Protokoll:
17067

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 67

  • date_rangeDatum: 27. Oktober 2010

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:44 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/67 Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU/CSU) . . . Tagesordnungspunkt 2: Befragung der Bundesregierung: Entwurf ei- nes Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangs- heirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften; weitere Fragen zur Kabinetts- sitzung Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7098 C 7099 C 7101 B 7102 D 7103 D 7107 D 7108 A 7108 B 7108 C 7108 D 7109 A 7109 A 7109 B Deutscher B Stenografisch 67. Sitz Berlin, Mittwoch, den I n h a l Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zum Europäischen Rat am 28./29. Oktober 2010 in Brüssel und zum G-20-Gipfel am 11./12. November 2010 in Seoul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . R D S D M D D J 7081 A 7081 B 7087 B 7090 D 7092 B 7093 B 7095 C 7097 C Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7104 A undestag er Bericht ung 27. Oktober 2010 t : üdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . evim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . emet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7104 B 7104 C 7105 A 7105 B 7105 C 7106 A 7106 D 7107 C Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7109 C II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aydan Özoğuz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: Fragestunde (Drucksachen 17/3363, 17/3398) . . . . . . . . . . Dringliche Frage 1 Inge Höger (DIE LINKE) Hintergrund für die jüngsten Tiefflüge von Bundeswehr-Tornados über der Region Wendland Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dringliche Frage 2 Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Gezieltes Schießen von Bundeswehrsolda- ten auf telefonierende oder rufende Zivilis- ten im Gefechtsfeld in Afghanistan Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Dringliche Frage 3 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausbreitung der Cholera in Haiti Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfrage Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M H D m l A b A C Z H M H V d g a d v A C Z H M I Z f A F A C Z I M D I Z d A D Z D 7109 D 7110 A 7110 B 7110 C 7111 A 7111 A 7111 C 7111 C 7111 D 7112 B 7112 D 7113 D 7114 C 7115 C 7115 D 7116 C ündliche Frage 3 ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) urch US-Streitkräfte getötete Menschen it deutscher Staatsbürgerschaft oder mit etztem Wohnsitz in Deutschland im Raum fghanistan/Pakistan seit 2007 sowie da- ei geleistete deutsche Aufklärung ntwort ornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ündliche Frage 4 ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) on deutschen Stellen vor der Festnahme es deutschen Staatsbürgers A. S. in Af- hanistan übermittelte Informationen an fghanische oder US-Sicherheitsstellen und eutsche Bemühungen um die Rückkehr on A. S. nach Deutschland ntwort ornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ündliche Frage 5 nge Höger (DIE LINKE) ustand und Behandlung des im US-Ge- ängnis von Bagram inhaftierten Deutsch- fghanen A. S. sowie Bemühungen um seine reilassung ntwort ornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen nge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . ündliche Frage 9 r. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) nhaltliche Prüfung der Internetseiten von uwendungsempfängern des Bundes durch as Bundesverwaltungsamt ntwort r. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen r. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . 7117 A 7117 A 7117 D 7118 A 7118 C 7118 C 7119 A 7119 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 III Mündliche Frage 10 Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) Rechtsgrundlage der Kostenübernahme durch das Bundesverwaltungsamt für eine in Deutschland durchgeführte Operation ei- nes Russlanddeutschen Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 11 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Bundesrepublik Deutschland als Einwan- derungsland Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 12 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Ergebnisse der Umfrage zu Erfahrungen der Bundesländer bezüglich bestehender Sanktionsmöglichkeiten im Zusammenhang mit integrationswidrigem Verhalten von Ausländern Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 14 Heidrun Dittrich (DIE LINKE) Vermeidung von Mindereinnahmen infolge von Sponsoring und steuerlicher Begünsti- gung von Stiftungen Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfrage Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . M H V t f A H Z H M F E B n A A Z F M F K s K I A A Z F C M H S d u A D Z H 7119 C 7119 D 7120 A 7120 C 7121 B 7121 C 7122 A 7122 B 7123 A 7123 B ündliche Frage 15 eidrun Dittrich (DIE LINKE) erhinderung des Missbrauchs der sogenann- en Übungsleiterfreibetragsregelung durch reie Träger ntwort artmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen eidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ündliche Frage 39 riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) rhöhte Gefahr der Übertragung des MRSA- akteriums vor allem in ländlichen Regio- en mit Intensivtierhaltung ntwort nnette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ündliche Frage 40 riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) onsequenzen aus Medienberichten zum teigenden Risiko des MRSA-Befalls in rankenhäusern in ländlichen Regionen mit ntensivtierhaltung ntwort nnette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ündliche Frage 44 einz Paula (SPD) tand des Vergabeverfahrens und Beginn es Ausbaus der Autobahn 8 zwischen Ulm nd Augsburg ntwort r. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfrage einz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7123 D 7123 D 7125 A 7125 B 7125 C 7125 D 7126 B 7126 D 7127 B IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 Mündliche Frage 45 Heinz Paula (SPD) Elektrifizierung der Bahnstrecke Mün- chen–Lindau Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfrage Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Fragen 46 und 47 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterschutzstellung naturschutzfachlich be- deutsamer Areale des ehemaligen Truppen- übungsplatzes Wittstock und der Liegen- schaft der ehemaligen Heeresversuchsstelle Kummersdorf Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Rentenkürzung durch Rente erst ab 67 verhindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . A E ( A d R l b 1 n A M S P r A B A M S U s A B A M A T r k 4 A C A M D A A A C 7127 C 7127 C 7127 D 7128 A 7129 A 7129 A 7130 B 7131 C 7132 D 7134 B 0000 A7135 C 7136 C 7137 C 7138 C 7140 A 7141 A 7142 A 7143 C 7145 A nlage 2 rklärung des Abgeordneten Volker Beck Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur bstimmung über den Entschließungsantrag er Fraktion DIE LINKE zu der Abgabe einer egierungserklärung durch die Bundeskanz- erin zum Europäischen Rat am 28./29. Okto- er 2010 in Brüssel und zum G-20-Gipfel am 1./12. November 2010 in Seoul (Tagesord- ungspunkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 ündliche Frage 1 iegmund Ehrmann (SPD) raxis der Kartenvergabe durch die Bay- euther Festspiele GmbH ntwort ernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 ündliche Frage 2 iegmund Ehrmann (SPD) nterstützung der Stiftung „TANZ – Tran- ition Zentrum Deutschland“ ntwort ernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 ündliche Frage 6 ndrej Hunko (DIE LINKE) ötung mehrerer deutscher Staatsangehö- iger durch einen unbemannten US-ameri- anischen Flugkörper in Pakistan am . Oktober 2010 ntwort ornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 ündliche Frage 7 r. Rolf Mützenich (SPD) bzug der in Deutschland verbliebenen tomwaffen ntwort ornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7145 D 7145 C 7145 D 7146 B 7146 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 V Anlage 7 Mündliche Frage 8 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Ergebnisoffene Verhandlungen mit der Türkei über EU-Beitritt Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Mündliche Frage 13 Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wahrnehmung des Grundrechts auf De- monstrationsfreiheit durch Schüler Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Mündliche Frage 16 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage des gesamten Schriftwechsels der Bundesregierung mit den vier großen Ener- gieversorgungsunternehmen zur AKW- Laufzeitverlängerung bis zum 29. Oktober 2010 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Mündliche Frage 17 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beteiligung des Abteilungsleiters im BMU Gerald Hennenhöfer an den Verhandlun- gen über den Term Sheet in der Nacht vom 5. auf den 6. September 2010 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Mündliche Frage 18 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Inhalt der Gesprächsergebnisse zwischen Bundesregierung und Energieversorgungs- unternehmen im Zusammenhang mit dem V u A S A M V A B 2 d b A S A M B B R s B D A S A M D A D S e s A H A M D D m 7146 D 7147 B 7147 C 7147 D ertrag und den Gesetzen zur Energie- nd Atompolitik ntwort teffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 12 ündliche Frage 19 olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ntwort auf die Anfragen der Fraktion ündnis 90/Die Grünen vom 5. Oktober 010 an das Bundeskanzleramt zum För- erfondsvertrag mit den Kernkraftwerks- etreibergesellschaften ntwort teffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 13 ündliche Frage 20 ritta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) eantwortung des an Bundesminister onald Pofalla am 5. Oktober 2010 ge- chickten Fragenkatalogs der Fraktion ündnis 90/Die Grünen in Ausschüssen des eutschen Bundestages ntwort teffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 14 ündliche Frage 21 r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) uswirkungen des Revisionsprotokolls zum oppelbesteuerungsabkommen mit der chweiz auf die zukünftige Durchsetzung ines automatischen Informationsaustau- ches mit Drittstaaten ntwort artmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 15 ündliche Frage 22 r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) eutsche bilaterale Regelung zum Umgang it Steuerhinterziehern im Vergleich zur 7148 A 7148 A 7148 B 7148 C VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 Vereinbarung zwischen Großbritannien und Liechtenstein Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Mündliche Fragen 23 und 24 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Pläne für ein Revisionsprotokoll zum Dop- pelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz bezüglich einer Abgeltungsteuer; Verein- barkeit mit dem EU-Recht Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 Mündliche Fragen 25 und 26 Garrelt Duin (SPD) Deutsche Position zu den Vorschlägen der EU-Kommission zur Verlängerung des Temporary Framework Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 18 Mündliche Fragen 27 und 28 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Grundlagen der Entscheidung im Jahr 2007 zum Ausstieg aus dem Steinkohlen- bergbau; aktuelle Vorlagen zu diesem Thema und personelle Folgen der Entschei- dung aus dem Jahr 2007 Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 19 Mündliche Frage 29 Swen Schulz (Spandau) (SPD) Filialen der Deutschen Post AG ohne bar- rierefreien Zugang Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A M S E d A H A M D G D 2 A H A M H F e A D A M H P g A D A M S B r s t A A 7148 C 7148 D 7149 B 7150 A 7150 B nlage 20 ündliche Fragen 30 und 31 abine Zimmermann (DIE LINKE) ntfristung befristeter Arbeitsverträge bei en Jobcentern und den Arbeitsagenturen ntwort ans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 21 ündliche Frage 32 r. Ilja Seifert (DIE LINKE) espräch der Bundeskanzlerin mit dem eutschen Behindertenrat am 14. Oktober 010 ntwort ans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 22 ündliche Frage 33 ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) orschungsförderung des BMELV bei den inzelnen Biokraftstoffarten ntwort r. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 23 ündliche Frage 34 ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) raxis der Ausschreibung von Projektträ- erschaften durch Bundesministerien ntwort r. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 24 ündliche Fragen 35 und 36 ilvia Schmidt (Eisleben) (SPD) enachteiligung Pflegebedürftiger mit vor- angigen Pflegeleistungen der Berufsgenos- enschaft nach SGB VII gegenüber Leis- ungsempfängern im SGB XI ntwort nnette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7150 C 7150 D 7151 A 7151 C 7152 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 VII Anlage 25 Mündliche Frage 37 René Röspel (SPD) Bewertung der Tätigkeit des XCell-Centers in Köln und Düsseldorf Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 26 Mündliche Frage 38 René Röspel (SPD) Vorlage eines Entwurfs für eine Änderung des Transplantationsgesetzes Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 29 Mündliche Frage 48 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Prämissen und Rahmenbedingungen für die Berechnung der Kapazitäten der Atom- müllzwischenlager Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7152 D 7154 A 7154 B Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 27 Mündliche Frage 41 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Gründe für die Unterschiede bei der Finan- zierung der Pflegeassistenz für Schwerstbe- hinderte nach dem Arbeitgebermodell und durch den ambulanten Dienst Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 28 Mündliche Fragen 42 und 43 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Fahrradmitnahme im ICE sowie bei künf- tigen Konkurrenten der Deutschen Bahn im Hochgeschwindigkeitsverkehr A M K V n N u A T A M N B R d A A T 7153 B 7153 C nlage 30 ündliche Frage 49 laus Hagemann (SPD) orlage der Projektkosten- und Terminpla- ung für die Rückbauprojekte Kompakte atriumgekühlte Kernreaktoranlage (KNK II) nd Mehrzweckforschungsreaktor (MZFR) ntwort homas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 31 ündliche Frage 50 icole Gohlke (DIE LINKE) ereitstellung zusätzlicher Studienplätze im ahmen des Hochschulpaktes 2020 infolge er zusätzlichen Nachfrage aufgrund der ussetzung der Wehrpflicht ntwort homas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7154 D 7155 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 7081 (A) ) )(B) 67. Sitz Berlin, Mittwoch, den Beginn: 13.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 7145 (A) ) )(B) LINKE zu der Abgabe einer Regierungserklä- Übergang in einen neuen Beruf zu erleichtern. Die Tä- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion DIE D A d A s h h g D h a l F K D c V u g u F n h A d A 1 r a Z Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 27.10.2010 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.10.2010 Binder, Karin DIE LINKE 27.10.2010 Friedhoff, Paul K. FDP 27.10.2010 Golze, Diana DIE LINKE 27.10.2010 Haibach, Holger CDU/CSU 27.10.2010 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 27.10.2010 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.10.2010 Kolbe, Daniela SPD 27.10.2010 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 27.10.2010 Krumwiede, Agnes BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.10.2010 Nietan, Dietmar SPD 27.10.2010 Oswald, Eduard CDU/CSU 27.10.2010 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 27.10.2010 Scholz, Olaf SPD 27.10.2010 Schreiner, Ottmar SPD 27.10.2010 Dr. Sieling, Carsten SPD 27.10.2010 Vogel (Lüdenscheid), Johannes FDP 27.10.2010 Dr. Volkmer, Marlies SPD 27.10.2010 Dr. Wiefelspütz, Dieter SPD 27.10.2010 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht rung durch die Bundeskanzlerin zum Europäi- schen Rat am 28./29. Oktober 2010 in Brüssel und zum G-20-Gipfel am 11./12. November 2010 in Seoul (Tagesordnungspunkt 1) Hiermit erkläre ich im Namen der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen, dass unser Votum „Ablehnung“ lautet. nlage 3 Antwort es Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage des bgeordneten Siegmund Ehrmann (SPD) (Druck- ache 17/3363, Frage 1): Hält die Bundesregierung als Gesellschafter und Mitglied des Verwaltungsrates der Bayreuther Festspiele GmbH vor dem Hintergrund der Kritik des Bayerischen Obersten Rech- nungshofes an der Kartenvergabe das Kartenkontingent für die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e. V. für angemes- sen, und wie bewertet sie das Verhältnis des Anteils des frei verkäuflichen Kartenkontingents zu den Aufwendungen der öffentlichen Haushalte? Der Verwaltungsrat der Bayreuther Festspiel GmbH at sich in seiner Sitzung am 19. Oktober 2010 einge- end mit der Problematik der Vergabe der Kartenkontin- ente bei den Bayreuther Festspielen auseinandergesetzt. en Anregungen des Bayerischen Obersten Rechnungs- ofes Rechnung tragend wurde die Geschäftsführung be- uftragt, ab dem Jahr 2012 einen neuen Vertrag zur Fest- egung des Kartenkontingents der Gesellschaft der reunde zu schließen sowie auch die bisher festgelegte ontingentierung für alle anderen Gruppen bzw. für ienstkarten zu überprüfen. Die zu treffende vertragli- he Regelung mit der Gesellschaft der Freunde wird das erhältnis zwischen dem Kartenkontingent der Freunde nd den für den freien Verkauf vorgesehenen Karten an- emessen regeln und ein Äquivalent zu den bisherigen nd zukünftigen Leistungen der Gesellschaft der reunde darstellen, die in jedem Jahr insbesondere bei otwendigen Investitionen die öffentliche Hand in er- eblichem Umfang entlasten. nlage 4 Antwort es Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage des bgeordneten Siegmund Ehrmann (SPD) (Drucksache 7/3363, Frage 2): Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Stiftung „TANZ – Transition Zentrum Deutschland“ in ihrer gerade erst begonnenen Arbeit – die Geschäftsstelle hat ihre Arbeit am 1. August 2010 aufgenommen – nach dem Auslau- fen der Anschubfinanzierung durch Mittel der Kulturstiftung des Bundes im März 2011 zu unterstützen? Tänzerinnen und Tänzer haben einen besonderen Be- uf, der in aller Regel maximal bis zum 40. Lebensjahr usgeübt werden kann. Die „Stiftung TANZ – Transition entrum Deutschland“ verfolgt deshalb das Ziel, den 7146 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 (A) ) )(B) tigkeit der Stiftung orientiert sich vor allem auf die In- formation und die Vermittlung von Kontakten. Das Problemfeld, das sich aus dem Übergang in neue Berufe ergibt, ist komplex. Sonderregelungen für ein- zelne Berufsgruppen werfen eine Reihe von sozialpoliti- schen und juristischen Fragen auf. Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien hat von Anfang an klargestellt, dass die mit dem Stichwort Transition be- nannte Problematik nicht allein mit den Instrumenten der Kulturpolitik gelöst werden kann. Dennoch hat der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien dieses wichtige Thema aufgegriffen. So wurde die Projektstudie „Modellentwicklung Transi- tion Zentrum Tanz Deutschland“ aus Mitteln des vom Bund geförderten Fonds Darstellende Künste unter- stützt. Der von der Kulturstiftung des Bundes geförderte „Tanzplan Deutschland“ hat den Aufbau der „Stiftung TANZ – Transition Zentrum Deutschland“ inhaltlich be- gleitet und finanziell gefördert. Diese Hilfe war von vornherein nur als Anschubfi- nanzierung vorgesehen und auch nur zulässig, denn eine unbegrenzte institutionelle Förderung ist der Kulturstif- tung des Bundes nicht möglich. Im Anschluss an den auslaufenden „Tanzplan Deutsch- land“ sind zwei Projektförderfonds zur Realisierung künstlerischer Projekte im Bereich Kulturerbe sowie in der Partnerschaft von Tanzkompanien mit Schulen ge- plant. Darüber hinaus wird die Kulturstiftung des Bundes den „Tanzkongress Deutschland“ als Leuchtturm fördern. Anlage 5 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Druck- sache 17/3363, Frage 6): Welche juristische und politische Bewertung nimmt die Bundesregierung vor, angesichts der Tötung von bis zu acht deutschen Staatsangehörigen durch den Angriff eines unbe- mannten US-amerikanischen Flugkörpers im pakistanischen Nordwaziristan am 4. Oktober 2010? Die Bundesregierung konnte die Medieninformatio- nen, dass am 4. Oktober 2010 bis zu acht deutsche Staatsangehörige bei einem Drohnenangriff ums Leben gekommen sein sollen, bisher nicht verifizieren. Unmittelbar nach Erscheinen der Medienberichte zur vermeintlichen Tötung mehrerer deutscher Staatsange- höriger durch angebliche US-Drohnen in Pakistan hat die Bundesregierung pakistanische Behörden offiziell um Auskunft gebeten. Das Auswärtige Amt und die Deutsche Botschaft Is- lamabad bemühen sich weiterhin um Aufklärung, insbe- sondere ob es sich bei den Getöteten um deutsche Staats- angehörige handelt. Bislang liegen jedoch keine offiziell bestätigten Informationen vor. Die für eine juristische und politische Bewertung not- wendige präzise Faktengrundlage liegt der Bundesregie- rung daher nicht vor. A d A 1 W u t d n N d s r U S t M z i d A g w U A d A 1 W s 2 R (C (D nlage 6 Antwort er Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des bgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 7/3363, Frage 7): Hat der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, sich bei den Verhandlungen zur neuen NATO- Strategie mit seinem Anliegen durchsetzen können, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden? Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido esterwelle, hat sich wiederholt, zuletzt beim Außen- nd Verteidigungsministertreffen der NATO am 14. Ok- ober 2010 in Brüssel, aktiv dafür eingesetzt, dass sich ie NATO in ihrer Strategie auf das politische Ziel einer uklearwaffenfreien Welt verpflichtet und – analog zur uklearstrategie der Vereinigten Staaten von Amerika – ie verminderte Bedeutung von Nuklearwaffen fest- chreibt. Daran anknüpfend setzt sich die Bundesregie- ung im Bündnis für eine Überprüfung von Rolle und mfang nuklearer Bewaffnung im sich entwickelnden icherheitsumfeld ein. Die in diesem Kontext stehende Frage des Abzugs aktischer Nuklearwaffen vom Territorium von NATO- itgliedstaaten wird nicht national, sondern im Bündnis u behandeln und zu entscheiden sein. An dem im Koalitionsvertrag formulierten Ziel, sich m Bündnis und gegenüber den amerikanischen Verbün- eten für den Abzug der in Deutschland verbliebenen tomwaffen einzusetzen, hält die Bundesregierung fest. In diesem Zusammenhang unterstützt die Bundesre- ierung auch die Einbeziehung aller taktischen Nuklear- affen in den weiteren Abrüstungsprozess zwischen den SA und der Russischen Föderation. nlage 7 Antwort er Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des bgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 7/3363, Frage 8): Teilt der Bundesminister des Auswärtigen die Auffassung, dass ergebnisoffen mit der Türkei über deren EU-Beitritt ver- handelt werden sollte, und, wenn ja, kann er sich mit dieser Position gegenüber dem Koalitionspartner durchsetzen? Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido esterwelle, hat in seiner Rede vor der Deutschen Ge- ellschaft für Auswärtige Politik e. V., DGAP, am 1. Oktober 2010 zu den Beitrittsverhandlungen mit der epublik Türkei Folgendes gesagt: Wer heute der Türkei vorschnell die Tür vor der Nase zuschlägt, der verpasst eine historische Chance. Für mich gilt auch im Umgang mit der Türkei ganz klar, pacta sunt servanda. Unser Wort gilt. Wir halten unsere Versprechen. Deshalb arbei- ten wir mit ganzer Kraft daran, dass die Verhand- lungen gleichermaßen ehrlich wie ergebnisoffen ge- führt werden und nicht in einer Sackgasse stecken bleiben. Dies habe ich meinen türkischen Ge- sprächspartnern zugesagt. Dafür habe ich mich Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 7147 (A) ) )(B) während der beiden letzten EU-Präsidentschaften eingesetzt. Diese Linie ist auch im Koalitionsvertrag festge- schrieben, in dem es dazu heißt: Deutschland hat ein besonderes Interesse an einer Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen zur Tür- kei und an einer Anbindung des Landes an die Europäische Union. Die 2005 mit dem Ziel des Bei- tritts aufgenommenen Verhandlungen sind ein Pro- zess mit offenem Ende, der keinen Automatismus begründet und dessen Ausgang sich nicht im Vor- hinein garantieren lässt. Sollte die EU nicht aufnahmefähig oder die Türkei nicht in der Lage sein, alle mit einer Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen voll und ganz einzu- halten, muss die Türkei in einer Weise, die ihr privi- legiertes Verhältnis zur EU weiter entwickelt, möglichst eng an die europäischen Strukturen ange- bunden werden. Der Koalitionsvertrag ist für die Politik der Bundes- regierung maßgeblich. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage der Abgeordneten Ingrid Hönlinger (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 13): Unter welchen Umständen dürfen nach Meinung der Bun- desregierung Schülerinnen und Schüler das grundrechtlich ge- schützte Recht auf Demonstrationsfreiheit wahrnehmen? Minderjährigen Schülerinnen und Schülern stehen ebenso wie Erwachsenen die im Rahmen einer Demon- stration betroffenen Grundrechte des Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes, GG, und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu. Nehmen sie an einer Demonstration teil, unterliegen sie denselben gesetzlichen Einschränkungen, die auch alle übrigen Teilnehmer der Demonstration treffen. Es ist zu begrüßen, wenn junge Menschen sich poli- tisch und gesellschaftlich engagieren. Selbstverständ- lich kann zum politischen und gesellschaftlichen Enga- gement auch gehören, politische Ziele und Ideale im Rahmen von Demonstrationen geltend zu machen. Bleibt eine Schülerin oder ein Schüler jedoch dem re- gulären Schulunterricht fern, um an einer Demonstration teilzunehmen, kollidiert dies mit der Schulpflicht. Die grundrechtlichen Freiheiten des einzelnen Schülers wer- den durch den staatlichen Erziehungsauftrag beschränkt, sodass auch die Verpflichtung zur Unterrichtsteilnahme verfassungsgemäß ist. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 16): la ( E u s g e g b R t I i A d d D la ( E r a a A w z m A d d D (C (D Stellt uns die Bundesregierung bis zum 29. Oktober 2010 den gesamten Schriftwechsel/-austausch der Bundesregierung mit den vier großen Energieversorgern im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke und insbeson- dere dort mit der Entstehung des Term Sheet zur Verfügung? Ihre Frage wird, da sie einen Tagesordnungspunkt der ufenden Sitzungswoche betrifft, gemäß Anlage 4 GO-BT Richtlinie für die Fragestunde und für die schriftlichen inzelfragen Nr. I. 2) schriftlich wie folgt beantwortet: Die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung nd den Betreibern der Kernkraftwerke in Deutschland ind mündlich geführt worden. Soweit es Schriftverkehr egeben hat, der über das Term Sheet und den Vertrags- ntwurf hinaus inhaltlich relevant ist, hat die Bundesre- ierung hierüber bereits im Rahmen früherer Anfragen erichtet. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass im ahmen des parlamentarischen Auskunftsrechts unstrei- ig kein Anspruch auf Herausgabe von Akten besteht. ch bitte um Verständnis, dass die Bundesregierung auch n diesem Fall nicht anders verfahren möchte. nlage 10 Antwort es Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage er Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 17): Wurde der Abteilungsleiter im Bundesministerium für Um- welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Gerald Hennenhöfer, vonseiten der Bundesregierung oder vonseiten der Energie- versorgungsunternehmen in der Nacht vom 5. auf den 6. Sep- tember 2010 zu den Verhandlungen des Term Sheet hinzuge- beten, und wie lange genau – Stunden – war er an den Verhandlungen beteiligt? Ihre Frage wird, da sie einen Tagesordnungspunkt der ufenden Sitzungswoche betrifft, gemäß Anlage 4 GO-BT Richtlinie für die Fragestunde und für die schriftlichen inzelfragen Nr. I. 2) schriftlich wie folgt beantwortet: Der zuständige Abteilungsleiter im Bundesministe- ium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat uf Bitte des Bundesministeriums der Finanzen die sich us der Laufzeitentscheidung auf der Grundlage des tomgesetzes ergebenden Strommengen erläutert. Er ar zu diesem Zweck einschließlich einer längeren Sit- ungsunterbrechung etwa 1 bis 2 Stunden im Bundes- inisterium der Finanzen. nlage 11 Antwort es Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage es Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 18): Welchen Inhalt hatten Gesprächsergebnisse zwischen Bun- desregierung und Energieversorgungsunternehmen auf der politischen oder auf der Beamtenebene im Zusammenhang mit dem Vertrag der Bundesregierung mit den Energieversor- gungsunternehmen und der Gesetze bezüglich der Energie- und Atompolitik, die der Deutsche Bundestag am 28. Oktober 2010 verabschieden soll, die Auswirkung auf die Auslegung von Vertrag oder Gesetzen haben könnten? 7148 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 (A) ) )(B) Ihre Frage wird, da sie einen Tagesordnungspunkt der laufenden Sitzungswoche betrifft, gemäß Anlage 4 GO-BT (Richtlinie für die Fragestunde und für die schriftlichen Einzelfragen Nr. I. 2) schriftlich wie folgt beantwortet: Die Ergebnisse der von der Bundesregierung und den Betreibern der Kernkraftwerke geführten Gespräche sind im Vorvertrag und dem paraphierten Vertragsentwurf vom 28. September 2010 umgesetzt, die veröffentlicht sind. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 19): Zu welcher konkreten Beantwortung auf den von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen am 5. Oktober 2010 an den Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bun- deskanzleramtes, Ronald Pofalla, übersandten Fragenkatalog kam es in den beteiligten Bundesministerien und im Bundes- kanzleramt auf Leitungs- und Mitarbeiterebenen, die mit den Verhandlungen und dem Abschluss des Förderfondsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Kernkraftwerksbetreibergesellschaften und deren Konzern- obergesellschaften befasst waren? Ihre Frage wird, da sie einen Tagesordnungspunkt der laufenden Sitzungswoche betrifft, gemäß Anlage 4 GO-BT (Richtlinie für die Fragestunde und für die schriftlichen Einzelfragen Nr. I. 2) schriftlich wie folgt beantwortet: Die Bundesregierung hat die Fragen mündlich in den jeweiligen Bundestagsausschüssen beantwortet. Das Bundesministerium der Finanzen hatte die Federführung für die Vorbereitung der Beantwortung übernommen und die Antworten innerhalb der Bundesregierung abge- stimmt. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 20): Welche Antworten gaben die Vertreter der Bundesregie- rung auf die Fragen des Fragenkataloges der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen vom 5. Oktober 2010 an Bundesminister Ronald Pofalla in den Ausschüssen des Deutschen Bundesta- ges, und in welchen Ausschusssitzungen – Ausschuss plus Datum – wurden sie jeweils gegeben? Ihre Frage wird, da sie einen Tagesordnungspunkt der laufenden Sitzungswoche betrifft, gemäß Anlage 4 GO-BT (Richtlinie für die Fragestunde und für die schriftlichen Einzelfragen Nr. I. 2) schriftlich wie folgt beantwortet: Die Bundesregierung hat die gestellten Fragen in der 34. Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am 26. Oktober 2010 mündlich beantwor- tet. Die Antworten wurden den Ausschussmitgliedern auch in schriftlicher Form zur Verfügung gestellt. A d d D r b v g r A d d D t A d g G Z r (C (D nlage 14 Antwort es Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage es Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 21): Führt aus Sicht der Bundesregierung der laut Pressebe- richten (Focus Nr. 42 vom 18. Oktober 2010) offenbar bevor- stehende Abschluss eines Revisionsprotokolls zum Doppelbe- steuerungsabkommen mit der Schweiz unter Einschluss einer anonymen Abgeltungsteuer zu einer Schwächung der Ver- handlungsposition der Bundesregierung in Bezug auf die zu- künftige Durchsetzung eines automatischen Informationsaus- tauschs mit Drittstaaten, und, wenn nein, warum nicht? Das unterschriftsreife Revisionsprotokoll zur Ände- ung des bestehenden deutsch-schweizerischen Doppel- esteuerungsabkommens für den Bereich der Steuern om Einkommen und vom Vermögen enthält keine Re- elungen zu einer anonymen Abgeltungsteuer. Damit erübrigt sich eine Stellungnahme zu den weite- en Teilen der Frage. nlage 15 Antwort es Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage es Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 22): Wie bewertet die Bundesregierung eine bilaterale Rege- lung, die deutschen Steuerhinterziehern die volle Anonymität und eine nur partielle Nachzahlung für ein Land gewährt, im Vergleich zu der Regelung, die zwischen Großbritannien und Liechtenstein vereinbart wurde, nach der ab 2015 Banken und Treuhänder in Liechtenstein strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie von britischen Kunden keinen Nachweis einfordern, dass deren Gelder beim Finanzamt gemeldet sind? Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, zu hypo- hetischen Erwägungen Stellung zu nehmen. nlage 16 Antwort es Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra- en der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN) (Drucksache 17/3363, Fragen 23 und 24): Kann die Bundesregierung Presseberichte (FAZ vom 18. Oktober 2010) bestätigen, wonach ein Revisionsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz verein- bart werden soll, das eine anonyme Abgeltungsteuer in Höhe von 25 bis 35 Prozent beinhaltet, und, wenn nein, welches ist genau der Stand der Verhandlungen in Bezug auf die Nachver- steuerung bei Altfällen und für die Besteuerung von Schweizer Kapitalerträgen deutscher Steuerpflichtiger für die Zukunft? Hält die Bundesregierung den möglichen Abschluss eines Revisionsprotokolls zum Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz, das einen eigenen Abgeltungsteuersatz enthält, für vereinbar mit dem EU-Recht, das ab 1. Januar 2011 die Abführung einer Quellensteuer von 35 Prozent auf Zins- erträge ausländischer Anleger in der Schweiz vorsieht, und, wenn ja, warum? u Frage 23: Das unterschriftsreife Revisionsprotokoll zur Ände- ung des bestehenden deutsch-schweizerischen Doppel- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 7149 (A) ) )(B) besteuerungsabkommens für den Bereich der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen enthält keine Re- gelungen zu einer anonymen Abgeltungsteuer oder für sogenannte Altfälle. Möglichkeiten für eine dauerhafte Lösung des Pro- blems unversteuerter Kapitalanlagen deutscher Steuer- pflichtiger in der Schweiz unter Einschluss von Altfällen werden im Rahmen einer bilateralen Arbeitsgruppe son- diert. Diese wurde im März 2010 von den Finanzminis- tern Deutschlands und der Schweiz eingesetzt und steht unter der Leitung der Staatssekretäre Dr. Beus, Deutsch- land, und Dr. Ambühl, Schweiz. Die Sondierungsgesprä- che der Arbeitsgruppe verliefen konstruktiv. Zu den Einzelheiten haben beide Parteien Stillschweigen verein- bart. Wie im März 2010 von den Finanzministern verein- bart, soll im Herbst aufgrund einer Bilanz der Sondie- rungsgespräche entschieden werden, ob auf dieser Grundlage formelle Verhandlungen aufgenommen wer- den. Erst im Rahmen dieser Verhandlungen wird es um die konkrete Ausgestaltung der Besteuerung auch von Altfällen sowie um Steuersätze und Bemessungsgrund- lagen gehen. Vor Aufnahme von Verhandlungen bereits über deren Ergebnisse zu spekulieren, ist verfrüht. Daher nimmt die Bundesregierung keine Stellung zu den in der Presse geäußerten Mutmaßungen über die möglichen Lösungsansätze. Zu Frage 24: Da das geplante Revisionsprotokoll keine derartigen Regelungen enthält, ist die Frage gegenstandslos. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fra- gen des Abgeordneten Garrelt Duin (SPD) (Drucksache 17/3363, Fragen 25 und 26): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den aktuellen Vorschlägen der EU-Kommission zur Verlänge- rung des Temporary Framework, insbesondere auch zur Frage einer Verlängerung der Regelungen zu Bürgschaften und Kre- diten aus dem Wirtschaftsfonds Deutschland? Wie bewertet die Bundesregierung die diesbezüglichen Positionen der Bundesländer, und wie sieht vor diesem Hin- tergrund die gemeinsame deutsche Position gegenüber den EU-Kommissionsvorschlägen aus? Zu Frage 25: Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Konjunkturmaßnahmen nicht länger bestehen dürfen, als es die wirtschaftliche Situation unbedingt erforderlich macht. Maßnahmen, die zur Überwindung der Krise vo- rübergehend notwendig und akzeptabel waren, dürfen keine Dauereinrichtung werden. In Deutschland hat sich die Wirtschaft seit dem Höhepunkt der Krise deutlich er- holt. Die Bundesregierung hat sich dementsprechend da- für entschieden, das Bürgschafts- und Kreditprogramm des Bundes („Wirtschaftsfonds Deutschland“) zum Jah- r d d r P d s w R r lä a c u K c b d Z u K E v d d B w r k F a m d t d i v z e g M d s A d g D (C (D eswechsel wie geplant auslaufen zu lassen. Hieran hält ie Bundesregierung fest. Die Europäische Kommission hat am 4. Oktober 2010 ie Verlängerung des „Vorübergehenden Gemeinschafts- ahmens“ als EU-beihilferechtliche Grundlage solcher rogramme um ein Jahr bei gleichzeitiger deutlicher Re- uktion des Umfangs der Fördermöglichkeiten beschlos- en. Damit trägt die Kommission der sehr heterogenen irtschaftlichen Situation in der Europäischen Union echnung. Vor diesem Hintergrund begrüßt es die Bundesregie- ung, dass die Kommission in ihren Vorschlägen die Ver- ngerung des „Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens“ uf ein Jahr begrenzt und den Umfang der bisher mögli- hen Erleichterungen bei der Vergabe von Bürgschaften nd Darlehen deutlich reduziert hat. Damit trägt die ommission der insgesamt verbesserten wirtschaftli- hen Situation Rechnung und setzt ein Signal im Hin- lick auf den zielgerichteten Ausstieg aus den krisenbe- ingten Konjunkturmaßnahmen. u Frage 26: Die Länder werten die Vorschläge der Kommission nterschiedlich. Während einige Länder die Strategie der ommission grundsätzlich begrüßen, fordern andere den rhalt substanziell weitergehender Erleichterungen als on der Kommission vorgeschlagen, zum Beispiel For- erung nach 90 Prozent-Bürgschaften für Unternehmen, ie aktuell in Schwierigkeiten sind; Forderungen nach etriebsmittelbürgschaften für Großunternehmen. Teil- eise werden diese Forderungen zum EU-wettbewerbs- echtlichen Rahmen auch mit Forderungen nach der fis- alischen Beteiligung des Bundes an entsprechenden ördermaßnahmen verknüpft. Die Bundesregierung wird diese Forderungen nicht ufgreifen, da sich die Situation in Deutschland allge- ein deutlich verbessert hat und daher am Ausstieg aus en krisenbedingten Konjunkturmaßnahmen festgehal- en wird. Im Hinblick auf die auch von zahlreichen Län- ern befürwortete Kleinbeihilfenregelung (500 000 Euro n drei Jahren) hat sich das BMWi mit dem BMF darauf erständigt, in Brüssel eine Verlängerung bis Ende 2011 u fordern. Ob die EU-Kommission dieser Forderung ntspricht, wird sich frühestens Anfang Dezember zei- en. Zur Einhaltung der Haushaltsneutralität über die aßnahmen insgesamt würde die Umsetzung auf Bun- esebene auf kleine und mittlere Unternehmen be- chränkt. nlage 18 Antwort es Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fra- en des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Fragen 27 und 28): Welche Szenarien hinsichtlich des Abbaus der Belegschaf- ten, der Reduzierung der Förderung, der Schließung von Standorten, der Kosten für die öffentliche Hand usw. lagen der Entscheidung zum Ausstieg aus dem Steinkohlenbergbau im Jahr 2007 zugrunde, und inwieweit stimmen diese Szenarien 7150 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 (A) ) )(B) überein bzw. wodurch unterscheiden sie sich konkret von den vom RWI (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschafts- forschung e. V.) bzw. der RAG-Stiftung der Bundesregierung aktuell vorgelegten Szenarien? Wie viele Personen hat die RAG Aktiengesellschaft im un- ter- und übertägigen Bereich des Steinkohlenbergbaus seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Finanzierung der Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus zum Jahr 2018 (Steinkohlefinanzierungsgesetz) im Jahr 2007 neu eingestellt – Einstellungen vom Arbeitsmarkt, Übernahme von Auszubil- denden, Überführung von Zeitverträgen in Dauerarbeitsverhält- nisse usw. –, und wie viele Personen haben im gleichen Zeit- raum die RAG Aktiengesellschaft im unter- und übertägigen Bereich des Steinkohlenbergbaus durch Inanspruchnahme wel- cher arbeitsmarktpolitischen Instrumente – Frühverrentung, Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt usw. – verlassen? Zu Frage 27: Der im Jahre 2007 getroffenen Entscheidung zum Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlenbergbau lagen vor allem überprüfte Modellrechnungen der RAG AG zu den diskutierten Stilllegungszeitpunkten 2012, 2014, 2016 und 2018 zugrunde. Bei den von der RAG AG und der RAG-Stiftung an die Bundesregierung übermittelten Daten handelt es sich nicht um Szenarien, sondern um Einzelwerte, die nur Teilpositionen der frü- heren Szenarien betreffen. Das RWI hat der Bundesre- gierung kein Szenario vorgelegt. Zu Frage 28: Von Anfang 2008 bis Ende September 2010 kam es – nach Angaben der RAG AG – im RAG-Bergbau zu ins- gesamt 1 603 Neueinstellungen – darunter 1 554 Über- nahmen von Auszubildenden und 49 Einstellungen vom Arbeitsmarkt. Dabei handelte es sich ausschließlich um befristete Arbeitsverhältnisse. Im gleichen Zeitraum schieden 9 865 Mitarbeiter aus. Dies geschah über Vor- ruhestandsregelungen, Arbeitsmarktabgänge sowie ar- beitsmarktpolitische Instrumente wie Handwerkerinitia- tive, Qualifizierung und Übergangshilfen. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage des Abgeordneten Swen Schulz (Spandau) (SPD) (Drucksache 17/3363, Frage 29): Ist der Bundesregierung bekannt, in wie vielen Fällen – aufgeschlüsselt nach Bundesländern – der barrierefreie Zu- gang zu Filialen der Deutschen Post AG nicht gewährleistet ist? Der Bundesregierung liegen keine detaillierten Zah- len hinsichtlich eines barrierefreien Zugangs zu den bun- desweit 12 400 Filialen der Deutschen Post AG vor. Das Unternehmen führt dazu aktuell eine Erhebung durch, ein Ergebnis liegt noch nicht vor. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (Drucksache 17/3363, Fragen 30 und 31): Z F B H b z b b g v t g s w F s A 1 A B B h M Z d u D F l A d F ( c 2 (C (D Wie viele der befristeten Arbeitsverträge bei den Jobcen- tern wurden inzwischen zur Entfristung freigegeben – bitte Zahlen für den Bund sowie die Bundesländer nennen –, und wie hoch ist nach diesen Entfristungen der Anteil der befriste- ten Arbeitskräfte bei den Jobcentern (bitte auch hier Zahlen für den Bund sowie die Bundesländer nennen und beim Bund nach Aufgabenbereich aufgliedern)? Gab es auch im Bereich der Arbeitsagenturen eine Entfris- tung von Arbeitskräften, und wie stellt sich hier die absolute Zahl und der relative Anteil der befristeten Arbeitskräfte vor bzw. nach der Entfristung dar (bitte auch hier Zahlen für den Bund sowie die Bundesländer nennen und beim Bund nach Aufgabenbereich aufgliedern)? u Frage 30: Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die rage auf die durch den Haushaltsausschuss des Deutschen undestages am 9. Juni 2010 entsperrten 3 200 Stellen im aushalt der Bundesagentur für Arbeit für den Aufga- enbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende be- ieht. Alle 3 200 Stellen stehen zur Übernahme bislang efristet beschäftigter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zw. zur Übernahme von Amtshilfekräften zur Verfü- ung und wurden auf die Regionaldirektionsbezirke erteilt. Die Stellenbesetzungsverfahren sind nach Mit- eilung der Bundesagentur für Arbeit weitestgehend ab- eschlossen. Zu den mit der Frage gewünschten detaillierten Dar- tellungen verweist die Bundesregierung auf die Ant- orten vom 12. Oktober 2010 zur Kleinen Anfrage der raktion Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsdruck- ache 17/3294, sowie vom 2. Juli 2010 zur Kleinen nfrage der Fraktion Die Linke, Bundestagsdrucksache 7/2378. Ebenso erinnert die Bundesregierung an die ntwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Ralf rauksiepe vom 17. Mai 2010 an die Fragestellerin, undestagsdrucksache 17/1812. Darüber hinausge- ende Informationen liegen der Bundesregierung im oment nicht vor. u Frage 31: Mit der Kleinen Anfrage vom 12. Oktober 2010, Bun- estagsdrucksache 17/3304, hat die Fraktion Die Linke nter Frage 10 einen identischen Sachverhalt erfragt. ie Bundesregierung wird der Beantwortung zu dieser rage fristgerecht nachkommen und bittet die Fragestel- erin bis dahin um Geduld. nlage 21 Antwort es Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die rage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Drucksache 17/3363, Frage 32): Welche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Gespräch der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit den Vertreterinnen und Vertretern des Deutschen Behindertenrates, DBR, am 14. Oktober 2010 im Bundeskanzleramt? Das Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem Spre- herrat des Deutschen Behindertenrates am 14. Oktober 010 diente dem Meinungsaustausch zu Themen der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 7151 (A) ) )(B) Politik für Menschen mit Behinderungen; vor allem im Hinblick auf die Vorbereitung eines Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behinderten- rechtskonvention, der im kommenden Jahr beschlossen werden soll. Im Einzelnen wurden Themen wie „Inklusive Bil- dung“, berufliche Teilhabe, Barrierefreiheit sowie Selbstbestimmtes Leben und Wohnen erörtert. Die Er- kenntnisse des Gespräches und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen werden im Aktionsplan der Bundes- regierung Berücksichtigung finden. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 33): Wie verteilen sich die derzeitigen Anteile der einzelnen Biokraftstoffarten – bitte aufteilen nach Biodiesel, Pflanzenöl, Bioethanol, BtL bzw. Fischer-Tropsch-Kraftstoffe und Ähnli- ches sowie sonstige Biokraftstoffe – auf die Biokraftstofffor- schungsförderung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, BMELV, und trifft es zu, dass das BMELV die Förderung für die Entwicklung der Pflanzenölkraftstofftechnologie im Allgemeinen und im Be- reich der Landwirtschaftsmaschinen im Besonderen beendet? Zum Stichtag 25. Oktober 2010 wurden 30 Projekte im Bereich Biokraftstoffe im Rahmen des seit 2001 gel- tenden und 2008 fortgeschriebenen Förderprogramms Nachwachsende Rohstoffe des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, BMELV, gefördert: * Nicht direkt einzelnen Biokraftstoffarten zuzuordnende Projekte (zum Beispiel Methodenentwicklungen für Untersuchungsverfah- ren oder Zertifizierung) ** Davon 10 000 Tsd. Euro im Rahmen des Konjunkturpaketes II der Bundesregierung aus dem Sondervermögen Investitions- und Til- gungsfonds, ITF, (nicht aus der Titelgruppe 08 des BMELV) Das Förderprogramm ist weiterhin im vollen Umfang gültig. Damit ergibt sich auch, dass Landmaschinenher- steller als mögliche Zuwendungsempfänger nicht ausge- schlossen sind. Das BMELV sieht eine Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu Pflanzenölen als Kraft- s R i s O n D g d N T f A d d G I B s s e E c E R s s A d d ( Thematik Gesamtförderung [Tsd. Euro] Übergeordnet* 3 795 Biodiesel 419 Pflanzenöl 621 Ethanol 2 662 BtL** 10 289 Sonstige 47 Gesamt 17 836 (C (D toffe als sinnvoll an, sofern die ordnungspolitischen ahmenbedingungen eine breite Verwendung, vor allem n der Land- und Forstwirtschaft, und damit einen ent- prechenden Marktzugang für Pflanzenöle zulassen. hne diese Voraussetzungen können Fördermaßnahmen icht die gewünschte Wirkung entfalten. Zudem unterstützt das BMELV institutionell das eutsche Biomasseforschungszentrum, DBFZ, das ei- ene Forschung auf diesem Gebiet betreibt. So werden erzeit gerade ein Motorenprüfstand zur Testung der utzung von Pflanzenölen errichtet, Marktstudien zum hema erstellt sowie eine intensive analytische Begleit- orschung durchgeführt. nlage 23 Antwort es Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage es Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 34): Welche Bundesministerien schreiben die Projektträger- schaften für ihre Forschungsbereiche grundsätzlich aus, und welche Projektträgerschaften – insbesondere des Bundes- ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher- schutz – werden nicht ausgeschrieben? Ausweislich des Bundesberichtes Forschung und nnovation 2010 haben BMBF, BMWi, BMELV, BMU, MG und BMVBS Institutionen mit der Projektträger- chaft für ihre Forschungsbereiche beauftragt. Grund- ätzlich erfolgt eine Vergabe im Wettbewerb nach den inschlägigen Vergaberegeln, sofern nicht Gründe im inzelfall für ein Absehen von der Ausschreibung spre- hen. BMELV hat die Bundesanstalt für Landwirtschaft und rnährung, BLE, und die Fachagentur Nachwachsende ohstoffe, FNR, mit Projektträgerschaften im For- chungsbereich beauftragt. Diese wurden nicht ausge- chrieben. nlage 24 Antwort er Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf ie Fragen der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) SPD) (Drucksache 17/3363, Fragen 35 und 36): Ist der Bundesregierung bekannt, dass für einen pflegebe- dürftigen Menschen, der Pflegeleistungen der Berufsgenos- senschaft nach § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch, SGB VII, als vorrangige Leistung erhält, gemäß § 34 SGB XI die Leistungen der Pflegeversicherung, insbesondere Leistun- gen gemäß § 45 b SGB XI – Betreuungsleistungen –, für die Höhe dieses Betrages ruhen, und teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass er somit trotz der leicht besseren Ausge- staltung der Leistungen im SGB VII gegenüber Leistungs- empfängern im SGB XI strukturell benachteiligt wird? Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass ein pfle- gebedürftiger Mensch, der Leistungen der Berufsgenossen- schaft nach § 44 SGB VII als vorrangige Leistung erhält und für den somit gemäß § 34 SGB XI die Leistungen der Pflege- versicherung für die Höhe dieses Betrages ruhen, trotzdem grundsätzlich Anspruch auf zusätzliche Leistungen gemäß § 45 b SGB XI hat, und, wenn nein, besteht hier nach Ansicht der 7152 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 (A) ) )(B) Bundesregierung eine zu schließende Gesetzeslücke, da es eine Ungleichbehandlung der Betroffenen im SGB VII und SGB XI darstellt, wenn die Leistung gemäß § 45 b SGB XI deshalb nicht gewährt wird, weil sie im Falle von Berufsun- fällen im SGB VII nicht normiert ist und auch auf Grundlage des SGB XI nicht gewährt werden kann? Die Bundesregierung teilt die in den Fragen zum Aus- druck kommende Auffassung nicht. In § 34 Abs. 1 Nr. 2 des Elften Buches Sozialgesetz- buch, SGB XI, ist festgelegt, dass der Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung ruht, soweit Versi- cherte Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürf- tigkeit aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten. Das Ruhen des Leistungsanspruchs nach dem SGB XI wegen Bezugs von Entschädigungsleistungen tritt nur in Höhe der bezogenen Entschädigungsleistungen ein. Hiermit soll eine Doppelleistung vermieden werden, wenn die beiden in Betracht kommenden Leistungen im Wesentlichen dem gleichen Zweck dienen und zeitgleich bezogen bzw. beansprucht werden. Ist der Leistungsanspruch nach den §§ 36 ff. SGB XI höher als die Entschädigungsleistung, ist der Differenz- betrag von der Pflegekasse zu erbringen. Der Vorrang der Leistungen der gesetzlichen Unfall- versicherung gilt seit Einführung der Regelung über den zusätzlichen Betreuungsbetrag nach § 45 b SGB XI, also seit 1. April 2002. Mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz 2008 wur- den die Leistungen nach § 45 b SGB XI erhöht, und es wurden auch Personen der sogenannten Pflegestufe 0 in die Regelung mit einbezogen. Dabei wurde das Vorrang- Nachrang-Verhältnis zur gesetzlichen Unfallversiche- rung nicht geändert, vielmehr wurde in der Begründung zum Pflege-Weiterentwicklungsgesetz das Vorrang-Nach- rang-Verhältnis von Entschädigungsrecht zur Pflegever- sicherung im Zusammenhang mit § 45 b SGB XI aus- drücklich angesprochen und damit inzidenter unterstellt, dass dieses Vorrang-Nachrang-Verhältnis auch bezogen auf die Leistungsart nach § 45 b SGB XI Anwendung findet, siehe Bundestagsdrucksache 16/7439, dort die Begründung zu § 45 b SGB XI, Buchstabe a, Doppel- buchstabe bb. Es lag im Ermessen des Gesetzgebers, bei einer An- spruchskonkurrenz der vorliegenden Art das Ruhen der beitragsfinanzierten Pflegeleistung der Pflegeversiche- rung bei Fortdauer des Bezugs einer nach seiner Ein- schätzung im Wesentlichen gleichgerichteten arbeitge- berfinanzierten Leistung anzuordnen. Die Praxis verfährt entsprechend dieser Rechtslage, seitdem es die angesprochenen Leistungen nach § 45 b SGB XI gibt, seit dem 1. April 2002. Das Gemeinsame Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes führt zu § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI Folgendes aus: Da die Pflegezulage nach § 35 BVG auch die Betreu- ung des Pflegebedürftigen umfasst, ruhen grund- sätzlich die Leistungen nach § 45 b SGB XI. Eine Leistungsgewährung durch die Pflegekasse kommt nur in Betracht, soweit die laufenden monatlichen Leistungen nach den §§ 36 bis 38 SGB XI bzw. s S i P s d z e L § V s r L L u a F h f s A d d ( u r ä s I s (C (D § 41 SGB XI plus die Leistung nach § 45 b SGB XI im Kalenderjahr höher sind als die Pflegeleistungen nach § 35 BVG. Dies bedeutet, sofern die gesamten Leistungen nach dem SGB XI der Höhe nach über dem anzurechnenden Betrag der Pflegezulage nach § 35 BVG liegen, kann die Differenz ausgezahlt werden. Die vorstehenden Ausführungen sind analog auch auf die anderen Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, aus der Unfallver- sorgung nach öffentlichem Dienstrecht oder aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung anzuwenden. Die gesetzliche Unfallversicherung enthält ein umfas- endes Leistungsspektrum, das auch die nach § 45 b GB XI geregelten zusätzlichen Betreuungsleistungen nhaltlich erfasst. Dies sind zunächst die Leistungen bei flegebedürftigkeit nach § 44 Siebtes Buch Sozialge- etzbuch, SGB VII. Es wird ein nach Art und Schwere es Gesundheitsschadens bemessenes Pflegegeld ge- ahlt, alternativ Haus- oder Heimpflege geleistet. Dazu rbringt die gesetzliche Unfallversicherung umfassende eistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, 39 SGB VII. Zu diesen Hilfen gehören auch Hilfen zur erbesserung der sozialen Eingliederung, wie zum Bei- piel Hilfe zum Besuch von Veranstaltungen oder kultu- ellen Einrichtungen. Regelmäßig können daher die eistungen der gesetzlichen Unfallversicherung das eistungsniveau der sozialen Pflegeversicherung nicht nterschreiten. Die Unfallversicherung leistet allerdings usschließlich für unfallbedingte Pflegebedürftigkeit. In ällen, in denen Unfallfolgen mit weiteren unfallunab- ängigen Gesundheitsbeeinträchtigungen zusammentref- en, kann deshalb ausnahmsweise eine solche Unter- chreitung eintreten. nlage 25 Antwort er Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf ie Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) Drucksache 17/3363, Frage 37): Hat sich die Bewertung der Tätigkeit des sogenannten XCell-Centers in Köln und Düsseldorf durch die Bundesre- gierung (siehe Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Daniel Bahr vom 3. Mai 2010, schriftliche Frage 112 auf Bun- destagsdrucksache 17/1645) angesichts des jüngst bekannt ge- wordenen Todesfalls („Schluss mit lebensgefährlicher Stamm- zelltherapie“, Wirtschaftswoche vom 18. Oktober 2010) geändert, und wäre es der Bundesregierung angesichts der einhelligen Kritik aus Wissenschaft, Medizin und Forschung an der Tätigkeit des XCell-Centers nicht schon vor dem Ein- tritt von Todesfällen möglich gewesen, hier im Sinne eines überzeugenden Patientenschutzes aktiv zu werden? Das rechtliche Instrumentarium zum Verbraucher- nd Patientenschutz bei Therapien mit Stammzellpräpa- aten sind insbesondere das Arzneimittelgesetz und das rztliche Berufsrecht. Der Vollzug dieses rechtlichen In- trumentariums liegt in der Verantwortung der Länder. m Übrigen greift die Bundesregierung nicht in laufende taatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren ein. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 7153 (A) ) )(B) Auf die ausführliche Darstellung in der Antwort zu Ihrer schriftlichen Frage Nr. 112 auf Bundestagsdrucksa- che 17/1645 vom 3. Mai 2010 wird verwiesen. Ergän- zend ist zu der seither eingetretenen Entwicklung Fol- gendes zu berichten: Ausgehend von der Meldung zweier schwerwiegen- der unerwünschter Reaktionen, in einem Fall mit tödli- chem Ausgang, nach Anwendung von Stammzellpräpa- raten im Gehirn (intrazerebral/intraventrikulär) durch die Firma XCell-Center hat die zuständige Bundesoberbe- hörde, das Paul-Ehrlich-Institut, ein wissenschaftliches Gutachten erstellt und der Landesregierung Nordrhein- Westfalen am 1. Oktober 2010 zur Verfügung gestellt. Darin vertritt das Paul-Ehrlich-Institut die Auffassung, dass nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse die Anwendung von autologen Stammzell- präparaten im Gehirn durch die Firma XCell-Center schädliche Wirkungen habe. Diese würden über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft ver- tretbares Maß erheblich hinaus gehen. Nach den derzeit vorliegenden Daten sei die Anwendung dieser Stamm- zellpräparate für die genannten Anwendungen deshalb als bedenklich anzusehen. Es ist gesetzlich verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Men- schen anzuwenden (§ 5 Arzneimittelgesetz). Nach Eingang dieses Gutachtens hat die zuständige Landesbehörde, Bezirksregierung Köln, die Firma XCell-Center unverzüglich zu der von ihr beabsichtigten Untersagungsverfügung angehört. Die Firma hat darauf- hin mit sofortiger Wirkung eine wirksame Unterlas- sungserklärung abgegeben. Sie führt derzeit keine An- wendungen autologer Stammzellzubereitungen im Gehirn durch. Das Paul-Ehrlich-Institut steht seit Be- kanntwerden der schwerwiegenden unerwünschten Re- aktionen in engem Kontakt mit der zuständigen Landes- behörde. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft. Anlage 26 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/3363, Frage 38): Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundes- tag einen Entwurf für eine Änderung des Transplantationsge- setzes – insbesondere mit dem Ziel, Krankenhäuser zu ver- pflichten, Stellen bzw. Arbeitszeit für einen ärztlichen Transplantationsbeauftragten und -assistenten vorzuhalten – vorlegen, der von den Abgeordneten Ulrike Flach, Wolfgang Zöller und Dr. Rolf Koschorrek im August 2010 für die Zeit „nach der Sommerpause“ öffentlich angekündigt worden war, oder sieht die Bundesregierung im Gegensatz zu den genann- ten Abgeordneten keinen Reformbedarf beim Transplanta- tionsgesetz? Die Bundesregierung erarbeitet zurzeit einen Entwurf zur Änderung des Transplantationsgesetzes zur Umset- zung der Richtlinie 2010/53/EU des Europäischen Parla- ments und des Rates vom 7. Juli 2010 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation be- stimmte menschliche Organe. Die Richtlinie ist bis zum 27. August 2012 in nationales Recht umzusetzen. d s O d s a A d d L d M t t l b S r t ü P t R g n m G li C R k k d F A d F N g (C (D Grundsätzlich wird sich die geplante Änderung auf ie Umsetzung der EU-Richtlinie beschränken. Im Zu- ammenhang mit der Umsetzung stehen auch Fragen zur rganisation der Organspende. Insofern wird die Bun- esregierung auch weitergehende Vorschläge, zum Bei- piel zur gesetzlichen Regelung von Transplantationsbe- uftragten, prüfen. nlage 27 Antwort er Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf ie Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE INKE) (Drucksache 17/3363, Frage 41): Wie begründet die Bundesregierung, dass eine schwerst- behinderte Person, die ihre „besonderen Pflegekräfte“ nach dem Arbeitgebermodell bei sich angestellt hat, die Assistenz im Krankenhaus finanziert bekommt, wohingegen eine Per- son mit exakt der gleichen Beeinträchtigung, also auch mit exakt dem gleichen Hilfebedarf, die ihre Assistenz über einen ambulanten Dienst erhält, kein Geld für ihre lebensnotwen- dige Hilfe erhält, obwohl in beiden Fällen ein gleich gelager- ter und gleich großer besonderer Pflegebedarf vorliegt, der über die pflegerischen Leistungen im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V hinausgeht? Der Gesetzgeber hat sich beim Assistenzpflegebe- arfsgesetz darauf beschränkt, dass pflegebedürftige enschen mit Behinderungen die von ihnen beschäftig- en besonderen Pflegekräfte bei Krankenhausaufenthal- en weiter beschäftigen können, um damit schnellstmög- ich eine bisherige Regelungslücke zu bereits estehenden Bestimmungen zu schließen (vergleiche ozialhilfe § 63 SGB XII und Soziale Pflegeversiche- ung, § 34 SGB XI). Eine Regelungslücke zu bereits gesetzlich veranker- en leistungrechtlichen Ansprüchen besteht demgegen- ber bei dem von Ihnen vergleichsweise angeführten ersonenkreis zur Finanzierung der persönlichen Assis- enz über einen ambulanten Pflegedienst auch nach der echtslage vor Inkrafttreten des Assistenzpflegebedarfs- esetzes nicht. Die Beschränkung des anspruchsberechtigten Perso- enkreises erfolgte aufgrund der Tatsache, dass im Rah- en eines Expertengesprächs im Bundesministerium für esundheit, BMG, am 10. November 2008, das die dama- ge Parlamentarische Staatssekretärin im BMG, Frau aspers-Merk, mit Betroffenenverbänden und beteiligten essorts geführt hat, insbesondere für diesen Personen- reis ein besonderer Pflegebedarf festgestellt werden onnte, der über die pflegerischen Leistungen im Rahmen er stationären Krankenhausbehandlung gemäß § 39 des ünften Buches Sozialgesetzbuch, SGB V, hinausgeht. nlage 28 Antwort es Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die ragen des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Fra- en 42 und 43): 7154 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 (A) ) )(B) Wie ist der aktuelle Sachstand bei der vom Bundesminis- ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vorgeschlagenen Einrichtung einer Pilotstrecke zur Fahrradmitnahme im ICE, und welche Vorschläge für mögliche Pilotstrecken hat die Bundesregierung der Deutschen Bahn AG unterbreitet? Welche Initiativen unternimmt oder beabsichtigt die Bun- desregierung gegenüber der Deutschen Bahn AG, um die Fahrradmitnahme im ICE zu ermöglichen, und wie bewertet sie die Fahrradmitnahme künftiger Konkurrenten der Deut- schen Bahn AG im Hochgeschwindigkeitsverkehr in Deutsch- land? Zu Frage 42: Die Idee der Einrichtung und Durchführung eines Pi- lotprojekts zur Fahrradmitnahme im ICE wurde im Jahr 2007 von der seinerzeitigen Bundesregierung initiiert. Eine abschließende Klärung geeigneter Pilotstrecken ist seinerzeit nicht erfolgt. Im Hinblick auf die unternehme- rische Verantwortung der am Markt tätigen Eisenbahn- verkehrsunternehmen und ein früheres, wegen Unwirt- schaftlichkeit wieder eingestelltes Pilotprojekt wurde das Projekt nicht weiter verfolgt. Im Übrigen wird auf die Entscheidungen des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zur Auslegung der §§ 105 und 108 Geschäftsordnung des Deutschen Bun- destages (Bundestagsdrucksache 13/6149 und 16/8467) verwiesen. Zu Frage 43: Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffas- sung, dass die Weiterentwicklung der Intermodalität von Rad- und Eisenbahnverkehr sinnvoll ist, auch im Hin- blick auf den Tourismus. Allerdings kann sie sich auch den wirtschaftlichen Argumenten der Deutschen Bahn AG nicht verschließen, dass hierdurch Mehrkosten ver- ursacht werden, die durch die Fahrpreise nicht erwirt- schaftet werden. Es ist nicht beabsichtigt, konkrete Ein- zelplanungen zur Fahrradmitnahme durchzuführen und gegebenenfalls bei Eisenbahnverkehrsunternehmen ent- sprechende Leistungen gegen Erstattung der Kosten- unterdeckung zu bestellen. Sollten Wettbewerber der Deutschen Bahn AG im Hochgeschwindigkeitsverkehr die Mitnahme von Fahrrädern anbieten, sieht die Bun- desregierung dies als Beweis für die Wirksamkeit der Marktkräfte. Anlage 29 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/3363, Frage 48): Welche Prämissen und Rahmenbedingungen hat die Bun- desregierung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktor- sicherheit für ihre Berechnung zu den Kapazitäten der Atom- müllzwischenlager vom Dezember 2009 vorgegeben? Folgendes Szenario sollte durch die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mbH, GRS, geprüft werden: „Unterstellt man die bestehenden Kapazitäten der Standortzwischenlager sowie die Nutzung der ge- nehmigten Nasslagerkapazitäten in den Kernkraftwerken sowie weiterhin, dass ab dem Jahr 2025 ein regelmäßi- g s J w s d u o r f m d s L W B E z a B p z r l A A d d s f r l M B g h i w g s (C (D er Abtransport in eine Konditionierungsanlage für be- trahlte Brennelemente erfolgt – Endlagerung ab dem ahr 2035 –, gibt es unter diesen Umständen bei irgend- elchen Kernkraftwerken einen Engpass bei der Zwi- chenlagerung der abgebrannten Brennelemente? Bei er Prüfung sollten realistische jährliche Entlademengen nterstellt werden.“ Darüber hinaus wurden keine weiteren Prämissen der Rahmenbedingungen seitens des Bundesministe- iums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit estgelegt. Hintergrund für diese Studie war, ob im Hinblick auf ögliche Laufzeitverlängerungen Beschränkungen bei er Entsorgung von bestrahlten Brennelementen zu be- orgen sind. Dabei wurde von einer unbeschränkten aufzeit als abdeckende Voraussetzung ausgegangen. eiterhin wurde, basierend auf den Planungen aller undesregierungen, dass etwa ab dem Jahr 2035 ein ndlager für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle ur Verfügung stehen soll, von einem Abtransport etwa b dem Jahr 2025 zur Konditionierung der bestrahlten rennelemente ausgegangen. Der Beginn des Abtrans- orts ist darüber hinaus auch durch die Laufzeitbegren- ung der Zwischenlager auf 40 Jahre nach der Einlage- ung des ersten Behälters erforderlich. Der Beschluss der Bundesregierung zur Laufzeitver- ängerung von im Mittel zwölf Jahren alleine macht den btransport nicht erforderlich. nlage 30 Antwort es Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage es Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck- ache 17/3363, Frage 49): Aus welchen konkreten Gründen sieht sich das Bundes- ministerium für Bildung und Forschung aktuell nicht in der Lage, die vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundesta- ges geforderte, aktualisierte Projektkosten- und Terminpla- nung für die Rückbauprojekte Kompakte Natriumgekühlte Kernreaktoranlage, KNK II, und Mehrzweckforschungsreak- tor, MZFR, für die im Januar 2010 bereits weitere Kostenstei- gerungen und zusätzliche Restkosten von mindestens 40 Mil- lionen Euro – KNK II – und 45 Millionen Euro – MZFR – bei nochmals verlängerten Restlaufzeiten angekündigt wurden, vorzulegen, und welche konkreten Rückbauarbeiten erfolgen – auch im Hinblick auf die seit 2008 laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Karlsruhe – bei diesen beiden Altlas- tenvorhaben aktuell? Die Tendenz eines erhöhten Haushaltsmittelbedarfes ür den noch zu bewältigenden Rückbau der Forschungs- eaktoren Kompakte Natriumgekühlte Kernreaktoran- age, KNK II, und Mehrzweckforschungsreaktor, ZFR, wurde bereits dem Haushaltsausschuss mit dem ericht vom 29. Januar 2010 aufgezeigt und eine end- ültige Quantifizierung der noch erforderlichen Haus- altsmittel des Bundes für die zweite Jahreshälfte 2010 n Aussicht gestellt. Zur exakten Ermittlung des Restauf- andes hat die Muttergesellschaft der WAK, die Ener- iewerke Nord, EWN, die Gesellschaft für Reaktor- icherheit, GRS, als einen neutralen Sachverständigen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 7155 (A) (C) (D)(B) mit der Kosten- und Terminberechnung beauftragt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung legt gro- ßen Wert auf eine sorgfältige Kalkulation, die bis zum Status der „Grünen Wiese“ der Projekte Bestand hat. Unmittelbar nach Vorliegen des GRS-Berichtes, der ge- gen Ende des Jahres erwartet wird, beabsichtigt das BMBF, die Berichterstatter des Haushaltsauschusses zu informieren. Unabhängig von der Verifizierung der Kostensitua- tion finden die Rückbautätigkeiten wie folgt statt: Rückbautätigkeiten am KNK II Nach Abschluss der fernbedienten Demontage des doppelwandigen natriumbenetzten Reaktortanks wurde mit der fernbedienten Demontage der Wärmeisolierung begonnen. Von insgesamt 11 Mg (Tonnen) sind circa 3 Mg (Tonnen) bereits demontiert. Die nächsten wesent- lichen Schritte werden der Umbau der Einrichtungen zur Demontage der aktivierten Primärabschirmungen mit 90 Mg (Tonnen) Graugussteilen sein. Alle Einrichtungen sind mit Erfolg getestet worden. Der Umbau erfolgt ab Mitte 2011. Rückbautätigkeiten am MZFR Der fernbediente Abbau des Stahlliners des biologi- schen Schildes mit 5,5 Mg (Tonnen) wurde im Juni 2010 erfolgreich abgeschlossen. Zurzeit wird das aktivierte Bioschild (bewehrter Beton) fernbedient abgebaut. Von circa 400 bis 500 Mg (Tonnen) wurden bis heute 100 Mg (Tonnen) demontiert. Die Arbeiten werden voraussicht- lich Ende 2011 abgeschlossen sein. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage der Abgeordneten Nicole Gohlke (DIE LINKE) (Druck- sache 17/3363, Frage 50): Ist die Bundesregierung bereit, zusätzliche Studienplätze im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 mit den Ländern be- reitzustellen, um den laut Medienberichten bis zu 50 000 bis 64 000 zusätzlichen Studieninteressierten aufgrund der Aus- setzung der Wehrpflicht einen Studienplatz zu sichern, oder welche anderen Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen? Die Frage, ob der Wehr- und Zivildienst zum 1. Juli 2011 ausgesetzt werden soll, wird derzeit erörtert. Ent- scheidungen sind noch nicht getroffen. Die möglichen Auswirkungen auf die Studienanfängerzahlen in den nächsten Jahren lassen sich deshalb derzeit nicht genau bestimmen. Insofern bleiben die weiteren Entwicklun- gen und Überlegungen abzuwarten. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz hat in dieser Woche ihre Staats- sekretärs-Arbeitsgruppe „Hochschulpakt“ beauftragt, die zahlenmäßigen Auswirkungen einer möglichen Aus- setzung von Wehrpflicht und Zivildienst zu prüfen und bis Ende November eine Positionierung der GWK vor- zuschlagen. 67. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26 Anlage 27 Anlage 28 Anlage 29 Anlage 30 Anlage 31
Gesamtes Protokol
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706700000

