwurf von llen Seiten – insbesondere vonseiten der betroffenen erbände – sehr positiv begleitet wurde. Ich bin auch ehr dankbar dafür, dass schon im Vorfeld, vor der Vorge des Gesetzentwurfs, sehr intensiv darauf geachtet urde, den Interessen der Bundesrechtsanwaltskammer, es Deutschen Anwaltsvereins und auch des Deutschen ichterbundes Rechnung zu tragen. Dies hat auch die estrige Sachverständigenanhörung gezeigt. Wir müssen uns jetzt im parlamentarischen Gesetzgeungsverfahren mit Sicherheit die Möglichkeit geben nd auch die Zeit nehmen, entsprechende Änderungen orzunehmen. Ich möchte hier zwei Dinge explizit anprechen. Zum einen bin ich persönlich der Überzeugung, dass s richtig ist, die Schwellenwerte für die verpflichtende urchführung eines Insolvenzplanverfahrens zu erhöen. Ich bin der Auffassung, dass dieses Insolvenzplanerfahren vor allem für größere Unternehmen Anwenung finden sollte. Wenn man die Schwellenwerte eiterhin auf dem niedrigen Niveau belässt, dann sehe h die Gefahr, dass es in der Praxis zu zeitlichen Verzöerungen kommt, weil viele kleinere Unternehmen aus einer Sicht für dieses verpflichtende Insolvenzplanverhren nicht geeignet sind. Wohlgemerkt: Wenn das In olvenzplanverfahren auf freiwilliger Basis durchgeführt ird, dann kann es natürlich durchaus auch für kleinere nternehmen Anwendung finden. Ein zweiter wichtiger Punkt ist aus meiner Sicht die onzentration der Insolvenzgerichte. Ich möchte uns ier schon auch dazu aufrufen, uns wirklich noch einmal ehr intensiv mit der Notwendigkeit auseinanderzuseten. h sage das ganz offen: Es ist ein berechtigter Grundatz und auch ein berechtigter Wunsch, dass die Verfahn sachdienlich gefördert und auch schneller erledigt erden. Ich persönlich bin aber auch der Überzeugung, ass es nicht unbedingt zu einer stärkeren Konzentration er Insolvenzgerichte kommen muss. Ich möchte hier auch auf die Stellungnahme des Deutchen Richterbundes Bezug nehmen, der sehr deutlich um Ausdruck bringt, dass die Erfahrung genau das Geenteil gezeigt hat. Die Bundesländer, die von dieser onzentrationsmöglichkeit schon bisher Gebrauch geacht haben – Berlin, Hamburg, Sachsen –, weisen beiibe keine schnelleren Verfahrenszeiten als die Bundes Stephan Mayer )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )

länder auf, die von der Konzentrationsmöglichkeit
bisher noch nicht Gebrauch gemacht haben. Gerade Flä-
chenländer wie Niedersachsen und Bayern haben,
glaube ich, schon auch berechtigte Interessen, wenn es
darum geht, ob die dezentrale Struktur unserer Insolvenz-
gerichte weiterhin aufrechterhalten werden soll.

Ich bin der festen Überzeugung, dass auch der Aspekt
der Bürgernähe hier mit zu berücksichtigen ist. Gerade
bei Verbraucherinsolvenzen geht es um Personen, die
nicht vermögend sind und die größtenteils über keinen
privaten PKW verfügen. Denen aufzuoktroyieren und
zuzumuten, dass sie 100 bis 150 Kilometer bis zum
nächsten Landgericht fahren müssen, halte ich persön-
lich für überzogen. Ich glaube, deswegen sollten wir uns
dieses Themas noch einmal sehr intensiv annehmen.

Das gilt auch für die Konzentrationswirkung bei Un-
ternehmensinsolvenzen, weil ich der Meinung bin, dass
es durchaus einen Mehrwert bieten kann, wenn der In-
solvenzrichter das Unternehmen, das ins Schlingern und
in Kalamitäten gerät, schon zu einem Zeitpunkt kannte,
als es noch prosperierend war. Ich glaube, die Sachkunde
des Insolvenzrichters ist hier ganz wichtig.

Ich persönlich bin auch nicht der Auffassung, dass un-
sere Insolvenzgerichte und die dabei tätigen Insolvenz-
richter bisher eine schlechte Arbeit geleistet haben –
ganz im Gegenteil. Auch wenn ein Insolvenzrichter von
der Anzahl her vielleicht noch nicht so viele Insolvenz-
verfahren bearbeitet hat, heißt dies beileibe nicht, dass er
qualitativ schlecht ist. Ganz im Gegenteil: Ich glaube,
wir sind bisher gut damit gefahren, dass die Insolvenzge-
richte eine dezentrale Struktur haben. Dieser Punkt wäre
es meines Erachtens wert, im weiteren parlamentari-
schen Gesetzgebungsverfahren Berücksichtigung zu fin-
den. In diesem Sinne freue ich mich auf eine intensive
und konstruktive Diskussion dieses Gesetzentwurfes.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711719100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 17/5712 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Vereinbarte Debatte

70. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf
die Sowjetunion

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Wolfgang Gerhardt für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Sie alle kennen Vergils Aeneis, die Geschichte, ach der Aeneas mit seinen Gefährten aus dem zerstörn Troja flieht und am Ende die Küste Italiens erreicht. er Karlsruher Kulturwissenschaftler und Philosoph loterdijk nimmt dieses Bild auf und sagt, Europa sei der ontinent, auf dem die Menschen eine zweite Chance ätten. Ich finde dieses Bild wunderbar. Es trifft auch zu: ach den Katastrophen des letzten Jahrhunderts, nach all en Schreckensszenarien, nach dem Grauen, nach der rutalität, nach der Kaltblütigkeit des Mordens, des och nie dagewesenen Deportierens und auch Ausrotns ganzer Völkerschaften. In dieser Debatte anlässlich des 70. Jahrestages des berfalls Hitler-Deutschlands auf die damalige Sowjetnion steht am Anfang, nicht nur weil es unvermeidlich t, sondern weil es der Wahrheit entspricht, die Tatsahe, dass der Auslöser dieses ganzen Schreckens das aziregime war. Darum kommt kein vernünftig denkener Mensch herum. Es hat im Übrigen nicht mit dem Anriff auf die Sowjetunion begonnen, sondern schon vorer mit dem Angriff auf Polen, mit den ganzen Vorläufen es Regimes und mit dem zu späten Erkennen, auch von tellektuell anspruchsvollen Menschen, der totalitären otenziale. Wer angefangen hat, wer das ganze Elend ausgelöst at, ist unbestritten. Alle Versuche, aufzurechnen, was ir in vielen Diskussionen erleben, helfen dabei im runde genommen nicht weiter. Es ist wahr, dass uns as Leid, das über Millionen von Menschen der damalien Sowjetunion gebracht worden ist und das hinterher der Folge zur Vertreibung von Millionen von Men chen geführt hat, bewegt und erschüttert. Aber es kann ie Verantwortung für den Beginn nicht ungeschehen achen. Es ist nicht schwer – es ist auch kein Fehler –, wenn an sich das eingesteht. Ich würde sogar sagen: Den chrecken der eigenen Vergangenheit erkennen und das, as es anderen angetan hat, bereuen, zeigt die Reife eier Gesellschaft. Wenn wir uns weltweit umsehen, steln wir fest: Es gibt keine Gesellschaft und kein Land, as so die eigenen Tabus aufgegriffen hätte, Gräben zueschüttet hätte und sich selbst über seine eigene Katatrophengeschichte klar geworden ist wie Deutschland. anche meinen vielleicht, wir hätten es bitter nötig geabt. Wenn ich heute in den anderen Ländern die geringe ereitschaft sehe, sich mit ihrer Geschichte auseinanderusetzen und der eigenen Gesellschaft die eigenen Fehr vorzuhalten, dann würde ich sagen, dass wir eine sehr ute Leistung vollbracht haben und zu Recht die zweite hance in Europa verdient haben. Wir haben, so gut es eht, die Trümmer unserer eigenen Geschichte beiseiteeräumt, was auch die heutige Diskussion zeigt, die wir um 70. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf die owjetunion auf die Tagesordnung gesetzt haben. Man fragt sich bei solchen Gelegenheiten, wie es eientlich möglich gewesen ist – man wird es nie richtig egreifen –, dass im vergangenen Jahrhundert Europas Dr. Wolfgang Gerhardt )

Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1711719200




(A) )

Verfassungs- und Kulturgeschichte mit Renaissance und
Aufklärung beiseitegewischt worden sind und die Bin-
dung an Werte und unveräußerliche Menschenrechte ge-
radezu ausgeschaltet wurde. Dass totalitäre Versuchun-
gen und Potenziale nicht rechtzeitig erkannt wurden,
bleibt unbegreiflich. Nach jedem Buch, das man dazu
liest, und jedem Dokumentarfilm, den man sich ansieht,
stellt man sich wieder die Frage, wie es nur dazu kom-
men konnte, und steht immer wieder vor dem Unfassba-
ren.

Die Schreckensspur begann und endete nicht mit dem
Angriff auf die damalige Sowjetunion. Es war insgesamt
das totalitäre System sowohl der Nazis als auch – das
füge ich hinzu – später des Stalinismus, die das Gesicht
der Epoche so übel zugerichtet haben, wie es Joachim
Fest treffend beschrieben hat. Es hat lange gedauert, bis
der Terror dieser Ideen, Beglückungsbanner und politi-
schen Lügen beseitigt worden ist und die Befreiung zur
Realität wurde.

Vaclav Havel hat das wie kein anderer für die er-
schöpften Menschen beider Regime und der Kriege zum
Ausdruck gebracht. Er beschreibt den Versuch, in einem
bescheidenen ideologiefreien Raum zu leben, der es den
Menschen – so drückt er sich wörtlich aus – erlaube, auf
einfache Art würdig zu leben, mit der Unvermeidbarkeit
von Widersprüchen, mit der Unvollkommenheit der
Welt, aber auch – so füge ich hinzu – ohne Gier nach
Größe oder anderen Verheißungen als Verrechnungen für
die Mühen des Alltags. Das sollte man als politisches
Programm übernehmen.

Wenn heute für uns in Europa die Menschenwürde als
Quellcode unseres politischen Umgangs und unserer
Verfassung insgesamt – nicht nur der geschriebenen –
gilt und wenn wir uns tagtäglich bewusst werden, dass
wir in Erinnerung an die Katastrophengeschichte uns be-
mühen müssen, in Partnerschaft mit Russland und allen
unseren europäischen Nachbarn zu leben, dann kann
sich das nicht nur auf Regierungsgeschäfte konzentrie-
ren.

Wir müssen täglich ein Stück menschliches Zusam-
menleben organisieren. Wir müssen in einem menschli-
chen Miteinander leben, weil man nur dann Einflüste-
rungen begegnen kann, die in anderen Uniformen immer
wieder auftreten werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb will ich zu dem Jahrestag sagen: Er sollte uns
heute nicht nur veranlassen, über den Angriff nachzu-
denken; er sollte uns vielmehr veranlassen, auch mit
Blick auf die Zukunft darüber glücklich zu sein, dass die
Gefahr eines Krieges zwischen den Staaten Europas
nach meiner Überzeugung heute gebannt ist. Damit wird
aber noch unfassbarer, was vor 70 Jahren geschehen ist.
Sich daran zu erinnern, auch wenn es nur eine Dreivier-
telstunde im deutschen Parlament ist, bleibt notwendig.
Wir müssen uns jeden Tag vergewissern, was zu tun ist,
damit sich so etwas nicht wiederholen kann.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall im ganzen Hause)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Dr. Gernot Erler für die PD-Fraktion. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Der 22. Juni wäre prädestiniert als ein trauriger Geenktag für eines der düstersten Kapitel der deutschen eschichte. Dieser Tag erinnert uns daran, dass von ihm or genau 70 Jahren unendliches Leid ausging, begleitet on schwer begreifbaren Verbrechen. Der Krieg gegen die Sowjetunion war ein rassisticher Vernichtungskrieg. Er sollte für die Deutschen Leensraum im Osten erobern, die angebliche Judenherrchaft in Russland brechen und die minderwertige lawische Rasse dezimieren und hinter den Ural verdränen. Die Verbrechen verteilen sich auf die vier Jahre zwichen 1941 und 1945, vom Anfang bis zum Ende. Ihr usmaß wird in Zahlen festgehalten, die unsere Vorstelngskraft überfordern: 27 Millionen getötete Menschen dem überfallenen Land, davon 14 Millionen Zivilisn. Das bedeutete mindestens einen Trauerfall in praksch jeder Familie. Hinter diesen Zahlen verbergen sich nauslöschliche Erinnerungsbilder von traumatischen rlebnissen. Dazu gehören die sofortige Erschießung alr gefangen genommenen Politoffiziere der Sowjet rmee nach dem sogenannten Kommissarbefehl, der indestens 7 000 Opfer forderte, die grausame, auf Ver ichtung zielende Behandlung von 5,7 Millionen sowjeschen Kriegsgefangenen, von denen fast 60 Prozent re Gefangenschaft nicht überlebten, und die systemati che Liquidierung von 2,5 Millionen Juden in den eroerten Gebieten. Im Zuge dieser rassenideologischen ernichtungspolitik wurden schon ab August 1941 anze Gemeinden ausgelöscht. Die Schlucht von Babi ar bei Kiew, in der allein am 29. und 30. September 941 33 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder erchossen wurden, steht als ein Erinnerungsort für Hunerte anderer. Dazu gehören auch der Versuch, im Winr 1941/42 das eingeschlossene Leningrad, die weitgrößte Stadt der Sowjetunion, schlicht verhungern u lassen, mit mindestens 800 000 Toten in den 900 Taen der Belagerung, die Verschleppung von 2,8 Millioen Sowjetbürgern als Zwangsarbeiter und ihre rückichtslose und erniedrigende Behandlung und dann, ährend des Rückzugs, die Politik der verbrannten Erde, er ganze Dörfer, Städte, Kulturlandschaften und wieerum Millionen von Zivilisten zum Opfer fielen. Wenn wir heute hier im Deutschen Bundestag an den 2. Juni 1941 erinnern, von dem all dies grausame Gechehen ausging, dann bewegen wir uns auf dem Boden esicherter Erkenntnisse der Wissenschaft mit vielen eiträgen auch von deutschen und russischen Historiern. Das war nicht immer so. Nach 1945 ist alles, was it dem Unternehmen Barbarossa zusammenhing, lange eit verdrängt oder verfälscht worden. Es hat lange Zeit edauert, bis die sogenannte Präventivkriegsthese als üge entlarvt und widerlegt wurde. Es hat auch lange edauert, bis die Legende von der sauberen Wehrmacht Dr. h. c. Gernot Erler )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711719300
Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1711719400




(A) )

korrigiert werden konnte. Das geschah in der breiten Öf-
fentlichkeit erst mit der berühmten Wehrmachtsausstel-
lung nach 1995. Über mehrere Jahrzehnte hinweg schuf
der Kalte Krieg für viele ehemalige Täter und Mittäter
eine willkommene Legimitation, die alten Feindbilder zu
konservieren und dabei von der eigenen Mitverantwor-
tung für die Verbrechen des Krieges gegen die Sowjet-
union abzulenken.

Eine überzeugende Aufarbeitung der Geschichte
schafft die Voraussetzungen für eine angemessene Erin-
nerungskultur. Diese Voraussetzungen bestehen heute.
Die Erinnerung aber mit Leben zu füllen, das ist eine
Herausforderung, der sich jede Generation von neuem
stellen muss.


(Beifall im ganzen Hause)


Wenn wir das heute versuchen, müssen wir eigentlich
zunächst über ein Wunder sprechen, das Wunder näm-
lich, dass sich die Beziehungen zwischen Deutschland
und Russland nach all diesen Traumata der Jahre 1941
bis 1945 über die Jahrzehnte hinweg so positiv entwi-
ckelt haben. Wir bezeichnen uns heute wechselseitig als
strategische Partner. Umfragen zeigen, dass die über-
große Mehrheit der russischen Bevölkerung ein positives
Deutschlandbild pflegt. Die Wirtschaftsbeziehungen
zwischen unseren beiden Ländern entwickeln sich gut.
Große Erwartungen knüpfen sich an das Projekt der Mo-
dernisierungspartnerschaft. Es bestehen über hundert
deutsch-russische Städtepartnerschaften. Seit 2001 be-
müht sich der Petersburger Dialog, die Zivilgesellschaf-
ten beider Länder näherzubringen. Auch in den Kultur-
beziehungen haben wir viele Aktivitäten, vom
Jugendaustausch über das gerade angelaufene deutsch-
russische Wirtschaftsjahr bis zu dem für 2012 vorgese-
henen Deutschlandjahr in Russland und dem Russland-
jahr in Deutschland.

Wenn man sich überlegt, dass es tatsächlich in prak-
tisch jeder russischen Familie ein Kriegsopfer gab, dass
noch immer am 9. Mai, dem eigentlichen russischen Na-
tionalfeiertag, der Sieg über Hitler-Deutschland gefeiert
wird und an diesem Tag die Veteranen mit ihren Ordens-
brüsten das Stadtbild bestimmen und dass all diese
schrecklichen Ereignisse, die niemand vergessen kann,
von Deutschland ausgingen, dann kann man das real
existierende dynamische und positive deutsch-russische
Verhältnis von heute nur als Wunder bezeichnen und
Dankbarkeit dafür empfinden.


(Beifall im ganzen Hause)


Aber es gibt zum 70. Jahrestag des Überfalls auf die
Sowjetunion auch von Schattenseiten zu berichten. Sie
betreffen die Aufarbeitung des Unrechts, die Entschädi-
gung der Opfer und die Vollständigkeit der Erinnerungs-
arbeit. Ich spreche hierbei von Opfergruppen, die bisher
zu wenig gewürdigt wurden. Hier stößt man an erster
Stelle auf das Schicksal der 5,7 Millionen sowjetischer
Kriegsgefangener, die in doppelter Weise einem grausa-
men Schicksal unterworfen waren. Ihre Behandlung im
deutschen Gewahrsam führte zu der entsetzlich hohen,
von mir schon genannten Verlustquote von annähernd
60 Prozent, während die Quote zum Beispiel für Kriegs-

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(C (D efangene aus westlichen Ländern 3,5 Prozent an Oprn nicht überstieg. Die Russen, die ihre Kriegsgefangenschaft überlebn, fanden zu Hause zunächst einmal für lange Zeit chtung, Ausgrenzung, ja, in vielen Fällen sogar eine ortsetzung von Lagerhaft in dem System des stalinistichen Gulag vor. Es dauerte bis zum 24. Januar 1995, bis räsident Jelzin ein Dekret zur Wiederherstellung der esetzmäßigen Rechte der russischen Kriegsgefangenen nterzeichnete, wodurch sie wenigstens den Status von riegsteilnehmern erhielten und ihre negative Sonder tellung in der Gesellschaft beendet wurde. Aber die ehemaligen Kriegsgefangenen erhielten weer Zugang zu den 1991 und 1993 eingerichteten Stifngen in Moskau, Kiew, Minsk und Warschau, in die eutschland 766 Millionen Euro zur Weitergabe an Opr des Nationalsozialismus einzahlte, noch zu der im ahr 2000 gegründeten Stiftung „Erinnerung, Verantworng und Zukunft“, die zwischen 2001 und 2007 Aus ahlungen in Höhe von 4,4 Milliarden Euro an 1,6 Milonen Opfer in 100 verschiedenen Ländern vornahm, auptsächlich an Menschen, die als Zwangsarbeiter für eutschland gelitten hatten, ausdrücklich aber nicht an ie Kriegsgefangenen, deren Leistungsberechtigung in 11 der Stiftungssatzung ausdrücklich ausgeschlossen urde. Immer wieder wird völkerrechtlich darauf verwiesen, ass Kriegsgefangene eben Opfer des sogenannten allgeeinen Kriegsschicksals seien und dass ihre Entschädi ung insofern Sache ihrer Herkunftsländer sei, die dafür ittel aus Reparationszahlungen nutzen müssten. Aber ifft diese Einordnung ins allgemeine Kriegsschicksal tsächlich auf die sowjetischen Kriegsgefangenen in eutscher Hand zu, auf Menschen, die in Güterund iehwaggons transportiert wurden, die häufig und auch u Winterzeiten im Freien untergebracht wurden und die den berüchtigten Mannschaftslagern, in den Stalags, on völlig unzureichender Ernährung, von Hunger, chwerster Zwangsarbeit sowie Krankheiten und Seuhen in so erschreckend großer Zahl dezimiert wurden? Längst ist erwiesen, dass sich die Unterscheidung von wangsarbeitern und KZ-Häftlingen auf der einen Seite nd Kriegsgefangenen auf der anderen Seite so nicht ufrechterhalten lässt. Das wird auch durch drei neuere usarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des eutschen Bundestages aus den Jahren 2010 und 2011 estätigt, die im Zusammenhang mit einer Petition in Sahen Entschädigung der Kriegsgefangenen erstellt woren sind. Diese Petition liegt dem Deutschen Bundestag eit September 2006, also seit jetzt annähernd fünf Jahren, or und wurde bis heute nicht abgeschlossen. Eingereicht at sie die Organisation KONTAKTE-KOHTAKTbl, die ich in bewunderungsund unterstützungswürdiger eise der noch lebenden ehemaligen Kriegsgefangenen nnimmt. Ich finde, das ist ein Grund, auch einmal von iesem Haus aus einen herzlichen Dank an diese engaierten Zeitgenossen zu sagen. Dr. h. c. Gernot Erler )


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )

Die Leute von KONTAKTE zahlen aus privaten Stif-
tungsgeldern Einmalsummen von 300 Euro an die Be-
troffenen aus und übersenden dieses Geld verbunden mit
einem persönlichen Anschreiben. Es ist berührend, wenn
man sieht, wie häufig auf diese eher symbolische Aner-
kennung des Leidens ausführliche Dankschreiben zu-
rückkommen.

Es ist wirklich Zeit, zu versuchen, hier zu einem ge-
meinsamen Ergebnis zu kommen. Wir können dieses
Thema nicht allein engagierten Privatpersonen überlas-
sen oder gar auf die bevorstehende biologische Erledi-
gung setzen. Wir sollten einen gemeinsamen Weg finden
und uns gerade durch den 70. Jahrestag des 22. Juni
1941 dazu mahnen lassen, zumindest einen Weg für eine
Geste des Bedauerns und der Anerkennung des Leids der
vergessenen Opfer des Vernichtungskrieges gegen die
Sowjetunion zu finden. Dass zu diesen die 14 Millionen
Zivilopfer, aber eben auch die über 3 Millionen umge-
kommenen Kriegsgefangenen gehören, daran hat uns ge-
rade wieder ein Appell von Aktion Sühnezeichen zusam-
men mit vier weiteren Organisationen eindringlich
gemahnt; das Memorandum trägt den Titel „Aus dem
Schatten der Erinnerung“.

Es wäre gut – damit möchte ich schließen –, wenn un-
sere heutige Debatte uns alle motivierte, es nicht weiter
zuzulassen, dass wir auch 70 Jahre nach dem 22. Juni
1941 noch von vergessenen Opfern in diesem Vernich-
tungskrieg gegen die Sowjetunion sprechen müssen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall im ganzen Hause)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711719500

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Michael

Glos das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Michael Glos (CSU):
Rede ID: ID1711719600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich habe sehr viele
Debatten in diesem Hohen Hause erlebt. Aber dies ist
eine der berührendsten Debatten, der ich jemals bei-
wohnte und in der ich das Wort ergreifen durfte. Es ist
vor allen Dingen spürbar, wie sich alle Seiten dieses
Hauses einig sind.

Wir gedenken heute des 22. Juni 1941. An jenem Tag
vor 70 Jahren überschritten die deutschen Truppen die
Grenze der damaligen Sowjetunion und lösten mit die-
sem Überfall eine beispiellose Serie von Gewalt aus, die
dann auch zu Gegengewalt führen musste. Kollege
Wolfgang Gerhardt hat die Vorgeschichte geschildert
und deutlich gemacht, dass wir an der Geisteshaltung
festhalten müssen, zu sagen, nie mehr dürften Krieg, Un-
recht, Faschismus usw. die Oberhand gewinnen. Es war
auch sehr berührend, was der Herr Kollege Erler an
Schrecken geschildert hat.

Ich zitiere Helmut Kohl, den Kanzler der deutschen
Einheit, der bereits 1995 in Moskau erklärt hat:

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(C (D Die historische Verantwortung bleibt: Das nationalsozialistische Regime in Deutschland hat den Zweiten Weltkrieg entfesselt. Es hat den Vernichtungsfeldzug … geplant und begangen. Der heutige Tag ist ein Tag der Erinnerung an Schreken, Leid und Vernichtung. Voller Schmerz und Trauer edenken wir all der Opfer dieses furchtbaren Krieges nd vor allen Dingen des Rassenwahns des Naziregimes. s ist dann aber auch ein Grund, da wir das alles nicht iedergutmachen können, nach vorne zu blicken. Vor dem Hintergrund menschenverachtender Ideoloien wurde dieser grausame Vernichtungskrieg ausgest, dessen Schrecken hier zu beschreiben mir nicht öglich ist. Herr Kollege Erler hat einen Versuch geacht. Aber ich glaube, die ganzen Schrecken und Lei en können wir, die Generation danach, uns nicht vortellen. Erfreulich ist, dass Russland und Deutschland, ber auch die Länder, die zur ehemaligen Sowjetunion ehört haben, zusammen einen langen Weg der Versöhung zurückgelegt haben. Im vergangenen Jahr feierten wir gemeinsam den 0. Jahrestag der Überwindung der deutschen Teilung, ie ebenfalls eine direkte Folge des schrecklichen Zwein Weltkriegs gewesen ist. Unsere russischen Freunde ich war letzte Woche in Moskau – sprechen vom Gro en Vaterländischen Krieg und sind stolz darauf, dass sie iesen Vaterländischen Krieg überstanden und gewonen haben. Auch unsere Bundeskanzlerin Angela erkel war schon bei Siegesparaden in Moskau. Das ist twas, was nicht vom ganzen deutschen Volk sofort vertanden worden ist. Ich halte diese Geste der Bundesanzlerin für sehr berechtigt. Trotz der schmerzhaften Erinnerungen an die Leiden er Kriegsjahre begegnen sich Russen und Deutsche inwischen – das haben, glaube ich, die allermeisten von ns schon gespürt – sehr offen und in aufrichtiger reundschaft und Zuneigung. Die wirtschaftlichen Beiehungen, die Verflechtungen wachsen stetig. Ich halte as für ungeheuer wichtig. Russland ist heute unser ichtigster Energielieferant, ich kann sagen: unser wichgster Energiepartner. Wir müssen alles dafür tun, dass nicht nur Russland nd Deutschland, sondern auch Russland und Europa och stärker als in der Vergangenheit zusammenwachen. Ich habe vor einer stärkeren Abhängigkeit von ussland – davor wird immer wieder gewarnt – überaupt keine Angst. Im Gegenteil: Ich möchte, dass die usammenarbeit in Zukunft noch stärker wird. Ich kann ir durchaus vorstellen, dass Russland eines Tages Mit lied der Europäischen Union wird. Ich glaube, das wäre um Vorteil beider Seiten. Wir müssen Schritt für Schritt n dieser Aufgabe arbeiten. Ziel unserer Politik muss auch sein, dass zwischen en Menschen, vor allen Dingen in Russland und in eutschland, dauerhaft Friede und Freundschaft gewährt ind. Und Freundschaft schafft Frieden. Nichtsdestotrotz t dieser Tag eine stete Mahnung. Der 70. Jahrestag des berfalls Hitlerdeutschlands gibt Anlass zu Trauer, Erinerung, aber auch zu hoffnungsvollen Ausblicken auf ie Zukunft. Michael Glos )





(A) )

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711719700

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Gehrcke für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711719800

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich bin froh darüber, dass es in diesem Hause mög-
lich geworden ist, dass sich alle Fraktionen auf diese De-
batte geeinigt haben. Ich finde, es ist ein hoffnungsvolles
Zeichen, dass man auch in diesen Fragen gemeinsam
nachdenkt, gemeinsame Verantwortung hat und gemein-
same Botschaften abgeben kann. Ich würde mich freuen,
wenn diese Botschaften auch in Russland – in Moskau,
in der Duma und bei den Menschen – aufgenommen
werden. Das ist der Gestus, mit dem wir hier diskutieren
und der uns über die Fraktionsgrenzen hinweg verbindet.

Die Dramatik dieses Verbrechens, dieses rassistischen
Vernichtungskrieges, der Vernichtung von Millionen
Menschen – Leid, Dreck, Elend, Blut, Not: all das ist von
Deutschland ausgegangen –, kann man sich heute nur mit
dem Versprechen in Erinnerung rufen: So etwas darf nie
wieder eintreten. Die Botschaft nach 1945 – auch aus
Deutschland, mit Blick auf Buchenwald und auf die be-
freiten Konzentrationslager – war: Nie wieder Faschis-
mus und nie wieder Krieg. Diese Botschaft verbindet, und
diese Botschaft gilt weiterhin. Ich glaube, sie muss von
uns immer wieder vorgetragen werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte ein paar Zeilen aus einem Gedicht von
Jewgenij Jewtuschenko, das ich mit einer großen inneren
Bewegung gelesen habe, zitieren – er hat es 1961, also
vor 50 Jahren, geschrieben; es behandelt die nächste
Etappe, die Etappe des Kalten Krieges; dieses Gedicht
hat folgende prägende Zeilen –:

Meinst du, die Russen wollen Krieg?

Dort, wo er liegt in seinem Grab,
den russischen Soldaten frag!
Sein Sohn dir drauf Antwort gibt:
Meinst du, die Russen woll’n … Krieg?

Ich glaube, dass sich viele diese Frage gestellt haben,
auch in unserem Lande. Diese Frage ist Gott sei Dank in
einer völligen Klarheit der Erkenntnisse beantwortet
worden: Weder die Russen wollen Krieg, noch die Deut-
schen wollen Krieg, noch Europa will Krieg. Krieg muss
aus der Geschichte der Völker verbannt werden.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich finde, dieses Gedicht ist gewaltig. Es bewegt mich
sehr.

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(C (D Ich möchte diesen Gedanken aufnehmen und fortfühn mit einer Überlegung zu dem, was für mich der ächste Einschnitt in der Geschichte der Republik West ewesen ist, ein sehr bedeutsamer Einschnitt: die ede, die der damalige Bundespräsident Richard von eizsäcker am 8. Mai 1985 in der Gedenkstunde des eutschen Bundestages gehalten hat. Das war ein großer inschnitt. Das war eine große Rede. Sie lässt sich in eiem Grundgedanken zusammenführen – ich zitiere von eizsäcker –: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. … Aber wir haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte zu erkennen, das den Keim der Hoffnung auf eine bessere Zukunft barg. Diese Rede von Weizsäckers – der 8. Mai als Tag der efreiung und nicht als Tag der Niederlage – hat in eutschland West, in Gesamtdeutschland eine Wende es Denkens eingeleitet. Es war eine sehr wichtige Rede, ine wichtige Feststellung, die quer durch alle Fraktioen getragen werden kann. Ich will Ihnen eine zweite Überlegung vortragen, und war aus einem Buch, das mich sehr bewegt. Es ist von rno Lustiger, einem jüdischen Überlebenden der KZ uschwitz und Buchenwald. Er hat ein bewegendes uch über die Verbrechen Stalins an den Jüdinnen und uden geschrieben. Er kommt darin zu dem Urteil: … ist es unerlässlich, der Millionen sowjetischer Soldaten zu gedenken, die im Kampf gegen Hitlerdeutschland gefallen sind oder in der Gefangenschaft ermordet wurden. Ohne ihr Opfer wäre die Welt verloren; sie haben uns vor der Herrschaft des mörderischen Nazismus gerettet. as schreibt Arno Lustiger in seinem Buch. Dieser Botschaft eines unmittelbar Betroffenen kann an sich als Parlament, als Deutscher Bundestag, nur nschließen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir haben uns zu bedanken. Wir haben das zu achten,
as hier passiert ist und was geleistet worden ist.

Ich möchte sehr gern, dass wir gemeinsam darüber
achdenken, wie man in Europa ein gesichertes System
es Friedens immer weiter ausbauen kann – das geht
icht ohne Russland – und wie wir in Europa bessere
ersönliche Beziehungen schaffen. Ich würde mir wün-
chen, dass wir die Frage der Visafreiheit gegenüber
ussland endlich klären, und zwar hier im Parlament ge-
einsam klären.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Wolfgang Gehrcke


(A) )


)(B)

Ich möchte mir wünschen, dass wir eine Art und Weise
der wirtschaftlichen Beziehungen und der sozialen Si-
cherheit entwickeln, bei der man bereit ist, voneinander
zu lernen. Ich möchte mir wünschen, dass Kultur, Kunst
und Literatur uns verbinden. Da können wir unendlich
viel lernen.

Wenn wir in diesem Sinne, bei allem Streit und allen
Widersprüchen hier im Parlament, wieder ein Stück weit
Gemeinsamkeiten finden, wäre ich dafür dankbar. Der
Kalte Krieg ist zu Ende, und wir müssen unseren Beitrag
dazu leisten, dass er endgültig überwunden wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711719900

Das Wort hat der Kollege Volker Beck für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711720000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin

froh, dass die Initiative unserer Fraktion für diese De-
batte zu einer so einmütigen Atmosphäre führt. Für uns
alle – das haben Sie richtig beschrieben, Herr Gehrcke –
ist im Rückblick der 8. Mai der Tag der Befreiung. Wir
verdanken das den Soldaten aus den Völkern der Sowjet-
union genauso wie unseren amerikanischen, britischen
und französischen Freunden, die uns befreit haben von
der Hitler-Diktatur, welche – das sollte man auch immer
dazusagen – das deutsche Volk zu verantworten hatte.
Die dafür Verantwortlichen waren keine Fremden, die zu
uns gekommen sind; sie kamen aus der Mitte des Volkes,
und sie hatten leider auch große Unterstützung in unse-
rem Volk.

Am 22. Juni 1941 begann mit dem Überfall auf die
Sowjetunion das schlimmste Kapitel in dem schreckli-
chen Kapitel des Zweiten Weltkrieges: ein Angriffs- und
Vernichtungskrieg, der nicht nur darauf abzielte, einen
Krieg zu gewinnen, Territorium zu gewinnen, sondern
auch darauf, die Menschen, die in diesem Land lebten,
zu vernichten, zu dezimieren, zu liquidieren. Das sieht
man ganz deutlich an den Worten, die Hitler schon im
Frühjahr 1941 sprach: „Die jüdisch-bolschewistische In-
telligenz als bisheriger Unterdrücker muss beseitigt wer-
den“.

Das sieht man auch, wenn man die Worte des Reichs-
landwirtschaftsministeriums zur Belagerung von Lenin-
grad liest, wo es darum ging, 5 Millionen Menschen aus-
zuhungern, damit die gewonnenen Lebensmittel dem
deutschen Volk zur Verfügung stehen sollten.

Es ging darum, die Völker der Sowjetunion – die Rus-
sen, die Ukrainer, die Weißrussen – zu vernichten. Wir
sollten uns an diesem Tag vor den Opfern verneigen und
vielleicht auch darüber nachdenken, ob wir den Opfern
nicht eine würdigere Form des Gedenkens an diesen Tag
und an diese schlimmen Verbrechen schuldig sind.

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(C (D In Berlin gibt es das Sowjetische Ehrenmal für die rieger, für die Befreier. Es gibt aber keinen Ort und uch keine feste Stunde für das Gedenken an alle sowjeschen Kriegsopfer. An einem solchen Tag sollte man über die offenen ragen des Gedenkens reden. Dazu gehört für mich ganz ntscheidend die Frage der überlebenden sowjetischen riegsgefangenen. Denn in der Tat – Herr Erler hat das öllig richtig beschrieben –: Sie fielen aus allen Rastern eraus. Nach ihrer Befreiung aus der Gefangenschaft urden sie in der Sowjetunion diskriminiert, als poten ielle Vaterlandsverräter verachtet und von den Entschäigungen ausgeschlossen. Von uns wurden sie nicht als wangsarbeiter – weil Soldaten – betrachtet. Sie wurden uch von den Entschädigungswerken, die wir nach 1990 it dem Zwei-plus-Vier-Vertrag und den entsprechen en Versöhnungsstiftungen – wie mit der Zwangsarbeirstiftung – ins Werk gesetzt haben, am Ende nicht becksichtigt. Es gibt noch 7 000 bis 8 000 Überlebende aus dieser ruppe. Manche von ihnen kamen in die Konzentraonslager. Andere kamen ins sogenannte Russenlager. ie Sterblichkeitsrate in beiden Lagern war die gleiche. eshalb sollten wir uns bei aller Einigkeit fragen – da preche ich Sie an, Herr Glos; denn Sie haben in der Deatte diese Einigkeit ja festgestellt –, ob wir nicht über ie Fraktionsund Parteigrenzen hinaus eine Geste ins erk setzen, um diesen Menschen zu helfen. Damit kön en wir zugleich deutlich machen, dass wir das Unrecht ls Unrecht der Deutschen sehen und uns dazu verpflicht fühlen, für diese Menschen etwas zu tun. Es geht icht darum, mit ihnen über Reparationsrecht und derleichen Fragen zu reden, sondern ihnen im Angesicht er Geschichte konkret zu helfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Meine Damen und Herren, Patrick Desbois hat in sei-
em Buch über den vergessenen Holocaust – die Ermor-
ung der ukrainischen Juden – gesagt: Ein Krieg ist erst
orbei, wenn die letzten Opfer beerdigt sind. – Ich bin
oh, dass die Bundesregierung eine Initiative von dem
ollegen Jerzy Montag und mir zur Unterstützung eines
edankens des American Jewish Committee aufgegrif-
n hat, wonach man damit beginnt, die Massengräber

er ermordeten Juden in der ehemaligen Sowjetunion
also in der Ukraine, in Russland und in Weißrussland –

ls würdige Gedächtnis- und Begräbnisstätten herzurich-
n.

Wenn die Täter – die Mitglieder des SD und der SS –,
ie die Morde begangen haben, im Krieg gefallen sind,
urden sie nach Deutschland zurückgebracht, bekamen
ort Ehrengräber oder sind auf den Soldatenfriedhöfen
eerdigt worden. Aber die Opfer der ersten Massener-
chießungen, die den Beginn der systematischen Ermor-
ung der Juden Europas bedeuten, sind oftmals an Orten
erscharrt worden, die man nicht als Begräbnisstätten er-
ennen kann und die der Vergessenheit anheimfallen.
h finde, wir sollten eine solche Initiative verstärken,

amit diese Taten nicht in Vergessenheit geraten. Das ist
nsere Aufgabe, die Aufgabe der Deutschen, und nicht





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

die Aufgabe der Völker, auf deren Territorium diese Ver-
brechen verübt wurden.

Das ist meines Erachtens eine weitere Konsequenz aus
dieser Gedenkdebatte. Ich wünsche mir, dass wir uns zum
75. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion in einem
angemesseneren, protokollarisch würdigeren Rahmen
daran erinnern. Ich glaube, das sind wir den Russen, den
Ukrainern und den Weißrussen sowie den Menschen aus
den zentralasiatischen Staaten, die an diesem Krieg eben-
falls als Soldaten beteiligt waren, einfach schuldig. Des-
halb sollten wir uns nach dieser Debatte interfraktionell
über dieses Thema noch weiter austauschen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711720100

Das Wort hat der Kollege Philipp Mißfelder für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1711720200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Meine Damen und Herren! Am 22. Juni
1941 eröffnete das Deutsche Reich auf breitester Front
zwischen der Ostsee und den Karpaten den Krieg gegen
eine offensichtlich überraschte Sowjetunion. Damals zog
Hitler in seiner Wehrmacht eine unvorstellbar große Mi-
litärmacht für den sogenannten Kreuzzug Europas gegen
den Bolschewismus zusammen: 153 Divisionen mit
knapp über 3 Millionen Soldaten, 3 600 Panzern und
600 000 Motorradfahrzeugen standen zur Verfügung.
Hinzu kamen weitere 600 000 Mann aus damals verbün-
deten Staaten. Es war ein von langer Hand geplanter
Überfall auf die Sowjetunion mit dem Hintergedanken,
einen ideologischen Weltanschauungskrieg und rassen-
biologischen Vernichtungskrieg zu führen.

Im Vordergrund standen die Eroberung von Lebens-
raum im Osten sowie – es wurde eben schon gesagt – die
Vernichtung der Sowjetunion. Es ist unbestritten – da ist
die Geschichtsschreibung heute Gott sei Dank eindeutig –,
dass mit dem Kommissarbefehl vom 6. Juni 1941 die so-
fortige Liquidierung von gefangenen kommunistischen
Kommissaren der Roten Armee angeordnet worden ist.
Damit ist klar, dass dies keine normale militärische
Auseinandersetzung war, sondern damit weitere Ziele
Hitlers von Anfang an verbunden waren.

Kein Land in Europa hat im Zweiten Weltkrieg einen
so hohen Preis gezahlt: Offizielle russische Angaben ge-
hen von 27 Millionen Opfern aus. Die Gegenreaktion,
die schrecklichen Verbrechen der Roten Armee an Deut-
schen, sind nicht mit der Ursache zu verwechseln, näm-
lich mit dem Vernichtungszug der Wehrmacht, der von
Anfang an zu erheblichen Opfern in der russischen Zivil-
bevölkerung geführt hat.

Der 22. Juni 1941 markiert den Tiefpunkt der fast tau-
sendjährigen gemeinsamen Geschichte beider Völker.

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(C (D h bin froh, dass in der heutigen Debatte in jeder Rede uch die positiven Seiten zum Ausdruck gekommen ind. Wir haben eine positive Grundstimmung gegenber Russland. Die gemeinsame Geschichte umfasst ein großartiges undament der Kultur; hier haben wir viele Dinge geeinsam erreicht. Beispielsweise wurde die Wolgateppe schon früh von schwäbischen und pfälzischen auern beackert. Deutsche Handwerker, Hoflieferanten, aufleute zogen nach Russland. Zwischen 1692 und 695 waren es sogar deutsche Diplomaten, die Russland uf einer wichtigen und erstmaligen Mission in China ertraten – der Reisebericht ist sehr empfehlenswert – nd damit diese neue Welt erschlossen haben. Wenn man sich die gemeinsame Geschichte anschaut angefangen bei von Clausewitz, der gemeinsam mit ussen gekämpft hat, bis zu Katharina der Großen –, ann ist dieser Zivilisationsbruch im Zweiten Weltkrieg, er sich insbesondere gegen Russland gerichtet hat, mso unverständlicher; er stellt einen Bruch in der lanen gemeinsamen Geschichte dar. Heute blicken wir auf eine Zeit zurück, die von Frieen und gemeinsamen Anstrengungen, um diesen Frieen zu erhalten und die Partnerschaft und Freundschaft u stärken, geprägt ist. In einem Jubiläumsmarathon im ergangenen Jahr – 65 Jahre Kriegsende, 40 Jahre Osterträge, 35 Jahre OSZE-Akte, 25 Jahre Perestroika und 0 Jahre deutsche Wiedervereinigung – richtet sich der lick weniger in die Vergangenheit, selbst wenn die heuge Debatte auch genutzt worden ist, um noch offene ragen anzusprechen, deren Klärung wir uns annehmen ollen; ich stimme zu, dass wir die Klärung der Fragen emeinsam angehen sollten. Der Blick richtet sich vielehr auch in die Zukunft. Herr Gehrcke, Sie haben ge agt, wir müssten versuchen, den Kalten Krieg endgültig u überwinden. Gerade was viele Vorurteile gegenüber ussland angeht, haben wir tatsächlich noch einige Areit vor uns. Wir sollten mit dieser Debatte beginnen, iese Arbeit anzugehen. Dafür sollten wir alles tun. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unsere politischen Initiativen mit Russland sind fort-
uführen. Sie sind nicht auf den wirtschaftlichen Bereich
u begrenzen. Michael Glos hat die Energiepartnerschaft
ngesprochen; das ist ein weites Feld. Wir sollten versu-
hen, aus den wirtschaftlichen Initiativen – ich denke
eispielsweise daran, dass Ministerpräsident Putin im
ergangenen November in Deutschland die Einrichtung
iner Freihandelszone von Lissanon bis Wladiwostok
ngesprochen hat – auch in politischer Hinsicht etwas zu
achen. Wir sollten es nicht bei der wirtschaftlichen Ko-

peration belassen, sondern versuchen, auf Basis unserer
emeinsamen kulturellen und politischen Geschichte
ehr zu erreichen. Auf Basis der wirtschaftspolitischen
usammenarbeit können wir jedoch gemeinsam auch
ußenpolitisch viel schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU)






Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

Russland ist heute einer unserer wichtigsten Partner.
Viele Konflikte, die zum außenpolitischen Alltag gehö-
ren – ich denke an den Iran-Konflikt, an den Konflikt im
Nahen Osten, an Konflikte in Zentralasien oder an Fro-
zen Conflicts –, sind nur zu lösen, wenn wir gemeinsam
mit Russland aktiv sind und eine gemeinsame außenpoli-
tische Konzeption erarbeiten.

Deshalb richte ich den Blick auch heute optimistisch
in die Zukunft. Trotz der schrecklichen Verbrechen, die
im deutschen Namen von Deutschen am russischen Volk
begangen wurden, treffen wir auf eine junge Generation
in Russland, die uns vorurteilsfrei als privilegierten Part-
ner ansieht und über die wirtschaftliche Kooperation mit
uns gemeinsam viel erreichen will. Darum werbe ich
auch im Namen meiner Generation dafür, dass wir diese
Chance nutzen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711720300

Der Kollege Peter Beyer hat nun für die Unionsfrak-

tion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Peter Beyer (CDU):
Rede ID: ID1711720400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wer Wind
sät, wird Sturm ernten“. – Jeden Tag laufen wir Parla-
mentarier an dieser mahnenden Inschrift in der Wandel-
halle des Reichstagsgebäudes vorbei. Das kyrillische
Graffiti gehörte zu den Kraftausdrücken der sowjeti-
schen Besatzer, die 1945 ihr rotes Siegesbanner auf die-
sem Gebäude hissten. Zorn und Hass sind es, die uns aus
den wenigen noch verbliebenen Lebenszeichen an den
Wänden entgegenschlagen.

Man entschied sich bei den Renovierungsarbeiten
nach Rücksprache mit dem damaligen russischen Bot-
schafter, eine Vielzahl der Inschriften und Lebenszei-
chen der Besatzer zu entfernen. Die Argumentation lau-
tete damals: Die Sprüche könnten die deutsch-russische
Freundschaft stören. Mit dem Wissen um das Leid, das
Nazideutschland säte, sind diese Graffiti nur zu ver-
ständlich. „Aus dem Kessel bis nach Berlin“, steht an
einer Stelle im Umgang des Plenarbereichs. Generalfeld-
marschall von Reichenau befahl 1941 die totale Vernich-
tung des Sowjetstaates. Das war die Losung des „Unter-
nehmens Barbarossa“.

Am 22. Juni 2011 jährte sich zum 70. Mal der Über-
fall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion – der
Anlass für unsere heutige Debatte. Zwar hatte Hitler-
Deutschland die Apokalypse des Zweiten Weltkrieges
längst begonnen, dennoch markiert der 22. Juni 1941
eine neuerliche Zäsur mit dem Beginn unvorstellbaren
Leids. Das Unheil, die Verbrechen und die Opferzahlen
sind auch heute nur schwer zu begreifen. An diesem Tag
wurden Grenzen überschritten – in jeder Hinsicht. Es

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(C (D lgte ein rassenideologischer Vernichtungs-, Versklaungsund Eroberungskrieg mit Massenerschießungen, eportationen und Hungerpolitik – eine Volkskatastrohe. Hitler säte Leid und Qualen. Seine Ernte: verrannte Erde, Hunger und Tod, kurzum: ein Weltbrand. Über die Bedeutung und Einordung des 8. Mai 1945, es Kriegsendes, ist viel gesagt und geschrieben worden. em totalen Krieg folgte die totale Niederlage, und daach erst, wie es Richard von Weizsäcker 1985 kritiierte, die Einordnung der Niederlage als Bedingung für efreiung und Freiheit. Es bleibt mithin unsere Aufgabe, für uns und künftige enerationen das Gedenken an dieses Datum wachzualten und die Lehren aus diesem dunklen Kapitel zu iehen, wohl wissend, dass das Leid selbst mit dem riegsende 1945 nicht aufhörte, weder für die Balten, r die Menschen in weiten Teilen Osteuropas, für die us ihrer Heimat Vertriebenen noch für die Russen elbst, die unter den Verbrechen Stalins, den Gulags, ahrscheinlich am meisten gelitten haben. Die Kriegserinnerungen verbinden Deutschland und ussland bis zum heutigen Tag. „Wer Erinnerung sät, wird Zukunft ernten.“ Ein Zeugnis des Gedenkens sind die zahllosen riegsgräber. Die Pflege der Kriegsgräber ist eine wichge Aufgabe. Sie halten die Mahnung des 22. Juni 1941 benso lebendig wie zum Beispiel Ausstellungen über ie Schicksale der Zwangsarbeiter, die es heute in eutschland und Russland in Gedenkstätten sowie Mu een gibt. Vor eineinhalb Jahren rief eine internationale Initiave, die übrigens auch vonseiten der Union tatkräftig nterstützt wurde, dazu auf, Tausende vergessene Holoaust-Massengräber in Osteuropa als würdige Gedenktätten zu schützen. Dieser Aufruf, der mehr als ,5 Millionen osteuropäischen Juden, die zwischen 1941 nd 1943 von NS-Einsatztruppen, Wehrmachtsund olizeieinheiten erschossen und in Gruben verscharrt urden, zu gedenken und ihnen ihre Würde zurückzugeen, zeigt Wirkung. Die Initiative wird federführend om Berliner Büro des American Jewish Committee kordiniert und auch von der Bundesregierung unterstützt. Heute muss es uns besonders um die weitere Fördeng und Intensivierung des zivilgesellschaftlichen Diags gehen. Erst kürzlich hatte ich die Gelegenheit, an er XI. Deutsch-Russischen Städtepartnerkonferenz teilunehmen. Bundespräsident Christian Wulff würdigte ie Kooperationen zwischen deutschen und russischen ommunen ausdrücklich, als er die Repräsentanten aus nd 70 deutschen und 50 russischen Städten im Schloss ellevue begrüßte. „Ernten, was man sät.“ 70 Jahre nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetnion sprechen beide Seiten von einer verlässlichen artnerschaft mit dichten wirtschaftlichen Verflechtunen, Investitionen und bilateralem Handel. Die Erinneng an das Bild einer umfassenden Katastrophe, wie es undespräsident Roman Herzog zeichnete, lässt den Peter Beyer )





(A) )

noch keinen Zweifel an der Verantwortung der Deut-
schen für begangenes Unrecht, aber ebenso wenig an ih-
rer festen Entschlossenheit, als wichtigste Lehre aus der
Geschichte eine neue politische Kultur des Zusammenle-
bens in Europa zu fördern.

Es gibt in den bilateralen Beziehungen zwischen
Deutschland und Russland keine erkennbaren großen
Konflikte. Dennoch muss es uns stets Pflicht und Anlie-
gen zugleich sein, die Bemühungen der russischen Part-
ner hinsichtlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
Menschenrechten unterstützend zu begleiten. Die Quali-
tät der künftigen deutsch-russischen Beziehungen wird
ganz entscheidend davon abhängen, ob Deutschland und
Russland verantwortungsvoll miteinander umgehen und
ob in Russland künftig diejenigen Kräfte tonangebend
sein werden, die einen besonderen russischen Weg be-
fürworten, oder diejenigen, die für eine weitere Annähe-
rung an Europa eintreten.

Beide Staaten befinden sich in einem als evolutionär
zu bezeichnenden Prozess der Annäherung. Es ist eine
Beziehung, die reift, die wächst, die erwachsen wird, die
sich weiter normalisiert.

Die Inschriften der russischen Besatzer sind nicht al-
lein Bestandteil dieses Baudenkmals, des Reichstagsge-
bäudes. Sie stehen symbolisch für die Mahnung auch an
uns als politisch verantwortlich Handelnde, die Existenz
der Völker in Europa und in der Welt niemals mehr zu
gefährden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711720500

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Schluss

dieser vereinbarten Debatte. Ich gestehe, es fällt mir
schwer, diese Debatte mit der üblichen Formel zu been-
den. Deshalb möchte ich den Wunsch, den alle Redner
hier vorgetragen haben, noch einmal verstärken, dass die
Botschaft dieser Debatte tatsächlich nach draußen dringt
und wir gemeinsam an der Umsetzung der Dinge arbei-
ten, die heute hier von allen in den Mittelpunkt gestellt
wurden.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion
der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Artikel-115-Gesetzes

– Drucksache 17/4666 (neu)

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-
ausschusses (8. Ausschuss)


– Drucksache 17/6241 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke

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(C (D Dr. Gesine Lötzsch Sven-Christian Kindler Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre dazu keien Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege orbert Barthle für die Unionsfraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten amen und Herren! Die Einführung einer strikten Berenzung der Neuverschuldung im Grundgesetz der undesrepublik Deutschland ist eine historisch-politi che Leistung der Großen Koalition während der letzten egislaturperiode. Sie bedeutet nicht mehr und nicht weiger als das unwiderrufliche Bekenntnis zu dauerhaft oliden und tragfähigen öffentlichen Finanzen in eutschland. Darin, lieber Kollege Carsten Schneider, aren und, denke ich, sind wir uns einig: Es muss endch Schluss sein in Deutschland mit der Finanzierung er Wünsche von heute zulasten der Generationen von orgen. h erinnere mich allerdings auch, dass die Gewerkchaften bei der Einführung der Schuldenbremse im rundgesetz öffentlich dagegen eingetreten sind. Auch Teilen der SPD-Fraktion gab es da nur gebremste Be eisterung. Die glaubwürdige Umsetzung der Vorgaben der chuldenbremse ist daher eines der zentralen finanzpolischen Ziele der Koalition. Die aktuelle Haushaltsenticklung des Bundes zeigt, dass wir auf dem richtigen eg sind. Wir werden im laufenden und in den komenden Jahren deutlich unter der im Rahmen der Schul enbremse maximal erlaubten Nettokreditaufnahme lieen. Das ist solide Finanzpolitik und zeigt, dass der PD-Entwurf politisch eigentlich ins Leere läuft. enn der Haushalt 2011 ist der erste, der im Rahmen der euen Schuldenbremse aufgestellt wurde. Gerade in den rsten Jahren ihrer Anwendung ist deren Einhaltung für ie Glaubwürdigkeit der Schuldenbremse von besonder Bedeutung. Lassen Sie mich daher noch einmal auf den Punkt ringen, warum wir den SPD-Gesetzentwurf gerade uch vor diesem Hintergrund entschieden ablehnen. Ziel er Regelungen zum Abbaupfad ist es, für die Jahre 011 bis 2015 einen geordneten, unumkehrbaren Weg in zu der ab 2016 regulär geltenden Schuldenregel des rt. 115 Grundgesetz festzulegen. Die jährlichen Hausalte sind dann mit der Maßgabe aufzustellen, dass die innahmen aus Krediten 0,35 Prozent des Bruttoinlandsroduktes nicht überschreiten. Diesem Ziel müssen die aushaltsaufstellung und die mittelfristige Finanzplaung entsprechen. Der Bund erfüllt diese Forderung ollständig. Es gilt, bis dahin den Übergangspfad versslich und verbindlich auszugestalten. Norbert Barthle )

Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1711720600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Klar ist: Nicht jede neue Erkenntnis, nicht jede neue
Entwicklung kann zu einer nachträglichen Anpassung
vorgegebener Obergrenzen führen, zumal diese bereits
einmal verbindlich festgelegt und auch öffentlich klar
kommuniziert worden sind. Ein mehr oder weniger lau-
fendes Nachjustieren des Abbaupfades würde zu einem
hektischen Anpassungsmarathon führen, der am Ende
niemandem hilft. Die Bevölkerung verlöre jeglichen Be-
zugspunkt und jegliche Kontrollmöglichkeit, um zu be-
urteilen, ob das, was wir Haushaltspolitiker machen,
auch entsprechend der Schuldenregel geschieht.

Im Ergebnis würde damit die Glaubwürdigkeit der
Schuldenbremse in den ersten Jahren nicht gestärkt, son-
dern erheblich geschwächt. Wir wollen aber einen fes-
ten, sozusagen in Stein gemeißelten Abbaupfad und
keine Gummirutsche. Darum geht es letztendlich.

Daher ist unser Weg ein anderer. Die Berücksichti-
gung veränderter Umstände geschieht immer ganz kon-
kret im Rahmen des jeweiligen Haushaltsaufstellungs-
verfahrens. Die Erfahrung zeigt: Der Umgang mit
entsprechenden Ermessensspielräumen muss auch prak-
tisch umsetzbar sein.

Die SPD – das erschließt sich aus ihrem Gesetzent-
wurf – denkt etwas anders. Ihr Ziel scheint es zu sein,
sich dem, wie Sie es nennen, „Geist der Schulden-
bremse“ durch abstrakt-technokratische Vorgaben anzu-
nähern. Ich will es einfach einmal auf den Punkt bringen
und dabei ein Bild benutzen: Man hat den Eindruck, Sie
beschwören einen Flaschengeist. Denn mit dem Aufbau-
schen theoretischer Möglichkeiten gehen Sie eigentlich
an der Wirklichkeit vorbei. Sie arbeiten sich an Neben-
kriegsschauplätzen ab. Diese Nebenkriegsschauplätze
erinnern an Sandkastenspiele. Das geht komplett an den
wirklich wahren und großen Herausforderungen unseres
Landes vorbei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Einen Vorwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen von
den Sozialdemokraten, kann ich Ihnen nicht ersparen.
Sie reden auch in Ihrem Gesetzentwurf von Konsolidie-
rung und vom „Geist der Schuldenbremse“; aber dort,
wo die SPD regiert, zum Beispiel in NRW, geschieht ge-
nau das Gegenteil. Dort werden zunächst einmal die
Schulden erhöht, und zwar exorbitant und sogar verfas-
sungswidrig.

Dort, wo Grün-Rot regiert, in Baden-Württemberg,
könnte man, wenn man wollte, schon im kommenden
Jahr wieder bei einer Nettokreditaufnahme von null sein,
was die Vorgängerregierung bereits erreicht hat.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Na ja! Guckt einfach mal genauer hin!)


Aber was sagt die dortige grün-rote Regierung? Sie sagt:
Wir wollen die Nullverschuldung erst im Jahre 2020 er-
reichen. – Das ist der letztmögliche Zeitpunkt.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Ja! Das war in Thüringen genauso!)


Bis dahin will man Schulden machen. Nichts anderes ge-
schieht in Baden-Württemberg.

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(C (D (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie haben für EnBW Schulden aufgenommen! – Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Das ist aber wenig nachhaltig!)


Mir sei eine weitere Anmerkung erlaubt. Wenn die
PD jetzt vehement für eine Nachjustierung eintritt, so
age ich mich, ob sie dies auch in der umgekehrten Si-
ation getan hätte. Wären Sie auch für eine Anpassung

es Abbaupfades eingetreten, wenn sich daraus ein grö-
erer Verschuldungsspielraum ergeben hätte? Das wäre

Sinne Ihres Gesetzentwurfes zumindest konsequent.
ber das hätten Sie, so vermute ich, natürlich nicht ge-
ollt. Auch dieses Gedankenkonstrukt entlarvt Ihre
illkür bei der Handhabung Ihrer Form der Schulden-

remse. Das – ich wiederhole es – ist der Grund, wes-
alb wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

Ich möchte betonen: Die Menschen in Baden-
ürttemberg und in ganz Deutschland erwarten von uns

ine solide, verlässliche Finanzpolitik im Geist der
chuldenbremse. Das ist genau das, was wir machen.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Wenig glaubwürdig! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Meinen Sie damit Ihre Steuersenkungen für Reiche?)


ir haben im Rahmen unseres Zukunftspaketes eine
anze Reihe konkreter Sparmaßnahmen beschlossen und
uf den Weg gebracht; weitere setzen wir um.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Da bin ich gespannt!)


nser Konzept fußt auf der Idee wachstumsorientierter
onsolidierung.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Die Hälfte ist doch schon Makulatur!)


Die Entwicklung, die wir bisher zu gewärtigen haben,
ibt uns in dieser Beziehung vollkommen recht. Erst vor
enigen Tagen hat das Ifo-Institut die Wachstumspro-
nose für dieses Jahr erneut angehoben, auf 3,3 Prozent
von solchen Wachstumszahlen haben wir in früheren
eiten nur geträumt –,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


nd das nach einem Jahr, das sogar noch höhere Wachs-
msraten aufwies.

Wir befinden uns in einer ausgesprochen positiven
ntwicklung. Das macht sich auch an der Situation der
ffentlichen Haushalte bemerkbar. Die Steuereinnahmen
ntwickeln sich konjunkturbedingt sehr positiv. Die
usgaben in den sozialen Sicherungssystemen gehen

ufgrund der historisch niedrigen Arbeitslosenquote zu-
ck. Die Zahl der Arbeitslosen liegt bei unter
Millionen. Demnächst sind vielleicht, um es salopp

uszudrücken, die Mitarbeiter der Jobcenter arbeitslos.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Gerade in dieser Situation, in der konjunkturell be-
ingte Mehreinnahmen zu gewärtigen sind, muss man

mer wieder darauf hinweisen, dass sich strukturelle,





Norbert Barthle


(A) )


)(B)

dauerhafte Verbesserungen des Haushalts am strukturel-
len Defizit orientieren. Auf das strukturelle Defizit hebt
die Schuldenbremse ab. Das ist uns in diesem Hause zu
jeder Stunde bewusst.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Weiß das auch der Wirtschaftsminister?)


Uns geht es darum, das strukturelle Defizit im Sinne der
Schuldenregel abzubauen.

Selbstverständlich wollen wir die Bürgerinnen und
Bürger an den Früchten der positiven Wirtschaftsent-
wicklung teilhaben lassen – das ist unser Ziel –,


(Bettina Hagedorn [SPD]: Auf Pump! – Klaus Brandner [SPD]: Ja! Durch mehr Schulden!)


aber immer unter der Prämisse, dass die Schuldenregel
eingehalten wird. Noch haben wir eine riesige Schulden-
last zu tragen. Der Weg hin zu dem von der Schuldenre-
gel vorgegebenen ausgeglichenen Haushalt des
Jahres 2016 hat gerade erst begonnen. Diesen Weg müs-
sen wir konsequent weitergehen, auch wenn er anstren-
gend ist.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagt das mal der FDP!)


Die christlich-liberale Koalition traut sich zu, dieses Ziel
zu erreichen. Auch die Menschen trauen es uns zu.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh ja! Das zeigen ja die Umfragen!)


Deshalb machen wir das.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Jetzt macht erst mal eure Steuersenkungen! Dann wird sich auch der konjunkturelle Vorteil ganz schnell wieder verflüchtigen!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711720700

Der Kollege Carsten Schneider hat für die SPD-Frak-

tion das Wort.


(Beifall bei der SPD – Klaus Brandner [SPD]: Jetzt kommt etwas Verbindliches!)



Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1711720800

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Zu-

nächst einmal etwas Verbindendes. Herr Kollege
Barthle, es ist richtig: Wir haben im Bundestag im
Jahr 2009 unter Federführung eines SPD-Finanzminis-
ters gemeinsam die Schuldenbremse im Grundgesetz
verankert. Der Hintergrund war, dass es uns seit 1969
unter verschiedenen Koalitionen nicht mehr gelungen
ist, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Deswe-
gen kam es zu der Übereinkunft – sie ist vor dem Hinter-
grund der Staatsschuldenkrise, die Europa seitdem er-
reicht hat, wie ich glaube, noch verbindlicher –, uns
konstitutionell, also in der Verfassung, einen engeren
Rahmen zu setzen. Dieser Beschluss gilt.

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(C (D Nun befinden wir uns in der ersten Phase der Anwenung der Schuldenbremse. Es ist teilweise kompliziert, ie zu verstehen; denn sie hat sehr viel mit makroökonoischen Daten, die der Bevölkerung und manchmal uch dem Kollegenkreis nur schwer zu erklären sind, zu n. In der Analyse des ersten Jahres kommen wir als PD-Fraktion in Anbetracht dessen, was Sie und Ihr undesfinanzminister vorgelegt haben, zu dem Ergebis, dass die jetzige Regelung Lücken aufweist. Die Lüken bestehen insbesondere darin, dass man den Abbaufad von seinem Startpunkt bis zu seinem Endpunkt anipulativ handhaben kann. Ich mache diesen Vorwurf ngern, aber genau das tun Sie. Entgegen dem gesamten finanzwissenschaftlichen achverstand vom Bundesrechnungshof, von der Bunesbank und dem Sachverständigenrat halten Sie an verlteten Zahlen fest. Diese veralteten Zahlen vom Juni 010 führen dazu, dass Sie im Rahmen der Anwendung er Schuldenbremse, so wie Sie sie planen, zusätzliche redite in Höhe von 50 Milliarden Euro aufnehmen önnen. Können. (Otto Fricke [FDP]: Nein! Könnten! Das kleine T und seine großen Folgen!)


(Otto Fricke [FDP]: Könnten!)


Wir als SPD-Fraktion sind folgender Auffassung: Der
eist der Schuldenbremse sieht vor, dass man sich die
erzeitige Situation ansieht. Das heißt, dass man die
ahlen vom Ende des Jahres 2010 heranziehen muss. Da
ar das Defizit viel geringer, weil wir eine exzellente
irtschaftliche Lage hatten. Von da an muss man den
fad nach unten gehen. Dies tun Sie aber nicht. Sie hät-
n heute die Gelegenheit, das, was Sie eben hier be-
auptet haben, umzusetzen und gesetzlich bzw. rechtlich
erbindlich zu machen.

Bei uns besteht Argwohn darüber, dass Sie diese zu-
ätzlichen Kreditermächtigungen von 50 Milliarden
uro – das sind Zahlen der Deutschen Bundesbank,
icht der SPD-Fraktion – nutzen werden und wollen.


(Otto Fricke [FDP]: Aha! Jetzt doch!)


Lieber Kollege Fricke, ich habe den Bundeswirt-
chaftsminister so vernommen. Ich werde ihn gleich
och zitieren. – Sie wollen diese 50 Milliarden Euro nut-
en, um der FDP und der Koalition wahrscheinlich im
ahr 2013 – das ist naheliegend; das ist ein Wahljahr –
it zusätzlichen Steuersenkungen zu helfen. Dem Land
erden sie aber zusätzliche Schulden hinterlassen.

Deswegen sage ich Ihnen ganz klar: Jede Steuersen-
ung auf Pump – wir werden 2013 ohnehin neue Kredite
ufnehmen müssen – ist eine Steuerentlastung, die wie-
er zurückkommen wird; denn Sie werden noch mehr
insen zahlen und die Steuern letztendlich erhöhen müs-
en. Das wollen wir nicht mitmachen.

Wir als SPD-Fraktion stehen für eine klare, transpa-
nte und solide Finanzpolitik. Aus diesem Grund wol-
n wir dem Entscheidungsspielraum, den sich der Bun-





Carsten Schneider (Erfurt)



(A) )


)(B)

desfinanzminister gesichert hat – denn er kennt seine
Koalition und seine Kombattanten –, um 2013 – das ist
meine Vermutung – Steuersenkungen auf Pump zu fi-
nanzieren, einen Riegel vorschieben. Wenn Sie Ihre
Sonntagsreden tatsächlich ernst meinen, dann könnten
Sie heute unserem Vorschlag zustimmen. Das wäre ganz
einfach.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das tun Sie aber nicht, weil Sie diesen Spielraum be-
wusst bestehen lassen wollen, obwohl eine breite Mehr-
heit im Bundestag die Schuldenbremse, die eine Neuord-
nung der finanzpolitischen Situation und Einlassungen
mit sich bringen sollte, beschlossen hat. Sie verspielen
auf diese Weise Glaubwürdigkeit und politische Unter-
stützung; dies werfe ich Ihnen vor. Sie verspielen sie
langfristig, nicht nur in der Bevölkerung, sondern wahr-
scheinlich auch im Parlament. Denn wenn man schon
bei der ersten Anwendung des Ernstfalls schummelt,
wenn man Spielräume nutzt, die einem durch eine gute
Konjunktur in den Schoß fallen, und wenn man die Neu-
verschuldung nicht konsequent abbaut, damit wir aus der
Abhängigkeit von den Finanzmärkten herauskommen
und das Primat der Politik endlich wieder etwas gilt,
dann ist das ein Armutszeugnis für diese Regierung und
letztendlich – das mache ich Ihnen zum Vorwurf – für
das Parlament. Denn das Budgetrecht des Parlaments ist
unser Kernrecht. Es ist in vielen Fragen über den euro-
päischen Bereich bereits ausgehöhlt. Sie aber billigen
dem Bundesfinanzminister einen Spielraum zu und neh-
men ihn sich selbst. Es ist schon atemberaubend, wie
schnell Sie sich von finanzpolitischer Solidität verab-
schiedet haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Um das zu unterstreichen, habe ich hier ein Zitat von
Herrn Vizekanzler Rösler aus der Welt vom 24. Juni
2011. Er sagt:

Eine konkrete Steuersenkungsperspektive ist ein
wichtiges Mittel, um weitere Ausgabenwünsche ab-
zuwehren, und kann so helfen, den Haushalt tat-
sächlich nachhaltig zu konsolidieren.

Das ist schon Dialektik. Man will die Steuern senken,
also die Einnahmen reduzieren, um den Haushalt zu
konsolidieren. Das verstehe ich nicht ganz; das muss ich
aber auch nicht.

Ich will nur sagen: Wenn ich mir Ihre mittelfristige
Finanzplanung, Stand 2010, und die Eckpunkte für 2012
anschaue – nächste Woche wird ja im Kabinett der Be-
schluss gefasst –, dann muss ich feststellen: Sie haben
allein auf der Ausgabenseite 18 Milliarden Euro Mehr-
ausgaben, weil Ihr Sparpaket, das Herr Kollege Barthle
hier gerade so schön dargestellt hat, nur in einem Punkt
gegriffen hat, nämlich da, wo es die sozial Schwächsten
trifft.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Genau!)


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(C (D as haben Sie konsequent umgesetzt. Der Rest sind uftbuchungen. Die Finanztransaktionsteuer kommt icht vor; sie ist mittlerweile herausgebucht. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Luftverkehrsabgabe!)


as Gleiche gilt für die Brennelementesteuer etc. All
ies kommt nicht.

Ich will jetzt nicht auf die Bundeswehrreform einge-
en, Herr Kollege Barthle. Ich schätze ja Herrn de
aizière sehr. Aber das Stückwerk, das er von Herrn zu
uttenberg übergeben bekommen hat, führt dazu, dass
on den Einsparungen in Höhe von 8 Milliarden Euro
Milliarden nicht verwirklicht werden können, was sich
tzt hier niederschlägt.

Dass die FDP darüber sauer ist, kann ich verstehen;
enn ihre Entlastungsperspektive ist dadurch vollkom-
en weg. Dass jetzt aber Geschäfte zulasten des Staates

emacht werden – der eine bekommt mehr Geld zum
usgeben, der andere bekommt es im Wege von Steuer-

enkungen –, wodurch im Endeffekt die Schulden stei-
en und die Kredite in einer historischen Situation, in
er wir Wachstum haben, das wir hoffentlich behalten
erden – ich bin allerdings sehr skeptisch, ob sich das
ngfristig in Deutschland halten wird –, nicht abgebaut
erden, zeigt, dass Sie an dieser Stelle versagen. Es
äre Ihre verdammte Pflicht, die exzellenten Zahlen zu
utzen, um das Defizit deutlich weiter herunterzufahren.

Sie hätten heute hier die Chance, Glaubwürdigkeit,
uch im Hinblick auf den Kabinettsbeschluss in der
ächsten Woche, zu zeigen und als Parlament der Regie-
ng etwas Maßgebliches mit auf den Weg zu geben. Ich

ann Sie dazu nur auffordern. Im Interesse der Unabhän-
igkeit der Bundesrepublik in der Finanzierung und zur
ermeidung der Abhängigkeit von Investoren, davon, ob
ie uns Geld geben oder nicht, wäre das notwendig.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711720900

Das Wort hat der Kollege Otto Fricke für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1711721000

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

gen! Der Konjunktiv ist wohl Ihr liebster Freund, Herr
ollege Schneider: „Ich habe die Vermutung,“ „ich
enke“, „ich glaube“, „Sie haben den Plan“, „Sie werden
as tun“. Es ist nicht nur so, dass der Konjunktiv Ihr
reund ist, sondern Sie können sogar in die Zukunft se-
en. Das ist, finde ich, für einen Politiker in der Opposi-
on toll, und das ist auch in Ordnung.

Beim Haushalt – das ist vielleicht wichtig für die Zu-
örer – geht es am Ende doch nur um eines: um Zahlen,
m Fakten, um das, was passiert. Um das für die Zuhörer
u verdeutlichen, die nicht ständig mit dem Haushalt zu





Otto Fricke


(A) )


)(B)

tun haben und meinen, der Haushalt sei wie in der
Schule Mathematik, etwas, was man nicht gerne mag,
will ich einfach einmal erklären, worum es geht.

Die Politik hat immer Schulden gemacht. Da ist – ich
glaube, Kollege Schneider, da sind wir uns einig – keine
Partei in der Vergangenheit ohne Fehler gewesen. Man
hat – sogar in vordemokratischen Zeiten – immer wieder
versucht, das irgendwie zu vermeiden. Es ist fast nie ge-
lungen. Warum? Weil es immer einfacher ist, sich zu
verschulden, als zu erklären, warum etwas nicht geht,
warum man für etwas kein Geld hat; denn es ist immer
derjenige beliebter, der sagt: „Das machen wir; Bürger,
wenn du das willst, dann geben wir es dir“, und der sich
das Geld vermeintlich irgendwo anders holt. Das ist so,
obwohl wir alle Steuerzahler sind.

Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wenn man
mit Schülern redet und sie als Steuerzahler begrüßt. Sie
erkennen dann, dass sie wirklich Steuerzahler sind. Auch
alle Zuhörer haben heute schon Steuern gezahlt, nämlich
zum Beispiel immer dann, wenn sie etwas eingekauft ha-
ben und Mehrwertsteuer zahlen. Sie zahlen damit nicht
nur für den Bund, sondern auch für die Länder, die Kom-
munen und sogar für Europa.

Angesichts dessen hat sich die Politik immer wieder
entschieden, Schuldenbremsen einzuführen, und hat da-
bei alle möglichen Argumentationen bemüht: Wir müs-
sen uns verhalten wie ein Kaufmann. Man darf Schulden
nur dann machen, wenn man dafür investiert, nach dem
Motto: Wenn du dir ein Haus kaufst und dafür Schulden
machst, hast du ja das Haus als Gegenwert.

All diese Dinge, die man versucht hat, haben am Ende
nicht funktioniert. Ich bleibe dabei: Verschuldung funk-
tioniert nur – da, glaube ich, gehen wir noch konform –,
wenn wir in der Verfassung möglichst konkret die Gren-
zen dessen darlegen, was an Verschuldung geht.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Ich persönlich würde sogar noch hinzufügen: und wenn
wir klare Regeln dafür aufstellen, was im Falle der Ver-
letzung passiert, nach dem Motto: Wer die Verschuldung
über einen bestimmten Grad erhöht, der muss automa-
tisch diese oder jene Steuer erhöhen, also im Sinne einer
automatischen Bestrafung.

Jetzt geht der Streit bei der neuen Schuldenbremse
um Folgendes: Man hat gesagt: 2016 wollen wir bei der
Verschuldung irgendwo hier unten sein, bei 0,35 Pro-
zent, ungefähr bei 11 Milliarden Euro.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das ist unverrückbar!)


Daran kommt keiner vorbei. Das will keiner bestreiten.
Sie bestreiten auch nicht, dass wir das wollen und dass
das nach den Regeln gilt.

Jetzt ist die Frage: Von welchem Wert im Jahre 2010
geht man aus? Die einen haben gesagt: Wir gehen von
einem Wert aus, den wir am Anfang des Jahres 2010
messen bzw. der grob zu peilen ist. Bei Herrn Steinbrück
war das im Jahre 2010 einmal eine Neuverschuldung
von 86 Milliarden Euro.

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(C (D as wäre eine steile Kurve gewesen. Der Bundestag hat ann eine Neuverschuldung von 80 Milliarden Euro bechlossen. Wir haben gesagt: Aha, dann bauen wir von 0 Milliarden Euro ab. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das war eine kluge, vorsichtige Schätzung!)


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Vom Bundestag, nicht von Herrn Steinbrück; denn wir
atten ja schon gespart.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Ihr habt gar nicht gespart! Ihr habt 4,1 statt 4,6 Millionen Arbeitslose zugrunde gelegt! Keinen Cent gespart!)


faktischen Verlauf des Jahres – das ist das, worauf ich
inaus will; es geht um konkrete Zahlen – ist die Neu-
erschuldung im Haushalt dann ja, wie wir alle wissen,
eit heruntergegangen, nämlich auf Mitte 40 Milliarden
uro.

Jetzt kommt die Frage: Gehe ich von den Mitte
0 Milliarden Euro am Ende des Jahres aus? Gehe ich
avon aus, was am Anfang beschlossen wurde, gehe ich
on Steinbrücks 86 Milliarden Euro aus? Hier müssen
ir feststellen: Die Verfassungsgesetzgeber waren hier
icht präzise genug; das stimmt. Deswegen wollt ihr
orrigieren, und deswegen haben wir gesagt: Das Fairste
t, wenn wir als Basis die Zahlen vom Mai, wenn wir
lle Meldungen nach draußen geben, die Finanzplanung
achen und wissen, wie hoch die Verschuldung im Jahre

010 voraussichtlich sein wird, nehmen. Somit kamen
ir auf einen Betrag von 65 Milliarden Euro. Das war
eit unter dem, was Steinbrück vorgeschlagen hat, und

uch weit unter dem, was Sie vermutet haben. Weil wir
ll das gemacht haben, sind die Abbauschritte in den
ächsten Jahren so, wie sie sind.

Jetzt könnte man ja sagen: Das ist uns nicht genug,
ir wollen mehr sparen. – Herr Kollege Schneider, jetzt
abe ich eine einfache Frage zu diesem Abbaupfad:
ürden Sie mir zustimmen, dass wir, gingen wir nach
rer Rechnung von 44 Milliarden Euro aus, um auf un-

efähr 11 Milliarden Euro zu kommen, im Jahre 2011
ei einer Neuverschuldung von ungefähr 38 Milliarden
uro liegen müssten, während wir nach unserem Modell
ei ungefähr 56 Milliarden Euro liegen könnten? Ich be-
ne: nicht können, sondern könnten. Würden Sie mir

uch zustimmen, dass wir, wenn wir am Ende des Jahres
011 unter Ihrer Zahl von 38 Milliarden Euro sind, sogar
ehr erreicht haben, als Sie wollen, dass wir aber trotz-

em noch weit weg von dem sind, was wir könnten? Ich
laube schon. Daran, welche Zahlen nachher tatsächlich
erauskommen, müssen Sie die Sparpolitik messen. Erst
ann können Sie beurteilen, ob sie erfolgreich ist.

Sie werden wie ein begossener Pudel dastehen, wenn
m Ende des Jahres in der Gesamtrechnung heraus-
ommt, dass wir selbst unter Ihrer Sparlinie sind. Jetzt
ommt die Frage: Warum sind Sie sich nicht sicher, ob
ir nicht vielleicht doch unter Ihrer Sparlinie sein wer-
en? Wenn Sie sich sicher sind, dann stellen Sie sich hier
in und sagen Sie, dass wir die Neuverschuldung, die





Otto Fricke


(A) )


)(B)

nach Ihrer Modellrechnung möglich ist, nicht erreichen
werden.

Warum erreichen wir die? Hier liegt der Unterschied:
Sparen heißt immer, die Ausgaben zu senken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig! Das musste mal gesagt werden! Nicht immer so ein theoretischer Kram!)


Wenn Sie das nämlich nicht tun, dann bekommen Sie im
Zweifel immer wieder dasselbe Problem, nämlich dass
Sie selbst in guten Zeiten nicht auf eine positive Seite
kommen. Für den Privatbürger heißt das ganz einfach: In
dem Moment, in dem er seine Ausgaben an die Einnah-
men anpasst – das kann sich jeder sagen, der aus der
Schule in die Lehre gekommen ist oder der nach dem
Studium einem Beruf nachgeht und auf einmal mehr
Einnahmen hat –, hat er verloren. Das funktioniert nicht.
Für die Politik gilt erst recht: Man muss die Ausgaben
stabil halten. Das ist auch ein Grund, warum wir bei der
Schuldenbremse besser dastehen.

Es stimmt: Es geht nicht nur um die Ausgaben, aber
es ist wichtig, sie stabil zu halten. Hier besteht ein großer
Unterschied zwischen Ihrem und unserem Anspruch. Ich
will Ihnen und auch den Haushältern der SPD – jeden-
falls den meisten – ausdrücklich zugutehalten:


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nicht so viel sozialliberal! Das haben wir gar nicht gern!)


Sie wollen auch sparen. Das ist aber nicht die Meinung
der Sozialdemokratischen Partei und auch nicht die Ihrer
Fraktion; denn überall da, wo Sie an der Regierung sind
und Macht haben – das kann der Bürger anhand der tat-
sächlichen Zahlen erkennen –, steigen die Ausgaben.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die FDP war 40 Jahre dabei! Jetzt sind es zwei! Immer der gleiche Effekt: Schuldenaufbau durch die FDP! – Bettina Hagedorn [SPD]: Wir haben es beschlossen! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: NRW zum Beispiel!)


Ich empfehle jedem, einfach einmal zu schauen, wie sich
in den Ländern, in denen die SPD an der Regierung ist,
die Ausgaben nach oben bewegen, während die Ausga-
ben in den anderen Ländern und auch im Bund stabil
bleiben.

Wenn Sie sich mein Heimatland und das Heimatland
des Kollegen Kampeter, Nordrhein-Westfalen, anschauen,
dann erkennen Sie, dass sie dort hochgehen. Die Begrün-
dung dafür lautet zum Beispiel: Wir verzichten auf Stu-
diengebühren. – Das ist nämlich leichter. Deswegen sind
aber mehr Mittel aus dem Haushalt für die Universitäten
notwendig. Genau daran merken Sie, wie es zu solchen
Dingen kommt, die Sie eigentlich gar nicht wollen.

Jetzt könnte man immer noch sagen: Vielleicht setzen
Sie sich in Ihrer Fraktion noch durch. Daran glaube ich
aber nicht angesichts der anderen Debatten, in denen die
Haushaltspolitiker, die ja in allen Fraktionen unbeliebt
sind,


(Roland Claus [DIE LINKE]: Was?)


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(C (D icht vertreten sind. Dann wird genau das Gegenteil gerdert und gesagt: Ich hätte noch gerne dafür Geld, ich ätte noch gerne hierfür Geld; es wäre doch schön, wenn an da noch etwas machen könnte, und es wäre nur gecht, wenn man hier und da noch etwas tun würde. – ann muss man diese klaren Grenzen einhalten. Ich komme zur Quintessenz Ihres Gesetzentwurfs, in em es heißt, dass das Budgetrecht des Parlamentes in einen Entscheidungsspielräumen durch all die Maßnahen, die diese Koalition beschließe, sehr stark einge chränkt werden würde. Maßgeblich für das Budgetrecht t eine zentrale Frage, nämlich auf welcher Basis die euverschuldung angesetzt wird und wie die Neuver chuldung nachher unterm Strich aussieht. Beim Ansatz der Neuverschuldung werden wir sehen das wird nächste Woche der Fall sein, wenn der Minisr den Haushaltsentwurf 2012 vorlegt –, wie die Vorabe der Regierung ist. Wenn wir das als Koalition so ut wie in den letzten Jahren machen und als Haushälter der Koalition weiter so vertrauensvoll zusammenar eiten, dann werden die Zahlen noch besser werden. Weil Sie mir immer erklärt haben, die SPD sehe das nders, will ich Ihnen zum Abschluss noch etwas sagen. h habe mir angesehen, wie die Meinung der SPD war. s stimmt, die Mehrheit von Ihnen hat damals zugetimmt. Schauen wir uns aber einmal an, wie sich Frau ahles zur Schuldenbremse geäußert hat. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Oje, Frau Nahles!)


rau Nahles, immerhin in einer der wesentlichsten Posi-
onen Ihrer Partei auf Bundesebene, hat erklärt, die SPD
ollte die Schuldenbremse ablehnen, mit der Begrün-
ung:

Ich finde es fragwürdig, wenn die jetzige Politiker-
generation Regeln ins Grundgesetz aufnehmen will,
die ab 2020 die Handlungsspielräume zukünftiger
Generationen in einer Weise einschränken,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Handlungsspielräume durch Verschuldung – was ist denn das?)


die die heutige Generation nie akzeptiert hätte.


(Beifall bei der LINKEN)


Schauen Sie genau, wer klatscht.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Da klatscht die Linke! Das ist demaskierend!)


Wer sich weiter verschuldet und im Kern keine Schul-
enbremse haben will, der schränkt Handlungsspiel-
ume ein, die wir uns gerade erarbeiten, auch für Steu-

rsenkungen, die wir vereinbart haben und zu denen die
DP steht, genauso wie ihr Koalitionspartner.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Bis auf die Frisur war das eine gute Rede!)







(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711721100

Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege

Roland Claus das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711721200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn

wir aus der vergangenen bewegenden Debatte zum
70. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion etwas
hinübernehmen können, dann meines Erachtens dies,
immer und überall für gesellschaftliche Zustände einzu-
treten, in denen Demokratie gestärkt und nicht untergra-
ben wird. Das hat auch etwas mit diesem Thema zu tun.

Seit Mitte 2009 ist die Schuldenbremse im Grundge-
setz verankert. Der Begriff ist eine geniale Erfindung.
Ich vermute, dass er aus der Abteilung „Überschriften“
der SPD kommt. Dort sitzt ein sehr leistungsfähiges
Team. Wer kann sich schon einem solchen Begriff wi-
dersetzen und nicht für die Begrenzung von Schulden
sein? Schaut man näher hin, auch was die Wirkung be-
trifft, ist es in Wahrheit aber eine Bildungsbremse, eine
Wirtschaftsförderungsbremse, eine Sicherheitsbremse,
eine Bremse für den Osten und eine Demokratiebremse.
Deshalb gibt es gute Gründe, warum die Linke gegen
dieses Konstrukt der Schuldenbremse ist. Dabei bleibt
es.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich will das an ein paar Beispielen belegen. Die
Schuldenbremse ist in Wirklichkeit eine Bildungs-
bremse. In meinem Wahlkreis wird gerade ein Gymna-
sium verschenkt, das bisher dem Land gehört. Der
Grund ist, dass das Land nicht in der Lage ist, weiterhin
die anstehenden Sanierungs- und Investitionskosten zu
zahlen, obwohl das Land schon etliche Millionen in
diese Schule hineingesteckt hat. In seiner Not verschenkt
das Land das Gymnasium, in der Hoffnung, dass das
Gymnasium weiterbetrieben wird. So sieht die Realität
der Wirkung Ihrer Schuldenbremse aus. Wichtiger wäre
doch, in diesem Land endlich Geld in die Hand zu neh-
men und das überkommene Bildungssystem zu refor-
mieren.


(Beifall bei der LINKEN – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da muss man Prioritäten setzen!)


Die Schuldenbremse ist in Wirklichkeit eine Bremse
für Investitionen und Wirtschaftsförderung. Ein Mittel-
ständler in meinem Wahlkreis will eine größere Investi-
tion tätigen und hat auch die Zusage für entsprechende
Fördermittel des Bundes.


(Otto Fricke [FDP]: Ich dachte, er will investieren!)


– Dafür gibt es doch Fördermittel. Das ist doch keine Er-
findung von mir, Herr Kollege. Ein bisschen mehr Auf-
merksamkeit bitte!


(Otto Fricke [FDP]: Er will also einen Investitionszuschuss!)


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(C (D Warum kann er die Investition nicht machen? Weil as Land nicht in der Lage ist, die Fördermittel zu kofianzieren. Die Schuldenbremse ist in Wirklichkeit eine Bremse r die öffentliche Sicherheit. Da kommen Polizeirevier hefs aller Couleur zu den Abgeordneten und suchen änderingend Unterstützung, weil unserem neuen Lanesfinanzminister in seiner Sparwut nichts anderes einllt, als öffentlich anzukündigen, jede dritte Polizistin enund Polizistenstelle zu streichen. Deshalb ist Ihre chuldenbremse in Wirklichkeit eine Sicherheitsbremse. Die Bremse hat auch zur Folge, dass sich die Abtände zwischen den armen und reichen Bundesländern icht verringern, sondern vergrößern. Das schadet dem sten, weil vor dem Hintergrund eines verfestigten Nieriglohnsektors im Osten die reicheren Bundesländer im üden und Westen die besseren Fachkräfte mit besseren ohnund Gehaltsmöglichkeiten einfach wegkaufen önnen. (Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Einschließlich Lehrer!)


o zementieren Sie weiter die Ungleichheit, statt auf die
ngleichung der Lebensverhältnisse hinzuwirken.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Schuldenbremse ist auch eine Demokra-
ebremse; denn Länder und noch mehr die Kommunen
önnen immer weniger selbst entscheiden. Deshalb gab
s gute Gründe, dass das vernünftig und gut regierte
and Berlin,


(Lachen bei der CDU/CSU)


ber auch Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-
olstein dieser Initiative im Bundesrat nicht zugestimmt
aben.


(Beifall bei der LINKEN)


Wie wir gesehen haben, kann sich der Bund immer
och selber helfen. Hier befassen wir uns mit der reinen
ehre. Sie aber haben zeitgleich mit der Aufnahme der
chuldenbremse ins Grundgesetz im Zuge der Banken-
ttung die bisher höchste Verschuldung in Kauf genom-
en. Diese Bundesregierung und diese Koalition ma-

hen in der laufenden Legislaturperiode neue Schulden
Höhe von etwa 120 Milliarden Euro,


(Otto Fricke [FDP]: Woher wissen Sie das denn?)


o viel wie nie zuvor. Das ist etwa so viel, wie dem Land
achsen in der gesamten Legislaturperiode, also in vier
ahren, zur Verfügung stehen.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Es gab eine Finanzkrise!)


as ist die Wahrheit, über die man hier reden muss und
ie Sie mit so wunderbaren Begriffen wie Schulden-
remse wegreden wollen.


(Beifall bei der LINKEN)






Roland Claus


(A) )


)(B)

Beim Haushalt geht es immer um eine Balance zwi-
schen Einnahmen und Ausgaben. Die Schuldenbremse
thematisiert lediglich die Ausgabenseite. Sie ist ein
Spardiktat. Ein Nachdenken über andere Einkommens-
möglichkeiten und Steuergerechtigkeit ist Ihnen fern. Es
ist in diesem Land aber bitter nötig.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun hat die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf vor-
gelegt, den man auf die Formel „Schulden besser brem-
sen“ bringen könnte. Das ist die Botschaft, die Sie ver-
künden. Sie wollen die Berechnungsgrundlage ändern,
damit der Finanzminister weniger tricksen kann. Ich
stelle fest: Das ist ein Rückfall in die Agenda-2010-
Logik.

Liebe SPD-Kollegen, wir schreiten mancherorts Seit’
an Seit’.


(Otto Fricke [FDP]: Hand in Hand! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Hand in Hand in Berlin!)


Wir kritisieren gemeinsam und zutiefst berechtigt diese
Bundesregierung. Aber unter dem Motto „Schulden bes-
ser bremsen“ in Wahrheit Bildung, Wirtschaftsförde-
rung, öffentliche Sicherheit, sozialen Ausgleich und
letztendlich die Demokratie zu bremsen, ist mit der Lin-
ken nicht zu machen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711721300

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kol-

legin Hinz das Wort.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Da sind wir mal gespannt!)


Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Claus, es kann doch nicht angehen, dass wir als
Parlamentarier glauben, nur durch zusätzliche Verschul-
dung politische Schwerpunkte im Haushalt setzen zu
können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Es geht vielmehr darum, durch eine gerechte Steuerbe-
teiligung und Steuerverteilung, aber auch durch eine
gute Ausgabenpolitik und teilweise auch durch Ausga-
benkürzungen und Umschichtungen Spielräume zu er-
öffnen.


(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP])


Dann sind auch politische Schwerpunktsetzungen mög-
lich.

Es geht aber nicht an, dass die Verschuldung in
Deutschland bei 80 Prozent des BIP liegt – die
Maastricht-Kriterien sehen höchstens 60 Prozent vor –,
und Sie so tun, als wäre keine Schuldenbremse notwen-
dig.

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(C (D (Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Doch! – Stefan Liebich [DIE LINKE]: Da muss man handeln! Man muss die Verfassung ändern!)


as heißt, Sie wollen die Nettokreditaufnahme weiter
teigern. Dazu sagen wir Grünen ganz klar: Das hat
ichts mit nachhaltiger Haushaltspolitik zu tun. Auch
ir wollen, dass die Schuldenbremse eingehalten wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich komme zu Ihnen, Herr Kollege Fricke. Sie haben
esagt, man müsse sich an Zahlen und Fakten orientie-
n. Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen. Schon heute be-
agen die Zinszahlungen 38 Milliarden Euro jährlich.
ie sollen laut Finanzplanung bis 2014 auf fast
0 Milliarden Euro anwachsen.


(Otto Fricke [FDP]: Nein! Sie können!)


Sie können auf fast 50 Milliarden Euro anwachsen.
as ist trotzdem nicht witzig.


(Otto Fricke [FDP]: Nein!)


enn die Zinszahlungen auf „nur“ 45 Milliarden Euro
nwachsen, ist das auch nicht schön. Daher ist es not-
endig, die Nettokreditaufnahme so schnell und so ef-
ktiv wie möglich zu senken.


(Otto Fricke [FDP]: Richtig!)


eswegen sind wir der Meinung, dass die Schulden-
remse nicht durch Buchungstricks ausgehebelt werden
arf. Es kann doch nicht wahr sein, dass man aufgrund
er konjunkturellen Entwicklung, die im letzten Jahr
lücklicherweise gut war, mehr Schulden aufnimmt. Je-
er Euro, der die Verschuldung erhöht, bedeutet eine hö-
ere Zinsbelastung für die nächsten Jahre. Wir unterstüt-
en den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion,


(Beifall bei der SPD)


eil wir der Meinung sind, dass solche Buchungstricks
icht in Ordnung sind.

Auch sonst ist die Koalition durchaus findig, wenn es
arum geht, die Schuldenbremse auszuhebeln. Nehmen
ir als Beispiel das im Vermittlungsausschuss erzielte
rgebnis zum ALG II. Es ist vereinbart worden, dass der
und die Finanzierung der Grundsicherung im Alter
bernimmt.


(Otto Fricke [FDP]: Falsch oder richtig?)


Das unterstützen wir. – Aber das muss sauber finan-
iert werden.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Bei der Bundesagentur wurde entsprechend gekürzt!)


s ist doch falsch, für die Finanzierung die Bundesagen-
r für Arbeit bluten zu lassen und bis 2015 den Sozial-

ersicherungen 10 Milliarden Euro mehr aufzubürden.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das ist die Schuldenbremse! Genau!)






Priska Hinz (Herborn)



(A) )


)(B)

Dieser Verschiebebahnhof trägt nicht zu Haushaltsklar-
heit und -wahrheit bei. Vielmehr wird damit die Schul-
denbremse manipuliert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auszubaden haben das die Versicherten. Hier wird auf
dem Rücken derjenigen, die arbeitslos sind, gespart. Vor
allen Dingen gibt es blinde Kürzungen bei erfolgreichen
Programmen wie dem Gründerzuschuss. Dieser Miss-
brauch der Schuldenbremse schwächt zusätzlich die Fi-
nanzausstattung der Arbeitslosenversicherung und lässt
keinen Puffer mehr zu. Was hätten wir ohne Puffer in
den Hochzeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise ge-
macht? Damals haben wir einen Puffer in der Sozialver-
sicherung gebraucht. Wir können doch jetzt nicht davon
ausgehen, dass die Konjunktur weiterhin so gut bleibt.
Deswegen ist es falsch, dass Sie die Haushalte der So-
zialversicherungen durch Haushaltstricks überfordern.
Hier sind wir auf keinen Fall auf Ihrer Seite, obwohl wir
für die Übernahme der Finanzierung der Grundsicherung
durch den Bund sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ein noch heftigerer Verstoß gegen die Schulden-
bremse würden die Steuersenkungen bedeuten, die die
FDP gefordert hat und von denen die CDU/CSU noch
nicht so recht weiß, ob sie sie zulassen soll oder nicht.
Ich darf an dieser Stelle Lars Feld zitieren, der in diesem
Jahr in den Sachverständigenrat aufgenommen wurde.
Er hat laut Handelsblatt vom 27. Juni gesagt:

Die Konsolidierung der Staatsfinanzen muss Vor-
rang vor Steuersenkungen haben. Konjunkturell be-
dingte Steuermehreinnahmen dürfen nicht zuletzt
wegen der Schuldenbremse nicht für dauerhafte
Steuersenkungen verwendet werden.

Genau so ist es. Steuersenkungen belasten die Haushalte
strukturell und sorgen für dauerhafte Einnahmeausfälle.


(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Hätten Sie Steuersenkungen mal verboten!)


Ich erinnere nur an die Mövenpick-Steuer, die die FDP
durchgesetzt hat. Auch diese hat zu dauerhaften Steuer-
ausfällen und damit zu Defiziten geführt. Liebe Damen
und Herren von der Koalition, es trägt nicht zu guter und
seriöser Haushaltspolitik bei, wenn Sie wieder mit sol-
chen Vorschlägen kommen, nur weil zurzeit konjunktu-
rell bedingt ein bisschen Mehreinnahmen zu verbuchen
sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: 22 Milliarden ist ein bisschen?)


– Es gibt noch viele Haushaltsrisiken, die Sie noch gar
nicht abgedeckt haben.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das liegt immer noch unter der Schätzung von 2008!)


Erstens sind diese Mehreinnahmen schon im Eckwerte-
beschluss der Bundesregierung eingepreist.

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(C (D weitens gibt es Finanzund Haushaltsrisiken, die noch ar nicht abgedeckt sind, ob es die Bundeswehrreform, ie Brennelementesteuer oder die Finanztransaktionteuer ist. Das alles muss doch finanziert werden. Desegen ist es falsch, wieder strukturelle Steuerausfälle urch Steuersenkungen zuzulassen. Stattdessen wäre es notwendig, mehr für den Abbau mweltschädlicher Subventionen zu tun. (Zuruf von der CDU/CSU: Benennen Sie sie einmal konkret! Sagen Sie den Leuten einmal, was Sie da meinen!)


(Otto Fricke [FDP]: Nein!)


uch da sind Sie bislang überhaupt nicht gut, im Gegen-
il. Sie wollen jetzt schon wieder energieintensive Be-
iebe mit Zuschüssen bedenken. Das ist in der Anhö-
ng des Haushaltsausschusses von fast allen

achverständigen gegeißelt worden, weil es überhaupt
einen Sinn macht, sie zusätzlich zu entlasten. Stattdes-
en könnten Sie 10 Milliarden Euro steuerschädliche
ubventionen streichen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das haben Sie falsch verstanden, Frau Kollegin!)


uch das könnte dazu beitragen, dass man die Nettokre-
itaufnahme senkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Klaus Brandner [SPD]: Das wäre mutig!)


Meine Damen und Herren, es bleibt mir am Schluss,
och einmal zu sagen, dass es falsch ist, über Steuersen-
ungen zu philosophieren und sich über Buchungstricks
usgabenpuffer zu erwirtschaften, die schlicht zu mehr
insen führen. Es wäre sinnvoller, Sie würden zu seriö-
er Haushaltspolitik zurückkehren, die die Grünen im-
er vorschlagen,


(Otto Fricke [FDP]: Und in NRW nicht machen!)


ämlich konsolidieren und Subventionen kürzen, um
ann in die Zukunft zu investieren. Dabei muss man
chtige Schwerpunkte setzen: Ökologie, soziale Teil-
abe und Bildungsgerechtigkeit.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711721400

Der Kollege Aumer hat nun für die Unionsfraktion

as Wort.


Peter Aumer (CSU):
Rede ID: ID1711721500

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin!

iebe Kollegen! Ich nehme an, der Großteil dieses Hau-
es hat dieselbe Meinung, was die Konsolidierung unse-
s Staatshaushaltes betrifft.


(Zuruf von der CDU/CSU: Zumindest auf dieser Seite!)






Peter Aumer


(A) )


)(B)

– Zumindest auf dieser Seite ist die Meinung wohl sehr
gefestigt.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das stimmt!)


Frau Hinz, Sie haben „Sie haben Haushaltsprobleme“
gesagt und dabei uns angeschaut. Meines Erachtens ha-
ben nicht wir als Koalition diese Probleme. Vielmehr ha-
ben wir als Staat eine gemeinsame Verantwortung, nach-
haltige Haushaltspolitik zu betreiben. Es muss das Ziel
des ganzen Hauses sein, eine verlässliche Haushaltspoli-
tik zu betreiben.

Mit der Einführung der Schuldenbremse haben wir
als Deutscher Bundestag eine wesentliche Entscheidung
für die Zukunft unseres Landes und für die Nachhaltig-
keit der Haushaltspolitik getroffen. Unsere Bundeskanz-
lerin hat vor einiger Zeit in ihrer Regierungserklärung
gesagt, dass unser Staat über Jahrzehnte über seine Ver-
hältnisse gelebt hat. Damit hatte sie vollkommen recht.

Gerade ich als Junger darf die Herausforderungen der
Zukunft gemeinsam mit Ihnen allen annehmen, um un-
seren Staat in eine andere Zukunft zu führen, in der
Nachhaltigkeit in allen Politikbereichen gefragt ist. Dazu
gehört, dass man nicht im Klein-Klein verharrt und über
Details streitet, sondern die großen Linien zieht.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: So ist es!)


Das große Ziel ist das, was wir im Grundgesetz fest-
gelegt haben, nämlich dass wir ab 2016 nicht mehr Geld
ausgeben, als wir einnehmen. Es ist zuvor schon gesagt
worden, dass alle Regierungen in den letzten Jahrzehn-
ten nicht mehr das Ziel der Haushaltskonsolidierung im
Blick hatten. Deswegen sind wir alle gefragt, die Schul-
denbremse einzuhalten, auch die PDS.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Was? Wer?)


Herr Kollege Claus, wenn Sie sagen, die Schulden-
bremse sei eine Bildungsbremse, dann haben Sie das
Prinzip der Schuldenbremse nicht verstanden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: So ist die Realität!)


Das ist traurig und wenig nachhaltig.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Der versteht sowieso nichts!)


Das ist nicht die Realität. Schauen Sie sich an, was die
Bundesregierung gemacht hat: Sie hat überall gespart,
nur nicht im Bildungs- und im Forschungsbereich.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Er redet von der Länderebene!)


– Ja, von den Ländern; das ist egal.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das ist nicht egal!)


Aber die Tatsache, dass man ganz bewusst Spiel-
räume gelassen hat, muss man ebenfalls zur Kenntnis
nehmen. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, diese
Spielräume konsequent zu nutzen. Wir als christlich-li-
berale Koalition machen dies und haben in allen Berei-

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(C (D hen Konsolidierungsmaßnahmen getroffen. Beispielseise haben wir Regelungen auf den Weg gebracht, um ie Finanzmärkte zu regulieren, gleichzeitig haben wir arauf geachtet, unsere Wirtschaft nicht abzuwürgen. Ich halte es für die Aufgabe der nächsten Jahre, dass ir gemeinsam sparen, dass wir eine glaubwürdige Polik machen. Das, was Sie mit Ihrem hier eingebrachten ntrag verfolgen, ist unglaubwürdig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


us meiner Sicht verlieren Sie vielmehr den Sinn und
weck der Schuldenbremse aus den Augen. Sie betrei-
en hier reinen Populismus.

Ihnen geht es darum, sich auf Kosten derjenigen zu
rofilieren, die versuchen, trotz der großen Zwänge der
chuldenbremse eine realistische Politik umzusetzen.
ab es denn von der SPD Vorschläge, wie man die
chuldenbremse einhalten kann, gab es Vorschläge, wie
an eine realistische Politik gemeinsam mit den Bürge-
nnen und Bürgern umsetzen kann?


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ja! Natürlich!)


as ist die Aufgabe der Regierung. Sie können pole-
isch sein und in den Tag hineinleben. Aber Sie verlie-
n das aus den Augen, was uns allen wichtig ist: verant-
ortungsvolle und ehrliche Politik für die nächsten

ahrzehnte und für die kommende Generation zu ma-
hen.

Wir haben heute mit den weitreichenden Beschlüssen
Energiebereich einen wichtigen, nachhaltigen Beitrag

eleistet, was die Zukunft der kommenden Generationen
ngeht. Dafür ist die große Kraftanstrengung des gesam-
n Hauses notwendig. Die Aufgabe auch der Linken ist

s, einen realistischen Weg zu gehen. Den beschreiten
ie nicht nur nicht in der Energiepolitik, sondern diesen
eg verlieren Sie auch bei der Konsolidierung unserer
aushalte aus den Augen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Wir haben heute Vorschläge zur Bankenkrise gemacht!)


Es muss uns allen und vor allem der Bundesregierung
in großes Anliegen sein, dass wir unseren Haushalt aus-
leichen, aber zugleich auch die richtigen Entscheidun-
en im Hinblick auf die Nachhaltigkeit treffen. Wenn es
ie Haushaltsspielräume zulassen, sollten wir aber auch
teuerliche Maßnahmen ergreifen und Bezieher von
ittleren und niedrigen Einkommen entlasten, um ihnen

ie Teilhabe am Aufschwung zu ermöglichen. Aller-
ings ist auch da die Zusammenarbeit mit Ihnen schwie-
g, meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposi-
on. Sie nehmen zwar für sich in Anspruch, gerade diese
lientel zu vertreten, tun aber wenig, um entsprechende
onkrete Gesetzentwürfe vorzulegen.

Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. Wir halten uns
n das, was im Grundgesetz verankert ist, und führen die
olitik fort, die wir gemeinsam auf den Weg gebracht
aben. Die SPD verliert oft das Ziel aus den Augen,
twa bei der Rente mit 67 oder bei Hartz IV.





Peter Aumer


(A) )


)(B)


(René Röspel [SPD]: Ihr duckt euch doch in die Büsche!)


Sie wissen nicht mehr, was Sie alles beschlossen ha-
ben, was wir gemeinsam Großes in der Großen Koalition
auf den Weg gebracht haben, um unser Land in eine gute
Zukunft zu führen. Deswegen fordere ich Sie auf: Neh-
men Sie diese Herausforderung mit uns an, gehen Sie
den Weg der Nachhaltigkeit und der Verlässlichkeit auch
in der Haushaltspolitik. Wichtig ist, dass die Menschen
das Gefühl haben, dass in der Politik Kontinuität
herrscht. Dazu gehört auch die Kontinuität der Haus-
halte, die Verlässlichkeit der Planungen der Regierung.
Wir lehnen Ihren Antrag ab und arbeiten weiter daran,
das Ziel der grundgesetzlich verankerten Schulden-
bremse einzuhalten.


(Thomas Oppermann [SPD]: Das ist wenig glaubwürdig, Herr Kollege!)


Leisten auch Sie hierzu Ihren Beitrag!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711721600

Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Hagedorn

das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1711721700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Am Anfang möchte ich noch ganz kurz etwas zu Ihnen,
Kollege Claus, sagen, weil man es Ihnen nicht durchge-
hen lassen kann, dass Sie so tun, als sei es die Schulden-
bremse, die für all das verantwortlich ist, was Sie hier
teilweise zu Recht angeprangert haben, etwa fehlende
Investitionen im Osten und fehlende Investitionen in Bil-
dung.


(Roland Claus [DIE LINKE]: Das ist die Steuerabsenkung, die Sie vorher beschlossen haben!)


Das alles hat mit der Schuldenbremse nichts zu tun, son-
dern das ist die verfehlte Politik der jetzigen Koalition.
Da stimme ich Ihnen zu.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das hat schon etwas eher angefangen! – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Weil wir für die Schulpolitik der Länder zuständig sind? Also bitte schön, Frau Kollegin! Das ist Ländersache!)


Es sind die Auswirkungen dieses sogenannten Sparpake-
tes, das eindeutig – die Kollegin Hinz hat schon darauf
hingewiesen – eine massive soziale Schieflage in diesem
Land verursacht, zulasten gerade der östlichen Bundes-
länder und strukturschwacher Regionen, zulasten auch
der Stadtstaaten wie Berlin und vor allen Dingen zulas-
ten der Menschen, die dringend auf Investitionen in Bil-
dung, in Ausbildung, in lebenslanges Lernen und auf
eine Chance, aus der Langzeitarbeitslosigkeit herauszu-
kommen, warten. Aber all das, Kollege Claus, hat mit

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(C (D er Schuldenbremse an sich nichts zu tun, sondern das t das Ergebnis dieser verfehlten Politik. (Beifall bei der SPD – Roland Claus [DIE LINKE]: Das ist nicht eure einzige Sünde! Das stimmt!)


Den Rest meiner Redezeit möchte ich jetzt lieber den
ier Fraktionen widmen, die eigentlich für die Schulden-
remse sind. Ich sage „eigentlich“, liebe Kolleginnen
nd Kollegen von Schwarz-Gelb; denn wer wirklich für
en Geist der Schuldenbremse ist – wir haben sie vor
wei Jahren gemeinsam eingeführt –, der müsste eigent-
ch diesem Antrag der SPD zustimmen.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ja!)


Es ist schon eine große Enttäuschung, dass Sie das
icht tun. Natürlich entlarven Sie damit ein Stück weit,
ie wenig ernst es Ihnen mit dem Sparen tatsächlich ist.

Das, was mein Kollege schon ausgeführt hat, brauche
h hier nicht zu wiederholen. Ich will noch einmal deut-
ch machen – es sollte Sie stutzig machen, dass dass
icht nur die SPD-Fraktion und die Grünen sagen, son-
ern auch die Bundesbank, der Sachverständigenrat und
er Bundesrechnungshof, etwa in einer Sachverständi-
enanhörung des Haushaltsausschusses im Herbst letz-
n Jahres, und das seitdem kontinuierlich –, dass Sie mit
rer frei gewählten Interpretation der Schuldenbremse

uf dem Holzweg sind und dass Sie sich damit selbstver-
tändlich einen zusätzlichen Kreditrahmen von 50 Mil-
arden Euro – ich beziehe mich auf Zahlen der Bundes-
ank – schaffen wollen. Natürlich müssen wir vermuten,
ass dieses Geld eine Art Kriegskasse für das Jahr 2013
t; das ist doch wohl logisch.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir werden es zusammen erleben.

