Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! DieSitzung ist eröffnet.Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Ta-gesordnung um die in der weiteren Zusatzpunktlisteaufgeführten Punkte zu erweitern:ZP 8 Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschus-
von Regelbedarfen und zur Änderung desZweiten und Zwölften Buches Sozialgesetz-buch– Drucksachen 17/3404, 17/3958, 17/3982,17/4032, 17/4058, 17/4095, 17/4303, 17/4304,17/4719 –ZP 9 Vereinbarte Debattezur Lage von SGB-Leistungsempfängern undihrer KinderZP 10 a) Zweite und dritte Beratung des von der Frak-tion der SPD eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zur Änderung des Wertpapierer-werbs- und ÜbernahmegesetzesRedet– Drucksache 17/3481 –Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz-ausschusses
– Drucksachen 17/4710, 17/4739 –Berichterstattung:Abgeordnete Ralph BrinkhausDr. Carsten SielingFrank SchäfflerHarald Kochb) Beratung der Beschlussempfehlung und desBerichts des Finanzausschusses
– zu dem Antrag der AbgeordnetenSieling, Manfred Zöllmer, ElviraWeiß, weiterer Abgeordneter undtion der SPD
von Regelbedarfen und zur Änderung desZweiten und Zwölften Buches Sozialgesetz-buch– Drucksachen 17/3404, 17/3958, 17/3982,17/4032, 17/4058, 17/4095, 17/4303, 17/4304,17/4719 –rstatter im Bundestag, der Abgeordneteann, wünscht nicht das Wort zur Be-Mit einer schriftlichen Erklärung machtvon Bund und Ländern abgegebene Pro-Dr. CarstenDrobinski- der Frak-Der BerichteThomas Oppermrichterstattung.er aber auf vier
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10246 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
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tokollerklärungen aufmerksam. Diese Erklärung und dieProtokollerklärungen nehmen wir zu Protokoll.1) Fernerliegt auch eine schriftliche Erklärung der Fraktion DieLinke nach § 90 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung vor.Wir kommen gleich zur Abstimmung über die Be-schlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Druck-sache 17/4719.Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass imDeutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsamabzustimmen ist.Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte dieSchriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenenPlätze einzunehmen. – Wir können leider immer nochnicht beginnen, weil hier vorne zwei Schriftführer feh-len.Jetzt sind alle Schriftführer an ihren vorgesehenenPlätzen. Ich eröffne die Abstimmung.Haben alle anwesenden Mitglieder des Hauses ihreStimme abgegeben? – Das ist offensichtlich der Fall.Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zubeginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnenspäter bekannt gegeben.2)Wir setzen die Beratungen fort. Dazu bitte ich, liebeKolleginnen und Kollegen, dass Sie Ihre Plätze einneh-men.Ich rufe den Zusatzpunkt 9 auf:Vereinbarte Debattezur Lage von SGB-Leistungsempfängern undihrer KinderNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinenWiderspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile Ministerin vonder Leyen das Wort.
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin fürArbeit und Soziales:Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einemJahr hat uns das Bundesverfassungsgericht den Auftragzur Neuordnung der Regelsätze gegeben. Vor zwei Mo-naten hat der Bundestag zugestimmt. Sieben Wochen ha-ben wir im Vermittlungsverfahren darüber verhandelt,einen politischen Konsens herzustellen. Diesen habenwir heute leider noch nicht erreicht. Das bedauere ich,weil die Verhandlungen auch von gegenseitiger Achtunggetragen waren. Aber unter dem Strich zählt, dass wir imInlibAeeDnwgwghssKruGDsaauSFwruMmWessihshddw1) Anlage 2 und 32) Ergebnis Seite 10270 D
as ist ein gutes Angebot. Das ist ein Angebot, dasachhaltig ist, und ich glaube, das sollte auch anerkannterden.Im Gesetz geht es um zwei zentrale Fragen: die Bar-eldleistung im Regelsatz und das Bildungspaket. Wirissen doch alle, dass die Kinder von Hartz-IV-Empfän-ern oder die in Sozialhilfe eher ausgegrenzt und abge-ängt werden als Gleichaltrige, nicht weil ihre Elternich nicht kümmern, sondern weil ihre Eltern selber mitozialer Isolation zu kämpfen haben. Je häufiger dieinder in der Schule oder im Freundeskreis die Erfah-ng des Scheiterns machen, desto tiefer gräbt sich dasefühl der eigenen Unfähigkeit und Hilflosigkeit ein.
as Bildungspaket folgt deshalb der Einsicht, dass die-en Kindern mit konkreten Hilfen mehr geholfen wirdls mit direkten Zahlungen an die Eltern. Im Hinblickuf diese grundlegende sozialpolitische Einsicht sind wirns doch einig.
Es geht konkret um eine warme Mahlzeit in denchulen und Kindergärten. Wir sind uns einig, dass dieinanzierung des Mittagessens auf die Hortkinder ausge-eitet wird. Es geht konkret um die individuelle Förde-ng beim Lernen und um die Chance, bei Sport undusik – wo auch immer die Interessen liegen – mitzu-achen. Wir sind uns einig, dass die 160 000 Kinder vonohngeldbeziehern mit dabei sein sollen. Wir sind unsinig, dass die Kommunen das organisieren sollen. Wirind uns einig, dass die Kommunen dadurch keine zu-ätzlichen finanziellen Lasten haben sollen, sondern dassnen die Kosten des Bildungspaketes ersetzt werdenollen. Wir sind uns in diesen ganzen Punkten einig.
Damit die Kommunen wirklich die Gestaltungsfrei-eit haben, ihre Aufgaben für alle Familien und alle Kin-er wahrzunehmen, übernimmt der Bund bedingungslosie Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Er-erbsminderung.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10247
Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen
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Das heißt in Zahlen: Bis 2015 gehen rund 20 MilliardenEuro vom Bund an die Länder und Kommunen. Bis 2020gehen rund 54 Milliarden Euro vom Bund an die Kom-munen.Meine Damen und Herren, wir sind uns also in fünfzentralen Fragen des Bildungspaketes einig. Sofort 5 Mil-liarden Euro mehr für Kinder und Kommunen: Das istein nachhaltiges Angebot; mehr geht nicht. Wer das aus-schlägt, der muss sich vorwerfen lassen, dass er aus Prin-zip keine Einigung will.
Ich glaube, dass wir uns auch beim Regelsatz in derzentralen Frage einig sind, auch wenn das in den letztenTagen sicher nicht deutlich geworden ist.
– Ich werde es Ihnen gleich erklären.
Es geht darum, einen nachvollziehbaren, verfassungsfestbegründeten Berechnungsweg vorzulegen. Das haben wirvon der Regierung getan.
Die Verhandlungsführung der SPD hat das auch getan.Nur hat die Verhandlungsführung der anderen Seite imLaufe der Verhandlungen nicht eine Methode zur Be-rechnung vorgelegt, sondern verschiedene, die sich auchnoch widersprechen:
Mal waren die Aufstocker drin, mal waren sie draußen;mal wurde die Referenzgruppe auf 20 Prozent erweitert,mal nicht. Mit anderen Worten: Jedes einzelne Elementder Berechnung der Bundesregierung findet sich ge-nauso auch in den Vorschlägen der SPD wieder. Alsokönnen weder die einzelnen Elemente noch die Summeder Elemente falsch oder gar verfassungswidrig sein.
Sie mögen ein anderes Ziel als wir verfolgen: Siewollen den Hartz-IV-Satz weiter erhöhen; Sie kämpfenum Mehrausgaben in Bund und Kommunen. Das ist IhrRecht; aber das löst doch nicht die Probleme der Arbeits-losen. Mir scheint hier ein weiteres Argument wichtig:Wenn Sie heute im Bundesrat dem Gesetz in Gänze nichtzustimmen sollten, dann verweigern Sie den betroffenenBürgerinnen und Bürgern die Erhöhung und das Bil-dungspaket mit seiner nachhaltigen Finanzierung.DchSHBudkssVkwrewSaWdngEW3aeSdte
as kann nicht im Sinne der Betroffenen sein. Ermögli-hen Sie den Kindern das Bildungspaket! Sie habeneute die Chance dazu.
Sie können politisch um Mehrheiten werben, wennie wirklich glauben, dass es besser wäre, wenn dieartz-IV-Sätze weiter erhöht würden. Aber wir von derundesregierung wollen unsere Kraft, unsere Energiend das Geld der Bürgerinnen und Bürger dafür verwen-en, dass diese Menschen schneller wieder in Arbeitommen.
Wir wollen nicht Passivität und Abhängigkeit fort-chreiben, sondern die Voraussetzungen für faire Arbeitchaffen und da, wo sie sich bieten, Chancen eröffnen.or allen Dingen wollen wir für die Kinder den Teufels-reis der vererbten Armut durchbrechen.
Zusammenfassend möchte ich festhalten: Alles, wasir vorgelegt haben, auch die Mindestlöhne für den Be-ich der Zeitarbeit, für das Wach- und Sicherheitsge-erbe und für die Weiterbildungsbranche, fordern auchie. Sie wollen nur mehr. Für dieses Mehr gibt es heuteber keine politischen Mehrheiten.
enn Sie das Gute, das Gemeinsame ablehnen, dann istas aus meiner Sicht Blockade, die sich in diesem Fallicht lohnt.
Wir sind Ihnen in den Verhandlungen weit entgegen-ekommen. Wir könnten den Kommunen 5 Milliardenuro im Jahr mehr geben.
ir haben das Bildungspaket signifikant erweitert, um50 Millionen Euro. Das ist zwar teuer,
ber das ist gut investiertes Geld, weil es die Kommunenntlastet und die Chancen der Kinder verbessert.Alle diese Verbesserungen stehen heute auf dempiel. Deshalb bitte ich Sie, nicht das Maximale zu for-ern. Machen Sie das, was heute möglich ist! Beschrei-n Sie den Weg, den wir gemeinsam gefunden haben!
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10248 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen
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Die Hartz-IV-Empfänger im Land, insbesondere dieKinder, werden es Ihnen danken und wir selbstverständ-lich auch.
Vielen Dank.
Das Wort hat nun Manuela Schwesig, Ministerin des
Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren Abgeordnete! Vor genau einem Jahr
hat das Bundesverfassungsgericht der Politik den Auf-
trag erteilt, die Weichen in der Sozialpolitik neu zu stel-
len.
Es geht im Kern um unseren Sozialstaat. Es geht um die
Menschenwürde. Es geht um ein menschenwürdiges
Existenzminimum für Kinder, Jugendliche und Erwach-
sene.
Das heißt für uns, dass drei Dinge erfüllt sein müssen:
Erstens: Bildungschancen für Kinder und Jugendliche –
unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.
Zweitens. Menschen, die arbeiten, müssen von ihrer
Arbeit leben können. Deswegen sind Mindestlöhne in
diesem Zusammenhang wichtig.
Drittens. Wer keine Arbeit hat oder nicht arbeiten
kann, der muss von einer solidarischen Gemeinschaft
fair unterstützt werden. Es geht nicht um Almosen oder
spätrömische Dekadenz.
Es geht um einen Rechtsanspruch für alle Menschen in
diesem Land.
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ieses Urteil verlangt große Antworten bei den Themen
ildung, Mindestlohn und faire Regelsätze. Aber, Frau
undesministerin, die Antworten, die Sie gegeben ha-
en, sind Klein-Klein; sie sind genau das Gegenteil da-
on.
Viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land är-
ern sich zu Recht
nd fragen sich, warum wir das nicht gemeinsam hinbe-
ommen. Frau von der Leyen, Sie haben zehn Monate
ebraucht, um überhaupt einen Entwurf auf den Tisch zu
gen.
eit Mai 2010 wissen Sie, dass Sie unsere Stimmen im
undesrat brauchen. Trotzdem haben Sie viel Zeit mit
iner Chipkartenshow verplempert, anstatt sich wirklich
m die Sache zu kümmern. Sie tragen die Verantwortung
afür, dass heute kein guter Gesetzentwurf auf dem
isch liegt.
Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Ahrendt von der FDP-Fraktion.
Selbstverständlich.
Frau Ministerin Schwesig, bei Ihrer Rede mag maneneigt sein, zu sagen: Die Worte höre ich wohl, alleinir fehlt der Glaube.
ie sind Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern.ort befinden sich 95 Prozent aller Kinder unter sechsahren in einer Kindertageseinrichtung; das ist einetolze Zahl. Und trotzdem – Sie tragen als SPD seit 1998erantwortung im Land –: Mecklenburg-Vorpommernt das Land mit der höchsten Zahl von jungen Men-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10249
Christian Ahrendt
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schen, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen,14 Prozent. Finden Sie nicht, dass Sie Ihren Reden aucheinmal Taten folgen lassen sollten?
Herr Ahrendt, Sie wollten eine Frage stellen; die habeich nicht gehört.
Aber ich sage Ihnen eines: Herr Ahrendt, Sie habenrecht: 98 Prozent der Kinder in Mecklenburg-Vorpom-mern gehen in eine Kita. Diese Kinder bekommen schonlange ein kostenfreies Mittagessen, wenn sie arme Kin-der sind. Das, was Sie auf den Weg bringen wollen, ha-ben unsere Kinder in MV schon längst. Deswegen weißich, wovon ich rede.
Herr Ahrendt, wenn Ihr Generalsekretär heute sagt,
die Koalition hätte nicht die richtige Verhandlungsfüh-rung gehabt, dann frage ich Sie: Wo war denn Ihre Ver-handlungsführung? Sie hatten gar keine. Die einzigeStrategie, die die FDP hatte, war: Blockade, Blockade,Blockade. Sie hat gesagt: Wir wollen keine Schulsozial-arbeiter.
Wenn Sie über Bildung reden, dann erklären Sie uns,warum Sie dagegen sind, dass wir 5 000 Schulsozialar-beiter in den sozialen Brennpunkten einsetzen, um end-lich Jugendliche zu fördern.
Das wäre der richtige Weg. Das blockieren Sie aber.
Sie blockieren außerdem einen fairen Regelsatz. Sie ha-ben diese ganzen Verhandlungen blockiert. Die Kanzlerinist vor Ihnen eingeknickt und hat der Arbeitsministerinden Auftrag gegeben, die Verhandlungen abzubrechen.Das ist unverantwortlich. Sie haben Regierungsverant-wortung.–SbEHUmWtrVgcdhlemmgbda1LtereslotelöDd
Herr Kauder, wenn Sie mehr erwarten, dann sprechenie doch mit dem CDU-Bildungsminister in Mecklen-urg-Vorpommern.
s muss Schluss sein mit den Schuldzuweisungen.eute ist der Tag der Verantwortung und der Vernunft.
nd deswegen – wir wollen weiter verhandeln –: Kom-en Sie zurück an den Verhandlungstisch!
ir werden heute mit Kurt Beck im Bundesrat den An-ag stellen, weiterzuverhandeln. Ich fordere Sie auf:erhandeln Sie weiter! Wir waren nahe dran an einemuten Ergebnis. Sie haben die Verhandlungen abgebro-hen. Kommen Sie zurück an den Verhandlungstisch,amit wir den 2 Millionen Kindern, die in Armut leben,elfen mit guten Vorschlägen, die wir auf den Tisch ge-gt haben!
Wenn Sie behaupten, wir hätten die Verhandlungenit dem Mindestlohn überfrachtet, dann will ich Ihnenal eines erklären: Mindestlohn und gleicher Lohn fürleiche Arbeit sind der Kern der Antwort auf die Pro-leme in unserem Land. Es kann doch nicht sein, dassie Menschen arbeiten gehen und am Ende zum Sozial-mt gehen müssen, um sich Sozialleistungen abzuholen.1 Milliarden Euro bezahlen wir dafür.Deswegen brauchen wir Mindestlöhne und gleichenohn für gleiche Arbeit, damit die Menschen, die arbei-n, aus der Hartz-IV-Falle herauskommen und einen fai-n Lohn beziehen und damit überleben können.
Denn ja: Arbeit muss sich lohnen. Das Bundesverfas-ungsgericht hat die Antwort gegeben. Arbeit muss sichhnen, aber nicht, indem man Sozialleistungen herun-rschraubt, sondern indem man faire Löhne, Mindest-hne bezahlt.
Frau von der Leyen, es reicht nicht, für Frauen inAX-Vorständen zu kämpfen. In dieser Woche sind Sieen Frauen in den Rücken gefallen, weil Sie nicht die
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10250 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Ministerin Manuela Schwesig
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Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit unter-stützen.
Es geht um die Verkäuferin, um die Kassiererin und umdie Kellnerin, die unsere Unterstützung brauchen, undzwar jetzt und sofort. Es ist peinlich genug, dass dieKanzlerin Sie bei der Quote abserviert hat. Aber es isteine Schande, dass Sie diesen vielen Frauen in Deutsch-land in den Rücken fallen.
Beim Thema Bildung war es uns wichtig, die Elternzu unterstützen, die arbeiten und am Ende auch nichtviel mehr haben als andere. Deswegen ist es richtig, dasswir das Bildungspaket auf Geringverdiener ausweiten.Es ist richtig, dass wir das Bildungspaket bei den Kom-munen andocken, damit Kitas, Ganztagsschulen undVereine das Geld bekommen. Es ist schwierig; denn vonsieben Wochen Verhandlungen brauchten wir fünf, umSie von dieser logischen Konsequenz zu überzeugen. Siehaben fünf Wochen gebraucht, um aufzuwachen.
Lassen Sie uns die Vorschläge zu den Themen Min-destlohn und Schulsozialarbeit verbessern! Sorgen Siedafür, dass Sie Ihr Versprechen halten!
Wir sind gemeinsam vor die Öffentlichkeit getreten undhaben gesagt: Wir wollen, dass das Bildungspaket an dieKommunen geht und dass die Kommunen dafür Ist-Kos-ten bekommen. Der Vorschlag, der auf dem Tisch liegt,enthält keine Ist-Kosten.
Die Kommunen werden von Ihnen über den Tisch gezo-gen, wie Sie es schon bei Ihrer Steuerpolitik gemacht ha-ben. Das wird es mit uns nicht geben, weil die Bürgervor Ort die Zeche dafür zahlen müssten.
Nehmen Sie die Regierungsverantwortung ernst!Kommen Sie zurück zum Verhandlungstisch! Es gehtdarum, dass wir für 6 Millionen Menschen, für 2 Millio-nen Kinder, die in Kinderarmut aufwachsen, eine Ant-wort geben.
Bildung, Mindestlohn und ein fairer Regelsatz sind Bei-träge zur Bekämpfung der Kinderarmut. Machen Siemit! Kommen Sie zurück! Übernehmen Sie Regierungs-verantwortung, wie es sich für einen vernünftigen Laden–VkleHFaSsdgSaBsSKgIcicnws
Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun Kollege
einrich Kolb.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
rau Schwesig, das, was Sie hier abgeliefert haben, ist
us unserer Sicht vollkommen inakzeptabel.
ie sagen: „Es darf keine gegenseitigen Schuldzuwei-
ungen geben“ und wollen sich dann hier als Vertreterin
er Anklage profilieren. So geht es nicht! Wir haben eine
emeinsame Verantwortung.
ie haben in diesem Zusammenhang eine besondere Ver-
ntwortung, weil Sie damals federführend als rot-grüne
undesregierung gemeinsam mit uns dieses Gesetz be-
chlossen haben, das heute nachgebessert werden muss.
o geht es nicht.
Kollege Kolb, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Heil?
Sonst immer gerne, aber ich habe ja noch gar nichtsesagt.
h möchte noch ein bisschen ausführen. Dann kommeh gerne darauf zurück.Ich möchte zu den Punkten, die die Ministerin ge-annt hat, Regelsatz, Bildungspaket, Mindestlöhne, et-as sagen. Frau Ministerin Schwesig, Sie haben hier ge-agt, Sie wollen einen fairen Regelsatz. Ich habe Ihre
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10251
Dr. Heinrich L. Kolb
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Rede aufmerksam verfolgt. Sie haben mit keinem Wortdargelegt, dass der von uns errechnete Regelsatz, die Er-höhung um 5 Euro, falsch wäre. Ich schließe also aus Ih-rer Rede, dass der Regelsatz, wie er von uns vorgelegtwurde, in Ordnung ist. Das sollten Sie dann hier auchakzeptieren.
Sie sagen: Es geht uns um die Bildungschancen vonKindern. – Dazu kann ich nur sagen: Späte Erkenntnis.In dem Gesetz, das Rot-Grün damals beschlossen hat,war von Bildungschancen überhaupt keine Rede.
Sie hatten vollkommen vergessen, dass es hier einen Be-darf geben könnte.
Was Sie machen, ist unlauter. Wir wollen heute gemein-sam mit Ihnen im Wege der Nachbesserung beschließen,dass Kinder aus Hartz-IV-Familien ebenso wie Kinderaus Familien, die Wohngeld oder Kinderzuschlag erhal-ten, also alle Kinder in Familien mit niedrigen Einkom-men, künftig einen fairen Zugang zu Bildungschancenhaben.
Das wollen wir. Sie verhindern das, wenn Sie sich heuteder Zustimmung zu unserem Paket verweigern.
Herr Kollege Kolb, gestatten Sie jetzt die Zwischen-
frage des Kollegen Heil?
Nein, ich werde erst alle drei Punkte vortragen, dannkann Herr Heil am Schluss gerne nachfragen.
Sie wissen, dass ich nicht vor Zwischenfragen kneife,aber heute Morgen möchte ich erst diese drei Punkte be-nennen.
Ich halte fest: Der Regelsatz, wie er von uns vorgelegtwurde, ist offensichtlich in Ordnung, Frau Schwesig.
Die Bildungschancen hatten Sie vollkommen vergessen;wir stellen Bildungschancen für Kinder aus Familien mitniedrigen Einkommen her.Dann sind wir beim dritten Punkt – da wollen Sie sichin den Verhandlungen mächtig inszenieren –: Mindest-löuWw–eMzd1vksgeAhlisZdDpisEwhEHzZzvbruliti
Ich rede über Mindestlöhne, Herr Heil.
Wir bieten Ihnen an, im Bereich der Zeitarbeit, in dems schon heute einen fast flächendeckenden tariflichenindestlohn gibt,
usätzliche Regelungen einzuführen, die sicherstellen,ass durch die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit ab dem. Mai 2011 keine Konkurrenz durch ausländische Tarif-erträge im Bereich der deutschen Zeitarbeit entstehenann; das haben wir Ihnen angeboten. Darüber hinausind wir bereit, Ihnen auf zwei weiteren Feldern entge-enzukommen – das fällt uns nicht leicht; aber wir tuns, damit es einen Kompromiss geben kann –: bei derus- und Weiterbildung sowie im Wach- und Sicher-eitsgewerbe. Hier haben wir uns, wie ich denke, erheb-ch bewegt. Das, was Sie gefordert haben, ist sicherge-tellt: dass ein bestimmtes Lohnniveau existiert. In dereitarbeit – ich wiederhole es – ist das ohnehin schoner Fall.
Was Sie machen, ist Folgendes: Sie betreiben imeutschen Bundestag und im Bundesrat eine Blockade-olitik, so wie es Lafontaine 1997/1998 getan hat. Dast verantwortungslos.
s ist verantwortungslos, so zu handeln. Es ist verant-ortungslos gegenüber den Menschen, die auf eine Er-öhung der Regelsätze warten.
s ist verantwortungslos gegenüber den Kindern ausartz-IV-Familien, die einen Anspruch haben, gefördertu werden: bei der Ausstattung mit Lernmitteln, beimugang zu Fördermaßnahmen, wenn im Einzelfall Defi-ite auftreten, und bei der Teilnahme an Gemeinschafts-eranstaltungen und dem Mittagessen in der Schule, alsoei der Integration in die Gemeinschaft. Es geht auch da-m, diesen Kindern soziokulturelle Teilhabe zu ermög-chen. All das wollen wir. Durch die sture Blockadepoli-k, die Sie betreiben,
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10252 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Dr. Heinrich L. Kolb
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verhindern Sie, dass all dies am heutigen Tage Gesetzwerden kann. Das halte ich für unverantwortlich.
Ihnen geht es letztlich darum, über den Bundesrat undüber den Vermittlungsausschuss Einfluss auf die Grund-linien der deutschen Politik zu nehmen.
– Wir haben eine Linie: eine Linie, die dazu geführt hat,dass wir in Deutschland aktuell ein wahres Beschäfti-gungswunder erleben, um das uns das Ausland beneidet.
Deutschland ist schneller als alle anderen Staaten durchdie Krise gekommen.
Wir wollen diese gute Politik fortsetzen. Wir werdenuns aber nicht von Ihnen dazu verführen lassen, grenzen-los und ausufernd zusätzliche finanzielle Mittel zur Ver-fügung zu stellen. Das wäre unverantwortlich. Wir wol-len Konsolidierung, wir wollen Wachstum, und wirwollen Beschäftigungschancen für die Menschen in die-sem Land.Danke schön.
Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-
gen Hubertus Heil.
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kolb, ich will Ih-nen sagen: Wer keinen Mut hat, Zwischenfragen zuzu-lassen, der muss mit einer Kurzintervention rechnen.
Ich fange mit dem, was Sie zum Schluss gesagt ha-ben, an. Sie führten aus, wie Deutschland durch dieKrise gekommen ist und warum die Situation am deut-schen Arbeitsmarkt besser ist als in anderen Ländern.Herr Kolb, das hat mit Ihnen gar nichts zu tun.
Sie haben gegen jede Maßnahme gestimmt, die wir er-griffen haben, um Deutschland besser durch die Krise zuführen. Sie haben gegen Olaf Scholz und PeerSteinbrück agitiert, die zusammen mit Frank-WalterSteinmeier die Erfinder der Konjunkturpakete und derKHdgBsdspShbSunWdSwSnMabddZwgnDdbis
Zweitens, Herr Kolb. Sie haben vorhin wahrheitswi-rig behauptet, mit den Arbeitsmarktreformen der rot-rünen Bundesregierung seien keine Maßnahmen imildungsbereich verbunden gewesen. Herr Kolb, dastimmt nicht. Wir haben damals ein Bildungspaket aufen Weg gebracht und 4 Milliarden Euro in Ganztags-chulen investiert. Auch da waren Sie dagegen.
Jetzt komme ich zum zentralen Punkt, Herr Kolb. Sieersönlich müssen sich fragen, welche Verantwortungie dafür haben, dass die schwarz-gelbe Seite die Ver-andlungen am vergangenen Donnerstag vorerst abge-rochen hat.
ie waren es, der sich, als es um die Zeit- und Leiharbeitnd um Mindestlöhne ging, einen zweifelhaften Spitz-amen verdient hat.
issen Sie, wie Sie bei uns mittlerweile genannt wer-en? Gromyko.
ie saßen nämlich nur da und sagten im Stile eines so-jetischen Kremlministers immer wieder Nein bzw. Njet.
ie waren es, der die ganze Regierung in Geiselhaft ge-ommen und sich nicht bewegt hat.
it der CDU/CSU wären wir bei der Zeit- und Leih-rbeit schon längst zu einer Lösung gekommen. Sie ha-en die Koalition festgenagelt. Sie haben Placebo-Min-estlöhne angeboten; das stimmt. Sie haben aber gesagt,ie Koalition dürfe sich beim Thema „Missbrauch voneit- und Leiharbeit“ und deren Bekämpfung nicht be-egen.Die FDP war es, die die Koalition neun Monate fest-enagelt hat. Sie verweigern den Menschen ein Lebenach dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“.
ie FDP ist die Blockade- und Dagegen-Partei. Das istie Wahrheit, Herr Kolb.Wir wollen bessere Bildungschancen für Kinder. Wirrauchen einen fairen Regelsatz, der verfassungsfestert als das, was Sie vorgelegt haben, und wir brauchen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10253
Hubertus Heil
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Fortschritte bei den Mindestlöhnen, die den Grundsatz„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ berücksichtigen.Weil wir etwas für die Menschen herausholen wollen,wird Kurt Beck im Bundesrat das Angebot machen, wei-ter zu verhandeln. Ich sage Ihnen mit Herbert Wehner,Herr Kolb: Wer rausgeht, muss auch wieder reinkom-men. – Sie sind rausgegangen. Kommen Sie wieder rein.Dann kommen wir auch zu Lösungen.Herzlichen Dank.
Kollege Kolb, Sie haben Gelegenheit zur Reaktion.
Herr Kollege Heil, ich habe Verständnis dafür, dass
Sie sich im Wege der Kurzintervention an mich wenden.
Schließlich haben Sie von Ihrer Fraktion keine Redezeit
bekommen.
Zum Stichwort „Gromyko“. Da, wo einem die Argu-
mente ausgehen, fangen die Beleidigungen an. Ich stelle
fest, Herr Kollege Heil: Ihnen sind die Argumente aus-
gegangen.
Sie sagen, wir seien die Dagegen-Partei. Ich halte da-
gegen:
Als wir in die Regierung eingetreten sind, sind wir mit
dem, was Sie als Große Koalition beschlossen hatten,
sehr verantwortungsvoll umgegangen. Wir haben die
Kurzarbeitsregelung, die Sie auf den Weg gebracht hat-
ten, verlängert, da wir dies in der vor einem Jahr noch
bestehenden Krisensituation für angemessen und vertret-
bar hielten. Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz
haben wir der Konjunktur einen zusätzlichen Anstoß ge-
geben.
Es hat doch einen Grund, dass das Wachstum in
Deutschland im letzten Jahr mit 3,6 Prozent deutlich hö-
her ausgefallen ist als in allen anderen EU-Staaten. Im
Gegensatz zu anderen Regierungen hat diese Regierung
gehandelt.
Da haben Sie sich verweigert. Da waren Sie die Dage-
gen-Partei. Sie haben nicht gesehen, dass es notwendig
ist, eine aufkeimende Konjunktur zu wässern, damit sie
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Als Sie sich noch mit dem Thema „Mindestlöhne in
er Zeitarbeitsbranche“ beschäftigt haben, war es die
DP, die gesagt hat, dass das wichtigere Thema die
rage des Equal Pay sei, also die Heranführung der Ent-
hnung von Zeitarbeitern an die von Stammbelegschaf-
n.
as uns allerdings unterscheidet – Sie von mir, Herr
eil, aber wahrscheinlich auch Ihre Fraktion von meiner
raktion –, ist, dass wir die Zeitarbeit als Brücke in den
rsten Arbeitsmarkt nicht kaputtmachen wollen. Sie al-
rdings wären bereit gewesen, dies sehenden Auges in
auf zu nehmen.
iesbezüglich haben wir uns verweigert. Insofern haben
ie an der Stelle recht.
Insgesamt kann man sagen, dass wir sehr verantwort-
ch gehandelt haben. Die Koalition ist in diesen Ver-
andlungen geschlossen gewesen.
ie hat gemeinsame Angebote unterbreitet und ist an die
renze des finanziell Verantwortbaren gegangen. Es
egt ein sehr gutes Angebot auf Ihrem Tisch. Sie sollten
ich überwinden, Ihr Herz über die Hürde werfen, und
iesem Paket zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun Dagmar Enkelmann für die Frak-
on Die Linke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Das, was wir in den letzten Wochen im Vermitt-
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10254 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Dr. Dagmar Enkelmann
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lungsausschuss erlebt haben, war ein unwürdiges Gefeil-sche und Geschacher.
Das, was jetzt hier stattfindet, sind politische Schau-kämpfe.Sie, meine Damen und Herren von der SPD, habenoffenkundig kalte Füße gekriegt. Sie wollen den Ver-mittlungsausschuss vor der Entscheidung im Bundesraterneut anrufen. Sie stecken gemeinsam mit den Grünennach wie vor in der Hartz-IV-Falle, und Sie sind nichtbereit, sich aus dieser Falle zu befreien.
Das Schlimme daran ist allerdings, dass das auf dem Rü-cken von Langzeitarbeitslosen, auf dem Rücken vonMenschen, die für einen Hungerlohn arbeiten und auf er-gänzende Sozialleistungen angewiesen sind, und aufdem Rücken von Kindern und Jugendlichen, die inHartz-IV-Familien leben, ausgetragen wird. Das ist schä-big.
Es geht hier nicht um Sieg oder Niederlage, es geht auchnicht um Paragrafen. Es geht hier um 6,7 MillionenMenschen, um 2,5 Millionen Kinder. Wie Sie mit demSchicksal dieser Menschen umgehen, ist eine Schande.
Haben Sie sich schon einmal mit Betroffenen unter-halten? Sie von der FDP haben das wahrscheinlich nichtgetan; Sie sehen ja bei jedem Hartz-IV-Empfänger spät-römische Dekadenz. Sie von den Christlich-Sozialenund den Christdemokraten, haben Sie sich einmal mitMenschen unterhalten, die unter solchen Bedingungenleben müssen? – Ich habe bei Matthäus etwas Schönesgefunden:Behandelt die Menschen so, wie ihr selbst von ih-nen behandelt werden wollt – das ist alles, was dasGesetz und die Propheten fordern.
Wollen Sie so behandelt werden, wie Sie Hartz-IV-Emp-fängerinnen und -Empfänger behandeln?
Wissen Sie, wie sich diejenigen fühlen, die zum Bei-spiel am Ende eines Quartals auf einen notwendigenArztbesuch verzichten, weil sie die Praxisgebühr nichtzahlen können? Wissen Sie, wie sich diejenigen fühlen,die zum Beispiel wegen der Zuzahlung auf notwendigeAgnKkKdcnvRsPbphgsewdisashhdHwdra1aSMenvgwEkvCmn
Die Linke hat in der Arbeitsgruppe und in den Unter-rbeitsgruppen mitgearbeitet, und wir haben Ihnen denpiegel vors Gesicht gehalten. Wir haben massenhaftaterial, Unterlagen und Forderungen in die Beratungeningebracht. Darunter war unter anderem eine Berech-ung des Statistischen Bundesamtes. Darin wurden dieerdeckt Armen herausgerechnet und eine Referenz-ruppe nicht der unteren 15 Prozent der Einkommen,ie Sie es wollten, sondern der unteren 20 Prozent derinkommen gebildet. Allein bei dieser Berechnungommt das Statistische Bundesamt auf einen Regelsatzon 392 Euro. Das ist deutlich mehr, als Sie von CDU/SU und FDP anbieten, und übrigens auch deutlichehr, als das, was die SPD anbietet. 11 Euro sind ge-auso ein Schlag ins Gesicht der Langzeitarbeitslosen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10255
Dr. Dagmar Enkelmann
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Wir haben Ihnen eine Studie des Forschungsinstitutsfür Kinderernährung in Dortmund vorgelegt. Darin gehtes um die Kosten einer gesunden Ernährung für Kinderund Jugendliche. Diese Studie kommt zu folgendem Er-gebnis – ich zitiere, Herr Präsident –:Bei den 10- bis 12-Jährigen reichen die Regelsätzenicht für eine mittlere körperliche Aktivität; ebensowie für die 13- bis 14-Jährigen und die 15- bis18-jährigen Jungen unabhängig vom Aktivitätsni-veau.Das heißt, das, was Sie als Regelsatz vereinbart haben,reicht nicht, um Kinder und Jugendliche gesund zu er-nähren. Das ist ein Skandal.
Das war aber für Sie kein Thema in den Verhandlungen.Die Linke hat Vorschläge eingebracht, wie man zu ei-nem verfassungskonformen Regelsatz kommen kann.Wir haben vorgeschlagen, die Referenzgruppe von15 Prozent auf 20 Prozent zu vergrößern und die Aufsto-cker und die verdeckt Armen herauszurechnen. Wir ha-ben darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, die Zu-sammensetzung des Regelsatzes generell zu prüfen.Teilhabe heißt zum Beispiel Mobilität. Das ist mit18 Euro im Monat nicht zu machen.
Teilhabe heißt auch gesunde Ernährung. Ich finde, zurTeilhabe gehören auch Schnittblumen. Wenn ich auf ei-nen Geburtstag eingeladen bin, nehme ich wenigstens ei-nen Strauß Blumen mit. Das wollen Sie Hartz-IV-Emp-fängerinnen und -Empfängern untersagen. Richtig ist:Wenn man alles zusammengerechnet, dann kommt manauf einen Regelsatz von 500 Euro. Das ist eine Forde-rung der Linken.
Aber Sie waren nicht einmal bereit, darüber zu reden.Kritik gibt es auch vom Behindertenbeauftragten derBundesregierung. Auch das ist einmalig. Herr Hüppe hatdie Kürzung des Regelsatzes bei behinderten nichter-werbstätigen Erwachsenen um 20 Prozent kritisiert. Esist schlicht und ergreifend menschenunwürdig, ausge-rechnet bei denen zu kürzen, die ohnehin schon in dieserGesellschaft benachteiligt sind.
Die Linke hat in der Arbeitsgruppe und in den Unter-arbeitsgruppen immer wieder gemahnt. Das hat Sie inIhren Kungelrunden gestört. Deshalb haben Sie einenTrick angewendet: Sie haben aus der formellen Arbeits-gruppe eine informelle Arbeitsgruppe gemacht. Damithaben Sie die Linke aus den weiteren Verhandlungen inIhren Kungelrunden herausgehalten.Besonders verwerflich finde ich etwas, das in denganzen Debatten keine Rolle gespielt hat. Das Verfas-sungsgericht hat gefordert, dass der Regelsatz für Kinderund ihr tatsächlicher Bedarf eigenständig berechnet wer-den müssen. Das Verfassungsgericht hat Ihnen Willkürvorgeworfen. Ein Kind ist nicht mit 60 Prozent eines Er-whdliUreafefaDlaleuBFgnwDVu
Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Ich komme gleich zum Schluss, Herr Präsident. Bei
en anderen waren Sie etwas großzügiger, bei mir natür-
ch nicht. Das ist klar.
Nein. Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, ich habe die
hr genau im Blick. Deswegen ist es unverschämt, so zu
agieren.
Es ist mir klar, dass Sie da Beifall klatschen.
Die Linke ist vor die Tür gesetzt worden. Sie wird
ber weiter an der Seite der Hartz-IV-Betroffenen kämp-
n. Wir werden Sie weiter daran erinnern, was vom Ver-
ssungsgericht vorgegeben wird.
ieses Gesetz wird schneller beim Verfassungsgericht
nden, als Sie es ahnen.
Frau Kollegin Enkelmann, ich will Ihnen kurz mittei-
n: Sie hatten sieben Minuten Redezeit; Sie haben diese
m anderthalb Minuten überschritten. So viel zu Ihrer
ehauptung, ich wäre nicht großzügig genug.
Das Wort hat nun Kollegin Renate Künast von der
raktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ichlaube, in der bisherigen Debatte hat man eines gemerkt,ämlich dass die Regierung noch nicht verstanden hat,as das Wesen eines Vermittlungsverfahrens ineutschland ist.
Wenn man keine Mehrheit hat, gehört es zu einemermittlungsverfahren, auf die andere Seite zuzugehennd Mehrheiten zu bilden.
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10256 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Renate Künast
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– Nein. Wer als Bundesregierung für seine Vorhaben undVorlagen keine Mehrheit hat, muss im deutschen Ver-mittlungsverfahren auf die Opposition und die Bundes-länder zugehen, um eine Mehrheit herzustellen. Das er-warten wir und das erwartet das ganze Land von einerBundeskanzlerin.
Das haben Sie offensichtlich nicht verstanden, FrauMerkel. – Offensichtlich hat sie es auch gar nicht nötig,hier zu sitzen. Angesichts der Größe der Aufgabe auchein beachtlicher Vorgang!
Wir, Jürgen Trittin und ich, haben Ihnen als Grüne be-reits im Dezember des letzten Jahres geschrieben, FrauMerkel: Wir wollen mit Ihnen über die Frage der Umset-zung reden. – Da war schon fast ein Jahr vergangen;denn das Urteil ist vom 9. Februar 2010. Wir haben ge-sehen, dass Frau von der Leyen es nicht kann. Ihnen,Frau Bundeskanzlerin, mache ich hier und heute denVorwurf, dass Sie das ein Jahr lang haben treiben lassen.Das ist die Feststellung. Sie haben sich nicht für das So-ziale, haben sich nicht für die Kinder engagiert.
Ein Jahr lang haben Sie es treiben lassen, und an die-sem Dienstag haben Sie es dann – das war offensichtlichIhr größtes Missverständnis – mit Basta-Politik versuchtund schon nachmittags angekündigt, dass abends nichtsdabei herauskommt. Wir haben das genau verstanden.Ich will Ihnen an dieser Stelle aber eines sagen: Es ist er-sichtlich, dass Frau von der Leyen das nicht kann. Frauvon der Leyen hat ein Jahr lang das Urteil vor sich her-geschoben. In diesem Urteil wird eine transparente Be-rechnung gefordert. Da kam sie mit einer Berechnungnach Kassenlage. In dem Urteil ist von der Ermittlungdes tatsächlichen Bedarfs die Rede. Da kam sie mit Kas-senlage und rechnerischen Tricksereien. In dem Urteilheißt es: Die Kinder haben einen Anspruch auf Förde-rung. Sie hätten mit uns schon im Februar oder Märzletzten Jahres diskutieren können, wie man das technischmacht. Stattdessen haben Sie den Vorschlag über dieJobcenter unterbreitet; die Kommunen mussten dieweiße Fahne der Kapitulation hissen, weil das nichtging. Sie haben es handwerklich miserabel gemacht,Frau von der Leyen, und auch deshalb hat es so lange ge-dauert.
Frau von der Leyen erzählt gern, was so alles in die-sem Paket drin ist. Entschuldigen Sie bitte, aber Sie ha-ben vergessen, dass die Menschen zum Waschen auchwzweddegNZIcuMsngwDvvgwRsläwDuedbhdewIcNühszb
h weiß doch, wie oft Fritz Kuhn mit neuen Zetteln kamnd sagte: Wir haben wieder einen Fehler gefunden.Wir haben noch einen Fehler gefunden. Sie, Frauerkel, haben zugelassen, dass die FDP kam und vor-chlug „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit nach neun Mo-aten“. Meine Damen und Herren, was soll man mitleichem Lohn für gleiche Arbeit ab neun Monaten,enn der Vertrag gar keine neun Monate dauert?
as ist Ihnen nicht einmal peinlich.Ich sage Ihnen: Das war im Großen und Ganzen einerplempertes Jahr. Sie haben einen Vorschlag gemacht,on dem Jürgen Borchert, der Richter am Landessozial-ericht Hessen, der das Bundesverfassungsgericht des-egen angerufen hat, schon damals gesagt hat: Die altenegelsätze sind willkürlich. Zu Ihrem heutigen Vor-chlag und Ihrem VA-Ergebnis sagt er: Der Gesetzgeberuft mit diesem Entwurf erneut ins offene Messer. – Sieerden uns nicht dazu bringen, für so etwas zu stimmen.
a können Sie hier noch so engelsgleich stehen. Es istnsere Pflicht, nicht einfach zu sagen: „Ist mir dochgal; dann schicken wir es wieder nach Karlsruhe“, son-ern verfassungsgemäße Entwürfe zu machen. Dazu ha-en wir Ihnen wiederholt Vorschläge gemacht.
Sie sagen hier der Stimmung wegen, Mindestlöhneätten in solchen Verhandlungen gar nichts zu suchen,as sei sachfremd. Ich weiß nicht, ob das an der Stelleiskalte Kalkulation ist oder Sie es selber wirklich nichtissen.
h weiß nur, was Herr Laumann sagt, Ihr Mann inRW, liebe CDUler. Er sagt heute – das geht geradeber die Ticker –: Die Verantwortung für das Scheiternat die FDP. Er sagt weiter ganz klar: Wer solche Vor-chläge macht, wenn es um Mindestlöhne und das Prin-ip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ geht, ist entwederöswillig oder hat keine Ahnung.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10257
Renate Künast
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Ich rufe von hier aus Herrn Laumann in NRW zu: Beidestrifft zu. Sie sind böswillig und haben keine Ahnung,meine Damen und Herren von der Koalition.
Warum haben wir entsprechende Vorlagen zu Min-destlöhnen und Regelsätzen in das Gesetzgebungs-verfahren – schon im Bundestag – eingebracht? WeilMindestlöhne und Regelsätze auf das Engste zusammen-gehören. Wenn sich die Regelsätze an den untersten Ein-kommen orientieren; dann dürfen diese Löhne nicht wei-ter sinken. Sonst rechnen wir uns zwangsweise immerweiter nach unten. Aber genau das wollten Sie. Sie kom-men dann zwangsweise zu dem Punkt, an dem die Exis-tenzsicherung durch die Regelsätze überhaupt nichtmehr möglich ist. Deswegen sagen wir Nein zu solchenSpielchen.