Einen schönen guten Tag, liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Die Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin

zum Europäischen Rat am 28./29. Oktober 2010
in Brüssel und zum G-20-Gipfel am 11./12. No-
vember 2010 in Seoul

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP sowie je ein Entschließungsan-
trag der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen vor.

Interfraktionell ist verabredet, in der Aussprache im
Anschluss an die Regierungserklärung eineinviertel
Stunden zu debattieren. – Dazu höre ich keinen Wider-
spruch. Dann ist das so beschlossen.

Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
die Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1706700100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ge-

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Redet
meinsam haben wir vor dreieinhalb Wochen den
20. Geburtstag des wiedervereinten Deutschlands gefei-
ert. Gemeinsam haben wir uns die Kraft der Freiheit in
Erinnerung gerufen, die es möglich gemacht hat, dass
wir heute mit all unseren Nachbarn in Freundschaft le-
ben. Wir erleben die glücklichste Phase in der deutschen
Geschichte. Dafür sind wir unendlich dankbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir vergessen nie, dass dieses Glück unseres Landes
von der Geschichte der Europäischen Union nicht zu
trennen ist. In diesem Bewusstsein macht unsere Gene-
ration Politik für unser Land und für Europa; denn um-
gekehrt ist das europäische Einigungswerk
sche Beteiligung überhaupt nicht vorstellb
sollten wir uns nicht nur an Festtagen und Ju
wusst sein, sondern auch im politischen Alltag

(C (D ung 27. Oktober 2010 0 Uhr Das heißt konkret: Unser sozialer und wirtschaftlicher rfolg ist untrennbar mit der europäischen Entwicklung erknüpft. Das macht es notwendig, dass sich alle Mitliedstaaten gemeinsamen Regeln unterwerfen. Denn as Fehlverhalten Einzelner kann zu Verwerfungen für lle führen; das haben uns die Krisensituation im Frühahr in Griechenland und die Krise des Euro in erschrekender Weise vor Augen geführt. Diese Krise in Europa ar existenziell. Wir haben sie in den Griff bekommen, ber das alleine reicht noch nicht. Ich sage Ihnen deshalb anz deutlich: Mein Ziel und das Ziel der Bundesregieung insgesamt ist, dass die Währung Europas, der Euro, auerhaft stabil ist. as hat mein Handeln im Frühjahr bestimmt, und das estimmt unser Handeln heute. In meiner Regierungserklärung vom 19. Mai habe ich ier gesagt – ich darf das wiederholen –: Wir müssen zweierlei schaffen: die Bewältigung der akuten Krisensituation zum einen und die Vorsorge für die Zukunft zum anderen. eute können wir festhalten: Bei der Bewältigung der ktuellen Krise haben wir einen großen Schritt nach ext vorne gemacht, gerade auch dank der ehrgeizigen Reformen und Sparmaßnahmen, die Griechenland, aber auch andere Länder ergriffen haben. Wir haben – wie Sie sich erinnern werden – gegen großen Widerstand aus diesem Haus wie auch aus Europa auf Reformen und Sparmaßnahmen bestanden. Heute weiß nun jeder, dass der Kurs der Regierung der einzig richtige war. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Was heißt hier „jeder“?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wunsch nehme ich die Linke aus.

er Dehm [DIE LINKE]: Ich danke
Ihnen!)
ohne deut-
ar. Dessen
biläen be-
.

Auf speziellen


(Dr. Dieth Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel )





(A) )

Ansonsten weiß es ganz Europa. Aber, bitte schön, wenn
Sie nicht dabei sein wollen, können wir das ausdrücklich
festhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich habe damals gefordert: Wir brauchen eine Stabili-
tätskultur in ganz Europa. Heute kann ich feststellen:
Fast alle EU-Länder haben sich unserem energischen
Konsolidierungskurs angeschlossen. Dieser Kurs war
und ist unumgänglich und muss unter allen Umständen
fortgesetzt werden; denn noch – das ist die Wahrheit – ist
nicht ausgemacht, dass Europa wirklich dauerhaft ge-
stärkt aus dieser Krise hervorgeht. Noch ist nicht ausge-
macht, dass wir tatsächlich Vorsorge für die Zukunft
treffen. Noch stehen weitere entscheidende Schritte aus.
Wir müssen diese Schritte unternehmen, und zwar nicht
irgendwann, wenn Europa das Wasser wieder bis zum
Halse steht, sondern jetzt. Dazu bin ich fest entschlos-
sen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Europäische Rat morgen und übermorgen ist von
größter Bedeutung. Wir müssen die richtigen Lehren aus
der Krise ziehen, verhindern, dass neue Krisen entste-
hen, und die Wirtschafts- und Währungsunion langfristig
auf ein stabiles Fundament stellen. Deutschland und
Frankreich haben auf dem Weg zu diesem Ziel in der
vergangenen Woche gemeinsam Führung übernommen.
Es ist wahr: Eine deutsch-französische Einigung ist nicht
alles in Europa. Aber wahr ist auch: Ohne eine deutsch-
französische Einigung wird vieles nichts. Das gilt auch
in diesem Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass sich
Deutschland und Frankreich in einigen entscheidenden
Punkten einig sind: erstens darüber, dass wir die Stabili-
tätsregeln in der Währungsunion verschärfen wollen, um
rascher auf unverantwortliches Verhalten einzelner Mit-
gliedstaaten reagieren zu können, und zweitens darüber,
dass wir jetzt Vorsorge für mögliche zukünftige Krisen-
situationen treffen wollen, um die Stabilität der Euro-
Zone langfristig zu sichern.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was sagt denn Westerwelle dazu?)


Zum ersten Schwerpunkt, also zur Verschärfung der
haushalts- und wirtschaftspolitischen Überwachung in
Europa, um künftige Krisensituationen nach Möglich-
keit zu verhindern: Dazu wollen wir morgen im Europäi-
schen Rat den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe unter
Vorsitz des Präsidenten des Europäischen Rates, Herman
Van Rompuy, annehmen. Deutschland hat die Ein-
setzung dieser Gruppe im März 2010 durchgesetzt; das
waren wir gemeinsam. Deutschland hat durch die ex-
zellente Arbeit von Finanzminister Schäuble die Bera-
tungen mit wichtigen Vorschlägen geprägt, und Deutsch-
land hat dafür gesorgt, dass durch die Einigung mit
Frankreich der Weg für einen Konsens in der Gruppe
insgesamt möglich wurde.

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(C (D (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist Van Rompuy auch so schlecht gelaunt!)


ch sage ganz klar: Das Ergebnis kann sich sehen lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht Van Rompuy anders!)


chon heute ist sicher: Der Stabilitäts- und Wachstums-
akt erhält deutlich mehr Biss, um eine stabilitätsgefähr-
ende Politik einzelner Euro-Staaten zu verhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber der Biss in die Tischkante hilft auch nicht weiter!)


Ich will drei Beispiele dafür nennen: Erstens. Sanktio-
en werden künftig früher und schneller verhängt. Sie
erden viel früher einsetzen als bisher, und zwar präven-

iv, bei schweren Fehlentwicklungen schon bevor ein
itgliedstaat die Defizitgrenze von 3 Prozent verletzt.
as gibt es heute überhaupt nicht. Das ist vollkommen
eu. Die Sanktionen werden automatisiert, und zwar so-
ohl bei dem sogenannten präventiven Arm, von dem

ch eben gesprochen habe, als auch beim Defizitverfah-
en selbst. Das heißt, eine Sanktion kommt, wenn der
at nicht mit qualifizierter Mehrheit widerspricht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


amit werden die politischen Hürden für Sanktionen
eutlich verkleinert. Nichts anderes versteht auch die
uropäische Kommission unter automatischen Sanktio-
en.

Zweitens. Ab jetzt wird der Schuldenstand eine he-
ausragende Rolle spielen. Bislang mussten Mitglied-
taaten nur auf die Defizitgrenze von 3 Prozent achten.
llein wegen eines Schuldenstandes von mehr als
0 Prozent musste niemand ein Verfahren befürchten.
ünftig gilt: Ab einem Schuldenstand von über
0 Prozent wird ein Defizitverfahren eingeleitet, wenn
er Mitgliedstaat den Schuldenstand nicht hinreichend
bbaut. Das ist ein großer Fortschritt; denn die größten
efahren für die Stabilität der Euro-Zone gehen von ex-
rbitant hohen Schuldenständen einiger Mitgliedstaaten
us. Ein Defizit unter 3 Prozent ist bei schwachem
achstum leider keine Garantie dafür, dass der Schul-

enstand nicht völlig aus dem Ruder läuft. Genau das
ird jetzt geändert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Drittens werden wir – das ist auch der Ausdruck des-
en, dass wir in Zukunft als Wirtschaftsregierung im Rat
rbeiten – nicht mehr zusehen, wenn Mitgliedstaaten
urch falsche Politik ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit
ntergraben.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fassen Sie sich da doch einmal an Ihre Nase!)


ier wird es künftig Sanktionen geben – das ist ein völ-
ig neuer Ansatz –; denn die Krise hat gezeigt: Durch fal-





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )



(B)

sche Wirtschaftspolitik können massive Strukturpro-
bleme entstehen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hier in Deutschland zum Beispiel!)


– Herr Trittin, auch wenn Sie gerne hätten, dass wir
damit gemeint sind, ist der Eindruck in Europa im Au-
genblick nicht, dass Deutschland eine falsche Wirt-
schaftspolitik macht, schon gar nicht eine falsche Ar-
beitsmarktpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Das sieht Griechenland ja anders!)


So ist die Lage nun einmal. Auch Ignoranz ändert nichts
daran.

Meine Damen und Herren, auf diese Maßnahmen ha-
ben sich die Finanzminister und die Europäische Kom-
mission in der Van-Rompuy-Arbeitsgruppe einvernehm-
lich verständigt. Mit ihnen verschärfen wir die
Stabilitätsregeln der Wirtschafts- und Währungsunion.
Mit ihnen wollen wir verhindern, dass neue Krisen über-
haupt entstehen können. Mit ihnen allein sind wir aber
immer noch nicht am Ziel; denn auch mit den schärfsten
Stabilitätsregeln können wir noch nicht zu 100 Prozent
ausschließen, dass es eines Tages wieder zu einem extre-
men Krisenfall kommt, der die Stabilität der Euro-Zone
insgesamt gefährdet.

Wenn das so ist, dann müssen wir den Tatsachen ins
Auge sehen. In diesem Fall kann es nur eine Konsequenz
geben, was mich zu meinem zweiten Schwerpunkt führt:
Wir müssen heute Vorsorge zur Bewältigung künftiger
Krisensituationen treffen. Dazu brauchen wir – das ist
die Überzeugung der Bundesregierung sowie der Koali-
tionsfraktionen – einen neuen, robusten Krisenbewälti-
gungsrahmen für Notfälle. Nur so können wir die Stabi-
lität der Euro-Zone dauerhaft sichern.

Das kann nicht irgendein Krisenbewältigungsrahmen
sein. Ein neues Wort alleine hilft da wenig. Vielmehr
muss der neue Krisenbewältigungsrahmen rechtlich un-
angreifbar sein, das heißt ohne Wenn und Aber, klipp
und klar: Gelingen wird das nur mit einer Änderung der
europäischen Verträge. Diese Änderung benötigen wir.
Wir sind bereits so weit, dass sich Deutschland und
Frankreich darin einig sind. Das hätten viele, wenn nicht
fast alle von Ihnen noch vor einem halben Jahr für un-
möglich gehalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Haben Sie JeanClaude Juncker auch schon mal gefragt?)


Wir sind aber so weit. Deutschland und Frankreich
sind hierüber einer Meinung. Damit haben wir einen ers-
ten, großen Schritt geschafft. Diesem müssen wir jetzt
natürlich den zweiten folgen lassen. Dabei handelt es
sich um eine Einigung in ganz Europa über die Notwen-
digkeit von Vertragsänderungen. Ich mache mir gar
keine Illusionen. Das durchzusetzen, wird schwer genug.
Deshalb wird es aber noch lange nicht weniger notwen-
dig, und zwar im Sinne des Wortes „not-wendig“.

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(C (D Warum? Die Antwort liegt auf der Hand. Wir müssen as jetzt anpacken, weil der derzeitige Rettungsschirm, er aus einer unerwarteten Notsituation entstanden ist, ur ein provisorischer ist. Er läuft 2013 aus. Das haben ir auch genau so gewollt und beschlossen. Eine einfa he Verlängerung kann und wird es mit Deutschland icht geben, eil der Rettungsschirm nicht als langfristiges Instruent taugt, weil er Märkten und Mitgliedstaaten falsche ignale sendet und weil er eine gefährliche Erwartungsaltung fördert. Er fördert die Erwartungshaltung, dass eutschland und andere Mitgliedstaaten und damit auch ie Steuerzahler dieser Länder im Krisenfall schon irendwie einspringen und das Risiko der Anleger überehmen können. Das war für die Abwendung der akuten Krise in dieem Jahr unvermeidbar. Mit wirklicher Vorsorgepolitik at das aber wenig bis gar nichts zu tun. Deshalb müssen ir das ändern. Der jetzige Rettungsschirm darf nicht er Referenzfall für die Zukunft sein. Stattdessen brauhen wir einen Mechanismus, bei dem in einem transpaenten, nachvollziehbaren Verfahren auch private Gläuiger beteiligt werden. Diese Forderung ist nicht neu. ir haben sie bereits im Mai in diesem Hohen Hause geeinsam erhoben. Damals stand Deutschland in Europa amit noch weitgehend allein. Nach dem Treffen von eauville unterstützt nun auch Frankreich unser Anlieen. Lassen Sie mich an dieser Stelle eines ganz klar saen, damit es hier keine Missverständnisse gibt: Auch ünftig kann das Ergreifen geeigneter koordinierter bilaeraler Maßnahmen nur Ultima Ratio sein, also letztes ittel, mit dem die Mitgliedstaaten die Finanzstabilität m Euro-Raum insgesamt sichern. Frankreich und eutschland fordern noch eine weitere Maßnahme, und war im Falle einer schwerwiegenden Verletzung der rundprinzipien der Wirtschaftsund Währungsunion ie Stimmrechte des betroffenen Mitgliedstaates ausseten zu können. Auch das ginge nicht ohne eine Ändeung der Verträge. Ich weiß, dass eine Aussetzung der timmrechte bei vielen unserer europäischen Partner ufgrund der damit verbundenen Kompetenzänderung uf Widerstand stößt. Ich nehme das sehr ernst. Aber ich rgänze: Wer das ablehnt, muss überzeugend darlegen önnen, dass er bei einer schwerwiegenden Verletzung er Grundprinzipien der Wirtschaftsund Währungsnion nicht allein auf das Prinzip Hoffnung setzt, also arauf, dass sich die Einsicht zur Besserung schon irendwie durchsetzen wird. Das wäre grob fahrlässig; wir ürden uns nur in die Tasche lügen. Das zu vermeiden, ollte unser gemeinsames Ziel sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie belügen uns auch gerade!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Fassen wir zusammen: Ich werde morgen und über-
orgen auf dem Rat der europäischen Staats- und Regie-

ungschefs darauf drängen, dass Präsident Van Rompuy
inen präzisen Auftrag des Europäischen Rates erhält, auf
)





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

dessen Basis er in enger Abstimmung mit den Mitglie-
dern des Europäischen Rates Vorschläge für die erforder-
lichen, eng begrenzten Vertragsänderungen und konkrete
Optionen für einen auf Dauer angelegten robusten Kri-
senbewältigungsrahmen entwickeln und spätestens bis
zum März 2011 dem Europäischen Rat vorlegen kann.
Ich sage für die Bundesregierung und unser Land unmiss-
verständlich: Für mich sind die Zustimmung zum Bericht
der Van-Rompuy-Arbeitsgruppe und ein präziser Auftrag
an Herman Van Rompuy nicht voneinander zu trennen.
Sie sind ein Paket.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir alle wissen: Die Lösung muss bis zum Sommer
2013 rechtlich gültig sein. Das heißt, für die Bewälti-
gung künftiger Krisen sind wir nur dann gewappnet,
wenn das der Fall ist. Deshalb sage ich: Obwohl das
noch lange hin zu sein scheint, ist nicht viel Zeit, um das
alles umzusetzen. Sie alle wissen: Ich war diejenige, die
während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 zu-
sammen mit dem damaligen Außenminister Steinmeier
den Lissabon-Vertrag auf den Weg gebracht hat. Heute
bin ich diejenige, die zusammen mit unserem Außen-
minister Guido Westerwelle entschieden dafür eintritt,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir verbitten uns die Vergleiche!)


dem schwierigen Weg einer Vertragsänderung nicht aus-
zuweichen, sondern ihn mutig und entschlossen zu ge-
hen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommt Guido denn jetzt mit nach Brüssel?)


Die europäischen Staats- und Regierungschefs müs-
sen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern Europas
den Nachweis erbringen, dass sie aus der Krise die rich-
tigen und notwendigen Lehren gezogen haben.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Westerwelle hat eine Krise!)


Nur weil sich viele vor dem natürlich beschwerlichen
Weg der Vertragsänderung fürchten, ist das noch lange
kein Argument gegen diesen Weg. Ich bin überzeugt:
Nur auf diesem Weg erreichen wir eine zweifelsfreie de-
mokratische Legitimation für einen auf Dauer angeleg-
ten Krisenbewältigungsrahmen. Das ist das Ziel der
Bundesregierung.

Ich stehe dafür ein, dass Deutschland eine führende
Rolle dabei spielt, die gute Zukunft der Europäischen
Union zu sichern. Wir werden dafür nicht immer sofort
Beifall bekommen – das haben wir im Frühjahr erlebt –,
aber am Ende kommt es nicht auf den schnellen Beifall
an, sondern darauf, eine Mehrheit für unsere richtigen
Vorschläge zu gewinnen, von deren Bedeutung für eine
gute Zukunft Europas wir überzeugt sind. Daran arbeiten
wir, und dafür bitte ich um Unterstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Europäische Rat morgen und übermorgen wird
sich auch mit dem kommenden G-20-Gipfel am 11. und
12. November dieses Jahres in Seoul befassen. Die Er-

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(C (D ichtung einer stabilen Finanzmarktarchitektur wird eies der zentralen Themen des G-20-Gipfels sein. Hier arf ich einen Satz wiederholen, den ich im März 2009 nmitten der um sich greifenden Krise im Vorfeld des -20-Gipfels in London gesagt habe: … Kooperation statt Abschottung. Das ist der einzige Weg, wieder zu Wachstum und zu Beschäftigung zu kommen. Dieser Satz hat nichts von seiner Aktualität verloren. ch wiederhole ihn ganz bewusst mit Blick auf Begriffe ie Währungskrieg, Abwertungswettlauf und Handelsrotektionismus, die derzeit in der internationalen Disussion leider immer wieder zu hören sind. Eine Debatte mit solchen Begriffen ist falsch. Sie ist icht nur politisch kurzsichtig; eine Debatte mit solchen egriffen blendet zudem die erzielten enormen Erfolge ei der Krisenbekämpfung aus. Der Schlüssel dafür war ine in dieser Intensität und Dichte niemals zuvor ereichte internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit. ie einzig erfolgversprechende Strategie für eine endültige Überwindung der Krise sowie für dauerhaftes achstum und mehr Beschäftigung in der Welt ist die onsequente Fortsetzung dieses Weges. Tatsache ist: Die G 20 hat sich mit der Finanzmarktrise zum wichtigsten globalen Forum für wirtschaftsolitische Fragen entwickelt. Ohne die entschlossene msetzung der dort gemeinsam vereinbarten Maßnahen hätte sich die Weltwirtschaft nicht so schnell von em schärfsten wirtschaftlichen Einbruch in Friedenseiten seit 80 Jahren erholt. Ohne das Drängen der G 20 äre es auch nicht möglich gewesen, als Lehre aus der rise eine so umfassende Reformagenda für die interna ionale Finanzarchitektur aufzustellen, wie wir es getan aben, und diese dann auch schrittweise abzuarbeiten. Ohne Zweifel sehen wir schon heute: Europa hat deutiche Fortschritte gemacht, zum Beispiel bei der Aufsicht ber Manager von Hedgefonds und bei Beteiligungsgeellschaften; was die Beteiligungsgesellschaften angeht, at der Rat vorige Woche einen Durchbruch erzielt und en Weg für eine rasche Einigung mit dem Europäischen arlament freigemacht. Weitere Beispiele sind die Stärung der Finanzaufsicht in Europa, eine bessere Konrolle der Ratingagenturen und neue Vergütungsregeln, ie Anreize für risikobewusstes Verhalten setzen. Damit at Europa zu unserem gemeinsamen Ziel, dass alle Fianzmärkte, alle Finanzmarktakteure und alle Finanznstrumente einer angemessenen Aufsicht und Regulieung unterworfen werden, einen beachtlichen Beitrag eleistet. Aber das reicht noch nicht. Jetzt geht es darum, die rbeiten an einem stabilen neuen Rahmenwerk ent chlossen fortzuführen, und zwar auf nationaler, europäicher und internationaler Ebene. Die Regierungen dürfen n der Zukunft nicht mehr gezwungen sein, mit Ad-hocettungsmaßnahmen für private Verluste systemisch re evanter Banken vollumfänglich einzustehen. Deshalb uss die Fähigkeit der Banken verbessert werden, solche erluste selbst zu tragen. Dafür brauchen wir eine Stär Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

kung der Kapitalanforderungen für Banken. Hierzu hat
der Baseler Ausschuss quantitativ und qualitativ höhere
Kapitalstandards beschlossen – ein ganz wichtiger
Schritt. Wir müssen auch global abgestimmte Regeln
aufstellen, damit wir systemisch relevante Finanzinsti-
tute in Krisenfällen grenzüberschreitend restrukturieren
oder abwickeln können, und zwar finanzmarktschonend
und möglichst ohne Belastung der Steuerzahler.