Das Schlimme daran ist, dass Sie mit diesem Ansin-
en erneut auf einem wichtigen Politikfeld, dem der Ein-
hrung der Schuldenbremse – darüber hat es in diesem
aus vor gar nicht langer Zeit einen breiten parteiüber-
reifenden Konsens gegeben –, das gewonnene politi-
che Renommee aufs Spiel setzen. Wir alle haben den

enschen das Versprechen gegeben, stärker zu konsoli-
ieren, nicht um des Sparens willen, sondern um in Ver-
ntwortung gegenüber den künftigen Generationen Ge-
taltungsspielräume zu schaffen für Bildung, Mobilität,
frastruktur und Investitionen in die Energiewende, die
ir gemeinsam zu bewältigen haben; wie wir alle wis-

en, ist das, was Sie vorhaben, komplett unterfinanziert.


(Beifall bei der SPD)


Um diese Zukunftsinvestitionen nicht auf Pump täti-
en zu müssen, brauchen wir die Schuldenbremse, aller-
ings in der verschärften Form, wie sie unisono von Bun-
esbank, Sachverständigenrat und Bundesrechnungshof
erlangt worden ist, das heißt auf der Basis der 2010 zu-
rundegelegten 44 Milliarden Euro und nicht auf Basis
er von Ihnen zugrunde gelegten über 65 Milliarden Euro.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)






Bettina Hagedorn


(A) )


)(B)

Wenn Sie hier immer so tun, als wenn Sie durch Spa-
ren in der letzten Zeit das ursprünglich in der Großen
Koalition festgelegte Ziel einer bestimmten Nettokredit-
aufnahme erreicht hätten, dann ist das wirklich Volks-
verdummung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie profitieren nämlich von konjunkturellen Effekten
– das wissen Sie auch –, und konjunkturelle Effekte dür-
fen entsprechend den Regelungen zur Schuldenbremse
eben nicht für langfristige, nachhaltige strukturelle Aus-
gaben und schon gar nicht für Steuersenkungen, lieber
Kollege Fricke, verfrühstückt werden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711721800

Kollegin Hagedorn, gestatten Sie eine Frage des Kol-

legen Fricke?


Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1711721900

Aber selbstverständlich, gern.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1711722000

Geschätzte Frau Kollegin Hagedorn, ich sage an Stel-

len wie dieser immer: Okay, in jedem Gedanken, den
man sich macht, kommt zum Ausdruck, dass man etwas
Positives erreichen will. Ich gehe davon aus, dass hinter
Ihrer Schuldenbremse etwas Vernünftiges steckt.


Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1711722100

Hinter meiner?


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1711722200

Hinter der Schuldenbremse, so wie die SPD sie sich

vorstellt und wie sie von den Grünen unterstützt wird.
Man behauptet, diese Form sei besser, transparenter, kla-
rer und gerechter.

Der Kollege Barthle und ich möchten einfach gerne
wissen, wie viele Milliarden Euro Schulden wir, diese
Koalition, nach Ihrer Vorstellung am Ende dieses Jahres
gemacht haben dürfen. Können Sie eine Zahl nennen?
Können Sie „circa soundso viel Milliarden Euro“ sagen?
Wenn Sie das könnten, dann könnten wir uns am Anfang
des nächsten Jahres wieder treffen und sagen: „Wir ha-
ben die Schuldenbremse eingehalten“, oder Sie können
sagen: Seht, ihr habt sie nicht eingehalten. – Das wäre
eine schöne Sache. Bringen Sie es zustande, uns eine
grobe Zahl – plus/minus 1 Milliarde Euro – zu nennen?


Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1711722300

Lieber Herr Schulmeister,


(Otto Fricke [FDP]: Ich habe nur gefragt!)


ich will gerne auf Ihre Frage eingehen,


(Otto Fricke [FDP]: Das können Sie!)


aber nicht in der Form, die Sie intendieren.

Zunächst einmal: Es ist nicht meine Schuldenbremse
oder die der SPD oder die der Grünen, sondern unsere
gemeinsame; darauf habe ich ausdrücklich hingewiesen.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Aber ich meine Ihren Antrag!)


Es geht darum, die Auslegung des Schuldenabbaupfa-
es zu konkretisieren, und zwar deshalb – das hat der
ollege Schneider hier gesagt –, weil wir in der Sach-
erständigenanhörung zu unserer gemeinsamen Schul-
enbremse mit Bundesrechnungshof, Bundesbank und
achverständigenrat festgestellt haben, dass es diese In-
rpretationslücke gibt.


(Otto Fricke [FDP]: Aber wie viele Schulden dürfen wir denn jetzt machen?)


iese Lücke – Sie interpretieren so, wir interpretieren
nders – wollen wir schließen. Wir wollen eine gesetzli-
he Festlegung, um ein für alle Mal Klarheit zu schaffen.


(Otto Fricke [FDP]: Sagen Sie doch einfach mal wie viel!)


Mein lieber Kollege Fricke – wir reden hier im Plenum
nd nicht im Haushaltsausschuss –,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Reden Sie da anders als hier?)


h spreche in erster Linie, weil ich von den Menschen
ußerhalb dieses Saales, für die „Schuldenbremse“ ein
chwer zu verstehender Begriff ist, verstanden werden
öchte. Es geht darum – das verstehen die Menschen –,

ass Sie durch Ihre freie Interpretation, die von den
achverständigen nicht geteilt wird, die Chance haben,
usätzlich 50 Milliarden Euro an Krediten aufzunehmen.


(Otto Fricke [FDP]: Aber wir tun es ja nicht!)


Das sagen Sie jetzt. Wenn Sie es nicht tun, dann stim-
en Sie doch unserem Entwurf zu! Das wäre doch der
eweis für Glaubwürdigkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Klaus Brandner [SPD]: Reingelegt!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss zum
chluss kommen. Ich möchte aber noch einen Aspekt
ufgreifen, den die Kollegin Prinz –


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt fängst du auch damit an!)


inz – Entschuldigung, Priska – hier schon angespro-
hen hat.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn schon, dann Prinzessin!)


s geht um das, was die Koalition sonst noch alles
acht, um die Schuldenbremse auszutricksen. Dabei ist

ie Belastung der sozialen Sicherungssysteme eines der
chwerwiegendsten Probleme. Das gilt insbesondere für
ie Bundesagentur für Arbeit.

Der Kollege Schneider hat es schon angesprochen.
m die Regelungen der Schuldenbremse einzuhalten,
aben Sie vor einem Jahr ein sogenanntes Sparpaket auf-
elegt. Mit diesem Sparpaket wollten Sie den Unterneh-
en und den Verursachern der Wirtschaftskrise Belas-





Bettina Hagedorn


(A) )


)(B)

tungen zumuten. Diese Belastungen kommen nicht; die
haben sich in Luft aufgelöst. Das Einzige, was Sie wirk-
lich umsetzen, ist Ihr völlig unsoziales Sparpaket zulas-
ten des Etats von Frau von der Leyen im Bereich Arbeit
und Soziales. Das sind ungefähr 40 Prozent des gesam-
ten Sparpakets. Das führt dazu, dass das, was Sie bei der
Bundesagentur für Arbeit, bei Arbeitslosengeld-II-Emp-
fängern jetzt sparen, nur ein Bruchteil dessen ist, was
noch folgt. In Wahrheit kommt die große Welle an Ein-
sparungen und Kürzungen erst noch auf die Länder zu.

Ich war vor kurzem bei einer Veranstaltung in Berlin.
Da musste ich den Leuten mitteilen: Wenn Sie glauben,
dass das, was durch dieses Sparpaket in diesem Jahr bei
der Bundesagentur für Arbeit hier eingespart wird, näm-
lich 136 Millionen Euro, schon viel ist, dann irren Sie
sich; Sie müssen realisieren, dass sich das in den nächs-
ten Jahren nach den Beschlüssen der Koalition allein für
Berlin bis 2015 auf über 500 Millionen Euro pro Jahr
steigern wird. Dieses Geld fehlt der Generation, der wir
mit der Schuldenbremse eigentlich Chancen für die Zu-
kunft erhalten wollen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711722400

Das Wort hat der Kollege Brackmann für die Unions-

fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Norbert Brackmann (CDU):
Rede ID: ID1711722500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Gemeinhin sagt man: Mens agitat molem. Zu
Deutsch: Der Geist bewegt die Materie. – Aber der Geist
Ihres Entwurfs hat offenbar nicht einmal Ihre eigenen
Kolleginnen und Kollegen erreicht; denn wir müssen
feststellen: Bei dieser trockenen Materie konnte offenbar
nicht erreicht werden, dass Ihnen allen klar ist, worum es
bei der Berechnung der Schuldenbremse eigentlich geht.
Jedenfalls war die inhaltliche Debatte offenbar anders
angelegt.

Deshalb ist das hier eine Diskussion, die viele Bürger
nicht verstehen, die mit dem Geist der Schuldenbremse
wenig zu tun hat und vor allen Dingen mit dem Ergebnis
überhaupt nichts zu tun hat. Die Schuldenbremse
schreibt den Endpunkt auf 2016 fest. Mit Ihrem Entwurf
sagen Sie, dass Sie für das, was wir im Grundgesetz in
Bezug auf den Abbaupfad festgeschrieben haben – der
Abbau hat im Übrigen linear zu erfolgen und endet 2016
bei einem Fixpunkt –, eine flachere Entwicklung haben
wollten.

Wir sprechen in dieser Situation über eine sehr tro-
ckene Materie und vergessen dabei, dass wir eine extrem
gute wirtschaftliche Lage haben. Die Nettokreditauf-
nahme ist weitaus geringer, als wir geplant haben. Wir
werden bei unter 40 Milliarden Euro landen. Die Ar-
beitslosenzahlen sinken. Gerade heute wurde verkündet,
dass wir 228 000 Arbeitslose weniger haben als vor ex-

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(C (D kt einem Jahr. Die Wirtschaft boomt – 3,3 Prozent mehr achstum –, und die Steuereinnahmen sprudeln. Einmal weg von dieser trockenen Materie Ihres Enturfs: Eine Schuldenbremse muss man nicht nur dem eist nach, sondern auch dem Inhalt nach leben. (Bettina Hagedorn [SPD]: Das wäre prima! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das wäre gut! Dann können Sie unserem Antrag zustimmen! Schon wieder ein Grund!)


Das wäre doch gut, wenn wir das täten.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Schon wieder ein Grund, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen!)


as setzt aber auch voraus, dass wir das Geld dafür auf-
ringen. Denn man muss die Schuldenbremse nicht nur
ollen, man muss sie auch leben. Das Einhalten der
chuldenbremse erreicht man nämlich nicht über Ausga-
en, sondern darüber, dass man Ausgaben eben nicht tä-
gt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Zum Beispiel Steuersenkungen!)


Wir alle wissen, was eine zu hohe Staatsverschuldung
edeutet. In diesen Tagen können wir im Mittelmeer-
um sehr genau beobachten, welche Bedeutung das hat.
etreu dem Motto „Spare in der Zeit, dann hast du in der
ot“ wurde die Schuldenbremse im Grundgesetz veran-
ert. Die jährliche Neuverschuldung ist nach wie vor
iel zu hoch. Das wissen wir.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Denn man tau!)


Jahre 2011 kann sie nach dem beschlossenen Haus-
alt 48 Milliarden Euro betragen. Wir werden die Netto-
euverschuldung in diesem Jahr so weit reduzieren kön-
en, dass wir auf unter 40 Milliarden kommen werden.

Hier fängt es an, blümerant zu werden. Der Behaup-
ng von Herrn Schneider, wir könnten 50 Milliarden
ehr Schulden machen, als das nach Ihrem Antrag mög-
ch sei, liegen offenbar Zahlen zugrunde, die aus der
eit stammen, als wir den Haushalt 2011 beschlossen
aben. Wir müssen aber linear abbauen; schon deshalb
timmen diese 50 Milliarden nicht. Das ist eine schlichte
releitung der öffentlichen Diskussion.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ob das die Bundesbank gut findet, dass Sie das sagen? Das hat die Bundesbank selbst im Monatsbericht vom Mai 2011 gesagt!)


Die Bundesbank hat das zu Beginn dieser Diskussion
esagt; sie sagt es eben nicht heute. Sie meinen jetzt,
ass wir uns auf einen anderen Wert kaprizieren müssen.
o aber sind wir dann, wenn Sie uns schon Trickserei

nd – wie Sie es nannten, Herr Schneider – Schummelei
orwerfen? Wo sind denn die konkreten Zahlen, die Frau
agedorn nicht nennen konnte?

Wir hätten die Möglichkeit, 53 Milliarden Nettoneu-
erschuldung zu machen. Die Regierung hat diesen Wert





Norbert Brackmann


(A) )


)(B)

doch gar nicht ausgeschöpft, und wir als Bundestag auch
nicht.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Dann können Sie unserem Gesetzentwurf ja zustimmen!)


Wir haben bereits zusammengekürzt, und zwar anders,
als Finanzminister Steinbrück das seinerzeit noch be-
gründet hatte. Weil er wusste, dass man nur mit Zahlen
operieren kann, die vorliegen, ist er davon ausgegangen,
dass wir mit Soll-Zahlen operieren. Damit hätten wir
diese 53 Milliarden ausschöpfen können. Im Laufe des
Jahres 2010 zeichnete sich aber eine Verbesserung ab.
Da haben wir bereits gesagt: Wir gehen auf die
44 Milliarden herunter. – Wenn wir jetzt Ihren Gesetz-
entwurf zugrunde legen, müssten wir retrospektiv völlig
neue Berechnungen durchführen und unser ganzes Zah-
lenwerk neu aufdröseln. Inhaltlich – und das ist das ei-
gentlich Dramatische – würde das noch nicht einmal et-
was bringen.

Wie sehen denn die Zahlen aus? Wenn wir die
44 Milliarden zugrunde legen, dann müssten wir bei dem
linearen Abbau jedes Jahr knapp 6 Milliarden weniger
ausgeben. Das wären dann für 2011 38 Milliarden. Wir
haben aber gerade vernommen, dass wir unter
40 Milliarden gehen. Das heißt, wir erreichen bei der
Nettoneuverschuldung ohnehin genau diesen Wert, so-
dass Ihr Gesetzentwurf auch dort ins Leere laufen
würde. Wenn wir das für 2012 weiterrechnen, müsste die
Nettoneuverschuldung um weitere 6 Milliarden sinken.
Das hieße, die Nettoneuverschuldung dürfte nur noch
32 Milliarden betragen.

Warten Sie die nächste Woche einmal ab. Ich bin ganz
gespannt.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung uns einen
Haushaltsentwurf vorlegt, bei dem die Nettoneuver-
schuldung unter diesen 32 Milliarden liegen wird. Das
wird dann der schlagende Beweis dafür sein, dass wir
konsequent eine solide Haushaltspolitik betreiben, deren
Ansätze noch unter denen liegen, die Sie mit Ihrem Ge-
setzentwurf wollen. Das ist außerdem der schlagende
Beweis für einen supersoliden Haushalt der Regierungs-
koalition, der den Menschen in Deutschland eine ver-
nünftige Zukunft sichern wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die
Konsequenz dessen, worüber wir seit anderthalb Jahren
diskutieren: intelligent zu sparen, um Wachstum zu pro-
duzieren.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Intelligent? Auf dem Rücken der Langzeitarbeitslosen!)


Die Folgen dieser Politik ernten wir heute. Mit unse-
rem Wachstum erreichen wir über natürliche Einnah-
meerhöhungen, dass wir die Schuldenbremse locker ein-
halten. Wenn heute in diesem Hause von Frau Hinz unter
Hinweis auf die ALG-II-Verhandlungen vorgetragen
wird, dass wir die Bundesagentur für Arbeit geschröpft
hätten, kann ich nur sagen: Das gesamte Vermittlungs-
verfahren war weder von uns initiiert noch war es darauf

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(C (D ngelegt, dass wir in den Vermittlungsverfahren mehr eld ausgeben oder dass es für den Bund teurer und dait die Einhaltung der Schuldenbremse auch noch zu ätzlich erschwert wird. Insofern sollten Sie bei den eisten bleiben. (Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein Vorschlag Ihrer Regierung!)


assen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Schul-
enbremse zum Erfolg geführt wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711722600

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent-
urf der Fraktion der SPD zur Änderung des Artikel-

15-Gesetzes. Der Haushaltsausschuss empfiehlt in sei-
er Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6241, den
esetzentwurf der Fraktion der SPD auf Drucksache
7/4666 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
etzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
t mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
raktion Die Linke bei Zustimmung der SPD und des
ündnisses 90/Die Grünen abgelehnt. Danach entfällt
ach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.

Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
ung um die Beratung einer Beschlussempfehlung des
usschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-

chäftsordnung zu einem Antrag auf Genehmigung zur
urchführung eines Strafverfahrens zu erweitern und
iese jetzt als Zusatzpunkt 21 aufzurufen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so be-
chlossen.

Somit rufe ich jetzt den Zusatzpunkt 21 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung (1. Ausschuss) zu einem Antrag
auf Genehmigung zur Durchführung eines
Strafverfahrens

– Drucksache 17/6384 –

Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Ausschuss
r Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung emp-
ehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache
7/6384, die Genehmigung zur Durchführung eines
trafverfahrens zu erteilen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Jetzt rufe ich den Zusatzpunkt 6 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines
Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Bun-
deswahlgesetzes

– Drucksache 17/6290 –





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Gibt es
Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist
das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Dr. Günter Krings von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1711722700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Koalitionsfraktionen haben den Deutschen
Bundestag, also auch die Opposition, im Zusammenhang
mit unserem heute auch förmlich einzubringenden Ge-
setzentwurf zum Bundestagswahlrecht – das gebe ich
unumwunden zu – auf eine lange Geduldsprobe gestellt.
Aber diese Geduldsprobe ist zu Ende: Wir, die Koalition,
haben in dieser Sitzungswoche unseren Gesetzentwurf
vorgelegt. Ich freue mich besonders, dass wir zumindest
mit der ersten Lesung die heute ablaufende Frist einhal-
ten; es ist schade, dass wir sie nur mit der ersten Lesung
und nicht, wie es sich eigentlich gehört – auch das habe
ich schon beim letzten Mal gesagt –, mit der dritten Le-
sung einhalten.


(Beifall der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])


Aber – wir haben das schon in den letzten Debatten er-
klärt – es ist auch eine komplizierte, komplexe Materie.

Es wäre sicherlich noch schöner gewesen, vielleicht
schon fraktionsübergreifende Konsenspunkte zu haben;
aber alle anderen Fraktionen – ich nehme das gar nicht
übel; denn das gebot die Zeit – haben ihre Anträge be-
reits vorgelegt. Wir nutzen die Regelungen, die uns das
Grundgesetz und die Geschäftsordnung vorgeben, um im
Bundestag über die vier verschiedenen Anträge zu de-
battieren und uns in Anhörungen und Ausschusssitzun-
gen zu beraten. Das ist das gesetzlich vorgesehene Ver-
fahren.

Ganz überraschend dürfte das, was wir in dieser Wo-
che vorgeschlagen haben, nicht sein. Wir haben uns
schon mehrfach öffentlich zu den Grundstrukturen unse-
rer Vorschläge geäußert; das haben der Kollege Ruppert,
der Kollege Uhl, ich und andere getan. Ich habe an die-
ser Stelle seit zweieinhalb Jahren erklärt: Wir wollen das
Wahlrecht nicht komplett umkrempeln; wir wollen einen
minimalinvasiven Eingriff, weil sich das Wahlrecht – die
Verbindung aus Erst- und Zweitstimme und das System
des personalisierten Verhältniswahlrechts – im Kern be-
währt hat. Wir wollen nur so viel reformieren, wie not-
wendig ist, um die Vorgaben des Bundesverfassungsge-
richts zu erfüllen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deswegen schlagen wir dem Haus eine Lösung vor, die
sich eng an den Ursachen des Problems orientiert. Es ist

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(C (D der Politik ohnehin ratsam, Lösungen zu finden, die it den Ursachen des Problems etwas zu tun haben. Das Bundesverfassungsgericht hat uns ausdrücklich icht den Auftrag gegeben, die Überhangmandate abzuchaffen. Wir gehen die entscheidende Ursache des neativen Stimmgewichts an. Das sind nicht zentral die berhangmandate, sondern das ist die Verknüpfung der andeslisten in der Bundesrepublik Deutschland. Diese andeslisten müssen getrennt werden. Das ist eine verlüffend einfache Erkenntnis. Wenn das Problem die erknüpfung der Landeslisten ist, ist die Lösung die rennung der Landeslisten. Der Kern unseres Vorschlags so simpel ist das – ist die Streichung eines einzigen Pagrafen, des § 7 Bundeswahlgesetz, der diese Verbin ung bislang möglich gemacht hat. Zu dem Vorschlag konkret: Wir schlagen ein einfahes Verfahren mit zwei Rechenschritten und einem dritn, ergänzenden Schritt vor. Im ersten Schritt werden ie 598 Mandate des Deutschen Bundestages auf die 6 Bundesländer aufgeteilt. Nach welchem Kriterium? uch darüber gibt es Diskussionen. Wir haben gesagt: as beste Kriterium ist die Wahlbeteiligung. Wir können icht immer die mangelnde Wahlbeteiligung beklagen nd sagen, dass es für die Aufteilung egal ist, wie hoch ie Wahlbeteiligung ist. Wir werden dem Prinzip der Erlgswertgleichheit dann gerecht, wenn wir die Aufteing nach der Wahlbeteiligung und nicht nach der Be ölkerungszahl vornehmen. Der zweite Rechenschritt ist ebenfalls ganz einfach. jedem Bundesland werden die einzelnen Mandate ent prechend dem Wahlergebnis auf die Parteien aufgeteilt. Wir haben uns entschlossen, einen dritten, ergänzenen Schritt vorzunehmen – eine Modifikation –; denn ir müssen einräumen, dass durch die Kappung der Laneslisten relativ viele Reststimmen übrigbleiben. Das ann zu Verwerfungen zwischen den Parteien führen. as betrifft übrigens große wie kleine Parteien; das will h hier einmal ganz deutlich sagen. Eine Partei hat ech, wenn sie aufgrund dieser Trennung in 16 Ländern napp vor dem nächsten Mandat hängenbleibt. Ich finde s nur fair, dafür einen gewissen Ausgleich vorzusehen, iese Reststimmen einzusammeln und zusätzlich auf die andeslisten, die die meisten Reststimmen haben, zu erteilen. Das ist ein sinnvoller Schritt, auch wenn der undestag dadurch um einige wenige Mandate erweitert erden könnte. Wir gehen nach sehr klaren Rechnungen avon aus, dass wir dabei im einstelligen Bereich bleien. Wir würden deutlich weniger stark zulegen, als das ei den Ausgleichsmandaten der Fall wäre, die die SPD orgeschlagen hat. Das könnte 30 bis – im ungünstigsten all – 100 Ausgleichsmandate bedeuten. Unser Vorchlag bedeutet eine vertretbare, ganz geringfügige Auseitung des Bundestages. Ist das ein perfekter Vorschlag? Nein, natürlich ist das ein perfekter Vorschlag. Es ist aber mit Abstand der este Vorschlag von denen, über die in diesem Haus und der Wissenschaft diskutiert wurde; Dr. Günter Krings )


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

denn wir beseitigen das negative Stimmgewicht nach
den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts. In
dem entsprechenden Urteil wurde festgestellt, akzepta-
bel sei ein negatives Stimmgewicht allenfalls in selte-
nen, unvermeidbaren Ausnahmefällen. In diesem Sinne
beseitigen und verhindern wir das negative Stimmge-
wicht ausnahmslos im Regelfall.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr schön formuliert!)


Nur bei nicht lebensnaher, unrealistischer Betrachtung
kann dieser Effekt eintreten.


(Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Wähler darf nur so wählen, dass der Regelfall eintritt!)


Wir halten uns sehr eng an den Wortlaut des Bundesver-
fassungsgerichts. Mit diesem Ansatz wird das Problem
gelöst. Vor allem aber – und das ist viel wichtiger – wer-
den damit keine neuen großen Probleme geschaffen, was
Folge der Oppositionsvorschläge wäre.

Wem unser Vorschlag nicht hundertprozentig zusagt,
wer das Haar in der Suppe sucht – das kann man immer
finden –, der müsste eigentlich spätestens dann über-
zeugt sein, wenn er sich einmal kurz die Vorlagen der
Opposition anschaut. Die Grünen, inzwischen auch die
Linken, fordern die Verrechnung der Überhangmandate
mit Listenmandaten auf anderen Landeslisten; das ist be-
kannt. Dann müssten die Überhangmandate, die zum
Beispiel in Baden-Württemberg und Sachsen entstehen
könnten, dadurch kompensiert werden, dass man bereits
gewonnene Listenmandate in Nordrhein-Westfalen,
Brandenburg oder anderswo abzieht. Das ist keine ge-
rechte Lösung.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)


Das ist eine grob ungerechte Lösung, gerade für die Län-
der, die in der Regel keine Überhangmandate erhalten.
Ich komme aus einem solchen Bundesland. Das ist eine
föderalismusfeindliche Lösung. Die Länder werden dop-
pelt bestraft: Sie erhalten keine Überhangmandate, und
beim Ausgleich müssen sie für die anderen auch noch
sozusagen die Kompensation leisten. Das ist föderalis-
musfeindlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zugleich ist der Vorschlag bürgerfeindlich; denn er
führt auch zu einer schlechteren Repräsentanz der Ein-
wohner dieser Länder. Einige ganz konkrete Beispiele:
Wäre bei der letzten Bundestagswahl Ihr Modell ange-
wandt worden, hätte das dazu geführt, dass die CDU in
Brandenburg trotz 327 000 Wählern nur ein einziges
Bundestagsmandat erhalten hätte. In Brandenburg hatten
die Grünen 77 000 Wähler und hätten auch ein Bundes-
tagsmandat bekommen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Da sieht man, wie die Grünen arbeiten!)


In Bremen hatte die CDU 81 000 Wähler und hätte kein
einziges Bundestagsmandat bekommen. Ich kann durch-
aus verstehen, dass die Grünen diesen Vorschlag gut fin-
den, wenn sie dadurch in Brandenburg mit 77 000 Stim-

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(C (D en genauso viele Mandate bekommen wie die CDU it 327 000 Stimmen. Aber dies ist nicht fair. Deswegen önnen wir diesen Vorschlag nicht umsetzen. Noch absurder ist natürlich, wenn man, wie auch voreschlagen, direkt gewählten Abgeordneten das Mandat ur weiteren Kompensation von Überhangmandaten abehmen will. Auch das ist Teil des grünen Vorschlags. (Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Ungeheuerlich!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as wäre wirklich Gift für die Akzeptanz des Wahl-
chts in Deutschland. Wir haben oft über mögliche
argnägel für die Demokratie gesprochen. Das wäre ein
olcher Sargnagel. Das, was Grüne und Linke hier vor-
eschlagen haben, erinnert – das müssen wir in aller
achlichkeit sagen – ein bisschen an den Arzt, der stolz
erkündet: Die Operation – nämlich die Beseitigung des
egativen Stimmgewichts – ist geglückt, nur leider ist
er Patient Demokratie dabei verstorben. – Das wollen
ir nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Das ist aber weit hergeholt!)


Eine brauchbare Alternative stellt im Ergebnis auch
er Vorschlag der SPD nicht dar, einen Ausgleich von
berhangmandaten vorzunehmen. Er löst das selbstge-

tellte Problem nicht. Was ist negatives Stimmgewicht?
egatives Stimmgewicht heißt: Wenn x Stimmen für

ine Partei A weniger abgegeben werden, bekommt sie
adurch einen Sitz mehr. Das ist zugegebenermaßen ein
idersinniges Ergebnis. Genau das Problem lösen Sie
icht. Bei Ihrem Vorschlag besteht es weiter: Es werden
Stimmen weniger abgegeben, und die Partei bekommt
otzdem einen Sitz mehr. Genau dieses Phänomen ge-
en Sie nicht an.


(Thomas Oppermann [SPD]: Das wird alles am Ende ausgeglichen!)


as Verfassungsgericht hat aber nicht gesagt, dass das
egative Stimmgewicht ausgeglichen werden soll, es hat
esagt, dass es beseitigt werden soll.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Das ist der entscheidende Punkt!)


Der zweite Nachteil dieser Lösung ist, dass sie zu ei-
er drastischen Vergrößerung des Bundestages, durchaus
uch im dreistelligen Bereich, führen würde. Der Vor-
chlag, dafür die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren, ist
ielleicht gut gemeint, Herr Oppermann, wäre aber eine
erschlimmbesserung. Denn die Direktwahlkreise in un-
erem Land sind ein ganz entscheidendes Bindeglied
wischen Bürger und Bundestag. Die Direktwahlkreise
ind das Fundament für die Akzeptanz und Bürgernähe
nserer Politik. Eine Verringerung der Zahl der Direkt-
ahlkreise würde zu weniger Bürgernähe führen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)






Dr. Günter Krings


(A) )


)(B)

Der Hauptunterschied zwischen den Vorschlägen der
Opposition und unserem Gesetzentwurf als Regierungs-
koalition ist: Wir wollen zentral das negative Stimmge-
wicht beseitigen.


(Zuruf der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])


Sie wollen die Überhangmandate beseitigen. Man kann
sich – das sage ich ganz ausdrücklich – darüber unter-
halten, wie man mit Überhangmandaten umgeht, ob
man vielleicht einen Teilausgleich vornimmt. Das alles
sind Überlegungen, die man politisch anstellen kann.
Aber – das sage ich noch einmal – das reicht nicht aus,
um das Problem des negativen Stimmgewichts, so wie
das Bundesverfassungsgericht es versteht, zu lösen.

Eines ist nicht in Ordnung: hier so zu tun, als ob der
einzige Weg, das Problem des negativen Stimmgewichts
zu lösen, ein Angriff auf die Überhangmandate ist. Wir
sollten uns gemeinsam davor hüten, die Gerichtsent-
scheidung dafür zu missbrauchen, ein politisches Ziel,
über das man politisch streiten kann, mit verfassungs-
rechtlichen Weihen zu versehen. Das ist nicht fair und
angemessen gegenüber dem Bundesverfassungsgericht,
das eine verfassungsrechtliche Entscheidung und keine
politische Grundentscheidung getroffen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Im Deutschen Bundestag – das sage ich mit Blick auf
die Überhangmandate sehr deutlich – gibt es keine Ab-
geordneten erster und zweiter Klasse. Auch die Abge-
ordneten, die ihr Mandat einem Überhangmandat zu ver-
danken haben, sind vollwertige Mitglieder unseres
Hauses. Das wird durch die Vorschläge der Opposition
ein wenig infrage gestellt. Unser Wahlrecht basiert auf
Erst- und Zweitstimmen. Ein integraler Bestandteil die-
ses Systems sind die Überhangmandate.

Das hat auch einmal in weiten Teilen die Opposition
so gesehen, die SPD und auch die Grünen. Ich darf daran
erinnern, dass fast jahrzehntelang der Hauptprofiteur der
Überhangmandate die SPD war. Ich darf daran erinnern,
dass ein gewisser Gerhard Schröder als Bundeskanzler
2001 hier in diesem Hause nur deshalb die Vertrauens-
frage gewonnen hat, weil er Überhangmandate hatte. Die
Mehrheit war so knapp, dass er ohne diese Überhang-
mandate nach den Wahlen 1998 und 2002 nicht Bundes-
kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewesen wäre.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wäre nicht schlimm gewesen!)


Wir hätten das nicht bedauert; ich möchte das nur einmal
so feststellen.

Ich komme zu meiner letzten Bemerkung. Es gibt im-
mer Alternativen in der Politik. Wir werden schauen, ob
es Brücken zwischen den Vorschlägen gibt. Dazu wird
es Gespräche und ein Anhörungsverfahren geben; das ist
selbstverständlich.

Ich möchte noch kurz ein gemeinsames Anliegen er-
wähnen, das wir in diese Gespräche einbringen wollen.
Wir wollen den subjektiven Rechtsschutz im Wahlver-
fahren einführen; diesen gibt es zurzeit in Deutschland

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(C (D icht. Das ist ein weißer Fleck auf der Rechtsschutzkarte eutschlands. Darüber sollten wir uns in allen Fraktioen einig sein. Wir hatten überlegt, das in diesen Gesetzntwurf aufzunehmen; das ist übrigens eine der Ursahen, warum wir diesen Vorschlag relativ spät vorlegen. ns ist dann klar geworden, dass dies zu komplex und chwierig wäre; es erfordert vielleicht sogar eine Grundesetzänderung. Von daher freue ich mich auf die Gespräche zur Frage ines negativen Stimmgewichts, aber auch zur Einfühng eines Rechtsschutzes in Bezug auf Wahlsachen in eutschland. Ganz herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sehr überzeugend!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711722800

Das Wort hat der Kollege Thomas Oppermann von

er SPD-Fraktion.


Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1711722900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist

er 30. Juni. Heute läuft die vom Bundesverfassungsge-
cht vor drei Jahren gesetzte Frist zur Reparatur des
ahlrechts ergebnislos ab.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Aber erst um 24 Uhr! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Noch ist alles richtig!)


as hat schwerwiegende Konsequenzen. Wir haben im
ugenblick in Deutschland kein Wahlrecht, das ange-
endet werden kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt nicht! – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Schämt euch!)

uf der Basis dieses Wahlrechts kann keine Bundestags-
ahl mehr durchgeführt werden. Eine Wahl, die durch-
eführt werden würde, wäre ungültig. Der Bundestag
üsste aufgelöst werden, und es gäbe dann nicht einmal
ehr ein Parlament, das ein verfassungsgemäßes Wahl-
cht verabschieden könnte. In diese groteske Situation

aben Sie den deutschen Parlamentarismus gebracht.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Früher haben die Politiker von Union und FDP immer

ie rechtsfreien Räume in der Gesellschaft kritisiert.
enn Hausbesetzer sich anmaßten, ein Haus zu beset-

en, hat Herr Uhl gesagt: Das ist ein rechtsfreier Raum,
en dürfen wir nicht dulden.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Das gab es in München nie!)


Heute schaffen Sie – nicht in der Gesellschaft, aber
itten im Staat, im Bereich des für die Demokratie kon-

titutiven Wahlrechts – einen rechtsfreien Raum in unse-
r Demokratie. Das ist ein unerträglicher Zustand, den
ie da geschaffen haben.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Thomas Oppermann )





(A) )

Grindel [CDU/CSU]: Parlamentarische Haus-
besetzung! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]:
Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

Wer eine dreijährige Frist des Bundesverfassungsge-
richts nicht respektiert, der missachtet unsere Demokra-
tie und unsere Verfassung. Und er zeigt eine beispiellose
Respektlosigkeit gegenüber dem Bundesverfassungs-
gericht.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sagen Sie einmal etwas zur Sache!)


Ich komme nun zu dem Gesetzentwurf, den Sie einge-
bracht haben. Das ist kein Gesetzentwurf zur Reform un-
seres Wahlrechts, sondern ein Gesetzentwurf zur Ab-
sicherung eines machtpolitischen Sondervorteils in
Gestalt von Überhangmandaten. Das ist das einzige Ziel,
das Sie verfolgen.


(Beifall bei der SPD)


Wir hatten bisher in Deutschland ein einheitliches
Wahlgebiet: Das deutsche Volk wählte den Deutschen
Bundestag. Sie spalten jetzt das einheitliche Wahlgebiet
in 16 verschiedene Wahlgebiete auf. Mal werden diese
Wahlgebiete getrennt, dann werden sie an anderer Stelle
bemerkenswerterweise wieder miteinander verbunden.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: In Bayern war das schon immer so!)


Das ist ein dürftiges Notkonstrukt, das den Anforderun-
gen des Bundesverfassungsgerichts in keiner Weise
Rechnung trägt.


(Beifall des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Oh doch!)


Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen. Sie erfin-
den jetzt sogar ein ganz neues negatives Stimmgewicht.
Bisher gab es das nur im Zusammenhang mit Überhang-
mandaten.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Not macht erfinderisch!)


Jetzt aber beziehen Sie in die Verteilung der Mandate auf
die Länder – mit weitreichenden Folgen – auch die Stim-
men ein, die nach dem geltenden Wahlrecht unter den
Tisch fallen würden, weil die entsprechenden Parteien
keine 5 Prozent erreicht haben.

Die 58 000 Wählerinnen und Wähler, die 2009 in
Berlin die Piratenpartei gewählt haben, wollten die Pira-
tenpartei wählen. Jetzt würden diese Stimmen aber mit-
zählen – mit der Konsequenz, dass das Land Berlin ein
Mandat mehr als bei der letzten Wahl bekäme.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nicht schlecht, oder? Was haben Sie gegen Berlin?)


Innerhalb von Berlin entfiele dieses Mandat auf die Grü-
nen. Ich unterschätze die Wähler der Piratenpartei nicht;
aber sie wollen ganz sicher eines nicht: Sie wollen nicht,

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(C (D ass ihre Stimme dazu führt, dass die Grünen ein Manat mehr bekommen. (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Eher als die SPD!)


as ist die Konsequenz Ihres Wahlrechts bzw. des nega-
ven Stimmgewichts, das Sie ganz neu in unser Wahl-
cht einbringen wollen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber können wir reden!)


amit werden Sie vor dem Bundesverfassungsgericht
einen Erfolg haben.

Sie trennen die Wahlgebiete, um die Wanderung von
andaten zwischen Landeslisten zu unterbinden. Dann

ber müssen Sie die 16 Wahlgebiete wieder verbinden,
eil Sie eine bundeseinheitliche 5-Prozent-Klausel bei-
ehalten wollen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hü und hott!)


ie müssen das auch verbinden, weil die FDP unbedingt
ie Verwertung der Reststimmen haben möchte.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Da hat er komplett recht!)


ie CDU trennt, damit sie die Überhangmandate behal-
n kann. Die FDP verbindet, damit die Reststimmen
erwertet werden können.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rest-FDP!)


eder von Ihnen will bei der Gestaltung des Wahlrechts
uf seine Kosten kommen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das ist ja eine Resteverwertungskoalition! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Wo sind denn eure Reste?)


Ich sage Ihnen: Das Wahlrecht ist nicht dazu da, dass
ie Parlamentsmehrheit auf ihre Kosten kommt, sondern
as Wahlrecht ist Ausdruck des großen Versprechens der
emokratie. Das große Versprechen der Demokratie ist
ie Gewährleistung des gleichen Wahlrechts für alle
ahlbürgerinnen und Wahlbürger. Das bedeutet, ihre

timme muss das gleiche Gewicht haben.


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Eben! Das wollen wir auch!)


s darf kein doppeltes Stimmgewicht geben. Überhang-
andate bedeuten aber im Ergebnis ein doppeltes
timmgewicht, nämlich für Wählerinnen und Wähler
on Abgeordneten, die ein Überhangmandat gewinnen.
h sage Ihnen: Wir wollen die Überhangmandate ab-

chaffen und dieses Problem in der politischen Aus-
inandersetzung lösen.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sehr resignativ!)


enn Sie Überhangmandate im Wahlrecht verankern
nd absichern wollen, wird der politischen Debatte eine
ristische Auseinandersetzung vor dem Bundesverfas-

ungsgericht folgen.





Thomas Oppermann


(A) )


)(B)


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Machen wir es doch erst einmal hier! Reden wir erst mal politisch! Das Juristische kommt dann später!)


Jetzt ist der Zeitpunkt, zu handeln. Am Ende könnte es
allerdings darauf hinauslaufen, dass das Bundesverfas-
sungsgericht die Verfassungsmäßigkeit von Überhang-
mandaten abschließend klären muss.

Ich sage Ihnen ganz kurz, warum wir Überhangman-
date für verfassungswidrig halten. Das hat vier Gründe:

Der erste Grund ist das doppelte Stimmgewicht, das
ich schon erwähnt habe.

Zweitens führen Überhangmandate zu einer massiven
regionalen Umverteilung bzw. Ungleichverteilung der
Mandate. So hat Baden-Württemberg bei der letzten
Bundestagswahl zehn Überhangmandate erhalten, für
die man dort aber überhaupt keine Zweitstimmen be-
kommen hat.

Drittens beeinträchtigen Überhangmandate die Chan-
cengleichheit der Parteien. Die SPD musste bei der letz-
ten Bundestagswahl im Durchschnitt 68 500 Stimmen
erhalten, um ein Mandat zu gewinnen. Die Union bekam
ein Mandat schon bei 61 000 Stimmen. Das ist ein Son-
dervorteil, der nicht legitimiert ist.


(Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Dann müsst ihr eure Kandidaten besser aufstellen!)


Viertens können Überhangmandate schlimmstenfalls
sogar die Zweitstimmenmehrheit umdrehen. Das wäre in
der Tat eine Situation, in der die Menschen das Ver-
trauen in die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie
verlieren würden. Wir werden ein Wahlgesetz, das Über-
hangmandate weiter absichert, dem Bundesverfas-
sungsgericht zur Überprüfung vorlegen; das sage ich Ih-
nen schon jetzt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Von Ihnen erwarten wir, dass Sie diesen Gesetzent-
wurf schnell mit Ihrer Mehrheit verabschieden, damit
wir genügend Zeit für die gerichtliche Überprüfung ha-
ben.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wollen wir nicht erst noch einmal darüber reden, Herr Oppermann?)


Das Wahlrecht muss klar, einfach und manipulationsfrei
ausgestaltet werden. Wenn die Koalition die Machtpoli-
tik über das Verfassungsrecht stellt, dann werden wir die
Hilfe des Bundesverfassungsgerichts suchen und ein de-
mokratisches, gleiches Wahlrecht für alle Bürgerinnen
und Bürger in Deutschland erwirken.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711723000

Das Wort hat der Kollege Dr. Stefan Ruppert von der

FDP-Fraktion.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1711723100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Ein relativ bekannter Verfassungsrechtler hat ge-
agt, dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsge-
chts vorliegt, die uns in die Lage versetzt, das
estehende Wahlrecht abschaffen zu müssen. Damit
ollten wir uns nicht zufriedengeben. Wir waren der
einung, das Wahlrecht der Bundesrepublik Deutsch-
nd hat sich bewährt. Es ist in seinen Grundzügen zu er-
alten. Ich glaube, es ist lohnend, darüber nachzuden-
en, wie man es erhalten kann. Wir haben das
ugegebenermaßen lange getan.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu lange!)


ber die Aufgabe war sehr kompliziert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben inzwischen eine Lösung gefunden – das
uss man Herrn Oppermann entgegnen –, die vielerlei
orteile hat. Sie hat ein unitarisches Element, weil sie
ie Fünfprozenthürde auf Bundesebene erhält. Sie hat
in föderales Element, weil sie, das Prinzip des negati-
en Stimmgewichts beseitigend, 16 Wahlgebiete kennt.
llerdings berücksichtigt sie – das ist der dritte Aspekt –
en gleichen Erfolgswert der Stimmen, weil sie in den
leiner werdenden Wahlgebieten auch die unter den
isch fallenden Stimmen im Rahmen einer Reststim-
enverwertung zu Mandaten werden lässt.


(Thomas Oppermann [SPD]: Überlaufmandate!)


Es wäre ein echtes verfassungsrechtliches Problem,
enn wir 16 Wahlgebiete und damit 16-mal Rundungs-
ngenauigkeiten bei der Mandatsverteilung schaffen
ürden, ohne die dann unter den Tisch fallenden Stim-
en einer Reststimmenverwertung zuzuführen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann gehen Sie doch einfach einen anderen Weg! Dann haben Sie das Problem nicht!)


sofern ist die bestehende Lösung mit einem unitari-
chen, einem föderalen Element und einem Element des
leichen Erfolgswerts jeder Stimme eine sachgerechte
ösung.

Ich höre, wir hätten eine Staatskrise oder kein verfas-
ungsgemäßes Wahlrecht.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt ja wohl!)


h will Sie jetzt nicht mit den Einzelheiten juristischer
räzision behelligen. Aber erstens haben wir ein Wahl-
cht,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber ein verfassungswidriges!)






Dr. Stefan Ruppert


(A) )


)(B)

zweitens sind wir zu diesem Zeitpunkt bei der ersten Le-
sung, und drittens haben wir die Möglichkeit, innerhalb
der Fristen der Auflösung für den Bundestag jederzeit
ein verfassungsgemäßes Wahlrecht abschließend herzu-
stellen. Sie sollten das Wort „Staatskrise“ für wirklich
ernsthaftere Problemlagen verwenden, anstatt es so in-
flationär zu benutzen und somit zu entwerten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Leider erliegen Sie dem politischen Reflex, die Wahl-
rechtsfrage nach der bestehenden politischen Wetterlage
und den politischen Umfragewerten anzugehen. Sie ha-
ben nicht das Selbstbewusstsein, zu glauben, dass Sie ir-
gendwann einmal wieder erstarken.


(Thomas Oppermann [SPD]: Das ist souverän!)


Sie haben auch nicht das Selbstbewusstsein, zu sehen,
dass Sie in der Vergangenheit durchaus zahlreiche Über-
hangmandate gewonnen haben. In 60 Jahren haben Sie
sich nie über Überhangmandate beschwert. Sie haben
über 60 Jahre lang davon profitiert. In schweren Phasen
Ihrer Partei hat sich Rot-Grün auf diese Mandate verlas-
sen; Herr Krings hat das schon gesagt. Herr Schröder ist
nur deswegen im Amt geblieben, weil Sie diese Mandate
hatten. Jetzt spielen Sie sich aufgrund der aktuellen Wet-
terlage plötzlich zum Bekämpfer dieser Mandate auf.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Man muss einmal sagen: Die SPD hat in drei Jahren
keine Lösung des Problems vorgelegt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Sie haben vielmehr ihre gesamte Kraft darauf verwen-
det, zu behaupten, das Problem sei nicht das negative
Stimmgewicht, sondern das Problem seien die Über-
hangmandate. Sie versuchen der geneigten Öffentlich-
keit vorzuführen, dass wir ein Problem A und ein Pro-
blem B haben.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Das Bundesverfassungsgericht hat uns zwar die Lösung
des Problems A aufgegeben. Sie aber wollen sich lieber
dem Problem B – den Überhangmandaten – widmen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, weil das zusammenhängt und das eine durch das andere entsteht!)


Wenn wir die Wahl 2005, die Nachwahl in Dresden,
nicht unter dem damaligen Wahlrecht, sondern unter
dem Wahlrecht, das die SPD jetzt vorschlägt, durchge-
führt hätten, dann hätte die Union trotz weniger Stim-
men noch immer ein Mandat mehr bekommen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Da hören Sie es! So ist es!)


Da muss man sich doch folgende Kontrollfrage stellen:
Entfällt dann nicht der Klagegrund für die Klage beim
Bundesverfassungsgericht?


(Thomas Oppermann [SPD]: Ja!)


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(C (D ie Antwort ist Nein. er auf eine solche Weise mit den uns gestellten Aufgaen umgeht, der ist, was diese Frage angeht, meiner einung nach nicht in der Position, zu kritisieren. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Gisela Piltz [FDP]: So viel zur Ehrlichkeit der Sozialdemokraten!)


(Thomas Oppermann [SPD]: Nein! Falsch!)


Es fällt mir schwer, dies zu sagen: Den einzigen dis-
utablen Entwurf aus Oppositionskreisen hat die Linke
ingebracht.


(Beifall bei der LINKEN)


ass in Ihrem Entwurf direkt gewählte Mandate,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch keine Mandate!)


lso Mandate mit einer sozusagen größtmöglichen Legi-
mation, schlicht entfallen – so haben es die Grünen
orgeschlagen – und ganze Wahlkreise in Deutschland
berhaupt keinen Abgeordneten haben, zeigt, dass es
ich hierbei nicht um einen verfassungsrechtlich satis-
ktionsfähigen Vorschlag handelt. Es erübrigt sich da-

er von selbst, darüber zu diskutieren. Die Linken lösen
as Problem, dass ein ganzer Wahlkreis kein Mandat hat,
dem sie sagen: Wir gleichen es aus. Dieses Vorgehen
das ist es, was aus unserer Sicht dagegen spricht –

ieht aber einen enormen Hebel für die Vergrößerung
es Bundestages nach sich.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Auf Bundesebene!)


ie würden einen enorm vergrößerten Bundestag schaf-
n. In gewissen Konstellationen wären es gegebenen-
lls 100 bis 120 zusätzliche Mandate. Stellen Sie sich

or, eine Partei erreicht beim ersten Mal 8 Prozent und
eim zweiten Mal 10 Prozent. Weil es aber keine Aus-
leichsmandate mehr gibt, hat sie beim zweiten Mal
Prozent mehr und trotzdem weniger Mandate.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kann doch passieren!)


as sind alles Ungenauigkeiten, die man Ihnen nicht
urchgehen lassen kann.

Am Ende bleibt zu sagen: Das Wahlrecht der Bundes-
publik Deutschland hat sich in allen Grundzügen be-
ährt. Anders, als Sie es glauben, sind Überhangman-
ate bis zu einer Größenordnung von 5 Prozent vom
erfassungsgericht nicht beanstandet worden. In der ak-
ellen Entscheidung, die wir heute diskutieren, wurde

ogar gesagt, dass sie explizit zulässig sind.

Insofern ist mein Petitum: Lasst es uns um ein weite-
s Element des subjektiven Wahlrechtsschutzes ergän-

en. Wir haben in der Tat lange gebraucht. Aber dafür
at die Koalition auch ein gutes Ergebnis erzielt, nicht
ur, was den Stil der Zusammenarbeit angeht. Wir haben
otz zum Teil unterschiedlicher Interessenlage – das
egt bei kleinen und großen Parteien in der Natur der
ache – mit der CDU/CSU gut zusammengearbeitet. Wir





Dr. Stefan Ruppert


(A) )


)(B)

haben einen tollen Vorschlag, mit dem wir stolz in die
Öffentlichkeit treten können. Ich glaube, die Bundesre-
publik Deutschland hat ein gutes Wahlrecht, wenn wir
diesen Gesetzentwurf beschließen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711723200

Das Wort hat die Kollegin Halina Wawzyniak von der

Fraktion Die Linke.


Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711723300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Bevor wir in die Einzelheiten des Koalitionsent-
wurfs einsteigen, möchte ich noch einmal sehr deutlich
auf etwas hinweisen, was der Kollege Oppermann schon
gesagt hat: Wir haben mit dem Ablauf des heutigen Ta-
ges kein verfassungsgemäßes Wahlrecht mehr. Ich finde,
das ist für eine Demokratie, das ist für unser Land ein
Skandal. Es ist eine Missachtung des Verfassungsge-
richts und des Parlaments. Da hilft es Ihnen auch nicht,
dass wir heute die erste Lesung haben;


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


denn erstens beschließen wir heute nichts, sondern wenn
wir etwas beschließen, dann tun wir das nach der Som-
merpause.

Zweitens wirft der von Ihnen vorgelegte Gesetzent-
wurf erhebliche Zweifel an der Verfassungsgemäßheit
auf. Sie selbst schreiben auf Seite 11 in der Begründung
zu Ihrem Gesetzentwurf, dass das negative Stimmge-
wicht nicht abgeschafft wird, sondern nur erheblich redu-
ziert wird. Im Laufe der 35-seitigen Drucksache gibt es
noch verschiedene andere Formulierungen. Fakt bleibt
aber, das negative Stimmgewicht wird gerade nicht aus-
geschlossen.

Drittens ist in Bezug auf Ihren Gesetzentwurf, zumin-
dest was den berühmten § 6 Abs. 2 a – das ist die soge-
nannte Reststimmenverwertung – angeht, völlig unklar,
ob er dem Gebot der Normenklarheit genügt. Das wage
ich ernsthaft zu bezweifeln. Im Übrigen wird auch auf
der Seite wahlrecht.de heftig darüber gestritten. Das
könnte man hier einmal vorlesen. Ich glaube, dann hät-
ten wir sehr viele Fragezeichen hier im Raum.

Fakt ist: Bei Ihrem Gesetzentwurf ist völlig unklar,
was der Wähler und die Wählerin mit seiner oder ihrer
Stimme erreicht. Richtig ist: Ihr Gesetzentwurf ist ein
Lösungsvorschlag. Dankenswerterweise haben Sie ge-
schrieben, dass es einer von vielen möglichen Lösungs-
vorschlägen ist. Sie setzen darauf, dass wir – ich mache
es jetzt einmal sehr einfach – 16 getrennte Wahlgebiete
haben, die Landeslisten nicht als verbunden gelten. Ent-
sprechend der Wählerbeteiligung werden die Sitze auf
die Länder umgelegt. Dann werden die Zweitstimmen,
die eine Partei erreicht hat, auf die Länder umgerechnet.
Dann erhält man eine bestimmte Zahl von Mandaten,
von der die Direktmandate abgezogen werden.

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(C (D (Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Sie haben es doch verstanden!)


ann gibt es noch den Reststimmenausgleich. Wenn ich
en jetzt erklären würde, wäre meine Redezeit zu Ende.
er ist nämlich so kompliziert, dass ihn tatsächlich kei-
er wirklich versteht.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wenn Sie es nicht verstehen, heißt das nicht, dass es keiner versteht!)


Ich will aber noch etwas zur Berliner Zweitstimme
agen. Das Problem, das Sie lösen wollen, besteht darin,
ass Direktmandate errungen werden, die Partei, deren
andidaten diese Direktmandate gewinnen, danach aber
icht ins Parlament kommt. Ich kann Ihnen versprechen:
s handelt sich um einen einmaligen Vorfall aus dem
ahre 2002, jedenfalls was unsere Partei angeht. Sie
önnten das Problem auch dadurch lösen, dass Sie die
ünfprozenthürde abschaffen.


(Beifall bei der LINKEN)


Generell kann ich Ihnen sagen: Ihr Gesetzentwurf
reift zu kurz. Sie haben dankenswerterweise angespro-
hen, dass in Ihrem Gesetzentwurf kein Wort zum
echtsschutz bei Nichtzulassung einer Partei auftaucht.
as ist völlig inakzeptabel. Ich verweise darauf, dass
eine Fraktion die einzige Fraktion ist, die einen kon-

reten Vorschlag dazu unterbreitet hat, wie man Rechts-
chutz suchen kann, wenn man nicht zur Wahl zugelas-
en wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich will an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich für
en Vorschlag der Linken werben. Ich bedanke mich
uch für das Lob der FDP und empfehle sowohl Union
ls auch FDP, noch einmal genauer nachzulesen. Unsere
usgleichsmandatsregelung bezieht sich auf die Bun-
esebene. Wie Sie da auf 100 Mandate kommen, würde
h gerne einmal wissen.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Ich habe Sie gar nicht angesprochen! Das war die SPD!)


Wir fordern das aktive Wahlrecht ab 16. Wir fordern
as aktive Wahlrecht für Menschen, die seit fünf Jahren
ier legal in Deutschland leben.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Für verurteilte Straftäter!)


erner fordern wir das Verbot von Wahlcomputern.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her-
n, ich war heute Morgen gemeinsam mit dem Kollegen
ppermann bei der Übergabe von 4 100 Unterschriften,
ie Mehr Demokratie e. V. unter der Überschrift „Wäh-
n ohne Überhang!“ gesammelt hat. Mein konkreter
orschlag an Sie von Union und FDP ist: Wenn Sie zu
esprächen über das Wahlrecht einladen, dann laden Sie
och auch Mehr Demokratie ein, damit deren Vertreter
it am Tisch sitzen. Da ich von Mehr Demokratie e. V.
nterschriftenlisten bekommen habe und Sie heute Mor-





Halina Wawzyniak


(A) )


)(B)

gen nicht da waren, übergebe ich sie Ihnen jetzt und
sage: Machen Sie was draus!


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711723400

Das Wort hat jetzt der Kollege Volker Beck von

Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711723500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koali-

tionsredner versuchen hier, die aktuelle schwierige Si-
tuation wegzureden. Lesen Sie doch einmal die Worte
des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsge-
richts, Herrn Papier, zur Situation nach, die wir ab null
Uhr morgen früh haben.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Er schreibt jetzt für jeden!)


Die Bundesrepublik Deutschland steht dann ohne ein
Wahlrecht dar.

Herr Papier hat Ihnen die Konsequenzen ausgemalt.
Er hat gesagt: Wenn ein Bundestag nach diesem verfas-
sungswidrigen Wahlrecht gewählt werden würde, könnte
die Wahl aufgrund einer Wahlprüfungsbeschwerde wo-
möglich für ungültig erklärt werden.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wir wollen den Bundestag nicht auflösen!)


Eine Heilung des verfassungswidrigen Wahlgesetzes
durch den Bundestag selbst wäre dann eben nicht mehr
möglich.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Herr Beck, wir können nicht wählen!)


Das sind nicht meine Worte, sondern die des ehemaligen
Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts.

Ab morgen früh um null Uhr droht eine Staatskrise,
wenn die Kanzlerin hier die Nerven verliert


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das wird nicht passieren!)


– bei dieser Koalition könnte ich es total verstehen,
wenn ihr das passieren würde – und die Vertrauensfrage
stellt, die sie mit irgendeiner Vorlage verbindet – wo-
möglich mit der Griechenlandhilfe – und dann verliert.
Was ist dann los?


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Machen Sie es einfach ein bisschen kleiner!)


Das kann in der nächsten Woche passieren, das kann
auch in der ersten Sitzungswoche im September passie-
ren. Deshalb ist die jetzige Situation keine Kleinigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dass Sie drei Jahre für diesen Gesetzentwurf ge-
braucht haben, erklärt sich mir allerdings nicht.


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Sie haben gar keinen!)



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(C (D Wir haben gar keinen? Unser Gesetzentwurf war der rste, der vorlag. (Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Das ist aber der schlechteste!)


it ihm würden das negative Stimmgewicht und die
roblematik der Überhangmandate eindeutig beseitigt.
as Bundesverfassungsgericht hat unseren Vorschlag in

einem Urteil zum negativen Stimmgewicht ausdrück-
ch als einen möglichen Lösungsweg erwähnt. Herr
uppert, plustern Sie sich hier also nicht auf, sondern le-

en Sie das Urteil noch einmal nach.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wer plustert sich hier denn auf?)


Wenn man Ihren Gesetzentwurf liest, wird einem
bel. Das geht schon beim Wortlaut los. Es wird davon
esprochen, dass sich die Anzahl der Sitze, die sich den
inzelnen Ländern zuordnen lassen, in Zukunft nach der
ahl der Wähler in jedem Land richtet. Was meinen Sie
enn jetzt? Meinen Sie die Wahlberechtigten in diesem
and oder die Leute, die die Stimme abgegeben haben?
enn man schon drei Jahre lang über einen Gesetzent-
urf brütet, wäre ein bisschen mehr Normenklarheit

chon angemessen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wähler ist Wähler! Was verstehen Sie an dem Begriff Wähler nicht?)


Wenn Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
achlesen, dann sehen Sie, dass es uns mit Blick darauf,
ass das Bundeswahlgesetz ziemlich unverständlich ge-
chrieben ist und dass der Gesetzgeber die Aufgabe an-
ehmen sollte, das klarer und verständlicher zu formu-
eren, mit drei Jahren eine relativ lange Frist gegeben
at.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thomas Oppermann [SPD]: Viel zu lang!)


Ein Beispiel aus Ihrem Gesetzgebungslabor ist § 6
bs. 2 a in Ihrem Gesetzentwurf. Der ist an Normenklar-
eit und Verständlichkeit wirklich nur schwer zu toppen.
h lese ihn deshalb auch vor


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sollen wir Ihren Text einmal vorlesen?)


Sie haben das ja nicht getan, deshalb bleibt das mir
berlassen –:

Ist der Quotient aus der Summe der positiven Ab-
weichungen der auf die Landeslisten einer Partei
entfallenen Zweitstimmen von den nach Absatz 2
Satz 6 für die errungenen Sitze erforderlichen
Zweitstimmen geteilt durch die im Wahlgebiet für
einen der zu vergebenden Sitze erforderliche Stim-
menzahl größer als 0,5, werden den Landeslisten
dieser Partei mit der höchsten positiven Abwei-
chung weitere Sitze nach Maßgabe des Absatzes 2
Sätze 3 und 4 zweiter Halbsatz zugeteilt.





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Verschlucken Sie sich nicht! – Dr. Günter Krings [CDU/ CSU]: Lesen kann er! Was verstehen Sie nicht? – Gegenruf des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Dass Sie das nicht verstehen, ist klar!)


In einem solchen Falle erhöht sich die Gesamtzahl
der Sitze (§ 1 Absatz 1) um die Unterschiedszahl.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist eine super Regelung und total verständlich.

Mit dieser Regelung in Abs. 2 a lösen Sie ein Pro-
blem, das Sie durch die Aufteilung des Wahlgebietes in
16 Länder zum Wohle der FDP selbst erst geschaffen ha-
ben. Ich finde, wenn man einen solchen Vorschlag
macht, dann muss man auch für einen Ausgleich sorgen.
Ansonsten würde das in der Tat bedeuten, dass die FDP
7 oder 8 Prozent erreichen müsste, um überhaupt auf
5 Prozent der Sitze zu kommen. Das wäre Ihnen gegen-
über nicht fair. Sie sollen gegebenenfalls nach fairen Re-
geln verlieren, nicht nach unfairen. Das konzediere ich.
Das ist das Demokratieprinzip.

Aber warum wir neben den Überhangmandaten jetzt
nach dieser Regelung noch Überlaufmandate schaffen
sollen, mit denen der Bundestag vergrößert wird, statt
uns an den Ausgleich der Überhangmandate zu machen
oder die Überhangmandate, wie wir das vorschlagen, zu
beseitigen, das verstehe wer will.

Das Entscheidende beim Wahlrecht ist doch, dass die
Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stimme entscheiden,
welche Parteien gemeinsam oder alleine im Deutschen
Bundestag über eine Mehrheit verfügen. Es darf nicht
sein, dass die Mehrheit der Bürger eine Partei gewählt
hat und nachher eine andere Partei die Mehrheit der
Sitze hat. Dann bewirken wir Demokratiemüdigkeit, und
die Menschen sagen: Meine Wahl bewirkt gar nichts.


(Gisela Piltz [FDP]: Das ist wie mit Stuttgart 21!)


Irgendein wundersames Instrument im Wahlrecht führt
zur Umkehrung der Ergebnisse. Das ist demokratiefeind-
lich und zerstört die Grundlagen der parlamentarischen
Demokratie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen doch zwei-
mal gesagt, dass beim negativen Stimmgewicht die
Überhangmandate das Problem sind. Ich zitiere aus dem
Urteil selbst:

Der von den Beschwerdeführern angegriffene Ef-
fekt des negativen Stimmgewichts tritt im Zusam-
menhang mit Überhangmandaten bei der Verteilung
von Mandaten auf verschiedene verbundene Lan-
deslisten auf und beruht auf einem Zusammenspiel
der Normen …

Es folgen verschiedene Paragrafen.

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(C (D Herr Beck, kommen Sie bitte zum Schluss. Das Bundesverfassungsgericht hat am 25. Februar 009 eine Wahlprüfungsbeschwerde zurückgewiesen, ie die Überhangmandate betraf. Herr Beck, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss. Das ist der letzte Satz, den ich zitiere – das ist die Be ründung –: Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage der Verfassungswidrigkeit von Überhangmandaten wird sich nach einer Neuregelung der Problematik des negativen Stimmgewichts nicht mehr in der gleichen Weise stellen. ei Ihnen stellt es sich in der gleichen Weise. Es wird leiglich noch durch die Problematik der Überlaufmandate etoppt. Deshalb ist Ihr Gesetzentwurf keine Lösung des roblems. Er ist verfassungswidrig, und er ist schlecht emacht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711723600
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711723700
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711723800
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711723900


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711724000

Das Wort hat der Kollege Dr. Hans-Peter Uhl von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Können Sie den Entwurf noch herausreißen? – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Haben Sie den Entwurf überhaupt verstanden, Herr Uhl? – Gisela Piltz [FDP], an den Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD] gewandt: Im Gegensatz zu Ihnen, ja!)



Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1711724100

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und

ollegen! Ich erspare es mir, den Entwurf zu erklären,
en ich für die CSU genauso miterarbeitet habe wie der
ollege Ruppert und der Kollege Krings, die diesen Ge-

etzentwurf auf hervorragende Weise erläutert haben.
h will mich ganz kurz mit einigen Themen befassen.

Erster Punkt. Wir bedauern, dass sich unser Gesetz-
ntwurf aufgrund der Verweigerungshaltung der Grünen
nd der SPD nicht auf eine breite Mehrheit stützen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir wollten einen breit aufgestellten Gesetzentwurf ha-
en, bei dem möglichst viele Fraktionen mitmachen.
err Kollege Krings hat erläutert, warum es nicht mög-
ch war, sich mit Ihnen zu einigen. Herr Kollege
ppermann, die SPD will nicht das negative Stimmge-
icht, sondern die Überhangmandate abschaffen.





Dr. Hans-Peter Uhl


(A) )


)(B)

Ich komme damit zu meinem Hauptthema. Sie haben
hier in Ihrer Rede so getan, als sei das Überhangmandat
als solches Teufelszeug.


(Thomas Oppermann [SPD]: Soll ich Ihnen mal sagen, was Herr Kauder dazu sagt?)


Ich rechne Ihnen jetzt vor, was die SPD in 60 Jahren an
Überhangmandaten bekommen hat. In dieser Zeit hat sie
34 Überhangmandate kassiert und vom Wähler dankend
entgegengenommen. Da waren die Überhangmandate
gut. Jetzt auf einmal sollen sie Teufelszeug sein.


(Thomas Oppermann [SPD]: Sie waren damals auch nicht gut, aber hilfreich!)


Wir haben in dieser Zeit – das gebe ich zu – 38 Über-
hangmandate bekommen, also 4 mehr.

Wir erinnern uns alle an die Wahl im Jahre 2002. Bei
der Wahl 2002 hat die SPD ganze 6 027 Zweitstimmen
mehr als die Union gehabt. Wozu hat das bei den Man-
daten geführt? Die 0,01 Prozent Vorsprung haben dank
der Überhangmandate zu drei Sitzen Vorsprung geführt,
die Sie dankend angenommen haben. Jetzt sollen genau
diese Überhangmandate Teufelszeug und verfassungs-
widrig sein und sofort abgeschafft werden müssen.

Ich komme zu dem zweiten Punkt, um den es mir
heute geht: Haben wir eine Staatskrise?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711724200

Herr Kollege Uhl, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Oppermann?


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1711724300

Nein. Ich muss um 20 Uhr meine Frau abholen. Das

ist mir wichtiger, als Ihre Fragen zu beantworten.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711724400

Das ist jedenfalls eine gute Begründung.


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1711724500

Sie reden ja immer von Familienpolitik. Mir ist das

wichtiger, als Ihre Fragen zu beantworten.

Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen. Haben
wir eine Staatskrise? Der Pensionär Jürgen Papier hat
sich in der Bild-Zeitung dazu verstiegen, diese Dinge auf
hysterische Weise zu dramatisieren.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er war damals Ihr Vorschlag!)


Wir haben in der Tat ab heute Nacht kein Wahlrecht
mehr. Herr Beck spinnt das weiter und glaubt, es könn-
ten jemandem die Nerven durchgehen, und wir würden
den Bundestag auflösen und die Wahl vorziehen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jeder glaubt das hier!)


Ich rate Ihnen, Herr Oppermann: Sparen Sie sich das
Fraktionsgeld und geben Sie kein Gutachten bei Herrn

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(C (D apier in Auftrag. Ich kann das gleich jetzt in meiner ede erledigen. In Art. 39 Abs. 1 Satz 4 des Grundgesetes heißt es sinngemäß: Wenn der Bundestag aufgelöst ird, hat man 60 Tage Zeit bis zur Neuwahl. (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Niemand hat die Absicht, den Bundestag aufzulösen!)


Sollten wir in der Sommerpause auf den abenteuerli-
hen Gedanken kommen, den Bundestag aufzulösen,
ann treffen wir uns am 5. September zur Anhörung
ieder. Heute ist die erste Beratung. Am 5. September
ndet die Anhörung statt. Wenn wir tatsächlich an die
uflösung des Bundestags denken sollten, könnten wir
ann im Laufe des Septembers oder Oktobers in aller
uhe zur Tat schreiten. Vorher führen wir die zweite und
ritte Beratung durch. Dann schreiten wir zur Wahl.


(Gisela Piltz [FDP]: Machen Sie sich keine Hoffnung!)


Ich sehe nirgends den Hauch einer Krise, die Sie
erne hätten. Sie wollen nämlich dramatisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich meine ganz ernsthaft, wir sollten das Wahlrecht,
as in der Tat kompliziert ist – nicht nur der Paragraf,
en Herr Beck vorgelesen hat, ist kompliziert; das gilt
uch für viele andere Paragrafen im geltenden Recht –,
eibehalten. Es verbindet Elemente des Verhältniswahl-
chts mit dem Mehrheitswahlrecht. Das betrifft den di-
kt gewählten Abgeordneten. Wir Bayern sind stolz da-
uf, in Bayern alle Wahlkreise gewonnen zu haben. Von

en Grünen nickt mir nur einer zu, und zwar Herr
tröbele. Auch ihm ist es gelungen, einen Wahlkreis di-
kt zu gewinnen. Wir wissen, was das heißt, und sind

tolz darauf. Das muss so bleiben.

Wir haben aber auch ein Verhältniswahlrecht.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Denken Sie an Ihre Frau, Herr Uhl!)


as Verhältniswahlrecht führt dazu, dass in allen Län-
ern nach dem Proporz ein Ausgleich zu den direkt ge-
ählten Abgeordneten stattfindet. Das ist gut so. Wir

ollten dieses System beibehalten und nur minimalinva-
iv das bizarre Ergebnis des negativen Stimmgewichts
eseitigen und ansonsten bei unserem bewährten Wahl-
cht mit Überhangmandaten bleiben, Herr Oppermann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Grüßen Sie Ihre Frau!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711724600

Als letzter Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

rteile ich das Wort der Kollegin Gabriele Fograscher
on der SPD-Fraktion, die auch schon am Rednerpult
teht.


Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1711724700

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Herr Uhl muss Termine einhalten. Das ist auch gut
o. Es wäre aber auch gut gewesen, wenn diese Koalition





Gabriele Fograscher


(A) )


)(B)

den Termin des Bundesverfassungsgerichts eingehalten
hätte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Tatsache ist, dass wir uns ab morgen in einem rechts-
freien Raum befinden. Wir haben dann kein verfassungs-
mäßiges Wahlrecht mehr.

Wer geglaubt hat, dass Sie aufgrund der langen Zeit
für Beratungen einen besonders guten, die Probleme des
Wahlrechts lösenden und die Auflagen des Bundesver-
fassungsgerichts erfüllenden Vorschlag vorgelegt haben,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Der sieht sich bestätigt!)


der ist enttäuscht. Sie täuschen auch.


(Beifall bei der SPD)


Der von Ihnen vorgelegte Vorschlag zielt nämlich
nicht darauf ab, das Wahlrecht transparenter und für die
Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbarer zu machen.
Ihr Vorschlag, liebe Kolleginnen und Kollegen der
CDU/CSU, dient der Absicherung Ihrer Überhangman-
date und beinhaltet einen kleinen, aber merkwürdigen
Kompromiss zur Befriedung Ihres kleinen Koalitions-
partners.

Jetzt, fast genau drei Jahre nach dem Urteil des Bun-
desverfassungsgerichts, erklärten Sie sich in der letzten
Ausschusssitzung bereit, unserem Antrag zu folgen und
eine Anhörung zum Wahlrecht im Innenausschuss
durchzuführen. Diese findet in der ersten Sitzungswoche
nach der Sommerpause statt. Das alles hätten wir schon
viel früher haben können bzw. viel früher haben müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


All Ihren verbalen Beteuerungen in der letzten Debatte
zum Trotz haben Sie keinen breiten Konsens im Hause
gesucht, obwohl dies beim Wahlrecht immer gute Tradi-
tion war. Sie haben keine Berichterstattergespräche unter
Hinzuziehung von Sachverständigen organisiert. Unsere
Gesprächsangebote haben Sie abgelehnt.

Was passiert jetzt? Sie wollen mit Ihrer Mehrheit eine
Wahlrechtsänderung zu Ihrem eigenen Vorteil durchset-
zen. Dazu werfen Sie in Ihrem Vorschlag neue verfas-
sungsrechtliche Fragen auf. Bei der Bundestagwahl
wählt das unitarische Bundesvolk. Dieses Prinzip bre-
chen Sie auf, da Sie Länder zu getrennten Wahlgebieten
machen wollen. Die Verrechnung der Reststimmen er-
folgt wiederum bundesweit über Zusatzmandate. Wir be-
streiten, dass Ihr Vorschlag das negative Stimmgewicht
restlos beseitigt. Ihr Vorschlag fördert weiterhin das Ent-
stehen von Überhangmandaten und das Stimmensplit-
ting. Dies widerspricht der Gleichheit des Erfolgswerts
jeder Stimme.

In dieser Wahlperiode machen Ihre 24 Überhangman-
date 4 Prozent der Mitglieder des Bundestages aus; das
ist fast Fraktionsstärke. Damit entspricht Ihr Anteil an
Zweitstimmen nicht Ihrem Anteil an Mandaten. Die
Mehrheitsverhältnisse werden verzerrt. Die Überhang-

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(C (D andate führen auch zu einer regionalen Ungleichverteing der Mandate. Die CDU in Baden-Württemberg hat ehn Überhangmandate und damit mehr Gewicht im undestag, als ihr nach Zweitstimmen zusteht. Zudem rauchte die CDU 6 500 Stimmen weniger als die SPD, m ein Mandat bei der letzten Bundestagswahl zu errinen. Das widerspricht dem Prinzip der Gleichheit der timme. Bei einem anzunehmenden Anwachsen der berhangmandate wird sich dieses Problem noch ver chärfen. Diese Fragen werden wir in der Sachverständigenanörung erörtern müssen. Dann werden auch Sie feststeln, dass Ihr Gesetzentwurf nicht taugt, um den Auflagen es Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden und en Geboten von Transparenz und Gleichheit der Stimme achzukommen. Die Anhörung wird zeigen, dass Ihr Vorchlag ein misslungener Versuch ist, die Probleme unses Wahlrechts zu lösen. Ihr Vorschlag macht das Wahlcht nicht transparenter und nicht nachvollziehbarer für ie Bürgerinnen und Bürger. Er verletzt den Grundsatz er Gleichheit der Stimme. Er konterkariert das Prinzip er unitarischen Bundestagswahl. Er schafft das Problem es negativen Stimmgewichts nicht ab. Er löst nicht die rage der Überhangmandate. Die Süddeutsche Zeitung vom 27. Juni nennt Ihren orschlag „selbstsüchtige Wahlrechtsreform“. Ich forere Sie auf: Geben Sie diesen Vorschlag auf, und bemüen Sie sich endlich ernsthaft um eine breite Akzeptanz er Wahlrechtsreform. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzenturfs auf Drucksache 17/6290 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann t das so beschlossen. Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 7 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Tarifvertragssystem stärken – Allgemeinverbindliche Tariflöhne und branchenspezifische Mindestlöhne erleichtern – Drucksache 17/4437 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wierspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711724800




(A) )

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin das Wort der Kollegin Beate Müller-Gemmeke von
Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Bundeskanzlerin Merkel hat kürzlich
bei der ILO-Konferenz in Genf die deutsche Sozialpart-
nerschaft gelobt, und auch Sie, die Regierungsfraktio-
nen, verweisen bei vielen Debatten immer auf die Tarif-
autonomie.

Auch wir Grünen stehen zur Tarifautonomie, und ge-
rade deswegen schauen wir genau hin: Realität ist, dass
die Tarifautonomie immer weniger funktioniert. Arbeit-
geber wechseln in OT-Mitgliedschaften oder begehen
gleich ganz Tarifflucht. In der Folge nimmt die Tarifbin-
dung kontinuierlich ab. Heute sind nur noch circa
62 Prozent der Beschäftigten durch tarifliche Vereinba-
rungen geschützt. Das schwächt die Tarifpartner und
auch die Tarifautonomie; das ist nicht akzeptabel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Natürlich hat dies auch Auswirkungen auf die Lohn-
entwicklung. Der neue Global Wage Report der ILO
zeigt: Im weltweiten Vergleich von 26 entwickelten Län-
dern liegt Deutschland bei der Reallohnentwicklung in
den letzten zehn Jahren mit minus 4,5 Prozent an letzter
Stelle.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Oh!)


Die Löhne orientieren sich nicht mehr angemessen an der
Produktivitätsentwicklung. Der Trend hin zu den Nied-
riglöhnen ist ungebrochen. Durch die sinkende Tarifbin-
dung fehlt zudem in manchen Branchen zuungunsten der
kleinen und mittleren tariftreuen Betriebe ein einheitli-
cher Wettbewerbsrahmen. Diese Entwicklung sehen wir
mit großer Sorge; wir meinen, dass sie endlich gestoppt
werden muss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Aber nicht durch so etwas!)


Andere europäische Länder stützen die Tarifautono-
mie politisch mit einem System aus Mindestlöhnen und
vor allem mit für allgemeinverbindlich erklärten Tarif-
löhnen. In Deutschland hingegen gibt es kaum Mindest-
löhne, und vor allem sind gerade einmal 1,5 Prozent der
Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Vereinigungsfreiheit!)


Damit bewegt sich Deutschland auf Augenhöhe mit den
osteuropäischen Ländern,


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Mit Luxemburg und England!)


und das kann ich nur als peinlich bezeichnen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Beim DGB-Kongress im letzten Jahr hat Frau Merkel
ie weißen Flächen bei der Tarifautonomie kritisiert,
ber seither ist wenig passiert. Wir wollen aber die So-
ialpartner stärken. Im Tarifvertragsgesetz wollen wir
as Verfahren der Allgemeinverbindlicherklärung von
arifverträgen erleichtern und die zu hohen Hürden ab-
auen. Der Tarifausschuss soll beispielsweise temporär
m die Tarifparteien derjenigen Branchen erweitert wer-
en,


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Da macht man den Bock zum Gärtner!)


denen ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich er-
lärt werden soll. Einseitige Blockaden der Spitzenver-
ände sind damit nicht mehr möglich; die antragstellen-
en Tarifparteien hingegen werden gestärkt.

Die Tarifflucht der Arbeitgeber führt auch dazu, dass
mer weniger Branchen Anträge stellen können. Des-

alb wollen wir auch die geforderte Tarifbindung von
0 auf 40 Prozent senken.

Schlussendlich bleiben wir bei unserer alten Forde-
ng, dass das Arbeitnehmer-Entsendegesetz für alle
ranchen geöffnet wird. Die Tarifpartner sollen ganz im
inne der Tarifautonomie selber entscheiden, ob in ihren
ranchen Mindestlöhne notwendig sind oder eben nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mittlerweile höre ich auch aus der Regierungskoali-
on eine gewisse Bereitschaft zum Umdenken. Arbeits-
inisterin von der Leyen oder auch Peter Weiß sprechen

ich für Branchenmindestlöhne aus. Selbst aus der FDP
aren Stimmen zu hören, die sich positiv zu Mindest-
hnen geäußert haben. Das freut mich natürlich.

Zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen der Re-
ierungsfraktionen: Wenn es Ihnen mit der Tarifautono-
ie ernst ist, dann verfallen Sie bitte nicht in den üblichen
eflex, unsere Forderungen kategorisch abzulehnen.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist kein üblicher Reflex, sondern wohlbegründet!)


ühren Sie mit uns, Herr Lehrieder, konstruktive Dis-
ussionen in den Gremien. Unser Ziel ist, dass die tarif-
euen Arbeitgeber und die Gewerkschaften weiter die
öhne und die Arbeitsbedingungen aushandeln.

Notwendig aber sind politische Rahmenbedingungen,
m die Tarifpartner zu stärken, damit die Tarifautonomie
ieder funktioniert und möglichst alle Beschäftigten da-
on profitieren.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711724900

Das Wort hat der Kollege Paul Lehrieder von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1711725000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Kollegin Müller-Gemmeke,
heute debattieren wir über Ihren Antrag „Tarifvertrags-
system stärken – Allgemeinverbindliche Tariflöhne und
branchenspezifische Mindestlöhne erleichtern“. Wir ha-
ben zu diesem Thema – alle Arbeitsmarktpolitiker hier
wissen das – in der letzten Zeit bereits zahlreiche Dis-
kussionen geführt; eigentlich ist dazu schon sehr viel ge-
sagt worden.

Gleichwohl verdient es Ihr Antrag, dass man einmal
genauer hinschaut.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Sie haben gerade mit Krokodilstränen in den Augen aus-
geführt, Frau Müller-Gemmeke, dass der Trend zu Nied-
riglöhnen nach Ihrer Ansicht ungebrochen sei. In Ihrem
Antrag schreiben Sie:

Deutschlandweit arbeiteten im Jahr 2008 bereits
21,5 Prozent … der Beschäftigten im Niedriglohn-
bereich …

Wenn man jetzt aber tatsächlich einmal die statistischen
Zahlen hinterfragt und schaut, woher die 21,5 Prozent
kommen, dann stellt man fest, dass dies keine drastische
Steigerung beispielsweise im Verhältnis zu 1999 ist. Im
Jahr 1999 waren 19,0 Prozent der Menschen im Gering-
verdienerbereich. Das heißt also, den freien Fall nach
unten in den Niedriglohnbereich hat es nicht gegeben.

Natürlich ist es richtig, dass in Branchen, in denen
eine bestimmte Tarifbindung vorhanden ist und in denen
Verwerfungen da sind,


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es!)


branchenspezifische Mindestlöhne eingeführt werden
können. Wenn Sie das Beispiel der letzten Wochen ein-
fach sine ira et studio, also gelassen, auf sich wirken las-
sen,


(Beifall bei der CDU/CSU)


dann werden Sie merken, dass wir es sogar geschafft ha-
ben, in der Zeitarbeit einen Mindestlohn einzuführen.
Das hätten uns vor wenigen Jahren die Grünen am aller-
wenigsten zugetraut. Das heißt, bei dieser christlich-libe-
ralen Koalition sind die Sorgen der Arbeitnehmer um die
Tarifvertragsfreiheit besser als bei mancher anderen
Gruppierung in diesem Hause aufgehoben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen ermuntern wir Sie ja, dass Sie weitermachen!)


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(C (D Sie haben des Weiteren ausgeführt, die Grünen stehen ur Tarifautonomie. Richtig ist, liebe Kolleginnen und ollegen, dass die Festsetzung von Mindestlöhnen für eitere Branchen auf Basis des Tarifvertragsgesetzes, es Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindestareitsbedingungengesetzes Sinn macht und die Tarifautoomie stärkt. Sie haben ja bereits selbst ausgeführt: 2 Prozent der Arbeitnehmer sind von Tarifverträgen mfasst. Gleichzeitig führen Sie aus, dass wir im Verleich mit allen EU-Staaten im Bereich des Tarifbinungsgrades lediglich im Mittelfeld und im Vergleich it den ursprünglichen EU-Staaten sogar ganz unten ind. Als Beispiele für Länder, die noch schlechter als ir sind, nennen Sie Großbritannien und Luxemburg. as sind genau die Länder, die einen relativ hohen ge etzlichen Mindestlohn bereits haben. Das heißt, ein Zuammenhang zwischen geringer Entlohnung und Minestlöhnen, den Sie immer wieder herstellen wollen, ist erade durch Ihre eigene Argumentation nicht gegeben, ondern längst widerlegt. Meine Damen und Herren, was wollen Sie eigentlich? (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist die entscheidende Frage!)


ie wollen die erforderliche Mindesttarifbindung auf un-
r 50 Prozent ansetzen. Da müssten doch eigentlich alle
locken läuten: Eine Minderheit bestimmt über eine
ehrheit, wenn hier weniger als 50 Prozent mit Tarif-

indung über die Vertragsbedingungen für die Mehrheit
er Arbeitnehmer entscheiden können. Das werden Sie
och nicht ernsthaft mit dem Demokratieprinzip in Ver-
indung bringen wollen.


(Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Lassen Sie es; ich muss nachher meine Frau abholen.
as passt mir gerade nicht.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim Wahlrecht lagen Sie gerade mit der Demokratie daneben! Jetzt versuchen Sie es noch mal!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711725100

Herr Kollege Lehrieder, Frau Müller-Gemmeke

ürde gerne eine Zwischenfrage stellen.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1711725200

Ich habe mir vorgenommen, keine Zwischenfragen

uzulassen. Aber weil Frau Müller-Gemmeke so nett ist
nd es vielleicht ihrer Wissensmehrung dienen könnte,
sse ich die Frage natürlich zu.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711725300

Bitte.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Kollege Lehrieder, vielen Dank, dass ich Sie et-

as fragen darf. Sie haben gerade gesagt, dass es nicht





Beate Müller-Gemmeke


(A) )


)(B)

geht, dass eine Mehrheit von einer Minderheit bestimmt
wird usw. Demokratie hat ja auch etwas mit Fairness zu
tun. Von daher frage ich Sie, ob Sie finden, dass es fair
ist, dass die Arbeitgeber, die Tarifflucht begehen, im
Endeffekt dafür verantwortlich sind, dass es für diejeni-
gen, die die Tarifautonomie hochhalten und Tariftreue
zeigen, keine allgemeinverbindlich erklärten Tariflöhne
mehr gibt. Halten Sie es für fair, dass gerade diejenigen,
die die Tarifautonomie unterlaufen, im Endeffekt dafür
sorgen, dass die Quote der Tarifbindung, die notwendig
ist, um den Antrag zu stellen, nicht mehr erreicht werden
kann?

Meine zweite Frage ist: Was wollen Sie dafür tun,
dass genau dies nicht mehr der Fall ist und dass die Ver-
ordnung, die möglich ist, wirklich angewandt werden
kann?


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1711725400

Schauen Sie, Frau Müller-Gemmeke, wir haben im

Grundgesetz einen Grundrechtekatalog. Da steht unter
anderem als ein hohes Gut die Vereinigungsfreiheit, also
die Freiheit, eine Vereinigung zu gründen, aber auch die
Freiheit, einer Vereinigung fernzubleiben.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Negative Koalitionsfreiheit!)


Das gilt für Sie, das gilt für Parteien, das gilt für Vereine,
und das gilt genauso für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Das heißt, wir können niemanden zwingen, einer be-
stimmten Vereinigung beizutreten oder ihr nicht beizu-
treten. Mit dirigistischen Maßnahmen haben wir eigent-
lich wenig am Hut. Das ist nicht unser Stil.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Wir halten uns ans Grundgesetz, ganz genau!)


– Ja, wir halten uns selbstverständlich ans Grundgesetz,
und wir halten eine entsprechende wirtschaftliche Ent-
wicklung und eine Steigerung des Marktwertes der Ar-
beitnehmer für das probatere Mittel. Letztendlich müs-
sen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände etc. bessere
und faire Konditionen für das Arbeitsverhältnis aushan-
deln. Das ist besser, als wenn wir es par ordre du mufti
über den Bundestag regeln.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie machen nichts!)


Wir werden im Endeffekt niemanden zwingen. Wir
werden schauen, wo Verwerfungen sind. Ich verweise in
diesem Zusammenhang auf das, was wir vor wenigen
Wochen bei der Zeitarbeit gemacht haben; ich könnte
das entsprechende Beispiel erneut anführen. Da, wo wir
Handlungsbedarf sehen, werden wir handeln.

Sie selbst outen sich hier ein Stück weit, wenn Sie auf
Seite 2 Ihres Antrages ausführen; ich darf mit Erlaubnis
des Herrn Präsidenten zitieren. Frau Müller-Gemmeke,
bleiben Sie bitte stehen; ich bin noch bei der Antwort;
das verlängert meine Redezeit; Sie wollen doch wissen,
was wir machen.


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(C (D (Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Doch, ich antworte noch. Ich schaue Sie doch an. Ich
abe nur einmal einen Blick auf meinen Zettel geworfen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711725500

Herr Kollege Lehrieder, die Fragen und die Antwor-

n sollen kurz und präzise sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1711725600

Ja, aber es ist manchmal erforderlich, dass diese Ant-

orten etwas länger dauern.

Frau Müller-Gemmeke, Sie führen in Ihrem Antrag
us:

„Arbeit muss sich lohnen“ – dieser zentrale Leitsatz
der Bundesregierung bestimmte die Sozialstaatsdis-
kussion der vergangenen Monate. … Nicht durch
Steuersenkungen wird sich Arbeit wieder lohnen,
sondern durch verbindliche Lohnuntergrenzen. Ne-
ben der Stärkung des Tarifvertragssystems bleiben
ein gesetzlicher Mindestlohn und ebenso Mindest-
löhne nach dem Mindestarbeitsbedingungengesetz
für Branchen ohne funktionierende Tarifautonomie
nach wie vor absolut notwendig.

Das heißt, Sie outen sich. Sie sagen: Wir wollen ei-
entlich nicht die Tarifautonomie stärken, wir wollen
en gesetzlichen Mindestlohn. Das ist eine Forderung,
ie wir von Ihnen seit Jahr und Tag kennen. Sie ist also
icht völlig neu.

Jetzt wird es lustig:

Das BMAS kann somit Tarifverträge für allgemein-
verbindlich erklären, wenn 40 Prozent der Beschäf-
tigten der Branche unter den Geltungsbereich des
für allgemeinverbindlich zu erklärenden Tarifver-
trages fallen und eine Allgemeinverbindlichkeit
von öffentlichem Interesse ist.

Dann wird es noch lustiger:

Ein öffentliches Interesse liegt vor, wenn die Ein-
führung gleichartiger, dauerhafter und angemesse-
ner sozialer Arbeitsbedingungen in einer Branche
als notwendig erachtet wird,

wer erachtet es als notwendig: die Grünen, der Bun-
estag, die Arbeitnehmer, die Gewerkschaften? –

unlauterer Wettbewerb verhindert werden muss
oder das Tarifgefüge einer Branche erheblich er-
schüttert ist, weil die Tarifbindung auf ein

wieder ein unbestimmter Rechtsbegriff –

sozial unverträgliches Niveau abgesunken ist.

Bei den verschiedenen Komponenten ist es natürlich
chwierig, zu begreifen, was Sie wann wo wollen.





Paul Lehrieder


(A) )


)(B)

Wir halten unseren Weg für richtig. Wir passen auf,
dass es keine Verwerfungen gibt. Wir werden auf Antrag
von über 50 Prozent der Tarifvertragsparteien Mindest-
arbeitsbedingungen festlegen bzw. über die Aufnahme
ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz Mindestlöhne in den
einzelnen Branchen individuell festsetzen. Damit hatten
wir Erfolg. Denken Sie an die Pflegebranche, an das
Wachgewerbe oder an die Zeitarbeit. Wir werden in die-
ser Sache weiterhin die richtigen Anwälte der Arbeitneh-
mer in Deutschland sein. Arbeiten Sie daran mit! Wir
bleiben in einem konstruktiven Dialog, Frau Müller-
Gemmeke. Dieser Antrag ist natürlich ablehnungsreif.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711725700

Das Wort hat jetzt der Kollege Ottmar Schreiner von

der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Blick nach vorn, Schreiner! Nicht immer zurückgucken!)



Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1711725800

Was ist los? Er ruft schon dazwischen, bevor man hier

überhaupt begonnen hat.


(Heiterkeit – Gitta Connemann [CDU/CSU]: So bleiben Ihre Worte uns im Gedächtnis!)


– Sie bekommen das ganz bestimmt. Sie können eine
Verlängerung Ihrer Redezeit beantragen. Das würde sich
wahrscheinlich lohnen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will
zunächst einmal an den Antrag von Bündnis 90/Die Grü-
nen anknüpfen, den wir ohne Einschränkung unterstüt-
zen.


(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang StrengmannKuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich habe bisher kein einziges ernsthaftes Argument ge-
hört – auch nicht vom Vorredner, von Herrn Kollegen
Lehrieder –, das wirklich gegen diesen Antrag spricht.

Frau Müller-Gemmeke hat zu Beginn aus dem jüngs-
ten Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation zi-
tiert. Vor wenigen Tagen war eine Delegation des Deut-
schen Bundestages in Genf. Übrigens war auch Frau
Merkel in Genf, wenn ich es richtig gelesen habe. Die
Internationale Arbeitsorganisation kritisiert in diesem
Bericht – er ist erst einige Tage alt; er ist noch druck-
frisch – massiv die Arbeitsmarktsituation in Deutsch-
land, mit dem Hinweis – die Zahlen sind genannt wor-
den –, dass wir in den Jahren 2000 bis 2009 ein reales
Minus beim Durchschnittseinkommen aller Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer von 4,5 Prozent zu ver-
zeichnen hatten. Kein anderes Land in der Europäischen
Union hat eine auch nur annähernd vergleichbare nega-
tive Entwicklung bezüglich der Arbeitnehmereinkom-
men.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Diese Situation ist schon deshalb nicht hinnehmbar, eil sie dazu führt, dass die Politikverdrossenheit bei ielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steigt, eil sie das Gefühl bekommen, sie nähmen am Zuwachs es gesellschaftlichen Wohlstands nicht mehr teil. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enau das geht nicht. Das ist der Kern der ganzen Aus-
inandersetzung.

Lesen Sie Ludwig Erhard, lesen Sie andere aus Ihren
eihen – leider Gottes lesen Sie nur Personen aus Ihren
eihen; das ist das Problem –: Man hat immer wieder
arauf hingewiesen, dass die Arbeitnehmereinkommen
ntlang der steigenden Arbeitsproduktivität steigen sol-
n.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Genau!)


enn das so gewesen wäre, hätten wir in den letzten
ehn, zwölf Jahren einen erheblich größeren Zuwachs
er Arbeitnehmereinkommen haben müssen, als wir ihn
tsächlich gehabt haben. Die Arbeitnehmer und Arbeit-
ehmerinnen sind systematisch von der Entwicklung des
esellschaftlichen Wohlstands abgekoppelt worden.
ochmals: Das ist der zentrale Punkt.

Das führt zu Lohnarmut. Das führt dazu, dass der
taat und damit der Steuerzahler inzwischen jedes Jahr
0 Milliarden Euro bereitstellen muss, um die Einkom-
en auf Hartz-IV-Niveau aufzustocken, damit die Leute

berhaupt leben können. Wo lohnt sich Arbeit für diese
enschen? Wenn Sie sagen: „Arbeit muss sich wieder
hnen“, dann frage ich Sie: Wo lohnt sich die Arbeit für
rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihre Arbeits-
raft zur Verfügung stellen, ihren Job ordentlich machen


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Was hat das mit diesem Antrag zu tun?)


nd anschließend bei den Sozialämtern vorstellig wer-
en müssen, damit ihnen noch etwas draufgepackt wird,
amit sie überhaupt über die Runden kommen? Deren
rbeit lohnt sich nicht! Das ist das zentrale Problem.
eshalb brauchen wir hierfür vernünftige Lösungen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen: Diese Entwicklung ist natürlich die Vor-
tufe zur kommenden Altersarmut. Je weniger die Leute
n Einkommen mit nach Hause bringen, umso stärker
erden sie später von Altersarmut betroffen werden. Das
eißt, wenn Sie nichts tun, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der Koalition, dann werden Sie systematisch das
useinanderbrechen dieser Gesellschaft befördern. Das
t der Kern des Vorhalts: Die Gesellschaft zerfällt im-
er weiter in diejenigen, die gar nicht mehr wissen, wo-

in mit ihrem Wohlstand, und die wachsende Zahl derje-
igen, die nicht mehr wissen, wie sie die Butter für das
rot ihrer Kinder bezahlen sollen. Das ist eine nicht
ehr hinnehmbare Spaltung der Gesellschaft. Sie sollten
it dazu beitragen, dass wir diese enorme Kluft wieder

leiner machen, als sie gegenwärtig ist. Das ist eine ganz
entrale Politikaufgabe.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)






Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

Im Übrigen kritisiert die Internationale Arbeitsorgani-
sation diese Situation in Deutschland ausdrücklich. Sie
sagt: Die Kehrseite der guten Beschäftigungsentwick-
lung ist genau diese wachsende Spaltung, was die Ein-
kommenssituation im Lande anbelangt. Sie nennt auch
die Gründe. Zum einen ist das die Ausweitung des Nie-
driglohnsektors; ich zitiere die Internationale Arbeitsor-
ganisation in Genf. Sie benennt als zweiten Grund die
wachsende Anzahl prekärer Beschäftigungsverhält-
nisse, zeitlich befristeter Arbeit, von 400-Euro-Jobs. Es
gibt jede Menge Leute, die einen 400-Euro-Job haben
mit einem Stundenlohn von 2 Euro, 2,50 Euro, 3 Euro.
Das ist eine bodenlose Sauerei, die abgeschafft werden
muss. Das kann man nicht mehr weiter hinnehmen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die ILO weist ausdrücklich darauf hin, dass die pre-
kär Beschäftigten in Deutschland im Durchschnitt min-
destens ein Drittel weniger Einkommen erzielen als
sogenannte normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer. Das ist ebenfalls eine Entwicklung, die nicht mehr
akzeptabel ist.

Ein dritter Grund für diese Entwicklung ist die soge-
nannte negative Lohndrift; so nennen das die Fachleute.
Das heißt nichts anderes, als dass die Bruttoverdienste
hinter den Tariflöhnen zurückbleiben. Wenn immer we-
niger Beschäftigte Tariflöhne erhalten, wird sich das na-
türlich in Form sinkender Durchschnittseinkommen aus-
wirken, weil die Bruttolöhne derjenigen, die nicht in
tarifgebundener Beschäftigung sind, deutlich hinter den
Tariflöhnen hinterherhinken und den Gesamtdurch-
schnitt nach unten ziehen. Das wird wiederum Auswir-
kungen negativer Art auf die Situation der tariflich Be-
schäftigten haben.


(Beifall des Abg. Willi Brase [SPD])


Die Frau Kollegin Müller-Gemmeke hat auf die Zah-
len hingewiesen, darauf, dass wir noch vor etlichen Jah-
ren über 80 Prozent Tarifbindung hatten; heute sind es
gerade mal noch 60 Prozent. Die Tendenz geht weiter
nach unten.

Deshalb ist auch die Politik gefordert. Das ist nicht
nur eine Angelegenheit der Tarifparteien. Wir haben den
Rahmen dafür zu schaffen, dass die Tarifbindung wieder
stabilisiert wird und mehr Menschen in den Genuss tarif-
lich abgesicherter geschützter Beschäftigung kommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist eine Kernaufgabe der Politik. Die Instrumente dazu
sind von Frau Müller-Gemmeke benannt worden. Das sind
Instrumente, die wir auch in anderen Zusammenhängen im
Deutschen Bundestag mehrfach vorgetragen haben. Das
gilt für die Erleichterung von Allgemeinverbindlichkeits-
erklärungen im Bereich des Tarifvertragsgesetzes. Wenn
die Zahlen richtig sind – es gibt keinen Zweifel, dass sie
richtig sind –, wonach gerade noch 1,5 Prozent der Tarif-
verträge – ich glaube, es gibt über 70 000 Tarifverträge –
für allgemeinverbindlich erklärt werden, dann ist das ein

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(C (D ohn. Das hat nichts mehr mit einem verantwortungsbeussten Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehern zu tun. Sie wissen, dass im wachsenden Maße Arbeitgeber, erade auch die großen, ihre Organisationen verlassen nd dadurch mit die Ursache dafür liefern, dass die tarifeschützte Beschäftigung insgesamt sinkt. Die Instrumente liegen auf der Hand; sie sind vorgechlagen worden. Deshalb glaube ich, dass Sie sich dieen Überlegungen anschließen sollten. – Herr Präsident, a bemüht sich der Kollege Weiß verzweifelt, eine Zwichenfrage anzubringen. Ich will Ihnen natürlich die Gelegenheit geben, Herr ollege Weiß. – Sie erlauben die Zwischenfrage? – Bitte chön, Herr Kollege Weiß. Herr Kollege Schreiner, nachdem Sie die Verantwor ng der Politik – sprich: auch der Bundesregierung – inklagen, möchte ich von Ihnen eine kurze Information ekommen. Es hat ja nicht immer nur christdemokratiche Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler gegeben, ondern es hat sieben Jahre lang eine Bundesregierung nter Führung des Sozialdemokraten Gerhard Schröder egeben. Könnten Sie mir sagen, wie viele Tarifverträge ährend der Amtszeit von Bundeskanzler Gerhard chröder durch die Bundesregierung für allgemeinverindlich nach dem Tarifvertragsgesetz erklärt worden ind? Nach meiner Kenntnis nicht allzu viele. (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Null! Nada!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711725900
Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1711726000

(Zuruf von der CDU/CSU: Leider!)

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1711726100

ie Zahl bewegt sich in äußerst bescheidenen Größen-
rdnungen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)


as ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen: Wir
önnen uns gelegentlich auch sehr kritisch zu dem äu-
ern, was wir selbst gemacht haben. Da, wo wir etwas
lsch gemacht haben, sind wir gerne bereit, das zu kor-
gieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as ist einer der wesentlichen Unterschiede zu Ihnen.

Herr Kollege Weiß, Sie sind doch ein aufrechter
hristdemokrat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie meinen, er soll stehen bleiben? – Zurufe von der CDU/ CSU)






Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

– Nein, ich bin jetzt noch nicht fertig. Wenn Sie schon
eine Frage stellen, sollen Sie auch eine Antwort bekom-
men. – Sie sind doch ein aufrechter Christdemokrat. Die
Betonung liegt auf „Christ“, sie liegt aber auch auf „De-
mokrat“. Sie kennen doch den berühmten Satz – jetzt
weiß ich die Fundstelle in der Bibel nicht –, dass derje-
nige, der zum wahren Bekenntnis findet, dem Herrn
wichtiger ist als 99 Gerechte. Die Formulierung lautet
etwas anders.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Vom verlorenen Sohn!)


– Ich sehe, dass die FDP sogar die Fundstelle kennt. Das
ist der verlorene Sohn. – Insoweit ist es durchaus christ-
lich, sich zu Fehlentwicklungen zu bekennen, sie zu kor-
rigieren und für die Zukunft daraus zu lernen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist eine durchaus christliche Tugend; das sollten Sie
sich aneignen.

Zum Schluss will ich Ihnen sagen: Das Tarifsystem in
Deutschland hat sich über viele Jahre und Jahrzehnte be-
währt. Es ist ein Instrument des fairen Interessenaus-
gleichs zwischen den Interessen der Arbeitnehmerschaft
und denen der Arbeitgeberschaft. Dieses Instrument des
fairen Interessenausgleichs ist in etlichen Bereichen not-
leidend geworden. Deshalb müssen wir dazu beitragen
– das ist die originäre Aufgabe der Politik –, dass das Ta-
rifsystem wieder zu einem echten Instrument des Inte-
ressenausgleichs wird, dass sich Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer auf der einen Seite und Arbeitgeber auf
der anderen Seite im Tarifsystem wieder auf Augenhöhe
begegnen und für ihre jeweiligen Interessen streiten kön-
nen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711726200

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Heinrich Kolb von

der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1711726300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Schreiner, meine Aufgabe ist es, Sie immer an Ihre
Vergangenheit zu erinnern. Wenn Sie sich mit der Lohn-
höhe und der Lohnentwicklung in Deutschland beschäf-
tigen, muss ich nochmals darauf hinweisen: Die Idee, in
Deutschland einen Niedriglohnsektor zu schaffen, kam
von der SPD im Zusammenhang mit der Agenda 2010.

Jetzt weiß ich, dass Sie damals zwar in der Regierung,
aber trotzdem in der Opposition waren, das heißt, dass
Sie Bundeskanzler Schröder bekämpft haben und nicht
alles richtig fanden, was er wollte. Aber dieser Sachver-
halt bleibt mit der SPD verbunden.

Wenn Sie sich Statistiken anschauen, die Durch-
schnittswerte abbilden, dann sehen Sie: Die Schaffung

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(C (D ines Niedriglohnsektors in Deutschland führt genau zu iesem statistischen Phänomen, das ich Ihnen gerade orgehalten habe. – Natürlich dürfen Sie eine Zwischenage stellen. Sie erlauben es. – Herr Schreiner, bitte schön. Die wischenfrage ist erlaubt. Herr Kollege Kolb, da Sie darauf hinweisen oder je enfalls behaupten – sagen wir einmal so –, der Niedrighnsektor sei eine Erfindung von Rot-Grün, würde ich ie darum bitten – die Frage kommt anschließend –, zur enntnis zu nehmen, dass in dem von mir mehrfach zierten Bericht der ILO darauf hingewiesen wird – ich age Ihnen jetzt die Zahlen –, dass der Bereich der preär Beschäftigten in der Regel im Niedriglohnsektor anesiedelt ist; ganz gleich, ob es sich um Zeitbefristunen, 400-Euro-Jobs oder Leiharbeitnehmerinnen und eiharbeitnehmer handelt. Nach den Daten der ILO von or wenigen Wochen waren im Jahre 1998 5,2 Millionen eschäftigte in Deutschland in prekärer Beschäftigung, nd heute sind es 7,2 Millionen. Das heißt, wir haben eien Zuwachs von 2 Millionen; er ist konzediert. Übriens waren zwischenzeitlich andere Regierungen am erk. Sie können nicht bestreiten, dass es schon vor ot-Grün einen enormen Block an prekärer Beschäftiung in Deutschland gab, nämlich – ich sage es noch inmal – über 5 Millionen prekär Beschäftigte. Deshalb acht es überhaupt keinen Sinn, was Sie schon seit Mo aten systematisch betreiben: Sie führen eine nach hinn gerichtete Schuldzuweisungsdebatte, anstatt die Siation zu analysieren und zu sagen: Das läuft gut in eutschland, das weniger gut. – Sie sollten nicht ständig ach hinten blicken, sondern Antworten auf die Frage nden: Wie können wir etwas besser machen? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711726400
Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1711726500


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1711726600

Herr Schreiner, ich will natürlich gern Ihre Frage be-

ntworten; aber ich muss vorausschicken: Es wird mit
em, was Sie jetzt gefragt haben, nicht besser für Sie.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


uch die von Ihnen genannten Voraussetzungen für pre-
äre Beschäftigung – Zeitarbeit, Teilzeit, befristete Be-
chäftigungsverhältnisse – sind im Rahmen der Agen-
a 2010, mit den Gesetzen für moderne Dienstleistungen
m Arbeitsmarkt, verändert worden.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat er denn gerade gesagt? Sie hören ja gar nicht zu!)


enn Sie sich darüber beklagen, dass es bis heute – das
uss man sagen – einen deutlichen Zuwachs an Zeitar-

eit gegeben hat, muss man entgegnen: Das ist der Ef-
kt Ihrer Reformen in Ihrer Regierungszeit. Wir haben

en Bereich bisher überhaupt nicht angepackt. Sie be-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

schweren sich darüber, dass es mehr Teilzeit und Befris-
tung gebe; aber Ihre Beschwerde berücksichtigt nicht,
dass die Änderungen des Teilzeit- und Befristungsgeset-
zes von Ihnen stammen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn?)


Da kommen Sie definitiv nicht raus.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich habe Ihnen deswegen am Mittwoch gesagt – ich
sage es Ihnen heute wieder –: Man muss immer wissen,
woher man kommt, damit man weiß, wohin man in Zu-
kunft will; das vermisse ich bei Ihnen immer. Sie sind
seit 30 Jahren Mitglied des Deutschen Bundestages und
tun immer so, als hätten Sie mit all dem, was hier in den
letzten 30 Jahren passiert ist, überhaupt nichts zu tun,
insbesondere auch nicht mit dem, was in Zeiten der
SPD-Regierung passiert ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, Herr Kollege Schreiner,
der zweite Punkt, auf den ich hinweisen will: Die Allge-
meinverbindlichkeitserklärung ist nicht die Regel, son-
dern die Ausnahme, und zwar aus gutem Grund – er ist
hier schon genannt worden –: wegen der negativen Ko-
alitionsfreiheit. Man hat das Recht, einem Tarifvertrag
nicht beizutreten. Ich muss sagen: Trotzdem ist mir nicht
bekannt, dass es zu massiven Problemen gekommen
wäre.

Frau Müller-Gemmeke, weil Sie den Antrag vorge-
legt haben, sage ich an Ihre Adresse: Ich wüsste nicht,
dass in großer Zahl Anträge nach TVG gestellt worden
wären, die nicht zum Zuge gekommen sind.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie vorhin nicht zugehört?)


Sie wollen hier ein Scheinproblem lösen, auch weil Sie
sich teilweise nicht richtig informiert haben. So heißt es
in Ihrem Antrag: Es soll künftig auf „die im Koalitions-
vertrag … vereinbarte Zustimmung des Kabinetts“ zur
Allgemeinverbindlicherklärung nach Tarifvertragsgesetz
verzichtet werden. Eine solche Vereinbarung haben wir
nicht; da gibt es keine Absprache. Wir haben eine Ab-
sprache zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz, die aber den
kompletten Bereich des TVG nicht berührt und folglich
in dem Bereich nicht restriktiv wirken kann.

Ich bin strikt gegen Ihre Forderung, den Prozentsatz
der Beschäftigten, die in den Geltungsbereich eines Ta-
rifvertrages fallen müssen, damit die Allgemeinverbind-
licherklärung eines Tarifvertrags nach TVG erfolgen
kann – das ist eine Voraussetzung –, von 50 auf 40 Pro-
zent zu reduzieren. Das ist undemokratisch. Ich glaube,
dass eine Mindestbindung gegeben sein muss. Ihre Lo-
gik ist: Je geringer die Tarifbindung, desto größer ist das
Interesse, eine AVE zu erhalten.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Umso nötiger ist es doch! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es muss doch die Möglichkeit geben, eine AVE zu beantragen!)


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(C (D enn man sich das sozusagen in der Grenzbildung vor ugen führt, erkennt man doch: Das ist absolut unsinnig. Im Übrigen wird es auch nicht dazu führen, dass die arifautonomie gestärkt wird. Stellen Sie sich das vor: enn ich als Arbeitgeber das Ergebnis des Tarifvertra es durch die AVE sozusagen kostenlos bekommen ann, warum soll ich dann überhaupt noch Mitglied eies Arbeitgeberverbandes werden? (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Andersrum!)


Nein, so ist die Logik doch. Im Ergebnis würde es je-
enfalls auf der Arbeitgeberseite einen sinkenden Orga-
isationsgrad geben. Deswegen geht das, was Sie hier
orlegen, in die vollkommen falsche Richtung, sowohl
Bezug auf den Regelungsbereich des Tarifvertragsge-

etzes, TVG, als auch in Bezug auf den Regelungsbe-
ich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes.

Herr Schreiner, weil es notwendig ist, kein Gesetz zu
achen, wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu machen
das gilt analog für Anträge –, ist Ihr Antrag, Frau
üller-Gemmeke, konsequenterweise abzulehnen. Ge-

au das werden wir tun.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711726700

Das Wort hat die Kollegin Jutta Krellmann von der

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711726800

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Damen

nd Herren! „Tarifvertragssystem stärken – Allgemein-
erbindliche Tariflöhne und branchenspezifische Min-
estlöhne erleichtern“; wieso müssen wir eigentlich da-
ber reden?


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das frage ich mich auch!)


as für eine Situation haben wir mittlerweile in unserem
and, dass ein solcher Antrag notwendig ist? Wir sind
ls Beste aus der Krise herausgekommen.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Dank der Tarifautonomie!)


Frau Connemann, Sie können gleich reden.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Danke!)