Mindestlöhne sind auch deshalb wichtig, weil es inak-zeptabel ist – zumindest für uns –, dass der Staat Bil-liglöhne, die die Menschen aufgrund des Lohndumpingsbekommen, aufstocken muss, dass also wir seitens desStaates gezwungen sind, die Folgen des Lohndumpingsder Firmen mit Steuermitteln auszugleichen. Meine Da-men und Herren von der Union, das ist nicht christlich.Deshalb stimmen wir dem nicht zu.
Ihr Angebot an die Kommunen ist vergiftet; denn IhrGesetzentwurf enthält keine korrekte Berechnung derKosten der Unterkunft und sieht vor, dass der Bundes-agentur für Arbeit 4 Milliarden Euro bei den Arbeits-maßnahmen gestrichen werden. Sie von der CDU/CSUund insbesondere Frau Merkel sagen immer: Hartz IVsoll eine Brücke sein. – Ich stelle mir das so vor: Dugehst als Hartz-IV-Bezieher über die Brücke. In derMitte sollen die Wiedereingliederung und die Qualifizie-rung für Arbeit passieren. In der Mitte sollen die Maß-nahmen der Bundesagentur für Arbeit wirken. Aber inder Mitte nehmen Sie die Bretter aus der Brücke heraus,indem Sie Geld abziehen.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Dem können wir nicht zustimmen. Wir brauchen das
Geld für Bildung und Weiterbildung.
Frau Bundeskanzlerin, schön, dass Sie mir schon wie-
der den Rücken zukehren. Ich weiß aber immerhin, wo
Sie sind.
Ich fordere Sie auf, Frau Merkel: Konzentrieren Sie sich
auf das Wesen des deutschen Vermittlungsverfahrens! Es
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Das Wort hat nun Kollege Max Straubinger für die
DU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wirrleben heute ein Schauspiel von Rot-Grün und den Lin-en. Sie zeigen eine große Verweigerungshaltung gegen-ber den bedürftigen Menschen in unserem Land.
ir als Koalition haben ein Gesetzgebungsverfahren inang gesetzt, weil uns letztendlich das Bundesverfas-ungsgericht aufgetragen hat, ein rot-grünes Gesetz zuparieren und das Ganze in die richtigen Bahnen zu len-en. Aber Sie zeigen eine Blockadehaltung und weigernich, Ihre damaligen Fehler zu korrigieren.
Diese Bundesregierung hat mit Frau Bundesministe-n von der Leyen an der Spitze erstmals ein Bildungs-nd Teilhabepaket für die Unterstützung bedürftigerinder verabschiedet; wir haben das kreiert. Aber Sieerweigern den Kindern die nötige Unterstützung für dieukunft und für die schulische Ausbildung.
ir haben gesetzeskonforme Regelsätze erarbeitet, dieachvollziehbar und transparent gestaltet sind sowie denebensbedürfnissen der Menschen gerecht werden.
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10258 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Max Straubinger
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Auch dies ist unser Auftrag gewesen. Sie verweigernaber den Bürgerinnen und Bürgern, die auf Unterstüt-zung und staatliche Leistungen angewiesen sind, die Er-höhung der Regelsätze um 5 Euro pro Monat.
Sie sind letztendlich die Verweigerer in unseremLand.
Niemand in unserem Land kann verstehen, dass derRegelsatz von 345 Euro richtig gewesen sein soll, weiler von SPD und Grünen kreiert worden ist, aber dass einRegelsatz von 364 Euro, der von CDU, CSU und FDPgemeinsam erarbeitet worden ist, falsch sein soll. Daskann meines Erachtens nicht sein. Das werden die Bür-gerinnen und Bürger, auch wenn Sie ein noch so großesWahlkampfgetöse veranstalten, nicht begreifen.
Es ging bei dem Urteil des Bundesverfassungsge-richts darum, dass wir transparente Regelsätze ermitteln.Dies haben wir getan. Deshalb sind Sie aufgefordert,dem zuzustimmen.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Strengmann-Kuhn?
Ja.
Herr Kollege Straubinger, Sie waren doch selber bei
der Anhörung im Ausschuss und haben die Aussagen der
Experten gehört, die, was die Juristen angeht, eindeutig
gesagt haben, dass dieser Regelsatz nicht den Vorgaben
des Bundesverfassungsgerichts entspricht. Ich könnte
lange nachbeten – das haben wir im Ausschuss lange ge-
nug gemacht –, an welchen Punkten Sie teilweise will-
kürliche Berechnungen durchgeführt haben, die den Vor-
gaben des Bundesverfassungsgerichts nicht genügten
und somit verfassungswidrig waren. Ich weiß nicht, wa-
rum Sie hier versuchen, die Bevölkerung für dumm zu
verkaufen, obwohl Sie wissen, dass dieser Regelsatz
nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ent-
spricht.
Herr Borchert, einer der Experten, ist eben zitiert
worden. Es waren aber noch mehrere anwesend, die ge-
nau dasselbe gesagt haben. Sie rennen wieder in ein of-
fenes Messer. Die Regelung wird wieder vom Bundes-
verfassungsgericht kassiert werden. Sie haben im
Vermittlungsverfahren keinen einzigen Vorschlag ge-
macht, wie der Regelsatz verfassungsgemäß gestaltet
werden kann. Das aber stand im Zentrum des Urteils des
Bundesverfassungsgerichts. Sie verstoßen sehenden Au-
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Herr Kollege Strengmann-Kuhn, diese Eindeutigkeitonnten wir bei der Anhörung in keiner Weise feststel-n.
Natürlich. – Im Gegenteil, unsere Darlegung der Re-elsätze wurde untermauert. Dass diese Berechnung ver-ssungskonform ist, war die Ansicht, die bei den Anhö-ngen geäußert wurde. Während der Verhandlungen imahmen des Vermittlungsverfahrens haben weder diePD noch die Grünen oder die Linke uns darlegen kön-en, dass die Sätze nicht verfassungskonform ermitteltorden wären.
as ist die Wahrheit. Deshalb sind Sie die Verweigerernd Blockierer in unserem Land.
Herr Strengmann-Kuhn, ich bin noch nicht fertig.Die Erhöhung um 6 Euro, die Sie anstreben, hat ineiner Weise mit den verfassungsrechtlichen Vorgabenu tun. Ihre Darlegungen sind falsch. Bei den Regelsät-en muss man auch sehen, dass die kleinen Leute dieseu bezahlen haben.
enn Sie 6 Euro mehr fordern, dann bedeutet das fast00 Millionen Euro mehr, die die Verkäuferin, die Arzt-elferin und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerit kleinen Einkommen mit ihren Beiträgen und Steuernu berappen haben, die jeden Tag früh aufstehen müssennd arbeiten.
Dies zeigt sehr deutlich: Sie machen eine Politik ge-en den kleinen Mann in unserem Land. Sie sind die Un-rstützer der Menschen, die möglicherweise nicht jederbeit annehmen wollen.
ir arbeiten daran, dass jeder in Arbeit kommt. Wir ha-en Erfolge zu verzeichnen. Unter Rot-Grün hatten wir
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10259
Max Straubinger
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5 Millionen Arbeitslose und Bedürftige, jetzt sind es nurnoch 3 Millionen mit fallender Tendenz. Das ist der Er-folg der Bundesregierung unter Angela Merkel.
Das Entscheidende ist, dass wir die Leute in Arbeitbringen. Nicht die Alimentierung über Steuergelder istdas Entscheidende, sondern die Schaffung von Arbeits-plätzen. Daran arbeiten wir. Sie haben sich zum Beispieleiner Erhöhung des Kindergeldes zum 1. Januar verwei-gert; damit wären die Familienleistungen verstärkt wor-den. Sie haben sich steuerlichen Erleichterungen verwei-gert.
Alle diese Maßnahmen, die wir zum 1. Januar 2010 inGang gebracht haben, haben dazu geführt, dass im Jahr2010 ein Wirtschaftswachstum von 3,6 Prozent erreichtworden ist, viele Arbeitsplätze in unserem Land geschaf-fen wurden und die Langzeitarbeitslosigkeit abgebautwerden konnte, wodurch die Menschen in unserem Landweniger auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Dasist der Erfolg unserer Bundesregierung.
Wenn Sie im Zusammenhang mit dem Vermittlungs-verfahren Mindestlöhne einfordern, dann muss ich Ihnensagen: Wir haben dafür gekämpft, dass es mehr Mindest-löhne in unserem Land gibt,
dass 3 Millionen Menschen in verschiedenen Branchenauf Lohnuntergrenzen setzen können. Wir sind auch be-reit, das bei der Zeitarbeit in Gang zu setzen. Aber Sieverweigern sich heute einer Umsetzung der Lohnunter-grenzen in der Zeitarbeit.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Pronold?
Ja, bitte schön.
Herr Kollege Straubinger, Ihr Ministerpräsident und
Parteivorsitzender hat im Januar in aller Öffentlichkeit
und auch gegenüber dem DGB in Bayern versprochen,
dass er sich mit aller Kraft dafür einsetzen – und auch
die FDP überzeugen – wird, dass die Zeitarbeit so regu-
liert werden soll, dass nach einer Zeit von vier Wochen
das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ zum Tra-
gen kommt.
Warum stehen Sie heute nicht mehr zu dem Versprechen,
das der CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer gegeben
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Herr Kollege Pronold, erstens ist mir diese Aussage
es bayerischen Ministerpräsidenten und Parteivorsit-
enden nicht bekannt.
weitens setzen wir in dieser Frage auf die Tatkraft der
arifpartner. Die Tarifpartner haben zum Beispiel in der
tahlbranche erreicht, dass bereits ab dem ersten Tag
qual Pay für den Einsatz von Zeitarbeitnehmerinnen
nd -arbeitnehmern gilt. Wir sind auch überzeugt, dass
tztendlich die Tarifpartner in freier Tarifvereinbarung
erbesserungen mit erarbeiten werden, auch in puncto
qual Pay, gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Ich verstehe
ie nicht,
ie Sie doch immer auch Gewerkschaftsvertreter sein
ollen, dass Sie letztendlich den Gewerkschaften ihr
erhandlungsmandat nehmen wollen; denn das wäre ja
ie Konsequenz Ihres Handelns.
as darf nicht sein. Wir sind überzeugt, dass wir mit tat-
räftigen Arbeitnehmervertretern besondere Löhne ver-
inbaren können. Wir sind nicht für Mindestlöhne, son-
ern wir sind für hohe Löhne für die Menschen in
nserem Land.
Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-
age des Kollegen Schlecht von der Linksfraktion?
Bitte schön. Ich bin immer zur Aufklärung bereit.
Herr Kollege Straubinger, zwei Punkte. Erstens. Kön-en Sie sich, nachdem in den letzten zehn Jahren die ge-erkschaftlichen Handlungsmöglichkeiten durch politi-che Maßnahmen gerade durch Sie in erheblicher Weiseeeinträchtigt worden sind – durch Befristungen, Leihar-eit und Minijobs und vor allen Dingen durch die hierur Debatte stehenden Hartz-IV-Regelungen –, wirklichorstellen, dass es möglich sein sollte, die Leiharbeit ta-fpolitisch zu regulieren? Denn gerade durch die gesetz-chen Regulierungen sind den Gewerkschaften schwerenüppel zwischen die Beine geworfen worden.
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10260 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Michael Schlecht
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Heute hier zu sagen, dass man jetzt noch ein Jahr wartensolle und dass dann die Gewerkschaften das bitte schönregulieren mögen,
ist hochgradig zynisch.
Die zweite Frage.
Sie haben ein Jahr gebraucht, um den heutigen Stand zuerreichen, und es ist nichts dabei herausgekommen. Siehaben jetzt wochenlang im Vermittlungsausschuss zu-sammengesessen. Bei der Bankenkrise hingegen, Ende2008, haben Sie innerhalb von einer Woche ein riesigesRettungspaket für die Banken auf den Weg gebracht.Finden Sie es nicht auch hochskandalös,
dass damals, als es um die Banken ging, alles in fünf,sechs Tagen möglich war, während jetzt auch nach ei-nem Jahr noch nichts herausgekommen ist? Herauskom-men müsste ein Regelsatz von 500 Euro; denn das ist dereinzige Regelsatz, der sich aufgrund der Vorgaben desBundesverfassungsgerichts errechnen lässt und der da-rüber hinaus menschenwürdig ist.
Dass die Linken in unserem Land gerne Pi mal Dau-men rechnen und die Regelsätze nicht nach den Vorga-ben des Bundesverfassungsgerichts berechnen, ist be-kannt. Aber das müssen die kleinen Leute bezahlen, dieSie hier nicht vertreten.
Nicht wir haben ein Jahr lang gebraucht, sondern eswar vorher bekannt, dass die Ergebnisse der Einkom-mens- und Verbrauchsstichprobe erst im September bzw.Oktober vorliegen werden. Wir haben den Auftrag desBundesverfassungsgerichts, diese Regelsätze transparentund vollziehbar zu ermitteln. Deshalb war es notwendig,abzuwarten, bis die statistischen Erhebungen vorlagen.
Man kann deshalb nicht behaupten, wir hätten zu langegebraucht, sondern es gab die Vorgabe – die noch vonden früheren Arbeitsministern der SPD stammte –, Da-ten auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchs-stichprobe zu ermitteln.
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Sie haben zwei Fragen gestellt. Ich habe erst eine be-ntwortet.
Sie werfen uns vor, dass wir zu lange gebraucht hät-n, um die Regelsätze zu ermitteln, und jetzt weitereieben Wochen verhandelt haben. Ich sage Ihnen: Es ge-ört zu Verhandlungen dazu, dass sich beide Seiten be-egen.
ir haben uns bewegt: Beim Bildungs- und Teilhabe-aket haben wir fast über 400 Millionen Euro zusätzlichur Verfügung gestellt, damit die Kommunen die Vor-aben umsetzen können. Wir waren bereit, einen Min-estlohn für den Bereich Aus- und Weiterbildung zu kre-ren. Wir sind bereit für die Zeitarbeit.
ir sind bereit, eine Mindestlohngrenze für das Wach-nd Sicherheitsgewerbe festzulegen. Wir haben uns inen entscheidenden Fragen bewegt, aber auch die ge-ammelte linke Opposition muss sich bewegen, statt zuersuchen, ihren gesamten Forderungskatalog durchzu-etzen.Wenn Sie darauf anspielen, dass wir innerhalb kürzes-r Zeit den Sparerinnen und Sparern unter die Arme ge-riffen haben:
as Bankensystem zu retten, war eine wichtige Aufgaber die Sparerinnen und Sparer in unserem Land, undwar nicht wegen der Banken, sondern es ging darum,ass die Ersparnisse der Menschen sicher sind.
Ich bin noch bei der ersten Frage. – Sie werfen unsor, dass wir durch die Lösung der Probleme der Zeit-rbeit oder anderer Arbeitsverhältnisse die Gewerk-chaften ihrer Gestaltungsmöglichkeit beraubt hätten,abei haben SPD-Minister die Befristungen und andereaßnahmen beschlossen. Wir haben gar nichts verän-ert. Sie müssen sich also an die Kolleginnen und Kolle-en der SPD wenden und nicht an uns.
Verehrte Damen und Herren, in all den Wahlkämpfen,ie vor uns liegen,
erden Sie nicht bestehen können, wenn Sie sich daraufaprizieren, hohe Regelsätze zu haben. Ich bin überzeugt,
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10261
Max Straubinger
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den Menschen ist es wichtig, in Arbeit zu kommen. Daswerden wir mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an derSpitze, mit unserer Bundesarbeitsministerin und demBundeswirtschaftsminister tatkräftig umsetzen, um diesoziale Lage der Menschen in unserem Land zu verbes-sern.Sie hätten heute im Bundesrat die Chance gehabt– möglicherweise haben Sie sie noch –, die soziale Lageder Menschen zusätzlich zu verbessern, wenn Sie unse-ren Vorschlägen zustimmen würden. Damit wären dieGrundlagen für die Menschen gelegt, die in Deutschlandam Existenzminimum leben müssen.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und die Ge-duld.
Kollege Straubinger, das nennt man Glück: durch
Zwischenfragen eine doppelte Redezeit erreichen.
Das Wort hat nun Kollege Sigmar Gabriel für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir allehaben jetzt noch einmal die Argumente gehört, aber wirmüssen natürlich aufpassen, dass wir hier im Hausenicht das tun, was ein saarländischer Ministerpräsidenteinmal als Theaterspiel bezeichnet hat. Wir alle wissen,dass im Bundesrat zwischen allen Parteien längst wiederüber die Neuaufnahme des Vermittlungsverfahrens ver-handelt wird, und das ist auch gut so.
Auf Antrag von Kurt Beck und anderen ist das zustandegekommen.
Wissen Sie, wozu ich keine Lust habe? Wir hätten Ih-nen eine Niederlage bei der Abstimmung im Bundesratbeibringen können. Das werden wir, wenn das vernünf-tig läuft, nicht tun, nicht weil wir Ihnen ungern Niederla-gen beibringen – –
– Quatschen Sie doch nicht immer dazwischen! HörenSie doch mal eine Sekunde zu!
– Gut, okay. Ich habe es versucht. Das ist bei Ihnen of-fensichtlich nur schwer möglich. Herr Kauder weiß aber,wovon ich rede.Wir dürfen hier kein Vieraugenparlament werden,wwapdinsDdsreasbgdzzEdgeddwSbBicdSgdESstezkEgL
o wir uns unter vier Augen immer sagen: „Das könnenir eigentlich nicht machen; eigentlich müssten wir dasnders machen“, es aber dann, wenn das dritte Augen-aar dabei ist, wieder ganz anders machen. Wir wissenoch – jedenfalls die meisten von uns –, dass da draußen der Öffentlichkeit ein völlig anderer Eindruck ent-teht; da hat der Kollege von den Linken schon recht.er Eindruck da draußen ist, dass wir in wenigen Stun-en in der Lage waren, Milliarden zur Bankenrettung zu-ammenzubringen – wir haben sie gerettet wegen unse-r Bevölkerung, nicht wegen der Banken –,
ber dass wir offensichtlich in Monaten nicht in der Lageind, für Millionen von Menschen gemeinsam eine Ver-esserung zu erzeugen.Wenn wir jetzt erklären, Sie seien schuld, und Sie sa-en, wir seien schuld, dann überrascht das die Leute daraußen auch nicht, weil die davon ausgehen, dass wiru nichts anderem in der Lage sind, als uns gegenseitigu erklären, was der andere falsch gemacht hat.Unter vier Augen sagen wir: Leute, wir müssen einrgebnis erzielen. – Wenn wir heute im Bundesrat beier Abstimmung gewinnen würden – und wir würdenewinnen –, dann würden wir alle eine große Niederlagerleiden, weil die Menschen draußen sich noch mehr voner Politik abwenden würden. Das ist der Grund dafür,ass wir überhaupt zusammenkommen.
Darum geht es, dass wir es noch einmal versuchenollen. Wir hätten das heute hinbekommen – keineorge; mit den Ländern, in denen wir an der Regierungeteiligt sind, haben wir das eng abgestimmt –, aber Kurteck startet zusammen mit anderen – zum Beispiel, wieh höre, mit dem CDU-Kollegen aus Sachsen-Anhalt –en Versuch, doch noch ein Ergebnis zu erzielen.Frau von der Leyen, es macht doch keinen Sinn, dassie hierherkommen und so tun, als sei das alles sozusa-en von vornherein dufte gewesen. Sie wissen doch,ass Sie zum Beispiel vergessen hatten, 277 Millionenuro für Warmwasser in den Regelsatz einzurechnen.
ie wissen doch, dass Ihre eigenen Kollegen Ihnen ge-agt haben: Du kannst doch nicht wirklich die Mitarbei-r der Arbeitsverwaltung für die Entscheidung darüberuständig machen wollen, welche Kinder Nachhilfe be-ommen. – Das haben Ihnen Ihre Leute gesagt.
in bisschen mehr Demut bei der Debatte wäre doch an-emessen angesichts der Tatsache, dass Ihre eigeneneute Ihre Vorschläge kassiert haben.
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10262 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Sigmar Gabriel
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Frau von der Leyen, wir sind uns nicht einig darüber,dass nur ein Teil der Kinder ein Mittagessen bekommensoll.
Wir sind uns nicht einig darüber, dass 10 Euro als Mini-betrag für Familien die Familien besserstellen und zu ei-ner besseren Bildung der Kinder beitragen, wie das IhrerMeinung entspricht. Unsere Richtung ist eine andere.Wir wollen die Schulen und die Kindertagesstätten stär-ken. Darum geht es, Frau von der Leyen.
Wir sind uns auch nicht einig darüber, ob die Kom-munen tatsächlich eine bessere finanzielle Ausstattungbekommen. Allerdings – das will ich offen sagen –: Wirsind einen großen Schritt weitergekommen bei derFrage: Wie bekommen wir die Finanzierung hin? LassenSie uns die nächsten beiden Schritte, die Sie jetzt amEnde nicht mehr gehen wollten, noch machen und wirk-lich dafür sorgen, dass die Kommunen sicher sein kön-nen, dieses Geld zu bekommen. Wir wissen aber auch– das sagen wir wieder nur unter vier Augen –, was pas-siert, wenn nicht drinsteht, wofür das Geld genutzt wer-den soll, nämlich für Schulsozialarbeit.
Nun könnte man sagen: Nein, wenn das dritte Augen-paar dabei ist, dann werden das natürlich alle machen. –Ja, viele werden es machen, aber manche haben dieKommunalaufsicht im Haus und werden das Geld nichtin die Schulen geben. Deswegen lassen Sie uns das ent-sprechend festlegen.Frau von der Leyen, Sie wissen doch auch, dass esnicht stimmt, dass die Debatte um Mindestlöhne oderLeiharbeit hier nicht mit hineingehört. Es geht uns allendoch offensichtlich darum, dass sich Arbeit lohnenmuss.
Aber das erreichen wir nicht dadurch, dass man dieHartz-IV-Sätze möglichst niedrig ansetzt, sondern da-durch, dass Mindestlöhne eingeführt werden. Hier sindwir in der Tat einen großen Schritt weiter zueinanderge-kommen. Aber warum ziehen Sie nicht eine wirklicheLohnuntergrenze ein, indem Sie die Mindestlöhne auchim Arbeitnehmer-Entsendegesetz festschreiben?
Durch das, was Sie jetzt machen, eröffnen Sie wiederneue Schlupflöcher. Und Sie wissen doch, was dann pas-siert: Die Menschen, denen wir etwas versprochen ha-ben, erleben in der Realität etwas ganz anderes, undnicht die Unternehmer, die diese Schlupflöcher nutzen,werden dann am Pranger stehen, sondern die Politik istwieder schuld, weil sie etwas versprochen hat, was nichteingehalten wird. Deshalb brauchen wir ein besseres Ge-setz beim Mindestlohn.EsmdtiNHsramW–szIhWS–hrennDhwd
s sind nur noch wenige Meter, die wir da gehen müs-en. Das muss doch zu schaffen sein, verdammt nochal!
Da Sie von der FDP ja nun gar nicht wollen, dass wira zueinanderkommen, zitiere ich einmal aus einer heu-gen Meldung. Vielleicht ist es ja so möglich, bei Ihnenachdenklichkeit zu erzeugen. Da steht, dass Sie dasauptproblem der Verhandlungen gewesen sind. Wieehr sich die FDP da verrannt hat, wird zum Beispiel da-n deutlich, dass Ihnen, Herr Kolb, der Spitzname Gro-yko gegeben wurde, weil Sie in den Verhandlungen imesentlichen immer „Njet“ gesagt haben.
Na gut, Herr Goldmann, dann zitiere ich eben die FDPelber. Vom schleswig-holsteinischen Sozialminister, derugleich auch stellvertretender Ministerpräsident ist undrer Partei angehört, heißt es dort:Dabei würde er es sehr begrüßen, wenn sich dieFDP in den Streitfragen zur Lohnuntergrenze undzur gleichen Bezahlung von Stammbelegschaftenund Leih- und Zeitarbeitern „weniger dogmatischals bisher zeigen würde“.
eiter heißt es – hören Sie genau zu; es geht um Ihrenozialminister –:Garg hob hervor, dass es sozial- und gesellschafts-politisch richtig sei, für die Zeitarbeit eine Lohnun-tergrenze vorzuschreiben.
Nein, es gibt Ausnahmetatbestände, die Sie hereinver-andelt haben.Wenn Sie schon nicht auf die Sozialdemokraten hö-n, dann hören Sie wenigstens auf Ihren Koalitionspart-er: Herr Laumann, der Bundeschef der CDU-Arbeit-ehmerschaft,wies der FDP unterdessen eine Mitverantwortungfür das Scheitern der Hartz-IV-Einigungsgesprächezu. Wer wie die FDP eine gleiche Bezahlung fürLeiharbeiter erst nach neun Monaten wolle, sei ent-weder „böswillig oder hat keine Ahnung“ …em ist nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.
Lassen Sie uns also offen miteinander umgehen. Wiraben uns jetzt noch einmal gegenseitig gezeigt, wie gutir reden können. Unsere Rednerin war, wie ich finde,ie bessere.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10263
Sigmar Gabriel
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Sei es drum. Darum geht es nicht. Lassen Sie es uns of-fen sagen und dem Bundesrat zurufen: Wir halten es fürrichtig, dass ihr dort miteinander, egal welcher Regie-rung ihr angehört, das Vermittlungsverfahren wieder er-öffnen wollt!
Wir finden es richtig, dass nicht aufgehört wird, eine Lö-sung zu suchen! Wir finden es richtig, dass wir alle dreiTeile, bei denen wir ja kurz vor einer Lösung stehen, zu-einanderbringen! – Wir können damit der Bevölkerungzeigen, dass wir mehr können, als uns zu streiten. DieLandtagswahlen werden zeigen, dass das uns allen gut-tut. Wenn wir das jetzt nicht machen, dann werden wiralle bei den Landtagswahlen bestraft, weil sich die Leutevon uns abwenden. Das ist der Grund, warum wir wiederverhandeln wollen, meine Damen und Herren.
Das Wort hat nun Birgit Homburger für die FDP-
Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
möchte noch einmal festhalten, dass wir in diesem Ver-
fahren ein weitreichendes Angebot gemacht haben. Für
all diejenigen, die uns hier zuhören und die es nicht so
ermessen können wie diejenigen, die im Verfahren drin-
stecken, möchte ich es noch einmal an einer Zahl ver-
deutlichen: Wenn man alles zusammenrechnet – das
Bildungspaket, die Grundsicherung und das, was bei
Hartz IV gemacht werden soll –, dann kommt man auf
eine Summe von 7 Milliarden Euro jährlich. Das haben
wir angeboten.
Frau Schwesig hat vorhin in ihrer Rede hier gesagt, die
Ministerin habe sich hier im Klein-Klein verloren.
Sehr verehrte Frau Schwesig, wenn Sie sich das noch
kurz anhören würden?
Sie haben es offensichtlich nicht nötig, zuzuhören.
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as ist ein entscheidender Punkt.
Selbst Herr Kurth von den Grünen kritisiert die ei-
ene Verhandlungsführung und sagt: Wir haben die Ver-
andlungen mit sachfremden Forderungen überfrachtet.
enn Sie die sachfremden Forderungen weggenommen
ätten, hätten wir schon längst ein Ergebnis erreicht.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenbemer-
ung des Kollegen Schlecht von der Fraktion Die Linke?
Ja, bitte.
Frau Homburger, ich möchte auf einen Punkt einge-en, den Sie bei der Auflistung Ihres wunderbaren Pa-ets gerade gar nicht erwähnt haben: Das ist die in derat absolute Blockade der FDP in der Frage der Leih-rbeit.Gerade in Baden-Württemberg gibt es jetzt wieder ei-en Aufschwung. In diesem Aufschwung hat allerdingsie Leiharbeit massiv um sich gegriffen. Wissen Sie ei-entlich, dass zum Beispiel Daimler in Untertürkheimeute zwar wieder die Beschäftigtenzahl wie vor derrise hat, dass aber heute 800 Leiharbeitnehmer mehr iniesem Betrieb beschäftigt sind und dass dort wegen dereiharbeit Vollzeitarbeitsplätze vernichtet worden sind?as ist wirklich menschenunwürdig. Ähnliche Beispieleönnte man in vielen anderen Betrieben bei uns im soge-annten Musterländle finden.
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10264 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
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Herr Kollege, ich würde Ihnen anraten, sich einmal
anzuschauen, wie das in den Betrieben in den letzten
Jahren gelaufen ist und wie das jetzt läuft. Wenn Sie sich
mit der Realität befassen würden, würden Sie nämlich
feststellen, dass in den letzten Jahren, wenn es einen
Aufschwung gab, zunächst über Zeitarbeit eingestellt
wurde. Die Zeitarbeitnehmer hatten dann über diese
Brücke eine Chance auf eine sozialversicherungspflich-
tige Beschäftigung. Wer diese Brücke wie Sie einreißen
will, der handelt unsozial.
Es bleibt festzuhalten: Wir haben mit über
12 Milliarden Euro für die Kommunen in den Jahren
2012 bis 2015 ein weitreichendes Angebot gemacht.
Sie verhindern das Bildungspaket. Sie verhindern die
Entlastung der Kommunen durch überzogene Forderun-
gen beim Regelsatz. Das ist die Wahrheit. Deswegen
muss das hier noch einmal festgestellt werden.
In allen anderen Punkten haben wir Kompromisse ge-
funden. Aber am Ende sind die Verhandlungen an Ihren
überzogenen Forderungen beim Regelsatz gescheitert.
Wir haben vom Bundesverfassungsgericht den Auf-
trag erhalten, den Regelsatz transparent neu zu regeln.
Genau diesen Auftrag haben wir wahrgenommen. Wir
haben zum ersten Mal ein transparentes Regelwerk vor-
gelegt. Ich halte an dieser Stelle noch einmal fest, dass
auch Sie von der SPD nicht mehr sagen, dass das nicht
richtig sei. Im Gegenteil: Sie haben offensichtlich akzep-
tiert, dass unsere Berechnungen absolut verfassungsfest
sind.
Auch Sie reden nicht mehr davon, dies verfassungsfest
zu machen. Sie reden nur noch darüber, dass man es ver-
fassungsfester machen muss. Ich sage Ihnen: Entweder
ist eine Regelung verfassungsfest, oder sie ist es nicht.
Ich sage: Sie ist verfassungsfest. Deswegen bleiben wir
bei den 5 Euro!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, von
der SPD und von den Grünen, wer den Aufschwung über
Hartz-IV-Sätze organisieren will, der liegt daneben; der
vergisst, dass all das, was wir hier ausgeben, von den
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er heute das Riesenangebot ablehnt, das wir auf den
isch legen – es enthält auch eine Grundsicherung, von
er Kommunen profitieren –, der versündigt sich an den
ommunen. Ab heute ist jedes Schlagloch einer kom-
unalen Straße ein rot-grünes Schlagloch; das müssen
ie wissen.
Meine Damen und Herren, wir sind an einem Ergeb-
is interessiert. Wir haben hier ein großartiges Angebot
uf den Tisch gelegt. Ich kann Sie nur auffordern: Neh-
en Sie dieses Angebot endlich an! Es ist ein Angebot
r einen verfassungsfesten Hartz-IV-Regelsatz, ein An-
ebot für ein Bildungspaket für Kinder, wie es noch nie
der Bundesrepublik Deutschland da war, und ein An-
ebot für Mindestlöhne.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.
Herr Präsident, ich bin gleich so weit. – Wir haben
uch bei den Mindestlöhnen ein Angebot gemacht. Ich
age Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren:
lles, was Sie dort gefordert haben, haben wir als FDP
nen in den Verhandlungen zugestanden. Deshalb halte
h fest: Wenn das Gesetz jetzt scheitert, dann scheitert
s an Ihren überzogenen Forderungen.
Frau Kollegin, Sie müssen wirklich zum Ende kom-
en.
Wir fordern Sie auf, im Bundesrat genau das zu tun,as Sie jetzt gesagt haben, nämlich sich auf einen Punktu konzentrieren. Wenn wir das tun, werden wir gemein-am zu einem Ergebnis kommen.Vielen Dank.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10265
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Das Wort hat nun Kollege Peter Altmaier für die
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Es ist richtig, was Herr Gabriel sagt, dass genau
in dieser Stunde im Bundesrat Ministerpräsidenten der
CDU und Ministerpräsidenten der SPD gemeinsam ver-
suchen, ein Scheitern dieses Gesetzesprojektes zu ver-
hindern. Ihre eigenen Ministerpräsidenten haben er-
kannt, dass das, was Ihre Redner – Frau Schwesig, Herr
Heil, Frau Künast – heute Morgen an die Wand fahren
wollten,
was sie in Grund und Boden verdammt haben, ein gutes
Vorhaben ist und es sich lohnt, dieses Vorhaben zu ret-
ten.
Deshalb werden wir ungeachtet aller Polemik dafür sor-
gen, dass dieses Gesetz in absehbarer Zeit in Kraft tritt.
Lassen Sie mich einen Satz zum Argument der Ver-
fassungswidrigkeit sagen – es wurde immer wieder das
Wort „verfassungsfest“ verwendet –:
CDU und CSU tragen seit fünf Jahren Verantwortung in
der Bundesregierung; es ist in Karlsruhe noch kein einzi-
ges Gesetz aufgehoben worden, für das ein CDU- oder
CSU- oder FDP-Minister in dieser Zeit federführend
verantwortlich war. Alle Gesetze, die aufgehoben wor-
den sind – Luftsicherheitsgesetz, Zuwanderungsgesetz
und Hartz IV –, waren Gesetze, für die die rot-grüne Ko-
alition verantwortlich gezeichnet hat.
Sie wurden für verfassungswidrig befunden, weil sie ju-
ristisch und inhaltlich schlecht gemacht waren. Wir ha-
ben von Ihnen, schon gar nicht von der Linken, keine
verfassungsrechtlichen Belehrungen nötig.
Das, was auf dem Tisch liegt, ist ein Paket, das die
Kommunen in einer Art und Weise entlastet, wie es in
den letzten 15 Jahren nicht geschehen ist. Lesen Sie
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lle Äußerungen nach diesem Zeitpunkt sind positiveußerungen. Je länger diskutiert wird, desto mehrpricht sich herum, was in diesem Paket enthalten ist.
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10266 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
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Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-
frage des Kollegen Ilja Seifert von der Fraktion Die
Linke?
Ja, gerne.
Herr Kollege Altmaier, Sie sprachen gerade davon,
dass es eine sozialpolitisch vorbildliche Leistung sei, die
Sie abliefern wollen. Können Sie mir bitte sagen, worin
das Vorbildhafte besteht, wenn bei erwachsenen behin-
derten Menschen, die nicht erwerbsfähig sind, 20 Pro-
zent des Regelsatzes einfach so weggenommen werden?
Das sind nach alter Rechnung 68 Euro und nach neuer
Rechnung 73 Euro. Können Sie mir sagen, inwiefern das
eine sozialpolitisch vorbildliche Leistung sein soll?
Herr Kollege Seifert, wir haben ein Gesamtpaket vor-
gelegt. Wir haben wochenlang im Vermittlungsaus-
schuss darüber verhandelt. Weder die Kollegen von den
Grünen noch die Kollegen von der SPD haben in diesen
Wochen diesen Punkt thematisiert.
Ich sage Ihnen aber zu, weil ich die Arbeit und die Argu-
mente des Behindertenbeauftragten Hubert Hüppe sehr
schätze – er ist ein seriöser Mensch, der sich diese Dinge
genau überlegt hat –,
dass wir das bei nächster Gelegenheit prüfen und gege-
benenfalls korrigieren werden.
Herr Kollege, es gibt weitere Zwischenfragen.
Ja, gerne.
Kollegin Ferner und dann Kollegin Hagedorn.
Lieber Kollege Altmaier, habe ich recht, wenn ich
sage, dass ich Sie in der ersten bzw. zweiten Runde der
Unterarbeitsgruppe nochmals, nachdem wir das Thema
in allen Vermittlungsrunden schon angesprochen hatten,
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as Sie in den letzten zehn Jahren gegenüber Ihren eige-
en Finanz- und Sozialministern zu keinem Zeitpunkt
urchsetzen konnten. Sie haben uns eine Weihnachts-
unschliste, ein Sammelsurium präsentiert.
In der allerletzten Sitzung, in der informellen Runde
da waren Sie nicht mehr dabei, aber die Kollegin
chwesig war dabei –, in der wir versucht haben, Lösun-
en zu finden, haben Sie Forderungen im Wert von
Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. In welcher Zeit
ben wir eigentlich? Wir haben gemeinsam eine Schul-
enbremse im Grundgesetz vereinbart. Wir haben enge
inanzierungsspielräume bei den Kommunen, bei den
ändern und beim Bund.
ir müssen vielen Bürgerinnen und Bürgern, Facharbei-
rn, Beamten, Angestellten, Einschränkungen zumuten,
nd Sie tun so, als ob wir es hier mit einem finanzpoliti-
chen Wunderland zu tun hätten, in dem man die Milliar-
enforderungen nur aneinanderzureihen braucht. Sie
ind aus der Zeit gefallen. Sie werden erleben, dass Sie
amit keine Wähler für die SPD zurückgewinnen. Sie
erden höchstens noch mehr Wähler den Linken in die
rme treiben.
Herr Kollege, die Kollegin Hagedorn möchte einetzte Zwischenfrage zu dieser Rede stellen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10267
)
)
Herr Kollege Altmaier, wir sind uns darüber einig
– ich glaube, alle in diesem Haus –, dass die Kommunen
dringend auf Entlastung warten. Wir alle wollen ihnen
diese geben. Stimmen Sie mir zu, wenn ich das Angebot
gerade aus kommunaler Sicht als vergiftetes Angebot
bezeichnen würde? Stimmen Sie mir zu, dass Sie planen,
bis 2015 bei der Bundesagentur für Arbeit 15 Milliarden
Euro als Gegenfinanzierung für die Besserstellung der
Kommunen zu kürzen? Stimmen Sie mir weiterhin zu,
dass diese Koalition bereits mit ihrem Sparpaket zusätz-
lich 10 Milliarden Euro für aktivierende Arbeitsmarkt-
politik bei der Bundesagentur für Arbeit bis 2014 strei-
chen will? Können Sie diesem Haus vielleicht erklären,
wie dann der Anspruch, der vorhin von Ihrer Seite for-
muliert worden ist, dass Sie Menschen in Arbeit bringen
wollen, mit einem Minus von 24 Milliarden Euro in den
nächsten Jahren verwirklicht werden soll?
Frau Kollegin Hagedorn, zunächst einmal stimme ichIhnen zu, dass wir die Kommunen in den nächsten Jah-ren um über 15 Milliarden Euro netto entlasten werden.
Das ist die größte Entlastung der Kommunen, die es inden letzten Jahren gegeben hat. Ich freue mich, dass dasheute zum ersten Mal ein Vertreter der Opposition gesagtund anerkannt hat. Deshalb sollten Sie dem auch zustim-men.
Der zweite Punkt ist: Es ist richtig – wir haben das inder Protokollerklärung der Bundesregierung im Bundes-rat auch gesagt –, dass wir einen Teil dieser Entlastungdurch einen halben Mehrwertsteuersatzpunkt finanzierenwerden, der der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügunggestellt worden war. Das können wir deshalb tun, ohnedass die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung steigen,ohne dass es zu Engpässen kommt, weil es uns seitÜbernahme der Bundesregierung durch Angela Merkelgelungen ist, die Arbeitslosenzahl von 5 Millionen unterGerhard Schröder auf unter 3 Millionen zu senken. Wirwerden diese Politik in den nächsten Jahren fortsetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der ent-scheidende Punkt, warum wir am Sonntagabend und amDienstagabend nicht zu einem Ergebnis gekommen sind,bestand darin, dass der Kollege Kuhn von den Grünenund die Kollegin Schwesig von der SPD in vielem mituns einer Meinung waren, aber am Ende sagten: Wir be-stehen darauf, dass es zu einer Erhöhung des Regelsatzeskommt, egal auf welche Weise und egal in welcherForm. Das hat deutlich gemacht, dass es Ihnen nicht umgute Lösungen gegangen ist, sondern um Ideologie.
dRe1gteASd1nz–vinSwgHmtidjevgudnzcDhmdKAisguktiu
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das könnenie niemandem erklären. Aber ich kann Ihnen erklären,ass allein mit diesem Vorschlag Mehrkosten von,1 Milliarden Euro verbunden wären. Dies ist es miricht wert, Ihren ideologischen Steckenpferden gerechtu werden, nur damit wir gute Lösungen, die wir haben 23 Euro für Mobilität für jedermann –, dann auch nocherschlechtern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben dieser ganzen Verhandlungsrunde eines gezeigt: dassie selbst nicht mehr hinter dem stehen, was als eine derenigen positiven Errungenschaften aus der Zeit der rot-rünen Koalition übrig geblieben ist. Die Agenda 2010,err Kollege Steinmeier, die auch mit Ihr Werk war, hatit dazu beigetragen, dass wir in der Arbeitsmarktpoli-k zu einer grundlegenden Trendwende gekommen sind,ass heute mehr Menschen in Brot und Arbeit sind alsmals zuvor, dass wir heute über 40 Millionen sozial-ersicherungspflichtig Beschäftigte haben.
Aber es gibt einen großen Teil Ihrer Fraktion, dem dieanze Richtung nicht passt. Sie haben all Ihre Bedenkennd all Ihren Unmut gegen diese Agenda und gegeniese Reform, die ein Kernstück der Agenda war, be-utzt, um die Verhandlungen im Vermittlungsausschussu überfrachten, zu überladen, finanziell maßlos zu ma-hen.
eshalb war es richtig, dass wir die Notbremse gezogenaben, dass wir gesagt haben: Wir beenden dieses Ver-ittlungsverfahren an dieser Stelle und sorgen dafür,ass Vernunft in die Debatte einkehrt. Immerhin: Derollege Gabriel scheint es bemerkt zu haben; denn seinngebot, jetzt noch einmal ruhig und sachlich zu reden,t genau das, was wir die ganze Zeit über als Angebotemacht haben.
Ich sage Ihnen: Wir können in den nächsten Tagennd Wochen dazu beitragen, dass wir zu einer Lösungommen, die den Betroffenen schnell und unproblema-sch ihre Ansprüche bei der Erhöhung des Regelsatzesm 5 Euro und beim Bildungspaket zugutekommen
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10268 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Peter Altmaier
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lässt. Das Einzige, was Sie tun müssen, ist, dass Sie vonIhren ideologischen Maximalforderungen abgehen undbereit sind,
anzuerkennen, dass das Paket, das wir auf den Tisch ge-legt haben, ein gutes Paket ist, das den Menschen hilft,das den Kommunen hilft und das deshalb möglichstschnell in Kraft gesetzt werden sollte.Vielen Dank.
Das Wort zu zwei Kurzinterventionen nacheinander
erteile ich dem Kollegen Fritz Kuhn und dann der Kolle-
gin Ulla Schmidt.
Lieber Herr Altmaier, nach sechs, sieben Wochen
Verhandlungen war das jetzt, finde ich, unter Ihrem Ni-
veau.
Sie waren in den Verhandlungen differenzierter als ge-
rade hier.
Ich möchte klar sagen: Was die Verhandlungen so
schwierig gemacht hat, war, dass Schwarz und Gelb, vor
allem getrieben von der FDP, keine konkreten Kompro-
missvorschläge mehr gemacht haben,
sondern immer nur gesagt haben: Es gilt der Gesetzent-
wurf, über Weiteres reden wir nicht. Die FDP hat sogar
Zickzackverhandlungen geführt.
Beim Thema Equal Pay wollte sie erst neun Monate,
dann hat der Generalsekretär, der die Verhandlungen aus
dem Hintergrund immer kommentiert hat, plötzlich
sechs Monate gesagt.
Zwei Tage später sprach man wieder von neun Monaten.