Deutschland wird sich bei dem bevorstehenden G-20-
Treffen in Seoul dafür einsetzen, dass wir bei diesem
wichtigen Thema vorankommen. Für Deutschland hat
die Bundesregierung bereits ein wichtiges Gesetzge-
bungsvorhaben zur Restrukturierung bzw. Abwicklung
von Banken auf den Weg gebracht. Dieser Gesetzent-
wurf ist in den parlamentarischen Beratungen und hat in-
ternational Vorbildcharakter.

Die Europäische Kommission hat für Anfang 2011
Rechtsetzungsvorschläge angekündigt. Ich sage es ganz
unumwunden: Was die Beteiligung des Finanzsektors an
den Kosten der Krise betrifft, hätte sich die Bundesregie-
rung mehr vorstellen können.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was heißt denn „mehr“? Da ist doch gar nichts!)


Wir hätten uns vorstellen können, dass es G-20-weit zu
einer einheitlichen Lösung kommt. Dazu ist leider kein
Konsens erzielt worden. Das ändert aber nichts daran,
dass wir an unserem Ziel festhalten. Es darf kein Weg
daran vorbeiführen, dass sich der Finanzsektor an den
Kosten der Krise beteiligt.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ja! Aber das Fenster ist schon wieder zu!)


Er muss Vorsorge für eventuelle künftige Krisen treffen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Heiße Luft!)


Deshalb unterstützt die Bundesregierung weiterhin die
Einführung einer Finanztransaktionsteuer,


(Zurufe von der SPD: Oh! Auf einmal!)


zumindest, wenn sie global nicht umsetzbar ist, auf euro-
päischer Ebene; so ist das.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hat aber lange gedauert! – Zuruf von der SPD: Und was sagt die FDP dazu?)


– Meine Damen und Herren, auch Sie können nicht
ignorieren, dass es dafür bei der G 20 keine Mehrheiten
gab.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nicht mit der FDP!)


Eckpfeiler einer neuen globalen Finanzarchitektur ist
ein starker Internationaler Währungsfonds.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sagen Sie das mal der FDP!)


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(C (D ir haben daher auf den vorangegangenen G-20-Gipeln beschlossen, die Rolle des IWF bei der Krisenpräention und bei der Krisenbekämpfung zu stärken. Die G-20-Finanzminister haben am letzten Wochennde in Korea das Feld dafür bereitet, dass wir unsere eformziele in Seoul erreichen können. Im IWF werden ich die veränderten Verhältnisse in der Weltwirtschaft ünftig stärker als heute widerspiegeln. Dynamische chwellenländer werden durch einen höheren Quotenan eil und mehr Sitze im Exekutivdirektorium stärker reräsentiert sein. Dieser Erfolg ist insbesondere den Euopäern zu verdanken, die ihren Einfluss zugunsten einer erechteren Gesamtordnung im IWF etwas zurückgeommen haben. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich Wirtschaftsinister Rainer Brüderle für seine hervorragende Ver andlungsführung in Südkorea danken, als er Finanzinister Schäuble vertreten hat, (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was meinen Sie, was erst ist, wenn er über die Kohlesubventionen verhandelt!)


ber dessen Hiersein ich mich heute besonders freue, ge-
auso wie über das von Herrn Steinmeier.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, neben der Weiterführung
er Reformen auf den Finanzmärkten wird die weltweite
tärkung der Wachstumskräfte der zweite Schwerpunkt
er Diskussionen in Seoul sein. Was können wir gemein-
am für ein nachhaltiges, starkes und ausgewogenes
achstum tun? Zunächst einmal müssen wir verstehen,

ass quantitative Ziele in Bezug auf die Leistungsbilanz
eine Lösung sein können. Leistungsbilanzsalden sind
usdruck von Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirt-

chaften und kommen durch Marktprozesse zustande,
nd in diese darf an dieser Stelle nicht künstlich einge-
riffen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das denn aufgeschrieben? – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erzählen Sie einmal den Aktionärinnen und Aktionären!)


Zur Erreichung eines starken, nachhaltigen und aus-
ewogenen Wachstums ist es daher vielmehr erforder-
ich, die strukturellen Ursachen, die gesamtwirtschaftli-
hen Ungleichgewichten zugrunde liegen, in den Blick
u nehmen und Wettbewerbsnachteile dauerhaft zurück-
uführen. Wenn wir diesbezüglich auf Deutschland
chauen, dann wird klar, dass unser Land seiner interna-
ionalen Verantwortung als führende Wirtschaftsnation
erecht wird. Wir haben zwei Konjunkturpakete im Um-
ang von zusammen rund 80 Milliarden Euro aufgelegt,
nd wir haben weitere Maßnahmen ergriffen, um die
achfrage zu stärken. Damit haben wir den Abschwung

n Deutschland gestoppt.





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

Im Übrigen sind durch unsere Maßnahmen gegen die
Krise unsere Exporte in der Krise wesentlich stärker ge-
sunken als die Importe. Deutschland hat damit einen
substanziellen Beitrag zur Stabilisierung der Weltwirt-
schaft geleistet, und dies werden wir auch weiterhin tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Aber gegen die FDP! Das darf man noch einmal sagen!)


Inzwischen sind wir dabei, die Krise schneller als an-
dere Länder zu überwinden.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)


Die aktuellen Zahlen und Daten sind beeindruckend.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Trotz dieser Bundesregierung!)


Mit einem Wachstum von 3,4 Prozent in diesem und vo-
raussichtlich 1,8 Prozent im nächsten Jahr gehört
Deutschland zu den Wachstumsmotoren in Europa. Ich
füge hinzu: Bei den Arbeitsplätzen zeigt sich das noch
deutlicher; denn wir können damit rechnen, dass wir
bald weniger als 3 Millionen Arbeitslose haben. Dies ist
in einer solchen Situation ein Riesenerfolg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auch die Investitionstätigkeit ist mittlerweile wieder
spürbar angestiegen. Wir können heute sagen: Es war
richtig, die Krise auch unter Inkaufnahme einer massiven
Verschuldung zu stoppen. Diesen Weg – daran werden
Sie sich erinnern – ist die Bundesregierung gegangen. Da
sich das als richtig erwiesen hat, wird es sich jetzt auch als
richtig erweisen, dass wir nun gegen die Verschuldung
vorgehen, und zwar genau jetzt, nicht früher, aber eben
auch nicht später. Bei einer Wachstumsrate von über
3 Prozent in diesem Jahr ist jetzt der richtige Zeitpunkt
dafür, mit der Konsolidierung zu beginnen.

Die zeitlich befristeten Maßnahmen im Rahmen der
Konjunkturpakete werden wie geplant zum Jahresende
auslaufen. Eine wachstums- und beschäftigungsorien-
tierte Haushaltskonsolidierung ist eingeleitet. Dies liegt
genau auf der Linie, auf die sich die Staats- und Regie-
rungschefs der G 20 im vergangenen Juni in Toronto
verständigt haben. Auch die Belebung des internationa-
len Handels spielt bei der Erholung der Weltwirtschaft
eine zentrale Rolle, und deshalb werden wir alles daran-
setzen – ich werde das auch in Seoul wieder auf die Ta-
gesordnung bringen –, dass die Doha-Verhandlungen
endlich mit einem vernünftigen Ergebnis abgeschlossen
werden können; denn sie könnten zu einem wirklichen
Wachstumsimpuls für einen freien Welthandel führen.

Meine Damen und Herren, wir müssen natürlich eine
internationale Diskussion über angemessene Wechsel-
kurse zwischen den weltweit bedeutendsten Währungen
sachlich und in kooperativem Geist führen. Ich sage al-
lerdings: Der globale Aufschwung würde infrage ge-
stellt, wenn wir verstärkte Verzerrungen der Wechsel-
kurse in Kauf nehmen würden.

Ich bin überzeugt, Wechselkurse sollten mittelfristig
die fundamentalen Daten einer Volkswirtschaft wider-

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(C (D piegeln. Eine Politik, die auf Wechselkursverzerrungen ur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit abzielt, muss ermieden werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


enn bei einem Abwertungswettlauf verlieren am Ende
lle. Die schlimmen Erfahrungen in der Folge der Welt-
irtschaftskrise in den 30er-Jahren des letzten Jahrhun-
erts sollten uns allen eindringliche Mahnung sein, die
ehler von damals nicht zu wiederholen. Wir haben in
ieser Krise vieles richtig gemacht; aber wenn wir jetzt
uf dem Weg raus aus der Krise Fehler von damals wie-
erholen würden, wäre das sehr schwierig und könnte
irklich ganz falsche Effekte hervorrufen.

Wir sollten in diesem Zusammenhang nicht verges-
en, dass die zukünftige Schlagkraft der G 20 auch von
er Fähigkeit abhängt, eine Agenda für die nächsten
ahre zu entwickeln und den kooperativen Ansatz, wie er
ur Bekämpfung in der Krisenzeit sichtbar geworden ist,
uf andere Themen zu übertragen. Deutschland wird hier
rankreich in seiner kommenden G-20-Präsidentschaft
ntschieden unterstützen.

Wir unterstützen auch den Vorschlag der koreani-
chen Präsidentschaft, die Entwicklungspolitik in der
genda der G 20 zu verankern: zum einen, weil wir als

ntwickelte Industrieländer unsere humanitäre Gesamt-
erantwortung kennen, aber zum anderen auch, weil sich
ie G 20 bewusst ist, dass die internationale Staatenge-
einschaft ihre Ziele nur erreichen kann, wenn es nach-

altige Fortschritte in den Entwicklungsländern selbst
ibt.

Meine Damen und Herren, auf der Tagesordnung des
uropäischen Rates wird fünf Wochen vor dem Beginn
er UN-Klimakonferenz in Cancún selbstverständlich
uch der internationale Klimaschutz stehen. Auch wenn
r hier heute – wie auch in Brüssel und Seoul – wahr-
cheinlich nicht im Mittelpunkt der öffentlichen Auf-
erksamkeit stehen wird, so hat Klimaschutz nichts von

einer Dringlichkeit verloren. Im Gegenteil, Deutschland
teht unmissverständlich zum Ziel eines neuen umfas-
enden Klimaübereinkommens unter dem Dach der Ver-
inten Nationen.

Es ist leider wahr: Cancún wird noch nicht den ent-
cheidenden Durchbruch und das umfassende Klima-
chutzabkommen bringen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu haben Sie auch ein Stück beigetragen, Frau Bundeskanzlerin!)


ber wahr ist auch: Gerade dieser Konferenz zwölf
onate nach Kopenhagen kommt dahin gehend eine Be-

eutung zu, dass gezeigt werden kann, dass wichtige
ortschritte beim Aufbau der internationalen Klima-
chutzarchitektur und bei der Umsetzung konkreter Kli-
aschutzmaßnahmen möglich sind.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotz Deutschland!)






Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

In diesem Sinne wird sich die Europäische Union für ein
möglichst umfassendes und ehrgeiziges Ergebnis in
Cancún einsetzen. Deutschland unterstützt das nach
Kräften.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, die politischen Prioritäten,
die die Bundesregierung mit Blick auf den Europäischen
Rat und den G-20-Prozess verfolgt, sind ehrgeizig. Sie
umzusetzen, erfordert unseren ganzen Einsatz. Rück-
schläge kann auch niemand ausschließen. Aber wenn
wir mutig vorangehen, dann hat das für Europa immer
Fortschritte gebracht. Und so wird es auch dieses Mal
sein, wo sich so viele vor einer Änderung der europäi-
schen Verträge scheuen. Doch nichts muss so bleiben,
wie es ist. Das galt schon immer, und Veränderungen
zum Besseren sind immer möglich, auch wenn der Weg
steinig und mühsam ist. Mit dieser Haltung werde ich in
Brüssel und Seoul dafür werben, dass Europa und die
G 20 die Weichen richtig stellen. Und so werden wir ei-
nen wichtigen Beitrag für die Zukunft unseres Konti-
nents und der G 20 leisten.

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Diether Dehm [Die Linke]: Kein Lob für den Westerwelle! Jetzt guckt er aber traurig!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706700200

Den nächsten Redner begrüße ich mit einem herzli-

chen Willkommen zurück. Frank-Walter Steinmeier hat
das Wort für die SPD-Fraktion.


Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1706700300

Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich so: Ich

bin froh, wieder da zu sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Frau Präsidentin, erlauben Sie mir einige Worte vor-
weg: Ich habe ganz ehrlich nicht damit gerechnet, dass
sich so viele aus diesem Kreis partei- und fraktionsüber-
greifend in den letzten Wochen bei mir gemeldet haben.
Sie haben mir geschrieben, mit mir telefoniert, ihre An-
teilnahme bekundet und mir Zuspruch und Genesungs-
wünsche übermittelt. Dafür möchte ich Ihnen wie auch
für Ihre herzlichen Willkommensworte, Frau Präsidentin
und Frau Bundeskanzlerin, von dieser Stelle aus herzlich
danken.


(Beifall)


Ich freue mich aber nicht nur selbst, dass ich wieder
hier sein kann, sondern ich freue mich auch darüber,
dass wir Herrn Schäuble wieder unter uns haben. Herr
Schäuble, von mir persönlich, von meiner ganzen Frak-
tion und sicherlich von allen im Hause alle guten Wün-
sche für Ihre Gesundheit!


(Beifall)


Was ich zu Herrn Schäuble gesagt habe, gilt über alles
Ringen um richtige Politik hinweg. Aber zum Ringen

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(C (D nd zum guten Ton dieses Hauses gehören auch die Deatte, der Streit um Positionen und auch deutliche Kritik, o Anlass dazu besteht. Den haben Sie, Frau Bundesanzlerin, und die Bundesregierung in den letzten Tagen nd Wochen auch in der Europapolitik reichlich geboten. Vor dem bevorstehenden europäischen Gipfeltreffen ietet die Koalition leider das gewohnte Bild. Wenn Sie, rau Bundeskanzlerin, morgen in Brüssel mit den andeen am Tisch sitzen, dann wissen alle Ihre Kollegen dort chon, was am Wochenende hier in Berlin los war: offeer Streit zwischen Kanzlerin und Vizekanzler und hefige Vorwürfe aus der Unionsund FDP-Fraktion. Von charfer Kritik der CSU im Europaparlament war zu leen, und es gab gegenseitige Schuldzuweisungen von alen Seiten. Glaube doch bitte keiner, das merke man nur n Berlin. Was ist das für ein trauriges Bild, mit dem iese Bundesregierung nach Brüssel fährt! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nd das in einer Zeit – das will ich ausdrücklich sagen –,
n der die Welt wieder positiv auf Deutschland blickt und
eutschland durchaus wieder Wirtschaftslokomotive in
uropa ist.

Wenn jetzt die Zahl der Arbeitslosen in der Tat unter
Millionen sinkt, Frau Merkel, dann ist das ein Erfolg
das sehen wir auch so –, zu dem viele im Land beige-

ragen haben, nur einem wird er offenbar nicht zuge-
chrieben, nämlich dieser Bundesregierung. Und das hat
ründe.

Angekündigt haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, einen
erbst der Entscheidungen. Offensichtlich hört keiner
enau hin, wenn Sie das sagen. Jedenfalls ist die Som-
erpause schon lange vorbei, und es geht so weiter, wie

s vor der Sommerpause geendet hat. Ich sehe keinen
erbst der Entscheidungen, sondern einen Herbst von
euer Missgunst und neuem Streit. Die Koalitionspart-
er streiten sich weiter wie die Kesselflicker. Auch in
rüssel hält man sich mittlerweile genervt die Ohren zu.
o sieht das Bild gegenwärtig aus. Es stellt sich leider
icht in den schönen rosaroten Farben dar, wie Sie sie
ns eben aufgezeigt haben, Frau Bundeskanzlerin.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir nach den Ursachen fragen, dann stellen wir
est, dass die Ursache für die ohrenbetäubende Kakofo-
ie, die wir am Wochenende wieder gehört haben, wahr-
aftig nicht bei der Opposition liegt und sicherlich nicht
ei der SPD. Sie wissen, Frau Merkel: Wir Sozialdemo-
raten stehen für eine verantwortliche Europapolitik.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


ie wissen auch, dass Sie unsere Zustimmung zu den
riechenland-Hilfen und dem Euro-Rettungsschirm hät-

en bekommen können. Sie wissen das, aber Sie hatten
eder Kraft noch Mut, Ihren eigenen Leuten beizubrin-
en, dass auch die Finanzmärkte ihren Beitrag zur Be-
ältigung der Krise leisten müssen.





Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das müssen sie, weil die normalen Steuerzahler es
schlicht nicht mehr ertragen, dass die Belastungen am
Ende immer nur bei ihnen abgeladen werden.

Für mich und meine Fraktion – das sei hier noch ein-
mal klargestellt – bleibt es dabei: Wir werden uns nicht
davon abbringen lassen, dass diejenigen, die in und an
der Finanzkrise Milliarden verdient haben, auch zahlen.
Wir streiten weiter mit aller Kraft und Energie für die fi-
nanzielle Beteiligung der Finanzmärkte. Deshalb sage
ich noch einmal: Die Finanzmarkttransaktionsteuer war
vernünftig und ist vernünftig. Sie ist notwendig, und
– ich bin sicher – sie muss und sie wird auch kommen,
allen momentanen Widerständen, die es gibt und die ich
sehe, zum Trotz, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie die Signale im Vorfeld dieser Debatte und
des Gipfels einmal genau analysieren, zeigt sich doch:
Mit ein wenig Anstrengung, mit ein wenig Geschick hät-
ten Sie weit mehr als nur die eigenen Koalitionsfraktio-
nen auf Ihrer Seite. Wir wollen auch nicht, dass sich eine
so gefährliche Situation wiederholt, wie Sie sie eben ge-
schildert und wie wir sie alle im Frühjahr erlebt haben.
Viele hier, auch die SPD, streiten für einen vernünftigen
Frühwarnmechanismus, für einen wirksamen Stabilitäts-
pakt. Über manches Instrument lässt sich diskutieren
und müssen wir auch diskutieren. In der Grundhaltung
gibt es doch zwischen vielen von uns keinen völlig un-
überwindlichen Streit. Aber so, wie Sie, Frau Bundes-
kanzlerin, in den letzten Monaten und Wochen Europa-
politik betrieben haben, so geht das nicht und so können
wir das nicht durchgehen lassen. Ich sage gleich, warum.


(Beifall bei der SPD)


Angefangen hat das im Grunde genommen – daran
erinnern wir uns doch alle miteinander – schon in der
Griechenland-Krise. Wochen- und monatelang, noch bis
kurz vor dem Tag der Entscheidung, haben im Frühjahr
große Teile der Regierung und auch Sie selbst, Frau
Merkel, beteuert: Keine Hilfen für Griechenland! Man-
che haben Sie sogar dafür gefeiert, und Sie haben es ge-
schehen lassen. Aus Angst und wahrscheinlich obwohl
Sie wussten, was am Ende kommen würde, hat die Re-
gierung den Menschen die Wahrheit vorenthalten und
damit den Großteil der EU zunächst einmal gegen sich
aufgebracht. Und was war das Ergebnis? Am Ende
wurde hier im Hause das ganze Programm fast ohne Dis-
kussionsmöglichkeiten in den Ausschüssen durchge-
peitscht. Das war alles nicht notwendig und hat das Ver-
trauen nicht gestärkt.

Damit wären wir zum überwiegenden Teil vielleicht
noch klargekommen, weil die Griechenland-Hilfe eine
Nothilfe war. Das Finanzministerium hatte hier von die-
sem Pult aus ja auch gesagt: Seien Sie sicher, das ist das
Letzte, was in diesem Hause dazu debattiert und be-
schlossen werden muss.

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(C (D Dann kam das Mai-Wochenende; Sie erinnern sich lle. Nachdem zugesichert worden war: „Da kommt ichts mehr“, sind Sie – offensichtlich ohne Vorbereiung durch die europäischen Kollegen, auch ohne Vorbeeitung durch Paris – nach Brüssel gefahren und kamen ann – Wunder und Überraschung! – mit einem Euroettungsschirm in Höhe von 440 Milliarden Euro im epäck wieder zurück. Auch da wurde das Parlament ieder vor vollendete Tatsachen gestellt. Zweimal sozu agen dasselbe Schauspiel: Erst dicke Backen aufgeblaen, bis sie fast platzen, aber nach der Rückkehr aus rüssel fällt die ganze deutsche Position wie ein Soufflé n sich zusammen. Erst Rücksicht nehmen auf die Innenolitik, auf umstrittene Positionen in der eigenen Koaliion, und dann folgt das Einknicken vor der europäichen Realität. Wer immer wieder nach diesem Muster handelt – und as droht doch jetzt auch hier –, der schädigt am Ende icht nur die europapolitische Position Deutschlands und eine eigene Position gegenüber der deutschen Bevölkeung, der schädigt auch das Ansehen der Deutschen und er deutschen Regierung in Brüssel. Und das will ich icht, meine Damen und Herren. ch bin an dem Punkt auch deshalb sehr energisch, weil ch befürchte, dass es jetzt nach demselben Muster wie ei der Griechenland-Hilfe und beim europäischen Retungsschirm abläuft und auf ein ähnliches Ergebnis hiausläuft. Das könnte durchaus in einem europapolitichen Debakel für diese Regierung enden. Wir haben doch jetzt schon die Hälfte Europas gegen ns aufgebracht. Der Europäische Ratspräsident Van ompuy arbeitet – Sie haben das eben selbst gesagt – eit vielen Wochen an konkreten Vorschlägen für eine eform des Stabilitätspaktes; ebenfalls die Kommission. n Deauville ist nun der Eindruck entstanden, Sie und räsident Sarkozy wischen erst einmal beides vom Tisch ach dem Motto: Die können das nicht, die haben nicht ie Kapazitäten. Viele EU-Staaten, bei denen Sie falsche offnungen geweckt hatten, laufen jetzt Sturm gegen en Kuhhandel, der in Deauville stattgefunden hat, und war gerade die kleineren Mitgliedstaaten und damit dieenigen Staaten, Herr Westerwelle, um die Sie sich doch esonders kümmern wollten. Ich bin davon überzeugt und befürchte – ganz anders, ls Sie eben vorgetragen haben –, dass Deauville nicht ie Tür zu einer möglichen Verständigung aufgemacht at, sondern dass das Gegenteil eintreten wird und dieser eal von Deauville die Lage in Europa und Einigungsöglichkeiten für die Zukunft noch wesentlich schwieri er gemacht hat. Das wird sich beweisen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der SPD)


s ist nämlich wieder dasselbe Muster. Sie treten mit
roßen Ankündigungen an, aber dann kommt die euro-
äische Realität.

Wo wir jetzt über den Stabilitätspakt und mögliche
utomatische Sanktionen reden, will ich nur zitieren,





Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)

was Herr Schäuble am Wochenende gesagt hat – so war
es ja in der Presse zu lesen –: Nie habe es eine realisti-
sche Chance auf automatische Sanktionen gegeben. –
Wenn das so ist, Herr Schäuble, wenn Sie in dem Text,
den ich gelesen habe, einigermaßen richtig zitiert wor-
den sind, dann stellen sich weitere Fragen. Wenn Sie da-
von überzeugt waren, dass automatische Sanktionen
nicht kommen werden: Wie ist es dann um die anderen
Dinge bestellt, um die wir im Augenblick streiten? Wie
ist es um die Vertragsänderungen bestellt, für die Sie um
Zustimmung des Hauses nachsuchen? Und erst recht
stellt sich die Frage: Warum sagt Herr Schäuble, wenn er
der Meinung ist, dass für automatische Sanktionen keine
Chance bestünde, das nicht vorher? Warum fragt man
sich nicht vorher, ob für den Entzug des Stimmrechts
eine Chance besteht und ob es überhaupt sinnvoll ist, das
Verhandlungspaket wieder aufzuschnüren? Zumindest
Transparenz müsste darüber hergestellt werden, ob Sie
selbst der Meinung sind, dass der Vorschlag, mit dem Sie
dort ins Rennen gehen, am Ende verhandlungsfähig ist
und eine Chance auf Erfolg hat.

Wenn man genau hinschaut – darum ging es offen-
sichtlich auch ein bisschen in den Diskussionen in Ihrer
Fraktion –, dann stellt man fest: In Deauville ist
Deutschland in Wahrheit eher mit leeren Händen vom
Tisch aufgestanden. Frau Merkel, wenn ich die französi-
sche Position richtig deute, dann hatte Präsident Sarkozy
drei Vorstellungen: erstens möglichst keine automati-
schen Sanktionen einzuführen, die auch Frankreich tref-
fen können, zweitens den unliebsamen und etwas zu un-
abhängigen Ecofin-Rat möglichst weit einzuhegen und
drittens den Deutschen das Angebot zu machen, die Ver-
tragsänderungen zu unterstützen, wohl wissend, dass an-
dere dagegen streiten werden und Frankreich diese Rolle
gar nicht übernehmen muss. Das ist ein ganz wunderba-
res Ergebnis.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nur, beglückwünschen kann ich Sie dazu nicht, liebe
Frau Merkel.

Wer sich in den europäischen Dingen ein bisschen
auskennt, muss befürchten, dass man sich im Élysée an-
gesichts dieses Ergebnisses ein wenig die Hände gerie-
ben hat. Ich selbst weiß, wie schwierig es ist, im interna-
tionalen Geschäft Vereinbarungen zu erringen. Deshalb
lasse ich mir auch nicht vormachen, das Ergebnis von
Deauville sei am Ende ein riesiger Erfolg für Deutsch-
land gewesen.


(Beifall bei der SPD)


Damit wir uns nicht missverstehen: Auch wir, die
SPD, sind für einen wirksamen Frühwarnmechanismus.
Auch wir sind für glaubwürdige Sanktionen gegen noto-
rische Defizitsünder. Aber genau das scheint mir durch
den Alleingang, den ich Ihnen eben geschildert habe, ge-
fährdet zu sein. Sie sind mit unhaltbaren Maximalforde-
rungen losgerannt und haben diese gegen wenig belast-
bare Zusagen eingetauscht. Sie sind sozusagen als Hans
im Glück gestartet und versuchen nun, das, was Sie mit-
gebracht haben, als Goldklumpen zu verkaufen. Das

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(C (D unktioniert nicht. Das nimmt Ihnen jedenfalls die SPDraktion nicht ab, Frau Bundeskanzlerin. Frau Merkel, was wird eigentlich aus der Zusicherung das ist ja Ihre Position –, dass sich so etwas wie die riechenland-Hilfe nicht wiederholen darf? Sie haben mmer wieder beteuert und auch hier zum Ausdruck geracht, dass sich nach den drei Jahren die Geltungsdauer es Rettungsschirms auf keinen Fall verlängern soll. enn man sich anschaut, was die deutsch-französische rklärung dazu enthält, dann findet man genau vier Zeien. Was wird darin dazu gesagt? Es sollen geeignete aßnahmen ergriffen werden. – Was ist damit eigentlich emeint? Was passiert eigentlich, wenn nach drei Jahren eine Vertragsänderung in Kraft getreten ist und dann inzelne Spekulanten, wie wir im Frühjahr erlebt haben, ieder beginnen, gegen den Euro zu zocken? Was tun ie konkret, damit in Zukunft eben auch private Gläubiger auch darüber haben wir in diesem Hause gestritten – ei der Umschuldung von schwer verschuldeten Staaten ur Kasse gebeten werden? Solange das nicht klar gesagt wird und solange daüber nicht hier im Hause debattiert und meinetwegen uch gestritten werden kann, bleiben solche wolkigen ätze doch nichts als leeres Gerede. Es darf jedenfalls icht passieren, dass der Gipfel in Brüssel und das, was anach kommt – das wünschen wir uns für Deutschland n gar keinem Fall –, zu einem erneuten europapolitichen Reinfall wird. Nun jubelt die Bundesregierung, dass die Krise vorbei st. „Aufschwung XXL“ – das lässt Herr Brüderle im ugenblick plakatieren bzw. bundesweit in Anzeigen erlauten. Für viele Betriebe stimmt das mit dem Aufchwung. Es trifft nur nicht auf die Stärkung des Stabiliätspakts und es trifft auch nicht auf die Regulierung der inanzmärkte zu. Anders gesagt, Herr Brüderle: Da sind ir eher bei der Größe S, und das ist bekanntlich den eisten, von uns jedenfalls, zu knapp. Auf den Finanzmärkten geht es im Grunde genomen zu wie vor der Krise: Banken und Investmenthäuser eitschen Renditeziele hoch. 144 Milliarden Euro an oni werden in diesem Jahr an der Wall Street ausge chüttet. Der Handel mit Derivaten, so war dieser Tage u lesen, blüht wie nie zuvor. In der Finanzwelt geht ales so weiter. Die Politik dagegen, gegen diese Praxis nd gegen diese Auswüchse, ist aus meiner Sicht nach ie vor ohne Überzeugung, ohne Zähne und vor allem hne wirklich notwendige Konsequenz. Auch daran rägt diese Bundesregierung Mitschuld. Das ist die trauige Wahrheit. Die SPD-Fraktion und auch ich wissen: Natürlich önnen wir von deutscher Seite aus nicht alles im Alleinang erreichen. Aber gerade wenn wir uns gegenseitig in bisschen ernst nehmen, dann wissen wir auch: Wenn an schon nicht alles im Alleingang erreichen kann, Dr. Frank-Walter Steinmeier )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

dann kommt es darauf an, dass man deutliche Signale
setzt und ein klares Auftreten, auch gegenüber dem Aus-
land, an den Tag legt. Genau daran fehlt es. Das will ich
Ihnen an der Finanzmarkttransaktionsteuer noch einmal
klarmachen.

Vonseiten der Bundesregierung tun Sie so, als seien
Sie im Prinzip dafür. Es waren sogar entsprechende Er-
träge in Ihre mittelfristige Finanzplanung eingestellt;
2 Milliarden Euro jährlich ab 2012. Herr Schäuble hat
dann aber auf einer Veranstaltung des CDU-Wirtschafts-
rates gesagt, wie ich gelesen habe, er sei kein Freund
dieses Instruments. Das wird natürlich am nächsten Tag
in allen Hauptstädten Europas genüsslich vernommen.
Nicht nur das: Herr Schäuble soll sogar gesagt haben,
diese Steuer sei gar nicht auf seine Initiative in das Kon-
solidierungskonzept der Regierung aufgenommen wor-
den. Das alles sind natürlich Signale, die in Europa ver-
standen werden. Es ist genau dieser Unernst, diese
Unentschiedenheit, mit denen die gegenwärtige Koali-
tion das Vertrauen eben nicht nur in Deutschland, son-
dern, wie ich befürchte, auch in Europa verspielt.

Das gilt zum Beispiel auch für die Frage der Kohle-
beihilfen; ich führe das noch an, weil es in dieses
Schema passt. Da hat es am Wochenende offenbar eine
Einigung gegeben, die ich begrüße.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber mit sich selbst!)


– Ja, darauf wollte ich zu sprechen kommen. – Wir ha-
ben jedoch durch diese internen Streitigkeiten drei Mo-
nate verloren. Jetzt hat Herr Brüderle, wie ich lese, an-
scheinend beigedreht, ist aber, wie ich höre, nicht bereit,
diese Einigung in Brüssel zu vertreten. So machen wir
uns, meine Damen und Herren, bei unseren Partnern lä-
cherlich, und das darf nicht unsere Rolle in Brüssel sein
und werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706700400

Herr Kollege, kommen Sie zum Ende, bitte.


Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1706700500

Ja, ich komme zum Ende.

Meine Damen und Herren, Europa ist in keiner guten
Verfassung; das spüren Sie alle. Das sage ich weiß Gott
nicht nur mit Blick auf die Haushaltsdefizite in den meis-
ten Mitgliedstaaten. Das hat mit vielem zu tun, auch da-
mit, dass der Gründungsmythos Europas bei der jungen
Generation offenbar nicht mehr ausreichend trägt. Das
hat damit zu tun, dass die Entscheidungsprozesse in Eu-
ropa nach wie vor zu schwerfällig, zu wenig transparent
sind. Das hat auch damit zu tun, dass sich europäisches
Engagement von Regierungen häufig nicht entsprechend
lohnt. Aber ich stelle eben auch eine Unterströmung in
der europäischen Diskussion fest, bei der vor allen Din-
gen große Mitgliedstaaten verdächtigt werden, europäi-
sche Politik schon langsam wieder in nationale Hände zu

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(C (D bernehmen. Renationalisierung ist das Stichwort, ein erdacht, der leider gelegentlich auch uns trifft. Herr Kollege! Ich halte das für den falschen Weg, und ich bin mir si her, das tun alle hier im Hause. Wir brauchen gerade it Blick auf die Konsequenzen der Wirtschaftsund Fi anzkrise nicht weniger Europa, sondern wir brauchen ntschieden mehr Europa. Dafür müssen wir eintreten, eine Damen und Herren. Frau Präsidentin, ein letzter Satz. Ein allerletzter. Es mag manchmal beschwerlich sein, für Stabilität nd Solidarität, für deutsch-französische Kooperation uf der einen Seite und für ein gutes Verhältnis zu den leinen Mitgliedstaaten auf der anderen Seite zu sein; ber genau das zu schaffen, das auszubalancieren, das ar immer die Kunst deutscher Europapolitik. Diese unst scheint dieser Regierung ein Stück weit verloren egangen zu sein. Herzlichen Dank, meine Damen und Herren. (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706700600
Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1706700700

(Beifall bei der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706700800
Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1706700900


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706701000

Birgit Homburger hat jetzt für die FDP-Fraktion das

ort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1706701100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch möchte mich zunächst an Sie wenden, Herr
teinmeier. Sie haben gerade Ihre Redezeit um ungefähr
o viele Minuten überzogen, wie ich überhaupt zur Ver-
ügung habe.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie können schneller reden, Frau Homburger!)


as zeigt, dass Sie wieder fit sind und dass Sie offen-
ichtlich auch von der Präsidentin nicht zu stoppen sind.

ir freuen uns, dass Sie wieder fit zurück sind, so wie
ir uns auch darüber freuen, dass Herr Schäuble wieder
esund bei uns ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jede Krise birgt eine Chance, und diese Chance müs-
en wir konsequent nutzen. Die Maßnahmen, die wir bis-





Birgit Homburger


(A) )


)(B)

her getroffen haben und die heute auch schon angespro-
chen worden sind, beispielsweise bei der Griechenland-
Hilfe und beim Euro-Stabilisierungspaket, haben aller-
dings nicht die Ursachen beseitigt. Im Grunde haben wir
uns Zeit erkauft. Diese Zeit muss man jetzt nutzen.

Wenn man sich die Ursachen anschaut, dann kommt
man zum Schluss, dass kein Spekulant der Welt eine
Chance gehabt hätte, den Euro in Schwierigkeiten zu
bringen, wenn die Haushalte der Euro-Staaten in Ord-
nung gewesen wären.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Deshalb steht dies auch bei uns im Mittelpunkt.

Aber, Herr Steinmeier, da Sie in Ihrer Rede die Situa-
tion auf dem Finanzmarkt und die Boni angesprochen
haben, will ich deutlich sagen: In Ihrer Regierungszeit
ist in diesem Bereich nichts unternommen worden. Wir
haben eine Reihe von Maßnahmen zur Regulierung der
Finanzmärkte auf den Weg gebracht, und wir haben mit
dem Banken-Restrukturierungsgesetz auch eine Be-
schränkung der Boni auf den Weg gebracht. Diese Re-
gierung, diese Koalition handelt im Gegensatz zu dem,
wie Sie sich verhalten haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)


Haushaltskonsolidierung ist das zentrale Stichwort für
die Stabilisierung des Euro. Deutschland hat hier auch
eine Vorbildfunktion. Wenn wir den Stabilitätspakt ver-
schärfen und andere Länder auf eine solide Haushalts-
politik verpflichten wollen, dann müssen wir selber Vor-
bild sein. Wir brauchen eine neue Stabilitätskultur in
Europa. Diese darf eben nicht nur formal vorhanden
sein, sondern muss auch in den Köpfen der Regierungen
verankert werden. Wir brauchen klare, starke und ein-
deutige Vereinbarungen, um die unkontrollierte Schul-
denpolitik zu beenden.

An dieser Stelle will ich auch sagen: Diese Maßnah-
men wären nicht nötig, wenn nicht die rot-grüne Bun-
desregierung im Jahr 2005 aus Eigeninteresse dafür ge-
sorgt hätte, dass der Stabilitätspakt auf europäischer
Ebene fahrlässig verwässert wurde. Wir kehren nun die
Scherben zusammen, die Sie seinerzeit gemacht haben.
Das ist nicht einfach, aber wir bemühen uns darum.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Unsinn wird durch Wiederholungen nicht wahr!)


Das entspricht genauso wenig verantwortlicher Euro-
papolitik wie Ihre Position, die Sie vorhin noch einmal
zum Ausdruck gebracht haben. Sie haben versucht, hier
den Eindruck zu erwecken, als ob Sie dem, was wir im
Frühjahr hier durch den Deutschen Bundestag gebracht
haben, gerne zugestimmt hätten. Sie hätten die Chance
dazu gehabt. Sie waren dazu eingeladen. Wir sind Ihnen
im Entschließungsantrag weit entgegengekommen. Sie
haben damals entschieden: Sie wollen sich daran nicht
beteiligen. – Das war unverantwortlich, und damit müs-
sen Sie heute auch leben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Die Vorschläge der EU-Kommission und der Taskforce uf europäischer Ebene zeichnen ein Gesamtkonzept, nd ein genau solches Gesamtkonzept brauchen wir uch. Zu diesem Gesamtkonzept gehört ein wirksames rühwarnsystem. Dazu gehören die Verbesserung der ualität der Zahlen sowie die Überprüfbarkeit der Zahlen, ie geliefert werden. Es gehören bessere Kontrollmögichkeiten, aber eben auch mehr Sanktionsmöglichkeiten azu. Entscheidend ist, dass diese Sanktionsmöglichkeien früher greifen und auch automatisch zum Einsatz ommen müssen. Es ist das erklärte Ziel, dass es klare egeln mit möglichst wenig „politischem Rabatt“ gibt. as ist es, was wir wollen. Sie haben allerdings bezwei elt, dass das erreichbar ist. Ich finde, man muss dafür ämpfen. Der G-20-Gipfel und die umfassenden IWFeformen haben klar gezeigt, dass wir international etas bewegen können, und das wollen wir auch hier er eichen. Entscheidend ist die Einführung eines dauerhaften risenmechanismus. Das bedeutet nicht die Einrichtung ines dauerhaften Fonds. Es bedeutet vielmehr, dass wir ür die Staaten Umschuldungsregeln entwickeln wollen, ie auch einen Verzicht der Gläubiger – auch der Privatläubiger – auf Teile ihrer Forderungen beinhalten. Das st ganz zentral. Dies schafft im Grunde die Möglichkeit er Insolvenz von Staaten. Hierfür ist eine Vertragsändeung notwendig, für die wir uns einsetzen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der Euro ist eine Erfolgsgeschichte. Er ist für die
irtschaftliche Entwicklung Europas, aber gerade auch

ür unser Land, für Deutschland, von zentraler Bedeu-
ung. Deshalb muss alles dafür getan werden, den Euro

öglichst stabil zu machen. Wir wollen einen harten
uro. Weiche Maßnahmen taugen dafür nicht, und des-
alb muss auch hart verhandelt werden.

Es darf nicht dazu kommen, dass wir die Schulden an-
erer Länder bezahlen. Deshalb kämpft diese Koalition
ür eine Stabilitätskultur in Europa und einen harten
uro. Eine Umwandlung der Währungsunion in eine
ransferunion oder in eine Haftungsgemeinschaft kommt
ür uns nicht infrage.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ies bedeutet auch den Verzicht auf die Einrichtung ei-
es dauerhaften Fonds für überschuldete Staaten, in dem
ndere Staaten der Währungsunion oder auch die EU
redite oder Garantien bereitstellen müssen.

Eine Entfristung des gegenwärtigen Rettungspakets,
ie wir es verabschiedet haben, kommt für uns ebenfalls
icht infrage, weil wir der Auffassung sind, dass wir al-
es dafür tun müssen, dass alle Euro-Mitgliedstaaten

aßnahmen ergreifen, die auf Dauer die Sicherheit da-
ür bieten, dass der Euro stabil bleibt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Birgit Homburger


(A) )


)(B)

Auf dem Europäischen Rat wird jetzt ein Auftrag für
die weiteren Verhandlungen formuliert. Das Ziel sind
klare Stabilitätskriterien. Wir haben klare Erwartungen
an die Mitgliedstaaten. Wir wollen klare Sanktionsmög-
lichkeiten, und wir wollen, dass diese Sanktionsmöglich-
keiten automatisch greifen. Darüber hinaus wollen wir
einen klaren dauerhaften Krisenmechanismus durch
Umschuldung, der durch eine Vertragsänderung abgesi-
chert werden muss.

Das ist es, was jetzt auf den Weg gebracht werden
muss. Das ist nicht einfach, aber es ist notwendig. Wir
haben heute in einem Entschließungsantrag der Fraktio-
nen der Koalition noch einmal klargestellt, welche Posi-
tionen wir unterstützen. Dies stellt eine Fortschreibung
des Antrags dar, den wir im Mai hier im Deutschen Bun-
destag auf den Weg gebracht und in dem wir deutlich ge-
macht haben, dass wir harte Verhandlungen für eine ent-
sprechende Verschärfung des Stabilitätspakts fordern.

Wir wissen auch, dass bei den Verhandlungen mit den
anderen Ländern in Europa letztendlich nicht eins zu
eins das erreicht werden wird, was wir uns hier im Deut-
schen Bundestag wünschen. Aber wir wissen sehr wohl,
dass es wichtig ist, in einer solchen Verhandlung eine
klare Haltung zu haben. Deshalb werden wir diesen Ent-
schließungsantrag heute mehrheitlich beschließen und
damit der Bundeskanzlerin für die schwierigen Verhand-
lungen, die sie jetzt zu führen hat, den Rücken stärken.
Das ist eine Rückendeckung, die der Deutsche Bundes-
tag an dieser Stelle gibt – mit dem klaren Auftrag, für ei-
nen harten Euro zu verhandeln.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ohne uns!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706701200

Der Kollege Dr. Diether Dehm hat jetzt das Wort für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706701300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

Bundeskanzlerin, am 24. April 2008 haben Sie an dieser
Stelle vollmundig verkündet – ich zitiere –:

… anders als andere Verträge trägt dieser Vertrag
von Lissabon kein Verfallsdatum … keine Revi-
sionsklausel.

Dann sagten Sie:

Eine weitere grundlegende Änderung der Verträge
ist heute nicht in Sicht.


(Katrin Kunert [DIE LINKE]: Sie hört nicht mal zu!)


– Natürlich hört sie nicht zu. Haben Sie etwas anderes
erwartet, Frau Kollegin?

Aber kurz nach dem Inkrafttreten entpuppte sich der
Vertrag bereits als Bremsklotz bei der Bewältigung der
vor uns liegenden Krisenlasten, denn er verbietet jede

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(C (D egulation der Finanzmärkte und sämtliche Kapitalverehrskontrollen durch Art. 63 im Vertrag über die Areitsweise der EU, AEUV. Die Linke hatte das damals benso vorausgesagt wie Gewerkschaften und die Areitnehmer-AG in der SPD. Der Lissabon-Vertrag ist ein reund der Finanzhaie. Jetzt, gerade acht Monate nach Inkrafttreten, wollen ie, Frau Bundeskanzlerin, den Vertrag, den Sie hier für nveränderbar erklärt hatten, so einschneidend veränern, und Sie wollen ihn noch unsozialer machen. Jetzt ollen Sie Mitgliedstaaten, die von deutschen und ande en EUbzw. US-Konzernen, von Finanzhaien und urch Lohndumping in Deutschland in große Engpässe anövriert wurden, nicht nur solidarische Hilfe wegnehen, sondern auch noch das demokratische Stimmrecht. ies ist ein Skandal, Frau Bundeskanzlerin. Die Arbeiterklasse, Arbeitslose und Kleinunternehen in diesen Staaten würden so zu EU-Bürgern zweiter lasse. Damit spalten Sie die EU, gefährden Sie ihren estand. Die Menschen, die jetzt in Frankreich demon trieren, und unsere Bahnangestellten, die hier streiken, un mehr für den sozialen Aufbruch in Europa und für ie Integration als mit dieser Idee, die Stimmrechte wegunehmen, erreicht werden kann. nd sie verdienen unseren Respekt. Ich widerspreche hier auch ausdrücklich dem Horroraket der EU-Kommission. Wer jetzt meint, Krisenopfern it Strafzahlungen und asozial hohen Schuldentil ungsraten begegnen zu können, wird im Ergebnis die estehende Not nur verschärfen und Rechtsextremen die asen in die Küche treiben. Frau Bundeskanzlerin, bevor Ihr Eigenlob über Ihre irtschaftspolitik zu selbstgefällig wird: Wer unsere Ex ortkonzerne und Privatbanken mit Steuergeschenken ochpäppelt, ohne Profite in Lohnerhöhungen umzuvereilen, wird auf diese Krise die nächste Krise folgen lasen. ie sorgen dafür, dass eine normale Erholung nach einer olch tiefen Krise an den Arbeitnehmern, den Rentnerinen und Rentnern und unserem Handwerk völlig vorbeieht, dass Exportkonzerne profitieren, aber die Löhne uf Schmalspur bleiben. Solange das so ist, haben Sie ichts richtig gemacht in Ihrer Wirtschaftspolitik! Völlig unannehmbar ist auch der Vorschlag, künftig anktionen gegen Mitgliedstaaten automatisch in Kraft u setzen. Wenn Maßnahmen alleine vom Exekutivappaat EU-Kommission beschlossen werden können und enn dann nur eine qualifizierte Mehrheit im Rat deren ufhebung beschließen kann, verstößt das gegen jede emokratische Verfasstheit der EU und gegen unsere erfassung, meine Damen und Herren. Dr. Diether Dehm )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Vielleicht, Herr Steinmeier, ist das der Grund, dass
der Bundesfinanzminister in der letzten Bild am Sonntag
gesagt hat, es habe niemals, zu keiner Zeit eine Chance
für automatische Sanktionen gegen Defizitsünder gege-
ben. Vielleicht veranlasste ihn der Blick auf unser Ver-
fassungsgericht dazu: „Niemals“, hat er gesagt. Aber hat
der Bundesfinanzminister – er ist jetzt auch nicht hier –
der FDP das vielleicht verschwiegen, oder wird dort be-
wusst gelogen, wenn weiterhin von diesem Automatis-
mus geredet und schwadroniert wird? Hören Sie damit
auf! Hören Sie auf Ihren Bundesfinanzminister! Er hat in
dieser Frage ausnahmsweise recht.