Die Bundesregierung, mit Frau Merkel an der Spitze,
t voller Lob für die Sozialpartnerschaft. Hand in Hand
it den Gewerkschaften haben wir die Krise überwun-

en – das hat Frau Merkel zuletzt auf der Konferenz der
O in Genf gesagt; das ist schon erwähnt worden. Toll,

der?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ielleicht stimmt daran irgendetwas nicht. Meine Kolle-
en von CDU/CSU und FDP singen ständig Lobeshym-





Jutta Krellmann


(A) )


)(B)

nen auf die Tarifautonomie, aber wehren sich mit Hän-
den und Füßen gegen Regeln für alle, die zu schaffen
wären. Jede Aufforderung, die Erosionsprozesse bei den
Entgelten zu stoppen, wird ignoriert. Deutschland ist
nicht nur Weltmeister im Export, Deutschland ist auch
Weltmeister bei Dumpinglöhnen in Europa geworden.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Na, na!)


Ein paar Eckpunkte: Über 20 Prozent der Beschäftig-
ten arbeiten im Niedriglohnbereich. Sie verdienen weni-
ger als 9,85 Euro pro Stunde. Tätigkeiten im Niedrig-
lohnbereich werden überwiegend von weiblichen Be-
schäftigten ausgeübt. Die Tarifbindung in deutschen Un-
ternehmen liegt im Westen bei 63 Prozent und – man
höre und staune – im Osten bei 50 Prozent, in beiden
Fällen mit sinkender Tendenz. Als Linke muss ich über-
haupt nicht sagen, worauf ich das zurückführe. Im
Grunde genommen macht das immer Herr Kolb. Er ist
da eine Bank. Echt klasse!


(Beifall bei der LINKEN – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Der Mann ist gut!)


Rot-Grün hat das eingeführt; aber Sie tun nichts, um das
zu ändern, obwohl Sie die Zahlen kennen.


(Beifall bei der LINKEN)


Deutschland ist das einzige Land in ganz Europa, in
dem die Löhne real gesunken sind – auch das ist schon
mehrfach gesagt worden –, in den letzten zehn Jahren
um 4,5 Prozent. In der Industrie sind die Löhne durch-
schnittlich um 7,8 Prozent gestiegen, im Baubereich um
5,2 Prozent gesunken. Die größten Verluste entstanden
für Arbeitnehmer, für die keine Tarifverträge gelten, und
deswegen brauchen wir welche.


(Beifall bei der LINKEN)


Das hat System. Die Tarifbindung wird nicht von Ar-
beitnehmern gekündigt, sondern von Arbeitgebern. Jeder
Arbeitgeberverband hat heute die Möglichkeit eröffnet,
dass Betriebe ohne Tarifbindung Mitglied werden kön-
nen. Nicht die Beschäftigten betreiben Outsourcing, um
die Löhne zu drücken, sondern die Arbeitgeber.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hat im Jahr 2000
die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ins Leben
gerufen. Die machen seit zehn Jahren nichts anderes, als
die Bürgerinnen und Bürger von der Notwendigkeit
marktwirtschaftlicher Reformen zu überzeugen und
marktliberale Gedanken in der Gesellschaft zu veran-
kern. Gesamtmetall zahlt dafür 10 Millionen Euro pro
Jahr, und das schon seit zehn Jahren. Das ist Lobbyarbeit
im Arbeitgeberinteresse: 100 Millionen Euro gegen
Mindestlöhne und gegen verbindliche Regeln in Form
von Tarifverträgen und Gesetzen. Wer das weiß, kann
sich denken, wie schwer es für Gewerkschaften und Ar-
beitnehmervertreter ist, gegen diesen Lobbymainstream
anzukämpfen.

Der Antrag der Grünen ist gut und durchdacht. Die
Linke wird ihm zustimmen.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ls Linke sind wir dafür, den Abschluss allgemeinver-
indlicher Tarifverträge zu erleichtern. Wir sind der
einung, dass das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf

lle Branchen ausgeweitet wird, und wir wollen, dass die
inführung von Mindestlöhnen in allen Branchen er-
ichtert wird.

An die Adresse der Regierungsfraktionen sage ich:
enken Sie doch einmal darüber nach, und machen Sie

infach einen Schritt nach vorn. Stimmen Sie dem An-
ag zu, damit sich die Bedingungen für die Arbeitneh-
er endlich verbessern.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711726900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Gitta Connemann von

er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1711727000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer von

nen erinnert sich eigentlich noch an seinen Politik-
der Geschichtsunterricht? – Ein paar melden sich, wun-
erbar. – Art. 9 Grundgesetz: Vereinigungs- und Koali-
onsfreiheit. Von Ihnen hat sich niemand gemeldet. Das
t auch sehr offensichtlich, meine Damen und Herren
on Bündnis 90/Die Grünen; denn die darin verankerte
arifautonomie wird bei Ihnen nur in Sonntagsreden und
nträgen bemüht – mit dem vorliegenden Antrag einmal
ehr –, aber nur in den Überschriften. In der Überschrift
res jetzt vorliegenden Antrages heißt es: „Tarifver-
agssystem stärken“; aber Ihre Forderungen zielen im
rgebnis auf das genaue Gegenteil, auf staatliche Lohn-
stsetzung. Das eine hat mit dem anderen überhaupt

ichts zu tun. Tarifautonomie und staatliche Lohnfestset-
ung stehen in einem absoluten Gegensatz zueinander.

Sie wollen diese staatliche Lohnfestsetzung von oben
erab, diese Tarifbindung, im Wege – das zitiere ich; ich
nde diese Formulierung bemerkenswert – „einer be-
ussten politischen Unterstützung“ erhöhen. Das ist eine

chöne Formulierung. Die Voraussetzungen dafür, dass
arifverträge auch auf Tarifungebundene erstreckt wer-
en können, sollen erleichtert werden. Meine Damen und
erren von den Grünen, damit zeigen Sie uns erstens,
ass Ihnen staatliches Diktat lieber ist als Tarifhoheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


brigens verkennen Sie damit, dass gerade die Tarifau-
nomie entscheidend zum sozialen Frieden und zum
ohlstand in diesem Land beigetragen hat, und zwar seit

einer Gründung und insbesondere in Krisen wie der Fi-
anz- und Wirtschaftskrise. Ohne diese Tarifautonomie
ären wir nicht in dieser Form aus der Krise gekommen;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das setzen Sie aufs Spiel, wenn Sie nichts machen!)






Gitta Connemann


(A) )


)(B)

denn die Tarifparteien haben die notwendige Sachkennt-
nis und Problemnähe, sie kennen die branchen- und un-
ternehmensspezifischen Besonderheiten viel besser, als
die Politik es je könnte.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Dr. Wolfgang StrengmannKuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig richtig!)


Zweitens betreiben Sie eine Politik, bei der Sie die
Daten und Fakten nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Fakt ist, liebe Frau Müller-Gemmeke und auch liebe
Frau Krellmann, dass – dies zeigen die aktuellen Zahlen
des IAB – 2010 insgesamt 60 Prozent aller Betriebe
– diese Zahl von Ihnen stimmt – mit 80 Prozent aller Be-
schäftigten direkt oder indirekt durch Tarifverträge er-
fasst wurden. Das ist die Wahrheit. Es ist sicherlich rich-
tig, dass die Tarifbindung nach der Wiedervereinigung
abgenommen hat; aber seit 2006 hat sich das Niveau sta-
bilisiert. Die Wirtschaftskrise hat übrigens nach Anga-
ben des IAB nicht zu einer Welle des Austritts der Be-
triebe aus der Tarifbindung geführt. Also: Erosion? Weit
gefehlt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Für die Austritte gilt eines: Die gesetzlichen Regelun-
gen zur Nachwirkung von Tarifverträgen im Tarifver-
tragsgesetz und übrigens auch die Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zum Beispiel zum Wechsel in
eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung stellen für eine
sogenannte Tarifflucht extrem hohe Hürden auf. Tarifge-
bundenen Unternehmen ist es regelmäßig eben nicht
möglich, sich mittelfristig von tarifvertraglichen Ar-
beitsbedingungen zu verabschieden. Sie haben in Ihrer
Rede genau das Gegenteil behauptet. Sie haben sich wie-
der als unbefleckt von jeder Rechtskenntnis dargestellt;
das sage ich an dieser Stelle sehr deutlich. Das zeigt
auch Ihr Antrag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich muss sagen: Es ermüdet mich inzwischen, Ihre
Anträge zu lesen, in denen es von Behauptungen nur so
wimmelt, die aber nicht mit Rechtskenntnis unterlegt
sind. Ich will gar nicht mit dem Grundgesetz anfangen.
Kollege Lehrieder hat zutreffend darauf hingewiesen,
dass das Grundgesetz die negative Koalitionsfreiheit
schützt, dass also niemand Mitglied einer Gewerkschaft
oder eines Arbeitgeberverbandes sein muss und dass je-
der, der austritt und damit die Freiheit von einer Tarif-
bindung wählt, grundgesetzlich geschützt wird. Allge-
meinverbindliche Tarifverträge müssen schon aus
Achtung vor der Verfassung die Ausnahme bleiben – das
ist das Prinzip –; denn sie gelten gerade gegenüber den-
jenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – tarif-
ungebunden sind. Deshalb hat der Gesetzgeber in den
letzten Jahrzehnten gut daran getan, zu sagen: Die Er-
streckung eines Tarifvertrages auf sogenannte Außensei-
ter bedarf immer einer besonderen Rechtfertigung. Das
kann nur in engen Grenzen stattfinden, die im Arbeit-
nehmer-Entsendegesetz und übrigens auch im Tarifver-
tragsgesetz formuliert werden. Diese wollen Sie jetzt
ausweiten.

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(C (D Ein besonderer Dorn im Auge ist Ihnen der Tarifauschuss. Ich frage mich, weshalb. Mit zwei Ausnahmen ab es dort bislang nur Zustimmung. Einmal lehnten die rbeitgebervertreter ab; das war im Fall der Weiterbilung. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifgelungen für das Wachund Sicherheitsgewerbe scheirte demgegenüber zunächst an den DGB-Gewerk chaften. Das Prinzip hat sich also absolut bewährt. Dennoch wünschen Sie Änderungen. Sie fordern ich finde das hanebüchen –, dass der Tarifausschuss im inzelfall um Vertreter aus der jeweils antragstellenden ranche ergänzt wird. (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen ja auch, worum es geht; denn sie verhandeln die Tarifverträge!)


amit würde die Beteiligung des Gremiums zur Farce.
ie machen damit doch den Bock zum Gärtner.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


enn mit dem Antrag haben die Antragsteller bereits ihr
otum für den Antrag abgegeben, nämlich Zustimmung.
amit wäre die Zustimmung quasi immer sicher. Das hat
it der Rolle eines Tarifausschusses tatsächlich nichts
ehr zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie fordern auch, das Einvernehmen im Tarifaus-
chuss durch das Mehrheitsprinzip zu ersetzen. Liebe
rau Müller-Gemmeke, wenn das Ihr Antrag ist: Infor-
ieren Sie sich einfach besser! Wie wäre es mit einem
lick ins Gesetz oder in die Rechtsprechung gewesen?
ür die Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarif-
ertrages nach § 5 Tarifvertragsgesetz genügt, um Ein-
ernehmen zu erreichen, schon nach geltender Rechts-
ge die einfache Mehrheit im Tarifausschuss. Das
ehrheitsprinzip gilt also bereits für Entscheidungen

es Tarifausschusses. Einfach mal wieder daneben!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nach Ihrem Antrag, meine Damen und Herren vom
ündnis 90/Die Grünen, soll das Mehrheitsprinzip, das
ie gerade eingefordert haben, für die Allgemeinver-
indlichkeitserklärung aber nicht mehr gelten. Da wol-
n Sie das 50-Prozent-Quorum durch ein 40-Prozent-
uorum ersetzen. Das finde ich wirklich kurios. Ich
nde es auch unverständlich; denn eine Allgemeinver-
indlichkeit als starkes Schwert kann doch nur in Be-
acht kommen, wenn sich die Regelungen des Tarifver-
ages in der jeweiligen Branche mehrheitlich durch-
esetzt haben. Andernfalls könnte eine Minderheit die
edingungen für die Mehrheit diktieren. Das ist mit uns

icherlich nicht zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


enn Sie schon vom Mehrheitsprinzip abweichen wol-
n: Weshalb gerade 40 Prozent? Das bleibt Ihr Geheim-
is.

Ihre letzte Forderung ermüdet mich einfach nur noch.
ie sagen, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
liebe Frau Müller-Gemmeke, hören Sie doch bitte we-





Gitta Connemann


(A) )


)(B)

nigstens zu, wenn Sie sich schon nicht mit der Recht-
sprechung auseinandersetzen – in den Katalog der Ar-
beitsbedingungen einzubeziehen sei. Sie hätten sich
einfach besser informieren sollen. Hätten Sie dies getan,
würden Sie die Entscheidung des EFTA-Gerichtshofes,
die gerade zwei Tage alt ist – sie datiert vom 28. Juni
2011 –, kennen. Der Gerichtshof hat entschieden, dass
eine im isländischen Recht enthaltene vergleichbare Re-
gelung – danach wird die Entgeltfortzahlung im Krank-
heitsfall in die nationale Entsendegesetzgebung einbezo-
gen –, die Sie für uns einfordern, mit dem EWR-
Abkommen absolut unvereinbar ist. Das gilt dann auch
für uns.

Ich bitte Sie einfach: Ermüden Sie uns zukünftig
nicht. Bereiten Sie sich besser vor. Überprüfen Sie die
Rechtslage. Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Weniger
wäre da tatsächlich mehr.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711727100

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

jetzt der Kollege Johannes Vogel von der FDP-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1711727200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

bin schon froh, liebe Frau Kollegin Müller-Gemmeke,
dass in der diesmonatlichen Mindestlohndebatte ein An-
trag die Diskussionsgrundlage ist, der sich zumindest
nicht mit dem Staatslohn, also dem gesetzlichen Min-
destlohn, auseinandersetzt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Doch, der steht auch drin!)


– Zumindest nicht im Kern. Als Erwähnung steht er na-
türlich schon drin.

Frau Müller-Gemmeke, ich glaube, die beeindru-
ckende Rede der Kollegin Connemann – sie hat nicht nur
wegen ihres Schuhwerks beeindruckt – hat gezeigt, dass
wir sehr gerne machen, was Sie wollen. Wir setzen uns
nämlich konstruktiv mit Ihrem Antrag auseinander. Aber
da bleiben eben Fragen offen. Ich will nur einmal zwei
nennen. Natürlich bleibt die Frage offen, ob es vernünf-
tig sein kann, dass die Minderheit der Mehrheit etwas
diktiert; denn die Tarifbindungsgrenze von 50 Prozent
ist nicht zufällig gesetzt worden. Man kann auch skep-
tisch sein, ob es eine gute Idee ist, den Tarifausschuss,
der in dem Verfahren gerade fürs große Ganze, für die
volkswirtschaftliche Gesamtsicht und nicht für die ei-
gene Betroffenheit zuständig ist, mit Vertretern aus der
Branche zu besetzen, um die es konkret geht.

Ich glaube aber – das sage ich ernsthaft –, dass Sie
grundsätzlich einen Fehler machen. Der Kollege Kolb
hat eben darauf hingewiesen. Wenn Sie die Tarifbindung
wirklich erhöhen wollen – ich glaube, dieses Ziel teilen
wir alle –, dann ist es ein Fehler, die Anreize zu senken.

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(C (D as wird nicht funktionieren. Deshalb sollten Sie auf iesem Weg nicht weitergehen. Da wir gerade über eine konstruktive Auseinanderetzung reden, will ich einen weiteren Punkt ansprehen. Ich finde, zum Niveau einer konstruktiven Ausinandersetzung gehört, dass die Fakten stimmen. Mich rgert – das erleben wir nicht nur in Anträgen von Ihnen, ebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, sonern auch bei der SPD immer wieder –, wenn die Lage uf dem deutschen Arbeitsmarkt falsch dargestellt wird. h will jetzt gar nicht darauf eingehen, dass der Kollege chreiner eben wieder einmal alle atypischen Beschäftiungsverhältnisse mit prekären Beschäftigungsverhältissen gleichgesetzt hat. Abgesehen davon, dass Sie von er SPD diese Beschäftigungsverhältnisse erst geschafn haben – Sie hatten auch einen Grund dafür –, ist icht jede flexible Beschäftigungsform prekär. Sonst wän die Mitarbeiter aller Abgeordneten des Deutschen undestages prekär beschäftigt. Meine sind es nicht. Ich offe, Ihre sind es auch nicht. Insofern: So einfach kann an es sich nicht machen. (Ottmar Schreiner [SPD]: Das ist ziemlicher Blödsinn, was Sie da erzählen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Was mich vor allem ärgert, sind Ihre Aussagen zur
ruppe der Aufstocker. Sie, Frau Müller-Gemmeke,

chreiben in Ihrem Antrag wieder einmal, knapp
1 Milliarden Euro würden ausgegeben, um Billiglöhne
u subventionieren. Sie wissen, dass das nicht stimmt.
ie wissen das genau.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


s ärgert mich, dass Sie immer wieder den Eindruck er-
ecken, als sei es so, wie Sie schreiben. Sie kennen die
ahlen so gut wie wir. Sie wissen, dass drei Viertel der
ufstocker nur Teilzeit arbeiten und dass nicht die Lohn-
öhe das Problem ist.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja! Weil sie keinen Vollzeitjob kriegen!)


ie wissen auch, dass es beim restlichen Viertel an der
röße der Familie liegt,


(Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


ass ihnen die Solidargemeinschaft richtigerweise Geld
ukommen lässt,


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


nd dass die Zahl derjenigen, die nur aufgrund der Höhe
res Lohnes aufstockt, gering ist; es sind einige Zehn-
usend und nicht mehr.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Was haben die denn für Stundenlöhne in dem Bereich? – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Zwischenfrage, Herr Präsident!)


Ich lasse die Zwischenfrage der Kollegin gerne zu.






(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711727300

Sie erlauben die Zwischenfrage?


Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1711727400

Ja, fünf Sekunden vor Ende meiner Redezeit sehr

gern.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hat ja auch ganz schön lange gedauert!)



Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711727500

Herr Vogel, Sie haben in Ihrer Rede darauf hingewie-

sen, dass die Lohnhöhe nicht das Problem darstellt. Ist
Ihnen bekannt, dass in Deutschland fast 2 Millionen Be-
schäftigte für Löhne unter 5 Euro pro Stunde arbeiten
und dass es unter den Aufstockern eine besonders hohe
Zahl von Niedriglöhnern gibt?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war es schon? Jetzt können Sie erst einmal ein Weilchen stehenbleiben, Frau Kollegin!)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1711727600

Mir sind diese Zahlen sehr wohl bekannt. Ich habe Ih-

nen gerade die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vor-
getragen. Man muss sich die Aufstockerstatistik genau
anschauen.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Das sollte man tatsächlich tun!)


Ich meine, keine andere Statistik macht so sehr deutlich,
ob Menschen in Deutschland unterhalb des Existenzmi-
nimums leben müssen oder nicht; dafür gibt es Hartz IV,
dafür gibt es die Existenzsicherung, Frau Kollegin. An
der Aufstockerstatistik wird deutlich, dass nur einige
Zehntausend Menschen alleinstehende Vollzeitaufsto-
cker sind, die wirklich wegen der Höhe ihres Lohnes
aufstocken und nicht, weil sie nur Teilzeit arbeiten oder
in einer großen Bedarfsgemeinschaft leben und deshalb
unterstützt werden.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Das sind doch deutlich mehr!)


Es stimmt einfach nicht, wenn Sie den Eindruck erwe-
cken, Millionen Menschen in diesem Land würden Voll-
zeit arbeiten, könnten von ihrem Lohn aber nicht leben.
Es stimmt auch nicht, dass jedes Jahr 11 Milliarden Euro
für die Subventionierung von Billiglöhnen ausgegeben
werden.

Diese Aussagen stören mich, weil sie sich in eine Me-
lodie einreihen, die Sie von der Opposition in den letzten
Monaten immer wieder spielen. Sie behaupten, dass das
deutsche Jobwunder nur auf Billiglöhnen basiert. Damit
machen Sie den Menschen in diesem Land die gute Lage
am deutschen Arbeitsmarkt, die sie sich hart erarbeitet
haben – wenngleich wir noch einiges verbessern müs-
sen; da sind wir uns einig –, madig.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach was! Die Lage ist doch gar nicht so rosig!)


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(C (D ie machen auch politische Erfolge madig, sogar Ihre eienen aus der vorvergangenen Legislaturperiode. Das ollten Sie beenden. enn Sie das tun, befinden wir uns auf einem Diskusionsniveau, auf dem wir dann über alle weiteren Details onstruktiv streiten können. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/4437 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 b auf: Beratung des Antrags der Bundesregierung Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der AU/UN-Hybrid-Operation in Darfur der Resolution 1769 tes der Vereinten Nationen vom 31. Juli 2007 und Folgeresolutionen – Drucksache 17/6322 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wierspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das o beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rederin der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, ornelia Pieper, das Wort. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711727700

C
Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1711727800

Danke, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kol-

gen! Ich begrüße es, dass wir heute über die weitere
eutsche Beteiligung an einer der wohl wichtigsten, zah-
nmäßig größten, aber manchmal auch vergessenen
riedensmission der Vereinten Nationen in Afrika disku-
eren: UNAMID in Darfur. Die Bilder und Nachrichten,
ie wir seit Jahren aus Darfur erhalten, sind immer noch
rschreckend. Wir müssen unser Engagement für den
chutz der Zivilisten, gerade auch der Frauen und Kin-
er, fortsetzen. Deshalb hat die Bundesregierung gestern
eschlossen, sich weiterhin an der von den Vereinten





Staatsministerin Cornelia Pieper


(A) )


)(B)

Nationen und der Afrikanischen Union gemeinsam ge-
führten Friedensmission in Darfur, UNAMID, zu beteili-
gen. Das gegenwärtige Bundestagsmandat für die militä-
rische Beteiligung endet, wie Sie wissen, am 15. August
dieses Jahres. Es soll bis zum 15. November 2012 ver-
längert werden. Weiterhin soll die Obergrenze bei
50 Soldatinnen und Soldaten liegen. Durch die Fortfüh-
rung der deutschen Beteiligung an UNAMID setzt
Deutschland ein klares Signal für den Einsatz für Men-
schenrechte, den Schutz von Zivilisten und die humani-
täre Unterstützung der Zivilbevölkerung in Darfur.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir wissen, dass UNAMID vor großen und wichti-
gen Herausforderungen steht; Bundesaußenminister
Westerwelle hat sich auf seiner Reise in den Sudan letzte
Woche persönlich davon überzeugt. Leider ist in den
letzten Monaten die Lage in Darfur angespannt geblie-
ben. Immer wieder aufflammende Kämpfe zwischen Re-
gierungstruppen, Rebellen und Milizen sowie eine stän-
dige Bedrohung durch bewaffnete Banditen belasten die
ohnehin prekäre humanitäre Lage der Zivilbevölkerung
in Darfur.

Eine dauerhafte politische Lösung des Darfur-Kon-
flikts steht weiter aus. Die Friedensverhandlungen zu
Darfur in Doha haben mit der Versammlung der betrof-
fenen Parteien und der Zivilgesellschaft vom 27. bis
31. Mai 2011 einen vorläufigen Abschluss gefunden. Es
wurde zwar kein Friedensvertrag unterzeichnet, da sich
die Rebellengruppen letztendlich verweigert haben. Ver-
handlungen unter Vermittlung der internationalen Ge-
meinschaft werden aber fortgesetzt. Katar, die Afrikani-
sche Union, Mitvermittler Thabo Mbeki sowie der
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen haben alle Kon-
fliktparteien aufgerufen, sich ernsthaft und konstruktiv
an Friedensgesprächen zu beteiligen.

Die sudanesische Regierung hat gegenüber Bundes-
außenminister Westerwelle bei seinem Besuch im Sudan
ihre Bereitschaft zu weiteren Verhandlungen bekräftigt.
Bundesaußenminister Westerwelle hat auch die Verbesse-
rung der Menschenrechtslage in Khartoum angemahnt –
zu Recht, wie ich meine. Die Bundesregierung hält es für
dringend notwendig, dass bei einem Friedensschluss in
Darfur der Ausnahmezustand aufgehoben wird, die All-
macht der sudanesischen Geheimpolizei beschnitten
wird und die Menschen- und Bürgerrechte, insbesondere
die Presse- und Versammlungsfreiheit, in Darfur und im
ganzen Sudan hergestellt werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir werden uns weiter mit Nachdruck für eine fried-
liche und nachhaltige Lösung des Darfur-Konflikts und
für eine Verbesserung der Menschenrechtslage einset-
zen. UNAMID bleibt bis auf Weiteres als stabilisieren-
des Element zur Verbesserung der Sicherheitslage in
Darfur und zur Begleitung der politischen Bemühungen
um ein Ende der dortigen Krise unverzichtbar.

Gestern habe ich mich im Auswärtigen Amt noch ein-
mal mit in Darfur und im Tschad tätigen Vertretern der
NGOs unterhalten. Auch sie bestätigen die Notwendig-

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(C (D eit von UNAMID für ihre Arbeit und die Stabilisierung er Lage in Darfur. Die Vertreter der Organisationen bechteten mir aber auch über fortgesetzte Behinderungen rer Arbeit durch Bürokratie, Zugangsverweigerung nd Schikanen. Die Unterstützung von UNAMID durch ie sudanesische Regierung sowie den freien Zugang für ie humanitären Helfer wird die Bundesregierung auch eshalb weiter mit Nachdruck anmahnen. Die deutsche Beteiligung an UNAMID ist ein wichties Zeichen, insbesondere an die Vereinten Nationen nd an die Afrikanische Union, dass Deutschland das inrnationale Engagement in Darfur unterstützt. Art und mfang des deutschen Engagements wurden dabei eng it unseren internationalen Partnern abgestimmt. Wir ehen unser Bestreben in Darfur als Teil unseres Einsates für den gesamten Sudan. Neben der Beteiligung mit sechs Offizieren verrichn auch deutsche Polizeivollzugsbeamtinnen und -be mte ihren Dienst bei der Mission. Derzeit sind es fünf. as Mandat für die Beteiligung mit Polizeibeamtinnen nd -beamten wurde gestern ebenfalls durch einen Kabiettsbeschluss unbefristet verlängert. An dieser Stelle möchte ich den Soldatinnen und Solaten sowie den Polizistinnen und Polizisten, die dort nter extrem schwierigen Bedingungen ihre Aufgaben rfüllen – ich denke, auch in Ihrem Namen –, Dank und nerkennung aussprechen. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich will auch noch einmal erwähnen, dass die Hilfe
r die vom Darfur-Konflikt betroffene Bevölkerung

icht nur in Darfur, sondern auch im benachbarten
schad zu den Schwerpunkten der humanitären Hilfe der
undesregierung zählt. Die Leistungen der Bundesregie-
ng beliefen sich in ganz Sudan und im benachbarten

schad für die Zeit von 2009 bis 2011 auf rund
13 Millionen Euro. Ich glaube, dieser Beitrag kann sich
ehen lassen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wie Sie wissen, wird Deutschland im Juli 2011 die
räsidentschaft des Sicherheitsrates übernehmen. Dort
aben wir zwei Schwerpunktthemen: Sudan und Kinder
bewaffneten Konflikten.

Für den Sudan gilt es den Friedensprozess voranzu-
eiben und zu einem guten Ende zu bringen. So haben
ie Konfliktparteien, die Regierung in Khartoum und die
üdsudanesische Befreiungsbewegung, die die neue Re-
ierung des Südsudan stellen wird, gerade Abkommen
ber die Einstellung der Feindseligkeiten in Kordofan
nd über gemeinsame Überwachungsmechanismen an
er Grenze zwischen Nord- und Südsudan getroffen. Die
ereinten Nationen sollen diese durch Beobachter über-
achen. Minister Westerwelle hat dies in Khartoum bei

einem Besuch zu einem seiner zentralen Themen ge-
acht und Khartoum wieder davon überzeugt, VN-Prä-

enz zuzulassen.





Staatsministerin Cornelia Pieper


(A) )


)(B)

Zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten
werden wir eine Resolution einbringen, die Angriffe auf
Schulen und Krankenhäuser zusätzlich ächtet und die
Demobilisierung von Kindersoldaten, wie es sie im Su-
dan immer noch gibt, vorantreiben soll.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Ich bitte Sie daher alle um Ihre Zustimmung zur wei-
teren deutschen militärischen Beteiligung an UNAMID
und damit einem wichtigen Teil unseres Engagements
für den Sudan sowie den Schutz von Flüchtlingen und
Zivilisten, Kindern und Frauen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711727900

Das Wort hat die Kollegin Karin Evers-Meyer von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Karin Evers-Meyer (SPD):
Rede ID: ID1711728000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch wenn es wie ein Ritual erscheint, das man reflex-
artig ableistet, möchte auch ich im Namen meiner Frak-
tion den Soldatinnen und Soldaten, die bei UNAMID in
Darfur eingesetzt sind, für ihre Arbeit danken.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich finde, gerade bei einem Einsatz wie dem in Darfur,
der nicht das größte Interesse bei den Medien weckt, ist
es richtig, jede Gelegenheit zu nutzen, um daran zu erin-
nern, dass auch dort deutsche Soldaten im Einsatz sind
und ihren Dienst tun, in einem Land, in das wohl keiner
von uns derzeit gerne fahren möchte und das viele, die
dort leben, am liebsten verlassen würden. Die Mitglieder
des Deutschen Bundestages haben ihren Einsatz im
Blick. Wir stehen abseits der Schlagzeilen aus Afghanis-
tan auch an ihrer Seite und an der Seite ihrer Familien.

In den vergangenen zwölf Jahren waren es in der
Spitze acht deutsche Soldatinnen und Soldaten, die ihren
Dienst in Darfur getan haben. Das ist angesichts einer
Zielgröße von insgesamt 26 000 Mann bei UNAMID ein
sehr kleiner Anteil an der immerhin größten Friedens-
mission der Vereinten Nationen überhaupt. Dieser ge-
ringe Umfang der deutschen Beteiligung wurde kriti-
siert. Kritisiert wurde insbesondere die noch einmal
verringerte Obergrenze von 50 Soldatinnen und Solda-
ten. Es hat sich aber in den letzten zwölf Monaten ge-
zeigt, dass diese maximale Stärke von 50 Soldatinnen
und Soldaten wirklich ausreicht. Der Bundeswehr ist
nicht geholfen, wenn sie mit zu viel Personal für ihre
Einsätze planen muss. Gerade in den unsicheren Zeiten
der Bundeswehrreform ist eine realistische und vernünf-
tige Einschätzung der Mandatsstärke wichtig – für die
Bundeswehr selbst und für den Erfolg der Missionen, die
sie unterstützen soll.

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(C (D Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Forderung ach größerer materieller Unterstützung, vor allem nach em Einsatz von Hubschraubern. Ich wünschte mir ja uch, dass die Bundeswehr mehr davon hätte, aber die ealität sieht leider anders aus, (Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ein Wille, da ein Weg!)


nd die Hubschrauber, die wir haben, benötigen wir für
ndere Einsätze, allen voran für den Einsatz in Afghanis-
n, wo wir derzeit zu wenige eigene Hubschrauber ha-
en und daher auf die Unterstützung unserer Bündnis-
artner angewiesen sind.

Ich kann hier deshalb nur davor warnen, den Eindruck
ntstehen zu lassen, dass die Bundesregierung keine
ubschrauber für UNAMID bereitstellen möchte. Die
undeswehr hat sie schlicht und ergreifend nicht. Das
ann man zwar zu Recht bedauern, aber man kann der
egierung in diesem Fall zumindest keinen mangelnden
illen vorwerfen. So ehrlich sollten wir bleiben.


(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


In Darfur, wo während des Bürgerkriegs von 2003 bis
006 furchtbare Verbrechen und Vertreibungen stattge-
nden haben, ist UNAMID der wesentliche Anker für

tabilität. Ohne das Engagement der internationalen Ge-
einschaft wird es dort auf absehbare Zeit keinen stabi-
n Frieden geben, und ohne einen stabilen Frieden wird

s auch keine Chancen auf eine menschenwürdige Ent-
icklung geben.

Die Ausgangssituation in Darfur ist denkbar ungüns-
g. Der Krieg hat dort mindestens 300 000 Todesopfer
efordert. Weit über 2 Millionen Menschen wurden dazu
och vertrieben. Auch heute, vier Jahre nach dem Waf-
nstillstand, leben noch immer mehrere Hunderttausend
enschen in Flüchtlingslagern. Diese Situation kann

ns nicht egal sein, und deswegen ist die Beteiligung
eutscher Soldatinnen und Soldaten richtig – übrigens
icht zuletzt auch deshalb, um die Arbeit der humanitä-
n Helfer vor Ort zu sichern; denn auch der Schutz der

umanitären Helfer ist eine der Kernaufgaben von
NAMID.

Der Frieden in Darfur bleibt brüchig. Trotz vieler An-
trengungen in den vergangenen Monaten und trotz der
erhandlungen in Doha zu Jahresanfang gibt es bis heute
ein Friedensabkommen, das von allen Parteien aner-
annt wird. Deswegen bleibt das bei aller berechtigten
ritik an den Vereinten Nationen in Darfur und der Kri-
k am UNAMID-Einsatz unser einziges richtiges Mittel
ur Lösung des Konfliktes, das wir in der Hand haben.

UNAMID bindet mit der Afrikanische Union endlich
uch die regionalen Akteure ein. Das ist wichtig. Nur mit
ieser gemeinsamen Anstrengung der Vereinten Natio-
en und der Afrikanischen Union gibt es in Darfur die
hance auf einen stabilen Frieden und damit auch die
hance auf eine solide politische und wirtschaftliche
ntwicklung, und das ist doch unser gemeinsames Ziel.

UNAMID ist auch noch aus einem anderen Grund
ichtig. Darfur ist nicht der einzige Krisenherd im Su-
an. Anfang des Jahres hat der Süden für seine Unab-
ängigkeit gestimmt, und am 9. Juli 2011, also in einer





Karin Evers-Meyer


(A) )


)(B)

guten Woche, wird sich der Süden zum unabhängigen
Staat ausrufen.

Wir haben diese Entwicklung unterstützt, aber in den
vergangenen Wochen hat sich gezeigt, dass mit der Un-
abhängigkeit des Südens erst einmal wohl keine Ruhe im
Sudan einkehren wird. Deswegen ist es auch richtig,
dass wir in der nächsten Woche über das zweite Sudan-
Mandat der Bundeswehr abstimmen. Es ist dringend nö-
tig, dass wir jetzt ein eindeutiges Zeichen setzen und un-
sere Bereitschaft demonstrieren, dass wir auch im Süden
die Arbeit der Vereinten Nationen weiter unterstützen.

Gerade weil sich die Aufmerksamkeit in den kom-
menden Wochen auf den Süden richten wird, ist die Be-
teiligung an UNAMID so wichtig. Alles, was den
Nordsudan in den schwierigen Wochen und Monaten,
die vor uns liegen, in Unruhe bringen könnte, muss ver-
hindert werden. Hier kommt UNAMID wieder ganz ein-
deutig ins Spiel.

Wir haben die beiden Sudan-Missionen der Bundes-
wehr hier immer gemeinsam betrachtet und auch ge-
meinsam darüber abgestimmt. Das hat seinen guten
Grund. In diesem Jahr ist das leider etwas anders. Über
UNMIS, die andere Mission, werden wir erst in der
kommenden Woche debattieren können. Das sollte uns
aber nicht daran hindern, auf den Zusammenhang der
beiden Missionen hinzuweisen. Es geht um die Stabilität
des ganzen Sudan, des Nordens und des Südens, und es
geht darum, den Regionen, die von langen Bürgerkrie-
gen gezeichnet sind, eine friedliche Entwicklung zu er-
möglichen.

Mit dieser Zustimmung verbinden wir aber auch eine
Aufforderung an die Bundesregierung. Afrika hat mehr
Engagement verdient. Mit dem neuen Afrika-Konzept
der Bundesregierung ist in Deutschland ein Zeichen ge-
setzt worden, und Schlagzeilen sind produziert worden.
Jetzt kommt es aber darauf an, dass Sie das, was Sie hier
ausgebreitet haben, vor Ort auch umsetzen. Einsätze wie
der von UNAMID müssen auch politisch flankiert wer-
den, sonst sind sie auf Dauer sinnlos. Deswegen fordern
wir Sie auf: Tun Sie etwas! Meine Fraktion steht hinter
dem UNAMID-Einsatz der Bundeswehr. Sudan und ins-
besondere Darfur braucht weiterhin die Unterstützung
der internationalen Gemeinschaft. Deutschland kann und
sollte sich daran beteiligen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711728100

Der Kollege Philipp Mißfelder hat für die Unions-

fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1711728200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Am 25. März 2010 haben wir uns im
Rahmen eines interfraktionellen Antrags mit großer Ge-

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(C (D chlossenheit dem Gesamtkomplex Sudan gewidmet. ie Regierungsfraktionen, CDU/CSU und FDP, sowie ie SPD und die Grünen waren sich einig: Wir wollen en Menschen im Sudan helfen. Gleichzeitig haben wir mer gefordert – das ist in der Debatte deutlich geworen –, die komplexe Situation insgesamt zu betrachten. Im Sudan gibt es einerseits den Darfur-Konflikt. Es gibt en Abyei-Konflikt. Am 27. Juni 2011 hat der Sicherheitst für sechs Monate einen Peacekeeping-Einsatz be chlossen, um die Situation insgesamt zu stabilisieren. Es ibt den Südkordofan-Konflikt. Dort ist die Situation Anng Juni eskaliert und zurzeit immer noch instabil. Das eigt uns allen, dass die Arbeit der Bundeswehr im Rahen von UNAMID und auch bei UNMIS – die beiden andate sind von Frau Evers-Meyer schon genannt wor en – wichtig ist. Deshalb freue ich mich, dass so viele olleginnen und Kollegen auch um diese Uhrzeit dieser ebatte aufmerksam folgen. Der Sudan ist mit einer der größten Herausforderungen r den Frieden auf dem afrikanischen Kontinent. Leider das muss man sagen – hat er viel zu lange ohne internaonale Beteiligung stattgefunden. Im Rückblick ist das, as dort passiert ist, für die Weltgemeinschaft eher bestür end, als dass man beruhigt von einem funktionierenden ingreifen sprechen könnte. Insofern ist es richtig, dass ir heute unserer Verantwortung gerecht werden, weiterin stabilisierend in der Region zu wirken. Nach der Unabhängigkeitserklärung stellen sich drei roße Problemfelder: Erstens. Das Comprehensive eace Agreement ist noch nicht voll umgesetzt. Nordnd Südsudan müssen sich über die Grenzziehung einien. Sie müssen das Abyei-Problem friedlich lösen. ämpfer des SPLA, die noch im Nordsudan sind, müs en sich zurückziehen. Zweitens. Wie gehen der Norden und der Süden mit en Folgen der Unabhängigkeit selbst um? Es gibt viele ffene Fragen zu Rohstoffen und zum Grenzregime. ier darf sich kein neues Pulverfass auftun. Drittens. Der Südsudan muss erst staatliche Struktun schaffen. Es gibt überhaupt kein funktionierendes taatsgebilde. Offen ist, wie sich Bildung, Infrastruktur nd Sicherheit auf Dauer ohne internationale Maßnahen garantieren lassen. Das Gesamtbild im Sudan bleibt also eine große Heusforderung. Gott sei Dank – ich habe es gerade schon ngesprochen – ist nach Jahren der Ignoranz die Weltgeeinschaft aufmerksam geworden. So hat sich zum Bei piel Präsident Obama dieser Frage im Januar dieses ahres in einem bemerkenswerten Artikel im Tagesspieel gewidmet. Ich bin froh, dass wir uns auch im Deutchen Bundestag ausführlich mit diesem Problem bechäftigen. Das ist auch dem persönlichen Engagement iniger Abgeordneter zu verdanken. Ich möchte für eine Fraktion Hartwig Fischer nennen, der bei uns icht müde wird, auf dieses Thema hinzuweisen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

Ich komme zum Mandat, um dessen Unterstützung
ich Sie bitte. Die Mission UNAMID soll sicherstellen,
dass die Gräueltaten und Vertreibungen in Darfur ein
Ende haben und die Menschen wieder sicher leben kön-
nen. Diesen Auftrag hat der Sicherheitsrat der Vereinten
Nationen gegeben. Darüber sind wir uns in diesem
Hause einig.

Es gibt nur eine Fraktion, die zu diesem Einsatz Nein
sagt, die Linke. Ich möchte die Gelegenheit in dieser ers-
ten Lesung nutzen, Sie zu bitten, Ihr Nein zu überden-
ken, und hier für einen wirklichen Friedenseinsatz zu
werben. Es ist tatsächlich so, dass man viele grundsätzli-
che Fragen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr stel-
len kann. Deshalb debattieren wir hier unter dem Parla-
mentsvorbehalt jeden Einsatz sehr gewissenhaft und mit
großer Akribie. Aber bei diesem Einsatz können Sie nun
wirklich nicht unterstellen, dass es sich nicht um einen
Friedenseinsatz handelt. Deshalb fordere ich Sie auf, Ihr
Nein zu überdenken.

Die Menschen in Darfur rufen uns zu: Helft uns! Die
Vereinten Nationen sagen: Bitte helft, ihr werdet ge-
braucht! – Wir geben die Antwort und machen verant-
wortungsbewusste Außenpolitik.

Die Linke sagt aus ideologischen Gründen Nein. Vor
dem Hintergrund sollte man, glaube ich, in dieser De-
batte zwar die Einigkeit des Hauses betonen, aber nicht
vergessen, unter welcher Maßgabe sich eine Fraktion au-
ßerhalb unseres Konsenses stellt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Herausforderungen für Afrika bleiben groß. Die
Reise unseres Bundesaußenministers begrüße ich aus-
drücklich. Auch die anstehende Reise der Bundeskanzle-
rin nach Afrika halte ich für wichtig. Ich glaube, dass
insgesamt viele Kolleginnen und Kollegen ihren persön-
lichen Fokus viel stärker auf Afrika legen sollten. Wir
werden damit auch unserem Koalitionsvertrag gerecht,
in dem wir vereinbart haben:

Wir bekennen uns zur Unterstützung der afrikani-
schen Sicherheitsbemühungen und beteiligen uns …
Für eine dauerhafte Stabilisierung des Kontinents
setzen wir auf eine starke Afrikanische Union als
wichtiger Baustein afrikanischer Eigenverantwor-
tung.

Das versuchen wir zu unterstützen. Darum sind die bei-
den Mandate, die wir in diesen beiden Sitzungswochen
beraten, wichtig.

Ich möchte zuletzt unseren Soldatinnen und Soldaten,
aber auch den Polizisten, die dort ihren Beitrag leisten,
herzlich danken, dass sie dort auch unter schwierigen
Bedingungen einen wichtigen Beitrag zum Ansehen un-
seres Landes leisten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Die Kollegin Buchholz hat für die Fraktion Die Linke as Wort. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr ißfelder, wenn Sie uns für ein Ja zu diesem Einsatz geinnen wollen, dann hätten Sie zumindest ein Argument ennen und sich auch mit den Problemen dieses Einsates auseinandersetzen müssen. (Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Frieden! Schutz der Menschen! – Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/CSU]: Humanitäre!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711728300

(Beifall bei der LINKEN)

Christine Buchholz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711728400

Es besteht bei uns allen in diesem Hause kein Zweifel
arüber, dass die Lage in Darfur katastrophal ist. Das
andat, das heute zur Debatte steht – es stehen schließ-

ch nicht die Allgemeinplätze und das Afrika-Konzept
er Regierung zur Diskussion, sondern das UNAMID-
andat –, ist allerdings völlig ungeeignet, die Lage zu

erbessern.


(Beifall bei der LINKEN – Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt!)


UNAMID ist der größte und teuerste UN-Einsatz in
er Geschichte. Er kostet jährlich 1,8 Milliarden Dollar.
ittlerweile sind 23 000 Polizisten und Soldaten in Dar-
r stationiert.

Bei meinem Besuch im Sudan im letzten November
at mir der Mitarbeiter einer Hilfsorganisation gesagt,
as er von der Darfur-Mission UNAMID hält. Ich zi-
ere: „UNAMID ist eine große Geldfressmaschine ohne
uswirkung.“


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das sagt ein Mitarbeiter!)


Der Einsatz wird den Problemen in Darfur nicht ge-
cht. Das will ich begründen. Erstens. Dorthin, wo die
efährdung von Zivilisten stattfindet, kommt UNAMID
ar nicht: weder ins Grenzgebiet zum Tschad noch ins
renzgebiet zum Südsudan und nirgendwohin, wo Ge-
chte stattfinden. Von der Bevölkerung wird UNAMID

eswegen auch zunehmend als verlängerter Arm der
entralregierung wahrgenommen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist absolut falsch, was Sie da sagen!)


Zweitens. Weil UNAMID nicht als neutral angesehen
ird, empfinden viele Hilfsorganisationen die Präsenz
icht als Schutz, sondern als Hindernis für ihre Arbeit.


(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Nennen Sie Namen!)


as sind Realitäten, die Sie zur Kenntnis nehmen müs-
en, wenn Sie mit den Menschen reden, die dort in den
ilfsorganisationen arbeiten.


(Beifall bei der LINKEN – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Verschwörungstheorie!)






Christine Buchholz


(A) )


)(B)

Ich habe das gemacht, Sie vielleicht nicht.

Neben der bitteren Armut ist der Klimawandel eine
der wesentlichen Ursachen der Probleme der Menschen
in Darfur. Die Ausbreitung der Wüste zerstört die Le-
bensbedingungen, schafft neue und verschärft alte Kon-
flikte.

Letztes Jahr sind 40 Prozent der Ernte in Darfur we-
gen Dürre ausgefallen. Die 16 trockensten Jahre seit Be-
ginn der Aufzeichnungen 1910 fielen in die letzten
30 Jahre. Wenn die Entwicklung so weitergeht, erwartet
die UNO bis 2050 Ernteausfälle von 70 Prozent.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Wer hat denn die Wasserlöcher zerstört?)


Solange die Menschen dort keine wirtschaftliche und
soziale Perspektive haben, wird es keinen Frieden geben.
Dazu enthält Ihr Antrag gar nichts; Sie schreiben nur,
dass Sie mit dem Nordsudan keine Entwicklungszusam-
menarbeit machen wollen. Das ist angesichts der Pro-
bleme ein Armutszeugnis.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich hatte im November letzten Jahres die Gelegenheit,
in Darfur mit allen drei zu dem Zeitpunkt dort stationier-
ten Bundeswehrsoldaten zu sprechen. Einer von ihnen
sagte: „Wenn wir unser Mandat, den Schutz der Zivilbe-
völkerung, nicht wahrnehmen können, sind wir hier
überflüssig.“ Recht hat er: Beenden Sie den Militär- und
Polizeieinsatz, der ohnehin ein symbolischer ist, und be-
ginnen Sie endlich, sich ernsthaft über wirkliche Hilfe
für die Menschen in Darfur Gedanken zu machen!


(Beifall bei der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das war’s? Das war die Alternative?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711728500

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kol-

lege Nouripour das Wort.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711728600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Spätes-

tens seit es einen Haftbefehl gegen al-Baschir, den Präsi-
denten des Sudan, gibt, verbindet man die Situation in
Darfur mit einem Namen. Die Tatsache, dass dieser Prä-
sident dieser Tage mit einem roten Teppich in Peking
empfangen wurde, ist deshalb nicht nur eine moralische
Bankrotterklärung, sondern auch eine Niederlage für die
internationale Gerichtsbarkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich möchte die Bundesregierung aufrichtig bitten
– sie übernimmt in knapp neun Stunden den Vorsitz im
UN-Sicherheitsrat –, auf unsere Partnerstaaten, gerade
auf die USA, einzuwirken, keine Double Standards und
Einfallstore mehr zuzulassen und dem Statut des Interna-
tionalen Strafgerichtshofs beizutreten. Das wäre ein rich-
tiges Signal Richtung China und eine große Hilfe zur
Verbesserung der Situation im Sudan, speziell in Darfur.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Die Situation in Darfur ist gravierend. Präzise Zahlen ind zwar nicht bekannt, aber Schätzungen gehen von 00 000 bis 400 000 Getöteten in den letzten acht Jahren nd von bis zu 3 Millionen Vertriebenen aus. Diese chätzungen sind nicht ganz präzise, weil wir kein geaues Bild haben. Aber selbst die vorsichtigsten Schätungen zeichnen ein Bild des Grauens. Die aktuelle Lage t zwar besser als die in der Zeit vor dem Waffenstill tand. Aber es gibt weiterhin viele Gewaltausbrüche. Die riedensverhandlungen in Doha sind gescheitert. Es gibt eiterhin Kämpfe zwischen dem Justice and Equality ovement, Regierungstruppen und den Dschandschaid-Milizen. Sie verhindern, dass internationale Hilfslierungen ankommen, behindern den Zugang zu Flüchtngslagern und greifen UN-Personal an. Natürlich ist die ivilbevölkerung die erste Leidtragende. Wir erleben ort eine fürchterliche humanitäre Katastrophe. Die politische Situation ist verfahren. Die Doha-Frieensverhandlungen sind, wie gesagt, gescheitert. Die olitische Situation wird nicht unbedingt dadurch einfaher, dass Khartoum nun mit der Unabhängigkeit des Süens konfrontiert ist. Gerade in dieser Situation ist NAMID wichtig. Gerade in dieser Situation ist es wichg, dass es eine UN-Mission gibt, die zumindest den Veruch unternimmt, das Land zu stabilisieren. Deshalb ist ie Fortsetzung des Mandates – auch unter Beteiligung er Bundeswehr – aus meiner Sicht völlig richtig. Die ntscheidende Frage ist nur, welches Engagement dafür ebraucht wird. In der letzten UNAMID-Debatte hat Herr ußerminister Westerwelle den Satz gesagt: Der Sudan raucht von der internationalen Gemeinschaft mehr Enagement und nicht weniger. – Zudem gab es damals eien von einer breiten Mehrheit getragenen interfraktioellen Antrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert ird, mehr Engagement im Sudan zu zeigen. Nun steht ber im vorliegenden Mandatstext: Der Einsatz wird im Übrigen fortgesetzt ohne inhaltliche Änderungen … . Die Bundesregierung nimmt an dieser Stelle leider och nicht einmal die Forderungen der Koalitionsfrakonen für voll und erfüllt sie nicht. Das ist extrem wenig nd sehr bedauerlich. Es fehlt an Ausrüstung. Es ist sicherlich richtig, dass ie Hubschrauberfrage gelöst werden muss. Aber das ist ei weitem nicht das einzige ungelöste Problem. Das beifft nicht nur UNAMID. Es wird auch nicht versucht, en EU-Sonderbeauftragten für den Sudan zu stärken. ie Liste der Mängel ist lang. Man muss feststellen: Die undesregierung macht an dieser Stelle leider viel zu enig. Diese Passivität ist sehr bedauerlich. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as heißt aber nicht, dass die Mission falsch ist. Ich plä-
iere dafür, der Fortsetzung des Mandats zuzustimmen.

Die Bevölkerung in Darfur braucht unsere Hilfe, ins-
esondere im zivilen Bereich. Wenn ich eine letzte Zahl
ennen darf: Es sind gerade einmal sechs Polizisten aus
eutschland dort eingesetzt. Das entspricht 0,1 Prozent
er gesamten Polizeimission vor Ort. Die Polizistinnen





Omid Nouripour


(A) )


)(B)

und Polizisten sowie die Soldatinnen und Soldaten, die
dorthin entsandt werden, leisten einen hervorragenden
und dankenswerten Einsatz unter schwierigsten Bedin-
gungen. Aber sie brauchen mehr Unterstützung, Engage-
ment und Rückendeckung seitens der Bundesregierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711728700

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege

Dr. Götzer das Wort.


Dr. Wolfgang Götzer (CSU):
Rede ID: ID1711728800

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Noch immer ist die Lage in Darfur von Gewalt ge-
prägt. Der Waffenstillstand von Doha zwischen der Re-
gierung und den Rebellengruppen wird immer wieder
gebrochen. So haben erst kürzlich Soldaten der VN-Mis-
sion in Darfur über Bombardierungen durch Regierungs-
truppen sowie von der Geiselnahme mehrerer Angehöri-
ger von Hilfsorganisationen berichtet. Auch die jüngsten
Darfur-Friedensgespräche in Doha sind am 31. Mai die-
ses Jahres ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen.
Die Lage im Westen des Sudan bleibt somit angespannt,
und eine dauerhafte politische Lösung des Darfur-Kon-
flikts steht nach wie vor aus. Dies zeigt die Notwendig-
keit der Verlängerung des UNAMID-Mandats eindeutig
auf.

Die UNAMID-Mission der Vereinten Nationen, inner-
halb derer unsere deutschen Soldatinnen und Soldaten
unter schwierigsten Bedingungen einen wichtigen Bei-
trag leisten, dient der Verbesserung der Sicherheitslage in
Darfur und begleitet die politischen Bemühungen um ein
Ende der dortigen Krise. Auch ich möchte deshalb – dies
ist kein Ritual, sondern es kommt aus tiefstem Herzen –
unseren Soldatinnen und Soldaten im Sudan für die ver-
schiedenen Einsätze, die sie dort leisten – wie gesagt, un-
ter extremen Bedingungen –, unser aller Dank ausspre-
chen.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Mission ist daher unbedingt unverändert zunächst
bis zum 15. November 2012 fortzusetzen. Darin ist sich
wohl die ganz große Mehrheit dieses Hauses einig.

Auch UNMIS ist als stabilisierendes Element zur
Wahrung der Sicherheit der Zivilbevölkerung im Sudan
unverzichtbar. Eine der Hauptaufgaben von UNMIS war
die Sicherung des Referendums über den Südsudan vom
9. bis 15. Januar dieses Jahres. Das Referendum war Teil
eines Friedensabkommens von 2005 und sollte den mehr
als 20 Jahre andauernden Bürgerkrieg im Sudan been-
den. Die Tatsache, dass das Referendum, bei dem sich
eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung dafür
ausgesprochen hat, einen unabhängigen Staat Südsudan
zu errichten, relativ friedlich und korrekt durchgeführt
wurde, ist auch ein Zeichen für den Erfolg der UNMIS-
Mission. Auf Grundlage dieses Referendums geht es nun
darum, eine dauerhaft stabile politische Lösung für die
Zukunft von Nord- und Südsudan zu finden.

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(C (D Der Südsudan braucht jetzt zur Stabilisierung drinend stärkere, bessere staatliche Strukturen. Das ist entcheidend für die Stabilität der gesamten Region, wenn an bedenkt, dass der Sudan das derzeit größte afrikani che Flächenland ist. Darüber hinaus muss auch die Menschenrechtslage im üdsudan langfristig verbessert werden. Hierbei werden ir nur Fortschritte sehen, wenn sich insbesondere die Si herheitskräfte an rechtsstaatlichen Kriterien orientieren. reguläre Milizen müssen deshalb entwaffnet und wieder die Zivilgesellschaft eingegliedert werden, wo dies öglich ist. Eine bessere Ausbildung und Unterstützung Rahmen dieser Demobilisierungsprogramme ist un erzichtbar. Daher muss sich an UNMIS eine Folgemision anschließen, die all dies leisten kann. Deutschland ill und wird dazu auch weiterhin seinen Beitrag erbrinen. Da mit der Unabhängigkeit des Südsudan in wenigen agen, am 9. Juli dieses Jahres, allerdings das besteende UNMIS-Mandat endet, ist ein neues Mandat und amit eine erneute Befassung des Bundestages erforderch. Mit der Erteilung eines neuen Mandats durch den N-Sicherheitsrat ist Ende nächster Woche zu rechnen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, am Tag der südsuanesischen Unabhängigkeitserklärung wird Deutschnd bereits den Vorsitz im VN-Sicherheitsrat haben und ffiziell für die Begrüßung des neuen Staates in der Orgaisation zuständig sein. Wir sollten auch aus diesem rund dafür Sorge tragen, dass unsere Zustimmung zur eteiligung an dem Mandat bis zu diesem Tag erfolgt ist. Deutschland hat bislang im Sudan einen außerordentch guten Namen und wird als ehrlicher Mittler zwichen Nord und Süd betrachtet. Im Interesse der Menchen im Sudan, aber auch nicht zuletzt, um unseren oldatinnen und Soldaten für ihren schwierigen Einsatz en Rücken zu stärken, bitte ich Sie um Unterstützung ieser Mandate. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711728900

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die

berweisung der Vorlage auf Drucksache 17/6322 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Frak-
tion der SPD eingebrachten Entwurfs eines
… Gesetzes zur Änderung des Grundgeset-
zes (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1)


– Drucksache 17/254 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Dr. Barbara Höll, Cornelia Möhring,
Matthias W. Birkwald, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) )


)(B)

Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des
Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1)


– Drucksache 17/472 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Volker Beck (Köln), Jerzy Montag,
Kai Gehring, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-

(Artikel 3 Absatz 3 Satz 1)


– Drucksache 17/88 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 17/4775 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Stephan Harbarth
Dr. Jan-Marco Luczak
Christine Lambrecht
Marco Buschmann
Halina Wawzyniak

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben.1) –
Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Es handelt sich
um folgende Kolleginnen und Kollegen: Dr. Jan-Marco
Luczak und Norbert Geis für die Unionsfraktion, Sonja
Steffen für die SPD-Fraktion, Marco Buschmann für die
FDP, Dr. Barbara Höll für die Linken und Volker Beck
für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf ei-
nes Gesetzes der Fraktion der SPD zur Änderung des
Grundgesetzes, Art. 3 Abs. 3 Satz 1. Der Rechtsaus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/4775, den Gesetzent-
wurf der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/254
abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in
zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt laut unserer
Geschäftsordnung die weitere Beratung.

Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes der
Fraktion Die Linke zur Änderung des Grundgesetzes,
Art. 3 Abs. 3 Satz 1: Der Rechtsausschuss empfiehlt un-
ter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 17/4775, den Gesetzentwurf der Fraktion Die
Linke auf Drucksache 17/472 abzulehnen. Ich bitte die-
jenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abge-
lehnt. Damit entfällt laut unserer Geschäftsordnung die
weitere Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf ei-
nes Gesetzes der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur
Änderung des Grundgesetzes, Art. 3 Abs. 3 Satz 1. Der
Rechtsausschuss empfiehlt unter Buchstabe c seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 17/4775, den Ge-

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w1) Anlage 16

(C (D etzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 17/88 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeihen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der esetzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Damit ntfällt laut unserer Geschäftsordnung die weitere Berang. Ich rufe die Zusatzpunkte 8 und 9 auf: P 8 Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/ CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und eines … Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Drucksache 17/6291 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Rechtsausschuss P 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Kommission zur Überprüfung des Abgeordnetenrechts – Mehr Transparenz und Verantwortung für das Gemeinwohl – Drucksache 17/6305 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die eratung eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre keien Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege eter Altmaier für die Unionsfraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Eine funktionierende Demokratie braucht funkonsfähige politische Institutionen. Dies gilt für Parteien nd Parlamente gleichermaßen. Auch wenn wir die Deatten, die wir heute führen, oftmals vor dem Hinterrund öffentlicher Befindlichkeiten führen, selbst wenn ie nicht immer frei von der einen oder anderen parteiolitischen Erwägung sind, glaube ich, dass es gut ist, aran zu erinnern, dass ein kardinales Problem der Weiarer Republik in der enormen Schwäche der demokraschen Parteien bestand. Diese Schwäche geht darauf urück, dass die demokratischen Parteien von Weimar eder eine ausreichende Mitgliederbasis noch eine ausichende Finanzausstattung besaßen und deshalb von penden, von Geldern, von privaten Interessen abhängig urden. Peter Altmaier )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1711729000




(A) )

Infolgedessen ist im Grundgesetz ausdrücklich die
Rolle der Parteien verankert. Auf der Grundlage dieser
Vorschrift haben wir uns schon vor vielen Jahren für eine
staatliche Teilfinanzierung politischer Parteien entschie-
den. Nur wenn die Parteien tatsächlich zur Wahrneh-
mung ihrer Aufgaben befähigt sind, können sie an der
Willensbildung verantwortlich mitwirken.

Die letzte Anpassung der staatlichen Parteienfinan-
zierung liegt neun Jahre zurück. Vor neun Jahren wurde
die absolute Obergrenze zum letzten Mal angepasst. Ob-
wohl eine Anpassung an die Preisentwicklung von An-
fang an intendiert war, ist sie in der Praxis zu keinem
Zeitpunkt erfolgt. Das bedeutet, dass sich die Rahmen-
bedingungen für die politische Arbeit von Parteien ge-
messen an der Situation vor rund zehn Jahren in der
Zwischenzeit erheblich verschlechtert haben. Dies müs-
sen wir zur Kenntnis nehmen.

Wir haben uns nach langen Überlegungen dazu ent-
schlossen, in zwei verantwortlichen, maßvollen Schritten
die staatliche Teilfinanzierung an die zwischenzeitlich
eingetretenen preislichen Veränderungen anzupassen,
wohlgemerkt nicht rückwirkend, sondern lediglich für die
Zukunft. Wir haben uns entschieden, eine automatische
Anpassung an die Preisentwicklung für die Zukunft vor-
zuschlagen, weil wir glauben, dass Verlässlichkeit und
Berechenbarkeit wichtig sind. Es geht um nicht mehr und
nicht weniger.

Ähnlich wichtig wie die Funktionsfähigkeit der politi-
schen Parteien ist die Funktionsfähigkeit unserer demo-
kratisch gewählten Parlamente. Es gab im Kaiserreich,
in der Bismarck-Zeit und vor dem Ersten Weltkrieg hef-
tige Debatten darüber, ob es überhaupt angebracht ist,
Abgeordnete mit Entschädigungen auszustatten. Eine
solche Ausstattung ist von denjenigen abgelehnt worden,
die das Parlament schwächen wollten und die ein Inte-
resse daran hatten, dass das Parlament als gleichberech-
tigter Gegenpart zu einer starken Exekutive seine Rolle
nicht spielen konnte. Auch das war der Grund, warum
sich die Gründungsväter der Bundesrepublik Deutsch-
land im Grundgesetz dazu entschieden haben, die Ar-
beitsfähigkeit der Parlamente durch eine angemessene
Entschädigung der Abgeordneten sicherzustellen.

Wir haben in der Vergangenheit oftmals – häufig
durch eigene Fehler und durch eigene Ungeschicklich-
keiten – Debatten geführt, die dem Ansehen des Parla-
ments in der Öffentlichkeit nicht zuträglich waren. Wir
müssen zugeben, dass die Schuld daran nicht immer nur
andere trifft, sondern es lag oft auch an eigener Uneinig-
keit und an der Unfähigkeit, uns auf angemessene und
nachvollziehbare Maßstäbe zu einigen.

Vor einigen Jahren haben wir entschieden, dass sich
die Entschädigung der Abgeordneten an den Einkünften
von Bürgermeistern kleinerer und mittlerer Städte und
von Richtern an obersten Bundesgerichten orientieren
soll. Dies ist eine Einordnung, die man in der politischen
Diskussion begründen und vertreten kann. Abgeordnete
vertreten Wahlkreise von bis zu 300 000 Einwohnern.
Sie haben eine Verantwortung für die Gesetzgebung des
Bundes, aber auch für die Akzeptanz parlamentarischer

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(C (D emokratie vor Ort in ihren Wahlkreisen. Deshalb ist es ine Frage des Selbstverständnisses des Parlaments und er parlamentarischen Demokratie, wie man mit den eienen Repräsentanten umgeht. Wir haben die Zielmarge, die wir selbst im Gesetz erankert haben, in der Vergangenheit nie erreicht. Das atte viele Gründe. Ein Grund war auch die Wirtschaftsrise als Folge der internationalen Bankenkrise, die dazu hrte, dass für viele Bürgerinnen und Bürger nicht nur eine Einkommenssteigerungen realisiert werden konnn, sondern dass durch Kurzarbeit und anderes Einbuen hingenommen werden mussten. Es war für uns selbstverständlich – ich rede an dieser telle im Namen aller Fraktionen in diesem Hause –, ass wir im Jahre 2009 nach der Bundestagswahl und im ahre 2010, als die große Wirtschaftskrise gerade erst inter uns lag und in ihren Folgen noch nicht überwunen war, eine solche Anpassung der Diäten nicht vorgeommen haben. Aber wir haben auch eine Verantworng, die Frage zu beantworten, wie die Entwicklung der iäten vor dem Hintergrund der Entwicklung der nächsn Jahre weitergehen soll. Was wir vorgeschlagen haben, sind zwei Anpassungschritte für das nächste und das übernächste Jahr in der rößenordnung von 3,8 und 3,7 Prozent, was, wenn man as auf die Wahlperiode insgesamt umrechnet, durchaus it der allgemeinen Lohnund Einkommensentwickng übereinstimmt. Wir machen damit einen Schritt, der ertretbar ist, der nachvollziehbar ist und der dazu beiägt, dass wir die gesetzlich angepeilte Größenordnung enn nicht erreichen, so ihr doch einen Schritt näher ommen. Wir haben uns aber auch entschieden, eine unabhänige Kommission einzuberufen, die sich mit der Frage er Altersversorgung von Abgeordneten und mit der rage der künftigen Anpassung der Bezüge beschäftigen oll. Wir werden diese Kommission so organisieren, dass er Sachverstand, den es in unserer Gesellschaft gibt, it einbezogen wird. Wir werden am Ende der Wahlpeode darüber zu diskutieren haben, welche Veränderunen wir vor dem Hintergrund von Entwicklungen in der esellschaft vornehmen müssen. Wir führen diese Disussion offen. Wir führen diese Diskussion transparent. Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen Deutschen Bundestag bedanken, die dazu beigetra en haben, dass wir gemeinsam einen vernünftigen und ertretbaren Vorschlag vorgelegt haben. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711729100

Das Wort hat der Kollege Oppermann für die SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1711729200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach

Art. 48 des Grundgesetzes haben die Abgeordneten An-
spruch auf eine angemessene Entschädigung, die ihre
Unabhängigkeit sichert. Diese Vorschrift ist eine demo-
kratische Errungenschaft; der Kollege Altmaier hat
schon darauf hingewiesen. Es ist sicher nicht richtig,
wenn jemand nur deshalb in die Politik geht, um dort
Geld zu verdienen; aber es kann auch nicht richtig sein,
wenn nur diejenigen in die Politik gehen, die es sich fi-
nanziell leisten können. Deshalb brauchen wir eine Ab-
geordnetenentschädigung, die es allen ermöglicht, im
Parlament Aufgaben zu übernehmen und den Beruf des
Abgeordneten auszufüllen.

Wir haben in der Vergangenheit immer wieder ver-
sucht, dafür Maßstäbe zu finden, und sind im Jahr 1995
zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine angemes-
sene Entschädigung in der Besoldungsgruppe R 6 oder
B 6 ausdrückt. Das ist die Besoldungsgruppe, die Bun-
desrichter und Bürgermeister in mittleren Städten erhal-
ten.

Ich glaube, das ist ein angemessener Maßstab. Die
Abgeordneten haben schwierige Entscheidungen zu tref-
fen. Sie tragen große Verantwortung. Sie müssen ent-
scheiden über Bundeswehreinsätze im Ausland. Sie
müssen entscheiden, ob der Haushalt konsolidiert wird
oder ob Steuersenkungen gemacht werden sollen, wenn
Steuermehreinnahmen vorhanden sind. Sie müssen ent-
scheiden, ob wir in Deutschland zukünftig eine Energie-
versorgung ohne Atomkraft und nur mit erneuerbaren
Energien haben wollen. Sie müssen entscheiden, ob wir
Griechenland unterstützen, damit der Euro stabilisiert
wird. Das sind schwierige Entscheidungen, komplexe
Entscheidungen; wir alle wissen, dass es keine einfachen
Entscheidungen sind. Die Arbeit, die hier gemacht wird,
ist anspruchsvoll, und sie bedeutet eine hohe Verantwor-
tung. Also halte ich die Besoldungsgruppe R 6 für einen
vernünftigen Maßstab.

Die Abgeordneten müssen – so hat es das Bundesver-
fassungsgericht im Diätenurteil 1975 festgelegt – die
Entscheidung selber treffen; sie können sie nicht dele-
gieren. Das muss ein offener, transparenter Prozess sein.
Das ist in Ordnung. Aber wir hatten nicht immer den
Mut und vielleicht auch nicht immer das Geschick, Diä-
tenerhöhungen oder -anpassungen durchzusetzen. In den
letzten zehn Jahren hatten wir fünf Nullrunden. Am
Ende des Jahres werden wir schon rund 8 Prozent hinter
der Besoldungsgruppe R 6 liegen. Deshalb ist die jetzt
vorgesehene Anpassung notwendig. Sie bringt uns 2013
bei der Besoldungsgruppe R 6 auf den Stand von 2010.
Wir haben also keine vollständige Anpassung; wir haben
eine nachholende Anpassung. Die ist vernünftig. Das
Ganze hat Augenmaß.

Wenn ich sehe, wie unaufgeregt unsere Vorschläge
bisher kommentiert worden sind und dass es in ansons-
ten in dieser Frage außerordentlich kritischen Medien
sogar zustimmende Kommentare gab, dann zeigt das für
mich, dass dieser Vorschlag für die Anpassung akzep-
tiert wird. Wir sollten ihn ebenfalls akzeptieren und das

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(C (D anze dann nächste Woche in der zweiten und dritten esung beschließen. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt und dass die bgeordnetenentschädigung das Vertrauen der Men chen in das Parlament nicht infrage stellt oder beeinächtigt, den Abgeordneten aber eine vernünftige Arbeit rmöglicht. Zum Bereich der Parteienfinanzierung wird ein Kollege Wiefelspütz noch eine Anmerkung ma hen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711729300

Das Wort hat der Kollege van Essen für die FDP-

raktion.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1711729400

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Ich möchte meine Ausführungen mit ei-
er Beobachtung beginnen. Als ich in meinem alten Be-
f in der Justiz tätig war, wurde ich von meinen Studi-

nkollegen ständig gefragt: Wie konntest du so unklug
ein – sie haben es etwas drastischer ausgedrückt –, in
ie Justiz zu gehen? Mit deinem Examen hättest du doch
roße Chancen, als Rechtsanwalt viel mehr Geld zu ver-
ienen. – Das habe ich immer an mir abperlen lassen,
eil ich in meinem Beruf sehr viel Befriedigung gefun-
en habe, weil ich die Arbeit interessant fand und weil
h gerne Angehöriger der Justiz war.

Dann wurde ich in den Bundestag gewählt und hatte
st das gleiche Gehalt, aber mindestens die dreifache
rbeitszeit. Früher, als ich noch Oberstaatsanwalt war,
ätte ich mich um diese Zeit auf das Anschauen des
eute journals vorbereitet. Jetzt stehe ich hier und ar-
eite noch.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das nennen Sie Arbeit, Herr Kollege van Essen?)


rüher, als ich Oberstaatsanwalt war, hatte ich jedes Wo-
henende frei. Mein letztes freies Wochenende hatte ich
nfang Februar. Von daher hat sich eine Menge getan
nd verändert, insbesondere was die Betrachtung meines
ehaltes anbelangt. Seitdem ich Abgeordneter bin, muss
h mich wegen meines üppigen Gehalts verteidigen.
orher hat man sich über mein geringes Gehalt lustig ge-
acht; jetzt – mit dreifacher Arbeitszeit und viel größe-
r Verantwortung – muss ich mich, wie gesagt, wegen
eines Gehalts verteidigen. So unterschiedlich sind of-
nsichtlich die Betrachtungsweisen.

Deshalb bin ich dankbar, dass die Kollegen, die bisher
eredet haben, darauf hingewiesen haben, dass wir kei-
erlei Grund haben, uns zu verstecken. Das gilt auch für
en Vorschlag, der jetzt zur Debatte steht.

Wenn Sie sich einmal vergegenwärtigen: Es gibt die
rei obersten Bundesorgane – den Bundestag, die Bun-
esregierung und das Bundesverfassungsgericht. Alle
rgane sind gleichberechtigt. Dabei ist die Verantwor-
ng sehr ähnlich gelagert, ebenso die Arbeitszeit. Das





Jörg van Essen


(A) )


)
Ministergehalt liegt jenseits der Besoldungsstufe B 11.
Das Gehalt der Verfassungsrichter liegt ebenfalls in die-
ser Größenordnung. Von daher bedeutet es überhaupt
keine Überschätzung der eigenen Position – sondern
ganz im Gegenteil ein Stück Bescheidenheit –, wenn wir
sagen: Wir wollen uns an B 6 orientieren.

In den letzten Jahren sind wir – weil wir zum Teil sogar
auf Anpassungen der Abgeordnetenentschädigung ver-
zichtet haben – gegenüber B 6 ganz erheblich zurückge-
fallen. Wenn man sich einmal anschaut, wer in unserem
Umfeld – beispielsweise in der Bundestagsverwaltung –
oder wer von unseren Mitarbeitern in den Fraktionen in
der Gehaltsstufe B 6 und höher ist, dann wird man zu dem
Schluss kommen, dass es wahrscheinlich nur ganz we-
nige Institutionen gibt, wo diejenigen, die die eigentliche
Verantwortung tragen, weniger Geld verdienen als die
Mitarbeiter, die ihnen zuarbeiten. Auch das ist ein Grund,
warum wir uns mit unserem Vorschlag nicht verstecken
müssen.

Ich halte es daher für richtig, dass wir diese Anpas-
sung vornehmen, und zwar in zwei Schritten. Der Kol-
lege Oppermann hat schon darauf hingewiesen, dass wir
auch dann im Jahr 2013 die Besoldungsstufe B 6 nicht
erreichen, sondern dass wir nur auf den Stand des Jahres
2010 kommen. In der Zwischenzeit wird es sicherlich
noch Erhöhungen der Beamtenbesoldung geben, sodass
sich der Abstand im Jahre 2013 nochmals vergrößern
wird. Von daher denke ich, dass wir hier einen maßvol-
len Vorschlag vorlegen.

Ich möchte an etwas erinnern, das häufig untergeht.
Die meisten glauben, insbesondere die Altersversorgung
der Abgeordneten sei besonders üppig. Wer sich einmal
damit beschäftigt hat, weiß, dass es viele Witwen gibt,
die von einer sehr geringen Rente leben. Es ist auch kein
Geheimnis, dass der Bundestag da und dort helfen muss.
Auch wir mussten in bestimmten Fällen über eine So-
zialkasse, die wir in der Fraktion haben, helfen, damit je-
mand überhaupt existieren konnte. Auch das gehört zur
Wirklichkeit; auch das muss bei einer so deutschen De-
batte wie der heutigen angesprochen werden.

Wir von der FDP haben uns immer dagegen gewehrt,
dass wir mit Beamten verglichen werden. Wir haben das
Gefühl – daran hat sich nichts geändert –, dass wir eher
zu den freien Berufen gehören. Trotzdem kann und darf
die Beamtenbesoldung als Orientierungsmaßstab dienen.
Wir möchten aber, dass auch die Erfahrungen, die in der
letzten Zeit mit einigen neuen Modellen gemacht wor-
den sind, in die Diskussionen einfließen. Der nordrhein-
westfälische Landtag hat beispielsweise eine neue Form
der Altersversorgung eingeführt, übrigens mit Ergebnis-
sen, die einen nicht zufriedenstellen können: Ein Kol-
lege von mir, der nicht wieder in den Landtag gewählt
worden ist, ist im Augenblick ohne Gehalt, und zwar
schon seit etwa anderthalb Jahren. Das ist etwas, das
nicht eintreten darf. Wer für dieses Land gearbeitet hat,
kann, wenn er aus dem Parlament ausscheiden muss,
weil er nicht wiedergewählt worden ist, nicht plötzlich
auf der Straße stehen. Wir haben die Verantwortung, da-
für zu sorgen, dass das nicht eintritt.

Ich freue mich deshalb sehr, dass wir zwischen den
Fraktionen insgesamt vereinbart haben, eine Kommis-

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(C (D ion einzurichten, die sich genau das anschaut: das Sysm, nach dem die Höhe der Abgeordnetenentschäigung bestimmt wird, und das System der ltersversorgung. Sachsen hat beispielsweise ein intessantes Modell, bei dem mit Erfolgsfaktoren gearbeitet ird, beispielsweise mit der Höhe des Bruttoinlandsproukts; auch das sollte man sich anschauen. Meine beiden Vorredner haben schon deutlich geacht, dass die Parteienfinanzierung der allgemeinen ntwicklung ganz erheblich hinterherhinkt. Auch da ird angepasst, und zwar angemessen. Deswegen wird eine Fraktion beides unterstützen: sowohl die Anpas ung der Parteienfinanzierung als auch die Anpassung er Abgeordnetenentschädigung. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711729500

Das Wort hat die Kollegin Dr. Enkelmann für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711729600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Jetzt ist es an mir, Wasser in den Wein zu kip-
en; ich vermute einmal, Sie haben mit nichts anderem
erechnet. Herr van Essen, angesichts der Höhe der Diä-
n und der sonstigen Versorgung, die wir bekommen, ist
itleid nicht angebracht.


(Jörg van Essen [FDP]: Habe ich auch nicht gefordert! Ich habe Selbstbewusstsein eingefordert, nicht Mitleid!)


Seit Juni bekommen Rentnerinnen und Rentner in
iesem Land 0,99 Prozent mehr Rente;


(Jörg van Essen [FDP]: Hier geht es nicht um die Altersversorgung, Frau Kollegin! Wir arbeiten noch!)


as sind im Schnitt 10 Euro mehr. Das hat nun wahrlich
icht zu La-Ola-Wellen der Seniorinnen und Senioren
eführt, zumal in Anbetracht einer Inflationsrate, die
ber 2 Prozent liegt; die Rentenerhöhung hat also noch
icht einmal die Inflation ausgeglichen.


(Patrick Döring [FDP]: Das ist ein unzulässiger Vergleich!)


Es wird ein Riesenbuhei um Steuerentlastungen ge-
acht, aber es kommt wohl nur ein Mäuschen heraus:

ine Entlastung um 20 Euro, kaum der Rede wert. In
iesem Haus und im Vermittlungsausschuss ist monate-
ng über 5 Euro mehr für Hartz-IV-Empfängerinnen
nd -Empfänger diskutiert worden.


(Patrick Döring [FDP]: Aber wir arbeiten!)


as war eine unwürdige Debatte.


(Beifall bei der LINKEN)


(B)






Dr. Dagmar Enkelmann


(A) )


)(B)

Jetzt feiern Sie sich schon dafür, dass Langzeitarbeits-
lose ab dem nächsten Jahr, ab 2012, möglicherweise
10 Euro mehr erhalten sollen.

Herr Altmaier, Herr van Essen, Herr Oppermann, ma-
chen wir es doch einmal konkret – warum haben Sie ei-
gentlich die Zahlen nicht genannt? –: Ab 2012 soll jeder
Abgeordnete monatlich 292 Euro mehr erhalten, ab 2013
noch einmal 292 Euro mehr; das ist eine Steigerung um
fast 600 Euro innerhalb von zwei Jahren. Das ist unver-
schämt. Ich frage mich: Warum schämen Sie sich nicht
dafür?


(Beifall bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie die Gründe!)


Angesichts der mageren Zuwachsraten, die es bei Be-
schäftigten, Rentnerinnen und Rentnern und Langzeitar-
beitslosen gibt, ist dieser Zuwachs bei Abgeordneten ab-
solut unangemessen. Um die Erhöhung durchzusetzen,
reicht Ihnen nun eine Beratungszeit von gerade einmal
einer Woche;


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Schämen Sie sich Ihres Gehalts, Frau Enkelmann?)


innerhalb einer Woche wollen Sie das hier durchziehen.

Um uns das Ganze schmackhaft zu machen, haben Sie
nun angekündigt, eine Kommission zur Neuregelung der
Altersversorgung einzurichten. Eine solche Neuregelung
für den Bundestag ist längst überfällig, denn es ist nicht
hinnehmbar, dass Abgeordnete des Bundestages – im
Übrigen auch des Europaparlaments und eines Teils der
Landtage – nichts für ihre Altersversorgung einzahlen.

Die Linke legt Ihnen heute einen Antrag vor. Es geht
uns um die Neuregelung der Altersversorgung. Wir wol-
len, dass Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversiche-
rung einzahlen. Das ist unser Vorschlag. Uns reicht das
aber nicht aus. Wir sagen: Wenn wir an das Abgeordne-
tengesetz herangehen, dann geht es um mehr Fragen.
Dann geht es auch um die Frage, ob die Kostenpauschale
auf den Prüfstand gehört und ob Abgeordnete in Sozial-
versicherungssysteme einzahlen sollen. Sie haben einen
Kollegen aus Ihrer Partei als Beispiel genannt.


(Jörg van Essen [FDP]: Nein, nicht aus meiner Partei!)


Es gibt auch bei uns Kollegen, die zum Beispiel 2002
aus dem Bundestag ausgeschieden sind und die, weil wir
nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, kein
Arbeitslosengeld bekommen und keinen Anspruch auf
Qualifizierung etc. haben. Insofern schlagen wir Ihnen
vor, dass auch Abgeordnete in die Arbeitslosenversiche-
rung einzahlen. Warum nicht?


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen auch mehr Transparenz bei den Nebentä-
tigkeiten und den Nebeneinkünften. Diesbezüglich füh-
ren wir zwar eine Diskussion in der Rechtsstellungskom-
mission, aber wir kommen auch an dieser Stelle nicht
weiter. Sie beschränken sich auf einen kräftigen Schluck
aus der Diätenpulle und eine vage Ankündigung in Sa-
chen Pension. Das ist der Linken zu wenig.

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(C (D Danke. (Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Ach, Sie hätten gerne mehr!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711729700

Das Wort hat der Kollege Volker Beck für die Frak-

on Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711729800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin

chon erstaunt, dass es nach den Vorstellungen der Lin-
en mehr geben soll als die von uns vorgeschlagene An-
assung an R 6, also an das, was die obersten Bundes-
chter bekommen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ein bisschen billig! Sie haben mich schon verstanden!)


Frau Kollegin Enkelmann, ich finde, Sie haben recht:
ir brauchen kein Mitleid.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Richtig!)


as hat auch niemand in der Debatte für uns eingefor-
ert. Ich glaube, wir haben ein sehr gutes Einkommen,
m das uns viele in der Bevölkerung beneiden, auch die-
nigen, die schwer arbeiten müssen und teilweise er-
ärmliche Gehälter bekommen. Wir können im Rahmen
er Diskussion über die Angemessenheit der Abgeord-
etenentschädigung nicht die Debatte über unsere So-
ialversicherungssysteme, Mindestlöhne und alles mög-
che andere führen. Diesbezüglich haben wir ganz
ndere Auffassungen als die Damen und Herren von der
oalition, und wir finden, auch da muss etwas gesche-
en. Das entbindet uns aber nicht von der Aufgabe, zu
ntscheiden, was die angemessene Entschädigung und
ersorgung von Abgeordneten ist.


(Jörg van Essen [FDP]: Exakt!)


Natürlich kann man die anderen beschimpfen. Sprü-
he wie „Ein gehöriger Schluck aus der Pulle!“ kommen
bestimmten Medien immer gut an. Das wird von vie-
n Menschen falsch verstanden, auch deswegen, weil es
nen schlecht geht und sie unsere Situation aus einer an-

eren Perspektive betrachten. Das nehme ich ernst und
erstehe das.

Sie schreiben in Ihrem Antrag lapidar:

Der Orientierungsmaßstab der monatlichen Abge-
ordnetenentschädigung ist kritisch zu überprüfen.

rem Antrag entnehme ich aber keine Kriterien für die
ritische Überprüfung. Ich finde, wer die anderen für ei-
en konkreten Vorschlag kritisiert, der auf Heller und
fennig genau durchgerechnet ist, muss selber Flagge
eigen und seinen Vorschlag konkretisieren.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hauptsache Kritik! Keine Lösung! – Jörg van Essen [FDP]: Genau! Völlig richtig!)






Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

Unsere Partei hat früher einmal gesagt: Facharbeiter-
gehalt. Das kann man vertreten. Was man vorschlagen
will, hängt von der politischen Kultur ab. Ich finde, man
sollte das aufschreiben und sich nicht um die entschei-
dende Frage, die in dieser Debatte beantwortet werden
soll, herumdrücken.

Das Bundesverfassungsgericht – das wird auch in der
Begründung des Gesetzentwurfs deutlich – hat die Be-
deutung der angemessenen Entschädigung für die Unab-
hängigkeit des Mandats betont. Mir geht es weniger um
das Geld, um Heller und Pfennig, sondern um unsere
verfassungsrechtliche Position als Abgeordnete. Das Ge-
richt hat gesagt, „die reguläre Entschädigung von Zeit zu
Zeit den steigenden Lebenshaltungskosten anzupassen“
sei notwendig, um das zu erreichen; „auch dadurch, dass
die Entschädigung im Gefolge der wirtschaftlichen Ent-
wicklung allmählich die Grenze der Angemessenheit un-
terschreitet, wird die Freiheit des Mandats gefährdet.“
Das ist ein wichtiger Rechtsgrundsatz.

Dann ist die Frage: Was ist die angemessene Ver-
gleichsgröße? Darüber kann man streiten, aber man
muss konkrete Vorschläge machen. Das Abgeordneten-
gesetz nennt eine konkrete Bemessungsgrenze. Es be-
sagt, dass sich die Entschädigung von Bundestagsabge-
ordneten an den Bezügen oberster Bundesrichter oder
von Bürgermeistern mittlerer und kleinerer Gemeinden
orientiert. Daran orientiert sich der vorliegende Vor-
schlag. Ich finde das angemessen und vertretbar. Ich bin
aber gerne bereit, auch über andere Vorschläge zur An-
gemessenheit zu reden; sie müssen nur so konkret sein,
dass ich sie beurteilen kann. Das ist bei diesem Antrag
nicht der Fall.

Sie als Linke müssten ein Interesse an der histori-
schen Entwicklung der Entschädigung der Abgeordneten
haben. Es war auch für die Arbeiterbewegung eine große
soziale Emanzipation, dass wir – anders als 1871 – nicht
mehr die Situation hatten, dass man für sein Mandat
nichts bekommt. Zuvor musste man sozusagen Geld mit-
bringen und hat sich dann durch die Art seiner politi-
schen Tätigkeit wirtschaftliche Vorteile zulasten der All-
gemeinheit organisiert, statt dafür bezahlt zu werden,
dass man für das Allgemeinwohl politisch tätig ist.

Max Weber hat es in seiner Schrift Politik als Beruf
sehr treffend – ich glaube, treffender kann man es nicht
beschreiben – zusammengefasst:

Die Leitung eines Staates oder einer Partei durch
Leute, welche (im ökonomischen Sinn des Wortes)

ausschließlich für die Politik und nicht von der
Politik leben, bedeutet notwendig eine „plutokrati-
sche“ Rekrutierung der politisch führenden Schich-
ten. Damit ist freilich nicht auch das Umgekehrte
gesagt: dass eine solche plutokratische Leitung
auch zugleich bedeutete, dass die politisch herr-
schende Schicht nicht auch „von“ der Politik zu Le-
ben trachtete, also ihre politische Herrschaft nicht
auch für ihre privaten ökonomischen Interessen
auszunutzen pflegte.

Diese Art von politischer Rekrutierung und politi-
scher Führung wollen wir ausdrücklich nicht. Deshalb

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(C (D aben wir gesagt, dass wir uns dem Gesetzentwurf der nderen Fraktionen anschließen, der sich an einem Beessungsrahmen orientiert, der nachvollziehbar ist. Dies t übrigens auch beim Parteiengesetz so, an dem Sie eltsamerweise wenig Kritik üben, obwohl sie daraus die ehälter Ihrer Parteivorsitzenden, Herrn Ernst und Frau ötzsch, finanzieren. Ich finde, in beiden Fällen ist es richtig, dass wir uns n Urteile des Bundesverfassungsgerichtes und an geetzliche Vorgaben halten. Das ist vertretbar. Ich finde, ir sollten – bei aller Zurückhaltung und bei allem Re pekt gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die weentlich weniger haben als wir – den Mut haben, das ach außen zu vertreten und zu erklären. Für mich als bgeordneter ist das auch ein Aufruf, mich im Bereich er sozialen Sicherung und der Mindestlöhne für die enschen, die arm sind, die von Hartz IV leben müssen der einen geringen Lohn haben, zu engagieren. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Dann muss sich aber hier die Politik ändern! Dann haben wir es verdient!)


ber das bleibt anderen Debattenpunkten hier im Deut-
chen Bundestag vorbehalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711729900

Das Wort hat der Kollege Stefan Müller für die

nionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1711730000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ine starke Demokratie braucht aktive Parteien. Das ha-
en die Mütter und Väter des Grundgesetzes seinerzeit
u Recht erkannt; sie haben ja auch die besondere Auf-
abe der politischen Parteien im Grundgesetz festge-
chrieben. Dem folgt auch die Tatsache, dass wir in
eutschland eine staatliche Parteienfinanzierung haben,
ass wir uns als politische Parteien in Deutschland eben
icht ausschließlich über Spenden finanzieren, wie es in
ielen anderen Ländern der Fall ist.

Es ist wichtig, festzuhalten, dass der Staat die Partei-
nfinanzierung nicht einfach nach Gutdünken organi-
iert, sondern dass die Parteienfinanzierung klaren Re-
eln folgt. Letztlich unterstützt der Staat die Parteien in
em Maße, wie die Bürger sie wählen und unterstützen,
lso nach Maßgabe von Stimmen bei Wahlen, von Spen-
en und von Mitgliedsbeiträgen, die politische Parteien
rhalten.

Das Parteiengesetz schreibt seit 2002 eine Ober-
renze vor. Das Parteiengesetz sieht auch vor, dass diese
bergrenze jährlich angepasst wird und sich an parteity-
ischen Ausgaben orientiert. Heute bleibt festzustellen
das ist schon angedeutet worden –, dass diese Ober-
renze seitdem zwar jährlich immer wieder neu ermittelt





Stefan Müller (Erlangen)



(A) )


)(B)

worden ist, aber aus ganz unterschiedlichen Gründen zu
keinem Zeitpunkt angepasst wurde. Deswegen haben
wir bei der Parteienfinanzierung heute einen erheblichen
Rückstand gegenüber dem, was der Gesetzgeber 2002
für angemessen gehalten hat. Daraus wollen wir die
Konsequenz ziehen. Die Obergrenze soll nun schritt-
weise erhöht werden, und in den Folgejahren sorgen wir
dann für eine regelmäßige Anpassung im Rahmen eines
geregelten Verfahrens.

Ich sage noch einmal: Eine starke Demokratie
braucht, um dem grundgesetzlichen Auftrag nachzu-
kommen, aktive und starke Parteien. Deswegen brau-
chen Parteien auch eine angemessene Finanzierung.

Was die Entschädigung der Abgeordneten angeht, ha-
ben wir natürlich ein ähnliches Problem. Der Richtwert
für die Entschädigung ist zu einem bestimmten Zeit-
punkt festgelegt worden. Es ist immer eine subjektive
Entscheidung, wie dieser Richtwert aussieht. Das ist vor
allem deswegen so, weil man nun einmal die Tätigkeit
eines Abgeordneten nur wenig mit vielen anderen Tätig-
keiten vergleichen kann. Man kann sie zugegebenerma-
ßen nicht wirklich mit der Tätigkeit eines Kommunalbe-
amten vergleichen. Genauso wenig ist sie mit der
Tätigkeit eines Bundesrichters zu vergleichen – und erst
recht nicht mit der von freiberuflich Tätigen, Arbeitneh-
mern und vielen anderen. Deswegen ist die Entschei-
dung, die getroffen worden ist, eine subjektive und poli-
tische Entscheidung gewesen, indem man festgelegt hat:
Die Entschädigung der Bundestagsabgeordneten orien-
tiert sich an der Vergütung von Bundesrichtern oder an
der von Oberbürgermeistern mittelgroßer Städte.

Das Grundgesetz hat uns ausdrücklich den Auftrag
mitgegeben, dafür zu sorgen, dass Abgeordnete eine an-
gemessene Vergütung bekommen, die ihre Unabhängig-
keit sichert. Das Bundesverfassungsgericht hat dies noch
einmal in dem Sinne konkretisiert, dass es gesagt hat:
Die Entschädigung bzw. die Vergütung der Abgeordne-
ten muss der Bedeutung des Amtes im Verfassungsge-
füge gerecht werden. Sie muss auch die Verantwortung
und die Belastung der Abgeordneten entsprechend und
ausreichend berücksichtigen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allem soll es öffentlich diskutiert werden!)


– Vor allem soll es öffentlich diskutiert werden. Auch
dies hat das Bundesverfassungsgericht seinerzeit klarge-
stellt. Ich gehe einmal davon aus, dass sich der Tatbe-
stand einer öffentlichen Diskussion, Herr Ströbele, nicht
danach richtet, wie viele Zuhörerinnen und Zuhörer wir
haben. Es stellt vielmehr schon eine öffentliche Diskus-
sion dar, wenn wir hier in einer öffentlichen Sitzung da-
rüber diskutieren. Letztlich ist die Öffentlichkeit auch
schon dadurch hergestellt, dass selbstverständlich auch
die Medien, wie es in dieser Woche bereits geschehen
ist, Kenntnis davon erhalten und darüber berichten.

Schon 1990 hat ein Rat von unabhängigen Persön-
lichkeiten in einem Bericht an die damalige Präsidentin
des Deutschen Bundestages festgestellt – ich darf hier zi-
tieren –:

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(C (D Legt man diesen Maßstab zugrunde, so weist schon die Tatsache, dass Abgeordnete als Vertreter des ganzen Volkes das einzig unmittelbar demokratisch legitimierte Verfassungsorgan darstellen, auf den hohen Rang dieses Amtes und seine fundamentale Bedeutung für die Demokratie hin. Nimmt man neben der gesteigerten „politischen“ Verantwortung noch die starken Belastungen hinzu, denen Abgeordnete ausgesetzt sind, dann müssen alle Vergleiche mit ähnlichen Berufen in Staat und Wirtschaft bei Spitzenpositionen ansetzen. Ich glaube, in diesem Sinne sollten wir mit dem nötien Selbstbewusstsein die Entscheidungen, die wir elbst zu treffen haben, auch in der Öffentlichkeit vertren. Deswegen bitte ich alle um eine entsprechend kon truktive Begleitung des weiteren Verfahrens. Nächster Redner in unserer Debatte ist für die sozial emokratische Fraktion unser Kollege Dr. Dieter iefelspütz. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle en! Das Paket aus Änderung des Abgeordnetengesetzes nd der Parteienfinanzierung ist von den Parlamentarichen Geschäftsführern Altmaier, Beck, Oppermann und an Essen erarbeitet worden. Frau Enkelmann war, enke ich, informiert, ist aber anderer Auffassung. Ich enke, das Paket, das die Parlamentarischen Geschäftshrer erarbeitet haben, ist – auch in den Details – klug, rundsolide und überzeugend. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allen Dingen überzeugt es uns, die davon profitieren!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711730100

(Beifall bei der SPD)

Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1711730200

eil das so ist, ist die öffentliche Reaktion auch entspre-
hend.

Wir als Abgeordnete werden ordentlich bezahlt. Es
ibt überhaupt keinen Grund, uns zu beklagen. Wir wer-
en in unserem Amt nicht reich – das muss auch nicht
ein –, aber wir haben ein ordentliches Gehalt, das si-
herlich höher ist als das der weitaus meisten Menschen
den Wahlkreisen, die uns wählen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die uns den Auftrag geben!)


Die uns den Auftrag geben, Herr Ströbele, völlig rich-
g.

Ich denke, dass die gesetzliche Regelung, die jetzt
orgeschlagen wird – pro Jahr in dieser Wahlperiode
napp 2 Prozent Zuwachs beim Gehalt der Abgeordne-
n –, in Ordnung ist. Sie ist überzeugend und eignet sich
icht ansatzweise für irgendeine Art von Skandalisie-
ng. Deswegen sage ich: Das passt; das ist in Ordnung.
ieses Konzept wird in der zweiten und dritten Lesung

ine breite Zustimmung bekommen. Auch Sie, Herr
tröbele, werden dann zustimmen, weil Sie finden, dass
as in Ordnung ist.





Dr. Dieter Wiefelspütz


(A) )


)(B)

Ich will noch zwei, drei Sätze zur Parteienfinanzie-
rung sagen. Wir haben den Fehler gemacht, die Parteien-
finanzierung, die eine große Errungenschaft des Verfas-
sungsstaates Deutschland ist, neun Jahre lang zu deckeln
und nicht zu verändern. Die Kostensteigerungen, die vor
allen Dingen bei den Gehältern unserer Mitarbeiter zu
verzeichnen waren, nicht aufzufangen und einfach einen
Deckel darauf zu machen, ist nichts anderes als eine
– Herr Altmaier hat darauf hingewiesen – strukturelle
Verschlechterung der Arbeit der politischen Parteien. Es
ist richtig, dass wir die Kostensteigerungen, nachholend
in zwei Schritten, einbauen und das Ganze dann indexie-
ren, damit solche Fehler nicht noch einmal gemacht wer-
den.

Parteien sind in unserer Demokratie nicht alles, aber
sie sind doch ein wichtiger Teil einer parlamentarischen
Demokratie. In Deutschland gibt es keine totale Staatsfi-
nanzierung, sondern nur eine auf das Notwendigste be-
schränkte Teilfinanzierung der politischen Parteien. Das
ist ein Vorzug unseres Landes, weil es die politischen
Parteien nicht abhängig macht, beispielsweise von der
großen Kapitalkraft privater Spender. Das ist ein sehr
ausgewogenes Konzept. Wir sollten jetzt damit Schluss
machen, einen Deckel darauf zu machen, was zu einer
strukturellen Verschlechterung der Arbeit der politischen
Parteien führt. Die Kostensteigerungen, die auch durch
die Inflationsrate und die Tarifsteigerungen begründet
sind, in einen Index einzubauen, ist klug. Das hätte uns
schon früher einfallen sollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Das wird jetzt gemacht. Dies verschafft uns eine kluge
und zukunftsweisende Regelung.

Ein letzter Wunsch. Es gibt den Satz: Wenn man nicht
mehr weiterweiß, gründet man einen Arbeitskreis. –
Viele sagen, das würde nichts bringen. Ich habe einen
kleinen Hinweis zu geben: Die beste und klügste Diäten-
regelung, die es in Deutschland gibt, ist die des Landes
Bayern. Von Bayern kann man an der einen oder anderen
Stelle durchaus lernen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Norbert Geis [CDU/CSU]: Bravo! – Jörg van Essen [FDP]: Da regiert eben Schwarz-Gelb!)


In Bayern wird am Anfang einer jeden Wahlperiode ein
Index erstellt, Norbert Geis, in den die gesamte Bevölke-
rung einbezogen wird: Rentner, Landwirte, Freiberufler
und Arbeitnehmer. Dann rechnet das Landesamt für Sta-
tistik aus, wie hoch die Einkommenssteigerungen sind.
Daraufhin leitet es einen Vorschlag an den Landtag wei-
ter, und der Landtag entscheidet. Das ist gerecht. Die
Abgeordneten haben dann an der allgemeinen Einkom-
mensentwicklung teil. Wir wollen, was die Einkommens-
entwicklung angeht, schließlich nicht mehr als das Volk.
An die Adresse der Parlamentarischen Geschäftsführer
sage ich: Diese Regelung sollte man sich noch einmal
genauer anschauen. Sie ist zukunftsweisend.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Paket, das Sie erarbeitet haben, ist eine runde Sa-
che. Das ist uns in der Vergangenheit nicht immer so gut

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(C (D elungen. Es verdient wirklich eine breite Zustimmung ieses Parlaments. Schönen Dank. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711730300

Liebe Kolleginnen und Kollegen, interfraktionell

ird Überweisung der Vorlagen auf den Druck-
achen 17/6291 und 17/6305 an die in der Tagesordnung
ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Über-
eisungen so beschlossen.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 14 aufrufe, darf
h Ihnen bekannt geben – ich glaube, das ist eines natio-
alen Parlamentes würdig –, dass unsere Frauenfußball-
ationalmannschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt 1 : 0
hrt.


(Beifall)


Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Kirsten
Lühmann, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Barrierefreie Mobilität und barrierefreies
Wohnen – Voraussetzungen für Teilhabe und
Gleichberechtigung

– Drucksache 17/6295 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben.1) –
ie alle sind damit einverstanden. Die Namen der Kolle-
innen und Kollegen liegen uns vor, sodass ich sie nicht
inzeln verlesen muss.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/6295 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind damit ein-

erstanden. Somit ist diese Überweisung beschlossen.

Interfraktionell ist vereinbart, dass wir jetzt zum
usatzpunkt 11 kommen. Dadurch gibt es zwei Änderun-
en im Ablauf. Der Tagesordnungspunkt 11 wird nach
agesordnungspunkt 16 aufgerufen, und der Tagesor-
nungspunkt 15 wird nach Tagesordnungspunkt 18 auf-
erufen. – Ich sehe, Sie sind mit dieser Vereinbarung ein-
erstanden. Es gibt keinen Widerspruch. Dann ist das so
eschlossen.

Anlage 17





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Ich rufe die Zusatzpunkte 11 a und b auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Neunundzwanzigsten Gesetzes
zur Änderung des Abgeordnetengesetzes –
Einführung eines Ordnungsgeldes

– Drucksache 17/5471 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung (1. Ausschuss)


– Drucksache 17/6309 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Kaster
Christian Lange (Backnang)

Jörg van Essen
Dr. Dagmar Enkelmann
Volker Beck (Köln)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Geschäftsordnungsausschusses

Änderung der Geschäftsordnung des Deut-
schen Bundestages

hier: Einführung eines Ordnungsgeldes

(§§ 36 bis 39 GO-BT)


– Drucksache 17/6309 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Kaster
Christian Lange (Backnang)

Jörg van Essen
Dr. Dagmar Enkelmann
Volker Beck (Köln)


Zum Gesetzentwurf und zur Beschlussempfehlung
liegen je zwei Änderungsanträge der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Es wider-
spricht niemand. Dann ist das so beschlossen.

Erster Redner dieser Debatte ist unser Kollege
Bernhard Kaster. Ich darf Ihnen das Wort geben. Bitte
schön, Kollege Bernhard Kaster.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1711730400

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Die heutige Debatte hätten wir uns ei-
gentlich gern erspart. Über Jahrzehnte ist dieses Haus
ohne ein Ordnungsgeld in der Geschäftsordnung vorzu-
sehen ausgekommen. Noch in der letzten Legislaturpe-
riode haben wir uns dagegen gesträubt, eine solche Re-
gelung einzuführen, obwohl es auch da schon eine Reihe
von Vorkommnissen vonseiten einer einzigen Fraktion
gegeben hat. Aber die neuen Eskalationen in dieser Le-
gislaturperiode haben auch bei uns zu dem Entschluss
geführt, einem Ordnungsgeld letztlich zuzustimmen.

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(C (D Es bleibt inakzeptabel, dass eine einzige Fraktion, nd zwar die Nachfolgerpartei der kommunistischen ED das stimmt doch; oder ist das nur die Sprachregelung rer Schatzmeister? –, (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wir kommen doch im Ausschuss so gut miteinander klar!)


(Zurufe von der LINKEN: Oje!)


mer und immer wieder die Geschäftsordnung, das
eißt die Spielregeln der Demokratie, missachtet. Das ist
in Beleg dafür, dass Sie in der Demokratie noch nicht
ngekommen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Der Deutsche Bundestag ist der Ort der parlamentari-
chen Auseinandersetzung. Er ist der Ort der Debatte,
uch der hitzigen und emotionalen Debatte. Er ist aber
ein Ort für Klamauk, Störung und Demonstrationen.
pruchbänder oder Masken haben hier schlichtweg
ichts zu suchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann doch mal ein T-Shirt tragen!)


ie Linksfraktion spricht dabei immer gern verharmlo-
end von „angeblichen Störaktionen“. Nein, verehrte
olleginnen und Kollegen, das sind keine „angeblichen
töraktionen“. Es sind schwerwiegende Verletzungen
er parlamentarischen Ordnung.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Gezielte Provokationen!)


s sind schwerwiegende Störungen, wie sie im Übrigen
dieser und ähnlicher Form immer und immer wieder

on Extremisten jeglicher Couleur in demokratischen
arlamenten praktiziert wurden und werden.


(Jörg van Essen [FDP]: Leider auch in Landesparlamenten!)


Da sogar die Führung der Fraktion Die Linke solche
ktionen, wie Sie es nennen, öffentlich gutheißt, stim-
en wir nun der zusätzlichen Einführung eines Ord-

ungsgeldes in Höhe von 1 000 Euro, im Wiederho-
ngsfalle von 2 000 Euro, zu. Das ist eine Regelung, die
ren Niederschlag im Abgeordnetengesetz und in der
eschäftsordnung finden muss.

Der Geschäftsordnungsausschuss hat sich ausgespro-
hen intensiv mit der Frage befasst, wie die neue Rege-
ng im Einzelnen auszugestalten ist. Die aus Art. 40
rundgesetz hervorgehende Parlamentsautonomie be-
chtigt zur Verhängung von Ordnungsmaßnahmen auf

er Grundlage der Geschäftsordnung; das war auch bis-
er der Fall. Mit der Einführung eines Ordnungsgeldes
erden aber auch Statusrechte berührt, sodass auch eine
erankerung im Abgeordnetengesetz notwendig wird.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die müssen unterschiedlich hoch sein, nach Einkommen!)






Bernhard Kaster


(A) )


)(B)

In den Beratungen haben wir eine sehr übersichtliche
und für die Handhabung klare Regelung getroffen. Im
Wortlaut und in der Systematik haben wir nun für Ord-
nungsmaßnahmen klare Eskalationsstufen definiert. In
den §§ 36 bis 38 der Geschäftsordnung finden wir nun-
mehr den Ruf zur Sache, den Ordnungsruf, die Wortent-
ziehung und – jetzt neu – das Ordnungsgeld sowie den
schon immer geregelten Sitzungsausschluss. Diese klare
Gliederung mit den unterschiedlich definierten Störun-
gen ist auch der Grund dafür, als Ordnungsgeld einen
Festbetrag vorzusehen. Das Ordnungsgeld muss im di-
rekten Zusammenhang mit anderen Ordnungsmaßnah-
men gesehen werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das gerichtlich überprüft?)


Was wir in keinem Falle wollen, ist, Unsinn, Klamauk
und Störungen auch noch zu katalogisieren. Das wollten
wir nicht.

Es ist bedauerlich, dass sich die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen von ihrer anfänglich signalisierten Zustim-
mung zur Einführung eines Ordnungsgeldes wieder ver-
abschiedet hat. Bei allen Beratungen war förmlich spür-
bar, wie Sie fast krampfhaft versucht haben, ein Vehikel
zu finden, um beim Ordnungsgeld die Gemeinsamkeit
zu verlassen und damit letztlich – das ist der wahre
Grund – für einige wenige in Ihrer Fraktion noch ein
Hintertürchen für Klamauk im Plenum offenzuhalten.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann hatten wir denn das letzte Mal Klamauk?)


– Ein Hintertürchen wollen Sie offenhalten. Sonst wären
Sie ja von dem Weg nicht abgegangen.

Dafür kommen Sie nun mit juristischen Spitzfindig-
keiten und stoßen sich am Begriff der Würde des Deut-
schen Bundestages. Was Sie an diesem Begriff und vor
allem an der Einhaltung dieser Würde zu kritisieren ha-
ben, wird in Deutschland ein Normalbürger überhaupt
nicht nachvollziehen können. So wie wir auch in der Ge-
richtsverfassung den Begriff der Würde des Gerichtes
kennen, wird auch jeder amtierende Bundestagspräsi-
dent hiermit überhaupt keine Probleme haben. Im Ge-
genteil, gerade bei Ordnungsmaßnahmen wird das eine
zusätzliche Hilfe sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit wann sind Bundestagspräsidenten Richter?)


Im Übrigen hat sich das Landesverfassungsgericht in
Mecklenburg-Vorpommern sehr ausführlich mit diesem
Begriff auseinandergesetzt und noch einmal klargestellt,
dass ein Parlament selbstverständlich die Einhaltung der
Würde einfordern und dafür auch Sanktionen vorsehen
kann.

Mit den heutigen Änderungsanträgen gehen Sie aber
noch einen Schritt weiter. Sie wollen nunmehr, wie auch
die Fraktion Die Linke, den schon jahrzehntelang ein-
vernehmlich bestehenden Sitzungsausschluss infrage
stellen. Ich erinnere an dieser Stelle daran, dass wir bei

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(C (D nseren Beratungen unterschiedlichste politische Kontellationen mit einbezogen haben, die wir bedauerliherweise auch für die Bundesversammlung – hier gilt benso die Geschäftsordnung – befürchten müssen oder ie wir in Landtagen schon haben. In den Landtagen gab s da von Ihnen, von der Linksfraktion, keinen Widerpruch dazu. Ich betone heute nochmals: Es geht ausschließlich um ie Neueinführung eines Ordnungsgeldes. Alle anderen rdnungsmaßnahmen bleiben bestehen, wie sie sind. Es leibt dabei: Beim Sitzungsausschluss sehen wir keinen nderungsbedarf. Im Übrigen beraten wir auch nicht auf er Grundlage von Briefen, die uns noch nicht einmal ugegangen sind. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die notwendige inführung eines Ordnungsgeldes ist wirklich kein Ruhesblatt für unser Parlament. Wir hätten uns das gerne rspart. Aber ich appelliere an Sie, vor allem an die inksfraktion: Ersparen Sie uns dann zumindest die Anendung. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711730500

Nächster Redner in unserer Debatte ist der Kollege

hristian Lange für die Fraktion der Sozialdemokraten.
itte schön, lieber Kollege Lange.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP])



Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1711730600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! In der Tat, wir leben in einer Mediendemokratie, in
er Bilder häufig mehr zählen als Worte. Alles drängt ins
ernsehen,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


nd das prägt die Art und Weise unseres Miteinanders.
olitik wird zu Unterhaltungszwecken gebraucht und
anchmal auch missbraucht. Inhalte bleiben dabei häu-
g auf der Strecke. Dabei haben sich unsere gesamte
ultur und unsere politische Kommunikation verändert,

uch hier bei uns im Deutschen Bundestag, in diesem
ohen Hause.

Wir haben auch schon einige Auswüchse davon erlei-
en dürfen, zum Beispiel die protestierenden Abgeord-
eten der Fraktion Die Linke mit Transparenten oder gar
it Masken. Letztlich zerstören wir aber mit einer sol-

hen Form der Auseinandersetzung die ernsthafte politi-
che Auseinandersetzung, den ernsthaften politischen
iskurs. Das dürfen wir nicht tolerieren. Wir müssen die
ürde des Hauses schützen.

Die Würde des Hauses zu schützen, das ist in der Tat
ine Aufgabe, die unsere Geschäftsordnung und am
nde auch das Abgeordnetengesetz zu tragen haben. Der
ollege Kaster hat bereits darauf hingewiesen: Das





Christian Lange (Backnang)



(A) )


)(B)

Urteil des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vor-
pommern hat dies entsprechend bestätigt. Deshalb
möchte ich es an dieser Stelle – mit Genehmigung des
Herrn Präsidenten – einmal zitieren.


(Jörg van Essen [FDP]: Das wäre sehr gut!)