Wenn es um Seriosität und Maximalforderungen geht,
schauen Sie von Ihnen aus gesehen nach links. Dort sitzt
die FDP; wir sitzen dort nicht.
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Einen zweiten Punkt möchte ich ansprechen. Sie re-
en jetzt von dem großzügigen Angebot an die Gemein-
en. In der Tat sollen die Gemeinden, wenn ich alles,
as gegenzurechnen ist, abziehe, 1,7 Milliarden Euro er-
alten. Die Kosten der Grundsicherung, die sie gerade
agen, liegen bei 3,5 Milliarden Euro. Sie müssen auf-
rund des alten KdU-Streits auf etwa 1,8 Milliarden
uro verzichten.
Herr Kollege Kuhn, Sie müssen zum Ende kommen.
– Ich bin gleich am Ende. –
as macht netto 1,7 Milliarden Euro. Klar ist doch, dassieses Angebot mit dem Verhandlungsgegenstand nichtsu tun hat. Sie haben einfach nebenher das Angebot vonhrlich 1,7 Milliarden Euro für die Kommunen auf denisch gelegt und werfen uns vor, dass wir finanzpoliti-che Maximalforderungen stellen. Sie haben versucht,ns vor das Kanonenrohr zu schieben –
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10269
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Herr Kollege.
– ich bin sofort fertig – und vor die Alternative zu
stellen: Bist du für die Hartz-IV-Empfänger oder für die
Gemeinden? Wir sagen: Wir sind für die Hartz-IV-Emp-
fänger und für die Gemeinden. Diese Nummer geht mit
uns wirklich nicht.
Die zweite Kurzintervention sollten wir vorne weg
zulassen. Kollegin Schmidt, bitte.
Vielen Dank. – Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil
der Kollege Altmaier nach meiner Auffassung sehr un-
zureichend oder überhaupt nicht auf die Fragen geant-
wortet hat, die der Kollege Seifert und auch die Kollegin
Ferner gestellt haben.
Ich habe in der letzten Woche eine Werkstatt für Be-
hinderte besucht. 400 geistig schwerbehinderte Men-
schen arbeiten dort acht Stunden pro Tag ihren Fähigkei-
ten entsprechend. Etwa 200 von ihnen wohnen zu Hause
bei ihren Eltern, die anderen circa 200 in Einrichtungen
und Heimen, auch in solchen der Lebenshilfe. All diesen
400 Menschen sagt diese Regierung: Ihr bekommt den
Regelsatz um 20 Prozent gekürzt. – Alle 400 sind dauer-
haft erwerbsunfähig. Hier geht es nicht darum, Maximal-
forderungen zu erheben. Es geht auch nicht darum, An-
sprüche auszuweiten.
Sie verringern mit Ihrem Gesetz den bestehenden An-
spruch darauf, dass ein über 25-Jähriger, der zu Hause
oder in einer Wohngemeinschaft lebt, gleichbehandelt
wird, egal ob er im Hartz-IV-Bezug oder im SGB-XII-
Bezug ist, wenn er dauerhaft erwerbsunfähig ist. Das ist
eine Schande, und das hat mit Sozialpolitik nichts mehr
zu tun.
Darauf würde ich gerne eine Antwort von Ihnen hören.
Das Bundessozialgericht hat gesagt: Es gibt keinen
Grund für ein unterschiedliches Existenzminimum für
beide Gruppen. Frau von der Leyen hat mir als Antwort
auf meine Frage geschrieben: Wir halten das Gerichts-
urteil für falsch, und deshalb ändern wir das Gesetz. Ich
sage Ihnen: Da es hier um Ansprüche geht, können Sie
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Herr Kollege Altmaier, bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kolleginchmidt, Sie waren bei den Verhandlungen nicht dabei.
h habe vorhin gesagt: Ich kann mich nicht an jedes ein-elne Detail erinnern, das die Kollegin Ferner erwähntat. Ich bin aber gerne bereit, zuzugestehen, dass sie eso, wie sie es geschildert hat, vorgetragen hat.Ich saß in den entscheidenden Verhandlungsrundenit Frau Schwesig, Herrn Oppermann und Herrn Kuhnn drei Tagen und in drei Nächten zusammen. Wir habenber 100 verschiedene Punkte gesprochen. Dieser Punktt von SPD und Grünen in dieser Chefrunde kein einzi-es Mal thematisiert worden.
h finde es nicht in Ordnung, dass Sie, wenn Ihnen die-er Aspekt nicht wert ist, in den Verhandlungen themati-iert zu werden, vor dem Forum der Öffentlichkeit son, als sei dies aus Ihrer Sicht der wichtigste Punkt deresamten Veranstaltung gewesen.
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10270 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Peter Altmaier
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Herr Kollege Kuhn, auch Sie waren in den Verhand-lungen ein sachlicher und ein fairer Partner. Aber Siesollten das, was vom Bundesrat beschlossen wird, genaulesen. Wenn Sie sagen, der Entlastung der Kommunenbei der Grundsicherung stünden Mehrbelastungen von1,8 Milliarden Euro bei den KdU entgegen, dann dürfenSie nicht vergessen, dass wir noch am Mittwoch die Pro-tokollerklärung so geändert haben, dass in Zukunft eineBerechnung nach Istkosten erfolgt. Das hat große Freudebei den Kommunen und erhebliche Sorgen beim Finanz-minister ausgelöst. Aber es ist ein Grund dafür, dass in-zwischen immer mehr kommunale Vertreter sagen: Ihrmüsst dieses Paket retten; denn dieses Paket wird unsereLage durchgreifend verbessern.
Der zweite Punkt, lieber Kollege Kuhn, ist: Sie habenzu Beginn dieser Verhandlungen Forderungen gestellt.Sie haben jetzt gesagt: Man darf die Verhandlungennicht überfrachten. – In der allerersten Runde, in der Sieuns Ihre Wünsche ausgebreitet haben, hatten Sie aller-dings Wünsche für über 20 000 Sozialarbeiter im Ge-genwert von 2,5 Milliarden Euro. Sie hatten Wünschefür Steigerungen des Regelsatzes an verschiedenen Stel-len. Wenn man diese addiert, kommt man auf 2,5 Milliar-den Euro.
Sie haben alle Ihre Wünsche aufgeführt, und daraufhinhat der Kollege Heil gesagt: Selbstverständlich reden wirüber einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnin ganz Deutschland.Meine Damen und Herren, Sie können doch nichtglauben, dass Sie die Zahl der Weihnachtsgeschenke da-durch erhöhen, dass Sie Ihren Wunschzettel verlängern.
Wenn Sie alle unerfüllten Wünsche der letzten20 Jahre, die Sie nicht einmal in Ihrer eigenen Regie-rungszeit ansatzweise realisiert haben, in ein solchesVermittlungsverfahren einbringen, dann ist das eineÜberfrachtung und Überladung des Verfahrens. Deshalbhaben wir Sie wieder auf den Boden der Realität zurück-geholt.
Der letzte Punkt, meine Damen und Herren. Ich habenicht damit angefangen, aus internen Verhandlungen zuzitieren. Aber wenn wir schon darüber sprechen, was wirintern gesagt haben, dann will ich auch darauf hinwei-sen, dass Sie in der vorletzten Verhandlungsrunde gesagthaben: Uns ist der Regelsatz besonders wichtig, undwenn wir uns da einigen, dann sind wir auch bereit, aufdie Regelung von Equal Pay zu verzichten.DruSgVSWCinnssvAwViczicnSAmRZSbe
as war Ihr Angebot in dieser letzten Verhandlungs-nde.Als dann die Verhandlungen beendet waren, habenie schamhaft gesagt, Sie hätten Equal Pay jetzt dochern nach vier Monaten.
Deshalb sage ich Ihnen: Sie haben sich bei diesenerhandlungen vergaloppiert.
ie haben sich bei diesen Verhandlungen übernommen.
ir werden gemeinsam mit den Ministerpräsidenten vonDU und SPD dafür sorgen, dass dieses Gesetzespaket einer annehmbaren und in einer praktikablen Form inächster Zeit durch Bundestag und Bundesrat beschlos-en werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach unserer Ge-chäftsordnung sind Kurzinterventionen auf Kurzinter-entionen hin nicht zulässig. Deswegen, Kollegeltmaier, ist es misslich, wenn Sie in Ihrer letzten Ant-ort Dinge mitteilen, die die anderen Gesprächs- underhandlungspartner natürlich provozieren müssen,
h diesen aber nicht die Gelegenheit geben kann, daraufu antworten. Das ist ein bisschen eine schwierige Lage,h bitte um Verständnis dafür. Weitere Kurzinterventio-en werden nicht zugelassen.Ich schließe die Aussprache.Ich teile Ihnen das von den Schriftführerinnen undchriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichenbstimmung über die Beschlussempfehlung des Ver-ittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Ermittlung vonegelbedarfen und zur Änderung des Zweiten undwölften Buches Sozialgesetzbuch mit: abgegebenetimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 313, mit Nein ha-en gestimmt 252, Enthaltungen keine. Die Beschluss-mpfehlung ist damit angenommen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10271
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
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Endgültiges ErgebnisAbgegebenene Stimmen: 565;davonja: 313nein: 252JaCDU/CSUIlse AignerPeter AltmaierPeter AumerDorothee BärThomas BareißNorbert BarthleGünter BaumannErnst-Reinhard Beck
Manfred Behrens
Dr. Christoph BergnerPeter BeyerSteffen BilgerClemens BinningerPeter BleserDr. Maria BöhmerWolfgang Börnsen
Norbert BrackmannKlaus BrähmigMichael BrandDr. Reinhard BrandlHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeDr. Helge BraunHeike BrehmerRalph BrinkhausCajus CaesarGitta ConnemannAlexander DobrindtThomas DörflingerMarie-Luise DöttDr. Thomas FeistEnak FerlemannIngrid FischbachHartwig Fischer
Dirk Fischer
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelAlexander FunkIngo GädechensDr. Peter GauweilerDr. Thomas GebhartNorbert GeisAlois GerigEberhard GiengerMichael GlosJosef GöppelPeter GötzDr. Wolfgang GötzerURHMMMMDOHDJüGDMUFRMJüAEPCRKFJoATDDADBHSABSVREEVJüJuAJeDMDHTMDRBDGDADKUte Granoldeinhard Grindelermann Gröheichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundonika Grüttersr. Karl-Theodor Freiherrzu Guttenberglav Guttingolger Haibachr. Stephan Harbarthrgen Hardterda Hasselfeldtr. Matthias Heiderechthild Heilrsula Heinen-Esserrank Heinrichudolf Henkeichael Hennrichrgen Herrmannnsgar Hevelingrnst Hinskeneter Hintzehristian Hirteobert Hochbaumarl Holmeierranz-Josef Holzenkampachim Hörsternette Hübingerhomas Jarzombekieter Jasperr. Franz Josef Jungndreas Jung
r. Egon Jüttnerartholomäus Kalbans-Werner Kammerteffen Kampeterlois Karlernhard Kaster
olker Kauderoderich Kiesewetterckart von Klaedenwa Klamtolkmar Kleinrgen Klimkelia Klöcknerxel Knoerigns Koeppenr. Kristina Schröderanfred Kolber. Rolf Koschorrekartmut Koschykhomas Kossendeyichael Kretschmerr. Günter Kringsüdiger Kruseettina Kudlar. Hermann Kuesünter Lachr. Karl A. Lamers
ndreas G. Lämmelr. Norbert Lammertatharina Landgraflrich LangeDPDInMDPDDKDHASDDMDPDMDSNDBMDFEHDRUDSRCREDTDEKLJoKDJoDDEAADDDKNTGCPDDBUr. Max Lehmeraul Lehriederr. Ursula von der Leyengbert Liebingatthias Lietzr. Carsten Linnemannatricia Lipsr. Jan-Marco Luczakr. Michael Lutherarin Maagr. Thomas de Maizièreans-Georg von der Marwitzndreas Mattfeldttephan Mayer
r. Michael Meisterr. Angela Merkelaria Michalkr. h. c. Hans Michelbachhilipp Mißfelderietrich Monstadtarlene Mortlerr. Gerd Müllertefan Müller
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ichaela Nollr. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldenning Otter. Michael Paulita Pawelskilrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeifferonald Pofallahristoph Polanduprecht Polenzckhard Polsaniela Ludwighomas Rachelr. Peter Ramsauerckhardt Rehbergatherina Reiche
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r. Wolfgang Schäubler. Annette Schavanr. Andreas Scheuerarl Schiewerlingorbert Schindlerankred Schipanskieorg Schirmbeckhristian Schmidt
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etlef Seifhannes Selleeinhold Sendkerr. Patrick Sensburgernd Sieberthomas Silberhornhannes Singhammerns Spahnarola Staucher. Frank Steffelrika Steinbachhristian Freiherr von Stettenieter Stierero Storjohanntephan Strackeax Straubingerarin Strenzena Strothmannichael Stübgenr. Peter Tauberntje Tillmannr. Hans-Peter Uhlrnold Vaatzolkmar Vogel
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10272 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
)
)
Dr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Christel Happach-KasanHeinz-Peter HausteinManuel HöferlinElke HoffBirgit HomburgerDr. Werner HoyerHeiner KampMichael KauchPascal KoberDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppDr. h. c. Jürgen KoppelinSebastian KörberHolger KrestelPatrick Kurth
Heinz LanfermannSibylle LaurischkHarald LeibrechtSabine Leutheusser-SchnarrenbergerDr. Martin Lindner
Michael Link
Dr. Erwin LotterOliver LuksicHorst MeierhoferPatrick MeinhardtGabriele MolitorJan MückePetra Müller
Burkhardt Müller-SönksenDr. Martin Neumann
Dirk NiebelHans-Joachim Otto
Cornelia PieperGisela PiltzDr. Christiane Ratjen-DamerauDr. Birgit ReinemundDr. Peter RöhlingerDr. Stefan RuppertBjörn SängerFrank SchäfflerChristoph SchnurrJimmy SchulzMarina SchusterDr. Erik SchweickertWerner SimmlingJudith SkudelnyDr. Hermann Otto SolmsJoachim SpatzDr. Max StadlerTorsten StaffeldtDr. Rainer StinnerStephan ThomaeFlorian ToncarSerkan TörenJohannes Vogel
Dr. Daniel VolkDr. Claudia WintersteinDr. Volker WissingHartfrid Wolff
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10273
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– Drucksache 17/3481 – Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegen jeein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, der
Berichts des Finanzaus– zu dem Antrag der ASieling, Manfred ZWeiß, weiterer Abgtion der SPDhuss)0, 17/4739 –rinkhausussempfehlung und desschusses
bgeordneten Dr. Carstenöllmer, Elvira Drobinski-eordneter und der Frak-GdhMzFWrünen vor.Nach einer interfraktionelleie Aussprache eineinhalb Stuöre keinen Widerspruch. DannIch eröffne die Aussprache uichelbach für die CDU/CSU-
Rede von: Unbekanntinfo_outline
und Kollegen! Heute set-tein zur Regulierung desr Verbraucher und zumr Finanzindustrie.Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/DieBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENKerstin AndreaeMarieluise Beck
Volker Beck
Cornelia BehmAlexander BondeViola von Cramon-TaubadelEkin DeligözKatja DörnerHans-Josef FellDr. Thomas GambkeKai GehringKatrin Göring-EckardtBritta HaßelmannWinfried HermannPriska Hinz
Ulrike HöfkenDr. Anton HofreiterBärbel HöhnIngrid HönlingerThilo HoppeUwe KekeritzKatja KeulMemet KilicSven-Christian KindlerMaria Klein-SchmeinkUte KoczyTom KoenigsSylvia Kotting-UhlOliver KrischerAgnes KrumwiedeFritz KuhnSRMUMJeKBInDOFDLBTCLiebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe denTagesordnungspunkt 22 sowie den Zusatzpunkten 10 aund b auf:22 Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzeszur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbes-serung der Funktionsfähigkeit des Kapital-
– Drucksachen 17/3628, 17/3803 –Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz-ausschusses
– Drucksachen 17/4710, 17/4739 –Berichterstattung:Abgeordnete Ralph BrinkhausDr. Carsten SielingFrank SchäfflerHarald KochZP 10 a) Zweite und dritte Beratung des von der Frak-tion der SPD eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zur Änderung des Wertpapierer-werbs- und Übernahmegesetzes
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10274 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
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Noch vor einem Jahr hat uns allen die weltweite Wirt-schafts- und Finanzkrise Zukunftsängste bereitet. Sorgenum Spareinlagen, Fondsschließungen, Lohnverzicht, Ent-lassungen – das waren tiefe Einschnitte für die Menschen.Niemand hätte damals gedacht, dass wir so schnell und sogut aus dieser Krise in eine neue Wachstumsphase mit ei-ner neuen Aufwärtsentwicklung kommen können. DieserErfolg hat zwei Ursachen: erstens die Arbeit der Men-schen in den Betrieben in Deutschland, zweitens die ak-tive Krisenbekämpfung durch diese Regierung und dieseKoalition.Erfolg haben wir auch bei der Finanzmarktregulie-rung erzielt. Schritt für Schritt gelingt uns mit einerReihe von gesetzlichen Maßnahmen die Stabilisierungdes Finanzmarktes.
Weitere Regulierungen, wie Basel III oder Maßnahmenbezüglich des Grauen Kapitalmarkts, werden folgen.Der heutige Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung desAnlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähig-keit des Kapitalmarkts schafft die Grundlage für vierwichtige neue Regulierungen: erstens die Erhöhung derBeteiligungstransparenz beim Anschleichen bei Über-nahmetransaktionen, zweitens die Verbesserung bei derProduktinformation, drittens die Kontrolle der Anlage-berater vor Falschberatung und viertens ein überzeugen-des Konzept für die Erhaltung der offenen Immobilien-fonds und für mehr Sicherheit für viele MillionenPrivatanleger in Deutschland. Der Schritt, den wir heutegehen, ist ein Quantensprung, ein Meilenstein.
Mit diesem finanzpolitischen Weg schaffen wir eineneue Vertrauensbasis. Wir sollten uns darüber einig sein,dass der Verbraucherschutz auf den Finanzmärkten mitdiesem Gesetz wirklich gestärkt wird.Die SPD hat dazu ein Papier veröffentlicht, das nurals enttäuschend bezeichnet werden kann. Sie haben da-rin keine Vorschläge gemacht.
Sie fordern, man solle die Entwicklung beobachten. Siebeobachten, wir handeln heute. Das ist der Unterschied.
Wir nehmen die Bedürfnisse und Ansprüche der privatenAnleger ernst und werden ihnen mit den neugestaltetenProdukten mehr Sicherheit bieten.Damit komme ich zu den offenen Immobilienfonds.Offene Immobilienfonds waren lange Zeit, nämlich51 Jahre lang, eine beliebte und bewährte Anlageform,weil bei den realen Sachwerten indexierte Mietverträgeden gewünschten Inflationsschutz ermöglichen. Es ist ineiner Volkswirtschaft ein ganz wichtiger Punkt, dass esSachwerte bzw. Sachanlagen gibt, durch die letzten En-des Investitionen hervorgerufen werden, was zur Schaf-fung von Arbeitsplätzen führt. Deswegen ist dieses Pro-dfüdnwAdgnzEnresddsPwOscgPumcgsdAswwhgzkmWtrfrfatidvhAkvv
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10275
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friedengestellt. Das schafft eine Vertrauensgrundlage fürdas Produkt. Das sollten wir heute betonen.
Zwar gibt es in der Marktwirtschaft keine Vollkasko-versicherung, aber das Vertrauen in die Integrität der Ka-pitalmärkte wird erhöht. Deswegen freue ich mich, dasswir heute entscheidende Voraussetzungen dafür schaf-fen, dass die Finanzdienstleistungsindustrie ihrer dienen-den Funktion gegenüber den Menschen wieder bessernachkommen kann.Wir haben das Ziel, einen transparenteren, integerenund effizienten Finanzmarkt zu entwickeln und damit zuerreichen, dass die Marktteilnehmer Vertrauen in ein fai-res, kundenorientiertes Finanzdienstleistungsangebot ent-wickeln. Diesem Ziel nähern wir uns Schritt für Schritt,um letzten Endes eine neue Vertrauensbasis für die Anle-ger in Deutschland zu schaffen. Das dient auch der Fi-nanzmarktindustrie.Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg, und wirlassen uns dabei von niemandem beirren.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Als auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise, symbo-lisch zugespitzt durch das Scheitern der Bank LehmanBrothers, Tausende von Anlegerinnen und Anlegern ge-schädigt wurden,
gab es eine politische Aussage: Alle Märkte, alle Ak-teure und alle Produkte sind zu regulieren. Das ist dasgroße Ziel, das im Übrigen die Kanzlerin in ihrer letztenRegierungserklärung noch einmal betont hat. Mit diesergroßen Aussage sind Sie auch 2009 in die Koalition ge-startet.Jetzt legen Sie uns den Entwurf eines sogenannten An-legerschutzgesetzes zur Abstimmung vor. Ich glaube, je-der der in den letzten Wochen und Monaten die Debatteverfolgt und sich die Mühe gemacht hat, diesen Gesetz-entwurf zu lesen, hat gemerkt, dass das Prinzip Ihres Ge-setzentwurfs, Ihrer Politik und Ihres Vorgehens in Wirk-lichkeit lautet: allen Märkten zuliebe, allen Akteurenzuliebe und allen Produkten zuliebe. Die Anlegerinnenund Anleger, die Verbraucherinnen und Verbraucher blei-ben bei dem, was Sie uns heute zur Abstimmung vorge-legt haben, links liegen.
DsmanvnWtekweMkVlizcASsbnvreVMhGFvtek–sdwbd–uNn
Was die positiven Dinge angeht: Auch wenn alles be-ölkt ist und man nur Schatten sieht, kommt ab und zuin kleiner Sonnenstrahl durch.
an findet bei Ihnen zum Beispiel die Aussage, dass zu-ünftig laut Wertpapierhandelsgesetz nicht mehr nur dieermutung gilt, Provisionen seien wie bisher grundsätz-ch darauf ausgelegt, die Qualität der Anlageberatungu verbessern. Die bisherige Regelung soll also gestri-hen werden. Das ist Ausdruck einer positiven Einsicht.ber nirgendwo ziehen Sie die Konsequenz, einenchritt in Richtung Transparenz zu gehen und dafür zuorgen, dass Provisionen offengelegt und in ihrer Höheegrenzt werden müssen. Das wäre eine konkrete Maß-ahme. Insgesamt gibt es also nur ein bisschen Licht undiel Schatten.Dieser Gesetzentwurf ist aus mehreren Gründen eineine Enttäuschung. Wird er verabschiedet, erhalten dieerbraucherinnen und Verbraucher zu wenig Schutz.Ich will den Kernpunkt nennen, den der Kollegeichelbach hier natürlich mit keinem Wort angesprochenat. Die größte Gefahr und die größten Schäden sind vomrauen Kapitalmarkt, von Anlagen in geschlossenenonds ausgegangen. Herr Staatssekretär Koschyk, icherweise auf das Vorhaben, das das Bundesfinanzminis-rium hier durchaus verantwortet und in die ersten Dis-ussionsentwürfe aufgenommen hat.
Völlig richtig. Das war möglich. – Dann haben Sieich in der Koalition durchgesetzt und dafür gesorgt,ass die entsprechende Regelung aus dem Gesetzent-urf herausgenommen wird. Der eigentliche Skandalei der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfes ist, dasser gefährlichste Teil unreguliert bleibt.
Das ist Ihre Politik. Wenn man die Chance hat, etwasmzusetzen, dann nutzt man sie nicht und redet vomachfolgegesetz. Da hätten Sie schneller reagieren kön-en.
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10276 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Dr. Carsten Sieling
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Ihre Ministerin, Frau Aigner – sie sitzt mittlerweilenicht mehr auf der Regierungsbank, sondern auf einemAbgeordnetenstuhl –, und der ausgeschiedene KollegeDautzenberg sind es doch gewesen, die deutlich gesagthaben: Es wäre richtig gewesen, die Tätigkeit der 80 000freien Vermittler und den riesigen Grauen Kapitalmarktmit in diesem Gesetz zu regulieren. Aber nein, das ma-chen Sie nicht. Sie haben zugelassen, dass dieser Gesetz-entwurf unter Federführung von Herrn Brüderle, demBundeswirtschaftsminister, überarbeitet wurde,
nachdem die entsprechende Lobby zu ihm gekommenwar.Das, was Sie uns vorlegen, ist doch Folgendes – HerrVolk, ich will es Ihnen gern sagen; Sie kündigen es unsimmer an, und man kann überall lesen, wie es aussehensoll –: Während Sie die Finanzaufsicht zu Recht bei dermit der notwendigen Kompetenz ausgestatteten Behörde,nämlich der BaFin, belassen, wollen Sie den gefährlichs-ten Teil zukünftig der Gewerbeordnung und damit denkommunalen Gewerbeaufsichtsämtern unterstellen. 7 000unterschiedliche Ämter, die die Aufgabe haben, sich umden Gaststättenbereich und viele andere Dinge zu küm-mern, sollen sich dann auch noch um diesen Bereichkümmern. Das ist doch ein Scherz. Das ist ein Flickentep-pich. Das ist Schweizer Käse und alles andere als Anle-gerschutz.
Das ist nichts. Darum kann man nur deutlich sagen: Sieverfehlen den wesentlichen Punkt.Aber Sie haben viele Komplimente bekommen; ichwill das hier kurz ansprechen. Ein Lobbyist des Verban-des Geschlossene Fonds hat interessante Aussagen ge-macht. Kurz vor der Befassung im Bundeskabinett hat erdeutlich gemacht hat, er habe nochmals ein längeres undintensives Gespräch mit einem Vertreter der Bundeswirt-schaftsministeriums geführt. Die Erfolgsmeldung diesesLobbyisten lautete: Der von uns bekämpfte Gesetzent-wurf des Bundesfinanzministeriums ist nunmehr dauer-haft von der Tagesordnung des Bundeskabinetts genom-men. Kein Wunder, dass der Lobbyist letztendlich sagte:Das alles ist ein Erfolg unserer Anstrengungen.
– Herr Schäffler, Sie sitzen hier, weil Sie der Hebel fürdie Lobbyisten sind,
die ihre Interessen in dieses demokratische Parlament hi-neintragen. Das zeigen Sie uns mit diesem Gesetzent-wurf.
Jetzt kommen Sie, Herr Volk, mit etwas Neuem. HerrTenhagen, der Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest,spricht in einem Interview mit Zeit Online zu Recht vonedSnliMrialaddwSksg4BnhzwwfeWwESVuhbvdlifolehdsnZzg
it anderen Worten: Sie lassen den Amtsschimmel sochtig wiehern, Herr Kollege Michelbach. Sie wollenlle Bankberater im Bereich der Aufsicht registrierenssen. Was ich sage, ist auch einer Stellungnahme vonen Gewerkschaften und dem Verbraucherzentrale Bun-esverband zu entnehmen. Auch diese wissen, dass das,as Sie vorhaben, wirkungslos ist.
ie kommen mit dem Vorschlaghammer. Aber damitann man keinen wirklichen Verbraucherschutz organi-ieren. Sie müssen mit dem Florett arbeiten, um diejeni-en aufzuspießen, um die es geht.
Sie werden eine Aufsicht etablieren, die insgesamt00 000 Menschen registrieren soll; dafür stellt dieaFin zusätzlich 20 Leute ein. Jeder kann sich ausrech-en, wie hoch der bürokratische Aufwand sein wird. Wiraben Ihnen im Finanzausschuss vorgeschlagen: Kon-entrieren Sie sich auf die Sünder! Legen Sie – genausoie im Verkehrsrecht – eine Sünderkartei an, in der manie in Flensburg die Sünder registriert! So kann man ef-ktiv regulieren und sanktionieren. Das ist der richtigeeg beim Verbraucherschutz.
Ich will Ihre anderen Schwachpunkte ansprechen.Wie Sie wissen, sind Produktinformationsblätter einichtiges Instrument. Ihr Gesetzentwurf ermöglicht deninsatz dieses Instrumentes. Aber es ist ein stumpfeschwert, weil Sie darauf verzichten, Transparenz undergleichbarkeit zu schaffen. Sie setzen keine Standardsnd geben nicht vor, was diese Informationsblätter ent-alten sollen. Im Prinzip ist Ihr Ansatz gut. Aber Sie he-en quasi nur das Bein und machen keinen Schritt nachorne.Genauso verhält es sich leider bei dem Thema, mitem Sie sich, Herr Michelbach, in Ihrer Rede hauptsäch-ch befasst haben, nämlich mit den offenen Immobilien-nds. Viele Anleger haben die große Sorge – diese tei-n wir –, dass ein Fonds, nachdem sie Geld angelegtaben, geschlossen werden muss, weil die Konstruktioner Fonds falsch ist. Sie haben das Problem zwar ange-prochen, gehen es aber nicht an. Die Schlimmsten sindicht die kleinen Privatanleger, die kurzfristig einigeehntausend Euro benötigen, um zum Beispiel ihr Hausu reparieren, sondern die großen institutionellen Anle-er; sie sind das eigentliche Problem.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10277
Dr. Carsten Sieling
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Ich will Ihnen einmal Ihre Leistung vor Augen füh-ren. Sie haben Anfang Mai einen Diskussionsentwurfvorgelegt. Dann haben Sie das von Ihnen vorgeschla-gene Verfahren dreimal überarbeitet. Nach jeder Über-arbeitung haben Sie uns gesagt, nun sei es wirkungsvoll.Aber nie ist es Ihnen gelungen, die Privatanleger vonden institutionellen Anlegern, die Schafe von den Wöl-fen zu trennen und für mehr Sicherheit zu sorgen. Daversagt Ihr Gesetzentwurf.
Ich hoffe zwar, dass das, was Sie vorschlagen, trägt, be-fürchte aber, dass das keine hinreichenden Ergebnissezeitigen wird.
Ihr Gesetz, dessen Entwurf zur Abstimmung vorliegt,lässt den Grauen Kapitalmarkt unreguliert; es wird keineinheitliches Schutzregime entwickelt. Sie behandelndie offenen Immobilienfonds nach dem Prinzip Hoff-nung. Was Anschleichen und Unternehmensübernahmenangeht, wird – der Kollege Volk hat das bereits ange-sprochen – wieder verzögert; darüber soll weiter beratenwerden. Die SPD hat Ihnen einen Vorschlag unterbreitet.Sie könnten ihm zustimmen. Dann würden Sie gefährli-che Übernahmen verhindern.Im Ergebnis handelt es sich um ein Gesetz, bei demSie als Tiger gesprungen, aber als Bettvorleger gelandetsind. Herausgekommen ist nicht mehr als ein Rumpfge-setz. Dazu kann ich nur sagen: Das ist kein Anleger-schutz, sondern frecher Etikettenschwindel. Den lehnenwir ab.Danke für die Aufmerksamkeit.
Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schäffler das
Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Der vorliegende Gesetzentwurf darf nicht iso-liert, sondern muss im Zusammenhang mit einem Maß-nahmenpaket zur Verbesserung des Verbraucher- undAnlegerschutzes in Deutschland betrachtet werden. Dasist der erste Baustein, den wir dazu vorlegen. Er ist einguter Baustein, weil er mehr Verbraucherschutz inDeutschland schafft und dafür sorgt, dass die Bürger ihrGeld sicherer und transparenter anlegen können, als es inder Vergangenheit der Fall war.
Man muss den Sozialdemokraten ins Stammbuchschreiben: Sie hätten nicht nur elf Jahre Zeit gehabt, alldas zu machen, was sie hier beklagt haben, sondern siehÄkkScnHgGDFpeWtoUdwDStefeDBruSSwuetieadhT
ie haben im Finanzausschuss aber nicht dementspre-hend gehandelt, und sie haben auch hier im Plenum kei-en Änderungsantrag eingebracht. Deshalb sage ich,err Sieling, dass Sie hier eine billige Nummer abgezo-en haben. Sie werden der Sache nicht gerecht. Diesesesetz ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz ineutschland.
Der entscheidende Faktor für die Transparenz aminanz- und Kapitalmarkt in Deutschland ist die Trans-arenz bei der Übernahme von Aktienpaketen. Das isttwas Substanzielles und praktischer Verbraucherschutz.as haben wir denn bei VW und Porsche erlebt? Inves-ren haben sich mithilfe von Finanzinstrumenten an einnternehmen herangeschlichen, ohne den Kapitalmarktarüber zu informieren. Das werden wir ändern. Dasird es in Deutschland in dieser Form nicht mehr geben.as ist ein Erfolg dieser Koalition.
Ein weiterer Punkt ist die Schaffung von Registern.ie haben unter der Vorgängerregierung selbst ein Regis-r für Versicherungsvermittler in Deutschland geschaf-n.
as, was Sie hier kritisieren, nämlich das, was wir imankenbereich machen, haben Sie bei den Versiche-ngsvermittlern in Deutschland geschaffen.
ie müssen sich schon entscheiden, was Sie wollen: obie das grundsätzlich ablehnen oder grundsätzlich befür-orten. Aber Ihr Wischiwaschi, den Gewerkschaftennd den Bankenverbänden hinterherzurennen, das istinfach zu billig.
Darüber hinaus werden wir mit dem Produktinforma-onsblatt für mehr Transparenz sorgen. Auch das ist einntscheidender Punkt. Derzeit ist es so, dass die Kundenuf den Finanzmärkten mit Papier zugeschmissen wer-en. Im Kern hat es der Gesetzgeber in der Vergangen-eit immer gut gemeint; aber in der Praxis ist wenigerransparenz übrig geblieben. Ich glaube, das Produkt-
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10278 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Frank Schäffler
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informationsblatt ist wichtig, um dem Kunden die we-sentlichen Fakten in vereinfachter Form mitzuteilen.
Ich halte für wesentlich, was wir bei den offenen Im-mobilienfonds geschaffen haben. Es handelt sich dabeium eine wichtige Anlageklasse. Wir in Deutschlandhaben wenige Anlageklassen, bei denen wir Wettbe-werbsvorteile gegenüber dem Ausland haben. Eine derwenigen Anlageklassen, bei der wir noch solche Wettbe-werbsvorteile haben, sind die offenen Immobilienfonds.Es ist schlicht Fakt, dass fast ein Drittel der offenen Im-mobilienfonds inzwischen geschlossen ist oder sich inder Abwicklung befindet. Dabei handelt es sich nicht umPeanuts; vielmehr hat der gesamte Markt ein Volumenvon 88 Milliarden Euro. Es geht also um eine ganz wich-tige Anlageklasse in Deutschland. Es war für uns einebesondere Verpflichtung, diese Anlageklasse zukunftsfä-hig zu machen. Wir wollen den Run, den wir im Zugeder Finanzkrise erlebt haben, nicht noch einmal erleben.Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis, das wir er-zielt haben. Sie haben kritisiert, dass wir über den richti-gen Weg im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrit-ten haben. Ich frage mich: Was ist denn unsere Aufgabeals Parlamentarier? Unsere Aufgabe ist doch, Gesetzent-würfe zu verbessern. Das haben wir in hervorragenderWeise getan.
Wir haben letztendlich das, was Sie vorhin kritisierthaben, verhindert, nämlich dass Großinvestoren in dieseFonds hinein- und aus ihnen herausgehen und damit dasgesamte Produkt in Schieflage bringen. Das haben wirverhindert. Wir haben eine Haltedauer von zwei Jahrenund eine Kündigungsfrist von 12 Monaten eingeführt.Das wird dazu führen, dass das Produkt nicht als Geld-marktfonds missbraucht werden kann, sondern für denmittel- und langfristigen Anleger geeignet ist.Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass die Klein-anleger gut an ihr Geld kommen können. Ich glaube, dasist ganz entscheidend.Darüber hinaus haben wir die Unabhängigkeit derSachverständigen wesentlich gestärkt. Wir haben dieLehre aus dem gezogen, was bei den Wirtschaftsprüfernund Ratingagenturen in der Vergangenheit schiefgelau-fen ist. Dadurch, dass man Beratung und Bewertung ver-quickt hat, gab es dort Interessenkonflikte. Das kannman nicht durch gesetzliche Informationsbarrieren ver-hindern; das funktioniert in der Praxis nicht. Stattdessenhaben wir eine klare Linie gezogen. Wer in diesemMarkt tätig ist, darf am Ende nur bewerten und nicht pa-rallel auch noch beraten. Das ist ein ganz entscheidenderFaktor.Gleichzeitig wollen wir, dass die Sachverständigennicht dauerhaft bei ein und derselben Kapitalanlagege-sellschaft tätig sein dürfen; vielmehr müssen sie, wie wirdgwbdmdwSkdKkzfegerücDfüvksEtidnkzntuWÜtädM
etailliert wird meine Kollegin Caren Lay das noch aus-hren.Ich möchte mich jetzt auf die Regeln zur Übernahmeon Unternehmen konzentrieren. Die freie Handelbar-eit von Aktien, also das Recht, Anteile von Gesell-chaften zu erwerben, erfordert natürlich ein Regelwerk.s muss sichergestellt werden, dass einerseits Spekula-onen mit Aktien nicht ins Aberwitzige gesteigert wer-en und andererseits Klein- und Minderheitsaktionäreicht übertölpelt und unter Wert abgefunden werdenönnen.Sie erheben mit Ihrem Gesetzentwurf den Anspruch,u regeln, dass intransparentes Anschleichen an Unter-ehmen verhindert werden kann. Die Süddeutsche Zei-ng titelte im August 2008:Überraschend aus dem Hinterhalt: Vor Angreifern,die sich über verdeckte Aktienkäufe an Unterneh-men anschleichen, gibt es immer noch keinenSchutz.ir reden von Übernahmeschlachten, von feindlichenbernahmen. Hier findet sich ein wirklich schöner mili-rischer Sprachgebrauch. Wie immer im Krieg bleibenie einfachen Soldaten, sprich: die Mitarbeiterinnen unditarbeiter, auf der Strecke, aber auch Unternehmensan-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10279
Dr. Barbara Höll
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teilseigner, die sich vor dem Anschleichen nicht schüt-zen können.Ihre Lösung ist halbherzig; denn Sie sind nicht bereit,tatsächlich voranzugehen und so zu agieren, wie es zumBeispiel in der Schweiz geschieht. Schweizer Unterneh-men sind anders geschützt als deutsche Unternehmen.Sie haben die Freiheit, die Verträge so zu gestalten, dassniemand 10, 20 oder 30 Prozent der Aktien erwerbenkann, sondern höchstens 5 Prozent. Sie hingegen sindnicht bereit, einen solchen Schritt zu gehen. Statt sich fürdie Vertragsfreiheit der Anteilseigner eines Unterneh-mens einzusetzen, fordern Sie einen offenen Zugang zuden Märkten.Ein strengeres Kapitalmarktrecht in Deutschlandwürde – das wurde in den Beratungen zu dem Gesetzent-wurf deutlich – erschwerte Regulierungen für im Aus-land tätige deutsche Unternehmen zur Folge haben. Daswollen Sie nicht. Wer agiert denn solchermaßen beiÜbernahmen im Ausland? Das sind große Finanzinves-toren und Konzerne. Das heißt, mit dem vorliegendenGesetzentwurf, der nur halbherzige Regelungen vor-sieht, agieren Sie wieder nur im Interesse von großen Fi-nanzinvestoren und Konzernen. Das lehnen wir ab.
Sie setzen sich auch nicht wirklich für Offenlegungs-pflichten ein. Das alles bleibt außen vor. Wir haben Ih-nen zu diesem Thema einen knappen, aber treffendenAntrag vorgelegt. Wir fordern von Ihnen, dass die Posi-tion von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesenProzessen gestärkt wird. Wir könnten schon heute dasVertragsrecht so gestalten, dass Unternehmen frei überBeteiligungen bestimmen können.Wir fordern von Ihnen auch, dass bei Unternehmens-übernahmen die Interessen der Beschäftigten insoweitberücksichtigt werden, als Gewerkschaften zum Beispieleinen gesetzlichen Anspruch haben, Fusionstarifverträgeabzuschließen. Wir fordern von Ihnen, dass die Betriebs-räte der betroffenen Unternehmen ein Vetorecht bekom-men. Dann können sie sagen: Mit uns nicht; denn wirsind diejenigen, die die Werte im Betrieb erarbeiten.
Ich finde es schon sehr bedenklich, dass die FDP genauaus dem Grund, dass wir ein Vetorecht des Betriebsratesfordern, unseren Antrag abgelehnt hat und sich nicht ein-mal zu einer Enthaltung durchringen konnte.
Wir sind auch für ein Vetorecht der öffentlichen Hand,sobald bei einer Übernahme überragendes öffentlichesInteresse besteht. Wir sind für satzungsmäßige Offenle-gungspflichten und Erwerbsbegrenzungen, die möglichsind. Es wurde Ihnen in der Anhörung eindeutig gesagt,dass dem nichts entgegensteht.Bei all diesen Prozessen, ob bei Schaeffler oder beiHochtief,gnbIcgddfedctemBDgvIcJn–aH–wWk
eht es nicht darum, ein Unternehmen einfach zu über-ehmen und auf dem Rücken der Beschäftigten profita-ler gestalten zu wollen. Das wäre schon schlimm genug.h sage ganz klar: Bei diesen feindlichen Übernahmeneht es oftmals darum, Konkurrenten vom Markt zu ver-rängen, die übernommenen Betriebe mit eigenen Schul-en zu überhäufen oder Betriebe zu zerschlagen. Betrof-n sind immer die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ausiesem Grunde ist die Linke dafür, dass eine grundsätzli-he Regelung erfolgt, die es insbesondere den Mitarbei-rinnen und Mitarbeitern und der öffentlichen Hand er-öglicht, hier wirksam einzugreifen.Ich danke Ihnen.
Der Kollege Dr. Gerhard Schick hat das Wort für
ündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!er vorliegende Gesetzentwurf ist von Ihrer Seite mitroßen Ankündigungen versehen worden. Im Koalitions-ertrag haben Sie geschrieben:Wir wollen ein konsistentes Finanzdienstleistungs-recht schaffen, damit Verbraucher in Zukunft besservor vermeidbaren Verlusten und falscher Finanzbe-ratung geschützt werden. Ein angemessener Anle-gerschutz … wird prinzipiell unabhängig davongewährleistet, welches Produkt oder welcher Ver-triebsweg vorliegt.h habe damals gedacht: Schauen wir mal.
etzt sehen wir es: Sie werden Ihrem eigenen Anspruchicht gerecht, und zwar bei weitem nicht.
Herr Flosbach hat in der Debatte vom 1. Juli 2010in der wir gedrängt haben, dass etwas passieren muss –usgeführt:Sie fordern ein schlüssiges Gesamtkonzept zurStärkung des Verbraucherschutzes. Warten Sie nochein paar Tage. In wenigen Tagen wird dieses Kon-zept vorgelegt.err Flosbach weiter:Bei uns dauert es nur acht Monate, er bezog sich auf die Zeitspanne nach der Bundestags-ahl –bis ein schlüssiges Gesamtkonzept vorgelegt wird.enn das, was uns heute vorliegt, das schlüssige Gesamt-onzept sein soll, das Sie damals angekündigt haben,
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Dr. Gerhard Schick
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dann muss man feststellen – das haben Sie heute schonselber zugegeben –: Dem ist nicht so. Jetzt heißt es plötz-lich, es gebe einen Dreiklang, wir sollten abwarten. Abergenau diese Ankündigungen sind Verbraucherinnen undVerbraucher leid.
Milliardenschäden aus den letzten Jahren verpflichtendie Politik dazu, endlich zu reagieren, und nicht nur An-kündigungen zu machen.
Ich begrüße in dieser Debatte ganz herzlich die An-kündigungsministerin Aigner, die in dieser Debatte malwieder nicht das Wort ergreifen wird und die bei allenrelevanten Fragen des Verbraucherschutzes bei Finanz-dienstleistungen außer Ankündigungen nichts zu sagengehabt hat.
– Die Kollegin Maisch erwartet Nachwuchs und ist des-wegen bei der heutigen Debatte nicht da.
Ich finde, damit sollten Sie respektvoll umgehen.