(Beifall bei der LINKEN)


Er hat deswegen recht, weil ein Sanktionsautomatismus
gegen Art. 126 des AEUV verstößt und auch eine ver-
steckte Änderung von EU-Primärrecht die Billigung
durch die Mitgliedstaaten nötig macht. Sonst würde er
spätestens am Bundesverfassungsgericht scheitern, wie
jeder seit dem Lissabon-Urteil weiß. Die Linke würde
wieder Karlsruhe anrufen. Verfassungsbruch ist mit uns
nicht machbar!


(Beifall bei der LINKEN)


Aber was ist die Alternative? Wir brauchen in der Tat
eine grundlegende Änderung der Verträge, aber eine Än-
derung für demokratische Finanzmarktregulierung, für
mehr Sozialstaatlichkeit in der EU und für Mechanis-
men, mit denen die Krisenlasten ihren Verursachern, der
Deutschen Bank und anderen Taliban in Nadelstreifen,
auferlegt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Sie solche sozialstaatlichen und zivilisatorischen
Reformen der EU durchsetzen wollen, Frau Bundes-
kanzlerin, werden Sie auf breite Mehrheiten in den Par-
lamenten und auf den Straßen und Plätzen in Frankreich,
Griechenland und Deutschland setzen können. Die Euro-
päische Union wird demokratisch und sozial sein – oder
nicht von langer Dauer.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706701400

Michael Stübgen spricht jetzt für die CDU/CSU-Frak-

tion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1706701500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Europäische Union hat in den letzten acht
Monaten eine beispiellose Entwicklung im Euro-Raum
erleben müssen. Schon Ende des letzten Jahres mehrten
sich die Hinweise auf eine drohende Zahlungsunfähig-
keit Griechenlands. Die Ursachen lagen – das wissen wir
eindeutig – in der immer deutlicher werdenden katastro-
phalen Haushalts- und Finanzsituation in Griechenland
und in gezielten Spekulationen gegen Griechenland. Die
Risikoaufschläge auf den Kapitalmärkten für griechische
Anleihen stiegen in eine Höhe, die dieses Land nicht
mehr finanzieren konnte.

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(C (D Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen aben in dieser Phase von Anfang an klargemacht, dass ir im Notfall für Hilfen für bedrohte Länder in Europa ind – natürlich auch für Griechenland –, aber dass wir s für genauso notwendig halten und wir diese Hilfen daan koppeln wollen, dass auch das betroffene Land selbst lles Mögliche tut, um die drohende Zahlungsunfähigeit und weitere Krisen abzuwenden. ir haben dann im Mai ein Gesamtkonzept unter Einbeiehung des Internationalen Währungsfonds zusammentellen können. Insofern konnten wir die Griechenlandrise aussetzen. Unmittelbar im Anschluss an unsere Debatte hier im undestag – ich kann mich noch genau daran erinnern; ch finde es schon erstaunlich, wenn Herr Steinmeier agt, Frau Bundeskanzlerin Merkel hätte hier die Backen eplustert und dann das Gegenteil gemacht; niemand usste es, niemand hat es vorausgesehen –, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsch!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


och am selben Tag, als wir hier das Griechenland-Paket
eschlossen haben, mehrten sich zum Abend hin, ver-
chärft zum Wochenende hin die Hinweise darauf – das
ar schon am Montag der darauffolgenden Woche –,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn nun? Freitag? Montag?)


ass auch Länder wie Portugal, Irland und Spanien in die
ahlungsunfähigkeit kommen könnten.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und da war Ihre Bundeskanzlerin schwer überrascht!)


Das war nicht abzusehen. Auch Sie haben das nicht ab-
ehen können. Sogar die Grünen – da stimme ich Ihnen
u – haben damals dem Griechenland-Paket zugestimmt.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen Sie ja jetzt abschaffen!)


ber bei einem wichtigeren Paket haben Sie sich dann in
ie Büsche geschlagen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Seit wann stimmen wir Sachen zu, wozu die Unterlagen nicht vorliegen?)


Die Europäische Union war in der Lage, quasi über
as Wochenende den sogenannten europäischen Ret-
ungsschirm aufzubauen, zu kreieren: 750 Milliarden
uro, 60 Milliarden Euro von der Kommission, 440 Mil-

iarden Euro von den Mitgliedstaaten und bis zu
50 Milliarden Euro vom IWF. Wir als Mitglieder des
undestages waren in der Lage, binnen einer Woche die
azu notwendigen und richtigen Beschlüsse zu fassen.

An dieser Stelle will ich kurz darauf eingehen, wie
ich die Opposition in dieser Zeit verhalten hat: Sie wä-
en eventuell für diesen Rettungsschirm gewesen; aber
ie hätten – wir haben es vorhin von Herrn Steinmeier
elbst gehört – nicht zustimmen können, weil wir uns





Michael Stübgen


(A) )


)(B)

nicht nachdrücklich für die Finanztransaktionsteuer ein-
gesetzt haben. Ich will Ihnen den wahren Grund für Ihr
Verhalten nennen: Sie haben natürlich mitbekommen,
dass die notwendigen Entscheidungen, die die Koalition
getroffen hat, in Deutschland sehr unpopulär waren.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Sie waren zerstritten! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei uns nicht! Bei Ihnen vielleicht!)


Einige Medien haben sich darauf eingeschossen. Sie ha-
ben es vorgezogen, sich in dieser Frage in die Büsche zu
schlagen. Das ist pure Verantwortungslosigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Beide Ad-hoc-Maßnahmen – das zeigt sich heute sehr
deutlich – haben ihre Ziele erreicht. Wir konnten die
existenzielle Gefahr für den Euro und für die gesamte
Europäische Union abwenden. Griechenland befindet
sich auf dem Weg der Besserung. Es hat eigene nachhal-
tige Reformen umgesetzt und strebt weitere Reformen
an. Alle Mitgliedsländer der Europäischen Union unter-
nehmen mittlerweile nachhaltige Konsolidierungsanstren-
gungen, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland.
Die Europäische Zentralbank konnte in der vergangenen
Woche mit dem Ankauf von Staatsanleihen aufhören.
Auch sie sieht mittlerweile die Euro-Stabilität als ausrei-
chend gesichert an, sodass sie solche Maßnahmen nicht
mehr durchführen muss.

Wir können feststellen: Der Feuerwehreinsatz in der
ersten Hälfte dieses Jahres war erfolgreich. Die Brände
sind weitgehend gelöscht. Jetzt kommt es darauf an, das
Gebäude feuerfest zu bauen. Darum geht es im Wesentli-
chen morgen und übermorgen beim Europäischen Rat.
Die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung ha-
ben schon im Juni angefangen, zu definieren, welche
Maßnahmen wir denn ergreifen müssen, um eine Wie-
derholung derartiger Krisen in der Europäischen Union
zu verhindern. Wir haben in einer Entschließung im Juni
dieses Jahres zum einen darauf hingewiesen, dass wir es
für notwendig halten, den Euro-Stabilitätspakt deutlich
zu verschärfen. Zum anderen gehen wir mehr und mehr
davon aus, dass wir auch Maßnahmen ergreifen müssen,
die mit einer Vertragsveränderung verbunden sind.

Ich will zum ersten Punkt kommen.


(Florian Pronold [SPD]: Das wurde auch Zeit!)


Die Europäische Kommission hat im September dieses
Jahres Vorschläge zur Stärkung des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes gemacht. Hier muss man Folgendes
sehen – das gehört zur Analyse dazu –: Nachdem im Jahr
2004 der Stabilitäts- und Wachstumspakt aufgeweicht
worden war, entwickelte er sich leider endgültig zu ei-
nem zahnlosen Tiger. Zur historischen Wahrheit gehört
nun einfach dazu, dass diese Aufweichung auf Initiative
von Frankreich und der rot-grünen Bundesregierung zu-
stande gekommen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D ie haben damals verhindert, dass ein Sanktionsverfahen umgesetzt wird, und haben damit in Kauf genomen, dass später viel Schlimmeres passiert. (Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Das ist falsch von der Entwicklung!)


Ich bin allerdings der Meinung – das ist die Schluss-
olgerung aus meiner Analyse –, dass auch ein Festhal-
en am alten Stabilitätspakt, also am Stabilitätspakt vor
einer Aufweichung, diese Krise wohl nicht hätte ver-
indern können.


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Hört! Hört!)


Aber es ist dadurch noch schlimmer geworden.


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Falsch!)


Bitte plustern Sie sich jetzt nicht auf, indem Sie sagen,
ass das, was wir umsetzen, zu wenig sei. Wir sind da-
ei, die Fehler, die Rot-Grün gemacht hat, zu beheben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Stabilitätspakt ist eindeutig einseitig fokussiert.
r orientiert sich nämlich im Wesentlichen am Defizit-
riterium, aber nicht mehr an der Gesamtverschuldung.
r ist kompliziert und schwerfällig und politisch leicht
anipulierbar – siehe das Handeln der rot-grünen Regie-

ung und Frankreichs im Jahre 2004. Deshalb ist es not-
endig, dass wir hier die geeigneten Maßnahmen zur
erschärfung ergreifen.

Die Europäische Kommission hat im September die-
es Jahres Vorschläge vorgelegt. Diese Vorschläge sind
mbitioniert. Sie greift im Wesentlichen die Reformvor-
chläge auf, die wir in der Koalition schon im Sommer
ieses Jahres gemacht haben. Die Vorschläge der Kom-
ission bilden einen ausreichend guten Ansatz; aller-

ings hatten sie bis vor wenigen Tagen einen entschei-
enden Nachteil: Es war absolut ausgeschlossen, dass
ie im Europäischen Rat eine Mehrheit finden könnten,
amit sie umgesetzt werden können.


(Florian Pronold [SPD]: Demokratietheoretisch ist das ein Problem, ja!)


Deshalb war es richtig, dass der Europäische Rat
chon im Sommer dieses Jahres eine Taskforce unter der
eitung von Kommissionspräsident Van Rompuy einge-

ichtet hat, die ihrerseits Vorschläge für den Europäi-
chen Rat zur Verschärfung des Stabilitätspaktes erarbei-
en soll. Man hat von dieser Kommission leider längere
eit nichts gehört, außer dass es wohl schwierig war,
ich dort zu einigen. In der letzten Woche haben wir aber
inen Vorschlag dieser Taskforce erhalten, der am
8. Oktober einstimmig verabschiedet wurde, das heißt
on den 27 EU-Finanzministern, dem Ratspräsidenten
nd dem Währungskommissar. Das bedeutet, dass dieser
orschlag, der sehr nah am Vorschlag der Kommission

st und in einigen Punkten, gerade im präventiven Be-
eich, sogar konkreter und weitgehend ist, umgesetzt
erden kann. Das ist ein erster großer Erfolg im Bereich
er notwendigen Reformen, die wir ergreifen müssen.

Wir sollten solche Erfolge nicht kleinreden. Es ist der
rößte Fehler, nur zu sagen, was vielleicht noch besser





Michael Stübgen


(A) )


)(B)

gewesen wäre, anstatt darauf hinzuweisen und den Men-
schen zu erklären, dass diese Entscheidung gut ist. Na-
türlich kann ein solcher Kompromiss der 27 EU-Finanz-
minister niemals zu 100 Prozent die Überzeugung jedes
Einzelnen zum Ausdruck bringen.

Die Frage ist aber: Was bleibt noch übrig? Das ist eine
entscheidende Frage; wir haben sie bereits im Sommer
beantwortet. Wir sind der Meinung, dass wir für einen
Teil – wir haben drei wesentliche Punkte definiert; ich
will mich aus Zeitgründen auf nur einen konzentrieren –
eine Vertragsänderung brauchen. Warum? Wir sind der
Meinung, dass es wesentlich ist, dass wir in der Europäi-
schen Union, nachdem die Ad-hoc-Maßnahmen ausge-
laufen sind, langfristig zu einer Struktur, zu einem robus-
ten Krisenbewältigungsmechanismus kommen müssen,
der uns in die Lage versetzt, dass es in einem vielleicht
doch wieder eintretenden Krisenfall, den wir vielleicht
nicht verhindern können,


(Florian Pronold [SPD]: Was will uns diese Rede sagen?)


als Ultima Ratio zu einem geordneten Umschuldungs-
verfahren kommt und dass private Gläubiger, die in je-
dem Fall Profiteure einer solchen Krise sind, mit zur
Verantwortung gezogen werden.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Aha! – Florian Pronold [SPD]: Könnten Sie das noch einmal sagen, damit man das versteht?)


Die genauere Analyse der Situation scheint problema-
tisch zu sein, weil die deutliche Mehrheit der Mitglied-
staaten sie nicht wünscht. Allerdings will die deutliche
Mehrheit der Mitgliedstaaten, dass wir eine Entfristung
des vorhandenen Stabilisierungsmechanismus vorneh-
men. Es gibt zwei wesentliche Gründe, warum die CDU/
CSU-Fraktion das kategorisch ablehnt:

Erstens. Dieser Mechanismus ist vertrags- und verfas-
sungsrechtlich sehr fragwürdig, wenn er entfristet wird.
Er ist maximal als kurzfristige Übergangslösung zuläs-
sig.

Zweitens. Der Mechanismus ist auch politisch inak-
zeptabel; denn er hat einen ganz entscheidenden Nach-
teil: Die privaten Gläubiger werden in gar keiner Weise
einbezogen.

Wenn wir es jetzt schaffen, dass sich der Europäische
Rat morgen und übermorgen darauf einigt – das ist der
Vorschlag von Deauville –, eine zweite Taskforce – Van
Rompuy zwei – einzurichten und ihr den Auftrag zu ge-
ben, in dieser Frage Vorschläge zu erarbeiten, damit wir
in Zukunft auf gesicherter vertraglicher Grundlage agie-
ren können, aber auch die privaten Gläubiger mit einbe-
ziehen können, dann haben wir die wesentlichen Anfor-
derungen, die sich aus der Krise ergeben haben, erfüllt.
Deshalb wünsche ich der Bundeskanzlerin für morgen
ruhige, harte und erfolgreiche Verhandlungen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Renate Künast hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die rünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau undeskanzlerin, ich glaube, Sie haben uns ein Schaupiel dargebracht. Das Theaterstück, das Sie inszenieren, eißt: Handlungsfähigkeit und der Herbst der Entscheiungen. Die Sache mit dem „Herbst der Entscheidungen“ ist ber – das muss ich gleich sagen, Frau Merkel – nach inten losgegangen. Sie haben versucht, sich hier als roße Europäerin zu präsentieren. Wenn ich mir aber anehe, was in den letzten Wochen, insbesondere in den etzten Tagen geschehen ist, komme ich zu dem Ergebis: Sie hinterlassen eher den Eindruck einer europapoliischen Novizin; höher könnte ich gar nicht gehen. Schauen wir uns einmal an, was in den letzten Tagen os war. Ihre Europapolitik ist ein einziger Widerspruch. rst haben Sie unter Vorsitz von Van Rompuy eine askforce installiert. Übrigens, Herr Stübgen, wenn ich inmal Nachhilfeunterricht geben darf: Van Rompuy ist icht Kommissionspräsident. Wenn man mit der Veheenz, die Sie an den Tag gelegt haben, eine Rede hält, ber die Titel falsch verteilt, dann ist das schade. Außerem wird der Inhalt dadurch infrage gestellt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706701600
Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706701700

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun denn, Van Rompuy wurde Leiter einer Taskforce
das war Ausdruck des Misstrauens gegenüber Barroso
nd der EU-Kommission –, die parallel schärfere Vor-
chläge erarbeiten sollte. Herausgekommen ist übrigens
ichts Schärferes. Das Ansehen der Kommission ist
amponiert.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Verrompuyniert!)


„Verrompuyniert“ könnte man auch sagen. Wenn ich
ur wüsste, wie man das schreibt. – Das sorgte für unnö-
ige Doppelstrukturen und Chaos.

Jetzt kommt noch Folgendes: Die Van-Rompuy-
ruppe hat sich wie die Kommission auf ein quasi auto-
atisches Defizitverfahren geeinigt. Das ist schon ein-
al gut, wenn dort auch einiges schwächer formuliert
ar. Doch dann haben Sie den französischen Präsiden-

en, Herrn Sarkozy, am Strand von Deauville getroffen
nd mit ihm am vergangenen Montag einen Deal verein-
art: Kehrtwende um 180 Grad. Das ist keine konsis-
ente europäische Politik. Es stellt sogar die herrschen-
en Institutionen infrage, wenn Sie an dem gleichen Tag,
n dem Van Rompuy ein quasi automatisches Sanktions-
erfahren vorschlägt, gemeinsam mit Sarkozy sagen:
as wollen wir aber nicht. – Das ist nicht nur beschä-
end für Deutschland, sondern schädigt auch unsere
urchsetzungskraft und die Durchsetzungskraft Euro-
as, zum Beispiel im Rahmen der G 20.





Renate Künast


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Altmaier [CDU/CSU]: Das haben Sie jetzt wirklich nicht verstanden!)


Was gilt denn jetzt eigentlich? Am Wochenende hieß
es noch: „Kein Automatismus“, und jetzt will man wie-
der einen Automatismus. Es ist wie üblich in dieser
Koalition: Die eine Hand weiß nicht, was die andere tut.


(Otto Fricke [FDP]: Was wollen Sie denn?)


Irgendetwas muss doch der Grund dafür sein, dass Herr
Westerwelle und andere Europaexperten in Ihrer Frak-
tion sauer waren. Aus den Reihen von FDP und CDU/
CSU kam immer wieder der Hinweis, dass das eine nicht
abgesprochene Politik ist.


(Otto Fricke [FDP]: Was wollen Sie denn?)


Sauer sind auch die Mitgliedstaaten. Frau Merkel, als
Sie noch in der Opposition waren, haben Sie immer mit
viel Getöse gesagt, man solle die Dinge nicht nur mit
Frankreich abstimmen, sondern auch die kleinen Mit-
gliedstaaten mitnehmen. Jetzt haben offensichtlich auch
Sie verstanden, dass man Dinge mit Frankreich ab-
stimmt. Aber Sie haben das auf die denkbar schlechteste
Art und Weise getan. Wenn zwei vorangehen, bedeutet
das nämlich nicht zwangsläufig, dass alle anderen außen
vor gelassen und verärgert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)


– Sie können gerne erzählen, wie das unter Rot-Grün
war. Ich weiß, was Sie damals wollten und was Sie nicht
wollten. Ich weiß auch, dass Sie Ihre konservativen
Freunde in Frankreich bei so ziemlich jeder Reform in
Europa auf die Zinne getrieben haben. Daher würde ich
an Ihrer Stelle die Füße still halten.

Sie wären besser der Volksweisheit „Besser den Spatz
in der Hand als die Taube auf dem Dach“ gefolgt. Der
Spatz in der Hand wäre an dieser Stelle nämlich nicht ein
possierliches Tierchen gewesen, sondern ein von Kom-
mission und Taskforce erarbeitetes Regelwerk, das quasi
automatisch funktioniert, und zwar im präventiven wie
auch korrektiven Bereich. Dazu bräuchten Sie keine Ver-
tragsänderung und keine politische Lähmung der De-
batte. Wie wollen Sie das jetzt machen? Soll das heißen,
dass Sie wirklich glauben, Sie könnten die europäischen
Mitgliedstaaten zu Vertragsänderungen bewegen, wo-
möglich per Referendum? Glauben Sie, dass Sie die
Regierungschefs dazu bewegen können, zu Hause zu sa-
gen: „Ihr Lieben, wir haben nicht nur einen Mechanis-
mus implementiert; das Verfahren wirkt präventiv und
bei Defizitsündern“, sondern auch beschlossen, dass wir
im entscheidenden Augenblick nichts zu sagen haben?
Das glauben Sie selbst nicht. So etwas würden Sie mit
sich selber auch nicht machen lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine These ist, dass Sie in der EU-Politik alles ver-
masselt haben, was zu vermasseln ist. Auch das Thema
Griechenland – das sage ich Ihnen ganz klar – haben
Sie nicht angepackt, obwohl alle wussten, was da auf uns

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(C (D ukommt. Der Satz, man habe es nicht gewusst, stimmt icht. Wenn Sie einmal Wirtschaftsund Finanzseiten elesen hätten, hätten Sie gewusst, dass wir deutlich geehen haben, welche finanziellen Debakel dort auf uns ukommen. (Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


a haben Sie gesagt: Europa interessiert uns nicht; un-
ere Haushalte interessieren uns nicht. Uns interessiert
ur die Wahl in Nordrhein-Westfalen. – Zu Recht sind
ie dann dort abgestraft worden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP: Wer sagt denn so etwas?)


Wir wissen, dass wir die zentralen Fragen, die sich in
nserem Land, in Europa und in dieser Welt stellen, nur
lobal werden beantworten können. Dafür brauchen wir
in starkes Europa. Dazu brauchen wir ein Deutschland,
as sich seiner Rolle bewusst ist, voranzugehen und
uropa zusammenzuhalten, statt wie jetzt Luxemburg,
sterreich, Tschechien und andere auf die Palme zu trei-
en.

Frau Merkel, Sie haben gesagt, dies werde der Herbst
er Entscheidungen. Ich sage hingegen: Das wird der
erbst der schwarz-gelben Wirrungen. Es wird der
erbst der verbal-radikalen Ankündigungen, der Nach-
esserungen und der Respektlosigkeiten, aber nicht der
erbst, in dem diese Bundesregierung wirklich anste-
ende Probleme aktiv, verantwortlich und mit Respekt
or anderen EU-Mitgliedstaaten löst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Europa ist nach einer glo-
alen Finanzkrise auch in eine Schuldenkrise gerutscht.
iele Mitgliedstaaten haben Defizite, die so gar nicht

ragbar sind.


(Otto Fricke [FDP]: Die gab es doch schon vorher!)


Wir wissen alle: Mehr Hilfepakete kann es nicht ge-
en. Es muss also zu grundlegenden Reformen kommen.
uch wir sagen, dass es zum einen mehr wirtschaftspoli-

ische Koordination braucht. Es braucht mehr Abstim-
ung in der Haushaltspolitik. Daher ist es richtig, dass
an seine Haushaltspläne vorlegen muss. Zum anderen

raucht es aber auch ein außenwirtschaftliches Gleichge-
icht.

Tun wir also nicht so, als würden nur andere Pro-
leme bereiten. In Deutschland müssen wir uns auch
berlegen, wie unsere eigene wirtschaftspolitische Ent-
icklung verläuft und wie wir die Binnennachfrage bei
ns stärken. Deshalb kommt man am Ende um Mindest-
ohndebatten – um nur einen Punkt zu nennen – gar nicht
erum.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP)






Renate Künast


(A) )


)(B)

Wenn Sie die Binnennachfrage stärken wollen, müs-
sen Sie dafür Maßnahmen ergreifen, anstatt sich über
Griechenland zu beklagen, aber am Ende festzustellen,
dass wir im Wesentlichen auch von unseren Exporten in
andere Mitgliedstaaten leben.

Deshalb sagen wir auch Ja zu dem stärksten Vor-
schlag der EU-Kommission des quasi automatischen
Defizitverfahrens. Die EU-Kommission hat – auch das
haben Sie heute gar nicht erwähnt – sechs Vorschläge
vorgelegt, von denen vier auch durch das Europäische
Parlament gehen müssen.

Meine Sorge ist, dass Sie mit Ihrem Alleingang das
Europäische Parlament eher gegen sich aufgebracht ha-
ben, als es zu unterstützen. Meine Sorge ist, dass dieses
dilettantische Vorgehen voller Widersprüchlichkeit
– man weiß immer noch nicht, was eigentlich gelten soll;
wir könnten jetzt auf die Sarkozy-Antwort auf die
Merkel-Rede warten – am Ende auch die Schlagkraft bei
dem G-20-Gipfel in Seoul nicht erhöhen wird, weil alle
Welt sich über die deutsche und europäische Wider-
sprüchlichkeit kaputtlacht.

Frau Merkel, Sie haben die Hausaufgaben nicht ge-
macht. Sie tragen hier allgemeine Sätze über internatio-
nales, weltweites Wachstum vor. Frau Merkel, dann
müssen Sie jetzt auch einmal Butter zu den Fischen ge-
ben.


(Otto Fricke [FDP]: Es heißt „bei“!)


Sie müssen sagen, welches Wachstum Sie wollen: Nach-
haltigkeit statt Raubbau? Tatsächliches Verteilen der
Lasten auf mehrere Schultern in der EU und in Deutsch-
land? Starten Sie doch eine Initiative für die Doha-
Runde, damit Europa nicht mehr auf Kosten anderer
lebt.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706701800

Frau Kollegin.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706701900

Ich bin beim letzten Satz. – Dann hören Sie auf mit

Ihrer Blockade, zum Beispiel bei der Reform der EU-
Agrarpolitik, und zeigen anderen Ländern auf dieser
Welt: Wir wollen uns bewegen.

Zukunftsfragen kann man nur global lösen. Dazu
braucht es eine einige Europäische Union. Dazu braucht
es Weichenstellungen bei der Wirtschafts- und Wäh-
rungsunion.

Frau Merkel, ich kann nur sagen – das ist jetzt wirk-
lich aus meinem tiefsten Inneren gesprochen –, dass ich
nach Ihrem Ausflug nach Deauville eine Erwartung
habe: Vermasseln Sie es nicht!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706702000

Michael Link spricht jetzt für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ies war eine ganz sachliche Debatte, bis Kollege Dehm nd Kollegin Künast gesprochen haben. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie sich schon vorher so aufgeschrieben!)

Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1706702100

ch kann nur sagen: Für flotte Sprüche und Belehrungen
la Oberlehrer ist dieses Thema zu ernst.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


enn Sie in den ersten Jahren der Währungsunion, als
ie Regierungsverantwortung getragen haben – damals
urde auch der Stabilitätspakt ausgehöhlt –,


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Wo hat der Kollege Dehm Regierungsverantwortung getragen?)


esser aufgepasst hätten, dann hätten wir einige der Pro-
leme, die wir heute haben, vielleicht nicht. Sie hatten
ie Gelegenheit dazu, unter anderem auch bei Griechen-
and.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die CDU/CSU-Fraktion und FDP-Fraktion legen Ih-
en heute einen Entschließungsantrag vor, weil wir un-
ere Verantwortung für die europäische Integration sehr
rnst nehmen. Dass wir sie ernst nehmen, zeigen wir, in-
em wir vor einem Europäischen Rat Maßstäbe definie-
en. Wir haben viele Wochen gemeinsam an diesem An-
rag gearbeitet. Ich glaube, dies zeigt ein bisschen, wie
ie Europäische Union nach Lissabon funktioniert: Vor
em Europäischen Rat sagen wir als Bundestag klar, was
ir wollen. Wir begrüßen im Übrigen, dass die Grünen
nd die Linken ebenfalls Anträge vorgelegt haben. Er-
taunlicherweise hat die SPD keinen Antrag vorgelegt.
as finde ich schade; denn genau das wäre wichtig. Wir

ollen und wollen hier darüber diskutieren, was die ver-
chiedenen Fraktionen vor dem Europäischen Rat sagen.

Frau Bundeskanzlerin, wir begrüßen, dass wir beim
uropäischen Rat die ersten Schritte machen werden.
ir begrüßen auch, dass der Zeitplan für die möglichen

ertragsänderungen, die wir anstreben, bis März 2011
ehr ambitioniert ist. Da kann viel schiefgehen; das ist
öllig klar. Es ist logisch, dass es hier und da am Anfang
anchmal rumpelt. Glauben Sie denn, dass vor einem
uropäischen Rat – das wissen Sie aus Ihrer Erfahrung
m besten – in Europa immer alles einstimmig gesehen
ird? Nein, das ist nicht der Fall. Umso wichtiger ist,
ass wir als Bundestag sagen, was wir wollen, und dass
ir Maßstäbe definieren, wobei wir erwarten, dass sich
ie Bundesregierung in den Verhandlungen an diesen
aßstäben orientiert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben viele Maßstäbe genannt – ich brauche sie
icht im Einzelnen zu wiederholen –, zum Beispiel die
utomatischen Sanktionen und den robusten Mechanis-
us. Beim robusten Mechanismus, so wie er von





Michael Link (Heilbronn)



(A) )


)(B)

Van Rompuy vorgeschlagen worden ist, fehlt uns noch
etwas, Frau Bundeskanzlerin; das ist schade. Vorgesehen
ist dort in der Ziffer 49 des Vorschlags von Van Rompuy,
dass der private Sektor beteiligt werden kann. Das ist
noch kein Muss. Da haben wir noch einen großen Kampf
vor uns; das müssen wir gemeinsam bewältigen. Leider
ist der Text, so wie er von Van Rompuy vorgelegt wor-
den ist, an dieser Stelle noch nicht befriedigend. Aber
wir arbeiten gemeinsam daran. Auch deshalb formulie-
ren wir hier unsere Forderungen.

Wir sind uns als Koalitionsfraktionen einig – ich
hoffe, auch das gesamte Haus sieht das so –, dass wir die
Währungsunion nicht als eine Transfer- und Haftungs-
union sehen, in der die Stärkeren zum Rettungsanker
derjenigen werden, die ihre Schuldenprobleme nicht
rechtzeitig selbst lösen. Wir als Bundestag sagen also,
was wir wollen. Wir sagen, was wir korrektiv wollen,
also im Nachhinein, und was wir präventiv wollen. Wir
schreiben in diesem Antrag aber auch ganz klar – zwei,
drei Sätze sollten dazu gesagt werden –, dass wir Anlei-
hen aus dem EU-Haushalt, ein Gemeinschaftsinstru-
ment, einen Fonds – egal unter welchem Namen; es wird
unter verschiedensten Namen darüber diskutiert: Wäh-
rungsfonds, Liquiditätsfonds, Notfallfonds – nicht wol-
len. Die Dinge, die wir nicht wollen, benennen wir klar
und deutlich.

Wir, also die Bundesregierung, der Bundestag und
sehr viele Staaten in der Europäischen Union, die uns
schon klar signalisiert haben, dass sie mit uns darüber re-
den wollen, haben dadurch die Chance, die Währungs-
union so fortzuentwickeln, dass sie wesentlich stabiler
wird. Für uns ist klar: Es gibt bei Fragen der Währung
kein Primat der Politik in dem Sinne, dass man beliebig
an der Währung herumdoktern kann. Das ist der große
Unterschied zu anderen Bereichen. Wir haben damals,
als die Währungsunion eingeführt wurde, klipp und klar
gesagt: Währungsfragen sind wichtige Fragen, deren Be-
antwortung wir durch die unabhängige Europäische Zen-
tralbank – früher war es die unabhängige Bundesbank –
gewährleistet sehen wollen. Deshalb haben wir große
Sympathie für die Vorschläge zu den automatischen
Sanktionen, wie sie von der Europäischen Kommission
vorgelegt wurden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Machen wir uns eines nicht vor: Vieles von dem, was
uns heute Probleme bereitet, haben wir der Schwächung
des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2004
und 2005 zu verdanken. Anstatt andere hier zu schul-
meistern, möchte ich daran erinnern, wie Bundeskanzler
Schröder in Spiegel Online vom 21. März 2005 die da-
malige Aufweichung des Währungsfonds begrüßt hat. Er
hat damals gesagt, er begrüße die von den EU-Finanz-
ministern beschlossene Reform des Stabilitätspaktes.
Finanzminister Hans Eichel habe mit seinen europäi-
schen Kollegen ein gutes Ergebnis erzielt. Eichel hatte
sich zuvor angesichts der Einigung ähnlich erfreut ge-
zeigt. Er sagte, es handele sich um eine gute Entschei-
dung, und fügte hinzu: „Sie sehen heute einen ausge-

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(C (D prochen zufriedenen deutschen Finanzminister vor ich.“ Herr Kollege. Diese Aussagen wurden nach den Entscheidungen zur ufweichung des Stabilitätsund Wachstumspaktes geroffen. Das war ein Fehler, der sich nicht wiederholen arf. Wir unterstützen die Bundesregierung massiv bei hren Bemühungen, das, was damals falsch gemacht urde, jetzt besser zu machen. Jetzt hat Alexander Ulrich das Wort für die Fraktion ie Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! elche sind die richtigen Lehren aus der Krise? Das ist ie zentrale Frage, über die auf dem europäischen Gipfel nd bei G 20 diskutiert wird. In dieser Diskussion wird in zentraler Aspekt vergessen: die Frage, wer die Krise igentlich verursacht hat. Unser Außenminister erklärte vor kurzem: Die Krise urde durch hohe Staatsschulden verursacht. – Da hat err Westerwelle wohl etwas vergessen: Die Krise urde durch Spekulationen von Banken und Finanzinsti utionen verursacht. Als klar wurde, dass sich diese verpekuliert hatten, sind die Staaten eingesprungen, um sie nd mit ihnen die Konjunktur zu retten, die ohne diese ettungsmaßnahmen noch weiter eingebrochen wäre. er dies, wie es im Entschließungsantrag der Regie ungsfraktionen zum Ausdruck kommt, vergisst oder erschweigt, kann niemals die richtigen Lehren aus dieer Krise ziehen. Kernthema auf der europäischen Ebene ist jetzt die rage, wie man Staaten, die sich zu stark verschulden, estrafen kann. Noch einmal: Die Krise wurde nicht von erantwortungslosen Staaten verursacht, sondern von erantwortungslosen Bankern und Spekulanten. Die erste Lehre aus der Krise muss lauten: Wir brau hen eine Regulierung der Finanzmärkte. Dass man hier och einen weiten Weg vor sich hat, wurde während der uro-Zonen-Krise ganz deutlich. In dieser Krise haben anken gegen hoch verschuldete Staaten spekuliert. Ich Wie können es sich die egierungen gefallen lassen, dass sie zuerst mit Milliarenbeträgen Spekulanten retten und kurze Zeit später geau diese Spekulanten gegen die Staaten spekulieren, die ich für ihre Rettung verschuldet haben? Die Linke forert: Das Finanzkasino muss endlich geschlossen weren! Alexander Ulrich )

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706702200
Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1706702300

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706702400

(Beifall bei der LINKEN)

Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706702500

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1706702600

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Es müssen endlich wirksame Maßnahmen getroffen wer-
den. Dazu gehören unter anderem ein Verbot von CDS,
ein Verbot von Leerverkäufen, ein Verbot von Bankkre-
diten an Hedgefonds und ein Verbot des außerbörslichen
Derivatehandels.

Da man im Entschließungsantrag der Koalitionsfrak-
tionen kein einziges Wort zum Thema Finanzmarktregu-
lierung, sondern stattdessen die Aussage findet, die
Kräfte des Marktes sollten genutzt werden, um die Staa-
ten vor künftiger Verschuldung zu bewahren, kann man
nur sagen: Sie haben offensichtlich überhaupt nichts ge-
lernt und nichts verstanden.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Verursacher der Krise dürfen derzeit nicht nur weit-
gehend so weitermachen wie bisher, sondern sie werden
für ihr verantwortungsloses Handeln auch nicht zur
Kasse gebeten. Die deutsche Bankenabgabe ist ein Trop-
fen auf den heißen Stein. Auch auf EU- und internatio-
naler Ebene einigte man sich nur auf kosmetische Maß-
nahmen.

Die zweite Lehre aus der Krise muss lauten: Die Ver-
ursacher müssen zur Kasse gebeten werden. Wir fordern
eine Bankenabgabe nach US-amerikanischem Vorbild,
unter Ausnahme der Sparkassen und Genossenschafts-
banken. Wir fordern darüber hinaus die Einführung und
Erhebung einer Finanztransaktionsteuer auf alle Wertpa-
pier-, Devisen- und Derivateumsätze, und zwar auf na-
tionaler und europäischer Ebene.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Auch auf Sparbriefe?)


Frau Bundeskanzlerin, warum setzen Sie nicht Ihre
ganze Energie für die Einführung der Finanztransaktion-
steuer ein? Wenn Sie hierfür genauso hart kämpfen wür-
den wie für die völlig unsinnige Verschärfung des Stabi-
litäts- und Wachstumspaktes, hätte diese Steuer gute
Chancen auf Verwirklichung.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das will sie doch gar nicht!)


Derzeit können wir beobachten, was passiert, wenn
die falschen Lehren aus der Krise gezogen werden. Die
Spekulanten machen weiter wie bisher. Die Kosten der
Krise tragen die Beschäftigten, die Armen, die Steuer-
zahler und Rentner sowie die Kinder. In Deutschland
wird Hartz-IV-Empfängern das Elterngeld gestrichen, in
Portugal wird die Mehrwertsteuer auf viele Lebensmittel
von 6 auf 23 Prozent erhöht, und Großbritannien streicht
fast 500 000 Stellen im öffentlichen Dienst; mit den
Grausamkeiten in Griechenland, Irland und Spanien will
ich gar nicht erst anfangen.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Die Rente mit 67 haben Sie vergessen!)


Dies ist in hohem Maße unsozial und ökonomisch völlig
unsinnig. Wer in der Krise spart, wird die Krise ver-
schärfen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Ich komme zum Schluss. Daher steht die Linke voll inter den Gewerkschaften, die am 29. September 2010 ei einem europaweiten Aktionstag unter dem Motto Nein zu Sparmaßnahmen – Vorrang für Beschäftigung nd Wachstum“ Hunderttausende Menschen auf die traße gebracht haben. Sehr geehrte Frau Bundeskanzlein, nehmen Sie diesen Protest endlich ernst! Die Lehre us der Krise darf kein sozialpolitischer Kahlschlag in er EU sein. ie Lehre aus der Krise muss das genaue Gegenteil sein: in soziales Europa. Wir brauchen nicht Vertragsänderungen, um Stimmechte wegzunehmen, sondern wir brauchen Vertragsänerungen für ein soziales Europa. Wir brauchen ein Euopa mit einer sozialen Fortschrittsklausel, damit das oziale Vorrang vor der Wirtschaft hat. Vielen Dank. Thomas Silberhorn hat jetzt das Wort für die CDU/ SU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706702700


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1706702800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie Krise um den Euro im Frühjahr hat so gewaltige
eltweite Auswirkungen gezeitigt, dass es keine Unter-

reibung ist, festzustellen, dass es jetzt ums Ganze geht,
enn sich unsere Staats- und Regierungschefs zusam-
ensetzen, um die Euro-Zone zu stabilisieren und un-

ere gemeinsame Währung, den Euro, zu stärken.

Die Van-Rompuy-Arbeitsgruppe hat wichtige Wei-
henstellungen vorgeschlagen: eine engere Koordinie-
ung der nationalen Haushalts- und Wirtschaftspolitiken,
ie Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte,
chnellere und schärfere Sanktionen bei Verstößen gegen
en Stabilitäts- und Wachstumspakt und nicht zuletzt das
ekenntnis, dass wir Regeln für mögliche künftige Kri-

enfälle finden müssen. – Wir müssen zur Solidität in der
uro-Zone zurückkehren, und wir müssen zugleich Vor-
ehrungen für den Fall treffen, dass künftig nochmals ein
itglied der Euro-Zone zu scheitern droht.

Deswegen ist zweierlei notwendig: Wir müssen zum
inen den Stabilitäts- und Wachstumspakt stärken, um
ine zu hohe Verschuldung zu vermeiden oder gegebe-
enfalls rechtzeitig korrigieren zu können, und wir müs-
en zum anderen ein geordnetes Insolvenzregime errich-
en, um eine Umschuldung zu ermöglichen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich sage das in aller Deutlichkeit und ohne jeden
chaum vor dem Mund: Wir müssen es hochverschulde-

en Staaten tatsächlich ermöglichen, pleitezugehen, weil





Thomas Silberhorn


(A) )


)(B)

nur dann eine Umstrukturierung und eine notwendige
Umschuldung vorgenommen werden können.

Die Wirtschafts- und Währungsunion weist dazu eine
Regelungslücke auf, durch die wir vor ernsthafte Pro-
bleme gestellt sind. Wir können ein Mitglied der Euro-
Zone, das dauerhaft gegen die Regeln verstößt, nicht ein-
fach ausschließen, wir können aber auch nicht einfach
immer helfen; denn im Vertrag von Maastricht ist ganz
klar das Verbot vorgesehen, Schulden anderer Mitglied-
staaten zu übernehmen. Das ist nach der Rechtsprechung
unseres Bundesverfassungsgerichts – insoweit müssen
wir unsere Nachbarn um Verständnis bitten – eine ver-
fassungsrechtliche Voraussetzung für die Zustimmung
Deutschlands zum Eintritt in die Wirtschafts- und Wäh-
rungsunion gewesen. Deswegen kann ein dauerhafter
Hilfsmechanismus mit uns nicht möglich sein, deswegen
wird es mit uns keine Rettungsschirme für Griechenland
oder die gesamte Euro-Zone nach dem vereinbarten
Zeitpunkt geben können.


(Beifall der Abg. Veronika Bellmann [CDU/ CSU])


Es ist allerdings auch nicht erstrebenswert, einem
Mitgliedstaat der Euro-Zone nicht zu helfen, weil die
Konsequenzen natürlich furchtbar gravierend wären.
Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass diese Option
auf dem Tisch bleiben muss, nicht, um jemanden be-
drängen oder erniedrigen zu wollen, sondern um der Sta-
bilität des Euro willen; denn der Ausweg wird am Ende
nur sein können, dass wir ein Verfahren finden – und
dazu die Verträge ändern –, mit dem wir diese Rege-
lungslücke schließen können. Das ist die Voraussetzung
dafür, dass wir in künftigen Fällen überhaupt Hilfe leis-
ten können.

Deshalb ist die deutsch-französische Erklärung von
Deauville ein Bekenntnis der gemeinsamen Bereitschaft
von Deutschland und auch Frankreich, die jetzt notwen-
digen Änderungen der europäischen Verträge vorzuneh-
men. Das ist durchaus ein beachtlicher Verhandlungser-
folg, Frau Bundeskanzlerin, und ich habe gerade mit
Interesse gehört, dass jetzt auch der luxemburgische Pre-
mierminister, Jean-Claude Juncker, öffentlich erklärt hat,
dieses Vorgehen unterstützen zu wollen, nachdem er sich
vor ein, zwei Tagen noch ganz anders geäußert hat.

Meine Damen und Herren, ein solches Verfahren der
Vertragsänderung ist auch keineswegs ein unüberwind-
bares Hindernis. Wir brauchen nur wenige Sätze im Ver-
trag zu ändern. Wir müssen ohnehin die Verträge für
Kroatien und Irland ändern. Eine Änderung brauchen
wir auch nur für die Mitglieder der Euro-Zone, sodass
Staaten, die heute noch Skepsis signalisieren – wie bei-
spielsweise Großbritannien oder Tschechien –, davon
gar nicht betroffen wären. Es sollte also keiner so tun, als
wäre eine Vertragsänderung ein Ding der Unmöglich-
keit. Im Gegenteil, wir müssen ohnehin dieses Verfahren
aufsetzen.

Wenn ich nun höre, Herr Steinmeier, dass der große
Ehrgeiz besteht, zu noch weiter gehenden Vereinbarun-
gen zu kommen, als sie in der deutsch-französischen Er-
klärung von Deauville ihren unmittelbaren Ausdruck

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(C (D inden, dann, meine ich, lassen Sie uns darüber ganz ofen diskutieren. Immerhin ist jetzt eine gemeinsame Verandlungsgrundlage für den Europäischen Rat beschlosen worden. Aber am Ende müssen natürlich alle 7 Mitgliedstaaten zustimmen. Es wird insbesondere uch das Europäische Parlament zustimmen müssen. Deswegen höre ich mit Interesse, dass unsere Kolleinnen und Kollegen in Brüssel nochmals ganz deutlich ür automatische Sanktionen plädiert haben. Sie befürorten außerdem unseren Vorschlag, notorischen Defi itsündern das Stimmrecht zu entziehen, (Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Dafür gibt es keine Mehrheiten, nirgendwo!)


nd sie fordern genauso vehement wie wir ein, dass pri-
ate Gläubiger beteiligt werden.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon träumen Sie!)


lso gilt der alte Grundsatz: Es ist nichts vereinbart, so-
ange nicht alles vereinbart ist. Wir stehen erst am Be-
inn dieser Verhandlungen.

Nun, meine Damen und Herren, die Lehre bezüglich
riechenland muss doch sein, dass gerade das Fehlen
emeinsamer Regeln für eine Umschuldung dazu ge-
ührt hat, dass bei Griechenland die privaten Gläubiger
eschont worden sind und allein die Steuerzahler die Ze-
he zahlen mussten. Wer das nicht will, muss jetzt mit
ns dafür streiten, dass zwingend eine Beteiligung priva-
er Gläubiger vereinbart wird, wenn in Krisenfällen
ünftig Hilfe angefordert werden sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ur so wird man den Fehlanreiz verhindern, mit einer
nsoliden Haushaltspolitik fortzufahren.

Die Alternative dazu wäre auch nicht sehr viel besser;
enn wenn wir in der Europäischen Union nicht in der
age sind, dieses Thema für uns selbst zu regeln, dann
ird man im Zweifel im Rahmen des Internationalen
ährungsfonds eine Lösung dafür finden müssen. Der

nternationale Währungsfonds hatte dazu bereits einen
echanismus aufgesetzt, als es bei Argentinien anstand,

ine Umschuldung vorzunehmen. Die Besonderheit bei
riechenland ist doch nur, dass wir feststellen mussten,
ass, anders als damals bei Argentinien, jetzt ein ver-
leichsweise kleines Land der Euro-Zone mit einem ver-
leichsweise überschaubaren Anteil an der volkswirt-
chaftlichen Wertschöpfung in der Europäischen Union
on nur 2 Prozent eine gewaltige Turbulenz nicht nur in
er Euro-Zone verursacht hat, sondern auch den Dollar-
aum und den Yenraum in Mitleidenschaft zu ziehen
rohte. Deswegen wird es notwendig sein, dass wir von
iesen Einzelfällen abstrahieren und generelle Verfahren
chaffen, wie wir Staaten, die eine untragbar hohe Ver-
chuldung haben, eine Umschuldung ermöglichen.

Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir auch
in sehr klares Signal an die Finanzmärkte senden. Die
inanzmärkte müssen wissen, dass Hilfen für Staaten,
ie von Zahlungsunfähigkeit bedroht sind, nicht noch
inmal gewährleistet werden können, ohne dass private





Thomas Silberhorn


(A) )


)(B)

Gläubiger mit in die Haftung genommen werden. Erst
wenn wir dieses klare Signal an die Finanzmärkte sen-
den, werden wir bewirken können, dass Unterschiede
zwischen den Schuldnern gemacht werden, dass natür-
lich bei unterschiedlicher Haushaltslage unterschiedliche
Zinsen für staatliche Anleihen gezahlt werden müssen.
Das bedeutet, dass Länder mit Haushaltsproblemen al-
lein dadurch zu haushaltspolitischer Disziplin angehal-
ten würden. Zugleich müssen die Gläubiger wissen, dass
sie für höhere Zinsen auch ein höheres Risiko eingehen,
das sie dann tragen müssen, wenn es schiefgeht und sich
das Risiko realisiert.

Dieser Marktmechanismus entfaltet mindestens ge-
nauso disziplinierende Wirkung wie die Verankerung au-
tomatischer Sanktionen im Stabilitäts- und Wachstums-
pakt. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir die
Beteiligung von privaten Gläubigern durchsetzen. Wir
haben dazu jetzt schwierige Verhandlungen vor uns; aber
die Alternative für uns kann nicht sein – aus politischen
wie aus juristischen Gründen –, in eine Transferunion zu
marschieren, nicht nur weil wir die größten Garantiege-
ber sind, sondern weil insgesamt die Stabilität der Euro-
Zone auf dem Spiel steht.

Deswegen ist es jetzt an der Zeit, die notwendigen
Vertragsänderungen vorzunehmen und insbesondere den
privaten Sektor bei der Übernahme von Garantien, wenn
es schiefgeht, mit einzubeziehen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706702900

Der nächste Redner ist der Kollege Bernhard Schulte-

Drüggelte für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU):
Rede ID: ID1706703000

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Im Mai haben wir uns an dieser Stelle neben Grie-
chenland auch mit dem europäischen Stabilisierungsme-
chanismus beschäftigt und auch darüber verständigt. Das
heißt, die eine Seite des Hauses hat sich verständigt. Die
andere Seite des Hauses – die Linke und die SPD – hat
sich verantwortungslos gedrückt.

Es war eine schnelle, aber auch eine einmalige Ent-
scheidung. Die Maßnahmen des Rettungsschirms wer-
den im Sommer 2013 auslaufen. Eine solche Maßnahme
kann und darf nicht zur Dauereinrichtung werden.

Krisen markieren aber auch Wendepunkte. Die Frage
ist nun, wie künftig verfahren werden soll. Wie kann
eine Situation verhindert werden, wie wir sie im Früh-
jahr erleben mussten? Aus dieser Krise müssen Konse-
quenzen gezogen werden.

Ich möchte drei Bereiche ansprechen, in denen Kon-
sequenzen zu ziehen sind: Erstens. Die Haushaltsdiszi-
plin muss durch strengere Regeln unterstützt werden.
Zweitens. Die Haushalts- und Wirtschaftspolitiken der
europäischen Mitgliedstaaten müssen besser aufeinander

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(C (D bgestimmt werden. Drittens muss ein dauerhafter Krienmechanismus entwickelt werden. Diese drei Punkte ind für uns wichtig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Zur Haushaltsdisziplin: Das Volumen des Rettungs-
chirms macht deutlich, dass die Währungsunion nicht
och einmal mit solchen Beträgen stabilisiert werden
ann. Es muss klar das Ziel sein, solche Krisen zu ver-
eiden oder zumindest die Wucht einer solchen Krise

bzubremsen.

Die Situation der öffentlichen Haushalte in Europa ist
chwierig. Die Zahlen der EU-Statistikbehörde aus der
etzten Woche kommen klar zu einem unschönen Ergeb-
is: Fast in allen EU-Staaten stieg das Staatsdefizit auf
öhen, die vor der Krise unvorstellbar waren.

Es gibt viele Gründe für die Krise. Dazu gehört das
taatliche Regierungshandeln in den USA. Aber es gab
uch andere Gründe für die Krise. Wenn Shareholder-Va-
ue oder Bonuszahlungen die einzigen Erfolgskriterien
ind und sich die Freiheit von der Verantwortung löst,
ann darf das Risiko nicht zulasten Dritter bzw. des Steu-
rzahlers gehen. Das muss in Zukunft verhindert werden.
afür ist dringend ein funktionsfähiger Ordnungsrahmen

rforderlich: effiziente Aufsicht, mehr Transparenz und
essere internationale Zusammenarbeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Zunächst müssen aber alle Länder der Euro-Zone ihre
efizite reduzieren. Denn sie sind Ursache und Anlass

ür Spekulationen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt
at entgegen den Erwartungen nicht ausgereicht, die
taatsverschuldung einzudämmen. Damit ist das Erfor-
ernis einer grundlegenden Reform erkennbar gewor-
en. Aber das bedeutet keine Aufweichung, sondern eine
erstärkung der Stabilitätskriterien.

Die Koalition setzt sich in ihrem Antrag für die Stär-
ung von präventiven Maßnahmen ein. Ziel ist eine aus-
eglichene Haushaltsführung. Denn zu einer Eröffnung
ines Defizitverfahrens soll es erst gar nicht kommen.
as ist zwar eine Idealvorstellung, aber es ist auch das
iel der Maastricht-Verträge.

Wenn aber Vorgaben nicht eingehalten werden, dann
üssen schnell weitere Sanktionen folgen. Vorschläge

us verschiedenen Bereichen liegen vor. Ich hoffe, dass
uf dem EU-Gipfel nicht nur debattiert, sondern auch
ügig entschieden wird.

Aber über eines bin ich mir natürlich auch klar – Herr
inanzminister Schäuble hat es gesagt; es gibt Politiker,
ie sich in Europa auskennen –: Wer annimmt, bei 27 Mit-
liedern könne die Position Deutschlands zu 100 Prozent
urchgesetzt werden, dem fehlt es an Verständnis für Eu-
opa. – So einfach wird es also nicht sein, aber eine Leit-
lanke müssen wir deutlich setzen: Es darf nicht sein, dass
ie Währungsunion zu einer Transferunion wird. Das leh-
en wir entschieden ab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Bernhard Schulte-Drüggelte


(A) )


)(B)

Es sollte selbstverständlich sein, dass verantwortlich
handelnde Regierungen, die betroffenen Mitgliedstaaten
in der Europäischen Union auch die Haftung für getrof-
fene Fehlentscheidungen übernehmen.

Damit komme ich zum zweiten Punkt. Auch die Wirt-
schafts- und Haushaltspolitiken der Mitgliedstaaten
müssen besser aufeinander abgestimmt werden. Es ist an
ein „Europäisches Semester“ gedacht, das erstmals 2011
eingeführt wird und die Elemente der finanz- und wirt-
schaftspolitischen Überwachung besser und wirksamer
im Sinne eines Frühwarnsystems koordinieren soll. Als
Haushälter möchte ich sagen: Natürlich darf nicht in das
Budgetrecht der nationalen Parlamente eingegriffen wer-
den. Dieser Punkt ist aus meiner Sicht nicht zu verhan-
deln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auch die Wettbewerbsfähigkeit der Länder muss in
Zukunft anhand ausgewählter Indikatoren besser über-
wacht werden; denn in den letzten Jahren haben sich die
Relationen zwischen den Volkswirtschaften verändert,
auch innerhalb der Euro-Zone und innerhalb Europas.
Da bleiben Spannungen natürlich nicht aus, doch es
bleibt unverzichtbar, Verantwortung auch für einen län-
geren Zeitraum zu übernehmen.

Das führt zum nächsten Punkt, zum dauerhaften Kri-
senmechanismus. Die Europäische Union sowie die na-
tionalen Regierungen dürfen zukünftig nicht wieder
durch eine Dynamik krisenhafter Ereignisse zu kurzfris-
tigen Maßnahmen gezwungen werden. Wir waren da-
mals gezwungen und hatten kaum eine andere Chance.
Deshalb muss ein glaubwürdiger Krisenmechanismus
entwickelt werden, der aber nicht nur aus rechtlichen
Regeln bestehen darf, sondern auch die Kräfte der
Märkte nutzt, damit die Staaten Verschuldung vermei-
den. Ich möchte deutlich betonen, was in der letzten
Zeit, auch in der Presse, diskutiert worden ist: Das Bail-
out-Verbot muss bestehen bleiben. Kein Land darf
Schulden für ein anderes Land übernehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In diesem Zusammenhang möchte ich das aufgreifen,
was die Vorredner gesagt haben: Auch die Gläubiger
hochverschuldeter Staaten müssen sich künftig an der
Sanierung finanziell beteiligen.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Dann machen Sie doch mal was!)


Das Stichwort heißt „Haircut“. Ein geordnetes Entschul-
dungsverfahren für diese Staaten muss möglich sein, und
es muss möglich sein, auch die Gläubiger heranzuzie-
hen. Das ist die klare Ausrichtung für eine künftige Ent-
wicklung. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Das
Prinzip von Risiko und Haftung muss stärker zur Gel-
tung gebracht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das wird nach allem, was zu hören und zu lesen ist,
nicht ohne Vertragsveränderungen möglich sein. Ich
habe den Eindruck, dass die Bundesregierung hier auf
einem guten Weg ist. Dass dieser Weg nicht einfach ist,

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1)

(C (D st völlig klar; aber ich möchte Professor Fuest zitieren, er in der letzten Woche im Handelsblatt gesagt hat: erkel hat besser verhandelt, als die Kritiker glauben. – uf diesem Weg werden wir die Kanzlerin auch weiter nterstützen, auch wenn er steinig sein sollte. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zu den Entschließungsanträgen. Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frakionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/3408. er stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag st mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegentimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion ie Linke auf Drucksache 17/3412? – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Dann ist der Entschließungsantrag der inken mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und er SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die inke und bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die rünen abgelehnt.1)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706703100

Der Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen auf Drucksache 17/3425 soll überwiesen
erden, und zwar zur federführenden Beratung an den
aushaltsausschuss und zur Mitberatung an den Finanz-

usschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
ie sowie den Ausschuss für die Angelegenheiten der
uropäischen Union. Sind Sie damit einverstanden? –
as ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
inettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur
ekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren
chutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Ände-
ung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vor-
chriften.

Das Wort für den einführenden fünfminütigen Bericht
at der Bundesminister des Innern, Herr Dr. Thomas de
aizière.

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
ern:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
undesregierung hat heute den von mir eingebrachten
ntwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangshei-

at und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat
owie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrecht-
icher Vorschriften beschlossen. Mit diesem Gesetzent-
urf werden mehrere aufenthaltsrechtliche und integra-

ionspolitische Vorhaben umgesetzt, auf die sich die
oalitionspartner im Koalitionsvertrag verständigt ha-
en. Den Schwerpunkt bilden verbesserte Regelungen

Anlage 2





Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des Innern


(A) )


)(B)


Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
zur Bekämpfung der Zwangsheirat einerseits und zum
Schutz der Opfer von Zwangsheirat andererseits.

Zwangsheirat ist auch in Deutschland ein ernst zu neh-
mendes Problem, das in den letzten Jahren verstärkt in den
Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist. Um Zwangshei-
rat stärker als bisher als strafwürdiges Unrecht zu ächten,
soll mit dem Gesetz ein eigener Straftatbestand geschaf-
fen werden. Dadurch bringt der Gesetzgeber klar zum
Ausdruck, dass Zwangsheirat als schweres Unrecht zu
verurteilen ist.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So wie bisher!)


Er tritt damit gleichzeitig der Fehlvorstellung entgegen,
es handele sich um eine zumindest tolerable Tradition
aus früheren Zeiten oder anderen Kulturen. Durch einen
neuen Absatz wird auch die Verschleppung zum Zweck
der Zwangsheirat unter Strafe gestellt. Insofern dient
diese Neuregelung einer allgemeinen integrationspoli-
tischen Aufgabe, die wir erfüllen müssen. Wir müssen
deutlich machen, dass Zwangsheiraten nicht mit unserer
Werteordnung vereinbar sind. Wir müssen dafür sorgen,
dass unsere Werteordnung stärker als bisher als ver-
pflichtend wahrgenommen wird.

Der Entwurf sieht weiter die Schaffung eines eigen-
ständigen Wiederkehrrechts vor. Wir wollen die Opfer
von Zwangsheirat besserstellen. Dies dient der Verbesse-
rung der aufenthaltsrechtlichen Stellung ausländischer
Opfer von Zwangsverheiratungen, die sich als Minder-
jährige in Deutschland aufgehalten haben und nach der
Zwangsheirat an der Rückkehr nach Deutschland gehin-
dert werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme
dieses Wiederkehrrechts ist eine starke Vorintegration in
Deutschland oder eine positive Integrationsprognose. Es
gibt also zwei Möglichkeiten in diesem Zusammenhang.
Des Weiteren wird die Antragsfrist zur Aufhebung einer
Zwangsehe verlängert, damit die Opfer von Zwangshei-
rat mehr Zeit haben, sich von dem Druck zu lösen und
einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Ein ernst zu nehmendes aufenthaltsrechtliches Pro-
blem ist die Eingehung einer Ehe ausschließlich zu dem
Zweck, einen Aufenthaltstitel zu erlangen, eine soge-
nannte Scheinehe. Die Mindestbestandszeit einer Ehe,
die erforderlich ist, um ein eigenständiges Aufenthalts-
recht zu begründen, wird deshalb von zwei auf drei Jahre
verlängert. Damit wird der Anreiz zur Schließung von
Scheinehen verringert und die Wahrscheinlichkeit der
Aufdeckung einer Scheinehe erhöht.

Schließlich werden die Regelungen für die räumliche
Beschränkung von Asylbewerbern und Geduldeten gelo-
ckert, um ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung, ei-
ner Ausbildung oder eines Studiums bzw. den Schulbe-
such in einem Gebiet zu erleichtern, das nicht von der
jetzigen aufenthaltsbeschränkenden Maßnahme erfasst
ist.

Das ist eine Regelung, die für Ballungsgebiete und
auch länderübergreifend gedacht ist und etwa im Groß-
raum Berlin, im Großraum Hamburg, im Großraum Bre-
men helfen wird.

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(C (D Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus Regelunen, die die Kontrolle der Einhaltung von Integrationserpflichtungen verbessern sollen. Deutsche Sprachenntnisse und Alltagswissen sowie Kenntnisse der eutschen Rechtsordnung, Kultur und Geschichte sind er Schlüssel für eine erfolgreiche Integration von Ausändern in Deutschland. Diese Kenntnisse werden in Inegrationskursen vermittelt, deren Besuch unter den im ufenthaltsgesetz genannten Voraussetzungen für etli he Zuwanderer verpflichtend ist. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Verflichtung der Ausländerbehörden noch einmal ausrücklich normiert, vor Verlängerung einer Aufenthaltsrlaubnis festzustellen, ob ein Ausländer seiner Pflicht ur ordnungsgemäßen Integrationskursteilnahme auch irklich nachgekommen ist. Dies ist deshalb wichtig, eil die Verletzung dieser Pflicht aufenthaltsrechtliche anktionen bis hin zur Ablehnung von Anträgen auf Ver ängerung von Aufenthaltserlaubnissen im Wege eines flichtgemäßen Ermessens nach sich ziehen kann. Außerdem werden in dem Gesetzentwurf Datenüberittlungsregelungen im Zusammenhang mit der Durch ührung von Integrationsmaßnahmen gesetzlich geregelt, ie bislang nur in einer Rechtsverordnung, der Integraionskursverordnung, enthalten sind. Es gibt viele, die an iesem Thema mitarbeiten, insbesondere die Träger von ntegrationskursen, die Ausländerbehörden, die Bundesgentur für Arbeit, Argen und Optionskommunen. In dieen Fällen muss der Austausch darüber, ob jemand an eiem Integrationskurs teilgenommen hat – wenn nicht, aus elchen Gründen –, verbessert werden, sodass man die ntsprechenden Konsequenzen ziehen kann. Das sogenannte aufenthaltsrechtliche Paket verdeuticht in besonders guter Weise die Mischung im Bereich on Migration und Integration, von Fördern und Forern. Das Gesetzgebungsverfahren geht mit dem heutien Tage los. Vielen Dank, Herr Bundesminister. – Ich habe jetzt ine ganze Palette von Wortmeldungen. Ich habe sie so ufgeschrieben, wie sie mir zur Kenntnis gekommen ind. Wir fangen an mit der Kollegin Humme von der SPDraktion. Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr de Maizière, es st richtig, dass wir gemeinsam das Ziel haben, Zwangserheiratungen zu bekämpfen. Sie wollen das mit der chaffung eines eigenen Straftatbestandes tun. Nach 240 Strafgesetzbuch ist es zurzeit so, dass bei einer wangsverheiratung ein Fall von schwerer Nötigung orliegt. Dafür vorgesehen ist ein Strafmaß von sechs onaten bis zu fünf Jahren. Ist es eigentlich eine Hilfe ür Zwangsverheiratete, wenn das Strafmaß erhöht wird? st es nicht eine größere Hilfe, wenn die Strafverfolgung erbessert wird? Was ist an dieser Stelle geplant? Welhe Erkenntnisse haben Sie in der Vergangenheit darüber ewonnen, dass die Strafverfolgung so schwierig war? )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706703200
Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1706703300




(A) )

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Frau Abgeordnete Humme, meines Erachtens ist es
falsch, das als Alternativen zu sehen. Rechtspolitisch
macht es einen Unterschied, ob ein Unterfall der Nöti-
gung vorliegt oder ob man der deutschen und der inter-
nationalen Öffentlichkeit mit einem eigenen, auch so be-
nannten Paragrafen deutlich macht: Wir wollen in
Deutschland freiwillige Verheiratung und keine Zwangs-
heirat. Das ist rechtspolitisch ein gewichtiger Unter-
schied, auch wenn das Strafmaß in diesem Fall nicht er-
höht werden soll. Zugleich wird in einem weiteren
Absatz festgestellt: Auch die Verschleppung von Perso-
nen für eine Zwangsheirat ist strafbar. Ich glaube, das
dient der rechtspolitischen Klarheit und ist ein Fort-
schritt. Die Frage der Strafverfolgung ist davon zu tren-
nen. Sie wissen, die Länder sind dafür zuständig.

Sie fragen, warum die Verfolgung so schwierig ist.
Das liegt exakt an der Zwangslage der Frau und an den
schwierigen Beweislagen zur Aufklärung einer Straftat,
die innerhalb der Familie stattfindet. Wie Sie wissen, ist
das vor etlichen Jahren beim Thema „Vergewaltigung in
der Ehe“ diskutiert worden, also bei einer sehr ähnlichen
Fragestellung. Man sollte den Opfern nicht vorwerfen,
dass sie nicht gleich einen Strafantrag stellen; sie sind ja
einem bestimmten Zwang ausgesetzt, und sie halten sich
oft im Ausland auf. Deswegen lässt sich aus einer man-
gelnden Verfolgungsmöglichkeit nicht der Rückschluss
ziehen, dass wir diesen Straftatbestand nicht ernst neh-
men oder nicht angemessen bezeichnen sollten. Vielmehr
brauchen wir beides: einen klaren Straftatbestand und
eine ordnungsgemäße und zügige Strafverfolgung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706703400

Vielen Dank, Herr Bundesminister. – Jetzt hat der

Kollege Rüdiger Veit das Fragerecht.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1706703500

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich

möchte meiner Frage ein anerkennendes Wort voranstel-
len, indem ich sage: Das Rückkehrrecht für Opfer von
Zwangsheirat, aber beispielsweise auch Erleichterungen
bei der Residenzpflicht für Geduldete sind durchaus
Schritte in die richtige Richtung. Dazu haben wir auch
als SPD-Fraktion bereits an einem eigenen Gesetzent-
wurf gearbeitet. Es freut uns, dass wir dabei jetzt offen-
bar auf einen Nenner kommen. Ich verrate auch kein Ge-
heimnis, wenn ich sage, dass wir in der Großen
Koalition an diesem Problem auch schon gearbeitet ha-
ben. Damit leite ich zu meiner Frage über.

Bei aller Freude über dieses Aufeinander-Zugehen
habe ich kritisch zu fragen: Was veranlasst Sie als Per-
son oder auch die Koalition – vielleicht können Sie auf-
grund der Verhandlungen, die vorausgegangen sein wer-
den, sogar für die FDP mit antworten –, jetzt zu sagen:
„Scheinehen könnten dadurch besser vermieden werden,
dass die für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehe-
gatten erforderliche Ehebestandszeit von zwei auf drei
Jahre heraufgesetzt wird“? Warum gerade drei Jahre? Im
Jahr 2000 haben wir die Frist von vier auf zwei Jahre he-
runtergesetzt, und dies aus gutem Grund. Ich glaube, wir

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(C (D aben das damals sogar mit der FDP gemacht. Was also eranlasst die Regierung, zu glauben, mit einer Verlänerung der Frist um ein Jahr würden Sie diesem Phänoen besser begegnen können? Wenn ich das sagen darf: Ich persönlich habe dieses nsinnen auch in Zeiten der Großen Koalition immer als ine sittlich nicht ganz gerechtfertigte Verbindung weier unterschiedlicher Sachverhalte angesehen, die eswegen auch nicht zu einem faulen Kompromiss verunden werden konnten. Bei aller Freude also diese leichte Eintrübung und die araus abgeleitete Frage: Warum jetzt wieder diese Kopelung? Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des Inern: Ich freue mich, dass Sie zu einigen dieser Regelungen ine Zustimmung in Aussicht stellen. Es tut gut, wenn an in diesen Fragen in beiden Kammern Deutschlands ine große Mehrheit zustande bringt. Was uns veranlasst hat, dies zusammen zu regeln, issen Sie natürlich selbst. Sie kleiden Ihre These nur in ine Frage; das ist verständlich. (Rüdiger Veit [SPD]: Die Frage ist ganz einfach!)


ber ich will gern Folgendes sagen: Für uns ist der
chutz der Ehe wichtig, nicht nur weil das im Grundge-
etz steht, sondern aus innerer Überzeugung. Wir haben
uch Verständnis dafür, dass man, wenn Ehen zwischen
emandem, der in Deutschland lebt, und jemandem, der
m Ausland lebt, zustande gekommen sind, einen Ehe-
attennachzug organisiert. Denn Ehepartner sollen zu-
ammenleben können und dürfen. Das Problem ist nur,
ass diese sinnvollen und vernünftigen Maßnahmen zum
chutz der Ehe missbraucht worden sind und ständig
issbraucht werden, um in Wahrheit einen ungesteuer-

en Zuzug nach Deutschland zu organisieren, und dies
nter Missachtung der Rechte der Frauen. Das wollen
ir verhindern. Das ist immer ein Optimierungsproblem.
eswegen die Regelung bezüglich der Zwangsheirat.
as ist ein Baustein, der unter bestimmten Vorausset-

ungen auch ein Rückkehrrecht für die Opfer vorsieht.

In diesem Zusammenhang will ich auch das Eingehen
iner Scheinehe nennen, einer Ehe, die den Zweck hat,
ass anschließend ein Ehepartner – in der Regel ist dies
ine Frau – ein eigenständiges Aufenthaltsrecht be-
ommt. Ist die Frist sehr kurz, so ermuntern Sie manche
azu, die vernünftigen Regelungen, die es gibt, damit
hepartner zusammenleben können, zu missbrauchen,
odurch es zu einer Zuwanderung nach Deutschland
ommt, die so nicht beabsichtigt war.

Insoweit ist die Frist von drei Jahren besser als eine
rist von zwei Jahren. Wir gehen davon aus, dass gute
hen in der Regel zwei bis drei Jahre und möglichst län-
er halten sollten. Je kürzer eine Ehe ist, desto stärker ist
ies ein Indiz dafür, dass die Ehe vielleicht aus ganz be-
timmten Gründen eingegangen worden ist.





Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des Innern


(A) )


)(B)


Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
Insoweit finde ich drei Jahre besser als zwei, und drei
Jahre sind ein Kompromiss zwischen zwei und vier Jah-
ren.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706703600

Vielen Dank. – Jetzt hat das Fragerecht die Kollegin

Sevim Dağdelen.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706703700

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr

Minister, ich muss im Anschluss an die Frage des Kolle-
gen Veit nachfragen. Sie haben von Missbrauchsfällen
berichtet. Es wäre interessant, zu wissen, auf welcher
empirischen Grundlage diese Bundesregierung diese
Aussagen macht, dass hier Missbrauch betrieben wird
und deshalb die Ehebestandszeit von zwei auf drei Jahre
verlängert werden soll. Den Deutschen Bundestag haben
in den letzten Jahren sehr viele Praktikerinnen und Prak-
tiker sowie Expertinnen und Experten über die Zwangs-
situation der Frauen unterrichtet.

Wir haben in der letzten Wahlperiode, als Sie nicht In-
nenminister waren, mit Ihrem Vorgänger, Herrn
Schäuble, im Bundestagsinnenausschuss Anhörungen
zum Thema Zwangsverheiratung durchgeführt; auch im
Familienausschuss fanden dazu Anhörungen statt. Dabei
wurde immer wieder von Expertinnen und Experten Fol-
gendes gefordert: Wenn man den Opferschutz tatsächlich
möchte – von diesem haben Sie gerade gesprochen –,
dann sollte man die Ehebestandszeit nicht verlängern,
sondern eher reduzieren.

Ich komme zu meiner eigentlichen Frage zum Thema
Opferschutz: Inwieweit wird die Bundesregierung die
vom Forum Menschenrechte geforderten Verbesserun-
gen im Opferschutz umsetzen, beispielsweise Regelun-
gen im Melderecht schaffen, die verhindern, dass ein
bundesweiter Zugriff auf die Daten von bedrohten oder
von Zwangsverheiratung betroffenen Personen möglich
wird, sodass nicht der Mann über das Scheidungsverfah-
ren oder das gerichtliche Umgangs- und Sorgerechtsver-
fahren am Amtsgericht den Wohnort der jungen Frau
herausfinden kann und damit alle Anonymisierungsbe-
mühungen zunichte gemacht werden? – Ich hoffe, Sie
haben die Frage verstanden. Wenn nicht, kann ich sie
wiederholen.

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Ich möchte, ehrlich gesagt, jetzt nicht im einzelnen zu
Forderungskatalogen von noch so ehrwürdigen Organi-
sationen Stellung nehmen; das kann gerne im Gesetzge-
bungsverfahren geschehen.

Das Melderecht enthält bestimmte Auskunftsrechte,
welche jedermann zur Verfügung stehen. Nun in Bezug
auf Ihre Fallkonstellation eine spezifische Auskunftsein-
schränkung vorzunehmen, scheint meiner Meinung nach
problematisch zu sein; darüber können wir allerdings
gerne im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens reden.

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(C (D Die Frage der Beweisführung und des Opferschutzes st in allen Fällen schwierig. Wir haben mit diesem Geetzentwurf versucht, diesbezüglich einen vernünftigen usgleich zu finden. Dass wir damit nicht alle Fälle er assen, ist sicherlich wahr. Denn wir haben es in dieser allkonstellation – ich sage es einmal etwas hart – mit erdecktem Elend zu tun, und die Aufdeckung wird anche Frau in eine doppelte Opferrolle bringen, weil ie womöglich aussagen muss; das kennen wir bereits us vielen anderen Bereichen des Strafrechts. Trotzdem finden wir, dass wir in dieser Gesellschaft lar sagen müssen, dass wir diese Art von archaischen trukturen, diesen Missbrauch der Ehe in unserem Land nd zum Zwecke des Erschleichens des Zugangs in uner Land nicht dulden wollen. Das ist die Aussage dieses ntwurfs. Danke schön. – Der nächste Fragesteller ist der Kol ege Memet Kilic. Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr undesinnenminister, ich habe im Juli einen Antrag zur erbesserung der Rechte von zwangsverheirateten Peronen gestellt. Ich kann mit Freude feststellen, dass die oalition über ihren Schatten gesprungen ist und sich uf einem Gebiet – ich meine die Rückkehrrechte von wangsverheirateten – Bewegung abzeichnet. Ich hoffe, ass es bis zum Ende so bleibt und dass Herr Grindel uch weiterhin zustimmt. (Zuruf von der CDU/CSU: Das steht im Koalitionsvertrag!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706703800
Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706703900

as wird auch so bleiben, denke ich.

Würden Sie mir zustimmen, dass Verschleppung be-
eits nach heute geltendem Recht strafbar ist? Das ist
chließlich Freiheitsberaubung. Wenn Sie diese Verbes-
erung damit begründen, ist es womöglich nicht richtig.

Würden Sie mir auch zustimmen, dass Zwangsverhei-
atung in Deutschland bereits seit Jahren aufgrund von
240 des Strafgesetzbuches verboten ist? Und würden
ie mir auch zustimmen, dass die damalige rot-grüne
undesregierung diese zu einem besonders schweren
all der Nötigung erklärt und ein Strafmaß von bis zu
ünf Jahren vorgesehen hat?

Sie sehen allerdings in der Tat ein Novum vor. Denn
ie sagen: In minderschweren Fällen wird das Strafmaß
echs Monate bis drei Jahre betragen. Ich würde sagen:
enauso wenig wie es „ein bisschen Schwangerschaft“
ibt, so wenig gibt es auch „ein bisschen Zwangsverhei-
atung“. Wie also soll man sich minderschwere Fälle bei
wangsverheiratung vorstellen, wofür das niedrigere
trafmaß vorgesehen ist?

Ein weiterer Bereich ist: Sie wollen die Zahlen bezüg-
ich der Verweigerung der Teilnahme an Integrations-
ursen ermitteln. Aber Sie haben schon im Vorhinein
rklärt, dass 10 bis 15 Prozent der Immigranten Integra-
ionsverweigerer sind. Danach haben Sie versucht, zu-





Memet Kilic


(A) )


)(B)

rückzurudern; aber das ist nicht gelungen. Ihre Antwort
auf eine schriftliche Frage von mir belegt Ihre Aussage
nicht.

Nach unseren Erkenntnissen besuchen die Immigran-
ten die Integrationskurse. 140 000 nehmen zurzeit daran
teil, 9 000 warten darauf. Bis Ende dieses Jahres werden
es 20 000 Immigranten sein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706704000

Herr Kollege Kilic.


Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706704100

Ich komme sofort zum Schluss. – Die Leute, die die

Teilnahme an den Kursen abbrechen, haben unterschied-
liche Gründe: Es können gesundheitliche Gründe sein,
oder sie finden einen Job; in dem Fall müssen sie den In-
tegrationskurs sogar abbrechen und dem Job den Vor-
rang geben. Würden Sie also die Zahl korrigieren und
sagen, dass nicht 10 bis 15 Prozent der Immigranten in-
tegrationsunwillig sind?

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Ich beginne einmal mit Ihrer ersten Frage. Wenn Er-
gänzungen nötig sind, bitte ich Herrn Stadler, diese vor-
zunehmen; denn das Justizministerium ist ja für das
Strafrecht zuständig.

Man könnte sehr viele Paragrafen des Strafrechts
streichen und alles unter Beleidigung und Nötigung fas-
sen. Wir haben vor einiger Zeit das Stalking, die unange-
messene Belästigung, als Straftatbestand eingeführt.
Auch das ist eine Art Nötigung. Ich finde – ich wieder-
hole das noch einmal; ich habe es der Kollegin Humme
schon gesagt –, es macht einen Unterschied, ob ich von
einem noch so gewichtigen Unterfall der Nötigung spre-
che oder ob ich im In- und Ausland sage: Wir wollen
keine Zwangsheirat. – Das ist ein großer rechtspoliti-
scher Unterschied. Es dient der Systematisierung und
der Transparenz, auch im Hinblick auf das gesellschaftli-
che Unwerturteil. Deswegen haben wir das heute so be-
schlossen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ich habe nicht gesagt, dass
nach meiner Schätzung 10 bis 15 Prozent aller Migran-
ten integrationsunwillig sind. Vielmehr habe ich gesagt,
dass 10 bis 15 Prozent der hier lebenden Muslime inte-
grationsunwillig sind.


(Caren Marks [SPD]: Das verschlimmbessert es!)


Das ist eine Schätzung, die ich vorgenommen habe. Ich
habe das auch ausdrücklich so vorgetragen. Das ist eine
Schätzung, die sich aus der großen Studie „Muslimi-
sches Leben in Deutschland“ herleitet, die im Zusam-
menhang mit der Deutschen Islam-Konferenz in der letz-
ten Legislaturperiode entstanden ist. Ein paar Indizien
aus dieser Studie – zum Beispiel Nichtteilnahme am
Sportunterricht, auch Selbstaussagen von Betroffenen –
bringen mich zu der Aussage, die ich in Bezug auf Mus-
lime – nicht auf die Gesamtheit der Migranten – getrof-
fen habe. Das ist von interessierter Seite anders berichtet

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(C (D orden. Aber das war immer meine Aussage, und dabei leibt es auch. Was die Frage des Abbruchs der Teilnahme an Interationskursen angeht, so ist es wahr: Viele Gründe könen ausschlaggebend dafür sein. Ungefähr 30 Prozent er Teilnehmer brechen einen Integrationskurs ab oder ringen ihn nicht erfolgreich zum Abschluss. Das kann iele Ursachen haben: Man findet Arbeit, der Ehepartner erbietet vielleicht die Teilnahme, es liegt eine Krankeit vor, ein Kind wird krank und vieles andere. Es kann ber auch Integrationsunwilligkeit sein. Bisher haben ir diesbezüglich keine klaren Erkenntnisse. Weder die usländerbehörden noch die Argen und Optionskommuen haben das bislang verfolgt und sich ausführlich dait befasst. Wir wollen, dass sich das ändert. Erstens muss ein atenaustausch zwischen dem Träger eines Kurses und en zuständigen Behörden möglich werden. Zweitens ollen wir, dass die Ausländerbehörden gezwungen erden, darauf zu achten, woran es gelegen hat, wenn in dazu Verpflichteter nicht an einem Integrationskurs eilgenommen hat. Dann muss im Wege des pflichtge äßen Ermessens entschieden werden, ob deswegen die ufenthaltsgenehmigung nicht erteilt oder nicht verlänert wird. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon geltende Rechtslage!)


s gibt da keinen Automatismus, sondern im Wege des
flichtgemäßen Ermessens muss berücksichtigt werden,
ass es unterschiedliche Gründe dafür geben kann, der
erpflichtung der Teilnahme an einem Integrationskurs
icht nachgekommen zu sein.

Dass wir hier offensichtlich ein Vollzugsdefizit ha-
en, scheint mir unstreitig zu sein. Ich werde mit meinen
ollegen Innenministern noch darüber zu reden haben,
oran das liegt. Aber das Argument, wir könnten be-

timmte Sachen nicht machen, um das Vollzugsdefizit zu
eheben, etwa weil wir die Daten nicht austauschen
ürften, möchte ich durch diesen Gesetzentwurf entkräf-
en.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706704200

Der nächste Fragesteller ist der Kollege Josef
inkler.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Justizministerium wollte noch antworten!)


Entschuldigung! Es bedarf noch einer weiteren Ant-
ort. Herr Kollege Dr. Stadler, bitte.

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Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1706704300

Herr Kollege Kilic, zu Ihren strafrechtlichen Fragen

arf ich noch auf Folgendes aufmerksam machen: Zu-
ächst einmal sind wir alle uns sicherlich einig, dass es
in elementares Menschenrecht ist, selber frei zu ent-
cheiden, ob man eine Ehe eingeht und, wenn ja, mit
em.





Parl. Staatssekretär Dr. Max Stadler


(A) )


)(B)


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Dass dieses elementare Menschenrecht durch die
Rechtsordnung, auch durch das Strafrecht, geschützt
werden muss, ist unstreitig. Hinzu kommt jetzt, dass es
beim Rückkehrrecht Verbesserungen für die Opfer gibt;
das hat Herr Minister de Maizière ausgeführt.

Die Koalition aus SPD und Grünen hat das, was die
strafrechtliche Seite angeht, übrigens genauso gesehen,
da sie beim Nötigungstatbestand die Zwangsverheira-
tung als besonders schweren Fall definiert hat. Das
taucht spiegelbildlich im neuen Grundtatbestand des
§ 237 Abs. 1 auf. Insofern gibt es hier sicherlich keiner-
lei Differenz.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bringt nur nichts!)


Hinzu kommt jetzt, dass wir auch andere Tatmodalitäten
unter Strafe stellen, die zum Teil im Strafgesetzbuch ver-
streut, in anderen Vorschriften erfasst waren, zum Teil
aber auch nicht. Das betrifft das Verbringen des Opfers
ins Ausland zum Zweck der Begehung der Tat.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Freiheitsberaubung!)


Soweit dies durch Gewalt geschieht, ist es als Verschlep-
pungstatbestand erfasst. Darüber hinaus gibt es den Be-
griff der Drohung mit einem empfindlichen Übel – das
war bisher Nötigung –, aber auch die Verbringung ins
Ausland durch List. Es ist schon fraglich, ob das von den
bestehenden Strafgesetzen wirklich erfasst wird. Die
neue Regelung dient auch der Rechtsklarheit, weil dies
alles jetzt in einer einzigen Vorschrift zusammengefasst
und somit eindeutig als strafwürdiges Verhalten gekenn-
zeichnet ist.

Sie hatten die Frage aufgeworfen, ob minderschwere
Fälle überhaupt denkbar seien, die nach unserem Ent-
wurf mit einem geringeren Strafrahmen bedacht sind,
nämlich mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren, während der Grundtatbestand wie im bisherigen
§ 240 Abs. 4 mit sechs Monaten bis fünf Jahren Frei-
heitsstrafe bestraft wird. Es ist eine bekannte Regelungs-
technik im Strafgesetzbuch, dass vom Gesetzgeber bei
vielen Straftatbeständen auch die Möglichkeit eines min-
derschweren Falls vorgesehen ist. Wir sind uns einig,
dass bei dem Straftatbestand der Zwangsheirat vermut-
lich eher selten ein minderschwerer Fall angenommen
werden kann; dies haben wir auch in die Begründung des
Gesetzentwurfs geschrieben. Gleichwohl wollten wir der
gerichtlichen Praxis diese Möglichkeit eröffnen.

Sie wissen, dass auch der Versuch strafbar ist, jeman-
den ins Ausland zu verbringen. Die Tatmodalitäten stel-
len sich in einer Gesamtwürdigung möglicherweise et-
was anders dar als der Grundtatbestand. In die
Gesamtbewertung – Herr Kollege Montag als Strafver-
teidiger weiß das – fließt auch die Persönlichkeit des Tä-
ters, die bisherige Unbescholtenheit und Ähnliches ein.
Daher kann es Fälle geben, in denen ein minderschwerer
Fall in Betracht kommt. Wir wollen es gerne der straf-

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(C (D ichterlichen Praxis überlassen, das zu definieren. Von er Gesetzgebung her meinen wir aber, dass das der selene Ausnahmefall sein wird. So ist es auch in der Beründung dargestellt. Vielen Dank. Das war auch für Nichtjuristen eine leine Lehrstunde. Das Fragerecht hat jetzt der Kollege Josef Winkler. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706704400
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Bundesinnen-

inister, im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass die
erlängerung der Ehebestandszeit zur Erlangung eines
igenständigen Aufenthaltstitels von zwei auf drei Jahre
eprüft werden soll. Uns würde interessieren, was bei
ieser Prüfung herausgekommen ist; denn Sie haben sich
ür einen Zeitraum von drei Jahren entschieden. Der Be-
ründung des Gesetzentwurfs entnehme ich dazu nur die
ormulierung, dass Wahrnehmungen aus der ausländer-
ehördlichen Praxis darauf hindeuten, dass die Verkür-
ung der Mindestehebestandszeit auf zwei Jahre zu einer
rhöhung der Scheineheverdachtsfälle geführt hat. Nun
esteht aber ein Unterschied zwischen Verdachtsfällen,
ei denen Wahrnehmungen darauf hindeuten, dass ihre
ahl zugenommen hat, und tatsächlichen Fällen. Das Er-
ebnis Ihrer Prüfung halte ich daher auch in Anbetracht
er Tatsache, dass Sie den Sachverhalt ernsthaft prüfen
ollten, für nicht besonders stichhaltig.

Ich möchte Sie noch zu einem anderen Punkt fragen,
nd zwar zur Regelung für die Wiedereinreise. Plant die
undesregierung, für Personen, die von Zwangsverhei-

atung nur bedroht sind und versuchen, dieser zu ent-
ommen, die Einreise nach Ablauf der Sechsmonatsfrist
benfalls zu erleichtern, oder halten Sie diese Personen-
ruppe für nicht schutzbedürftig? Nach dem Wortlaut
es Gesetzentwurfes gilt das Recht auf Wiedereinreise
ur für bereits zwangsverheiratete Personen.

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
ern:

Meine Antwort auf die erste Frage: Das Ergebnis der
rüfung ist der heute vorliegende Gesetzentwurf.

Meine Antwort auf die zweite Frage: Die von Ihnen
ngesprochene Konstellation wird außerordentlich selten
ein. Das Rückkehrrecht bezieht sich auf Personen, ins-
esondere Frauen und Minderjährige, die hier waren und
eispielsweise zur Ferienzeit mit List, mit Gewalt oder
uf andere Weise ins Ausland – ich sage es einmal neu-
ral – verbracht werden, verheiratet werden und dann zu-
ückkehren können sollen. Wer hier ist und von Zwangs-
erheiratung nur bedroht ist, für den ist die
ntsprechende Regelung nicht einschlägig. Dieser Fall
ird daher so gut wie nie eintreten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706704500

Die nächste Frage stellt der Kollege Jerzy Montag.






(A) )


)(B)


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706704600

Danke, Herr Präsident. – Herr Minister, ich weiß, dass

Sie ein glänzender Jurist sind. Außerdem sind Sie für
diesen Gesetzentwurf verantwortlich. Deswegen er-
laube ich mir, diese Frage, obwohl sie sich auf das Straf-
recht bezieht, erst einmal an Sie zu stellen. Wenn Sie
mögen, können Sie die Beantwortung gern Herrn Staats-
sekretär Stadler überlassen.

Es geht um die Strafvorschriften, die Sie vorschlagen.
Insbesondere für das Strafrecht gilt: Wenn es nicht unab-
weisbar nötig ist, ein Gesetz zu machen, ist es unabweis-
bar nötig, kein Gesetz zu machen. Nun stellen Sie eine
Vorschrift vor, die bis auf Punkt und Komma – sowohl
was das Strafmaß als auch was die Textformulierung an-
belangt – dem seit fünf Jahren geltenden Recht ent-
spricht. Sie führen sozusagen nur eine Umetikettierung
durch. Dafür muss es einen vernünftigen Grund geben.
Ich frage Sie, ob Ihnen vielleicht Tatsachen bekannt
sind, die es unabdingbar machen, der Strafvorschrift eine
neue Überschrift zu geben, nämlich dass beispielsweise
die Polizeibehörden das bisherige Recht nicht richtig
kennen oder dass die Staatsanwaltschaften den besonde-
ren Tatbestand der Nötigung nicht im Auge gehabt ha-
ben, sodass die Straftaten – es handelt sich ja nicht um
ein Antragsdelikt – nicht verfolgt worden sind. Was ist
also außer der Umetikettierung der Grund dafür, dass Sie
die Strafvorschrift ändern?

Der zweite Teil meiner Frage geht in die gleiche
Richtung. Ich bin ein Freund der minderschweren Fälle;
vorhin wurde ich darauf persönlich angesprochen. In al-
len Fällen, in denen eine Mindeststrafe von sechs Mona-
ten vorgesehen ist, sollte es den Richtern möglich sein,
auch minderschwere Fälle zu judizieren. Fakt ist aber,
dass Sie mit diesem Gesetzentwurf entgegen den Ver-
lautbarungen in der Presse die Strafvorschriften zur
Zwangsverheiratung nicht verschärfen – Sie lassen sie
nicht einmal gleich –, sondern entschärfen, indem Sie
diese minderschweren Fälle einführen. Das sollten Sie
der Ehrlichkeit halber der Öffentlichkeit sagen.

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Herr Abgeordneter, da wir alle – Sie, Herr Stadler und
ich – ordentliche Juristen sind, können wir das im Rah-
men der Zuständigkeit beantworten. Ich würde deshalb
den ehemaligen Staatsanwalt Stadler bitten, zu antwor-
ten.

Ich will nur eines vorweg sagen. Sie haben von einer
Umetikettierung gesprochen. Das klingt so herabwürdi-
gend. Ich finde, das ist auch rechtspolitisch ein wichtiger
Punkt: Wie bezeichnen wir das, was wir allgemein für
strafwürdig halten? Ich finde, es ist rechtspolitisch ein
gewichtiger Unterschied, ob wir Zwangsheiraten als ei-
nen Unterfall von Nötigung bezeichnen oder aber durch
Schaffung einer eigenen Regelung zum Ausdruck brin-
gen: Wir wollen keine Zwangsheiraten.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Unterfall von Nötigung ist Nötigung!)