Dort heißt es:

Der Begriff der parlamentarischen Ordnung kann
dabei nicht allein auf den äußeren Ablauf der Ple-
narsitzung und unmittelbare Störungen der Bera-
tungen und der politischen Diskussion im Parla-
ment begrenzt werden. Vielmehr sind weitergehend
auch die Werte und Verhaltensweisen zu berück-
sichtigen, die sich in der demokratischen und vom
Repräsentationsgedanken getragenen parlamentari-
schen Praxis entwickelt haben und die durch die
historische und politische Entwicklung geformt
worden sind. Das Parlament ist berechtigt, seine
Mitglieder durch Verhaltensregeln auch auf die
Wahrung der Würde des Landtages

– Mecklenburg-Vorpommern –

im Sinne eines von gegenseitigem Respekt getrage-
nen Diskurses zu verpflichten.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer bestimmt, was Würde ist? – Gegenruf des Abg. Jörg van Essen [FDP]: Unbestimmte Rechtsbegriffe gehören doch auch immer zur Rechtsordnung!)


Es darf deshalb Verstöße sanktionieren, wo es diese
Würde gefährdet oder verletzt sieht, etwa weil das
Verhalten eines Abgeordneten erkennen lässt, dass
er den für eine sachbezogene Arbeit notwendigen
Respekt gegenüber den übrigen Parlamentariern
oder der Sitzungsleitung vermissen lässt und damit
zwangsläufig auch das Ansehen des Hauses nach
außen beschädigt.

Ich meine, es ist in einer wunderbaren Form darge-
stellt,


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)


warum die Würde des Hauses schützenswert ist. Der
Deutsche Bundestag sollte deshalb nicht davor zurück-
schrecken.

Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt deshalb auch die
Änderungsanträge der Grünen ab, die den Begriff
„Würde des Bundestages“ gestrichen haben wollen. Ob-
wohl Bündnis 90/Die Grünen zu Beginn der Beratungen
für die Einführung eines Ordnungsgeldes war, versuchen
Sie nun leider, über die Kritik an diesem Begriff Sand
ins Getriebe zu streuen.


(Jörg van Essen [FDP]: Richtig, ja!)


Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen und hier
im Plenum des Deutschen Bundestages eine neue Ernst-
haftigkeit praktizieren und dürfen nicht versuchen, den
Talkshows Konkurrenz zu machen.

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(C (D (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen wir das Fernsehen abschaffen!)


ir wollen hier Argumente austauschen und nicht nur
olitische Debatten simulieren. So ein Verhalten lehne
h ab, weil dadurch letztlich die Glaubwürdigkeit von
ns allen untergraben wird.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber grinsen darf man noch!)


h bin überzeugt davon, dass es in der Bevölkerung eine
efe Sehnsucht nach Ernsthaftigkeit gibt, und von den
olksvertretern darf dies zu Recht auch erwartet werden.
eshalb brauchen wir diese Änderungen.

Wir haben die Einführung eines Ordnungsgeldes
chon lange verlangt. Leider konnten wir uns damit in
er Großen Koalition noch nicht durchsetzen, heute ist
s aber in der Tat so weit. Wer in Zukunft anstatt mit
rnsthaft geführten Debatten durch despektierliches Auf-
eten und Verhalten in Erscheinung tritt, muss mit einer
rdnungsstrafe in Höhe von 1 000 Euro und im Wieder-
olungsfall von 2 000 Euro rechnen. Damit sorgen wir
brigens auch dafür, dass sogenannte Wiederholungstä-
r angemessen und unter dem Gesichtspunkt der Ver-
ältnismäßigkeit mit einer Ordnungsstrafe belegt werden
önnen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Strafe ist das, ja!)


Mit diesem Sanktionsinstrument schaffen wir ein Mit-
l, durch das die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird,
enn es darum geht, ungebührliches und unwürdiges
erhalten im Parlament zu ahnden. Die bisherigen Mög-
chkeiten, dagegen vorzugehen, waren entweder zu lax –
ine Rüge wurde häufig nicht einmal zur Kenntnis ge-
ommen,


(Jörg van Essen [FDP]: Richtig!)


ndere haben sie auch gerne gesammelt –, oder der Aus-
chluss von Mitgliedern des Bundestages von Beratun-
en durch den Bundestagspräsidenten war ein zu schwe-
s Geschütz. Durch die Einführung eines Ordnungs-

eldes für ungebührliches und ein der Würde des Hauses
nangemessenes Verhalten wollen wir sicherstellen, dass
s hier im Bundestag ausschließlich zum sachlichen
ustausch von Argumenten kommen kann.

Wir dulden also keinen Krawall um des Krawalls wil-
n und keine Provokation um der Provokation willen.
ochgehaltene Transparente entsprechen nicht dem Dis-
ussionsstil eines Parlamentes. Dies wollen wir auch in
ukunft so halten.


(Zuruf von der LINKEN: Das sieht die Verfassung anders!)


Die Möglichkeit des Sitzungsausschlusses wird hier
war zum ersten Mal gesetzlich geregelt, ist aber in der
at nicht neu, sondern war zuvor nur in der Geschäfts-
rdnung geregelt. Sie bestand seit Konstituierung des
eutschen Bundestages. Wir haben keinen Anlass, daran

twas zu ändern – im Gegenteil. Durch das Ordnungs-
eld wird für eine bessere und verhältnismäßigere Hand-





Christian Lange (Backnang)



(A) )


)(B)

habung der Ordnungsmaßnahmen gesorgt; denn zwi-
schen Rüge und Sitzungsausschluss wird es in Zukunft
ein milderes Mittel, das Ordnungsgeld, geben.

An die Grünen gerichtet:


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Vergessen Sie bitte nicht: Manche von Ihnen haben ihre
politische Karriere erst mit einem Sitzungsausschluss
begonnen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Wer denn?)


Meine Damen und Herren, der Bundestag ist der Ort
des Argumentes, nicht der Ort der Aktion. So soll es
auch bleiben. Deshalb bitte ich um Zustimmung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin noch nie ausgeschlossen worden! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch nicht! Ich habe noch nicht einmal eine Rüge bekommen!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711730700

Nächster Redner in unserer Debatte ist unser Kollege

Jörg van Essen für die Fraktion der FDP.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist er überhaupt schon einmal gerügt worden?)



Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1711730800

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Ich staune schon sehr: Ich höre von den
Grünen, „Würde“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff
und deshalb nicht tauglich, in die Bestimmung aufge-
nommen zu werden. „Die Würde des Menschen ist un-
antastbar“, sagt Art. 1 des Grundgesetzes. Auch hier ha-
ben wir einen unbestimmten Rechtsbegriff. Ich kenne
aber niemanden, der eine entsprechende Änderung des
Art. 1 des Grundgesetzes verlangen würde. Schon daran
zeigt sich, wie schwach die Argumente der Grünen sind.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja auch kein Strafrecht, Herr Kollege!)


Wie wichtig es ist, dass wir uns mit dem Thema
Würde befassen – auch mit der Würde des Parlaments –,
hat sich, glaube ich, in der ersten deutschen Demokratie
gezeigt. In der Weimarer Republik wurde von Extremis-
ten von links und rechts ständig versucht, genau diese
Würde des Parlaments, der parlamentarischen Vertre-
tung, mit Füßen zu treten. Daran ist dann auch die De-
mokratie gescheitert.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben jetzt über 60 Jahre Bundestag!)


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(C (D eshalb haben wir eine ganz besondere Verantwortung afür, dass so etwas in unserem Land nicht wieder gechieht. Dass Anlass zur Sorge besteht, sehen wir in den andtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. er Kollege Lange hat ein entsprechendes Urteil des andesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern erade zitiert. Auch das, was wir hier im Deutschen undestag von der Linksfraktion erlebt haben, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber, aber!)


t nicht erträglich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


eder Abgeordnete hat jedes Recht der Welt, sich zu je-
em Thema zu Wort zu melden. Deshalb bedarf es all
ieser Aktionen natürlich nicht. Das Parlament ist ein
rt des Wortes und kein Ort für Kasperleaktionen, die
ann natürlich den Weg ins Fernsehen finden und unter
nderem deshalb veranstaltet werden.

Ich weiß nicht, wie es den Kollegen gegangen ist, die
um Teil an den Entscheidungen über Ordnungsmaßnah-
en beteiligt waren. Ich hatte immer ein schlechtes Ge-
hl, wenn ein Sitzungsausschluss entschieden wurde.
ber dies war notwendig, weil das Instrumentarium
icht breit genug war. Zu einem Rechtsstaat – die Bun-
esrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat – gehört im-
er der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Ich bin dem Kollegen Lange, der gerade vor mir gere-
et hat, ganz außerordentlich – das will ich hier aus-
rücklich sagen – dankbar. Er war es nämlich, der die
itiative ergriffen hat. Am Anfang hat er Widerspruch

ekommen. Ich habe ihn unterstützt, weil mir das von
nfang an ein richtiger Weg zu sein schien. Er hat sich
icht beirren lassen und weiter für seine Idee geworben.
h bin ihm dafür ganz außerordentlich dankbar, weil ich

enke, dass wir hier einen richtigen Schritt machen. Der
mtierende Präsident hat nun die Möglichkeit, angemes-
en zu reagieren.

Das Ordnungsgeld, das wir vorsehen, ist wie alle an-
eren Ordnungsgelder, die es in anderen Bestimmungen
ibt, auf einen bestimmten Betrag festgesetzt. So wie
an weiß, dass dann, wenn man im Auto 20 Stundenkilo-
eter schneller als erlaubt gefahren ist, eine bestimmte
eldbuße, die im Bußgeldkatalog festgelegt ist, zu zah-
n ist, so gibt es das jetzt auch bei entsprechenden Ver-

tößen. Auch bei der Wiederholung ist klar, welches
ußgeld jeweils fällig wird. Auch da haben wir uns an
ie allgemeinen Regeln gehalten. Es war gut und richtig,
as so zu tun.

Ich verstehe die Bedenken, die jetzt plötzlich von den
rünen hinsichtlich des Ausschlusses vorgetragen wer-
en, nicht.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Von einem Grünen!)


er Ausschluss als Disziplinarmaßnahme, die dem Prä-
identen zur Verfügung steht, hat eine unglaublich lange
radition in allen deutschen Parlamenten. Das haben wir





Jörg van Essen


(A) )


)(B)

nicht jetzt erfunden, sondern diese Möglichkeit hat es
schon immer gegeben, nicht nur im Bundestag, sondern
auch in allen Landtagen. Ich sehe deshalb überhaupt kei-
nen Anlass, davon abzusehen. Aber ich bin sehr froh,
dass jetzt deutlich wird, dass das in Zukunft nur bei ganz
schweren Verstößen ein Mittel der Wahl ist, weil ein an-
deres, weniger schwer eingreifendes Mittel, nämlich das
Ordnungsgeld, zur Verfügung steht.

Ich will nicht verschweigen, dass ich das Gefühl
habe, dass dann, wenn jemand „blechen“ muss, viel-
leicht die Entscheidung, ob man zu all den Mitteln greift,
zu denen hier insbesondere die Linksfraktion gegriffen
hat, ein Stück schwerer wird. Wenn es ans Portemonnaie
geht, dann überlegt man noch ein zweites oder drittes
Mal, ob man das dann tatsächlich tut.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kriegen ja jetzt die Diätenerhöhung!)


Das Ganze kommt dann der Würde dieses Parlaments
zugute. Dieses Ergebnis wünsche ich mir.

Am meisten wünsche ich mir – das haben auch schon
die Vorredner gesagt –, dass diese neue Bestimmung nie
zur Anwendung kommt. Diese Verantwortung haben wir
alle. Jeder hat dazu beizutragen. Ich hoffe, dass diejeni-
gen, die in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern un-
angenehm auffallen, was immer wieder zu Reaktionen
führt, hier bei uns gar nicht auftauchen. Ich hoffe, dass
sich die Fraktion, die in der Vergangenheit zu solchen
Mitteln gegriffen hat, in Zukunft darauf beschränkt, ihre
Argumente vorzutragen. Je besser sie sind, desto mehr
hören zu.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist der Weg, den wir alle gehen sollten. Unsere Frak-
tion unterstützt jedenfalls den Vorschlag. Nochmals
herzlichen Dank an den Kollegen Lange für seine Initia-
tive.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711730900

Nächste Rednerin in unserer Debatte ist für die Frak-

tion Die Linke unsere Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711731000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich stelle fest: Eine Mehrheit des Hauses sieht
die Würde des Bundestages bedroht. Nun stellt sich die
Frage, wodurch Sie sich bedroht fühlen. Sie fühlen sich
zum Beispiel durch Abgeordnete bedroht, die sich mit
einem T-Shirt zum Protest gegen Stuttgart 21 bekennen.
Es war von schwerwiegender Störung und Eskalation die
Rede.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Klamauk!)


Herr Kaster, machen Sie sich nicht lächerlich.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN – Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Sie machen sich lächerlich!)


Eine Mehrheit fühlt sich auch dadurch bedroht, dass
bgeordnete der Linksfraktion im Plenum Bilder von
unduz-Opfern gezeigt haben und Sie alle an die deut-

che Verantwortung erinnert haben, und zwar nachdem
in Gedenken an die Opfer von Kunduz im Bundestag
on den anderen Fraktionen abgelehnt worden ist. Das
ar unsere Form des Gedenkens an diese Opfer.


(Jörg van Essen [FDP]: Es ist aber interessant, dass Sie das jetzt alles verteidigen! Im Ältestenrat haben Sie das nicht gut gefunden!)


Ist das eine Verletzung der Ordnung und Würde des
undestages? Ich kann das nicht erkennen, und ich ver-
idige das ausdrücklich, Herr Kollege van Essen.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Im Ältestenrat haben Sie es nicht gut gefunden, und jetzt verteidigen Sie es!)


Wissen Sie, wodurch ich die Würde des Bundestages
erletzt sehe? Ich sehe sie verletzt, wenn in diesem Haus
olitische Entscheidungen getroffen werden, die auch et-
as mit Art. 1 Grundgesetz zu tun haben, nämlich mit
er Würde des Menschen. Das ist zum Beispiel dann der
all, wenn Menschen in ihrer Würde verletzt werden, die
rbeitslos sind. Die ganze Hartz-IV-Gesetzgebung in
iesem Hause war ein würdeloses Verfahren.


(Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Lesen Sie noch einmal über Demokratie und Mehrheiten nach!)


Regelungen, die Flüchtlinge betreffen, oder wenn die
ebensleistung von Menschen im Osten ignoriert wird –
ll das ist würdelos in diesem Parlament.


(Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Das ist grober Unsinn, was Sie hier erzählen!)


Wie oft haben wir hier Debatten erlebt, die mit der
ürde des Bundestages herzlich wenig zu tun hatten.
erfen Sie einen Blick in die Protokolle und lesen Sie

ie Zwischenrufe: Das hat mit der Würde des Hauses
berhaupt nichts zu tun.

Nein, Sie wollen die Linke disziplinieren. Das haben
ir schon gemerkt. Dass Sie dabei verfassungsrechtlich
öchst bedenkliche Wege gehen, beeindruckt Sie wenig.
ie wollen jetzt unter anderem den Sitzungsausschluss
is zu 30 Tagen gesetzlich regeln.


(Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Das sind bestehende Regelungen!)


as beschränkt das Rede- und Stimmrecht frei gewählter
bgeordneter. Das heißt, das Rede- und Stimmrecht von
bgeordneten wird sozusagen zur Verfügungsmasse ei-
er Mehrheit in diesem Haus. Das ist wahrlich eine ver-
ssungsrechtlich genehme Regelung.

Es ist ein Verstoß gegen das im Grundgesetz aus-
rücklich verankerte freie Mandat der Abgeordneten.
as trifft auch auf das Ordnungsgeld zu. Unter welchen
oraussetzungen, aus welchen Gründen und in welcher





Dr. Dagmar Enkelmann


(A) )


)(B)

Höhe Ordnungsgeld verhängt wird, bleibt offen, und es
ist damit ein willkürliches Instrument.

Es besteht kein angemessener Rechtsschutz. Sie
schließen zum Beispiel die Möglichkeit der Anhörung
des Betroffenen aus. Sie findet in keiner Weise statt.


(Zuruf von der LINKEN: Rechtsstaatlichkeit!)


In einem Rechtsstaat ist ein solches Verfahren eigentlich
undenkbar. Im Bundestag ist es möglich.

Der Berichterstatter des Verfassungsgerichts, Herr
Professor Broß, teilt unsere rechtlichen Bedenken an
dieser Stelle. Aber einer Klärung im Ausschuss, wie von
uns vorgeschlagen, zum Beispiel mit einer Anhörung, an
der auch Professor Broß teilnehmen würde, haben Sie
sich verweigert. Wer nicht hören will, muss fühlen:
Dann klären wir das eben vor dem Verfassungsgericht.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711731100

Nächster Redner in dieser Debatte ist für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Volker Beck.
Bitte schön, Kollege Volker Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711731200

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und

Herren! Ich fand es richtig, dass wir nach den Aktionen
die Diskussion über das Ordnungsgeld begonnen haben;
denn ich finde, wir brauchen ein milderes Mittel als den
Sitzungsausschluss, um auf grobe Störungen der Ord-
nung des Hauses zu reagieren, die ein Verhandeln im
Sinne eines Parlamentes – parlare bedeutet sprechen; es
heißt nicht: Aktionen machen – unmöglich machen.
Wenn andere Kolleginnen und Kollegen einen diskursi-
ven Austausch der Argumente verhindern, indem sie mit
Aktionen den Ablauf stören, dann muss das nicht hinge-
nommen werden. Da bin ich ganz bei der Koalition und
der SPD gewesen. Deshalb haben wir uns am Anfang an
den Beratungen beteiligt.

Ich finde aber, dass man auf die Verletzung der Ord-
nung und nicht auf die Verletzung der Würde des Hauses
abheben sollte. Auf die Verletzung der Würde des Hau-
ses wurde in dieser Wahlperiode in unserem Parlament
schon bei allen möglichen Angelegenheiten verwiesen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Krawatten!)


Wir haben verordnet, dass die Schriftführer und der Prä-
sident Krawatten tragen müssen, soweit sie Männer sind.
Ansonsten würde dies die Würde des Hauses verletzten.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist albern!)


So kann man es im Protokoll des Ältestenrates nachle-
sen. Kollegen, die nicht bereit waren, eine Krawatte zu
tragen, wurden vom Sitzungsdienst ausgeschlossen. Das
ist eine Albernheit und zeigt, auf welches Glatteis Sie
sich unnötigerweise mit dieser Formulierung begeben.
Der Hitler-Gruß eines NPD-Mitglieds der Bundesver-

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(C (D ammlung – dieses von Ihnen im Ausschuss genannte eispiel ist durchaus ernst zu nehmen – ist eine Straftat. ede Straftat stellt selbstverständlich eine Verletzung der rdnung des Hauses dar und kann deshalb zu Recht ge hndet werden, hne dass man auf die Würde des Hauses abheben muss. ir sind dafür, die Verletzung der Würde des Hauses als atbestand zu streichen. Ein anderer Punkt, der uns zu denken gibt, ist etwas, as schon länger in der Geschäftsordnung steht – daber hatte ich zuvor noch nie nachgedacht –, nämlich er pönalisierende Sitzungsausschluss von bis zu 30 Taen. Dieser kann nicht gerechtfertigt werden wie der einalige Ausschluss in einer laufenden Sitzung, in der ich der Präsident nicht anders zu helfen weiß, als die etreffenden hinauszuwerfen, um den parlamentari chen Ablauf zu sichern. Der pönalisierende Sitzungsusschluss von bis zu 30 Tagen ist nicht als Sicherung es parlamentarischen Ablaufs zu rechtfertigen. r stellt vielmehr eine reine Strafe dar. Als solche wird r vom Bundesverfassungsgericht kritisch gesehen. Ich ätte gerne mit Verfassungsrechtlern erörtert, ob diese rt des Sitzungsausschlusses gar nicht möglich ist oder b ein anderes Verfahren notwendig ist. (Jörg van Essen [FDP]: Niemand hindert Sie daran! Sprechen Sie doch mit denen!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zuruf von der LINKEN: Strafe!)


ber so wie dieser Tatbestand in der Geschäftsordnung
rmuliert ist und so wie wir ihn vorbehaltlos im Abge-

rdnetengesetz verankern, geht es nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Berichterstatter Broß, der den Fall der Stuttgart-21-
ktionisten von der Linksfraktion, gegen die ein pönali-

ierender Sitzungsausschluss verhängt wurde, zu beur-
ilen hatte, hat den Verfahrensbevollmächtigten bei-
er Seiten geschrieben – Sie können gerne beim
räsidium nachfragen und sich den Schriftsatz genauso
esorgen wie ich –: Im Extremfall könnte der Aus-
chluss von Abgeordneten erheblichen Einfluss auf die

illensbildung im Parlament entfalten, und Stimmver-
ältnisse wären durch Fehlgebrauch des Instruments Sit-
ungsausschluss gar gezielt manipulierbar. – Weiter
eißt es in dem Schreiben des Bundesverfassungsge-
chts: Der bisherige Verlauf dieses Verfahrens seit dem
itzungsausschluss erscheint mir vor dem Hintergrund
es § 38 Abs. 1 und Abs. 2 der Geschäftsordnung des
eutschen Bundestages einer eingehenden verfassungs-
chtlichen Klärung bedürftig – das haben wir im Aus-

chuss verlangt –, weil ein Ausschluss auch die Mehr-
eitsverhältnisse im Deutschen Bundestag in
chtserheblicher Weise beeinflussen kann. Im Hinblick

arauf rege ich an, dass der Antragsgegner noch einmal
eine jetzt bestehende Auffassung zur Verfahrenslage
berdenkt und auch die hier umstrittene Handhabung der
eschäftsordnung in Bezug auf effektive Rechtsschutz-
öglichkeiten überprüft. Allerdings könnte sich bei nä-

erer Betrachtung auch ergeben, dass der Ausschluss





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

von Abgeordneten des Deutschen Bundestages von zu-
künftigen Sitzungstagen – also pönalisierend –, sich un-
ter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit, der Erforder-
lichkeit und der Sachgerechtheit nicht von vornherein
erschließt.

Es ist doch das Mindeste, dass wir uns, wenn wir
einen solchen Hinweis bekommen und uns mit der glei-
chen Rechtsmaterie hier im Haus befassen, im Aus-
schuss damit seriös befassen und eine Auseinanderset-
zung mit Verfassungsrechtlern führen, bevor wir das
Präsidium, den Präsidenten und die Vizepräsidenten, in
die Lage bringen, von einer Sanktion Gebrauch zu ma-
chen, über die das Bundesverfassungsgericht zuvor ge-
sagt hat, dass sie nicht verfassungskonform ist. Wir ge-
ben dem Präsidium nicht die Möglichkeit, auf einer
verfassungsrechtlich unbedenklichen Grundlage zu han-
deln. Ich finde es eine Zumutung, was wir mit dem Prä-
sidium des Deutschen Bundestages machen. Deshalb
beantrage ich am Ende dieser Debatte die Rücküberwei-
sung der Vorlagen zu diesem Tagesordnungspunkt an
den Geschäftsordnungsausschuss mit dem Auftrag, eine
Anhörung mit Verfassungsrechtlern zu dieser entschei-
denden Frage durchzuführen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Meines Erachtens können wir uns eine Blamage vor dem
Bundesverfassungsgericht ersparen. Ich empfinde es als
komisch, wie wir hier in der Diskussion mit diesem Tat-
bestand umgehen; denn wir haben so deutliche Hinweise
und kümmern uns nicht um Karlsruhe. Aber das haben
wir beim Wahlrecht auch schon nicht getan. Insofern ist
das Handeln dieser Koalition konsequent.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Der Präsident hat Ihnen heute im Ältestenrat doch das Notwendige dazu gesagt, nämlich dass Sie danebenliegen!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711731300

Nächster Redner in der Debatte ist für die Fraktion

der CDU/CSU unser Kollege Thomas Strobl.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1711731400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD haben sich
in breiter Einmütigkeit auf dieses Ordnungsgeld geei-
nigt, weil es einerseits eine spürbare Sanktion darstellt,
andererseits aber in parlamentarische Rechte von Abge-
ordneten nicht eingreift und öffentlichkeitswirksame
Konfrontationen, wie zum Beispiel bei einer zwangswei-
sen Entfernung aus dem Plenarsaal, vermeiden kann.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso denn?)


Im Übrigen muss ich darauf hinweisen, dass wir das
bestehende und bewährte Instrumentarium der Ord-
nungsmittel und damit übrigens auch den verfassungs-
rechtlich nicht zu beanstandenden Sitzungsausschluss

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(C (D nverändert gelassen haben. Der Sitzungsausschluss war icht Thema der Beratungen gewesen, wir haben daran ichts geändert. Herr Kollege Beck, es gibt ihn seit über 0 Jahren. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das neu ins Abgeordnetengesetz aufgenommen!)


s ist schon mit Interesse zu beobachten, dass Sie diese
erfassungswidrigkeit von der einen Sekunde auf die an-
ere entdeckt haben.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Durch Hinweis des Bundesverfassungsgerichts!)


Leider hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die
ei der Frage der grundsätzlichen Notwendigkeit einer
erschärfung der Ordnungsmittel durchaus unserer Mei-
ung ist, die Neuregelung nicht mitgetragen. Die Frak-
on Die Linke wird im Übrigen wissen, warum sie Ord-
ungsstörungen im Hause nicht ahnden will.

Neu ist weiter die Einbeziehung der Würde des Bun-
estages in den Kreis der geschützten Rechtsgüter. Dies
g uns bei der Neuregelung besonders am Herzen. Es ist
ir völlig unverständlich, warum es im Hause Kollegin-

en und Kollegen gibt, die diesen Schutz nicht wollen.

Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Weil es 60 Jahre ohne ging!)

Herr Kollege Beck, in § 7 der Geschäftsordnung heißt
s in Abs. 1:

Der Präsident vertritt den Bundestag und regelt
seine Geschäfte. Er wahrt die Würde und die
Rechte des Bundestages, fördert seine Arbeiten, lei-
tet die Verhandlungen …

„Er wahrt die Würde und die Rechte des Bundes-
ges …“. Wenn das ein unbestimmter Rechtsbegriff ist,
it dem man nichts anfangen kann, dürfte das so nicht

arin stehen. Wenn aber die Geschäftsordnung von dem
räsidenten verlangt, dass er die Würde des Hauses
ahrt und die Aufrechterhaltung der Würde des Hauses

icherstellt, dann ist es doch nur logisch, dass wir das
uch bei den Sanktionsmitteln sozusagen spiegelbildlich
inbeziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711731500

Kollege Thomas Strobl, gestatten Sie eine Zwischen-

age unseres Kollegen Volker Beck?


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1711731600

Sehr gerne, selbstverständlich.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711731700

Bitte schön.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711731800

Herr Kollege, würden Sie konzedieren, dass es in die-

er Bestimmung, in der in der Tat der Begriff der Würde





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

vorkommt, im Wesentlichen darum geht, dass der Präsi-
dent des Deutschen Bundestages sich vor den Bundestag
und seine Abgeordneten stellt und ihre Rechte verteidigt,
und zwar gegen Angriffe von außen und nicht gegen die
Mitglieder des Bundestages selbst?

Das ist die bisherige Auslegung der Norm. Wenn Sie
sich die Kommentierung der Geschäftsordnung zu die-
sem Punkt anschauen – das habe ich zur Vorbereitung
bereits unserer Diskussion im Ausschuss gemacht und es
Ihnen auch vorgetragen –, dann stellen Sie eindeutig
fest, dass es bei dieser Bestimmung um einen Schutz der
Bundestagsabgeordneten vor unberechtigtem Angriff
von außen geht, egal ob er sich auf ein Mitglied bezieht
oder auf die Gesamtheit der Mitglieder des Hauses, nicht
aber darum, dass der Bundestag vor seinen Abgeordne-
ten selbst geschützt werden soll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1711731900

Herr Kollege Beck, mit Verlaub, Sie liegen falsch.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, lesen Sie die Kommentierung!)


Sie liegen falsch.


(Jörg van Essen [FDP]: So sind die dilettierenden Hobbyjuristen!)


Ich lese die Vorschrift gerne komplett vor. § 7 Abs. 1
Satz 2 lautet:

Er wahrt die Würde und die Rechte des Bundesta-
ges, fördert seine Arbeiten, leitet die Verhandlun-
gen gerecht und unparteiisch und wahrt die Ord-
nung im Hause.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, eben!)


Die Worte „… leitet die Verhandlungen gerecht und un-
parteiisch und wahrt die Ordnung im Hause.“ beziehen
sich in diesem Zusammenhang genau auf den Ablauf der
Bundestagssitzungen. Deswegen liegen Sie mit Ihrer In-
terpretation falsch. Wenn wir dem Präsidenten einen sol-
chen Auftrag geben, dann ist es auch nur richtig, das
spiegelbildlich mit einer entsprechenden Sanktion zu
versehen.

Ich weise noch einmal darauf hin – auch das lässt Ihre
Argumentation wirklich zusammenbrechen –, dass erst
im Januar dieses Jahres ein Landesverfassungsgericht
ausdrücklich bestätigt hat, dass es eine schützenswerte
Würde des Parlamentes gibt. Mit Erlaubnis des Herrn

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711732000


Das Parlament ist berechtigt, seine Mitglieder
durch Verhaltensregeln auch auf die Wahrung der
Würde des Landtages im Sinne eines von gegensei-
tigem Respekt getragenen Diskurses zu verpflich-
ten. Es darf deshalb Verstöße sanktionieren, wo es
diese Würde gefährdet oder verletzt sieht, etwa weil
das Verhalten eines Abgeordneten erkennen lässt,

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(C (D dass er den für eine sachbezogene Arbeit notwendigen Respekt gegenüber den übrigen Parlamentariern oder der Sitzungsleitung vermissen lässt und damit zwangsläufig auch das Ansehen des Hauses nach außen beschädigt … Die genannte Gerichtsentscheidung basiert auf der anktionierung einer Würdeverletzung durch einen PD-Abgeordneten im Landtag von Mecklenburg-Vorommern. Was die Linksfraktion jedenfalls angeht, bin ich mir icher, dass sie am lautesten nach Ordnungsmaßnahmen chreien würde, wenn sich die NPD einmal, was Gott erhüten möge, in das Hohe Haus verirren sollte. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das müssen Demokraten verhindern!)


Aber auch die Bedenken der Fraktion Bündnis 90/Die
rünen kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben etwa,
err Kollege Beck, mehrfach ausdrücklich – das ist in
en Beratungsprotokollen auch vermerkt – klargemacht,
ass bloße Fragen einer Kleiderordnung nicht als Verlet-
ung der Würde des Hauses angesehen werden können.

Ich habe eine lange Zeit eine gewisse Zurückhaltung
egenüber den Ordnungsmaßnahmen geübt, weil es mir
nerlich widerstrebt, dass Abgeordnete über Abgeord-

ete ein Ordnungsgeld verhängen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gefühl hätten Sie konservieren sollen!)


s war in der Tat einer gewissen Hartnäckigkeit des Kol-
gen Lange, wie Kollege van Essen ausgeführt hat, zu
erdanken, dass wir an diesem Thema immer wieder
rangeblieben sind und es jedenfalls mit großer Gründ-
chkeit beraten haben. Ich bin nach wie vor der Ansicht,
ass es unter Demokraten eigentlich möglich sein sollte,
ie Argumente der politisch Andersdenkenden zu ertra-
en, ohne zu Mitteln der Störung und des Klamauks zu
reifen und damit nicht nur die Arbeit der anderen Abge-
rdneten zu stören, sondern auch das Ansehen des Bun-
estages in den Augen der Öffentlichkeit zu schädigen.
ei manchen aus dem links- und rechtsextremistischen
ereich habe ich indessen den Eindruck, dass es genau
arum geht: um die Verächtlichmachung des Parlaments.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg van Essen [FDP]: Genau das!)


ier müssen wir deutlich machen, dass unsere Demokra-
e eine wehrhafte Demokratie darstellt, und das Ord-
ungsgeld soll ein Beitrag dazu sein, dass diese Demo-
ratie nicht verächtlich gemacht werden kann, sondern
ich im Zweifel auch wehrt.

Besten Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711732100

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe die

ussprache.





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Zu diesem Tagesordnungspunkt liegt eine persönliche
Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung unseres Kol-
legen Wolfgang Nešković vor.1)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat beantragt,
den Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetenge-
setzes sowie die Beschlussempfehlung des Ausschusses
für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zur
Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundes-
tages zur weiteren Beratung an den Ausschuss zurückzu-
überweisen. Es ist vereinbart, über diesen Antrag jetzt
abzustimmen. Wer stimmt für den Antrag auf Rücküber-
weisung? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen und die Linksfraktion. Wer stimmt dagegen? – Das
sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der So-
zialdemokraten. Enthaltungen? – Keine. Somit ist der
Antrag abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung – Zusatzpunkt 11 a –
über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ände-
rung des Abgeordnetengesetzes – Einführung eines Ord-
nungsgeldes. Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immuni-
tät und Geschäftsordnung empfiehlt unter Buchstabe a
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6309,
den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP auf Drucksache 17/5471 anzunehmen.

Hierzu liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir zuerst abstim-
men.

Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache
17/6352? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen und die Linksfraktion. Wer stimmt dagegen? – Das
sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der So-
zialdemokraten. Stimmenhaltungen? – Keine. Der Ände-
rungsantrag ist abgelehnt.

Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 17/6353? – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/
Die Grünen und Die Linke. Wer stimmt dagegen? – Das
sind die Koalitionsfraktionen und die sozialdemokrati-
sche Fraktion. Enthaltungen? – Keine. Der Änderungs-
antrag ist abgelehnt.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Das sind die
Koalitionsfraktionen und die Sozialdemokraten. Wer
stimmt dagegen? – Bündnis 90/Die Grünen und Links-
fraktion. Enthaltungen? – Keine. Der Gesetzentwurf ist
damit in zweiter Beratung angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Das sind die Koalitionsfraktionen und die Sozialdemo-
kraten. Wer stimmt dagegen? – Bündnis 90/Die Grünen
und Linksfraktion. Enthaltungen? – Keine. Der Gesetz-
entwurf ist somit angenommen.

Zusatzpunkt 11 b. Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord-

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1) Anlage 14 2)

(C (D ung zur Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen undestages, hier: Einführung eines Ordnungsgeldes, § 36 bis 39 der Geschäftsordnung des Deutschen Bunestages, auf Drucksache 17/6309. Unter Buchstabe b mpfiehlt der Ausschuss die Änderung der §§ 36 bis 39 er Geschäftsordnung. Hierzu liegen zwei Änderungsanäge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, über die ir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druckache 17/6354? – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/ ie Grünen und Die Linke. Wer stimmt dagegen? – Das ind die Koalitionsfraktionen und die Sozialdemokraten. nthaltungen? – Keine. Der Änderungsantrag ist abgehnt. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druckache 17/6355? – Das sind Bündnis 90/Die Grünen und inksfraktion. Wer stimmt dagegen? – Koalitionsfraktioen und Sozialdemokraten. Enthaltungen? – Keine. Der nderungsantrag ist abgelehnt. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Das sind ie Koalitionsfraktionen und die Fraktion der Sozialdeokraten. Gegenprobe! – Fraktion Bündnis 90/Die Grü en und Linksfraktion. Enthaltungen? – Keine. Die Bechlussempfehlung ist angenommen. Bevor ich den Tagesordnungspunkt 16 sowie den usatzpunkt 10 aufrufe, darf ich bekannt geben, dass die rauenfußballnationalmannschaft ihr Spiel gegen Nigea 1 : 0 gewonnen hat. Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 16 sowie den usatzpunkt 10 auf: 16 Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Schlecht, Sabine Leidig, Dr. Barbara Höll, weitere Abgeordnete und der Fraktion DIE LINKE Keine zusätzlichen finanziellen Mittel des Bundes oder der Bahn AG für Stuttgart 21 – Drucksache 17/6129 – P 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, Stephan Kühn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Stuttgart 21 – Kein Weiterbau ohne Nachweis der Leistungsfähigkeit und ohne Klärung der Kosten und Risiken – Drucksache 17/6320 – Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen. Ich muss dennoch darauf hinweisen, dass der einzige ei mir gemeldete Redner der Kollege Michael Schlecht on der Fraktion Die Linke ist, da alle anderen Kolleginen und Kollegen ihre Reden zu Protokoll geben.2)


(Beifall)


Anlage 19





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Somit rufe ich jetzt den Kollegen Michael Schlecht
von der Fraktion Die Linke ans Rednerpult. Bitte schön,
Herr Kollege Michael Schlecht.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711732200

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im

Zusammenhang mit Stuttgart 21 steht eine große Zahl
im Raum: 4,5 Milliarden Euro. Das soll die Obergrenze
für dieses Bahnprojekt sein. Wir halten diesen Betrag für
viel zu hoch, zumal alternativ der Kopfbahnhof eine sehr
gute und ausbaufähige Leistungsfähigkeit hat. Die Ab-
fertigung von mehr als 50, ja zum Teil 60 Zügen in der
Stunde ist dort möglich. Entscheidend ist unserer Auf-
fassung nach vor allen Dingen, dass mit dem Kopfbahn-
hof ein moderner Taktverkehr problemlos realisierbar
ist. Bei S 21 mit nur acht Gleisen ist das alles – das wird
am Ende auch noch der Stresstest ergeben – nicht gesi-
chert.

Unter dem Strich ist für uns vor diesem Hintergrund
vollkommen klar: Der Kopfbahnhof ist das zukunftsfähi-
gere Modell. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt,
dass man in dieses Projekt natürlich Modernisierungs-
mittel hineinstecken müsste.


(Widerspruch des Abg. Ulrich Petzold [CDU/ CSU])


– Wenn Sie mir einen Vogel zeigen, dann finde ich das
nicht der Würde des Hauses entsprechend, Herr Kollege;
aber das nur nebenbei.

Die Kosten bei diesem ganzen Projekt sind schon sehr
wichtig. Man hat manchmal das Gefühl, dass diejenigen,
die sonst immer für große Sparsamkeit sind, bei
Stuttgart 21, wenn es ums Geld geht, ziemlich in die Vol-
len gehen. Die Kosten sind deshalb wichtig, weil es auch
in einer Stadt wie Stuttgart natürlich viele soziale Män-
gel gibt und all das Geld, das für dieses Projekt ausgege-
ben werden soll, für andere Dinge viel dringender ge-
braucht würde: Beseitigung von Kinderarmut, Kitaplätze
usw.

Es besteht zudem die Gefahr, dass das Projekt S 21
viel teurer wird, dass es nicht bei der Summe von
4,5 Milliarden Euro bleibt, die immer im Raum steht. Es
gibt Schätzungen, dass sich die Kosten des ganzen Pro-
jekts zwischen 5 und 6 Milliarden Euro bewegen dürf-
ten, ganz unabhängig davon, dass bei solchen Projekten
natürlich immer noch Preissteigerungen, Kostensteige-
rungen zu erwarten sind.

Vor dem Hintergrund ist es aus unserer Sicht ein ein-
deutiger Fortschritt, dass in der Koalitionsvereinbarung
der neuen baden-württembergischen Koalition zumin-
dest festgelegt ist, dass die neue Landesregierung keine
weiteren Landesmittel in dieses Projekt stecken wird,
wenn die Grenze von 4,5 Milliarden Euro überschritten
werden sollte, was eine reale Gefahr ist.

Die spannende Frage ist nur, ob dann, wenn diese
Grenze von 4,5 Milliarden Euro überschritten wird – das
ist durchaus möglich –, nicht die Gefahr besteht, dass an-

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(C (D ere, zum Beispiel Bund und/oder Bahn, auf Teufel omm raus Mehrkosten übernehmen, weil sie aus ganz estimmten Gründen an diesem Projekt festhalten. Aus einer Sicht wäre es vollkommener Wahnsinn, wenn an dies machen würde. Das Misstrauen, nämlich dass dort etwas Derartiges im usch sein könnte, dass noch durch andere Stellen, durch und oder Bahn, eine zusätzliche Finanzierung erfolgen önnte, ist gewachsen, als ich erfahren habe, dass im Rahen der Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg ie Grünen ursprünglich durchsetzen wollten, dass bei Kosn von über 4,5 Milliarden Euro das Projekt beerdigt wird. iese Regelung ist in den Koalitionsverhandlungen von der PD abgelehnt worden. Die SPD hat gesagt: Da machen ir nicht mit. – Also ist der jetzt mehrfach benannte Komromiss dabei herausgekommen. Was uns umtreibt, ist, jetzt abzusichern oder zuminest abzuklären, ob mein Misstrauen berechtigt oder unerechtigt ist. Mit dem Antrag, den wir eingebracht haen, wäre das möglich. Mit diesem Antrag wäre öglich, klarzustellen, dass weder Bund noch Bahn bei ntsprechender Kostenüberschreitung für dieses Projekt usätzliche Mittel geben. Deswegen dieser Antrag! Wenn Sie meinem Misstrauen entgegentreten wollen, üsste das gesamte Hohe Haus, müssten alle Fraktionen iesem Antrag problemlos zustimmen können. Ich freue ich schon darauf. Guten Abend! Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle nderen gemeldeten Rednerinnen und Redner haben ihre ede zu Protokoll gegeben. (Jörg van Essen [FDP]: Auch dieser Rede hätte es gutgetan, wenn sie zu Protokoll gegeben worden wäre!)


(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711732300

Somit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
raktion Die Linke auf Drucksache 17/6129 mit dem Ti-
l „Keine zusätzlichen finanziellen Mittel des Bundes
der der Deutschen Bahn AG für Stuttgart 21“. Wer
timmt für diesen Antrag? – Das sind die Fraktion Die
inke und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer
timmt dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen
nd die Fraktion der Sozialdemokraten. Enthaltungen? –
eine. Der Antrag ist abgelehnt.

Zusatzpunkt 10. Abstimmung über den Antrag der
raktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/6320
it dem Titel „Stuttgart 21 – Kein Weiterbau ohne
achweis der Leistungsfähigkeit und ohne Klärung der
osten und Risiken“. Wer stimmt für diesen Antrag? –
as sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die
inksfraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Ko-
litionsfraktionen und die Sozialdemokraten. Enthaltun-
en? – Keine. Der Antrag ist abgelehnt.





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Übertragung ehebezogener Regelungen im
öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartner-
schaften

– Drucksache 17/3972 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Volker Beck (Köln), Dr. Konstantin von
Notz, Birgitt Bender, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleich-
stellung der eingetragenen Lebenspartner-
schaften mit der Ehe im Bundesbeamtengesetz
und in weiteren Gesetzen

– Drucksache 17/906 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 17/6359 –

Berichterstattung:
Abgeordnte Armin Schuster (Weil amRhein)

Michael Hartmann (Wackernheim)

Dr. Stefan Ruppert
Frank Tempel
Dr. Konstantin von Notz

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben.1) –
Sie sind alle damit einverstanden. Ich brauche auch die
Namen der Kolleginnen und Kollegen nicht zu verlesen.
Sie liegen bei uns vor.

Somit kommen wir gleich zur Abstimmung. Der In-
nenausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 17/6359, den Gesetz-
entwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/3972
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Das sind die
Koalitionsfraktionen und die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen. Wer stimmt dagegen? – Sozialdemokraten.
Stimmenthaltungen? – Linksfraktion. Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist der
Gesetzentwurf bei gleichem Stimmverhalten entspre-
chend angenommen worden.

Der Innenausschuss empfiehlt unter Buchstabe b sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/6359, den
Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/906 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen,
Sozialdemokraten und die Linksfraktion. Wer stimmt da-
gegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthaltun-

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1) Anlage 15
2)

3)

(C (D en? – Keine. Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung bgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordung die weitere Beratung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Moratorium jetzt – Dringliche Klärung von Fragen zu Mehrkosten des ITER-Projekts – Drucksache 17/6321 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. Sie ind sicher alle damit einverstanden.2)

olleginnen und Kollegen liegen dem Präsidium vor.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/6321 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sie sind damit ein-

erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP

Effektive Regulierung der Finanzmärkte nach
der Finanzkrise

Drucksache 17/6313 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben3). –
h sehe, Sie sind auch damit einverstanden. Die Namen

er Kolleginnen und Kollegen liegen hier vor.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/6313 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind alle damit ein-

erstanden? – Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 sowie den Zu-
atzpunkt 12 auf:

19 Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang
Börnsen (Bönstrup), Christoph Poland, Dorothee
Bär, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Reiner

Anlage 20
Anlage 18





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Deutschmann, Patrick Kurth (Kyffhäuser), Sebastian
Blumenthal, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Ratifizierung der UNESCO-Konvention zum
immateriellen Kulturerbe vorantreiben

– Drucksache 17/6314 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

ZP 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Schmidt (Aachen), Siegmund Ehrmann, Martin
Dörmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Agnes
Krumwiede, Claudia Roth (Augsburg), Ekin
Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ratifizierung des UNESCO-Übereinkommens
zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes
vorbereiten und unverzüglich umsetzen

– Drucksache 17/6301 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Tourismus

Wie in der Tagesordnung bereits ausgewiesen, wer-
den die Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der
Kolleginnen und Kollegen liegen hier vor. Insofern sind
alle damit einverstanden, dass wir so verfahren.


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1711732400

Deutschland kann seit wenigen Tagen auf die Aner-

kennung von insgesamt 35 Weltkulturerbestätten verwei-
sen. Der deutsche Buchenwald und das Fagus-Werk so-
wie das Hamburger Wattenmeer wurden in dieser Woche
von der UNESCO auch zum Weltkulturerbe erklärt. Da-
mit stellt die Bundesrepublik die fünftmeisten Welterbe-
stätten weltweit. Das ist gut für das Kulturland Deutsch-
land und für den Kulturtourismus.

Gut 70 Millionen Menschen besuchen jährlich diese
Kulturdenkmäler. Der Status dieser materiellen Kultur-
stätten ist ein großer Erfolg für die Kultur wie für den
Tourismus in unserem Land und als solcher auch aner-
kannt.

Über das immaterielle Kulturerbe hingegen gibt es
bisher nur eine Expertendiskussion, obwohl bereits
134 der UNESCO-Konvention zum immateriellen Kul-
turerbe beigetreten sind.

Die immateriellen Kulturgüter sind nicht in Stein ge-
meißelte Bauten wie Paläste oder Kathedralen, sondern
Praktiken, Bräuche und Handwerkstechniken. Auch die
damit verbundenen Instrumente, Objekte und Artefakte
gehören dazu.

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(C (D Ziel des UNESCO-Übereinkommens zur Bewahrung es immateriellen Kulturerbes ist es, diese Kulturformen u erhalten und zu bewahren. Denn sie sind zunehmend urch Vergessen bedroht. Ein wichtiger Anlass für die Entstehung dieser Konention ist, dass die materiellen Welterbestätten zu einer eografischen Dominanz von Europa geführt haben. ier gibt es aus historischen Gründen zahlreiche bedeunde Bauten wie Kirchen und Museen. Afrikanische und siatische Länder hingegen können, was diese materieln Kulturstätten betrifft, nicht im gleichen Maße mitalten. Es ist also eine Gerechtigkeitsfrage gegenüber ußereuropäischen Ländern, dass auch immaterielle ulturgüter zum Weltkulturerbe werden können. Das imaterielle Kulturerbe ist somit die logische Ergänzung u den Welterbestätten. Beide sind auf Augenhöhe mitinander. Zur „Repräsentativen Liste des immateriellen Kulturrbes der Menschheit“ gehören unter anderem die gandische Rindentuchherstellung, die chinesische Akuunktur, die französische Kochkunst oder der argentiniche Tango. Voraussetzung dafür, dass auch deutsche ulturgüter zum UNESCO-Kulturerbe werden, ist, dass ie Bundesrepublik das UNESCO-Übereinkommen zum chutz des immateriellen Kulturerbes ratifiziert. Warum ist ein Beitritt Deutschlands zu dieser Konention nach Auffassung der Union, die diese Initiative uf den Weg gebracht hat, angemessen und sinnvoll? ir sollten ein fundamentales Interesse daran haben, ass unsere über Generationen überlieferten Kenntisse, unsere kulturellen Besonderheiten, unsere Ausrucksweisen, Bräuche und Praktiken bewahrt und eiterentwickelt werden, weil auch sie ein Teil unserer ulturellen Identität ausmachen. Gerade „körperlose“ Kulturgüter bedürfen eines beonderen Schutzes, da sie vergänglicher sind als stofflihe Monumente. Es steht zu befürchten, dass traditioelle Fertigkeiten, Bräuche und Riten aussterben, wenn ie nicht ausreichend geschützt werden. Ein Beispiel dar bietet der „Sprachentod“. Pro Woche sterben auf der rde zwei Sprachen, gehen unwiederbringlich verloren. zwei bis drei Jahrzehnten wird es nicht mehr circa 000 Sprachen in der Welt geben, sondern nur noch 000, befürchten die Experten der UNESCO. Bereits tzt stehen die niederdeutsche Sprache, Friesisch und orbisch auf der „roten Liste“. Durch einen Beitritt Deutschlands zu diesem internaonalen Übereinkommen können wir helfen, das immarielle Kulturerbe zu bewahren und das Bewusstsein für ie Bedeutung des immateriellen Kulturerbes zu förern. Zahlreiche große Verbände und gesellschaftliche ruppen wie der Bund Heimat und Umwelt, BHU, der entralverband des Deutschen Handwerks, der Zentralerband des Deutschen Bäckerhandwerks und der Deutche Schaustellerbund, um nur einige zu nennen, haben ich für eine Ratifizierung der UNESCO-Konvention usgesprochen. Auch die Enquete-Kommission „Kultur )


(A) )

in Deutschland“ hatte empfohlen, dem Abkommen bei-
zutreten.

Ironie und Spott, wie sie einige gegenüber diesen In-
stitutionen äußern, sind völlig fehl am Platze.

Da die Zahl der Interessierten groß ist, schlagen wir
die Prüfung einer öffentlichen Anhörung zum Thema
„UNESCO-Konvention zur Bewahrung des immateriel-
len Kulturerbes“ vor. Die Verbände und gesellschaftli-
chen Gruppen sollten an der Umsetzung der Konvention
beteiligt werden.

Zur Diskussion in unserem Land:

Zunächst wollten die Bundesregierung und besonders
die für die Kultur zuständigen Länder verständlicher-
weise erst eine genaue juristische Prüfung vornehmen,
bevor die Konvention ratifiziert werden sollte. Man hat
zuerst abgewartet, wie sich das Instrument in der Praxis
bewährt. Erst einmal musste klar werden, nach welchen
Kriterien immaterielle Kulturgüter ausgewählt werden
sollten. Auch über mögliche zusätzliche Kosten musste
Einverständnis mit den Ländern hergestellt werden. In
Deutschland leistet man bereits so viel wie kaum in ei-
nem anderen Land für den Schutz seines kulturellen Er-
bes. Deshalb war es vertretbar, mit der Ratifizierung der
Konvention erst einmal zu warten.

Inzwischen sind die juristische Prüfung und die Dis-
kussion mit den Ländern vorangeschritten. Auch haben
unsere europäischen Nachbarstaaten wie Österreich
und die Schweiz praktikable Wege zur nationalen Um-
setzung der Konvention aufgezeigt, an denen man sich
orientieren kann.

Die 16 Länder haben eine Machbarkeitsstudie in Auf-
trag gegeben, die praktikable Vorschläge für die institu-
tionelle Ausgestaltung und administrative Umsetzung
der Vorgaben der Konvention gemacht hat.

Aufgezeigt wird darin auch, wie die finanziellen und
bürokratischen Kosten für Bund und Länder gering ge-
halten werden können: Bei der Umsetzung kann auf
bestehende Institutionen der UNESCO-Kommission in
Deutschland zurückgegriffen werden, die auch für die
materiellen Welterbestätten verantwortlich sind.

Es ist daher begrüßenswert, dass die Bundesregie-
rung nun Gespräche mit den Ländern aufgenommen hat,
um den Ratifizierungsprozess einzuleiten.

Diese Bereitschaft der Bundesregierung sowie der
Länder wollen wir mit unserem Antrag unterstützen und
damit das Signal senden, dass für uns die Bewahrung
kultureller Traditionen wie zum Beispiel deutscher
Märchen, Trachten oder Volkslieder oder auch der Vor-
schläge aus den Reihen der Verbände als „Rohstoffe“
unserer kulturellen Identität unverzichtbar ist.

Wir haben ein fundamentales Interesse daran, dass
unser über die Generationen überliefertes Wissen, un-
sere Sprache einschließlich der Regionalsprachen oder
die Vielfalt traditioneller Kunstformen gesichert wer-
den.

Die Konvention sollte deshalb zügig umgesetzt wer-
den. Zu diesem Zweck wäre es hilfreich, wenn Bund und

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(C (D änder die Einrichtung einer nationalen Datenbank zur ventarisierung des immateriellen Kulturerbes prüfen owie interessierte und betroffene Verbände wie Organiationen zügig zu einem Forum „Immaterielles Kulturrbe“ gemeinsam mit den Ländern einladen. Vor allem er Bund Heimat und Umwelt, der Zentralverband des eutschen Bäckerhandwerks, der Zentralverband des eutschen Handwerks, das Deutsche Institut für Reines ier und der Deutsche Schaustellerbund sollten dabei erücksichtigt werden. Unser Land ist eine Kulturnation. Eine aktive Beteiliung Deutschlands an der europäischen und internatioalen Zusammenarbeit zur Bewahrung des immaterieln Kulturerbes sollte das Gebot der Stunde sein; das eißt für die UNESCO-Konvention, noch in diesem Jahr ie Ampel auf Grün zu stellen. Nunmehr 134 Länder – beinahe alle Nachbarn in Eu pa – haben das Übereinkommen zur Bewahrung des materiellen Kulturerbes der UNESCO ratifiziert. Sie chützen damit nicht nur die Vielfalt kultureller Ausrucksformen wie Sprachen, Bräuche, Feste und Handerkstechniken in besonderem Maße, sondern rücken amit über Jahrhunderte überlieferte Traditionen in den eltweiten Blickpunkt. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beitritt zu em Abkommen bisher verweigert, und zwar zum einen egen grundsätzlicher Bedenken aufgrund der Möglicheit extremistischen Missbrauchs, zum anderen wegen onkreter juristischer Bedenken. Ich bin froh, dass diese un aus dem Weg geräumt werden konnten und eine ereute Initiative zur Ratifizierung ergriffen wird. Zudem offe ich und bin mir sicher, dass nun auch die Bundesnder diese Initiative konstruktiv unterstützen werden. Weit über 200 kulturelle Ausdrucksformen aus allen eltregionen wurden inzwischen in die „Repräsentative iste des immateriellen Kulturerbes“ der UNESCO aufenommen. Dies ist ein beindruckendes Zeichen welteiter kultureller Vielfalt, dem sich Deutschland bisher ntzieht. Mir persönlich ist es ein Anliegen, für ein besonderes, eltweit einmaliges Kulturgut zu werben: das Reinheitsebot für deutsches Bier. Auch wenn die Aufnahme in die NESCO-Liste in den Händen einer zwischenstaatlichen ommission liegt – und nicht einfach von diesem Hohen aus beschlossen werden kann –, steht das deutsche einheitsgebot beispielhaft für eine über Jahrhunderte berlieferte Handwerkstradition und eben noch für viel ehr: Das deutsche Reinheitsgebot ist als direkte Nachlgeregelung des Bayerischen Reinheitsgebotes von 516 die älteste noch geltende landesweite lebensmittelchtliche Vorschrift der Welt und garantiert seit Jahr underten die hohe Qualität des deutschen Bieres. Bier t in Deutschland ein anerkanntes Kulturgut, dessen inrnationaler Stellenwert sich im hohen Ansehen des eutschen Reinheitsgebotes weltweit manifestiert. An diesem Beispiel wird ganz deutlich: Die Bewahung immaterieller Kulturgüter ist viel mehr, als etwas Wolfgang Börnsen gebene Reden )

Herbert Frankenhauser (CSU):
Rede ID: ID1711732500




(A) )

Altes oder Vergangenes museal zu konservieren. Es zeigt
vielmehr, dass Altes, Überliefertes nach wie vor einen
lebendigen Bezug zum Hier und Jetzt haben kann. Eben
gelebte Tradition!

Wie auch schon die Kollegen aus der Enquete-Kom-
mission „Kultur in Deutschland“ im Jahre 2007 spreche
ich mich nachdrücklich dafür aus, dass Deutschland
möglichst zügig das Abkommen zur UNESCO-Konven-
tion zum immateriellen Kulturerbe ratifiziert.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1711732600

Warum ist es wichtig und wirklich an der Zeit, dass

Deutschland das UNESCO-Übereinkommen zum imma-
teriellen Kulturerbe ratifiziert? Was bedeutet das Über-
einkommen für Deutschland? Was bedeutet es interna-
tional?

In den Debatten der letzten Legislaturperiode gab es
Stimmen, dass das Übereinkommen zum immateriellen
Kulturerbe zu konservativ ausgerichtet sei oder dass die
Erstellung einer Liste einen bürokratischen Akt dar-
stelle. Dies ist gerade nicht so. Dies ist ein Missver-
ständnis.

Es geht beim Übereinkommen zum immateriellen
Kulturerbe darum, lebendige Alltagskultur in den Mit-
telpunkt zu stellen. Es geht um Anerkennung und Förde-
rung aktiver kultureller Betätigung wie in der Laienkul-
tur, um regionale und überregionale Identitäten, um die
nationale Identität und den Austausch darüber und um
die Vielfalt der gelebten Kulturen in den Ländern, in
Deutschland und international. Sie sollen nicht einge-
froren, sondern erhalten bleiben. Wir wissen mittler-
weile aus den Erfahrungen zum Beispiel in Österreich,
dass die Auseinandersetzung mit gelebter Alltagskultur
dazu führen kann, aktuellen Themen neue Facetten zu
geben, wenn zum Beispiel lokales Erfahrungswissen
aufgewertet wird.

Dem Übereinkommen zum immateriellen Kulturerbe
liegt ein weiter Kulturbegriff zugrunde: mündliche Tra-
ditionen wie Sprache, darstellende Künste, Bräuche, Ri-
tuale und Feste, aber auch Wissen um traditionelle
Handwerkstechniken oder Wissen im Umgang mit Natur
und Universum gehören dazu. Ich finde, dieser weite Be-
griff eignet sich gut, sich der komplexen Alltagskultur
anzunähern und auch Kulturgüter zu entdecken, die viel-
leicht lokal verborgen oder allgemein nicht so bekannt
sind. Ich denke da an Heilpraktiken, die man ergänzend
zur Schulmedizin anwenden kann. Eine bekannte Vari-
ante davon sind die deutschen Kneippkuren. Oder: Die
gute mediterrane Küche steht auf der Liste des
UNESCO-Erbes, warum nicht auch gute regionale deut-
sche Kochkunst?

Die Aufnahme des Kulturerbes in die UNESCO-Liste
ist kein bürokratischer Akt, sondern vielmehr eine Be-
standsaufnahme im Sinne von Wissensorganisation. Wir
wollen uns selbst vergewissern, welche immateriellen
Schätze unser Land oder auch andere Länder zu bieten
haben.

Die Ratifizierung des Übereinkommens zum immate-
riellen Kulturerbe hat auch eine internationale, eine au-

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(C (D enpolitische Bedeutung, wiederum im Sinne nationaler entitäten und des Kulturaustausches, aber auch als nterstützung für Länder mit einem reichen immaterieln Kulturerbe, das zum Beispiel durch die UNESCOelterbekonvention keine Berücksichtigung findet. 136 Staaten haben das Übereinkommen mittlerweile atifiziert, darunter mehrere unserer Nachbarländer. Ich ehe nicht, warum Deutschland länger warten sollte. Ich begrüße den Antrag der Union und der FDP. Aber r muss schon konkreter werden. Der Antrag der SPD nd der Grünen weist im Gegensatz dazu konkrete chritte und einen Zeitrahmen auf, um eine möglichst chnelle Ratifikation des Übereinkommens voranzutreien und unverzüglich umzusetzen. Wir fordern die Bundesregierung auf, so rasch wie öglich die notwendige Abstimmung gemeinsam mit ändern und Kommunen durchzuführen, bis Ende 2011 inen Bericht vorzulegen und das Übereinkommen zum materiellen Kulturerbe bis Ende 2012 zu ratifizieren. ir brauchen dazu eine qualitätssichernde Methodik zur rstellung von Bestandsaufnahmen, die Einrichtung eies gemeinsamen Forums mit fachlicher Legitimität, ein undesweit einheitliches Verfahren und klare Kriterien r eine nationale Liste und ein Konzept für einen angeessenen Schutz der ausgewählten immateriellen Kulrgüter. Wir fordern die Bundesregierung auf, zivilge ellschaftliche Akteure in den Abstimmungsprozess inzubeziehen, die notwendigen jährlichen Kosten für ie Ratifizierung und die Umsetzung des Übereinkomens zu ermitteln und zu überprüfen, ob ein Vertragsge etz und ein Umsetzungsgesetz erforderlich sind. Dies lles sind ganz konkrete und sinnvolle Forderungen, enn man wirklich vorankommen möchte. Ich meine, wir sind uns einig, dass das UNESCObereinkommen für das immaterielle Kulturerbe für eutschland und auch international einen hohen Wert at. Ich bitte Sie, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass as Übereinkommen zum immateriellen Kulturerbe ratiziert wird. Mit dem heute von Union und FDP vorgelegten An ag betritt Deutschland Neuland im Bereich des Schutes und der Förderung von Kunst und Kultur. Mit der atifizierung des UNESCO-Übereinkommens zur Beahrung des immateriellen Kulturerbes, das 2003 be chlossen wurde und 2006 in Kraft trat, wird eine Lücke Schutzgeflecht der UNESCO-Konventionen ge chlossen. Dem UNESCO-Welterbe-Übereinkommen on 1972, das Kulturund Naturstätten von außergeöhnlicher Bedeutung für die Weltgemeinschaft schützt, ird der „vergeistigte“ Bruder zur Seite gestellt. Damit trägt die Regierungskoalition dem Faktum echnung, dass es mehr gibt als die verstofflichte Kultur Form von Bauwerken, Gebäudeensembles oder Narräumen. Kultur findet sich auch in Tänzen, darstelnder Kunst, mündlichen Überlieferungen und Tradionen. Sie ist Bestandteil unseres gesellschaftlichen ebens. Darum ist es nur folgerichtig, auch besondere Herbert Frankenhauser gebene Reden )

Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1711732700




(A) )

„Leuchttürme“ des immateriellen Kulturgutes im Rah-
men eines UNESCO-Übereinkommens einem besonde-
ren Schutz zuzuführen.

Für Deutschland bedeutet dies, dass fortan die Wert-
schätzung für nationales immaterielles Kulturerbe eine
neue Qualität erhalten kann. Dem im Alltag oft verkann-
ten identitätsstiftenden Wert von Traditionen und Über-
lieferungen werden so eine besondere Aufmerksamkeit
und damit auch die Verpflichtung zu einem besonderen
Schutz dieser Kulturleistungen zuteil. Um es mit anderen
Worten zu sagen: Deutschland ist mehr als die Summe
seiner Schlösser, Burgen und Parkanlagen. Mit dem Ein-
trag in die UNESCO-Liste des immateriellen Kultur-
erbes schützen wir diese Kulturleistung nicht nur, son-
dern wecken auch die Neugier der anderen Länder, sich
mit unseren Kulturleistungen auseinanderzusetzen bzw.
diese selbst zu erleben und zu genießen.

Was die Wirkung dieses Übereinkommens angeht, ist
es wichtig, auch über den nationalen Tellerrand bzw.
den der industrialisierten Welt hinwegzusehen. Das
UNESCO-Übereinkommen bietet gerade denjenigen
Ländern, die nicht über eine Vielzahl von herausragen-
den Kulturstätten und gestalteten Naturräumen verfü-
gen, die Möglichkeit, ihrerseits einen Teil der identitäts-
stiftenden Kulturtraditionen zu schützen. In vielen
Ländern wird die nationale Kultur oder die einer Volks-
gruppe gerade durch die Überlieferung von Gebräu-
chen, Handwerkstechniken und Wissensüberlieferungen
gesichert. Diese gilt es ebenso zu schützen wie eine Ka-
thedrale oder ein Gebäudeensemble. Schließlich muss
es unser Ziel sein, in einer gemeinsamen Welt eine Viel-
zahl von Kulturen vorfinden und erleben zu können. „In
Vielfalt geeint“, dieses Motto der Europäischen Union
sollte auch für die UNESCO-Mitgliedstaaten Anwen-
dung finden dürfen. Das UNESCO-Übereinkommen zum
Schutz des immateriellen Kulturerbes ist ein notwendi-
ger und richtiger Schritt zum Erreichen dieses Ziels.

Deutschland hat sich zunächst etwas schwer getan
mit dem UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des im-
materiellen Kulturguts. Es wurde nach den Konsequen-
zen einer Ratifizierung gefragt. Finanzielle Auswirkun-
gen wurden als unkalkulierbare Risiken beschrieben. Da
wenig bis gar keine Erfahrungen mit solchen Welterbe-
listen und dem in der Konsequenz zuzubilligenden
Schutz für diese kulturellen Errungenschaften bekannt
waren, mussten zunächst unterschiedlichste Bedenken
ausgeräumt werden. Diese Befürchtungen konnten aber
durch die positiven Erfahrungen, die unsere Nachbar-
länder Österreich und Schweiz mit dem Schutz des im-
materiellen Kulturgutes machen konnten, ausgeräumt
werden. Unsere Nachbarn haben ein kluges und würdi-
ges Verfahren gefunden, die herausragenden Leucht-
türme kultureller Überlieferungen oder Tradition im
Antragsverfahren herauszufiltern, um diese nach Auf-
nahme in eine nationale Liste später auch der UNESCO
vorschlagen zu können. Folgt Deutschland dem positi-
ven Beispiel der beiden Alpenländer, dann sehe ich keine
Schwierigkeiten, warum der Schutz immateriellen Kul-
turgutes nicht auch in Deutschland gelingen sollte. Eine
wichtige Voraussetzung dafür ist das gute Zusammen-
wirken mit den Bundesländern in dieser Frage.

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(C (D Wenn ich den Antrag der Fraktionen von SPD und ündnis90/Die Grünen betrachte, stelle ich fest, dass ir in der grundsätzlichen Entscheidung, die Ratifizie ung des UNESCO-Übereinkommens weiter voranzueiben, einig sind. Der Ausschuss für Kultur und Meien des Deutschen Bundestages ist daher genau das ichtige Gremium, um mit den Kolleginnen und Kolleen der anderen Fraktionen zu beraten, wie wir die Rafizierung des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz es immateriellen Kulturerbes am besten begleiten könen. Ich freue mich auf die konstruktiven Gespräche der ächsten Wochen. Was ist eigentlich Kultur? Was sind schützenswerte ulturgüter? Sind es nur materielle Güter, sind es chlösser, historische Stadtensembles, Gärten, Landchaften? Oder sollten wir auch die immaterielle Kultur, berkommene Bräuche und lebendige Ausdrucksformen der Lebensweise verschiedener Gruppen und Geeinschaften dazuzählen und als bewahrenswert begrein? Die UNESCO hat in den letzten Jahrzehnten viel dazu eigetragen, unser Verständnis von Kultur zu erweitern nd für die dynamischen Kulturprozesse der Gegenwart u öffnen. Erinnert sei nur an die UNESCO-Kulturkonrenz von Mexiko 1982, seit der international eine an nthropologischen und ethnologischen Begrifflichkeiten ngelehnte Definition von Kultur benutzt wird, in der die ultur als Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, ateriellen, intellektuellen und emotionalen Eigen chaften angesehen wird, die eine Gesellschaft oder eine oziale Gruppe kennzeichnen, und die über Kunst und iteratur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zuammenlebens, Wertesysteme, Traditionen und Überzeuungen umfasst. Dieser weite Ansatz wurde 2005 in der Definition des egriffs der kulturellen Vielfalt im „Übereinkommen ber den Schutz und die Förderung der Vielfalt kulturelr Ausdrucksformen“ bekräftigt. Im Sinne dieses Kulrverständnisses war es nur konsequent, dass die NESCO über das Naturund Kulturerbe hinaus – siehe elterbekonvention von 1972 – mit ihrem Übereinkomen von 2003 auch das immaterielle Kulturerbe unter chutz gestellt sehen wollte und damit das erste völkerchtlich verbindliche Instrument zur Bewahrung des materiellen Kulturerbes schuf. Wir als Linke teilen dieses Kulturverständnis und seen die Notwendigkeit, überlieferte Traditionen und usdrucksformen, so auch die Sprachen, die verschiedeen Formen der Künste, gesellschaftliche Praktiken, Riale und Feste, Wissen und Praktiken im Umgang mit er Natur oder auch traditionelle Handwerkstechniken, u schützen. Viele dieser Kulturformen gehen weltweit urch die Globalisierung verloren, und zwar in einer uneilvollen Geschwindigkeit. Insofern halten wir es für notwendig, dass Deutschnd das UNESCO-Übereinkommen zur Bewahrung des materiellen Kulturerbes baldmöglichst ratifiziert. Die nquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ hat sich gebene Reden Reiner Deutschmann )

Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711732800




(A) )

2007 mit einer Handlungsempfehlung dafür ausgespro-
chen. Seitdem hat sich nicht viel getan. Daher ist es zu
begrüßen, wenn jetzt hier im Bundestag zwei Anträge zu
diesem Thema vorliegen. Allerdings sind diese unter-
schiedlich weitgehend und konkret.

Der Antrag der Koalition verbleibt, was den zeitli-
chen Horizont, die konkrete Zielstellung und die inhalt-
lichen Punkte der Gespräche und notwendigen Verein-
barungen mit den Ländern betrifft, im Unverbindlichen.
Anders der Antrag von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen. Ziel ist, das Übereinkommen bis Ende 2012 zu
ratifizieren, sich mit den Ländern über eine qualitäts-
sichernde Methode zur Erstellung von Bestandsaufnah-
men und über die Einrichtung eines gemeinsamen Fo-
rums mit fachlicher Legitimität – ähnlich wie in der
Schweiz bzw. Österreich – zu verständigen und ein bun-
desweit einheitliches Verfahren und klare Entschei-
dungskriterien für eine Anmeldung und Auswahl für eine
nationale Inventarliste zu erreichen. Das ist weitaus
konkreter und zielführender. Diese wie auch die folgen-
den Punkte des Antrags von SPD und Grünen sollten in
einen überarbeiteten Antrag eingehen, der nach unserer
Vorstellung ein gemeinsamer Antrag aller Parteien sein
sollte. Wir als Linke stehen jedenfalls für eine Zusam-
menarbeit bereit. Das Anliegen ist es wert, dem Bundes-
tag einen gemeinsamen Antrag vorzulegen. Die Empfeh-
lung der Enquete-Kommission war eine aller Parteien,
auch mit unseren Stimmen. Es gibt keinen überzeugen-
den Grund, warum eine parteiübergreifende Zusammen-
arbeit in dieser Angelegenheit nicht auch jetzt möglich
sein sollte.

Die Bundesregierung hat als Grund für ihre bisher
abwartende Haltung vor allem die Unklarheit darüber
angeführt, nach welchen Kriterien immaterielle Kultur-
güter ausgewählt werden sollten. Zudem sei durch Ex-
perten auf die Gefahr hingewiesen worden, dass es auf-
grund der fehlenden Kriterien zu Missbrauch für
ökonomische oder ideologische Interessen kommen
könne. Nun wird aber im Koalitionsantrag selbst festge-
stellt, dass diese Bedenken durch die Umsetzungspraxis
anderer Länder, zum Beispiel Österreichs und der
Schweiz, ausgeräumt werden konnten.

Das internationale Fachgespräch zur Umsetzung des
UNESCO-Übereinkommens am 25. März 2009 im Kul-
turausschuss kam zu dem gleichen Ergebnis und be-
stärkte auch uns, dieses Thema nachdrücklich weiterzu-
verfolgen. Allerdings ist zwingend, die Kriterien zur
Auswahl klar zu definieren und dazu ein gemeinsames
Forum mit fachlicher Kompetenz einzurichten, um den
Prozess der Ratifizierung vorzubereiten und die Umset-
zungspraxis zu begleiten. In diesen Abstimmungsprozess
sollten zivilgesellschaftliche Akteure einbezogen wer-
den.

Das Wichtigste ist, im Prozess der Vorbereitung und
Umsetzung der Konvention eine breite innergesell-
schaftliche Debatte darüber zu führen, was auf Basis der
schon im Übereinkommen formulierten Begriffsbestim-
mungen zum immateriellen Kulturerbe zu zählen ist und
was wir von deutscher Seite für die Aufnahme in die
Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit vor-

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(C (D chlagen. Da Deutschland bisher nicht ratifiziert hat, ind ja noch keine deutschen Titel in die Liste aufgenomen worden. Diese grundsätzliche Debatte steht uns och bevor. So wird auch in Deutschland über die kulinarische ultur diskutiert. Diese Diskussion über eine regional eprägte Küche mit ihren typischen Gerichten und ihrer raxis entwickelt sich derzeit zu einer Art Gegenbeweung und Gegenkultur zum globalisierten Fastfood. So ibt es in Thüringen eine Initiative zur Rettung der Thüinger Klöße. „Der Kloß soll für Deutschland stehen, ie UNESCO soll ihn als immaterielles Kulturerbe abegnen“ – so die Vorstellung von Sylk Schneider, Chef es Thüringer Kloßmusems in Heichelheim bei Weimar, er sich seit 2007 dafür einsetzt, die Thüringer Leibpeise zu bewahren. Über diese Idee wurde viel gelacht, ber eine Unterschriftenliste von Tausenden Bürgerinen und Bürgern aus Politik und Gesellschaft, auch aus en Reihen des Bundestages, zeigt, wie viel Unterstütung es für diese Idee gibt. Nun möchte ich nicht, dass er Bundestag darüber abstimmt, dass Thüringer Klöße um Welterbe erklärt werden. Aber ich möchte schon, ass wir dieses Ansinnen nicht als lächerlich abtun, sonern uns auch hier im Hause ernsthaft damit beschäftien, was denn die Kriterien für immaterielles Weltkulrerbe sein könnten. Wir sollten die Ratifizierung des bkommens zügig auf den Weg bringen. Im Jahr 2003 hat die UNESCO das Übereinkommen ur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes verabchiedet. In Kombination mit der UNESCO-Konvention u Schutz und Förderung der Vielfalt kultureller Ausrucksformen sowie zum Schutz des Kulturund Naturrbes der Welt ist das Übereinkommen zur Bewahrung es immateriellen Kulturerbes die logische Ergänzung. eit 2006 haben weltweit 134 Staaten das Übereinkomen ratifiziert. Die Aktivitäten zur Umsetzung sind in ollem Gange. Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregieung dem Vorbild Asiens und zahlreicher europäischer änder folgt und nun endlich den Ratifizierungsprozess Deutschland in Gang bringen möchte. Die Nominierung immaterieller Kulturgüter ist weitus komplizierter als jene substanzieller Güter wie beipielsweise von Gebäuden, der Artenvielfalt oder einzigrtigen Naturlandschaften. Denn immaterielle Kulturgüter sind nicht nur hapsch, sondern insbesondere auch definitorisch schwer reifbar. Stetige Veränderung und kulturelle Interaktion ehören ebenso zu ihren Merkmalen wie die Verwurzeng ihrer Tradition unter gesellschaftlichen Gruppen der in der gesamten Gesellschaft. Immaterielle Kulturüter wie Märchen, alte deutsche Volkslieder oder Traitionsfeste – um einige exemplarische Beispiele zu nenen – sind untrennbar mit unserer Identität verknüpft. ls Fundament unserer kulturellen Vielfalt benötigen materielle Kulturgüter Wertschätzung und Schutz urch Anerkennung im Rahmen des UNESCO-Übereinommens. Dr. Lukrezia Jochimsen gebene Reden Agnes Krumwiede )

Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711732900







(A) )

Deutschtümelei und Ausgrenzungstendenzen bei der
Suche nach schützenswerten immateriellen Kulturgütern
in Deutschland sind unbedingt zu vermeiden: Es ent-
spricht dem Wesen von Kunst und Kultur, von unter-
schiedlichsten Einflüssen geprägt zu sein und sich unab-
lässig weiterzuentwickeln. Immaterielle Kulturgüter
symbolisieren die Transformationsprozesse unserer Kul-
tur und Gesellschaft.

Bei der Auswahl schützenswerter immaterieller Kul-
turgüter muss einem ökonomischen, ideologischen und
politischer Missbrauch vorgebeugt werden. Dies betont
auch die Koalition im Feststellungsteil Ihres Antrags,
entwickelt jedoch aus dieser Erkenntnis keine entspre-
chenden Schlussfolgerungen, wozu auch die Erstellung
eines nationalen Kriterienkatalogs gehört. Wir fordern
in unserem gemeinsamen Antrag mit der SPD ein bun-
desweit einheitliches Verfahren und klare Entschei-
dungskriterien, auf deren Grundlage die Anmeldung und
Auswahl für die nationale Inventarliste erfolgen sollte.

Kontraproduktiv wäre es, immaterielle Kulturgüter
unter dem Schutz des UNESCO-Übereinkommens zu
kommerzialisieren. Vielmehr sollte es darum gehen,
diese Kulturgüter und Traditionen qualitativ zu erhalten,
weiterzuentwickeln und die Zugangsmöglichkeiten zu
verbessern. Angesichts der Komplexität des Themas ist
es notwendig, konkrete politische Rahmenbedingungen
festzulegen, sowohl für die Methodik der Nominierung
als auch für den weiteren Umgang zur Bewahrung der
ausgewählten immateriellen Kulturgüter. Wie kann bei-
spielsweise der theoretische Schutz alter Volkslieder im
Rahmen des UNESCO-Übereinkommens gewährleistet
werden, wenn an vielen Schulen musische Fächer ge-
kürzt und somit auch das Singen immer weniger geför-
dert wird zugunsten der sogenannten MINT-Fächer?

In unserem Antrag mit der SPD fordern wir ein Kon-
zept zur Methodik der Nominierung und zum Schutz der
ausgewählten immateriellen Kulturgüter. Diese Aspekte
bleiben im vorliegenden Antrag der Koalition völlig un-
berücksichtigt.

Als Vorbild kann uns das Auswahlverfahren der
Schweiz dienen. Dort wurde ein allen Bürgerinnen und
Bürgern offenstehendes Forum für das immaterielle
Kulturerbe eingerichtet, um den Prozess der Ratifikation
und die Umsetzungspraxis der Konvention zu begleiten.
Wir brauchen in Deutschland ein adäquat basisdemo-
kratisches Auswahlverfahren, um die Sichtweisen und
Interessen unterschiedlicher kultureller und gesell-
schaftlicher Gruppen umfassend zu berücksichtigen.
Das gesamte Spektrum unseres Reichtums an immateri-
ellen Kulturgütern muss zur Disposition stehen: Die
deutsche Theater- und Operntraditionen und das Pup-
penspiel ebenso wie jüngere Kunstformen, beispiels-
weise die Phänomene der Jugendkultur – Rap, Hip-Hop
oder Poetry-Slam. Die Techniken der Pigmentmischun-
gen in der Malerei ebenso wie das Kunsthandwerk mit
unterschiedlichen Materialien der Bildhauerei, der Töp-
ferei oder des Holzschnitts. Qualitative Unterteilungen
in „Hoch“- und „Subkultur“ dürfen genauso wenig eine
Rolle spielen wie Präferenzen einzelner Kunst- und Kul-
tursparten. Im Bereich des Brauchtums sollten nicht nur

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(C (D rachtenfeste zur Auswahl stehen, sondern beispielseise auch der Christopher-Street-Day, welcher mittlereile in Deutschland zur Tradition geworden ist. Das aditionsreiche Kulturgut der deutschen Minderheiten zum Beispiel der Sorben oder der deutschen Sinti und oma – muss gleichermaßen in die Überlegungen zur chutzbedürftigkeit miteinfließen wie die kulturelle Diension des Internets. Die Palette immaterieller Kulturgüter in Deutschland t facettenreich und bunt. Wenn Bürgerinnen und Bürer die Chance erhalten, mitzubestimmen, welche immariellen Kulturgüter ihnen am Herzen liegen, kann daurch auch das Bewusstsein für den Wert unserer ulturellen immateriellen Güter gestärkt werden. Diese eue Wertschätzung wäre eine Bereicherung für unsere esellschaft. Deshalb müssen wir Konzepte finden, öglichst viele Bürgerinnen und Bürger, Organisatioen und Interessenverbände bei der Erstellung von ventarlisten zur Unterschutzstellung durch das NESCO-Übereinkommen zu beteiligen. Nicht die Polik, sondern Bürgerinnen und Bürger müssen darüber ntscheiden, welche immateriellen Kulturgüter Deutschnd für das UNESCO-Übereinkommen nominieren ird. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/6314 und 17/6301 an die in der Tagesrdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind lle damit einverstanden? – Das ist der Fall. Somit ist die berweisung beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 sowie Zusatzunkt 13 auf: 21 Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Gunkel, Heinz-Joachim Barchmann, Gabriele Fograscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Übermittlung von Fluggastdaten nur nach europäischen Grundrechtsund Datenschutzmaßstäben hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 EUZBBG zum Richtlinienvorschlag 2011)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711733000

– Drucksache 17/6293 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

P 13 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gutachten über die geplanten EU-Fluggastda-
tenabkommen mit den USA und Australien





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

beim Gerichtshof der Europäischen Union ein-
holen

– Drucksache 17/6331 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben.1) –
Es sind alle Kolleginnen und Kollegen damit einverstan-
den. Die Namen liegen uns hier vor.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
Drucksachen 17/6293 und 17/6331 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Alle
sind damit einverstanden. Somit ist die Überweisung so
beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Neuordnung des Geräte- und Produktsiche-
rungsrechts

– Drucksache 17/6276 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen hier vor. Sie sind einverstan-
den, dass wir so verfahren.


Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1711733100

Dass die Frage nach der Sicherheit von technischen

Geräten in einem europäischen Kontext beantwortet
wird, war in den letzten Dekaden mitnichten eine tra-
dierte Selbstverständlichkeit. Sie stellte sich erst mit
dem freien Warenverkehr in der Europäischen Gemein-
schaft. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde sie – wenn über-
haupt – nationalstaatlich beantwortet. Dies führte in der
Tendenz eher dazu, dass aufgrund unterschiedlicher
technischer Anforderungen an die Produktsicherheit
Handelshemmnisse aufgebaut wurden, anstatt sie abzu-
bauen. Das ist alles nicht neu. Mein geschätzter Kollege
Mierscheid als eine der großen Koryphäen auf dem Ge-
biet der Produktsicherheit hat darauf hingewiesen. Ich
erinnere nur daran, dass er sich erst kürzlich mit den Ei-
genschaften des Ruder-Achters befasst hat, auch und ge-
rade unter dem Gesichtspunkt der Produkt- und Geräte-
sicherheit.

Gerätesicherheit wird mittlerweile nicht mehr isoliert
nationalstaatlich definiert, sondern innerhalb der Euro-
päischen Union miteinander abgestimmt. Mit dem Ge-
räte- und Produktsicherheitsgesetz wurde ab 1. Mai

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s1) Anlage 21

(C (D 004 die europäische Richtlinie über die allgemeine roduktsicherheit in Deutschland in nationales Recht mgesetzt. Es regelt unter anderem das Inverkehrbrinen von technischen Arbeitsmitteln, aber auch von komlexen Anlagen und stellt somit auch eine Grundlage für inen funktionierenden Arbeitsschutz dar. Kurzum bietet s eine Rechtsgrundlage, um unsichere Produkte vom arenverkehr auszuschließen. Es trägt damit zur Vereidung von Wettbewerbsverzerrungen bei, weshalb m eine umfassende wirtschaftsund damit auch ar eitsmarktpolitische Bedeutung zukommt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf über die Neurdnung des Geräteund Produktsicherheitsrechts wird nter anderem die Geräteund Produktsicherheit euroarechtlich harmonisiert. Diese Harmonisierung erichtert den Warenaustausch auf dem europäischen arkt, soll aber in erster Linie den Verbraucherund rbeitsschutz EU-weit auf hohem Niveau sichern. Mit em Produktsicherheitsgesetz wird auch die Zusammenrbeit von Marktüberwachung und Zoll gestärkt werden, m die „Einreise“ unsicherer Produkte möglichst früheitig erkennen und verhindern zu können. Mit dem Geetzentwurf verweisen wir ausdrücklich auf die Pflicht ur Zusammenarbeit zwischen Zollund Marktüberwahungsbehörden. Dabei sollen die Zollbehörden insbeondere berechtigt und verpflichtet werden, alle für weire Maßnahmen erforderlichen Informationen an die uständige Marktüberwachungsbehörde weiterzugeben. ierzu zählen zum Beispiel Informationen wie Name nd Anschrift des Empfängers und des Absenders, Verendungsland, Ursprungsland etc. Dies ermöglicht ein ingreifen der Marktüberwachungsbehörden zu einem öglichst frühen Zeitpunkt, aber auch die Informationsewinnung über Produkte aus Drittländern, die sich beits auf dem Gemeinschaftsmarkt befinden. Dadurch ird eine Erhöhung der Effektivität der Marktüberwahungsbehörden erreicht. Ebenso wollen wir das GS-Zeichen für „geprüfte Siherheit“ nachhaltig stärken, um Missbrauch zu erchweren; denn mit einem gefälschtem GS-Zeichen wird icht nur der betroffenen GS-Stelle ein wirtschaftlicher chaden zugefügt, sondern die Zuverlässigkeit der mit em GS-Zeichen verbundenen Aussage insgesamt in weifel gezogen. Daher werden die GS-Stellen künftig erpflichtet, gegen Hersteller, die ihr GS-Zeichen unerubterweise verwenden, vorzugehen. Die GS-Stelle ird geeignete Maßnahmen zu treffen haben, wie zum eispiel die Abmahnung eines widerrechtlichen Verweners, die Aufforderung zur Abgabe von Unterlassungsrklärungen, das Einschalten der Wettbewerbszentrale der die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen Klagewege vor den örtlichen Gerichten. Die anderen S-Stellen sind in diesen Fällen zu unterrichten, da icht auszuschließen ist, dass auch andere GS-Zeichen on diesem Hersteller unerlaubterweise verwendet weren. Die Hersteller werden verpflichtet, Informationen u Fälschungen ihres GS-Zeichens zu veröffentlichen. amit wird die Grundlage für eine „Liste schwarzer chafe“ gelegt, die letztlich potenzielle Fälscher abchrecken soll. )


(A) )

All das klingt sehr technisch. In der Quintessenz aber
geht es darum, den Konsumenten- und Arbeitsschutz
über die Geräte- und Produktsicherheit auf einem hohen
Niveau sicherzustellen und einen fairen Wettbewerb um
qualitativ hochwertige Produkte zu wahren.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1711733200

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die

Neuordnung des Geräte- und Produktsicherheitsrechts,
über den wir heute in erster Lesung beraten, stellt eine
Anpassung an die seit dem 1. Januar 2010 geltende EG-
Verordnung zur Akkreditierung und Marktüberwachung
im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten
dar.

Insgesamt sieht der Gesetzentwurf umfangreiche
sprachliche und systematische Verbesserungen vor. Da-
rüber hinaus berücksichtigt der Entwurf Vorschläge des
Bundesrates sowie der Ad-hoc-Bund-Länder-Arbeits-
gruppe zur Verbesserung und Stärkung der Marktüber-
wachung und setzt weitere EG-Richtlinien um.

Gerade im Hinblick auf die enorme wirtschaftliche
Bedeutung des Exports für Deutschland ist es wichtig,
einheitliche europäische Rahmenbedingungen zu schaf-
fen. Erst einheitliche Standards sorgen für einen fairen
Wettbewerb und stärken weiterhin das Vertrauen in un-
sere Produkte.

Das Produktsicherheitsgesetz gilt gemäß § 1 dann,
wenn im Rahmen einer Geschäftstätigkeit Produkte auf
dem Markt bereitgestellt, ausgestellt oder erstmals ver-
wendet werden und darüber hinaus für die Errichtung
und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen, die
gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecken dienen
oder durch die Beschäftigte gefährdet werden können.

Aus diesem breiten Anwendungsspektrum geht her-
vor, dass der Gesetzentwurf umfangreiche Änderungen
in verschiedensten Gesetzen, wie beispielsweise dem
Produktsicherheitsgesetz, der Betriebssicherheitsver-
ordnung, dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, dem Me-
dizinproduktegesetz, dem Atomgesetz und der Fahrzeug-
verordnung vorsieht.

Hervorzuheben ist hier die besondere Bedeutung der
im Gesetzentwurf vorgenommenen Verbesserungen für
die Maschinenrichtlinie und die Niederspannungsricht-
linie. Da diese insbesondere unsere wichtigen Branchen
Maschinenbau und Elektrotechnik betreffen, sind sie für
den Wirtschaftsstandort Deutschland von herausragen-
der Bedeutung.

Ziel des Gesetzes ist es, zu gewährleisten, dass alle
auf dem Markt angebotenen Produkte nur in den Ver-
kehr gebracht werden, wenn sie so beschaffen sind, dass
bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorherseh-
barer Fehlanwendung Sicherheit und Gesundheit von
Verwendern oder Dritten nicht gefährdet werden.

Rückrufaktionen sind heute nicht selten geworden.
Da viele Produktmängel häufig erst nach der Ausliefe-
rung zutage treten, ist es wichtig, wirkungsvolle Rege-
lungen zur frühzeitigen Identifizierung von Mängeln
aufzustellen.

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Zu Protokoll ge

(C (D Gerade in der heutigen Zeit, in der technisch hochntwickelte Produkte auf dem Markt sind, deren Funkonsweise der Konsument nicht ohne Weiteres nachvolliehen kann, ist es wichtig, auf einen wirkungsvollen arktregulierungsmechanismus vertrauen zu können. Dies unterstreicht auch eine aktuelle Statistik des raftfahrt-Bundesamtes. Daraus geht hervor, dass sich eispielsweise die Anzahl der Rückrufaktionen aus der utomobilbranche in Deutschland von 2009 auf 2010 on 140 auf 185 erhöhte. Das Gesetz sorgt nun für beseren Schutz der Verbraucher und für klare Regeln für ückrufaktionen. Ferner schreibt das Gesetz umfassende Informationsnd Identifikationspflichten für Hersteller und Händler or. So muss eine eindeutige Zuordnung aller Produkte u ihrem Hersteller möglich sein. Der Verbraucher muss ber alle möglichen Gefahren aus dem Gebrauch eines rodukts oder auch über vorhersehbare Fehlanwendunen hinreichend aufgeklärt werden. Gefährdet ein Proukt Sicherheit und Gesundheit der Konsument, müssen ersteller, Bevollmächtigte und auch Importeure unver üglich die zuständigen Behörden unterrichten und mit nen kooperieren. Sollte die Sicherheit eines Produkts nicht gewährleist sein und Mängel festgestellt werden, so müssen Proukte vom Markt genommen werden. Hierzu ist es otwendig, dass Unternehmen Rückruf-Managementysteme installieren. Zudem sind im Gesetz Sanktionen erankert, die die Einhaltung der Regelungen gewähristen sollen. Diese liegen je nach Einstufung der Vorersehbarkeit des Mangels durch den Hersteller bei bis u 10 000 Euro oder in gravierenden Fällen auch bei eiem Bußgeld von maximal 50 000 Euro. Der Gesetzentwurf sieht folgende weitere konkrete npassungen vor: So soll die Marktüberwachung durch ine bessere Zusammenarbeit mit dem Zoll verbessert erden. Dadurch sollen möglichst frühzeitig gefährliche rodukte identifiziert und vom Markt genommen werden önnen. Nach Abschluss der Beratungen im Ausschuss für Areit und Soziales ist vorgesehen, über den Gesetzentwurf September dieses Jahres abzustimmen. Hier hoffe ich uf die Unterstützung der Fraktionen, um durch den voregenden Gesetzentwurf eine wichtige Verbesserung der arktüberwachung und der Produktsicherheit erreichen u können. Arbeitsund Gesundheitsschutz ist ein Thema, das iel zu wenig Aufmerksamkeit erhält. Dabei müssen wir ns alle fragen: Wie gestalten wir unsere Arbeitswelt so, ass wir nicht durch unsere Arbeit krank werden? Leensbedrohliche Unfälle an Arbeitsplätzen werden zum lück immer weniger. Dafür gibt es neue Berufskrankeiten. Vor allem psychische Erkrankungen und Muskelkelett-Erkrankungen, insbesondere im Rückenbereich, ehmen stetig zu. Den psychischen Belastungen am Arbeitsplatz müsen wir uns politisch und gesellschaftlich deutlich stär Dr. Matthias Zimmer gebene Reden )

Josip Juratovic (SPD):
Rede ID: ID1711733300




(A) )

ker widmen. Von vielen Arbeitnehmern werden psychi-
sche Erkrankungen noch als persönliche Schwäche
wahrgenommen. Hier müssen wir handeln; denn die Zu-
nahme von psychischen Erkrankungen ist meistens den
veränderten Arbeitsbedingungen geschuldet. Ich kenne
dies aus der Arbeitswelt am Fließband, wo ein knallhar-
ter Wettbewerb besteht und die Arbeitnehmer zu dauern-
der Leistungsoptimierung verpflichtet sind. Wir können
noch gar nicht vorhersehen, wie sich die psychischen
Erkrankungen in Zukunft entwickeln werden; denn un-
sere Arbeitswelt wird sich immer mehr beschleunigen.
Daher müssen wir heute handeln, um für die Zukunft Lö-
sungen zu haben. Wir brauchen betriebliche Maßnah-
men zur Vermeidung von psychischen Belastungen wie
eine Verringerung der Arbeitsintensität, mehr Pausen
und eine abwechslungsreiche Arbeitsplatzgestaltung.
Hier müssen wir die Gewerkschaften vor Ort unterstüt-
zen.

Eine zweite große Aufgabe des Arbeits- und Gesund-
heitsschutzes sind die Arbeitsbedingungen für ältere Ar-
beitnehmer. Wenn wir hier im Bundestag über die Erhö-
hung des Renteneintrittsalters debattieren, spielt der
Arbeits- und Gesundheitsschutz dabei eine zu geringe
Rolle. Dabei ist dies so entscheidend dafür, dass die
Menschen eine Chance bekommen, erstens tatsächlich
bis 67 arbeiten zu können und zweitens gesund in Rente
gehen zu können, damit sie diese dann auch genießen
können. Dazu müssen in den Betrieben angemessene Ar-
beitsplätze eingerichtet werden, um die sinkende Kör-
perkraft auszugleichen und die steigende Sozialkompe-
tenz und Erfahrung älterer Arbeitnehmer zu nutzen.
Dazu brauchen wir eine verstärkte Prävention, Schon-
arbeitsplätze, einen Belastungsmix, ergonomische Lö-
sungen und flexible Arbeits- und Pausenzeiten. In Ta-
rifverträgen und Betriebsvereinbarungen finden
altersgerechte Arbeitsbedingungen bisher noch zu we-
nig Widerhall – auch hier müssen wir mit Gewerkschaf-
ten und Betrieben vor Ort zusammenarbeiten und sie
politisch unterstützen. Deshalb müssen wir hier über
Förder- und Zuschussregelungen für betriebliches Ge-
sundheitsmanagement diskutieren. Wir müssen uns da-
rüber unterhalten, wie und ob wir altersgerechte Ar-
beitsplätze fördern können, in Form eines Bonus für die
Unternehmen oder in Form von Lohnzuschüssen.

Ein wichtiger Punkt, der mich auch zum Gesetzent-
wurf bringt, den wir heute diskutieren, ist die Kontroll-
möglichkeit der staatlichen Gewerbeaufsicht und der
Betriebsräte. In den allermeisten Ländern wurden die
Gewerbeaufsicht und andere Aufsichtsämter jedoch in
den letzten Jahren deutlich personell ausgedünnt. Viel-
fach ist vor Ort keine ausreichende Kontrolle mehr mög-
lich. Auch die Überprüfung der neuen Aufgaben aus der
Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie kann
derzeit kaum geleistet werden. Wir alle wissen aber:
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Gerade in einem
sensiblen und hoch spezialisierten und technisierten Be-
reich wie der Geräte- und Produktsicherheit ist eine so-
lide Kontrolle notwendig. Arbeitsmittel und Anlagen
müssen auch weiterhin geprüft werden. Daher appel-
liere ich, dass wir im Bereich der Gewerbeaufsicht aus-

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Zu Protokoll ge

(C (D ichend Personal für die gewachsenen Aufgaben zur erfügung stellen. Eine weitere Frage, die sich mir bei der Anpassung nserer Gesetzeslage an die Verordnung sowie bei der msetzung der zahlreichen Richtlinien stellt, ist die öhe der Sanktionen. Wir haben diese Frage bereits bei er Umsetzung der Richtlinie zu den Europäischen Beiebsräten diskutiert. Bei den Europäischen Betriebsrän hatte die EU-Richtlinie wirksame, angemessene und bschreckende Sanktionen für Verstöße gefordert. Die öhe der Verstöße muss national festgelegt werden. Das esetz zu den Euro-Betriebsräten sieht dafür 15 000 uro vor – und nicht nur ich, sondern auch viele betriebche und gesellschaftliche Akteure haben gesagt, dass avon kein Unternehmen abgeschreckt wird. Wenn ein nternehmen am Europäischen Betriebsrat vorbei agien will, zahlt es diese 15 000 Euro zur Not aus der Porkasse. Die gleiche Diskussion können wir nun hier bei er Geräteund Produktsicherheit führen. Art. 41 der erordnung spürbar, verhältnismäßig und abschreckend“ sind. uch hier halte ich 50 000 Euro, wie von der Regierung orgeschlagen, nicht für ausreichend. Ich unterstütze aher ausdrücklich die Empfehlungen der Bundesratsusschüsse, die die Sanktionen in einem Änderungsanag deutlich erhöhen wollen. Meine Damen und Herren on der Bundesregierung, ich fordere Sie dazu auf, diese orschläge der Bundesländer in Ihren Gesetzentwurf ufzunehmen. Auch die anderen Änderungsvorschläge der Bundesnder müssen wohlwollend geprüft werden. Darunter t auch der Hinweis, dass die im Gesetz angesprochene Fehlanwendung“ in der EU-Rechtsetzung nicht beannt sei. Hier ist – wenn das Gesetz schon rechtssysteatisch geordnet wird – eine Klarstellung wichtig. Auch alte ich eine Klarstellung der Kompetenzen im Bereich es Zolls für notwendig. Zudem halte ich es beim Arbeitsund Gesundheitschutz für wichtig, dass drittschützende Regelungen im ereich des Arbeitsschutzes und damit in der Zuständigeit des BMAS verbleiben. Lassen Sie mich dazu ein einches Beispiel anführen: Der Schutz für den Monteur, er eine Rolltreppe wartet, liegt in der Zuständigkeit des MAS. Sollte der Drittschutz ausgegliedert werden, wän Frau und Kind, die diese Rolltreppe nutzen, in der uständigkeit eines anderen Ministeriums. Das wäre aburd. Der Drittschutz muss daher im Arbeitsschutzrecht erbleiben. Ich freue mich auf die weitere Beratung des Gesetzntwurfs. Wir müssen hierbei bei jedem Schritt überdenen: Was bringen die Umsetzung der Richtlinien und die npassung des Gesetzes an die angesprochene Verordung für die Arbeitnehmer? Wie können wir dafür soren, dass der Arbeitsschutz auch auf der technischen bene, über die wir heute sprechen, verbessert wird? nd die weiteren Aufgaben im Bereich Arbeitsund Ge undheitsschutz, die ich angesprochen habe, dürfen wir abei nicht aus den Augen verlieren: Wir müssen unsere rbeitswelt so gestalten, dass berufsbedingte, insbesonere psychische Erkrankungen nicht immer weiter zu Josip Juratovic gebene Reden )





(A) )

nehmen und dass die Menschen eine realistische Chance
darauf haben, länger zu arbeiten und dann gesund in
Rente zu gehen.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1711733400

Kernelement des Entwurfs ist die Anpassung des Ge-

räte- und Produktsicherheitsrechts an die seit 1. Januar
2010 geltende Verordnung (EG) Nr. 765/2008 zur Akkre-
ditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang
mit der Vermarktung von Produkten. Außerdem greift
der Entwurf Vorschläge des Bundesrates zur Verbesse-
rung der Marktüberwachung sowie der Ad-hoc-Bund-
Länder-Arbeitsgruppe zur Stärkung der Marktüberwa-
chung auf. Zudem setzt das Gesetz die Richtlinie über
Maschinen zur Ausbringung von Pestiziden sowie Teile
der Richtlinie über die Sicherung von Spielzeug um.

Das vorliegende Gesetz wird zukünftig die zentrale
Rechtsvorschrift für die Vermarktung von Produkten in
Deutschland sein. Aufgrund des erheblichen Änderungs-
umfangs wurde das Gesetz komplett neu gefasst, wo-
durch auch an einigen Stellen überfällige Rechtsklarheit
geschaffen wurde. Durch die Zusammenfassung sind
keine umständlichen neuen Gesetzesnormen geschaffen
worden, vielmehr wurden die bestehenden Regelungen
erheblich verschlankt.

Gerade in der Marktüberwachung haben wir den zu-
ständigen Behörden den Handlungsspielraum gegeben,
der notwendig ist, ein hohes Sicherheitsniveau zu ge-
währleisten und einen fairen Wettbewerb zwischen den
einzelnen Unternehmen zu sichern. Dies wird unter an-
derem durch die intensivierte Zusammenarbeit zwischen
Marktüberwachung und Zoll erreicht. Dadurch können
gefährliche Produkte möglichst frühzeitig aufgespürt
und aus dem Verkehr gezogen werden. Durch die Erstre-
ckung der Marktüberwachungsbestimmungen auf alle
dem Gesetz unterfallenden Produkte wird die beste-
hende Einheitlichkeit der Marktüberwachung gewahrt.

Gerade für Liberale ist der beste Weg im Verbrau-
cherschutz, Transparenz zu schaffen und somit den Ver-
braucher durch Informationen in seiner freien Konsum-
entscheidung unterstützen. Dies schafft ein Zeichen in
Deutschland besser als alles andere: Das GS-Zeichen,
„geprüfte Sicherheit“, steht für Sicherheit und Verläss-
lichkeit bei Produkten und Geräten. Es ist neben dem
CE-Zeichen das einzige gesetzlich geregelte Prüfzeichen
für Produktsicherheit in Europa. Verbraucher erhalten
über das GS-Zeichen die Information, dass ein Produkt,
das sie erworben haben, sicher ist. Und durch neue,
noch strengere Regelungen wird das Vertrauen der Ver-
braucher in das GS-Zeichen bestätigt und vertieft. So
kann noch besser als bisher Missbrauch bekämpft wer-
den. Durch die Zusammenführung der Bestimmungen
zum GS-Zeichen wird auch dem Verbraucher der Über-
blick über die entsprechenden Regelungen erleichtert.

Dieser vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer
Schritt, um die Europäische Union sicherer und für den
Verbraucher transparenter zu machen. Daher würde ich
mich freuen, wenn auch in diesem Hohen Hause über die
Parteigrenzen hinweg diese Regelungen Zustimmung
finden würden.

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Zu Protokoll ge

(C (D Das Gesetz ist überwiegend eine Umsetzung von EU erordnungen in deutsches Recht. Deshalb sind die pielräume, gestalterisch tätig zu werden, durchaus berenzt. Aber: Besser geht immer! Wichtig ist das Gesetz, da wir in weiten Teilen unseres rivatund Arbeitslebens mit Geräten und Produkten zu n haben. Wer will nicht, dass diese sicher sind! Viel zu ft sind schädliche Produkte und veraltete Maschinen in mlauf und Gebrauch. Hier muss konsequent zum chutze der Menschen gehandelt werden. Mit dem vorliegenden Gesetz lässt die Bundesregieung ohne Not große Lücken im Arbeitsund Verbrauherschutz. Die Linke sieht deutlichen Verbesserungsbearf: Erstens wurde im Gesetzentwurf beim Verbraucherchutz geschludert. Mehr als 2 200 gefährliche Produkte ind im vergangenen Jahr dem Schnellwarnsystem der U, RAPEX, gemeldet worden; das ist eine Steigerung m 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2009. Nach Kleiung belegte Kinderspielzeug den zweiten Platz der am eisten gefährlichen Produktgruppen. 25 Prozent der arnungen betreffen Kinderspielzeug. Stiftung Warenst deckte in ihren letzten Berichten auf, dass die meisn Produkte für Kinder, zum Beispiel Fahrradanhänger der Kinderspielzeug, extrem schadstoffbelastet sind; as betrifft auch teure deutsche Markenprodukte. Am Schlimmsten ist deshalb: Der Gesetzentwurf entält keine Aussage zu den Grenzwerten bei sogenannten AK-Stoffen und sonstigen krebserzeugenden Stoffen in inderspielzeug. Die Linke kritisiert des Weiteren: Die CE-Kennzeichung bleibt weiterhin eine große Verbrauchertäuchung: Sie wird von den Herstellern der Produkte vereben, als Nachweis dafür, dass die gesetzlichen estimmungen bei diesem Produkt eingehalten wurden. ie erfolgt ohne Prüfung durch eine unabhängige Einichtung wie zum Beispiel den TÜV. Eine Prüfung rfolgt nur per Stichprobe und größtenteils durch die nterbesetzten Marktüberwachungsbehörden oder wenn ereits etwas passiert ist. Die Linke fordert: Verbraucher brauchen eine zentrale Anlaufstelle, bei er sie gefährliche Produkte melden können. Je nach erstellungsort und Produktgruppe sind unterschiedli he Behörden zuständig. Das ist nicht hinnehmbar! Kinderspielzeug darf nicht ungeprüft auf den Markt ommen. Die Schadstoffgrenzwerte für Kinderspielzeug und onstige kindernahe Produkte müssen nach dem Prinzip so gering wie möglich“ festgelegt werden. Zweitens droht im Arbeitsschutz sogar eine Verchlechterung. Im neuen Gesetz entfällt für ein Unternehen die Prüfung, ob ein gebraucht gekauftes technisches erät bereits einmal im europäischen Wirtschaftsraum in erkehr gebracht wurde. Es müssen stattdessen nur noch gebene Reden Josip Juratovic )

Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711733500




(A) )

allgemeine Anforderungen erfüllt sein; die Betriebs-
sicherheitsverordnung ist nun allein entscheidend.

Die Betriebssicherheitsverordnung, die die Bedin-
gungen der Betriebssicherheit von Geräten letztlich fest-
schreibt, ist aber ebenfalls in der Überarbeitung. Es ist
ein Skandal, dass hier ein Gesetz zur Diskussion steht,
dessen letztendliche Haltelinie für den Arbeitsschutz in
einer Verordnung liegt, die noch überarbeitet wird.

Dass veraltete Geräte nicht durch Geräte mit einem
höheren Standard ersetzt werden müssen, wenn diese auf
den Markt kommen, wird im Gesetz ausdrücklich nicht
als Gefährdung der Sicherheit bezeichnet. Hier muss
nachgebessert werden!

Die Linke fordert: Bei jedem alten Gerät muss ge-
kennzeichnet sein, wo und in welchem Maße sie nicht
mehr den neuesten Standards entspricht. Nur so kann si-
chergestellt sein, dass Achtsamkeit und Gefahrenbe-
wusstsein zumindest geschärft werden. Des Weiteren
fordern wir, dass festgestellte Mängel an Geräten und
Produkten konsequent öffentlich gemacht werden. Es
kann nicht sein, dass der Schutz des Unternehmens vor
negativer Presse wichtiger sein soll als der Arbeits- und
Verbraucherschutz. Ein Gesetz, das die Einwilligung des
betroffenen Unternehmens vorsieht, ist ein zahnloser Ti-
ger.

Drittens ist die Frage der Kontrolle ungeklärt: Die
Bundesregierung erlässt ein Gesetz, welches die Länder
in ihren Kontrollbehörden umsetzen müssen. Diese sind
finanziell und personell schlecht ausgestattet, und ihnen
werden hier keine zusätzlichen Mittel in Aussicht ge-
stellt. Nach dem Willen der Bundesregierung werden die
Prüfungen also weiterhin von unterbesetzten Markt-
überwachungsbehörden und nur per Stichprobe erfol-
gen. Das ist zu wenig!

Die Linke fordert:

Die CE-Kennzeichnung muss Vertrauen geben, des-
halb darf sie nur mit Prüfung vergeben werden. Die ver-
pflichtende Kontrolle bedarf der Kostenübernahme
durch die Unternehmen.

Auch hier steht die Linke konsequent für den Grund-
satz: Menschen vor Profite! Dieses Gesetz entspricht
diesem strengen Kriterium jedenfalls nur in Ansätzen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir begrüßen, dass das Geräte- und Produktsicher-
heitsgesetz (GPSG) klarer strukturiert sowie verständ-
licher gefasst und die Marktüberwachung im euro-
päischen Verbund besser abgestimmt wird. Durch die
Anpassung deutscher Gesetze an europäische Richtli-
nien wird auch ein wichtiger Beitrag zum Schutz der Be-
schäftigten und der Verbraucher geleistet. Der Sachver-
halt, der mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geregelt
werden soll, betrifft dabei in besonderem Maße den Ar-
beitsschutz. Bei den Produkten im Sinne des bisherigen
GPSG handelt es sich neben Verbraucherprodukten um
technische Arbeitsmittel. Es liegt im Interesse der Ar-
beitnehmenden wie auch der Betriebe, dass eine Gefähr-

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(C (D ung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten urch Arbeitsmittel verhindert wird. Dazu bedarf es geigneter Prüfund Kontrollmethoden. Die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen arktüberwachung und Zoll, damit gefährliche Pro ukte früher aufgespürt werden können, ist ein Schritt in ie richtige Richtung. Dadurch könnte ein höheres icherheitsniveau der Produkte erreicht und zu einem ireren Wettbewerb zwischen den Herstellern beigetra en werden. Bessere gesetzliche Bestimmungen sind allerdings ur dann wirksam, wenn sie mit Nachdruck durchgesetzt nd Verstöße angemessen und zeitnah sanktioniert weren. Deswegen muss sich erst noch zeigen, ob die jetzige esetzesnovelle zu besseren und sichereren Produkten hrt. Letztlich wird sich dies in den Bundesländern ent cheiden, die für die Marktaufsichtsbehörden und deren ittelausstattung zuständig sind. Genau hier liegt das roblem, da die zuständigen Behörden in den meisten undesländern schon heute über zu wenig Mittel vergen. Sie sind in der Regel weder personell noch ateriell in der Lage, die zunehmenden Aufgaben zu ewältigen. Zersplitterung und Unterdeckung der arktaufsicht wirken auch beim zeitnahen Entfernen nsicherer Produkte aus den Verkaufsregalen oder bei arnhinweisen in der Information der Öffentlichkeit emmend. Für neue Aufgaben, wie die Ermittlung von Mängelchwerpunkten oder von Warenströmen, wäre zusätzlihes Personal erforderlich. Es bleibt zu hoffen, dass die änder dem von der Bundesregierung erkannten „eröhten Vollzugsaufwand“ für die Marktüberwachung aten folgen lassen und zudem die Bereitschaft zum weiren Ausbau zeigen. Sie müssen regelmäßig die Funkonsweise ihrer Überwachungstätigkeiten überprüfen, ewerten und Mängel beseitigen. Wir hätten uns zudem uch gewünscht, dass die Evaluation nicht nur intern im rbeitsausschuss Marktüberwachung, AAMÜ, erfolgt, ondern auch der Ausschuss für technische Arbeitsmittel nd Verbraucherprodukte, ATAV, also der neue Auschuss für Produktsicherheit, beteiligt wird. Für die Transparenz ist positiv, dass der Öffentlicheit Informationen über die von Produkten ausgehenden isiken für Sicherheit und Gesundheit der Verwender ur Verfügung gestellt werden sollen. Für diese Rechtsrundlage haben wir Grüne schon im Jahr 2004 gesorgt. as ist positiv für die Beschäftigten und für die Verbrau her. Problematisch sind allerdings die im Gesetz in § 31 tehenden Ausnahmen. So dürfen Informationen nicht ugänglich gemacht werden, wenn der Schutz des geistien Eigentums dem Informationsanspruch entgegenteht oder die Informationen als Betriebsoder Gechäftsgeheimnis gekennzeichnet sind. Dies könnte dazu hren, dass der Informationsanspruch der Öffentlich eit ausgehöhlt oder zumindest deutlich erschwert wird. Aus Verbrauchersicht wäre zudem ein verlässliches iegel sinnvoll, das eine unabhängige Drittprüfung vorchreibt. Für die Produktsicherheit wäre zudem eine Zutändigkeit aus einer Hand von Vorteil. Die Aufteilung uf drei Bundesministerien ist weder angemessen noch Jutta Krellmann gebene Reden Beate Müller-Gemmeke )








(A) )

effizient. Das sollte in der parlamentarischen Beratung
überprüft werden.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711733600

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-

wurfes auf Drucksache 17/6276 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Alle
sind damit einverstanden. Somit ist die Überweisung so
beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Besonderheiten der nationalen Finanzmärkte
bei Umsetzung von Basel III berücksichtigen

– Drucksache 17/6294 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben.1) –
Alle sind damit einverstanden. Die Namen der Kollegin-
nen und Kollegen liegen hier im Präsidium vor.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/6294 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Widerspruch erhebt
sich nicht. Somit ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. No-
vember 2010 im Hinblick auf die Errichtung
des Europäischen Finanzaufsichtssystems

– Drucksache 17/6255 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen hier bei uns vor.


Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1711733700

Mit der heutigen Lesung des Gesetzes zur Umsetzung

der EU-Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010
im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Fi-
nanzaufsichtssystems, der sogenannten Omnibus-I-
Richtlinie, setzen wir weitere Eckpunkte für bessere und
sicherere Finanzmärkte. Nach Umsetzung dieser Richt-
linie wird die Finanzaufsicht auf nationaler und euro-
päischer Ebene wesentlich enger miteinander verzahnt
sein. Wir sind davon überzeugt, dass wir damit eine si-
gnifikante Verbesserung der Qualität der Aufsicht errei-
chen werden.

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tr1) Anlage 22

(C (D Im Zuge der Finanzkrise ist deutlich geworden, dass uch die Aufsicht über die Finanzinstitute, insbesondere ie grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Koordiation zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden und it den europäischen Instanzen, erhebliches Verbesse ungspotenzial hat. Als Folge dessen wurde das europäiche Finanzaufsichtssystem grundlegend reformiert. Es urden drei europäische Aufsichtsbehörden – die Euroäische Bankaufsichtsbehörde, EBA, die Europäische ertpapieraufsichtsbehörde, ESMA, und die Europäi che Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und ie betriebliche Altersversorgung, EIOPA, – sowie der uropäische Ausschuss für Systemrisiken und der beördenübergreifende Ausschuss der Europäischen Aufichtsbehörden mittels fünf EU-Verordnungen zu Beginn ieses Jahres gegründet. Insgesamt bilden diese neu geründeten Behörden und Ausschüsse das reformierte uropäische Finanzaufsichtssystem. Mit der Omnibus-I-Richtlinie wurden die EU-Finanzichtlinien an dieses neue Aufsichtssystem angepasst. er vorliegende Gesetzentwurf setzt diese Anpassungen unmehr in nationales Recht um. Was bedeutet das? Zum einen bedeutet es, dass unere nationale Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für inanzdienstleistungsaufsicht, kurz: BaFin, stärker in as europäische Aufsichtssystem eingebunden wird. Das eißt, dass die BaFin mit den europäischen Instanzen innsiver und verpflichtender zusammenarbeiten wird. Es ird die Grundlage dafür geschaffen, dass die BaFin lle Informationen zur Verfügung stellen wird, die die jeeilige europäische Behörde zur Ausübung ihrer Tätigeit benötigt. Aus diesem Grund bestehen für die BaFin ukünftig verschiedene Mitteilungsund Unterrichngspflichten gegenüber den europäischen Aufsichtsin tanzen, die es einzuhalten gilt. Dazu zählt zum Beispiel ie Information der jeweiligen zuständigen europäichen Finanzaufsichtsbehörde, welchem Unternehmen ie Betriebserlaubnis erteilt oder entzogen wurde. Darüber hinaus ist es in einem europäischen System atürlich nicht auszuschließen, dass es Meinungsverchiedenheiten zwischen den nationalen Aufsichtsbehören gibt – insbesondere in den Fällen, in denen Finanzstitute europaweit arbeiten und verschiedenen ationalen Aufsichten unterliegen. Für diese Fälle wuren Verfahren zur Einbeziehung der europäischen Fianzaufsichtsbehörden definiert – Verfahren, in denen ie europäischen Behörden, soweit sich die nationalen ufseher nicht einigen können, streitschlichtend eigene ntscheidungen treffen und die nationale Aufsicht übertimmen können. Diese Schlichtungsbefugnis können die uropäischen Aufsichtsbehörden allerdings nur in Bereihen wahrnehmen, die in den Finanzsektorrichtlinien im inzelnen definiert sind, im Bankenbereich zum Beispiel ie Risikobewertung auf Gruppenebene. Nun könnte man – nicht ganz zu unrecht – meinen: as vorliegende Gesetz ist lediglich ein europäisches msetzungsgesetz ohne großen Spielraum für die natioalen Parlamente. Ich möchte Ihnen dieses Gesetz aber otzdem ans Herz legen: )


(A) )

Es ist unbestritten, dass es mehr als notwendig war,
neue europäische Finanzaufsichtsstrukturen zu schaffen.
Dagegen kann man angesichts der immer weiter fort-
schreitenden Internationalisierung der Finanzmarktakti-
vitäten keine ernsthaften Gegenargumente vorbringen.
Wir wissen mittlerweile sehr gut, dass viele Finanzinsti-
tute einen unglaublichen Vernetztheitsgrad aufweisen.
Wir wissen, dass sie verstärkt länderübergreifend tätig
sind und im Ausland mit Niederlassungen, Tochterban-
ken und Zweckgesellschaften zum Teil sehr komplexe
Rechtsstrukturen aufgebaut haben. Das erhöht die Viel-
schichtigkeit der Anforderungen an die Aufsicht unge-
mein. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen.
Gerade aus diesem Grund ist es enorm wichtig, dass die
Kommunikation und der Austausch zwischen den Auf-
sichtsinstanzen gestärkt werden. Daher sind Bestrebun-
gen, die einen schnelleren und effizienteren Informa-
tionsaustausch ermöglichen, Kompetenzen klarer regeln
und bestehende Lücken schließen, schon lange überfäl-
lig.

Nun mag der eine oder andere möglicherweise Kritik
an der damit einhergehenden fortschreitenden Europäi-
sierung üben und zu bedenken geben, dass unsere natio-
nalen Behörden durch die neuen europäischen Aufsichts-
instanzen vielleicht zu viel Verantwortung abgeben –
dass wir insgesamt wieder einmal einen Teil unserer na-
tionalen Souveränität an Europa abgeben. Ja, das ist
richtig – und aus den oben genannten Gründen auch
notwendig. Es geht aber eben nicht darum, die nationa-
len Aufsichten komplett zu ersetzen oder zu schwächen.
Das ist nicht gewollt, und darüber sprechen wir hier
auch nicht. Die nationalen Aufsichtsbehörden bleiben
zentral, und keine europäische Instanz kann und soll die
Arbeit der BaFin und der Bundesbank ersetzen. Aber es
ist unerlässlich, dass die grenzüberschreitenden Aktivi-
täten von Finanzinstituten, die zunehmend an Komplexi-
tät gewinnen, von europäischen Aufsichtsinstanzen ko-
ordiniert und der Informationsaustausch zwischen den
nationalen Behörden verbessert werden.

Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, die nationa-
len Aufsichtsbehörden weiter zu stärken und zu verbes-
sern. Die Bundesregierung ist auf dem Weg, das Eck-
punktepapier zur Reform der nationalen Aufsicht,
welches von uns, den Koalitionsfraktionen, verabschie-
det wurde, umzusetzen. Wir werden damit die Qualität
der nationalen Aufsichtsstrukturen signifikant erhöhen.

Ich würde mir allerdings wünschen, dass Aufsicht
– auch europäische Aufsicht – grundsätzlich mehr un-
terscheidet. Damit meine ich, dass sie mehr differenziert
zwischen mittelständischen regionalen Banken und den
großen grenzüberschreitend tätigen Banken. Ich be-
obachte mit großer Sorge, wie kleine und mittelgroße
Privatbanken, wie Sparkassen und Volksbanken mit der
Regulierungsdichte insgesamt und mit der Art und
Weise, mit der diese Regulierung überwacht wird, zu
kämpfen haben. Wir sollten daher dringend hinterfra-
gen, inwieweit speziell bei kleineren Instituten Regulie-
rung und Aufsicht vor dem Hintergrund des jeweiligen
Risikoprofils angemessen sind.

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Zu Protokoll ge

(C (D Dies ist die erste Lesung zu dem Gesetzentwurf der undesregierung. Wir werden nun in den Fachausschüsen unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Verände und Experten am Gesetzentwurf arbeiten. Wir euen uns auf die fachliche Diskussion und den kontruktiven Austausch mit den Ministerien und den Oppoitionsfraktionen und werden das Gesetz dann im vierten uartal zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. Das Bundesfinanzministerium hat das Gesetz zur msetzung der Richtlinie vom 24. November 2010 im inblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzufsichtssystems vorgelegt. Damit sollen die nationalen Finanzaufsichtsgesetze n die neue europäische Finanzaufsichtsstruktur angeasst werden, wie sie seit Januar dieses Jahres besteht. as Gesetz ermöglicht und konkretisiert dabei insbesonere die Zusammenarbeit der Bundesanstalt für Finanzienstleistungsaufsicht, BaFin, mit dem neugestalteten uropäischen Aufsichtssystem. Dies ist notwendig, und so werden eine Reihe von naonalen Gesetzen zum Bankenund Finanzaufsichtscht geändert, so unter anderem das Kreditwesenge etz, KWG, das Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG, das ertpapierhandelsgesetz, WpHG, das Wertpapierprosektgesetz, WpPG, und die Gewerbeordnung, GewO. ie Änderungen dieser Gesetze resultieren letztlich aus er Umsetzung der entsprechenden Omnibusrichtlinie. Im Hinblick auf die EU-Verordnungen zur Errichtung er Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde, der uropean Securities and Markets Authority, ESMA, sollen den deutschen Aufsichtsgesetzen Änderungen vorge ommen werden, die der Klarstellung dienen oder deren egelungen den EU-Verordnungen bisher entgegensteen. Dazu wird in den deutschen Aufsichtsgesetzen Folendes neu geregelt: die Einbindung der BaFin in das uropäische Finanzaufsichtssystem, die Mitteilungsnd Unterrichtungspflichten der BaFin gegenüber den uropäischen Finanzaufsichtsbehörden, Anpassungen er Verschwiegenheitspflichten der Beschäftigten der aFin und vergleichbaren Personengruppen sowie die inbeziehung der europäischen Finanzaufsichtsbehören bei Meinungsverschiedenheiten oder mangelnder usammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden. Die Finanzkrise, die bis heute nachwirkt, hat erheblihe Schwachstellen bei der Aufsicht auf Makroebene ofngelegt. Im Rahmen des neuen Aufsichtssystems müs en wir die Risiken für die Systemstabilität besser rmitteln und mit einem effizienten Warnsystem verhinern, dass eine vergleichbare Krise sich wiederholt. Die estehende Aufsicht auf Makroebene war und ist zu tark fragmentiert und muss daher dringend reformiert erden. Die Omnibusrichtlinie I hilft mit, die Aufsichtsstrukr europaweit zu verbessern. Die nationalen Aufsichts ehörden werden mit den europäischen Finanzaufsichtsehörden besser zusammenarbeiten und diesen nach Ralph Brinkhaus gebene Reden )

Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1711733800




(A) )

Maßgabe der EU-Verordnungen zur Errichtung der
Europäischen Finanzaufsichtsbehörden alle für die Aus-
führung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen
zur Verfügung stellen müssen.

Hierzu werden die genannten nationalen Gesetze ge-
ändert, damit die Verpflichtung der BaFin zur Zusam-
menarbeit mit den europäischen Finanzaufsichtsbehör-
den und zur Weitergabe von Informationen gesetzlich
festgelegt ist.

Die Konkretisierung der Mitteilungs- und Unterrich-
tungspflichten der nationalen Aufsichtsbehörden gegen-
über den europäischen Finanzaufsichtsbehörden ist ei-
nes der Kernelemente der Umsetzung zur Verbesserung
einer Finanzaufsichtsstruktur in Europa. Mitteilungs-
und Unterrichtungspflichten, die bisher gegenüber der
Europäischen Kommission bestanden, werden nunmehr
auf die europäischen Finanzaufsichtsbehörden ausge-
weitet bzw. werden durch Mitteilungspflichten gegen-
über den europäischen Finanzaufsichtsbehörden ersetzt.
Beispielsweise muss die BaFin melden, wenn einem In-
stitut oder Unternehmen die Erlaubnis zum Geschäfts-
betrieb erteilt wurde oder diese aufgehoben wurde.

Korrespondierend zu diesen Verpflichtungen der na-
tionalen Aufsichtsbehörden wurden in Art. 35 der EU-
Verordnungen zur Errichtung der Europäischen Finanz-
aufsichtsbehörden und in Art. 15 der EU-Verordnung zur
Errichtung des ESRB den europäischen Finanzauf-
sichtsbehörden und dem ESRB Informationsansprüche
auch gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden ein-
geräumt.

Damit die BaFin diese Informationsansprüche nach
Maßgabe der EU-Verordnungen erfüllen kann, müssen
ihre Beschäftigten und vergleichbare Personengruppen
in den deutschen Aufsichtsgesetzen von ihrer Verschwie-
genheitspflicht befreit werden.

Aus diesem Grund sollen der ESRB und die europäi-
schen Finanzaufsichtsbehörden in den deutschen Auf-
sichtsgesetzen in den Katalog der Stellen aufgenommen
werden, an die auch geheimhaltungsbedürftige Informa-
tionen weitergegeben werden dürfen, soweit diese Infor-
mationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden.

Daran knüpft auch die Kritik des Bundesrates im Be-
schluss vom 17. Juni 2011 an. Der Bundesrat bittet, im
weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit
in § 11 a Abs. 7 Satz 2 GewO-E klargestellt werden
kann, welche Aufgaben der Europäischen Aufsichtsbe-
hörde für das Versicherungswesen und die betriebliche
Altersversorgung die Übermittlung von Informationen,
vor allem von personenbezogenen Daten, durch die na-
tionalen Behörden bedingen.

§ 11 a Abs. 7 GewO regelt in seiner bisherigen Fas-
sung, dass bestimmte zuständige, nationale Behörden
einander Informationen einschließlich personenbezoge-
ner Daten übermitteln dürfen, soweit dies zur Erfüllung
ihrer jeweiligen Aufgaben bezogen auf Versicherungs-
vermittler und Versicherungsberater erforderlich ist. Im
neuen Satz 2 des Abs. 11 a wird nun eine Pflicht zur In-
formationsübermittlung auf Verlangen an eine europäi-
sche Stelle festgeschrieben.

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Zu Protokoll ge

(C (D Nicht alle diese Aufgaben erfordern jedoch eine Abage zum Beispiel personenbezogener Daten bei natioalen Stellen. Daher erscheint es dem Bundesrat sinnoll, zur Erleichterung der Rechtsanwendung und des ügigen Vollzugs durch die betroffenen Stellen, direkt in 11 a GewO konkrete Aufgaben, etwa durch eine nicht bschließende „Insbesondere“-Aufzählung, zu benenen. Dieser Vorschlag erscheint durchaus sinnvoll und ollte im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens geprüft erden. Die Zusammenarbeit von nationalen und europäichen Aufsichtsbehörden muss reibungslos funktionien. Wir begrüßen deshalb, dass zur Gewährleistung iner effizienten und wirksamen Aufsicht und einer ausewogenen Berücksichtigung der Positionen der natioalen Aufsichtsbehörden die europäischen Finanzaufichtsbehörden Differenzen zwischen den nationalen ufsichtsbehörden, auch in den Aufsichtskollegien, verindlich – in definierten Bereichen – schlichten können, enn die nationalen Aufseher keine Einigung finden. Der europäische Gesetzgeber hat dabei Bereiche im lick, in denen die Richtlinien Kooperation, Koordinaon oder gemeinsame Entscheidungen der nationalen ufsichtsbehörden vorsehen. Eine erste Festlegung der ereiche ist in der Omnibusrichtlinie I erfolgt. Danach ind Maßnahmen, die Gegenstand von Entscheidungen ur Streitbeilegung sein können, im Bankenbereich zum eispiel die Einstufung von Zweigniederlassungen, die nerkennung interner Modelle und die Risikobewertung uf Gruppenebene. Des Weiteren würden die in der Omnibusrichtlinie I orgeschriebenen Verfahren in die deutschen Aufsichtsesetze umgesetzt, nach denen die BaFin handeln muss, enn sie als konsolidierende Aufsichtsbehörde an einem olchen Streit beteiligt ist. Im Übrigen werden eine Reihe redaktioneller Anpasungen in den deutschen Aufsichtsgesetzen vorgenomen. Die Finanzkrise vom Oktober 2008 hat eine Reihe on Schwachstellen bei der Einzelund Systemaufsicht ffengelegt. Diese wurde insbesondere mithilfe des arosière-Berichts analysiert, und Handlungsoptionen nd Verbesserungen wurden empfohlen. Insgesamt wird ie Aufsicht auf europäischer Ebene gestärkt. Wir sind amit auf einem guten Weg, die notwendigen aufsichtschtlichen Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise zu iehen. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise wurde viel für die egulierung der Finanzbranche auf europäischer Ebene etan. Zahlreiche neue Institutionen wurden ins Leben erufen, um die Aufsicht besser zu verzahnen und effekver zu gestalten. Es wurden klare Konsequenzen aus er Krise gezogen. Nun gilt es, dass wir diese Fortchritte auch auf nationaler Ebene im Gesetz verankern. Bereits zum 1. Januar 2011 wurde das Europäische inanzaufsichtssystem ESFS, European System of Fiancial Supervision, etabliert. Dieses sorgt mit den drei Manfred Zöllmer gebene Reden )

Holger Krestel (FDP):
Rede ID: ID1711733900




(A) (C)



Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711734000


rungs- und Wertpapiersektor in Form von EBA, Euro-
pean Banking Authority, EIOPA, European Insurance
and Occupational Pensions Authority, und ESMA, Euro-
pean Securities and Markets Authority, gemeinsam mit
dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken ESRB,
European Systematic Risk Board, sowie einem behör-
denübergreifenden Gemeinsamen Ausschuss der Euro-
päischen Aufsichtsbehörden, Joint Committee, für eine
flächendeckende Aufsicht mit Kooperationen und Kom-
munikation über nationale Grenzen hinweg. Es reicht
aber nicht, nur neue Zuständigkeiten und Institutionen
zu schaffen. Viel wichtiger ist, dass sich nun auch die na-
tionalen Aufsichtsbehörden unter klaren Regeln unter-
einander austauschen und so flächendeckende oder aus
einem Land ausgelagerte Probleme schon früher und
zielgenauer identifizieren können. Eine gute und koordi-
nierte Zusammenarbeit bietet zudem die Chance, mehr-
fach ausgeführte Vorgänge zu eliminieren und so effi-
zienter zu arbeiten.

Der Datenschutz darf bei diesem Austausch aller-
dings keinesfalls vernachlässigt werden. Ich halte es für
immens wichtig, dass wir und unsere Kollegen in den
Parlamenten der EU ein stetes Auge auf das Hantieren
mit diesen Daten haben und in den entsprechenden Be-
hörden strikte Regeln für einen verantwortungsvollen
Umgang damit durchgesetzt werden. Das Zusammen-
führen und Koordinieren so vieler verschiedener Institu-
tionen und Datensätze birgt immer das Risiko eines
Missbrauchs, der erheblichen Schaden anrichten und zu
großen Vertrauensverlusten führen kann. Gerade des-
halb müssen hohe datenschutzrechtliche Standards und
eine ständige Überprüfung von deren Einhaltung eta-
bliert werden.

Ich begrüße es auch sehr, dass in der Haushaltspolitik
die nationale Souveränität der einzelnen Mitgliedstaa-
ten ausdrücklich unangetastet bleibt. Für ein respektvol-
les Miteinander in einer so eng verknüpften Gemein-
schaft wie der Europäischen Union sind klare
Zuständigkeitsschranken ein hohes Gut, welches ge-
wahrt werden muss. Alles andere käme einer Bevormun-
dung von Mitgliedstaaten gleich, und eine Union wie die
EU kann nur auf Augenhöhe funktionieren, wie sie dies
in ihrer Geschichte schon oft erfolgreich gezeigt hat.

Die EU hat hier ein eng strukturiertes Regelwerk vor-
gelegt. Ich wünsche mir nun, dass sich unsere deutsche
Bundesregierung dafür einsetzt, dass die Vorschriften
nicht in solcher Form überhandnehmen, dass sie Be-
standteil der sprichwörtlichen EU-Bürokratie werden.
Das Sprichwort soll hier Sprichwort bleiben und nicht
Realität werden. Das würde Europa lähmen.

Zuletzt erwarte ich, dass grundlegende Entscheidun-
gen auch weiter in den von der Bevölkerung gewählten
Parlamenten gefällt werden und die Aufsichts- und Ver-
waltungsorgane sich primär auf die technischen Vor-
gänge konzentrieren, wofür sie schließlich geschaffen
wurden.

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Zu Protokoll ge

(D Da es sich bei diesem Gesetzentwurf nur um die Umetzung einer Verordnung handelt, die politische Verantortung somit in Brüssel liegt, nehme ich direkt zur uropäischen Finanzaufsicht Stellung. In Deutschland oll die Finanzaufsicht zwischen BaFin und Bundesbank hnehin neu geregelt werden. Vor diesem Hintergrund ird die europäische Ebene mitzudenken sein. Die Finanzaufsicht hat vor und während der Finanzrise an entscheidenden Stellen versagt. Die nationalen inanzaufsichtsbehörden waren vollkommen überforert, da die Finanzinstitute in vollem Umfang die Freihein des europäischen Binnenmarkts ausnutzten – und zu ätzlich in Schattenfinanzplätzen agierten. Entsprechend t die Einrichtung dreier europäischer Aufsichtsbehören für Banken, Wertpapierhandel und Versicherungen nd des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, SRB, zu begrüßen. Bereits jetzt zeichnen sich dabei ber große Probleme ab: Zunächst sind die Kompetenzen nach wie vor zwichen den Aufsichtsbehörden in Europa unzureichend eregelt. Dadurch drohen zum einen Friktionen, welche ie Effizienz der Behörden beschneiden. Zum anderen hlen den europäischen Aufsichtsbehörden aber auch chlicht die Durchgriffsrechte, um im Problemfall chnell und entschieden einschreiten zu können. Die ompetenzen hierfür sind viel zu restriktiv angelegt. In der Praxis werden die neuen europäischen Behören den nationalen Behörden erst Vorschriften machen önnen, wenn der Notfall unmittelbar bevorsteht oder chon eingetreten ist. Die Vorschriften können selbst ann wieder durch die nationalen Parlamente gekippt erden, sollten sie eine unerwünschte Bürde für die naonalen Haushalte darstellen. Die innereuropäische egulierungsarbitrage, von der etwa Irland lange protierte, lässt sich auf diese Weise jedenfalls nicht unterinden. Was auch fehlt, sind zusätzliche Fachabteilungen der Einrichtungen für bestimmte Spezialbereiche. Ich enke dabei etwa an eine eigene Aufsicht für Warenteringeschäfte, die mit eigenen Instrumenten ausgestattet egen Preiskapriolen und -blasen an den Rohstoffmärkn vorgehen kann. Ähnliche Kompetenzprobleme wie bei den drei Aufichtsbehörden gelten für das ESRB: Das Gremium will Problemfall warnen, wird aber nicht in der Lage sein, u handeln – etwa wenn sich spekulative Blasen bilden. nationalen Hickhack droht somit ein Eingreifen verögert oder komplett verschlafen zu werden. Von den entralbanken ist wenig Hilfestellung zu erwarten, songe sich diese allein dem Dogma der Preisstabilität erpflichtet und bei Spekulationsorgien nicht zuständig hlen. Umso mehr besteht ein erkennbares Defizit bei er Überwachung der Stabilität des Finanzsystems. Hier hlt nach wie vor eine verantwortliche europäische taatliche Institution. Weiterhin ist zu bezweifeln, dass die Aufsichtsbehören personell und materiell mit den notwendigen Resourcen ausgestattet sind, um im Zweifelsfall kompetent Holger Krestel gebene Reden )





(A) )

und selbstbewusst gegenüber der schlagkräftigen
Finanzlobby und auch gegenüber den nationalen Aufse-
hern und Regierungen auftreten zu können.

Vier zahnlose Tiger sind vielleicht besser als gar kein
Tiger. Doch niemand sollte sich von den neuen Institu-
tionen vor einer neuen Finanzkrise geschützt wähnen.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711734100

Das neue Europäische Finanzaufsichtssystem ist ein

erster wichtiger Schritt hin zu einer echten europäischen
Finanzaufsicht, die angesichts eines bereits sehr hohen
Maßes an integrierten – also europaweit agierenden –
Finanzmärkten und -instituten auch dringend erforder-
lich ist.

Insbesondere das Mandat der neuen Bankenauf-
sichtsbehörde EBA, für eine einheitliche Entwicklung
und Anwendung des EU-Aufsichtsrechts zu sorgen und
dies auch durchzusetzen, wird hoffentlich dazu beitra-
gen, dass künftig kurzsichtige „Race-to-the-Bottom“-
Strategien in der Finanzmarktregulierung nicht mehr
möglich sind: In Irland haben wir gesehen, wie unglaub-
lich teuer und riskant solche Strategien letztlich sind, um
den eigenen Finanzplatz zu fördern – und zwar teuer
und riskant nicht nur für die Iren, sondern für die Ge-
samtheit der europäischen Steuerzahlerinnen und Steu-
erzahler. Dass die EBA diese neuen Kompetenzen über-
haupt hat, sich im Zweifel also auch gegen nationale
Aufsichten durchsetzen und Regulierungsarbitrage
künftig verhindern kann, ist unseren Kolleginnen und
Kollegen im Europaparlament zu verdanken. Die EU-
Parlamentarier haben sich hier in zähen Verhandlungen
auch gegen die lange und hartnäckige Blockade der
schwarz-gelben Bundesregierung durchgesetzt, die
echte Durchgriffsrechte der neuen EU-Aufsichtsbehör-
den aller Lehren aus der Krise zum Trotz lange verhin-
dern wollte.

Auch, dass die neue Wertpapieraufsichtsbehörde
ESMA weitreichende Befugnisse hat, um den Handel mit
gefährlichen Finanzprodukten auszusetzen, etwa bei un-
gedeckten Leerverkäufen, ist eine gute Nachricht und
ein echter Fortschritt. Allerdings weist die neue europäi-
sche Finanzaufsichtsarchitektur auch viele Schwächen
auf, die es gilt, in nächster Zeit zu beheben. Dazu ge-
hört:

Erstens. Im Fall von ernsten Bankenschieflagen ist
die EBA nicht wirklich handlungsfähig. Zwar darf sie im
Krisenfall – den jedoch nicht sie selbst, sondern der Rat
feststellt – nationale Aufsichten und Institute zu be-
stimmten Krisenmaßnahmen verpflichten und das Kri-
senmanagement koordinieren – allerdings nur, wenn
hierbei nicht in die haushaltspolitische Kompetenz der
Mitgliedstaaten eingegriffen wird. Im Zweifel wird da-
mit also doch alles beim Alten bleiben: Statt einer kos-
tenminimierenden Koordination des Krisenmanage-
ments über Ländergrenzen hinweg, wird es im Ernstfall
weiter wie bisher – wie zum Beispiel im Fall Fortis zu
beobachten war – ein unkoordiniertes, an nationalen
Grenzen aufgehängtes und so potenziell krisenverschär-
fendes und damit teurer als nötiges Eingreifen geben.
Was wir hier dringend brauchen, ist eine europäische

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(C (D ankenabgabe und ein europäischer Bankenrettungsnds, um die EBA zu einem echten und schlagkräftigen risenmanager weiterentwickeln zu können. Das EUorhaben zur Entwicklung eines Bankenabwicklungsreimes bietet hier Gelegenheit zur institutionellen und chtlichen Fortentwicklung. Diese Gelegenheit müssen ir nutzen. Zweitens. Die Krise hat gezeigt, dass der Analyse und eobachtung sogenannter makroprudentieller Risiken isher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die ründung des European Systemic Risk Boards, ESRB, as solche Risiken künftig im Auge behalten soll, ist vor iesem Hintergrund eine richtige Entscheidung und ichtige aufsichtliche Ergänzung. Allerdings wirft Fraen auf, dass sich Europa derzeit in einer sehr ernsten, existenziellen Staatsschuldenkrise befindet, das ESRB llerdings noch kein einziges Mal zu diesem Systemriiko erheblicher Relevanz vernehmbar Stellung bezogen at. Das zeigt: Ein wesentlicher Teil des neuen Europäichen Aufsichtssystems ist ein halbes Jahr nach dem tartschuss entweder noch nicht arbeitsfähig, oder die overnance-Strukturen dieses Gremiums verhindern ine klare Positionierung in dieser Frage. Beides wäre ußerst bedenklich und gibt Anlass zur Sorge. Drittens. Die ressourcenmäßige Ausstattung der euen EU-Aufsichtsbehörden ist ausbaufähig, um es ehr freundlich auszudrücken. Wie soll es der ESMA mit inem Personalkörper von gerade einmal 60 Personen chaffen können, all ihren Aufgaben gerecht zu werden? llein für eine echte Aufsicht über die Ratingagenturen und das ist nur eine kleine Teilaufgabe der ESMA – äre nahezu der gesamte Personalbestand nötig. Die BA soll sogar mit nur 45 Mitarbeitern auskommen – ei einem Aufgabenkatalog, der nicht kleiner als jener er ESMA ist. Hinsichtlich der Personalausstattungen uss also noch deutlich nachgelegt werden, wenn die euen Behörden nicht schnell den zweifelhaften Ruf eies zahnlosen Tigers erhalten sollen und die nächste rise verhindert werden soll. Viertens. Die Zersplitterung der drei neuen Aufsichtsehörden ESMA, EBA und EIOPA über die drei Standrte Paris, London und Frankfurt am Main ist unloisch, kurzsichtig und nationalen Eitelkeiten geschuldet. ffizienzund Reibungsverluste sind hier bereits vorprorammiert. Mittelfristig wird es darum gehen müssen, ie drei Institutionen an einem Standort zusammenzuhren, um eine optimale Zusammenarbeit zu ermögli hen. Insgesamt muss es nach meiner Überzeugung in der ittleren Perspektive bei dem EU-Aufsichtssystem da um gehen, die komplette laufende Bankenaufsicht über renzüberschreitend aktive Institute auf EU-Ebene zu erlagern. Dafür sollten die nationalen Aufsichtsbehören für national und regional agierende Banken zustänig sein. Denn es gibt ja zu Recht Klagen, dass die EBA ich wenig um die Besonderheiten regionaler Institute in eutschland kümmert. Lassen Sie uns gemeinsam in die em Sinne das europäische Aufsichtssystem weiterentwikeln. Dr. Axel Troost gebene Reden )








(A) )


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711734200

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-

wurfes auf Drucksache 17/6255 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Alle
sind mit dieser Form einverstanden. Somit ist die Über-
weisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Heike
Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Für eine gerechte und entwicklungsförderliche
internationale Rohstoffpolitik

– Drucksache 17/6153 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen hier vor.


Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1711734300

Die Fraktion Die Linke fordert in ihrem Antrag be-

reits im Titel eine gerechte und entwicklungsförderliche
Rohstoffpolitik. Schaut man sich diesen Antrag jedoch
näher an, liest er sich vor allem als ein Manifest gegen
die Rohstoffstrategie der Bundesregierung und den ver-
meintlichen Einfluss der Industrie auf diese Strategie. So
fordert die Linke zum Beispiel, die Bundesregierung
solle die Rohstoffstrategie zurückziehen und sich gegen
die Einflussnahme von Lobbyverbänden der Industrie
auf die europäische Handels- und Rohstoffpolitik ver-
wahren.

Diese Beispiele mögen genügen, die eigentliche In-
tention des Antrags zu zeigen: Es geht nicht um Gerech-
tigkeit für die Entwicklungsländer, es geht darum, die
bösen Konzerne und die noch böseren Lobbyisten anzu-
prangern, die vermeintlich die gesamte Politik Deutsch-
lands und der EU nach Gutdünken diktieren. Insofern
passt dieser Antrag hervorragend in das politische Ge-
samtportfolio der Linken, das von der Zerschlagung von
Großkonzernen bis zur Reichensteuer und zum Aufbla-
sen der sozialen Wohltaten reicht.

Die deutsche Industrie hat ein berechtigtes Interesse
an der sicheren und kostengünstigen Versorgung mit
Rohstoffen. Es ist legitim, wenn der BDI diese Interessen
nachdrücklich vertritt. Es ist auch legitim, wenn die
Bundesregierung einen Teil dieser Interessen für ihre
Rohstoffstrategie aufgreift: Wir beziehen schließlich ei-
nen Großteil unseres Wohlstandes aus unserer wettbe-
werbsfähigen Industrie und können deshalb nicht wol-
len, wenn durch Marktregulierungen oder politisch
motivierte Maßnahmen Deutschland als rohstoffarmes
Land Wettbewerbsnachteile erleidet. Rohstoffpolitik
heißt eben auf nationaler Ebene vor allem Sicherung der

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(C (D ohstoffbelieferung unserer heimischen Wirtschaft. Das t auch Ausgangspunkt der Rohstoffstrategie der Bunesregierung, und das sollte es auch sein. Vor diesem intergrund ist es absurd, wenn Sie eine andere Roh toffstrategie fordern, die – ich zitiere – „nicht den Zuriff der deutschen und europäischen Industrie auf noch ehr Rohstoffe … zum Ziel hat.“ Ich würde mich freuen, zu erfahren, wie Sie diesen utmenschenansatz den Arbeitern in der Metall-, Cheieoder Elektroindustrie erklären wollen. Denn Sie efährden mit Ihren Ideen die Grundlagen unserer Inustrieproduktion und damit Arbeitsplätze. Das ist unerantwortlich. Ich halte die Versorgungssicherheit unseres Landes it Rohstoffen für durchaus vereinbar mit unseren enticklungspolitischen Zielen. Rohstoffsicherheit und Enticklungspolitik gehen Hand in Hand. Es geht uns eben icht um die Ausbeutung von Entwicklungsländern, sonern darum, den Reichtum dieser Länder auch für diese änder zu nutzen. Der Rohstoffreichtum von Entwickngsländern kann – richtig genutzt – zum Aufbau eige er Wertschöpfungsketten und zu wachsendem Wohltand in der Bevölkerung führen. Leider passiert das bei eitem nicht überall. Über 50 Prozent der wichtigen Rohstoffvorkommen egen in Ländern mit einem Pro-Kopf-Einkommen von nter 10 US-Dollar pro Tag. Dieses zunächst erstaunche Paradoxon der Armut trotz reicher Rohstoffvorommen lässt sich durch makroökonomische und polisch-institutionelle Defizite erklären. Im politischen ektor ist das Stichwort „Bad Governance“, das Versaen der politischen Institutionen, Fehlen von sozialen nd ökologischen Mindeststandards, kennzeichnend. konomisch beschreibt der Begriff „Dutch Disease“, arum es für eine Wirtschaft mit hohen Handelsbilanzberschüssen aus Rohstoffexporten schwierig ist, anere Wirtschaftszweige zu entwickeln. Ein weiteres Problem besteht in der Unsicherheit dieer Länder. Mehr als die Hälfte der weltweiten Rohstoffroduktion erfolgt in Ländern, die nach Auffassung der eltbank politisch instabil oder sehr instabil sind. Im ntrag der Linken wird ja auch auf die sozialen Verwerngen und Konflikte in rohstoffreichen Staaten hingeiesen. Auf die wesentlichen Ursachen dafür, wie zum eispiel schlechte Regierungsführung, Korruption, unureichende staatliche Strukturen, geht der Antrag jeoch nicht weiter ein. Diese Ausführungen zeigen deutlich, dass man eine erechte und entwicklungsfördernde Rohstoffpolitik, wie s in Ihrem Antrag heißt, nicht dadurch erreicht, dass an Interessen der Rohstoffversorgung zurückstellt, den influss der Wirtschaft ausbremst und auf Manipulatioen der Rohstoffmärkte durch die Förderländer setzt. Der Ansatz muss zuerst entwicklungspolitisch sein nd sich vor allem in der Unterstützung der Förderläner zeigen. Es geht darum, Good Governance zu stären, Korruption zu bekämpfen, illegalen Abbau von ohstoffen zu verhindern. Das kann durch internatioale Initiativen wie die Extractive Industries Trans )


(A) )

parency Initiative, EITI, durch konkrete Entwicklungs-
projekte vor Ort aber selbstverständlich auch durch
Initiativen der Unternehmen geschehen.

Lassen Sie mich zunächst auf den ersten Aspekt ein-
gehen. EITI ist eine beispielhafte Transparenzinitiative,
die Zahlungsströme von rohstofffördernden Unterneh-
men als Abgaben an den Staat sowie deren Verwendung
transparent macht und veröffentlicht. Das wirkt Korrup-
tion entgegen und stärkt Good Governance. Bei aller
Kritik, dass dieses Instrument bei weitem nicht aus-
reicht, ist EITI doch ein richtiger und vielversprechen-
der Ansatz, ähnlich wie der sogenannte mineralische
Fingerabdruck dem illegalen Abbau Vorschub leisten
kann. An diese internationalen Ansätze gilt es anzuknüp-
fen.

Da die akuten Probleme aber gerade in den Förder-
ländern und auch in deren Verantwortung liegen, setzen
wir auch hier ganz konkret mit unserer bilateralen Ent-
wicklungszusammenarbeit an. Unser Ziel ist es, soweit
als möglich einen stabilen und leistungsfähigen Roh-
stoffsektor aufzubauen, der nachhaltige lokale Wert-
schöpfung ermöglicht. Das ist leider bisher häufig noch
nicht gelungen. Dieser Punkt sollte daher im Fokus un-
serer zukünftigen Entwicklungszusammenarbeit stehen.

Gleichwohl gibt es bereits hervorragende Projekte.
Zu erwähnen sind besonders die Beiträge gegen illegale
Ressourcenausbeutung in der Region Große Seen in
Afrika. Hier sind wir unter anderem im Bereich der Zer-
tifizierung von Handelsketten mineralischer Rohstoffe in
Ruanda sowie bei der Entwicklung und Anwendung ei-
nes staatlichen Finanzierungssystems für mineralische
Rohstoffe in der Demokratischen Republik Kongo aktiv.
In Kongo unterstützen wir zudem die transparente, effi-
ziente und entwicklungsorientierte Verwendung von
Rohstoffeinnahmen. Gerade diese beiden Projekte sind
vorbildlich, weil sie an mehreren neuralgischen Punkten
ansetzen und insbesondere den Aspekt der Good Gover-
nance einbeziehen.

Grundsätzlich ist natürlich im Bereich der Nutzung
von Rohstoffen für die eigene Bevölkerung ganz beson-
ders Bildung wichtig, gerade auch über die Grundbil-
dung hinaus. Sie ist Voraussetzung und Basis für den
Aufbau von lokalen Wertschöpfungsketten sowohl im
Dienstleistungsbereich um den Bergbau als auch bei der
Weiterverarbeitung von Rohstoffen. Hier kann und wird
Deutschland gute Beiträge leisten, zum Beispiel auch
durch das duale System der Berufsausbildung, das ein
Alleinstellungsmerkmal deutscher Bildungspolitik dar-
stellt.

In diesem Zusammenhang begrüße ich die Ankündi-
gung des BMZ, die Investitionen im Bildungsbereich ge-
rade in Afrika, wo es sowohl viele rohstoffreiche als
auch unzureichend entwickelte Staaten gibt, von
68,5 Millionen Euro im Jahr 2009 bis 2013 auf 137 Mil-
lionen Euro zu verdoppeln.

Sie sehen also, dass wir durchaus im Rohstoffbereich
entwicklungspolitisch aktiv sind; nur besteht unsere
Strategie zuallererst darin, Verbesserungen in den Ab-
bauländern herbeizuführen. Das zeigen auch die von Ih-

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(C (D en kritisierten Rohstoffpartnerschaften, die sowohl die ntwicklung des Landes durch die Modernisierung des ohstoffsektors als auch mehr Transparenz bei den Hanelsketten und Finanzströmen zum Ziel haben. Zudem einhalten sie die Unterstützung von Umweltund Soialstandards. Insofern wäre ein Fallenlassen des Konepts der Rohstoffpartnerschaften, wie die Linke es forert, ein klarer Rückschritt. Wenn wir unsere Rohstoffpolitik in ihrer Gesamtheit ewerten, dann sollten wir auch den Vergleich mit China unsere Aktivitäten einbeziehen: China investiert un ndlich viel Geld in die Umsetzung seiner strategischen iele und die Sicherung seiner Rohstoffversorgung. Bei hinas Erschließungsund Infrastrukturprojekten vor rt bleibt dann jedoch jeder Nachhaltigkeitsgedanke ußen vor: Es wird weder auf die Bedürfnisse und Senibilitäten in den Förderländern Rücksicht genommen, och wird dort Wertschöpfung oder gar eine Entwickng des Landes angestrebt. Im Gegenteil: Die Chine en rücken sogar mit eigenen Arbeitern an, die auch von bis Z aus China versorgt werden. Eine solche Politik at die Interessen der rohstoffreichen Länder, ganz zu chweigen von den rohstoffarmen Länder, überhaupt icht im Blick. Natürlich darf man in einem ganzheitlichen Ansatz er Entwicklungszusammenarbeit auch die Förderunrnehmen sowie die verarbeitenden Unternehmen nicht ußen vor lassen. Hier haben wir ja neben den bereits rwähnten Transparenzinitiativen durchaus auch Erlge auf internationaler Ebene vorzuweisen. Ich möchte ier nur an die Leitlinien der Vereinten Nationen für enschenrechtlich verantwortliches unternehmerisches andeln sowie an die ebenfalls jüngst überarbeiteten ECD-Leitlinien erinnern. Es ist aber keineswegs so, dass die Unternehmen kein teresse an sozial und ökologisch nachhaltigem Roh toffabbau haben, wie es die Linke offenbar immer noch laubt. Je wichtiger den Konsumenten nachhaltig erzeugte rodukte sind, je langfristiger Unternehmen auch mit ren Niederlassungen in Entwicklungsländern planen, esto stärker wird verantwortliches Handeln Teil der irmenphilosophie. Das zeigt sich zum Beispiel in der Stärkung der Cororate Social Responsibility, CSR, vieler Unternehmen. andelte es sich früher häufig nur um ein Feigenblatt, o sind inzwischen viele Unternehmen ernsthaft darum emüht, bei ihrer Produktion, aber auch bei Zulieferern kologische und soziale Nachhaltigkeit sicherzustellen. Lassen Sie mich ein positives Beispiel hervorheben, eil es ganz aktuell ist. Ich habe es dem vergangene oche erschienenen Corporate-Responsibility-Bericht 010 der Evonik Industries AG entnommen. Hier hat vonik unter der Überschrift „Verantwortung in der ieferkette“ Umweltund Sozialstandards in seine konernweite Beschaffungsrichtlinie aufgenommen und in en Allgemeinen Einkaufsbedingungen verbindlich festeschrieben. Evonik legt fest, dass Lieferanten die rundsätze des UN Global Compact und die Standards Jürgen Klimke gebene Reden )





(A) )

der ILO zu achten haben. In einem weiteren Feld veran-
kert Evonik Corporate Responsibility bereits in der Aus-
bildung – das nenne ich wahrhaft nachhaltig.

Dieses wahllos herausgegriffene positive Beispiel
zeigt, dass auch im Bereich der Unternehmensverant-
wortung marktwirtschaftliche Mechanismen wirksam
sein können, auch wenn dies die Politik nicht von ihrer
Aufgabe entbindet, internationale Normen für Unter-
nehmen zu erreichen und deren Durchsetzung zu über-
wachen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf ein anderes
Thema kommen: auf das Verständnis, das die Linkspar-
tei Marktabschottungen und Exportzöllen der Expor-
teure auf dem Rohstoffsektor entgegenbringt.

Bei allem Verständnis für den Finanzierungsbedarf
der Entwicklungsländer – unser Ideal darf keine Welt
mit Handelshemmnissen sein, wir sehen einen umge-
kehrten Weg hin zu mehr Freihandel und natürlich auch
zur Öffnung der Europäischen Union für die Produkte
der Entwicklungsländer. Davon würden wir alle un-
gleich mehr profitieren. Deshalb sehen wir Handelsbe-
schränkungen und dauerhafte Exportzölle als problema-
tisch an. Es muss vielmehr um die Integration der
Entwicklungsländer in die soziale Marktwirtschaft ge-
hen.

Weiterhin besteht aus meiner Sicht das vorrangige
Problem nicht in einer Unterbezahlung der Rohstoff-
exporte, es besteht vielmehr in Schwierigkeiten, aus dem
Rohstoffreichtum höheren gesamtgesellschaftlichen
Nutzen zu erzielen und den Aufbau einer Industriepro-
duktion sowie eines Dienstleistungssektors zu befördern.
Hier benötigen die Staaten unsere Unterstützung, und
hier leistet die deutsche Entwicklungszusammenarbeit
einen wichtigen Beitrag.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1711734400

Extraktive Rohstoffe sind ein knappes und endliches

Gut. Sind Staaten wie die Bundesrepublik, die wenig bis
gar keine extraktiven Rohstoffvorkommen aufweisen,
auf die externe Versorgung mit solchen Gütern angewie-
sen, dienen ausgewogene Rohstoffabkommen für die
notwendige und kontinuierliche Lieferung der angefor-
derten Rohstoffe, um die heimische Industrie am Laufen
zu halten. Das ist für den Standort Deutschland gut. Was
aber nicht gut ist, ist die Art und Weise, wie die Bundes-
regierung und die Europäischen Union ihre Rohstoffpo-
litik verstehen. Hier sollen deutsche Rohstoffinteressen
auch zulasten der ärmsten Menschen durchgeboxt wer-
den – selbst von militärischer Absicherung der Rohstoff-
versorgung war die Rede. Für mich ein unglaublicher
und inakzeptabler Vorgang.

Rohstoffpolitik ist ein sensibles Feld. Die Verfügbar-
keit über knappe Ressourcen birgt starke Interessens-
konflikte und weckt Begehrlichkeiten auf vielen Statio-
nen einer langen Rohstofflieferkette. Ob Kupfer aus
Chile, Zink aus Peru oder Kobalt aus der Demokrati-
schen Republik Kongo. Bis der Rohstoff von der Gewin-
nung aus Minen zur endgültigen Veredelung seinen Platz
in einem deutschen Volkswagen oder Opel findet, wan-

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(C (D ert er entlang einer teils intransparenten Interessenette, bei der viele Beteiligte auch ein großes Stück vom ohstoffkuchen naschen wollen. Doch wer zu viel ascht, der bekommt nicht nur einen unübersehbaren ohlstandsbauch, sondern der futtert anderen das eientlich zugesprochene Stück Kuchen auch noch weg. Das Ergebnis ist frappierend. Für die meisten Menchen in den Entwicklungsländern bereitet der eigentch vorhandene Rohstoffreichtum den Weg in die nicht nden wollende Armutsspirale. Denn anstatt von dem ostbaren Gut, das in der Erde schlummert, zu profitien, sind die vorhandenen Rohstoffe für viele dieser Län er eher Fluch als Segen. Das ist so paradox wie es aurige Gewissheit ist. Zwangsvertreibungen und unzureichende Entschädiungen ignorieren beispielsweise bestehende Landchte indigener Völker und treten das Recht auf Nah ung mit Füßen. Skrupellose international agierende nternehmen, Korruption, Vetternwirtschaft und ungeügende Rechtsgrundlagen im Bereich von Menschrechn und Umweltund Sozialstandards sind dafür verantortlich, dass die Einnahmen aus dem Rohstoffhandel ftmals auf undurchsichtigen Wegen versickern, die Areiter in den Rohstoffminen keine fairen Löhne erhalten, u menschenverachtenden Konditionen ihre Arbeit leisn, die Umwelt bei der Förderung bestimmter Rohstoffe xtremen Schaden nimmt und nicht selten schlimme Ausirkungen auf die Gesundheit der Menschen vor Ort haen. Natürlich werden viele sagen, dann müssen die jeweigen Staaten eigenständig dafür sorgen, dass Steuereinahmen generiert werden, die Gelder in den öffentlichen aushalt fließen und wichtige Umweltund Sozialstanards rechtlich verankert werden. Diese Einschätzung ile ich nur eingeschränkt. Sicherlich müssen die jeweigen Regierungen in den Entwicklungsländern dafür orge tragen, dass die Einnahmen aus dem Rohstoffichtum ihres Landes auch gerecht verteilt bzw. zum ohl der Gesellschaft verwendet werden. In diesen taaten Good Governance zu fördern ist daher richtig – ber nicht ausreichend. Es ist auch unsere Aufgabe als dustrienation dafür zu sorgen, dass der Rohstoffhan el zu transparenten und fairen Bedingungen abläuft. owohl die am Handel beteiligten Unternehmen als uch die Regierungen der importorientierten Länder üssen hier ihrer Verantwortung gerecht werden. Dabei arf die Rohstoffsicherung nicht auf Kosten von Armutsekämpfung durchgesetzt werden. Beides gilt es mitinander in Einklang zu bringen. Notfalls auch um den erzicht auf Rohstoffe aus fragilen Ländern. Es kann jedenfalls nicht sein, dass einerseits der angel an vorhandenen Schutzregelungen für Mensch nd Umwelt und transparenten und fairen Steuerregengen moniert wird, aber gleichzeitig nicht davor zu ückschreckt wird, diesen Mangel zum eignen Vorteil zu utzen, indem in der Förderregion ansässige Bergbauesellschaften – die meist Tochterunternehmen westliher Unternehmen sind – viel zu niedrige oder teils gar eine Steuern zahlen. Daher lautet mein Appell an die eutsche Wirtschaft hier mit unternehmerischer Verant Jürgen Klimke gebene Reden )





(A) )

wortung vorbildhaft voranzugehen und selbst einen fai-
ren Rohstoffhandel einzufordern.

Fairer Handel bedeutet für die SPD-Bundestagsfrak-
tion, dass alle an der Handelskette Partizipierenden
auch vom Handel profitieren. Das setzt die Einhaltung
sozialer, wie beispielswiese den ILO-Kernarbeitsnor-
men, und ökologischer Mindeststandards sowie der
Menschenrechte voraus. Eine durch Transparenz und
klare Regelungen geschaffene Kontrollmöglichkeit ist
unabdingbar. Im Gegensatz zur Bundesregierung sind
wir der Meinung, dass der Rohstoffhandel nicht alleine
der Privatwirtschaft überlassen werden kann. Darum
brauchen wir zukunftsorientierte Strategien, die allen
Beteiligten gerecht werden und international verankert
werden. Ziel ist ein weltweites Rohstoffregime mit trans-
parenten Regeln und fairen Bedingungen für Anbieter
und Abnehmer. Das haben wir in unserem Antrag „Fai-
ren Rohstoffhandel sichern – Handel mit Seltenen Erden
offen halten“ (Drucksache 17/4553) eindringlich gefor-
dert.

Uns ist dabei besonders wichtig, dass Rohstoffpart-
nerschaftsabkommen mit Entwicklungsländern der Ent-
wicklung des Landes und der dort lebenden Bevölkerung
dienen. Bei der Förderung von Rohstoffen in Entwick-
lungsländern muss deshalb darauf geachtet werden,
dass die lokal betroffene Bevölkerung frühzeitig in den
Prozess eines solchen Abkommens eingebunden wird
und Transparenz bei der Verteilung der Gewinne im
Sinne der Extractive Industries Transparency Initiative,
EITI, aus der Rohstoffpartnerschaft hergestellt wird.
Über Transparenz hinaus muss eine gerechte Verteilung
der Gewinne durchgesetzt werden. Eine Zertifizierung
der Handelsketten flankiert diese Forderung. Dabei
muss klar sein, dass Rohstoffpartnerschaftsabkommen
keinen Einfluss auf die Auswahl unserer Länder haben,
mit denen wir Entwicklungszusammenarbeit betreiben.
Wir werden der Bundesregerung bei der zukünftigen
Auswahl der Partnerländer ganz genau auf die Finger
schauen.

Beim Thema fairen Rohstoffhandel, sind uns die Ame-
rikaner einen Schritt voraus. Dort trat im Sommer 2010
die Cardin-Lugar Novelle als Teil der Dodd-Frank Wall
Street Reform in Kraft. Die Novelle verlangt von allen
Rohstoffunternehmen, die an der US-Börse Rohstoffe
handeln wollen, sämtliche Zahlungen an die U.S. und
andere Regierungen in Verbindung mit der Extraktion
von Öl, Gas und Mineralien offenzulegen. Alle bei der
Wertpapieraufsichtsbehörde SEC, U.S. Securities & Ex-
change Commission, geführten Unternehmen sind von
dem Gesetz betroffen, egal in welchem Land sie ihren
Sitz haben. Die Zahlungsströme müssen im jährlichen
Bericht an die SEC offengelegt werden und zur Informa-
tion online zur Verfügung gestellt werden. Sukzessive
werden jetzt 16 Hauptartikel und mehr als 500 Einzel-
artikel umgesetzt.

Mit diesem Gesetz wird mehr Transparenz hergestellt
und Korruption verringert. Nichtregierungsorganisatio-
nen wie ONE sehen dieses Gesetz und die damit verbun-
denen Entwicklungen sehr positiv. Wir unterstützen das
und werden diesen Prozess aktiv begleiten. Die Bundes-

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(C (D gierung muss sich auf europäischer Ebene für die Einhrung eines solchen adäquaten Gesetzes einsetzen. In der Rohstoffstrategie der Bundesregierung heißt s: „Rohstoffsicherung kann keine Einbahnstraße sein. s geht darum, die Interessen sowohl der rohstoffförernden als auch der rohstoffimportierenden Länder wie eutschland zu berücksichtigen, sinnvoll in Ausgleich u bringen und im Sinne gemeinsamer Vorteile fortzuntwickeln.“ Wenn man die Anträge der Linken liest, und ganz beonders auch den uns jetzt vorliegenden, könnte man einen, es wäre regelrecht unanständig, wenn Deutschnd eigene Interessen hat und diese auch nach außen ertritt. Dabei ist das völlig legitim und genau das, was er Wähler vom Abgeordneten erwarten kann und muss. r will, dass seine Steuergelder gut angelegt werden. ür die Entwicklungshilfe bedeutet das: in sinnvollen, achhaltigen Projekten, die dem betroffenen Land heln und gleichzeitig Deutschland nutzen. Es ist dem teuerzahler weder zu vermitteln noch zuzumuten, dass eutschland Milliarden für Entwicklungshilfe ausgibt, hne davon in irgendeiner Weise auch zu profitieren. Zu den Besonderheiten von Rohstoffen gehört, dass Inressen der Entwicklungsländer und der Industrieländer usammenkommen. Der Rohstoffsektor ist mit den weentlichen entwicklungspolitisch relevanten Themen wie rmutsbekämpfung, Förderung von guter Regierungsfühung, Umweltund Ressourcenschutz, Krisenprävention, ndliche Entwicklung und nachhaltige Wirtschaftsenticklung unmittelbar verknüpft. Er kann finanzielle Stütze er in diesem Bereich formulierten Ziele der Entwickngsländer sein. Dabei sind Industriewie Entwickngsländer auf die sichere und auf die auf den Grundsät en des freien und fairen Marktes basierende Lieferung on Rohstoffen angewiesen. Das deutsche Entwicklungszusammenarbeit-Engageent im Rohstoffsektor verfolgt in den Partnerländern in ganzheitliches Konzept, das im „Entwicklungspolitichen Strategiepapier Extraktive Rohstoffe“ niedergegt ist. Die wichtigsten Ziele sind, den Rohstoffsektor r Aufbau und Stärkung der Wirtschaft in den Partnerndern zu nutzen, leistungsfähige Strukturen im Roh toffsektor aufzubauen, Transparenz zu verwirklichen, kologische und soziale Mindeststandards zu verwirklihen, Rohstoffkonflikte einzudämmen und Ressourcenutzung zu verbessern. Rohstoffeinnahmen bieten rohstoffreichen Ländern in erhebliches Potenzial für deren nachhaltige Wirtchaftsentwicklung. Diese Einnahmen müssen in Steurn, in ein eigenes Finanzsystem der Entwicklungsländer ießen und dürfen nicht außer Landes geschafft werden. ierfür ist eine gute Regierungsführung unerlässlich. ransparenz bei Warenund Zahlungsströmen ist eine oraussetzung, um Korruption und einer ungerechten innahmenverteilung entgegenzuwirken. Die deutsche ntwicklungspolitik unterstützt dies unter anderem über ie Extractive Industries Transparency Initiative, EITI. Dr. Sascha Raabe gebene Reden )

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1711734500




(A) )

Hinsichtlich der sich verändernden Situation auf den
Rohstoffmärkten beabsichtigt die Bundesregierung,
auch Maßnahmen der Wirtschaft zur Diversifizierung
von Rohstoffbezugsquellen durch Rohstoffpartnerschaf-
ten zu unterstützen. Darin soll auch die Entwicklungszu-
sammenarbeit zum Tragen kommen. In ausgewählten
rohstoffreichen Entwicklungs- und Schwellenländern
sollen Außenpolitik, Entwicklungszusammenarbeit und
die Außenwirtschaftsinstrumente des BMWi die Bemü-
hungen der Wirtschaft zur Rohstoffsicherung flankieren.
Dabei bleibt die EZ der Bundesregierung dem Ziel einer
Welt ohne Armut, gewaltsame Konflikte und ökologische
Zerstörung verpflichtet.

Auch bei den Rohstoffpartnerschaften liegt der Ak-
zent auf der Gegenseitigkeit. Es geht nicht einseitig da-
rum, sich Bezugsquellen zu sichern, sondern es werden
auf der anderen Seite zum Beispiel durch die verarbei-
tende Industrie Arbeitsplätze geschaffen und damit die
Armut bekämpft. Armut schafft man nicht durch reine
Transferleistungen aus der Welt! Das hat die rote Ent-
wicklungspolitik vergangener Jahrzehnte deutlich ge-
zeigt.

Und vor allem die Linken meinen, sich auch in der
Entwicklungshilfepolitik als Gutmenschen profilieren zu
müssen. Schade nur, dass sie sich überall da, wo sie
selbst in der Regierungsverantwortung stehen, als das
glatte Gegenteil davon erweisen. Ob im kommunisti-
schen China, in Nordkorea oder in Kuba, von der Wah-
rung der Menschenrechte, die in dem Antrag angemahnt
wird, keine Spur! Vielleicht sollten die Linken erst mal
bei ihren Gesinnungsgenossen dafür sorgen, dass Men-
schenrechtsstandards eingehalten werden, bevor sie an-
fangen, der Bundesregierung in dieser Frage wegwei-
sende Hinweise zu geben. Die FDP-Bundestagsfraktion
lehnt diesen Antrag ab.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711734600

In der Rohstoffanhörung des Entwicklungsausschus-

ses vor vier Wochen haben wir gehört, wie in den Län-
dern des Südens die europäischen Rohstoffinteressen ge-
gen die Lebensinteressen der lokalen Bevölkerung
durchgesetzt werden. Der Sachverständige Nouhoum
Keita hat uns eindrucksvoll vom Kampf der Bewohne-
rinnen und Bewohner von Falea in Mali gegen europäi-
sche Rohstoffunternehmen berichtet, die ihre Gemeinde
umpflügen wollen, um Uran zu fördern. Die Arbeitsbe-
dingungen in den Uranminen sind für viele Tausend
Menschen tödlich durch das Einatmen hochgiftigen
Uranstaubs. Solche Beispiele gibt es überall auf der
Welt. Und auch das wurde in der Anhörung deutlich:
Diese Beispiele werden nicht seltener werden. Die Euro-
päische Union und die Bundesregierung haben zur glo-
balen Jagd nach Rohstoffen geblasen, überwiegend
nach solchen, die in Entwicklungs- und Schwellenlän-
dern lagern. Sie folgen damit den „Empfehlungen“ der
Großindustrie. Zwischen der Veröffentlichung der Roh-
stoffstrategie des BDI und der der Bundesregierung la-
gen gerade einmal vier Monate. Die Bundesregierung
folgt den BDI-Vorgaben fast aufs Wort. Auch bei der
Entwicklung der EU-Rohstoffinitiative nahmen die
Lobbyverbände erheblichen Einfluss. Entsprechend sind

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(C (D ie Strategien ausgerichtet, nämlich auf den uneingechränkten Zugriff auf die Rohstoffe in Drittländern. Investitionsbeschränkungen in den Rohstoffländern ollen beseitigt werden. Exportzölle bei der Ausfuhr von ohstoffen sollen fallen, Quoten sollen verboten werden. abei legt die Bundesregierung eine erstaunliche Kalt chnäuzigkeit an den Tag. In Brüssel setzt sie sich bei er Reform der EU-Handelspräferenzen dafür ein, dass ur noch solche Entwicklungsländer in das Präferenzystem aufgenommen werden, die bereit sind, den Rohtoffhandel zu liberalisieren. Das Schlimme ist: Im Moent sieht es so aus, als ob sich die Bundesregierung mit iesem Standpunkt durchsetzt. Der Vorschlag der Komission zur Reform geht leider in diese Richtung. Wir erden uns damit nicht abfinden und viele Regierungen, ktivistinnen und Aktivisten im Süden auch nicht. Sie werden sich zunehmend Gehör verschaffen: weil ich Bürgerinnen und Bürger betroffener Regionen wehn, wie in Falea, und weil Regierungen, die mit der EU ber Handelsund Investitionsschutzabkommen verhaneln, zunehmend selbstbewusster werden. Genau das ill die Bundesregierung trotz anderslautender Aussaen verhindern; deshalb versucht sie es nun mit Erpresung über ihre Handelspolitik. Wenn nötig, wird der Zugriff auf Ressourcen mit rieg erzwungen. Wir erleben das gerade in Libyen. Die ATO will dort kriegerisch einen Regime-Change hereiführen. Wir haben die Bundesregierung dabei untertützt, dass sie sich bisher nicht am Krieg beteiligt hat. och besser wäre, sich aktiv für ein Ende der Bombarierungen einzusetzen, anstatt nun doch Bombenteile für en Krieg zu liefern. Doch auch wenn die Bundesregieung in diesem Fall nicht direkt Krieg führt, der Bundeserteidigungsminister hat es im Mai mit der Präsentaon der Verteidigungspolitischen Richtlinien ganz eutlich gemacht: Die Sicherung des Zugriffs, des Hanels und Transports von Rohstoffen soll künftig ganz elbstverständlich zu den Aufgaben der Bundeswehr geören. Der Rohstoffansatz der Bundesregierung ist in impeialer Manier eine einzige Drohung an die Länder des üdens: Gebt eure Rohstoffe freiwillig her oder wir drüken euch wirtschaftlich die Luft ab. Oder: Es gibt rieg. – Wir müssen uns aber an den Gedanken gewöhen: Es sind nicht „unsere“ Rohstoffe, die einfach in den lschen Ländern lagern. Wir brauchen deshalb einen anz anderen Ansatz: Rohstoffhandel nur zu gerechten reisen und sozialökologischen Bedingungen, die nicht ulasten der Bevölkerung gehen. Zuallererst sind aber ie westlichen Industriestaaten aufgefordert, insgesamt ine Verringerung des Rohstoffumsatzes zu erzielen, antatt den Zugriff auf immer mehr Rohstoffe militärisch bzusichern. Es ist doch paradox: Gegenwärtig leben drei Viertel er armen Bevölkerung in rohstoffreichen Entwickngsländern. Dabei verfügen diese Länder mit ihren ohstoffvorkommen eigentlich über viel Entwicklungsotenzial. Joachim Günther gebene Reden Ute Koczy )

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711734700







(A) )

Die Frage, die uns umtreibt, ist: Warum gelingt es so
selten, dieses Potenzial auch zu nutzen und den Roh-
stoffreichtum in politische und sozioökonomische Ent-
wicklungsprozesse für alle zu überführen?

Um dieses Parodox zu überwinden, muss sehr viel
mehr geschehen. Vor allem aber wird eine gerechte und
entwicklungsförderliche internationale Rohstoffpolitik
gebraucht. Ziel: Rohstoffreiche Länder müssen ihr
Potenzial nutzen. Und sie müssen es auch nutzen kön-
nen.

Wir stellen fest, dass die aktuelle Rohstoffpolitik der
Bundesregierung den Handlungs- und Gestaltungsspiel-
raum der Förderländer einschränkt. Im Vordergrund
stehen Forderungen nach dem Abbau von Handels-
hemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen. Doch wir
wissen aus der Erfahrung, dass eine solche Liberalisie-
rung Entwicklungsländer auch der Möglichkeit beraubt,
Rohstoffexporte und Investitionen im Rohstoffsektor im
Sinne der Entwicklung ihres Landes zu steuern. Dieses
fundamentale Problem wird auch durch die begleitenden
entwicklungspolitischen Maßnahmen, welche in der
Rohstoffstrategie ja ebenfalls genannt werden, nicht ab-
gemildert. Schwarz-Gelb setzt in der Rohstoffpolitik ein-
seitig auf Rohstoffsicherung, Wirtschaftsinteressen wer-
den gegen nachhaltige Entwicklung ausgespielt.

Damit steht der Ansatz der Bundesregierung in fun-
damentalem Widerspruch zu den Leitlinien unserer Roh-
stoffpolitik: Wir setzen auf Gerechtigkeit und Entwick-
lungschancen für die Förderländer. Das heißt für uns
einerseits: Wir müssen unseren Rohstoffverbrauch dras-
tisch reduzieren und auf eine nachhaltige, effiziente und
innovative Grundlage stellen. Andererseits zielt unser
Ansatz auf eine nachhaltige Rohstoffgovernance. Wir
wollen Länder dabei unterstützen, ihr Potenzial zu nut-
zen. Der Aufbau von Kapazitäten ist hierfür entschei-
dend: Rohstoffreiche Länder müssen in die Lage versetzt
werden, transparente Verträge im Interesse des Landes
auszuhandeln. Verbindliche und substanzielle Standards
für Abbau, Weiterverarbeitung und Export müssen im-
plementiert und ihre Einhaltung überwacht werden. Der
Aufbau von Wertschöpfungsketten birgt außerdem die
Chance, dass zunehmend Wertschöpfung in den Abbau-
ländern stattfindet.

Zum Antrag der Linken: Viele dieser Punkte finden
sich auch in Ihrem Antrag wieder. So zeigen Sie die
hochproblematischen Auswirkungen des aktuellen An-
satzes von Schwarz-Gelb und der EU auf rohstoffreiche
Entwicklungsländer auf. Hier teilen wir Ihre Analyse in
weiten Teilen. Denn im Hinblick auf die berechtigten In-
teressen der Entwicklungsländer gilt sowohl für die
Strategie der Bundesregierung als auch der EU: Fehl-
anzeige! Die Perspektive der Menschen vor Ort bleibt
außen vor.

Auch wir setzen auf die Unabhängigkeit von fossilen
Energieträgern und auf eine dezentrale und verbrau-
chernahe Gewinnung regenerativer Energien. Auch wir
setzen in der Rohstoffpolitik auf einen inklusiven Pro-
zess, auf die Einbeziehung der Partnerinnen und Part-
ner in den Entwicklungsländern sowie der Zivilgesell-

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(C (D chaft vor Ort und hier bei uns in Deutschland. Das teht außer Frage. Nach konkreten Lösungsvorschlägen oder Alternatien sucht man in Ihrem Antrag allerdings vergebens. So lädieren Sie dafür, das Konzept der Rohstoffpartnerchaften fallen zu lassen und die Rohstoffstrategie zuückzuziehen. Da machen Sie es sich aber zu einfach. olche Forderungen lassen sich leicht aufstellen, aber hne ein Alternativkonzept ist das nicht hilfreich. Denn ichtig gehandhabt, also als gleichberechtigte Partnerchaft auf Augenhöhe, ließen sich Rohstoffpartnerschafn beispielsweise zur Unterstützung für den Aufbau eies funktionierenden Staatswesens, einer nachhaltigen frastruktur und eines guten Sozialund Bildungssysms nutzen. Außerdem ignorieren Sie den aktuellen Stand der ohstoffdebatte: Weder der Dodd-Frank-Act aus den SA für mehr Transparenz und Kontrolle noch Forde ungen nach Vertragstransparenz finden sich in Ihrem ntrag wieder. Auch auf die wichtige Rolle der Rohstoffnternehmen und deren Verantwortung gehen Sie mit einem Wort ein. Weit auseinander liegen wir im Hinblick auf Ihre nalyse zu den Kriegen im Irak, in Afghanistan und in ibyen. Diese als reine Rohstoffkriege zu deklarieren, ist u kurz gedacht und schlichtweg falsch. Aus all diesen Gründen lehnen wir Ihren Antrag ab. ir wollen eine substanzielle Diskussion, und wir woln machbare Ansätze diskutieren. Leider greifen ihre orschläge hier zu kurz. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/6153 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. – Alle sind damit inverstanden; Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist ie Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRLUmsG)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711734800

– Drucksache 17/6263 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
eden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
innen und Kollegen liegen hier bei uns vor. Damit ist es
o vereinbart.


Olav Gutting (CDU):
Rede ID: ID1711734900

Wir beraten heute in erster Lesung das Beitreibungs-

ichtlinie-Umsetzungsgesetz. Mit dem vorliegenden Ge-
etzentwurf soll zuallererst die EU-Richtlinie über die


(A) )


)(B)

Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug
auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnah-
men in unser nationales Recht transformiert werden.
Die Neuerungen durch die Beitreibungsrichtlinie hebt
die bisherigen Begrenzungen im Anwendungsbereich
der Amtshilfeersuchen auf und erweitert diese.

Um das System der Amtshilfe effektiver zu gestalten,
wird der Geltungsbereich der Amtshilfe erweitert. Ne-
ben einer Verbesserung des Informationsaustauschs
wird das Zustellungsverfahren vereinfacht und ein wirk-
sameres Beitreibungs- und Sicherungsverfahrens ge-
schaffen. Neben der europarechtlich vorgeschriebenen
Umsetzungspflicht der Beitreibungsrichtlinie soll mit
dem vorliegenden Gesetz gleichzeitig auch notwendiger
und unaufschiebbarer steuerlicher Änderungsbedarf in
einigen Bereichen des Steuerrechts umgesetzt werden.

Die steuerrechtlich notwendigen Änderungsmaßnah-
men betreffen neben der bedeutsamen Ablösung der ein-
führenden Vorschriften zur Bildung und Anwendung der
elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale, ELStAM,
eine Vielzahl von steuerlichen Regelungsbereichen, so-
dass man bereits von einem abgespeckten Jahressteuer-
gesetz sprechen kann. Bedeutsam ist, dass wir mit dem
vorliegenden Gesetz eine Steuerfreiheit für Sozialver-
sicherungsrenten für Verfolgte der nationalsozialis-
tischen Gewaltherrschaft einführen wollen. Mit dieser
Regelung schaffen wir eine Kompensation für entstan-
dene Nachteile für die Verfolgten in der Alterssicherung.

Auch bei der Riester-Förderung gibt es Nachbesse-
rungsbedarf. Wir wollen künftig ungewollte Rückerstat-
tungsfälle – wie in der jüngsten Vergangenheit aufgrund
eines Wechsels des Zulagestatus geschehen – vermeiden.
Um zukünftig wenigstens mittelbar zulagenberechtigt zu
sein, muss der mittelbar Zulagenberechtigte einen eige-
nen jährlichen Mindestbeitrags von 60 Euro zahlen.

Besonders hervorzuheben ist ebenfalls, dass wir ein
automatisiertes Verfahren für den Kirchensteuerabzug
bei abgeltend besteuerten Kapitalerträgen einführen
wollen. Bisher gab es ein Wahlrecht, ob die Kirchensteu-
erbeträge durch die Kreditinstitute einbehalten oder im
Veranlagungsverfahren festgesetzt werden. Nunmehr
sollen die Kreditinstitute den Kirchensteuereinbehalt
stets selbst vornehmen und somit die Kirchensteuer zeit-
nah erfassen und sichern. Anschließend werden diese di-
rekt monatlich an das zuständige Finanzamt abgeführt,
welches die Kirchensteuer an die betreffende Religions-
gemeinschaften zuweist.

Ein wesentliches Element des vorliegenden Gesetzes
ist die ab dem Jahr 2012 flächendeckende Anwendung
der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale. Wir
stellen damit endgültig die Weichen für eine umfassende
Modernisierung des Lohsteuerabzugsverfahrens. Jeder
Bürger hat es Anfang 2011 gemerkt: Seit diesem Jahr
stellen die Gemeinden keine Lohnsteuerkarten mehr
aus. Die Einführung der elektronischen Lohnsteuer-
merkmale und der damit verbundene Wegfall von circa
40 Millionen Papierlohnsteuerkarten führt nicht nur zu
einer bürokratischen Entlastung beim Bürger, sondern
auch in der Finanzverwaltung.

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(C (D Ab diesem Jahr ist alleine die Finanzverwaltung mit er Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale und die Beitstellung für den Abruf durch den Arbeitgeber zustän ig. Zukünftig können entweder der Arbeitnehmer oder Regelfall der Arbeitgeber die erstmalige Bildung der ohnsteuerabzugsmerkmale durch Anfrage beim Fianzamt veranlassen. Dem Arbeitgeber steht dabei ein lektronisches Verfahren zur Verfügung. Die Neufassung er Regelungen zu den elektronischen Lohnsteuerabugsmerkmalen vermeidet unnötige Schnittstellen und omit Fehlerquellen zwischen den Übertragungsmedien nd trägt bedeutend zur Entbürokratisierung bei. Während die längst bei Arbeitgebern und Finanzämrn elektronisch gespeicherten lohnsteuerlichen Daten uf die Papierlohnsteuerkarte eingetragen werden ussten, können diese nunmehr maschinell verwertbar um Lohnsteuerabzug zur Verfügung gestellt werden. Alrdings wurden hinsichtlich der elektronischen Lohn teuerabzugsmerkmale bereits bei den Beratungen zum ahressteuergesetz 2008 vielfach datenschutzrechtliche edenken geäußert. Wir sollten daher das Authentifizieungsverfahren der Arbeitgeber bei den zukünftigen Beatungen nochmals einer Prüfung unterziehen. Die Bürer haben einen Anspruch darauf, dass ihre Daten nur erechtigten Personen zur Verfügung gestellt werden. ies werden wir sicherstellen. Ich freue mich auf gute Beratungen. Da es in diesem Jahr kein Jahressteuergesetz geben ird, nutzen wir das Umsetzungsgesetz zur Beitreiungsrichtlinie, um notwendig gewordene Änderungen es Steuerrechts vorzunehmen und an der einen oder aneren Stelle neu zu justieren. Erstes Beispiel: ELStAM. Das Steuervereinfachungsgeetz wurde in der vergangenen Sitzungswoche beschlosen. Wir hatten angekündigt, mit der Steuervereinfachung ahtlos weiterzumachen. Mit dem Umsetzungsgesetz zur eitreibungsrichtlinie folgt nun der zweite Schritt. Ein Beispiel ist das Verfahren der elektronischen ohnsteuerabzugsmerkmale, ELStAM. Die letzten Lohnteuerkarten aus Pappe tragen das Jahr 2010. Bereits mit dem Jahressteuergesetz 2008 wurde eschlossen, die elektronischen Lohnsteuerabzugserkmale einzuführen und damit die Erhebung der ohnsteuer künftig nur noch im Rahmen eines automaonsgestützten Steuerabzugsverfahrens durchzuführen. amit haben wir einen nicht unerheblichen Umstelngsprozess in Gang gesetzt. Seit diesem Jahr bei pielsweise sind nicht mehr die Kommunen, sondern die ohnsitzfinanzämter der Arbeitnehmer für die lohnsteu rlichen Abzugsmerkmale zuständig. Wir gehen damit einen entscheidenden Schritt weiter uf dem Pfad des Bürokratieabbaus. Mit dem heutigen esetzgebungsverfahren wird das Lohnsteuerabzugs erfahren künftig bedeutend einfacher sowohl auf Areitgeberals auch auf Arbeitnehmerseite und für die inanzverwaltung. Medienbrüche bei der Übertragung lektronisch gespeicherter Daten auf die Lohnsteuergebene Reden Olav Gutting )

Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1711735000




(A) )

karte wird es nicht mehr geben, Lohnsteuerabzugsmerk-
male und deren Änderungen wird die Verwaltung Arbeit-
gebern elektronisch übermitteln. Für den Arbeitnehmer
wird es einfacher, weil in steuerlichen Fragen künftig
ausschließlich das zuständige Finanzamt sein Ansprech-
partner sein wird.

Zu einer Steuervereinfachung gehört für uns aber
auch, dass der Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein
auf die in der ELStAM-Datenbank gespeicherten Daten
seines Mandanten zugreifen kann. Es geht darum, den
Beratern, die den Arbeitnehmer in vielen Fällen ganz-
jährig nicht nur bei der Einkommensteuererklärung be-
gleiten, den gleichen Zugang zu den Arbeitnehmerdaten
zu gewähren wie dem Arbeitgeber. Zu einer qualifizier-
ten Beratung in Steuerfragen gehört auch die Kontrolle
der für die Beratung erheblichen Daten des Steuer-
pflichtigen. Dies sollte dann aber nicht an der techni-
schen Umsetzbarkeit scheitern. Wie hier noch Verbesse-
rungen möglich sind, werden wir in der kommenden
Anhörung beraten.

Zweites Beispiel: Kirchensteuerabzug. Wir vereinfa-
chen das Verfahren des Kirchensteuerabzugs bei Kapi-
talerträgen. Hierdurch verbessert sich für die Kirchen
die Situation enorm. Das Kreditinstitut fragt künftig
beim Bundeszentralamt für Steuern den Kirchensteuer-
satz des Steuerpflichtigen ab und führt die Kirchensteuer
zusammen mit der Abgeltungsteuer an das Finanzamt
ab. Das Steueraufkommen der Kirchen wird durch die-
ses automatische Verfahren zeitnah erfasst und gesi-
chert. Je nach Bundesland zahlen die Kirchen für die zü-
gige Bearbeitung und Weitergabe der Kirchensteuer und
die damit genutzte staatliche Infrastruktur seit jeher Ge-
bühren in Höhe von 2 bis 4 Prozent ihres Steueraufkom-
mens an den Fiskus.

Für den Steuerbürger hat das Verfahren den Vorteil,
dass das Kreditinstitut zur Abführung der Kirchensteuer
die Religionszugehörigkeit nicht mehr abfragen muss.
Dadurch entfällt in vielen Fällen der Ärger, mangels An-
gabe der Religionszugehörigkeit oder wegen nicht
rechtzeitiger Angabe vor Beginn des Veranlagungszeit-
raums abgeltend besteuerte Kapitaleinkünfte später un-
ter erheblichem Zeitaufwand doch in der Steuererklä-
rung angeben zu müssen. Darüber hinaus besteht auch
keine Veranlassung für das Kreditinstitut, die konkrete
Religionszugehörigkeit des Steuerpflichtigen zu erfah-
ren.

Drittes Beispiel: Kindergeld beim Bundesfreiwilli-
gendienst. Im Rahmen von Kinderfreibeträgen und Kin-
dergeld wird im Gesetzentwurf der Katalog der Freiwil-
ligendienste um den in diesem Jahr gestarteten
Internationalen Freiwilligendienst erweitert. Rückwir-
kend ab Januar können Teilnehmer an diesen Freiwilli-
gendiensten bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Vo-
raussetzungen wie während des Freiwilligen Sozialen
oder Ökologischen Jahres Kindergeld erhalten. Eine
entsprechende Regelung für Teilnehmer des neuen, ab
morgen geltenden Bundesfreiwilligendienstes ist im Re-
gierungsentwurf bislang noch nicht vorgesehen, von den
Koalitionsfraktionen aber gewünscht. Deshalb werden
wir einen Änderungsantrag einbringen, der die Zahlung

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Zu Protokoll ge

(C (D on Kindergeld ab Juli ermöglichen wird. Die Finanzerwaltung hat bereits klargestellt, dass Teilnehmern es Bundesfreiwilligendienstes unter 25 Jahren bis zur chaffung einer endgültigen rechtlichen Grundlage auf nbürokratischem Weg vorläufig Kindergeld ausgezahlt ird. Viertes Beispiel: Verlängerung der Ist-Besteuerung. m 31. Dezember dieses Jahres droht eine Erleichteung auszulaufen, die als Folge der weltweiten Finanznd Wirtschaftskrise mittelständischen Unternehmen undesweit gewährt worden ist und einen signifikanten eitrag zur Liquiditätssicherung leistet: Die Möglicheit der Ist-Besteuerung würde ab 2012 vielen mitteltändischen Unternehmen nicht mehr zur Verfügung steen. Mit der Ist-Besteuerung haben Unternehmen die öglichkeit, die Umsatzsteuer erst nach Begleichung er Rechnung durch den Leistungsempfänger ans Fianzamt abzuführen. Liefe die jetzige Regelung aus, ürde die Grenze bundesweit von 500 000 Euro auf 50 000 Euro zurückfallen. Bei der dann geltenden Sollesteuerung erhält das Finanzamt die Steuer bereits bei eistungserbringung. Der Unternehmer muss also in orleistung treten und riskiert dabei seine gerade bei leinen Unternehmen oft lebenswichtige Liquidität. Es ist sehr erfreulich, dass sich die Bundesregierung ntsprechend dem Hinweis des Bundesrats positioniert at und die dauerhafte Verlängerung der geltenden Umatzgrenze über das Jahr 2011 hinaus befürwortet. Anernfalls wäre die 2007 erfolgte Anhebung der Grenze er Buchführungspflicht auf einen Umsatz von mehr als 00 000 Euro Makulatur. Die dadurch erreichten Einparungen an Bürokratiekosten in den Unternehmen ürden in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die Unternehen wegen einer Absenkung der Ist-Besteuerungsgrenze ei der Umsatzsteuer doch gezwungen wären, eine uchführung zu installieren. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird in ihrer ersn Sitzung nach der Sommerpause einen entsprechenen Vorstoß erarbeiten, sodass sichergestellt ist, dass as Gesetzgebungsverfahren rechtzeitig vor Ende 2011 bgeschlossen sein wird. Fünftes Beispiel: Insolvenzordnung/Aufrechnung. Zu egrüßen ist die Stellungnahme des Bundesrats zum Inolvenzrecht, mit der eine Klarstellung im Gesetz angegt wird. Bislang war eine Aufrechnung zwischen Vor teuerforderungen und Umsatzsteuerzahllasten eines solventen Unternehmens möglich. Durch eine aktuelle echtsprechungsänderung wird dies nun infrage getellt. Das hätte zum Ergebnis, dass ein Insolvenzveralter mit dem Vorteil, Vorsteuer geltend machen zu önnen, Umsatzsteuer aber nicht abführen zu müssen, aren und Dienstleistungen 19 Prozent billiger als ein esundes Konkurrenzunternehmen anbieten könnte. ine Gesundung auf dem Rücken von Wettbewerbern ann aber nicht gewollt sein und würde schlimmstenfalls u einer wirtschaftlichen Bedrängnis des gesunden Unrnehmens führen. Auch die Sanierung von Unternehen muss unter fairen Wettbewerbsbedingungen gescheen. Antje Tillmann gebene Reden )





(A) )

Neben diesen näher beschriebenen Veränderungen
wird es auch beim Bewertungsverfahren, bei der Arbeit-
nehmersparzulage und bei der steuerlich geförderten
Altersvorsorge Diskussionen geben. Die noch zu be-
schließende Anhörung wird sicherlich noch zu Verände-
rungen des jetzigen Gesetzentwurfs führen.


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1711735100

Wir beraten heute in erster Lesung einen Entwurf der

Bundesregierung für ein Gesetz zur Umsetzung der Bei-
treibungsrichtlinie und zur Änderung steuerlicher Vor-
schriften. Der Titel des Regierungsentwurfs verschleiert,
dass wir genau genommen eigentlich zwei Gesetze de-
battieren, die inhaltlich auf den ersten Blick wenig mit-
einander zu tun haben – auf den zweiten übrigens auch
nicht.

Das Umsetzungsgesetz zur Anpassung der bestehen-
den Regelungen zur Amtshilfe zwischen Finanzverwal-
tungsbehörden innerhalb der EU bei Fragen der Beitrei-
bung von Steuern und Abgaben umfasst Art. 1 des
Gesetzentwurfs; der Rest von Art. 2 bis Art. 22 ist quasi
ein Jahressteuergesetz 2011 in Verkleidung, das zahlrei-
che Änderungen in unterschiedlichen Bereichen des
Steuerrechts zusammenfasst und dabei auf europarecht-
liche und innerstaatliche Entwicklungen, Entscheidun-
gen der Finanzgerichtsbarkeit oder Anregungen aus der
Finanzverwaltung eingeht und Anpassungen an sich än-
dernde Rechtslagen vornimmt.

Angesichts des frühen Stadiums unserer Auseinan-
dersetzung mit der Vielzahl der steuerrechtlichen und
verwaltungsbezogenen Änderungen weise ich zunächst
auf einige Sachverhalte und Fragen hin, die wir im Zu-
sammenwirken mit Sachverständigen und den Fachbe-
amten aus den Bundes- und Landesministerien genau
prüfen werden.

Art. 1 des vorliegenden Gesetzes setzt die Richtlinie
über Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in
Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige
Maßnahmen, RL 2010/24/EU, in nationales Recht um.
Die Richtlinie schafft auf mitgliedstaatlicher Ebene die
Rechtsgrundlage für „alle für die Geltendmachung und
Eintreibung einer Forderung notwendigen Maßnahmen,
insbesondere die Auskunftserteilung durch die ersuchte
Behörde, die Zustellung aller relevanten Dokumente an
den Forderungsschuldner, die Beitreibung der Forde-
rung und das Ergreifen von Sicherungsmaßnahmen.“

Die neuen gesetzlichen Vorschriften sollen sicherstel-
len, dass Amtshilfeverfahren zwischen Steuerverwaltun-
gen aus unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten nicht an
mangelnder Koordinierung zwischen Behörden und un-
terschiedlichen Beitreibungsverfahren scheitern. Damit
soll es einfacher und schneller gehen, ausstehende
Schulden aus Steuern und Abgaben von Steuerpflichti-
gen einzutreiben, die im Ausland wohnen. Oder anders
ausgedrückt: Die Frage, wo jemand in der Europäi-
schen Union wohnt bzw. wo sein Einkommen entsteht,
darf nicht darüber entscheiden, ob er seine Steuerschuld
in Deutschland pünktlich und vollständig begleicht. Lü-
cken im Steuervollzug, von denen einige profitieren, ge-
hen zulasten aller anderen Steuerzahler – ein wichtiger

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Zu Protokoll ge

(C (D ewertungsmaßstab, wenn es um die Gerechtigkeit und kzeptanz unseres Steuersystems geht. Die Regelungen gehen dabei über die bisherige echtslage des EG-Beitreibungsgesetzes hinaus und soln den Informationsaustausch zwischen den beteiligten ehörden verbessern, das Zustellungsverfahren vereinchen und ein wirksameres Beitreibungsund Siche ungsverfahren einrichten. Der bislang eingeschränkte Anwendungsbereich der mtshilfe wird erweitert. Künftig soll bei allen Steuern nd Abgaben sowie bei Nebenforderungen, das heißt insforderungen, Gebühren, Geldbußen und Kosten, die amit verbunden sind, Amtshilfe geleistet werden. benso werden alle juristischen und natürlichen Persoen erfasst. Ausgenommen bleiben lediglich Sozialversiherungsbeiträge und vertragliche Gebühren. Das Umsetzungsgesetz schafft die Rechtsgrundlage r den Auskunftsaustausch zu Steuererstattungen ohne rsuchen; wir denken an dieser Stelle an die Weiterenticklung der europäischen Zinsbesteuerungsrichtlinie, ie Erweiterung des sachlichen und personenbezogenen nwendungsbereichs und insbesondere an den Überang zum automatischen Informationsaustausch zwichen Steuerbehörden – wichtige Forderungen, die daei helfen, die Besteuerungsgrundlagen zu sichern und eitere Steuerschlupflöcher in grenzüberschreitenden usammenhängen zu schließen, und die ohne die Areiten der ehemaligen Finanzminister Steinbrück und ichel nicht denkbar wären. In diese Richtung wirken auch weitere Regelungen es neuen Umsetzungsgesetzes, etwa die Möglichkeit ur Teilnahme ausländischer Finanzverwaltungen an ehördlichen Ermittlungen und die Verpflichtung zur rteilung von Auskünften, die für die Beitreibung voaussichtlich erforderlich sind. Mit der Umsetzung der ntsprechenden Regelung des Art. 26 des OECD-Musrabkommens zum Informationsaustausch in Besteue ungsverfahren wird es für unsere Finanzverwaltung esentlich einfacher, ihre Auskunftsersuchen gegenüber nderen Behörden im Ausland zu begründen und rechtsicher auszugestalten. Ein Amtshilfeersuchen darf künfg schon dann gestellt werden, wenn das inländische eitreibungsverfahren noch nicht ausgeschöpft ist, das eißt nicht erst als Ultima Ratio am Ende einer zeitaufendigen Kette von Beitreibungsversuchen. Die technische und administrative Ausgestaltung der wischenstaatlichen Amtshilfe wirft einige Fragen auf. azu gehört etwa die Übertragung der zentralen Zu tändigkeit für die Verteilung auswärtiger Amtshilfeeruchen auf die jeweiligen Länderfinanzverwaltungen, uf das Bundesfinanzministerium ebenso wie für Ausunftsersuchen inländischer Behörden gegenüber anden Mitgliedstaaten. Dazu gehören die Einrichtung und inhaltung europaweit einheitlicher Rechtsschutzregengen für die betroffenen Steuerpflichtigen. Außerdem ehören dazu die Praktikabilität der angestrebten Verinfachung der Datenkommunikation zwischen den Beörden durch die elektronische Übermittlung von stanardisierten Formblättern und die Einführung eines Antje Tillmann gebene Reden )





(A) )

einheitlichen Vollstreckungstitels im Zusammenhang mit
offenen Forderungen.

Der zweite, umfangreichere Teil des Gesetzes enthält
steuerrechtliche Regelungen aus unterschiedlichen Be-
reichen. Ich will mich in meinen Betrachtungen auf drei
Aspekte konzentrieren.

Die Regelungen des elektronischen Lohnsteuerab-
zugsverfahrens werden überarbeitet; an die Stelle der
einführenden Vorschriften zur Bildung und Anwendung
der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale treten
die Regelungen für das dauerhafte Verfahren. Im Rah-
men der parlamentarischen Beratungen haben wir hof-
fentlich die Gelegenheit, datenschutzrechtliche Aspekte
des Aufbaus und der Nutzung der Datenbank, der Aus-
gestaltung des Verfahrens beim Datenabruf und Arbeits-
platzwechsel sowie Fragen nach den Auswirkungen des
Übergangs der Zuständigkeit von der Wohnortgemeinde
auf das Finanzamt zu erörtern. Insbesondere der letztge-
nannte Aspekt bereitet vielen Steuerberatern und Lohn-
steuerhelfern Kopfzerbrechen, da die Einsichtnahme in
persönliche Daten künftig nur noch dem Steuerpflichti-
gen selbst auf elektronischem Weg möglich sein soll,
nicht allerdings den steuerberatenden Berufen – eine
Regelung, die ihnen die Arbeit erschwert und sich für
den Steuerpflichtigen als Nachteil herausstellen kann.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht im Be-
reich der staatlichen geförderten privaten Alters-
vorsorge vor, dass bisher mittelbar zulageberechtigte
Personen, die etwa wegen Berücksichtigung von Kin-
dererziehungszeiten unmittelbar zulageberechtigt wer-
den, künftig für jedes Beitragsjahr den Mindestbeitrag
leisten, der für den Erhalt der ungekürzten Zulage erfor-
derlich ist. Diese Regelung soll ab dem Beitragsjahr
2012 gelten. Damit soll sichergestellt werden, dass künf-
tig Rückforderungen zu Unrecht erhaltener Altersvor-
sorgezulagen, die aufgrund eines Wechsel des Zulagen-
status ausbezahlt worden waren und im Zuge einer
Überprüfung der Erfüllung der Fördervoraussetzungen
aufgedeckt werden, vermieden werden können. Die Re-
gierung greift dabei Fälle auf, in denen Personen, die
während Kindererziehungszeiten der gesetzlichen Ren-
tenversicherungspflicht unterliegen, in den ersten drei
Lebensjahren des Kindes unmittelbar zulageberechtigt
wurden und aus Unkenntnis über die Auswirkungen in
ihrem Zulagenstatus keine eigenen Beiträge entrichtet
haben.

Wir werden in den Ausschussberatungen im Finanz-
ausschuss die Konstruktion der einzurichtenden vo-
rübergehenden, auf zwei Jahre begrenzten, Nachent-
richtungsmöglichkeit genauer prüfen; insbesondere, ob
durch die rückwirkende Leistung von Altersvorsorgebei-
trägen zur Sicherung bereits erhaltener Zulagen starke
finanzielle Belastungen des Anlegers induziert werden,
die aus der Kumulation von Nachentrichtungsbeiträgen
für mehrere Jahre entstehen können.

Schließlich führt der Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung – in Reaktion auf eine Entscheidung des Europäi-
schen Gerichtshofs – im Erbschaft- und Schenkungsteu-
errecht ein Antragsrecht für Personen ein, die im
Ausland leben und daher nur der beschränkten Steuer-

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Zu Protokoll ge

(C (D flicht unterliegen. Wenn sie eine Erbschaft oder Schenung in Deutschland erhalten, etwa ein Grundstück oder nteile an einem Unternehmen, können sie den Antrag tellen, dass der Vermögensanfall nach den Regeln der nbeschränkten Steuerpflicht erfasst wird. Ihr Vorteil: er Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage eröht sich deutlich von 2 000 Euro – für beschränkt Steurpflichtige – auf zwischen 20 000 Euro – Steuerklasse II nd III – und 500 000 Euro – Ehegatten und Lebensparter –, und zwar in Abhängigkeit vom Verwandtschaftsrad zwischen Erblasser und Erbe bzw. Schenker und eschenktem. Um steuergestalterische „Rosinenpickerei“ zu unterinden, gilt das Antragsrecht nicht allein für den Freietrag. Vielmehr unterliegt dann der gesamte inund usländische Erwerb nach dem Welteinkommensprinzip er unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland, und icht nur der begrenzte Teil mit qualifiziertem Inlandsezug – das übertragene Grundstück, das vererbte Beiebsvermögen, die Anteile an Kapitalgesellschaften –, ie es das Erbschaftsteuerrecht eigentlich für be chränkt Steuerpflichtige vorsieht. Künftig gehen dann eispielsweise auch Bankguthaben, Wertgegenstände der nicht grundpfandrechtlich besicherte Forderungen die Bemessungsgrundlage ein. Die Gewährung höherer Freibeträge soll also durch ine Erweiterung der Bemessungsgrundlage und des nwendungsbereichs kompensiert werden, um eine chlechterstellung unbeschränkt Steuerpflichtiger geenüber beschränkt Steuerpflichtigen zu verhindern. hne diese Regelung käme es in den meisten Fällen be chränkter Steuerpflicht dazu, dass der erheblich höhere reibetrag angesichts des deutlich geringeren Vermöensumfangs den gesamten Erwerb steuerfrei stellen ürde. Zur Vermeidung von Gestaltungen – Stückelung er Schenkung – soll eine Zusammenrechnung von Ererben innerhalb von zehn Jahren vor und nach dem ermögensanfall erfolgen. Angesichts des nachlässigen Umgangs der Bundesreierung mit Problemen im Bereich der Steuergestaltunen, etwa der Abgrenzung von Betriebsund Verwalngsvermögen, und angesichts der Tatsache, dass die undesländer zur Haushaltskonsolidierung eigentlich uf die Einnahmen aus der Erbschaftund Schenkungteuer dringend angewiesen sind, können die Ausschusseratungen hoffentlich Aufschluss über die Zahl der zu rwartenden Fälle, die fiskalischen Auswirkungen und sbesondere die Angemessenheit der Schutzvorkehrun en gegen missbräuchliche Gestaltungsmöglichkeiten eben. Wir vertrauen auf die Expertise von Sachverständien und Ministerialbürokratie und die Kooperationsbeitschaft der Koalitionsfraktionen, um zu guten steuerchtlichen Regelungen zu kommen. Das Bundesfinanzministerium hat den Entwurf eines esetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie vorelegt. Dabei handelt es sich um ein Artikelgesetz, das Wesentlichen drei Regelungsbereiche umfasst. Lothar Binding gebene Reden )

Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1711735200




(A) )

Zum einen wird die europäische Richtlinie 2010/24/
EU über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forde-
rungen in Bezug auf bestimmte Steuern und Abgaben
durch ein nationales Gesetz umgesetzt. Die Richtlinie ist
gemäß Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie vor dem 31. Dezem-
ber 2011 umzusetzen. Sie verbessert die Möglichkeiten
der Mitgliedstaaten, Amtshilfe bei der Beitreibung von
Forderungen in Bezug auf Steuern und Abgaben zu er-
langen. Zum anderen will das Finanzministerium ein
„völlig unbürokratisches“ Verfahren schaffen, mit dem
Riester-Anlegern geholfen wird, die ohne böse Absicht
staatliche Zulagen erhalten haben, ohne die Anspruchs-
voraussetzungen zu erfüllen. Schließlich wird das Lohn-
steuerabzugsverfahren neu geregelt, um den Anforde-
rungen an die Erhebung der Lohnsteuer mithilfe der
elektronischen Lohnsteuerkarte nachzukommen.

Schon aus Gründen der Entlastung der Bürger von
unnötiger Bürokratie ist die Einführung der elektroni-
schen Lohnsteuerabzugsmerkmale zu begrüßen. Unnö-
tige Fehlerquellen zwischen den Übertragungsmedien
werden so vermieden. Nachzubessern ist jedoch beim
Datenschutz. Die vorangegangene Einführung der Steu-
eridentifikationsnummer ermöglicht einen automati-
schen Datenaustausch zwischen den Arbeitgebern und
dem Bundeszentralamt für Steuern. Der Steuerzahler er-
hält weder Informationen darüber, wer welche Daten
über ihn abruft oder übermittelt, noch ist bisher konkret
geregelt, wie sichergestellt werden soll, dass keine Un-
befugten die Daten erhalten. Eine Überarbeitung des
Authentifizierungsverfahrens der Arbeitgeber zum Abruf
der elektronischen Lohnsteuermerkmale hält der Bund
der Steuerzahler für unvermeidlich. Ebenso wie der Fi-
nanzausschuss des Bundesrates in seiner Stellungnahme
zum Jahressteuergesetz 2008 erachtet der Bund der
Steuerzahler die Wirtschaftsidentifikationsnummer des
Arbeitgebers und die Steueridentifikationsnummer so-
wie das Geburtsdatum des Arbeitnehmers zur Authenti-
fizierung des Datentransfers für unzureichend.

Nachzubessern ist auch beim Entwurf des § 39 c
Abs. 1 EStG. Solange keine elektronischen Lohnsteuer-
abzugsmerkmale vorliegen, soll längstens für die Zeit
von drei Monaten trotzdem eine Besteuerung nach den
voraussichtlichen Lohnsteuerabzugsmerkmalen und
nicht pauschal nach der Lohnsteuerklasse VI erfolgen.
Sollte es Probleme bei der Einführung geben, so träfe
dies die Arbeitnehmer, die wegen einer falschen Steuer-
klasse zu viel Steuern bezahlen müssten. Das würde kor-
rigiert werden müssen, sobald die richtige Einstufung
vorliegt. Die kurze Frist produziert nur übermäßige Bü-
rokratie. Eine Verlängerung der Frist würde diese besei-
tigen und nicht einmal zu Steuerausfällen führen.

Richtig ist der Wunsch des Bundesfinanzministe-
riums, bei der Problematik von ungerechtfertigt ausge-
zahlten Zulagen zur Riester-Rente eine unbürokratische
Lösung zu suchen. Das Ministerium erklärt, betroffene
Riester-Sparer müssten lediglich die für die Vergangen-
heit fälligen Beiträge nachzahlen und ihrem Anbieter
Bescheid geben, für welche Jahre diese Zahlungen be-
stimmt seien. Um alles andere kümmere sich der Anbie-
ter und die Zulagenstelle. Die Zulagenstelle werde dann
automatisch eine zwischenzeitlich zurückgeforderte Zu-

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Zu Protokoll ge

(C (D ge auf den Riester-Vertrag des Betroffenen zurückzahn. Der Wunsch des Ministeriums nach einer unbürokraschen Lösung ist richtig. Der Koalitionsvertrag sieht ichts anderes vor. Die Koalition hat dort vereinbart, die teuerliche Förderung der Altersvorsorge zu entbüroratisieren und zu flexibilisieren. Alles andere als eine nbürokratische Lösung widerspräche dem. Für die beoffenen Riester-Sparer wird dieses Ziel einer unbüroratischen Lösung auch wunderbar erreicht. Jedoch uss noch einmal geprüft werden, ob das auch auf der nbieterseite der Fall ist. Auf den ersten Blick erscheint s fraglich, ob die Versicherungsbranche tatsächlich dar ausgestattet ist, für mehrere Jahre rückwirkende achzahlungen von Altersvorsorgebeiträgen zu erheen. Die Anbieter müssten geänderte Meldungen an die ulagenstelle schicken. Erforderlich wäre wohl zudem ine Änderung der Datenverarbeitungssoftware. Die roblematik verschärft sich, da es bislang nur um fehnde Eigenbeiträge in den Jahren von 2005 bis 2007 eht. Wie sich das Problem in Bezug auf die Jahre 2008 is 2010 darstellt, ist noch offen. Die jetzige Ausgestaltung bringt zwar eine unbüroratische Lösung aufseiten der Riester-Sparer, doch verchiebt sie die Bürokratielasten auf die Anbieterseite. er bürokratische Aufwand ist kostenträchtig. Es ist si her möglich, einen Weg für eine nicht nur einseitig, ondern insgesamt unbürokratische Lösung zu finden. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel einer Fleibilisierung und Entbürokratisierung der Riester-Rente ollten wir im Hinblick auf das hier angegangene spezische Problem nicht aus den Augen verlieren. Es gilt, en anspruchsberechtigten Personenkreis und die förerbare Produktpalette zu erweitern. Deswegen ist es eiterhin unser Ziel, die Riester-Rente für Selbststänige zu öffnen. Auf Produktseite sollten Berufsunfähigeitsversicherungen zulagefähig werden. Die Zulage ollte auch fürs Bildungssparen eingesetzt werden dürn. Wir können nicht wissen, welche Absicherungswün che in den jeweiligen Haushalten im Vordergrund steen. Wir wissen aber, dass niemand besser darüber ntscheiden kann als die Betroffenen. Diese sollten eienverantwortlich tätig werden und das jeweils optiale Produkt auswählen dürfen. Das müssen wir eröglichen. Mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf der undesregierung soll die EU-Richtlinie 2010/24/EU om 16. März 2010 bis spätestens Ende 2012 in natioales Recht umgesetzt werden und das EGeitreibungsgesetz vom 13. Dezember 2007 ablösen. er Gesetzentwurf sieht zahlreiche Änderungen in vien Bereichen wie dem Einkommensteuergesetz, dem örperschaftsteuergesetz, dem Bewertungsgesetz und uch im Erbschaftsteuerund Schenkungsgesetz vor, doch hat eine Vielzahl der Regelungen mit der eitreibung nichts zu tun. Ein Ziel ist die gegenseitige Eintreibung von Steuern wischen den EU-Mitgliedstaaten. In dem Gesetzent Frank Schäffler gebene Reden )

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711735300




(A) )

wurf sind auch einige interessante Passagen eingearbei-
tet worden, beispielsweise die der Aufhebung der Sanie-
rungsklausel.

Der Bundesrat hat sich ebenfalls umfassend zu
diesem Gesetzentwurf geäußert und etlichen Korrektur-
bedarf angemeldet. Im Rahmen der laufenden Beratun-
gen, abschließende Beratung ist am 30. September 2011,
werden wir uns noch auf zahlreiche Änderungen einstel-
len müssen. Nun komme ich kurz zu einigen Punkten des
Gesetzentwurfes:

Ein erster Punkt, die Abschaffung der
Sanierungsklausel. Diese wurde im Rahmen des
Bürgerentlastungsgesetzes eingeführt und im Rahmen
des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes entfristet. Sie
führte dazu, dass der Mantelkauf – Unternehmen kaufen
andere Unternehmen auf, um mit deren Verlust sofort die
eigene Steuerlast für künftige Jahre zu reduzieren –
wieder genutzt wurde. Die Kriterien zum Mantelkauf
hielten wir aber schon damals nicht für streng genug,
denn viele der aufgekauften Unternehmen wurden nicht
weitergeführt. Obendrein, und das kritisierte
letztendlich die EU-Kommission, wurde die Regelung
entfristet. Sie leitete daraufhin ein Verfahren gegen
Deutschland ein, mit der Konsequenz, das die
Sanierungsklausel ab Mai 2010 nicht mehr angewendet
wurde. Im Januar 2011 entschied die EU-Kommission,
dass die Sanierungsklausel nicht im Einklang mit den
Regeln für staatliche Beihilfen stehe.

Nun soll sie im Rahmen dieses Gesetzes wieder
abgeschafft werden. Allerdings plant die Bundes-
regierung parallel eine Nichtigkeitsklage gegen den
Beschluss der EU-Kommission zu erheben. Im Falle
eines Stattgebens der Klage würde das bedeuten, das
die Sanierungsklausel für die Veranlagungszeiträume
2008 bis 2010 wieder Anwendung finden würde, eine
Steuervereinfachungsmaßnahme wäre das übrigens
nicht. Des Weiteren forderte die EU-Kommission von
der Bundesregierung eine Liste der Begünstigten, die sie
über den Gesamtbetrag an zurückfordernder Beihilfe in-
formiert. Nachdem uns die Bundesregierung sehr
zögerlich Informationen gab, ist es mehr als fraglich, ob
die Sanierungsklausel ihr eigentliches Ziel erfüllt, denn
sie wurde kaum genutzt.

Ein zweiter Punkt, die Riester-Rente. Sie wollen mit
der Regelung in Art. 2 Nr. 3 des Gesetzentwurfes
verhindern, dass, wenn etwaige Statusveränderungen
auftreten, die Zulageberechtigung für die Riester-Rente
nicht wegfällt, indem Sie in § 10 a Abs. 3 Satz 2 des Ein-
kommensteuergesetzes einen Mindestbetrag von 60 Euro
einfügen wollen. Praxisprobleme bestehen aber weiter-
hin bei Sparern, die nicht rechtzeitig ihre Beitragsleis-
tung anpassen können. Der Bundesrat weist darauf in
seiner Stellungnahme hin und schlägt eine konkrete Än-
derung vor. Hier müssen Sie noch korrigieren.

Ein dritter Punkt, das in Art. 11 des Gesetzentwurfes
vorgesehene Wahlrecht bei der Erbschaftsteuer.
Demnach will die Bundesregierung ein Antragsrecht
einführen, wodurch beschränkt steuerpflichtige
Erwerber, also diejenigen, die weder ihren Wohnsitz
noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben,

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Zu Protokoll ge

(C (D ber dennoch Einkünfte aus dem Katalog der inländichen Einkünfte vorweisen können, sich durch Antrag ie ein unbeschränkt Steuerpflichtiger behandeln lassen önnen. Dadurch wären dann auch die deutlich höheren reibeträge anwendbar, was bei einem Erbe oder einer chenkung zu geringeren Steuern führen würde. Diesen Vorschlag lehnen wir ab, denn er birgt ngerechtigkeiten in sich. Dadurch wird die öglichkeit eröffnet, dass sich die Erben die für sie ünstigste Variante zurecht rechnen können, bei der sie m wenigsten Steuern zahlen. Auch zeigt dieser Vorchlag wieder einmal, dass die Bundesregierung, wie er EuGH die Kapitalverkehrsfreiheit überbetonen, welhe als Begründung vorgeschoben wird. Neben diesen Punkten ließen sich weitere aufzählen. laufenden Beratungsverfahren wird sich noch einiges n Änderungen geben. Meine Damen und Herren, viele Regelungen hätten ie auch in das Jahressteuergesetz packen können, aber ies, so scheint mir, wollen Sie durch künftige Steuerverinfachungsgesetze ersetzen. Dieses Gesetz ist ein iesen-Omnibusgesetz, viele Regelungen haben mit dem hema Beitreibung rein gar nichts zu tun. Sie nutzen das esetz einfach, um Ihre Dinge unterzubringen, die igentlich in ein Jahressteuergesetz gehören. Und das ann wohl kaum Sinn und Zweck sein. Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Wir Grüne begrüßen vom Grundsatz her die Umset-

ung der Beitreibungsrichtlinie. Die Erweiterung der
mtshilfe innerhalb der EU auf alle Steuern und Abga-
en ist sinnvoll und notwendig. Auch die Verbesserung
es Informationsaustausches zwischen den Steuerbe-
iensteten in den einzelnen Mitgliedstaaten, die Vereinfa-
hung des Zustellungsverfahrens und die Schaffung eines
irksameren Beitreibungs- und Sicherungsverfahrens ist
r die Sicherung der Steuereinnahmen in Deutschland
ie auch bei den europäischen Partnern wichtig.