Ich will auf die konkreten Lücken in Ihrem Konzepteingehen, weil sie für die Verbraucherinnen und Ver-braucher noch zu großen Problemen führen werden.Ich komme auf die erste große Lücke zu sprechen undzitiere die Stellungnahme der Deutschen Bundesbank ausder Anhörung, in der deutlich gemacht wurde, dass, umeine sektorübergreifende Gleichwertigkeit einzuführen,auch erwogen werden sollte, die Vermittler von geschlos-senen Fonds und von Investmentfonds und auch gebun-dene Versicherungsvermittler einzubeziehen, das heißtVersicherungsvermittler, die von den Anforderungen des§ 34 d Gewerbeordnung befreit sind. Der Vertreter derBundesbank hat in der Anhörung selbst gesagt – ich zi-tiere –:Von daher ist die Lücke bei den gebundenen Versi-cherungsvermittlern von uns auch explizit als Lü-cke mit einem entsprechenden Handlungsbedarf,den wir dort sehen, identifiziert worden.Die Bundesbank beklagt also eine große Lücke, die inIhrem Gesetzgebungsverfahren relevant ist.E2gcsdnhdAwnVEIhAisSarudhzpgnPDIhswE1pwligvsdp
Die zweite Lücke – Herr Sieling hat sie schon ange-prochen – betrifft die freien Anlageberater. Sie habenen ganzen Bereich des Grauen Kapitalmarkts ausge-ommen; dabei waren wir uns im Juli 2009 nach der An-örung im Finanzausschuss noch einig, dass hier vor-ringlicher Handlungsbedarf besteht.
uch das wird verschoben. Sie kündigen erneut an: Dasird irgendwann passieren. – Aber warum passiert esicht jetzt? Weil es Einfluss von den entsprechendenerbänden gegeben hat und Sie eingeknickt sind!
s ist die zweite große, die zweite gravierende Lücke inrem Gesetz.
Es gibt eine dritte Lücke in Ihrem Gesetz, die großeuswirkungen für Kundinnen und Kunden hat, und dast die Lücke bei den Verjährungsfristen.
chon bei der Reform des Schuldverschreibungsrechts istngekündigt worden: Wir wollen von den Sonderverjäh-ngsfristen wegkommen. – Wir haben Ihnen unsere Än-erungsanträge im Finanzausschuss vorgelegt, und Sieaben sie abgelehnt. Dabei wäre es wirklich an der Zeit,u einem einheitlichen Recht zu kommen: bei der Pros-ekthaftung im Börsengesetz und im Verkaufsprospekt-esetz; bei der Veröffentlichung von Insiderinformatio-en. Es gibt immer noch eine ganze Reihe von offenenunkten. Warum muss das weiter verschoben werden?er Anspruch, ein einheitliches Recht zu schaffen, ist vonnen selber formuliert worden. Sie werden diesem An-pruch nicht gerecht, und damit leidet Ihr Gesetz an einereiteren großen Lücke.
Ich komme zur vierten großen Lücke.
s geht hier um das ganze Themenfeld der Zertifikate.08 Milliarden Euro betrug das Volumen dieser Finanz-rodukte in Deutschland Ende November 2010. Das istesentlich mehr als das Volumen der offenen Immobi-enfonds, die jetzt reguliert werden. Warum bleibt dieseroße Masse von Produkten unreguliert? Dabei sageniele: Das ist intransparent; da muss endlich etwas ge-chehen. – Nach der Pleite von Lehman Brothers istoch deutlich geworden, wie die Menschen auf intrans-arente Produkte hereingefallen sind. Auch die Sachver-
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Dr. Gerhard Schick
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ständigen haben uns darauf hingewiesen. Sie lassen einegroße Lücke in einem relevanten Produktfeld.
Wenn wir als Grüne den Strich darunter ziehen, müs-sen wir sagen: Die Lücken in diesem Gesetz haben Sys-tem. Die Lücken in diesem Gesetz sind groß. Die Lü-cken in diesem Gesetz werden die Bürgerinnen undBürger in diesem Land noch sehr teuer zu stehen kom-men.
Genauso war es ja auch bei den Lücken, die Sie bei derMiFID-Umsetzung gelassen haben – Herr Michelbach,Sie wissen es, da habe ich auch schon von den Lücken ge-sprochen –; auch diese sind für die Menschen später indramatischer Weise relevant geworden. Auch bei derUmsetzung der EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie ha-ben Sie eine Lücke gelassen. So ging es während der gan-zen Zeit der Großen Koalition.Machen Sie sich nichts vor: Es ist doch nicht nur dieOpposition, die davon spricht, dass das Gesetz seine Pro-bleme hat. Die Wirtschaftswoche zum Beispiel schreibt:Verbesserungswürdig ist aber nicht nur der Anle-gerschutz, sondern auch das Gesetz selbst. DieBundesregierung hat das ursprünglich 68 Seitenstarke Werk auf 45 Seiten geschrumpft und damit inden vergangenen Monaten entscheidend abge-schwächt; Mängel blieben dagegen bestehen.
Das Handelsblatt titelt: „Vom geplanten Schutz der An-leger bleibt nicht viel übrig“. Auch der Chef von MLPhat in einem bemerkenswerten Gastbeitrag im Handels-blatt gesagt, das Gesetz gehe nicht an die Wurzel desÜbels heran.Sie trauen sich eben nicht, die vorhandenen Ungleich-heiten, die schlechten Regulierungen im deutschen Fi-nanzmarkt wirklich anzugehen, und Sie lassen damiteben nicht nur für die Kundinnen und Kunden Schutzlü-cken, sondern Sie verhindern damit auch Wettbewerbs-gleichheit für diejenigen, die auf dem Markt tätig sind.
Ich will noch auf drei Punkte eingehen, die mir sehrwichtig sind:Neben den großen Lücken, die zu beklagen sind, gehtIhr Gesetzentwurf an manchen Stellen leider auch in diefalsche Richtung. Das Beratungsprotokoll hat sich invielen Fällen als nachteilig für die Kunden herausge-stellt, weil es im Nachhinein als Beweis dafür herange-zogen wird, dass die Beratung in einer Form stattgefun-den habe, die aber nicht der Wirklichkeit entsprach. Wirmüssen sehr aufpassen, dass nicht unter der Überschrift„dbkbgArowdeAdpdwBlehsIdzDlaWsqihwmgSVdmUdMSnzsgDm
ie Vordenker der sozialen Marktwirtschaft in Deutsch-nd wussten, dass Menschen nicht nur renditehungrigeesen sind. 40 Prozent der Menschen in Deutschland,o Schätzungen, wollen neben Angaben zu Rendite, Li-uidität und Risiko auch wissen, welche Auswirkungenre Investition hat. Sie wollen vermeiden, dass sie un-issentlich in Unternehmen investieren, die mit Streu-unition Geld verdienen oder in denen es Kinderarbeitibt.
ie haben in diesem Gesetzgebungsverfahren unserenorschlag abgelehnt, dass wenigstens ein Minimum aniesbezüglicher Information geliefert wird. Daran siehtan, wie weit es mit der Christlich Demokratischennion und der Christlich-Sozialen Union gekommen ist.
Wenn man wirklich Anlegerschutz betreiben will,ann muss man bei den Menschen ansetzen.
enschen sind durchaus nicht nur renditehungrig, wieie das immer darstellen. Sie sorgen mit Ihrem Gesetz jaun dafür, dass auch nur diesbezügliche Informationenur Verfügung gestellt werden. Ein entsprechendes Ge-etz müsste vielmehr auch an den Bedürfnissen der Anle-erinnen und Anleger in Deutschland ausgerichtet sein.as heißt, dass es auch für Ethik Platz an den Finanz-ärkten geben muss.
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Dr. Gerhard Schick
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Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Mathias Middelberg für
die CDU/CSU-Fraktion.
Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! VerehrterKollege Schick, ich muss sagen: Das Ross, auf das Siesich eben geschwungen haben, war doch recht hoch. Siehaben in Ihrer Zeit, in der Sie politisch die Verantwor-tung hatten, die Möglichkeit gehabt, all diese Dinge zuimplementieren, die Sie uns hier gerade vorgetragen ha-ben, zum Beispiel den Gesichtspunkt der Ethik in dieAnlageberatung einzuflechten. Das ist allerdings in IhrerRegierungszeit nicht geschehen.
Ich glaube, man muss jetzt einmal ehrlich sein unddiesen Gesetzentwurf in Gänze und in aller Breite zurKenntnis nehmen. Dann sieht man nämlich, dass wir un-ter dem Strich gesehen heute ganz wesentliche Schrittemachen auf dem Weg zu mehr Anlegerschutz, zu mehrTransparenz am Markt, zu mehr Vertrauen in den Kapi-talmarkt – das ist gerade für die Kleinanleger wichtig –und zu mehr Verlässlichkeit in diesen Markt. Um dasgleich am Anfang zu bilanzieren: Heute ist ein erfreuli-cher und guter Tag für die Kleinanleger und für die ganznormalen Leute in Deutschland.
Ich möchte das an dem Punkt deutlich machen, densich Frau Höll eben herausgegriffen hat, nämlich an denUnternehmensübernahmen. Ich glaube, wir tun geradeauf diesem Feld einen ganz entscheidenden Schritt inRichtung Transparenz und Offenheit auf dem Markt.Wir haben die Katastrophen infolge der Versuche zurÜbernahme von VW durch Porsche und von Conti durchSchaeffler – in diesem Fall ist nicht der KollegeSchäffler, sondern das Unternehmen Schaeffler aus Süd-deutschland gemeint –
noch bestens in Erinnerung. Davon waren – das hat FrauHöll zu Recht betont – nicht nur größere Konzerne oderirgendwelche Konzernchefs betroffen. Es ging auch umdie einfachen Arbeitnehmer, in diesem Fall um Hundert-tausende von Arbeitnehmern in Niedersachsen, die vonsolchen Übernahmen, die verdeckt und intransparenteingeleitet wurden, betroffen gewesen wären. ZumSchluss ging es im Fall Porsche/VW darum, dass dieKasse des VW-Konzerns geplündert werden sollte. Nurdann wäre nämlich diese Übernahme finanzierbar gewe-sen.wZvw–ichje–ÄzvmlizzmshwDbcmmdmnkmtenDpDdAliESaSuNÜgStue
Es gibt jetzt klare Regelungen, Frau Höll. Das erkläreh Ihnen gerne.Wir Parlamentarier – Herr Schäffler hat das hervorge-oben – haben uns intensiv dafür eingesetzt, dass wirtzt ein Regime haben, in dem alle Finanzinstrumentenicht nur Aktien, sondern auch Optionen, Swaps undhnliches, mit denen man die Möglichkeit hat, Aktienu erwerben – meldepflichtig sind, und zwar in Stufenon 5 Prozent. Die Anteile der verschiedenen Instru-ente werden addiert. Es ist nicht mehr wie früher mög-ch, dass sich beispielsweise Frau Schaeffler 2,97 Pro-ent der Aktien kaufen konnte und dazu noch 4,98 Pro-ent in Form von Optionen, was sie nicht meldenusste. Nach einem weiteren Kauf von Swaps konnteie dann sagen: Ich habe 36 Prozent der Aktien. Ihr alleört jetzt auf mein Kommando. – Diese Veranstaltungird es in Zukunft in Deutschland nicht mehr geben.as sind die entscheidenden Schritte hin zu einer Ver-esserung, hin zu einem transparenten, fairen und ehrli-hen Übernahmerecht.
Wir sind aber durchaus interessiert daran – auch dasöchte ich betonen –, dass es in Deutschland Übernah-en unter einem ehrlichen und klaren Regime gebenarf und auch geben muss. Es gibt nämlich Unterneh-en, die schlecht dastehen und bei denen im Grunde ge-ommen eine Übernahme sinnvoll wäre. Das ist danneine Bedrohung für die dort beschäftigten Arbeitneh-er. Vielmehr kann es für ein schlecht gemanagtes Un-rnehmen absolut gut sein, wenn es mit anderen Unter-ehmen fusioniert bzw. von anderen übernommen wird.as ist gut und sichert die Arbeitsplätze dort.Wichtig ist, dass ein Übernahmeregime offen, trans-arent und für die Beteiligten am Markt erkennbar ist.ann werden auch Kleinanleger nicht dadurch betrogen,ass sie im Übernahmefall vielleicht zu wenig für ihrektien bekommen. Dann werden gesunde, faire und ehr-che Übernahmepreise gezahlt. Das wiederum ist letztenndes gut für die Stabilität der Unternehmen und für dieicherheit der Arbeitsplätze. Ich komme also zu ganznderen Ergebnissen als Sie.Es wurden von der Opposition Anträge vorgelegt. DiePD meint, absehbar sei die geringe Wirkung dieser vonns vorgelegten gesetzlichen Regelung und es gebe dieotwendigkeit einer zügigen Weiterentwicklung desbernahmerechts. Ich teile diese Einschätzung nicht. Ichlaube vielmehr, dass wir heute die entscheidendenchritte hin zu einer Verbesserung des Übernahmerechtsn, damit wir in Zukunft klare, faire, transparente undhrliche Verhältnisse am Markt haben.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10283
Dr. Mathias Middelberg
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Frau Höll, ich fand interessant, dass Sie auf dieSchweiz hingewiesen haben – davon habe ich in IhrenAnträgen bisher nichts gelesen –: In der Schweiz gibt esRegelungen, die den Unternehmen erlauben, über dieSatzung Erwerbsbeschränkungen festzulegen, das heißt,festzulegen, wie viele Anteile jemand erwerben kann.Ich konnte dazu allerdings keine konkreten Vorschlägein Ihrem Antrag lesen, auch nicht im Antrag der SPD.Wir wollen uns auch über eine Verschärfung des Sank-tionsregimes beim Anschleichen zum Zwecke von Un-ternehmensübernahmen unterhalten. Das sind Punkte,über die man sich durchaus noch unterhalten kann.Es gibt bestimmte Details, bei denen man noch nach-arbeiten kann. Ich möchte aber noch einmal betonen:Wir machen jetzt den entscheidenden Schritt, um klareVerhältnisse am Kapitalmarkt zu schaffen. Wenn in Zu-kunft Anteilsübernahmen in 5-Prozent-Schritten gemel-det werden müssen, dann sieht jeder, wer sich an ein Un-ternehmen gewissermaßen heranpirscht, wer 5, 10 oder15 Prozent der Anteile erwirbt. Das können dann alleMarktteilnehmer zur Kenntnis nehmen. Das bekommendann auch alle Arbeitnehmer mit; sie sind übrigens inden Aufsichtsräten – zumindest der großen Gesellschaf-ten – zu 50 Prozent vertreten und haben damit mittelbarEinfluss auf die Satzungsgestaltung.Schon heute kann man per Satzung Aktien vinkulie-ren, also die Verwendung für bestimmte Zwecke aus-schließen. Schon heute kann man von Inhaber- auf Na-mensaktien umstellen; man kann dann genau sehen, weran einem Unternehmen beteiligt ist. Schon heute hatman die Möglichkeit, die Abwahl des Aufsichtsrats überdie Satzung zu beschränken. Schon heute man die Mög-lichkeit – ich spreche damit das Beispiel Hochtief an –,mithilfe eines Beherrschungs- und Gewinnabführungs-vertrages bestimmte Mehrheitsgrenzen als sehr hoheSchwelle festzulegen.Weil wir heute im Zusammenhang mit den vorliegen-den Anträgen auch über Hochtief diskutieren, will ich andieser Stelle auf Folgendes hinweisen: All das ist vomManagement von Hochtief leider versäumt worden. BeiHochtief waren alle Möglichkeiten gegeben, sich recht-zeitig auf Übernahmeversuche vorzubereiten. Der FallACS/Hochtief war kein Fall von Anschleichen; denn eswar für jedermann erkennbar, dass ACS Beteiligungenam Unternehmen hatte, die knapp unterhalb der 30-Pro-zent-Schwelle lagen. Jeder Vernünftige hätte damit rech-nen können, dass ACS alsbald dazu übergehen würde,ein Pflichtangebot zu machen. Es ist unverständlich, wa-rum das Management von Hochtief nicht vorbereitet warund nicht rechtzeitig reagiert hat, obwohl jahrelang be-kannt war, dass die Spanier am Unternehmen beteiligtsind. Man muss diese Frage an das Management vonHochtief richten, aber nicht an den Gesetzgeber.Ich habe am Punkt des Übernahmerechts deutlich ge-macht: Wir sind mit diesem Anlegerschutzgesetz ge-wichtige und aus meiner Sicht ganz wesentliche Schrittegegangen. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn dashier heute kleingeredet wird, so wie Sie es gemacht ha-ben.Vielen Dank.SBvv–d„sliudgEfügateJktidkudWauwzBngawmsg
Ich bin mir oft unsicher; aber ich verschweige es nicht.
Im Bericht des Finanzausschusses steht auf Wunscher Koalitionsfraktionen, der Finanzausschuss sollenoch vor der Sommerpause im Jahr 2011 ein Fachge-präch zur Klärung der Frage durchführen“, ob es Mög-chkeiten der Fortentwicklung des Wertpapiererwerbs-nd Übernahmegesetzes gibt. Daran sieht man, dassoch noch etwas kommen soll.Daher habe ich die Kritik von Gerhard Schick nichtanz verstanden.
r hat gesagt, Herr Flosbach habe vor einem halben Jahrr die CDU/CSU-Fraktion erklärt, dass in wenigen Ta-en ein gutes Gesetz kommen werde. Herr Flosbach hatuch heute wieder erklärt, dass in wenigen Tagen ein gu-s Gesetz kommen werde. Er wird auch in einem halbenahr erklären, dass in wenigen Tagen ein gutes Gesetzommen werde. Insofern ist er sich doch hundertprozen-g treu geblieben. Ich finde, das muss man respektieren.
Es geht uns darum, die feindlichen Übernahmen undie Zerschlagung von Unternehmen zu erschweren; manann sie sicher nicht unmöglich machen. Dabei geht esns nicht so sehr um die Aktionäre im Allgemeinen, son-ern eher um die Kleinaktionäre. Uns geht es um faireettbewerbsbedingungen. In erster Linie geht es unsber um Arbeitsplätze, um Arbeitnehmer, um Familiennd damit – last, but not least – um Schicksale. Immerenn man genauer hinschaut, stellt man fest, dass Ein-elne betroffen sind.Es geht uns aber ebenso um die Unternehmenskultur.edenken Sie, was passiert ist: Hoechst existiert zwaroch irgendwie, aber trotzdem ist alles ganz anders. Ichlaube, man muss auch auf die Unternehmenslandschaftchten. Es geht in diesem Zusammenhang darum, dassir die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitneh-er und der Gewerkschaften bei Übernahmen verbes-ern, um bestimmten Konzentrationsprozessen entge-enzuwirken.
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10284 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Lothar Binding
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Auf der anderen Seite gibt es sehr wohl die taktischeKursgestaltung. Es gibt Spekulationen. Es gibt unbere-chenbare Vorgänge auf Handelsplätzen, zum Beispieldas High Frequency Trading, das keiner genau über-schauen kann. Das sind Vorgänge, die niemand vorher-sehen kann.Außerdem gibt es das Anschleichen, das Einschlei-chen. Das hat etwas mit Heimlichkeit zu tun: Man willüberraschen. Man will mit Überraschungseffekten deneigenen Gewinn steigern, möglicherweise sogar als Un-ternehmen, das vor dem Konkurs steht. In einer letztenRettungsaktion versucht dieses Unternehmen aber, eingutgehendes Unternehmen zu übernehmen, um sich soselbst aus dem Sumpf zu ziehen. Dies geschieht aberzum Preis der Zerschlagung von anderen Unternehmen.Der Kollege Middelberg hat in der ersten Lesung ge-sagt:Das Szenario einer Zerschlagung ist … ziemlichunwahrscheinlich.Er dachte an Hochtief. Ich glaube, das Szenario einerZerschlagung ist im Regelfall sehr wahrscheinlich. HerrMiddelberg sprach vom „Wert … in der komplexen,weltweiten Aufstellung des Unternehmens“ und sagte:Keiner würde so dumm sein, dieses Unternehmentatsächlich zu zerschlagen.Wenn wir uns anschauen, wie viele gute Unterneh-men in Wirklichkeit schon zerschlagen wurden, stellenwir fest, dass der eigentliche Wert des Unternehmens imIdeenreichtum der Arbeitnehmer und in deren Hände Ar-beit liegt, dass aber viele Unternehmen, die feindlicheÜbernahmen planen, darauf keine Rücksicht nehmen.
Deshalb spricht die praktische Erfahrung gegen das gut-gläubige „Es wird schon nichts passieren!“. Nein, oftgeht es um die feindliche Übernahme, um die Filetie-rung. Es geht sogar darum, dass die Arbeitnehmer derZielgesellschaft letztendlich die Übernahme ihres Unter-nehmens und ihre eigene Entlassung auch noch bezah-len.Wer das vermeiden will, der muss, ähnlich wie Eng-land und Frankreich – es gibt auch Länder, die das nichtso machen; das stimmt –, die Verpflichtung zur Veröf-fentlichung und Abgabe eines Pflichtangebots auch fürden Fall vorsehen, dass der Erwerber die Schwelle von30 Prozent – qualifizierte Beteiligung – überschreitet.Das steht in unserem, dem SPD-Gesetzentwurf.Wir glauben, dass wir mit diesem Gesetzentwurf ei-nen guten Schritt weiterkommen. Wir sind damit sicher-lich noch nicht am Ende angekommen und haben auchnoch nicht alle Ziele erreicht, aber das ist eine gute Mög-lichkeit, um Übernahmen, die wir vermeiden wollen, zuverhindern. Dadurch können wir die Möglichkeiten ein-schränken, sich legal an eine Zielgesellschaft anzu-schleichen – auf Englisch heißt das Creeping-in; ohnediese Begriffe geht es heutzutage gar nicht mehr –, wo-mgnGGzgsuDAgnaIhsRfüloDleIcAVrahSliFessVihSnnSzriIcs
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-gen! Herr Kollege Schick, nur um das klarzustellen:h wünsche Nicole Maisch von dieser Stelle alles Gute.ls junger Vater weiß ich, was da auf sie zukommt. Derorwurf in Richtung Ihrer Fraktion bezog sich nicht da-uf, dass die Kollegin Maisch nicht anwesend ist. Ichätte ihr heute sehr gerne zugehört, weil sie immer etwasubstanzielles zur Debatte beiträgt. Es ging darum, deut-ch zu machen: In Ihrer Fraktion bearbeitet nicht nurrau Maisch das Thema Verbraucherschutz. Sie habenine Vorsitzende der Arbeitsgruppe für den Verbraucher-chutz. Sie stellen außerdem eine stellvertretende Aus-chussvorsitzende.
on ihnen redet niemand, und es ist auch niemand vonnen anwesend. Das hätten wir gar nicht erwähnt, wennie nicht gemeint hätten, die Ministerin, die hierbei garicht federführend ist, angreifen zu müssen. Das geht soicht, Herr Schick.
Frau Höll, es überrascht mich, dass Sie sagen, dassie die Kompetenzen der Banken auf das Kerngeschäfturückschneiden wollen. Was bleibt denn dann noch üb-g? Wollen Sie nur noch die freien Finanzvermittler?h dachte, ich hätte die Anliegen der Linken anders ver-tanden. Wahrscheinlich muss man sich hier wundern.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10285
Dr. Erik Schweickert
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Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder wir machenetwas à la Hartz IV. Wir schnüren ein riesiges Paket, indas insbesondere die Opposition sachfremde Sachen pa-cken möchte, bei dem letztlich aber nichts herumkommt.Wir gehen einen anderen Weg und sagen: Heute be-schließen wir dieses Gesetz, das die Banken betrifft. Wirhaben zugesagt, dass wir in diesem Bereich auch Rege-lungen für die freien Finanzvermittler schaffen. Außer-dem werden wir noch das Thema der Honorarberatungangehen. Hier brauchen wir ein ganz klares Berufsbild.Ich lege mich an dieser Stelle einmal fest: Ein Honorar-berater ist für mich kein Vermittler, sondern ein Berater.Das muss klar voneinander getrennt werden. Deshalbbrauchen wir ein gescheites Berufsbild, das mehr als nurdie Teilnahme an einem Wochenendseminar voraussetzt.
Vielmehr muss eine Trennung deutlich werden, und dasgesamte Spektrum muss überblickt werden. Dies sageich, damit Sie auch einmal einen Einblick in die Mei-nung der FDP-Bundestagsfraktion zum Verbraucher-schutz bekommen.
Wir werden diesen Bereich also noch angehen.Heute liegt uns ein Gesetzentwurf vor, über den wirberaten müssen, ob er gut oder schlecht ist. Wenn ichHerrn Binding höre, dann gewinne ich den Eindruck,dass wir ein gutes Gesetz brauchen. Das ist aber falsch;denn wir haben bereits ein gutes Gesetz. Warum habenwir ein gutes Gesetz? Mit Blick auf die Reihen in derOpposition muss ich sagen: Es waren Ihre Finanzminis-ter, die damals Hedgefonds zugelassen haben, die mein-ten, die würden die große Rendite bringen.
– Der Herr Kelber regt sich schon wieder auf. Vielleichthaben Sie die namentliche Abstimmung verpasst.
– Stellen Sie eine Zwischenfrage, wenn Sie etwas wissenwollen.
– Wenn Sie das interessiert, dann stellen Sie eine Zwi-schenfrage.Wir sichern mit diesem Gesetzentwurf die Qualitätder Beratung, indem wir uns die Qualifizierung der Be-rater nachweisen lassen, Herr Kelber. Das ist mehr alsdas, was Sie hinbekommen haben. Außerdem erhöhenwir mit diesem Gesetzentwurf die Transparenz bei denVerkaufsgesprächen, weil wir die Offenlegung der Pro-visionen vorschreiben.
übBfe–GAossdPbWndleBbdw–SVfeWvdAtendKeztrAa
Wir haben das nicht festgelegt. Wir haben extra insesetz geschrieben, dass, wenn die Protokolle unserennforderungen nicht genügen, wir dies sehr schnell undhne eine große Debatte auf dem Verordnungswege lö-en können. Das ist überhaupt kein Problem.
Ich sage Ihnen auch, dass ich einheitliche Risikoklas-en festlegen möchte. Hierbei brauchen wir Transparenz;enn nur dann kann ich ein Produkt mit einem anderenrodukt vergleichen. Sollen wir als Politik aber vorge-en, wie diese Sachen funktionieren?
ir geben die Rahmenbedingungen vor. Wenn uns dasicht passt, was uns die Banken vorlegen, werden wiras auf dem Verordnungswege regeln, und zwar schnel-r, als Sie denken können.
Wie können wir die Rahmenbedingungen in diesemereich schaffen? Wir müssen zusehen, dass die Aufga-en des Verbraucherschutzes erfüllt werden. Das muss inie Finanzaufsicht integriert werden. Das ist für uns einichtiges Thema.
Das steht selbstverständlich im Gesetz. Das müssenie nachlesen. Manchmal tut es sogar gut, wenn man dieorlagen der Regierung liest. Dann würde man nämlichststellen, dass genau diese Punkte darin enthalten sind.Vorhin ist der Vorwurf der Bürokratie erhoben worden.ir haben die Meldung, die jetzt mit einem Knopfdruckon den Banken erledigt werden kann, so hinbekommen,ass das verwaltungstechnisch sehr wohl machbar ist.ußerdem haben wir festgelegt, dass eine Vermittlerkar-i erstellt wird, sodass wir wissen, gegen wen im Falle ei-er Falschberatung oder wenn sich die Beschwerden iniesem Bereich häufen vorgegangen werden muss.Allein schon die Erfassung der Daten, also wer amunden arbeitet und wie die Beratung aussieht, wird zuiner Disziplinierung beitragen. Der Berater wird sichweimal überlegen, ob er den Vorgaben seines Oberver-iebes nachgibt oder ob er das Wohl des Kunden imuge hat. Darum geht es uns als christlich-liberale Ko-lition.
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Dr. Erik Schweickert
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Da Sie so viel über die anderen Sachen reden, möchteich klar sagen: Wir werden diese Vorgaben auch auf demGrauen Kapitalmarkt umsetzen, aber in einem anderenGesetzestext. Wenn das Ihr einziger Kritikpunkt ist, obes ein Gesetz ist oder ob es drei Gesetze sind, dann istdas wirklich schwach. Außerdem wissen Sie, dass dieSachen, die wir hier sagen, auch umgesetzt werden.Wenn dann der Vorwurf kommt, man hätte zu langegebraucht, dann sage ich nur, Herr Kelber: Wenn zwölfJahre nichts gegangen ist, wenn zwölf Jahre in diesemBereich nichts passiert ist, dann würde ich mir fünfmalüberlegen, ob ich diese Kritik hier äußere.
Die christlich-liberale Koalition geht beim Anleger-schutz voran. Sie macht einen Schritt nach dem anderen,und diese macht sie schnell. Das ist ein Meilenstein fürdie Verbraucherinnen und Verbraucher. Von daher sindwir auf einem guten Weg und arbeiten in diesem Bereicherfolgreich und effizient für den Verbraucherschutz. Umgenau das geht es.
Zu einer Kurzintervention der Kollege Kelber bitte.
Herr Kollege Schweickert, Sie haben mich insgesamt
viermal direkt angesprochen. Sie sind erst seit 2009 Mit-
glied des Bundestages. Sie haben gesagt, zwölf Jahre
lang sei nichts passiert. Haben Sie aufgepasst und be-
merkt, dass Ihre Partei bei jeder Regulierung, die vorge-
nommen wurde, von Überregulierung
gesprochen hat und uns Irland und Island als Beispiele
für gute Finanzregulierung empfohlen hat?
Sie möchten antworten? – Bitte schön.
Herr Kollege Kelber, Sie haben gesagt, dass ich erst
seit 2009 Mitglied dieses Hohen Hauses bin; das ist rich-
tig. Daher habe ich mir die Mühe gemacht, nachzu-
schauen, was damals zu diesem Punkt gesagt worden ist.
Ich möchte zitieren
aus einer Pressemitteilung Ihres damaligen Finanzminis-
ters Hans Eichel, der dort
Moment, ich komme sofort dazu; dann können Sie es
Relation setzen – zur „Verbesserung der Unterneh-
ensintegrität und des Anlegerschutzes“ geschrieben
at:
Weitere wesentliche Bestandteile sind das Invest-
mentgesetz 2003, Regelungen über Hedgefonds
und alternative Investments …
Wenn man in der Pressemitteilung weiterliest, um he-
uszufinden, was diese alternativen Investments sind,
ndet man Folgendes:
Kreditinstitute können nunmehr in Deutschland ihre
Kreditforderungen und Kreditrisiken in Zweckge-
sellschaften bündeln und daraus eine Reihe liquider
Wertpapiere an den Kapitalmarkt bringen.
In der Pressemitteilung heißt es auch:
Damit wird Deutschland
bei den Hedgefonds –
den Anschluss an die Entwicklung im Bereich alter-
nativer Investments halten, die insbesondere im an-
gelsächsischen Finanzmarkt weit vorangeschritten
ist.
Jetzt die Äußerung unseres Kollegen Solms, der da-
als dazu im Plenum gesprochen hat – ich zitiere –:
Deswegen will ich daran erinnern, Frau Staatssek-
retärin: Vertrauen für den Finanzmarkt zu schaffen
bedeutet mehr als die Schaffung von Finanzmarkt-
förderungsgesetzen oder eine Liberalisierung bei
den Fondsprodukten.
Lieber Herr Kelber, nehmen Sie sich dies zu Herzen.
ann wissen Sie, wo wir stehen und wo damals die Feh-
r gemacht worden sind.
Jetzt hat Caren Lay das Wort für die Fraktion Die
inke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Eines ist aus meiner Sicht unstrittig: Der Gesetz-ntwurf, den wir heute behandeln, ist längst überfällig.us Sicht der Kleinanlegerinnen und Kleinanlegerommt er viel zu spät. Denn jedes Jahr verlieren private
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10287
Caren Lay
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Haushalte 20 bis 30 Milliarden Euro allein durch Falsch-beratung bei der Geldanlage. Vor diesem Hintergrundmuss ich sagen: Es ist völlig inakzeptabel, dass Sieheute, zweieinhalb Jahre nach der Lehman-Pleite, sagen:Wir beschließen heute einmal ein kleines Paket, dannkommen der zweite, der dritte und der vierte Schritt. Dassagen Sie uns jetzt seit Beginn dieser Legislaturperiode.Das ist für uns als Opposition nicht mehr hinnehmbar.
Wir brauchen einfach nur diese Legislaturperiode zubetrachten. Der Rettungsschirm für Banken einschließ-lich vieler Milliarden Euro Steuermittel war natürlichganz schnell gespannt. Auf einen Schutzschirm für Ver-braucherinnen und Verbraucher, der diesen Namen wirk-lich verdient, warten wir bis heute. Wir als Linke habenals Erste ein Gesamtkonzept für den finanziellen Ver-braucherschutz vorgelegt; die anderen Oppositionsfrak-tionen sind bald gefolgt, übrigens häufig mit großenÜbereinstimmungen. Vor diesem Hintergrund ist das,was die Koalition uns heute zur Abstimmung vorlegt,überaus mager und für uns nicht hinnehmbar.
Man muss eine ganz andere Einschätzung haben,wenn man hier von einem großen Wurf oder gar von ei-nem Meilenstein für den Verbraucherschutz spricht. DieRegierung verläuft sich hier in Klein-Klein, und diewirklich zentralen Fragen des finanziellen Verbraucher-schutzes werden überhaupt nicht angegangen. Deswegenkann ich mich in meiner Rede auch nicht nur auf daskonzentrieren, was Sie falsch oder unzureichend regeln,sondern ich möchte auch die Dinge ansprechen, die indiesem Gesetzentwurf überhaupt nicht vorkommen, dieaber dringend notwendig wären, wenn man im Interesseder Kleinanleger handeln möchte.
Das Kernanliegen von uns Linken ist immer, dass wirsagen: Wir können nicht die gesamte Verantwortung aufdie Verbraucherinnen und Verbraucher abwälzen. Man-che Finanzprodukte sind so intransparent, dass selbstProfis nicht durchblicken. Wie soll dann eine Verkäufe-rin sie verstehen, die vielleicht 3 000 Euro, die sie sichhart erspart hat, zur Bank tragen möchte, aber gar keinVertrauen mehr hat, ob sie ihr Geld dort in sicheren Hän-den weiß? Wir sagen: Hier ist die Politik gefragt. Wirbrauchen wirksame öffentliche Institutionen. Diese sindnach wie vor nicht geschaffen.Als ersten Schritt hätte man sagen können: Man mussdie Finanzaufsicht, die BaFin, stärken, indem man ihrden gesetzlichen Auftrag für den Verbraucherschutzgibt; auch wenn wir Linke dies für unzureichend halten,wäre es ein erster Schritt gewesen. In diesem Gesetzent-wurf ist aber Fehlanzeige. Wir sagen: Auch Deutschlandbraucht endlich eine Verbraucherschutzbehörde für dieFinanzmärkte, die auch aktiv vor Missständen warnenmuss.
Das halten wir eigentlich für eine Selbstverständlichkeit.In Ihrem Gesetzentwurf ist aber Fehlanzeige, ebenso wieimVEKDSZdzVDLMenwwjedDdunteRfariBDucnScUzm
weitens sind die überzogenen Verkaufsvorgaben, denenie Beraterinnen und Berater ausgesetzt sind, ein ganzentrales Problem. Hier muss man ansetzen; denn dieseorgaben setzen die Beschäftigten der Bank unterruck. Auch diesen Mut haben Sie nicht aufgebracht.Außerdem gibt es Finanzprodukte, die aus Sicht derinken so unseriös sind, dass sie überhaupt nicht auf denarkt gehören. Deswegen fordern wir, wie viele andere,inen Finanz-TÜV. Auch davon ist im Koalitionslageroch nichts zu sehen.Die fehlende Regulierung des Grauen Kapitalmarktesurde mehrfach angesprochen; dabei geht es beispiels-eise um die freien Vermittler. Die Regulierung solltzt auf die Gewerbeaufsicht der Länder abgewälzt wer-en.
as ist wirklich ein völlig untaugliches Instrument, weilie Gewerbeaufsicht, die sich ansonsten zum Beispielm den Nichtraucherschutz kümmert, hierfür überhaupticht ausgestattet ist. Ihr Gesetzentwurf ist ein Flicken-ppich, den die Verbraucherverbände an dieser Stelle zuecht kritisieren. Wir halten all das für den Gipfel einerlschen Politik, die nicht im Interesse der Verbrauche-nnen und Verbraucher ist.
Meine Damen und Herren, die Koalition ist vor derankenlobby eingeknickt.
er Kollege Sieling hat zu Recht gesagt, dass es dafür abnd zu ein Dankeschön gibt; Sie haben aus dem entspre-henden Schreiben zitiert. Eines haben Sie aber leidericht erwähnt: Ab und zu wird auch ein großzügigercheck ausgestellt. Wenn man sich vor Augen hält, wel-he Beträge von Juli bis November letzten Jahres annion und FDP geflossen sind,
um Beispiel von der Deutschen Vermögensberatung,uss man sagen: Das passt wirklich auf keine Kuhhaut.
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Caren Lay
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Ich sage nicht, dass es an dieser Stelle einen Zusammen-hang gibt.
Fakt ist aber: Es gab Spenden in großer Höhe. Jedersollte sich selbst einen Reim darauf machen, ob es hiereinen Zusammenhang mit dem schwachen Gesetzent-wurf, den Sie heute vorgelegt haben, gibt.Vielen Dank.
Mechthild Heil spricht jetzt für die CDU/CSU-Frak-
tion.
Meine sehr verehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Die Finanzkrise hat das Vertrauen derVerbraucher in die Finanzmärkte erschüttert. Selbsthochanerkannte Finanzfachleute haben viel Geld verlo-ren. Wenn Fachleuten, die sich doch auskennen müssten,dies passiert, wie kann ich mich dann als Laie noch zu-rechtfinden? Das fragen sich viele Verbraucher und, wieich denke, auch viele Bürger, die dieser Debatte folgen.Mit ihrer eigenen Bank, mit ihrem eigenen Beratersind die meisten Anleger zufrieden. Dennoch ist die Ver-unsicherung unter den Bankkunden groß. Oder positivgesagt: Das Interesse der Kunden an den Produkten iststetig gewachsen.Was verkauft mir mein Berater da eigentlich? Wassteckt dahinter? Wie viel Risiko gehe ich ein? Warum bie-tet er ausgerechnet mir dieses Produkt an? Und warumdas und nicht ein anderes? Was springt dabei eigentlichfür den Berater heraus? Blickt mein Berater da eigentlichdurch? Was befähigt ihn dazu, mich zu beraten? – DerVerbraucher ist sensibilisiert, und mancher Verbraucherist sicherlich auch verunsichert.Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf reagieren wirauf diese Vertrauenskrise. Integere, effiziente und trans-parente Kapitalmärkte sind die entscheidende Vorausset-zung für eine gesunde Volkswirtschaft. Wir stärken denöffentlichen Anlegerschutz und verbessern die Funk-tionsfähigkeit der Kapitalmärkte. Wir bekämpfen die Un-sicherheit von Anlegern und stärken damit den Finanz-platz Deutschland.
Das wichtigste Anliegen aus Sicht des Verbraucher-schutzes ist es, dem Bürger zu ermöglichen, seine Ent-scheidungen wirklich mündig fällen zu können. Mit die-sem Gesetz tun wir genau das: Wir stärken den Schutzder Verbraucher, und wir bringen mehr Transparenz indas ganze System.Das Beratungsprotokoll hat die Beweissituation vonPrivatanlegern bereits verbessert.WinmdzelikFAvladWmligggFhNingsFdsDNVD3hbsunaFzgdbnreSbaV
ir gehen heute aber noch einen Schritt weiter: Produkt-formationsblätter werden Pflicht. In den Produktinfor-ationsblättern werden die wesentlichen Eigenschaftenes Finanzproduktes in leicht verständlicher Form aufwei bis drei Seiten dargestellt. Dieser „Beipackzettel“nthält alle wesentlichen Informationen über das jewei-ge Finanzprodukt. Der Kunde wird informiert, und erann auf einen Blick die Art des Finanzprodukts, seineunktionsweise, die damit verbundenen Risiken, dieussicht auf Kapitalrückzahlung bzw. Erträge unter denerschiedenen Marktbedingungen und die mit der An-ge verbundenen Kosten sehen. Das Informationsblattarf sich jeweils nur auf ein Finanzprodukt beziehen.erbung und sonstige, nicht dem Zweck dienende Infor-ationen sind verboten.Der Vorteil dieses Informationsblattes sind eine rea-stische Einschätzung des Produktes und eine gute Ver-leichbarkeit mit anderen Finanzprodukten. Damit stei-ern wir die Entscheidungssicherheit des Einzelnenegenüber den Banken und Anlageberatern.Welche Konsequenzen ziehen wir aber noch aus derinanzkrise? – Die Krise hat gezeigt: Nicht jeder Beraterat die nötige Sach- und Fachkunde. Und sie hat gezeigt:icht immer stand bei der Anlageberatung das Kunden-teresse im Vordergrund. Provisionen und Vertriebsvor-aben spielen eine große Rolle. Es muss jedoch klarein: Provisionen und Vertriebsvorgaben dürfen nicht zualschberatungen führen.Darüber hinaus muss derjenige, der mit dem Geld an-erer Leute umgeht, ein hohes Verantwortungsbewusst-ein haben und hohe Sach- und Fachkenntnisse besitzen.eshalb verpflichtet der vorliegende Gesetzentwurf zumachweis der Sach- und Fachkunde der Anlageberater,ertriebsbeauftragten und der Compliance-Beauftragten.aher legen wir im Gesetz fest: Jeder der rund00 000 Berater muss sich bei der Finanzaufsichtsbe-örde BaFin registrieren lassen. Wie in einem Klassen-uch wird jede Beschwerde, der Name des Mitarbeitersowie des Unternehmens vermerkt. Das ist ein richtigernd wichtiger Schritt in Richtung Schutz der Anleger ei-erseits und Stärkung der Verantwortlichkeit der Beraterndererseits.Wir führen Sanktionsmöglichkeiten der BaFin imalle von Falschberatungen ein. Kommt es wiederholtu Falschberatungen, kann als letzter Ausweg ein Anla-eberater bis zu zwei Jahre von seiner Funktion suspen-iert werden. Das ist ein wichtiger Beitrag für mehr Ver-raucherschutz in Deutschland.Die Möglichkeiten der BaFin gehen in Zukunft aberoch weiter: Die BaFin prüft auch die Vertriebsstruktu-n, die für eine Falschberatung ausschlaggebend waren.omit sagen wir auch Provisionen und Vertriebsvorga-en, die sich gegen einen Kunden wenden, den Kampfn.Das Gesetz verpflichtet die Banken ausdrücklich,ertriebsvorgaben so auszugestalten, umzusetzen und zu
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Mechthild Heil
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überwachen, dass die Kundeninteressen nicht beein-trächtigt werden. Doch was macht die Opposition? – Dietraurige Wahrheit sieht wie folgt aus: Die SPD sträubtsich gegen eine pauschale Registrierung. Das verwun-dert mich schon sehr, hat doch im Sommer noch die ge-samte SPD mit Herrn Steinmeier an ihrer Spitze in ei-nem Antrag zur Stärkung des Verbraucherschutzes eine– ich zitiere – „umfassende Registrierungspflicht“ gefor-dert.
Von Ihrem hohen Anspruch ist nach Druck von den Ge-werkschaften und von Bankenlobbyisten nicht viel übriggeblieben. Der Schutz der Verbraucher ist bei Ihnen aufder Strecke geblieben.
Die Sozialdemokraten fordern aktuell in ihrem An-trag: Registrierung erst nach Kundenbeschwerde. AlsAnwalt der Verbraucher sind Sie gestartet,
und jetzt ziehen Sie mit einer bunten Truppe aus Ge-werkschaften, Interessenverbänden und Banken unterdem Slogan „Kriminalisierung eines Berufsstandes“ ge-gen den Schutz von Anlegern vor schlechten Beratern zuFelde. Das ist schäbig.