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(C (D Kollege Stadler. D Herr Kollege Montag, wir alle wissen, dass mit dem traftatbestand der Nötigung die Willensentschließungsreiheit strafrechtlich geschützt wird. Nun kann man seien Willen zu verschiedenen Handlungen oder Unterlasungen äußern. Ich habe es schon vorhin ausgeführt: Ich inde, dass die Entscheidung, ob man eine eheliche Binung eingeht und mit wem, ein so elementares Menchenrecht ist, dass es durchaus gerechtfertigt ist, diese ntscheidung mit einer eigenen Norm unter strafrechtlihen Schutz zu stellen, auch wenn Zwangsheiraten chon durch den Strafbestand der Nötigung, der viele anere Sachverhalte mit erfasst, unter Strafe gestellt waren. Es geht hier um den Schutz von Mädchen und jungen rauen im Hinblick auf ihre freie Willensentscheidung, b sie eine Ehe eingehen und mit wem. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum ging es uns auch damals! Darum steht es ja unter Strafe!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706704700
Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1706704800

as ist ein spezieller Fall. Die Freiheit der Eheschlie-
ung ist nicht nur durch Art. 6 des Grundgesetzes ge-
chützt, sondern auch durch die Europäische Menschen-
echtskonvention und die UN-Menschenrechtscharta.
eswegen halte ich es für eine durchaus gerechtfertigte
ntscheidung, den Schutz dieser Freiheit im Strafgesetz-
uch gesondert zum Ausdruck zu bringen.

Sie haben recht, dass der Strafrahmen der bisher gülti-
en Vorschrift zur Nötigung nach § 240 Abs. 4 Strafge-
etzbuch entnommen ist. Ich stimme Ihnen ebenfalls zu,
ass es zweckmäßig ist, den Richtern für die vielen Ein-
elfälle – man kann bei Verabschiedung eines Gesetzes
ar nicht vorhersehen, was sich in der Praxis zuträgt –
ie Möglichkeit zu geben, das Strafmaß sachgerecht, auf
en jeweiligen Einzelfall bezogen festzulegen. Deshalb
ehen wir, dem Vorbild vieler anderer Straftatbestände
olgend, einen minderschweren Fall mit einem anderen
trafrahmen vor. Ich bin sicher, dass die Judikatur davon

n sachgerechter Weise Gebrauch machen wird.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also senken Sie die Strafen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706704900

Vielen Dank. – Eigentlich ist die Zeit für die Befra-

ung der Bundesregierung abgelaufen. Wenn Sie einver-
tanden sind, verlängere ich die Zeit dafür, und zwar auf
osten der Fragestunde, bei der die Zeit dann mögli-

herweise nicht ganz ausgeschöpft werden kann. – Da-
über scheint Einvernehmen zu bestehen.

Die nächste Frage hat die Kollegin Heidrun Dittrich.


Heidrun Dittrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706705000

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich

abe eine Detailfrage zum Schutz der Opfer von
wangsverheiratungen. Nach dem Personenstandsgesetz





Heidrun Dittrich


(A) )


)(B)

muss eine Namensänderung in das Familienbuch einge-
tragen werden, in das enge Angehörige Einsicht nehmen
dürfen. Dadurch sind Betroffene extrem gefährdet. Im
Notfall kann den Behörden jedoch die Bedrohungssitua-
tion einer Betroffenen dargelegt und so eine Eintragung
des neuen Namens verhindert werden. Diese Prozedur
ist jedoch schwierig. Es werden hohe Anforderungen an
die Glaubhaftmachung einer Zwangsverheiratung oder
einer entsprechenden Bedrohung gestellt. Beabsichtigen
Sie, diese hohen Anforderungen zu senken, um den
Schutz der Opfer von Zwangsverheiratungen besser zu
gewährleisten?

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Frau Abgeordnete, ich muss freimütig gestehen, dass
ich die Frage nicht aus dem Stand beantworten kann. Ich
würde Ihnen die Antwort gern schriftlich nachreichen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706705100

Die nächste Frage hat die Kollegin Monika Lazar.


Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706705200

Ich habe eine Nachfrage zur Erhöhung der zur Erlan-

gung eines Aufenthaltstitels notwendigen Ehebestands-
zeit. Mein Kollege Winkler hat schon versucht, Ihnen et-
was mehr zu entlocken als die Antwort: Das Ergebnis
sehen Sie heute. In der Gesetzesbegründung heißt es,
dass Wahrnehmungen darauf hindeuten. Uns würde inte-
ressieren, welche Wahrnehmungen Sie haben. Können
Sie uns diese Wahrnehmungen mitteilen? Unter anderem
Terre des Femmes sieht die Erhöhung der Ehebestands-
zeit sehr kritisch. Diese Organisation, die sich seit vielen
Jahren für Frauenrechte einsetzt, spricht sich dagegen
aus.

Ich habe eine weitere Frage zu diesem Themenkomp-
lex. Es gibt eine Härtefallregelung. Wissen Sie, wie viele
Frauen und Männer von der Härtefallregelung Gebrauch
machen und die Möglichkeit zur Verkürzung der Ehebe-
standszeit in Anspruch nehmen? Können Sie uns diese
Zahlen zur Verfügung stellen?

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Frau Abgeordnete, wir haben weder zu der Frage
„Wie viele Zwangsverheiratungen gibt es in Deutsch-
land?“ noch zu der Frage „ Wie viele Scheinehen gibt es
in Deutschland?“ eine Statistik. Das liegt in der Natur
der Sache. Diese Ehen werden schließlich in scheinba-
rem Einvernehmen der Beteiligten geschlossen, um die
wahre Absicht des Vorgangs zu verschleiern. Es wäre er-
staunlich, wenn man hierzu Statistiken hätte.

Beides wollen wir aber nicht. Wir wollen weder
Zwangsheiraten noch Scheinehen. Herr Stadler hat über-
zeugend vorgetragen, warum wir keine Zwangsheiraten
wollen. Wir wollen auch keine Scheinehen, und zwar
nicht nur, weil man sich dadurch das Recht zum Zuzug
nach Deutschland erschleicht, sondern auch, weil es un-
serem Verständnis von der Würde und dem Ansehen der
Ehe nicht entspricht, sie nur zum Schein einzugehen. Sie

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(C (D issen aber selbst – schließlich haben Sie eine entsprehende Nichtregierungsorganisation erwähnt –, dass wir uf diesem Gebiet ein beträchtliches Problem in unserer esellschaft haben. Wir schaffen jetzt die Möglichkeit, diese Fälle aufzuecken. Natürlich brauchen wir dafür die Mitarbeit Beroffener. Einige Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes önnen wir aufzeigen, wie es wirkt. Es liegt aber in der atur der Sache, dass es kaum Statistiken über Zwangseiraten und Scheinehen gibt. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ehebestandszeit! Können Sie dazu noch etwas sagen?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706705300

Die nächste Frage stellt die Kollegin Ekin Deligöz.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706705400

Herr Minister, ich gebe zu, dass es eine frauenpoliti-

che Errungenschaft ist, wenn es in Zukunft ein Rück-
ehrrecht gibt. Das ist eine Forderung, die ich als Fami-
ienpolitikerin schon seit Jahren stelle. Leider konnte ich
ie bisher, auch zur Zeit einer anderen Regierungskoali-
ion, nicht durchsetzen. Ich gebe zu, dass das ein wichti-
er Schritt ist.

Jetzt kommt mein großes Aber bei der Sache. Wir re-
en hier über juristische Finessen, die ihre Berechtigung
aben und die ich auch nicht schmälern will. Wenn ich
ir aber die Praxis in Deutschland anschaue, stelle ich

est, dass die größten Defizite nicht im Bereich des
trafrechts liegen, sondern die Situation vor Ort betref-
en. Was werden Sie tun, um Ihre Absicht, diese Form
on unmenschlicher Heirat zu verhindern, Wirklichkeit
erden zu lassen? Welche Begleit- und Unterstützungs-
aßnahmen wollen Sie ergreifen? Wird es dazu eine
ampagne geben? Werden Sie darauf insistieren, dass es
eratungsstellen gibt? Werden Sie Unterstützungsmaß-
ahmen anbieten, zum Beispiel in Frauenhäusern, damit
ie Frauen, die sich befreien und zurückkehren, auch die
öglichkeit haben, sich an jemanden zu wenden? Wenn

s zwar eine Rückkehroption, aber keine Aufnahmeop-
ion gibt, werden die Frauen den entscheidenden Schritt
ermutlich nicht wagen, sondern sich sozusagen ergeben
nd in die Familienstruktur, die sie unter Druck setzt, zu-
ückkehren müssen. Mit welchen Begleitmaßnahmen
ollen Sie Ihre Intention, die richtig ist, durchsetzen?
us dem Blickwinkel der Frauen- und Familienpolitik
ar bisher nicht der Straftatbestand das entscheidende
roblem, sondern die Tatsache, dass Deutschland nicht

n der Lage war, Unterstützungsstrukturen für diese Op-
er aufzubauen.

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
ern:

Heute reden wir über ein Paket, das sich auf das Auf-
nthaltsrecht bezieht. Es besteht aus einem strafrechtli-
hen Element und aus einer Gesetzgebung, die mit dem
ufenthaltsgesetz zu tun hat. Das ist Gegenstand dieses
esetzentwurfs. Damit können wir die ganze soziale
irklichkeit und die Dramen, die sich abspielen, natür-





Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des Innern


(A) )


)(B)


Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
lich nicht abbilden. Für manches sind auch die Länder
zuständig. Es nützt aber überhaupt nichts, ein Programm
für eine Wiederaufnahme vor Ort zu machen, wenn es
kein Rückkehrrecht gibt. Das heißt: Ohne ein solches
Rückkehrrecht und ohne dass man den Straftäter – ob es
nun der Vater, der Bruder, der Onkel oder sonst jemand
ist – an den Kanthaken bekommt, wird es nicht gehen.

Das andere sind Maßnahmen, die folgen können. Es
gibt auch entsprechende Strukturen. Wir haben Opfer-
vereinigungen, Beratungsstellen und Frauenhäuser, die
sich kümmern. Aber wenn wir den rechtlichen Rahmen
nicht hinbekommen – sowohl mit Blick auf die klarere
Regelung der Strafe als auch mit Blick auf das Rück-
kehrrecht –, nützen Hilfsmaßnahmen nichts. Das eine
schließt das andere nicht aus.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706705500

Die nächste Frage stellt die Kollegin Aydan Özoğuz.


Aydan Özoğuz (SPD):
Rede ID: ID1706705600

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Bundesinnen-

minister, zweifellos sind Forschung und Wissenschaft
ganz wichtige Grundlagen unserer Arbeit. Ich möchte
aber doch zum Ausdruck bringen, dass ich es wirklich
für schwierig halte, wenn die Befragung von Jugendli-
chen zu ihrem kriminellen Verhalten verbunden mit der
Frage, wie religiös sie sich fühlen, zu der Aussage des
Bundesinnenministers führt, dass 10 bis 15 Prozent der
Muslime bei uns integrationsunwillig seien. Ich denke,
darüber sollten wir noch einmal sprechen.

Meine Frage geht aber eher in den Bereich des Opfer-
schutzes. Sie haben vorhin gesagt, dass eine starke Vor-
integration die Voraussetzung für das eigenständige Wie-
derkehrrecht sei. Ich würde dies gerne noch ein wenig
präzisiert bekommen. Was ist eine starke Vorintegration?
Spielt das Einkommen eine Rolle? Spielt der Bildungs-
stand eine Rolle? Was genau ist damit gemeint?


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Das steht im Gesetz! Lesen Sie es nach!)


Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Zum ersten Punkt. Ich habe mich bei meiner Antwort
ausdrücklich nicht auf die Studie des Direktors des Kri-
minologischen Forschungsinstituts Niedersachsen zur
überproportional hohen Gewaltneigung junger Muslime
bezogen. Sie haben sich jetzt darauf bezogen. Diese Stu-
die ist bemerkenswert. Ob sie so aussagefähig ist, halte
auch ich für fragwürdig.

Ich habe meine Aussage auf die große Studie über is-
lamisches Leben in Deutschland von Faruk Sen und an-
deren bezogen, die in den Jahren 2008 und 2009 durch-
geführt worden ist. Durch die Fülle von Aussagen, wie
man zum Staat steht, ob man den Staat ablehnt oder
nicht, und zu ähnlichen Fragen komme ich zu diesem Er-
gebnis, dass es sich um 10 bis 15 Prozent der Muslime
handelt. Das ist meine Quelle – und nicht Herr Pfeiffer.
Es ist wichtig, darauf noch einmal hinzuweisen.

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(C (D Nun zu Ihrer Frage. Es gab schon einen Zwischenruf us unserer Mitte: Das steht in der Tat im Gesetz. Man uss zwischen minderjährig und nicht minderjährig un erscheiden. Mit erfolgreicher Vorintegration ist insbeondere gemeint, wenn man sich hier schon lange aufgealten hat und auch erfolgreich die Schule besucht hat. ann wird das Rückkehrrecht in besonderer Weise er eichtert. Im Übrigen verweise ich auf den Wortlaut des esetzes. Vielen Dank. – Ich muss die Befragung der Bundesre ierung zu diesem Themenkomplex leider beenden. Wir aben den vorgesehenen Zeitrahmen schon um elf Minuen überschritten. Es gibt allerdings noch zwei weitere ragen. Nun ist schon kritisiert worden, dass diejenigen, die ur Fragestunde gekommen sind, Gefahr liefen, ihre Fraen nicht beantwortet zu bekommen. Ich darf Sie desalb fragen: Trifft es auf Ihre Zustimmung, dass wir die efragung der Bundesregierung jetzt beenden? – Dann ufe ich noch die beiden Fragen, die nicht zu diesem hemenbereich gehören, auf. Bei den Fragestellern hanelt es sich um die Kollegin Sevim Dağdelen und den ollegen Stefan Liebich. Frau Dağdelen, bitte. Herr Minister, eigentlich ist dieser Komplex schon ngesprochen worden. Es geht um die heute im Kabinett benfalls beschlossenen Sanktionen bei vermeintlichen ntegrationsverweigerern in Deutschland. Wie bereits angesprochen wurde, haben laut einer eldung des Tickerdienstes epd acht Träger von Inte rationskursen für Migranten angesichts der Tatsache, ass das Kabinett heute über mehr Sanktionen entschieen hat, auf die geringe Abbrecherquote hingewiesen. ch zitiere: „Es gibt so gut wie keine Abbrecher aus mangelndem Integrationsinteresse“, erklärten acht Bildungsträger gemeinsam am Mittwoch in Bonn. … Dringenden Handlungsbedarf sehen die Bildungsträger an anderer Stelle. ie sehen also keinen Handlungsbedarf im Bereich von anktionen, die es sowieso schon gibt. Hier heißt es wei er: Rund 10 000 Menschen, die an Integrationskursen teilnehmen wollten, stünden auf Wartelisten, weil für ihre Kurse nicht genug Geld zur Verfügung stehe … Bis zum Jahresende könne sich die Zahl sogar auf 20 000 verdoppeln. Herr Minister, Sie sprechen – nachzulesen zum Beipiel in einem gestern im Tagesspiegel veröffentlichten nterview – immer noch von Integrationsverweigerern nd sind nicht in der Lage, auf parlamentarische Fragen on Abgeordneten und Fraktionen, welche Erkenntnisse hnen über Integrationsverweigerer vorliegen, Antworen zu geben. Deshalb lautet meine Frage an Sie: Sind Sevim Daðdelen )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706705700
Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706705800




(A) )


Sevim Dağdelen
Sie nicht der Auffassung, dass es pauschal und sehr dis-
kriminierend ist, von etwas zu sprechen, dem jedwede
Grundlage in der Realität fehlt, und gleichzeitig Sanktio-
nen vorzusehen? Dies stellt letztendlich nur eine hekti-
sche Aktivität der Bundesregierung dar, hat aber mit der
Lebenswirklichkeit in Deutschland nichts zu tun.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706705900

Herr Minister.

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Frau Abgeordnete, das war eher ein Debattenbeitrag
als eine Frage. Ich fand und finde meine Äußerungen
nicht pauschal. Das ist meine Antwort.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706706000

Im Übrigen war das eine Frage zu dem gleichen The-

menkomplex. Sie haben Ihr Fragerecht missbraucht.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das habe ich nicht, Herr Präsident! Zwangsheirat war das Thema!)


Ich bitte jetzt den Kollegen Stefan Liebich, seine
Frage zu stellen.


Stefan Liebich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706706100

Ich frage Sie, Herr Präsident, ob ich jetzt eine Frage

zur angeblich mangelnden Integrationsbereitschaft stel-
len darf. Vorhin haben wir über Zwangsheirat gespro-
chen. Das sind meiner Ansicht nach zwei verschiedene
Themen. Deswegen hatte ich mich vorher nicht gemel-
det und möchte meine Frage an dieser Stelle stellen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706706200

Das ist dem vorherigen Themenkomplex zumindest

sehr nahe. Bitte stellen Sie Ihre Frage.


Stefan Liebich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706706300

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Bundesinnen-

minister de Maizière, Sie haben im Zusammenhang mit
den Regierungsentscheidungen zur angeblich mangeln-
den Integrationsbereitschaft auf das Beispiel Berlin ver-
wiesen. Damit haben Sie viele Berlinerinnen und Berli-
ner, die Berliner Landesregierung und mich als Berliner
Abgeordneten überrascht. Deswegen habe ich dazu zwei
Fragen: Wie beurteilen Sie, dass die langjährige Politik
von SPD und Linkspartei in Berlin, die mehr Durchläs-
sigkeit oder sogar die Überwindung des gegliederten
Schulsystems zum Ziel hat, dazu geführt hat, dass wir
eine Quote von Abiturienten und Fachabiturienten mit
Migrationshintergrund in Höhe von 22 Prozent haben,
während der bundesweite Durchschnitt bei nur 9 Prozent
liegt? Wie beurteilen Sie, dass die Einführung von kos-
tenfreien Kitaplätzen für drei- bis sechsjährige Kinder in
Berlin dazu geführt hat, dass nahezu alle Kinder aus Mi-
grantenhaushalten in Kitas gehen?

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(C (D Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des Inern: Herr Präsident, lassen Sie diese Frage zu oder nicht? – ie lassen sie zu. Dann möchte ich gerne darauf antwor en. Dass ich Sie überrascht habe, kann ich nicht ändern. ur Sache möchte ich Folgendes sagen – das ist aus einer Sicht ein ernster Punkt –: Das Motiv meiner Äu erung war nicht, mich in innere Angelegenheiten der andespolitik in Berlin einzumischen oder Berlin zu tigmatisieren. Aber ich möchte nicht, dass die Erfolge er Integrationsarbeit überall im Land dadurch diskrediiert werden, dass immer wieder die Beispiele Neukölln nd Wedding zitiert werden. Neukölln ist nicht überall in er Bundesrepublik Deutschland. Darauf wollte ich hineisen. Die Berliner möchten sich bitte einmal an die eiene Nase fassen und überlegen, was sie tun können, tatt immer nur zu überlegen, was andere tun können, m diese Zustände auch in Berlin zu verändern. Das war ein Beitrag. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706706400

Danke schön, Herr Bundesminister. Damit ist Ihre

ufgabe erfüllt.

Ich beende die Befragung der Bundesregierung.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3:

Fragestunde
– Drucksachen 17/3363, 17/3398 –

Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß
r. 10 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die
ringlichen Fragen auf Drucksache 17/3398 auf.

Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des
undesministeriums der Verteidigung.

Ich rufe die dringliche Frage 1 der Kollegin Inge
öger auf:

Plant die Bundesregierung den Einsatz von Tornado-
Kampfflugzeugen, anderen Fahr- und Flugzeugen oder Perso-
nal der Bundeswehr zur Überwachung der Proteste gegen den
bevorstehenden Castortransport, und, wenn nicht, was ist der
Hintergrund der nach jüngsten Berichten von Anwohnern ak-
tuell stattfindenden Tiefflüge von Bundeswehr-Tornados über
der Region Wendland?

Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
ekretär Christian Schmidt zur Verfügung.

Bitte, Herr Staatssekretär.

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1706706500


Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, bitte
estatten Sie, dass ich Ihre Frage wie folgt beantworte:
ie Bundeswehr unterstützt im Rahmen der Amtshilfe
ie Durchführung von Castortransporten. Hierüber
urde der Bundestag in den Antworten auf Anfragen der

m Bundestag vertretenen Fraktionen in regelmäßigen
bständen unterrichtet. Die Unterstützungsleistungen
eschränken sich regelmäßig auf die befristete Überlas-





Parl. Staatssekretär Christian Schmidt


(A) )


)(B)

sung von Infrastruktur und die Mitbenutzung infrastruk-
tureller Einrichtungen wie Truppenküchen und Tankstel-
len.

Für die im November dieses Jahres geplanten Castor-
transporte sind die genannten Unterstützungsleistungen
der Bundeswehr für die Bundespolizei und für polizeili-
che Einsatzkräfte der Länder erneut zugesagt worden;
hierüber wurde der Deutsche Bundestag nach meiner
Kenntnis bereits ausführlich informiert. Für die Überwa-
chung etwaiger Proteste gegen Castortransporte am
kommenden Wochenende werden aber weder Tornado-
Luftfahrzeuge noch andere Flugzeugmuster der Bundes-
wehr noch Fahrzeuge und Personal der Bundeswehr ein-
gesetzt. Tornado-Aufklärungsflugzeuge sind weder in
der Vergangenheit noch für die im Jahr 2010 geplanten
Castortransporte angefordert worden. Damit haben auch
keine Flüge zur Unterstützung solcher Transporte statt-
gefunden; sie werden auch in diesem Jahr nicht erfolgen.

Aufklärungsaufgaben mit Tornado-Luftfahrzeugen
werden in der Luftwaffe ausschließlich vom Aufklä-
rungsgeschwader 51 „Immelmann“ durchgeführt. Dieses
führt zurzeit normalen Ausbildungs- und Übungsflugbe-
trieb im genehmigten Luftraum über Deutschland durch.
Am kommenden Wochenende ruht der allgemeine
Übungs- und Ausbildungsflugbetrieb der Luftwaffe. Nä-
here Kenntnisse von einzelnen Überflügen, die Sie insi-
nuieren, bedürften zu ihrer Überprüfung der konkreten
Benennung von Ort und Zeit. Ich kann aber ausschlie-
ßen, dass dies mit vorbereitenden oder sonstigen Maß-
nahmen im Zusammenhang mit dem Transport atomarer
Brennstoffe zu tun hat.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706706600

Eine Nachfrage?


Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706706700

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706706800

Bitte.


Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706706900

Sie schließen ausdrücklich aus, dass bei den Castor-

transporten Tornado-Flugzeuge zum Einsatz kommen
oder andere Aufklärungsmaßnahmen, zum Beispiel mit
Fenneks, die in Heiligendamm eingesetzt wurden, durch-
geführt werden. Unabhängig davon frage ich Sie: Gibt es
Fotos vom Verlauf der Castorroute?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1706707000


Frau Kollegin, dass es Fotos vom Verlauf der Castor-
route gibt, davon gehe ich aus, weil es bei uns von fast
allem Fotos gibt. Dass die Bundeswehr diese Fotos im
Auftrag gemacht hat, möchte ich allerdings ausschlie-
ßen. Ich habe, abgesehen vom bisherigen Auftrag, den
ich Ihnen geschildert habe, keinerlei Anhaltspunkte da-
für, dass sich die Bundeswehr beteiligt.

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(C (D Was die Überflüge betrifft, möchte ich darauf hinweien, dass die Landkreise Lüneburg, Uelzen und Lüchowannenberg wie die meisten Regionen in Deutschland icht innerhalb einer Flugverbotszone liegen. Damit sind ort im Rahmen der gültigen Regelungen grundsätzlich uch militärische Flugbewegungen erlaubt, und sie weren auch durchgeführt. Was die von Ihnen benannten, ehaupteten oder Ihnen zugetragenen Eindrücke von iefstflügen angeht, müsste man mithilfe von Zeitund rtsangaben klären, ob diese tatsächlich stattgefunden aben und, wenn ja, mit welchen Flugzeugen diese lüge – ob Übungsflüge oder andere – durchgeführt urden. Ich kann nur noch einmal betonen, dass sie mit icherheit nicht mit den Castortransporten zusammenängen; das kann ich ausschließen. Zweite Nachfrage. Was ist denn unter normalen Übungsund Ausbil ungsflügen zu verstehen? Mir ist zugetragen worden, ass diese Flüge gerade über das Wendland jetzt als beondere Belastung empfunden werden. Warum führen iese Flüge gerade über das Wendland? C Da muss ich passen, weil ich den Geschwaderkomodore nicht befragt habe. Normaler Übungsflugbetrieb edeutet aber, dass Flugzeuge in die Luft gehen, fliegen nd wieder landen. Das werden sie zum Teil auch in iedrigen Höhen tun, allerdings wird nur so weit und so ange geflogen, wie das im Rahmen der Übungstätigkeit uch zulässig ist. Ich hatte darauf hingewiesen, dass solhe Flugbewegungen beispielsweise am Wochenende icht stattfinden. Frau Kollegin, ich biete an, dass Sie die Angaben präisieren und mir dann einmal zukommen lassen. Ich sage hnen hiermit eine schriftliche Beantwortung zu, in der argestellt wird, welche Flugzeuge das von wem geween sind, ob das also „Immelmänner“ oder andere Flugeuge der Luftwaffe oder von anderen fliegenden Eineiten gewesen sind, und in der ich Ihnen dann auch uskunft darüber geben kann, im Rahmen welchen Ausildungsund Übungsbetriebs diese Flüge durchgeführt urden. Es gibt eine weitere Nachfrage des Kollegen hristian Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706707100
Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706707200
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1706707300
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706707400
Herr Staatssekretär, Sie haben meine schriftliche

rage zu diesem Thema ja schon beantwortet. Darin
teht, dass die Bundeswehr Amtshilfe nach Art. 35
bs. 1 des Grundgesetzes leistet.

Ich hatte in dieser schriftlichen Frage allerdings auch
arum gebeten, mir in einer vollständigen Auflistung





Hans-Christian Ströbele


(A) )


)(B)

– Behörde, Dauer, Art und Umfang – alle Maßnahmen
zu benennen, die geplant bzw. zugesagt sind. Diese Auf-
listung vermisse ich in der Antwort auf meine schriftli-
che Frage bisher. Ich bitte also darum, schriftliche Fra-
gen in Zukunft vollständig und nicht nur zum Teil zu
beantworten.

Im Anschluss an das, was die Kollegin hier jetzt ge-
fragt hat, will ich Sie einmal ein bisschen konkreter fra-
gen, weil Sie das ja auch erbeten haben.

Im Oktober 2010 sollen in der Nähe der Orte Seedorf
und Dahlenburg – dort verläuft die Strecke, auf der der
Castortransport nicht am kommenden Wochenende, son-
dern am Wochenende danach stattfinden wird; für Ihre
Nachfrage können Sie das vielleicht gebrauchen – mehr-
fach insbesondere Hubschrauberüberflüge über die
Bahngleise und das nahegelegene Gebiet stattgefunden
haben. Mir liegen hier auch die Angaben von Augenzeu-
gen zu Uhrzeiten an einem dieser Tage vor.

Sie sagen, das seien ganz normale Flüge, die immer
durchgeführt werden. Das mag ja sein, trotzdem stelle
ich die Frage: Dienen diese Flüge auch der Beobach-
tung, und werden diese Beobachtungen in irgendeiner
Weise durch Kameras oder in anderer Weise aufgezeich-
net? Wo verbleiben die Aufnahmen, die dort hergestellt
werden? Insbesondere interessiert mich: Wird die Bun-
deswehr diese Aufnahmen auf Anforderung auch den Si-
cherheitsbehörden in Niedersachsen zur Verfügung stel-
len, wie das ja bei den Ereignissen um Heiligendamm
der Fall gewesen ist?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706707500

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1706707600


Herr Kollege Ströbele, ich bitte zuerst, meine Unauf-
merksamkeit zu entschuldigen, weil ich – das war für Sie
ja auch erkennbar – noch einmal die Papiere, die mir
vorliegen, sortiert und dabei festgestellt habe, dass auf
Ihre Frage hin, die Sie schriftlich gestellt hatten, eine
Übersicht über die beschlossenen Unterstützungsmaß-
nahmen im Rahmen der Amtshilfe erstellt wurde. Falls
diese Ihrem Schreiben nicht beigelegen hat, werde ich
sie gerne nachreichen.

Falls Sie sie besonders schnell haben wollen, emp-
fehle ich Ihnen, Ihren Kollegen Nouripour im Rahmen
der innerfraktionellen Amtshilfe anzusprechen, der am
22. Oktober 2010 von meinem Kollegen Kossendey
über die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und
den Verteidigungsausschuss insgesamt nämlich solch
eine Übersicht erhalten hat.

Aber ich werde Sorge dafür tragen, dass Sie diese An-
lage erhalten, die detailgenau auflistet, wer wann zu wel-
chem Anlass wo welche Unterstützungsleistungen bean-
tragt hat. Das geht von der Nutzung als Park- und
Stellflächen in der Tat bis hin zur Verpflegung.

Die Frage, die mir jetzt gestellt war, Herr Kollege, zu
der Sie eine Zusatzfrage gestellt haben, hat sich aus-
drücklich auf Tornado-Flugzeuge bezogen. Über diese

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(C (D abe ich Auskunft erteilt. Hubschrauber der Bundeswehr das beziehe ich mit ein – sind mit diesem Auftrag nicht nterwegs gewesen. Ich kann natürlich nicht ausschlieen, dass beispielsweise Fluggerät, Drehflügler, von undesoder Länderpolizeien unterwegs gewesen ist, amit man sich einen Überblick verschaffen kann. Das eiß ich nicht und entzieht sich meiner Kenntnis. Ich bin icht in der Lage, das zu beantworten. Die Tendenz Ihrer Frage kommt aus den Erfahrungen er Diskussionen, die wir nach Heiligendamm hatten. uch ich erinnere mich noch sehr gut an die Dinge. Viel eicht erinnern Sie sich daran, dass wir damals eine ompetenzsituation hatten, die nicht auf der entspre henden Ebene entschieden worden war, und dass ich ersönlich von diesem Rednerpult aus eine Klarstellung bgegeben habe, die damals auch eine Entschuldigung ür ein Organisationsversagen beinhaltet hat. Gerade aus dieser Erfahrung heraus werden Sie und ch sowie die Kolleginnen und Kollegen des Hauses sehr arauf achten, dass die Fragen, die gestellt werden, bentwortet werden und die Auskünfte, die erteilt werden, ann auch so umgesetzt werden. Ich darf Ihnen versihern, dass in den zuständigen Bereichen der Bundesehr eine hohe Sensibilität besteht, dass solche klaren egeln und klaren Vereinbarungen auch eingehalten erden. Das heißt, Amtshilfe gemäß Art. 35 ist angeforert worden, aber für Infrastruktur und für Dinge, die jeenfalls außerhalb und jenseits der Aufklärung oder der ufklärung mit Luftfahrzeugen liegen. Jetzt kommen wir zu einer Frage des Kollegen Paul chäfer; das ist die zweite dringliche Frage: Ist die Meldung der Presseagentur dapd vom 25. Oktober 2010 zutreffend, nach der in Afghanistan Bundeswehrsoldaten gezielt auf Zivilisten schießen dürfen und schießen, wenn sich diese telefonierend oder rufend über das Gefechtsfeld bewegen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. C Kollege Schäfer, Sie hatten sich, vermute ich, auf die apd-Meldung von vorgestern bezogen, die, wenn ich as richtig verfolgt habe, gestern und auch heute mit eiteren Tagebuchschilderungen ausgebaut worden ist. s handelt sich nach den Angaben der Autorin um Ausüge aus einem Tagebuch eines gerade aus dem Afghaistan-Einsatz zurückgekehrten deutschen Soldaten. Wie uns die Autorin weiter wissen lässt, enthalte die eldung keinerlei Anspruch auf Objektivität, Vollstän igkeit oder Ausgewogenheit in der Darstellung. Zudem ind die Ortsund Zeitangaben sowie weitere Details annymisiert, wenngleich einige der Vorfälle – oder ein orfall, der genannt worden ist – sich natürlich lokalisie en und zeitlich fixieren lassen. Es geht um die Vorfälle m Karfreitag und die Gefechte, in denen sich damals oldaten der Bundeswehr befunden haben. Obgleich es, davon abgesehen, vor dem Hintergrund er Anonymität und der Subjektivität schon schwerfällt, Parl. Staatssekretär Christian Schmidt )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706707700
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1706707800




(A) )

die in den Pressmitteilungen vorhandenen Aussagen
wirklich seriös zu bewerten und zu kommentieren, ver-
mag ich die in Ihrer Frage enthaltene Behauptung, es sei
Bundeswehrsoldaten gestattet, auf Zivilisten zu schie-
ßen, die sich telefonierend oder schreiend über das Ge-
fechtsfeld bewegen, so nicht der Pressemitteilung zu ent-
nehmen.

Die Frage, die durch die Meldung aufgeworfen ist,
lautet ja doch eher, ob gegen feindliche Kräfte, die im
Rahmen eines Feuergefechtes einen Stellungswechsel
durchführen, militärische Gewalt angewendet werden
darf, auch wenn sie den Stellungswechsel gegebenen-
falls ohne ihre Waffen vornehmen. Dies ist nach dem hu-
manitären Völkerrecht sowie nach den ISAF-Einsatzre-
geln der Fall!

Ich möchte zwei Punkte ausdrücklich betonen. Zum
einen habe ich ein gewisses subjektives Verständnis da-
für, dass ein Soldat, der aus einer Gefechtssituation
kommt, die überhaupt nichts mit den Lebensumständen
in unserem Land zu tun hat – wenn es ein authentischer
Bericht sein sollte –, durchaus eine Notwendigkeit sieht,
seine Erfahrungen zu berichten, auszudrücken oder zu
kommentieren. Ich glaube sogar, dass es in einem gewis-
sen Rahmen notwendig ist, dies zu tun. Ob das immer in
Form von anonymisierten Pressemeldungen der Fall sein
muss, ist eine andere Frage. Aber wir regen unsere Sol-
datinnen und Soldaten durchaus dazu an, mit einem ge-
wissen Abstand auch in unserer Öffentlichkeit über die
schlimmen Erfahrungen, die sie machen, zu reden.

In den interessanten Tagebucheinträgen ist vieles na-
türlich subjektiv. Trotzdem hat es seinen Platz. Man
muss es zwar einordnen, aber ich glaube, dass es eine
möglicherweise sogar notwendige Konsequenz der
schlimmen Situationen ist, in die der einzelne Soldat im
Einsatz geraten kann. Aber wenn er eine bewusste Fehl-
information oder Informationen, die die Sicherheit sei-
ner Kameraden betreffen, damit berühren würde, dann
wäre allerdings der Punkt erreicht, an dem man dies
nicht mehr billigen kann.

Zum anderen will ich deutlich festhalten – das gibt,
ohne dass ich mich auf die Lektüre dieser Meldungen im
Einzelnen beziehe, seine Kritik an den Vorgesetzten zu
erkennen –, dass das humanitäre Völkerrecht in der Bun-
deswehr beim Einsatz in Afghanistan und anderswo
selbstverständlich Weisungslage ist und auch eingehal-
ten wird. Wie und ob in einer konkreten Gefechtssitua-
tion die Frage zu entscheiden ist, ob jemand ein unbetei-
ligter Zivilist ist oder jemand, der im Rahmen des
humanitären Völkerrechts in einem bewaffneten nicht
internationalen Konflikt durch seine Beteiligung an
Kampfhandlungen diesem völkerrechtlichen Schutz
nicht mehr unterworfen ist, kann, glaube ich, im Grund-
satz in diesem Hause oder in der Öffentlichkeit beant-
wortet werden. In der konkreten Situation verbietet es
sich uns aber, allein aufgrund irgendwelcher Meldungen
zu beurteilen, was wirklich geschehen ist. Deswegen
bleibe ich bei der grundsätzlichen Bewertung.

Selbstverständlich können Sie, Herr Kollege Schäfer,
ebenso wie wir davon ausgehen, dass das humanitäre
Völkerrecht die Grundlage für ein völkerrechtskonfor-

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(C (D es militärisches Verhalten von Bundeswehrsoldaten ist nd sein muss und dass sich alle Vorgesetzten entsprehend verhalten müssen. Alles Weitere lässt sich nicht om Rednerpult, von der Regierungsbank oder vom Abeordnetenplatz aus im Detail kommentieren. Das üsste im Einzelfall geklärt werden. Kollege Schäfer, eine Nachfrage? Danke, Herr Präsident und auch Ihnen, Herr Staats ekretär, für die ausführliche Antwort. Was Sie als Subektivität der Schilderungen in diesem Kriegstagebuch ezeichnen, wie es wohl genannt wird, kann ich durchus nachvollziehen, gerade was die Situation unmittelbar ach dem Karfreitag betrifft. Deshalb zielt meine Frage uch auf das Vorgesetztenverhalten und auf Regelungen. Meine erste Nachfrage ist: Können Sie definitiv auschließen, dass es formelle oder informelle Weisungen on Vorgesetzten im deutschen Einsatzkontingent in fghanistan gibt, nach denen in den genannten Fällen undeswehrangehörige schießen oder gar töten dürfen? önnen Sie definitiv ausschließen, dass es solche förm ichen oder auch informellen Regelungen oder Weisunen gibt? C Mir ist über solch eine Regelung oder Weisung nichts ekannt. Ich kann solche Regelungen oder Weisungen efinitiv im Grundsatz ausschließen. Ob jemand sich an ie Grundsätze oder Regeln nicht gehalten hat und dann ur Rechenschaft gezogen werden müsste, das lässt sich atürlich nie mit letzter Wahrscheinlichkeit ausschlieen. Aber ich habe auch aus diesem „Kriegstagebuch“ bleiben wir bei dem Begriff, den Sie eingeführt haben, err Kollege – nicht gelesen, dass es solche Hinweise ibt. In einer einzigen Sequenz steht in diesem anonyen Bericht, der Schreiber wisse nicht, ob das so ver tanden und gesehen worden sei oder ob es eine Anweiung gegeben habe. Wir haben keinerlei Hinweise auf so twas, und dieser Bericht wurde auch nicht durch andere ußerungen bestätigt. Ich habe eher den Eindruck, dass sich die Darstellung m eine Fragestellung herumrankt und bewegt, bei der ir alle, die nicht im Einsatz sind, Schwierigkeiten haen, den Soldatinnen und Soldaten gegenüber die rundlagen zu erklären. Ich spreche mit einem Mitglied es Verteidigungsausschusses. Gestatten Sie mir trotzem, obwohl ich sehr gut weiß, dass Sie informiert sind, uf den letzten Fall des Oberfeldwebels einzugehen, der or zwei Wochen gefallen ist. Da war ja nun gerade die ituation so, dass ein Zivilist auf ihn zugekommen ist nd sich der Soldat an den Sprachmittler der Bundesehr, also an den Dolmetscher, gewandt hat. Man wenet sich an einen Dolmetscher, um ein Gespräch zu beinnen. Es kam nicht mehr zu dem Gespräch, weil der ermeintliche Zivilist ein Selbstmordattentäter war und inen Sprengsatz mit Stahlkugeln zur Explosion ge Parl. Staatssekretär Christian Schmidt )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706707900
Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706708000
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1706708100




(A) )

bracht hat, wodurch der Oberfeldwebel tödlich verwun-
det wurde.

Wenn man als Soldat eine solche Situation erlebt,
dann glaube ich schon, dass Fragen jenseits von Befeh-
len auf einen zukommen, wie ich es auch in einem per-
sönlichen Gespräch mit einem Unteroffizier erlebte, der
mich fragte: „Muss ich mich erst erschießen lassen, be-
vor ich mich wehren darf?“ Solche Fragen sind jenseits
einer ganz nüchternen Würdigung und spiegeln nur wi-
der: Es geht um Tod oder Leben.

Ich vermag aus diesem „Kriegstagebuch“ keine An-
haltspunkte für ein nicht völkerrechtskonformes Verhal-
ten zu erkennen und gehe deswegen davon aus, dass die
Darstellungen wirklich eine subjektive Bewertung sind,
dass die Fragen aber ihre Berechtigung haben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706708200

Eine zweite Nachfrage, Herr Schäfer?


Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706708300

Danke, Herr Präsident. – Auch in diesem Punkt, Herr

Staatssekretär, habe ich Verständnis dafür, in welche pre-
kären Lagen man in diesen sogenannten asymmetrischen
Kriegen kommen kann. Aber dennoch, noch einmal zu-
gespitzt, auch an dieser Stelle die Frage: Steht es nach
Ansicht der Bundesregierung im Einklang mit dem
Völkerrecht und dem Mandat des deutschen ISAF-Kon-
tingents, dass in einer solchen Gefechtssituation Perso-
nen, die unbewaffnet sind, die man aber für irgendwie
verdächtig hält, weil sie zum Beispiel ein Handy haben,
bekämpft werden können, auch erschossen werden kön-
nen?

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1706708400


Das Besitzen oder Mitführen eines Handys kann kein
Anlass sein, jemanden zu töten. Ich bin jetzt im hypothe-
tischen Bereich und will eigentlich nur deswegen auf die
Frage eingehen, weil man sich ihr jenseits von Regie-
rungshandeln auch im persönlichen Bereich nähern und
sich mit ihr auseinandersetzen muss. Wenn Soldaten er-
lebt haben, dass vermeintliche Zivilisten, vermeintlich
Unbewaffnete, vermeintlich nur einen Kaftan tragende
Menschen unter dem Kaftan eine Kalaschnikow tragen
und Kameraden ihr Leben lassen, dann finde ich, dass
wir mit der feinen Ziselierung, wie das alles zu sehen ist,
tatsächlich unseren Soldaten Unterstützung geben und
das Vertrauen in sie haben müssen, dass sie in solch ei-
ner Situation besonnen und in Kenntnis des Völkerrechts
handeln, dass sie aber auch bereit sind, wenn erkennbar
eine Situation entsteht, die zu einem Gefecht oder zu ei-
nem Anschlag führt, entsprechend zu reagieren. Das ist
der entscheidende Punkt. Wenn wir diesen Spielraum
nicht ließen, dann könnten wir nicht verantworten, un-
sere Soldatinnen und Soldaten in diesen gefährlichen
Einsatz in Afghanistan zu schicken.

Jeder Getötete ist sozusagen einer zu viel. Aber leider
ist bei asymmetrischen Bedrohungen die Unterschei-
dung zwischen dem, der Gegner, der Kombattant ist, und
dem, der friedliche, zivile Absichten hat, oft schwierig.

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(C (D ie Bundeswehr ist in diesem Einsatz dafür bekannt, ass sie sich im Zweifelsfall eher zurückhält. Sie verucht, im Zweifelsfall keinen Angriff durchzuführen der keine Verteidigungsmaßnahmen zu ergreifen, um ivilpersonen – vermeintliche oder nicht – vor Schäden u bewahren. Trotzdem bleibe ich dabei, dass es mir icht zusteht – daher kann ich Ihre Frage nicht beantworen –, den Einzelfall zu beurteilen. Herr Kollege, tendeniell kann ich Ihre Frage aber wie folgt beantworten: Die undeswehr wird bei ihrer restriktiven Vorgehensweise leiben. Vielen Dank. – Es gibt eine weitere Frage der Kolle in Inge Höger. Ich bitte um kurze Beantwortung. Jeder Getötete das heißt jeder getötete Soldat, jede getötete Soldatin nd jede getötete Zivilperson – ist einer zu viel. Darin ebe ich Ihnen völlig recht. Nach internationalem Völerrecht geht es aber darum, zu verhindern, dass Zivilersonen getötet werden. Deshalb stelle ich noch einmal ie Frage: Beachten unsere Soldatinnen und Soldaten as internationale Völkerrecht, um den Tod von Zivilersonen auszuschließen? C Ja, sie beachten das Recht. Wenn sich die gegnerichen Kräfte, die sich da zusammenrotten, genauso daan hielten, dann gäbe es keine Toten und Verwundeten, ondern Gespräche über die weitere friedliche Entwickung Afghanistans. Danke schön, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen mtes. Zur Beantwortung steht die Staatsministerin ornelia Pieper zur Verfügung. Wir kommen zur dritten dringlichen Frage, zu der des bgeordneten Uwe Kekeritz: Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Ausbreitung der Cholera in Haiti und den Notfallplan der haitianischen Regierung infolge der Ausrufung des Notstandes am Freitagabend und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die dramatische Situation vor Ort zu verbessern und eine Epidemie zu verhindern, welche laut Medienberichten (Spiegel Online vom 23. Oktober 2010)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706708500
Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706708600
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1706708700
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1706708800
das Leben gekostet hat?

Frau Staatsministerin, bitte sehr.

C
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706708900

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Abgeordneter,

ie Bundesregierung wird regelmäßig durch die Lagebe-
ichte des Büros der Vereinten Nationen für die Koordi-
ierung humanitärer Angelegenheiten und die entspre-
hende Abteilung der Europäischen Kommission über
ie humanitäre Lage in Haiti informiert. Bei Bedarf wird





Staatsministerin Cornelia Pieper


(A) )


)(B)

dies durch Berichterstattung der deutschen Botschaft in
Port-au-Prince ergänzt. Hieraus ergibt sich folgender ak-
tueller Sachstand: Am 21. Oktober 2010 wurden im De-
partment L’Artibonite – das liegt im Zentrum Haitis –
erste Fälle von Cholera im Labor bestätigt. In den fol-
genden Tagen nahm die Zahl der Infizierten im Einzugs-
bereich des gleichnamigen Flusses rasch zu, sowohl im
Bereich des Zentralplateaus als auch an der Küste. Bis
zum 24. Oktober 2010 wurden nach offiziellen Angaben
circa 3 000 Choleraerkrankungen in den Departments
L’Artibonite und Centre identifiziert und über 250 To-
desfälle festgestellt.

Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für Haiti
wurde dementsprechend am 22. Oktober 2010 um das
Auftreten der Cholera erweitert. Seit dem 20. Oktober
haben die verantwortlichen Stellen sowohl der Regie-
rung als auch der vor Ort befindlichen internationalen
Organisationen mit entsprechenden Notmaßnahmen be-
gonnen. Es erfolgte eine systematische epidemiologi-
sche Überwachung, eine verstärkte Ausstattung der Ge-
sundheitseinrichtungen mit intravenösen und oralen
rehydrierenden Lösungen sowie der Start einer Informa-
tionskampagne zur Prävention und Behandlung der Cho-
lera.