Wir sehen jedoch Verbesserungsbedarf in der prakti-
chen Umsetzung in der Bundesrepublik im Bereich der
usammenarbeit europäischer Steuerbehörden. So
urde 2010 ein Drittel aller Amtshilfeersuchen im Be-
ich der Umsatzsteuer von den deutschen Behörden au-

erhalb der vorgegebenen Dreimonatsfrist beantwortet.
ie Bundesregierung ist also aufgefordert, auch ohne
nstoß der EU für weitere Verbesserungen im Bereich
er gemeinschaftlichen Steuerbeitreibung zu sorgen und
it gutem Beispiel voranzugehen.

Das Gesetz enthält neben der Umsetzung der Beitrei-
ungsrichtlinie eine Reihe weiterer steuerlicher Ände-
ungen:

So nimmt die Bundesregierung die sogenannte Sanie-
ungsklausel mit diesem Gesetz zurück. Anfang des Jah-
s hatte die EU-Kommission die Sanierungsklausel für

nvereinbar mit den EU-Beihilferegeln erklärt. Die Sa-
ierungsklausel besagt, dass eine Körperschaft trotz Be-
iligungserwerb zum Verlustvortrag berechtigt sein

ann, wenn sie zum Zweck einer Sanierung erfolgt. Mit




Dr. Barbara Höll
gebene Reden





Dr. Thomas Gambke


(A) )


)(B)

dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz Ende 2009 hatte
die schwarz-gelbe Bundesregierung diese für die Krise
konzipierte Maßnahme entfristet und die Kommissions-
entscheidung provoziert.

Wir Grüne hatten schon bei der Einführung der Sa-
nierungsklausel im Juli 2009 kritisiert, dass die Beibe-
haltung von Arbeitsplätzen nicht als zwingende Voraus-
setzung für die Inanspruchnahme der Klausel enthalten
ist. Dies muss jedoch ein wichtiges Motiv sein, um in Sa-
nierungsfällen eine staatliche Unterstützung zu geben.
Denn wenn im Wettbewerb Unternehmen scheitern,
kann und darf der Staat im Prinzip nicht eingreifen.
Deutschland hat im Übrigen hervorragende Instru-
mente, vor allem die Regelungen zur Kurzarbeit, die es
Unternehmen erlauben, Schwächephasen zu überstehen.

Laut Angaben der Bundesregierung wurde die Sanie-
rungsklausel bisher auch eher in geringem Maße in An-
spruch genommen: Für den Geltungszeitraum 2007 bis
2009 gab es 40 Begünstigte mit einem Gesamtvolumen
von 1,78 Millionen Euro, heißt es in einer Antwort auf
eine Kleine Anfrage der Linken. Das spricht für eine
eher begrenzte Wirkung der Sanierungsklausel. Gleich-
zeitig verspricht sich die Bundesregierung durch die Ab-
schaffung der Sanierungsklausel steuerliche Mehrein-
nahmen von 445 Millionen Euro pro Jahr. Bei dieser
Diskrepanz der Zahlen muss das Bundesfinanzministe-
rium dringend Aufklärungsarbeit leisten.

Es ist richtig, dass die Sanierungsklausel aus dem
Unternehmensteuerrecht gestrichen wird. Wir Grünen
teilen die Bedenken der EU-Kommission, dass diese Re-
gelung eine ungerechtfertigte Subvention ist. Die
schwarz-gelbe Bundesregierung trägt die Verantwor-
tung dafür, dass die betroffenen Unternehmen jetzt kurz-
fristig Steuern zurückzahlen müssen.

Lassen Sie mich aber einen bedeutenden Gesichtspunkt
hinzufügen: Wichtig für die Zukunft bei der Frage des Ver-
lustübertrages im Sanierungsfall ist es – auch im Hinblick
auf die Regelungen zum Mantelkauf –, eine angemessene
Regelung für die Übernahme von Technologie-
unternehmen zu finden. Typischerweise haben technolo-
gieorientierte Unternehmen eine lange Entwicklungszeit,
in der erhebliche Verluste kumuliert werden. Dies führt
dann häufig zu einem Wechsel der Eigentümer, die mit fri-
schem Geld und neuen Unternehmenskonzepten einer Ge-
schäftsidee zum Durchbruch verhelfen. In diesen Fällen
muss ein Untergehen der in der Entwicklungsphase aufge-
laufenen Verluste vermieden werden. Ich denke, dass wir
uns mit diesem Thema noch einmal intensiver befassen
müssen.

Die Bundesregierung könnte jedoch bereits in diesem
Gesetz aktiv etwas für die kleinen und mittleren Unter-
nehmen tun. Es wäre eine gute Gelegenheit, um endlich
die Grenze der Ist-Besteuerung bei der Umsatzsteuer
von 500 000 Euro zu entfristen. Nach geltender Geset-
zeslage würde die Grenze ab nächstem Jahr auf
250 000 Euro sinken. Auch der Bundesrat hat sich be-
reits für eine Verlängerung im Rahmen dieses Gesetzes
ausgesprochen. Diese Maßnahme wäre aus drei Grün-
den eine erhebliche Entlastung für die mittelständische
Wirtschaft:

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(C (D Erstens werden dadurch gerade kleine Unternehmen or Liquiditätsengpässen bewahrt. Sie sind so weniger urch eine schlechte Zahlungsmoral ihrer Kunden beinträchtigt. Bei der Soll-Besteuerung müssen Unterehmen bei Zahlungsverzug durch den Kunden neben em finanziellen Nachteil durch die verzögerte Zahlung uch die nicht durch eine Kundenzahlung gedeckte Umatzsteuer an den Fiskus vorschießen. Zweitens könnten der Bürokratieabbau und die Haronisierung gefördert werden. Nach dem Bilanzrechtsodernisierungsgesetz besteht für Unternehmen mit eiem Umsatz bis zu 500 000 Euro keine zwingende uchführungspflicht. So wäre die Beibehaltung der beisteten Grenze im Umsatzsteuergesetz für die Harmoisierung von Vorschriften sinnvoll. Außerdem müssten etroffene Unternehmen und Finanzämter ihre derzeige Praxis nicht wieder verändern. Drittens würde die Betrugsbekämpfung verbessert. it einer Kopplung des Zeitpunktes der Möglichkeit um Vorsteuerabzug an die Zahlung der Rechnung önnte auch der Umsatzsteuerbetrug eingeschränkt erden. Es ist wichtig, dass für die Unternehmen und die Veraltung zeitnah Planungssicherheit geschaffen wird. ir Grünen haben die Beibehaltung der 500 000-Eurorenze schon im Steuervereinfachungsgesetz im Frühng dieses Jahres gefordert. Dies hat Schwarz-Gelb daals leider abgelehnt. Nun wird es allerhöchste Zeit, iese sinnvolle steuerliche Maßnahme auch für die Zuunft zu bewahren. Zu guter Letzt führt diese steuerliche Maßnahme uch nicht zu dauerhaften Steuerausfällen, da sich nur er Zeitpunkt der Umsatzsteuerzahlung verschiebt. Das eigt: Die Bundesregierung könnte durchaus mit intellienten Maßnahmen die Rahmenbedingungen für die leinen und mittleren Unternehmen verbessern, ohne en Haushalt zu belasten. Da braucht es keine riesen teuergeschenke auf Pump à la FDP. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur s auf Drucksache 17/6263 an die in der Tagesordnung ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Alle sind einerstanden. Somit ist die Überweisung beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 a und b auf: a)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711735400
Krischer, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Transparenz und Kontrolle bei der Förderung
von unkonventionellem Erdgas in Deutschland

– Drucksache 17/5573 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Johanna
Voß, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter,





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Keine Erdgasförderung auf Kosten des Trink-
wassers – Fracking bei der Erdgasförderung
verbieten

– Drucksache 17/6097 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen hier im Präsidium vor.


Dr. Michael Paul (CDU):
Rede ID: ID1711735500

Die Förderung von sogenanntem nichtkonventionel-

lem Erdgas kann auch für die deutsche Energieversor-
gung eine Chance sein, von Importen unabhängiger zu
werden. Die Diversifizierung unserer Erdgasquellen
könnte einen großen Beitrag zur Versorgungssicherheit
leisten, gerade in einer Zeit, in der der Ausbau von Gas-
kraftwerken in Deutschland forciert werden soll. Aller-
dings bestehen auch Risiken, die wir berücksichtigen
müssen.

Zu den nichtkonventionellen Erdgasvorkommen zäh-
len solche Vorkommen, bei denen das Gas einer Förder-
bohrung nicht ohne weitere technische Maßnahmen in
ausreichender Menge dem Bohrloch zuströmt, weil es
entweder nicht in freier Gasphase im Gestein vorkommt
oder das Speichergestein nicht ausreichend durchlässig
ist. Neben Schiefergas (Erdgas aus Tonstein, Shale Gas)

zählen Kohleflözgas (CBM, Coalbed Methane) und Erd-
gas aus dichtem Sand- oder Kalkstein, Tight Gas, zum
unkonventionellen Erdgas.

Die Förderung von nichtkonventionellem Erdgas ist
immer mit umfangreichen technischen Maßnahmen ver-

(Tight Gas, Shale Gas)

sehr gering. Daher müssen für die Gewinnung zusätzlich
bessere Wegsamkeiten für den Austritt des Gases ge-
schaffen werden. Dazu wird das Gestein über zunächst
vertikale und dann in der Tiefe horizontale Bohrungen

(„gefrackt“)

hohen Druck wird bereits seit den 1950er-Jahren ange-
wendet.


(oder FrackFluid)

stein gepresst. Dieses besteht aus einem Gemisch aus
Wasser, Quarzsand und chemischen Additiven. In der
Folge des hohen hydraulischen Drucks werden Klüfte im
Gestein aufgebrochen und die gewünschten Wegsamkei-
ten für einen besseren Gasfluss geschaffen. Nach dem
Fracking wird das eingepresste Frack-Fluid fast voll-
ständig zurückgepumpt, wobei ein großer Teil des
Quarzsandes in den Rissen verbleibt, um diese offenzu-
halten. Danach strömt das in der Lagerstätte vorhan-
dene Gas dem Bohrloch zu und kann – oft über Jahr-
zehnte – gefördert werden.

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(C (D In Deutschland ist das gasführende Schiefergestein eist in einem Tiefenbereich von 1 000 Metern und tier zu finden. Seit 1977 werden in Niedersachsen solche ohrungen durchgeführt. Insgesamt wurden über 60 Frack-Behandlungen durchgeführt. In Nordrheinestfalen hat die zuständige Bergbehörde 19 Erlaubisse zu gewerblichen Zwecken erteilt, die auf die Aufsuhung – das heißt Erkundung, jedoch noch nicht Gewinung – von Erdgas in unkonventionellen Lagerstätten erichtet sind. Bereits nach geltendem Recht muss bei allen Erdgasrkundungen zu jeder Zeit gewährleistet sein, dass bei en technischen Prozessen keine Substanzen oder Verhren zum Einsatz kommen, die negative Auswirkungen uf die Grundwasserbeschaffenheit befürchten lassen der die die Trinkwassergewinnung beeinträchtigen önnen. Deutschland hat durch die verschiedenen Geehmigungsverfahren auf Bundesund auf Länderebene in hohes Schutzniveau sowohl für das Grundwasser als uch für den Boden. Dies muss auch in Zukunft uneingechränkt so erhalten bleiben. Für die Aufsuchung der unkonventionellen Erdgasserven, das heißt für Maßnahmen zur Erkundung und ur Feststellung der Ausdehnung der vermuteten Lagertätte, bedarf es nach dem Bundesberggesetz einer Erubnis und für die Gewinnung einer Bewilligung oder es Bergwerkseigentums. Zuständig sind die Bergbehören der Länder. Soweit es sich um ein Vorhaben in der xplorationsphase oder um Erdgasförderungen von eniger als 500 000 Kubikmetern täglich handelt, ist ine Umweltverträglichkeitsprüfungs-Verordnung Bergau nicht zwingend. Trotzdem wird immer auch geprüft, ob das Vorhaben em Grundwasser schaden könnte. Bei jeder Bohrung rüfen die zuständigen Ländergenehmigungsbehörden, b eine Benutzung des Grundwassers im Sinne von § 9 asserhaushaltsgesetz, WHG, vorliegt. Wird diese rage bejaht, so schließt sich ein wasserrechtliches Geehmigungsverfahren für die Erteilung einer wasserchtlichen Erlaubnis an. Das Wasserhaushaltsgesetz erlangt mit § 48, dass eine Erlaubnis für eine Grundasserbenutzung nur dann erteilt werden darf, wenn eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbechaffenheit zu besorgen ist. Diese wasserrechtlichen nd bergrechtlichen Prüfungen werden von den Ländern igenverantwortlich vollzogen, weil auch nur die Behören vor Ort über die notwendigen Detailkenntnisse vergen und eine ausreichende Sachverhaltsermittlung nd fundierte Bewertung durchführen können. Auch der Schutz der Schichten, die die Barrieren über nd unter den grundwasserführenden Schichten bilden, ind bei der „Hydraulic Fracturing“-Technologie zu bechten. Weiterhin sind das bei der Bohrung an die Tagesberfläche gespülte Bohrgut und die dabei eingesetzten usatzstoffe im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen um Schutz von Boden und Gewässer zu beseitigen bzw. u lagern. Auch hierfür bietet das geltende Wasserhausaltsgesetz in § 48 die entsprechenden Rechtsgrundlaen. )


(A) )

Beim Fracking wird das Gestein der Lagerstätte auf-
gebrochen. Das ist erwünscht. Nicht auszuschließen ist
jedoch die Erzeugung weiterführender Klüfte über die
Zielformation hinaus sowie die Verbindung mit natürli-
chen Kluft- und Risssystemen. Hierdurch können unkon-
trollierte Wege für Gase und eingepresste Flüssigkeiten
in die darüberliegenden Grundwasserschichten entste-
hen. Folgen treten meist erst mit erheblichen zeitlichen
Verzögerungen und teilweise mit räumlichen Verschie-
bungen auf. Wenn erst Schadstoffeinträge im Grundwas-
ser festgestellt werden, besteht kaum noch die Möglich-
keit, eine Reinigung herbeizuführen. Es ist deshalb zu
jedem Zeitpunkt sicherzustellen, dass im Bereich der
Trinkwassergewinnung und insbesondere in Wasser-
schutzgebieten keine bergrechtlichen Erkundungs- und
Gewinnungsmaßnahmen erfolgen, die das Grundwasser
gefährden könnten. Auch sollte die Fracking-Technik
nur dort zugelassen werden, wo nachweislich geologi-
sche Schutzbarrieren vorhanden sind.

Die Einführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung
für alle Erdgaserkundungs- und -fördervorhaben, die
sich des Fracking-Verfahrens bedienen, halte ich für
richtig. Zurzeit ist eine UVP nur bei Erdgasfördervorha-
ben mit einem Volumen von über 500 000 Kubikmetern
täglich vorgeschrieben. Bei einer vorgeschriebenen Um-
weltverträglichkeitsprüfung wird die Öffentlichkeit um-
fassend beteiligt, und auch die betroffenen Gemeinden
und Kommunen werden zu jedem Zeitpunkt des Bewilli-
gungsverfahrens über auf ihrem Gebiet stattfindende
Fracking-Bohrungen Bescheid wissen. Dies wäre für die
Transparenz der vor Ort durchgeführten Maßnahmen
und somit auch für die Akzeptanz in der Bevölkerung
hilfreich.

Abschließend möchte ich noch einmal zusammenfas-
sen: Eine Erschließung der unkonventionellen Erdgas-
quellen in Deutschland darf aus energiewirtschaftlicher
Sicht nicht verhindert werden. Entscheidend ist, dass so-
wohl die Erkundung als auch die spätere Förderung
umweltfreundlich und nachhaltig erfolgen und dass ins-
besondere die Langzeitwirkungen geklärt sind. Die In-
formation der Öffentlichkeit und der örtlichen Kommu-
nen über die vor Ort geplanten Fracking-Bohrungen ist
notwendig, um Transparenz zu schaffen, Sorgen zu neh-
men und offene Fragen mit der Bevölkerung zu klären.
Nur so kann Akzeptanz erreicht werden.


Gerd Bollmann (SPD):
Rede ID: ID1711735600

Die aktuell vorliegenden Gesetzentwürfe von Bünd-

nis 90/Die Grünen und der Linken greifen eine Proble-
matik auf, die in den letzten Monaten speziell in meinem
Bundesland Nordrhein-Westfalen thematisiert wurde.
Hintergrund ist, dass das höchst umstrittene Verfahren
des sogenannten Frackings bereits eingesetzt wird, ohne
dass Behörden und Bevölkerung hinreichend über die
Risiken und Probleme informiert werden, geschweige
denn ein Mitspracherecht eingeräumt bekommen hätten.

Beim Fracking handelt es sich um eine Methode zur
Förderung von unkonventionellem Erdgas. Das ist Erd-
gas, das nicht mit herkömmlichen Methoden aus norma-
len Gasfeldern gefördert werden kann. Hierbei handelt

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(C (D s sich um Erdgas, das in den unterschiedlichsten chichten dieser Erde eingelagert ist und erst durch Aufprengen dieser Bodenstrukturen zu Tage gebracht weren kann. Hierfür wird ein bis dato undefiniertes Geisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in den Boden erpresst, um durch Druck Risse im Untergrund herbeiuführen und die Risse auch vor baldigem Verschluss ieder zu schützen. Was das für Chemikalien sind, welhe Risiken genau sie bergen und ob sie gar wassergehrdend sind, wissen wir nicht. Womit wir bereits beim ersten und meines Erachtens ach größten Problem des Frackings wären: der poteniellen Gefährdung von Grundund Trinkwasser. Aktuell ird für Genehmigungen ausschließlich das schwächere ergrecht, nicht aber das wesentlich schärfere Wassercht angewendet. Da mit den Erkundungsund gegebe enfalls auch Fördermethoden eine Gewässerbenutzung erbunden ist, bedarf es aber zusätzlich einer entsprehenden Prüfung und wasserrechtlichen Erlaubnis urch die Landeswasserbehörden. Selbst dem Bunesumweltministerium ist bisher nicht bekannt, welche hemikalien in den Boden gelangen. Mit dieser Unwis enheit wäre es aber endgültig vorbei, würde das Waserrecht angewandt. Bis in den Promillebereich müssten ie bohrenden Firmen alles offenlegen. Das Einbringen assergefährdender Flüssigkeiten wäre somit unmögch. Die Tatsache, dass – wie die Erfahrungen aus dem usland zeigen – Stoffe mit toxischer, karzinogener und utagener Wirkung eingesetzt werden könnten, ist ziemch beruhigend, wie ich finde. Weil bisher ausschließlich das besagte Bergrecht reift und niemand so recht zu wissen scheint, was wirkch in den Boden gepumpt wird, hat NRW ein Morarium erlassen, das so lange gilt, bis eine wissenschaftche Studie die Risiken der Fracking-Technologie rforscht hat. Erst wenn diese Studie zu dem Ergebnis er Gewässerunbedenklichkeit und noch einigen anden positiven Ergebnissen kommt, können wieder Genehigungen erteilt werden. Das macht NRW so, das forern die lieben Kollegen von den Grünen, und das rdern wir als SPD. Eine ähnliche Problematik liegt bei der Abwasserentorgung vor, denn der Wasserverbrauch pro Bohrung ist nglaublich hoch. Firmen würden das Wasser gerne in en Bohrungen verpressen, aber wir fordern eine ordungsgemäße Entsorgung. Traurig, dass das keine elbstverständlichkeit zu sein scheint. Ein anderer Aspekt, der mir in der Debatte deutlich u kurz zu kommen scheint, ist die Frage, ob wir unkonentionelles Erdgas wirklich fördern müssen, um unsen Energiehunger zu befriedigen. Aktuell ist dem si herlich nicht so, die Gasversorgung ist gesichert. Und elbst, wenn sich eines fernen Tages eine Schere zwichen Bedarf und Vorräten abzeichnet, ist es nicht zu pät, mit der Förderung unkonventionellen Erdgases zu eginnen. Von daher besteht nicht der geringste Anlass, inge zu überstürzen und das Land in Claims zu unterilen. Ich gehe davon aus, dass wir die Energiewende vollogen haben werden, bevor der Bedarf nach unkonven Dr. Michael Paul gebene Reden )





(A) )

tionellem Erdgas kommt. Dennoch wollen wir die Suche
und mögliche Förderung nicht vollständig unterbinden.
Aber, wie gesagt, wir haben Zeit: Zeit für gründliche,
wissenschaftliche Untersuchungen. Außer den Erdgas-
firmen drängt ohnehin keiner, und denen sollten wir
nicht so einfach nachgeben.

Wenn denn aber diese Studie eine vollkommene Un-
bedenklichkeit bescheinigt, dann ist es an der Zeit, einen
geeigneten Rechtsrahmen für die Erkundung und Förde-
rung unkonventionellen Erdgases zu schaffen. Dieser
sollte unter anderem die Haftungsfrage so regeln, dass
das Risiko von Schäden, die entgegen aller wissen-
schaftlichen Gutachten vielleicht doch auftreten, zu
100 Prozent durch die Firmen getragen wird, die auch
im Erfolgsfall die Gewinne einfahren. Die üblichen For-
derungen, Gewinne bleiben bei den Firmen, Verluste
und andere Risiken werden sozialisiert, sind mit uns
nicht zu machen. Denkbar ist hier zum Beispiel die Bil-
dung von Rücklagen. Das müsste zu gegebener Zeit dis-
kutiert werden.

Um nicht dieselben Fehler zu wiederholen, die Öffent-
lichkeit angemessen zu beteiligen und Transparenz zu ge-
währleisten, bedarf es einer Reform des Bundesberg-
rechts und der Umweltverträglichkeitsprüfung. Schon
bei der Antragstellung auf die Vergabe von Aufsuchungs-
lizenzen sind die Öffentlichkeit, Wasserbehörden, Städte
und Kommunen umfassend zu informieren.


Klaus Breil (FDP):
Rede ID: ID1711735700

Die Anträge der Linken und der Grünen wollen die

Förderung der heimischen Energiereserve Schiefergas
in Deutschland verbieten. Für mich ist das keine wirkli-
che Überraschung. Aber erst heute Vormittag hat die
breite Mehrheit dieses Hohen Hauses über einen schnel-
leren Ausstieg aus der Kernenergie abgestimmt.

Gleichzeitig sind wir aber so rational, dass wir wis-
sen, dass wir nicht aussteigen können, ohne in etwas an-
deres einzusteigen. Wer A sagt, muss auch B sagen. Er-
neuerbare Energien sollen perspektivisch diese Lücke
schließen. Aber sie können es derzeit noch nicht alleine
schaffen. Wir brauchen Leistung, die flexibel auf die
Einspeisung von Wind und Sonne reagieren kann. Dafür
kommen nur hocheffiziente Kohle- und Gaskraftwerke
nach dem neusten Stand der Technik infrage. Und da ge-
rade die antragstellenden Parteien den Neubau von
Kohlekraftwerken nach Kräften behindern und verhin-
dern, ist das wieder einmal die bekannte rot-grüne Dop-
pelzüngigkeit.

Bleiben uns also noch die Gaskraftwerke. 10 Giga-
watt, hocheffizient und flexibel, benötigen wir bis 2013.
Wie diese finanziert werden sollen und wer diese bauen
wird, steht auf einem anderen Blatt; es ist jedenfalls der-
zeit noch nicht geklärt.

Der Bedarf an Stabilisierung unserer Stromversor-
gung durch fossile Kapazitäten steigt, solange wir keine
effizienten Speicher zur Marktreife bringen. Wenn es
nach Ihnen geht, soll das Gas für die Gaskraftwerke
über Jahrzehnte zementiert aus russischen Quellen und
russischen Handelshäusern kommen. Im Jahr 2010 wa-

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(C (D n es schon 32 Prozent, und es sollen noch mehr weren. Dafür ist der erste Strang von Nord Stream fertig usammengeschweißt. Für uns wichtige und verlässliche Lieferanten sind nd bleiben Norwegen und die Niederlande. Das Anlanden von Flüssiggas ist in Deutschland leier großtechnisch noch nicht möglich. Aber wir hegen eiterhin die Hoffnung, dass im Jade-Weser-Port in Wilelmshaven ein vollwertiges LNG-Terminal entstehen ird. Damit könnten wir unsere Gasbezugsquellen diersifizieren, beispielsweise aus Katar, und damit die ersorgungslage unabhängiger als bisher sichern. Als eine realistische Alternative sehen wir insbesonere den Ausbau der heimischen Förderung von Gas. iese trägt derzeit circa 15 Prozent zur heimischen Gas ersorgung bei. Durch die Exploration von Schiefergas önnte dieser Anteil unter Bedingungen ausgebaut weren. Dass die von Ihnen angeklagte Technologie zur örderung des Shaleoder Schiefergases möglich ist, eweist die Industrie weltweit schon seit 60 Jahren. Fraking oder Hydraulic Fracturing ist die angewandte echnologie, und das ist keine Zauberei. Es ist Ingeieurskunst, die unsere Anerkennung verdient. Mehr als Million Mal sind damit schon Explorationen stimuliert orden. Ich selbst bin bei der Bundesanstalt für Geowissenchaften und Rohstoffe gewesen. Vor Ort in Hannover abe ich mich von dieser nun wirklich unbefangenen Beörde von der Verlässlichkeit und den Voraussetzungen r den Einsatz dieser Technologie auch in Deutschland berzeugen können. Die trinkwasserführenden Schichn, deren Gefährdung in den Anträgen immer angespro hen wird, werden sehr wohl vor der Frack-Flüssigkeit eschützt. Spezielle Bohrungen, das heißt ein einzemenertes Verbundsystem aus Stahlrohren, verhindern Lekagen. Außerdem verhindert ein Deckgebirge aus Tonder Salzschichten, die mehrere Hundert Meter mächtig ind, dass aus den gasführenden Schichten Gas oder toische Flüssigkeiten in Wasserreservoire eindringen önnen. Dass eine solche geologische Barriere eine abichtende Wirkung gewährleistet, wurde schon über eologische Zeiträume unter Beweis gestellt. Im Übrigen hat auch unsere Fraktion einen Antrag zu iesem Thema in Vorbereitung. Diesen werden wir nach er Sommerpause mit Ihnen diskutieren. Grüne und Linke wollen mit ihren Anträgen die För erung von Schiefergas unmöglich machen bzw. verbien. Beide Anträge vermitteln dabei den Eindruck, eine ndere Entscheidung wäre unter dem Gesichtspunkt des mweltschutzes nicht vertretbar. Einige Bedenken, die in dem Antrag der Grünen artiuliert werden, teile ich. Fracking ist eine Fördertechologie, bei der unter Einpressen eines Wasser-Sandhemikalien-Gemisches unter hohem Druck Risse im estein erzeugt werden. Dies erfolgt zwar regelmäßig in iefen, in denen sich kein für die Trinkwassergewinnung enötigtes Grundwasser befindet, aber dennoch: Durch Gerd Bollmann gebene Reden )

Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1711735800




(A) )

die Festschreibung einer geologischen Barriere wollen
wir hier die bereits bestehende Sicherheit für die Um-
welt und das Grundwasser noch einmal deutlich erhö-
hen. Wir sehen hier durchaus Verbesserungspotenzial.

Die Grünen unterstellen in ihrem Antrag der Bundes-
regierung, sich dieses Themas zu verweigern. Dies ist
schlichtweg falsch. In den letzten Monaten haben sich
sowohl die Fraktionen intern als auch zusammen mit
den Ministerien beraten und das weitere Vorgehen abge-
sprochen.

Nach Einschätzung der Situation ist vonseiten des
Bundes allerdings keine Hektik erforderlich, sondern in
allererster Linie ein sauberer und solider Rechtsrah-
men, der auch aufgrund der Versäumnisse in der Ver-
gangenheit so nicht besteht. Man sollte an dieser Stelle
nicht vergessen, dass die Förderung von unkonventio-
nellem Erdgas auch in Deutschland auf eine jahrzehnte-
lange Historie zurückblickt, insbesondere bei sogenann-
ten Tight-Gas-Lagerstätten.

Überdies – und das sollte man nicht vergessen – gibt
die Bundespolitik zwar einen rechtlichen Rahmen vor.
Allerdings haben die Länder und deren Behörden bereits
jetzt eine Vielzahl an Instrumenten, um Genehmigungen
vor Ort durch strenge Auflagen an tatsächliche Gefah-
ren anzupassen oder auch im Einzelfall zu versagen.

Es ist mir zu einfach, hier eine Totalablehnung der
Gasförderung bei unkonventionellem Erdgas zu fordern,
und auf nichts anderes zielen hier die beiden vorliegen-
den Anträge. Die Importabhängigkeit von russischem
Erdgas ist offenkundig. Wir haben mit der jetzt beschlos-
senen Energiewende einen hohen Bedarf an Ersatzkapa-
zitäten, der kurzfristig zu decken ist, und gleichzeitig
Klimaschutzziele, die erreicht werden sollen. Die Grü-
nen haben ambitionierte Ziele, aber bei jeder Einzel-
frage klingt uns aus ihren Reihen ein dumpfes Nein ent-
gegen.

Die Grünen wollen Fracking nicht zulassen, solange
keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über
Risiken und Folgen in den USA vorliegen und jede sons-
tige Gefahr sicher ausgeschlossen werden kann.

Die Schiefergasförderung in den USA ist mit der För-
derung in Deutschland nicht zu vergleichen. In den USA
befinden sich gigantische Förderfelder, die mit den Vor-
haben hierzulande weder hinsichtlich der angewandten
Techniken noch hinsichtlich der Menge an verwendeten
Chemikalien noch hinsichtlich der Größe und Folgewir-
kungen etwas gemein haben. Sie stellen doch auch nicht
die Anforderung, dass die Umweltfolgen in Russland
oder Aserbaidschan erst zu evaluieren sind, bevor in
Deutschland Fördermaßnahmen gestattet werden sol-
len. Es geht einzig und allein darum, in Deutschland zu
gewährleisten, dass keine Gefahren bestehen. Über die
bestehenden niedrigeren Umweltstandards in anderen
Ländern holen Sie sich die Rechtfertigung hier, einen
Ausschluss herbeizuführen. Haben die amerikanischen
Behörden und Gesetze versagt, dürfen wir auch hierzu-
lande nicht fördern. Das ist keine sachgerechte Argu-
mentation, sondern Polemik.

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Zu Protokoll ge

(C (D Auch die Forderungen zum Bergrecht und zur Umeltverträglichkeitsprüfung sind zu weitgehend. Nach ren Änderungswünschen müsste zukünftig jede einfa he Erkundungsbohrung einer Umweltverträglichkeitsrüfung unterliegen. Bei einer Erkundungsbohrung ommen regelmäßig aber überhaupt keine Chemikalien um Einsatz. Hier werden Proben genommen, nicht ehr und nicht weniger. Das Kernproblem ist Fracking nd der Einsatz von potenziell wassergefährdenden hemikalien. Sie holen mit Ihrer Keule zu weit aus und efährden dadurch energieund umweltpolitisch sinnolle Vorhaben. Wir streben sachgerechte und zielführende Lösungen n: einen höheren Umweltstandard beim Fracking und er Schiefergasförderung. In Wasserschutzgebieten ist racking generell auszuschließen. Über eine geologiche Barriere ist sicherzustellen, dass Chemikalien nicht das Grundwasser gelangen können. Die Transparenz or Ort ist herzustellen. All dies sind Maßnahmen, die ir aufgreifen werden. Wir wollen die Schiefergasförderung verantwortlich rmöglichen. Sie wollen die Schiefergasförderung verindern. Das ist unverantwortlich! Wir können unter strengsten ökologischen Bedingunen Energie in Deutschland erzeugen. Gerade jetzt ist es ichtig, wirklich alle Potenziale auszuschöpfen. Wir issen um mögliche Engpässe in den kommenden Moaten und Jahren. Ich appelliere an die Vernunft, neue Technologien zu nterstützen. Wir setzen massiv auf neue Speichertechologien. Wir setzen auf Netzausbau. Wir setzen auf CS. Wir setzen auf Schiefergas. Wir setzen auch auf trengste Umweltmaßstäbe. Wenn Sie ein anderes Konzept haben, nennen Sie es. elassen Sie es nicht bei bloßer Verhinderungspolitik. eien sie kritisch, aber positiv. Ich habe derartiges von nen bisher nicht gehört. Sie machen sich einen schlan en Fuß, wenn Sie sich um jedes Problem drücken. CDU/CSU und die FDP brauchten die Katastrophe on Fukushima, um zu verstehen, dass ihre Atompolitik nd ihr Gerede von der „Brückentechnologie“ falsch ar. Jetzt gibt es – scheinbar – eine neue „Brückentechologie“: Erdgas. Besondere Hoffnung liegt auf der örderung von heimischem unkonventionellen Erdgas. ier spielen die großen Energiekonzerne schon wieder it dem Feuer und werden dabei von der Regierung unrstützt. Brauchen wir erst wieder einen Unfall, um uch hier zur Einsicht zu kommen? Die Förderung von rdgas mithilfe von Fracking ist keine Brückentechnoloie, sondern eine Hochrisikotechnologie. Wir reden über die Förderung von unkonventionellem rdgas mit der Methode des Hydraulic Fracturing, urz: Fracking. Mit dieser – zumindest in der derzeigen Form – noch recht jungen Fördermethode sollen ünftig auch in Deutschland neue Erdgasquellen erchlossen werden. Uns wird versprochen, dass wir durch ie Förderung von einheimischem Erdgas unabhängiger Horst Meierhofer gebene Reden )

Johanna Voß (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711735900




(A) )

von Gasimporten werden. Aber die Sache hat einen Ha-
ken – und zwar einen gewaltigen.

Fracking ist mit hohen Risiken für die Bevölkerung
und die Umwelt verbunden. Vor allem das Trinkwasser
ist gefährdet. Beim Fracking werden mit hohem Druck
riesige Mengen Flüssigkeit in den Boden gepresst. Die
Frac-Flüssigkeit ist mit hochgiftigen Chemikalien ver-
setzt. Die Gaskonzerne sagen, dass das Verfahren si-
cher ist und dass kein Frac-Wasser austreten kann.
Die Bundesregierung verlässt sich in ihrer Bewertung
auf die Werbebroschüren der Gaslobby und kommt da-
mit – welch Überraschung! – auch zum Ergebnis, dass
Fracking sicher ist.

Aber woher wissen die das so genau? Die Bundesre-
gierung musste im April im Umweltausschuss einräu-
men, dass es noch keine wissenschaftlichen Studien zu
den Umweltauswirkungen von Fracking in Deutschland
gibt. Das Umweltministerium hat – mit Berufung auf das
Umweltbundesamt – erst vor kurzem einen Bericht auf
seine Webseite gestellt. Dort ist nachzulesen, was beim
Fracking alles passieren kann: Nicht nur die Bohrungen
durch die trinkwasserführenden Schichten sind gefähr-
lich. Auch durch die unterirdischen Sprengungen kön-
nen Risse entstehen, durch die das Giftgemisch austreten
kann. Und auch die Lagerung der zurückgewonnenen
Flüssigkeit aus der Erdgasbohrung ist hoch gefährlich.
Denn im Untergrund hat sich die giftige Flüssigkeit häu-
fig auch noch mit radioaktiven Substanzen vermischt.
Das klingt nach einem Horrorszenario – aber genau so
steht es auf der Webseite vom Umweltministerium. Was
brauchen wir noch? Wir können doch nicht warten, bis
unser Trinkwasser großflächig vergiftet und radioaktiv
verseucht ist, um die Gefahren von Fracking anzuerken-
nen!

Schließlich belegen die vielen Vorfälle in den USA,
dass Fracking gefährlich ist. In den USA wird Fracking
schon jetzt großflächig eingesetzt. Dort gab es schon et-
licheTrinkwasservergiftungen, Explosionen und Erdbe-
ben. Der letzte Unfall ist noch nicht lange her: Im Bun-
desstaat Pennsylvania flossen am 20. April nach einem
Fracking-Unfall tausende Liter giftige Flüssigkeit in ei-
nen nahegelegenen Fluss. Es dauerte mehrere Tage, bis
das Austreten des Giftgemischs gestoppt werden konnte.
Die Anwohner befürchten nun eine unumkehrbare Ver-
giftung des Wassers. Auch in Deutschland gab es schon
Unfälle bei der Erdgasförderung. Wenn Fracking nun
auch hier vermehrt eingesetzt werden soll, steigen die
Gefahren. Das dürfen wir nicht zulassen!

Nun heißt es immer, dass Erdgas ja umweltfreundlich
ist. Aber: Erdgas ist ein fossiler Energieträger, bei des-
sen Verbrennung das klimaschädliche CO2 entsteht.
Zwar weniger als bei Kohle, aber doch genug, um den
Klimawandel zu beschleunigen. Auch Erdgas ist also ein
Klimakiller. Und ganz besonders das unkonventionelle
Erdgas, das nur mit einem riesigen energetischen Auf-
wand überhaupt erschlossen werden kann. Eine Ener-
giepolitik, die den Weg in das Zeitalter der erneuerbaren
Energien ebnet, erfordert deswegen zu allererst drasti-
sche Einsparungen im Verbrauch von Erdgas! Erdgas
muss so schnell wie möglich durch erneuerbare Ener-

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Zu Protokoll ge

(C (D ien ersetzt werden. Jetzt auf den massiven Ausbau der rdgasförderung zu setzen, ist damit schlicht der falsche eg! Nehmen wir die Sorgen der betroffenen Menschen rnst: Dort, wo jetzt die ersten Probebohrungen beanagt sind, gibt es große Proteste. Die Menschen wollen ein Fracking, weil sie Angst um ihr Trinkwasser haben. uch in anderen Ländern gibt es Proteste. In den USA nd in Kanada wurden daraufhin Moratorien beschlosen, um die Umweltauswirkungen genauer zu untersuhen. In Frankreich ist die Regierung noch weiter geangen. Sie hat am 9. Juni diesen Jahres ein Verbot von racking beschlossen. Das sollte auch hier möglich ein. Was brauchen wir noch, damit auch die Regierungsarteien einsehen, dass Fracking eine gefährliche Risiotechnologie ist? Reichen hier die vielen Unfälle in den SA nicht schon aus? Trinkwasserverschmutzungen für enerationen sind dort schon Realität. Nehmen wir uns rankreich zum Vorbild und verbieten wir auch in eutschland die hochriskanten neuen Fracking-Methoen in der Erdgasförderung! Weltweit befinden sich Energieunternehmen auf der uche nach sogenanntem unkonventionelle Erdgas. Hydraulic Frackturing“ oder „Fracking“ wird die ethode genannt, mit welcher durch Horizontalbohrun en und dem Einsatz diverser Chemikalien die Erdgasorkommen erschlossen werden. Auch in Deutschland, ier vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfan, sowie in unseren Nachbarländern Frankreich und olen wird inzwischen nach unkonventionellem Erdgas esucht. Vor allem shalegas, das ist Erdgas aus Schiergestein, steht im Fokus der Unternehmen. Da wir in Deutschland auf Erdgas in den kommenden ahrzehnten als Energieträger nicht verzichten können, lingt die Aussicht auf die Erschließung neuer heimicher Erdgasvorkommen nicht zuletzt unter dem Aspekt er Versorgungssicherheit erst einmal verlockend. Beachtet man jedoch die Situation in den USA, wo die örderung von unkonventionellem Erdgas mittlerweile ber die Hälfte der Gesamtproduktion ausmacht, wird chnell deutlich, dass es sich hier jedoch um einen Goldausch mit massiven Nebenwirkungen handelt: Trinkasser wird durch Chemikalien und unkontrolliert enteichendes Methan vergiftet. Hinzu kommt ein enormer lächenverbrauch sowie riesige Mengen an Wasser und hemikalien, die angeliefert werden müssen. Je nach iefe der niedergebrachten Bohrung sind das bis zu 00 Lkw-Ladungen und mehr, was zu einer erheblichen ärmbelästigung von Anwohnern führt, die Anfahrtstraßen ruiniert und die CO2-Bilanz von unkonventioellem Erdgas deutlich verschlechtert. Auch die Entsorung der in großen Mengen anfallenden Abwässer, die äufig durch Schwermetalle wie Quecksilber und auch adioaktive Stoffe belastet sind, stellt ein bisher auch in en USA ungelöstes Problem dar. In Deutschland weren Abwässer häufig einfach in sogenannten Disposalohrungen versenkt. Johanna Voß gebene Reden Oliver Krischer )

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711736000







(A) )

Wir müssen diese Risiken und Probleme ernst neh-
men, und die zuständigen Behörden sowie unabhängige
Wissenschaftler müssen sie untersuchen. Wir fordern die
Bundesregierung daher auf, unter Einbeziehung der
Fachbehörden, wie zum Beispiel das Umweltbundesamt
und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Roh-
stoffe, Studien in Auftrag zu geben, mit dem Ziel, ein Mo-
nitoring für die Umweltauswirkungen zu installieren, um
eine Bewertung vornehmen zu können. Dabei sollten
zum Beispiel auch die Bohrstellen in Deutschland unter-
sucht werden, an denen das Fracking-Verfahren in der
Vergangenheit bereits angewendet wurde. Dazu gehört
auch die Erstellung einer nachvollziehbaren Klimabi-
lanz von unkonventionellem Erdgas, denn diese fällt auf-
grund des hohen Energieaufwandes sicherlich schlech-
ter aus als bei konventionell gefördertem Gas.

Das Vorgehen der Energieunternehmen hat auch mal
wieder gezeigt, wie intransparent das deutsche Berg-
recht ist. Unbemerkt von Politik und Öffentlichkeit wur-
den schon vor längerer Zeit von den Bergbehörden der
Länder großflächige Claims zur Exploration der vermu-
teten großen Gasvorkommen an die Unternehmen ver-
teilt. Dies kam erst durch ein gezieltes Nachfragen der
grünen Landtagsfraktion in NRW ans Licht. Es ist doch
kein Wunder, dass sich angesichts einer solchen Praxis
die Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel im Münster-
land nicht mitgenommen fühlen. Wer befürwortet schon
die Anwendung einer Technologie vor seiner Haustür,
wenn das gesamte Internet voller Horrormeldungen da-
rüber ist? Es gehört zu den dringenden Aufgaben staat-
licher Behörden, die Interessen der Bürgerinnen und
Bürger zu schützen. Eine Informationspolitik an den
Bürgerinnen und Bürgern vorbei zugunsten von Ener-
giekonzernen ist falsch und nicht mehr zeitgemäß. Wir
fordern daher die Bundesregierung weiter auf, eine
grundlegende Reform des antiquierten deutschen Berg-
rechts einzuleiten, in deren Rahmen auch Elemente von
Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung im Berg-
recht verankert werden. Weiter brauchen wir einen
Raumordnungsplan, der die unterschiedlichen Interes-
sen an dem Untergrund berücksichtigt, um Interessen-
skollisionen zu vermeiden.

Abschließend noch eine Bemerkungen zum Verhalten
der Bundesregierung in den vergangenen Monaten: Seit
einem Jahr stellen wir Anfrage um Anfrage zum Thema
unkonventionelles Erdgas und erhalten regelmäßig von
der Bundesregierung die gleichen nichtssagenden Ant-
worten: Die Förderung von unkonventionellem Erdgas
sei harmlos, und es sei keine Gefährdung des Trinkwas-
sers zu erwarten. Im Übrigen liege die Zuständigkeit bei
den Bundesländern. – Noch im Februar bekamen wir die
gleichen Antworten von der Bundesregierung in einem
schriftlichen Bericht an den Umweltausschuss präsen-
tiert, inklusive einem Verweis auf eindeutig interessen-
geleitetes Informationsmaterial der Erdgasindustrie.
Ein solches Vorgehen ist für einen Bericht einer Bundes-
regierung an das Parlament schlicht unwürdig und
Zeugnis der beim Minister zu der Zeit offensichtlich
herrschenden Ahnungslosigkeit. Die Bezirksregierung
Arnsberg hat den gleichen Newsletter an die Kommunen
in NRW versandt und ist dafür aufs Schärfste von der

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(C (D RW-CDU in einem Antrag gescholten worden. Das wan Herrn Röttgens Parteifreunde! Und nur ein paar ochen später macht er hier in Berlin genau dasselbe, nd versucht uns Parlamentarier mit derselben hübchen Werbebroschüren für dumm zu verkaufen. Das ist icht nur peinlich, das ist geradezu dreist. Doch inzwichen scheinen Herrn Röttgens Parteifreunde aus Nordein-Westfalen, die übrigens ein flächendeckendes erbot für Fracking in NRW fordern, ihren Landesvoritzenden darüber informiert zu haben, was in seinem undesland eigentlich los ist. Anders kann man sich die ußerungen in einer Pressemitteilung aus dem BMU im ai nicht erklären, denn auf einmal ist dort von poten iellen Gefahren für das Grundund Oberflächenwasser urch Chemikalien die Rede. Das ist immerhin ein kleier Lichtblick. Es bleibt aber die Frage offen, welche onsequenzen Herr Röttgen aus diesem Wissen denn un ziehen wird, denn wieder ist darin von der Zustänigkeit der Bundesländer die Rede. Ich fordere Sie hiermit auf, endlich Ihrer Pflicht achzukommen und gemeinsam mit den Bundesländern lare Regeln für die Förderung von unkonventionellem rdgas zu entwickeln! Hören Sie endlich auf, sich so aus er Verantwortung zu ziehen! Eine windige Pressemitilung alleine reicht nicht aus, es bedarf konkreter aßnahmen. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 17/5573 und 17/6097 an die in der Taesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – iderspruch erhebt sich nicht. Dann ist das so beschlos en. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten René Röspel, Ulla Burchardt, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD 20 Jahre Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag – Ein gelungenes Beispiel und internationales Modell für den Austausch von Wissenschaft und Politik – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Krista Sager, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Technikfolgenabschätzung im Bundestag und in der Gesellschaft stärken – Drucksachen 17/3414, 17/3063, 17/6287 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Thomas Feist René Röspel Dr. Martin Neumann Vizepräsident Eduard Oswald )

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711736100




(A) )

Dr. Petra Sitte
Hans-Josef Fell

Die Reden werden, wie vereinbart und in der Tages-
ordnung ausgewiesen, zu Protokoll genommen. Die Na-
men der Kolleginnen und Kollegen sind bei uns bekannt.
Sie sind damit einverstanden.


Dr. Thomas Feist (CDU):
Rede ID: ID1711736200

Auch wenn wir uns in diesem Hause bereits im letzten

Jahr mit der wissenschaftlichen Politikberatung „Tech-
nikfolgenabschätzung“ beschäftigt haben, soll es noch
Menschen in unserem Land geben, die mit dem Büro für
Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag,
TAB, nichts anfangen können. Daher möchte ich die Ge-
legenheit nutzen, kurz das TAB vorzustellen, bevor ich
Ihnen näher darlege, warum die hier zur Beratung vor-
liegenden Anträge der SPD und Bündnis 90/Die Grünen
aus der Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion abzu-
lehnen sind.

Im November 1989 traf der Bundestag die Entschei-
dung, die Technikfolgenabschätzung im Parlamentsbe-
trieb zu institutionalisieren. Dazu wurde im Jahre 1990
mit dem heutigen Karlsruher Institut für Technologie,
KIT, die Einrichtung eines Büros für Technikfolgenab-
schätzung des Deutschen Bundestags vertraglich verein-
bart. Damit wurde das TAB ganz bewusst nicht in die
Verwaltung des Deutschen Bundestages integriert, son-
dern es wird von einer externen Forschungseinrichtung
eingerichtet und betrieben. Hierzu schließt der Deutsche
Bundestag einen – bislang jeweils auf fünf Jahre befris-
teten – Vertrag mit dem Betreiber. Der Betreiber ist seit
1991 das Institut für Technikfolgenabschätzung und Sys-
temanalyse, ITAS, im Karlsruher Institut für Technolo-
gie, KIT, seit 2003 in Kooperation mit dem Fraunhofer,
Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Der
aktuelle, auf fünf Jahre befristete Vertrag, endet 2013.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung ist das politische Steuerungsgre-
mium für Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a
GOBT. Er hat vor allem die Aufgabe, Anfragen zur
Durchführung von „Technikfolgenanalysen“ aus den
Fraktionen und Ausschüssen zu sichten, zu prüfen sowie
zu entscheiden, welche der gewünschten Analysen durch
das TAB durchgeführt werden sollen. Die Themenfestle-
gung erfolgt für einen längeren Zeitraum im überfrak-
tionellen Konsens.

Im letzten Jahr haben wir im Deutschen Bundestag
anlässlich des 20. Geburtstages über das TAB debattiert
und Bilanz gezogen. Ich möchte drei Punkte aus meiner
damaligen Rede wiederholen, weil sie immer noch Gül-
tigkeit haben:

Zum Ersten möchte ich mich noch einmal ganz herz-
lich bei den Mitarbeitern des TAB für ihre geleistete Ar-
beit bedanken.

Zum Zweiten möchte ich betonen, dass Technikfol-
genabschätzung eben nicht nur das Erkennen von Ge-
fahren bestimmter Technologien bedeutet, sondern auch
die Chancen und Möglichkeiten, unsere neuen Technolo-
gien zu erkennen und deutlich zu machen.

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(C (D Drittens: Die Förderung des kontinuierlichen Diags zwischen Politik und Wissenschaft ist der Mehrwert er Institutionalisierung wissenschaftlicher Politikberang. Das Büro ist unabhängig. Dennoch ist es trotzdem emüht, alle Interessen auszugleichen. Dieser Dialog erläuft nicht immer reibungslos, aber – ich denke, so ann ich für uns alle sprechen – immer erkenntnisförernd für beide Seiten. Erkenntnisfördernd waren die beiden hier vorliegenen Anträge allerdings nicht. Lediglich dem Lob für das AB kann ich mich anschließen. Ganz deutlich widersprechen muss ich dem Vorwurf Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, ass das TAB vorwiegend kostengünstig zugängliche, issenschaftliche Erkenntnisse aus dem Mainstream reriere. Dies stimmt nicht mit der fraktionsübergreifenen Auffassung überein, dass die wissenschaftliche Quatät der TAB-Berichte über diesen Zweifel erhaben ist. ie interne Evaluation des TAB ommt zu dem Schluss, dass mit den vorhandenen Strukren und Mitteln eine qualitativ gute Arbeit geleistet erden kann. Der Antrag der Grünen widerspricht sich eradezu, wenn zu Beginn das TAB gelobt und ihm eine ute Qualität bescheinigt wird und eine Seite weiter och die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit angeweifelt wird. Dem ist ausdrücklich zu widersprechen, ie Bilanz bescheinigt das Gegenteil. Die in den Anträgen gestellte Forderung nach einer ontinuierlich festgeschriebenen Mittelerhöhung und ine damit verbundende Steigerung von Berichten önnte das TAB vor Probleme stellen; eine Überfrachng des Parlaments und der Abgeordneten ist dabei icht auszuschließen. Die interne Evaluation hat es beits festgehalten: Das Berichterstatterprinzip läuft Gehr, an seine Grenzen zu stoßen, wenn der Arbeitsaufand der Berichterstatter zu groß wird. Zusätzlich esteht die Gefahr, dass es zu Überschneidungen mit em Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundesges oder externen Politikberatungseinrichtungen ommt. Die Erfahrung zeigt, dass ein Teil der Anträge durch as TAB aufgrund der unklaren Zielsetzungen der Anagsteller grundsätzlich schwer zu bearbeiten ist. Hier ietet sich die themengeleitete Zusammenführung von ntersuchungswünschen an, um Ziele systemisch und amit auch im Sinne der Nachhaltigkeit besser zu bechreiben. Dafür spricht auch, dass das Herausarbeiten on thematischen Gemeinsamkeiten verschiedener Anäge und das Überführen in zielorientierte fraktionsbergreifende Untersuchungsaufträge ein Kernmerkmal er parlamentarischen Technikfolgenabschätzung, TA, t. Eine rein quantitative Erhöhung von Untersuchungsufträgen steht dem entgegen. Allein bei der letzten Entcheidungsrunde wurde zum Teil aus Untersuchungsünschen mehrerer Fraktionen ein gemeinsamer und earbeitbarer Antrag formuliert. Das Wissen über berenzte finanzielle Ressourcen fördert sinnvolle thematiche Antragstellung zusätzlich. Vor diesem Hintergrund ist die geforderte Mittelerhöung mit einer Festlegung der Struktur des TAB über die )


(A) )

Vertragslaufzeit 2013 hinaus nicht zu akzeptieren. Damit
würde die Flexibilität des TAB wegfallen. Wenn wir uns
überfraktionell über den Stellenwert wissenschaftlicher
Politikberatung einig sind, werden wir in besonderen
Fällen auch flexible Lösungen zur Unterstützung dieser
Arbeit finden. Wir werden uns also immer wieder die
Frage stellen müssen, welche Veränderungen nötig sind,
um sich aktuellen Gegebenheiten anzupassen.

Darüber hinaus darf auch nicht vergessen werden,
dass die Mittel des TAB im laufenden Haushalt maßvoll
erhöht worden sind, um sicherzustellen, dass das TAB
seine Aufgaben bis 2013 verlässlich erfüllen kann. Das
ist in Zeiten knapper Haushaltskassen ein wichtiges Si-
gnal.

Bezüglich der Forderungen der Anträge, mehr An-
strengungen zu unternehmen, um das TAB öffentlich
noch sichtbarer zu machen, möchte ich aus der Bilanz
des TAB folgendes zitieren:

Die Rezeption der Ergebnisse parlamentarischer
TA geht also weit über den Bundestag hinaus: Ver-
bände, Nichtregierungsorganisationen, wissen-
schaftliche und Bildungseinrichtungen, die Ministe-
rien des Bundes und der Länder, Schüler sowie
Studenten verfolgen interessiert die Arbeit des TAB
und fragen deren Ergebnisse nach. Insgesamt ist
das Interesse an den TAB-Aktivitäten in zahlreichen
Fachöffentlichkeiten, aber auch in der breiteren
Öffentlichkeit, über die Jahre auf hohem Niveau
stabil geblieben. Obwohl das TAB keine intensive
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit betreibt, ist auch
die Medien- und Presseresonanz erfreulich, und die
Mitarbeiter des TAB werden häufig um Interviews
oder Stellungnahmen gebeten. Ein Indiz für die öf-
fentliche Aufmerksamkeit, die TA beim Deutschen
Bundestag genießt, sind nicht zuletzt auch die re-
gelmäßigen Anfragen von wissenschaftlichen, poli-
tischen und Bildungseinrichtungen an das TAB,
über Ergebnisse aus den TAB-Projekten auf Tagun-
gen und Kongressen zu berichten. Erhebliches Inte-
resse gilt auch der Organisation und der Rolle von
Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bun-
destag generell. Dies zeigen an das TAB gerichtete
Anfragen, über Arbeitsweise und Erfahrungen mit
TA beim Deutschen Bundestag zu berichten. Auch
als Adresse für interessierte Besucher erfährt das
TAB Wertschätzung im In- und Ausland, wie zahl-
reiche Besucher aus Politik und Wissenschaft, aber
auch Studenten- und Schülergruppen belegen.

Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Gerade
auch die Beispiele der letzen Zeit, etwa die Vorstellung
des Berichtes „Gefährdung und Verletzbarkeit moderner
Gesellschaften – am Beispiel eines großräumigen Aus-
falls der Stromversorgung“, haben das große Interesse
an Berichten des TAB gezeigt. Ich finde, wir können da-
mit sehr zufrieden sein. Man wird mit wissenschaftlichen
Themen selbstverständlich nie die Leserzahl einer Bou-
levardzeitung erreichen; man darf aber auch nicht ver-
gessen, dass es sich bei den TAB-Berichten um hoch-
komplexe und umfangreiche Dokumente handelt, die

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(C (D icht beliebig komprimiert und damit medientauglich emacht werden können. Schlussendlich: Der Antrag der Grünen stellt aus einer Sicht eher eine generelle Abrechnung mit der Reierungspolitik dar, als das er sich auf das TAB bezieht. ie Äußerungen, dass Technikfolgenabschätzung Kern raftwerke verhindert hätte, und die Kritik an der Erforchung der Kernfusion sind so nicht mitzutragen. Es ist icherlich das gute Recht der Opposition, die Koalition u kritisieren. Der wissenschaftlichen Arbeit des TAB ist ies allerdings nicht angemessen. Das TAB haben wir vor über 20 Jahren gegründet. iel war es, eine Institution zu schaffen, die uns in den eitreichenden Themenstellungen unserer Zeit mit wis enschaftlichem Sachverstand zur Seite steht. Dieser Thinktank des Parlaments hat sich in den letzn 20 Jahren national wie international einen guten Ruf rarbeitet. Mit der Arbeit des TAB haben wir als Parlaentarier einen sehr aktiven und kreativen Partner, der ns bei unserer Mitverantwortung für den gesellschaftlihen Wandel unterstützt. Im Zeitalter digitaler Medien und Kommunikation erben wir die Potenzierung von Informationsfluten. Daer werden insbesondere auch von uns Politikern chnelle, kompetente und lösungsorientierte Entscheiungen erwartet. Genau deshalb müssen wir uns auch mer wieder kritisch fragen, inwieweit das TAB seinen ufgaben noch gerecht wird. Das TAB beschäftigt derzeit acht Wissenschaftlerinen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen. Haushaltsplan ist dafür ein Etat von bislang jährlich Millionen Euro enthalten. Für die institutionelle Fördeung stehen derzeit 1,4 Millionen Euro und für die Verabe von Gutachten an externe Experten 613 000 Euro ur Verfügung. Das ist, wie ich finde, eine ordentliche umme, mit der bisher gute Ergebnisse erzielt werden onnten. Die SPD fordert in ihrem Antrag eine Erhöhung der elder für das TAB. Bereits im laufenden Haushalt 2011 at es jedoch eine solche Erhöhung gegeben. Daher tellt sich die Frage, ob die derzeit zur Verfügung steenden Gelder für das Büro für Technikfolgenabschätung nicht doch ausreichend sind. Eine solide Hausaltskonsolidierung darf bei der derzeitigen Lage nicht us den Augen gelassen werden. Aus meiner Sicht ist es aher ratsam, mithilfe einer externen Evaluierung geauestens zu untersuchen, ob an dieser oder jener Stelle ustierungsbedarf oder Nachsteuerungsbedarf bei der rbeit des TAB notwendig geworden ist. Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, forern in Ihrem Antrag unter anderem mehr Gelder für die ffentlichkeitsarbeit des TAB. Aber brauchen wir das? h meine, wir brauchen das nicht. Das TAB erfüllt kei en öffentlichen Auftrag und ist eigens zur Unterstütung unserer Parlamentsarbeit geschaffen worden. Es t weder eine Art nationale Akademie noch ein Ethikrat. s ersetzt auch nicht die zahlreichen Expertenanhörun Dr. Thomas Feist gebene Reden )

Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1711736300




(A) )

gen, die in den letzten Jahren die Arbeit der Parlamen-
tarier bei Gesetzgebungsverfahren unterstützten. Das
TAB betreibt auch keine sozialethische Begleitfor-
schung, keine explizite Risikoforschung und ist ebenso
nicht Teil eines Forschungsprogramms. Dafür greifen
wir auf andere Instrumente zurück.

Daher ist es eine berechtigte Frage, wie oft wir Par-
lamentarier oder auch die Bundesregierung die Dienste
des TAB tatsächlich in Anspruch nehmen und wie es um
die Zufriedenheit und Umsetzung bei den Auftraggebern
hinsichtlich der einzelnen Berichte steht.

Zusätzlich gilt es zu untersuchen, ob das TAB den be-
vorstehenden großen Zukunftsthemen in ausreichendem
Maße gewachsen ist. Nehmen wir beispielsweise die
derzeitige Energiewende und den Atomausstieg – ein
Thema, das unser Land und die Gesellschaft in den letz-
ten Wochen maßgeblich geprägt und auch verändert hat.
Hier sind wir mit zahlreichen Fragestellungen techni-
scher, gesellschaftlicher oder auch ethischer Natur kon-
frontiert. Wir als Politiker müssen diese jederzeit zufrie-
denstellend und vor allem schnell beantworten können.
Daher muss auch das TAB in Bezug auf seinen In- und
Output evaluiert und kritisch betrachtet werden.

Wie Sie sich sicherlich erinnern können, gaben hin
und wieder TAB-Berichte auch unserer Seite Anlass zu
Kritik. Es kam vor, dass Vertreter einzelner Fraktionen
die methodischen Grundlagen, die empirische Basis
oder bestimmte Schlussfolgerungen, die im Bericht ge-
zogen wurden, bemängelten. Zudem wird immer wieder
kritisiert, dass die Berichte zu lange auf sich warten las-
sen. Hier gilt es aus meiner Sicht, wie bei jeder Institu-
tion, die schon so lange etabliert ist, die Frage zu stel-
len, ob die nötigen ursprünglichen Anforderungsprofile
noch erfüllt werden oder ob nicht doch bestimmte Nach-
justierungen notwendig sind. Wir werden Ihrem Antrag
daher nicht zustimmen.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1711736400

Anfang der Woche publizierte die „Süddeutsche Zei-

tung“ einen Aufsatz des Mediziners Dietrich Grönemeyer.
Er schreibt darin über den menschlichen Forschungs-
drang und den Begeisterungswillen der Wissenschaftle-
rinnen und Wissenschaftler für ihr Fach, der viele Er-
gebnisse, Technologien und Produkte erst ermöglich
hat. Gleichzeitig weist Professor Grönemeyer aber da-
rauf hin, dass sich diese Wissenschaftler zu selten mit
den möglichen negativen Auswirken dieser neuen Tech-
nologien auseinandersetzen. „Die nötigen Sicherheits-
konzepte werden immer erst in der Not, kaum aber vo-
rausschauend entwickelt“, so schreibt Grönemeyer.

Leider hat Professor Grönemeyer mit dieser Aussage
Recht. Die schlimmen Vorfälle in Fukushima haben uns
dies leider wieder schmerzlich vor Augen geführt. Vor
einer realistischen Abschätzung der möglichen Folgen
der Atomkrafttechnik wurden dort, wie leider auch hier
in Deutschland, viel zu lange die Augen verschlossen.
Das war und ist verantwortungslos.

Aber zum Glück gibt es viele Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler, die sich über die möglichen negati-

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(C (D en wie positiven Auswirkungen von Technologie Geanken machen. Diesen eigenen Wissenschaftszweig ennt man Technikfolgenabschätzung. Ich bin sehr stolz arauf, dass das deutsche Parlament vor über 20 Jahren in eigenes Büro zu diesem Thema eingerichtet hat, das ogenannte TAB. Dort werden genau diese wichtigen ragen behandelt. Es freut mich auch sehr, dass die Notendigkeit dieses Büros mittlerweile fraktionsübergreind bestätigt wird. Ich weiß, dass einige Abgeordnete afür in ihrer Fraktionen ziemlich viel Überzeugungsareit verrichten mussten. Aber spätestens seit Fukushima ächst auch in den konservativen Reihen die umfas ende Erkenntnis, dass durch eine ernsthafte und früheitige Beschäftigung mit Chancen und eben auch den isiken allen Beteiligten viel Leid und Ausgaben erspart erden kann. Denn nur wer die Risiken realistisch ein chätzen kann, kann sich gegen diese wappnen und dait die Chancen der Technologie adäquat nutzen. Stark beeindruckt hat mich zum Beispiel einer der tzten TAB-Berichte mit dem Thema „Auswirkungen eies großflächigen Stromausfalls“. Hierbei untersuchen ie Verfasser im Auftrag des Bundestages, wie gut bzw. chlecht Bereiche des täglichen Lebens wie zum Beispiel ie Gesundheitsund Lebensmittelversorgung auf einen tromausfall vorbereitet sind. Und das Ergebnis ist nieerschmetternd. So schreiben die Autoren: Die Folgeanalysen haben […] gezeigt, dass bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit (lebens-)notwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen ist. Hier zeigt sich, wie verletzlich und abhängig wir in nser heutigen modernen Welt doch sind. Die vielen eilnehmer bei der öffentlichen Vorstellung des Berichts itte Mai zeigen uns, wie groß das Interesse dafür ist. ie Erkenntnisse des Berichts stellen nicht nur Informaonen für Politik und Gesellschaft zur Verfügung, sonern können sich auch zu einem Auftrag an die Politik ntwickeln: zum Beispiel dafür Sorge zu tragen und die oraussetzungen zu schaffen, dass beschriebene Szenaien möglichst nicht oder wenigstens abgemildert eintren. Übersetzt für diesen Bereich wären das zum Beispiel olitische Initiativen zur Umgestaltung der Energieverorgung hin zu mehr Autarkie und Dezentralität. TAB-Berichte nehmen oft gesellschaftliche Diskussioen vorweg. Dies haben wir bei den Berichten zur Nanochnologie, der Fusionsforschung oder dem CERN ge ehen. Das Parlament beschäftigt sich vorab also urchaus mit möglichen Risiken von Technologien. Am nde liegt es aber natürlich an uns Abgeordneten, wie ir mit den Informationen umgehen. Im Fall des Be ichts Stromausfall, den ich Ihnen wirklich allen zur ektüre empfehlen kann, hoffe ich, dass unsere Kolleginen und Kollegen in den entsprechenden Ausschüssen araus die nötigen Konsequenzen ziehen. Technikfolgenabschätzung ist ein wichtiger Bestandil der Wissenschaft. Wir im Deutschen Bundestag sind abei bereits gut aufgestellt. Deshalb sollte es uns eientlich leichtfallen, unsere europäischen Partner daon zu überzeugen, zum Beispiel für das europäische Florian Hahn gebene Reden )





(A) )

8. Forschungsrahmenprogramm mehr Geld für den Be-
reich der Technikfolgenabschätzung zur Verfügung zu
stellen. Hier ist jetzt besonders die Bundesregierung ge-
fragt auf europäischer Ebene tätig zu werden.

In unserem Antrag fordern wir unter anderem mehr
Geld für das TAB. Denn die Anzahl der vom Parlament
eingeforderten Berichte steigt ständig. In den nächsten
Monaten erwarten wir zum Beispiel Berichte zu so span-
nenden Themen wie Elektromobilität, Synthetische Bio-
logie, Geoengineering oder ökologischem Landbau. Um
diese so unterschiedlichen Themen in der nötigen Tiefe
und Breite bearbeiten, braucht es aber auch die entspre-
chende Anzahl an Mitarbeitern. Insofern ist es nur kon-
sequent, dass nach langen Jahren der Stagnation auch
die Mittel für das TAB steigen. Die diesjährige Erhö-
hung war ein erster Anfang. Es müssen aber, abhängig
vom Arbeitspensum, weitere folgen. Die SPD-Bundes-
tagsfraktion wird an diesem Thema dranbleiben.


Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1711736500

Vor jetzt mehr als 20 Jahren wurde das Büro für Tech-

nikfolgenabschätzung (TAB) beim Deutschen Bundestag
gegründet und leistet seitdem einen hervorragenden
Beitrag für die Arbeit des Parlaments. Besonders anzu-
erkennen sind aus meiner Sicht die Qualität und die
hohe Zahl der bearbeiteten TA-Untersuchungen. Dass in
2010 ein neuer Höchststand von Projektvorschlägen er-
reicht wurde, zeigt die Bedeutung des Beratungsbedarfs.
Die Arbeit des TAB fördert sowohl das Verständnis für
potenzielle Auswirkungen und Folgen als auch die Ent-
wicklungsmöglichkeiten von Technik und Wissenschaft.
Über die Jahre hinweg haben die Berichte des TAB die
Abgeordneten des Deutschen Bundestags insbesondere
dabei unterstützt, wichtige Entscheidungen auf aktueller
wissenschaftlicher Erkenntnis zu treffen. Darüber hi-
naus fanden die Berichte auch außerhalb der Politik im
öffentlichen Raum einen bemerkenswerten Anklang und
Nutzen, welcher an dieser Stelle in seiner Tragweite nur
schwer abzuschätzen ist.

Insofern ist es bedauerlich, dass der Antrag von
Bündnis 90/Die Grünen nur in Teilen die Qualität der
Arbeit des TAB würdigt. Die Beurteilung der Grünen,
dass der TAB vorwiegend den kostengünstigen zugäng-
lichen wissenschaftlichen Mainstream wiedergebe, ist
aus meiner Sicht ebenso nicht nachvollziehbar, genauso-
wenig wie die Kritik, dass überwiegend Hauptfor-
schungsrichtungen in die Arbeit einbezogen werden.
Ebenso zu kritisieren ist am Antrag von Bündnis 90/Die
Grünen die Forderung nach einem automatischen Auf-
wuchs der finanziellen Ausstattung nach Umfang der
Anforderungen. Dies führt nach meiner Auffassung
zwangsläufig zu einer Untersuchungsflut und damit zu
einem deutlichen Schwund der Qualität. Vielmehr müs-
sen die Haushaltsmittel die Begrenzung beibehalten, um
das sehr wirkungsvolle Instrument der Politikberatung
vor Beliebigkeit und temporären Interessen zu schützen.
Aus diesem Grund ist auch der von der SPD geforderte
Aufwuchs der zu bearbeitenden TA-Untersuchungen ab-
zulehnen. Die FDP legt einen höheren Wert auf Qualität
als auf Quantität und lehnt eine reine Erhöhung der Zahl
der TA-Untersuchungen ab. Inhaltliche Prioritäten sind

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(C (D ach meiner Auffassung entscheidend. Der in den Anträen von SPD und Grünen geforderten Aufstockung der aushaltsmittel für das TA-Büro wurde nun, nach Jahn der Stagnation, für das Haushaltsjahr 2011 entspro hen. Mit Blick auf die Forderung von Grünen und SPD, ie Bundesregierung möge sich für die Sichtbarkeit des A auf internationaler Ebene einsetzen, weise ich darauf in, dass das TAB nicht nur ein aktives Mitglied des European Parliamentary Technology Assessment“etzwerks ist, sondern auf der letzten EPTA-Konferenz Kopenhagen die deutsche Präsenz und Rolle überaus ositiv wahrgenommen wurde. Da beide Anträge weder em aktuellen Stand noch unserer grundlegenden Halng entsprechen, stimmen wir den Anträgen nicht zu. Der Radiologe Dietrich Grönemeyer hat jüngst in der Süddeutschen Zeitung“ zum notwendigen Umdenken in er Wissenschaft nach Fukushima gesagt, dass es dabei icht um neue Bescheidenheit im Sinne der Begrenzung issenschaftlicher Neugier gehen könne. Der For chung Maulkörbe aufzuerlegen, sei nicht wirksam und ehe vor allem am Kern des Problems vorbei. Was also ist das Problem, auf das uns menschliche nd ökologische Tragödien wie in Fukushima oder auf er Tiefseebohrinsel „Deepwater Horizon“ stoßen? Das roblem ist die einseitige Beantwortung von gesellchaftlichen Herausforderungen durch technologische roßprojekte. Deren Lösungskompetenz wird alleine an er Ingenieursleistung gemessen. Zudem ist damit aus einer Sicht oft ein anderes Problem eng verwoben: das äufig durchschaubare, aber nicht sichtbar gemachte konomische Interesse einflussreicher Lobbygruppen. echnikbegeisterung und ökonomische Profite für partiulare Gruppen sind seit Beginn des bürgerlichen Zeitlters mächtige Verbündete gewesen. Den Nimbus der ufklärung haben sie aber längst verloren und werden icht erst seit heute mit Forderungen nach ökologischer achhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit konfrontiert. rotzdem fördert diese Bundesregierung Projekte wie us einer anderen Zeit. Sie unterschlägt dabei gefährlich oft, dass Großprokte ja große Probleme lösen wollen, weshalb eine techische Lösungsmatrix nicht ohne ein entsprechendes egenüber in der sozialen und politischen Wirklichkeit uskommt. Aus diesem Grunde hat die Linke immer das tale Schadensrisiko und die ungelöste Endlagerfrage er Kernkraft kritisiert, das Milliarden-Euro-Grab ITER bgelehnt und ausreichende öffentliche Erforschung der isiken der Nanotechnologien eingefordert. Aktuelle benruhigende Ergebnisse zur Umweltgiftigkeit von Nanoilber zeigen beispielsweise, dass auch hier eine Zeitombe tickt. Was also leider zu häufig in der Politik fehlt, ist eine mfassende Technikfolgenabschätzung des Einsatzes on unbekannten oder mit einem bekannten gewissen Riiko ausgestatteten Materialien, Technologien oder Intrumenten. René Röspel gebene Reden )

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711736600




(A) )

Ehrgeizige Projekte wie Kernkraftwerke am Meeres-
ufer in Fukushima, die alles an Hochtechnologie und
Hightechmaterial aufbietenden Tiefseebohrinseln, aber
auch die finanzmathematisch komplexen und sich auf
die Wirtschaft ganzer Staaten katastrophal auswirken-
den Finanzderivate, sie alle lehren uns, dass hier wenig
über soziale und ökologische Folgeprobleme oder Kri-
senvorsorge nachgedacht worden ist.

Sie lehren uns schließlich auch, dass Technologieför-
derung von Glaubenssätzen getragen wird und nicht pri-
mär vom wissenschaftlichen Fortschritt. Wenn die Tech-
nologien zu Störfällen werden, dann im Kern häufig
nicht aufgrund von Technikversagen, sondern da sie
ohne ausreichende Vorsorge angelegt und überhaupt
nur eingesetzt werden, weil die politisch Verantwortli-
chen die Welt einseitig betrachten und sich der rationa-
len Begutachtung von sozioökologischen Risiken ver-
weigern.

Nun ist wissenschaftliche Politikberatung in letzter
Zeit begehrt wie nie, wie die von der Regierung einge-
setzte Ethik-Kommission zur Zukunft der Energie in
Deutschland zeigt. Sie wird zugleich heftig angegangen.
An der Stellungnahme der Akademie der Naturforscher
Leopoldina zum zukunftsfähigen Energiemix in Deutsch-
land und den Empfehlungen des Ethikrats für eine be-
grenzte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik ent-
zündete sich eine öffentliche Debatte, ob Wissenschaft
überhaupt Politik beraten sollte. Von Entmachtung der
Politik durch ihre Verwissenschaftlichung war die Rede.
Umgekehrt beklagten Forscherinnen und Forscher, die
andere Auffassungen als die aufgezeigten Studien ver-
treten, eine Politisierung des Wissenschaftsbetriebs.
Was beide Seiten übersehen ist, dass die genannten Ten-
denzen zwar etwas über die – ja gerade gewollte – Be-
deutung des einen Bereichs für den jeweils anderen sa-
gen, deswegen aber noch lange nichts über dessen
Arbeitsweise. Wissenschaft soll unterschiedliche Blick-
winkel, Deutungsmöglichkeiten jenseits von tradierten
Pfaden und Verantwortung für Folgekosten aufzeigen,
die alle die Meinungsbildung von Politikerinnen und
Politikern unterstützen. Sie soll aber natürlich nicht
politische Entscheidungen ersetzen: Politisch kann man
entscheiden, ein Risiko einzugehen, wenn die Gefahren
beherrschbar und die erwarteten gesellschaftlichen Ge-
winne groß erscheinen. Nur soll kein Abgeordneter und
keine Abgeordnete sagen können, er oder sie hätte es
nicht anders gewusst.

Das Büro für Technikfolgenabschätzung, das im Mit-
telpunkt der heute debattierten Anträge steht, kann einer
Diskussion um wissenschaftliche Unabhängigkeit her-
vorragend standhalten. Das liegt an seiner besonderen
Anlage. Denn es wird von einem außeruniversitären
Forschungsinstitut betrieben, das alleine über Perso-
nalfragen entscheidet. Weder Regierung noch Bundes-
tag können sich da einmischen. Den Ruf der Unabhän-
gigkeit hat sich das TAB in den letzten 20 Jahren
erarbeiten und halten können. Entsprechend sind viele
seiner Stellungnahmen in die parlamentarische Bearbei-
tung geflossen und auch für die Fachöffentlichkeit eine
begehrte Referenz. Es hatte sichtbare Anstöße gegeben
dafür, Energiespeichermedien als Vorbedingung für er-

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(C (D euerbare Energien zusätzlich zu fördern, das Potenzial ansgener Pflanzen nicht zu überschätzen und Risikorschung zu Nanotechnologien ernsthaft anzugehen. udem macht das große Interesse an öffentlichen Fachesprächen wie zuletzt zu Perspektiven eines großflächien Stromausfalls den Bundestag verstärkt zum Ort für orausschauende gesellschaftliche Debatten. Vor diesem Hintergrund ist es mir völlig unverständch, weshalb sich die Christdemokraten seit Jahren weiern, das Budget des TAB aufzustocken. Es erhält seit einer Gründung erstmals eine kleine Erhöhung. Denoch wird sich nicht grundsätzlich an der Tatsache etas ändern, dass zwei Drittel der von Ausschüssen und raktionen eingereichten Anträge vom TAB nicht beareitet werden können. Gerade in Zeiten multipler Krisen üsste es über alle Fraktionsgrenzen hinweg einen Kon ens darüber geben, dass Technikfolgenabschätzung unere Zukunft sichert! Wenn Politik, gerade christlichonservative Politik, seriös sein will, sollte sie beiden nträgen zustimmen. Das Büro für Technikfolgenabschätzung existiert unmehr seit über 20 Jahren. Nach langer Debatte, die chon in den 1970er-Jahren begann, konnte das TAB 990 endlich seine Arbeit aufnehmen. Seitdem bietet es eist qualitativ hochstehende und insbesondere intessensunabhängige Beratungsgrundlagen für dieses aus. Damit erhalten wir oft eine wertvolle Unterstüt ung für unseren Meinungsbildungsprozess, gerade auf ebieten, die sehr komplex sind und vor allem neuartige chnologische und sozioökonomische Sachverhalte beeffen. Zu den zentralen Aufgaben des TAB gehört es, die Ponziale neuer Technologien zu skizzieren und gleichzeig deren gesellschaftliche und ökologische Auswirkunen abzuschätzen. In dieser Aufgabe hat das TAB in den tzen Jahren viele Entscheidungsfindungen maßgeblich eeinflusst. Als Beispiele möchte ich hier die Fälle des aumgleiters Sänger II und die Bioethik nennen. Das änger-II-Projekt illustriert sehr gut, wie die Untersuhungen des TAB dazu beitragen können, unsinnige Enticklungen zu verhindern. Erst durch den TAB-Bericht urden grundlegende Fragen nach der Wirtschaftlicheit der Entwicklung eines neuen Raumgleiters aufgeorfen. So konnten unnötige öffentliche Forschungsausaben vermieden werden. Bei der Debatte um die ioethik haben die Berichte des TAB wichtige Hilfestelngen für eine differenzierte Meinungsbildung gege en. Die Arbeit des Parlaments deckt eine immer größere andbreite an Themenfeldern ab. Gleichzeitig wird aus st allen Gebieten der Fachpolitik ein erhöhter Bedarf n umfangreicher Technikfolgenabschätzung angemelet. Leider bekommt das TAB seit nunmehr 15 Jahren eien unveränderten Finanzrahmen. Das Budget lag jahlang bei 2,045 Millionen Euro jährlich. Real sorgte ie Inflation sogar für eine sinkende finanzielle Ausstatng. Deshalb musste das TAB aus Kapazitätsmangel alin in dieser Legislaturperiode zwei Drittel der Anfra Dr. Petra Sitte gebene Reden Hans-Josef Fell )

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711736700







(A) )

gen abweisen. Immerhin gab es im Haushalt 2011 einen
Inflationsausgleich.

Die mangelnde finanzielle Ausstattung führt dazu,
dass das TAB vorwiegend auf den wissenschaftlichen
Mainstream zurückgreifen kann. Wozu dies führt, konn-
ten wir 2006 bei der Einschätzung des TABs zur Elektro-
mobilität erleben. Der wissenschaftliche Mainstream tat
die Chancen der Elektromobilität mit Batterien als be-
deutungslose Nischenanwendung ab. Das TAB kam zur
gleichen Auffassung, da ihm die Mittel für alternative
Untersuchungen fehlten. Kaum sechs Monate später
wurde die Elektromobilität zum politischen Mainstream-
thema. Hätte das TAB damals die Kapazitäten gehabt,
auch alternative Quellen zu sichten und zu bewerten,
wäre womöglich eine andere Sichtweise herausgekom-
men.

Wer nun moniert, dass der Bundestag gerne die Gel-
der für eigene Institutionen aufbläht, dem sei vor Augen
geführt, dass das TAB eine erfolgreiche und wichtige In-
stitution zur Vermeidung von Mittelverschwendung ist.
Das von mir bereits angesprochene Sänger-II-Projekt
hätte den Steuerzahler Milliarden gekostet. Wären die
Einwände des TAB zum ITER-Projekt gehört worden,
dann hätten wir auch dort Milliarden einsparen können
für eine Technik, die uns auf absehbare Zeit keinen ener-
giepolitischen Nutzen bringen wird. Wenn es das TAB
schon in den 1950er-Jahren gegeben hätte, wäre viel-
leicht auch die Atomkraft nie zu diesem Milliardenpro-
jekt geworden, von deren finanzieller Belastung noch
Generationen betroffen sein werden und von dem wir
uns erst heute, viele Jahrzehnte später, gemeinsam ver-
abschieden.

Konkret wollen wir eine kontinuierliche Erhöhung
der finanziellen Ausstattung des TAB, um den steigenden
Anforderungen an eine erkenntnisgestützte Entschei-
dungsfindung gerecht zu werden.

Wir fordern die Bundesregierung auf, die unabhän-
gige Begleitforschung als festen Bestandteil in die For-
schungsprogramme aufzunehmen und in besonders kri-
tischen Bereichen sowie in der Projekt- und Ressort-
forschung grundsätzlich fünf Prozent der Mittel für die
Technikfolgenabschätzung zu reservieren. Die Abschät-
zung von Technikfolgen kann damit zum selbstverständ-
lichen Bestandteil der Forschung werden.

Auf der internationalen Ebene soll sich die Bundesre-
gierung dafür einsetzen, dass die Technikfolgenabschät-
zung institutionalisiert wird, besonders auf der Ebene
der Europäischen Union, der OECD und der Vereinten
Nationen.

Das TAB bietet eine Fülle wertvoller Politikberatun-
gen. Wir sollten in allen Fraktionen mehr noch als bis-
her die Empfehlungen des TAB in den politischen Ent-
scheidungen berücksichtigen und dem TAB die nötige
finanzielle Ausstattung geben, uns kompetent und um-
fassend beraten zu können.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711736800

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

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(C (D mpfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 17/6287, den Antrag der Fraktion der SPD uf Drucksache 17/3414 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das ind die Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Das sind ie drei Oppositionsfraktionen. Enthaltungen? – Keine. ie Beschlussempfehlung ist angenommen. Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung es Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 17/3063. Wer stimmt für diese Beschluss mpfehlung? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Geenprobe! – Das sind die drei Oppositionsfraktionen. nthaltungen? – Keine. Die Beschlussempfehlung ist ngenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. HansPeter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Polarregionen schützen – Polarforschung stärken – Drucksache 17/5228 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die eden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolleinnen und Kollegen liegen bei uns vor. Sie sind auch amit einverstanden. Die Erforschung der Polarregionen übt seit über 00 Jahren eine ungebrochene Faszination auf die enschheit aus. Bereits Mitte des 18. Jahrhundert zog s Forscher in die Arktis und Antarktis. Damals waren ie Motive für die waghalsigen Expeditionen im Norden ie Entdeckung neuer Landgebiete oder Wasserwege, Süden die Erforschung des neu entdeckten Kontients Antarktika. Später kamen die Bezwingung der eografischen Pole sowie neue Erkenntnisse für Geohysik, Ozeanografie, Glaziologie, Biologie und weitere issenschaften hinzu. Inzwischen ist die Bedeutung der Polarforschung ine Umfassendere und für die gesamte Weltgemeinchaft Bedeutendere. Heute wissen wir, dass den Polargionen eine maßgebliche Bedeutung in der Entwickng des Weltklimas zukommt. Für das europäische Klima spielt die Arktis eine entcheidende Rolle. Der Klimawandel ist eine der größten erausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Temperaren steigen weiterhin an. Welche Folgen beispielseise ein Auftauen des Permafrosts und die voraussichtch damit einhergehende Freisetzung großer CO2engen haben wird, muss erst noch erforscht werden. )

Ewa Klamt (CDU):
Rede ID: ID1711736900

(A) )

Auch die schonende und nachhaltige Nutzung der arkti-
schen Ressourcen muss Gegenstand künftiger For-
schung sein.

Untersuchungen betreibt die deutsche Polarfor-
schung sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis.
Seit 1980 wird sie mit großem Erfolg durch das Alfred-
Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung koor-
diniert. Als zentrales Institut für die Polarforschung
leistet es heute in der Helmholtz-Gemeinschaft im Rah-
men der programmorientierten Forschung interdiszipli-
näre Arbeiten von hohem internationalen Stellenwert in
den Polarregionen.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Polarforschung
hat sich seit ihrem Bestehen um dieses bedeutende For-
schungsfeld – insbesondere im Hinblick auf die Nach-
wuchsförderung – verdient gemacht. In ihr finden sich
aktive Forscher aller Disziplinen vereinigt. Damit ist sie
ein wichtiges Instrument interdisziplinärer Koordination
und Zusammenarbeit. Kapazität und Expertise deut-
scher Polarforschung finden heute internationale Aner-
kennung.

Im heute zur Debatte stehenden Antrag fordert die
SPD die Bundesregierung auf, sowohl in der Bundesre-
publik als auch im Rahmen des 8. Forschungsrahmen-
programms der EU ein eigenes Polarforschungspro-
gramm aufzunehmen.

Die Bundesregierung trägt der herausragenden Be-
deutung der Polarforschung bereits heute mit einer Viel-
zahl von Projekten und Programmen und Initiativen
Rechnung. Das Bundesministerium für Bildung und
Forschung fördert die Polarforschung durch das Rah-
menprogramm „Forschung für nachhaltige Entwick-
lung“ mit circa 10 Millionen Euro je Projektförderung
an außeruniversitären Institutionen und Universitäten.
Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresfor-
schung wird durch das Ministerium im Jahr 2011 mit
rund 94 Millionen Euro gefördert. Dazu gehört unter
anderem der Betrieb der Neumayer-Station III in der
Antarktis und des Forschungsschiffes Polarstern. Au-
ßerdem fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft
die Polarforschung zusätzlich mit einem eigenen
Schwerpunktprogramm „Antaktisforschung mit verglei-
chenden Untersuchungen in arktischen Eisgebieten“.

Insgesamt ist seit der vergangenen Legislaturperiode
die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
durch Maßnahmen erheblich ausgebaut worden: Mit
dem Pakt für Forschung und Innovation steigen die Zu-
schüsse für die gemeinsam mit den Bundesländern ge-

(Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Max-PlanckGesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft)

sche Forschungsgemeinschaft in den Jahren 2011 bis
2015 jährlich um 5 Prozent – hiervon profitieren indirekt
auch die DFG-Programme zur Förderung des wissen-
schaftlichen Nachwuchses.

Vergangenes Jahr ging die Exzellenzinitiative in die
dritte Runde. Das Fördervolumen wurde um 30 Prozent
auf rund 2,7 Milliarden Euro mit einer Laufzeit bis 2017
gesteigert. Die Bundesregierung will mit der Fortset-

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(C (D ung der Exzellenzinitiative den Wissenschaftsort eutschland nachhaltig stärken, seine internationale ettbewerbsfähigkeit verbessern und Spitzenforschung n deutschen Hochschulen sichtbar machen. Die Promotionsstipendien der zwölf durch das Minisrium für Bildung und Forschung unterstützten Begabnförderungswerke wurden qualitativ wie quantitativ usgebaut. Die Bedingungen für den wissenschaftlichen achwuchs insgesamt sind in Deutschland daher so gut ie nie. Davon profitiert auch die Polarforschung. Eine weitergehende Verlagerung von Kapazitäten nd Mitteln zugunsten der Polarforschung könnte nur ulasten anderer wichtiger Forschungsbereiche vollzoen werden. Dies erscheint uns in Anbetracht der Vielahl bereits bestehender sowie in Planung befindlicher rogramme nicht angemessen. Auch das Bundeswirtschaftsministerium fördert im ereich des Referates „Maritime Wirtschaft“ Verbundorhaben zur Entwicklung von Verfahren für eine wirtchaftliche Nutzung des nördlichen Seeweges. Grundge hierfür bildet eine verlässliche Eisvorhersage owie die Modellierung der meteorologischen und ozeaografischen Daten. Die Daten sollen anhand eines Danassimilationssystems ausgewertet und für die Schiffutenoptimierung zugänglich gemacht werden. Für ieses Verbundprojekt, an welchem neben Unternehmen uch das Alfred-Wegener-Institut sowie die Universitän Bremen und Hamburg beteiligt sind, stellt das Minisrium 2,3 Millionen Euro zur Verfügung. Innerhalb der Europäischen Union ist Deutschland itglied des European Polar Board. Im Rahmen des RA-NET EUROPOLAR werden zahlreiche Projekte fianziell unterstützt. Viele von ihnen finden unter deutcher Beteiligung statt. Im Zuge der Entwicklung der EU-Meerespolitik hat ie Europäische Kommission 2008 einen Aktionsplan für ie Arktis vorgelegt, der Vorschläge für detaillierte Enticklungen in der arktischen Forschung enthält. Diese ntwicklung soll in eine EU-Arktispolitik münden. Auch der Ausbau der Infrastruktur für die Polarforchung wurde in den zurückliegenden Jahren durch das undesministerium für Bildung und Forschung finaniell unterstützt. Dazu gehören die Anschaffung polaruglicher Flugzeuge und die Ausstattung der Neuayer-Station III für den Pilotbetrieb. Das durch das inisterium geförderte modulare multidisziplinare Meesboden-Observatorium alischer und biogeochemischer Prozesse im Bereich des eeresbodens und der bodennahen Wasserschicht an ontinentalrändern schließt eine entscheidende Lücke wischen den geplanten, räumlich gebundenen verkabeln regionalen Observatoren und schiffsgestützten Moentaufnahmen. Das System ist in allen Meeresgebieten insetzbar. Mit Blick auf die Forschungsschiffe hat das Bundesinisterium für Bildung und Forschung zugesagt, dem eutschen Bundestag eine Gesamtschiffstrategie vorzugen. Ich bin davon überzeugt, dass die Erkenntnisse es von der Bundesregierung selbst beim Wissenschafts Ewa Klamt gebene Reden )





(A) )

rat in Auftrag gegebenen Gutachtens „Empfehlungen
zur zukünftigen Entwicklung der deutschen marinen
Forschungsflotte“ hier nach Möglichkeit Eingang fin-
den werden.


Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1711737000

Wir debattieren heute einen Antrag der SPD-Fraktion

unter dem Titel „Polarregionen schützen – Polarfor-
schung stärken“. Primär fordert die SPD darin ein fo-
kussierendes Programm für Polarforschung – sowohl in
Deutschland als auch auf der Ebene der Europäischen
Union im 8. Forschungsrahmenprogramm.

Die Erforschung der Polargebiete steht heute noch am
Anfang, die zentrale Arktis gehört zu den am wenigsten
erforschten Regionen der Welt. Wissenschaft, Politik und
Wirtschaft sind sich aber der Bedeutung der Gebiete für
die Erforschung der Ursachen des Klimawandels und
anderer geopolitischer Entwicklungen durchaus be-
wusst. Die Forderung der SPD, die Polarforschung zu
stärken, ist daher grundlegend zu begrüßen. Jedoch teile
ich nicht die Meinung der SPD-Fraktion, dass wir hier-
für neue Strukturen benötigen.

Deutschland ist im internationalen Vergleich eines
der Länder, das der Polarforschung die stärkste Auf-
merksamkeit zukommen lässt und aufgrund der äußerst
erfolgreichen Forschung in diesem Bereich einen inter-
national führenden Ruf genießt. Auch in dem Antrag der
SPD wird dies festgestellt. Der Erfolg der deutschen Po-
larforschung ist nach der Analyse des Alfred-Wegener-
Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) zum ei-
nen auf die langjährigen Forschungserfahrungen, zum
anderen aber auch auf die gute Ausstattung mit wissen-
schaftlichen Infrastrukturen und Großgeräten – bei-
spielsweise der Forschungseisbrecher Polarstern, die
Neumeyer Station III oder das Polarflugzeug 5 – zurück-
zuführen. Noch 2011 soll das Polarflugzeug Polar 6 in
Betrieb gehen, über einen Nachfolger für den For-
schungseisbrecher Polarstern wird momentan intensiv
diskutiert.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung
fördert das Alfred-Wegener-Institut 2011 mit rund
94 Millionen Euro. Darüber hinaus unterstützt das
Ministerium im Jahr 2011 die nationale Polarforschung
an außeruniversitären Institutionen und Universitäten
mit circa 10 Millionen Euro aus dem Rahmenprogramm
„Forschung für nachhaltige Entwicklung“ (FONA).

Im Zuge der Verhandlungen zum 8. Forschungsrah-
menprogramm hat die Bundesregierung das Ziel
verfolgt, die bisher erfolgreiche Förderung der Polar-
forschung im Umweltteil des Rahmenprogramms fortzu-
setzen. Des Weiteren werden auch in Zukunft diverse eu-
ropäische Förderinstrumente und Verfahren genutzt
werden, um die deutsche mit der europäischen Polarfor-
schung zu koordinieren. Eine enge Vernetzung der natio-
nalen Forschung mit den Bemühungen der internationa-
len Partner ist eine Voraussetzung für deren Erfolg.

Im Moment werden durch die deutsche Polarfor-
schung Untersuchungen sowohl in der Arktis als auch in
der Antarktis durchgeführt. Ein Schwerpunkt liegt der-

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(C (D eit aber auf der Arktisforschung, da dort jetzt und auch Zukunft die größten Veränderungen zu erwarten sind. iese Einschätzung deckt sich auch mit der Meinung on Frau Professor Karin Lochte, Direktorin des AWI, ie diese Schwerpunktsetzung als durchaus gerechtfergt ansieht. Das Bundesministerium für Bildung und orschung wird nun diesen Entwicklungen und Prognoen Rechnung tragen und veröffentlicht voraussichtlich och in diesem Jahr eine Programmschrift „Arktisforchung“. Aber auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt der okus auf der Arktis liegt, wird die Antarktisforschung icht in Vergessenheit geraten. Im Rahmen der Arktisforschung soll insbesondere wei zentralen Fragen nachgegangen werden. Für die ntwicklung des globalen Klimas sind zum einen die Urachen und Folgen der Erwärmung der Arktis und der ückgang des Landund Meereises von großer Bedeung. Zum anderen trägt die Forschung über die Chan en und Risiken der Nutzung der in der Arktis vorhandeen unerschlossenen natürlichen Ressourcen zur achhaltigen Entwicklung bei. Neben dem Bundesministerium für Bildung und Forchung fördert auch das Bundeswirtschaftsministerium ie deutsche Polarforschung. Das Auswärtige Amt hat März dieses Jahres eine Konferenz unter dem Titel Klimawandel, Völkerrecht und Arktisforschung – echtliche Aspekte der Meeresforschung im Arktischen zean“ veranstaltet. Im Zuge der Konferenz wurde geeinsam mit den Partnernationen erörtert, unter wel hen Bedingungen die Arktisforschung heute und in Zuunft betrieben werden kann. Die Bemühungen der Bundesressorts zeigen, welche edeutung der Polarforschung bereits heute beigemesen wird. Dieses Niveau gilt es zu halten bzw. soweit es öglich ist, zu erhöhen. Meines Erachtens benötigt die eutsche Polarforschung hierfür aber keine neuen trukturen. Am 15. Juni ist das deutsche Forschungsschiff, „Po rstern“ in Richtung arktischer Ozean in See gestohen. Während der fast viermonatigen Reise werden ber 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus echs Ländern an drei Fahrtabschnitten teilnehmen. Daei untersuchen sie zum Beispiel wie sich über die Jahre ie Meeresströmungen und die Tierund Pflanzenwelt wischen Spitzbergen und Grönland verändern. Hierbei ollen zum Beispiel Rückschlüsse auf den Einfluss der olaren Meere auf den globalen Ozean gezogen werden. einem zweiten Fahrtabschnitt soll untersucht werden, ie Organismengemeinschaften auf die fortschreitende zeanerwärmung reagieren. Im letzten Fahrtabschnitt ollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hysikalische, biologische und chemische Untersuchunen zur abnehmenden Meereisbedeckung unternehmen. ll diese Experimente fallen unter die Polarforschung. Wie man an diesen Beispielen exemplarisch sehr gut ieht, ist dieser Forschungszweig sehr vielfältig. Er ist rundsätzlich multidisziplinär und international aufgetellt. An ihm beteiligt sind unter anderem Wissenschaftgebene Reden Ewa Klamt )

René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1711737100




(A) )

lerinnen und Wissenschaftler der Geografie, Kartografie,
Geologie, Mineralogie, Geophysik, Geodäsie, Ozeano-
grafie, Meteorologie, Biologie, Geoökologie, Anthropolo-
gie, Ethnologie, Medizin, Physik und zahlreicher Technik-
wissenschaften.

Deutschland ist seit langem ein wichtiger Akteur im
Bereich der Polarforschung. Die erste deutsche Nord-
polarexpedition fand bereits 1868 statt. Viele Expeditio-
nen scheiterten damals an der ungeeigneten Ausrüstung.
So fehlten insbesondere polartaugliche Schiffe. Für die
erste deutsche Südpolarexpedition von 1901 bis 1903
wurde extra ein für die polaren und eisbedeckten Mee-
resgebiete spezialisiertes Forschungsschiff gebaut. Es
war damals eines der modernsten Forschungsschiffe der
Welt.

Bei den ersten Polarreisen war der Drang zur Entde-
ckung bis dahin unbekannter Regionen der Hauptbe-
weggrund. Das änderte sich mit der Zeit. Mehr und
mehr wurde den Beteiligten klar, dass die wissenschaft-
lichen Ergebnisse bezüglich der Polarregionen wichtige
Rückschlüsse auch für den Rest der Erde zulasen konn-
ten. So hatte zum Beispiel die letzte Expedition des deut-
schen Polarforschers Alfred Wegener Anfang des
20. Jahrhunderts das Ziel, aus Messungen des grönlän-
dischen Inlandeises Rückschlüsse auf das Klima in Mit-
teleuropa zu ziehen.

Die Polargebiete spielen bei der Klimasteuerung der
Erde eine wichtige Rolle. Schon deshalb ist es richtig,
dass Deutschland die Polarforschung substanziell un-
terstützt. Zur Koordinierung und Bereitstellung eines
großen Teils der benötigten Infrastruktur ist in Deutsch-
land das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven
zuständig. Es unterhält zum Beispiel Polarforschungs-
stationen, Polarforschungsflugzeuge und die bereits ge-
nannte „Polarstern“. Darüber hinaus arbeiten Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftler am IFM Geomar in
Kiel sowie an Max-Planck-Instituten bzw. Universitäten
an diesem so wichtigen Forschungsthema. Im Ganzen ist
Deutschland in diesem Bereich sehr gut aufgestellt.
Dennoch braucht dieser Forschungszweig weiterhin
eine kontinuierliche finanzielle Unterstützung. Insbe-
sondere die Förderung des wissenschaftlichen Nach-
wuchses erscheint mir hierbei ausbaufähig.

Um in den Polargebieten zu forschen, wird besondere
Infrastruktur benötigt. Die Schiffe, Flugzeuge, Unter-
wassergeräte und Bodenstationen müssen extremen
Temperaturen trotzen und gleichzeitig höchste Ansprü-
che des wissenschaftlichen Arbeitens ermöglichen.
Keine einfache Aufgabe. Aber das deutsche Know-how
und die über hundertjährigen Erfahrungen zahlen sich
hierbei aus. So ist zum Beispiel die „Polarstern“, trotz
dieses 30-jährigen Einsatzes immer noch der einzige
Forschungseisbrecher weltweit, der beide Pole befährt
und ganzjährig einsetzbar ist. Für dieses „wissenschaft-
liche Arbeitstier“ muss nun bald Ersatz gefunden wer-
den.

Anfang des Jahres konnte man in „Nature“ lesen, dass
das „Polar Research Board“ der amerikanischen „Natio-
nal Academy of Science“ in ihrem neuen Bericht dazu
auffordert, die Forschung an den beiden Polen stärker zu

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(C (D erzahnen. Durch mehr „bipolare“ Forschung erhoffen ich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler chnellere Ergebnisse über die Auswirkungen des Klimaandels. Auch der deutsche Wissenschaftsrat hat in seier aktuellen Stellungnahme zu den deutschen Forchungsschiffen darauf hingewiesen, dass wir zeitweise wei eisbrechende Forschungsschiffe brauchen, um beide olegebiete ganzjährig zu beforschen. Meine Damen und Herren, sie sehen, unsere Fordeung im hier vorliegenden Antrag nach mehr bipolar insetzbarer Forschungsinfrastruktur kommt direkt aus er Wissenschaft. In Zeiten, in denen wir uns sowieso ber einen Neubau Gedanken machen müssen, sollten ir uns diesen Überlegungen deshalb nicht verschlieen. Insofern hat es mich gefreut, dass Bundesministerin chavan für die nächsten Jahre 650 Millionen Euro für ie Erneuerung der Forschungsflotte angekündigt hat. eider stammt dieser Satz aus dem Jahre 2008. Deshalb ie konkrete Frage, Frau Schavan: Wann genau gibt es enn nun einen Nachfolger für die „Polarstern“? Logisch ist, dass Deutschland die Polarforschung icht alleine stemmen kann. Hier ist ein Mehr an euroäischer Förderung notwendig. Leider zeigt das scheinare Scheitern des europäischen Forschungseisbrechers Aurora Borealis“, dass auf diesem Gebiet noch einiger erbesserungsbedarf besteht. Immerhin hat die Bundespublik bereits über 5 Millionen Euro in eine Machbar eitsstudie zur „Aurora Borealis“ gesteckt. Die Bundesgierung muss deshalb auf europäischer Ebene dafür orgen, dass es in Zukunft verlässliche Zusagen von uneren europäischen Partnern in diesem Bereich gibt. Und noch eine dringende Aufgabe habe ich für die undesregierung. Sie muss sich verstärkt dafür einseten, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Arktis Bewegungsund Arbeitsfreiheiten behaln. Denn es besteht die ernsthafte Befürchtung, dass urch die Erderwärmung bei den Anrainerstaaten wirtchaftliche Interessen in den bisher eisbedeckten Gebien geweckt werden, die wir sehr kritisch sehen. Als onsequenz erleben bereits heute Wissenschaftlerinnen nd Wissenschaftler, dass ihnen der Zugang zu Teilen er Polargebiete verwehrt wird. Hier muss unbedingt ine internationale Lösung gefunden werden. Die Polarforschung ist nicht nur ein sehr spannendes hema, sondern berührt elementare Fragen unseres issens über das Klima. Eine breite Unterstützung für ie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von uns, en Mitgliedern des Deutschen Bundestages, wäre desalb sehr wünschenswert. Ich bitte Sie deshalb, unserem ntrag zuzustimmen. Deutschland nimmt in der Polarforschung einen füh nden Platz ein, für dessen Erhalt die Wissenschaftleinnen und Wissenschaftler in den unterschiedlichsten inrichtungen exzellente Forschung leisten. Neben dem lfred-Wegener-Institut für Polarund Meereswissenchaften, AWI, dem Leibniz-Institut für Meeresforchung an der Universität Kiel, IFM-GEOMAR, der undesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, René Röspel gebene Reden )

Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1711737200




(A) )

BGR, basiert die deutsche Polarforschung auf den zahl-
reichen Universitätsinstituten und den Kooperationen
untereinander. Die deutsche Polarforschung konnte da-
bei stets auf eine gute Infrastrukturausstattung zurück-
greifen und sowohl in der Arktis als auch der Antarktis
umfassende Untersuchungen betreiben. In Ergänzung zu
den eigenen Forschungsstationen und For-schungs-
schiffen stützt sich die deutsche Polarforschung auf Ko-
operationen und die Koordination mit internationalen
Partnern. Für eine stetige Verbesserung der Polarfor-
schung hatte die FDP bereits vor vier Jahren, sehr ge-
ehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, zum Inter-
nationalen Polarjahr 2007/2008, einen Antrag
eingereicht. Wir forderten damals als zentrale Anliegen
die Gewinnung und Förderung von wissenschaftlichem
Nachwuchs, ein Forschungsprogramm sowie eine Ver-
stärkung der europäischen und internationalen Koordi-
nation. Unseren Antrag haben Sie damals abgelehnt.
Ein Teil unserer Forderungen hat sich dennoch in den
letzten vier Jahren durchgesetzt.

Mit Ihrem Antrag wagen Sie nun eine eigene Schwer-
punktsetzung. Grundsätzlich kann ich der Zielsetzung
Ihres Antrags nur zustimmen. Denn auch für die FDP
bleibt es nach den erreichten Verbesserungen ein Anlie-
gen, die Polarforschung auf hohem Niveau zu halten
und weiter zu stärken. Jedoch verirrt sich, sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihr Antrag be-
reits mit der ersten Forderung in das 8. Forschungsrah-
menprogramm der EU, wo sie meines Erachtens keinen
Platz finden darf. An dieser Stelle bewirkt die Etablie-
rung eines eigenständigen Polarforschungsprogramms
eine Auflösung des europäischen Rahmenprogramms.
Dabei ist die Förderung der Polarforschung auch inner-
halb dieses europäischen Förderinstruments möglich.
So werden europäische Projekte im 7. Forschungsrah-
menprogramm der EU bereits innerhalb des Schwer-
punktes Umwelt nach ihrem Nutzen und der Qualität ge-
fördert. An anderer Stelle fordern Sie dann, sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die Bundesre-
gierung dazu auf, sich für internationale Vereinbarun-
gen einzusetzen, die die Freiheit der Forschung verbrie-
fen. Dabei scheint Ihnen entgangen zu sein, dass die
Bundesregierung in der Internationalen Arktiskonferenz
von 2011 den ersten Schritt in diese Richtung bereits
längst getan hat.

Auch in der von Ihnen geforderten internationalen
Vernetzung, insbesondere auf europäischer Ebene, sind
wir bereits sehr gut aufgestellt. Die Kooperation und
Koordination funktionieren. Grundlegend aber möchte
ich einen für mich zentralen Punkt anfügen, der in Ihren
Forderungen nur eine beiläufige Erwähnung findet.
Denn der Herausforderung der Nachwuchsgewinnung
und der Nachwuchsförderung kann nicht mit einem Po-
larforschungspreis für junge Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler, wie Sie ihn fordern, begegnet werden.
Dieses Thema verdient mehr Aufmerksamkeit, denn
ohne die große Anzahl an Forschenden ist die Unterhal-
tung zweier Forschungsschiffe ebenso wie die Stärkung
der deutschen Polarforschung nicht möglich. In Ihrem
Antrag sind einige richtige Ansätze zu finden, die mir
zeigen, dass wir zu Fragen der Polarforschung dicht

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(C (D eieinanderliegen. Dennoch bleiben Ihre Forderungen us meiner Sicht hinter dem aktuellen Stand zurück. Vom Namensgeber des großen deutschen Polarfor chungsinstitut stammt das Zitat: „Wie gleichgültig geht ie Natur über unsere Leistungen hinweg.“ Schaut man ich die Veränderungen in den Polarregionen an, dann ann man das Zitat getrost umdrehen: „Gleichgültig geen wir mit unseren Leistungen über die Natur hinweg.“ Das ewige Eis ist nicht mehr ewig. Der Mensch, und as ist unzweifelhaft, hat das sensible Gleichgewicht des olaren Klimas beeinflusst. Die Polarforschung erkunet die Auswirkungen dieser klimatischen Veränderunen auf die Polarregionen und kann dadurch Rückchlüsse auf das Verhalten der übrigen Teile der Erde iehen. Die lange Tradition der deutschen Polarforchung begründete sich zu Alfred Wegeners Zeiten auch it der Lust, an Orte zu gelangen, die kein Mensch vorer betreten hatte, und die dortigen Umweltbedingungen u erforschen. Heute fahren jedoch selbst Kreuzfahrtchiffe in die arktischen Regionen, und Touristengrupen besichtigen jahrzehntealte Forschungsstationen. ie heutige Polarforschung ist weniger von Entdeckerrang getrieben als vielmehr von der Notwendigkeit, ber die Abläufe des menschengemachten Klimawanels und deren Folgen möglichst genau Bescheid zu wisen. Diese Forschungsziele sind im Antrag der Kolleginen und Kollegen gut beschrieben. Ebenso wird aushrlich dargestellt, welche Forschungsausstattung die iesigen Institute zur Verfügung haben und dass diese urchaus globales Spitzenniveau beanspruchen kann. ir erinnern uns nicht nur an die Begleitung einer For chungsreise mit der „Polarstern“ durch Mitglieder des orschungsausschusses, sondern auch an die hitzigen ebatten um das Lohafex-Experiment mit Eisendünung im Südatlantik. Wir unterstützen die Forderung des issenschaftsrates und der SPD-Kolleginnen und -kolgen, diese herausragenden Infrastrukturen zu erhalten nd mit einer abgespeckten Variante eines Forschungsisbrechers ein zweites Polarforschungsschiff im euroäischen Rahmen zu bauen und zu betreiben. Uns erstaunt jedoch, dass der Antrag die großen Proleme, die etwa die Präsidentin des AWI, Frau Professor ochte, immer wieder anspricht, vollkommen außen vor sst: Mit dem zunehmenden Wegschmelzen der Eisde ken wird insbesondere die Arktis immer attraktiver für ie wirtschaftliche Erschließung. Hier wird mehr als ein ünftel der unerschlossenen Ölund Gasvorkommen ermutet. Und auch die Wege über die Nordostund die ordwestpassage werden mit der Eisfreiheit seit 2007 r Handelsschiffe attraktiv. Dies ist der Grund, warum ie Anrainerstaaten der Arktis ihre Claims abstecken, arum sie eine restriktive Genehmigungspraxis für For chungsanliegen aus Drittstaaten pflegen. Dies ist auch er Grund, warum die Europäische Union bisher keine emeinsame Linie, geschweige denn eine gemeinsame orschungsstrategie für die Arktis gefunden hat. Ähnch wie für die Antarktis sollten der Forschung Vorrang Dr. Martin Neumann gebene Reden )

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711737300




(A) )

eingeräumt und die wirtschaftliche Nutzung beschränkt
werden. Hier ist jedoch der blinde Fleck der Debatte:
Einerseits strebt Deutschland explizit aus wirtschaftli-
chen Gründen nach mehr Einfluss in der Region. Es
reicht ein Blick in die einschlägigen Formulierungen des
Auswärtigen Amts bzw. des Verteidigungsministeriums.
Man sei auf Rohstoffe aus der Region dringend ange-
wiesen. Andererseits sei die Bundesregierung, wie Au-
ßenminister Westerwelle auf der letzten Arktiskonferenz
seines Hauses darstellte, an nichts außer Forschungs-
freiheit und dem Schutz der polaren Umwelt interessiert.
Diese Positionen passen nicht zusammen und wider-
sprechen sich sogar. Sie passen noch weniger, wenn man
bedenkt, dass es um die Ausbeutung von fossilen Brenn-
stoffreserven geht, deren Nutzung den von Forschern
festgestellten und beklagten Klimawandel weiter be-
schleunigen würde.