Es geht nicht um die Kriminalisierung eines Berufsstan-des. Wir als CDU/CSU nehmen aber die Realität in denBlick.Ja, der einzelne Kundenberater kann durch Vorgabenseiner Vorgesetzten unter großen Verkaufsdruck geraten.Deshalb wird die BaFin ja auch die gesamte Beratungs-struktur in den Blick nehmen. Aber genauso wenig, wieein Lkw-Fahrer über eine rote Ampel fahren darf, nurweil sein Chef ihm einen engen Zeitplan vorgegeben hat,darf ein Bankberater ungeeignete Papiere an seine Kun-den verkaufen, nur um Zielvorgaben zu erfüllen. Tut erdas, müssen er und sein Chef mit Sanktionen rechnen.Das ist richtig, und das wollen wir zum Schutz derVerbraucherinnen und Verbraucher. Dadurch schaffenwir Vertrauen. Mit dem Anlegerschutz- und Funktions-verbesserungsgesetz schaffen wir die Grundlage dafür.Vielen Dank.
FHsWhKKbVlemhAbGddSlekkdVktruhgtiggngacHdWP
Was ist passiert? Von den Ankündigungen ist im jetzi-en Gesetzentwurf nichts übrig geblieben.
Wehe dem Verbraucher, der sich auf die Ankündigun-en von Frau Aigner verlässt; denn davon bleibt dochichts übrig. Jetzt ist es schon so weit, dass die Ankündi-ungen nicht nur von der Ministerin kommen, sondernuch von den jeweiligen verbraucherpolitischen Spre-hern der Regierungskoalition.
Herr Schweickert, ich habe Ihre Ankündigung zuronorarberatung gehört. Mir fehlt aber der Glaube, dassas in Ihren nächsten und übernächsten Schritten auchirklichkeit wird. Sie kündigen ja auch hinsichtlich desrotokolls an: „Wenn das nicht reicht, dann arbeiten wir
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Kerstin Tack
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nach“, und zu den Produktinformationsblättern sagenSie: „Wenn das nicht reicht, dann machen wir eineRechtsverordnung.“ Wenn Sie doch schon wissen, dassdas nicht ausreichend ist; wieso stehen die Ergänzungendenn dann nicht hier drin?
Was die Protokolle angeht, die schon vorgeschriebensind, gibt es kein Testheft von Stiftung Warentest, in demnicht festgestellt wird, dass sie nicht nachvollziehbarund inhaltlich unzureichend sind oder erst gar nicht er-stellt werden. Das wollen Sie komplett ignorieren undstellen allenfalls eine Nachregelung in Aussicht.
Warum regeln Sie es nicht in dem Gesetzentwurf? Daswäre doch Ihre Aufgabe gewesen.Menschen, die eine Beratung aufsuchen, erwarten,dass sie eine vernünftige Auswertung und Protokollie-rung des Gespräches bekommen können. Schließlichsollen sie daraus auch später Ansprüche gegenüber demBerater ableiten können.
Des Weiteren sehen Sie eine Stärkung der Bankauf-sicht vor, indem Sie die Bankberater verstärkt unterDruck setzen wollen. In der Begründung des Gesetzent-wurfes stellen Sie selber fest:Problemfelder sind insbesondere die heterogeneQualifikation der Anlageberater und die nachteiligeBeeinflussung durch Vertriebsinteresse, -druck und-provisionen.Aber was ist die Quintessenz aus dieser Problembe-schreibung? Was passiert in Bezug auf den Vertriebs-druck?Sie setzen die Bankberater immens unter Druck, in-dem sie nicht nur montags die Anweisung bekommen,wie freitags die Zahlen auszusehen haben, sondern in-dem Sie auch eine Prüfung durch die BaFin vorsehen.Sie sagen, die Bankberater würden schon Manns genugsein, sich dagegen zu wehren, wenn die Vorgaben amMontag zu hoch sind, um mit der Zahl der Kunden, diedie Woche über die Bank besuchen, eingehalten zu wer-den. Das kann doch nicht sein. Es kann nur darum ge-hen, die Vertriebswege und die internen Systeme derBanken in den Blick zu nehmen. Sie können doch nichtdie Berater dafür bestrafen, dass das System innerhalbder Bank nicht stimmt. Da stinkt der Fisch vom Kopf.Das ist die Situation.
Richtig wäre gewesen, sich den Vertriebswegen stär-ker zu öffnen und einen vernünftigen Informantenschutzfür das System zu schaffen, damit Bankberater even-tuelle Missstände in ihrer Bank unter besonderem Schutzweitergeben können. Das wäre vernünftig gewesen undhätte uns weitergeholfen.cMteteinDnraKimsuSdvaeRisSEdtugdMagnAahw
Der Kollege Ralph Brinkhaus hat jetzt das Wort für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Pri-ileg des letzten Redners in der Debatte ist, dass er auflles reagieren kann, was vorher gesagt wurde. Ich musshrlich sagen: Die Debatte war ein bisschen rituell. Dieegierung sagt: Alles ist gut. Die Opposition sagt: Allest schlecht. Das ist das Übliche.
Gestört hat mich ein bisschen, Herr Schick und Herrieling, dass Sie das Ganze etwas auf die persönlichebene gezogen haben. Ich glaube, das ist nicht notwen-ig. Ich glaube, wir alle wollen im Anlegerschutz mehrn. Wir haben unterschiedliche Vorstellungen, wie daseschehen kann. Dementsprechend wünsche ich mir,ass wir die Diskussion mit weniger Schaum vor demund ein wenig sachlicher führen.
Ich nehme die einzelnen Kritikpunkte, die heute wieuch in Briefen von Gewerkschaften und Personalräteneäußert worden sind, sehr ernst und möchte auf den ei-en oder anderen Punkt eingehen. Fangen wir mit demnschleichen an. Kollege Middelberg hat dazu einigesusgeführt.Wir schließen eine Lücke und damit eine Umge-ungsmöglichkeit im geltenden Recht. Das ist ehren-ert, gut und richtig. Es trifft aber nicht zu, dass wir da-
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Ralph Brinkhaus
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mit das ganze Übernahmerecht verbessern. DiesenAnspruch erheben wir gar nicht. Das ist ein sehr komple-xer Prozess, dem übrigens auch der SPD-Antrag nichtgerecht wird.Wir müssen vielmehr das Ganze in den Blick nehmenund feststellen, ob das, was teilweise in Presse und Wis-senschaft geäußert wird, zutrifft, nämlich dass deutscheUnternehmen ein besseres Ziel für feindliche Übernah-men sind als Unternehmen in anderen Ländern.Das ist insofern gerade jetzt besonders wichtig, alsdeutsche Unternehmen besser dastehen als viele andereUnternehmen in vielen anderen Ländern und deswegendurchaus ein Übernahmeziel sind. Wir werden das sorg-fältig machen. Wir werden ein Fachgespräch führen. Wirwerden gemeinsam mit Ihnen die Anregungen gründlichaufgreifen und werden dann Lösungen erarbeiten, diedazu beitragen werden, dass wir ein Level Playing Field,einen fairen Wettbewerb, in Europa und auch in der gan-zen Welt haben.Zweiter Punkt: Produktinformationsblätter. Dazu mussman einfach einmal sagen, dass wir es gemacht haben.Wir haben ein Produktinformationsblatt eingeführt
gegen sehr viel Widerstand. Wir haben teilweise konkur-rierende europäische Regelungen, wir haben Vorstellun-gen im Bankenbereich, wie das Ganze aussehen soll.Wir haben angefangen, wir haben es gemacht. Jetzt kannman natürlich kritisieren, dass das Ganze nicht detailliertgenug ist. Man kann kritisieren, dass darin nichts stehtzu ökologischen und sozialen Aspekten. Man kann vielkritisieren. Aber man sollte doch einfach mal anerken-nen, dass wir einen Anfang gemacht haben. Wenn wirbessere Erkenntnisse gewinnen, dann werden wir dieseeinbeziehen. Das müssen wir sowieso tun, weil wir aufeuropäischer Ebene die PRIPs-Intiative haben, wonachwir dieses Informationsblatt in zwei bis drei Jahren über-arbeiten müssen.
Dritter Punkt: Beraterqualität. Ganz ehrlich, meineDamen und Herren, wer kann denn wirklich etwas dage-gen haben, dass wir verlangen, dass Berater im Wertpa-pierbereich über Sachkunde verfügen? Wer kann dennwirklich etwas dagegen haben?
Dementsprechend sollte man anerkennen, dass wirdas hier an dieser Stelle im ersten Schritt bei den Bank-beratern verortet haben. Wir haben sogar noch eines ge-macht: Damit durch dieses Gesetz niemand geschädigtwird, haben wir die Übergangsfrist im Gesetzgebungs-prozess noch einmal verlängert. Wir haben eine „Alte-Hasen-Regelung“ eingebaut. Wir haben ganz viele Re-gelungen eingebaut, damit auch Leute, die vielleichtnicht über die formale Qualifikation verfügen, genügendZeit haben, sich diese Qualifikation anzueignen.Zweiter Punkt hierzu: Was kann man dagegen haben,dass die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleis-tugbMgbsudwWaddgEsteksruwwsdisbpteSGtuQggsAdehtemgzD
In einem zweiten Schritt werden wir dann die Be-chwerden, die von Kunden gegenüber einem Bankbera-r geäußert werden, sammeln. Es wird aber nicht soommen wie bei der Flensburger Verkehrssünderkartei:echs Beschwerden, und du bist raus, du kriegst ein Be-fsverbot. Das ist ja die Befürchtung, die von den Ge-erkschaften immer wieder suggeriert wird. Nein, esird so sein: Wenn wir eine gewisse Häufung von Be-chwerden haben, dann wird die BaFin anrücken, undann wird sie beim Berater fragen, was schiefgelaufent. Sie wird aber genau das tun, was Sie angemahnt ha-en. Sie wird nämlich auch bei den Vertriebsstrukturenrüfen, was dort schiefgelaufen ist, ob da ein Vorgesetz-r ist, der unzulässigerweise Druck ausgeübt hat.
ie wird auch den Compliance-Beauftragten befragen:ibt es in diesem Unternehmen eine Unternehmenskul-r, die gezielt auf eine Falschberatung hinwirkt?Das ist neu, das ist gut, und das ist richtig. Das ist einuantensprung gegenüber all den Dingen, die wir vorheremacht haben. Das muss man auch mal anerkennen.
Jetzt will ich Ihnen eines sagen. Es wird ja immer soetan, als könne der arme Berater nichts dafür. Wir wis-en, dass Vertriebsdruck in den Betrieben ausgeübt wird.ber wer kann denn ernsthaft etwas dagegen haben, dassann, wenn ein Berater systematisch über Jahre hinwegine Falschberatung betreibt, systematisch über Jahreinweg das Vermögen, das ihm anvertraut wird, vernich-t, ganze Lebensentwürfe vernichtet, wie das im Leh-an-Fall passiert ist, diesem Berater als Ultima Ratioesagt wird, dass er für zwei Jahre aus dem Verkehr ge-ogen wird? Ich kann das nicht verstehen.
enn auch der Berater hat eine Verantwortung.
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Ralph Brinkhaus
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Im Übrigen tun wir mit diesem Gesetz eines: Wir stär-ken den Berater gegenüber seinem Chef, weil er sich im-mer wieder darauf berufen kann: Ich werde beobachtet,ich muss für mein Handeln einstehen.
Deswegen ist es so richtig, wie wir diesen Gesetzentwurfgemacht haben, und deswegen ist es völlig unverständ-lich, dass von der SPD versucht wird, dieses Gesetz mitder Begründung zu torpedieren, dass das zu viel Büro-kratie sei. Das, Herr Sieling, ist armselig!
Kommen wir zum nächsten Bereich, zum Bereich deroffenen Immobilienfonds. Wir haben festgestellt, meineDamen und Herren, dass wir bei den offenen Immobi-lienfonds einen Konstruktionsfehler haben. Der Kon-struktionsfehler bestand darin, dass wir auf der einenSeite den Anlegern versprochen haben, dass sie täglichihre Anteile zurückgeben dürfen und ihr Geld dafür krie-gen,
das aber mit Immobilien unterlegt war, die man nichttäglich wie Aktien in einem Aktienfonds verkaufenkann.Wir haben dieses Problem angepackt. Wir haben die-ses Produkt durch Mindesthaltefristen, Kündigungsfris-ten und vieles andere mehr sicherer gemacht, und zwarin einem Prozess, der wahnsinnig schwierig war; denndie Branche hatte keine Lösung angeboten. Wir musstendas alleine machen. Wir haben das auch auf den Weg ge-bracht. Das Einzige, was Ihnen, Herr Sieling, dazu ein-fällt, ist der Satz: Ich habe dagegen Bedenken. – Der Ge-genvorschlag, den Sie im Entschließungsantrag machen,läuft letztendlich nur auf eine genauere Beobachtung hi-naus. Das entspricht nicht dem Niveau, auf dem wir hierdiskutieren sollten. Aber das passt zu Ihnen, HerrSieling, und Ihrer Rede. Das ist nicht gut.
Nachdem ich einiges zum Gesetzentwurf gesagt habe,lassen Sie mich noch ein paar allgemeine Ausführungenmachen.
Lassen Sie mich auf den Vorwurf der Branche eingehen,wir regulierten zu viel und verursachten einen zu hohenbürokratischen Aufwand. Ich habe grundsätzlich einesehr marktwirtschaftliche und wirtschaftsliberale Ein-stellung und frage mich manchmal auch, ob das, was wirregulieren, richtig ist oder ob wir dadurch nicht nur zu-sätzlichen bürokratischen Aufwand verursachen. Aberdie gesamte Finanzbranche hatte seit 2008 zweieinhalbJahre Zeit, auf all die Fragen, die die Finanzkrise aufge-worfen hat, eigene Antworten zu geben. Diese Antwor-tebangkedWAsvwbndIcdPwgwAhWfodcWwIcFmwssDsIcwfüünIcdfeBss
ir warten seit zwei Jahren auf Vorschläge der Branche.ber es kommt nichts. Schlimmer noch: Jeder Vor-chlag, den wir gemacht haben, wurde bekämpft, einmalom Verband, dann von größeren Anbietern und dannieder von kleineren Anbietern. So kann man nicht ar-eiten. Ganz ehrlich: Wenn man Marktwirtschaft ernstimmt, dann muss man dem Markt auch zugestehen,ass er in der Lage ist, Probleme selbst zu lösen.
h habe das Gefühl, dass der Finanzmarkt momentanazu nicht in der Lage ist. Er ist nicht in der Lage, seinerobleme selbst zu lösen. Deswegen darf er sich nichtundern, dass wir Politiker mit unserem vielleicht be-renzten Wissen – so demütig sollten wir sein – hin undieder Regelungen erlassen, die nicht optimal sind.ber der Finanzmarkt hätte immer die Alternative ge-abt, sich selbst zu regulieren und selber etwas auf deneg zu bringen. Warum müssen wir denn ein Produktin-rmationsblatt machen? Warum hat es der Zentrale Kre-itausschuss nicht geschafft, ein bundesweit einheitli-hes Produktinformationsblatt für Deutschland auf deneg zu bringen? Das geht so nicht. Da darf er sich nichtundern, dass wir das machen.Ein letzter Satz, den ich Ihnen noch mitgeben möchte.h habe neulich an einer Podiumsdiskussion über dieinanzmärkte teilgenommen; es waren nette Gesprächeit netten Bankern. Herr Schick, ich habe dann einge-orfen: Ohne Ethik und Moral funktioniert Marktwirt-chaft nicht. – Daraufhin wurde mir empört entgegenge-chleudert: Der Markt hat keine Moral, Herr Brinkhaus. –as ist zwar richtig. Aber die einzelnen Marktteilnehmerollten Ethik und Moral haben.
h habe das Gefühl, dass die Finanzbranche, die über-iegend gut und korrekt arbeitet – das gilt insbesonderer die vielen Hunderttausenden Mitarbeiter –, nichtber die Selbstreinigungskraft verfügt, diejenigen, dieicht diese Moral haben, zu bekämpfen. Ich wiederhole:h habe das Gefühl, dass die Finanzbranche nicht überie Selbstreinigungskraft verfügt, diejenigen zu bekämp-n, die nicht diese Moral haben. Dann muss sich dieseranche auch gefallen lassen, reguliert zu werden.Eines steht fest – das gilt zumindest für uns –: Wirind noch immer begeisterte Anhänger der Marktwirt-chaft. Aber wir werden es nie wieder zulassen, dass
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Ralph Brinkhaus
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eine Branche durch Fehlverhalten die Marktwirtschaftgefährdet. Deswegen beschließen wir heute über denEntwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbrau-cherschutzes. Die freien Vermittler werden genau dengleichen harten Regelungen unterworfen wie die Bank-vermittler und Bankberater. Wir werden auch Basel IIIweiter umsetzen und die OTC-Derivate regulieren. Diechristlich-liberale Koalition wird den eingeschlagenenWeg weitergehen. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung.Danke.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zurStärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung derFunktionsfähigkeit des Kapitalmarkts. Zu diesem Punktliegt eine Erklärung zur Abstimmung nach § 31 der Ge-schäftsordnung des Abgeordneten Thomas Dörflingervor.1)Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe a sei-ner Beschlussempfehlung auf Drucksachen 17/4710 und17/4739, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf denDrucksachen 17/3628 und 17/3803 in der Ausschussfas-sung anzunehmen. Diejenigen, die dem Gesetzentwurfzustimmen wollen, bitte ich um ihr Handzeichen. – Werstimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurfist in zweiter Beratung bei Zustimmung durch die Koali-tionsfraktionen angenommen. Dagegen haben SPD undBündnis 90/Die Grünen gestimmt. Die Linke hat sich ent-halten.Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Wer dafür stimmt, möge bitteaufstehen. – Die Gegenstimmen! – Die Enthaltungen! –Damit ist der Gesetzentwurf in dritter Beratung mit demgleichen Stimmenverhältnis angenommen wie vorher.Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Ent-schließungsanträge. Zunächst stimmen wir ab über denEntschließungsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksa-che 17/4721. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? –Wer enthält sich? – Der Antrag ist abgelehnt bei Zustim-mung durch die einbringende Fraktion, dagegen habenCDU/CSU und FDP gestimmt, enthalten haben sichLinke und Bündnis 90/Die Grünen.Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs-antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/4722. Werstimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt. Dafür hatdie einbringende Fraktion Die Linke gestimmt, dagegenhaben die Koalitionsfraktionen und die SPD gestimmt,enthalten hat sich Bündnis 90/Die Grünen.2)Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aufDdisGsddFssnHGsbBtuluBdmcsgadDfiFtesWeCtibtrsneDsGs1) Anlage 42) Anlage 5
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10294 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
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Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionVorgesehen ist, hierzu eineinhalb Stunden zu debattie-ren. – Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch.Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort derKollegin Bärbel Höhn für Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Am 4. Februar dieses Jahreshat der EU-Gipfel zur Energiepolitik stattgefunden. EU-Kommissar Oettinger hat Anfang dieser Woche beimNeujahrsempfang des Bundesverbandes ErneuerbarerEnergien seine Konzepte vorgetragen. Wir Grünen hal-ten es für notwendig und sinnvoll, auch im Bundestagüber dieses Thema zu debattieren; denn es geht um diezukünftige Klima- und Energiepolitik in Europa. Wir se-hen, dass eine negative Entwicklung nicht nur inDeutschland, sondern auch in Europa stattfindet. Wirstellen fest, dass die Politik rückwärtsgewandt ist. Daswollen wir thematisieren, denn das hat auch in Deutsch-land Auswirkungen.
Während wir vor einigen Jahren noch erlebt haben,dass Deutschland und Europa in der Klimapolitik und inBezug auf die erneuerbaren Energien Vorreiter waren, somüssen wir jetzt feststellen, dass die Ergebnisse des letz-ten EU-Rates enttäuschend sind. Es ist so, dass die er-neuerbaren Energien in der zukünftigen Energiepolitikvon Europa gar nicht vorkommen. Für Sie mag vielleichtverwunderlich sein, dass ich mich darüber sogar freue;
aber es ging darum, etwas Schlimmeres zu verhindern.EU-Kommissar Oettinger hatte nämlich einen dramati-schen Angriff auf unser deutsches EEG in Vorbereitung:Er wollte versuchen, es von Europa aus zu kippen.
Es ist gut, dass die Mehrheit der EU-Länder das abge-wehrt hat.
Unter dem Begriff „Harmonisierung“ – das hört sich jaeigentlich ganz gut an – wollte er versuchen, die einzel-nen Förderinstrumente der Länder aufeinander abzu-stimmen. Das heißt, wir hätten wirkungslose Systemevon anderen übernehmen müssen. Es war richtig, dasswir sofort interveniert haben.
s war richtig, dass wir unseren Europaabgeordneten ge-agt haben: Seid vorsichtig, passt auf! – Ja, es gibt auchin paar Aufrechte in der CDU/CSU; auch Sie gehörenazu, Herr Göppel. Aber leider repräsentieren Sie daicht mehr die Mehrheit Ihrer Fraktion; die Mehrheit Ih-r Abgeordneten ist mittlerweile auf einem anderenrip. Ich würde mich freuen, Herr Göppel, es wäre an-ers.Warum gibt es diesen Trend, die Angriffe auf das Er-euerbare-Energien-Gesetz in Deutschland? Der Grundt die Laufzeitverlängerung; denn die Atomkraftwerkeollen ihren Strom weiter ins Netz speisen, und derusbau der Erneuerbaren würde genau das verhindern.erade wenn die Erneuerbaren ausgebaut werden, kön-en die großen Energiekonzerne mit ihren Atomkraft-erken nicht den erhofften Gewinn machen. Deshalbersuchen sie, den Ausbau der Erneuerbaren zu verhin-ern.
Ich persönlich finde deshalb, dass der Begriff „Brü-kentechnologie“ eigentlich das Unwort des letzten Jah-s ist.
iejenigen, die die Atomkraft als Brückentechnologier die Erneuerbaren bezeichnen und die Laufzeitverlän-erung deshalb gutheißen, hätten einmal zum Empfanges Bundesverbandes Erneuerbarer Energien gehen sol-n. Dort hätten sie feststellen können, dass die Betroffe-en selber die Laufzeitverlängerung als Mauer und nichtls Brücke sehen. Deshalb werden wir weiter dagegenorgehen.
er erste Redner auf diesem Empfang, Herr Fuchs, hatesagt: Die Umlage für die erneuerbaren Energien wirdoch enorm steigen. Am Ende dieses Jahres werden esCent statt 3,5 Cent sein. – Das sind Gruselgeschichten,nd das weiß er auch. Wenn man die Fehlentwicklungen Erneuerbare-Energien-Gesetz endlich angehen würde und das muss man tun; das müssen Sie tun –, dannann man die Umlage im nächsten Jahr sogar mindern.as hat eine Studie des DIW, die heute veröffentlichturde, deutlich gemacht. Das heißt, wenn man vorsich-g und sorgfältig mit dem EEG umgeht, dann ist – soas DIW – im Jahre 2020 die Umlage nicht höher als,5 Cent, also nicht mehr als in diesem Jahr. Wir fordernie auf, das umzusetzen; denn damit bewahren wir denusbau der erneuerbaren Energien und entwerfen keineorrorszenarien, wie der Kollege Fuchs das am Montagetan hat.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10295
Bärbel Höhn
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Wichtig ist, dass wir den Bereich der erneuerbarenEnergien schützen, weil er eine Erfolgsgeschichte ist. Inden letzten Jahren wurden durch den Ausbau der Erneuer-baren Energien 70 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr ein-gespart, 320 000 Menschen haben Arbeit gefunden, undbeim Export haben wir Spitzenergebnisse zu verzeich-nen. Das alles lassen wir uns von Ihnen nicht gefährden.Deshalb kämpfen wir weiter für den Bereich erneuerbareEnergien.
– Ja, ab und zu gibt es Abgeordnete, die mitkämpfen.Das ist doch auch in Ordnung.Wir müssen uns daneben um einen zweiten Aspektkümmern, nämlich um die Energieeinsparung. Ich stellefest: Bisher haben Sie nur Sonntagsreden gehalten.Angela Merkel sagte am 3. Januar 2007 in einem Inter-view mit der Financial Times Deutschland: Das A und Oist Energieeffizienz, sparsamer Umgang mit Energie. ImKoalitionsvertrag heißt es: Wir wollen „die enormenPotenziale im Bereich Energieeffizienz heben“.
Dann tun Sie es auch! Das, was Sie momentan machen,ist eine zahnlose Umsetzung der EU-Gesetzgebung. Siehaben keine Einsparquote, und Sie haben keinen Ener-giesparfonds. Das Einzige, was Sie haben, ist Informa-tion. Auf unseren Stromrechnungen bekommen wir ei-nen Hinweis auf das Internet, wo man sich eine Listevon Energiedienstleistern angucken soll. So leisten Siekeinen wirkungsvollen Beitrag zur Verbesserung derEnergieeffizienz. Das ist eine falsche Politik,
und zwar deshalb, weil es auch im Bereich der Energie-effizienz enorme Potenziale gibt. Eine Studie des Bun-desumweltministeriums besagt, dass 260 000 neue Ar-beitsplätze entstehen könnten, 77 Millionen Tonnen CO2und 19 Milliarden Euro Energiekosten eingespart wer-den könnten. Dieses Potenzial wollen wir heben.Ich komme zum Schluss. Als neue Maßgabe habenSie ein Energieeinsparpotenzial von 12,8 Prozent ge-nannt und nicht mehr 20 Prozent, wie es die EU eigent-lich vor hatte.
Frau Kollegin.
Malta ist mit 22 Prozent weiter, auch Österreich, Spa-
nien und Frankreich sind weiter. Setzen Sie endlich die
Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz um.
Das wäre ein Beitrag für mehr Beschäftigung.
Vielen Dank.
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inige dieser Anträge – in der Vergangenheit haben Siemer wieder welche eingebracht – sind nahezu iden-sch. Sie haben eine andere Überschrift gewählt, aberie Forderungen sind die gleichen.
ber was nutzt die Quantität, die Antragsflut, wenn dieualität nicht stimmt?
s ist außerdem bemerkenswert, mit welcher Beharrlich-eit Sie immer wieder mit demselben Kopf durch die-elbe Wand wollen.Aber es ist auch gut, dass Sie diese Anträge stellen;enn das gibt uns die Gelegenheit, über das Thema Um-elt und Energie zu sprechen und darauf zu verweisen,ass man erstens – das ist der Kardinalfehler – bei dernergie- und Klimapolitik nicht nur national denkenarf, sondern auch global denken muss. Zweitens. Nach-altige Energiepolitik muss sich am Zieldreieck Versor-ungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutzusrichten. Bei Ihnen brechen immer zwei Säulen weg,ämlich die Versorgungssicherheit und die Wirtschaft-chkeit. Drittens. Unser Energiekonzept, Frau Kotting-hl, richtet sich an diesem Zieldreieck aus. Damit ma-hen wir den Weg frei, solide ins regenerative Zeitalteru gehen. Diesen Weg wollen wir beharrlich gehen.
ie können gerne mitmachen.
Herr Kelber, auch Sie sind eingeladen.
Die Energiepolitik in Deutschland nur am Klima-chutz auszurichten, ist blauäugig, es gefährdet dentandort Deutschland und den internationalen Klima-chutzdialog. Deutschland in ein grünes Paradies zu ver-andeln, ohne dabei den Blick in die Welt zu wagen, istu wenig, ja sogar fahrlässig.Es reicht eben nicht aus, nur zu fordern – und das wö-hentlich! –, dass wir bis zum Jahr 2030 100 Prozent er-
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Jens Koeppen
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neuerbare Energien haben wollen. Es reicht nicht aus, zusagen: Im Jahr 2050 wollen wir 95 Prozent CO2-Reduk-tion erreicht haben.
Es reicht auch nicht aus, immer nur zu schreiben, dassWind und Sonne Vorrang beim EEG haben. Es reichtnicht, zu schreiben
– ich komme gleich dazu –, dass Kohle und Kernkraftverteufelt werden, ohne zu beachten, dass wir daraufheute noch nicht verzichten können, Herr Hempelmann.
Eine moderne Energieversorgung muss ganzheitlichausgerichtet werden. Dazu haben wir in unserem Ener-giekonzept einen Fahrplan vorgelegt, der genau diesesZieldreieck beachtet. Sicherlich, man kann die Zielenoch ambitionierter gestalten und immer noch einendraufsetzen, aber wir brauchen auch den gesellschaftli-chen Konsens. Wir müssen die Menschen im Lande undvor allen Dingen auch die Länder mitnehmen; ohne diewird das nichts.Meine Damen und Herren, Sie hingegen richten IhrePolitik einseitig auf den Klimaschutz aus, egal was dieMenschen künftig dafür bezahlen müssen.
Ihnen ist es egal, dass die Wirtschaft unter diesem Kos-tendruck leiden muss. Sie treiben mit Ihrer Politik auchdie soziale Spaltung der Gesellschaft voran.
Sie wird das Ergebnis haben, dass einige sich die Ener-gie leisten können, andere nicht. Das führt bereits jetztdazu, dass die Akzeptanz für erneuerbare Energien ra-pide abnimmt.
Sie riskieren die Abwanderung der Industrie in ver-meintliche Energieparadiese. Das lehnen wir strikt ab.Bezahlbare Energie muss für alle in Zukunft möglichsein.
Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage von
Frau Höhn zulassen?
Selbstverständlich.
Bitte schön.
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önnen Sie hier bestätigen, dass die Preise an der Leip-
iger Börse seit 2008 am Spotmarkt und am Termin-
arkt um 30 bis 40 Prozent gesackt sind, dass die
trompreiserhöhung um 7,5 Prozent von allen Energie-
ersorgern nicht hätte stattfinden dürfen, weil diese Er-
öhung nur in die Gewinne gegangen ist, und dass Eon
nd RWE bei den Erzeugerpreisen mittlerweile Renditen
aben, die höher sind als die von Ackermann? Können
ie also bestätigen: „Der eigentliche Preistreiber ist die
onopolsituation am Markt“?
Sehr geehrte Frau Höhn, lieber Herr Hempelmann,sgelöst von jeder Kostenentwicklung und von anderenonditionen: Die erneuerbaren Energien werden in Zu-unft nicht die Innovationskraft haben, die nötig ist.
ie werden auch nicht die Technologietreiber sein. Wennie heute den Monopolmarkt der erneuerbaren Energienerkünden und ausschreiben würden, dann würden dieertschöpfung und insbesondere die Exportkraft in die-em Bereich extrem geschwächt.
hne jeglichen Wettbewerb und ohne Kostendruck wür-en die erneuerbaren Energien ihr großes Potenzial ver-pielen.
ine einseitige Energiepolitik, die mit hohen Subventio-en arbeitet, hätte den Effekt, dass die Versorgung ausrneuerbaren Energien in 20 bis 30 Jahren teilweise un-ezahlbar würde. Das können und werden wir nicht zu-ssen.Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Ihremntrag wird immer wieder ein – vermeintlicher – Wider-pruch zwischen erneuerbaren Energien und Energieeffi-ienz auf der einen Seite und CO2-armen Technologienuf der anderen Seite aufgemacht. Ihre kategorische undnervierende Absage an einzelne Technologien können,ollen und werden wir nicht mittragen. Unser Ansatzilt nach wie vor: Technologieoffenheit, Wettbewerb,
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Jens Koeppen
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Marktanreiz statt Dauersubventionierung und Preistrei-berei.
Der freiwillige Verzicht auf einzelne Technologien,der Verzicht auf die Technologieoffenheit würde diePreise massiv steigen lassen. Sie riskieren damit außer-dem, dass die Senkung der CO2-Emissionen in dem ge-steckten Zeitrahmen nicht möglich wird.Sie setzen alles auf eine Karte: auf Wind, Sonne undBiomasse. Aber Sie können das doch nicht so einengenund für 40 oder 50 Jahre im Voraus festlegen, dass Sieandere Technologien nicht mehr zulassen. Mit einer sol-chen Politik würden Sie auch die Kernfusionsforschungausschließen sowie andere Technologien, die heute nochnicht erforscht sind. Damit würden wir eine großeChance vertun.
– Das mag aus Ihrer Sicht so sein, aber ich glaube, dasswir eine Chance vertun.Wir sind in Europa im Bereich der erneuerbaren Ener-gien auf einem guten Weg. Aus der Mitteilung der Euro-päischen Kommission vom Januar geht hervor, dass dieZiele für die erneuerbaren Energien bis 2020 erreichtund, wenn wir gut sind, sogar übertroffen werden, wenndie Mitgliedstaaten ihre Aktionspläne auch wirklichvollständig umsetzen und wenn die Finanzierungsinstru-mente verbessert und evaluiert werden. Frau Höhn, dazugehört auch das EEG; denn auch ein bewährtes Tool wiedas EEG muss für die Zukunft neu aufgestellt werden,muss verbessert werden, muss sich einer Evaluation un-terziehen. Das EEG muss insbesondere Anreize für neueTechnologien, für Innovationen, für Speicherlösungen,für intelligente Netze und Zähler, für Einsparungen beimEigenverbrauch schaffen.
Die Kosten-Nutzen-Relation muss deutlich verbessertwerden: mehr Markt, mehr Wettbewerb. Ein Weiter-somit einer blinden Einspeisevergütung darf es nicht ge-ben. Darauf sollten wir auch bei der EEG-Novelle ach-ten.Meine Damen und Herren, ich bin ja von Beruf Elek-trotechniker. Eines hat mich in Ihrem Antrag sehr gestörtund geärgert: kein Wort zum dringend notwendigen Netz-ausbau.
Wie kommt der Windstrom aus der dünn besiedeltenUckermark, wo ich wohne, nach Berlin? Wenn wir denAnteil der erneuerbaren Energien wirklich so massivausbauen wollen – darin sind wir uns ja einig –, dannbrauchen wir schnell 3 600 Kilometer neue Stromleitun-gen.DIhavEvfühAu–stringg„tegdenDkimSnsAsb
ieser notwendige Netzausbau wird aber teilweise vonren Leuten vor Ort – das heißt nicht von Ihnen hier,ber von Ihnen nahestehenden Organisationen vor Ort –ehement blockiert.
s handelt sich um den NABU, den BUND, Ihre Kreis-erbände. Sie tun das, obwohl andererseits Technikenr Spannungsgrößen in Höhe von 380 000 Volt über-aupt noch nicht ausgereift sind. Aber das ist Ihnen egal.us den Augen, aus dem Sinn. Sie wollen die Leitungennter die Erde verlegen, trotz zehnmal so hoher Kosten
Sie können gleich etwas dazu sagen; Herr Kelber, Sieind gleich dran –,
otz größerer Umweltbelastung, trotz höherer Flächen-anspruchnahme, trotz riesiger Schneisen, die geschla-en werden müssen, trotz zigmal so hoher Bodenversie-elung aufgrund der nötigen Betonwannen. Sie sagen:Aus den Augen, aus dem Sinn“, und schüren die Pro-ste. Es ist nicht redlich, Woche für Woche eine Ener-ieversorgung zu 100 Prozent aus Erneuerbaren zu for-ern, aber dann, wenn es spannend wird, den Schwanzinzuziehen und die Drecksarbeit die anderen Abgeord-eten machen zu lassen.
amit werden wir uns nicht zufriedengeben. Das isteine redliche Umweltpolitik.
Eine weitere Klimaschutztechnologie, die Sie vor Ortmer wieder vehement bekämpfen und verteufeln, weilie Angst haben, diese erklären zu müssen, ist CCS. Ei-erseits sagen Sie Ja zu CCS im Rahmen von For-chungsprojekten und Industrieprojekten.
ndererseits sagen Sie hier, ohne irgendeine wissen-chaftliche Verifizierung, es sei eine nicht verantwort-are Risikotechnologie.
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Jens Koeppen
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Meine Damen und Herren, das ist Panikmache. Ohne dieCCS-Technologie werden die Kosten für unsere Klima-schutzmaßnahmen nach Einschätzung der EuropäischenKommission um 70 Prozent steigen, oder unsere Bemü-hungen werden scheitern. Aber das wollen Sie wohl inKauf nehmen.
Der Innovationsstandort Deutschland wird nur dannbestehen, wenn unabhängige Wissenschaftler Forschungohne Scheuklappen betreiben und Demonstrationen auchbei solchen Technologien durchführen dürfen. Es wirdschwer werden, den Chinesen oder Indern diese Techno-logie zu verkaufen, die ja nun einmal jede Woche einneues Kohlekraftwerk ans Netz nehmen und Mengendort speichern müssen, bei denen wir hier gar nicht mit-halten können,
wenn diese Technologie hier im Land bei Demonstratio-nen schon für gefährlich erklärt wird. Ich erinnere in die-sem Zusammenhang nur an den Transrapid. Wir müssenTechnologien hier ausprobieren, um sie dann exportierenzu können. Sonst wird das nichts.Wir werden in Kürze ein CCS-Gesetz zur Verabschie-dung vorlegen, das Risiken für Mensch und Umwelt aus-schließt. In diesem Punkt werden wir auch keine Kom-promisse zulassen.Meine Damen und Herren von den Grünen, in IhremAntrag schreiben Sie wörtlich:Eine konsistente Klimaschutzstrategie muss vomZiel her gedacht und angegangen werden.Da unterstütze ich Sie voll und gebe Ihnen uneinge-schränkt recht. Ich füge aber hinzu: Hier darf es keineDenkverbote geben, hier darf es keine Technologiever-teufelung geben, und hier darf es auch keine ideologi-sche Herangehensweise geben.Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerk-samkeit.
Ulrich Kelber ist der nächste Redner für die SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Der europäische Energiegipfel letzte Woche warnUZemDtitiDfegredWgwpmeAEkdbaDsdruwwruinkeNpSkDEs
ies ist für uns doppelt gefährlich: Erstens. In Europahlt ein wichtiger Antreiber für eine nachhaltige Ener-iepolitik. Zweitens. Deutschlands wirtschaftliche Inte-ssen sehen im Grunde genommen ganz anders aus alsas, was jetzt von einigen Verbänden diktiert wird.
ir als Hightechland sind eigentlich prädestiniert, Ener-ieeffizienztechnologien zu liefern. Stattdessen müssenir uns jetzt bescheinigen lassen, dass wir in der Euro-äischen Union Schlusslicht bei den Energieeffizienzbe-ühungen sind. Wir sind zwar Weltmarktführer bei denrneuerbaren Energien, verspielen diese Position aber imugenblick. Früher waren wir Klimaschutztreiber in deruropäischen Union; jetzt kann sich die Regierungs-oalition noch nicht einmal darüber einig werden, ob sieas europäische Ziel von verbindlich 30 Prozent minusis 2020 unterstützt oder nicht. Das ist ein Jammerspieln dieser Stelle.
ie SPD fordert eine sofortige Kehrtwende in der deut-chen Energiepolitik, und zwar bei der zu Hause und beier in der Europäischen Union.Warum haben wir heute einen Antrag vorliegen? Wa-m musste in der letzten Woche ein Antrag eingebrachterden? Ich erwarte von einer Regierung zu einem solchichtigen europäischen Gipfel der Staats- und Regie-ngschefs eine Regierungserklärung. Weder haben wir der letzten Woche eine Regierungserklärung dazu be-ommen, mit welchem Ziel man hineingeht, noch heuteinen Bericht dazu, welche Folgen die Beschlüsse undichtbeschlüsse dieses Gipfels für die deutsche Energie-olitik und für die Investitionen in Deutschland hätten.o kann man keine Europapolitik betreiben.Das schwarz-gelbe Bündnis mit den großen Energie-onzernen behindert Deutschlands Energiezukunft.
ieses Ketten an Wünsche und Strategien der großennergiekonzerne schafft keine Energiezukunft; es ver-pielt mögliche Schritte.
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Ulrich Kelber
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Ich möchte das an ein paar Beispielen deutlich machen:Wenn man den Vorschlägen der großen Energiekonzernefolgt, verlängert man deren teures Monopol in die Zu-kunft. Ich will Ihnen das mit Zahlen belegen:In den letzten Wochen haben sich immer wieder Red-nerinnen und Redner aus der schwarz-gelben Koalition– auch Herr Oettinger hat dies getan – darüber beklagt,wie hoch die Strompreise aufgrund der Förderung erneu-erbarer Energien in Deutschland gestiegen seien, undmeinten, dass dies ein Thema sei, auf das wir ein Augen-merk haben müssten. Für einen Vierpersonenhaushalt wer-den 140 Euro als Zahl genannt. Schauen wir uns jetzt nureinmal die Gewinne der drei größten deutschen Energie-konzerne an: Das sind 23 Milliarden Euro, von 6 Milliar-den Euro vor ein paar Jahren sind sie auf 23 Milliardengestiegen. Das sind Pi mal Daumen 300 Euro pro Kopfder Bevölkerung. Das heißt, die vierköpfige Familie, die140 Euro für die Förderung der erneuerbaren Energien,für 350 000 daraus entstandene Arbeitsplätze und Kli-maschutz zahlt, überweist 1 200 Euro direkt an die dreiEnergiekonzerne. Wo sind die Worte und Taten der Re-gierung zu diesem Thema? Sie beschäftigen sich nur mitden Zahlen der erneuerbaren Energien.Wenn Sie als Bundesregierung schon nicht auf uns alsOpposition hören, dann hören Sie doch wenigstens Ihreneigenen Institutionen zu. Die Bundesnetzagentur sagt:Die Strompreiserhöhungen jetzt sind mit den Entwick-lungen der erneuerbaren Energien nicht zu begründen;sie sind reine Margenerhöhungen der großen Energie-konzerne. – Oder ganz aktuell sagt heute eine Studie desUmweltbundesamtes, einer nachgeordneten Behörde Ih-
85 Pro-zent der Strompreiserhöhungen der letzten zehn Jahrehaben nichts, aber auch gar nichts mit der Förderung dererneuerbaren Energien zu tun, sondern dienten allein denMargenerhöhungen der großen Energiekonzerne. – Wa-rum sind Sie im Bündnis mit den Energiekonzernen ge-gen die Verbraucherinnen und Verbraucher in diesemLand?
Schwarz-Gelb bekennt sich in dem sogenanntenEnergiekonzept ganz eindeutig zur Förderung der erneu-erbaren Energien. Nur: Sie wollen die erneuerbarenEnergien dort fördern, wo die Interessen der Energiekon-zerne liegen.
Das heißt, sie wollen zusätzliches Geld in die großenOffshorewindparks stecken. Sie wollen Geld in den Netz-ausbau stecken, um Solarthermiekraftwerke in Südeu-ropa und Nordafrika anzuschließen. Denn das ist dieIdee in den Konzernzentralen: Wir lutschen unsereKohle- und Atomkraftwerke an ihrem goldenen Endeaus, solange es geht, und verkaufen billig produziertenStrom teuer an die Verbraucherinnen und Verbraucher,uzIdhcddksemhumwwdgGSdmeggdDSisgsubwdBkdeeSnGEckw
nd danach ersetzen wir diese Kraftwerke durch großeentrale Erzeugungseinheiten. Damit wird die ganzeee zerstört, eine dezentrale Energieerzeugung mit ho-er Wertschöpfung und weniger Netzausbau zu errei-hen. Wir erhalten für weitere Jahrzehnte ein Monopol,as für die Verbraucherinnen und Verbraucher und fürie heimische Wirtschaft teuer ist. Das bringt keine Zu-unft.
Der Innovationsmangel Ihrer Politik schadet der deut-chen Wirtschaft; denn ohne einen starken Heimatmarktntstehen nicht die Technologien, die man auf dem Welt-arkt verkaufen kann. Man muss einen Heimatmarktaben, auf dem man eine Entwicklung finanzieren kannnd auf dem man zeigen kann, dass es funktioniert, da-it die entsprechenden Produkte in der Welt gekaufterden. Das war der dritte Fehler des Bündnisses.Wir, die SPD, wollen eine dezentrale und wettbe-erbliche Energieversorgung, eine massive Reduktiones Energieverbrauchs, einen schnellen und vollständi-en Umstieg auf erneuerbare Energien. Dazu heißt es imutachten des von der Bundesregierung eingesetztenachverständigenrats für Umweltfragen: Eine vollstän-ig regenerative Energieversorgung ist technologischachbar und „ökonomisch vorteilhaft“. Jetzt kommt derntscheidende Punkt, der bei der Solardeckeldebatte ver-essen wurde: Der Sachverständigenrat für Umweltfra-en, der von der Regierung selbst eingesetzt wurde, sagt,ass der Übergang zur regenerativen Stromversorgung ineutschland durch das sogenannte Energiekonzept vonchwarz-Gelb länger dauern und teurer sein wird. Dast ein entscheidender Punkt im neuen Gutachten der so-enannten Umweltweisen.Nach einem Jahr schwarz-gelber Energiepolitik istchon ein Investitionsstopp in Deutschland nachweisbarnd nachmessbar: Es gibt einen Einbruch bei den Neu-auten hochflexibler GuD-Kraftwerke; denn die Stadt-erke wollen nicht mehr investieren, weil ihnen durchie Laufzeitverlängerung bei den Atomkraftwerken deroden unter den Füßen weggerissen wurde. Es gibteine Modernisierung des Kraftwerksparks; das schadeter Umsetzung unserer Klimaziele, Herr Kauch. Es gibtin Absacken bei den Aufträgen in allen Bereichen derrneuerbaren Energien, auch bei der Windenergie. Wennie sich nur die Meldungen der letzten Wochen ansehen,ach denen RWE und EnBW trotz wieder gestiegenerewinne ankündigen, ihre Investitionen in erneuerbarenergien zurückzufahren, dann erkennen Sie doch, wel-he Auswirkungen Ihre Politik hat.