In oder bei Krankenhäusern wurden verschiedene Be-
handlungszentren eingerichtet. Parallel reagieren Hilfsorga-
nisationen mit konkreten Hilfsmaßnahmen, zum Beispiel
der Verteilung von Choleratabletten, Wasserfiltern sowie
Notnahrung, was als Folge des Erdbebens im Januar
noch in großer Zahl im Lande präsent ist. Zu diesen
Hilfsorganisationen gehören dank der Spendenbereit-
schaft der Deutschen im Frühjahr eine größere Zahl
deutscher Nichtregierungsorganisationen, wie Sie wis-
sen, Herr Abgeordneter.

Im Auftrag der humanitären Hilfe der Bundesregie-
rung sind infolge des Erdbebens noch ein Feldhospital
des Deutschen Roten Kreuzes und ein Projekt der NRO
Humedica zur medizinischen Grundversorgung aktiv.
Letzteres verlagert seine Aktivitäten derzeit ganz auf das
Departement Artibonite. Eventuell zusätzlicher Bedarf
an Medikamenten würde seitens der Bundesregierung
umgehend bewilligt.

Das Feldhospital des DRK wird seinen Standort bei-
behalten. Mit Ausstattungsmitteln des Hospitals, das mit
Mitteln der humanitären Hilfe der Bundesregierung fi-
nanziert wurde, werden zwei zusätzliche Behandlungs-
zentren an den Ausfallstraßen von Port-au-Prince errich-
tet. Auch das Technische Hilfswerk ist noch vor Ort und
prüft momentan eine Ausweitung seiner laufenden
Trinkwasseraufbereitung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lage
zwar ernst ist, den akut Betroffenen aufgrund der in ver-
gleichsweise hoher Zahl präsenten internationalen Hilfe
momentan aber noch weitgehend mit den vorhandenen
Kapazitäten geholfen werden kann. Die Bundesregie-
rung steht im engen Kontakt mit den genannten und mit
weiteren Hilfsorganisationen. Sie wird ihre Hilfe bei Be-
darf im Rahmen verfügbarer Mittel natürlich aufstocken.
Ich bitte um Nachsicht, dass ich das etwas länger ausge-
führt habe. Ich denke, es war auch in Ihrem Interesse.

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(C (D Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte schön. Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin, für die aus ührlichen Informationen. Das war sehr wohl in meinem nteresse. Sie haben die Situation hier sehr positiv beschrieben. ns erreichen Informationen, dass die Hilfe zum Teil ehr schleppend ist. Es werden immer wieder Erinnerunen an die gesamte Wiederaufbauleistung nach dem Erdeben wachgerüttelt. Der Wiederaufbau vollzieht sich ehr langsam. Zahlreiche in Angriff genommene Proekte sind noch nicht abgeschlossen, obwohl sie eigentich schon fertig sein sollten. Das hat viele Ursachen. nsbesondere wird kritisiert, dass Waren vom Zoll zuückgehalten werden, dass der bürokratische Ablauf sehr roblematisch ist. Manchmal ist auch der Warenfluss icht ganz leicht nachzuvollziehen. Das sind Kritiken, ie uns aus der Zivilgesellschaft zugetragen worden ind. Ich möchte Sie fragen, ob Sie diesbezüglich etwas issen. Auch ist Kritik in Bezug auf die Hilfsleistungen ur Bekämpfung der aktuellen Choleraepidemie vorgeragen worden. Ist Ihnen diesbezüglich irgendetwas beannt? C Wir lassen uns laufend, wie ich schon sagte, über die ktuelle Situation unterrichten. Ausgangslage ist allerings, Herr Abgeordneter, dass die haitianische Verwalung selbst noch erheblich unter den Folgen des Erdbeenunglücks, wie Sie wissen, zu leiden hat und dass rhebliche Kapazitätsengpässe bestehen, die gerade die rbeit humanitärer Organisationen und des Wiederaufaus behindern. Insbesondere die Beseitigung der Ursahen dieses Choleraausbruches ist eine Aufgabe, die im ahmen des Wiederaufbaus grundsätzlich lokalen Reierungsstellen zufällt. Wenn Sie konkrete Informatioen von Nichtregierungsorganisationen oder von wem uch immer haben, bin ich gern bereit, dem auch selbst achzugehen. Eine weitere Nachfrage? (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das wäre es, danke!)

Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706709000
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706709100
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706709200
Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706709300

Wir sind damit am Ende der Beantwortung der dring-
ichen Fragen.

Wir kommen zu den Fragen der Fragestunde in der
blichen Reihenfolge.

Die Fragen 1 und 2 des Kollegen Siegmund Ehrmann
ollen schriftlich beantwortet werden.

Dann kommen wir zur Frage 3 des Abgeordneten
hristian Ströbele:

Welche Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft oder
letztem Wohnsitz in Deutschland wurden nach Kenntnis der
Bundesregierung durch US-Sicherheitskräfte im Raum Afgha-
nistan/Pakistan seit 2007 – insbesondere mittels Drohnen – getö-





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)


(zum Beispiel in Mir Ali in diesem Herbst oder am 13. September 2009 Tötung des angeblichen IJU-Gründers; vergleiche SPON, 17. September 2009)

Personen haben deutsche Stellen zuvor der US-Seite – direkt
oder indirekt, etwa über ISAF – Informationen zur Identifizie-
rung oder Ortung übermittelt?

Hierfür steht wiederum Frau Staatsministerin
Cornelia Pieper zur Verfügung.

C
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706709400


Ähnliche Fragen haben uns schon in der letzten Fra-
gestunde beschäftigt. Diese Frage des Abgeordneten
Ströbele beantworte ich wie folgt:

Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Er-
kenntnisse über die Tötung deutscher Staatsangehöriger
durch amerikanische Sicherheitskräfte im Raum Afgha-
nistan/Pakistan vor. Es wurden keine Daten übermittelt,
die nach Kenntnis der Bundesregierung im Sinne der
Fragestellung hätten verwendet werden können.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706709500

Nachfrage, Herr Ströbele?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja. – Frau Staatsministerin, ich habe ganz konkret ge-
fragt und unter anderem auch das Datum des Angriffs
genannt, bei dem im pakistanisch-afghanischen Grenz-
gebiet mindestens drei Personen getötet worden sein sol-
len. Pressemeldungen zufolge sollen dabei drei vermut-
lich deutsche Staatsangehörige oder Personen, die
zuletzt längere Zeit in Deutschland gelebt haben, getötet
worden sein. Ich frage Sie jetzt: Auch zu diesen Perso-
nen haben die Bundesregierung oder ihr nachgeordnete
Behörden keinerlei Information? Das wollen Sie ernst-
haft sagen?

C
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706709600


Sie haben Ihre Informationen, die Sie mir gerade ge-
schildert haben und die Sie vor 14 Tagen auch schon
Staatsminister Hoyer geschildert haben, ernst zu neh-
menden Medienberichten entnommen. Ich kann nur sa-
gen, dass die Bundesregierung unmittelbar nach Erschei-
nen der letzten Medienberichte zur angeblichen Tötung
mehrerer deutscher Staatsangehöriger durch US-Droh-
nen in Pakistan pakistanische Behörden offiziell um
Auskunft gebeten hat. Das Auswärtige Amt und die
deutsche Botschaft in Islamabad bemühen sich weiterhin
um Aufklärung insbesondere der Frage, ob es sich bei
den Getöteten um deutsche Staatsangehörige handelt.
Bislang liegen jedoch keine belastbaren Informationen
vor.

Da ich wusste, dass Sie heute nachhaken, habe ich
noch einmal in unserer deutschen Botschaft in Islamabad
angerufen und mich erkundigt, welche Maßnahmen
nachträglich noch unternommen worden sind. Sie müs-
sen natürlich auch verstehen, dass die Umstände für die
pakistanischen Behörden vor Ort extrem schwierig sind,
weil – was Sie sicherlich auch wissen – das pakistani-

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(C (D che Gebiet an der Grenze zu Afghanistan, weil Nordasiristan auch für die pakistanischen Behörden ein chwer zugängliches Gebiet ist, in dem sich selbstveraltete Stämme befinden. Ich kann nur bestätigen, was ir die Botschaft heute noch einmal als Auskunft gege en hat – sie ist in ständigem Kontakt mit den pakistanichen Behörden –: dass uns bis jetzt seitens der pakistaischen Behörden keine Antworten auf unsere Fragen egeben werden konnten und dass wir deswegen auch och keine andere Faktenlage haben. Nun die zweite Nachfrage des Herrn Kollege tröbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706709700
Jetzt muss ich ein bisschen heftig werden. Die Bun-

esregierung besteht ja nicht nur aus dem Auswärtigen
mt, und nachgeordnete Stellen sind nicht nur die Bot-

chaften. Haben Sie, bevor Sie diese Antwort gegeben
aben, an deren Richtigkeit ich – um es einmal ganz
ilde auszudrücken – erhebliche Zweifel habe, einmal

m Bundeskanzleramt nachgefragt, ob es Informationen
ber die Identität der Getöteten gibt, ob es sich dabei um
eutsche Staatsangehörige handelt?

C
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706709800

Dem Bundeskanzleramt stehen ebenso wie dem Aus-

ärtigen Amt im Moment keine anderen Fakten zur Ver-
ügung. Wir stehen natürlich – auch in dieser Frage – in
tändigem Austausch mit dem Bundeskanzleramt.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706709900

Ich rufe auf die Frage 4 des Kollegen Ströbele:

Welche Informationen zur Ortung oder Identifizierung
über den deutschen Staatsbürger A. S., der in Kabul im Juni
2010 verhaftet wurde, als er auf dem Weg zur deutschen Bot-
schaft gewesen sein soll, der seither auf dem US-Stützpunkt
Bagram inhaftiert ist und nun in die USA verbracht werden
soll, haben deutsche Stellen zuvor afghanischen oder US-
Sicherheitsstellen – direkt oder indirekt, etwa über ISAF –
übermittelt (vergleiche www.stern.de, 6. Oktober 2010), und
welche Bemühungen wurden von deutscher Seite nach Kennt-
nis der Bundesregierung vor und nach der Festnahme unter-
nommen, um die Rückkehr des A. S. nach Deutschland zu er-
reichen?

C
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706710000

Ich möchte die Frage des Abgeordneten wie folgt be-

ntworten:

Es wurden keine Daten übermittelt, die nach Kenntnis
er Bundesregierung im Sinne der Fragestellung hätten
erwendet werden können. Die Bundesregierung hat
ich gegenüber der Regierung der Vereinigten Staaten
on Amerika dafür eingesetzt, dass der Inhaftierte, der
owohl deutscher als auch afghanischer Staatsangehöri-
er ist, zum Zwecke der Strafverfolgung in die Bundes-
epublik Deutschland zurückgeführt wird. Gegen den In-
aftierten besteht ein Haftbefehl des Bundesgerichtshofs





Staatsministerin Cornelia Pieper


(A) )


)(B)

wegen des dringenden Verdachts der Mitgliedschaft in
einer terroristischen Vereinigung im Ausland.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706710100

Nachfrage, Kollege Ströbele?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Frage war ganz eindeutig. Ich wollte wissen,
ob überhaupt Informationen geliefert werden. Es ging
mir nicht darum, dass Sie jetzt sagen, dass zu irgend-
einem in meiner Frage gar nicht angesprochenen Zweck
Informationen geliefert werden.

Also, sind von bundesdeutscher Seite, von deutschen
Behörden, Informationen über diesen Herrn Sidiqi – so
heißt er ja, wie wir inzwischen wissen – an die US-Be-
hörden geflossen? Wenn ja, welche?

C
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706710200


Herr Abgeordneter Ströbele, Sie haben bereits im
Parlamentarischen Kontrollgremium über diese Frage
beraten, soweit ich weiß. Sie werden dort sicherlich wei-
terhin die Möglichkeit haben, auch von der Bundesregie-
rung Auskunft zu erhalten. Ich möchte Ihre Frage noch-
mals nachdrücklich mit Nein beantworten.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706710300

Weitere Nachfrage?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Welche Bemühungen hat die Bundesregierung unter-
nommen, um – Sie haben ja zu Recht darauf hingewie-
sen, dass gegen diesen Mann in Deutschland ein straf-
rechtliches Ermittlungsverfahren anhängig ist – diese
Person nach Deutschland zurückzuholen und damit den
deutschen Strafverfolgungsbehörden zuzuführen?

C
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706710400


Wir haben in der Tat mehrmals Bemühungen unter-
nommen. Die Bundesregierung wird sich auch weiterhin
dafür einsetzen, dass inhaftierte deutsche Staatsangehö-
rige im Einklang mit den Bestimmungen des humanitä-
ren Völkerrechts und unter Beachtung der Menschen-
rechte behandelt werden.

Darüber hinaus liegt es im Interesse der Bundesregie-
rung, dass – wie ich schon sagte – es sehr bald zu einer
Überführung des Genannten nach Deutschland kommt
und seine Verurteilung hier vor Ort in Deutschland er-
folgt.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706710500

Danke schön. – Wir kommen nun zu Frage 5 der Ab-

geordneten Inge Höger, die sich wohl mit dem gleichen
Sachverhalt beschäftigt.

Welche Schritte über Forderung nach Auslieferung an die
Bundesrepublik Deutschland durch die Staatsanwaltschaft hi-

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(C (D naus unternimmt die Bundesregierung, um nach Berichten über einen tot in seiner Zelle aufgefundenen Gefangenen im US-Gefängnis von Bagram (vergleiche dpa vom 10. Oktober 2010)

A. S. zu erreichen, und welche Informationen über Zustand
und Behandlung des Gefangenen hat der deutsche Diplomat,
der A. S. am 3. Oktober 2010 in Bagram besuchte, erlangen
können?

C
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706710600

Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Höger:

er Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse
ber den Tod einer Person in US-Gewahrsam in Bagram
or. Die Bundesregierung hat sich gegenüber der Regie-
ung der Vereinigten Staaten von Amerika dafür einge-
etzt – wie ich schon sagte –, dass der Inhaftierte, der so-
ohl deutscher als auch afghanischer Staatsangehöriger

st, zum Zwecke der Strafverfolgung in die Bundesrepu-
lik zurückgeführt wird. Bei dem von Ihnen erwähnten
esuch konnte sich ein Mitarbeiter der Deutschen Bot-

chaft Kabul davon überzeugen, dass der Inhaftierte in
uter gesundheitlicher Verfassung ist.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706710700

Nachfrage?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706710800

Welchen rechtlichen Status hat der Gefangene Ahmad S.

ach Ihrer Einschätzung: Kombattant, Kriegsgefange-
er oder Zivilist? Welche Handlungsverpflichtungen er-
achsen daraus für die Bundesregierung?

C
Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706710900

Der rechtliche Status, Frau Abgeordnete, ist sicher

indeutig geregelt. Ich habe Ihnen ja gesagt, dass gegen
en Inhaftierten ein Haftbefehl wegen des Verdachts der
itgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im
usland besteht und dass der Strafgefangene nach seiner
berführung hier nach §§ 129 a und 129 b Strafgesetz-
uch angeklagt wird.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706711000

Weitere Nachfrage?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706711100

Sitzen nach Erkenntnissen der Bundesregierung wei-

ere deutsche Staatsangehörige in Gefängnissen in Af-
hanistan?

C
Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706711200

Uns liegen keine weiteren Erkenntnisse vor.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1706711300

Vielen Dank. – Die Frage 6 des Kollegen Hunko so-

ie die Fragen 7 und 8 des Kollegen Mützenich aus die-
em Geschäftsbereich sollen schriftlich beantwortet wer-
en. Deswegen bedanke ich mich bei Ihnen, Frau
taatsministerin.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht der
Parlamentarische Staatssekretär Dr. Christoph Bergner
zur Verfügung.

Zunächst kommen wir zur Frage 9 des Kollegen
Koppelin:

Findet durch das Bundesverwaltungsamt die inhaltliche
Prüfung von Internetseiten von Zuwendungsempfängern des
Bundes statt?

D
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706711400


Herr Kollege Koppelin, das Bundesverwaltungsamt
als ein zentraler Dienstleister des Bundes, gleichzeitig
nachgeordnete Behörde im Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern, ist für mehrere Ressorts mit
der administrativen Bearbeitung von zuwendungsrechtli-
chen Angelegenheiten beauftragt. Dabei prüft das Bun-
desverwaltungsamt im Rahmen seiner Beauftragung die
zweckentsprechende Verwendung von Bundesmitteln
– das die sogenannte Verwendungsnachweisprüfung –
und in diesem Rahmen stichprobenartig gegebenenfalls
geförderte Internetseiten.


Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706711500

Nachfrage, Kollege Koppelin?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706711600

Herr Staatssekretär, es ist allerdings so, dass ich einen

Unterschied feststelle zwischen dem, was Sie mir jetzt
sagen, und dem, was Sie mir schriftlich am 1. Oktober
dieses Jahres mitgeteilt haben. Dort hieß es nämlich,
eine inhaltliche Prüfung finde im Rahmen der Erfolgs-
kontrolle in Form von Stichproben durch das Bundesver-
waltungsamt statt. Stichproben sind ja mehr als zufällige
Funde. Hier beziehe ich mich besonders auf das Internet-
portal rusdeutsch.ru, das in russischer Sprache erscheint.
Heißt das, dass beim Bundesverwaltungsamt Experten
sitzen, die der russischen Sprache mächtig sind und
diese Seiten kontrollieren können? Es geht ja vor allem
um den Inhalt.

D
Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1706711700


Herr Kollege Koppelin, zunächst einmal ist festzu-
stellen, dass die Seite rusdeutsch.ru auch eine deutsche
Ausgabe unter rusdeutsch.eu hat, dass diese Seiten so-
wohl von der Mittlerorganisation GTZ als auch von den
Fachreferaten begleitet werden, weil die Art der Kom-
munikation auch Teil des Fördergeschehens ist, und dass
die Überprüfung durch das Bundesverwaltungsamt
stichprobenartig, erforderlichenfalls auch unter der Ver-
wendung von Sprachmittlern, stattfinden kann.


Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706711800

Weitere Nachfrage, bitte?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706711900

Herr Staatssekretär, können Sie mir dann sagen, wie

oft diese Seiten in den letzten zwei Jahren auf den Inhalt
überprüft worden sind?

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(C (D D Herr Kollege Koppelin, ich kann Ihnen jetzt keine onkrete Angabe machen, wie oft das Bundesverwalungsamt im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung ntsprechende Prüfungen vorgenommen hat. Ich kann ur sagen, dass die Fachreferate und auch mein Büro als as Beauftragtenbüro relativ häufig auf diese Seiten zureifen und die Inhalte dieser Seiten sichten. Damit kommen wir zur Frage 10 des Kollegen oppelin: Aufgrund welcher Rechtsgrundlage wurden vom Bundes verwaltungsamt die Kosten für einen in einem deutschen Sanatorium sich aufhaltenden Russlanddeutschen und dessen Operation übernommen? D Herr Kollege Koppelin, die Rechtsgrundlagen sind ie haushaltsrechtliche Ermächtigung des Kap. 640, it. 684 22, „Unterstützung für deutsche Minderheiten n Ostmittel-, Ostund Südosteuropa einschließlich ichteuropäischer Nachfolgestaaten der UdSSR“, die uchdienstvereinbarung, geschlossen zwischen dem undesministerium des Innern und dem Deutschen Ro en Kreuz, vom 28. Mai 1958 in der Fassung vom 8. Juni 001 sowie der Zuwendungsbescheid des Bundesveraltungsamtes vom 11. Juni 2008 und die darin enthalteen Nebenbestimmungen zur Gesundheitshilfe. Nachfrage? Wer hat die bernahme der Kosten der Operation in Höhe von 0 000 Euro genehmigt? Wo ist diese Genehmigung erolgt? Sind Sie wirklich der Überzeugung, dass Sie mit em, was Sie eben vorgetragen haben, begründen konnen, dass die Bezahlung dieser Operation rechtmäßig ist? D Ich bin der Überzeugung, dass die Bezahlung dieser peration rechtmäßig ist. Es ist ausdrücklich im Zuwenungsbescheid vorgesehen, dass unter bestimmten Prüungsbedingungen Gesundheitshilfen auch in Deutschand erbracht werden können. Es handelt sich im Falle er betroffenen Person um einen Angehörigen der Erlebisgeneration, der Gulag-Zwangsarbeit erlebt hat und er sich über den Aufbau der Russlanddeutschen-Beweung verdient gemacht hat. Zweite Nachfrage, bitte. Ich entnehme Ihrer Antwort, dass Sie die Person an cheinend sehr gut kennen. Darf ich einmal fragen, wie Dr. h. c. Jürgen Koppelin )

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1706712000
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706712100
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706712200
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706712300
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706712400
Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1706712500
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1706712600
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706712700




(A) )

oft solche Genehmigungen für Operationen oder ärztli-
che Behandlungen in der Bundesrepublik Deutschland
erfolgt sind?

D
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706712800


Ich kann Ihnen diese Zahl nicht sagen. Aber es han-
delt sich um Ausnahmefälle. Bei der Mitteilung des
Hauses an das Bundesverwaltungsamt, die aus dem
Fachreferat erfolgte, ist auf die Besonderheit dieses Fal-
les und auf die Ausnahmesituation hingewiesen worden.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1706712900

Vielen Dank.

Damit kommen wir zur Frage 11 der Kollegin Sevim
Dağdelen:

Ist die Bundesrepublik Deutschland nach Auffassung der
Bundesregierung ein Einwanderungsland?

D
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706713000


Frau Kollegin Dağdelen, ich beantworte Ihre Frage
wie folgt: Eine geregelte und kontrollierte Gestaltung
der Zuwanderung nach Deutschland findet nach Maß-
gabe des deutschen Aufenthaltsrechts statt, das somit be-
stimmt, für welche Personen Deutschland die Funktion
eines Einwanderungslands haben soll.

Das Aufenthaltsgesetz ermöglicht und gestaltet die
Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme-
und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und
arbeitsmarktpolitischen Interessen unseres Landes. Es
dient zugleich der Erfüllung unserer humanitären Ver-
pflichtungen. Ich verweise auf § 1 Abs. 1 des Aufent-
haltsgesetzes.

Die Zuwanderungssteuerung betrifft im Wesentli-
chen vier verschiedene Gruppen: Ehegatten und Fami-
liennachzug, Asyl- und Flüchtlingsschutz, ausländische
Studierende und Auszubildende sowie Arbeitsmigration.

Die §§ 27 ff. des Aufenthaltsgesetzes bilden den ge-
setzlichen Rahmen für den Aufenthalt aus familiären
Gründen, wie er im Wesentlichen durch Art. 6 des
Grundgesetzes und die Menschenrechtskonvention vor-
gegeben ist.

Die Gewährung von politischem Asyl ist durch
Art. 16 a des Grundgesetzes und die Genfer Flüchtlings-
konvention in Verbindung mit den aufenthaltsrechtlichen
Abschiebungsverboten – § 60 des Aufenthaltsgesetzes –
gesichert. Daneben gibt es Möglichkeiten der Aufnahme
aus humanitären oder politischen Gründen. Ich verweise
auf die §§ 22 ff. des Aufenthaltsgesetzes.

Möglichkeiten des Aufenthalts zum Zweck des
Schulbesuchs, zur Teilnahme an Sprachkursen sowie
zum Zweck des Studiums oder der Ausbildung halten
die §§ 16 ff. des Aufenthaltsgesetzes bereit.

Die Regelung der Arbeitsmigration in den §§ 18 ff.
des Aufenthaltsgesetzes ist als ein Kernstück der Zuwan-
derungssteuerung zu betrachten. Hier steht die Steuerung
der Zuwanderung von Fachkräften – § 18 Abs. 2 und 4 –

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(C (D nd Hochqualifizierten – § 19 des Aufenthaltsgesetzes – m Vordergrund. Nachfragen? Vielen Dank. – Herr Bergner, da lachen Sie ja selbst. s war sehr nett von Ihnen, dass Sie alle Paragrafen soie die Inhalte und Titel dieser Paragrafen zitiert haben. ber danach habe ich nicht gefragt. Ich habe gefragt, ob ie Bundesrepublik Deutschland ein Einwanderungsland st. Das ist eine politische Wertung. Es geht nicht darum, ach welchen Kriterien die Einwanderung erfolgt und ie das Aufenthaltsgesetz aussieht. Vielmehr geht es da um, ob die Bundesrepublik Deutschland ein Einwandeungsland ist, ob sie, wie es die CSU sagt, kein Zuwanerungsland ist oder ob sie, wie es die CDU oftmals in orm von Erklärungen der Mitglieder des Kabinetts ver autbaren lässt, ein Integrationsland ist. Eine andere Pari, die Mitglied der Regierung ist, nämlich die FDP, sagt ogar klar und deutlich, dass die Bundesrepublik Deutschnd ein Einwanderungsland ist. Deshalb möchte ich erne eine Antwort, die entweder ein Ja oder ein Nein einhaltet. Das ist eine ganz einfache Frage, die eine anz einfache Antwort verdient hat. D Frau Kollegin Dağdelen, ich weiß nicht, ob ich der rnsthaftigkeit Ihrer Frage gerecht werde, wenn ich sie ur mit Ja oder Nein beantworte. er Begriff „Einwanderungsland“ ist kein Rechtsbegriff, ondern ein politisch begründeter Kategorisierungsproess. Unter diesem Gesichtspunkt kann ich Ihnen perönlich nur sagen, dass die Bundesrepublik Deutschland einem Begriff eines Einwanderungslandes insofern icht entspricht, als ich die klassischen Einwanderungsänder vor Augen habe, die bei dünner Ausgangsbesiedung durch eine Einwanderungsgeschichte ihre gesellchaftliche Wirklichkeit aufgebaut haben. Wir haben es ier also mit einem anderen Einwanderungsgeschehen u tun. Ich sage noch einmal – deshalb habe ich mich beüht, Ihre Frage mit den rechtlichen Hinweisen so aus ührlich zu beantworten –, dass es unter rechtlichen esichtspunkten durchaus Möglichkeiten der Einwande ung nach Deutschland gibt, dass sie gut geregelt sind nd dass das andere eine Frage der politischen Kategoriierung ist. Eine weitere Nachfrage? Danke, Herr Präsident. – Ich bin hier in keinem Ge ichtssaal und habe auch keine juristische Definition verangt. Die Bundesregierung macht meines Wissens Poli Sevim Daðdelen )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706713100
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706713200
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706713300

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Klar!)

Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706713400
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706713500




(A) )


Sevim Dağdelen
tik. Deshalb möchte ich eine politische Antwort auf
meine Frage. Ich frage daher noch einmal: Ist die Bun-
desrepublik Deutschland nach Auffassung der Bundes-
regierung – nicht nach Ihrer Auffassung, Herr Staats-
sekretär – ein Einwanderungsland?

Eine Nachfrage dazu. Nach einer Meldung der Nach-
richtenagentur dpa vom 25. Oktober fordert die CSU in
einem Leitantrag der Parteispitze für den Parteitag am
kommenden Wochenende mit dem Titel „7-Punkte-Inte-
grationsplan“ ein Bekenntnis zur deutschen Leitkultur.
Wörtlich heißt es dort:

Wer bei uns leben will, muss sich in die deutsche
Leitkultur integrieren …

Teilt die Bundesregierung diese Forderung? Inwieweit
plant die Bundesregierung gesetzgeberisch, ein Bekennt-
nis zur deutschen Leitkultur einzuführen?

D
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706713600


Frau Kollegin Dağdelen, die Haltung der Bundes-
regierung, die, wie Sie wissen, aus unterschiedlichen
Koalitionspartnern besteht, ist in der Koalitionsvereinba-
rung in einem umfangreichen Kapitel zur Migration und
Integration festgelegt. Die Frage, welche Rolle politi-
sche Wertungsprozesse in diesem Zusammenhang spie-
len, ist Sache der beteiligten Parteien. Ich mache Sie da-
rauf aufmerksam, dass Sie nicht aus einer Vorlage der
Bundesregierung, sondern aus einem Antrag eines ge-
schätzten Koalitionspartners zu seinem Parteitag zitiert
haben.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Unfassbar!)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706713700

Der Kollege Ströbele hat noch eine Nachfrage.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Staatssekretär, das ist ein Eiertanz; darüber sind
wir uns doch einig. Sie wollen die Frage nicht beantwor-
ten, weil es in den drei die Koalition bildenden Parteien
ganz offensichtlich unterschiedliche Auffassungen dazu
gibt. Die Frage der Opposition ist aber berechtigt, was
Auffassung der Bundesregierung – nicht Ihre – oder
meinetwegen Auffassung der die Richtlinien bestim-
menden Mehrheit der Mitglieder der Bundesregierung in
Bezug auf die Bewertung und die Bezeichnung Einwan-
derungsland ist.

Es ist schon darauf hingewiesen worden: Die CSU,
einzelne Abgeordnete einbezogen, betont immer wieder,
dass nach ihrer Auffassung die Bundesrepublik Deutsch-
land kein Einwanderungsland ist, wobei nicht zwischen
klassischem und nichtklassischem Einwanderungsland
unterschieden wird. Die Bundeskanzlerin stellt dies an-
ders dar. Die FDP wiederum behauptet, die Bundesrepu-
blik Deutschland sei ein Einwanderungsland. Gibt es
dazu eine Auffassung der Bundesregierung, wenn ja:
welche?

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(C (D D Herr Kollege Ströbele, ich habe mich vorhin bei der eantwortung der ersten Nachfrage von Frau Dağdelen emüht, durch Darlegung meiner persönlichen Meinung eine Auskunft schuldig zu bleiben. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass auch Sie über inreichend viele Erinnerungen an entsprechende Situaionen aus Ihrer Regierungszeit verfügen müssten. Wenn ch ein wenig in meinem Gedächtnis kramen würde, ürde ich mich an eine Vielzahl von Situationen inneralb der rot-grünen Koalition erinnern, in denen Sie icht der gleichen Meinung wie der damalige Inneninister Schily waren. Derjenige, der sich bemühen usste, die Meinung der Bundesregierung wiederzuge en, musste auch einen integrativen Standpunkt über unerschiedliche Positionen hinweg finden. Es gibt jetzt noch eine Nachfrage des Kollegen underlich. Herr Staatssekretär, Ihren Ausführungen darf ich, enn ich Sie richtig verstehe, entnehmen, dass sich die undesregierung hinsichtlich des Begriffs Einwande ungsland inhaltlich einig ist, was die von Ihnen zitierten orschriften anbelangt, im Übrigen aber uneinig ist. Sie ollen oder können sich offensichtlich nicht dazu äuern, wie die Bundesregierung zu der Frage Einwandeungsland steht. Ihre persönliche Einschätzung ist in dieem Zusammenhang nicht so relevant. Relevant ist die inschätzung der Bundesregierung. D Ich bitte um Verständnis, dass ich meiner persönli hen Meinung eine gewisse Relevanz zugestehe, jedenalls genug Relevanz, um sie Ihnen mitzuteilen. Ich will noch einmal auf folgenden Punkt aufmerkam machen: Entscheidend ist die Gestaltung des echtsrahmens. Ich habe mich deshalb bei der Beantortung Ihrer Frage darum bemüht, den Sachverhalt im usammenhang mit der Frage, ob „die Bundesrepublik eutschland nach Auffassung der Bundesregierung ein inwanderungsland“ ist, durch Beschreibung des von er Bundesregierung einvernehmlich anerkannten echtsrahmens wiederzugeben. Ich glaube, die Frage es Rechtsrahmen ist entscheidend. Alles andere mag, it Verlaub, dem parteipolitischen Schlagabtausch über assen sein; denn dabei geht es im Grunde um eine Frage er politischen Kategorisierung, nicht um die Gestaltung es Rechtsrahmens. Vielen Dank. – Wir kommen zur Frage 12 der Kolle in Dağdelen: Wie lauten die genauen Ergebnisse der Länderumfrage des Bundesministers des Innern vom 25. September 2010 zu Erfahrungen der Bundesländer bezüglich bestehender Sanktionsmöglichkeiten im Zusammenhang „integrationswidrigen Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706713800
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706713900
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706714000
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706714100
Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706714200




(A) )

Verhaltens von Ausländern“, die zum 20. Oktober 2010 beant-
wortet sein sollte, und wieso hat die Bundesregierung nicht
von der auf Bundestagsdrucksache 17/3147 ausdrücklich ein-
geräumten Fristverlängerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht,
um meine diesbezüglichen Fragen überhaupt und umfassend
beantworten zu können?

D
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706714300


Die Antworten der Länder liegen noch nicht vollstän-
dig vor. Die Auswertung konnte daher noch nicht abge-
schlossen werden. Aus den bisher vorliegenden Antwor-
ten ergibt sich, dass in den Ländern vielfach keine
Arbeitsstatistiken zu der Nutzung der ausländerrechtli-
chen Sanktionsmöglichkeiten geführt werden. Deshalb
steht hierzu derzeit kein abschließendes Zahlenbild zur
Verfügung.

Von der Tendenz der vorliegenden Einzelzahlen her
ist zu erkennen, dass von den Sanktionstatbeständen bei
nicht ordnungsgemäßer Teilnahme an den Integrations-
kursen – Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis,
Bußgeldverhängung – vielfach nur in geringem Umfang
Gebrauch gemacht wird. Inwieweit dies auf nachvoll-
ziehbaren rechtlichen oder praktischen Gründen beruht
oder als Indiz für ausländerbehördliche Vollzugsdefizite
anzusehen ist, bedarf noch einer eingehenden Analyse.

Im Hinblick auf die angesprochene Möglichkeit der
Fristverlängerung ist anzumerken, dass die Bundesregie-
rung die regelmäßige Praxis verfolgt, auf parlamentari-
sche Anfragen auf Basis des jeweiligen Kenntnisstandes
möglichst fristgerecht zu antworten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706714400

Ihre Nachfrage.


Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706714500

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Sie haben ge-

sagt, dass Ihnen die Daten der Landesinnenministerien
noch nicht vollständig vorliegen, aber einige Länder die
Anfrage schon beantwortet haben. Deshalb möchte ich
Sie fragen: Welche Bundesländer haben bis heute noch
keine Auskünfte gegeben? Welche Bundesländer haben
bis zum 20. Oktober dem Bundesinnenministerium ge-
antwortet? Welche Bundesländer konnten zumindest zu
einzelnen Fragen oder Teilbereichen klare Auskünfte er-
teilen, etwa dergestalt, dass von aufenthaltsrechtlich vor-
gesehenen Sanktionen deshalb kein Gebrauch gemacht
wurde, weil es im Zusammenhang mit der Integrations-
kursteilnahme kein vorwerfbares Verhalten in nennens-
wertem Umfang gibt? Wenn Sie nicht fähig sind, jetzt
die Fragen genauestens zu beantworten, würde ich Ihnen
die Möglichkeit geben, mir diese Fragen schriftlich zu
beantworten, aber bitte so schnell wie möglich.

D
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706714600


Frau Kollegin, ich will Ihnen gerne schriftliche Anga-
ben machen. Sie werden verstehen, dass ich jetzt keinen
Überblick darüber parat habe. Ich will trotzdem darauf
hinweisen, dass eine Klassifizierung – Bundesland A hat
soundsoviele Auskünfte gegeben, Bundesland B sound-

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(C (D oviele, die Bundesländer C und D haben keine Ausünfte gegeben – keine ausreichende Basis für die Bentwortung Ihrer in der Bundestagsdrucksache 17/3147 estellten Fragen darstellt, sofern die Möglichkeit zur nalyse der Ergebnisse und zu ihrer umfassenden Nachrüfung tatsächlich genutzt werden soll. Sie müssen sich n jedem Fall damit abfinden, dass zum für die Beantortung Ihrer Fragen angekündigten Termin noch kein usreichender Kenntnisstand vorlag, um die Fragen umassender zu beantworten, als wir es getan haben. Ihre zweite Nachfrage. Ich sehe das anders. Ich habe in meiner Kleinen An rage nach den Ländern gefragt. Ich habe bereits seit ai 2009 die Bundesregierung gefragt, ob ihr überhaupt aten vorliegen, und sie darum gebeten, sie von den ändern zu beschaffen, wenn das nicht der Fall ist. Die undesregierung ist erst im September dieses Jahres auf ie Idee gekommen, die Daten der Länder zu beschaffen. eine Anfrage wurde am 20. Oktober 2010 beantwortet. ie enthielt keinerlei Informationen der Bundesregieung zur Länderabfrage. Ich weiß aber, dass zumindest on einem Landesinnenministerium eine Antwort vorgeegen hat. Diese hätte man mir aufgrund der Pflicht der undesregierung, dem Parlament Rede und Antwort zu tehen, normalerweise geben können. Ich komme jetzt zu meiner nächsten Nachfrage. Wenn ch Sie richtig verstanden habe, gibt es derzeit keinerlei olide Daten bzw. Informationen darüber, in welchem mfang bezogen auf die Integrationskursteilnahme insesamt von der sogenannten Integrationsverweigerung esprochen werden kann. Für mich geht es dabei um ine vorwerfbare Teilnahmeverweigerung. Herr Staatsekretär, ich möchte Sie fragen, warum die Bundesregieung die ohnehin sehr aufgeheizte öffentliche Debatte ber vermeintliche Integrationsverweigerer befördert, ndem sie eine Debatte über die möglicherweise vorhanene Notwendigkeit schärferer Sanktionen anstößt. üsste sie nicht erst einmal empirisch feststellen, dass s ein Problem gibt? Müsste sie nicht erst einmal eine nalyse vornehmen, statt solche Kampagnen zu starten? ie kann sie Sanktionen beschließen, ohne dass ihr die ntsprechenden Zahlen, wie Sie sagten, zur Verfügung tehen? D Frau Kollegin Dağdelen, zunächst einmal will ich da auf hinweisen, dass wir tatsächlich das Phänomen der ntegrationsverweigerung haben. Das ist in unterschiedichen Studien belegt worden. Insofern haben wir schon as Recht, an alle Beteiligten zu appellieren, sich diesem roblem zu stellen und ihren Beitrag zur Bekämpfung er Integrationsverweigerung zu leisten. Neben diesen Appellen haben wir versucht, die entprechenden Infrastrukturen zu verbessern. Ich verweise uf das gerade heute im Kabinett verabschiedete Geset Parl. Staatssekretär Dr. Christoph Bergner )

Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706714700
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706714800
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706714900




(A) )

zespaket, zu dem mein Minister vorhin Rede und Ant-
wort gestanden hat. Zumindest in einem Aspekt wird da-
bei versucht, in Zusammenarbeit mit den zuständigen
Ausländerbehörden eine Verbesserung der Vernetzungs-
möglichkeiten und anderes durch entsprechende Maß-
nahmen herbeizuführen.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706715000

Danke schön, Herr Staatssekretär.

Die Frage 13 der Abgeordneten Ingrid Hönlinger soll
schriftlich beantwortet werden.

Damit kommen wir zu dem Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung
steht der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut
Koschyk zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 14 der Kollegin Heidrun Dittrich
auf:

Wie will die Bundesregierung vermeiden, dass durch das
weitere Anregen von Sponsoring und die steuerliche Begüns-
tigung von Stiftungen es zu Mindereinnahmen des Staates
kommt und damit die öffentliche Daseinsvorsorge nicht mehr
sozialstaatlich gesichert werden kann?

H
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1706715100


Herr Präsident, vielen Dank. – Frau Kollegin Dittrich,
Millionen Bürgerinnen und Bürger setzen sich tagtäglich
ehrenamtlich für gemeinnützige Zwecke in unserem
Land ein. Über 17 000 Stiftungen in Deutschland unter-
stützen viele gesellschaftliche Bereiche. Sie engagieren
sich im Sozialen, in der Wissenschaft, in der Kunst, in
der Kultur, aber auch im Umweltbereich.

Mit dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bürger-
schaftlichen Engagements betont der Staat seine Wert-
schätzung für Menschen, die sich in unserem Land
ehrenamtlich engagieren, zum Beispiel indem er Ehren-
amtliche steuerlich begünstigt und neue steuerliche An-
reize für die Gründung von Stiftungen und zur Unterstüt-
zung von Stiftungen gesetzt hat. Die hierdurch bedingten
Steuermindereinnahmen bedeuten keineswegs eine Ab-
kehr vom Konsolidierungskurs und gefährden auch
künftig nicht die Handlungsfähigkeit des Staates. Die
Anreize sind nach Ansicht der Bundesregierung gut in-
vestiertes Geld in den Zusammenhalt unserer Gesell-
schaft.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706715200

Vielen Dank für die Antwort. – Die Linke sieht das

natürlich anders. Der staatliche Zusammenhalt kann nun
einmal nicht durch Ehrenamtliche und Stiftungen, die
selbst entscheiden, wo sie ihr Geld investieren, und die
dafür steuerlich begünstigt werden, gesichert werden.
Ich frage daher: Sehen Sie eigentlich nicht die Gefahr,
dass die Bundesregierung das von ihr proklamierte Ziel,
die Demokratie zu fördern, nicht erreicht, wenn die Fi-
nanzmittel dieser Spender privat und gezielt eingesetzt
werden? Schließlich unterliegt die Vergabe dieser Mittel
nicht dem Prozess der demokratischen Willensbildung,
sondern die Mittel fließen an den Parlamenten und den

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(C (D arteien vorbei und sind der parlamentarischen Konrolle entzogen. H Nein, diese Gefahr sieht die Bundesregierung nicht, eil es unserer Auffassung nach gut ist – da haben wir nscheinend unterschiedliche Ansichten –, wenn sich ürger ehrenamtlich engagieren, wenn Bürger ehrenmtlich in Stiftungen arbeiten und wenn Bürger privates eld für Stiftungszwecke sowie für Vereine durch Mitliedsbeiträge und Spenden zur Verfügung stellen. Das st nach unserer Auffassung ein ganz wichtiges, unverichtbares gesellschaftliches Engagement in unserem and, das auch durch steuerliche Begünstigung geförert werden sollte. Haben Sie noch eine zweite Nachfrage, Frau Dittrich? – ein. Dann rufe ich die Frage 15 der Frau Kollegin Dittrich uf: Wie gedenkt die Bundesregierung die zu missbräuchlicher Gestaltungspraxis einladende rechtliche Regelung dahin gehend zu verändern, dass ein Missbrauch der sogenannten Übungsleiterfreibetragsregelung durch die freien Träger, wie in der ARD-Panorama-Sendung vom 1. Juli 2010 aufgedeckt, unterbunden wird? Herr Kollege Koschyk. H Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, die rundsätze zur Übungsleiterfreibetragsregelung sind ge etzlich bzw. in Verwaltungsvorschriften eindeutig gereelt und veröffentlicht, sodass die Bundesregierung keien weiteren abstrakten Regelungsoder Klärungsbedarf ieht. Insbesondere ist in diesen Regelungen festgelegt, ass sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Verünstigungen nur für echte nebenberufliche Tätigkeiten elten. Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte. Danke für die erwartete Antwort. Es war mir schon lar, dass Sie so antworten werden. Für mich stellt sich jetzt natürlich die Frage, wie das enn sein kann. Unsere Familienministerin – aus diesem ereich kommt die Frage – hat gesagt, bei der Prüfung ach dem Einkommensteuergesetz und bei dem Vollzug urch die zuständigen Landesfinanzbehörden sei ein solher Missbrauch in der Vergangenheit bisher nicht aufefallen; es mangele aber auch nicht an einer verbindlihen rechtlichen Grundlage. Sehen Sie darin nicht einen iderspruch? Einerseits gibt es den Missbrauch, über en bei Panorama berichtet wurde – 400-Euro-Jobs weren durch Übungsleiterpauschalen aufgestockt –, andeerseits sind genügend rechtliche Grundlagen vorhan Heidrun Dittrich )

Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1706715300
Heidrun Dittrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706715400
Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1706715500
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706715600
Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1706715700




(A) )

den. Gleichzeitig konnte man aber den Missbrauch nicht
aufdecken.

H
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706715800


Verehrte Frau Kollegin, ich will Ihnen einmal zwei
Fallbeispiele nennen, die deutlich machen, dass es nach
geltendem Recht und nach der geltenden Verordnungs-
lage absolut in Ordnung ist, wenn zum Beispiel ehren-
amtlich Tätige dies tun und es mit einer hauptberuflichen
Tätigkeit verbinden.

Das erste Fallbeispiel ist die Pflege alter, kranker oder
behinderter Menschen bis zu einem Drittel der Arbeits-
zeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs, wenn sie im
Dienst einer staatlichen, kirchlichen oder gemeinnützi-
gen Einrichtung mit einem monatlichen Entgelt von
400 Euro erfolgt. Hierfür sind vom Arbeitgeber pauscha-
lierte Sozialversicherungsabgaben sowie pauschalierte
Lohnsteuer zu zahlen. Dazu können 175 Euro steuer-
und sozialabgabenfrei gezahlt werden, ohne dass dane-
ben ein Hauptberuf ausgeübt wird.

Das zweite Beispiel ist die Pflege alter, kranker oder
behinderter Menschen bis zu einem Drittel der Arbeits-
zeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs im Dienst ei-
ner staatlichen, kirchlichen oder gemeinnützigen Ein-
richtung mit einem monatlichen Entgelt von 400 Euro
plus 175 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei neben
einem davon zu unterscheidenden, gänzlich anders gear-
teten Hauptberuf. Dieser kann auch bei demselben Ar-
beitgeber ausgeübt werden. Beispiel: Jemand ist haupt-
beruflich Sekretärin bei einer Wohlfahrtseinrichtung und
übt zusätzlich eine nebenberufliche bzw. ehrenamtliche
Tätigkeit abends oder am Wochenende bei derselben
Wohlfahrtseinrichtung als Pflegekraft oder Rettungssa-
nitäterin aus.

Darin sieht die Bundesregierung keinen Missbrauch
gegenwärtig geltender Gesetze.


Heidrun Dittrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706715900

Vielen Dank. – Haben Sie eine zweite Nachfrage? –

Bitte schön, Frau Dittrich.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1706716000

Vielen Dank für die Antwort. Es freut mich, dass der

Bundesregierung die tatsächlichen Verhältnisse in ge-
meinnützigen Organisationen bekannt sind.