Die Bundesregierung sollte zu einer nationalen und
europäischen Strategie zur Erforschung und zum Schutz
der kostbaren Umwelt der Polarregionen beitragen.
Wenn sie in dieser Hinsicht Zielkonflikte zwischen For-
schung, Umweltschutz und Rohstoffhunger abgewogen
hat, dann lassen sich auch Investitionsentscheidungen
wie die für ein neues europäisches Forschungsschiff auf
einer besseren Grundlage treffen. Bisher fehlt eine sol-
che Strategie nicht nur der Bundesregierung, sondern
auch der SPD-Fraktion. Ihr Antrag ist überschrieben:
„Polarregionen schützen – Polarforschung stärken“. Im
Antrag ist von Schutz leider keine Rede. Die Bemühun-
gen um die Forschung können wir unterstützen.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711737400

Wir begrüßen die Initiative der SPD-Kolleginnen und

-Kollegen, die Polarforschung auf die Tagesordnung des
Bundestages zu setzen. Arktis und Antarktis sind für die
Forschung faszinierend und von großer Bedeutung;
gleichzeitig sind diese Regionen hochsensibel und ge-
fährdet. Angesichts der globalen Ressourcenverknap-
pung wächst das wirtschaftliche Interesse an den Polar-
regionen, insbesondere an der Arktis. Mit steigenden
Rohstoffpreisen und durch das dramatische Abschmel-
zen der Eisdecke erscheint die Exploration schwer zu-
gänglicher Reserven an Öl, Gas, Gold, Zink oder selte-
nen Erden zunehmend rentabel. Der Wettlauf der
Anrainerstaaten, ihre Ansprüche geltend zu machen, hat
längst begonnen. Für diese sensible Region müssen
Schutzmechanismen gegen eine zerstörerische Ressour-
cenausbeutung etabliert werden, am besten durch einen
Arktis-Vertrag in Anlehnung an den Antarktis-Vertrag
aus dem Jahre 1959. Meine Fraktion, Bündnis 90/Die
Grünen, wird in Kürze dazu einen entsprechenden An-
trag einbringen.

Die Möglichkeiten, Grundlagenforschung in der Ark-
tis zu betreiben, müssen uneingeschränkt erhalten blei-
ben; denn den Polarregionen kommt für die Klima- und
Erdsystemforschung eine Schlüsselrolle zu. Von allen
Regionen der Erde reagieren die Polargebiete am
schnellsten auf die globalen Veränderungen. Arktis und
Antarktis sind die empfindlichsten Seismografen des
Klimawandels, und nach Ansicht der Wissenschaft wer-
den die Entwicklungen der kommenden fünf bis zehn

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(C (D ahre besonders relevant werden. Die interdisziplinäre rforschung der Polargebiete, der Polarmeere, der andmassen und der Atmosphäre, ihr heutiger Zustand nd ihre Geschichte liefern entscheidende Daten und Inrmationen, um zuverlässige Klimamodelle zu erarbein und in der Biodiversitätsforschung voranzukommen. Deutschland ist mit dem Engagement des Alfredegener-Instituts in Bremerhaven, des IfM-GEOMAR in iel und etlichen weiteren außeruniversitären und uniersitären Forschungsinstituten in der Polarforschung islang hervorragend positioniert und hat dadurch ein eachtliches internationales Renommee. Aufgrund der lobalität der Herausforderung Klimawandel, der geeinsamen Verantwortung für die Polarregionen, aber uch wegen der hohen Kosten ist die internationale Koperation in der Polarforschung besonders wichtig und ichtig. Auch hier kann konstatiert werden, dass die eutsche Polarforschung gut in internationale Kooperaonen eingebunden ist. Neben den internationalen Forchungsteams auf der „Polarstern“ möchte ich hier beipielsweise die Koldewey-Station in Ny-Ålesund auf pitzbergen erwähnen, die Bestandteil der deutsch-franösischen Forschungsbasis ist, oder die deutsch-russiche Zusammenarbeit in der Laptewsee, aus dem das eutsch-russische Otto-Schmidt-Labor für Polarund eeresforschung und ein gemeinsamer deutsch-russi cher Masterstudiengang „Angewandte Polarund eereswissenschaften“ entstanden ist. Diese internatio alen Kooperationen sollten gestärkt und systematisch eiterentwickelt werden. Wer will, dass Deutschland bei der Erforschung des limawandels eine Vorreiterrolle übernimmt, muss dar heute die richtigen forschungspolitischen Weichen tellen. Das betrifft in erster Linie die Forschungsinfratruktur. Denn um Polarforschung auf hohem Niveau zu etreiben, ist eine leistungsstarke Infrastruktur unabingbar. Dazu gehören Forschungsstationen, Beobachngssysteme, vor allem aber eisgängige Forschungs chiffe, ohne die weder die Forschungsstationen ersorgt noch die automatischen Beobachtungssysteme ingerichtet und gewartet werden können. Aufgrund der ritischen Masse an Infrastrukturen, die für hervorraende Forschung notwendig sind, sollten wo immer öglich internationale Kooperationen angestrebt weren. Mit dem Forschungseisbrecher „Polarstern“ verfügt ie deutsche Polarforschung über eines der leistungsfäigsten Polarforschungsschiffe der Welt. Die „Polartern“ wird für die gesamte Bandbreite der Meeresforchung in der Arktis und Antarktis eingesetzt und dient r die vor zwei Jahren eingeweihte Antarktisstation eumayer III und die Koldewey-Station auf Spitzbergen ls Versorgungsschiff. Die „Polarstern“ ist bereits seit 982 in Betrieb und nähert sich allmählich der Grenze r ihre schiffbaulich und wirtschaftlich sinnvolle Nut ung. Obwohl die „Polarstern“ nach der Generalüberolung 1998 bis 2002 gut in Schuss ist, steigen die Repaaturanfälligkeit und die Betriebskosten mit jedem etriebsjahr. Dr. Petra Sitte gebene Reden Krista Sager )








(A) )

Es ist dringend notwendig, den Neubau einer zeitge-
mäßen Variante der „Polarstern“ auf den Weg zu brin-
gen. Forschungsschiffe kann man nicht aus dem Hut
zaubern; das hat lange Vorlaufzeiten. Auch die Finan-
zierung ist langfristig sicherzustellen. Damit gilt es auch
sich von der Illusion zu verabschieden, die „Aurora Bo-
realis“ könne die „Polarstern“ ersetzen. Die „Aurora
Borealis“ als gemeinsames europäisches Großprojekt
wird kurz- und mittelfristig nicht zu verwirklichen sein.
Ihre Realisierung steht mehr denn je in den Sternen,
nachdem die Kostenschätzungen explodiert sind und
entscheidende mögliche Partner wie zum Beispiel Nor-
wegen sich nicht beteiligen wollen.

Wenn bis 2016 das Nachfolgeschiff für die „Polar-
stern“ fertiggestellt wäre und die Betriebszeit der „Po-
larstern“ für drei bis fünf Jahre verlängert würde, könn-
ten für eine begrenzte Zeit zwei eisbrechende
Forschungsschiffe parallel zur Verfügung stehen und
zeitraubende und kostenintensive Transferfahrten ver-
mieden werden. So könnte an beiden Polen gleichzeitig
geforscht werden. Die Möglichkeit ganzjähriger For-
schung stellt eine einmalige Chance für die Polarfor-
schung dar, gerade in den Jahren, die in den Polarre-
gionen für die Erforschung des Klimawandels von
entscheidender Bedeutung sind. Diese Chance sollten
wir im Interesse der Polarforschung und aus Verantwor-
tung für die globale Herausforderung Klimawandel er-
greifen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711737500

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/5228 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Alle sind damit
einverstanden. Dann ist die Überweisung so beschlos-
sen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)

Höger, Herbert Behrens, Jan van Aken, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Schutz vor militärischem Fluglärm

– Drucksachen 17/5206, 17/5918 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Anita Schäfer (Saalstadt)

Lars Klingbeil
Joachim Spatz
Inge Höger
Agnes Malczak

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen bei uns vor. Sie sind folglich
damit einverstanden.


Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1711737600

In Ihrem Antrag zur Verbesserung des Schutzes vor

militärischem Fluglärm verweist die Linke auf das im
Koalitionsvertrag von Union und FDP vereinbarte

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(C (D leichlautende Ziel. Dort haben wir auf Seite 32 festgegt: Das Fluglärmgesetz werden wir so ändern, dass Anwohner von Militärflughäfen bei den gleichen Grenzwerten Anspruch auf Erstattung von Lärmschutzkosten haben wie an Verkehrsflughäfen. Dieses Ziel verfolgen wir weiter, und wir werden es uch umsetzen. Die Vorbereitungen für die Gesetzesänerung laufen. Da die Lärmschutzbereiche um Flughän nach der letzten Novelle von 2007 nicht mehr durch en Bund, sondern durch die Länder festgesetzt werden, t dafür aber einiges an Abstimmung erforderlich. ann dies im Parlament behandelt wird, ist daher noch icht absehbar. Da ich selber aus der Westpfalz komme, die im Antrag ls eine der besonders lärmbelasteten Regionen genannt ird, habe ich noch einige weitere Anmerkungen. Zunächst: Ja, die Belastung durch militärischen luglärm ist ein Problem, mit dem auch ich mich ständig efassen muss. Denn in meinem Wahlkreis liegen amstein mit der dortigen NATO-Airbase und Landstuhl it dem US-Militärkrankenhaus und der dazugehörigen ubschrauberbasis. Ich finde es aber bemerkenswert, ass sich die Antragsteller ausschließlich auf amerikaische Militärstützpunkte beziehen. Natürlich sind die S-Streitkräfte aber nicht die einzigen Verursacher von luglärm in Deutschland. Der scheint hier also nur Mitl zum Zweck zu sein, antiamerikanische Stimmungen u bedienen und die Bündnispolitik anzugreifen, die seit ründung der Bundesrepublik Deutschland ein Grund tein ihrer Sicherheit gewesen ist. Es ist zwar richtig, ass etwa die Airbase Ramstein in den vergangenen ahren ausgebaut worden ist – übrigens nach gerichtliher Prüfung von Klagen durch Anwohner und Nachargemeinden bis hinauf zum Oberverwaltungsgericht oblenz. Insofern besteht hier kein Rechtsdefizit, wie s der Antrag suggeriert. Zudem entsprechen die ärmschutzvorgaben für den erweiterten Stützpunkt ereits denen für zivile Flughäfen nach dem 2007 noellierten Fluglärmgesetz. Als Beispiel für eine Ungleichbehandlung eignet ich Ramstein also schon einmal überhaupt nicht, zual auch bei den hauptsächlich dort eingesetzten lugzeugen vom Typ C-5 und C-130 zunehmend neuere arianten mit leiseren Triebwerken zum Einsatz komen. Erst vor wenigen Wochen ist bei einer Expertenanörung im Kreistag Kaiserslautern noch einmal festgetellt worden, dass die Messwerte in den umliegenden emeinden unterhalb der Lärmprognose liegen, die rundlage für die Genehmigung des Ausbaus war. Die ahl der Nachtflüge liegt ungefähr bei einem Zwanzigsl dessen, was beispielsweise die Anwohner des zivilen lughafens Köln-Bonn aushalten müssen. Demnächst ird auch der Bodenlärm in unmittelbarer Nähe des tützpunktes gemessen werden, der bei Testläufen von riebwerken entsteht. Abhängig vom Ergebnis wird vielicht noch einmal mit dem Kommando der Airbase über eitere Lärmschutzmaßnahmen zu reden sein – in gutachbarschaftlicher Atmosphäre, wie dies seit Jahrehnten der Fall ist. )


(A) )

Gerade die Amerikaner haben sich immer sehr um
das gegenseitige Verhältnis bemüht. Sie sind gern gese-
hene Gäste in der Westpfalz, zumal sie einen erheblichen
Beitrag zur regionalen Wirtschaft in dieser struktur-
schwachen Region leisten. Dem Ausbau einiger Stütz-
punkte steht zudem eine Reduzierung der US-Streitkräfte
in Deutschland insgesamt gegenüber. Allein in meinem
Wahlkreis sind seit dem Kalten Krieg die Flugplätze
Sembach und Zweibrücken geschlossen bzw. in zivile
Nutzung überführt worden, und während weiter nördlich
Spangdahlem erweitert wurde, wurde Bitburg aufgege-
ben.

Auch der Übungsbetrieb im Luftraum TRA Lauter
– nicht nur durch die Amerikaner, sondern auch die
deutsche Luftwaffe und andere NATO-Partner – nimmt
ab. Insgesamt hat sich die Zahl der in Deutschland sta-
tionierten Kampfflugzeuge allein in den letzten beiden
Jahren um 15 Prozent reduziert, und diese Entwicklung
ist noch nicht abgeschlossen. Im gleichen Maße hat
auch die Zahl der Beschwerden über militärischen Flug-
lärm abgenommen. Allerdings beschweren sich diejeni-
gen, die es noch tun, mittlerweile häufiger. In einigen
Regionen sind einzelne Bürgerinnen und Bürger für bis
zu 70 Prozent des Aufkommens verantwortlich. Denn
selbst wenn eine Flugroute aus Lärmschutzgründen von
einer Ortschaft wegverlegt wird, gibt es meist anderswo
Menschen, die stärker belastet werden als vorher. Auch
deswegen halten wir an unserer Absicht fest, das Flug-
lärmgesetz nochmals anzupassen, damit mehr Anwoh-
ner Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen haben.

Eine zunehmende Verschlechterung der Situation, wie
sie der Antrag behauptet, gibt es aber einfach nicht. Er
berücksichtigt zudem in keiner Weise, dass Übungsflüge
notwendig sind, um die Flugzeugbesatzungen umfassend
auf die Erfüllung ihres Auftrags vorzubereiten, eines
Auftrags, der unser aller Sicherheit dient. Das gilt nicht
nur für die im Antrag herausgepickten amerikanischen
Streitkräfte, sondern auch für die deutschen und die al-
ler anderen bei uns stationierten Bündnispartner.

Aber wenn man schon unbedingt über die Amerikaner
reden will: Dieselben US-Hubschrauberpiloten, die bei
uns üben, haben in Afghanistan mehrfach das Leben
deutscher Soldaten durch riskante Flüge gerettet – was
ohne intensives Training nicht möglich gewesen wäre.
Das zeigt einmal einen sehr direkten Zusammenhang
zwischen Übung und Einsatz.

Es bleibt dabei: Die Koalition wird den Schutz vor
militärischem Fluglärm den zivilen Vorgaben anglei-
chen, so rasch dies möglich ist. Für einseitige Attacken
auf unsere Bündnispartner, um aus Stimmungen politi-
sches Kapital zu schlagen, stehen wir aber nicht zur Ver-
fügung. Wir lehnen diesen Antrag daher ab.


Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1711737700

Selbstverständlich nehmen wir die Sorgen von Bür-

gern, die sich durch Fluglärm gestört fühlen, sehr ernst.

Aus diesem Grund haben wir auch im Koalitionsver-
trag vereinbart, das Fluglärmgesetz zu überarbeiten.
Wir wollen das Gesetz dahin gehend ändern, dass An-

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(C (D ohner von Militärflughäfen bei den gleichen Grenzerten Anspruch auf Erstattung von Lärmschutzkosten aben wie Anwohner von zivilen Verkehrsflughäfen. Gerade wird geprüft, wie wir das konkret umsetzen önnen. Selbstverständlich versuchen wir dies so schnell ie möglich zum Abschluss zu bringen, doch dieser Pro ess gestaltet sich mit Hinblick auf die Zuständigkeiten er Länder momentan sehr komplex. Wer allerdings den Antrag der Linksfraktion liest, uss nicht lange suchen, um zu erkennen, worauf er eientlich abzielt. In diesem Antrag wird ausschließlich uf den Fluglärm durch US-Streitkräfte Bezug genomen. Andere Bündnispartner oder die Bundeswehr weren überhaupt nicht erwähnt. Das Nachtflugverbot, das ie fordern, soll ausschließlich für US-Militärflugplätze elten. Den Kollegen von der Linkspartei scheint es offenbar icht um Fluglärm zu gehen, sondern um eine ideoloisch begründete Ablehnung der Militärpräsenz der Verinigten Staaten in der Bundesrepublik. Das ist doch der ahre Hintergrund Ihres Antrags. Indessen scheint den Linken dann auch entgangen zu ein, dass sowohl die Zahl der in Deutschland statioierten Truppen als auch die Zahl der Übungsflüge in en vergangenen Jahren signifikant zurückgegangen ist. ie Anzahl der hier stationierten strahlgetriebenen ampfflugzeuge hat sich allein in den vergangenen zwei ahren um rund 15 Prozent reduziert. Diese Fakten ignorierend, sprechen Sie in Ihrem Anag von einer „unzumutbaren Zunahme von Fluglärm“. iese behauptete Zunahme lässt sich jedoch sachlich in einster Weise nachvollziehen. Ganz im Gegenteil: urch die anstehende Bundeswehrreform ist mit einem eiteren Rückgang der Belastung durch Fluglärm zu chnen. Man kann nicht ernsthaft in eine Debatte um militärichen Fluglärm einsteigen und dabei konsequent außennd sicherheitspolitische Aspekte ausblenden. Doch geau das tun Sie hier. Die Bundesrepublik hat im Rahmen der NATO wechseleitige Verpflichtungen für die Schaffung von Ausbildungsöglichkeiten mit ihren Bündnispartnern vereinbart. Die egenseitige Bereitstellung von Ausbildungskapazitäten r unsere Partnerstaaten ist ein wichtiger Bestandteil un eres Engagements in internationalen Verteidigungsbündissen. Diese Einsicht sucht man in Ihrem Antrag vergebch. Es ist unser erklärtes Ziel, unseren Soldaten die bestögliche Vorbereitung auf ihren Dienst am Vaterland zu arantieren. Militärische Übungen und Manöver sind Sinne nationaler Sicherheit und internationaler ündnisse zwingend notwendig. Es ist unsere Pflicht, iloten, die in Auslandseinsätzen ihr Leben riskieren, so ut wie möglich auf ihre Aufgaben vorzubereiten. An eiem Flugsimulator lässt sich dieser Anspruch nun einal nicht verwirklichen. Das wissen Sie genauso gut wie ir. Anita Schäfer gebene Reden )





(A) )

Bei allen negativen Auswirkungen, die Fluglärm
zweifelsfrei mit sich bringt, dürfen wir eines nicht ver-
gessen: Wir haben eine gesamtstaatliche Verantwortung
gegenüber unseren Bündnispartnern, gegenüber unse-
ren Soldaten und gegenüber dem Sicherheitsbedürfnis
der Bürger.

Ich bin mir darüber im Klaren, dass diese nationalen
Interessen zum Teil in einem starken Spannungsfeld zu
dem berechtigten Interesse von Teilen der Bevölkerung
nach Reduzierung der Lärmbelastung stehen. Hier muss
ein Konsens gefunden werden. Diesem Konsens muss
aber die sachliche Abwägung von Argumenten und darf
kein ideologischer Antiamerikanismus zugrunde liegen.
Die freiwillige Selbstverpflichtung der Militärflugplätze,
die sich in der Vergangenheit bewährt hat, halten wir für
ausreichend und angemessen.

Der einseitige und engstirnige Antrag der Linken
stürzt sich in seinem Abschluss noch in wilde Spekula-
tionen um angeblich unter der Hand vereinbarte Ab-
sprachen zwischen Kommandanten der Flugplätze und
den kommunalen Verwaltungen. Einen Beleg dafür
bleibt der Antrag jedoch schuldig. Das ist in höchstem
Maße unseriös.

Meine Fraktion kann und wird diesem Antrag daher
unter keinen Umständen zustimmen.


Lars Klingbeil (SPD):
Rede ID: ID1711737800

Durch das Militär hervorgerufener Fluglärm ist Teil

der sicherheitspolitischen Realität. Wir setzen auf eine
gut ausgebildete Truppe, wir wollen, dass unsere Solda-
tinnen und Soldaten gut ausgerüstet und bestens vorbe-
reitet in den Einsatz gehen. Dies gilt auch für unsere
Partner, mit welchen wir in viele Einsätze gemeinsam
gehen. Die USA ist einer unserer wichtigsten sicher-
heitspolitischen Partner. Zu der militärischen Ausbil-
dung gehört auch eine extensive Flugausbildung der
Piloten. Sie ist für die Einsatzbereitschaft der Streit-
kräfte notwendig und unerlässlich. Eine unzureichende
Ausbildung und Weiterbildung hätte Folgen für jeden
Soldaten und viele Familien. Nicht nur die Bundeswehr
muss die Möglichkeit haben, militärische Übungsflüge
durchzuführen, sondern ebenso unsere Partner.

Jedoch muss die Politik dafür Sorge tragen, dass es
beim Thema „Fluglärm“ einen möglichst großen Kon-
sens zwischen Gesellschaft und Militär gibt. Die Anzahl
der Beschwerden zeigt, dass die Problematik Bürgerin-
nen und Bürger deutschlandweit betrifft. Die Bundesre-
gierung muss sich daher regelmäßig die Frage stellen,
was sie den Betroffenen zumuten kann und wie hoch die
Belastung tatsächlich sein muss. Folgeschäden für die
Betroffenen müssen unter allen Umständen verhindert
werden. Es ist wichtig, dass nach Möglichkeit das ge-
sellschaftlich Zumutbare mit dem militärisch Notwendi-
gen übereinstimmt.

Die Zusammenarbeit mit dem US-Militär ist histo-
risch gewachsen. Die USA ist nicht nur unser Partner in
der NATO, sondern die USA hat sich auch um unser
Land verdient gemacht. Dies bedeutet nicht, dass US-
amerikanisches Handeln in Deutschland nicht hinter-

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(C (D agt und kritisiert werden darf. Aber wenn wir uns Geanken machen zur Problematik des durch das Militär ervorgrufenen Fluglärms, dann müssen wir dies genell tun und nicht, wie im Antrag der Linken, einseitig uf unsere amerikanischen Partner abzielen. Aus diesen Gründen können wir dem Antrag der Linen nicht zustimmen. Er ist nicht durchdacht, er ist eineitig und nicht hilfreich. Auch wenn wir diesem Antrag nicht zustimmen könen, sehen wir als SPD jedoch dringenden Handlungsedarf bei der Bundesregierung. Wenn sich Bürger mit etitionen und Beschwerden an das Parlament wenden, arf das hier nicht ignoriert werden. Die Bundesregieung macht es sich zu einfach, wenn sie im Verteidiungsausschuss mitteilt, dass die Zahl der Bürgerinnen nd Bürger, die sich mit einer Beschwerde über militärichen Flugbetrieb an das Luftwaffenamt gewandt haen, generell zurückgegangen ist, und den regionalen nstieg mit diesem Hinweis auf „ein paar Engagierte“ egwischt. Gerade wenn sich Bürgerinnen und Bürger mer wieder, immer lauter und immer intensiver mel en, muss die Bundesregierung doch handeln! Es ist die Aufgabe des Verteidigungsministeriums, ber die Begrenzungen beim durch das Militär hervorerufenen Fluglärm zu entscheiden. Ich erwarte daher, ass sich der Minister den erhöhten regionalen Protesn annimmt, diese genauestens analysiert und vor Ort tig wird. Das Bundesverteidigungsministerium muss ie Rolle des Vermittlers annehmen und auf beide Parien zu gehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass mit iner vermittelnden Position vor Ort eine Lösung gefunen werden kann. Um es vorweg zu sagen: Wir sind uns der im Zusam enhang mit militärischen Flugbewegungen entstehenen Lärmbelastung bei den betroffenen Bürgerinnen und ürgern sehr bewusst. Daher haben wir als FDP uns geeinsam mit der CDU/CSU in der Koalitionsvereinba ung darauf verständigt, das Fluglärmgesetz dahin geend zu ändern, dass die Erstattungsfähigkeit von ärmschutzkosten an Militärflughäfen bei den gleichen ärmgrenzwerten einsetzt wie bei zivilen Verkehrsflugäfen. Zu diesem Zweck soll das Fluglärmgesetz von 007 novelliert werden. Derzeit läuft eine intensive Prüng, wie das von uns formulierte Ziel erreicht werden ann. Wir werden uns dafür einsetzen, den im Koalionsvertrag formulierten Anspruch zeitnah umzusetzen. Grundsätzlich obliegt dem Bundesministerium der erteidigung die Überwachung des Luftraums über eutschland als Maßnahme zur Erhaltung der äußeren icherheit. Dies umfasst auch die Flugverkehrskontrolle ilitärischer Flüge. Das Recht zum militärischen Flugetrieb alliierter Streitkräfte im Luftraum über Deutschnd basiert auf völkerrechtlichen Vereinbarungen wie um Beispiel dem NATO-Truppenstatut und den hierzu rgangenen Ausführungsgesetzen. Diese völkerrechtlihen Verträge und gesetzlichen Vorgaben bilden die chtlichen Rahmenbedingungen für den militärischen Florian Hahn gebene Reden )

Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1711737900




(A) )

Flugbetrieb in Deutschland für alle militärischen Nut-
zer.

Ungeachtet der berechtigten Anliegen von Anwoh-
nern an Militärflughäfen muss an dieser Stelle schon da-
rauf hingewiesen werden, dass die Antragsteller an kei-
ner Stelle ihres Antrags auf die Notwendigkeit von
Übungsflügen zur Erfüllung des Auftrags der Piloten
verweisen, egal ob als Angehörige der Bundeswehr oder
der Streitkräfte einer alliierten Partnernation. Diese
Übungsflüge sind allerdings zwingend erforderlich und
gehören genauso zur Wahrheit wie das Verständnis für
die Betroffenheit von Anwohnern in der Nähe von militä-
rischen Flugplätzen. Nun wissen wir ja alle, dass die
Linke sowohl die Einsätze der Bundeswehr sowie der
NATO grundsätzlich ablehnt und sich damit schon von
vornherein einer ernsthaften Diskussion über verant-
wortliche Sicherheitspolitik verweigert. Sie sind einfach
nicht dazu bereit, legitime Interessen anzuerkennen, die
letztlich dem Schutz unser aller Freiheit und Sicherheit
dienen.

Wer allerdings im Gegensatz dazu verantwortliche Si-
cherheitspolitik betreiben will, ist darauf angewiesen,
sich an gegebenen Realitäten und Bedrohungsszenarien
zu orientieren. Wer sich dieser schwierigen Herausfor-
derung stellt, der wird schnell zu dem Ergebnis kommen,
dass der Einsatz von Soldatinnen und Soldaten – so
schwer es uns als mandatserteilendem Verfassungsorgan
auch fallen mag – in gewissen Situationen unumgäng-
lich und zwingend notwendig ist.

Vor dem Hintergrund dieser gesamtstaatlichen Ver-
antwortung darf die Diskussion um militärischen Flug-
lärm in meinen Augen nicht alleine auf Anflugrouten,
Landeverfahren und Flughöhen reduziert werden. Der
Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten ist oftmals mit
einer hohen Gefahr für Leib und Leben verbunden und
bedarf deshalb ohne Wenn und Aber einer optimalen
Vorbereitung. Dafür sind unter Umständen und im Ein-
zelfall auch taktische Flugmanöver in der Nähe inländi-
scher Stützpunkte notwendig. Sowohl die Bundeswehr
als auch unsere alliierten Partner sind auf diese
Übungsmöglichkeiten dringend angewiesen. Würden
wir sie ihnen und uns verweigern, würden wir nicht nur
den Erhalt unserer äußeren Sicherheit aufs Spiel setzen,
sondern letztlich auch auf Kosten der Gesundheit und
der Sicherheit der Pilotinnen und Piloten handeln.

In Ihrem Antrag fordern Sie, anstatt auf die freiwil-
lige Selbstbeschränkung für die allgemeine Nutzung der
Übungslufträume im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Hes-
sen, Baden-Württemberg und Bayern zu vertrauen, kon-
krete Lärmschutzregelungen und Grenzwerte festzule-
gen. Bereits heute erfolgt für jede Flugübung, die über
die freiwillige Selbstbeschränkung hinausgeht, eine um-
fangreiche Einzelfallprüfung. Diese Übungen werden
letztlich nur in dem unbedingt notwendigen Umfang ge-
nehmigt, wenn dies zum Erhalt der Einsatzbereitschaft
der Luftwaffe unbedingt erforderlich ist. Im Übrigen ist
das Aufkommen militärischer Luftraumbewegungen im
Bereich der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr
2003 insgesamt rückläufig. Deshalb ist es auch nicht zu-

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(C (D effend, dass es keinerlei Selbstbeschränkung gebe oder ass diese keine Wirkung entfalten würde. Insofern haln wir eine über die Selbstbeschränkung hinausgeende Regelung für unverhältnismäßig. Zuletzt sollte nicht unerwähnt bleiben, dass verschieene Maßnahmen der Bundesregierung, wie die Flexibisierung der Luftraumnutzung oder die stetige Optimieung von Anund Abflugverfahren, in den vergangenen nderthalb Jahren bereits signifikant zur Verbesserung es Schutzes vor militärischem Fluglärm beigetragen aben. Dennoch sind wir uns auch weiterhin der Belasngen bewusst und bestrebt, weitere Verbesserungen zu rzielen – ohne dabei die Einsatzbereitschaft der Buneswehr oder unserer Partner zu gefährden. „Power Run“ in der Nacht – das ist kein nächtlicher rientierungslauf, das ist ein Probelauf nach einer riebwerkswartung am Flugzeug. Anwohner an Militärughäfen wissen das. Und sie hören das, genauso wie as Dröhnen der Hubschrauber am Tage und in der acht, alltags und sonntags, zum Beispiel in Ansbachatterbach, wo jeder fünfte Übungsflug über Wohngeieten in der Nacht stattfindet. 1 345 Menschen haben ich im Jahr 2008 darüber beschwert, und man hat sie lleingelassen. Bewohner in der Westpfalz und im Saarland erhielten inen Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen erst dann, ls der Dauerschallpegel 60 Dezibel üssen wissen: Laut Studie des Umweltbundesamtes us dem Jahr 2007 leiden Menschen, die einen Dauerchallpegel von mehr als 39 Dezibel en, eher an Herzund Kreislauferkrankungen als anere. Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen mit mehr als 7 Prozent zu den häufigsten Todesursachen. Das Problem militärischen Fluglärms nimmt zu. Neen Afghanistan und dem Irak befinden sich in der Bunesrepublik Deutschland die meisten US-Militärstützunkte. Die globalen Kriegseinsätze ziehen den Ausbau er Militärbasen nach sich. Das ist in Kaiserslautern so, as ist bei den Luftstützpunkten Ramstein und Spangahlem so, und das gibt es auch in bayrischen Standorn. Die Anwohner stehen ohnmächtig vor der Zunahme on Fluglärm und anderen Belastungen an Militärtandorten. Jetzt erwarten sie von ihren Parlamentaiern, dass sie sich der Sache annehmen. Mit großem Verständnis hatten sich die Koalitionsarteien zu Beginn der Wahlperiode den Klagen der Anohner von Militärbasen zugewendet. Sie sollten den nwohnern an Zivilflughäfen gleichgestellt werden; mitärische Übungsflüge sollten unter luftrechtliche Betimmungen fallen. Was ist passiert? Nichts. Viel Lärm nd nichts passiert. Das wollen die Betroffenen nicht mehr ertragen. Auf ommunaler Ebene engagieren sie sich in Bürgerinitiaven. In Ansbach fordert der Stadtrat einstimmig, dass er militärische Hubschrauberbetrieb endlich geregelt ird. Joachim Spatz gebene Reden )

Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711738000




(A) )

Wir müssen auf der Bundesebene endlich Nägel mit
Köpfen machen. Wir haben die gesetzlichen Instrumente
in der Hand, wir müssen sie nur anwenden.

Die Linke fordert einen effektiven Lärmschutz und
Grenzwerte für Übungslufträume. Die Selbstbeschrän-
kungen der US-Streitkräfte für das Saarland, Rheinland-
Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern taugen
nicht. Taktische Übungsflüge über Wohngebieten unter-
halb von 3 000 Metern müssen verboten werden. Anwoh-
ner von Militärflughäfen müssen einen rechtlichen An-
spruch auf aktiven und passiven Lärmschutz haben. Die
Unterscheidung zwischen militärischem und zivilem
Fluglärm bei der Erfassung des Lärms muss beendet
werden.

Die von uns ins Parlament getragenen Forderungen
der Betroffenen lehnen die Parteien der Regierungsko-
alition ab. Auch die SPD will die Forderungen zum
Schutz der Anwohner an Militärbasen nicht mittragen;
Bündnis 90/Die Grünen haben sich im Ausschuss ent-
halten.

Hier im Parlament ist unsere Fraktion offenbar die
einzige, die nicht nur Militäreinsätze ablehnt, sondern
auch das Üben für Militäreinsätze begrenzen will. Da
überrascht es nicht, dass sich die Anwohner von Militär-
basen an uns wenden.

Aber: Hier geht es nicht um uns. Hier geht es um die
Gesundheit und um vernünftige Lebensbedingungen von
Menschen, die an Militärflughäfen leben müssen, weil
sie keine Chance haben, einfach die Zelte abzubrechen,
um woanders zu leben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungs-
koalition, ich erinnere Sie noch einmal daran: Sie haben
vor knapp zwei Jahren im Koalitionsvertrag zugesagt,
das Problem zu lösen. Wenn wir jetzt hören, die Koordi-
nation zwischen den einzelnen Ländern sei kompliziert,
der Lärm habe angeblich eher abgenommen, und man
könne nur konstatieren, dass die Empfindlichkeit der Be-
wohner zugenommen haben müsse, dann klingt das alles
nicht nach dem Willen zur Lösung des Problems. In den
Ohren der Betroffenen dagegen klingt es wie Hohn.

Erinnern Sie sich an Ihre Zusagen an die Betroffenen,
nehmen Sie unseren Antrag zum Schutz vor militäri-
schen Fluglärm auf – handeln Sie!


Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711738100

Flugzeuge verursachen erheblichen Lärm, und das

gilt insbesondere für die leistungsstärkeren Maschinen
von militärischen Flugzeugen. Für die Menschen, die in
der Nähe von Flughäfen oder Flugplätzen wohnen, be-
deutet dieser Lärm oft eine große Belastung. Das gilt
wiederum für die Anwohnerinnen und Anwohner militä-
rischer Flugplätze in besonderem Maße. Die Folgen ei-
ner derartigen Lärmbelastung sind alles andere als un-
erheblich.

Maßnahmen zum Schallschutz mindern zwar den
Lärm in den Wohnhäusern, doch auf Null reduzieren
können sie ihn nicht. Auch ist es den Betroffenen nicht
möglich, sich in der warmen Jahreszeit bei geöffnetem

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Zu Protokoll ge

(C (D enster in ihrer Wohnung oder im Garten aufzuhalten, hne sich dem ungehemmten Lärm auszusetzen. Die öglichkeiten zur Erholung in den eigenen vier Wänden nd im eigenen Garten sind grundlegend eingeschränkt. er dauerhaft derartigem Lärm ausgesetzt ist, kann daer krank werden – psychisch und physisch. Für die Menschen, die in der Nähe eines Militärfluglatzes leben, bedeutet der Lärm eine erhebliche Einchränkung ihrer Lebensqualität. Es besteht daher drinender Handlungsbedarf, um den Schutz der Menschen or Fluglärm zu verbessern. Wenn die Betroffenen zuem noch Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer sind, erliert auch ihr Grund und Boden massiv an Wert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung handelt in dieem Punkt aber alles andere als entschlossen. Seit bald wei Jahren steht im Koalitionsvertrag die Ankündiung, das Fluglärmgesetz zu verbessern. Anwohnerinen und Anwohner militärischer Flugplätze sollen bei en gleichen Grenzwerten Anspruch auf Erstattung von ärmschutzkosten erhalten wie Anwohnerinnen und Anohner ziviler Flugplätze. Bis heute liegen aber keine onkreten Vorschläge vor, sondern nur diese wolkigen nkündigungen. Unbefriedigend für die Betroffenen ist im Übrigen, ass die Bundesregierung sich von vornherein auf den ogenannten passiven Schallschutz beschränkt hat. ach Lösungen zur Verbesserung beim aktiven Schall chutz, insbesondere hinsichtlich der Nachtruhe, will chwarz-Gelb gar nicht erst suchen. Das ist definitiv zu enig. Aber wie soll die Bundesregierung auch sinnvolle aßnahmen vorschlagen, wenn sie nicht einmal ausrei hend Kenntnisse über die Auswirkungen einer derartien Lärmbelastung besitzt? Über das Ausmaß der ärmbelastung weiß die Bundesregierung wenig. Die öhe der durch den Lärm verursachten volkswirtschaftchen und individuellen Schäden ist ihr unbekannt. Das acht die Bundesregierung unter der Drucksachennumer 17/3933 mit ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage er grünen Bundestagsfraktion zum militärischen Flugrm in Teilen des Saarlandes und Rheinland-Pfalz deutch. Das bedeutet, von der Situation der Anwohnerinen und Anwohner von militärischen Flugplätzen haben ie, werte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ur eine vage Vorstellung. Trotzdem lehnen Sie Maßnahen zum Schutz als unnötig ab. Ein solches Handeln aus nkenntnis hat aber absolut nichts mit gutem Regie ungshandeln zu tun. Wir fordern die Bundesregierung indringlich auf, sich endlich ehrlich, empirisch und issenschaftlich mit den Auswirkungen einer derartigen ärmbelastung auseinanderzusetzen. In der Ausschussdebatte über diesen Antrag haben ir von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der nion, zu hören bekommen, man müsse bei der Themak berücksichtigen, dass Piloten nur dann zur Sicherheit eitragen können, wenn sie auch Übungsflüge durchfühn. Das ist ja grundsätzlich richtig, aber Sie rechtferti en damit Ihre Politik der Unkenntnis und der leeren ersprechungen. Darum ist diese Argumentation unsäg Herbert Behrens gebene Reden Agnes Malczak )








(A) )

lich, und es bleibt dabei: In puncto Schutz vor Fluglärm
tut die Regierung zu wenig und sie tut es zu langsam.

Der hier vorliegende Antrag der Fraktion Die Linke
zeigt unseres Erachtens allerdings auch nicht den richti-
gen Lösungsweg auf. Insbesondere fällt auf, dass dieser
Antrag einen grundlegenden logischen Fehler aufweist.
Auf der einen Seite plädiert er für eine Gleichbehand-
lung von militärischem und zivilem Fluglärm. Dann
aber fordert der Antrag ein Verbot von Nachtflügen und
Flügen an Wochenenden und Feiertagen ausschließlich
für US-Militärflugplätze. Das ist keine Gleichbehand-
lung. Auch die meisten anderen Forderungen beziehen
sich lediglich auf Flugplätze, die vom US-amerikani-
schen Militär genutzt werden. Diese Einschränkung er-
schließt sich mir einfach nicht. Dem Antrag können wir
daher nicht zustimmen, obwohl wir das Ansinnen, die
Rechte der Betroffenen zu verbessern, ausdrücklich be-
grüßen. Darum werden wir uns enthalten.

Seit Jahren setzt sich die grüne Bundestagsfraktion
intensiv mit der Problematik von Fluglärm auseinander,
und zwar sowohl von militärischem als auch von zivilem
Fluglärm. Noch zu rot-grünen Zeiten haben wir mit der
SPD über eine Überarbeitung des Fluglärmgesetzes ge-
stritten. In den vergangenen Jahren haben wir mit aller
Deutlichkeit die 2007 unter Schwarz-Rot in Kraft getre-
tene Novelle des Fluglärmgesetzes und ihre ausgespro-
chen langsame Umsetzung kritisiert.

Bisher hat auch die schwarz-gelbe Bundesregierung
in Sachen Schutz vor Fluglärm keine bessere Figur ab-
gegeben. Daher wiederhole ich noch einmal: Wir erwar-
ten von der Bundesregierung, dass sie endlich beginnt,
an diesem Problem zu arbeiten, und zwar hinausgehend
über das, was in den Koalitionsvereinbarungen steht.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711738200

Wir kommen zur Abstimmung. Der Verteidigungs-

ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/5918, den Antrag der Fraktion Die Linke
auf Drucksache 17/5206 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Das sind die Koalitions-
fraktionen und die Fraktion der Sozialdemokraten. Ge-
genprobe! – Das ist die Fraktion der Linken. Enthaltun-
gen? – Das ist die Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 30 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Sportausschusses (5. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Viola von
Cramon-Taubadel, Claudia Roth (Augsburg),
Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Frauen- und Mädchenfußball stärken – Fuß-
ballweltmeisterschaft der Frauen 2011 gesell-
schaftspolitisch nutzen

– Drucksachen 17/5907, 17/6281 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Riegert
Martin Gerster

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(C (D Dr. Lutz Knopek Katrin Kunert Viola von Cramon-Taubadel Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die eden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolleinnen und Kollegen, die reden wollten, sind bei uns anekommen. Am letzten Sonntag wurde die Fußball-Weltmeister chaft der Frauen 2011 im ausverkauften Berliner lympiastadion feierlich eröffnet. Das Eröffnungsspiel aben über 73 000 Zuschauer unter Hochspannung live erfolgt und die wirklich tolle Atmosphäre genießen önnen. Zudem werden die Spiele auf allen fünf Kontienten in etwa 60 Ländern übertragen, und dies in neuer edialer Dimension und auf dem Stand der Technik. icht nur die spielerische und sportliche Leistung unser Nationalmannschaft, die mediale Berichterstattung nd die Begeisterung der Zuschauer für das Großsportreignis zeigen, dass der Frauenfußball in Deutschland ngekommen ist und ihm im internationalen Vergleich ine herausragende Bedeutung zukommt. Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen er CDU/CSU und der FDP werden auch weiterhin den rauenfußball kraftvoll unterstützen und fördern! Wir eschränken uns allerdings nicht nur auf den Frauennd Mädchenfußball, sondern begreifen die Förderung einem übergeordneten Sinne – sportartübergreifend – ezogen auf den Frauenund Mädchensport im Allgeeinen. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frauenund Mädchenfußball stärken – Fußball-Welteisterschaft der Frauen 2011 gesellschaftspolitisch utzen“ ist zwar anlassbezogen aktuell, verkennt aber ie bereits bestehenden Förderungsstrukturen des Mädhenund Frauenfußballs. Leider scheinen die Anträge er Opposition sich vom Zeitpunkt her immer wieder ur an Großsportereignissen zu orientieren. Anstatt auf ine kontinuierliche Arbeit zu setzen, versucht man im uge eines Großsportereignisses, Forderungen in einem ntrag unterzubringen, die zum Teil nur im entferntesten inne etwas mit der Realität und den eigentlichen Heausforderungen der Zeit zu tun haben. Bei allem Verständnis für die Verbindung zwischen port und gesellschaftspolitischen Zielen und Interessenlagen sollte eine Instrumentalisierung des Sports tunchst vermieden werden. Der fraktionsbzw. parteienbergreifende Besuch von ranghohen Politikern von inem Großsportereignis, wie zur Eröffnung der Fußballeltmeisterschaft der Frauen 2011, unterstreicht die ertschätzung und gesellschaftspolitische Bedeutung ieses Events für unser Land. Ein Großsportereignis, beleitet von mehreren Clips, Trailern und Originaltönen – it parteipolitischen Statements im Stadion, gleicht dann ber wiederum stärker der Werbung in eigener Sache und er Instrumentalisierung des Sports. Die Grenzen des ertretbaren sind bisweilen fließend. Ob eine solche Symiose zwischen Politik und Sport angemessen und wünchenswert ist, sollte kritisch hinterfragt werden. Im )

Klaus Riegert (CDU):
Rede ID: ID1711738300

(A) )

parlamentarischen Diskurs sollte auf solchen Opportu-
nismus und – in diesem Fall – auf entsprechende „Schein-
anträge“ verzichtet werden.

Auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips fördern
die Bundesregierung und der Deutsche Fußball-Bund

(DFB) seit langem den Frauen- und Mädchenfußball, im

Breiten- wie im Spitzensport. Im 12. Sportbericht der
Bundesregierung sind die über den Fußball weit hinaus-
gehenden Maßnahmen und Programme in diesem Be-
reich umfassend geschildert. Die Aufwendungen des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend im Bereich „Frauen und Mädchen im Sport“ be-
trugen im Berichtszeitraum insgesamt 290 000 Euro.

Dabei folgen die Maßnahmen des Ministeriums dem
Ziel, den Anteil der Frauen und Mädchen im Sport in al-
len Bereichen dem Anteil von Männern anzugleichen –
und dies auch unabhängig von verschiedenen Alters-
gruppen. Die Mitgliederentwicklung von Frauen und
Mädchen in Sportvereinen ist in den letzten Jahren mehr
als erfreulich. So lässt sich konstatieren, dass den größ-
ten Zuwachs mit über 160 000 weiblichen Mitgliedern
der Deutsche Fußball Bund verzeichnen konnte, aber
auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung, der Deut-
sche Leichtathletik-Verband und der Deutsche Schützen-
bund sind hier besonders positiv hervorgetreten. Die
meisten weiblichen Mitglieder – mit circa 3,5 Millionen
Mädchen und Frauen – sind jedoch weiterhin unter dem
Dach des Deutschen Turnerbundes organisiert. Der
Frauenanteil bei den Mitgliedschaften in Sportvereinen
in Deutschland liegt derzeit bei etwa 40 Prozent.

Unabhängig von sportspezifischen Unterschieden
reicht die Förderung der Bundesregierung im Bereich
„Frauen und Mädchen im Sport“ über die im Antrag der
Grünen genannten Forderungspunkte weit hinaus. Bei-
spielhaft seien an dieser Stelle nur folgende Ziele ge-
nannt: den Anteil von Frauen in Gremien des Sports zu
erhöhen – zum Beispiel durch Verbandswettbewerbe
„Frauen an die Spitze“, Trainerinnen im Sport zu unter-
stützen und zu qualifizieren – zum Beispiel Führungsta-
lente-Camp des DOSB, bundesweite Frauenaktionstage
mit Bezug zum Sport zu fördern oder das Programm
„Migrantinnen in den Sport“ weiter zu unterstützen.

Der Grünen-Antrag missachtet nicht nur die bereits
bestehenden Maßnahmen der Bundesregierung zur För-
derung des Sports von Mädchen und Frauen. Er weist
zudem zahlreiche formale Mängel auf, missachtet konse-
quent die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Län-
dern sowie zuwendungsrechtliche Bestimmungen. Dies
zeigt sich am deutlichsten bezüglich der Forderungen
zur Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernse-
hen oder bezüglich des Schulsports.

Aber auch aufgrund inhaltlicher Mängel werden wir
diesem Antrag nicht zustimmen: Die Förderung des bür-
gerschaftlichen Engagements im Sport, beispielsweise
durch den neuen Bundesfreiwilligendienst, wurde offen-
sichtlich nicht zur Kenntnis genommen. Unverständlich
bleibt auch, wie konkret die „Integration von Migranten
durch die Sportpolitik“ einen höheren Stellenwert erfah-
ren soll. Das vom Bundesministerium des Innern (BMI)

geförderte Programm „Integration durch Sport“ kommt

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Zu Protokoll ge

(C (D ieser Forderung seit langem mit großem Erfolg nach nd wird auf unterschiedlichen Ebenen entsprechend valuiert. Mit Blick auf den Spitzensport und die Talentrderung zeigt sich gerade, dass im Sport Menschen mit igrationshintergrund sehr erfolgreich sind. Die Fuß allnationalmannschaft der Männer und Frauen ist mit iner „gelebten Vielfalt“ auch hier ein besonders posities Beispiel. Der Aspekt des „Klimaund Umweltschutes im und durch den Sport“ wurde im Antrag der Koalionsfraktionen in wesentlich weitreichender und etaillierter Form erst kürzlich ausgeführt. Das Umeltkonzept „Green Goal“ der Fußball-Weltmeister chaft der Frauen 2011 geht über die Forderungen der raktion Bündnis 90/Die Grünen bereits weit hinaus. Auch vor dem Hintergrund der Ablehnung der Bewerung „München 2018“ durch die Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen ist dieser Forderungspunkt nur schwer achzuvollziehen – zumal das Umweltkonzept der Beerbung anfänglich sogar von den Grünen begleitet urde. Am Beispiel der sportpolitischen Kontakte zu ordkorea – wie auch zu vielen anderen Ländern – im usammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft der rauen 2011 zeigt sich nicht zuletzt, wie der Forderung ach dem Ausbau internationaler Beziehungen bereits ehr als beispielhaft nachgekommen wird. Die CDU/CSU-Fraktion wird den Frauenfußball, wie uch den Sport von Frauen und Mädchen insgesamt, eiter kontinuierlich und kraftvoll unterstützen – und ies nicht nur zu dem Großsportereignis der Fußballeltmeisterschaft der Frauen 2011. Dabei ist es wichtig, uf die Ziele, Perspektiven und Erwartungen zu hören, ie vonseiten der Frauen und Mädchen im Sport selbst ufgestellt werden. Eine politische Instrumentalisierung ie auch eine gesellschaftspolitisch-moralische Überachtung lehnen wir ab, da dies die aus sich selbst he aus kommende Entwicklung hemmt. Wie stark das Intesse, die Ausstrahlungskraft, die Aufmerksamkeit und ie Faszination für den Sport von Frauen und Mädchen ereits jetzt schon sind, zeigt sich mehr als positiv am eispiel der FußbaIl-Weltmeisterschaft der Frauen 011. Der Sport von Frauen und Mädchen in Deutschnd kann auch künftig auf die Unterstützung der Koalionsfraktionen von CDU/CSU und FDP bauen! Hierbei tehen für uns die Beachtung der Autonomie des Sports nd vor allem der Interessenslagen der Sportlerinnen eiterhin im Vordergrund! Wenn ich über Frauenfußball spreche, denke ich na rlich zuerst an die gerade in Deutschland stattfinende FIFA-Fußballweltmeisterschaft der Frauen, den Euphorie wir nutzen sollten. Aber ich denke auch an die Torfrau Desirée Schuann aus meinem Wahlkreis Reinickendorf. Die ersten eun Jahre ihrer jungen Fußballerkarriere spielte sie in erlin in meinem Heimatbezirk beim VfB Hermsdorf. eute spielt sie beim 1. FFC Turbine Potsdam und ist ine der hoffnungsreichsten deutschen Nachwuchsfußallerinnen der U-20-Nationalmannschaft. Klaus Riegert gebene Reden )

Frank Steffel (CDU):
Rede ID: ID1711738400




(A) )

Mein Kollege Klaus Riegert ist bereits intensiv auf
den Antrag der Grünen eingegangen, weshalb ich als
Berliner Bundestagsabgeordneter mich gern näher auf
die Situation in der Hauptstadt beziehen werde.

Nur 10 Prozent, also 11 599, aller Fußballspieler in
Berliner Vereinen sind Frauen. Das ist ausbaufähig,
denn auch wir wollen den Anteil fußballspielender
Frauen erhöhen. Doch die Lösung dafür kann nicht ein
20 Punkte umfassender Antrag sein, der sich leider nur
sehr entfernt mit der wirklichen Problematik beschäf-
tigt. Lösungen können auch nicht von oben diktiert oder
übergestülpt werden. Wenn man mehr Mädchen und
Frauen in die Fußballvereine holen will, dann muss das
von unten direkt im Verein wachsen. Alles, was wir tun
können, ist, möglichst optimale Rahmenbedingungen zu
schaffen.

In vielen Bereichen ist das bereits gelungen. Zum Bei-
spiel über Vereinskooperationen, wie es der Deutsche
Fußball-Bund beim 1. FC Lübars und bei Hertha BSC
initiiert hat. Auch gibt es auf Initiative des Landessport-
bund Berlins zunehmend Partnerschaften zwischen
Schulen und Sportvereinen. Sportbegeisterte Kinder
können unkompliziert auf Sportangebote in ihrer Nähe
aufmerksam gemacht werden. Mit Erfolg: Fast die
Hälfte der weiblichen Fußballer in Berlin ist inzwischen
unter 18 Jahre alt.

Der steigende Mädchenanteil im Fußball hat auch
damit zu tun, dass mehr und mehr auf Migrantinnen zu-
gegangen wird. In Berlin werden sie gezielt geworben,
und es wurden Bedingungen geschaffen, die auch ihren
speziellen Bedürfnissen entsprechen. Hier ist noch ein
großes Potenzial zur Gewinnung fußballbegeisterter
Mädchen und Frauen. Denn die gemischten Mannschaf-
ten waren für viele eine Barriere zum Vereinsfußball. In-
zwischen gibt es zahlreiche reine Mädchen- und Frauen-
mannschaften. Auch Turniere und Meisterschaften
werden verstärkt mit nur weiblichen Teilnehmern ange-
boten. Das senkt vorhandene Berührungsängste enorm.
Die Mitgliederzahlen in den Frauenfußballmannschaf-
ten steigen. Die Begeisterung und der Besucherrekord
beim WM-Eröffnungsspiel im Berliner Olympiastadion
am vergangenen Sonntag zeigten uns, welche Potenziale
es hier gibt.

Das größte Problem ist momentan also nicht die Be-
geisterung der Mädchen und Frauen für Fußball.
Begeisterung ist vorhanden und dürfte auch nach der
Fußballweltmeisterschaft der Frauen anhalten. Die He-
rausforderungen liegen woanders.

In vier Punkten sehe ich noch Verbesserungsmöglich-
keiten für die Stärkung des Frauenfußballs:

Erstens: der Mangel an Trainerinnen. Mädchen- und
Frauenfußballmannschaften müssen verstärkt von
Frauen trainiert werden. Weibliche Trainerinnen gibt es
zu wenig. Wir brauchen mehr Fußballtrainerinnen. Fuß-
ballbegeisterten Frauen müssen wir die Möglichkeit ge-
ben, sich in diesem Bereich ehrenamtlich zu engagieren.
Vielleicht brauchen wir dafür noch besondere Betreu-
ungsmöglichkeiten für ihre Kinder? Auch setzt sich bei-
spielsweise der Landessportbund Berlin verstärkt dafür

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(C (D in, bei Frauen mit Migrationshintergrund dafür zu weren, dass sie Trainerin werden. Zweitens: fehlende Trainingsplätze. Nahezu jeder erliner Fußballverein hat volle Mannschaften, aber berfüllte Trainingsplätze und zu wenig Hallenzeiten im inter. Es gibt viele Vereine, die aktuell auf der Suche ach neuen Trainingsmöglichkeiten sind. In den meisten roßstädten sind die Kapazitäten nahezu ausgeschöpft. ber zumindest in der deutschen Hauptstadt gäbe es wei große Freiflächen, die dafür wie gemacht zu sein cheinen. Seit drei Jahren liegt das Gelände des ehemagen Flughafens Tempelhof brach. Doch alle Bestreungen, diesen Platz sinnvoll zu nutzen und zumindest ilweise in Sportanlagen umzuwandeln, wurden vom erliner Senat abgelehnt. Nicht zuletzt die Grünen perrten sich gegen die Einrichtung von dringend benögten Sportanlagen auf dieser Fläche. Ab Mitte nächsten Jahres wird es auf dem Flughafen egel eine weitere freie Fläche geben. Als Präsident des reitensportvereins Reinickendorfer Füchse unterstütze h die Bestrebungen vieler Vereine, hier Sportanlagen inzurichten. Leider gibt es auch hier keine Anzeichen, ass der rot-rote Senat den Vereinen entgegenkommen öchte. Drittens. Auch wenn in diesem Bereich schon viel assiert ist, möchte ich alle Sportvereine ermuntern, ich weiter – insbesondere für Mädchen und Frauen – zu ffnen. Es ist in der Gesellschaft angekommen, dass rauenfußball nicht mehr länger nur eine vorurteilsbedene, belächelte Randsportart ist. Lasst uns das nut en, indem wir neue Mädchenund Frauenmannschafn gründen und den Fußballspielerinnen ein sportliches uhause in den etablierten Vereinen bieten! Viertens. Etliche Werbekampagnen zeigen den Fußall in diesen Wochen als Frauensportart. Viele Frauen agieren und melden sich in Vereinen an, um nicht nur uzusehen, sondern selbst zu spielen. Das muss mit der rauenfußballweltmeisterschaft nicht vorbei sein. Vorilder wie die WM-Organisatorin Steffi Jones, unsere ervorragende Bundestrainerin Silvia Neid oder der hooting-Star der WM Celia Okoyino da Mbabi müssen uch nach der WM weiter präsent bleiben und Frauen otivieren, Fußball zu spielen. Die Euphorie der WM üssen wir unbedingt nutzen. Bei den Reinickendorfer Füchsen, deren Präsident h bin, kommt die Euphoriewelle bereits an. Bis vor drei ahren hatten wir keine Mädchenfußballmannschaft. m dem Ansturm gerecht zu werden, haben wir jüngst chon die zweite Mannschaft gegründet. Das Vorurteil, Fußball sei ein Männersport, ist auch der breiten Wahrnehmung überholt. Die Begeisterung r Frauenfußball steigt gerade jetzt, da die FußballM der Frauen in Deutschland stattfindet. Die Vereine rwarten im Nachgang der Weltmeisterschaft einen Anturm von Frauen und Mädchen auf die Fußballvereine. ir müssen die Vereine ermutigen, diese einmalige hance zu nutzen. Lassen Sie uns das Ehrenamt stärken nd verfügbare freie Flächen den Sportvereinen zur Vergung stellen. Lassen Sie uns die Euphorie nutzen. Dr. Frank Steffel gebene Reden )





(A) )

Oder, um mit dem offiziellen Fußball-WM-Lied „Happi-
ness“ zu sprechen: I gotta be out of my mind not to try
this!


Dagmar Freitag (SPD):
Rede ID: ID1711738500

Am Sonntag wurde die FIFA-Frauen-Weltmeister-

schaft in Berlin eröffnet – eine weitere Sportgroßveran-
staltung, die wir in Deutschland nach den großartigen
Ereignissen der letzten Jahre ausrichten. Ich erinnere in
diesem Zusammenhang an die Fußball-WM der Männer
2006, die Handball-WM der Männer 2007, die Basket-
ball-EM der Gehörlosen 2008 und die Leichtathletik-
WM 2009, um nur einige Beispiele zu nennen. Drei Wo-
chen steht der Frauenfußball im Fokus der Öffentlich-
keit; er wird medial und in den Stadien so präsent sein
wie nie in unserem Land zuvor. Bereits im Vorfeld der
WM kann der Deutsche Fußball-Bund Rekordzahlen
verbuchen: Mit einem Zuwachs von 10 000 Frauen und
Mädchen ist die Marke von 1 Million Vereinsspielerin-
nen deutlich übertroffen worden. Damit ist klar: Die Zu-
kunft des Verbandes liegt auch in der Hand der Frauen.
Wer hätte das vor 35 Jahren gedacht? „Die Anatomie
der Frauen ist für Trikotwerbung nicht geeignet. Die Re-
klame verzerrt.“ So lautete damals eine Mitteilung aus
dem Hause DFB. Ich denke, diese Sorge sind die Herren
mittlerweile los; andere noch nicht. Trotz des großen En-
gagements von Präsident Dr. Zwanziger macht sich die
Entwicklung des Frauenfußballs noch nicht in den Ver-
bandsstrukturen bemerkbar. 47 Mitglieder bilden das
Präsidium und den Vorstand des Deutschen Fußball-
Bundes; darunter befindet sich gerade einmal eine ein-
zige Frau. Damit steht auch der DFB in der unrühmli-
chen Tradition der meisten deutschen Sportverbände, in
denen nach wie vor fast nur Männer das Sagen haben.

Es gibt nicht nur diesen, sondern auch noch andere
gute Gründe, auch diese Weltmeisterschaft zum Anlass
zu nehmen, sport- und gesellschaftspolitische Forderun-
gen zu diskutieren. Daher vorab ein Dank an die Kolle-
ginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen für die
Einbringung des Antrags. Im vergangenen Jahr hatte
dies meine Fraktion anlässlich der FIFA-WM in Süd-
afrika übernommen.

Sport mit all seinen unterschiedlichen Facetten ist ein
unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft ge-
worden und sollte für möglichst viele Bürgerinnen und
Bürger selbstverständlicher Teil der aktiven Lebensfüh-
rung sein. Denn: Sport ist Gesundheitsförderung und
körperliche Rehabilitation, ist Chance zur gesellschaft-
lichen Teilhabe und Integration, Sport ist Teil des Bil-
dungssystems, Sport baut Brücken zwischen Menschen
unterschiedlicher sozialer Herkunft und Religion, zwi-
schen Menschen mit Behinderung und ohne, über Lan-
desgrenzen hinweg. Der Sport stellt sich den sozialen
und kulturellen Herausforderungen einer sich ständig
wandelnden Gesellschaft. All dies sollte die Politik im
Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen.

Mit dem vorliegenden Antrag fordern die Kollegin-
nen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, die der-
zeitige öffentliche Aufmerksamkeit für den Frauenfuß-
ball zu nutzen, um gesellschaftspolitische Impulse zu

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Zu Protokoll ge

(C (D etzen. Dieses Grundanliegen unterstützen wir ausrücklich. Jedoch weist dieser Antrag eine Reihe von efiziten auf, die uns eine Zustimmung nicht ermöglicht. sbesondere der Forderungskatalog liest sich wie ein her schlecht sortierter Wunschzettel; er listet einfach ur alles auf, was in den letzten Jahren sportpolitisch zu en unterschiedlichsten Anlässen diskutiert wurde. icht nur das; es finden sich geradezu skurrile Forde ungen. Sind Sie ernsthaft der Auffassung, dass es, wie nter Punkt 5 gefordert, tatsächlich Aufgabe der Bunesregierung ist, den Zugang zu Spielund Trainingsöglichkeiten auch für Mädchen und Frauen zu geährleisten? Da ist der Griff in die Wünsch-dir-waschublade doch wohl ziemlich danebengegangen. Auch enn wir uns in der sportpolitischen Diskussion durchus mit Themen auseinandersetzen, die nicht originäre undesaufgabe sind, wirkt es verfehlt, konkrete Fordeungen an die Bundesregierung in Bezug auf Aufgaben u richten, die explizit Aufgabe von Ländern und Komunen sind. Und wenn weiter gefordert wird, eine stär ere Präsenz von Frauenfußball im öffentlich-rechtlichen undfunk zu unterstützen, ist das deutlich zu kurz geprungen. Schließlich werden Erhebungen zufolge nicht ur Fußballerinnen, sondern Sportlerinnen insgesamt in er Berichterstattung benachteiligt. Eine ausgewogene erichterstattung über möglichst viele Sportarten, und abei natürlich gleichermaßen über Sportlerinnen und portler, muss also das Ziel sein, zumal der Antragstitel usdrücklich die gesellschaftspolitische Komponente erähnt. Aus den genannten Gründen ist der Antrag für eine Fraktion nicht zustimmungsfähig; wir werden uns ei der Abstimmung daher enthalten. Der vorliegende Antrag gibt uns aber durchaus die öglichkeit, weitere grundsätzliche Anmerkungen zu achen. Der Deutsche Fußball-Bund ist der mitglieder tärkste Verband innerhalb der FIFA, die nicht erst in en letzten Wochen für mehr als unrühmliche Schlagzein gesorgt hat. Auch wenn in den kommenden Wochen ie sportlichen Ergebnisse im Vordergrund stehen weren, sind die Vorkommnisse und ungeklärten Bestehungsvorwürfe in der FIFA nach wie vor im Raum. uch der europäische Fußballverband UEFA mahnt icht grundlos konkrete Maßnahmen zur Aufklärung an. ie Integrität des Sports ist ein hohes Gut, aber auf vien Ebenen offenkundig dem Verfall preisgegeben. Das llerdings zerstört die Werte des Sports und in der Konequenz zwangsläufig seine gesellschaftliche Akzeptanz. us unserer Sicht bietet sich für den Deutschen Fußballund und seinen Präsidenten als Mitglied des FIFAxekutivkomitees die Chance und Herausforderung zuleich, sich in der FIFA an die Spitze einer Bewegung zu etzen, die für Transparenz und echte demokratische trukturen eintritt. Frauenfußball wird mittlerweile in vielen Ländern er Welt gespielt – aber längst nicht überall mit derselen Selbstverständlichkeit wie bei uns. Die FIFA hat ine eigene Beauftragte für Frauenfußball, die erst kürzch in einem Interview die Hürden und Barrieren gechildert hat, die Frauen in vielen Ländern überwinden üssen, wenn sie einfach nur Fußball spielen wollen. ier kann Unterstützung von unserer Seite kommen: Im Dr. Frank Steffel gebene Reden )





(A) )

Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik fi-
nanziert Deutschland Sportprojekte, die vor Ort große
Erfolge aufweisen. Leider werden diese bislang viel zu
wenig beachtet. Ich kann die Kolleginnen und Kollegen
nur ermuntern, sich bei Auslandsreisen auch über diese
Projekte zu informieren. Gleichzeitig fordere ich die
schwarz-gelbe Koalition in diesem Zusammenhang auf,
die Haushaltsmittel für die Auswärtige Kultur- und Bil-
dungspolitik wieder auf den Stand zu bringen, den es zu
Zeiten der Großen Koalition gab.

Die Frauen-Weltmeisterschaft läuft, und eine Frau
hat allen Grund, mit Zufriedenheit auf das bisher Ge-
leistete zurückzublicken: ich denke an Steffi Jones, die
mit der ihr eigenen Bescheidenheit vieles nicht für sich
reklamieren wird, was sie aber nachweislich maßgeblich
vorangetrieben hat. Ein perfekt organisiertes Turnier
hat natürlich Signalwirkung auch gegenüber den Län-
dern, in denen der Frauenfußball noch am Anfang sei-
ner Entwicklung steht.

Daher geht ein ausdrücklicher Dank an Steffi Jones
und natürlich auch an ihr Team; gemeinsam haben sie
viel dazu beigetragen, dass diese Weltmeisterschaft bis-
lang unter einem guten Stern steht. Persönlich freue ich
mich, dass sie dem Fußball in anderer Funktion nach
der WM erhalten bleiben wird – es gibt schließlich noch
viel zu tun!


Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1711738600

Effiziente Ressourcennutzung sieht anders aus. Der

hier vorliegende Antrag zeigt die Grünen, wie sie sind:
mit wenig Sachkenntnis, viel heißer Luft und dem wahn-
haften Zwang, alles anzugleichen. Um uns das zu ver-
mitteln, hätten Sie keine fünf Seiten schreiben müssen.
Sie versuchen hier, alle Ihre Themen unterzubringen,
und das wohlgemerkt wenig sachbezogen und nicht im-
mer widerspruchsfrei.

Ich will trotzdem versuchen, zu diesem nichtssagen-
den Antrag ein paar inhaltliche Anmerkungen zu ma-
chen.

Ich will es gleich vorwegschicken: Die Fußball-WM
der Frauen 2011 im eigenen Land ist eine tolle Sache.
Wer mich kennt, weiß, dass ich ein großer Fußballfan
bin. Deswegen werde ich mir auch keines der Spiele der
Damen entgehen lassen.

Sie kritisieren in Ihrem Antrag, dass die Bedeutung
des Frauenfußballs noch weit hinter der des Männerfuß-
balls zurückliegt. Das mag sein, allerdings ist das weni-
ger gravierend, als Sie es darstellen, und auch nicht in
Stein gemeißelt.

Sie führen diese ungleich verteilte Bedeutung auf die
mangelnde mediale Präsenz von Frauenfußball zurück.
Nun muss ich Ihnen da widersprechen: Wir erleben ge-
rade eine professionelle Medienoffensive, bei der zahlrei-
che TV-Sendungen, Anzeigen- und Werbekampagnen so-
wie Zeitungsartikel das Sommermärchen von 2011
pushen. Unsere WM-Spielerinnen werden für die ver-
schiedensten Produkte als Werbeträger eingesetzt.
Männliche Nationalspieler wie Lukas Podolski und
Thomas Müller outen sich in TV-Spots für eine Super-

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(C (D arktkette als begeisterte Frauenfußball-WM-Fans. Es ibt sogar erstmals ein Panini-Album zur Frauen-WM. nd da das alles noch nicht reicht, rühren im gebührenfianzierten Tatort auch noch Steffi Jones, Theo Zwanziger, ogi Löw, Oliver Bierhoff, Nationaltrainerin Silvia Neid nd andere Fußballprominenz die Werbetrommel. Ja, as wollen Sie denn noch? Dass wir ein Gesetz erlassen, as jeden Bürger zwingt, sich die Spiele anzusehen? Vonseiten des DFB, der Öffentlichkeit und auch der undesregierung wurde alles getan, damit unseren Daen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zukommt. ußerdem sollte eines nicht unerwähnt bleiben: Das M-Halbfinale 1995, in dem die deutschen Damen lei er China unterlagen, sahen in Deutschland 5 Millionen uschauer. Beim WM-Sieg 2007 gegen Brasilien sahen ich fast 12 Millionen Zuschauer die Partie an. Verganenen Sonntag schalteten 15,37 Millionen Zuschauer en Fernseher ein, um die erste WM-Begegnung unserer amen vor ausverkauftem Stadion zu sehen; das ent pricht einem Marktanteil von 60 Prozent. Die Frauen aben sich diese Anerkennung und dieses Plus an Auferksamkeit durch ihre eigene Leistung selbst erspielt – nd das ist auch gut so. Ihrer Meinung nach wird der Frauenund Mädchenßball noch viel zu wenig gefördert. Doch in dem glei hen Antrag stellen Sie die Erfolge der deutschen Fußalldamen selbst heraus: sieben Europaund zwei eltmeistertitel. Ich frage mich, wie solche sportlichen rfolge bei den Ihrer Meinung nach steinzeitlichen Förerbedingungen möglich sein konnten. Ich will es Ihnen agen: Sie haben unrecht. In Ihrem Antrag verkennen, ja egieren Sie völlig die vorbildlichen Anstrengungen und assiven Förderungen des DFB in Sachen Frauenfußall. Auch seitens der Bundesregierung wird mit dem rogramm „Jugend im Sport“ den Entwicklungen im rauenund Mädchenfußball Rechnung getragen. Natürlich sind es nach wie vor mehr Jungen als Mädhen, die diesen Sport betreiben, aber wir befinden uns einer Entwicklung, die auf noch mehr Mädchen in un eren Fußballvereinen hinsteuert. Das geht nicht von eute auf morgen. Und schließlich ist es auch ganz narlich, dass nicht immer genauso viele Jungen wie ädchen eine bestimmte Sportart betreiben. Ich sehe arin allerdings keinen Nachteil. In Ihrem Antrag bemühen Sie auch einmal mehr das chöne Schlagwort „Integration“ und verpassen natürch nicht die Gelegenheit, der Bundesregierung und der elt diesbezügliche Versäumnisse vorzuwerfen. Dazu abe ich dann doch einmal eine Frage: Waren Sie schon inmal auf einem Fußballplatz? Bei einem Verein? Ich ermute nicht, und ich erkläre Ihnen auch gern, warum: ie können hier in Berlin an einem beliebigen Abend mit in paar Freunden oder allein auf einen Fußballplatz ehen. Dort werden Sie dann noch andere Spielwillige effen, die allein vermutlich auch keine ganze Mannchaft zusammenbekommen. Und wissen Sie, was ertaunlich ist? Keiner wird Sie fragen, woher Sie kommen der welcher Nationalität Ihre Eltern angehören. Viel ichtiger sind Fragen wie: „Außen oder innen?“ oder Mittelfeld oder Stürmer?“ Dagmar Freitag gebene Reden )





(A) )

Sport ist Integration, Fußball ist Integration! Dabei
geht es nicht um Herkunft, sondern nur um Leistung. Vor
diesem Hintergrund finde ich es sehr befremdlich, dass
Sie eine zusätzliche Förderung von Mädchen und
Frauen mit Migrationshintergrund fordern. Das wider-
spricht in elementarer Weise den Grundsätzen des
Sports. Darüber hinaus sind gerade im Sport Menschen
mit Migrationshintergrund überproportional vertreten,
was Ihre Forderung sogar gegenstandslos macht.

Unter anderem fordern Sie weiter eine verstärkte
Förderung des Fußballs auch als Schulsport für Mäd-
chen. Liebe Kollegen bei den Grünen, ein kleiner Kurs
in Staatskunde: Das ist Ländersache! Wenn Ihnen das so
wichtig ist, dann wenden Sie sich doch vertrauensvoll an
Ihre Länderkollegen in Regierungsverantwortung.

Außerdem habe ich mich einmal umgehört und erfah-
ren: Mädchen haben in unseren Schulen bei Sportkursen
Wahlmöglichkeiten. So bleibt es ihnen überlassen, ob sie
Turnen, Leichtathletik, Gymnastik oder Ballsportarten
wählen. Sollten unsere Töchter sich also nicht für Fuß-
ball entscheiden, so haben auch Sie das zu akzeptieren.

Aus all den hier genannten Gründen ist der Antrag
aus unserer Sicht abzulehnen.

Zusammenfassend möchte ich noch sagen, dass die
Fußball-WM der Frauen 2011 natürlich Chancen bietet.
Ich persönlich freue mich auf die Begegnungen und
auch darauf, dass sich danach noch mehr Mädchen in
den Vereinen anmelden werden.

Frauenfußball ist längst kein Nischensport mehr, und
wenn wir unseren Weg fortsetzen, werden wir von der
Dynamik, mit der sich die Entwicklung in dieser Sport-
art vollzieht, überrascht sein. Frauen und Mädchen sind
auch hier auf Augenhöhe mit Männern und Jungen.


Jens Petermann (Plos):
Rede ID: ID1711738700

Meine Fraktion bedauert es sehr, dass ein an sich

sinnvoller Antrag der Bündnisgrünen zum Frauenfuß-
ball nicht öffentlich debattiert und nur zu Protokoll ge-
geben werden soll. Das ist besonders unverständlich,
weil derzeit die Frauenfußball-WM in Deutschland
stattfindet. Ein öffentliches Plenum wie der Bundestag
wäre ein angemessenes Forum gewesen, die Fortschritte
und Defizite im Frauen- und Mädchenfußball zu debat-
tieren. Die antragstellende Fraktion gibt sich leider mit
einer Protokolldebatte zufrieden. Gerade weil die grü-
nennahe Heinrich-Böll-Stiftung parallel zur WM die
Veranstaltungsreihe „Gender Kicks 2011“ organisiert,
wäre eine öffentliche Debatte sehr hilfreich. So gibt sich
die Fraktion mit dem Effekt eines Schaufensterantrages
zufrieden. Das ist wirklich bedauerlich.

Trotz dieses Mangels lohnt es sich, diesen Antrag zu
diskutieren. Er hat im Sportausschuss unsere Zustim-
mung erhalten: Der Antrag geht auf eine ganze Reihe
von aktuellen Problemen ein und signalisiert unstreitig
Handlungsbedarf, auch wenn die Probleme an der einen
oder anderen Stelle sicherlich noch zu konkretisieren
sind. Zudem lässt der Antrag hier und da auch mögliche
Lösungswege vermissen.

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Zu Protokoll ge

(C (D Die derzeitige Frauenfußballeuphorie ist mit Sichereit gesellschaftspolitisch nützlich. Es wäre fahrlässig, ie WM im eigenen Lande nicht als Basis für eine stetige ntwicklung zu betrachten und die vorhandenen Poteniale nicht besser auszuschöpfen. Vor acht Jahren, als die deutschen Frauen zum ersten al den WM-Titel holten, wurde ihr Spiel weder beson ers ernst noch besonders wahrgenommen. Hier hat ich einiges verändert, wobei die Potenziale längst nicht usgeschöpft sind. Frauenund Mädchenfußball ist in den Sportsendunen der öffentlich-rechtlichen Medien, von der aktuellen M abgesehen, nicht mehr als eine Randnotiz. Es be teht allerdings Hoffnung, dass sich die hohen Zuschaurzahlen der ersten WM-Spiele in den Köpfen der Prorammdirektoren bei ARD und ZDF festsetzen und die erren – meistens sind es Männer – ihre Lernfähigkeit nter Beweis stellen. Dennoch gibt es eine plausible Begründung für die ngleichbehandlung: Die Frauen-Bundesliga ist derzeit icht sonderlich attraktiv, weil es noch zu wenige gleichertige Mannschaften gibt. Denn der Frauenfußball hat ngst nicht die sportliche, gesellschaftliche und wirt chaftliche Bedeutung wie der Männersport. Fußballeinnen erhalten nur einen Bruchteil des Gehalts ihrer ännlichen Kollegen. Ähnliches gilt für die Prämien der ationalmannschaften. Es ist für junge Frauen derzeit nmöglich, den Berufswunsch „Fußballerin“ als Ganzgsjob zu verfolgen, zumal die „duale Karriere“ im rauenfußball praktisch keine Bedeutung hat. Nur weige Fußballerinnen können von ihrem Sport leben. Beim Frauenund Mädchenfußball geht es schließch besonders um die Förderung des Breitensports. ier zieht sich der Bund weiterhin so weit wie möglich us der Verantwortung und überlässt die Finanzierung es Sports den chronisch klammen Ländern und Komunen. Auch deshalb fordert die Linke im Bundestag eit langem ein Sportfördergesetz des Bundes, das sich es Breitenund Freizeitsports genauso annimmt wie es Schulsports. Gerade im Schulsport müssen in allen undesländern die gleichen Mindeststandards gelten. on Verantwortlichen im Bund wird gerne darauf veriesen, dass diese Frage in den Kompetenzbereich der änder fällt. Damit sich die Bunderegierung nicht weir aus der Verantwortung herausreden kann, fordert die inke, Sport als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. olche konkreten politischen Forderungen fehlen leider Antrag der Grünen. Dabei ließen sich viele der 20 im Antrag aufgestellten inzelforderungen auf einer solchen Grundlage schnelr und effizienter umsetzen. Es steht außer Frage, dass port einen wichtigen Beitrag zur Integration von Menchen mit Migrationshintergrund leisten kann. Es steht uch außer Frage, dass derzeit nur wenige Frauen und ädchen mit Migrationshintergrund zum Fußball fin en. Das Programm des Bundesinnenministeriums „Ingration durch Sport“ böte eine gute Ausgangsposition, ädchen mit Migrationshintergrund neue Freiräume uch im Fußball zu eröffnen und die kulturelle Integraon voranzubringen. Es besteht aber leider ständig die Joachim Günther gebene Reden )





(A) )

Gefahr, dass die finanzielle Ausstattung eines solchen
Programms gekürzt oder ganz gestrichen wird. Stünde
der Sport als Staatsziel im Grundgesetz, ließen sich sol-
che Einschnitte viel schwerer durchsetzen.

Dann wäre es übrigens für den Haushaltsausschuss
auch nicht so leicht gewesen, den Goldenen Plan zur
Sportstättensanierung still und heimlich zu beerdigen.
Was erst einmal aus den Haushaltsaufstellungen der
Bundesregierung verschwunden ist, wird so schnell
nicht wieder auftauchen. Dabei gibt es großen Sanie-
rungsbedarf. Diesen Aspekt spricht der vorliegende An-
trag nicht an, obwohl er ein Kernproblem aufgreift: Für
die Stärkung des Frauen- und Mädchensports, nicht nur
des Fußballs, ist es unbedingt erforderlich, auch die
Sportanlagen baulich entsprechend anzupassen. Es geht
dabei um mehr als die energetische Sanierung, die der
Antrag als Beitrag zum Klimaschutz zu Recht einfordert.
Wenn Mädchen und Frauen Sport treiben wollen, müs-
sen ihnen auch Umkleideräume und Duschen zur Verfü-
gung stehen. Aufgrund der oft veralteten Sportanlagen
in Deutschland gibt es da große Defizite. Um einen sol-
chen Umbau realisieren zu können, muss ein bundeswei-
tes Sportstättensanierungsprogramm neu aufgelegt wer-
den, denn die kaputtgesparten Kommunen können dies
in aller Regel nicht leisten.

Die gesellschaftliche Bedeutung des Sports reicht in
viele Bereiche hinein und über die deutschen Grenzen
hinaus. Deshalb ist es wichtig, dass sich der Antrag
nicht auf den Fußball beschränkt. Sport ist eben auch
Bestandteil der Umwelt-, der Entwicklungs- und der
Kulturpolitik. Wenn die Frauenfußball-WM als Türöff-
ner für eine größere Akzeptanz und für stärkeren Ein-
fluss des Mädchen- und Frauensports in Deutschland
wirken soll, müssen die sich daraus ergebenden Chan-
cen unmittelbar aufgegriffen werden. Bloße Sonntagsre-
den und Absichtserklärungen reichen hier nicht aus.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Begeisterung für Fußball ist an sich nicht Neues –
aber Begeisterung für Frauenfußball ist nach wie vor
noch nicht überall verbreitet.

Derzeit kann man die Spuren dieser Begeisterung an
vielen Plätzen in Deutschland erleben. Dafür, wie sich
diese Begeisterung auch nachhaltig auf den Sport und
die Gesellschaft übertragen lässt, machen wir mit die-
sem Antrag für den Frauenfußball Vorschläge.

Der von unserer Fraktion vorgelegte Antrag zeigt we-
sentliche Chancen für eine bessere Politik auf, die durch
den Sport generiert werden: für eine Integrationspolitik
ohne erhobenen Zeigefinger, für eine Stärkung der
Frauen im Sport, für den Mut zu einer Einführung ver-
bindlicher ökologischer Standards in der Durchführung
von Sportgroßveranstaltungen.

Die gesellschafts- und integrationspolitische Bedeu-
tung des Sports wird vor allem dort deutlich, wo es jun-
gen Migrantinnen ermöglicht wird, in der Freizeit oder
im Verein Sport zu treiben. Dafür sind die Kapazitäten,
die momentan von der Bundesregierung zur Verfügung

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Zu Protokoll ge

(C (D estellt werden, schlicht nicht ausreichend. Das betrifft icht nur die Sportstätten, bei denen der Innenminister hrlich drei Millionen Euro einsparen möchte. Das beifft vor allem die Unterstützung durch die Politik, wenn s um die personelle Infrastruktur des Sports geht. Zwar ist durch das bereits seit 1989 laufende Proramm „Integration durch Sport“ ein Pool geschaffen orden, in dem der Förderung von Migrantinnen im port eine wichtige Rolle zukommt. Aber es bedarf bei olch einer Vielzahl von einzelnen Initiativen einer stänigen programmbegleitenden Evaluierung. Um Menchen mit Migrationshintergrund an den Sport heranzuhren, ist es daher nötig, die Entwicklungen auch auf erbandsebene in Deutschland aktiv zu begleiten. Doch was heißt eigentlich Integration im Sport? Die undesregierung hat bisher jedenfalls noch keine ausichende Antwort gegeben – die Vorstellung des Inneninisters im Sportausschuss ließ an dieser Stelle doch iniges vermissen. Unser Antrag macht deswegen deutch, wo integrative Maßnahmen im Sport zu verstärken ind. Gerade durch das bürgerschaftliche Engagement, ei dem überhaupt erst gewährleistet wird, dass organiierter Sport stattfinden kann, ist ein ungeheures gesellchaftspolitisches Potenzial vorhanden. Doch es fehlt en Vereinen an interkulturell sensibilisierten Übungsiterinnen und Übungsleitern, an qualifiziertem Persoal auch auf der Ebene der Entscheidungsträger, die viel u selten weiblich sind. Migrantinnen sind dort so gut ie gar nicht vertreten. Zudem muss es mehr Multiplikatorinnen geben, die ine Brücke zwischen verschiedenen Bevölkerungsgrupen herstellen und die Idee des Sports zu den Menschen ringen. Denn wir Grüne begreifen Integration nicht als Einahnstraße. Die Teilhabe von Migrantinnen und igranten an gesellschaftlichen Prozessen kann nur ann gewährleistet werden, wenn die strukturellen Rahenbedingungen dafür gegeben sind. Die demografi che Entwicklung in Deutschland läuft neben der Erhöung des Durchschnittsalters auch auf eine zunehmende ulturelle Vielfalt hinaus: schon jetzt findet etwa die älfte der Menschen, die nach Deutschland kommt, ngfristig ihr Zuhause in Deutschland. Der Sport bietet in hervorragendes Feld dafür, um auch frühzeitig Menchen mit Migrationshintergrund einzubeziehen. Die tärkere Vernetzung von Sportinitiativen und Schulen ist aher eine der zentralen Forderungen unseres Antrags. er Sport ist gesellschaftspolitisch nicht nur Sinnbild r Interaktion, sondern eine gesellschaftliche Stütze, ie aufrechterhalten werden muss. Bei aller Euphorie im Rahmen der diesjährigen Fußall-WM dürfen wir die noch immer vorhandenen Proleme des professionellen Frauenfußballs nicht vergesen: Frauenfußball findet im Ligaalltag fast nicht statt. ie Übertragung aller WM-Spiele im öffentlich-rechtli hen Fernsehen ist eine absolute Ausnahme, wenn es um ie Sportberichterstattung beim Frauenfußball geht. In aum einer Sportsendung taucht bisher ein Bundesligapiel der Frauen auf, höchstens die entscheidenden inale finden die Beachtung der Medien. So bleibt der Jens Petermann gebene Reden Viola von Cramon-Taubadel )








(A) )

Frauenfußball medial in den Kinderschuhen. Zu einer
Etablierung und einer weiteren Verbesserung dieses
Sports – der im Übrigen derselbe ist wie der Fußball der
Männer, meine Herren – ist die Präsenz im öffentlich-
rechtlichen Rundfunk unerlässlich.

Ein Wort auch zu den jüngsten Entwicklungen bei der
FIFA: Wir dürfen nicht zulassen, dass die skandalösen
Ereignisse der letzten Zeit und die peinliche Außendar-
stellung des Weltverbandes in eine Sackgasse führen.
Die FIFA muss sich – zugunsten der beliebtesten Sport-
art weltweit – ab sofort von Grund auf erneuern. Finan-
zielle Transparenz und demokratische Legitimität müs-
sen dort endlich Einzug halten. Die Chancen, welche
durch den Fußball noch immer eröffnet werden, dürfen
aber nicht von Meldungen über korrupte Verbände über-
schattet werden. Der Fußball schafft die ersten Kontakte
auch zu Ländern, mit denen die diplomatischen Bezie-
hungen sich als schwierig erweisen.

Die Fußball-WM der Frauen ist ein klimaneutrales
Sportgroßereignis. Das insgesamt zum dritten Mal nach
2006 und 2010 implementierte Nachhaltigkeitskonzept
„Green Goal“ darf aber keine Ausnahme bleiben. Nach-
haltigkeitskriterien, wie sie auch für diese WM wieder
nur freiwillig zustande gekommen sind, müssen für alle
Großereignisse in Deutschland verbindlich gemacht
werden. Es ist darüber hinaus zu überlegen, ob ähnliche
Konzepte nicht auch dauerhaft im Ligabetrieb etabliert
werden sollen.

Vielleicht verändert die Regierung ja auch hier ihre
Einschätzungen und steht endlich für eine kohärente Kli-
mapolitik ein. Lassen Sie uns diese Chance nutzen, mit
dem Sport etwas zu bewegen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711738800

Wir kommen zur Abstimmung. Der Sportausschuss

empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 17/6281, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen auf Drucksache 17/5907 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die
Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Das sind die Frak-
tionen des Bündnisses 90/Die Grünen und der Linken.
Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der Sozialdemokra-
ten. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Stefan
Schwartze, Petra Crone, Petra Ernstberger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Programme „Schulverweigerung – Die
2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“ erhal-
ten

– Drucksache 17/6103 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

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(C (D Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die eden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolleinnen und Kollegen sind bei uns bekannt. Mit der Initiative „JUGEND STÄRKEN“ hat das inisterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine bereits bestehenden Programme für benachteiligte nge Menschen und Jugendliche mit Migrationshinter rund erheblich gebündelt und geschärft. Gleichzeitig t es gelungen, die bestehenden Programme besser aufinander abzustimmen und sie zum Teil erheblich auszuauen. Die Initiative „JUGEND STÄRKEN“ bündelt abei die Programme „Schulverweigerung – Die 2. hance“, die „Kompetenzagenturen“, das Programm STÄRKEN vor Ort“ sowie die Jugendmigrationsienste. Bundesweit bilden mehr als 1 000 Standorte der Iniative ein flächendeckendes Netzwerk an Angeboten nd Strukturen. Mit den Programmen ist die Bundesreierung neue Wege gegangen. Benachteiligte junge enschen, die bei ihrer Lebensplanung zu scheitern rohen, erhalten mithilfe der Programme kompetent und infühlsam die Hilfe, die sie brauchen, um in ihrem Allg künftig besser zu bestehen. Einer der Schwerpunkte egt dabei unter anderem auf den Jugendmigrationsiensten. Wir wollen damit junge Migrantinnen und Miranten begleiten und sie bei der Integration in die Geellschaft unterstützen. Es hat sich dabei ein eachtliches Netzwerk gebildet, das jungen Migranten irksam und unbürokratisch weiterhilft. Dies ist ein volr Erfolg. Mit den Programmen werden junge Menschen dort bgeholt, wo sie sind. Gerade die unbürokratische und ehutsame Herangehensweise stellt sicher, dass junge enschen die Angebote als ehrlich und auf Augenhöhe mpfinden. Dies ist der Schlüssel zur Akzeptanz bei den etroffenen und damit auch zum konkreten Erfolg der rogramme. Einer der Schwerpunkte der Initiative ist dabei die ktivierung der Stärken junger Menschen. Nicht selten eht es darum, bestehende Stärken zu wecken, sie förmch „wiederzubeleben“ und den Jugendlichen den lauben an sich selbst zurückzugeben. Dies gelingt icht selten in beachtlicher Art und Weise. Gleichzeitig wird das Umfeld der Betroffenen angegt und unterstützt, sich für die Perspektiven junger enschen aktiv einzusetzen. Und erfreulicherweise be arf es dazu oft keiner großen Überredungskunst. Der unkt ist viel häufiger, dass es einfach jemanden geben uss, der sein Umfeld mitzieht und neue Impulse gibt. Besonders erfreulich ist die geschickte Abstimmung er Programme auf die tatsächlichen Bedürfnisse beachteiligter Jugendlicher. Das Programm „Aktiv in der egion“ zielt auf ein möglichst lückenloses Fördersysm, um den Übergang von der Schule in das Berufsleen, wo es leider häufiger Probleme gibt, zu vereinfahen und gleichzeitig wichtige Starthilfe zu geben. Dies eschieht auch in wohlverstandenem Interesse des Steu )

Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1711738900

(A) )

erzahlers. Denn ein geglückter Einstieg in das Berufsle-
ben kann helfen, hohe Kosten für den Sozialstaat zu spa-
ren.

Das Programm „Schulverweigerung – Die 2. Chance“
soll erreichen, dass junge Menschen, die den Besuch der
Schule verweigern, eine neue Perspektive erhalten, mit
dem Ziel, sie wieder in die Schulen eingliedern zu kön-
nen, damit sie einen Abschluss machen können und ihre
Chance auf ein beruflich erfolgreiches Leben nicht früh-
zeitig aufgeben. Dies passiert nicht im luftleeren Raum,
sondern in enger Abstimmung mit Eltern und Lehrkräf-
ten. Damit wird erreicht, dass die Fördermaßnahmen
auch tatsächlich auf den Bedarf jedes einzelnen abge-
stimmt sind.

Die Kompetenzagenturen hingegen unterstützen be-
sonders benachteiligte Jugendliche. Hierbei geht es
häufiger über die Frage hinaus, einen Beruf zu finden.
Häufig geht es darum, den Jugendlichen dabei zu helfen,
einen Weg in die Gesellschaft zurück zu finden. Gerade
diejenigen, die vom bestehenden System der Hilfeange-
bote für den Übergang von der Schule in den Beruf nicht
mehr erreicht werden, erhalten hier engagierte und per-
sönliche Hilfe. Für den Einsatz möchte ich mich im Na-
men meiner Fraktion bei Ministerin Schröder herzlich
bedanken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren bei der SPD,
mit Ihrem Antrag malen sie – wie in letzter Zeit leider zu
häufig – in fatalistischer Weise den Teufel an die Wand.
Es lohnt sich daher, einmal genau auf die Faktenlage zu
schauen:

Im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens der Pro-
gramme „Kompetenzagenturen“ und „Schulverweige-
rung – Die 2. Chance“ hat das Familienministerium
Ende Mai entschieden, die bisher zur Verfügung stehen-
den ESF-Mittel von 50 auf 80 Millionen Euro für den
Förderzeitraum September 2011 bis Ende 2013 zu erhö-
hen und sämtliche 409 förderfähigen Träger, die sich am
Interessenbekundungsverfahren beteiligt haben, zur An-
tragstellung zuzulassen. Damit erhalten von insgesamt
430 Antragstellern nur 21 aus fachlichen, nicht aus fi-
nanziellen Gründen eine Absage.

Die Antragsaufforderung erfolgte am 31. Mai 2011
durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftli-
che Aufgaben. Bis 1. Juli haben die Träger noch Zeit, ih-
ren Antrag einzureichen. Danach erfolgt das Bewilli-
gungsverfahren, sodass ab September mit einer
nahtlosen Weiterförderung zu rechnen ist. Niemand wird
dabei im Regen stehen gelassen.

Die zur Verfügung stehenden ESF-Mittel von 80 Mil-
lionen werden in einem gerechten Verfahren auf Grund-
lage der ESF-Anforderungen auf die Länder verteilt. Da
die zur Verfügung stehenden Fördermittel nicht ausrei-
chen, um die 409 förderfähigen Träger mit der im Inter-
essenbekundungsverfahren angegebenen Fördersumme
zu fördern – durch die Träger wurden Mittel von mehr
als 100 Millionen Euro beantragt –, mussten die bean-
tragten Mittel teilweise gedeckelt werden, sofern die
Mittel für das Zielgebiet und das entsprechende Bundes-
land erschöpft waren. Dies ist nichts Unübliches – im

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(C (D egenteil, es ist Bestandteil eines üblichen Antragsverhrens. Sämtliche Interessenbekundungen für die ESF-Proramme „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und Kompetenzagenturen“ wurden nach einem einheitlihen Bewertungsverfahren geprüft. Die fachlich-inhaltche Bewertung erfolgte durch ein objektives Bewerngsraster und wurde unabhängig von zwei Prüfern urchgeführt. Die beiden Einzelbewertungen waren rundlage für die Gesamtbewertung. Die Deckelung inzelner Träger ist nach der im Bewertungsverfahren rreichten Punktzahl und somit nach der Qualität der teressenbekundungen erfolgt. Voraussetzung für eine Förderung und somit Aufforerung zur Antragstellung war das Erreichen einer Minestpunktzahl. Förderwürdig waren insofern nur Interssenbekundungen, die mindestens 50 Prozent der öglichen Punkte erreicht haben. Da es sich dabei um ördersummen im sechsstelligen Bereich handelt, ist es in Gebot der Verantwortung gegenüber den Steuerzahrn, eine maßvolle Vergabe von Steuermitteln zu prakti ieren, die sich auf Qualitätsstandards gründet und nicht infach wahllos Gelder mit der Gießkanne verteilt. Meine sehr geehrten Damen und Herren bei der SPD, as von Ihnen gemachte Rechenspiel greift eindeutig zu urz. Es bildet nicht den tatsächlichen Bedarf ab, sonern rechnet nur eine bis August 2011 bestehende Förerung hoch. Sie verkennen, dass es nicht um eine Einsu-eins-Weiterförderung bestehender Standorte geht, ondern die Programme mit neuer Akzentsetzung ausgechrieben wurden und eine Bewerbung der Träger erforerlich ist, die bestimmten Qualitätskriterien unterliegt. ie gesagt: Erst wenn die Qualität stimmt, wird ein Be cheid erteilt. Auch Ihre pauschale Forderung nach Erhalt aller tandorte der Kompetenzagenturen und des Programms 2. Chance“ geht an der Sachlage vorbei. Noch einmal ur Klarstellung: Aktuell werden die Programme Schulverweigerung – Die 2. Chance“ an 192 Standorn durch 173 Träger und das Programm „Kompetenzgenturen“ an 204 Standorten durch 200 Träger (insgeamt 396 Standorte, 373 Träger)

er neuen Ausschreibung wurden alle 409 förderfähigen
räger zur Antragstellung aufgefordert, die insgesamt
08 Standorte, also 208 „Kompetenzagenturen“ und
00 Koordinierungsstellen der „2. Chance“ bedienen.
amit werden ab September 2011 sowohl auf Träger-

bene als auch nach Standorten mehr Aktivitäten als in
er aktuellen Förderphase gefördert. Die Differenz von
räger und Standorten kommt dadurch zustande, dass es
räger gibt, die sich zu einem Trägerverbund zusam-
engeschlossen haben, aber aus finanztechnischer Sicht
weils getrennte Anträge stellen müssen.

Auch Ihre Forderung, eine Kofinanzierung aus dem
GB II/III über den 1. Januar 2012 hinaus zu ermögli-
hen, liegt neben der tatsächlichen Situation. Die Ko-
nanzierung des Programms „Kompetenzagenturen“
us SGB-II/III-Mitteln ist ab dem 1. Januar 2012 nicht
ehr möglich. Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII
bliegt – wie Sie wissen – den Kommunen, die für die




Dr. Peter Tauber
gebene Reden


(A) )


)(B)

Umsetzung des SGB VIII zuständig sind. Im Hinblick auf
die gewünschte Verstetigung des Angebots und zur Stär-
kung der kommunalen Verantwortung sollen daher die
erforderlichen Kofinanzierungen in erster Linie aus
kommunalen Mitteln erbracht werden. Die nach einer
Übergangszeit bis Ende 2011 auslaufende Möglichkeit
der 20-prozentigen Kofinanzierung aus Mitteln des
Zweiten und Dritten Buches Sozialgesetzbuch trägt die-
sem Anliegen Rechnung.

Zudem kann künftig ergänzend auch eine Kofinanzie-
rung aus dem Bundesprogramm der Jugendmigrations-
dienste erbracht werden. Jugendmigrationsdienste und
Kompetenzagenturen weisen sowohl hinsichtlich der
Zielgruppe als auch bei den angewendeten Instrumenten
und Arbeitsmethoden eine große Schnittmenge auf. Da-
her ist beabsichtigt, mit beiden Einrichtungen näher zu-
sammenzurücken. Ein erster Schritt zur Synergie ist die
mit der neuen Ausschreibung zugelassene Möglichkeit
der nationalen Kofinanzierung aus der Bundeszuwen-
dung der Jugendmigrationsdienste, mit der die Zusam-
menarbeit vor Ort positiv befördert werden soll.

Wichtig für die Arbeit vor Ort ist daher in meinen Au-
gen ganz besonders die Botschaft, dass beide Pro-
gramme, also sowohl das Programm „Schulverweige-
rung – Die 2. Chance“ als auch das Programm
„Kompetenzagenturen“ in Zukunft weitergeführt wer-
den. Dies ist nicht zuletzt dem Erfolg und der Qualität
der Programme geschuldet, wofür der Bundesregierung
noch einmal ein herzlicher Dank gebührt.

Ein wichtiges Signal ist zudem, dass alle förderfähi-
gen Antragsteller bereits ihre Anträge erhalten haben.
Ich bin sicher, dass es gelingen wird, das flächende-
ckend aufgebaute Hilfesystem der Initiative „JUGEND
STÄRKEN“ zu erhalten – und dies auf hohem Niveau.
Diese Bundesregierung hat sich die Förderung benach-
teiligter Kinder in enger Partnerschaft mit den Kommu-
nen zum Ziel gemacht und wird diesen Weg konsequent
weiter beschreiten. Ihr Antrag hingegen läuft den Ent-
wicklungen hinterher, ihre spekulativen Forderungen
sind für die Antragstellung zudem irrelevant und keiner-
lei Hilfe für die Arbeit vor Ort. Ihren Antrag werden wir
daher auch ablehnen. Die christlich-liberale Regierung
kümmert sich stattdessen mit Hochdruck darum, dass
alle Förderbescheide in den kommenden Wochen erteilt
werden, damit die Arbeit im September nahtlos fortge-
führt werden kann.


Stefan Schwartze (SPD):
Rede ID: ID1711739000

Insgesamt fünf Modellprogramme sind unter dem

Dach der Initiative „Jugend stärken“ beim Bundes-
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,
BMFSFJ, zusammengefasst. Ende 2010 gab das
BMFSFJ das Aus für das Programm „Stärken vor Ort“
bekannt. Für zwei weitere Programme „Schulverweige-
rung – Die 2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“ ver-
kündete es, dass diese im Jahr 2011 neu ausgeschrieben
werden sollen, obwohl die Förderphase ursprünglich bis
ins Jahr 2013 geplant war.

Im Februar 2011 rückte das BMFSFJ dann mit der
ganzen Wahrheit raus: Im Zuge der Neuausschreibung

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(C (D ollten die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds, SF, für die Programme „Schulverweigerung – Die 2. hance“ und „Kompetenzagenturen“ um die Hälfte geürzt werden. Zusätzlich soll für das Programm „Kometenzagenturen“ die bis zu 20-prozentige Kofinanzieung über den SGB-IIund SGB-III-Bereich ab Januar 012 entfallen. In der letzten Maiwoche setzte die zuständige Minisrin Schröder die ESF-Mittel nach vehementen Protesn der Trägerorganisationen kurzerhand für die Proramme „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und Kompetenzagenturen“ von 50 Millionen auf 80 Millinen Euro hoch. Die SPD-Bundestagsfraktion hat das us einer Pressemitteilung des Ministeriums erfahren. ie SPD-Bundestagsfraktion begrüßt ausdrücklich das eraufsetzen der Fördersumme. Dennoch liegt der jahsdurchschnittliche Fördermittelbetrag in der neuen rogrammphase onen Euro. Das ist eine Kürzung der Förderung um ber 13 Millionen Euro pro Jahr bzw. um 28 Prozent. Die SPD-Bundestagsfraktion will, dass die Förderumme auf die bisherige Höhe von 112 Millionen Euro ufgestockt wird. Für uns ist nicht nachvollziehbar, waum das BMFSFJ an dieser Stelle die ESF-Mittel um fast in Drittel kürzt. Aktuell werden rund 40 000 junge Menschen bundeseit in 192 Anlaufund Beratungsstellen für das Proramm „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ sowie 04 Kompetenzagenturen unterstützt. Es zeichnet sich b, dass Länder und Kommunen alleine die drohende inanzierungslücke nicht auffangen können. In der Konequenz bedeutet dies, dass durch die Kürzung der Mitl entweder die Anzahl der Standorte oder die Qualität er Arbeit vor Ort gefährdet ist. Logisch zu begründen ist die Kürzung nicht. Beide rogramme werden vom BMFSFJ hoch gelobt und haen eine außergewöhnlich hohe Erfolgsquote, weil es ich um Programme der aufsuchenden Sozialarbeit hanelt. 60 Prozent der Schulabbrecherinnen und Schulabrecher erreichen mit dem Programm „Schulverweigeung – Die 2. Chance“ einen Schulabschluss. Die Kompetenzagenturen“ bringen rund 70 Prozent der eilnehmerinnen und Teilnehmer in Job oder Ausbilung. Auch eine Änderung der Förderschwerpunkte in er Europäischen Union betrifft diese Programme nicht. Den Trägerorganisationen ist ganz besonders die GB-IIund SGB-III-Kofinanzierung ein wichtiges Anegen, die die Bundesregierung per 1. Januar 2012 bei em Programm „Kompetenzagenturen“ abschaffen will. uch hier wäre es durchaus logischer, die Kofinanzieung durch das SGB II oder SGB III zuzulassen. Die junen Menschen sind oft seit langem arbeitslos, sodass sie hnehin Leistungen aus dem SGB II oder SGB III bezieen. Die Zuständigkeit auf längere Sicht nun alleine auf ie Kommunen und die Länder zu verlagern, ist der falche Weg. Hier wird wieder einmal der Verschiebebahnof hin zu den Kommunen eröffnet. Auffällig ist, dass die Bundesregierung nach den Kürungen im Programm „Soziale Stadt“ nun weitere Pro Dr. Peter Tauber gebene Reden )





(A) )

gramme kürzt, die ebenfalls in sozialen Brennpunkten
wirken. Im Blick haben muss man dabei auch die Kür-
zungen, die mit dem „Gesetzentwurf zur Verbesserung
der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ drohen.
Mit diesem Gesetz will die Bundesregierung eine Ar-
beitsmarktpolitik nach Kassenlage einführen. Der Ge-
setzentwurf sieht vor, die Einstiegsqualifizierung als ein
erfolgreiches Instrument des Übergangssystems künftig
nur noch bis 2014 laufen zu lassen. Ein unbürokrati-
scher Zugang zu den Leistungen zur Vorbereitung auf ei-
nen Hauptschulabschluss ist mit diesem Gesetzentwurf
weiterhin nicht gewährleistet. In diesen Bereichen zu
kürzen bedeutet echten Brennstoff für die Kommunen. Es
bedeutet im Klartext, dass die Bundesregierung bereit
ist, Menschen zurückzulassen, ohne Schulabschluss,
ohne Arbeit.

Das ist mit uns Sozialdemokraten nicht zu machen.
Wir lassen keinen Menschen zurück, sondern wir for-
dern neben dem Recht auf Nachholen eines Schulab-
schlusses das Recht auf einen Ausbildungsplatz.

In Zeiten eines drohenden Fachkräftemangels müssen
die Programme, die jungen Menschen einen Schulab-
schluss oder einen Ausbildungsplatz ermöglichen, aus-
gebaut werden. Denn jetzt bekommen wir die Menschen
raus aus der Arbeitslosigkeit und raus aus der Perspek-
tivlosigkeit.

Die Bundesregierung redet ständig vom drohenden
Fachkräftemangel und sucht nach einfachen und schnel-
len Lösungen. Die insgesamt 1,5 Millionen Menschen
im Alter von 20 bis 29 Jahren ohne Berufsabschluss
kommen dabei in den Planungen der Bundesregierung
schlichtweg nicht vor. 17 Prozent der jungen Menschen
im Alter von 20 bis 29 Jahren blendet die Bundesregie-
rung einfach aus. Ja, sie geht noch weiter und kürzt be-
wusst in diesem Segment.

Das bedeutet, 1,5 Millionen junge Menschen haben
weiterhin sehr schlechte Perspektiven auf dem Arbeits-
markt. Sie leben in der ständigen Gefahr, das eigene Le-
ben nicht selbst bestreiten zu können und damit immer
wieder auf staatliche Leistungen angewiesen zu sei.

Und das, obwohl wir das Potenzial aller Jugendli-
chen angesichts des drohenden Fachkräftemangels drin-
gend benötigen.

Ohne einen sicheren und fair bezahlten Arbeitsplatz
zögern viele, eine Familie zu gründen und sich eine ei-
gene Existenz aufzubauen. Unser Ziel muss es sein, wie-
der mehr jungen Menschen den Weg in ein Normal-
erwerbsverhältnis zu ebnen. Die Regulierung der Leih-
arbeit, die Abschaffung sachgrundloser Befristungen
und ein gesetzlicher Mindestlohn sind dabei wichtige
Schritte.

Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt die Kürzung für
die Programme „Schulverweigerung – Die 2. Chance“
und „Kompetenzagenturen“ ab. Sie fordert, ESF-Mittel
in Höhe von mindestens 112 Millionen Euro zur Verfü-
gung zu stellen. Außerdem fordert die SPD-Bundestags-
fraktion, die 20-prozentige Kofinanzierung beim Pro-
gramm „Kompetenzagenturen“ auch über den 1. Januar
2012 hinaus zu ermöglichen.

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(C (D Die SPD-Bundestagsfraktion hat für ihren Antrag die olle Rückendeckung der Länder. Die entsprechende andesministerkonferenz hat einen einstimmigen Bechluss gefasst. Sie wollen die Forderungen der SPDundestagsfraktion mit einem eigenen Antrag im Deutchen Bundesrat unterstützen. Dieser wird insbesondere ie Weiterführung der Kofinanzierung im SGB II nach em 1. Januar 2012 fordern. Daher mein dringender Apell an das BMFSFJ: Seten Sie die Mittel für diese wichtigen Programme heauf! Daher mein dringender Apell an das Ministerium r Arbeit und Soziales: Ermöglichen Sie die Kofinan ierung im SGB II und SGB III für diese wichtigen Proramme und unterzeichnen Sie die entsprechende Veraltungsvereinbarung. Im Rahmen der Initiative „JUGEND STÄRKEN“ ündelt das Bundesjugendministerium seit 2009 Proramme, die gezielt die Förderung von benachteiligten nge Menschen und Jugendlichen in Angriff nehmen, ie von regulären Hilfsangeboten nur unzureichend ericht werden. Zu den mittlerweile fünf Programmen der itiative zählen auch die Programme „Schulverweige ung – Die 2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“, auf ie sich der vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion kariziert. Die beiden angesprochenen Programme richten ich zum einen an Schulverweigerer und setzen zum aneren an der Hürde an, an der immer noch zu viele junge enschen nach einem Schulabschluss Probleme bekomen: der ersten Schwelle, dem Übergang von der Schule die Berufsausbildung. Diesen Programmen wurde zuletzt große Aufmerkamkeit zu teil. Ich wünschte, ich könnte heute sagen, ass diese Aufmerksamkeit sich auf den außerordentchen Erfolg der Projekte gründete. Denn erfolgreich aren und sind sie beide. Das war anfangs aber nicht er Fall. Größere öffentliche Aufmerksamkeit erfuhren ie Programme erst, als sie planmäßig auslaufen solln. Und das muss, zu meiner großen Verwunderung, eiige Vertreter der Opposition völlig unerwartet getrofn haben, wie ein kalter Waschlappen morgens um fünf Bett. Zumindest vermittelten Sie in Ihren Pressemit ilung genau diesen Eindruck. Von Kürzungen war die ede. Ich frage Sie: Wie kann das sein? Ich möchte Ihrer Erinnerung gerne auf die Sprünge elfen: Die ESF-geförderten Programme sollten von Anng an zum Sommer 2011 auslaufen. Das war allen Beiligten, auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen on der Opposition, die diese Programme zu Ihrer eigeen Regierungszeit teilweise noch aufgelegt haben, nge bekannt. Sie hatten das selbst so beschlossen. Es at keine Mittelkürzungen im Bereich der Programme er Initiative, JUGEND STÄRKEN, gegeben, zu keinem eitpunkt. Entsprechende Behauptungen wurden wider esseres Wissen in Umlauf gebracht. Meine Damen und erren, das zeugt nicht nur von schlechtem Stil, das war cheinheilig. Stefan Schwartze gebene Reden )

Florian Bernschneider (FDP):
Rede ID: ID1711739100




(A) )

Während die Opposition noch fleißig mit dem Schrei-
ben von Pressemitteilungen beschäftigt war, hat sich
meine Fraktion hingegen von Anfang für eine An-
schlussfinanzierung, für die Weiterführung der genann-
ten Programme eingesetzt. Entsprechende Gespräche
zwischen den Koalitionsfraktionen und den beteiligten
Ministerien fanden über Wochen hinweg statt. Das mö-
gen jetzt einige kaum glauben, weil darüber nicht in der
Presse berichtet wurde. Aber auch das sollten Sie sich
eine Lehre sein lassen: Nicht alles wird an die große
Glocke gehängt.

Vor diesem Hintergrund, liebe Kolleginnen und Kol-
legen der SPD, kommt ihr Antrag etwas spät, eigentlich
zu spät. Es verfestigt sich der Eindruck, dass es Ihnen
weniger um die Programme und eher um Effekthasche-
rei geht; vor allem, weil Sie fordern, dass für die Fort-
führung der Programme mindestens 112 Millionen Euro
aus ESF-Mitteln bereitgestellt werden sollen.

Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass die ESF-Förder-
summen für mehrere Jahre fest vereinbart worden sind.
Damit ist auch klar, dass es kein zusätzliches Geld gibt.
Der Topf ist leer. Die beiden Programme können mit
80 Millionen Euro fortgeführt werden, weil ursprüng-
lich nicht vorgesehene Rückflüsse von ESF-Mitteln hier-
für aufgewendet werden.

Ihr Vorschlag, den Mittelansatz für die Programme
auf 112 Millionen Euro zu erhöhen, hätte zur Folge, dass
die von Ihnen geforderten Mittel in einem anderen Haus-
haltstitel gekürzt und umgeschichtet werden müssten.

Da es aber, Ihrem Antrag folgend, Ihr Wunsch und
Wille ist, zusätzliche Mittel aus dem Haushalt des Bun-
desfamilienministeriums zugunsten der beiden Pro-
gramme umzuschichten, hoffe ich, dass Sie sich im Rah-
men der Ausschussberatung die Zeit nehmen werden,
Ihre Kürzungsvorschläge zur Gegenfinanzierung Ihrer
Forderungen ausführlich zu präsentieren. Bisher hat
sich Ihre Fraktion mit Sparvorschlägen vornehm zu-
rückgehalten. Allein deshalb sehe ich der Ausschussbe-
ratung mit Spannung entgegen.


Yvonne Ploetz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711739200

Gleich zu Anfang möchte ich vorwegschicken, von

welcher Wichtigkeit unsere heutige Debatte ist. Wir
diskutieren an dieser Stelle die Initiative „JUGEND
STÄRKEN“. Mit ihr fördert das Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend Unterstützungs-
angebote der Jugendhilfe zur sozialen, schulischen und
beruflichen Integration benachteiligter Jugendlicher. Es
ist ein unglaublich wertvolles Programm, das den jun-
gen Betroffenen zielgenaue Unterstützung zukommen
lässt. Die Ergebnisse fasste der Kooperationsverbund
Jugendsozialarbeit wie folgt zusammen: Derzeit werden
allein durch die Teilprogramme „Schulverweigerung –
Die 2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“ der Initia-
tive 40 000 junge Menschen an etwa 200 Standorten auf
ihrem Weg zu ihrem Schulabschluss und bei ihrem Über-
gang in den Beruf unterstützt. Mittels Fördermittel des
Bundes und der EU, im Rahmen des Europäischen So-
zialfonds, sollte bis 2013 ein Netzwerk aus insgesamt
1 000 Standorten entstehen. Programmevaluationen ha-

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Zu Protokoll ge

(C (D en die grundsätzliche Qualität der Initiative unterstrihen. Allein „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ beirkte über eine gezielte und intensive individuelle örderung junger Menschen, dass 60 Prozent von ihnen ieder in die Schule reintegriert werden konnten. Die Kompetenzagenturen“ haben nachweislich vielen beachteiligten jungen Menschen das Erreichen einer usbildung ermöglicht und/oder sie bei ihrem Eintritt s Arbeitsleben unterstützt. An dieser Stelle sei von anzem Herzen all denen gedankt, die zum Erfolg dieses rogramms auf vielen verschiedenen Wegen beigetraen haben. Geplant war nun ab September diesen Jahres seitens er EU und des Bundes, nur noch einen Teil der bisherien Fördergelder bereitzustellen. Dagegen haben sich nzählige Sozialverbände, Teile der Opposition und narlich auch meine Fraktion energisch zur Wehr gesetzt. it Erfolg! Die Initiative „JUGEND STÄRKEN“ bleibt um großen Teil bis 2013 bestehen, so zumindest im alle der beiden wichtigen Teilbereiche „Schulverweierung – Die 2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“. ies kann man der aktuellen Erklärung des BMFSFJ ntnehmen. Es ist ein erfreulicher Schritt, dass die Bunesregierung sich nun der Wichtigkeit ihres eigenen rogrammes bewusst wird. An dieser Stelle darf man die egierung auch einmal loben. Jedoch gibt es trotz allem inige Wehrmutstropfen: Das Teilprogramm „STÄRKEN or Ort“, das mit Mikroprojekten vor Ort den Jugendlihen zur Seite steht, soll in diesem Jahr komplett gestrihen werden. Die Linke aber sagt: Hände weg von der itiative „JUGEND STÄRKEN“ – und zwar ohne Wenn nd Aber! Jede Kürzung stellt eine massive Gefährdung iner sehr erfolgreichen Initiative dar, die als Gesamtaket dringend weitergeführt und verstetigt werden uss. Wir als Linke fordern vier Punkte und gehen damit ber den – durchaus korrekten – Antrag der SPD mit eiigen Forderungen hinaus. Diese Forderungen werden uch in einem eigenen Antrag meiner Fraktion in Kürze Bundestag zur Abstimmung stehen. Ich denke, unsere raktionen werden sich im Ausschuss dazu einigen könen. Uns geht es also um Folgendes: Erstens. Die Finanzierung der Initiative „JUGEND TÄRKEN“ und insbesondere ihrer Teilprogramme Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und „Kompenzagenturen“ und „STÄRKEN vor Ort“ muss sicherestellt werden. Und zwar in gleichbleibender Höhe wie der letzten Förderperiode. Leider vergisst die SPD an ieser Stelle das zuletzt genannte Teilprogramm. Gerade Saarland wurde mir sehr leidenschaftlich die enorme otwendigkeit auch dieses Aspektes geschildert. Zweitens. Die Förderleitlinien „Weiterentwicklung er Initiative ‚JUGEND STÄRKEN‘ des Bundesministeiums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend müssen uf der Grundlage der Umsetzungsergebnisse aus den rogrammen „Schulverweigerung – Die 2. Chance“, Kompetenzagenturen“ und „Jugendmigrationsienste“ vom 11. März 2011 so gestaltet werden, dass ine Kofinanzierung durch Jobcenter und Agenturen für Florian Bernschneider gebene Reden )





(A) )

Arbeit für den Förderzeitraum bis 31. Dezember 2013
weiterhin möglich ist.

Und damit bin ich bei zwei Punkten, die weit über die
Forderungen des SPD-Antrages hinausgehen:

Drittens. Perspektivisch muss die Finanzierung der
Programme verstetigt werden. Das ist über einen ent-
sprechenden Titel im Etat des Bundesministeriums für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend, insbesondere im
Kinder- und Jugendplan des Bundes, möglich. Durch
das Ministerium ist ein entsprechender Gesetzentwurf
vorzulegen. Nur auf diesem Weg kann es gelingen, solch
verheerende Kürzungsversuche nachhaltig zu verhin-
dern. Die Möglichkeit der Kofinanzierung durch Job-
center und Agenturen für Arbeit ist auf Dauer anzule-
gen. Die benötigte personelle Ausstattung ist
sicherzustellen.

Viertens. Die Programme der Initiative „JUGEND
STÄRKEN“ sind künftig so zu gestalten, dass für die
kleinen Träger der Initiative und für die breite Öffent-
lichkeit eine Transparenz bezüglich der Mittelherkunft,
der Mittelhöhe, der Vergabekriterien und der Mittelver-
wendung der Initiative entsteht. Eine allgemeine Trans-
parenz ist insbesondere auch für die Betroffenen herzu-
stellen, sodass diese ohne größeren Aufwand einen
Überblick über mögliche Unterstützungsangebote er-
halten können.

Wir erleben gegenwärtig eine Situation grassierender
Jugendarmut, von Bildungsarmut, Jugendarbeitslosig-
keit und massiver ungleicher Teilhabemöglichkeiten jun-
ger Menschen. Jugendliche drohen an den Rand der Ge-
sellschaft gedrängt und sogar exkludiert zu werden. Ich
will nur eine Zahl nennen: In Deutschland ist jeder
fünfte Jugendliche von Armut bedroht. Und Armut trifft
die jungen Menschen in einer höchst sensiblen Phase ih-
res Lebens, in einer Phase, in der sie eigentlich Selbst-
vertrauen, Optimismus und Resilienz erlernen sollten, in
der sie ihre eigene Identität entwickeln und ihren Stand-
punkt innerhalb der Gesellschaft suchen. Dass es dabei
zu Brüchen im Lebenslauf kommt, zu Verunsicherung,
Perspektivlosigkeit und Zukunftsangst, das kann nie-
mand wollen. Wenn aber die Finanzierung von Initiati-
ven wie „JUGEND STÄRKEN“ gefährdet wird, wird die
sozialpolitisch zentrale Idee preisgegeben, die Chancen
benachteiligter junger Menschen planvoll zu verbes-
sern. Das Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend hat selbst die Relevanz einer eigen-
ständigen Jugendpolitik betont – nicht zuletzt im Koali-
tionsvertrag.

Meine Damen und Herren von der Regierungskoali-
tion, dieses Ziel wird schon im Ansatz konterkariert,
wenn das Ende eines derart notwendigen Unterstüt-
zungsangebots für junge Menschen eingeleitet wird. Es
muss auch Ihnen als Bundesregierung ein massives An-
liegen sein, auch und insbesondere benachteiligten jun-
gen Menschen soziale und berufliche Integration zu er-
möglichen und sie nicht aufzugeben. Deutschland darf
Jugendliche nicht nur mit halber Kraft stärken wollen!
Wir, die Linke, stellen uns ausdrücklich gegen jede Form
der Jugendverdrossenheit sämtlicher neoliberaler Par-
teien im Deutschen Bundestag.

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(C (D Die von der Bundesregierung geplanten Kürzun en bei den Programmen „Schulverweigerung – Die . Chance“ und „Kompetenzagenturen“ sind verantortungslos und absolut kontraproduktiv. Bewährte Projekte für benachteiligte Jugendliche erden gefährdet, und die chaotischen Umstrukturie ungen sorgen für Verunsicherung bei allen Beteiligten. Dies ist gerade für die betroffenen jungen Menschen bsolut unzumutbar. Die Jugendlichen, die in den Kometenzund Koordinierungszentren um Hilfe nachfraen, brauchen stabile Beziehungen und verlässliche nterstützungsprozesse. Die nun bestehenden Verun icherungen sind Gift für die Nachhaltigkeit der vor Ort o wichtigen Jugendsozialarbeit. Soll so die von Ihnen angekündigte „Eigenständige ugendpolitik“ aussehen? Die Regierung muss sich an ihren Aussagen im Koalionsvertrag messen lassen, wonach vor Ort Bildungsündnisse aller relevanten Akteure gefördert werden ollen. Die Koalitionspartner hatten weiter erklärt, sie tünden für eine starke Jugendhilfe und eine starke Juendarbeit, die junge Menschen teilhaben lässt und ihre otenziale fördert und ausbaut. Auch im zentralen Beich der Jugendarbeit scheint das Gegenteil der Fall zu ein! Wir teilen die wesentlichen Feststellungen des vorlieenden Antrags der SPD und werden ihm deswegen zutimmen. Auch halten wir es für richtig, verstärkt und präventiv die frühe Bildung und den Elementarbereich zu inveseren. Dies darf jedoch nicht zulasten der aktuell untertützungsbedürftigen Jugendlichen sowie deren Zuunftschancen geschehen. Ziel muss es sein, jeden Jugendlichen dabei zu untertützen, einen Schulabschluss zu erreichen und eine Ausildungsstätte zu finden. Dass in Deutschland allein im ahr 2009 knapp 60 000 Jugendliche die Schule ohne bschluss verlassen haben, ist ein großer gesellschaftsnd bildungspolitischer Skandal und ist in Zeiten steienden Fachkräftemangels erst recht unverantwortlich. eshalb ist eines der wichtigsten Ziele der „Nationalen ualifizierungsinitiative“ die Verringerung der Zahl der chulabgänger ohne Schulabschluss von 8 auf 4 Proent. Davon sind wir mit rund 7 Prozent nach wie vor eilenweit entfernt. Dies ist ein eklatanter Gerechtig eitsverstoß, der soziale Teilhabe blockiert. Das Proramm, das Sie jetzt kürzen wollen, setzt genau hier erlgreich an und begleitet die Reintegration in das chulsystem. Die Informationspolitik der Bundesregierung über ie Zukunft der Programme war und ist desaströs. Wir aben Sie mehrfach um Aufklärung über die Zukunft der itiative „JUGEND STÄRKEN“ gebeten, zu denen die eiden Programme gegen Schulverweigerung und für enachteiligte Jugendliche gehören. Zunächst hatte die egierung mitgeteilt, sie plane keine Reduzierung, sonern setze die Programme mit neuen Akzenten bis Ende Yvonne Ploetz gebene Reden Kai Gehring )

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711739300







(A) )

2013 fort. Angeblich sollten auch alle rund 400 Stand-
orte erhalten bleiben. Nun kürzen Sie jedoch die Mittel
für die Programme um mehr als ein Viertel. Viele Träger
sprechen von der „Zerschlagung bewährter Systeme
sozialer Hilfe“ und „völlig kontraproduktiven Entwick-
lungen“. Die ohnehin komplizierte Kofinanzierung der
Maßnahmen wird weiter erschwert.

Wie sich die Kürzungen auf das Leistungsspektrum
der Programme und damit auf die Schicksale vieler jun-
ger Menschen auswirken, bleibt weiterhin nebulös. Ei-
gentlich gibt es dafür nur zwei mögliche Erklärungen:
Entweder handelt die Regierung völlig planlos, oder sie
versucht, durch eine Salamitaktik größere Widerstände
zu vermeiden.

So kann man mit den Zukunftschancen Jugendlicher
nicht umgehen! Wir fordern die Regierung auf, bewährte
Strukturen zu erhalten und die Programme zu stärken,
anstatt bei benachteiligten Jugendlichen zu kürzen!


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711739400

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/6103 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind alle damit ein-
verstanden? – Somit ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 32 a und b sowie
den Zusatzpunkt 14 auf:

32 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, Jan Korte,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Die Digitalisierung des kulturellen Erbes als
gesamtstaatliche Aufgabe umsetzen

– Drucksache 17/6096 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ansgar
Heveling, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Peter
Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Reiner
Deutschmann, Burkhardt Müller-Sönksen, Jimmy
Schulz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Digitalisierungsoffensive für unser kulturelles
Erbe beginnen

– Drucksache 17/6315 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

ZP 14 Beratung des Antrags der Abgeordneten Siegmund
Ehrmann, Martin Dörmann, Petra Ernstberger,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

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(C (D „Kulturelles Erbe 2.0“ – Digitalisierung von Kulturgütern beschleunigen – Drucksache 17/6296 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Rechtsausschuss Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die eden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolleinnen und Kollegen sind bei uns bekannt. Wir befinden uns derzeit in einem medialen Umbruch, essen Ausmaß noch kaum zu erfassen ist. Das Internet t im Begriff, unsere wirtschaftlichen, sozialen und polischen Bereiche immer mehr zu durchdringen. Die Omipräsenz des World Wide Web ermöglicht es uns, Inforationen, Bilder oder Videos jederzeit und überall nline abzurufen. Eine immer und überall verfügbare ebseite ist zugänglicher als eine Bibliothek mit eineschränkten Öffnungszeiten und einem begrenzten ücherbestand. Die Digitalisierung von Büchern, Kunstwerken und eiteren Exponaten ermöglicht die Verbreitung kulturelr und wissenschaftlicher Inhalte über das Internet und tellt gleichzeitig sicher, dass unser kulturelles Erbe uch für nachfolgende Generationen bewahrt wird. Und as ist wichtiger denn je: Uns allen in Erinnerung gelieben sind der schreckliche Einsturz des Kölner Stadtrchivs oder der Brand der Anna-Amalia-Bibliothek und er damit verbundene unwiederbringliche Verlust der ochwertigen Exponate und bibliophilen Kostbarkeiten. nsere Bibliotheken, Archive und Museen sind das Geächtnis unserer Kultur; sie sind die Hüter einzigartiger nd unwiederbringlicher Originale. Die christlichemokratische Union hat sich zum Ziel gesetzt, eine igitalisierungsoffensive für unser kulturelles Erbe an ustoßen. Wir sehen die Digitalisierung von Kulturütern als eine der Kernaufgaben unserer Kulturpolitik. Die Deutsche Digitale Bibliothek 009 im Aufbau befindet, ist mit der Digitalisierung von üchern, Kunstwerken, Archivalien, Filmen und anden Exponaten betraut. Die Aufgabe des Kompetenzzenums DDB wird es sein, in den nächsten Jahren rund 0 000 Digitalisate verschiedener Kulturund Wissenchaftseinrichtungen aus ganz Deutschland der Öffentchkeit sukzessive und vor allen Dingen – auch das ist ns wichtig – unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. urch die Überführung der digitalen Wissensplattform DB in die Europäische Digitale Bibliothek „Euroeana“ wird es uns gelingen, künftig mehr Menschen für unst und Kultur zu begeistern – vielleicht auch diejenien, die noch nie ein Museum besucht haben, sich nun ber per Mausklick schnell und unkompliziert in virtulle Kunsträume begeben können. Im europäischen Rahmen stellt Deutschland schon eute nach Frankreich den zweitgrößten Anteil der in )

Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1711739500

(A) )

der „Europeana“ enthaltenen Digitalisate, und zwar
17,9 Prozent. Der deutsche Anteil in der „Europeana“
wird sich mit Inbetriebnahme der DDB weiter ausbauen.

Das Digitalisierungsprojekt DDB ist ein Erfolgspro-
jekt, das rasch weiter ausgebaut und vorangetrieben
werden muss. In diesem Punkt sind wir uns alle einig,
denke ich.

Eine Finanzierungsgrundlage schaffen vor allem
Fördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft

(DFG). Doch um das groß angelegte Projekt der Digita-

lisierungsoffensive weiter auszubauen, sind wir auf zu-
sätzliche Finanzierungsquellen angewiesen. Allein die
öffentliche Hand ist nicht in der Lage, dieses Projekt zu
stemmen. Wir begrüßen daher eine Kooperation mit pri-
vaten Unternehmen, um die Entwicklung der DDB zu
beschleunigen.

Ihnen, Kolleginnen und Kollegen der Linken, geht
das alles wieder nicht schnell genug. Lassen Sie mich in
diesem Zusammenhang auf ein essenzielles Problem
hinweisen, das mit der Digitalisierung einhergeht, das
Ihnen auch bekannt ist: Bei einem Großteil des zu digi-
talisierenden Kulturerbes sind Rechteinhaber zuweilen
nicht mehr auffindbar, oder die Werke sind vergriffen.
Wir brauchen daher vernünftige Regelungen zum Um-
gang mit diesen Werken. Die Regelungen dazu sollen im
sogenannten dritten Korb, der anstehenden Reform des
Urheberrechts, gefunden werden. Wie wichtig diese
Rechtsgrundlage ist, zeigt uns der Fall Google, auf den
Sie in Ihrem Antrag hinweisen. Selbstverständlich ist
das groß angelegte Digitalisierungsprojekt des Unter-
nehmens begrüßenswert. Allerdings weist der Gesetzge-
ber im Falle der vergriffenen und verwaisten Werke zu
Recht auf Schranken und Grenzen hin. Gleichzeitig gilt
es zu bedenken, dass Google nicht völlig ohne kommer-
zielle Interessen handeln kann. Umso wichtiger ist es,
ausgewogene und wohlbedachte Vereinbarungen zu tref-
fen, um die Produzentenseite und auch die Nutzer bei ei-
ner uneingeschränkten Bereitstellung kulturellen Erbes
in digitaler Form zu berücksichtigen.

Unser durch die DDB geplantes Digitalisierungskon-
zept wird allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu
Kulturgütern und wissenschaftlichen Informationen er-
leichtern, was eine Demokratisierung von Kulturwissen
zur Folge haben wird. Dafür stehen wir mit unserer Kul-
turpolitik.


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1711739600

Das Zeitalter der Digitalisierung hat die Vermittlung

von Kultur und Wissen stark verändert. Die Chancen der
Digitalisierung für die Bewahrung und Vermittlung un-
seres kulturellen Erbes sind enorm. Bislang nur schwer
zugängliche Quellen werden durch ihre Digitalisierung
nicht nur gesichert, sondern für jedermann erschlossen
und erheblich leichter zugänglich. Auch können über
den multimedialen Zugang neue Zielgruppen für Kultur
und wissenschaftliche Informationen gewonnen werden.

Mit dem Beschluss der Bundesregierung im Dezem-
ber 2009, die Deutsche Digitale Bibliothek aufzubauen,
ist ein wichtiger Schritt zur Bewahrung und Vermittlung

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Zu Protokoll ge

(C (D nseres nationalen Kulturgutes getan worden. Ziel der ibliothek ist, über ein zentrales nationales Portal allen ürgern dauerhaft und frei von kommerziellen Zwängen en Zugang zu dem seit Jahrhunderten öffentlich gesamelten und bewahrten Kulturgut zu ermöglichen. Bislang wurden bereits von vielen Kulturund Wisenschaftseinrichtungen Digitalisierungen in erheblihem Umfang vorgenommen. Jedoch sind die digitaliierten Bücher, Archivalien, Kunstwerke, Fotos, Filme tc. auf eine Vielzahl von Portalen und Webseiten verilt, was die Benutzbarkeit stark einschränkt. Mit dem ufbau der Deutschen Digitalen Bibliothek werden auch iese Wissensund Kulturportale über ein zentrales ortal vernetzt und durch eine moderne Suchund Präentationstechnik zugänglich gemacht. Ein Quantenprung! Geplant ist ein erster Pilotbetrieb bereits ab Deember 2011. Der Aufbau der Bibliothek wird allein vom Bund fianziert. Hierfür stehen im Haushalt des Kulturstaatsinisters, dem dies ein besonderes Anliegen ist, Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm II zur erfügung. Den Betrieb der Bibliothek finanzieren Bund nd Länder dann je zur Hälfte gemeinsam. Die Verwalng des jährlichen Budgets in Höhe von 2,6 Millionen uro erfolgt durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz Auftrag des Kompetenznetzwerks Deutsche Digitale ibliothek. Das Vorhaben Deutsche Digitale Bibliothek ist eine ewaltige Herausforderung. Rund 30 000 deutsche Wisenschaftsund Kultureinrichtungen werden künftig in er Deutschen Digitalen Bibliothek zu finden sein. Bis 016 sollen darüber hinaus die Bestände der Bibliothek uch an die Europäische Digitale Bibliothek „Euroeana“ eingegliedert werden. Während die Deutsche igitale Bibliothek den zentralen nationalen Zugangsunkt zu unserem Kulturgut in digitaler Form bildet, ündelt die „Europeana“ die nationalen Portale der U-Staaten. Deutschland ist dabei gemeinsam mit rankreich Vorreiter. Beide Länder stellen derzeit rund 7 Prozent der Digitalisate in der „Europeana“. Die Digitalisierung von Kulturgut und wissenschaftchen Informationen bleibt jedoch Aufgabe der jeweilien Kulturund Wissenschaftseinrichtung. Die Deutche Forschungsgemeinschaft stellt dafür Fördermittel ereit; diese allein reichen jedoch für die großangelegte igitalisierungsoffensive nicht aus. Der Finanzbedarf r die Digitalisierung von Kulturgut in den nächsten ahren ist enorm. Bund, Länder und Kommunen können as nicht leisten. Hier sind Kooperationen mit privaten nternehmen angeboten und gefragt – mit Augenmaß ei den Bedingungen. Von zentraler Bedeutung ist für mich auch hier der chutz der Urheber. Wollen wir den Wert der geistigen erte erhalten und insbesondere weiterhin neue schafn, müssen wir die Urheberrechte konsequent schützen. Hinblick auf die sogenannten verwaisten Werke, bei enen der Urheber nicht mehr zu ermitteln ist, muss eine esetzliche Regelung gefunden werden. Diese Regelung oll im Rahmen des dritten Korbes der Urheberrechtsrerm erfolgen. Ansgar Heveling gebene Reden )





(A) )


Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1711739700

Möglicherweise verwundert es Sie, aber ich freue

mich über diese Debatte zu diesem Thema, auch wenn
die Reden nur zu Protokoll gegeben werden. Ich betone
das deshalb so ausdrücklich, weil deutlich wird, dass in-
zwischen auch die Regierungskoalition verstanden hat,
welche Bedeutung die Digitalisierung hat. Auch wenn
sich die Anträge und die darin dargestellten Forderun-
gen unterscheiden – darauf komme ich im Folgenden zu
sprechen –, so zeigt doch die Tatsache, dass immerhin
vier Fraktionen – die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
hat bisher keinen Antrag vorgelegt – Positionen zu die-
sem Thema in den Deutschen Bundestag einbringen und
dass sich in Bezug auf die Frage, welche Verantwortung
dem Bund bei der Digitalisierung zugeschrieben wird,
einiges bewegt.

Das freut mich auch deshalb, weil die Antworten der
Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage – siehe
Bundestagsdrucksache 17/5880 – nicht überzeugt ha-
ben. Mittlerweile scheint es zumindest bei den Regie-
rungsfraktionen ein Umdenken zu geben, und es böte
sich an, im Verlauf der parlamentarischen Beratungen
eine gemeinsame, fraktionsübergreifende Position zu
diesem Thema zu entwickeln. Denn in der Sache – da bin
ich mir sicher – sind wir uns weitgehend einig: Die Di-
gitalisierung verändert den Umgang mit Kulturgütern
von Grund auf. Das bedeutet, dass sich nicht nur bei
Fragen des Erhalts, der Archivierung, des Zugangs und
der Nutzung von Kulturgütern in der digitalen Welt neue
Herausforderungen und Fragen stellen, sondern auch
im Hinblick darauf, welche Verantwortung der Bund im
Rahmen seiner Zuständigkeit auf einem Gebiet wahr-
nimmt.

Die vorliegenden Anträge versuchen auf folgende
Entwicklungen unterschiedliche kulturpolitische Ant-
worten zu finden: Die Digitalisierung ermöglicht es, das
in Kultur- und Wissenseinrichtungen wie Bibliotheken,
Archiven, Museen und anderen vorhandene Wissen und
kulturelle Erbe zu sichern und auf neue Weise zugäng-
lich und verfügbar zu machen. Völlig neue Möglichkei-
ten tun sich auf, wie Kulturgüter genutzt, von jedem Ein-
zelnen auf seine individuelle Weise erkundet und
entdeckt, wie der Zugang zu ihnen entwickelt und wie sie
zu Bildungs-, Informations- und vielen anderen Zwecken
genutzt werden können. Das alles passiert nicht von al-
lein. In Deutschland besteht im Kulturbereich glückli-
cherweise eine überwiegend öffentliche Verantwortung.
Ich sage „glücklicherweise“, weil die Bestrebungen von
vielen kommerziellen, marktmächtigen Anbietern wie
Google von ihrem grundsätzlichen Ansatz her sicherlich
nicht darauf aus sind, aus völlig selbstlosen Zwecken he-
raus die Digitalisierung von Kulturgütern zu befördern,
ohne einen Gewinn dabei erzielen zu wollen. Diese Mo-
tive sind legitim, nachvollziehbar und in gewisser Weise
auch hilfreich, wenn es darum geht, neue Technologien
schnell und effizient zu nutzen. Doch muss es dabei Re-
geln geben, die eine Zusammenarbeit zwischen solchen
kommerziellen Anbietern und der staatlichen Seite so
ausgestalten, dass die Kulturgüter im Besitz der Allge-
meinheit bleiben. Sie müssen auch in Zukunft jedermann
und kostenfrei zugänglich sein. Auf diese Notwendigkeit

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Zu Protokoll ge

(C (D erweist unser Antrag im Unterschied zu den beiden aneren vorliegenden Anträgen sehr deutlich. Sehr unterschiedlich bewerten die vorliegenden Anäge zudem, was bisher in Deutschland bei der Digitasierung von Kulturgütern erreicht wurde. Die Deutsche igitale Bibliothek, DDB, hat als nationales Pendant ur Europäischen Digitalen Bibliothek „Europeana“ rst nach dem Beschluss über gemeinsame Eckpunkte on Bund, Ländern und Kommunen im Jahr 2009 ihre rbeit richtig aufnehmen können. Sicherlich gab es eine eihe wichtiger Vorarbeiten, insbesondere durch die eutsche Forschungsgemeinschaft, DFG; doch erst mit er DDB ist es möglich, einen umfassenden Ansatz zur igitalisierung von Kulturgütern in Deutschland zu entickeln. Die von uns geforderte nationale Digitalisie ungsstrategie muss im Grunde drei wesentliche Erwarngen erfüllen: Erstens. Sie muss Strukturen, Prioritäten und Stanards für die Digitalisierung entwickeln. Das heißt, der und ist gemeinsam mit den Ländern aufgerufen, ein onzept zu entwickeln, in welcher Reihenfolge und auf er Grundlage welcher einheitlichen Standards die Diitalisierung der Kulturgüter erfolgen soll. Dieses umssende Konzept halten wir für notwendig, weil – und as begrüßen wir als SPD ausdrücklich – bereits eine anze Reihe von Initiativen stattfinden. Die großen Biliotheken in Deutschland sind sehr engagiert. Unter em Dach des Deutschen Bibliotheksverbandes gibt es ktivitäten auch vieler kleiner Bibliotheken. Auch bei en Museen und den Archiven ist die Tatsache, dass urch das Zuverfügungstellen der Digitalisate einem iel größeren Kreis an Nutzern und Interessierten in euen Formen Wissen und Bildung zugänglich gemacht erden kann, längst angekommen. Umso wichtiger ist es eshalb, die knappen finanziellen Ressourcen der öffentchen Hand gezielt, konzentriert und vor allem nicht ehrfach einzusetzen. Zweitens. Das bringt mich zu einem zweiten Bestandil der von der SPD geforderten nationalen Digitalisie ungsstrategie. In unserem Antrag fordern wir die Bunesregierung auf, eine Übersicht über den Stand der igitalisierung in Deutschland in Abstimmung mit den ändern vorzulegen. Zudem soll die Bundesregierung ie bisher insbesondere vom aus Bundesmitteln mitfianzierten „Kompetenznetzwerk DDB“ erbrachten Kordinierungsleistungen darstellen. Diese Übersicht haln wir für erforderlich, um darauf aufbauend die ukünftige Rolle und Funktion des Bundes im Geflecht er bereits engagierten Akteure zu klären. Dazu gehört uch, die bereits vorhandenen Ressourcen für die Digilisierungsarbeit darzustellen und aufzuzeigen, welche essourcen darüber hinaus benötigt werden. Drittens. Das bringt mich zum dritten Punkt der naonalen Digitalisierungsstrategie: Eine solche umfasende Anstrengung zum dauerhaften Erhalt und dem urverfügungstellen von Kulturgütern wird eine Menge eld kosten. Der Antrag der Fraktion Die Linke hat fast llein die Kosten für diese Herausforderung zum Inhalt, ie, wie ich glaube, im Moment noch niemand realissch abschätzen kann. Uns ist es deshalb nicht nur gebene Reden )





(A) )

wichtig, den Finanzbedarf darzustellen und die Mittel
bereitzustellen, sondern auch, nach alternativen Finan-
zierungsstrategien zu suchen. Deshalb fordern wir, dass
die staatlichen Akteure, wenn sie, wie die Bayerische
Staatsbibliothek mit Google, eine öffentlich-private
Partnerschaft zum beiderseitigen Nutzen eingehen,
klare Regeln für diese Kooperation formulieren, die si-
cherstellen, dass die digitalisierten Kulturgüter der All-
gemeinheit dauerhaft und kostenfrei zur Verfügung ste-
hen.

Neben einer solchen nationalen Digitalisierungsstra-
tegie bedarf es der Anpassung einiger Rahmenbedin-
gungen. Dazu gehört ganz zwingend eine urheberrecht-
liche Lösung für die sogenannten verwaisten und
vergriffenen Werke. Die SPD hat dazu bereits einen ent-
sprechenden gesetzlichen Vorschlag für dieses dringend
zu lösende Problem vorgelegt. Umso mehr erstaunt es,
dass die Regierungskoalitionen in ihrem Antrag völlig
treffend wiedergeben, dass Handlungsbedarf besteht, es
bislang allerdings nicht vermocht haben, ihre eigene
Bundesregierung zu überzeugen, einen entsprechenden
gesetzlichen Vorschlag zu unterbreiten. Hier offenbart
sich eine deutliche Lücke zwischen Willensbekundungen
und dem tatsächlichen Handeln.

Zu den Rahmenbedingungen zählen wir als SPD in
unserem Antrag im Unterschied zu den Anträgen der an-
deren Fraktionen auch die Befähigung der Kultur- und
Wissenseinrichtungen, den vor allem technologisch de-
terminierten Umgang mit den digitalisierten Kulturgü-
tern zu gestalten. Nicht nur, dass die Einrichtungen über
die technischen Fähigkeiten verfügen müssen, ihre digi-
talisierten Bestände und Angebote entsprechend verfüg-
bar zu machen; es bedarf auch eines ausreichenden
Know-hows bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
die vielen Möglichkeiten der digitalen Welt zielgerichtet,
das heißt an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert,
anzuwenden. Wir fordern daher entsprechende Weiter-
bildungen für Mitarbeiter von Kultur- und Wissens-
einrichtungen, aber auch einen kostenlosen Breitband-
Internetzugang über WLAN in allen Kultur- und Wissens-
einrichtungen des Bundes.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Bundes-
tag mit unterschiedlichen Anträgen ein Thema aufgreift,
bei dem es zwingenden Handlungsbedarf auf nationaler
Ebene gibt. Wie dieser genau auszugestalten ist, darüber
werden wir in den nun anstehenden Ausschussberatun-
gen diskutieren. Ich würde mich sehr freuen – und damit
komme ich zum Ausgangspunkt meiner Rede –, wenn
eine gemeinsame Position entwickelt werden könnte, die
das Thema Digitalisierung von Kulturgütern in der Sa-
che entscheidend voranbringt.


Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1711739800

„Wissen ist Macht“, dieses, auf den englischen Philo-

sophen Francis Bacon zurückgehende, geflügelte Wort
trifft den Nagel auf den Kopf.

In einer modernen Gesellschaft ist der Zugang zu
Wissen unerlässlich. Für eine Wissensgesellschaft wie
die unsere, ist Wissen nicht nur Macht. Es ist die Basis
unserer Kulturnation, der Standortvorteil in Form von

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Zu Protokoll ge

(C (D ut ausgebildeten Menschen oder der Drehund Angelunkt von Wissenschaft und Forschung. Wissen ist chlichtweg der Rohstoff und die Basis des Wohlstandes Deutschland und darüber hinaus in Europa. Nun prognostizieren Experten, dass innerhalb nur eier Generation nur noch das Wissen von einem Großteil er Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen werden ird, das im Internet auffindbar ist. Der Aufbau der Deutsche Digitalen Bibliothek, DDB, t ein wichtiger Baustein zur Bewältigung der Aufgabe, issen und Kultur in so verschiedener Formen wie chriftstücken, Werken der bildenden Kunst oder Filmen r zukünftige Generationen zu erhalten und allen Men chen zugänglich zu machen. Deshalb ist es von enormer Bedeutung, dass wir uns, usammen mit unseren Kulturund Wissenseinrichtunen, dieser Herausforderung stellen. 30 000 deutsche Kulturund Wissenschaftseinrichngen stellen über die DDB-Digitalisate ihrer Bestände ur Verfügung. Damit entsteht eine Plattform, die die aneschlossenen Institutionen auf bisher nie gekannte eise vernetzt und zugleich das in den Einrichtungen erfügbare Kulturund Wissensgut einer umfassenden ffentlichkeit zugänglich machen soll. Damit trägt die DDB nicht nur dem Zeitgeist der moernen Wissensgesellschaft Rechnung. Sie sichert daüber hinaus das kulturelle und wissenschaftliche Werk nserer Nation vor Katastrophen, so wie wir sie mit dem rand der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar nd dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs erlebt haben. atürlich ersetzt die Digitalisierung nicht die pflegliche ewahrung unserer Schätze in den Museen, Bibliotheen und Archiven. Aber für den Fall, dass die Katastrohe tatsächlich eintritt, gibt es wenigstens noch einen igitalen Nachweis des Werkes, der unter anderem auch ur Rekonstruktion des Kulturgutes herangezogen weren kann, so wie es schon bei der Rekonstruktion des ernsteinzimmers aufgrundlage von schwarz-weiß Fos gelungen ist. Natürlich können Bund, Länder und Gemeinden diese ammut-Aufgabe nicht alleine stemmen. Deswegen be rüßen wir jede bestehende Möglichkeit, zum Beispiel in orm einer Öffentlich-Privaten-Zusammenarbeit, die zu iner signifikanten Steigerung der Digitalisierungsrate er für die DDB vorgesehenen Werke führt. Allerdings ollte die Öffentlich-Private-Partnerschaft nur dort einesetzt werden, wo, so unser Antrag, ausgewogene Verinbarungen das Interesse der Allgemeinheit an einer neingeschränkten Bereitstellung und Nutzung des kulrellen Erbes und der wissenschaftlichen Inhalte in di italer Form berücksichtigen. Dies ist der Bayerischen taatsbibliothek gelungen. Durch eine solche Partnerchaft hat sie ihre Digitalisierungsrate bedeutend eröht, so dass der allergrößte Teil der in der DDB derzeit ugänglichen digitalisierten Werke aus dieser Bibliothek tammen. Unser Ziel ist es, die DDB zu einer Erfolgsgeschichte u machen. Davon profitieren nicht nur die Menschen in eutschland. Auch der Aufbau der europäischen digita Siegmund Ehrmann gebene Reden )





(A) )

len Bibliothek EuroOPEANA wird durch die DDB ge-
speist. Derzeit stammen 17 Prozent der Digitalisate der
EuroOPEANA aus Deutschland. Damit führen wir zu-
sammen mit Frankreich die Liste der erfolgreichsten
Länder an. Darauf kann man sich nicht ausruhen, aber
es zeigt, dass wir auch auf europäischer Ebene ganz
Vorne dabei sind. Um diesen Stand zu halten, bezie-
hungsweise auszubauen, werden gerade die bereits ge-
nannten Öffentlich-Privaten-Partnerschaften immer be-
deutsamer.

Wichtige urheberrechtliche Fragen sind noch zu klä-
ren. Dem Umgang mit verwaisten Werken wird sich die
Bundesregierung im Rahmen des Dritten Korbs zur Re-
form des Urheberrechts annehmen.

Mit der Opposition sind wir uns, so glaube ich, in
dem Ziel einig, dass es keine Alternative zum Aufbau von
DDB und EuroOPEANA gibt. Während sich der Koaliti-
ons-Antrag aber auf das Machbare konzentriert und
auch die Kultur- und Wissensinstitutionen sowie den
Privaten Sektor mit in die Pflicht nimmt, gleicht der SPD
Antrag einer „Wünsch-Dir-Was-Liste“, die in ihrer
Konsequenz weder die Haushaltsplanung des Bundes im
Besonderen, noch die derzeitige angespannte Finanz-
lage dieses Landes im Allgemeinen beachtet. Dies ist in
meinen Augen nicht angebracht, erweckt der SPD-An-
trag doch den Anschein, der Bund könne alles richten.
Damit werden gerade auch vielen Einrichtungen Hoff-
nungen gemacht, die der Bund so nicht erfüllen kann.
Bestimmte Prozesse und Entscheidungen kann der Bund
den Kultur- und Wissensinstitutionen nicht abnehmen.
Über WLan und Internetangebote in den Kultur- und
Wissenseinrichtungen des Bundes entscheiden eben die
genannten Institutionen selber im Rahmen ihrer Haus-
haltsmittel. Desgleichen gilt für Weiterbildungsmaßnah-
men von Mitarbeitern in den genannten Einrichtungen.

Auch ein jährlicher schriftlicher Sachstandsbericht
zum Stand der Digitalisierung und zum Stand der Um-
setzung der Digitalisierungsstrategie bindet Kräfte, die
anderswo dringender gebraucht werden. Hier sollte
man den Einrichtungen auch einfach mal vertrauen,
dass sie den Ernst und die Wichtigkeit der Aufgabe der
Digitalisierung erkannt haben. Das Thesenpapier des
Deutschen Bibliothekenverbandes und die Erklärungen
der Verantwortlichen des „Kompetenznetzwerks DDB“
zeigen, dass es wohl einer staatlichen Begleitung bedarf,
nicht aber einer jährlichen staatlichen Kontrolle.

Der Vorschlag der Fraktion Die Linke nach einem
Gesetzentwurf zur Förderung der DDB ist ebenso abzu-
lehnen. Durch das oft starre Korsett eines Gesetzes en-
gen wir die Digitalisierungsbemühungen wichtiger Kul-
tur- und Wissenseinrichtungen ein und verhindern so
den wichtigen Spielraum, den Bibliotheken und andere
Einrichtungen benötigen, um erfolgreich digitalisieren
zu können. Auch können wir, gerade mit Blick auf zu-
künftige Öffentlich-Private-Partnerschaften, nicht aus-
schließen, dass eine neue kreative Idee der Zusammen-
arbeit, so wie sie die Bayerische Staatsbibliothek
beschritten hat, durch ein Gesetz verhindert werden
könnte. Dies passt auch nicht zum erklärten Ziel der Ko-
alitionsfraktionen, die Digitalisierung gemeinsam mit

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Zu Protokoll ge

(C (D nderen Partnern zu bewältigen. Der Staat allein wird ine solche Aufgabe wie die Digitalisierung des kultullen und wissenschaftlichen Erbes Deutschlands nicht temmen können. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss für ultur und Medien. „Man fühlt sich wie in der Gegenwart eines großen apitals, das geräuschlos unberechenbare Zinsen spenet.“ Mit diesem spannungsreichen Satz beschrieb oethe im Jahre 1801 seine Empfindungen beim Besuch er Göttinger Bibliothek. Etwa 100 000 Bände umfasste ie für damalige Verhältnisse große Sammlung, die gar ine Kirchenetage mit in Beschlag nahm. Goethe wusste, elches gesellschaftliche Potenzial, welchen Schatz, der nablässig gesellschaftlichen Nutzen produziert, das geammelte Wissen der Zeit darstellte. Er ahnte jedoch och nichts von den Milliarden Druckwerken, gechweige denn Filmen, Tondokumenten, Fotos und unstwerken, die heute auf Besucherinnen und Besuhern von Bibliotheken, Museen und Archiven warten. ie Moderne mit ihrer explodierenden Produktion von issen und Kulturgütern begann gerade, der indusielle Buchdruck hatte auch die Kommunikationsströme er damaligen Gesellschaft revolutioniert. Die von oethe bestaunte Göttinger Bibliothek hält heute, 210 ahre nach seinem Besuch, den 40-fachen Bestand, etwa Millionen Bücher vor; dazu kommen Zeitschriften, achlässe, Archive und Mikrofilme. Ein Blick auf die Internetseite dieser Bibliothek zeigt: ir befinden uns mitten in der nächsten technische Revotion der Wissensund Kulturgesellschaften. Die Digile Bibliothek kann man dort anklicken und einige Bü her, aber vor allem Dissertationen und weitere Onlineublikationen von zu Hause ansehen, kostenlos und äuerst benutzerfreundlich. Man kann sie Freunden weirempfehlen, durchsuchen, verknüpfen und ja – auch usdrucken. Jeder kommt an dieses Wissen heran, es ostet nichts und das Prädikat „leider ausgeliehen“ entllt. Bibliotheken sind keine Dinosaurier des letzten Jahrusends, sondern der Vorreiter einer neuen Allmende ultur. „Die Demokratisierung des Wissens“ nennt der orsitzende der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Prossor Hermann Parzinger, den Digitalisierungsprozess. r kann Schranken abbauen – soziale, geografische und ulturelle. Die Digitalisierung des kulturellen Erbes hat begonen und vor allem durch die Initiative des Konzerns oogle einen riesigen Schub erfahren. 15 Millionen ände hat Google gescannt, unter anderem in Kooperaon mit der Münchner Staatsbibliothek und ganz aktuell er British Library. Doch dieser kapitalstarke Vorstoß rachte auch Probleme mit sich: Das Urheberrecht ist isher nicht auf die Massendigitalisierung eingestellt. benso bleibt unklar, welche Konsequenzen die Verfüung eines einzigen Konzerns über die Bestände unserer issensund Kultureinrichtungen hat. Die Frage ist twa, was im Falle einer Aufgabe des Projektes durch Reiner Deutschmann gebene Reden )

Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711739900




(A) )

Google mit den Datenbeständen geschieht oder welche
Partner die Rohdaten nach welcher Frist unter welchen
Bedingungen selbst benutzen dürfen.

Trotz bisher guter Erfahrungen etwa der Münchner
Staatsbibliothek mit Google als Kooperationspartner
finden wir es daher sinnvoll, dass das öffentliche Biblio-
thekswesen in Europa eine gemeinnützige Alternative
anstrebt, die unter dem Namen „Europeana“ die diver-
sen Bestände bündeln soll. Der deutsche Ableger, die
Deutsche Digitale Bibliothek, DDB, wurde 2008 ins Le-
ben gerufen und soll noch in diesem Jahr online gehen.
Doch auch die DDB wird nur das Dach sein, während
das Gebäude darunter bisher bruchstückhaft bleibt. Die
Bundesregierung hat 8 Millionen Euro für den Aufbau
der zentralen Infrastruktur bereitgestellt, das eigent-
liche Problem, nämlich den teuren Prozess des Scannens
und Aufbereitens, aber weitgehend den Bibliotheken und
Archiven bzw. deren Trägern überlassen. Jeder in die-
sem Lande weiß jedoch, wie es um die finanzielle Situa-
tion der Länder und Kommunen bestellt ist – nicht zu-
letzt wegen der Steuerpolitik der vergangenen Jahre. Sie
werden die Herkulesaufgabe nicht stemmen können. Im
Gegenteil: Die knappen Mittel zwingen Kommunen im-
mer noch zu Bibliotheksschließungen; selbst neuerbaute
Unibibliotheken haben oft keine Mittel für die notwendi-
gen Ankäufe.

Angesichts der nationalen und globalen Bedeutung,
die die Digitalisierung für Bildung und Wissenschaft
hat, muss der Bund hier handeln. Die Bibliothekenver-
bände haben auf dem Bibliothekarstag vor zwei Wochen
eine solche konzertierte Initiative des Bundes gefordert.
Bisher fördert der Bund lediglich über die DFG und
auch nur im Bereich besonders alter Bestände zu For-
schungszwecken. In Frankreich wurden hingegen
750 Millionen Euro für die Digitalisierung in Aussicht
gestellt, Teile davon werden bereits ausgezahlt – hieran
sollten wir uns orientieren! Der Bund muss, so fordert es
unser Antrag, konkrete Summen in Aussicht stellen, da-
mit wir bei der „Europeana“ und der DDB endlich
sichtbare Fortschritte machen. 30 Millionen Euro jähr-
lich haben wir immer gefordert; damit könnte der Bund
jährlich etwa 500 000 Werke scannen und die entspre-
chenden Serverkapazitäten vor Ort aufbauen und pfle-
gen.

Gehandelt werden muss auch im Bereich des Urhe-
berrechtes: Um die Digitale Bibliothek umsetzen zu kön-
nen, brauchen wir eine Veränderung des Urheberrechts,
das die Bibliotheken von den Problemen der Haftung be-
freit. Dafür haben wir in einem Gesetzentwurf einen
Vorschlag für eine Schrankenregelung gemacht, die
kürzlich von der Europäischen Kommission in einem
Richtlinienvorschlag im Grundsatz bestätigt wurde. Bi-
bliotheken müssen verwaiste und vergriffene Werke on-
line stellen dürfen, ohne eine detektivische und damit
aufwendige Suche nach möglichen Rechteinhabern vor-
nehmen zu müssen und ohne die Gefahr komplexer
Schadensersatzklagen zu befürchten. Nach der Zugäng-
lichmachung auftauchende Urheber sollen, wenn sie
ihre berechtigten Ansprüche angemeldet und nachge-
wiesen haben, unbürokratisch und angemessen entschä-
digt werden. Eine präventive Zahlung fiktiv festgelegter

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Zu Protokoll ge

(C (D ntschädigungsbeträge von bis zu 8 Euro pro Buch an ie Verwertungsgesellschaften, wie sie von den Verbänen vorgeschlagen und von der SPD im Bundestag bentragt wurde, halten wir jedoch für nicht zielführend. Und nicht zuletzt: Die Digitalisierungsoffensive sollte uf der Grundlage eines präzisen und für die Beteiligten erbindlichen Handlungsplanes umgesetzt werden. Es eht um Meilensteine, um Prioritäten, um die Formate r die Metadaten und um die Nutzung von Synergien. us den Bibliotheken wird immer wieder Kritik an den hmenden Prozessen in der Kultusministerkonferenz ut. Hier sollten sich alle Beteiligten auf Einladung des undes an einen Tisch setzen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Kolition, Ihr Antrag ist eine schöne Beschreibung dessen, as ohnehin geschieht. Eine politische Willensbekunung fehlt. Daher werden wir ihn ablehnen. Mit vielen orderungen der SPD-Fraktion gehen wir konform; alrdings sollte auch hier vieles geprüft und erst einmal eraten werden, etwa die Finanzen. Wir finden: Es kann tzt losgehen. Die Informationsgesellschaft findet zunehmend in der igitalen Welt statt. Wenn diese Welt nicht geschichtsergessen sein soll, müssen wir der jungen Generation as Wissen und die Kultur eröffnen, die unsere Gesellchaft bis vor kurzem ausschließlich auf Papier und Zelloid festgehalten hat. Der Bundestag und diese Regie ung können und müssen ihren Teil dazu beitragen. aher bitte ich um Zustimmung für unseren Antrag. Ende 2011 soll die Deutsche Digitale Bibliothek, DB, in Betrieb gehen und an die Europäische Digitale ibliothek „Europeana“ angegliedert werden. Die Ertellung der DDB ist von einschneidender Bedeutung für nsere Kulturund Wissenschaftsnation. Unser kulturels Erbe, wissenschaftliche ebenso wie literarische erke sollen über das Internet für jeden in Deutschland rreichbar sein. Die DDB wird den wissenschaftlichen nd kulturellen Austausch entscheidend fördern und erichtern. Aufgrund der gesamtstaatlichen Bedeutung der DDB t es Aufgabe der Bundesregierung, eine Digitalisie ungsstrategie zu entwickeln, mit gesetzlichen Regelunen zu flankieren und dafür die notwendigen Mittel zur erfügung zu stellen. Diese zentrale Forderung in den nträgen der Linken und der SPD zur Digitalisierung es kulturellen Erbes unterstützen wir. Die Koalition hat s bisher nicht geschafft, sich klar für eine Digitalisieungsstrategie mit Finanzierungsmodell von Bundeseite zu bekennen. In der Frage der Finanzierung vereist die Koalition lediglich auf die mögliche Beteigung privater Dritter – ohne dafür Kriterien zu definien. Eine entscheidende Frage im Zuge der Erstellung der DB wird in allen drei vorliegenden Anträgen gar nicht der nur am Rande behandelt, weit entfernt von kontruktiven Lösungsansätzen: Ohne gesicherte Rechtserhältnisse beim Umgang mit vergriffenen Werken und Dr. Lukrezia Jochimsen gebene Reden Agnes Krumwiede )

Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711740000







(A) )

sogenannten „verwaisten Werken“ steht der Start der
DDB auf wackligen Beinen. Dies ist auch als Aufruf an
die Bundesregierung zu verstehen, endlich einen Ent-
wurf für den Dritten Korb zum Urheberrecht vorzulegen.
Dieser Entwurf ist schon seit Monaten überfällig.

Wie also kann der Umgang mit „verwaisten Werken“
geregelt werden? Wie müssen Kriterien einer sorgfälti-
gen Suche nach den Rechteinhaberinnen und Rechte-
inhabern ausgestaltet sein, und wer definiert diese Kri-
terien? Wie kann sichergestellt werden, dass Werke nicht
vorschnell zu „verwaisten Werken“ erklärt werden?
Erst vor kurzem, am 22. März 2011, ist Google mit sei-
ner Entscheidung, anhand des erweiterten Google Book
Settlements die ungenehmigte Digitalisierung ganzer
Werke durchzuführen, vor dem District Court of New
York gescheitert. Dieses Gerichtsverfahren wird welt-
weit als Signal zur Stärkung der Urheberinnen und Ur-
heber gewertet.

Es ist dringend notwendig, sich auf klare Kriterien
für den Nachweis der sorgfältigen Suche nach den
Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern zu einigen.
Auch bei der Frage der Vergütung von Urheberinnen
und Urhebern der in der DDB zu digitalisierenden
Werke bleiben die vorliegenden Anträge zu unkonkret.
Wer soll die Mittelvergabe steuern, wo und wie können
die Gelder zurückgelegt werden, solange sich der Rechte-
inhaber oder die Rechteinhaberin nicht meldet?

Mit all diesen offenen Fragen haben wir uns in unse-
rem Antrag „Zugang zu verwaisten Werken erleichtern“
mit der Drucksachennummer 17/4695 beschäftigt. Denn
nur mit einer zeitnahen Klärung der unsicheren Rechts-
verhältnisse beim Umgang mit „verwaisten Werken“
kann die DDB planmäßig starten. Erst dann kann die
Öffentlichkeit von der DDB profitieren.

Unser Antrag sieht vor, dass zunächst durch ein
Fachgremium ein Kriterienkatalog zur sorgfältigen Su-
che nach den Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern
entworfen werden muss, bevor die öffentliche Zugäng-
lichmachung „verwaister Werke“ erfolgen kann. Zur
Verwaltung und Ausschüttung einer angemessenen Ver-
gütung sollte der Gesetzgeber auf das etablierte System
der kollektiven Rechtewahrnehmung zurückgreifen. Da-
für wäre nach unserer Vorstellung die Neugründung ei-
ner von den Verwertungsgesellschaften gemeinsam ver-
walteten Zentralstelle für die öffentliche Zugänglich-
machung „verwaister Werke“ – ähnlich der Zentral-
stelle Bibliothekstantieme – sinnvoll, welche die Verwal-
tung der nicht vermittelbaren Vergütung für die „ver-
waisten Werke“ übernimmt.

Außerdem enthält unser Antrag die Forderung nach
einer Neuregelung im Abschnitt zu den Schranken des
Urheberrechts im Urheberrechtsgesetz, welche Werk-
nutzerinnen und -nutzer im nichtkommerziellen Bereich
von der Strafbarkeit und von Vergütungsansprüchen der
Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber freispricht. Eine
Vergütung der Urheberinnen und Urheber soll aus-
schließlich durch die Verwertungsgesellschaften geltend
gemacht werden. Auch für die Grundlage der Rechtssi-
cherheit bei der Digitalisierung von Werken, deren

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(C (D echteinhaberinnen und Rechteinhaber nicht auffindbar ind, haben wir einen Lösungsvorschlag entwickelt: iese öffentlichen Mittel dürfen nicht ohne Zeitlimit und päteren Verwendungszweck für die Betroffenen – Urheerinnen und Urheber ebenso wie Bibliotheken – bei den erwertungsgesellschaften gesammelt werden. Aus unerer Sicht sollten die Einnahmen aus der öffentlichen ugänglichmachung in der neu zu gründenden Zentraltelle zurückgestellt werden. Dafür muss die Zentraltelle ein kostenloses und öffentlich einsehbares Regisr führen. Sollte sich der Urheber innerhalb dieser ünfjahresfrist melden, schüttet die Zentralstelle der erwertungsgesellschaften die zurückgestellte Vergüng an den Urheber aus. Meldet sich innerhalb dieser nf Jahre kein Urheber, schüttet die Verwertungsgesell chaft die Einnahmen für dessen Werk an die Sozialerke der Verwertungsgesellschaften aus. Dieses von ns vorgeschlagene Verfahren könnte zur Stärkung der ozialwerke beitragen, wovon wiederum die Urheberinen und Urheber als Mitglieder der Verwertungsgesellchaften direkt profitieren würden. Die genannten Forderungen unseres Antrags sind otwendige Voraussetzungen, um die Erstellung der DB erfolgreich zu realisieren. Eine Mittelaufstockung urch den Bund zur Digitalisierung muss mit der Schafng von Rechtssicherheit zum Umgang mit „verwaisten erken“ und mit Konzepten zur Vergütung der Urhebe innen und Urheber Hand in Hand gehen. Wir begreifen eshalb die Forderungen unseres Antrags zu den „veraisten Werken“ als obligatorische inhaltliche Ergän ungen zu den heute auf der Tagesordnung stehenden nträgen. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 17/6096, 17/6315 und 17/6296 an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Sie sind alle damit einverstanden? – Das ist er Fall. Somit ist die Überweisung beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 33 a, 33 b und Zuatzpunkt 15 auf: 33 a)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711740100
Korte, Dr. Dietmar Bartsch, Wolfgang Gehrcke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

NS-Vergangenheit in Bundesministerien auf-
klären

– Drucksache 17/3748 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Siegmund Ehrmann,
Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Personelle und institutionelle Kontinuitäten
und Brüche in deutschen Ministerien und Be-
hörden der frühen Nachkriegszeit hinsichtlich
NS-Vorgängerinstitutionen untersuchen
– Drucksache 17/6297 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

ZP 15 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ekin
Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Personelle und institutionelle Kontinuitäten
und Brüche in deutschen Ministerien und Be-
hörden der frühen Nachkriegszeit hinsichtlich
NS-Vorgängerinstitutionen systematisch un-
tersuchen
– Drucksache 17/6318 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen bei uns vor.


Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1711740200

Brauchen wir wirklich staatliche Auftragsarbeiten,

um die Geschichte der Bundesministerien in der Zeit des
Nationalsozialismus wissenschaftlich kritisch aufarbei-
ten zu lassen, so wie es die Fraktionen der Linken und
der Grünen in ihren Anträgen fordern? Diese Frage
wurde bereits in der Debatte um die Studie „Das Amt
und die Vergangenheit“ von Historikern in den Zei-
tungsfeuilletons ausführlich geführt.

Wenn wir auf die Stimmen aus der Wissenschaft hö-
ren, die sich im Laufe der Debatte geäußert haben, so
stellen wir fest: Dort sind die Befürchtungen groß, dass
bei solchen Auftragsarbeiten das für eine seriöse wis-
senschaftliche Untersuchung erforderliche Mindestmaß
an Unabhängigkeit nicht garantiert werden kann. Be-
fürchtet wird ganz grundsätzlich und wohl auch zu
Recht, dass bei Auftragsarbeiten der Auftraggeber dem
Wissenschaftler misstraut und seine Arbeit zu kontrollie-
ren oder gar seine Arbeitshypothesen zu beeinflussen
versucht. Dies ist bei staatlichen Auftragsarbeiten schon
bedingt durch ein grundlegendes Problem: Die durch
Art. 5 Grundgesetz geschützte Freiheit der Wissenschaft
trifft auf das Verfassungs- und Staatsschutzinteresse und
muss dahinter zurückstehen. Die Befürchtungen aus der
Wissenschaft lassen sich auch dann nicht zerstreuen,
wenn die Wissenschaftler als „unabhängige Historiker-
kommission“ fungieren und ihnen garantiert wird, dass
sie ergebnisoffen arbeiten kann und keinerlei inhaltli-
chen oder politischen Restriktionen unterliegt. Ich teile
die kritische Haltung des großen Historikers Hans

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(C (D ommsen, der zu bedenken gab, dass eine eingesetzte ommission „nicht per Definition unabhängig“ sein ann. Trotz dieser Debatte innerhalb der Geschichtswisenschaft haben, neben dem Auswärtigen Amt, auch das undesfinanzministerium, das Bundeskriminalamt und er Bundesnachrichtendienst die Erforschung der peronellen Kontinuitäten nach 1945 in Auftrag gegeben. ieser Umgang mit der eigenen Geschichte ist natürlich u begrüßen. Wir sollten die in der Tat wichtige Aufgabe der Gechichtsaufarbeitung also der Geschichtswissenschaft berlassen, die in freigegebenen Archivdokumenten und it Quellen arbeitet. Dies geschieht auch ohne staatli he Auftragsarbeiten. Wir brauchen die Anträge der raktion Linke und Bündnis90/Grüne nicht als Impulseber für eine kritische Geschichtsaufarbeitung. Natürlich schwingt in dem Antrag zur Aufarbeitung er personellen Kontinuitäten und der Denktraditionen er Bundesministerien in den Gründerjahren der Bunesrepublik immer noch die Behauptung mit, die NSergangenheit wurde und werde in Deutschland verrängt. Diese Mythen der Linksfraktion sind Relikte aus DR-Zeiten. Die politische Führung der DDR hat ihren Staat als ntifaschistischen Staat und damit als ideologischen Geenentwurf zur Bundesrepublik Deutschland konzipiert. ie berief sich in ihren Gründungserzählungen immer uf den Widerstand kommunistischer Gruppen gegen en Nationalsozialismus und übertrug diesen Widertand auf das Verhältnis zur Bundesrepublik. Dieser anfaschistische Gründungsmythos, der nur von einer leinen Gruppe innerhalb der politischen Führung der DR tatsächlich erlebt wurde, wurde auf die gesamte DR-Gesellschaft projiziert. Die DDR-Führung nutzte iese „antifaschistische Gründungserzählung“ auch imer, um Akzeptanzdefizite zu kompensieren und für die bwehr von kritischen Potenzialen. So galt die Bundespublik in den staatlich gelenkten Medien der DDR als loße Fortsetzung des nationalsozialistischen Regimes. ekannt ist, wie die DDR-Führung Kenntnisse über Peronen, die Mitglied der NSDAP waren und auch im öfntlichen Dienst der Bundesrepublik tätig wurden, für ropagandazwecke instrumentalisierte. Die Parallelen Denken der DDR-Führung und dem der heutigen inkspartei sind faszinierend. Auch heute werden die igenen Defizite in der innerparteilichen Auseinanderetzung um antizionistisches Denken und personelle ontinuitäten über die antifaschistische Tradition komensiert. Das Geschichtsbewusstsein und die Geschichtsaufrbeitung der Bundesministerien ist nicht zu unterschäten. Vieles, was im aufgerufenen Antrag und auch in der roßen Anfrage zum „Umgang mit der NS-Vergangeneit“ gefordert wird, ist längst öffentlich bekannt und issenschaftlich bearbeitet worden. Die Studie „Das mt und die Vergangenheit“ hat kaum Überraschendes ervorgebracht. Historiker hatten dies bereits vor der erufung der Unabhängigen Historikerkommission des uswärtigen Amtes erwartet. Im Nachgang wurde auch eutlich, dass der sensationelle Beweis, dass im AA Michael Frieser )





(A) )

Mord zum Dienstgeschäft gehörte, gar keine Sensation
war. Die Reisekostenabrechnung, in der ein Mitarbeiter
als Reisegrund angab „Liquidation von Juden in Bel-
grad“ und die für die neueste Studie die Begründung für
eine Neuinterpretation der Geschichte des Auswärtigen
Amtes im Nationalsozialismus liefern sollte, ist seit 1952
bekannt. Und so geht es weiter. Am Ende steht das Fazit,
dass der immer wieder geäußerte Vorwurf, das Auswär-
tige Amt würde die Erforschung der eigenen Geschichte
blockieren, völlig unbegründet ist. Schon während der
Nürnberger Prozesse hat es eine kritische Auseinander-
setzung mit dem Amt gegeben. Im „Biografischen Hand-
buch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945“
kann man herausfinden, welcher Diplomat Mitglied in
einer nationalsozialistischen Organisation war. Neben
der Edition der „Akten zur deutschen Auswärtigen Poli-
tik“ gibt es zahlreiche Untersuchungen, die sich mit der
Rolle des Auswärtigen Amtes im Dritten Reich aus-
einandersetzen.

Ich möchte die Linksfraktion aber noch ermutigen,
den eingeforderten kritischen Blick auf die Geschichte
der Bundesministerien auf die eigene Geschichte zu len-
ken. Ich meine nicht die personellen Kontinuitäten ehe-
maliger Mitarbeiter der Staatssicherheit in der heutigen
Linkspartei. Eine kurze Recherche bringt hervor, dass
mindestens 26 hochrangige Mitglieder der SED, darun-
ter auch Minister, Mitglied der NSDAP oder anderer na-
tionalsozialistischer Organisationen waren. Die Frage
aber, „erst braun, dann rot“, wird innerhalb der SED-
Fortsetzungspartei ein Reizthema sein und bleiben.


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1711740300

Während ihrer gesamten Existenz legitimierte sich

die ehemalige DDR stets als antifaschistischer Staat,
das war sozusagen ihr Gründungsmythos. Die Lebens-
wirklichkeit der offiziell entnazifizierten Gesellschaft
sah jedoch grundlegend anders aus. Bereits beim Auf-
bau des sozialistischen Einheitsstaates griff die SED auf
Angehörige von früheren NS-Organisationen zurück,
und das nicht zu knapp. Soweit sie nicht schwerster Ver-
brechen beschuldigt wurden, erhielten frühere NSDAP-
Mitglieder zeitnah die Chance, beim Aufbau der ange-
strebten sozialistischen Gesellschaft mitzutun – zum gro-
ßen Entsetzen der Opfer des Naziregimes in den eigenen
Reihen.

In der SED fanden viele der ehemaligen Nationalso-
zialisten eine neue politische Heimat mit Aufstiegsper-
spektive. Voraussetzung dafür war das Verschweigen der
eigenen braunen Vergangenheit. Gefragt wurde auch
kaum. Dass dies bei vielen der ehemaligen NSDAP-Mit-
glieder gängige Methode war, belegt eine Studie von
Wissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität
Jena aus dem Jahr 2009. Sie fanden heraus, „dass das
Verschweigen der NSDAP-Mitgliedschaft – mit oder
ohne offizielles Einverständnis höherer politischer In-
stanzen – eine Parteikarriere überhaupt erst ermög-
lichte“. Ferner konnten die Wissenschaftler bei ihrer
Untersuchung der Ersten und Zweiten Kreis- und Be-
zirkssekretäre der SED in den ehemaligen Bezirken
Gera, Erfurt und Suhl eine mit 14 Prozent sehr hohe

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(C (D uote von örtlichen SED-Spitzenfunktionären mit Naziergangenheit feststellen. Etliche Alt-Nazis in der SED schafften es aber auch ach ganz oben; das belegen die Forschungsergebnisse es Historikers Olaf Kappelt. In seinem „Braunbuch DR“ hat er Hunderte solcher Karrieren nachgewie en: Beispielsweise gab es viele NS-belastete Diploman und DDR-Außenpolitiker, wie den ehemaligen stell ertretenden DDR-Außenminister Kurt Nier, zuständig r die Beziehungen zu Westeuropa, Kanada, den USA, ustralien und Japan, er trat am 20. April 1944 in die SDAP ein. Friedel Trappen, zeitweise DDR-Botschafr in Chile und stellvertretender Leiter der Abteilung ternationale Verbindungen im SED-Zentralkomitee, ar seit 1942 Mitglied der NSDAP. Hans Jürgen Weitz, ngjähriger DDR-Botschafter im Irak, Kuweit und gypten, war seit 1942 NSDAP-Mitglied und darüber inaus in der SS. Siegfried Bock, DDR-Botschafter in Rumänien, war benso ehemaliges NSDAP-Mitglied wie seine Diploman-Kollegen Norbert Jaeschke, DDR-Botschafter in der ürkei und Dänemark, und Walter Ißleib, DDR-Botchafter in der Jemenitischen Arabischen Republik. Alsamt hatten trotz ihrer NS-Vergangenheit leitende Posn im DDR-Außenministerium inne. Auch zu den Vereinten Nationen nach Genf wurde ein hemaliger Nationalsozialist entsannt, der DDR-Botchafter Gerhard Kegel, bereits früh, 1934, in die SDAP eingetreten und 1941 durch Hitler zum Legaonssekretär im Auswärtigen Amt befördert. Neben den Diplomatenund außenpolitischen Posten nden die ehemaligen Nationalsozialisten auch an den niversitäten der DDR als Dekane, in den Chefredakonen der SED-gleichgeschalteten DDR-Medien, in der DR-Armee, im DDR-Ministerrat, der DDR-Volks ammer und im Zentralkomitee der SED ihre Wirkungstätten. Im letzten SED-Zentralkomitee unter Erich onecker waren mehr frühere NSDAP-Angehörige zu nden als ehemalige Mitglieder der SPD! Darunter der ED-Kaderchef Fritz Müller, zuständig für die gesamte ersonalpolitik der DDR-Staatspartei, NSDAP-Mitglied eit 1938. Die Staatsdoktrin Antifaschismus der ehemaligen DR war also nur ein großes Mythos. Die Fassade des ntifaschistischen Staates konnte nur durch einvernehmche Verschwiegenheit und Manipulation in den Biograen der SED-Führungskräfte aufrechterhalten werden. ie Nachfolgepartei der SED sollte also nicht an vorerster Front Themen der alten Bundesrepublik geißeln, tattdessen aktuell beispielsweise bei der Novelle des tasi-Unterlagen-Gesetzes, an der deutlich besser gengenen Aufarbeitung der zweiten deutschen Diktatur es 20. Jahrhunderts mitwirken, statt diese zu skandaliieren oder zu diskreditieren. Was geschah mit den nationalsozialistischen Reichs inisterien und deren Mitarbeitern nach 1945? In welher Weise erfolgte der Transformationsprozess hin zu Dr. h. c. Wolfgang Thierse )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711740400




(A) )

demokratischen Strukturen in der Bundesrepublik und
den spezifischen Strukturen der DDR? Welche Kontinui-
täten und Brüche sind in Ministerien und Behörden fest-
stellbar – hinsichtlich des Personals sowie der Traditio-
nen von Denken und Handeln?

Dies sind sperrige Fragen. Sie sind jedoch noch im-
mer nicht systematisch und in der nötigen Breite bear-
beitet worden. Sie zu beantworten, ist gleichwohl wich-
tig: Weil wir uns als Gemeinwesen verstehen, das aus
der Vergangenheit gelernt hat, und weil wir verpflichtet
sind, das Vertrauen in staatliche Institutionen zu stär-
ken. Deshalb müssen wir wissen, wie das nationalsozia-
listische Regime nach seinem Ende weiter – und damit
auch auf uns heute – gewirkt hat.

Warum erst jetzt? Je differenzierter unsere Kennt-
nisse über die Zeit des Nationalsozialismus werden,
desto deutlicher zeigt sich der Anteil, den Beamte und
Ministeriumsmitarbeiter aus der „zweiten Reihe“ an der
Planung, Organisation und Umsetzung der nationalso-
zialistischen Politik hatten. Mitarbeiter der Reichsmi-
nisterien fanden in Ministerien und Behörden der jungen
Bundesrepublik und auch in Einrichtungen der DDR er-
neut Anstellung. Mit der Übernahme belasteter und an
Verbrechen beteiligter Personen überdauerte national-
sozialistisches Gedankengut in Ministerien. Manches
Handeln in der Nachkriegszeit war davon geprägt.

Es reicht also nicht aus, sich allein mit der Zeit des
Nationalsozialismus zu beschäftigen. Es bedarf des ge-
naueren Wissens über personelle Kontinuitäten und fort-
geführte Traditionen in der Nachkriegszeit, um die Ent-
stehung und Entwicklung unseres gegenwärtigen Ge-
meinwesens zu verstehen. Erst auf dieser Grundlage
wird eine verlässliche gesellschaftliche, juristische und
politische Bewertung unserer gegenwärtigen demokrati-
schen Praxis vorzunehmen sein. Dies schließt auch die
kritische Betrachtung von Versäumnissen und Blocka-
den bei der Verfolgung von nationalsozialistischen Tä-
tern in der Bundesrepublik und der DDR ein.

Nicht zuletzt die Debatte um die Praxis der Nachrufe
für Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes und das große
öffentliche Interesse an der Studie über das Auswärtige
Amt in der frühen Nachkriegszeit haben dies deutlich
gemacht. Dem Beispiel des Auswärtigen Amtes müssen
weitere Ministerien folgen. Gute Ansätze und auch Teil-
ergebnisse gibt es bereits. Zu nennen sind eine Untersu-
chung über das Bundeskriminalamt und die kürzlich in
Auftrag gegebene Studie über die Frühzeit des Bundes-
nachrichtendienstes. In der Zeit sozialdemokratischer
Regierungsverantwortung wurde mit der Beauftragung
solcher Forschungen begonnen.

Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung
auf, sich der Frage nach personellen und institutionel-
len Kontinuitäten und Brüchen in aller Offenheit zu stel-
len. Neben der Geschichte der nationalsozialistischen
Reichsministerien gilt es, in gleicher Gewichtung die
Frühgeschichte zumindest jener Ministerien untersu-
chen zu lassen, die staatliche Kernaufgaben ausführen.

Dies zu fordern ist notwendig, denn die Bereitschaft,
sich der Geschichte der eigenen Institution zu stellen,

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(C (D cheint nicht in jedem Ministerium gleichermaßen entickelt zu sein. So bleibt es nach wie vor unverständlich, eshalb das Bundesministerium für Ernährung, Landirtschaft und Verbraucherschutz einen eigens angefergten Bericht unter Verschluss hält. Die Geheimhaltung von Ministerialund Behördenkten der frühen Nachkriegszeit ist heute durch nichts ehr zu rechtfertigen. Ausdrücklich fordern wir daher, istorikern ungehinderten Zugang zu Archiven, Quelnmaterial und allen verfügbaren Informationen zu geähren, die sie für eine sorgfältige Aufarbeitung benötien. Die zu beauftragenden Wissenschaftler müssen in der Hinsicht unabhängig arbeiten können. Darüber inaus müssen sie nach klaren und transparenten Kriteien ausgewählt werden. Ihre Forschungsergebnisse ind der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die beiden Anträge, die neben unserem zum Thema orliegen, zeigen, dass wir mit unserer Einschätzung icht allein stehen. Ganz besonders freue ich mich, dass ündnis 90/Die Grünen unseren Antrag annähernd ortgleich übernommen haben. Dies stimmt mich zuver ichtlich, dass sich mit unseren guten Gründen auch die egierungsfraktionen von der Notwendigkeit überzeuen lassen, eine umfassende wissenschaftliche Untersuhung der institutionellen und personellen Kontinuitän in Ministerien und Behörden der Nachkriegszeit in uftrag zu geben. Dieser umfassende Forschungsauftrag ist Kern und iel unseres Antrages, doch ist er kein Selbstzweck. Als eutscher Bundestag haben wir die Aufgabe, das Regie ungshandeln zu kontrollieren. Damit stehen wir in der flicht, Transparenz, Offenheit und Informationen über ie Exekutive einzufordern. Dies müssen wir auch hinichtlich personeller und institutioneller Kontinuitäten nd Brüche in Bezug auf nationalsozialistische Vorgänerinstitutionen sicherstellen. Ich lade alle Fraktionen ein, unseren Antrag zu untertützen! Die deutsche Vergangenheitspolitik, um einen Begriff es Historikers Norbert Frei zu gebrauchen, hat nichts on ihrer Aktualität und Brisanz verloren. Die historiche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gewalterrschaft und die Vergangenheitsbewältigung in der ühen Bundesrepublik werfen keineswegs nur rein akaemische Fragen auf. Auch mehr als 65 Jahre nach dem nde des Zweiten Weltkrieges hat der Umgang mit dem unklen Kapitel der deutschen Geschichte nach wie vor ine hohe politische Bedeutung. Deshalb bedauere ich s ein wenig, dass wir die heutige Debatte nicht an proinenterer Stelle führen. Als Rechtshistoriker am Max-Planck-Institut für eupäische Rechtsgeschichte, der sich selbst lange mit em Themenbereich der Vergangenheitspolitik beschäfgt hat, und als Vertreter einer jüngeren Generation ist ir eines wichtig zu sagen: Die kritische Aufarbeitung, istorisierung und umfassende Bewertung der NS-Verangenheit sowie der inhaltlichen und personellen Dr. Stefan Ruppert )

Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1711740500




(A) )

Kontinuitäten in der Bundesrepublik ist für mich und
meine Partei oberstes Gebot. Die Arbeit von Historikern
darf nicht erschwert werden. Und man darf sich auch ei-
nem kritischen Blick auf die eigene Vergangenheit nicht
entziehen.

Uns liegen zwei Anträge von den Fraktionen Die
Linke und der SPD vor, die sich dem Problem der perso-
nellen und inhaltlichen Kontinuitäten zwischen dem NS-
Regime und der Bundesrepublik widmen. Das grund-
sätzliche Anliegen der beiden Anträge – eine Aufklärung
und umfassende Aufarbeitung der Geschichte der Bun-
desministerien – können mit Sicherheit alle demokrati-
schen Parteien in diesem Hause unterstützten. Es ist
auch allen Beteiligten klar, dass mutige Historiker, Jour-
nalisten und Bürger den Prozess der historischen Aufar-
beitung teils sehr mühsam gegen interne Widerstände in
den betroffenen Institutionen erkämpfen mussten. Aber
ich habe durchaus Zweifel, ob die in den Anträgen vor-
geschlagenen Maßnahmen tatsächlich notwendig sind
oder nicht über das Ziel hinausschießen.

In den vergangenen Jahren haben wir wichtige
Schritte in der Aufarbeitung der Geschichte einiger
Bundesministerien gesehen. Zu nennen ist hier zum ei-
nen die interessante und sehr kontrovers diskutierte Stu-
die zur NS-Vergangenheit des Auswärtigen Amtes. Diese
brachte Verstrickungen und aktive Beteiligungen von
deutschen Diplomaten an der Deportation der europäi-
schen Juden zwischen 1933 und 1945 ans Licht und
brach dadurch mit dem Bild des Auswärtigen Amtes als
Hort des Widerstandes. Daneben machte die dortige
Historikerkommission auch auf personelle Kontinuitä-
ten aufmerksam: So erklärte der Leiter der Kommission,
Eckart Conze, in einem Interview mit dem Nachrichten-
magazin Der Spiegel, dass in den Jahren 1950/51 noch
rund 42 Prozent der Angehörigen des höheren Dienstes
vor 1945 in der NSDAP gewesen seien.

Aber auch in anderen Ministerien und Behörden sind
wichtige Aufarbeitungsprozesse angestoßen bzw. abge-
schlossen worden. Im Bundesfinanzministerium ist vor
kurzem ein erster Bericht der Historikerkommission
vorgestellt worden. Im Ministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie im Ver-
kehrsministerium wurden entsprechende Studien abge-
schlossen. Und auch im Bundesministerium der Vertei-
digung wird schon sehr lange an der historischen
Aufarbeitung geforscht. Erfreulicherweise hat sich die-
ser Prozess auch auf die Sicherheitsbehörden des Bun-
des ausgeweitet. Im April 2011 wurden die teils sehr
erschütternden Ergebnisse der Erforschung der Ge-
schichte des Bundeskriminalamtes der Öffentlichkeit
vorgestellt. Beim Bundesnachrichtendienst und dem
Bundesamt für Verfassungsschutz steht der Historisie-
rungsprozess aber noch am Anfang.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass sich der Prozess
der historischen Aufarbeitung und kritischen Auseinan-
dersetzung mit der eigenen Vergangenheit bisher auch
ohne gesetzgeberischen Zwang positiv entwickelt hat
und auch weiter fortsetzen wird. Dafür spricht das große
Interesse der Medien und Öffentlichkeit an den Ergeb-
nissen dieser Studien. Ich will mich jedoch dem Gedan-

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(C (D en nicht verschließen, dass – sollten sich in der weiten Entwicklung strukturelle Hindernisse diesen ufarbeitungsprozessen entgegenstellen – man durchus über zusätzliche gesetzgeberische Anreize in Einzelllen diskutieren kann. In der derzeitigen Situation alte ich diese aber nicht für notwendig. Ich will noch ein paar Worte zum vorliegenden Anag der Fraktion Die Linke sagen. In Punkt 5 wird gerdert, dass den Historikerkommissionen die Aktenbe tände uneingeschränkt zur Verfügung stehen sollen. ieser Punkt, der sich auch im Antrag der SPD wiederndet, ist problematisch. Sosehr wir auch alle für Offeneit und Transparenz sind, so haben doch Sicherheitsbeörden wie der Bundesnachrichtendienst und das undesamt für Verfassungsschutz ein legitimes Geheimaltungsinteresse, wenn es um die innere und äußere Siherheit sowie das Bild Deutschlands im Ausland geht. eshalb kann ein pauschaler, uneingeschränkter Zuang zu allen Aktenbeständen nicht gewährt werden. In inzelfällen muss die Behörde das Recht haben, zwichen historischem Aufklärungsinteresse und legitimem eheimhaltungsinteresse abwägen zu können. Sollte ich allerdings zukünftig herausstellen, dass sich das endel zwischen beiden Polen strukturell nur in die ichtung des letzteren Wertes bewegt, verschließen wir ns in Einzelfällen nicht gesetzgeberischen Anreizen. Ein weiterer Punkt im Antrag der Linken ist probleatisch: Es findet sich nicht ein einziges Wort zur notendigen Aufarbeitung der Geschichte der Ministerien nd Behörden in der ehemaligen DDR. Auch diese müsen in den weiteren Historisierungsprozessen stärker inbezogen werden. Diese Erkenntnis scheint der Frakon Die Linke wieder einmal fern. Wie so oft kann man nen ein glaubwürdiges Aufklärungsinteresse nicht ab aufen, weil Sie sich nicht kritisch mit der eigenen Verangenheit auseinandersetzen wollen. Ihr Antrag ist als in politischer Entlastungsangriff zu verstehen, den wir ier im Parlament schon so häufig gesehen haben. Im Antrag der SPD finden sich viele Formulierungen, ie wohl alle Parlamentarier unterschreiben können. Im egensatz zum Antrag der Linken wird hier auch die isher noch unvollständige Aufarbeitung der Geschichte er Institutionen in der ehemaligen DDR thematisiert. llerdings hat neben dem bereits geschilderten Problem er uneingeschränkten Akteneinsicht eine weitere Forulierung im SPD-Antrag einen etwas faden Beige chmack. So wird die Leistung der Behörden und Minisrien zur Aufarbeitung ihrer Geschichte „insbesondere nter sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung“ ervorgehoben. Es ist richtig, dass der ehemalige Bunesfinanzminister Peer Steinbrück vor zwei Jahren eine ochrangige Historikerkommission in seinem Hause ingesetzt hat. Es ist ebenso richtig, dass die sozialdeokratischen Präsidenten Ernst Uhrlau, Heinz Fromm nd Jörg Ziercke die historische Aufarbeitung in ihren ehörden vorangetrieben haben. Aber zum vollen Bild ehört auch der ehemalige SPD-Innenminister Otto chily, der sich der Historisierung in Regierungsverantortung mit aller Kraft widersetzte. Er tat dies nicht nur r sein eigenes Amt, sondern streute seine Ansichten in er gesamten Bundesregierung. Wenn Sie jetzt einen Dr. Stefan Ruppert )





(A) )

vermeintlich mangelnden Aufklärungswillen der Bun-
desregierung beklagen, sollten Sie sich auch die Frage
stellen, ob Sie nicht vor ein paar Jahren in Regierungs-
verantwortung noch mehr hätten tun können.

Trotz der offensichtlichen Mängel in beiden Anträgen
freue ich mich auf die weiteren Diskussionen im Innen-
ausschuss und in der sich dann hoffentlich an prominen-
terer Stelle anschließenden Schlussdebatte im Plenum.
Denn an historischer Aufarbeitung und kritischer Aus-
einandersetzung mit der eigenen Vergangenheit sollten
wir Parlamentarier ein besonderes Interesse haben.


Patrick Kurth (FDP):
Rede ID: ID1711740600

Die vorgelegten Anträge und die jüngsten parlamen-

tarischen Vorgänge zeigen: Die Opposition misst bei der
Aufarbeitung der deutschen Diktaturen mit zweierlei
Maß. Ich bin erstaunt, wie widersprüchlich und inkon-
sistent vor allem die SPD und die Grünen beim Thema
Aufarbeitung von staatlichem Unrecht agieren. Weniger
erstaunlich ist, dass die Linke die Schlussstrichpolitik
der 50er-Jahre kritisiert und gerade dies heute mit Blick
auf das SED-Unrecht fordert.

In den Anträgen der SPD und der Grünen heißt es auf
Seite 3:

Auch um das Vertrauen der Bürger in ihre Staatsor-
gane willen sieht sich der Deutsche Bundestag in
der Pflicht, Transparenz, Offenheit und Information
über alle Bereiche der Exekutive … einzufordern.

Wie recht Sie haben! Mir scheint es aber, diese Pflicht
vergessen Sie, wenn es um die andere Diktatur geht, die
es in Deutschland im 20. Jahrhundert gegeben hat.
Diesbezüglich haben Sie in einer in dieser Woche durch-
geführten öffentlichen Anhörung zum Stasi-Unterlagen-
Gesetz gezeigt, wie nahe Sie an einem Schlussstrich
sind, der auch das Vergessen befördert. Die von SPD,
Grünen und Linken benannten Experten haben sich, zum
Teil unter deren Zustimmung, dafür eingesetzt, die Über-
prüfung im öffentlichen Dienst ganz einzustellen, und
teilweise die Notwendigkeit der anhaltenden Aufarbei-
tung geleugnet. Es wurde gesagt, dass die Opfer sich
nach so vielen Jahren damit abfinden müssten, dass es
auch eine Vergangenheit gebe. Der gesellschaftliche Be-
darf nach Klarheit und Aufarbeitung bestünde 21 Jahre
nach der Wende nicht mehr. Es sei unverhältnismäßig,
wenn man die Verstrickungen von Mitarbeitern des öf-
fentlichen Dienstes heute aufdecken möchte. Diese Ar-
gumente gleichen den Debatten der 50er- und 60er-
Jahre, in denen von vielen ein Schlussstrich unter die
Naziverbrechen gefordert wurde. Und eben 21 Jahre
nach Kriegsende, also 1966, setzte die tatsächliche ge-
sellschaftliche Aufarbeitung des Unrechts ein.

Offensichtlicher kann der Widerspruch, auch durch
die zeitliche Nähe, nicht sein: Am Montag redet die
Linke dem Ende der Stasiaufarbeitung das Wort, und die
Sachverständigen von SPD und Grünen sprechen von
der Notwendigkeit des Vergessens. Am Donnerstag
prangern sie genau das im Zusammenhang mit der NS-
Aufarbeitung an. Merkwürdigeres gibt es nicht.

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(C (D Die Opposition misst hier also mit zweierlei Maß. Sie ahnt richtigerweise an, dass Fehler bei der NS-Aufareitung nicht ausreichend beleuchtet seien, und spielt ich als das gute Gewissen auf. Auf der anderen Seite ist ie fälschlicherweise gerade dabei, genau den gleichen ehler bei der Aufarbeitung des DDR-Unrechts noch inmal zu machen. Warum verweigern Sie sich bei der rage, inwieweit alte Stasikader noch in der öffentlichen erwaltung tätig sind, genau dem, was Sie bei der NSufarbeitung mit Nachdruck fordern? Diese Politik ist konsequent und unglaubwürdig. Wir wissen alle um ie Fehler in den 50ern und haben daraus gelernt. Sie ind dabei, einer gesellschaftlichen Haltung Raum zu eben, die diese Fehler wiederholen will. Ich bin gepannt, wie Sie dies rechtfertigen. Denn erschwerend ommt hinzu, dass Opfer und Täter der DDR noch geenwärtig sind. Das bedeutet, dass politisches Handeln ktiv Auswirkungen für oder gegen die Gerechtigkeit at. Bei NS-Tätern ist dies nicht mehr der Fall. Eine gewisse Ungeheuerlichkeit gibt es noch in einem weiten Aspekt: Die vorgelegten Anträge erwecken den indruck, als ob eine Kontinuität bei den Bundesminisrien im Vergleich zu den Ministerien aus der NS-Zeit eherrscht hätte. Es wäre der nationalsozialistische eist noch weit verbreitet gewesen, wird dort konstaert. Sie können doch nicht allen Ernstes unterstellen, ass die Bundesrepublik und ihre Institutionen in den rsten Jahren die Ziele des Dritten Reiches und die Idelogie der Nationalsozialisten fortgesetzt hätten! Diese iffamierung geht zu weit. Nicht ausgeführt wird, dass, otz aller unbestrittenen Versäumnisse, die Bundesrepulik einen beachtlichen Neuanfang nach dem Krieg geistet hat. Getragen wurde dieser von Persönlichkeiten ie Kurt Schumacher, dem Liberalen Theodor Heuss, onrad Adenauer und vielen anderen, die glühende egner des NS-Regimes waren. Dies bleibt in den Anägen allerdings völlig unerwähnt. Schließlich verstehe ich nicht, warum gerade jetzt iese Anträge gestellt werden. Erst im Dezember verangen Jahres hat die Linke eine umfangreiche Große nfrage zu dem Thema gestellt. Das BMI ist gerade dait beschäftigt, die darin enthaltenen 64 Fragen zu berbeiten. Die Antwort auf diese Anfrage wird sehr aushrlich darlegen, inwieweit die Bundesregierung an der ufarbeitung der Geschichte in ihren Ministerien in der achkriegszeit arbeitet und diese vorantreibt. Vieles aus rem Antrag wird sich spätestens dann als hinfällig ereisen. Darüber hinaus nehmen zahlreiche Institutionen ine eigene Aufarbeitung vor. Öffentlichkeitswirksam urde etwa das Auswärtige Amt aktiv. Die FDP unterstützt mit Nachdruck die nachhaltige ufarbeitung jeglichen staatlichen Unrechts, das in dieem Lande passiert ist. Dies betrifft die NS-Zeit genauso ie die DDR-Diktatur. Ich lade Sie ein, die wirksame ufarbeitung des SED-Unrechts und die Erfolgsgechichte des Stasi-Unterlagen-Gesetzes gemeinsam mit ns fortzusetzen. Die vorgelegten Anträge enthalten viel Richtiges und och mehr Selbstverständliches. Es ist grundsätzlich taatsräson, dass wir die Nazidiktatur in Deutschland Patrick Kurth )





(A) )

weiterhin mit allem Nachdruck und Engagement aufar-
beiten und umfassend historisch erschließen. Das be-
trifft alle öffentlichen Institutionen, insbesondere die
obersten Behörden, deren rechtliche Vorgängerorgani-
sationen es schon vor Gründung der Bundesrepublik
gab.

Grundsatz ist und bleibt: eine saubere Aufklärung,
eine Aufarbeitung des Unrechts, kein Schlussstrich und
keine Ignoranz bei der Bewertung der Geschehnisse,
aber auch Augenmaß und Sachlichkeit. Dafür steht die
Koalition.


Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711740700

Die Linksfraktion stellt heute den Antrag, die NS-Ver-

gangenheit aller infrage kommenden Bundesministerien
aufzuarbeiten. Bis heute steht eine kritische Bilanz der
personellen und inhaltlichen Kontinuitäten zwischen
dem NS-Regime und der Bundesrepublik Deutschland in
den meisten Fällen aus. Und dies, obwohl die kritische
Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit zu den
zentralen Lehren aus der deutschen Geschichte im
20. Jahrhundert gehört und der Deutsche Bundestag
und sämtliche Bundesregierungen seit 1949 zumindest
verbal immer wieder die enorme Bedeutung eines kriti-
schen Blicks auf die eigene Geschichte betont haben.
Diese Sicht musste immer wieder erkämpft und durchge-
setzt werden.

Mit der Vorstellung der Studie „Das Amt“ wurde im
letzten Jahr von offizieller Seite eine weitere Etappe in
der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit be-
gonnen. Die Aussage von Eckart Conze, einem der Auto-
ren der Studie, das Auswärtige Amt wäre eine „verbre-
cherische Organisation“ gewesen, war für viele in ihrer
Deutlichkeit überraschend, gleichwohl aber ein Meilen-
stein in der geschichtspolitischen Auseinandersetzung.
Nicht dass die Erkenntnis neu gewesen wäre: Schon die
Historiker Browning, Döscher und Frei haben teils vor
Jahrzehnten den verbrecherischen Charakter der „fei-
nen Herren“ des AA untersucht und veröffentlicht. Die
Abwehr dieser Erkenntnis und der Unwille, die Verstri-
ckung der damaligen Funktionseliten in den Nationalso-
zialismus und ihre Wiederkehr in die bundesdeutschen
Entscheidungsebenen aufzuarbeiten, haben ihre Wur-
zeln in den fünfziger Jahren und dauern in Teilen bis
heute an. Die Studie zur Nazi-Vergangenheit des Aus-
wärtigen Amtes sorgte allerdings auch deshalb für Auf-
regung, weil sie belegte, wie führende NS-Eliten nach
dem Krieg weiterbeschäftigt wurden. Und dies massen-
haft. So waren 1950/51 rund 42 Prozent der Angehöri-
gen des höheren Dienstes ehemalige NSDAP-Mitglie-
der. Diese Zahl ist umso bemerkenswerter, weil damit
nur kurz nach 1945 im Amt mehr NSDAP-Mitglieder
beschäftigt waren, als beispielsweise in den Jahren
1938/39. Und sie erregte Aufsehen, weil klar wurde,
dass andere Bundesministerien sich immer noch einer
umfassenden Aufarbeitung entziehen. Nur auf einen
wichtigen Punkt hätte in der Studie ausführlicher einge-
gangen werden können, nämlich den Fragen nach in-
haltlichen Kontinuitäten: Welchen Einfluss auf die Poli-
tik der frühen Bundesrepublik hatte die Anwesenheit so
vieler ehemaliger NSDAP-Mitglieder und alter Nazis?

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(C (D elche ideologischen Kontinuitäten konnten sich schleihend fortsetzen, wo gab es klare Brüche? Und inwieeit wurde dadurch der demokratischen Entwicklung er BRD geschadet? Für die Frühgeschichte der Bunesrepublik wäre es wichtig gewesen, genau solchen ragen heute nachzugehen. Die Bundesregierung hat heute keine plausiblen Arumente, analog zur Außenamtsstudie nicht endlich uch die anderen infrage kommenden Ministerien und ehörden untersuchen zu lassen, wie es die Linke im undestag im vorliegenden Antrag fordert. Und erfreucherweise liegen ja heute auch noch zwei weitere naezu identische neue Anträge der SPD und der Grünen or, die das gleiche Ziel verfolgen. Dies ist umso erfreucher, weil es ja gerade bei der SPD in dieser Frage bis or gar nicht so langer Zeit auch noch ganz andere Posionen gab. Nun werden sicherlich wieder einige von der Koalion einwenden, dass doch bereits Etliches auf den Weg ebracht und im Grunde unser Antrag längst überholt nd unnötig sei. Ja, richtig, bei einigen Ministerien und ehörden tut sich seit 2005 tatsächlich etwas. Wenn man ich aber genauer anguckt, was bisher in Sachen Aufareitung der personellen und institutionellen Kontinuitän passiert ist oder passiert, dann sieht das Ganze chon anders aus. Denn zum Teil steht zwar die Erforchung der Geschichte in der Zeit des Nationalsozialisus auf der Agenda, wie beispielsweise beim Bundesnanzministerium, wo unter der Leitung von Ulrich erbert seit dem Sommer 2009 eine hochrangige sieenköpfige Historikerkommission untersucht, welchen eitrag das Reichsfinanzministerium etwa bei der Auslünderung der Juden sowie der Finanzierung der Rüsng und des Krieges leistete, welche Handlungsspiel äume es dabei gab und wie diese genutzt wurden, aber ie Zeit nach 1945 ist bislang nicht Forschungsgegentand. Und dies nicht, weil die Historiker dies nicht ollten, im Gegenteil. Oder nehmen sie das Bauund Verkehrsministerium. ort ließ zwar der damalige SPD-Minister Wolfgang iefensee vor einigen Jahren von zwei Historikern die antijüdische Politik des Reichsverkehrsministeriums wischen 1933 und 1945“ untersuchen, wer von den erantwortlichen aber später auch im Bundesverkehrsinisterium Politik machen konnte, wurde sicherheitsalber nicht untersucht. Hier besteht dringender Nacholbedarf, und ich bin gespannt, inwieweit Minister amsauer dem nachkommen wird. Oder nehmen sie das Ministerium für Verbraucherchutz, Ernährung und Landwirtschaft. Dort wurde die benfalls 2005 in Auftrag gegebene Studie, die vor allem as Reichsministerium für Ernährung und Landwirtchaft behandelt, dem in der nationalsozialistischen lut-und-Boden-Ideologie eine zentrale Rolle zukam, nge unter Verschluss gehalten. Und dies, obwohl die tudie gar nicht untersuchte, wie viele Nazis nach dem rieg im neuen Bundesministerium weiterarbeiteten. etzt ist seit einigen Wochen zwar die Studie öffentlich, ber die Liste jener 62 Mitarbeiter mit möglicher Naziergangenheit, von denen im Ministerium fünf wegen ih Jan Korte )





(A) )

rer Vergangenheit als „nicht ehrwürdig“ eingestuft wur-
den, fehlt weiterhin. Das sich hier Ministerin Aigner
hinter Datenschutzgründen versteckt, ist mehr als pein-
lich.

Auch das Innenministerium hat bis heute unter keiner
Bundesregierung den Versuch unternommen, die eigene
Geschichte kritisch aufzuarbeiten. Während zwar das
BKA eine Historikerkommission beauftragt hat seine
braunen Wurzeln zu untersuchen und neuerdings ja er-
freulicherweise endlich auch der BND und der Verfas-
sungsschutz Anstalten machen Ähnliches auf den Weg zu
bringen, wird beim Nachfolger des Reichsinnenministe-
riums weiter gemauert.

Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit fällt übri-
gens nicht nur der konservativen Seite dieses Hauses
schwer. Es hat zum Beispiel eine gefühlte Ewigkeit ge-
dauert, bis auch die SPD-Fraktion sich in der letzten Le-
gislaturperiode dazu durchgerungen hat, die Rehabili-
tierung der sogenannten Kriegsverräter mitzutragen.
Umso schöner, dass die SPD sich heute mit einem eige-
nen Antrag für die Aufarbeitung der personellen und in-
stitutionellen Kontinuitäten und Brüche in Ministerien
und Behörden der frühen Nachkriegszeit hinsichtlich ih-
rer NS-Vorgängerinstitutionen einsetzt.

Um eine neue Debatte um die Vergangenheitspolitik
anzustoßen hat meine Fraktion in dieser Legislaturpe-
riode bereits eine ganze Reihe weiterer Anträge und An-
fragen in das Parlament eingebracht. So haben wir bei-
spielsweise gefordert, endlich den Widerstand und die
unzähligen Opfer des kommunistischen Widerstandes
anzuerkennen und den Ausschluss von Kommunistinnen
und Kommunisten von den Entschädigungsleistungen
für ihre erlittenen Qualen in den Konzentrationslagern
in den fünfziger Jahren als Unrecht anzuerkennen. Ein
anderer Antrag, dem sich dann inhaltlich auch die Grü-
nen mit ihrem Antrag „Verantwortlichkeit der Bundesre-
gierung für den Umgang des Bundesnachrichtendiens-
tes mit den Fällen Klaus Barbie und Adolf Eichmann“
anschlossen, fordert die Aufarbeitung der Geschichte
des BND und die Offenlegung der Akten zum Fall
Eichmann. In einer großen Anfrage, für deren Beant-
wortung sich die Bundesregierung nun insgesamt fast
11 Monate Zeit nehmen möchte, wird insgesamt die
Frage des Umgangs mit der NS-Vergangenheit in der
Bundesrepublik gestellt. Was wir aber insgesamt brau-
chen, ist eine viel systematischere Beschäftigung mit
dem Thema. Nötig ist endlich ein Gesamtkonzept zur
Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von Bundesministe-
rien und -behörden – mit nachvollziehbaren Kriterien,
klaren Aufträgen zum weiteren Umgang mit dem Thema,
einem uneingeschränkten Zugang zu den Akten und Do-
kumenten und einer ausreichenden finanziellen Ausstat-
tung. Die Bundesregierung und der für Erinnerungskul-
tur zuständige Kulturstaatsminister Neumann sind hier
eigentlich schon lange in der Pflicht, ein solches Kon-
zept vorzulegen. Aber da sie es ja alleine offensichtlich
nicht hinbekommen, soll ihnen unser Antrag nun dabei
helfen.

Die aktuelle Debatte zeigt, dass Geschichte nach wie
vor ein umkämpftes Feld ist. Trotz vieler Rückschritte

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(C (D nd Niederlagen müssen dabei aber nicht zwangsläufig ie Apologeten und Geschichtsrelativierer die Oberhand ewinnen. Es gab immer wieder Durchbrüche für eine ritische Geschichtsauffassung. Und obwohl natürlich ie alten Eliten das politische Klima der Bundesrepublik is in die achtziger Jahre maßgeblich geprägt haben, so ten dies eben aber auch linke Wissenschaftler, Initiati en, Gewerkschaften und in einem nicht zu vernachläsigenden Teil ein geschichtsbewusstes Bürgertum sowie ritische Medien. Ich bin mir sicher, dass wir heute andere Zeiten und uch andere gesellschaftliche Mehrheiten haben als och in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunerts. Klar ist aber auch eines: Geschichtspolitischen ortschritt gibt es immer nur durch breiten gesellschaftchen Druck. Claudia Roth EN)

Die von Bundesaußenminister Joschka Fischer 2005

Auftrag gegebene Studie, die im letzten Jahr unter
em Titel „Das Amt und die Vergangenheit“ veröffent-
cht wurde, hat ein über viele Jahre verbreitetes Ge-
chichtsbild als Legende erwiesen. Das Auswärtige Amt
ar in der NS-Zeit kein „Hort des Widerstands“, son-
ern tief verstrickt in die Verbrechen der Nationalsozia-
sten. Es hat die sogenannte „Endlösung der Juden-
age“ und Verbrechen an anderen Opfergruppen nicht
ur nach außen hin gedeckt, sondern sich auch aktiv an
nen beteiligt. Zudem gehört zu den dunkelsten Kapi-
ln in der Geschichte der Bundesrepublik, dass viele
er Diplomaten und Mitarbeiter, die sich hier schuldig
achten, nach dem Krieg ihre Karriere im Auswärtigen
mt fortsetzen konnten. Nur wenige wurden zur Rechen-
chaft gezogen.

Mit der Veröffentlichung der Studie fiel ein Schlag-
cht auch auf andere Bundesministerien und Behörden.
uch hier gab es tiefgehende Verstrickungen von Vor-
ängerinstitutionen in die Verbrechen des Dritten Rei-
hes und ebenso problematische personelle und insti-
tionelle Kontinuitäten nach dem Krieg, ein
eitverbreitetes Schweigen über die Vorgeschichte und
uch fahrlässiges Nichtstun und mutwilliges Vertuschen
nd Verdrängen.

Nach dem Erscheinen der Studie zum Auswärtigen
mt haben wir als Grüne-Fraktion zusätzliche Initiati-
en gestartet, um eine offene und verantwortliche Aufar-
eitung der Geschichte der Bundesministerien und -be-
örden zu befördern. Im November 2010 brachten wir
ine Kleine Anfrage – Bundestagsdrucksache 17/3929,
ntwort auf Drucksache 17/4344 – zur Vorgeschichte
on Bundesministerien, Botschaften und obersten Bun-
esbehörden in der NS-Zeit auf den Weg. In den Antwor-
n führt die Bundesregierung Einzelforschungen und
aßnahmen an, was hilfreich ist, um einen Überblick

ber den gegenwärtigen Stand zu gewinnen. Hierfür be-
anken wir uns ausdrücklich.

An vielen Stellen sind die Antworten jedoch sehr aus-
eichend. Was wir besonders problematisch finden, ist,
ass die Bundesregierung es ausdrücklich ablehnt, ein





Claudia Roth (Augsburg)



(A) )


)(B)

Gesamtkonzept zur Aufarbeitung der Vorgeschichte der
Bundesministerien und Behörden in der NS-Zeit und zu
den problematischen personellen und institutionellen
Kontinuitäten vorzulegen. Damit will sie es bei einem
ziemlichen Flickenteppich in der Aufarbeitung belassen,
mit dem wir es im Augenblick zu tun haben, bei Einzel-
aktivitäten, die abhängig sind von Initiativen der jewei-
ligen Amtsführungen oder besonderen Forschungsinten-
tionen.

Ebenfalls aus dem November 2010 stammt eine
Kleine Anfrage unserer Fraktion zur „Erleichterung des
Forschungszugangs zu Archiven des Auswärtigen Amts
und anderer Bundesministerien“; Drucksache 17/3804,
Antwort auf Drucksache 17/4339. Hier ist offensichtlich
einiges zu verbessern. Auch die Historikerkommission
des Auswärtigen Amtes hatte ja kritisiert, dass sie viele
Materialien erst sehr spät – wenn überhaupt – bekom-
men hat.

Im Februar 2011 folgte unser Antrag „Berichte zur
NS-Vergangenheit des Bundesministeriums für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz veröffent-
lichen“; Drucksache 17/4696. In diesem Antrag geht es
um Berichte, die noch in der Amtszeit von Renate Künast
als Verbraucherschutzministerin in Auftrag gegeben,
nach ihrer Fertigstellung von den Amtsnachfolgern aber
nicht veröffentlicht worden sind. Es ist doch wirklich ein
Unding, wenn solche wichtigen Forschungen unter Ver-
schluss bleiben. Hier ist der Eindruck entstanden, dass
es mit der Politik der Vertuschung und Verdrängung im-
mer noch kein Ende haben soll.

Ein grüner Antrag aus dem Januar 2011 mit dem Ti-
tel „Verantwortlichkeit der Bundesregierung für den
Umgang des Bundesnachrichtendienstes mit den Fäl-
len Klaus Barbie und Adolf Eichmann“ – Drucksache
17/4586 – ist am heutigen Tag an anderer Stelle auf der
Tagesordnung, leider nicht zusammen mit den Anträgen,
die wir hier diskutieren, weil die SPD und die Regie-
rungskoalition der Meinung waren, dass der Antrag zu
Eichmann und Barbie aus „inhaltlichen Gründen“ nicht
zum Thema „Personelle und institutionelle Kontinuitä-
ten zur NS-Zeit“ passe, das wir an dieser Stelle diskutie-
ren. Das verwundert mich doch sehr.

Der grüne Antrag beschäftigt sich mit wirklich un-
glaublichen Vorgängen, nämlich damit, dass der „Orga-
nisation Gehlen“ bzw. ihrem Nachfolger, dem BND, be-
reits seit 1952 bekannt war, wo sich der Holocaust-
organisator Adolf Eichmann versteckte. Dieses Wissen
wurde jedoch geheim gehalten, sogar über den Zeit-
punkt von Eichmanns Ergreifung 1960 hinaus. Ebenso
unfassbar ist es, dass der BND den sogenannten
Schlächter von Lyon, Klaus Barbie, 1966 als Agenten
anwarb, in Kenntnis von dessen Vergangenheit – ein
Vorgang, den der „Spiegel“ am 17. Januar 2011 öffent-
lich machte, angeblich auf der Grundlage von BND-Ak-
ten im Bundesarchiv. Das Parlament und die Öffentlich-
keit haben einen Anspruch darauf, über alle Aspekte
dieser Vorgänge und die Verantwortlichkeiten unterrich-
tet zu werden. Genau das fordern wir von der Bundesre-
gierung – und das hätten wir gerne auch an dieser Stelle
diskutiert.

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Wir freuen uns, dass aus anderen Fraktionen eben-
lls Aktivitäten zur Aufarbeitung des Themas der NS-

orgängerinstitutionen der Bundesministerien und -be-
örden kommen. Was den SPD-Antrag auf Drucksache
7/6297 vom 28. Juni 2011 angeht, so wäre es besser ge-
esen, wenn es als deutliches Signal hier eine gemein-

ame Einbringung mit uns Grünen gegeben hätte. Eine
olche gemeinsame Aktivität hatten wir schon vor eini-
er Zeit angeregt. Und sie war ja eigentlich schon auf
em Weg. Am Dienstag kam dann in letzter Minute die
otschaft, dass die SPD doch alleine einen Antrag ein-
ringen will. Das bedauern wir und halten es auch poli-
sch für nicht sinnvoll. Da der SPD-Antrag jedoch viele
rüne Forderungen aus den letzten Monaten und Jahren
ehr gut widerspiegelt, unterstützen wir ihn und bringen
mit einer wichtigen Konkretisierung und Weiterent-
icklung – gerne auch eigenständig einen Antrag ein;
rucksache 17/6318.

Was jetzt nottut, ist eine systematische Aufarbeitung
es Themas. Diesen Gedanken heben wir besonders her-
or. Damit so etwas in Gang kommt, benötigen wir ein
onzept und ein koordiniertes Vorgehen. Wir fordern die
undesregierung auf, ein schlüssiges Gesamtkonzept
ur Aufarbeitung der personellen und institutionellen
ontinuitäten und Brüche in den Bundesministerien und
ehörden hinsichtlich der NS-Vorgängerinstitutionen

orzulegen. Die weitere Koordination des Vorgehens
ollte beim Beauftragten für Kultur und Medien liegen,
dessen Aufgabenbereich ja auch das Thema Erinne-

ungskultur fällt.

Ein solches Konzept muss aufzeigen, wo noch beson-
ere Wissenslücken bestehen und zu schließen sind. Es
uss klare Kriterien geben, wie mit Forschungsergeb-
issen im Weiteren umzugehen ist. Natürlich müssen die
orschungen veröffentlicht werden. Geheimhaltungs-
olitik in dieser Frage hinterlässt den denkbar übelsten
eschmack. Wir brauchen auch Kriterien dafür, wie die

ntsprechenden Ergebnisse in die konkrete Arbeit der
inisterien und Behörden einfließen sollen, zum Bei-

piel in der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiterin-
en und Mitarbeiter. Wir brauchen auch Klarheit mit
lick auf die Nachrufpraxis der Ministerien und Behör-
en bei Mitarbeitern mit NS-Belastung. Die Aufwei-
hung der Nachrufregelung, die Joschka Fischer im Au-
enministerium eingeführt hatte, durch Guido
esterwelle ist kontraproduktiv und weist in die falsche
ichtung.

Sie sehen also: Es gibt viel zu tun. Ich werbe dafür,
ass alle Fraktionen gemeinsam aktiv werden, um der
esamtverantwortung in der Sache gerecht zu werden.
nd natürlich lade ich auch die SPD ein, die ja auch aus
er Geschichte des Widerstands gegen den Nationalso-
ialismus, an dem sie besonderen Anteil hatte, die Be-
eutung des Themas sehr gut kennt. Es wäre schön,
enn es sich bei dem SPD-Antrag von heute nicht nur
m eine Pflichtübung handelte, um das Thema dann da-
it abzuhaken. Mit Blick auf Herrn Thierse sage ich,
ass ich es sehr gut verstehe, wenn das Thema Aufarbei-
ng der NS-Vergangenheit vielen Sozialdemokraten

eutlich wichtiger ist als Debatten um den Wiederauf-





Claudia Roth (Augsburg)



(A) (C)



(D)(B)


bau des Hohenzollernschlosses, als Streitereien um Ein-
heitsdenkmäler, deren Bedeutung in der Öffentlichkeit
schlecht vermittelt wurde, oder als die Arbeit oder
Nichtarbeit einer Vertriebenenstiftung mit dubiosen Stif-
tungsratsmitgliedern.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711740800

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen

auf den Drucksachen 17/3748, 17/6297 und 17/6318 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. – Sie sind damit einverstanden. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur die Tages-
ordnung ist erschöpft, sondern auch wir.


(Beifall)


Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 1. Juli 2011, 9 Uhr,
ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

Ich bedanke mich bei allen, die noch ausgehalten ha-
ben. Vielen herzlichen Dank.