Ein Land lebt doch nicht davon, dass Dinosaurier-raftwerke weiterbetrieben werden können und die Ge-inne in Konzernschatullen verschwinden; ein Wirt-
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10300 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Ulrich Kelber
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schaftsstandort lebt von Investitionen und Innovationen.Hier haben Sie einen entscheidenden Fehler gemacht.
Zum Thema Energieeffizienz. Anstatt den sparsamenUmgang mit Energie zu beschleunigen, treten Sie auf dieBremse. Sie von der CDU/CSU hatten mit der SPD eineanspruchsvolle Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen, dieeinen starken Rückgang des Energieverbrauchs vorsah.Im sogenannten Energiekonzept war dieses Ziel schonabgeschwächt. Dann haben wir hier ein Energieeffi-zienzgesetz vorgelegt bekommen, das nicht einmal mehrdie Umsetzung der Vorgaben aus dem sogenanntenEnergiekonzept vorsah, sondern nur noch die Erreichungdes Mindestmaßes, das die Europäische Union auch vonDeutschland fordert. Das würde ja bedeuten: Für dasHightechland Deutschland gelten die gleichen Vorgabenwie für ein bulgarisches Dorf.Sie von der Bundesregierung haben dann nicht einmaldie Vorgaben dieses Gesetzes nach Brüssel gemeldet,sondern nur einen Plan, auf den die Europäische Unionmit dem Hinweis reagierte, dass Deutschland von allenIndustrieländern der Europäischen Union das Land mitden am wenigsten ambitionierten Zielen bei der Energie-effizienz sei. Das war für einen Hightechstandort wieDeutschland eine Ohrfeige. Wir machen dank schwarz-gelber Energiepolitik weniger als alle anderen.
Das birgt für uns eine große Gefahr: Schwarz-Gelbtritt hier auf die Bremse, während unsere Konkurrenten– China, Korea, Japan, USA, Brasilien – ihre Maßnah-men in den Bereichen der erneuerbaren Energien und derEnergieeffizienz massiv beschleunigen. Wir halten dochnicht unsere Weltmarktposition, wenn Sie sich auf denLorbeeren der Vorgängerregierung ausruhen, sondernnur durch mutiges Voranschreiten.Damit wir nicht immer nur beim Strom bleiben,nenne ich Ihnen vergleichbare Beispiele aus dem Wär-mebereich. Sie haben den Umfang der Programme ver-ringert oder sie gestoppt. Sie haben keine Effizienzvor-gaben gemacht. Folge: In Italien, in Großbritannien,überall steigt die Zahl der Maßnahmen zur Energiedäm-mung, etwa Kesselaustausch, und es steigt der Einsatzvon Solarthermie. In Deutschland gab es bei den Wär-mepumpen ein Minus von 6 Prozent, beim Tausch beiHeizungen ein Minus von 18 Prozent und beim Einbauvon Solarthermieanlagen ein Minus von 27 Prozent. Dasist die Bilanz eines Jahres schwarz-gelber Politik.Sie liefern die Verbraucherinnen und Verbraucher ei-nem Monopol aus.
Sie lassen sie mit steigenden Weltmarktpreisen allein,anstatt ihnen zu helfen, weniger zu verbrauchen. Siewerden damit nicht nur in Deutschland zum Bremsklotz.Schwarz-Gelb wird damit auch zum Bremsklotz der eu-ropäischen Energie- und Klimaschutzpolitik. Vom Tem-pomacher zur Stotterbremse – das ist eine Blamage fürDeutschland in der Europäischen Union.dBvIcÜfahfümfüStrsDsVockteMdT
Nächster Redner ist der Kollege Horst Meierhofer für
ie FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!islang haben wir sowohl von Herrn Kelber als auchon Frau Höhn sehr wenig zu dem Antrag gehört.
h frage mich, worüber hier geredet wurde.
ber die Digitalisierung des europäischen Kinos? Jeden-lls wurde nicht über den Antrag geredet. Das Gesagteatte nämlich nichts damit zu tun. Ich weiß nicht, ob Sier oder gegen diesen Antrag sind. Sie haben den Antragit keinem Wort erwähnt. Man fragt sich wirklich, wasr Debatten hier geführt werden. Hier geht es nicht umchaufensterdebatten, sondern um einen konkreten An-ag, in dem zwar einiges, aber leider nichts Konkretesteht.
as würde ich gerne einmal aufzeigen. Ich möchte ver-uchen, ein paar Sachen klarzustellen.
ielleicht können Sie später sagen, ob die SPD dafürder dagegen ist.In der Überschrift steht: „Erneuerbar, effizient, si-her“. Was hier fehlt, sind die Punkte Klimaverträglich-eit und Finanzen. Die Kosten für den Verbraucher soll-n wir nicht ganz vernachlässigen.
an sollte sich vielleicht auch über die Ressourcen Ge-anken machen und über den Umweltschutz; auch dieseshema kommt in Ihrem Antrag überhaupt nicht vor.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10301
Horst Meierhofer
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Sie wägen ganz allgemein ab und bringen keinen ein-zigen konkreten Vorschlag, wie man das tatsächlichschaffen kann. Sie setzen sich sehr ambitionierte Ziele,haben eine Idee, wie das Ergebnis aussehen soll, aber Siesagen nicht, wie man das Ziel erreichen kann. Das ist einSchaufensterantrag, der an Populismus nicht zu überbie-ten ist.
Sie fordern nicht nur für Deutschland, sondern fürganz Europa eine Vollversorgung mit Strom aus erneuer-barer Energie bis 2030 – das ist in 19 Jahren –, wohl wis-send, dass Deutschland dieses Ziel schwerlich erreichenwird,
weil wir dafür das 500-Fache an Speicherkapazität brau-chen werden. Herr Fell, vielleicht können Sie uns erklä-ren, wie das mithilfe der Grünen erreicht werden kann.Vielleicht können Sie uns auch noch sagen, wie man esschaffen kann, dass die Netze ausgebaut werden. Dazuhaben Herr Kelber und Frau Höhn nichts gesagt. Dazusagen Sie alle überhaupt nichts, weil Sie Angst haben,konkret zu werden.
Ein Antrag, der sich mit der europäischen Energiepo-litik der Zukunft beschäftigt, aber mit keinem Wort denNetzausbau erwähnt, ist das Papier nicht wert, auf demer geschrieben steht.
– Sie haben den Antrag ja nicht geschrieben, HerrHempelmann. Ich muss mich auf das beziehen, was mirvorliegt, und in dem Antrag taucht das Wort „Netze“kein einziges Mal auf.
Es geht darum, dass einige Länder weit hinterDeutschland zurückliegen. Das ist eine Vielzahl vonLändern, zum Beispiel Frankreich, Bulgarien, Rumänienoder auch Belgien, das 6 Prozent des Stroms aus erneu-erbaren Energien bezieht. Erklären Sie diesen Länderneinmal, dass sie in 19 Jahren etwas erreichen müssen,was Deutschland, der Vorreiter auf diesem Gebiet, kaumschaffen wird. Erklären Sie mir mal bitte, warum ir-gendein Land mit uns ins Gespräch treten soll, wenn sol-che illusorischen Ziele erreicht werden sollen.
ier wird ein Popanz aufgebaut. Glauben Sie, weil dierünen das im deutschen Parlament beschlossen haben,ird daraus auf europäischer Ebene ein vernünftigesonzept? Ich habe das wirklich nicht ganz verstanden.
Am Montag hatten wir die Möglichkeit, Herrnettinger, dem EU-Energiekommissar, zuzuhören. Erat sehr klar gesagt, dass er die erneuerbaren Energienls Zukunftsmarkt ansieht.
r hat auch klargemacht, dass ein ganz entscheidenderchritt der Aufbau eines europäischen Netzes sein wird.r hat gesagt, dass es wichtig sein wird, die verschiede-en Nationen miteinander zu verbinden.
Die baltischen Staaten haben mit dem europäischenetz nichts zu tun. Sie bekommen zu 100 Prozent Gasus Russland. Deren Netze haben mit unseren nichts zun. Gleichzeitig erwarten wir, dass sie in 19 Jahren dentrom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gewin-en? Sie müssen erklären, wie das funktionieren soll. Sieennen vollkommen utopische Zahlen, haben aber keinentwort auf die Frage der Grenzkuppelstellen. Wie ver-inde ich Netze miteinander? Wie verbinde ich Nordennd Süden? Wie sieht das mit den Interkonnektoren aus?ichts dazu steht in Ihrem Antrag. Aussagen dazu wärenielleicht theoretisch und würden nicht so nett klingenie die in Ihrem Pippi-Langstrumpf-Antrag, in dem Sieich die Welt so malen, wie sie Ihnen gefällt.
Solche Aussagen aber hätten etwas mit der Realität zun. Das sind die Antworten, auf die wir warten. Dazuteht aber leider überhaupt nichts im Antrag.
Ich will nicht Ihr Programm lesen, sondern Ihren An-ag. Der ist gerade einmal zwei Seiten lang. Gar nichtsteht darüber drin. Darüber debattieren wir.
Wenn wir ein europäisches Netz wollen, dann müssenir bedenken, dass wir in Deutschland andere erneuer-are Energieträger nutzen als andere Länder.
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10302 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
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Es wäre gut, wenn nicht alle gleichzeitig reden woll-
ten. Frau Höhn würde gerne eine Zwischenfrage stellen.
Lassen Sie diese zu?
Ja, sehr gerne.
Aber wenn die Lebendigkeit in Unverständlichkeit
ausartet, steht nicht einmal im Protokoll – außer allge-
meinem Tumult –, was hätte vorgetragen werden sollen.
Herr Meierhofer, Sie haben vorhin gesagt, in unserem
Antrag steht nichts zu den Netzen. Haben Sie vielleicht
den vorletzten Spiegelstrich übersehen? Da steht:
… eine rasche Klärung bei der Finanzierung des
Energieinfrastrukturpakets der EU unter Beteili-
gung der öffentlichen Hand, …
Das sehen wir anders als Oettinger.
Wir glauben, dass man ein Paket schnüren muss, bei
dem alle ihren Beitrag leisten, die Verbraucher, die Wirt-
schaft und auch die öffentliche Hand. Das ist der Weg,
den wir gehen wollen, und zwar für ein Netz, das vor al-
len Dingen auf erneuerbare Energien ausgerichtet ist und
das nicht gebaut wird, damit der Atomstrom in diesem
Netz Platz hat. Das sind Kosten, die die Verbraucher
nicht bereit sind zu zahlen.
Ich habe gesagt, dass in Ihrem Antrag das Wort„Netze“ nicht auftaucht und dass Sie nichts zum Netz-ausbau sagen. Das habe ich Ihnen gesagt, und dabeibleibe ich.
– Entschuldigung, wenn ich die Frage beantworten darf:Was heißt das denn konkret, was hier steht? Man sollsich darüber Gedanken machen. Das ist doch Blabla.
Wollen Sie, dass RWE und andere Netzbetreiber beimNetzausbau subventioniert werden? Wollen Sie, dass dieeuropäischen Verbraucher innerhalb der nächsten 19 Jahredas Dreifache bezahlen müssen? Was ist denn die kon-krete Folge, die Sie daraus ableiten? Nichts. Gar nichtsleiten Sie daraus ab, und das ist das Problem.
Sie tun so, als wären Sie diejenigen, die die Erneuer-baren möglichst schnell ausbauen wollen, und als wärenSSg–uDdsDngnrew–isinblemuukgawmdWSaSvPbgCPs
Diesen Antrag zu lesen, dauert keine fünf Minuten,nd danach ist man genauso schlau wie vorher, Herr Ott.as kann ich Ihnen schon jetzt sagen.Sie geben überhaupt keine Antworten darauf, wie an-ere Länder mit den Deutschen in dieser Frage gemein-am vorangehen können.
azu ist in Ihrem Antrag nichts zu lesen. Sie haben ge-auso wie Herr Kelber ausschließlich über Deutschlandesprochen. Wir reden hier über Europa. 100 Prozent Er-euerbare in ganz Europa, und das innerhalb von 19 Jah-n: Das ist vollkommen realitätsfremd. Das ist etwas,as mich sehr ärgert.Ich möchte noch eines am Schluss dazu sagen.
Ja, es geht um den Strommarkt.Es geht um die 100 Prozent bzw. die 50 Prozent. Dast noch absurder, weil der Anteil erneuerbarer Energien den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten teilweise nurei 3 Prozent bis 4 Prozent liegt. Belgien hatte Mittetzten Jahres – vermutlich jetzt immer noch – nicht ein-al ein Konzept, um die Erneuerbaren voranzubringennd zu fördern. Belgien ist hierbei noch sehr weit vonns entfernt.Das spielt für Sie aber überhaupt keine Rolle, weil Sieeine Verantwortung tragen, weder hier noch sonst ir-endwo. Aus diesem Grunde haben Sie damit natürlichuch keine Probleme. Das ist das Problem.
Ich darf zum Schluss sagen: Es klingt wirklich nett,as Sie erzählen. Es ist wichtig, dass die Leute draußenitbekommen: Das sind ausschließlich Luftschlösser;as ist ausschließlich Blabla. Sie blasen die Backen auf.enn es aber um die konkrete Umsetzung geht, tragenie keinen einzigen Anteil an der Verbesserung, auchus Angst.Wenn es beispielsweise um Wasserkraft geht, habenie natürlich Probleme mit Ihren eigenen Mitgliedernor Ort. Wenn es um Speicher geht, haben Sie natürlichrobleme vor Ort. Wenn es um Biogasanlagen geht, ha-en Sie natürlich Probleme vor Ort. Wenn es um Netzeeht, haben Sie natürlich Probleme vor Ort. Wenn es umO2-freie Kohleverstromung geht – was vielleicht fürolen und andere Länder zumindest mittelfristig interes-ant sein könnte –, haben Sie keinerlei Antwort.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10303
Horst Meierhofer
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Das ist es, was so wahnsinnig schade ist. Wenn Siedas nächste Mal debattieren wollen, dann legen Sie dochbitte einen Antrag vor, der es auch wert ist, debattiert zuwerden.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Eva Bulling-
Schröter für die Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Was letzte Woche beim EU-Energiegipfel beschlossenwurde, stand ziemlich im Schatten des Ägypten-Auf-standes. Das ist vielleicht auch besser so; denn eigentlichwurde nichts beschlossen, was uns bei der Lösung derKlima- und Energiefragen wirklich weiterbringt.Das ist aber auch eine Nachricht, und zwar eine trau-rige. Sie von der Regierung sind daran natürlich nichtunschuldig. Diese Nachricht zeigt, dass Europa meilen-weit davon entfernt ist, die Erderwärmung und den Res-sourcenschwund angemessen anzugehen.Es wurde wieder versäumt, das europäische Klima-schutzziel bis 2020 auf minus 30 Prozent anzuheben.Wir wissen auch, dass die EU mit ihrem Ziel von minus20 Prozent die Erderwärmung vorantreibt – das wissenwir einfach, meine Damen und Herren –, und zwar aufein Level von weit über 2 Prozent. So viel zum Thema„Umweltpolitik global denken“, Herr Koeppen. Dasmahnten Sie schließlich in Ihrer Rede an.
Das merken natürlich auch Indien und China. Sie verste-cken sich nicht nur hinter den USA, sondern wundernsich auch über Europa. Warum sollen diejenigen, die proKopf nur einen Bruchteil der Abgase ausstoßen, nun ihreEmissionen reduzieren?Ich wünsche uns allen bei den nächsten Klimaver-handlungen im Dezember viel Spaß. Wenn die EU soweitermacht, werden sich alle wieder genauso aufführenwie in Kopenhagen. Denn in Durban geht es ans Einge-machte; dort müssen Beschlüsse gefasst werden. Wiralle wissen das.
BnsPwvlästiPzrusnamümebfafrteeewgIcDsnSwIcIcdvle
h frage mich: Wann begreifen Sie das endlich?
ie naturgemäß schwankende Einspeisung von Öko-trom passt nicht zu Grundlastkraftwerken; das passticht mit Atom- oder Kohlemeilern zusammen.
ie bestreiten es jetzt schon wieder. Schauen wir mal,ie lange der Einspeisevorrang noch bleibt.
h traue Ihnen da nicht über den Weg.
h sage Ihnen: Wenn Sie den Einspeisevorrang kippen,ann werden Sie Proteste auf den Straßen erleben; denniele Menschen sehen das ganz anders als Sie. Sie wol-n im Kern alte Strukturen.
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Eva Bulling-Schröter
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Herr Koeppen hat sich ja für CCS ausgesprochen. Ichsage: Diese Technologie ist rückwärtsgewandt. Wir leh-nen diese Technologie ab. Sie ist nicht zukunftsweisend.
Zum Schluss. Ausgerechnet Sie sprechen von sozia-len Preisen.
Sie haben mit Ihrer Laufzeitverlängerung für Atomkraft-werke mit dazu beigetragen, dass die Konzerne immermehr Profite machen. Das wissen wir; das ist bewiesen.
Frau Kollegin.
Das sagen nicht die Linken, sondern das Öko-Institut
und viele andere Umweltinstitute. Sie unterstützen die
Konzerne; dafür wurden Sie gewählt.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Maria Flachsbarth
für die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichwundere mich.
Dass wir gestern Abend ganz heftig über Endlagerunggestritten haben, dass wir uns in Sachen Kernenergiehart austauschen, das ist okay, geschenkt. Das ist über-haupt gar keine Frage. Aber es war immer eine Stärkedieses Hauses, dass wir bei den Fragen, wie wir die er-neuerbaren Energien vorantreiben, wie wir die energeti-sche Umstellung dieses Landes bewerkstelligen wollen,über alle Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg gemein-sam gehandelt haben.
Von daher denke ich, dass es besser wäre, wenn in dieserDebatte andere Töne anschlagen würden.
Der Klimaschutz – da sind wir uns doch völlig einig,Herr Kelber – ist die herausragende umweltpolitischeHerausforderung der Gegenwart.
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Die Menschen auf der ganzen Welt wollen an unse-m Wohlstand teilhaben. Deshalb wird es einen konti-uierlich steigenden Energiebedarf geben, und deshalbüssen wir – das ist dringend notwendig – die Ressour-en intelligenter und sparsamer einsetzen und erneuer-are Energieträger verstärkt verwenden.
Deutschland hat das Ziel – wir haben es in unseremoalitionsvertrag formuliert und werden die entspre-henden Maßnahmen im Laufe dieser Legislaturperiodemsetzen –, bei den Treibhausgasemissionen bis 2020egenüber 1990 40 Prozent und bis zum Jahr 20500 bis 95 Prozent einzusparen.
Der Einsatz der Erneuerbaren – das haben Sie in Ih-m Antrag richtig festgestellt – senkt die Importabhän-igkeit und führt zu Wertschöpfung und Arbeitsplätzen eigenen Land – Argumente, die wir, wie ich finde,och viel zu wenig in die Öffentlichkeit kommunizieren.amit dieser Umbau funktionieren kann – der Umbauon einer zentralen Energieversorgung, die konventio-elle Energieträger nutzt und nachfrageorientiert ist, hinu einer dezentralen Energieversorgung, die auf Erneu-rbaren fußt und angebotsorientiert ist; schließlich sindind und Sonne nicht steuerbar –, brauchen wir vor al-n Dingen den Ausbau von Speichern und Netzen, wo-ei Netze zum Teil auch als Speicher fungieren können. dieser Frage brauchen wir einen gesamtgesellschaftli-hen Konsens;
enn vor Ort müssen wir diese Projekte gemeinsamurchsetzen. Insofern sind Debatten wie diese, diecheinkonfrontationen produzieren, problematisch.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10305
Dr. Maria Flachsbarth
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Die Vorschläge, die EU-Energiekommissar Oettingerunterbreitet hat, nämlich die Netze in Europa auszu-bauen, zeigen doch in die richtige Richtung.
Auf dem EU-Gipfel vom 4. Februar dieses Jahres, überden ich noch kein gutes Wort gehört habe, wurde ange-kündigt, dass die EU den zersplitterten Markt binnendrei Jahren, also bis 2014, einen will, insbesondere wasden Ausbau von Strom- und Gasleitungen angeht. Dasist im Hinblick auf die Nutzung der Erneuerbaren not-wendig und, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen:durch größere Leitungskapazität, mehr Grenzkuppelstel-len und einen EU-weiten Stromhandel.
Der Rat hat die Kommission ganz konkret beauftragt,bis Juni 2011 – der Termin ist also absehbar – Angabendazu vorzulegen, wie die notwendigen Investitionen aus-sehen sollen und wie das Ganze finanziert werden soll.Außerdem wurde die Kommission beauftragt, Hinder-nisse für Infrastrukturmaßnahmen zu beseitigen. Das istsehr konkret. Es zeigt erstens, dass Handlungsbedarf be-steht, und zweitens, dass gehandelt wird.Bei dem Thema, über das wir gerade sprechen, istauch das EU-Klima- und Energiepaket mit einzubezie-hen. Die Richtlinie 2009/28/EG vom April letzten Jah-res, die wir im Rahmen des EAG, des Europarechts-anpassungsgesetzes, gerade in nationales Recht umsetzen,gibt vor, dass in der EU bis zum Jahre 2020 ein Anteilder erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch inHöhe von 20 Prozent verbindlich ist. Für Deutschlandsind es, wie wir alle wissen, 18 Prozent.Was ich in diesem Zusammenhang ausgesprochenpositiv finde, ist, dass die Mitgliedstaaten ihre Förder-instrumente für die Zielerreichung grundsätzlich selbstausgestalten können. Es ist darüber hinaus vernünftig,dass es flexible Mechanismen für eine Kooperation zwi-schen den Mitgliedstaaten geben soll. Für uns ist jetztwichtig, dass es diese europäischen Ziele und einen eu-ropäischen Konsens gibt, dass wir also gemeinsam alsEuropa agieren.Wichtig ist auch, dass wir zu Hause unsere Hausauf-gaben machen. Auch hier sind wir auf einem guten Weg,selbst wenn wir uns im Detail streiten. Bei der Anhörungzum EAG haben uns die Experten doch gesagt, dassDeutschland in Bezug auf das meiste, was Europa imBereich der Erneuerbaren fordert, mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, mit dem Erneuerbare-Energien-Wär-megesetz und mit den Nachhaltigkeitsverordnungen sehrweit vorangeschritten ist. Insofern ist es vernünftig, dasswir weiter daran arbeiten, und das werden wir im Rah-men der Novellen zum Erneuerbare-Energien-Gesetzund zum EE-WärmeG im nächsten Jahr tun.Wir werden die Bundesregierung nochmals bitten– ich bin mir ganz sicher, dass sie da auf unserer Seite ist –,uns relativ schnell die Evaluation des Integrierten Ener-gie- und Klimapaketes vorzulegen, damit wir dies in un-ssSsgnEagfivnhmsadaggDkdfrcumfüDKgIcznCbaozdDTw
h bitte die Bundesregierung daher, sie möge ihre Über-eugungskraft lieber für das Werben für den Ausbau Er-euerbarer verwenden.In Bezug auf CCS sagt uns das Öko-Institut, dass wirCS im Bereich der prozessbedingten CO2-Emissionenrauchen,
lso zum Beispiel bei der Eisen- und Stahlproduktionder bei der Zementherstellung. In Deutschland fallenurzeit 80 Millionen Tonnen CO2 und global 2,5 Milliar-en Tonnen CO2 an.
eshalb sollten wir auch diese Technologie nicht vomisch fegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland hat daseltweit ehrgeizigste Klimaschutzprogramm. Jetzt gilt
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Dr. Maria Flachsbarth
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es, das nationale Vorgehen mit dem Vorgehen auf EU-Ebene enger zu verzahnen. Ich lade Sie ein, mit uns ge-meinsam daran zu arbeiten.Herzlichen Dank.
Rolf Hempelmann ist der nächste Redner für die
SPD-Fraktion.
– Es würde ohnehin manche Debatte sehr beleben, wenn
die jeweils anderen Fraktionen die Stichworte lieferten,
auf die der gerade benannte Redner einzugehen hätte. –
Bitte schön, Herr Kollege Hempelmann, machen Sie et-
was daraus.
Verehrter Herr Präsident, ich kann Ihre Dankbarkeitnur teilen. Man ist ja für jedes Informationsbedürfnis,das von den Regierungsparteien geäußert wird, dankbar;denn dann merkt man, dass man wirklich helfen kannund dass die Hilfe auch erwünscht ist.Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man im Aus-land unterwegs ist und sich über Energie und Energie-politik unterhält und dabei beiläufig erwähnt, dass manaus Deutschland kommt, dann erntet man in der Regelbewundernde Blicke und Kommentare. Wenn man dannein bisschen tiefer ins Thema einsteigt, dann kommt derGesprächspartner eigentlich sehr schnell auf das ThemaErneuerbare Energien. Im Ausland wird nämlich konsta-tiert, dass wir hier in den letzten 10 bis 15 Jahren eineErfolgsgeschichte geschrieben haben, und es ist erkannt,dass ein politisches Instrumentarium dahinter stand, ins-besondere eben das EEG. Es ist auch erkannt, dass wirdamit in Sachen Klimaschutz, aber auch in Sachen Wert-schöpfung und Beschäftigung im eigenen Land sowieExport der Technologien in die Regionen dieser Weltvieles erreicht haben.
Es muss daher eigentlich in besonderes Erstaunenversetzen, dass diese Diskussion von einigen Teilen despolitischen Spektrums, aber auch von interessierten Tei-len der Wirtschaft so einseitig geführt wird. Es wird nursehr partiell und selektiv von Kosten gesprochen, näm-lich von den Kosten, die man sehr direkt über die EEG-Umlage verifizieren kann. Es wird nicht davon gespro-chen, wie sich der Aufbau der erneuerbaren Energien aufdie Preisbildung insgesamt ausgewirkt hat, auch an denBörsen. Schon deswegen ist diese Kostendebatte unehr-lich; sie ist aber natürlich auch interessengeleitet, weil sodie Präferierung der Erneuerbaren gegenüber anderenEnergieträgern bekämpft werden soll.
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Nein.Viele von Ihnen kommen jetzt auf den Trichter, zu sa-en: Wir haben ein Problem mit den verstopften Netzen.asst uns jetzt einmal ein bisschen langsamer machen.ei den erneuerbaren Energien setzen wir erst einmaluf Netzausbau. – Andere, zum Beispiel der EU-Kom-issar Oettinger, unterstützt durch den Wirtschafts-inister Brüderle, sagen: Wir brauchen hier erst einmaline Harmonisierung in Europa. – Was ist damit eigent-ch gemeint? Wenn man die Kommentierungen, die sicharan anschließen, hört, dann weiß man, dass es offen-ichtlich um eine Harmonisierung in Richtung andererördermodelle als das EEG geht, zum Beispiel in Rich-ng Quoten. Dabei wird aber einiges übersehen:Erstens. Die Erfahrungen mit der Quote zeigen, dassiejenigen Länder, die nicht das EEG, sondern Quoten-odelle haben, beim Ausbau der erneuerbaren Energienngsamer gewesen sind und dass es teurer war. Es hatlso ökologisch und ökonomisch nichts gebracht.
Zweitens. Viele von denen, die mit der Quote begon-en haben, sind mittlerweile beim EEG oder bei EEG-hnlichen Modellen mit der gleichen Struktur von Vor-
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Rolf Hempelmann
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rangeinspeisung, festem Entgelt und Degression ange-langt. Wenn 21 von 27 Mitgliedstaaten schon das EEGoder EEG-ähnliche Modelle haben, dann würde Harmo-nisierung eigentlich bedeuten: EEG für alle.
Das war aber, wie wir wissen, nicht so gemeint.Der dritte Punkt ist die Standortdebatte. Harmonisie-rung soll dadurch erreicht werden, dass man erneuerbareEnergien dort zulässt, wo die besten Standorte sind.Letztendlich bedeutet das: Ade vom 35-Prozent-Ziel inDeutschland, erst recht von 50 Prozent oder 80 Prozent.Erneuerbare-Energie-Anlagen sollen im Ausland bzw.sogar außerhalb Europas in Nordafrika installiert wer-den. Dort scheint die Sonne häufiger, und anderswoweht der Wind stärker. Das klingt für einen Wirtschafts-politiker zunächst nicht schlecht. Es bedeutet aber letzt-lich, dass wir in Deutschland auf Wertschöpfung und Ar-beitsplätze in diesem Bereich verzichten. Das war einwesentlicher Grund für die großartige Akzeptanz der er-neuerbaren Energien in Deutschland.
Man muss auch berücksichtigen, was es für das Zu-sammenspiel von Erzeugung und Netz bedeutet, wennwir lediglich an der Peripherie Europas Erzeugungsanla-gen haben. Das bedeutet, dass es sehr viel schwierigersein wird, für Netzstabilität zu sorgen. Alle Fachleutesprechen sich für die räumliche Nähe von Erzeugungund Verbrauch aus. Das spricht für ein dezentrales Sys-tem, wie wir es uns vorstellen.
All das zeigt, dass sich die Bundesregierung, unter-stützt von ihrem Kommissar Oettinger, ziemlich verrit-ten hat. Das bestätigt auch das Ergebnis der letzten Wo-che: Es gibt keine Unterstützung von der restlichenEuropäischen Union.Wir sollten uns den Herausforderungen stellen. Aberdas geht weiter als das, was bisher von Ihnen vorge-schlagen worden ist. Ich bin völlig damit einverstanden,dass wir nicht nur in den Kategorien des EEG denkendürfen. Wir müssen allerdings auch erkennen, dass wirdas EEG auf Sicht brauchen.
Aber wir müssen jetzt parallel dazu daran arbeiten, dassdie Markteinführung der erneuerbaren Energien, aberauch die Netz- und Systemintegration funktionieren.
Ich weiß, dass ich mich immer noch nicht klar genugausgedrückt habe. Denn was ich gesagt habe, suggeriert,dass wir ausschließlich bei den Erneuerbaren ansetzenund sie in den Stand versetzen müssten, sich besser in dasSystem zu integrieren. Das ist selbstverständlich notwen-dig. Dafür müssen technische Lösungen gefunden wer-den; Vorschläge liegen bereits auf dem Tisch. Gleichzei-tiwazweuSnhsWebfüdbAenbabgeSddtrGglezgdBz
ir heben Effizienzpotenziale für die Erzeugungsseitebenso wie für das Netz und den Endkunden. Bisher ha-en wir das nicht getan; aber es ist die Voraussetzung da-r, dass letzten Endes ein System funktioniert, in demie Erneuerbaren der dominante Part sind.Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns lie-er über den Systemumbau diskutieren. Holen Sie diekteure, auch die Bundesregierung, zusammen! Es gibtine vielfältige Kulisse von Akteuren, die mithelfen kön-en, den Systemumbau zu bewerkstelligen. Sie stehenereit und wollen ihre Vorschläge einbringen, damit Siels Rahmengeber und sie als Marktakteure den Systemum-au vorantreiben können. Ich glaube, das ist fruchtbrin-ender als eine reine Diskussion über Entgeltsätze oderine ungleichgewichtige Diskussion über Kosten odercheinkosten. Lassen Sie uns die Chancen nutzen, die iniesem Thema stecken!Vielen Dank.
Der Kollege Michael Kauch erhält nun das Wort für
ie FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der An-ag von Bündnis 90/Die Grünen zeigt wieder, dass dierünen immer dann gut sind, wenn es um „gut fühlen“eht, wenn es darum geht, Betroffenheit zu äußern, viel-icht auch wenn es darum geht, das eine oder andere an-ustoßen. Aber dann, wenn die Probleme tatsächlich imroßen industriellen Maßstab gelöst werden sollen,
ann muss halt die christlich-liberale Koalition ran, zumeispiel wenn es darum geht, einen Anteil von 80 Pro-ent erneuerbare Energien in diesem Land zu schaffen.
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Michael Kauch
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Wir haben bei den UN-Klimaverhandlungen in Can-cún einen Teilerfolg erzielt. Wir haben die stockendeVerhandlung der letzten Jahre einen Schritt vorange-bracht. Ich glaube, es muss nun ein Zeichen gesetzt wer-den, um die Verhandlungslinie für die UN-Konferenz inDurban in diesem Jahr vonseiten der EuropäischenUnion wieder ein Stück voranzubringen. Wir haben nochkeinen Durchbruch erzielt; aber ich glaube, es ist an derZeit, dass sich die Europäische Union über das CO2-Ein-sparungsziel von 20 Prozent hinaus bewegt. Wir inDeutschland müssen mit daran arbeiten, die EuropäischeUnion in diese Richtung zu bewegen.
Die Zukunft der erneuerbaren Energien wird wesent-lich davon abhängen, ob es uns bei der Novelle zum Er-neuerbare-Energien-Gesetz, vor der wir in diesem Jahrstehen, gelingt, die Marktintegration und die Netzinte-gration der erneuerbaren Energien voranzubringen.Denn es ist klar: Wenn wir hin wollen zu 80 Prozent er-neuerbaren Energien, dann werden wir im Jahr 2050 einanderes EEG haben. Sonst hätten wir eine Verstaatli-chung der gesamten Energiewirtschaft durch gelenktePreise. Es wäre natürlich auch im Blick auf die Netzsta-bilität nicht sinnvoll, weiterhin mit einem Instrument zuarbeiten, das eben keine Anreize für eine nachfrage- undangebotsgerechte Einspeisung setzt. Wir müssen bei denMarkt- und Netzintegrationsinstrumenten im Jahr 2012beginnen, um dann Stück für Stück die erneuerbarenEnergien stärker in den Markt hineinzubringen. MitBlick auf die europäische Dimension ist es auch erfor-derlich, die erneuerbaren Energien stärker in einen euro-päischen Markt zu bringen. Wir brauchen einen europäi-schen Strombinnenmarkt nicht nur für konventionellenStrom, sondern auch für erneuerbaren Strom.Wenn wir das erste Solarkraftwerk, das Desertec inMarokko bauen will, in den europäischen Markt einbin-den wollen, dann ist es notwendig, die flexiblen Koope-rationsmechanismen der Erneuerbare-Energien-Richtli-nie zu nutzen. Die Bundesregierung hat sich entschieden,in das Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Ener-gien diesen Punkt noch nicht aufzunehmen. Ich sage aberauch ganz deutlich im Namen meiner Fraktion, dass wirdie Bundesregierung auffordern, im Jahr 2012 ein Ge-samtkonzept vorzulegen, um diese flexiblen Koopera-tionsmechanismen in die Praxis umsetzen zu können. Wirwollen ein nationales Förderinstrument, das EEG; wirwollen aber auch, dass der Rechtsrahmen für Kooperatio-nen im europäischen Kontext endlich für jeden Investorklar und deutlich ist.
Meine Damen und Herren, wir haben in dieser De-batte schon wieder viel Skandalgeschrei gehört undauch, was uns die Opposition wieder alles nicht glaubtund was sie uns unterstellt. Ich sage Ihnen ganz deutlich,liebe Kollegin Bulling-Schröter: Wir von der FDP habenin den Koalitionsvertrag und in das Energiekonzept klarhineingeschrieben, dass der Einspeisevorrang zugunstender erneuerbaren Energien erhalten bleibt. Das war so,das ist so, und das wird so bleiben. Es gibt den System-konflikt, der hier immer wieder heraufbeschworen wird,aNRzzKaBtrwdDdEmEncemruadSADvDbfr–trddrewrusvEne
Da hier die Systemfrage gestellt wird, verweise ichuf die Lerneffekte bei der deutschen Energiewirtschaft.ei einer Fraktionsanhörung am Montag hat uns die Ver-eterin des Bundesverbandes der Energie- und Wasser-irtschaft erklärt, dass der Begriff „Grundlast“ aus demeutschen Energieversorgungssystem verschwinden wird.as hat vor einem Jahr noch anders geklungen. Ich habeaher das gute Gefühl, dass die Realitäten, die das neuenergiekonzept der Bundesregierung den Akteuren klar-acht – mit den Erneuerbaren hin zu einem Zeitalter derrneuerbaren –, angekommen sind. Die Akteure werdenun in die Zukunft investieren; das ist gut so. Dazu brau-hen sie noch nicht einmal die Grünen.
Herr Kelber, Sie haben uns heute von diesem Pult ausin schönes Beispiel dafür gegeben, wie pharisäerhaftan sein kann. Sie haben gesagt: Diese Bundesregie-ng verhindert Kraftwerkserneuerungen. – Sie kommenus Nordrhein-Westfalen, wo Rot-Grün regiert. Es han-elt sich zwar nur um eine Minderheitsregierung, undie sind dort auch nur der Hampelmann der Grünen.ber haben Sie vergessen, wer den Kraftwerksneubau inatteln verhindern will? Das ist die Landesregierungon SPD und Grünen.
as mag Ihnen peinlich sein, aber Sie können das nichtei der Bundesregierung abladen. Das sind Ihre Partei-eunde, die das machen, Herr Kelber.
Meine Redezeit geht zu Ende.Abschließend möchte ich auf die Forderung im An-ag von Bündnis 90/Die Grünen eingehen, man mögeie Finanzierung des Infrastrukturpakets – Sie intonierenas so, als ob öffentliche Gelder fließen müssten – klä-n. Ich kann Ihnen nur sagen: Herzlichen Glück-unsch! Erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern, wa-m sie mit ihren Steuermitteln auch noch RWE & Co.ubventionieren sollen! – Diese Konzerne haben in denergangenen Jahren erhebliche Gewinne alleine immissionshandel erzielt und verfügen über genügend Fi-anzkraft, das selber zu stemmen. Es bedarf keiner Steu-rmittel.
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Michael Kauch
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Vielen Dank.
Nun hat Diether Dehm für die Fraktion Die Linke das
Wort.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren!Herr Oettinger hat in dieser Woche verkündet, eine Stei-gerung der Energiekosten sei nicht mehr aufzuhalten.Ein Beispiel: Ein vierköpfiger Haushalt mit einem Jah-resverbrauch von 4 500 Kilowattstunden wird in diesemJahr 90 Euro mehr zahlen. – In einkommensschwachenHaushalten wird schon jetzt gefroren. Daher fordert dieLinke, die Milliardengewinne der Konzerne abzuschöp-fen und dies zugunsten der Einkommensschwachen um-zulegen.
Der Antrag der Grünen hat eine Schwachstelle. DasProblem der Speicherung wird mit keinem Wort er-wähnt. Erneuerbare Energien gehen aber nur mit Re-kommunalisierung. Aber das wäre das Ende von JoschkaFischers Fata Morgana vom ökologischen Kapitalismus.
Notwendig sind Entflechtung und Enteignung der Strom-konzerne. Wir stimmen Ihrem Antrag zwar zu. Aber hätteRot-Grün damals beim Atomausstieg seine Hausaufga-ben seriös und verbindlich gemacht, brauchten die Men-schen heute nicht gegen Castor und Gorleben zu demon-strieren. Dann brauchten wir auch diese ganze Debattegar nicht.
Meine lieben Freunde von den Grünen, da Sie so da-zwischen rufen, kann ich nur sagen: An die Freiwillig-keit der Energiekonzerne zu appellieren, ist, als wennSie an einen Marder im Blutrausch appellieren, sichselbst die Maulsperre einzuziehen. Das geht einfachnicht.
Mit der Verlängerung der Laufzeit von Atomkraft-werken verschafft nun die Bundesregierung den Konzer-nen neue Milliardengewinne. Gegen diese müssen dieErzeuger erneuerbarer Energien und die Mittelständlerjetzt noch brutaler auf dem Strommarkt konkurrierenund werden oft wieder verlieren.Die Niederlande haben ihre Förderung regenerativerEnergien gerade auf null gefahren und den Bau neuerAtomkraftwerke auf den Weg gebracht. Der EuropäischeRat hat letzte Woche beschlossen, Schiefergasvorkom-mlugKsHeHWJUSkggloAtakPHMSgHWtrDüBdräwwutesbkdMaedhdJDte
Der Noch-Ministerpräsident Mappus will die Anteileeines Landes an der EnBW, Energie Baden-Württem-erg AG, an die Börse bringen. Seine DAX-Fantasienosten nicht nur Arbeitsplätze und Tarifverträge, son-ern auch klimatische Nachhaltigkeit. Dagegen wollenenschen nicht nur auf die Straße, sondern Mappusuch abwählen gehen.
Die Umweltorganisation Robin Wood hat vor Jahrenin Buch mit dem Titel Manager der Klimakatastrophe:ie Deutsche Bank und ihre Energie- und Verkehrspolitikerausgebracht. Auf 340 Seiten wird nachgewiesen, wieie Deutsche Bank, die an vielem Unrecht seit demahr 1933 beteiligt war, ihre Kapitalbeteiligung beiaimler, bei Energiekonzernen und ihre 3 200 Lobbyis-n für Spritfresser der E-Klasse und gegen die Einfüh-
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Dr. Diether Dehm
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rung von Solarenergie über Jahrzehnte eingesetzt hat.Wer Machtkontrolle ernst meint, der braucht einen star-ken Staat und eine EU, die die Power hat, den Energie-riesen und der Deutschen Bank entgegenzutreten, undder sich nicht so klein macht, dass er in deren Hinternpasst.
Ein sozialer und ökologischer Staat der Zukunft, derdie Strompreise, die Zocker und die Emissionen in denGriff bekommt, beginnt in den Kommunen. Wer dort alsChrist für die Schöpfung demonstriert, als Liberaler füreinen fairen Wettbewerb ohne Monopolkapital streitet,als Sozialdemokrat oder Grüner für die Ideen HermannScheers eintritt, auf einem nichtkapitalistischen Weg zuerneuerbaren Energien zu kommen, wird die Linke alsAntreiber und als verlässlichen Partner haben – außer-parlamentarisch und parlamentarisch.
Wer den Ausstieg aus Atom und fossilen Brennstof-fen wagt, nach all den Menetekeln wie Springfluten undDürrekatastrophen, nach all den klimatisch bedingtenKriegs- und Hungersnöten, der und die hat auch dieMehrheit der Lebenden auf seiner Seite und der Noch-nicht-Geborenen, die wehrlos sind, wenn wir nicht fürsie kämpfen.
Das Wort erhält nun der Kollege Hans-Josef Fell für
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Der EU-Energiegipfel letzte Woche hat keineAntworten zur Sicherung der Energieversorgung, aufsteigende Energiepreise, die Erderwärmung oder die zu-nehmenden internationalen Spannungen, die sich mit derVerknappung der Energierohstoffe immer weiter aus-breiten, gebracht. Unter der Dominanz der schwarz-gel-ben deutschen Regierung wurde verpasst, den dringenderforderlichen Transformationsprozess hin zu einer Voll-versorgung mit erneuerbaren Energien unter Ausschöp-fung der großen Energieeinsparpotenziale auf den Wegzu bringen. Europa droht zu über 70 Prozent von Ener-gierohstoffimporten aus zunehmend unsicheren Liefer-ländern abhängig zu werden. Statt endlich die Erschlie-ßung der unerschöpflichen und kostenlosen heimischenEnergieressourcen aus Solarstrahlung, Wind, Wasser-kraft und Erdwärme in den Mittelpunkt zu stellen, setztder EU-Gipfel mit neuen Pipelines und Terminals auf dieErhöhung der Importabhängigkeit, und das auch nochaus politisch instabilen Lieferländern: Erdgas aus Ka-sachstan über die Nabucco-Pipeline, Erdöl aus Nigeriaund Kolumbien, Kohle aus Südafrika und Indonesien
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Gleichzeitig hatte die Bundesregierung auf demU-Gipfel keine Kraft und keinen Willen, Herr Kauch,as EU-weite CO2-Reduktionsziel für den Klimaschutzenigstens auf 30 Prozent bis 2020 anzuheben. Das istin Armutszeugnis, nein, besser: ein komplettes Versa-en von Frau Merkel und Umweltminister Röttgen imuropäischen Klimaschutz.Dabei will ich nicht verhehlen, dass es vom EU-Ener-iegipfel durchaus einen erfreulichen Punkt zu berichtenibt. Meine Kollegin Bärbel Höhn ist bereits darauf ein-egangen. Die Vorstellungen von Energiekommissarettinger, das erfolgreiche deutsche Erneuerbare-Ener-ien-Gesetz zugunsten von wirkungslosen Grünstrom-ertifikaten zu Fall zu bringen, wurden abgewehrt.
berfraktionelle Aktivitäten im Bundestag und imU-Parlament stärkten Umweltminister Röttgen den Rü-ken. Das wird nicht aufhören; dieser parteiübergreifendeinsatz wird auch weiterhin notwendig sein. Ich appel-ere an die Union, da weiterhin mitzuhelfen. In seinerede am Montag vor dem Bundesverband Erneuerbarenergien hat das CDU-Mitglied Oettinger Befürchtungeninsichtlich seiner mittelstandsfeindlichen Energiepolitikit Abschaffung des EEG neu gestärkt.Die klare Haltung der deutschen Regierung zumchutze des EEG war leider nicht selbstverständlich.usgerechnet die FDP mit Wirtschaftsminister Brüderletand nicht hinter der starken Wirtschaftsbranche der er-euerbaren Energien. Brüderle hat zusammen mit vielentimmen aus der Union Sympathie für die Vorschlägeettingers bekundet. Seine Zustimmung zum Erhalt desEG hat er sich mit der Verhinderung eines verbindli-hen Zieles von 20 Prozent Energieeffizienzsteigerunguf europäischer Ebene erkauft. Man muss sich das ein-al vorstellen: Da steigt der Ölpreis auf 100 Dollar proarrel, und der Wirtschaftsminister hat nichts Besseresu tun, als Energieverschwendung zu unterstützen. Un-laublich, was hier abgeht!
Auch den Atomwünschen Frankreichs hat Frauerkel große Unterstützung zukommen lassen. Unterem wohlklingenden Begriff „Low Carbon“ verbergenich in Wirklichkeit Atom und Kohle mit CCS. Nun hatlso die EU die Atomkraft als investitionswürdig aner-annt. Das ist ein äußerst bedenklicher Schritt auf die-em EU-Gipfel, der die ungelösten Probleme von Atom-
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Hans-Josef Fell
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müll und Proliferation weiter verschärfen wird, statt siezu lösen.Das Festhalten der Bundesregierung und des EU-Gip-fels an der alten atomar-fossilen Energieversorgung wirdschon in diesem Jahr schlimme negative Auswirkungenauf Wirtschaft und Wohlstand haben. Die gegenüber er-neuerbaren Energien angeblich so billige fossile und ato-mare Energieversorgung wird immer mehr zur Belastungder Wirtschaft, des Verkehrssystems, des Wärmesektorsund der Energiekunden.So hat sogar die den Erdölkonzernen nahestehendeInternationale Energieagentur gestern gewarnt, dass dievolkswirtschaftliche Belastung durch Erdöl in diesemJahr von 4,1 auf 4,7 Prozent des globalen Bruttoinlands-produkts ansteigen würde. Doch diese Bundesregierunghat überhaupt keine Antwort auf diese Fragen. In IhrenReden sprechen Sie viel über die Preise von erneuerba-ren Energien. Kein einziges Wort aber habe ich zu dermit den Ölpreisen zusammenhängenden Herausforde-rung gehört.Die Bundesregierung träumt noch immer den Schlafder Gerechten. Erst diese Woche hat sie auf eine Anfragevon uns wieder bestätigt, dass sie langfristig von einemÖlpreis von 60 Dollar pro Barrel ausgeht, obwohl derPreis aktuell bei 100 Dollar pro Barrel liegt. Das ist un-verantwortlich.Es steht zu erwarten, dass die Studie der Bundeswehr,die Sie endlich einmal lesen sollten, Realität wird. Nachdem Überschreiten des Peak Oils werden wir mit Ban-kenzusammenbrüchen, mit Massenentlassungen, mitHungersnöten und der Destabilisierung unserer Gesell-schaft rechnen müssen. Warum kümmern Sie sich nichtum dieses Problem, wenn Sie sagen, Sie würden Ener-giepolitik machen? Mit Ihrer Energiepolitik, wie Sie sieauf dem EU-Gipfel durchgezogen haben, treiben Sie dieEU-Wirtschaft und die nationale Wirtschaft immer wie-der in dieses Desaster hinein.
Herr Kollege.
Was wir brauchen, ist eine Energieversorgung mit er-
neuerbaren Energien und Energieeinsparungen, die uns
Klimaschutz und Energieversorgungssicherheit gleich-
zeitig bringen. Das fehlt bei Ihnen völlig.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Georg Nüßlein für
die CDU/CSU-Fraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen! MeineHerren! Bei dieser Debatte frage ich mich schon eineganze Weile: Was bringt es denn, wenn wir uns beimFEWseihhSwrugwPaTgDHlaedenIntinENBazbmhbWwcasD–a
as bringt es denn, wenn wir die schwächeren europäi-chen Länder mit dem höchsten Effizienzpotenzial, dass zu heben gilt, gar nicht herankommen lassen, sondernnen schon beim Formulieren von Zielen vorwegge-en? Wenn wir den Stab ständig höher hängen und amchluss keiner mehr Anlauf nimmt, hinüberzuspringen,äre das der falsche Weg.Deshalb glaube ich, dass wir uns den Schlussfolge-ngen des Europäischen Rates zuwenden sollten, deresagt hat, dass er dieses Thema sehr praktisch angehenill. Lieber Kollege Fell, wenn es darum geht, das CO2-roblem zu lösen, dann sieht die praktische Realität sous, dass für viele – nicht alle – europäische Staaten dashema Kernenergie und das Thema erneuerbare Ener-ien zusammengehören.
as ist auch ökonomisch wie ökologisch nicht von derand zu weisen.
Die zentrale Forderung in diesen Schlussfolgerungenutet, dass man den Energiebinnenmarkt zügig und un-ingeschränkt umsetzen will. Man muss sich Gedankenarüber machen, was das heißt. Aus meiner Sicht musss zunächst heißen, dass sich in den Staaten, die nochicht so weit sind wie Deutschland, etwas ändern muss. Frankreich gibt es einen Staatskonzern, der die dor-ge Chemieindustrie mit niedrigen Preisen subventio-iert. Dort gibt es offenbar ein anderes Verständnis vonuropa. Hier stellt sich die Frage, ob das sein kann.ein, das kann nicht sein. Wenn im nächsten Schritt eininnenmarkt realisiert werden soll, dann muss man be-chten, dass es zunächst um die technischen Vorausset-ungen geht, um den Notverbund zu einem Handelsver-und auszubauen. Das ist der entscheidende Punkt.Es geht auch um die Frage des Wettbewerbs. Wirftan einen Blick auf die nationale Situation, Herr Kelber,aben Sie durchaus recht in Ihrer Analyse, dass nicht dasewegt wurde, was wir uns erwartet hätten, und dieettbewerbssituation im deutschen Oligopol nicht so ist,ie wir es uns vorstellen. Ich finde es aber ausgespro-hen dreist, lieber Herr Kollege Kelber, dass Sie so tun,ls hätten Sie politisch nichts damit zu tun und als hätteich das erst im letzten Jahr so entwickelt.
ie SPD war doch viele Jahre mit an der Regierung
zu lange; der Zwischenruf ist richtig –, und Sie tun so,ls sei das etwas, das Sie nicht betrifft; im Gegenteil. Sie
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10312 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Dr. Georg Nüßlein
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gehen noch weiter und unterlegen das Ganze mit einerRechnung, die hanebüchen ist. Sie haben hier am Pult aus-gerechnet – ich hoffe, dass das im Protokoll nicht nach-träglich geändert wird, wenn ich das jetzt aufgreife –,eine vierköpfige Familie würde 1 200 Euro in die Ge-winne der Energieversorger investieren. Da kann ich solange rechnen, wie ich will: Wenn ich für eine Familie3 500 bis 4 000 kW pro Jahr ansetze, komme ich aufStromkosten, die irgendwo zwischen 800 und 900 Eurobetragen. Wie kann die Familie, wenn sie 800 bis 900 Eurofür Strom ausgibt, 1 200 Euro in die Gewinne der Ener-gieversorger investieren?
Das halte ich für ausgesprochen hanebüchen.Wir sollten uns weniger mit solchen Dingen beschäf-tigen und stattdessen einmal eine redliche Debatte da-rüber führen, wie wir aus der schwierigen Wettbewerbs-situation das Beste für unser Land machen.
Dabei wird man über viele Themen reden müssen. – Ichweiß, wo die Gewinne herkommen: Produktion, Ver-trieb. Entschuldigung, das wissen wir doch.
Herr Kollege Nüßlein, darf die Frau Höhn Ihnen – –
Ich glaube, die Kollegin Höhn wollte genau das fra-
gen, was ich gerade ausführe, aber das kann sie gern tun.
Aber das kann ja durch tatsächliche Frage und tat-
sächliche Antwort abgeglichen werden.
Bitte schön, Frau Höhn.
Herr Kollege Nüßlein, die Situation, die Herr Kelber
beschrieben hat, ist sogar noch viel schlimmer. Im Jahr
2002 hatten die Energiekonzerne einen Gewinn von
6 Milliarden Euro. Im letzten Jahr betrug der Gewinn so-
gar schon 30 Milliarden Euro. Eine Verfünffachung des
Gewinns! Alle Ökonomen sagen: Bei der Erzeugung von
Strom machen die einen wahnsinnigen Gewinn.
Da sind Kapitalerträge drin, die weit über der Marge
liegen, die Ackermann für seine Deutsche Bank in An-
spruch nimmt, nämlich eher 40 bis 50 Prozent als
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Nein, bleiben Sie bitte stehen. Jetzt haben Sie mir dieelegenheit gegeben, das zu tun. So sollten wir schoniteinander umgehen.
Ich bin der Meinung dass die Europäische Union mitem Weg, den sie vorzeichnet, nämlich mit einem Mehrn Wettbewerb über die europäischen Grenzen hinweg,en Schritt vollzieht, den wir national allein offenkundigicht gehen können.
Wir können das nur im Wettbewerb lösen. Diese The-atik werden wir genau an dieser Stelle lösen. Das istas eine.
Das andere ist: Wir werden alles vermeiden müssen,ebe Frau Kollegin Höhn, was den Versorgern diehance gibt, Strompreise mit politischen, staatlichenaßnahmen zu begründen.
Doch. Natürlich können wir etwas machen. Wir wer-en den Wettbewerb über die Europäische Union er-ichen. Wir werden unsere Regulierungsmaßnahmenorantreiben. Wir werden all diese Dinge vorantreiben,m dafür zu sorgen, dass die Preise nicht weiter steigen.Wir werden im Übrigen im Rahmen der Produktionafür Sorge tragen, dass das in dieser Richtung nichtnktioniert. Dazu haben wir die Laufzeitverlängerungeschlossen. Wir hätten auch nettere, populärere Dingen können, aber wir haben sehr genau gesehen, dass dieernenergie preisdämpfende Wirkung hat.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10313
Dr. Georg Nüßlein
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Im Übrigen müssen wir hier im Hause eine Diskus-sion über die Frage führen: Wie geht es bei den erneuer-baren Energien weiter?
Herr Nüßlein, darf die Frau Bulling-Schröter denn
auch noch eine Zwischenfrage stellen?
Ja.
Danke schön, Herr Nüßlein. – Ich habe gehört, Sie
möchten alles tun, damit Gewinne abgeschöpft werden
und die Preise nicht steigen, wenn ich es richtig verstan-
den habe. Jetzt ist es ja so, dass nach wie vor 90 Prozent
der Zertifikate kostenlos an die großen Energieunterneh-
men weitergegeben werden. Ab 2013 dürfen sie dann
versteigert werden; darüber bin ich sehr froh. Jetzt hat ja
die Linke schon einige Male Anträge gestellt, zu prüfen,
inwieweit diese Gewinne abgeschöpft werden können,
da ja die fiktiven Kosten für diese Zertifikate – die Un-
ternehmen bekommen sie noch kostenlos – eingepreist
und direkt an die Verbraucherinnen und Verbraucher
weitergegeben werden. Das bestreitet niemand in diesem
Hause. In der letzten Legislatur wurde uns gesagt, dass
das nicht geprüft wurde. Gründe dafür wurden uns nicht
genannt. Meine Frage an Sie lautet jetzt: Werden Sie das
prüfen? Es handelt sich ja um einige Milliarden Euro,
die praktisch leistungslos Jahr für Jahr den Profit der
großen Konzerne steigern.
Zunächst einmal zum ersten Teil Ihrer Ausführungen:Sie verwechseln hier Wirkungen des Wettbewerbs mitder Frage, wie man Gewinne abschöpfen kann. Das isttypisch Linke.
Wir haben nicht Verstaatlichungen und andere Repres-sionen im Sinn, sondern setzen darauf, dass sich dyna-misch europaweit ein Markt entwickelt, der seinen Bei-trag dazu leistet, dass es am Ende andere Strompreiseund in der Konsequenz auch eine andere Gewinnsitua-tion bei dem einen oder anderen Oligopolisten gebenwird. Das ist das eine.Das andere ist: Wir schöpfen in der Tat ab. Wir habeneine Brennelementesteuer beschlossen. Andere, die hiersitzen und ständig solche Dinge predigen, haben sich dasnicht getraut. Sie haben vielmehr seinerzeit mit den Ver-sorgern einen Deal gemacht und explizit auf solcheMaßnahmen verzichtet. Das muss man doch der Ehrlich-keit halber einmal sagen.
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ll diese Dinge, die immer klug gefordert werden, wer-en von Ihnen, wenn es zum Schwur kommt, nicht um-esetzt.
as ist etwas, was einen an dieser Stelle aufbringt. Wirerden über die Brennelementesteuer Gewinne ab-chöpfen, und wir werden im Nachgang einen Fonds fül-n, der uns in der Energiepolitik in die Lage versetzt,ntsprechende Dinge in diesem Bereich auch zu finan-ieren, statt nur über sie zu diskutieren. Sie hätten etwasnderes gemacht, nämlich das, was Sie üblicherweiseachen: Schulden, meine Damen und Herren, hätten Sien dieser Stelle gemacht. Deshalb halte ich es für richtig,ass wir uns Gedanken gemacht haben, wie man auchnergie- und klimapolitische Maßnahmen finanziert.Im Anschluss an das allgemeine Thema „Harmonisie-ng europäischer Politik“, auf das ich vorhin schon ein-egangen bin, möchte ich nun auf das spezielle ThemaHarmonisierung der europäischen Politik im Bereicher erneuerbaren Energien“ eingehen. Das halte ich füranz entscheidend. Uns muss klar sein, dass wir, sobaldin EU-Binnenmarkt im Energiesektor entsteht, über dashema Harmonisierung reden müssen. Ich bin deshalbanz froh, dass wir damit frühzeitig angefangen haben.In diesem Zusammenhang möchte ich auch einmallarstellen, dass die breite Mehrheit dieses Hauses dabeiicht an die Festlegung von Quoten denkt. Wir sind ganzlar dafür, das EEG, das etabliert ist und sich nicht nur ineutschland bewährt hat, als Diskussionsgrundlage fürie Harmonisierung zu nehmen. Damit unterstreiche ichier noch einmal deutlich das, was Herr Oettinger Endeanuar im Focus gesagt hat. Auch er hat ja explizit ge-agt, dass das EEG Basis für die Harmonisierung seinann. Wahrscheinlich haben auch ihn die Vergleichszah-n beeindruckt, die man einfach einmal zur Kenntnisehmen sollte: In Großbritannien kostet die Förderungr die Megawattstunde Wind 65 Euro – dort gilt eineuotenregelung –, in Italien kostet sie 85 Euro – auchort gilt eine Quotenregelung –, während sie in Deutsch-nd, wo das EEG gilt, rund 50 Euro kostet. Diese klarenirtschaftlichen und preislichen Realitäten muss Politikinfach zur Kenntnis nehmen.Mir wäre es ein Anliegen, wenn wir diese Diskussionin bisschen zielgerichteter führten, weniger unter demesichtspunkt „Kernenergie oder nicht Kernenergie“;
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10314 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Dr. Georg Nüßlein
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denn das ist Schnee von gestern. Herr Kollege Fell, dasist beschlossene Sache, etwas, was die Koalition geklärthat.
Lassen Sie uns über die Frage diskutieren, wie wir dieThemen erneuerbare Energien, Netzausbau und Speiche-rung weiterbringen. Dann haben wir für die Visionen,die Sie haben, viel getan; denn nur Visionen zu haben,Herr Kollege, ist ein bisschen schwierig.Vielen Dank.
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Thomas Bareiß für die CDU/CSU.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Frau Höhn, Sie haben die Debatte begon-nen, haben den Antrag begründet und gesagt, dass wir inDeutschland Vorreiter im Bereich der erneuerbarenEnergien waren. Ich möchte zum Ende dieser Debattewieder etwas Klarheit in dieses Thema hineinbekom-men.In der Phase der elf Jahre rot-grüner Umweltministerhaben wir gerade einmal 10 Prozent Zuwachs bei den er-neuerbaren Energien gehabt. Wir haben uns jetzt vorge-nommen, in den nächsten zehn Jahren 20 Prozent Zu-wachs bei den erneuerbaren Energien zu schaffen. Vondaher möchte ich Sie fragen, wer hier ambitioniert andas Thema herangeht und wer wirklich etwas für die er-neuerbaren Energien machen will. Das sind nämlich wir.Die christlich-liberale Koalition geht dieses Thema an.
Wir haben nicht nur Fragen aufgeworfen, sondernauch Antworten geliefert. Sie hingegen haben die letztenzehn Jahre im Bereich Netzausbau nichts gemacht.
Sie haben in den Bereichen Marktintegration und Spei-chertechnologien nichts gemacht. Sie haben einfach nur10 Prozent aufwachsen lassen und wissen nicht, wohines gehen soll. Wir packen die Themen an. Wir habenjetzt ein Energiekonzept vorgelegt, das in sich schlüssigist und eine – das ist das Wichtigste – in sich stimmigeFinanzierung beinhaltet.InKKEgtiteiccA„vIndddDUgwAEnmubenDmudSu
den nächsten Jahren werden von den konventionellenraftwerken, von den fossilen Kraftwerken und von denernreaktoren, 35 Milliarden Euro geliefert, um dienergiewende zu gestalten. Das ist für mich ein schlüssi-es und in sich stimmiges Energiekonzept, das nachhal-g tragfähig ist.Hinsichtlich Ihres Antrages – wir haben schon die un-rschiedlichsten Wortmeldungen dazu gehabt – möchteh eines herausstellen. Sie schreiben: „Klimaverträgli-he Energien für Europa – Erneuerbar, effizient, sicher“.ber die Worte „Verbraucher“, „Wirtschaftlichkeit“ oderbezahlbar“ kommen in Ihrem Antrag gar nicht mehror.
allen acht Punkten, die Sie aufgeführt haben, kommtas Wort „Verbraucher“ nicht vor. Aber jemand mussoch diese Veranstaltung bezahlen, die Sie ständig for-ern.
ieses Thema betrachten wir genauso wie die Frage dermweltverträglichkeit und die Frage der Sicherheit.Wissen Sie, was Sie machen? Das ist ein ganz wichti-er Punkt, der zum Schluss dieser Debatte einmal gesagterden muss: Sie verlieren mit Ihrer Energiepolitik diekzeptanz der Menschen.
s kann nicht sein, dass wir die Energiepreise in denächsten Jahren ins Uferlose steigen lassen. Schon heuteuss eine ganz normale vierköpfige Familie 200 Eurond ein normaler, kleiner Bäckerbetrieb über 3 000 Eurois zu 5 000 Euro für die Energiewende bezahlen. Wenns so weitergeht, muss ein vierköpfiger Haushalt dieächsten zwei Jahre noch weitere 100 Euro draufsatteln.as wird nicht funktionieren. Deshalb brauchen wirehr Realismus in der Energiewende. Auch dafür wirdnser Energiekonzept stehen.
Herr Kelber und Frau Höhn, nun zu Ihren Wortmel-ungen. Sie sprechen von Monopol.
ie sprechen davon, dass die Konzerne ständig nur vonns profitieren würden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10315
Thomas Bareiß
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Jetzt will ich Ihnen einmal etwas sagen – ich habe vorhineinmal nachgeschaut –:
Schauen Sie einmal, wie sich die Aktienkurse von Eonund RWE, von den ganz großen Kernenergie- und fossi-len Betreibern, in den letzten 12 Monaten verändert ha-ben. Die Kurse haben sich in den letzten 12 bis15 Monaten kontinuierlich verschlechtert:
15 Prozent minus bei Eon und 20 Prozent minus beiRWE. So groß sind also die Erwartungen des Marktes andie drei, vier großen Konzerne, die wir in Deutschlandnoch haben, nicht mehr; denn wir wollen die Ener-giewende richtig gestalten.
Es gibt einen Markt vor Ort; man muss ihn nur nut-zen. Ein Stromverbraucher hat in Deutschland die Mög-lichkeit, zwischen durchschnittlich 85 Anbietern zuwählen. Ein Gasverbraucher hat die Möglichkeit, zwi-schen 25 Anbietern zu wählen.Das ist doch etwas. Die Bundesnetzagentur hat unsgesagt: Ein deutscher Verbraucher könnte, wenn er rich-tig entscheiden und wechseln würde, im Schnitt jährlich150 Euro sparen. Also ist ein Markt vorhanden; manmuss ihn nur nutzen. Damit das geschieht, muss man fürdie Transparenz des Marktes sorgen. Insofern haben wiruns mit dem Sofortprogramm der Bundesregierung dasrichtige Konzept auf die Tagesordnung geschrieben: Wirwollen eine Markttransparenzstelle einrichten. Das istübrigens ein Projekt, das von den Stadtwerken und denkleinen Versorgern dringend eingefordert wurde. Dem-entsprechend haben wir in den letzten Wochen großesLob geerntet.
Meine Damen und Herren, wir führen eine Debatteüber europäische Energiepolitik. Wir brauchen auch beidiesem Thema eher mehr Europa als weniger. Das ist mitBlick auf das Thema Netzintegration und Netzausbaubesonders wichtig. Allein in Deutschland brauchen wir4 300 Kilometer neue Netze.
– Das sagt die dena, die damals auch mit Ihrer Unterstüt-zung gegründet worden ist.–tesmwnnaddliUbgbwsddeSwkWgFdleK–nuLdkWKrue
Herr Kelber, auch wenn nur 3 000 oder 3 500 Kilome-r neue Netze nötig wären, würde das nichts an der Tat-ache ändern, dass wir in den letzten Jahren nur 90 Kilo-eter neuer Netze errichtet haben. Entschuldigung,enn wir in diesem Tempo weitermachen, werden wiricht einmal in 50 Jahren so weit sein, dass wir dieeuen Netze integrieren können.
Wir brauchen aber nicht nur deutsche Netze, sondernuch europäische Netze; in der Europäischen Union wer-en 40 000 Kilometer neuer Netze benötigt. Hierfür be-arf es enormer Investitionen in Höhe von über 200 Mil-arden Euro. Diese Investitionen müssen von dennternehmen, von der Wirtschaft geleistet werden. Wirrauchen aber an gewissen Punkten, wenn es für Mit-liedstaaten nicht wirtschaftlich ist, das Netz auszu-auen, eventuell auch europäische Gelder. Es ist einichtiges Projekt, dies in die Wege zu leiten; Kommis-ar Oettinger wird das angehen.Der Netzausbau ist das eine; Speicher sind das an-ere. Auch da ist eine europäische Zusammenarbeitringend notwendig. Der Ausbau der Speicher ist einenorme Herausforderung für die Länder Österreich,chweiz und Norwegen; das muss man klar sagen. Sieollen Norwegen zum Standort großer Pumpspeicher-raftwerke in Europa machen.
enn alles so käme, wie Sie es sagen, würden in Norwe-en 35 Pumpspeicherkraftwerke gebaut. Ich lasse dierage außen vor, ob das mit Blick auf den Naturschutzer richtige Weg ist.Sie verteufeln immer die Kernenergie und sagen: Wirben auf der Insel der Glückseligen und werden ohneernenergie auskommen. Ich sage Ihnen aber einesdas ist die Realität –: Wir rufen dann den Strom derorwegischen Pumpspeicherkraftwerke, die auch durchnsere Windkraftwerke aufgefüllt werden, ab über dieeitungen, die in der Nord- und Ostsee noch gebaut wer-en müssen. Wenn diese norwegischen Pumpspeicher-raftwerke leer sind, wir aber Strom brauchen und keineindenergie da ist, dann werden sie durch finnischeernreaktoren gefüllt, und wir werden diesen Strom ab-fen.
Das ist Ihre Politik. Die Schaffung gemeinsameruropäischer Netze führt zwangsläufig dazu – das wer-
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10316 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Thomas Bareiß
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den auch Sie akzeptieren müssen –, dass die Kernenergiein den nächsten 20, 30 oder 40 Jahren in unserem Ener-giemix eine Rolle spielen wird, auch wenn unsere Kern-reaktoren durch Sie, durch uns oder durch wen auch im-mer abgeschaltet werden.
Wir brauchen die Kernreaktoren in Europa auch deshalb,weil wir das Thema Klimaschutz ernst nehmen. Wir ha-ben uns das Ziel aufs Schild gehoben, einen Anteil derregenerativen Energien an der Stromversorgung von40 Prozent zu erreichen.
– Mal sehen, Herr Kelber.Ich rate Ihnen, sich die Zahlen zum Pro-Kopf-Ver-brauch von CO2 anzuschauen: jährlich 9,1 Tonnen CO2pro Kopf in Deutschland, 5,8 Tonnen in Frankreich. Wo-ran liegt das? Das liegt daran, dass wir in Deutschlandbei der Energieversorgung sehr stark auf Kohle setzen.
Allein die Energieunternehmen verursachen in Deutsch-land 3,9 Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf; in Frank-reich sind es nur 0,7 Tonnen.
– Das liegt daran, dass wir – –
Das kann man leider nicht im Einzelnen erläutern.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Die ande-
ren Länder bauen nach wie vor auf Kernenergie; auch
das ist europäische Politik. Sie bauen auf Kernenergie,
weil sie das Thema Klimaschutz ernst nehmen; auch das
spielt eine Rolle.
Wir sind mit unserem Energiekonzept auf dem richtigen
Weg: Es ist in sich schlüssig, durchgerechnet und be-
zahlbar.
Herzlichen Dank.
Ich schließe die Aussprache.Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage aufder Drucksache 17/4687 an die in der Tagesordnung auf-geführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu gibt esKonsens. Dann ist die Überweisung so beschlossen.aBadwwEA
richts des Ausschusses für Kultur und Medien
zu der Unterrichtung
Mitteilung der Kommission an das Europäi-sche Parlament, den Rat, den EuropäischenWirtschafts- und Sozialausschuss und denAusschuss der RegionenChancen und Herausforderungen der Digitali-sierung für das europäische KinoKOM(2010) 487 endg.; Ratsdok. 14119/10hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-regierung gemäß Artikel 23 Absatz 2 desGrundgesetzes– Drucksachen 17/3608 Nr. A.39, 17/4467 –Berichterstattung:Abgeordnete Marco WanderwitzAngelika Krüger-LeißnerDr. Claudia WintersteinKathrin Senger-SchäferClaudia Roth
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Kultur und Medien
zu dem Antrag der Abgeordne-
ten Angelika Krüger-Leißner, Martin Dörmann,Siegmund Ehrmann, weiterer Abgeordneter undder Fraktion der SPDFür eine Kinodigitalisierung, die den Erhaltunserer Kinolandschaft sichert– Drucksachen 17/1156, 17/4718 –Berichterstattung:Abgeordnete Marco WanderwitzAngelika Krüger-LeißnerDr. Claudia WintersteinKathrin Senger-SchäferClaudia Roth
Das ist gewissermaßen der Beitrag des Deutschenundestages zur Berlinale,
uch wenn ich fürchte, Frau Kollegin Roth, dass wir fürie Verleihung des Goldenen Bären nicht ernsthaft in Er-ägung gezogen werden,
as, wenn uns das nicht plausibel ist, Gegenstand einernquete-Kommission werden könnte.
Jedenfalls soll für die jetzt vorgesehene Debatte eineussprachezeit von 45 Minuten reichen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10317
Präsident Dr. Norbert Lammert
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Hat jemand weiter gehende Vorschläge? – Das ist offen-kundig nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort demKollegen Wolfgang Börnsen.
Herr Präsident! Verehrte durchhaltefähige Kollegenam Freitagnachmittag!
Für eine filmpolitische Debatte hätte der Deutsche Bun-destag, wie ich finde, kaum einen geeigneteren Zeit-punkt finden können. Gestern ist die 61. Berlinale glanz-voll eröffnet worden, und heute tritt die Verordnung desBundes zur Digitalisierung der Kinos in Kraft.
Der Startschuss ist gefallen. Die Gewinner sind diekleinen Kinos,
140 Millionen Kinokunden jährlich und der Film alsKultur- und Wirtschaftsgut.
– Herzlichen Dank. – Das Neumann-Modell findet einebreite Zustimmung bei den Ländern, bei den Filmverant-wortlichen und dem Deutschen Bundestag. Wir alsUnion begrüßen diese Bündnispartnerschaft für Filmund Kino in Deutschland.Verehrte Kollegen, die Debatte in dieser Woche solltenicht ohne eine Würdigung des großartigen Filmema-chers Bernd Eichinger geführt werden.
– Frau Kollegin Roth, bitte.
– Es gehört dazu, dass man deutlich macht, dass derStaatsminister bei der Unterzeichnung eines trilateralenFilmabkommens ist und deshalb nicht bei der Debattedabei sein kann.
Er ist sonst immer regelmäßig dabei, weil er sehr verant-wortungsbewusst ist.Ich möchte zur Würdigung des großartigen Filmema-chers Bernd Eichinger zurückkommen. Am Montagwurde er beerdigt. Bundespräsident Christian Wulff hatdie explosive Leidenschaft dieses Mannes für den Filmin seinem Nachruf betont. Mut und Tatkraft für großeFilme haben Bernd Eichinger ausgezeichnet. Das Träu-men hat er nie aufgegeben. Für das Filmland Deutsch-larebmtonddgmTk2reJKdtiwwad7nru2LmssPtihDFlidvmfösHua5A
Die hohe Qualifikation der Filmschaffenden trägtazu bei. Aber auch der finanzielle Rahmen stimmt:0 Millionen Euro Fördermittel von der FFA, 60 Millio-en Euro Fördermittel vom DFFF, dazu die Länderförde-ng.Trotzdem gab es einen Besuchereinbruch im Kinojahr010 und weniger Besucher bei Filmen aus dem eigenenand. Die Ursache dafür ist nicht nur in der Fußballwelt-eisterschaft zu sehen, sondern ist nach Branchenein-chätzung auch auf zu viel Mittelmaß, auf zu viele deut-che Filme zurückzuführen, die sich gegenseitig dasublikum streitig machen, sowie auf zu wenige attrak-ve Drehbücher und wagemutige Produzenten.Bei manchen Produktionen kommt ein Zeitdruckinzu, der Sorgfalt verhindert, wenn zum Beispiel prorehtag sechs Minuten abgeliefert werden müssen.Besonders kritisch wird die Rolle des Fernsehens imilmsystem hinterfragt. Es gehört – ob öffentlich-recht-ch oder privat – zu den wichtigsten Kultur- und Filmför-erern unseres Landes, keine Frage. Viele Filme, auchon jungen Filmemachern, wurden erst durch die Sendeeröglich. Das verdient Anerkennung. Auch an der Film-rderung durch die FFA sind sie neben der Videowirt-chaft und den Kinobetreibern maßgeblich beteiligt. Dieandelnden klagen jedoch über zu hohe Förderauflagennd zu geringe Förderanteile des Fernsehens. Sie weisenuf Frankreich hin. Dort stammen zwei Drittel der00 Millionen Euro Fördermittel direkt vom Fernsehen.Diese Kritik muss sich die Branche gefallen lassen.ls Mitförderer müssen wir dieser Kritik nachgehen.
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10318 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Wolfgang Börnsen
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13.00 1Sollte sie zutreffen, gehört die Filmförderung insgesamtauf den Prüfstand. Auch Teile der Kinowirtschaft erwei-sen sich immer mehr als Wackelkandidaten in diesemFinanzierungssystem.Wir als Union werden dafür sorgen, dass es weiterhinstabile Rahmenbedingungen für einen kreativen, für ei-nen kritischen und auch für einen gut unterhaltendenFilm gibt; denn wir glauben, dass der Film weiterhineine Zukunft haben muss.Die Kinodigitalisierung zeigt, dass wir hinter den Ki-nos in unserem Land und hinter dem Film in unseremLand stehen. 4 Millionen Euro pro Jahr stellen wir demFilm zur Verfügung.Ein letztes Wort würde ich gerne noch der Berlinale2011 widmen. Sie ist für uns alle und für Europa ein Hö-hepunkt des Filmjahres. Sie war und ist ein Beispiel fürdie Freiheit. Sie war 40 Jahre lang auch ein Symbol fürdie Freiheit der Kunst in dieser Stadt. Jetzt – 60 Jahrespäter – ist wieder unser Eintritt für die Freiheit gefragt.Es geht um den iranischen Regisseur Jafar Panahi. Ersollte der Jury angehören. Dazu ist es nicht gekommen.Wegen seines filmischen Schaffens wurde er in seinerHeimat Iran inhaftiert. Das können und werden wir alsParlamentarier nicht dulden.
Die Union und alle anderen, glaube ich, unterstützen dieSolidaritätsaktion der Berlinale. Wir fordern die Freiheitfür Jafar Panahi und seine Freunde.
In diesem Zusammenhang passen leider auch aktuelleMeldungen. Kurz vor der Berlinale-Premiere ist derFilm „Khodorkovsky“ über den inhaftierten russischenRegimekritiker Michail Chodorkowski geraubt worden.Unbekannte sind in die Berliner Arbeitsräume des Re-gisseurs eingebrochen. Damit sollte offensichtlich dieAufführung dieses Films vor der Weltöffentlichkeit aufder Berlinale verhindert werden.Ich rufe uns alle auf: Eine solche Beschneidung derFreiheit der Kunst dürfen wie niemals hinnehmen; dennBürger- und Menschenrechte haben für uns die höchstePriorität.
Angelika Krüger-Leißner ist die nächste Rednerin für
die SPD-Fraktion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer um 11.55 Uhrauf den Ticker geschaut hat, hat dort die Blitzmeldunglesen können: „Die FFA hat Richtlinien und Anträge zurDigitalisierungsförderung auf ihre Webseite gestellt.“Das ist eine wirklich gute Nachricht für die Branche, vorallem für die Kinos. Ich freue mich – da spreche ich fürmgggADruwBDesfovK„nwSdvdfaVotakFhdpwruFcwdgDdhE7eabhfegwuWmha
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10319
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Rahmen der Berlinale mit tollen Veranstaltungen einenSchwerpunkt gewidmet: Berlinale goes Kiez. Das gibt esin diesem Jahr wieder. Dabei wird der rote Teppich vorden kleinen Programmkinos ausgerollt und bringt denGlamour der Berlinale in die Stadtteile. Das sagt vielüber die große Wertschätzung, die der Berlinale-Chefden ambitionierten Kinobetreibern entgegenbringt. Diegroße Leinwand ist tatsächlich der einzige Ort, an demdie ganze visuelle Kraft und der Zauber guter Filme zurEntfaltung kommen. Weder Fernsehen noch Laptopnoch iPad noch Smartphone können diese Wirkung je er-reichen.Viele von uns haben gestern Abend den wunderbarenEröffnungsfilm der Berlinale von den Coen-Brüdern ge-sehen; bald kommt er ja auch in die Kinos. Stellen Siesich einmal vor, Sie würden dieses Leinwandopus aufwenige Zentimeter Display zwängen. Ich glaube, dannkönnen Sie ermessen, wovon ich spreche, wenn ich vonder Unersetzbarkeit des Kinos rede.Viele Kollegen wissen, dass ich seit Jahren mit Lei-denschaft in der Vergabekommission der FFA für dieFörderung von Filmprojekten arbeite. Hier habe ich dasGlück, die Projekte von der Idee bis zum fertigen Filmzu begleiten. Wir haben schon wahre Juwelen daruntergehabt; Das Weiße Band von Michael Haneke oder Pollvon Chris Kraus, um nur zwei Beispiele zu nennen. Dawerden Geschichten so erzählt, dass sie einen im Inners-ten erreichen. Sie bringen uns fremde Menschen undSchicksale nahe, sie öffnen den Blick für Unbekanntesund anderes, sie versetzen uns in ferne Zeiten oderfremde soziale Milieus, sie berühren uns, und sie wühlenuns auf. Im besten Falle schaffen sie es, uns zugleich zuunterhalten. Das war übrigens auch immer das Ziel vonBernd Eichinger, und das ist ihm auch immer wieder ge-lungen.Wenn Filme all das leisten können, dann haben wir esmit einem Kulturgut ersten Ranges zu tun. Es ist unsereVerantwortung als Kulturpolitiker, dafür zu sorgen, dassdiese Filme erstens einen Ort finden, wo sie ihre ganzeKraft entfalten können, und dass zweitens möglichstviele Menschen, auch in ländlichen Regionen und klei-nen Städten, Zugang zum Kulturgut Film finden.Mit der technologischen Innovation der Digitalisie-rung, die uns derzeit in allen Bereichen ereilt, wird dieFortexistenz unserer vielfältigen Kinolandschaft infragegestellt, einfach weil die Digitalisierung teuer ist undweil es keine Alternative gibt. Wenn ich vom notwendi-gen Erhalt unserer Kinolandschaft spreche, dann meineich alle Filmtheater. Ich meine die kleinen Traditions-kinos genauso wie die Multiplexhäuser, die kommunalenKinos ebenso wie die Filmkunst- und Programmkinos.Auf keines dieser Häuser wollen wir verzichten, wenn esum die Vielfalt geht. Der Unterschied ist nur: Die einenkönnen sich die Digitalisierung aus eigener Kraft leisten,und die anderen sind auf Hilfe angewiesen. Genau hiersoll unsere Förderung ansetzen.Für die SPD waren immer drei Punkte wichtig: ers-tens Technikneutralität, zweitens Nachhaltigkeit und drit-tens die Gewährleistung der Programmierungsfreiheitder Kinomacher.NwndNUZemüwhAwmMKteDwvkSDEFgdePecwDdHnadgcngw„jedlegwmdic
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10320 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
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burg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen dasleisten können. Diese sind noch säumig. Deshalb meinAppell an die Verleiher: Machen Sie diesen Kinos in die-sen Ländern ein Angebot!Zum Schluss noch ein Ausblick. Der nächste Schrittwird es sein, dass auch die sogenannten Marktkinos, alsodie umsatzstärkeren Häuser, möglichst schnell an eineFörderung kommen; die Aussichten dafür sind nichtschlecht. Am 23. Februar wird es eine Entscheidung desBundesverwaltungsgerichtes geben; ich vernehme posi-tive Anzeichen. Dann wären auch Gelder der FFA fürdie Marktkinos frei.Nach dem 23. Februar können die Weichen neu ge-stellt werden. Ich erinnere daran, dass nicht nur Kultur-staatsminister Neumann, sondern wir alle der Brancheversprochen haben, dass wir die große FFG-Novelle an-packen wollen. Aber die Branche muss in Vorleistungtreten. Sie selber muss zu Solidarität zurückfinden, sichzu dieser Förderung bekennen, und dann werden wir denzweiten Schritt machen und die Grundlage dafür legen.Ich habe übrigens immer noch die Hoffnung – –
Kollegin Krüger-Leißner, für weitere Ausblicke ist
jetzt wirklich keine Zeit mehr.
Darf ich den Satz beenden?
Letzter Satz.
Ich gebe meiner Hoffnung Ausdruck, dass die schwer
angeschlagene Solidarität in der Branche wieder geheilt
werden kann und dass wir diesen branchenübergreifen-
den Konsens finden. Übrigens ist das auch ein Ver-
mächtnis von Bernd Eichinger. Das sind wir ihm schul-
dig.
Danke.
Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Dr. Winterstein
das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Trotz aller Technik, die es inzwischen für denFilmgenuss zu Hause gibt, musste ich gestern Abend ei-nes wieder einmal feststellen: Ein Kinobesuch ist undbleibt immer ein ganz besonderes Erlebnis. Das kann beidnineuinshhbdTsgbDüadpgKzKD2sdssddnddeUFteFuzDsHd
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10321
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nounternehmen nun in der Lage, die digitale Umstellungmit einem überschaubaren Eigenanteil zu finanzieren.Ich freue mich, dass gerade heute – auch das ist erwähntworden – die entsprechende Verordnung in Kraft tritt,damit möglichst zügig eine flächendeckende Digitalisie-rung möglich wird.Eine nationale Förderung ist an dieser Stelle insbe-sondere vor dem Hintergrund wichtig, dass gerade diekleinen und speziellen Kinos viele deutsche Produktio-nen zeigen. Ohne diese Unterstützung müssten wir einKinosterben befürchten.Auch wenn im vergangenen Jahr der große Kassen-schlager fehlte: Die Filmindustrie befindet sich seit Jah-ren im Aufwind. Deutsche Filme werden beim Publikumimmer beliebter, und durch die Förderung der Digitali-sierung erreicht der deutsche Film sein Publikum in allenRegionen unseres Landes.Vielen Dank.
Für die Fraktion Die Linke hat die Kollegin Kunert
das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wenn man ein Kino will, das den Blick in die Weltund in die Geschichte offenhält, dann braucht manmehr denn je die kommunalen Kinos.Das sagte Wim Wenders, einer der großen Regisseure.Wenn man seiner Logik folgt, dann muss man diePläne der Bundesregierung zur Digitalisierung der Kinoskritisch unter die Lupe nehmen. Die Kinos weltweit undin Europa werden auf digitale Vorführtechnik umgestellt.Das ist die Folge einer grundlegenden technologischenVeränderung. Alle Schritte von der Produktion bis zurVermarktung werden digitalisiert. Das wird zu enormenInvestitionen führen.Sicher liegt die Zukunft im digitalen Kino. Das erken-nen auch die kleinen und kommunalen Kinos an. Hier imHause und auch mit der EU-Kommission sind wir unseinig: Die Digitalisierung der Kinos kann man nicht demMarkt allein überlassen.
Wäre das der Fall, käme es zu einer Verödung des kul-turellen Reichtums und zum Verlust der Vielfalt in derKinolandschaft. Die kleinen Kinos, die Arthouse- undProgrammkinos, die kommunalen Kinos, die Kinos inder Fläche: Sie alle gingen unter und würden aussterben.Übrig blieben allein die großen Kinoketten mit Program-men, die sehr oft auf verkaufsstarke Hollywood-Filmeausgerichtet sind. Das wollen wir verhindern.Die Multiplex-Kinos haben die Umstellung auf dasdigitale Abspiel bereits vollzogen. Jetzt gilt es, die klei-nen und kommunalen Kinos in der Fläche zu erhalten.DmmuuDtomtaDkdjenslemngteFfaliZdKbZdFgdmuKddfütuIndskruw
is Sassnitz ausreichende Mittel erhalten, um die digitaleukunft zu bestehen.Kleine und kommunale Kinos sind im Unterschied zuen großen Kinoketten innovativ. Analoge und digitaleilme, Filmfestivals, das direkte Gespräch mit dem Re-isseur, Diskussionsforen und Einblicke in das Schaffener Filmproduzenten und europäische Filme: All dasacht Kino aus, und all das findet man nur in kleinennd kommunalen Kinos. Sie sind Orte der Kultur undommunikation.In ländlichen Räumen sind die kleinen Kinos mitunterie einzigen kulturellen Treffpunkte. Sie tragen entschei-end zur Lebensqualität bei. Die Linke setzt sich gerader den Erhalt dieser Kinos ein, weil sie ein Stück Kul-rerbe bewahren.
Zukunft werden diese kleinen Kinos die einzigen sein,ie über die Vielfalt ihrer Programme hinaus auch Filmeowohl digital als auch in klassischen Formaten zeigenönnen.Ich meine, das Konzept zur Förderung der Digitalisie-ng der Kinos muss vom Kopf auf die Füße gestellterden. Zunächst müssen kleine Kinos, Arthouse- und
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10322 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Katrin Kunert
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Programmkinos gefördert werden. Finnland macht esuns vor. Die EU-Kommission hat die staatlichen Beihil-fen im Falle Finnlands in ihrer Mitteilung zur Kinodigi-talisierung ausdrücklich genehmigt. Mehr noch, sie be-trachtet staatliche Hilfen bis 500 000 Euro als zulässig.Die Europäische Union hat endlich einmal bei einemThema nichts gegen staatliche Beihilfen. Wenn wir imVergleich dazu an den ÖPNV denken, dann muss unsdas doch ermutigen. Nehmen wir uns also ein Beispielan Finnland und fördern wir in ausreichendem Maße.Über fünf Jahre hinweg 20 Millionen Euro zur Verfü-gung zu stellen, ist aus unserer Sicht zu wenig.Spitzenkino wird ohne Kleinkino nicht möglich sein.Der rote Teppich wie bei der Berlinale muss jetzt in ers-ter Linie den kleinen und kommunalen Kinos ausgerolltwerden.Schönen Dank.
Die Kollegin Claudia Roth hat für die FraktionBündnis 90/Die Grünen das Wort.Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns imAusschuss lange und intensiv mit der Kinodigitalisie-rung beschäftigt. Erst einmal, auch stellvertretend, vie-len herzlichen Dank an Bernd Neumann für die sehr kol-legiale Art, in der wir dieses Thema bearbeitet haben!Ich hoffe, es bleibt bei der konstruktiven und kollegialenArt des Umgangs in unserem Ausschuss.Wann, wenn nicht in diesen Tagen der Berlinale, mussdeutlich werden, dass uns der Erhalt der Kinolandschaftein Herzensanliegen ist? Neben den tollen Filmen unddem Talentcampus ist das Besondere an der Berlinale,dass sie das weltgrößte Besucher- und Besucherinnen-festival ist. Das heißt, es gibt einen riesengroßen Bedarfan Filmen und am Filmerlebnis im Kino, und zwar nichtnur in den Metropolen, sondern auch anderswo, etwa inden Dörfern. Augsburg ist zwar kein Dorf, aber Sie ha-ben es zu Recht genannt.
Kinos muss es auch in den Dörfern geben; denn – das istsehr wichtig – es hat eine unglaublich große bildungs-politische Bedeutung. Es ist sozusagen Grundnahrungs-mittel für die kulturelle Bildung und für eine lebendigeDemokratie.Ich gebe meinem Kollegen Wolfgang Börnsen expli-zit recht: Es ist notwendig, dass wir sehr laut gegen jedeRepression eintreten, die Filmemacher erleiden, unddeutlich machen: Es ist nicht hinnehmbar, dass ein groß-artiger und weltweit ausgezeichneter Filmemacher wieJafar Panahi zu 6 Jahren Haft verurteilt, mit 20 JahrenBerufsverbot und einem Ausreiseverbot bestraft wordenist, weil er angeblich Propaganda gegen die IslamischeRepublik betrieben hat.nregwdwnseKsudrudb„insszstihhmmTteuwwsSbdteknG„tihErizdgDPm
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Ausdruck gebracht werden, dass es nicht zu einer Markt-bereinigung kommen darf.
Ich möchte, dass klargestellt wird – da muss nachge-bessert werden –, dass im Regelfall auch diejenigenKinobetreiber gefördert werden, die nicht den DCI-Stan-dard verwenden. Mit anderen Worten: Diese Förderungmuss der Regelfall sein, sie darf keine verklausulierteAusnahme sein. Technikneutralität muss grundsätzlichund nicht ausnahmsweise gewährleistet sein; sonst wirdsie nämlich ganz bald verschwinden.Dritter und letzter Punkt.
Kollegin Roth, ich fürchte, das werden wir jetzt nicht
mehr schaffen.
Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Sie haben recht. Ich muss gleich zur Demonstration
für Jafar Panahi. Ich lade Sie alle herzlich ein, mit mir
daran teilzunehmen.
Etwas will ich aber doch noch sagen. In den Ländern,
die nicht fördern oder nicht fördern können – das haben
die Kollegen schon gesagt –, muss etwas passieren; da
muss es eine Art Notfallfonds geben. Es kann nicht sein,
dass wir vom Ziel einer flächendeckenden Kinoland-
schaft abrücken. Die betreffenden Länder müssen unter
Druck gesetzt werden. Eventuell muss ihnen geholfen
werden.
Um 16.30 Uhr wird der Film von Jafar Panahi ge-
zeigt.
Dann geben Sie den Kollegen, die hier noch sprechen
möchten, die Chance dazu.
Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Es lohnt sich, sich diesen Film anzuschauen.
Für die Unionsfraktion hat der Kollege Wanderwitz
das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Liebe Frau Kollegin Roth, die Berlinale in diesen Tagenverschafft dem Kino und dem Film wieder einmal etwasmehr Aufmerksamkeit. Besonders viel Aufmerksamkeitgenießen nationale und internationale Stars der Film-branche. Tolle Filme und deren Macher stehen im Vor-dergrund. Die Besucher können das Erlebnis „Film imKino“ genießen. Es gibt inzwischen viele unterschiedli-ckdhgfapnmgkbzbsdnTcinsrebednmFKpLLtegmntedwsDDFMmaca2Afa
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Der SPD-Antrag, über den wir heute abstimmen – ei-gentlich hat er sich aus meiner Sicht erledigt –, stammtvon März 2010. Er lief damit sozusagen dem Koalitions-vertrag hinterher. Da wir dieses Thema insgesamt sehrkollegial vorangebracht haben, verstehe ich nicht, wa-rum wir heute über diesen Antrag abstimmen sollen.Dass er in Bälde erledigt sein wird, war in den letztenWochen und Monaten absehbar. Wenn wir uns die heu-tige Abstimmung hätten sparen können und nur eine De-batte, zum Beispiel über eine europäische Verordnung,geführt hätten, wäre es auch gut gewesen.
Stichwort: Mitteilung der Europäischen Kommissionzur Digitalisierung. Auch die EU hat dieses Thema aufdem Schirm. Es ist schön, dass die EU das Ganze sieht.Wir sind – wie einige andere Länder, zum BeispielFrankreich – schon ein Stückchen weiter. Für uns ist indiesem Zusammenhang wichtig, dass sichergestellt wird,dass die europäische Förderung um Deutschland keinenBogen macht, sprich: Wenn wir in Deutschland unsereLeinwände frühzeitig digitalisiert haben, muss trotzdemder auf Deutschland entfallende Anteil der Fördermittelfließen,
beispielsweise für Investitionen in andere Digitalisie-rungsprojekte. Das ist unsere Forderung an die Kommis-sion. Wir haben noch genügend in Sachen Mediendigita-lisierung vor.
Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Müller-
Sönksen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Während der Berlinale richtet sich das Spotlight immer
auf die Metropole Berlin. Aber all die wunderbaren
Filme, die dort präsentiert werden, müssen anschließend
einem breiten Publikum gezeigt werden. Das bedeutet,
sie müssen überall gezeigt werden können, quasi Berli-
nale in ganz Deutschland. Damit die Kinos im ländli-
chen Raum und die Programmkinos diese Aufgabe auch
zukünftig erfüllen können, werden wir sie bei den drin-
gend notwendigen Investitionen in digitale Abspieltech-
nik unterstützen; denn gerade im ländlichen Raum sind
die Kinos unverzichtbar. Sie zeigen großes Kino auch in
kleineren Orten und vermitteln Filmkunst. Als Treff-
punkte soziokulturellen Lebens bieten sie gerade für Ju-
gendliche ein niedrigschwelliges Angebot kultureller
Bildung.
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it dem nun in Kraft getretenen Förderkonzept ist diese
efahr gebannt: Wir stärken die mittelständischen Ki-
ounternehmer.
Wir freuen uns, dass es uns in den parlamentarischen
eratungen zum Haushalt 2011 gelungen ist, den Kultur-
tat insgesamt nicht nur vor Kürzungen zu bewahren,
ondern sogar um 2,4 Prozent zu erhöhen. Allein dieses
ahr stehen für die Kinodigitalisierung 4 Millionen Euro
ur Verfügung. Geplant ist, insgesamt 20 Millionen Euro
ber die nächsten fünf Jahre in die Kinodigitalisierung
u investieren. Das ist ein beachtlicher Erfolg.
Auch mit Blick auf die zu Recht sehr strengen Regeln
es europäischen Wettbewerbsrechts bestehen gegen
iese Beihilfen keine Bedenken. Die EU-Kommission
at in der Mitteilung, die dieser Debatte ihren Anlass
ibt, grünes Licht gegeben. Sie sieht ebenfalls Hand-
ngsbedarf, weil die Vielfalt der Filme und Kinos in
uropa bewahrt werden soll. Die Beihilfen zur Kinodigi-
lisierung verschaffen nicht einzelnen Unternehmen
ettbewerbsvorteile, sondern erhalten die vielfältige
nd bunte europäische Kinolandschaft. Die EU-Kom-
ission hat für die nächsten Jahre weitere Förderkon-
epte angekündigt, was wir begrüßen, weil diese
onzepte der Bedeutung des Kinos als Vermittler euro-
äischer Vielfalt gerecht werden. Ich freue mich aller-
ings sehr darüber, dass wir nicht auf Brüssel gewartet
aben, sondern vorher selbst tätig geworden sind.
Nachdem die Filmtheaterdigitalisierungsverordnung
estern verkündet wurde, kann die Filmförderungs-
nstalt heute die ersten Anträge beraten. Darüber freue
h mich sehr. Ab jetzt kann die Kinodigitalisierung in
anz Deutschland beginnen.
Vielen Dank.
Die Kollegin Bär hat für die Unionsfraktion das Wort.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10325
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! EinZitat zu Beginn einer Rede ist in der Regel nichts Unge-wöhnliches, heute aber vielleicht schon, weil ich nichteine verstorbene Person der Zeitgeschichte zitiere, son-dern eine Person, die heute unter uns ist. Ich möchtemeine Rede mit einem Zitat des Kollegen Börnsen be-ginnen.
Der Herr Kollege Börnsen hat bei vielen von uns mit sei-ner Plenarrede am 13. März 2008 für einen Ohrwurm ge-sorgt, als er an die Filmmusik eines Filmhits des Jahres1950 erinnerte, der den schönen Titel Der Theodor imFußballtor trug. Wolfgang Börnsen musste allerdingsnach diesem Hinweis ernüchtert feststellen – jetztkommt das Zitat unseres kulturpolitischen Sprechers –:Doch gehalten hat der Olli Kahn der Notzeit denentscheidenden Elfmeter nicht. Denn Der Theodorim Fußballtor kommt nicht mehr vor. In keinemArchiv ist dieser Kultspielfilm mehr aufzutreiben.Dieses Schicksal teilt Theo mit gut einem Dritteldes deutschen Filmkulturerbes. Verloren, verlegt,vergessen – ein Stück Filmerbe ist unwiderruflichauf der Strecke geblieben. Ein Land, das seineFilme verliert, verliert auch Teile seiner Erinnerungund seiner Identität.
Wir stehen heute hier, weil wir eben nicht wollen,dass es uns eines Tages genauso geht und wir schockiertfeststellen müssen, dass die kleinen Kinos in den Groß-städten oder die oftmals einzigen Kinos in den kleinerenStädten unseres Landes auf einmal gar nicht mehr exis-tieren, dass das Kino, in dem wir vielleicht einmal denKinohit 2005 oder den Kinohit 2009 gesehen haben, ge-schlossen werden musste, weil es den Sprung ins digitaleZeitalter schlichtweg nicht hat finanzieren können. Des-wegen begrüßen wir ausdrücklich, dass endlich auch aufeuropäischer Ebene erkannt wurde, wie wichtig dasThema Digitalisierung der Kinos ist.
Die Europäische Kommission bettet das Thema ein indie „Digitale Agenda für Europa“, die eine der siebenLeitinitiativen der neuen Strategie „Europa 2020“ für in-telligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum ist.Der hier vorgegebene Rahmen zeigt, wie allumfassenddie Digitalisierung unseres Lebens ist und dass wirklichkein einziger Lebensbereich ausgespart wird.Wir begrüßen als Koalitionsfraktionen natürlich nochviel mehr, dass unser Kulturstaatsminister, der BKM, diegroßen Herausforderungen, die durch die Digitalisierungunserer Kinos entstehen, bereits vor geraumer Zeit er-kannt hat. Deshalb sind wir den Anforderungen, die dieKommission nun an die Mitgliedstaaten stellt, bereitsweit voraus. Es ist mehrfach angesprochen worden, dasswir trotzdem darauf achten müssen, dass nicht die ErstenasgmAuegmkntezgmdtedihBvw–re–gsHPWrecFnFddaBmDwsnInw
Die Internationalen Hofer Filmtage. – Denn es ist vonroßer Bedeutung, dass wir die Stars in unserer Haupt-tadt haben, aber auch beispielsweise in Hof. Die Stadtof hat – das ist auf das große Bemühen der lokalenolitiker vor Ort, vor allem des Oberbürgermeisters desohnortes unseres Landesgruppenchefs zurückzufüh-n – einen roten Teppich ausgerollt, um deutlich zu ma-hen, dass Hof ebenso wie Berlin eine Verbindung zumilm hat. Das zieht Filmliebhaber an, die sonst wohlicht in Regionen, die eher in Grenzgebieten unseresreistaats liegen, kommen würden.Ich danke dem BKM ausdrücklich dafür, dass mitem Förderprogramm, das sehr ausgewogen und durch-acht ist, kulturelle, aber eben auch strukturelle Kriterienn die Förderung angelegt wurden.Besonders freut mich – das darf ich als bayerischeundestagsabgeordnete sagen –, dass sich die zweit-eisten deutschen Programmkinos in Bayern befinden.ie Bayern zeigen ein besonders großes Engagement,enn es um die Programmkinos geht. Wir haben bei-pielsweise im letzten Jahr in Würzburg ein Kino eröff-et, das eigentlich schon geschlossen war, und zwar aufitiative derjenigen Bürger, denen das Kino so wichtigar, dass sie es selber betreiben wollten.
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10326 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Dorothee Bär
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Ich möchte zum Beginn meiner Rede zurückkehren:Wolfgang Börnsen hat vor knapp drei Jahren eine Redezum Antrag „Das deutsche Filmerbe sichern“ gehalten.Diesem Antrag haben damals alle Fraktionen – bis aufdie Linke, aber das ist jetzt nicht relevant – zugestimmt.Mich wundert es daher, dass bei dem heutigen zukunfts-weisenden Thema, bei dem es um die Digitalisierung un-serer Kinos geht, die Unterstützung für die EU-Mittei-lung ausbleibt. Sie werden verstehen, dass ich auf denüberflüssigen Antrag der SPD jetzt nicht weiter eingehe,weil er schon überholt war, als er in den Bundestag ein-gebracht wurde.
Kollegin Bär, das geht jetzt auch nicht mehr, weil Ihre
Redezeit zu Ende ist.
Gut, dass es nicht mehr möglich ist, auf überflüssige
Anträge einzugehen.
Ein letzter Punkt. Ich möchte den Kolleginnen und
Kollegen mit Blick auf die Demonstration für unseren
im Iran inhaftierten Kollegen aus dem Kulturbereich
– Frau Roth hat es bereits angesprochen – wünschen,
dass ihr Einsatz erfolgreich ist. Darüber hinaus wünsche
ich allen für die nächsten zehn Tage viel Freude bei der
Berlinale oder in einem Kino in dem jeweiligen Wahl-
kreis.
Vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-schusses für Kultur und Medien auf Drucksache 17/4467zu der Unterrichtung „Mitteilung der Kommission andas Europäische Parlament, den Rat, den EuropäischenWirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss derRegionen – Chancen und Herausforderungen der Digita-lisierung für das europäische Kino“. Der Ausschussempfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschlie-ßung gemäß Art. 23 Abs. 2 Grundgesetz anzunehmen.Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Werstimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-empfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion undder FDP-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion,der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/DieGrünen angenommen.Tagesordnungspunkt 24 b: Beschlussempfehlung desAusschusses für Kultur und Medien zu dem Antrag derFraktion der SPD mit dem Titel „Für eine Kinodigitali-sierung, die den Erhalt unserer Kinolandschaft sichert“.Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlungauf Drucksache 17/4718, den Antrag der Fraktion derSPD auf Drucksache 17/1156 abzulehnen. Wer stimmt fürdiese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit denSgBLdIcuKfrdtiuGDfüvsAkg1)
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage aufrucksache 17/4552 an die in der Tagesordnung aufge-hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-en.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:Erste Beratung des von den Abgeordneten NicoleGohlke, Jan van Aken, Agnes Alpers, weitererAbgeordneter und der Fraktion DIE LINKE ein-gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zurÄnderung des Bundesausbildungsförderungs-gesetzes– Drucksache 17/4662 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung
FinanzausschussAusschuss für Arbeit und SozialesNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höreeinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-in Gohlke für die Linksfraktion.Anlage 6
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10327
Vizepräsidentin Petra Pau
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Stellen Sie sich vor, Sie leben von 812 Euro im Monat.Das haben Studierende monatlich im Durchschnitt zurVerfügung.
Jeder von Ihnen kann im Kopf überschlagen, ob dieseRechnung aufgeht: Von 812 Euro zahlen sie Miete,Strom, Essen, Kleidung, Telefon, Internet, Verkehrsmit-tel, Krankenversicherung und Lernmittel. Außerdem sol-len sie davon auch noch bis zu 500 Euro Gebühren imSemester zahlen,
also noch einmal 84 Euro im Monat dafür, dass sie stu-dieren dürfen. Diese Rechnung geht offensichtlich nichtauf. Deswegen sind Studiengebühren ein Verstoß gegenGrundrechte, gegen das Recht auf Bildung, gegen dasRecht auf freie Berufswahl und gegen den Gleichheits-grundsatz.
Studiengebühren dürfen deshalb keinen Tag länger erho-ben werden!In diesem Jahr gibt es gleich mehrmals die Möglich-keit, damit Schluss zu machen; denn bei mehreren Land-tagswahlen können die Wählerinnen und Wähler ent-scheiden, ob sie mit ihrem Votum auch Studiengebührenabschaffen. Das war schon bei den letzten Landtagswah-len so, und Sie wissen, wie sie ausgegangen sind:
Studiengebühren sind in Hessen, im Saarland und inNRW abgewählt worden, und das ist auch gut so.
Das Thema hat also große Bedeutung für Wahlen; dashat auch die CDU erkannt. Ich dachte ja, ich höre nichtrichtig, als sich Julia Klöckner, die Spitzenkandidatinder CDU in Rheinland-Pfalz,
in einem Interview gegen die Einführung von Studienge-bühren ausgesprochen hat. Sie begründete das damit – hö-ren Sie gut zu, Kolleginnen und Kollegen von der Union! –:Kinder aus sozial schwächeren Familien solltennicht vom Studium abgehalten werden. Diese psy-chologische Hürde gibt es nun einmal.
Zu5sfügHdwaaznwisndbSsb–dzAszshv
Dennoch behauptet diese schwarz-gelbe Regierungeiterhin, Gebühren würden niemanden vom Studierenbhalten.
Aber das Gegenteil ist der Fall: In praktisch keinemnderen europäischen Land hängt es so sehr von der so-ialen Lage der Eltern ab, ob man studieren kann odericht.
Noch dazu studieren in der Bundesrepublik deutlicheniger Menschen als in anderen Industrieländern. Est völlig klar, dass jedwede Form von Gebühren dasoch verschärft.
Deswegen fordert die Linke: Abschaffung von Stu-iengebühren von Stuttgart bis nach Hamburg und Aus-au des BAföG!
In Hamburg sprechen sich neben der Linken auchPD und Grüne gegen Studiengebühren aus. Die Grünenind also bereit, die von ihnen selbst 2008 in der Ham-urger Bürgerschaft mit beschlossenen Studiengebühren das kann ich Ihnen an der Stelle nicht ersparen – wie-er abzuschaffen. Es ist aber schon ein wenig halbher-ig, wenn es SPD und Grüne dann nicht schaffen, einemntrag der Linksfraktion in Hamburg zur sofortigen Ab-chaffung der Studiengebühren vom letzten Dezemberuzustimmen. In Hamburg könnten Studiengebührenchon jetzt Vergangenheit sein.
Hier im Bundestag tut die Bundesregierung so, alsabe sie mit all dem gar nichts zu tun, als sei das Themaöllig außerhalb ihrer Zuständigkeit.
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10328 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Nicole Gohlke
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Doch, Kolleginnen und Kollegen von den Regie-rungsfraktionen, auch Sie können dazulernen: DasBAföG heißt ja Bundesausbildungsförderungsgesetz. Essteckt also schon im Namen: Es ist ein Bundesgesetz.Wir Linke beantragen, dass Studiengebühren künftig indie BAföG-Sätze mit einzurechnen sind, dass dasBAföG um die Höhe der jeweiligen Studiengebühren er-höht wird.
Die Bundesregierung kann sich nicht hinter den Bun-desländern verstecken. Es ist Aufgabe des Bundes, fürdie Durchsetzung von Grundrechten zu sorgen, und zwarbundesweit. Nehmen Sie diese Verantwortung endlichwahr, so lange, bis Studiengebühren flächendeckend ab-geschafft sind.Vielen Dank.
Der Kollege Dr. Kaufmann hat für die Unionsfraktion
das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Gohlke,Ihr Gesetzentwurf ist ein erstklassiges Beispiel für dieRealitätsferne Ihrer Partei.
Sie wollen Studiengebühren in den Bedarf für Studie-rende beim BAföG einbeziehen und versuchen so, dieAbschaffung von Studiengebühren voranzubringen.Gleichzeitig versuchen Sie derzeit in Nordrhein-West-falen, die Abschaffung der Studiengebühren zu verhin-dern.
Ihre Oppositionskollegen von SPD und Grünen drohenIhnen sogar mit Neuwahlen.
Im Land dafür, im Bund dagegen. Wie entscheiden Siesich denn, liebe Kolleginnen und Kollegen?
Zu Ihrem Gesetzentwurf. In der Opposition steht beiIhnen nicht Realpolitik, sondern Realitätsverweigerungim Vordergrund. So heißt es im zweiten Absatz der Pro-blembeschreibung in Ihrem Gesetzentwurf – ich zitiere –:bWa2MgdbDdInsImbdszuDBssDzBdSdönB
ahrscheinlich haben Sie es noch nicht mitbekommen,ber die Studienanfängerzahl in Deutschland ist im Jahr010 auf ein Rekordhoch gestiegen.
it 442 600 Studienanfängern oder 46 Prozent des Jahr-angs haben sich so viele junge Menschen für ein Stu-ium entschieden wie noch nie zu vor. Nehmen Sie dasitte einfach einmal zur Kenntnis!
Noch ein bemerkenswerter Befund, Herr Kollege:ort, wo Studiengebühren erhoben werden, sind die Stu-ienanfängerzahlen sogar überproportional gestiegen.sofern gibt es keinen negativen Zusammenhang zwi-chen Studiengebühren und Studienanfängerzahlen.
Gegenteil, Herr Kollege Röspel: In Baden-Württem-erg und in Bayern sind die Studienanfängerzahlen seiter Einführung von Studiengebühren sogar erheblich ge-tiegen. Studiengebühren haben in Baden-Württembergu einer massiven Qualitätsverbesserung in Forschungnd Lehre geführt.
amit meine ich nicht nur längere Öffnungszeiten deribliotheken, sondern vor allem – das ist für Sie interes-ant – Tausende neu geschaffener Stellen im akademi-chen Bereich.
iese Vorteile kommen auch allen BAföG-Empfängernugute.
Ich kenne jedenfalls keine Studie, die nahelegt, dassAföG-Bezieher ein Billigstudium wollten. Sie gebener Qualität Vorrang wie andere Studierende auch. Dietudierenden wissen: Dort, wo Gebühren erhoben wer-en, kommen ihnen diese unmittelbar zugute.Wie Sie die Abschaffung von Studiengebühren durchffentliche Mittel kompensieren wollen, müssen Sie erstoch unter Beweis stellen. Ich kenne kein erfolgreicheseispiel.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10329
Dr. Stefan Kaufmann
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Stattdessen scheint Ihr populistischer, großspurig ange-kündigter Versuch in Nordrhein-Westfalen nun kläglichzu scheitern.
Außerdem haben wir für BAföG-Empfänger in denletzten Jahren bereits viel erreicht. Zusammen mit derSPD, liebe Kollegen Rossmann und Röspel, wurden imAugust 2008 mit dem Zweiundzwanzigsten Gesetz zurÄnderung des BAföG die Bedarfssätze um 10 Prozentund die Freibeträge um 8 Prozent angehoben. Eine wei-tere Anhebung der Bedarfssätze um 2 Prozent und derFreibeträge um 3 Prozent haben wir gerade erst hier mitdem 23. Änderungsgesetz beschlossen. Der maximaleBAföG-Höchstsatz beträgt seitdem 670 Euro pro Monat.Im Übrigen profitieren BAföG-Empfänger schon jetztvon großzügigen Ausnahmeregelungen bei der Erhe-bung von Studiengebühren. So werden besondere sozialeUmstände, etwa Kindererziehungszeiten oder studiener-schwerende Behinderungen, berücksichtigt. Für Studie-rende aus kinderreichen Familien hat Baden-Württem-berg zum Beispiel die sogenannte Geschwisterregelungeingeführt, die eine gänzliche Befreiung von Studienge-bühren vorsieht. Nach neuesten Zahlen – auch das istsehr interessant – sind an der Uni Tübingen, meinerAlma Mater, fast ein Drittel aller Studierenden aufgrundder Geschwisterregelung von Studiengebühren befreit.
Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit für leistungs-starke Studierende besteht durch Stipendien. Ich ver-weise nur auf das neue Deutschlandstipendium, das am1. Februar gestartet ist und das gerade nicht auf dasBAföG angerechnet wird.
Mit diesem Stipendium können leistungsstarke Studie-rende mit bis zu 300 Euro im Monat gefördert werden –zusätzlich zum BAföG.
Kommentare zum Deutschlandstipendium von Vertre-tern der Linken, wie zum Beispiel „Steuerfahnder stattFundraiser sind gefragt, wenn man die Wirtschaft heran-ziehen möchte“, zeigen nur, dass sie von einer Regie-rungsfähigkeit weiter denn je entfernt sind.
Wie von Ihnen praktizierte Realpolitik aussieht, lässtsich doch in Brandenburg beobachten.
DinDlawapDKzisDmsfoimaTegdmsswlesisdvvhLuHdtefags
arüber hinaus zeigt dies einmal mehr, dass Ihnen, liebeolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, das Prin-ip des Geldzurücklegens und des Sparens unbekanntt.
eshalb werden Sie auch in meiner schwäbischen Hei-at niemals gewählt werden.Ein weiterer Grund liegt darin, dass Sie Ihren Ver-prechungen, die Sie regelmäßig abgeben, wenig Tatenlgen lassen. Im rot-rot regierten Brandenburg werden Landeshaushalt nur 23 Prozent der Mittel für Bildungusgegeben. Fast alle anderen Bundesländer geben zumeil deutlich mehr aus. An der Spitze steht – Sie ahnens – Baden-Württemberg, meine von CDU und FDP re-ierte Heimat, mit fast 40 Prozent.
Die wahren Herausforderungen der Zukunft liegenarin, Profile zu schärfen und die Alleinstellungsmerk-ale der Hochschulen zu verstärken. Wenn es den deut-chen Hochschulen gelingt, das zu stärken, worin sie be-onders gut sind, also Leuchttürme zu installieren, dannerden sie auch international in der ersten Liga mitspie-n.Ich bin optimistisch, dass uns dies gelingen wird –chon deshalb, weil Qualität eben unser einziger Trumpft. Blicken Sie einmal nach Indien. Dort soll die Zahler Universitäten innerhalb der nächsten 10 bis 20 Jahreon 350 auf 1 500 steigen. Das führe man sich einmalor Augen! Es ist klar, dass wir da quantitativ nicht mit-alten können. Deshalb sind Anträge wie die von derinken, die den in Deutschland entfachten Wettbewerbm Exzellenz und Qualitätsverbesserungen an denochschulen zurückdrehen wollen, kontraproduktiv.
Ich empfehle Ihnen daher, Frau Kollegin Gohlke, sichie Bildungs- und Wissenschaftspolitik der CDU-regier-n Länder zum Vorbild zu nehmen. In Nordrhein-West-len haben Sie jetzt Gelegenheit dazu. Stimmen Sie dortemeinsam mit der CDU und der FDP gegen die Ab-chaffung der Studiengebühren.Vielen Dank.
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10330 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
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Der Kollege Rossmann hat für die SPD-Fraktion das
Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Nun gibt es also doch eine richtige Debatte zum BAföGund hoffentlich keine Länder-Streitdebatte. Dem Kolle-gen Kaufmann möchte ich sagen: Brandenburg darfman, studienpolitisch gesehen, nicht ohne Berlin be-trachten, weil es eine Region ist. Das, was in Branden-burg weniger für Hochschulen ausgegeben wird, wird inBerlin deutlich mehr ausgegeben; denn Berlin ist dieHochschulmetropole in Deutschland. Ich finde, wir soll-ten das nicht außer Acht lassen.Zu Baden-Württemberg und Bayern: Sie wissen, wiesich dort die Arbeitsplätze und die Strukturen entwi-ckeln. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hin-weisen, dass es diesbezüglich Auswirkungen auf ent-sprechende Studienangebote gibt.Wir möchten uns eher auf eine detaillierte Auseinan-dersetzung mit der vorgeschlagenen Gesetzesinitiativekonzentrieren, zumal sie schon das zweite Mal einge-bracht wird. In der letzten Legislaturperiode hat siekeine Zustimmung bei den anderen Fraktionen gefun-den.Ich möchte bekräftigen – da sehen wir Fortschritte –,dass es einen Konsens geben kann, wenn wir alle dasBAföG stärken wollen. Ich will jetzt nicht näher erläu-tern, was wir beim BAföG gerne noch zusätzlich gehabthätten, nachdem wir in der Großen Koalition das, wasRot-Grün angefangen hat, deutlich erweitert haben.Ich möchte für die SPD noch einmal sagen, dass wirgrundsätzlich gegen Studiengebühren sind, weil sie, wasdie soziale Verteilungsfrage sowie die Aufwands- undEffizienzfrage angeht, nicht begründet werden können.Ich erinnere nur an diejenigen Bundesländer, in denenkeine Studiengebühren erhoben werden. Herr KollegeKretschmer hat sich vorhin so echauffiert. Als Sachsekönnte er aus gutem Grund doch sagen: Als Sachse binich stolz darauf, dass es in meinem Bundesland keineStudiengebühren gibt.
Die CDU in Sachsen kann aus verteilungspolitischen,sozialpolitischen, regionalpolitischen und hochschul-politischen Gründen stolz darauf sein, dass es dort keineStudiengebühren gibt.
Es freut mich, dass es auch in Hessen entsprechendeEinsichten gibt. Herr Kretschmer, Sie sollten es positivbewerten, dass es auch bei Ihnen eine Entwicklung dahingehend gibt, keine Studiengebühren mehr erheben zuwollen. Das ist auch gut so. Deshalb sollte man sich mitdeddzLlegMrekvnWkSmkdsintelesensDgSfewsawdrigdktemWliaSBBgfüg
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10331
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Wir stellen fest: Wenn Sie von der Linken mit heißemHerzen eine Debatte über dieses Thema führen wollen,dann sollten Sie Ihre Vorschläge so gut durchkneten,dass auch die von mir aufgeworfenen Fragen geklärtwerden.
Leider sind diese Fragen nicht geklärt. Daher hat Ihr Ge-setzentwurf keine Berechtigung. Er geht politisch in diefalsche Richtung und ist sachlich nicht genügend ausge-arbeitet. Zudem nehmen Sie damit das Tempo heraus,wenn es darum geht, unsere Forderung umzusetzen – an-dere haben es schon angesprochen –: Damit wir inDeutschland ein Hochschulwesen erhalten, das sozial of-fen ist, müssen wir uns – wie in Hessen, in Nordrhein-Westfalen, im Saarland, demnächst in Hamburg und baldin Baden-Württemberg – von den Studiengebühren ver-abschieden.
Dort, wo Studiengebühren eingeführt worden sind,muss man sich mit gutem Gewissen, aber auch mit hoch-schulpolitischem Realismus schrittweise davon verab-schieden; denn die Hochschulen hätten nichts davon,wenn auf einmal eine große Lücke in den Hochschul-etats entstünde. Insofern wurde in Nordrhein-Westfalenein realistischer Weg gewählt. Wir wollen die Linkendazu einladen, diesen Weg zu unterstützen. Auch inHamburg wird es einen realistischen Weg geben. Wennam Ende zu erkennen ist, dass es in Deutschland nurnoch eine Minderheit von Ländern gibt, die Studienge-bühren erheben, dann haben wir politisch einen gutenKampf gefochten.Danke.
Das Wort hat der Kollege Meinhardt für die FDP-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnenund Kollegen! Der Gesetzentwurf der Linken ist an Bil-dungspopulismus nicht mehr zu überbieten. Hier geht esnicht um Studierende und nicht um die Hochschulen,sondern einzig und allein um eine Neiddebatte, die Siehier losbrechen wollen.
Studienbeiträge sind wesentlicher Bestandteil einessoliden Finanzierungskonzeptes für unsere deutschenHochschulen. Schauen wir uns bitte einmal die Zahlenan: Allein 1,2 Milliarden Euro – ich wiederhole:1,2 Milliarden Euro – sind bislang durch die Eigenbetei-ligung der Studierenden zusätzlich in die Hochschulkas-sen geflossen. Wer diesen Hahn zudrehen will, muss zu-ndnsdddwuroleFmtedgdresbdSdSSuUdtoawdeaAEAEm
Wir brauchen in der Bundesrepublik Deutschlandicht weniger Studiengebühren, sondern mehr Hoch-chulfreiheit. Hochschulen müssen selbst über die Stu-iengebühren, ihre Ausgestaltung und Höhe, entschei-en können. Wenn Studierende an der Entscheidungarüber beteiligt sind, was mit ihren Beiträgen passiert,ird das Ganze zu einem Erfolgsmodell.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir könnenns keine Nullachtfünfzehn-Hochschulpolitik wie diet-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalenisten. Dort sollen die Studiengebühren mit einemederstrich abgeschafft werden. Sofort, vom ersten Mo-ent an, würden 250 Millionen Euro im Hochschulsys-m fehlen. Die unglaublich unsolidarische Konsequenzaraus wäre, dass die Geberländer im Länderfinanzaus-leich dieses auch noch mitzufinanzieren hätten. Bil-ung auf Pump zulasten anderer Bundesländer einzufüh-n, ist doch wohl der Gipfel der Unverschämtheit.
Darüber hinaus sollten wir mit einem bildungspoliti-chen Ammenmärchen aufräumen. Alle seriösen Studienelegen, dass es keinen Zusammenhang zwischen Stu-iengebühren und der Entscheidungsneigung möglichertudierender aus bildungsfernen Schichten gibt. Dies istas Ergebnis aller seriösen Studien, auch des Deutschentudentenwerkes.
Vielmehr gilt die Wahrheit: Nach Abschaffung dertudiengebühren wird sofort die Zahl der Tutorenstellennd der Stellen für wissenschaftliche Hilfskräfte an denniversitäten heruntergefahren. Wer will, dass die Zahler Stellen für wissenschaftliche Hilfskräfte und für Tu-ren an den Hochschulen reduziert wird, der soll diesuch öffentlich und präzise in solch einem Gesetzent-urf benennen.
Warum sind denn gerade diejenigen Länder als Stu-ienstandorte besonders attraktiv, die Studiengebührenrheben? Weil dort mehr in Hochschulen investiert wirdls in anderen Ländern. Allein in Bayern wurden dieusgaben im Zeitraum 2006 bis 2008 um 778 Millionenuro gesteigert. In Nordrhein-Westfalen wurden dieusgaben im gleichen Zeitraum sogar um 881 Millionenuro gesteigert. In Berlin, in Brandenburg und in Bre-en herrscht bildungspolitisch tote Hose.
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10332 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011
Patrick Meinhardt
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Wer über Fairness in der Bildungsfinanzierungspricht, der muss auch die akademische und die berufli-che Bildung in eine Balance bringen. Ich habe hier nochnicht die Forderung gehört, an die privat finanziertenKosten für eine Meisterausbildung heranzugehen. Beieiner dreijährigen Meisterausbildung müssen wir von ei-ner Eigenbeteiligung in Höhe von 4 000 bis 8 000 Euroausgehen. Angesichts dessen ist es absolut unfair, in ei-ner Debatte über Studiengebühren nur über den Bereichder akademischen Bildung zu sprechen und, wie üblich,die berufliche Bildung außen vor zu lassen. In diesemHohen Haus sollte endlich einmal die richtige Frage ander richtigen Stelle gestellt werden. Es geht darum, überberufliche und akademische Bildung gleichgewichtig zudiskutieren.
– Bringen Sie doch einmal einen entsprechenden Antragein. Wir werden Ihnen dann sagen, was wir davon hal-ten.Diese Bundesregierung hat mit ihrem BAföG-Moder-nisierungspaket einen wichtigen bildungspolitischenMeilenstein gesetzt. Das führt dazu, dass allein in diesemJahr 500 Millionen Euro mehr für Investitionen zur För-derung von Studierenden eingesetzt werden. 500 Millio-nen Euro mehr, das ist das Ergebnis des BAföG-Moder-nisierungskonzeptes dieser Bundesregierung. Das mussman auch einmal mit Stolz in diesem Hohen Haus sagendürfen.
Darüber hinaus haben wir mit dem Nationalen Stipen-dienprogramm endlich eine Talentförderstrategie für die-ses Land entwickelt. Schon in diesem Jahr wird sich dieAnzahl der staatlich geförderten Stipendiaten von 20 000auf 30 000 erhöhen. Ein solcher Aufwuchs um 50 Pro-zent ist ein deutliches Zeichen des Handelns dieser Bun-desregierung. Studiengebühren, über die vor Ort ent-schieden wird, ein deutlicher Aufwuchs im Bereich derStipendienkultur und unser BAföG-Modernisierungspa-ket sind zusammen ein Zeichen dafür, dass die Attrakti-vität des Studienplatzes Deutschland mächtig gesteigertwird.Der Antrag der Linken ist fachlich falsch, hochschul-politisch veraltet und finanzpolitisch ein Desaster.Vielen herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Gehring für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir wissen: Der Kampf gegen soziale Selektivität in un-serem Hochschulsystem und für mehr Bildungsaufstiegist eine echte Herkulesaufgabe.SuwnskliwdwDElabrevMsmhintiSSDBdGKredSk
as ist die Aufgabe, vor der wir stehen.Sie wollen einseitig einkommensschwache BAföG-mpfänger entlasten – so weit, so nett –, alle anderenssen Sie aber im Regen stehen und weiter Studienge-ühren blechen in den Ländern. Das ist ein absurdes Ge-chtigkeitsverständnis, liebe Kolleginnen und Kollegenon den Linken.
it Ihrem Gesetzentwurf spalten sie die Studierenden-chaft in Zahler und in Nichtzahler. Die einen bekom-en eine Rückerstattung der Gebühr aus dem Landes-aushalt, und die anderen gehen leer aus.Was wären die Konsequenzen Ihres Gesetzentwurfs der Praxis? Erstens würden Studiengebühren zemen-ert.
Zweitens würde der studentische Widerstand gegentudiengebühren geschwächt, weil die Akzeptanz dertudiengebühren damit gestärkt würde.
as ist völlig absurd. Damit leisten Sie den Zielen derildungsstreikbewegung nachträglich einen Bären-ienst.
Anstatt die Akzeptanz der Campusmaut durch solcheesetzentwürfe zu erhöhen, sollte die Linkspartei denampf gegen Studiengebühren parlamentarisch undalpolitisch wirklich unterstützen und dabei bleiben,ass Bildung keine Ware ist. Das ist das Gebot dertunde.
Unsere grünen Befürchtungen hinsichtlich der Wir-ung von Studiengebühren sind leider eingetreten.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Februar 2011 10333
Kai Gehring
(C)
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– Dazu komme ich gleich; kein Thema. – Deren Einfüh-rung durch schwarz-gelbe Landesregierungen hat bun-desweit Zehntausende Hochschulzugangsberechtigtevom Studium abgeschreckt. Verschiedenste Studien zei-gen – Hochschul-Informations-System, Nationaler Bil-dungsbericht und viele andere –, dass sich viele Abituri-enten gerade aus finanziellen Gründen gegen einStudium entscheiden. Besonders abschreckend wirkt dasBezahlstudium auf Frauen und Jugendliche aus Nicht-akademikerfamilien, also gerade auf diejenigen, derencher Koalition: in Hessen mit SPD und Linkspartei. InNordrhein-Westfalen steht die rot-grüne Entscheidungkurz bevor. Im Saarland kämpfen wir übrigens gemein-sam mit Union und FDP dafür, weil auch sie gemerktund eingesehen haben, dass die Abschreckungswirkungvon Studiengebühren nicht ignoriert werden kann. InHamburg wollen wir den durch uns bereits erheblich ge-minderten Gebührendruck mit einem Wechsel zu Rot-Grün vollends aufheben. Das wäre ein Erfolg, weil dannweitere Gebührenländer fallen.Talente wir verstärkt heben müssen.Aus diesen Gründen müssen die Studiengebührenweg und das BAföG dringend weiter ausgebaut werden.Wir haben gesagt, dass es sogar zu einem Zwei-Säulen-Modell ausgebaut werden muss. Das wäre viel besser alsein Deutschland-Stipendium, das Sie hier wieder einmalgerühmt haben, das aber jetzt schon als Ladenhüter undRohrkrepierer daherkommt und keine soziale Gerechtig-keit herstellt.
Die zweite Befürchtung hat sich leider auch bewahr-heitet. Dass Studiengebühren zusätzliches Geld an dieHochschulen bringen, das ist ein großes Märchen.Schauen Sie sich doch einmal verschiedene Berichte an.Viele schwarz-gelbe Landesregierungen haben nach derGebühreneinführung die Grundfinanzierung der Hoch-schulen abgesenkt.Der Bildungsfinanzbericht 2010 zeigt, dass 2007 rund717 Millionen Euro aus Studiengebühren an die Hoch-schulen geflossen sind. Zugleich nahmen die Gebühren-länder ihren Hochschulen aber eine halbe Milliarde Euroweg, indem sie die Grundfinanzierung abgesenkt haben.Negativvorreiter hierbei waren Baden-Württemberg unddie abgewählte Rüttgers-Regierung in Nordrhein-West-falen.
Deshalb ist es so wichtig, festzuhalten, dass unterdem Strich die Privatisierung von Bildungsausgabenbleibt, und das halten wir für den falschen Weg. Genausohalten wir den Weg der Linken, Studiengebühren einfachabzuschaffen, sich dann aber keine Gedanken über dieGegenfinanzierung zu machen, für falsch. Diese Gebüh-renausfälle der Hochschulen müssen entsprechend kom-pensiert werden.
Unsere Grünen in den Ländern haben dafür gesorgt,dass ein bundesweites Ende der Campusmaut näher-rückt. Wir kämpfen für Gebührenfreiheit, egal in wel-ruvresDrocKCGwndbodfo
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 17/4662 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so
eschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estags auf Mittwoch, den 23. Februar 2011, 13 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und er-
lgreiche Tage.