Ich möchte fragen, ob die Regierung bereit ist, einen
Gesetzentwurf einzubringen, um die unklare Lage bei
Empfängern von Übungsleiterpauschalen und ehrenamt-
lich Beschäftigten sowie Minijobbern zu beenden, und
zwar dahin gehend, dass ein und dieselbe Person nicht
für 400 Euro arbeiten und gleichzeitig ehrenamtlich als
Übungsleiterin tätig sein darf.

Dazu ein Beispiel: Es gibt den Verbund Sozialthera-
peutischer Einrichtungen mit Sitz in Celle, der vor allem
in Niedersachsen aktiv ist. Dort wurde ein Ehrenkodex
vereinbart: Dieselbe Person darf nicht beide Tätigkeiten
ausüben. Sie haben als Beispiel genannt, dass jemand
morgens als Sekretärin arbeitet und abends als Musik-

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(C (D rainerin für einen Kinderverein tätig ist. Die Beispiele, ie bei Panorama angeführt wurden, waren anders. Die hrenamtliche und die hauptberufliche Tätigkeit waren icht getrennt; die Person hat den ganzen Tag mit dem uto Personen befördert. Diesen Missbrauch sollten wir usschließen. H Frau Kollegin, ich kann und will nicht ausschließen, ass es hier Missbrauch gibt. Aber die Bundesregierung ieht aufgrund der überwiegend ordnungsgemäß abgewikelten Fälle – das habe ich an zwei Beispielen deutlich emacht – keinen Anlass zu einer Gesetzesinitiative. Weitere Zusatzfragen sehe ich nicht. – Ich bedanke ich beim Kollegen Koschyk für die Beantwortung der ragen. Die Frage 16 der Abgeordneten Bärbel Höhn, die rage 17 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, die Fraen 18 und 19 des Abgeordneten Volker Beck, die Frage 0 der Abgeordneten Britta Haßelmann, die Fragen 21 nd 22 des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick und die ragen 23 und 24 der Abgeordneten Lisa Paus werden chriftlich beantwortet. Ebenfalls schriftlich beantwortet werden – diese Fraen betreffen den Geschäftsbereich des Bundesministeiums für Wirtschaft und Technologie – die Fragen 25 nd 26 des Abgeordneten Garrelt Duin, die Fragen 27 nd 28 des Abgeordneten Oliver Krischer und die Frage 9 des Abgeordneten Swen Schulz. Das Gleiche gilt für die Fragen 30 und 31 der Abgerdneten Sabine Zimmermann und die Frage 32 des Abeordneten Ilja Seifert, die den Geschäftsbereich des undesministeriums für Arbeit und Soziales betreffen. Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Erährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz werden ie Fragen 33 und 34 des Abgeordneten Hans-Josef Fell chriftlich beantwortet. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bunesministeriums für Gesundheit. Die Fragen 35 und 36 er Abgeordneten Silvia Schmidt und die Fragen 37 und 8 des Abgeordneten René Röspel werden schriftlich bentwortet. Ich rufe die Frage 39 des Kollegen Friedrich stendorff auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr, dass sich das MRSA-Bakterium vor allem in Betrieben mit Intensivtierhaltung – die in den ländlichen Räumen zurzeit stark an Zahl zunehmen – auf die dort arbeitenden Menschen überträgt und aufgrund des hohen Antibiotikaeinsatzes Resistenzen entwickelt, was nach Angaben des Robert-Koch-Instituts Wernigerode (laut ZDF-heute-journal am 18. Oktober 2010; Beitrag „Tod im Krankenhaus“)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1706716100
Heidrun Dittrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706716200
im Umfeld dieser Anlagen durch Übertragungswege, zum
Beispiel in Krankenhäusern, aber auch darüber hinaus erhöht?

Frau Staatssekretärin Widmann-Mauz wird die Frage
reundlicherweise beantworten.






(A) )


)(B)

A
Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1706716300


Herr Präsident! Herr Abgeordneter Ostendorff, die
Studien zeigen, dass Beschäftigte in landwirtschaftlichen
Nutztierbeständen, deren Tiere Träger von LA-MRSA
sind, einem erhöhten Risiko der klinisch inapparenten
nasalen Besiedlung durch die im Bestand vorkommen-
den LA-MRSA ausgesetzt sind. Ein ähnliches Risiko gilt
für Beschäftigte in Schlachthöfen, die Umgang mit le-
benden Tieren vor der Schlachtung haben, sowie für
Tierärztinnen und Tierärzte, die in Nutztierbeständen tä-
tig sind, in denen Tiere Träger von LA-MRSA sind.

Sehr selten erfolgt eine Verbreitung über diesen Perso-
nenkreis hinaus. So erbrachte die gegenwärtig vom Na-
tionalen Referenzzentrum für Staphylokokken am Robert-
Koch-Institut durchgeführte Untersuchung in Altenhei-
men in einer Region mit einer hohen Dichte von Schwei-
nemastanlagen bei den Bewohnerinnen und Bewohnern
bisher keinen einzigen Nachweis von LA-MRSA. Der
Anteil von LA-MRSA an MRSA aus Krankenhausinfek-
tionen ist gering und lag im Jahr 2009 bei 1,8 Prozent. Die
Ausbreitung im Krankenhaus selbst erfolgt im Unter-
schied zu den krankenhausassoziierten MRSA nur selten.

Die in Deutschland gewonnenen Untersuchungser-
gebnisse sind auch mit Daten aus den Niederlanden ver-
gleichbar. Derzeit gibt es nach unserer Einschätzung
keine Hinweise auf eine allgemeine Verbreitung auf Per-
sonen ohne Kontakt zu den besiedelten Tieren. Aufgrund
der prinzipiellen Möglichkeit der Verbreitung werden
LA-MRSA dennoch von uns als potenzielles Risiko für
den Menschen eingeschätzt und überwacht.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706716400

Zusatzfrage? – Bitte schön.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1706716500

Frau Staatssekretärin, schönen Dank für die Beantwor-

tung der Frage. Das Robert-Koch-Institut hat auch klei-
nere Tierhaltungen auf Stroh, die zum Programm „Neu-
land“ gehören – in diesem Fall Schweinehaltungen –,
untersucht. Die Untersuchung ergab, dass fast 100 Pro-
zent der dort arbeitenden Menschen keinerlei MRSA-Be-
siedlung zeigten. Das führt mich zu der Frage, ob die
Bundesregierung in ihre Betrachtung einbezieht, dass es
offenbar große Unterschiede je nach Intensität der Tier-
haltung gibt. Die Intensivtierhaltung scheint hier das Pro-
blem zu sein. Wie sieht die Bundesregierung diesen Fakt?

A
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706716600


Das Robert-Koch-Institut hat dazu eine Studie durch-
geführt. Wir sehen hier Unterschiede. Allerdings haben
wir keine Gefährdungen für nicht in den Beständen tä-
tige und im Umfeld von Beständen tätige Menschen er-
kennen können.


Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706716700

Gestatten Sie mir eine zweite Zusatzfrage? – Planen

Sie – Sie haben das Ergebnis der Untersuchung des
Robert-Koch-Instituts über Beschäftigte, die keinerlei

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(C (D ymptome zeigten, angesprochen –, eigene Untersuhungen in Auftrag zu geben? A Die Untersuchungen des RKI werden schwerpunkt äßig im Rahmen der Surveillance durchgeführt. Insbeondere in den entsprechenden Schwerpunktzentren erden dauerhafte Überwachungen durchgeführt. Wir erden die Verbreitung weiterhin beobachten. Ich rufe die Frage 40 des Kollegen Ostendorff auf: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem laut ZDF-heute-journal vom 18. Oktober 2010 (Beitrag „Tod im Krankenhaus“)

Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1706716800
Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706716900
deutschen Krankenhäusern vor allem in ländlichen Regionen
mit Intensivtierhaltung vor dem Hintergrund, dass es anders
als zum Beispiel in den Niederlanden keine gesetzlich vorge-
schriebene obligatorische Voruntersuchung von Menschen
aus den einschlägigen Risikogruppen – Nutztierhaltung –
gibt?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1706717000

Ich beantworte Ihre Frage folgendermaßen: Präventiv

rfolgte eine Erweiterung der Empfehlung des prästatio-
ären Aufnahmescreenings für MRSA bei Risikopatien-
en auf Beschäftigte in der Landwirtschaft mit Tierkon-
akt sowie auf Tierärzte und Tierärztinnen, um der
erbreitung im Krankenhausbereich vorzubeugen. Dies

st auch dem Epidemiologischen Bulletin des RKI, des
obert-Koch-Instituts, zu entnehmen. Auftreten und Ver-
reitung von LA-MRSA sind zudem ein Schwerpunkt der
uf molekularepidemiologischen Untersuchungen beru-
enden Surveillance-Aktivitäten des Robert-Koch-Insti-
uts, insbesondere des dort angesiedelten Nationalen Re-
erenzzentrums für Staphylokokken. Weiterführende
orschungsarbeiten zur Epidemiologie und zum zoonoti-
chen Potenzial von LA-MRSA werden im Rahmen des
om Bundesministerium für Bildung und Forschung ge-
örderten Forschungsclusters MedVet-Staph ab Novem-
er 2010 durchgeführt; für den Titel sind wir nicht verant-
ortlich.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706717100

Wer dafür die Verantwortung zu übernehmen hat, klä-

en wir bei anderer Gelegenheit.


(Heiterkeit)


Eine Zusatzfrage des Kollegen Ostendorff.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1706717200

Die Begrifflichkeiten waren in der Tat etwas verwir-

end. – Letztlich bedeutet das, was Sie gesagt haben,
ass in Deutschland, anders als in den Niederlanden,
ein obligatorisches Krankenhausscreening durchge-
ührt wird.

In den Niederlanden waren nur noch 4 Prozent der
enschen – diese Zahl wurde uns genannt –, die ins
rankenhaus gekommen sind, Träger des MRSA-Virus,
achdem sie isoliert und behandelt worden sind. Zahlen





Friedrich Ostendorff


(A) )


)(B)

aus Deutschland, zum Beispiel aus dem Münsterland,
deuten auf eine Trägerschaft von weit mehr als
20 Prozent der Patienten hin. Angesichts dieser Zahlen
und der Ergebnisse, die in den Niederlanden festzustel-
len waren, frage ich Sie: Warum ist in Deutschland kein
obligatorisches Screening vorgesehen, vor allen Dingen
in Gebieten mit sehr großen Stalleinheiten, zum Beispiel
in bestimmten Teilen des Münsterlandes oder des Olden-
burger Landes?

A
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706717300


Herr Abgeordneter Ostendorff, es gibt eine gemein-
same Aktivität, und zwar das Projekt Euregio MRSA-net,
das insbesondere vom Bundesministerium für Gesund-
heit gefördert wird. In diesem Rahmen wird versucht,
über unterschiedliche Situationen Erkenntnisse zu gewin-
nen. Wir haben allerdings festgestellt, dass die angewand-
ten Hygienemaßnahmen, nämlich Isolation, Kittelpflege,
die Verwendung von Mundschutz und Handschuhen so-
wie die Desinfektion der Hände, vom Grundsatz her ver-
gleichbar sind und sich aufgrund der Handhabung keine
Unterschiede feststellen lassen. Durch die Verpflichtung
allein lassen sich Unterschiede letztlich nicht erklären.
Deshalb sind aus unserer Sicht Handhabung und Praxis
entscheidend.


Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706717400

Ich habe eine zweite Frage zum Themenkomplex

MRSA. Wir können den vorliegenden Zahlen auch ent-
nehmen, dass der Antibiotikaeinsatz in Intensivtierhal-
tungen sehr stark steigt und zunehmend zu einem Pro-
blem wird. Sieht das Bundesgesundheitsministerium
hier gesetzlichen Regelungsbedarf? Werden Sie, was den
Antibiotikaeinsatz in Intensivtierhaltungen betrifft, mög-
licherweise zur Tat schreiten und Regelungen treffen,
um die Praxis, dass den Tieren mehr als zwei Drittel ih-
res Lebens Antibiotika verabreicht werden, einzuschrän-
ken?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1706717500


Die Entwicklungen bei der Verabreichung von Anti-
biotika werden im Bundesgesundheitsministerium mit
besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Auch zu diesem
Thema haben wir die Forschungsaktivitäten in unserem
Haus verstärkt.

Wenn wir die Ergebnisse dieser Forschungsaktivitä-
ten ausgewertet haben, wird die Bundesregierung bewer-
ten, ob sie darüber hinausgehende Maßnahmen für erfor-
derlich hält.


Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706717600

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Behm, bitte.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1706717700

Kürzlich ist ein Bekannter von mir, der bis dahin

kerngesund war und nichts mit Landwirtschaft zu tun
hat, wegen eines Aneurysmas ins Herzzentrum eingelie-
fert worden. Nachdem man ihn auf der Intensivstation

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(C (D rstbehandelt hatte, musste er isoliert werden, weil er geau diese MRSA-Bakterien hatte, und er lag dort nicht lleine. Es gibt also eine wirklich sehr weite Verbreitung. Haben Sie nicht die Sorge, dass es hier zu einer Ausreitung kommen kann, die man nicht mehr in den Griff ekommt, wenn man nicht rechtzeitig Schutzmaßnahen ergreift? A Frau Abgeordnete, Ihre Besorgnis wird von der Bun esregierung geteilt. Deshalb werden seit vielen Jahren mpfehlungen der Kommission für Krankenhaushyiene und Infektionsprävention beim Robert-Koch-Instiut veröffentlicht. Diese werden kontinuierlich erneuert nd bearbeitet, und es wird ganz deutlich gemacht, für elche Personengruppen ein Eingangstest empfohlen ird und welche Gruppen den Risikogruppen zuzuorden sind. Dies wird ständig aktualisiert. Gerade in dem Epidemiologischen Bulletin Nr. 42 on 2008, das ich vorhin bereits erwähnt habe, wird ochmals ganz deutlich darauf hingewiesen, dass für Krankenhäuser und Einrichtungen für ambulantes Operieren die Verpflichtung zur Erfassung und Bewertung von Erregern mit besonderen Resistenzen und Multiresistenzen … und zur Meldung von Ausbrüchen an das Gesundheitsamt … besteht … Es wird empfohlen, diese entsprechenden Eingangsntersuchungen durchzuführen, damit es nicht zu den aßnahmen kommen muss, die Sie selbst gerade be chrieben haben. Die Frage 41 des Kollegen Seifert wird schriftlich be ntwortet. Vielen Dank, Frau Widmann-Mauz. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesinisteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. ur Beantwortung steht Herr Staatssekretär Scheuer zur erfügung. Die Fragen 42 und 43 des Kollegen Hofreiter werden chriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 44 des Kollegen Heinz Paula auf: Wie weit ist das Vergabeverfahren für den sechsstreifigen Ausbau der Autobahn 8 zwischen Ulm und Augsburg fortgeschritten, und wann findet der Baubeginn statt? Herr Staatssekretär Scheuer, bitte. D Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! ochgeschätzter Herr Kollege Paula, im Rahmen des ergabeverfahrens für den als ÖPP-Betreibermodell voresehenen sechsstreifigen Ausbau der Autobahn 8 zwichen Ulm und Augsburg erfolgt derzeit die Bewertung er BAFOs – Herr Präsident, ich entschuldige mich; das Parl. Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706717800
Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706717900
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1706718000




(A) )

ist auch nicht unser Begriff –, also der Best and Final Of-
fers.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706718100

Herr Staatssekretär, mir wäre es noch lieber, wenn die

Bundesregierung statt ihres Bedauerns über ihr zugemu-
tete unnötige englische Begriffe freiwillig eine passende
deutsche Übersetzung vortragen würde.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


D
Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1706718200


Herr Präsident, Sie wissen, dass Bundesminister
Ramsauer sehr viel zu der Deutschoffensive beigetragen
hat,


(Elke Ferner [SPD]: Offensichtlich noch nicht genug!)


und wir werden uns auch bei unseren Antworten bemü-
hen, möglichst deutsche Begriffe zu verwenden.

Herr Kollege Paula, als Datum für den Konzessions-
beginn, der Voraussetzung für den Beginn des Strecken-
ausbaus ist, wird Januar 2011 angestrebt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706718300

Zusatzfragen?


Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1706718400

Zunächst einmal besten Dank für die Beantwortung,

Herr Staatssekretär. – Ich habe noch eine kurze Nach-
frage. Die Konzessionsvergabe soll im Januar 2011 er-
folgen. Können Sie sich noch zu einer realistischen Pro-
gnose für den Baubeginn äußern?

D
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706718500


Herr Kollege Paula, wir haben jetzt gerade, zum Ab-
schluss des Jahres, noch die letzten Verhandlungen zu
diesem Vergabeverfahren geführt. Die Konzessionsver-
gabe ist das Entscheidende. Damit beginnt das ganze
Geschäftsverhältnis. Als Folge daraus wird der Konzes-
sionsbeginn somit in 2011 sein. Das Verhältnis zwischen
den Konzessionspartnern beginnt damit also im Januar
2011.


(Heinz Paula [SPD]: Sehr schön!)



Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1706718600

Keine Zusatzfrage. – Dann rufe ich Frage 45 des Ab-

geordneten Paula auf:
Womit wird die Verzögerung, die Zeitungsberichten zu-

folge (Süddeutsche Zeitung vom 16. Oktober 2010) bei der
Elektrifizierung der Bahnstrecke München–Lindau auftritt,
begründet, und bis wann ist dann stattdessen mit dem Baube-
ginn bzw. der Fertigstellung zu rechnen?

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(C (D D Die Deutsche Bahn AG hat mitgeteilt, dass der Ab chluss der Vorplanungen für die Elektrifizierung der ahnstrecke München–Lindau nunmehr in 2011 erwar et wird. Sie führt weiterhin aus, dass erst danach eine ussage zum Inbetriebnahmetermin möglich sein wird. us derzeitiger Sicht erwartet die Deutsche Bahn AG en Baubeginn im Jahr 2013. Hierbei sind Verzögerunen in den Planrechtsverfahren nicht berücksichtigt. Zusatzfrage? Ich habe eine Zusatzfrage, und zwar: Der Bund hat ja ür das Projekt 110 Millionen Euro zugesichert. Die Zuicherung kann ja nicht nur im luftleeren Raum erfolgt ein. Deswegen die Frage an Sie: Wo und in welcher öhe sind die zunächst erforderlichen Mittel und dann ie Gesamtsumme entsprechend garantiert? D Der Bund hat seine Finanzierungszusage erfüllt und ie Finanzierung mit der Finanzierungsvereinbarung om 17. Dezember 2008 sichergestellt. Dazu gibt es ja ie Projektbeiräte, deren Sitzungstermine sich, wie Sie issen, leider etwas verschoben haben. Diese Termine erden jetzt im November stattfinden. Da werden die inzelnen Fragen bezüglich der Kosten geklärt. Das eißt, die Sitzungen des Projektbeirates, die ja ursprüngich einmal für September 2010 terminiert waren und ann immer wieder verschoben wurden, sind entscheiend für die nächsten Planungsschritte. Vielen Dank Herr Staatssekretär. Wir kommen nun zum Schluss zum Geschäftsbereich es Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und eaktorsicherheit. Hier stehen noch die Fragen 46 und 47 der Kollegin ornelia Behm zur Beantwortung aus: Inwieweit gibt es seitens der Bundesregierung Überlegungen, die naturschutzfachlich bedeutsamen Areale sowohl auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Wittstock als auch auf der Liegenschaft der ehemaligen Heeresversuchsstelle Kummersdorf – beide Brandenburg – dauerhaft unter Schutz zu stellen, um einen Beitrag zum Biodiversitätsschutz im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie zu leisten? Inwieweit gibt es bei einer wünschenswerten Unterschutzstellung Hemmnisse durch eine bisher nicht abgeschlossene Übertragung der Flächen vom Bund an einen künftigen Träger der Maßnahme bzw. an das Land Brandenburg? Ka Frau Kollegin Behm, ich beantworte Ihre Fragen 46 nd 47 wegen des Sachzusammenhangs zusammen. Die aturschutzrechtliche Unterschutzstellung von Flächen Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche )

Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1706718700
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706718800
Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1706718900
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706719000
Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1706719100
Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1706719200




(A) )

fällt nach dem Grundgesetz in die Zuständigkeit der
Länder. Dies gilt auch für die beide in Brandenburg lie-
genden Flächen des Truppenübungsplatzes Wittstock
und der ehemaligen Heeresversuchsstelle Kummersdorf.

Innerhalb der Bundesregierung wird diskutiert, ob
und gegebenenfalls in welchem Umfang und unter wel-
chen Voraussetzungen eine Teilaufnahme in das natio-
nale Kulturerbe sinnvoll und möglich ist. Dies kann aber
erst im Laufe des Fortgangs des Konversionsprozesses
in enger Abstimmung zwischen der BImA, also der Bun-
desanstalt für Immobilienaufgaben, und dem Bundes-
ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit festgelegt werden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706719300

Bitte schön, Frau Behm.


Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1706719400

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Die

Antworten sind leider nicht so konkret, wie ich es mir
gewünscht hätte. Sie sagen, darüber kann im Verlaufe
des Fortgangs der Übertragung der Liegenschaften ent-
schieden werden. Können Sie in etwa, vielleicht getrennt
nach Liegenschaften, eine Angabe zum Zeithorizont ma-
chen?

Ka
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706719500


Sie wissen, dass im Koalitionsvertrag festgelegt ist,
eine weitere Tranche, nämlich 25 000 Hektar Bundesflä-
che, an die Länder bzw. an Stiftungen zu übertragen, um
wertvolle Flächen zu sichern. Wir identifizieren gerade
mögliche weitere Flächen für diese zweite Tranche. Die
erste Tranche bestand aus rund 100 000 Hektar. Wir ha-
ben in Bezug auf Flächen der zweiten Tranche mit der
Abfrage an die Länder begonnen. Die Verfügbarkeit sol-
cher Flächen wird geprüft. Die Prüfungen sind aber noch
nicht abgeschlossen.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706719600

Das hört sich ja so an, als ob Sie bei der Unterschutz-

stellung tatsächlich an die Übertragung ins nationale
Naturerbe denken. Nun weiß ich, es sind noch etwa
25 000 Hektar offen. Es sind inzwischen, verstreut über
die Republik, aber schon Flächen in einer deutlich höhe-
ren Größenordnung identifiziert worden, die in dieses
nationale Naturerbe passen würden. Das veranlasst mich
zu der Befürchtung, dass bei einer Übertragung von Tei-
len der Kyritz-Ruppiner Heide oder der Kummersdorfer
Heide ins nationale Naturerbe die 25 000 Hektar ausge-
schöpft wären. Oder würde das gegebenenfalls on top
kommen?

Ka
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1706719700


Diese Befürchtungen kennen wir. Sie werden insbe-
sondere durch die Naturschutzverbände geäußert. Des-
wegen laufen Gespräche über die von Ihnen genannten

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(C (D lächen und über weitere kleinere Flächen, die der VVG zuzurechnen sind. Es muss sich zeigen, ob die VVG überhaupt einen nennenswerten Beitrag leisten ann. Hier sind gesetzliche Obergrenzen bei den Flähen, die durch die BVVG zur Verfügung gestellt weren können, zu beachten. Aber noch einmal: Die Länderabfrage läuft. Es sind eine abschließenden Gespräche darüber geführt woren, welche Flächen am Ende tatsächlich infrage komen. Ich habe noch eine Nachfrage. Ist der Bundesregie ung bekannt, dass es für die Heeresversuchsstelle Kumersdorf eine Konzeption gibt, die sowohl Denkmal chutzbelange als auch naturschutzfachliche Belange inbezieht und in der es nicht darum geht, eine Übertraung ins nationale Naturerbe vorzunehmen? Wenn ja, ie bewerten Sie diese Konzeption? Ich habe mehrere Veranstaltungen vor Ort besucht nd gesehen, dass sich die Leute vor Ort große Mühe geen. Vom Landesministerium war aber zu hören, dass ie Gespräche mit dem Bund ins Stocken geraten sind. ch würde nun gerne von Ihnen wissen, ob es irgendeine chraube gibt, an der man drehen kann, damit diese Gepräche wieder ins Laufen kommen und es vor Ort weiergeht. Denn wenn dies nicht geschieht, dann ist irgendann nichts mehr unter Schutz zu stellen. Dann geht owohl der naturschutzfachliche Wert als auch der enkmalschutzwert immer weiter verloren. Sie kennen ie Liegenschaft sicherlich und haben sich ein Bild daon gemacht. Die Frage lautet also: Kann man das Verahren beschleunigen? Was stört die Fortführung dieser espräche? Warum ist der Faden gerissen? Gibt es eine öglichkeit, das Verfahren auch im Sinne der von der egion selbst erarbeiteten Konzeption zu entwickeln? Ka Ich kann nicht bestätigen, dass die Gespräche ins Stoken geraten seien. Ich wiederhole noch einmal: Das undesministerium ist mit den Ländern intensiv im Ge präch, welche Flächen für die Übertragung in das natioale Naturerbe infrage kommen, um die 25 000 Hektar, ie ja gemeinsame Zielvorgabe sind, vollständig zu ereichen. Wir sind für die naturschutzfachliche Begutachung zuständig, die das BfN gemeinsam mit dem BMU urchführt. Aber die Ausweisung der Flächen muss voneiten der Länder kommen. Ich finde, dass wir in einem uten Gespräch sind, und kann die von Ihnen geäußerte orge so nicht bestätigen. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich muss noch einmal nachfragen! Die Frage ist nicht beantwortet!)

Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706719800
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1706719900


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1706720000

Nein. Das kommt gelegentlich vor und ist natürlich

öchst bedauerlich, aber leider kein Einzelfall, der zu ei-
er besonderen Handhabung Anlass geben würde.





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Die Frage 48 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl
aus demselben Geschäftsbereich sowie die Frage 49 des
Abgeordneten Klaus Hagemann und die Frage 50 der
Abgeordneten Nicole Gohlke aus dem Geschäftsbereich
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
werden schriftlich beantwortet.

Wir sind damit am Ende der Fragestunde.

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Rentenkürzung durch Rente erst ab 67 verhin-
dern

Erster Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kollege
Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1706720100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben durchaus Anlass, uns noch einmal
mit diesem Thema zu beschäftigen, nachdem sich nun
offensichtlich auch in der CSU die Einsicht durchzuset-
zen scheint, dass man über dieses Thema noch einmal
reden muss. Ich habe mit Freude zur Kenntnis genom-
men, das der Parteivorsitzende der CSU gesagt hat – ich
zitiere ihn –:

Ich werde meine Zustimmung zur Rente mit 67 auf-
kündigen, wenn die Wirtschaft Menschen, die über
50 sind, nicht beschäftigt. Das habe ich heute auch
der Kanzlerin gesagt. Sonst ist das eine reine Ren-
tenkürzung, und da mache ich nicht mit.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wo er recht hat, hat er recht!)


Der Vorsitzende der CSU hat sich also mit dieser
Frage erneut beschäftigt und kommt offensichtlich zu
völlig neuen Erkenntnissen, die allerdings von seinen
Parteifreunden in einer Weise quittiert werden, dass man
sich schon wundert, was zurzeit bei Ihnen los ist.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: So schlimm wie bei der Linken kann es gar nicht sein!)


Ich zitiere Herrn Schlarmann aus dem CDU-Vorstand:

Wenn Herr Seehofer dies

– die Rente mit 67 –

infrage stellt, stört er nicht nur den Koalitionsfrie-
den, sondern bestätigt auch diejenigen, die die Re-
gierung für handlungsunfähig halten.

Jetzt frage ich mich natürlich, meine Damen und Her-
ren aus der CDU/CSU: Was ist Ihnen eigentlich wichti-
ger? Tatsächlich das Wohl der Bürger in diesem Lande,
das Wohl der Menschen, die irgendwann eine Rente
brauchen, oder Ihr Koalitionsfrieden? Wenn sich bei
euch von der CSU schon einmal eine Einsicht durch-
setzt, dann müsst ihr doch euren Vorsitzenden nicht in

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(C (D ieser Weise demontieren. Das ist doch nun wirklich icht notwendig. Führen wir uns die Fakten noch einmal zu Gemüte nd schauen wir, an welcher Stelle Herr Seehofer vollommen recht hat. Wir stellen erstens fest, dass nur 9,9 Prozent der Menchen in der Altersgruppe von 64 Jahren eine sozialvericherungspflichtige Beschäftigung haben. Das heißt, ass 90 Prozent der Menschen durch die Rente erst ab 67 ichts anderes als eine Rentenkürzung bekommen. Geau das hat Herr Seehofer festgestellt, (Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Recht hat er! – Zurufe von der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)


nd ich weiß nicht, warum Sie sich dieser Einsicht in so
ramatischer Weise verschließen, meine Damen und
erren.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Wir stellen fest, dass 2004 11 Prozent der
5- bis 64-Jährigen arbeitslos waren. Das bedeutet, dass
ie Gruppe der 55- bis 64-Jährigen an der gesamten Ar-
eitslosigkeit im Jahr 2004 mit 11 Prozent beteiligt war.
m Jahr 2010 beträgt der Anteil der 55- bis 64-Jährigen
n der gesamten Zahl der Arbeitslosen inzwischen
6 Prozent. Wir haben also eine steigende Arbeitslosig-
eit in genau der Personengruppe, die Sie künftig länger
ls bis 65 arbeiten lassen wollen. Die sind jetzt schon ar-
eitslos. Die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe nimmt zu.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Die nimmt ab!)


eshalb hat Herr Seehofer vollkommen recht, wenn er
agt: Wir müssen diese Frage neu verhandeln und neu
esprechen.


(Zurufe der Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] und Max Straubinger [CDU/CSU])


Wenn Sie ein Problem mit der Statistik haben, müssen
ie das mit Herrn Seehofer diskutieren. Offensichtlich
eruft er sich ja darauf.

Es gibt einen weiteren Punkt, meine Damen und Her-
en. In der Antwort auf die Große Anfrage, die wir an
ie Bundesregierung gestellt haben, wird bestätigt, dass
6 Prozent der Betriebe keine Mitarbeiter beschäftigen,
ie älter als 50 Jahre sind.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Pfui! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: So sieht es aus!)


6 Prozent der Betriebe beschäftigen niemanden, der
ber 50 Jahre alt ist!


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Weil die Gewerkschaftssekretäre sie hinausgemobbt haben! – Weiterer Zuruf des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Warum regen Sie sich denn so auf? Ich verstehe das
berhaupt nicht. Herr Seehofer hat doch recht. Jetzt un-
erstütze ich einmal euren Vorsitzenden, und ihr be-





Klaus Ernst


(A) )


)(B)

kommt schon wieder einen heißen Hintern. Das muss
doch wirklich nicht sein.


(Beifall bei der LINKEN – Heiterkeit des Abg. Anton Schaaf [SPD])


Meine Damen und Herren, wir kommen ja von einer
Veranstaltung der IG Metall, an der auch andere Kol-
legen des Hauses teilgenommen haben. So kann ich Ih-
nen noch ein paar weitere Beispiele nennen: Von den
4 800 Beschäftigten der Salzgitter Flachstahl GmbH ist
1 Prozent älter als 63 Jahre.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Weil sie alle in Rente sind!)


Beim Küchenhersteller SieMatic ist genau einer von
400 Beschäftigten 61 Jahre alt, niemand ist älter. Und da
wollen Sie an der Rente mit 67 festhalten!

Ich kann nur Herrn Hartmut Koschyk von der CSU
zitieren, der gesagt hat:

Ich halte nichts davon, einmal getroffene politische
Entscheidungen wieder infrage zu stellen – nur weil
sich die SPD beim Thema Rente mit 67 vom Acker
macht.

Das ist doch Ihr Problem, meine Damen und Herren.
Wenn Sie schon einmal ein richtiges Korn herausgepickt
haben, sollten Sie auch dabei bleiben. Ich kann Herrn
Seehofer nur empfehlen – vielleicht können Sie ihm das
ausrichten –, bei seiner Position zu bleiben. Das bayeri-
sche Wappentier ist schließlich der Löwe und nicht der
flüchtende Hase.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706720200

Das Wort hat der Kollege Peter Weiß für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706720300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Ernst hat so getan, als würde heute die Rente mit 67
eingeführt werden. Dann hätte er mit all den Beispielen,
die er vorgetragen hat, recht. Die Rente mit 67 stellte
dann für die meisten Rentnerinnen und Rentner eine
Rentenkürzung dar.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Hat der Seehofer unrecht?)


Nur, Herr Ernst hat uns alle hier mit seinen Beispielen
angelogen,


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Dann Herr Seehofer auch!)


weil die Rente mit 67 nicht heute, sondern erst im Jahr
2029 kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D ie entscheidende Frage lautet deswegen: Wird es im ahr 2029 in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt genauso ussehen wie heute? Nun ist das Allerschwierigste, die Zukunft zu pronostizieren. Auch Herr Ernst hat in seiner Märchentunde nichts dazu gesagt, was 2029 sein wird. Ein paar achen wissen wir aber schon. (Elke Ferner [SPD]: Noch größere Märchenstunde!)


(Zuruf von der LINKEN: Sind Sie Hellseher?)


a bekannt ist, wie viele Kinder in Deutschland geboren
urden und wie viele Personen ins Rentenalter kommen
erden, wissen wir, dass bis zum Jahr 2025 die Zahl der-

enigen, die arbeiten gehen können, also im arbeitsfähi-
en Alter sind, um 7 Millionen Personen im Vergleich zu
eute abnehmen wird. Wir wissen,


(Zuruf von der LINKEN: Außer Herrn Seehofer!)


ass die Zahl der 15- bis 20-Jährigen – das sind diejeni-
en, die sich auf das Berufsleben vorbereiten – im Ver-
leich zu heute um 16,8 Prozent zurückgehen wird.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Erzählen Sie das dem Seehofer, nicht uns!)


as heißt, der Arbeitsmarkt im Jahr 2029 wird grundle-
end anders aussehen als heute. Man wird dann die
enschen nicht mehr in den Vorruhestand schicken,

ondern dankbar sein, wenn jemand bereit ist, etwas län-
er zu arbeiten. Das ist das, was wir wissen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Und die Erde ist eine Scheibe!)


Jetzt zu Horst Seehofer. CDU/CSU und SPD haben in
er Großen Koalition das Gesetz zur Anpassung der Re-
elaltersgrenze bis zum Jahr 2029 verabschiedet und
ort festgeschrieben, dass die Bundesregierung dem
undestag vom Jahr 2010, also von diesem Jahr an, alle
ier Jahre über die Entwicklung der Beschäftigung älte-
er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berichten
uss und eine Einschätzung darüber abzugeben hat, ob

ie Anhebung der Regelaltersgrenze unter Berücksichti-
ung der Entwicklung der Arbeitsmarktlage sowie der
irtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeit-
ehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin vertretbar er-
cheint und die getroffenen gesetzlichen Regelungen be-
tehen können. Wir nehmen diesen Beschluss sehr ernst.


(Elke Ferner [SPD]: Das wäre einmal etwas Neues!)


eshalb wird die Bundesregierung im November einen
usführlichen Bericht genau zu diesen Themen vorlegen.

Nun hätte ich Verständnis gehabt, wenn die Linke
ine Aktuelle Stunde unmittelbar nach Vorlage dieses
erichts beantragt hätte. Dass Sie von der Linken für
eute eine solche Aktuelle Stunde beantragt haben,
eigt, dass Sie das, was wir im Bundestag beschließen,
ür völlig irrelevant halten und vor allen Dingen nicht an
iner öffentlichen Diskussion über Daten und Fakten in-





Peter Weiß (Emmendingen)



(A) )


)(B)

teressiert sind. Die Tatsache, dass Sie für heute eine sol-
che Aktuelle Stunde beantragt haben, ohne dass der ent-
sprechende Bericht vorliegt, zeigt: Sie sind nicht an
Daten und Fakten, sondern schlichtweg an Polemik inte-
ressiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wir haben Horst Seehofer ernst genommen! Entschuldigung! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dann müssen wir noch eine Aktuelle Stunde machen!)


Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutsch-
land zählen auf eine solide Rente. Diese kann man nur
mit klaren Berechnungen, beruhend auf Daten und Fak-
ten, gewährleisten. Mit Polemik kann man die Rente
höchstens kaputtmachen. Das ist Tatsache.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das war Seehofers Polemik! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das macht ihr doch!)


Gestern Abend hat „Das Demographie Netzwerk“
– das ist ein Zusammenschluss von über 200 Betrieben
in Deutschland, die mit Förderung des Bundesministe-
riums für Arbeit und Soziales neue Wege zur Verbesse-
rung der Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer ausprobieren – hier in Berlin
zu einem Parlamentarischen Abend eingeladen. Von der
Linken war niemand da; wahrscheinlich ist Herr Ernst
wieder Porsche gefahren.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Noch tiefer geht es nicht! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Oje! Oje!)


Das zeigt: Die Linke ist nur daran interessiert, hier im
Bundestag vorzutragen, was in den Betrieben schlecht
läuft. Sie hat aber null Interesse daran, darzustellen, was
in den Betrieben gut läuft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Gestern Abend wurde vorgestellt, dass ältere Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer dann, wenn sich Betriebe –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706720400

Herr Kollege!


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1706720500

– ich komme zum Ende – bei Gesundheitsmanage-

ment, Arbeitsorganisation sowie Fort- und Weiterbil-
dung anstrengen, eine Chance haben. Wenn Rente mit 67
eine Perspektive sein soll, muss mit dem Jugendwahn
Schluss sein und es mehr Chancen für ältere Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer geben. Dafür treten wir ein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706720600

Elke Ferner ist die nächste Rednerin für die SPD-

Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! err Seehofer hat zwar etwas Richtiges gesagt, aber bei errn Seehofer weiß man nicht, ob er morgen noch für as steht, was er heute gesagt hat. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist nicht wie bei euch! – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Die CSU ist nicht die SPD!)


(Beifall bei der SPD)

Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1706720700

err Seehofer hat beispielsweise auch einmal gesagt:
Kopfpauschale – nur über meine Leiche.“ Er lebt im-
er noch, und das Modell der Kopfpauschale steht kurz

or der Beschlussfassung. Insofern steht man ein biss-
hen auf wackligen Füßen, wenn man sich auf Herrn
eehofer bezieht, auch wenn er in der Sache einmal
echt hat; denn er wechselt seine Meinungen so schnell,
ass man mit dem Schauen kaum noch hinterherkommt.

Herr Kollege Weiß, es geht um die Frage, ob wir es
or dem Hintergrund der jetzigen Arbeitsmarktsituation
erantworten können, 2012 in die Anhebung des Ren-
eneintrittsalters einzusteigen. Sie haben soeben kriti-
iert, dass wir heute darüber debattieren, obwohl der Be-
icht über die Beschäftigungssituation Älterer noch nicht
orliegt. Ich hätte gern einmal gehört, dass Sie Frau von
er Leyen kritisieren, die ja jetzt schon weiß, dass der
instieg 2012 losgehen kann, obwohl dieser Bericht
och nicht vorliegt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Weil es im Gesetz steht!)


azu habe ich von Ihnen jetzt nichts gehört.

Ich sage Ihnen: Wenn Ihre Einschätzung jetzt schon
eststeht, geht das an den Fakten vorbei. Die Fakten hat
er Kollege Ernst eben genannt. Sie spiegeln sich wider
n Zahlen, die die von Ihnen getragene Bundesregierung
n einer Bundestagsdrucksache als Antwort auf eine
roße Anfrage veröffentlicht hat. Fakt ist, dass 9,9 Pro-

ent, also weniger als 10 Prozent, der 64-Jährigen in ei-
er sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sind.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist es! – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Heute, Frau Kollegin!)


Jetzt kommt Frau von der Leyen daher und sagt: Na
a, es sind eigentlich viel mehr. Klar sind es viel mehr:
inbezogen wurden nämlich auch Minijobber – dazu ge-
ören teilweise Rentner und Rentnerinnen, die sich zu
hrer Rente etwas dazuverdienen – und 1-Euro-Jobber.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das weiß ja Herr Weiß nicht!)


o kann man aber die Leute nicht in die Irre führen. Man
uss wirklich bei den Fakten bleiben und diejenigen
ahlen ins Kalkül ziehen, um die es geht. Was ist denn
it den 90 Prozent der 64-Jährigen, die heute keiner so-

ialversicherungspflichtigen Erwerbsarbeit nachgehen?





Elke Ferner


(A) )


)(B)


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Hat man in den Vorruhestand geschickt!)


Sollen die Arbeitnehmer später unter Inkaufnahme
von Zwangsabschlägen in Rente gehen müssen, weil sie
nicht mehr die Arbeit ausüben können, die sie bisher ge-
tan haben? Diejenigen, die auf der heutigen IG-Metall-
Veranstaltung waren, durften lernen, dass selbst in gro-
ßen Betrieben mit einem hohen Organisationsgrad, mit
starken Gewerkschaften und starken Betriebsräten die
Arbeitsabläufe Menschen zwangsläufig krankmachen.
Glauben Sie denn allen Ernstes, dass die Zustände in all
den Betrieben, wo hart und schwer gearbeitet wird, in
zwei Jahren überwunden sein werden? Ich glaube das
nicht. Wir müssen daran arbeiten; das ist wohl richtig.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Also!)


Niemand hier bestreitet, dass die Beschäftigungssitua-
tion der Älteren verbessert worden ist. Aber wir be-
streiten, dass das ausreichend ist, um im Jahre 2012 den
Einstieg in die Anhebung des Renteneintrittsalters zu
vollziehen. Das geht unter den jetzigen Bedingungen
nicht.

Wir brauchen auch flexiblere Übergänge. Sie weigern
sich, die geförderte Altersteilzeit zu verlängern.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist auch richtig, damit Ältere länger in der Arbeit sind, Frau Ferner!)


Wir brauchen eine Brücke für die Älteren, die, aus wel-
chen Gründen auch immer, nicht mehr können, und eine
Brücke für die Jüngeren, damit sie eine Ausbildung ma-
chen oder nach ihrer Ausbildung im Betrieb bleiben kön-
nen.

Was im Moment stattfindet, ist aus meiner Sicht ein
wenig schizophren. Diejenigen, die heute nach Fachkräf-
ten rufen, sind diejenigen, die sich in der Vergangenheit
um die Erfüllung ihrer Ausbildungspflicht gedrückt ha-
ben. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diejenigen, die verlangen, wir müssten das Erwerbsper-
sonenpotenzial besser ausschöpfen, sind diejenigen, die
es versäumt haben, insbesondere Frauen und Älteren
Vollzeitbeschäftigung zu ermöglichen. Ebendiese Frauen
und Älteren sind heute teilweise in Teilzeitbeschäfti-
gung, obwohl sie es nicht wollen. Es gibt keine familien-
freundlichen Arbeitszeiten, und die Rahmenbedingun-
gen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind leider
immer noch nicht gut genug.

Angesichts dieser Notwendigkeiten und noch nicht
ausgeschöpften Möglichkeiten können wir 2012 nicht
einsteigen. Wir brauchen mehr flexible Übergänge. Dazu
haben wir Vorschläge erarbeitet, und wir werden dies
auch noch in einer Arbeitsgruppe, die wir eingesetzt ha-
ben, vertiefen. Wir brauchen weiterhin die geförderte
Altersteilzeit, und vor allen Dingen brauchen wir, um die

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(C (D enten armutsfest zu machen, möglichst durchgängige rwerbsbiografien, und zwar nicht nur von Männern, ondern auch von Frauen, möglichst vollzeitnah und vor llen Dingen zu Löhnen, die später eine sichere und ausömmliche Rente garantieren. Deshalb müssen wir flähendeckend Mindestlöhne einführen; denn anders ist ies nicht möglich. Aber auch im Hinblick hierauf vereigern Sie sich. (Zuruf von der CDU/CSU: Gleiten Sie nicht ab! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


ie nehmen lieber Altersarmut in Kauf,


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706720800

Frau Kollegin!


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1706720900

Sie nehmen lieber in Kauf, dass ein großer Teil unse-

er Gesellschaft, der arbeiten will, nicht in dem Umfang
rbeiten kann, wie er das gerne möchte. Mit dem Ein-
tieg in die Verlängerung der Lebensarbeitszeit –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706721000

Liebe Frau Ferner!


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1706721100

– gehen Sie den falschen Weg, nämlich den zweiten

chritt vor dem ersten.


(Beifall bei der SPD – Max Straubinger [CDU/ CSU]: Frau Ferner, sollten Sie sich nicht erinnern: Den sind wir gemeinsam gegangen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706721200

Ich will noch einmal darauf aufmerksam machen,

ass nach unseren Regelungen der einzelne Redner in
er Aktuellen Stunde nicht länger als fünf Minuten spre-
hen darf. Das bedeutet im Umkehrschluss: Notfalls
önnen es kürzere Redezeiten sein.


(Heiterkeit)


ber die üblicherweise vom amtierenden Präsidenten er-
artete Großzügigkeit bei der Bewirtschaftung der Re-
ezeit lässt unsere Geschäftsordnung für Aktuelle Stun-
en gar nicht zu.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und das vor Herrn Kolb!)


Dass das machbar ist, wird nun der Kollege Heinrich
olb nachweisen, der als Nächster für die FDP-Fraktion
as Wort erhält.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1706721300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Präsident, das Problem besteht ja auch darin, dass
s in der Aktuellen Stunde keine Zwischenfragen gibt,
odass es heute wirklich bei den fünf Minuten bleiben
uss.






(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706721400

Gott sei Dank!


(Heiterkeit bei CDU/CSU und FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1706721500

Ich will mich also in den einzelnen Punkten kurzfas-

sen.

Ich danke dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst
Seehofer, dass wir heute wieder einmal die Möglichkeit
haben, uns über die Rente mit 67 auszutauschen.


(Elke Ferner [SPD]: Die Sie ja nie wollten!)


Ich habe mir natürlich auch Gedanken gemacht; denn
man ist ja immer bemüht, etwas Neues in die Debatte
einzubringen. Heute habe ich mir überlegt, Frau Ferner:
Warum führen wir die Diskussion eigentlich so drama-
tisch, als ob es den Untergang des Abendlandes bedeu-
tet, wenn die Lebensarbeitszeit verlängert wird? Ich
habe einmal nachgeschaut, wann eigentlich die Alters-
grenze von 65 Jahren festgelegt worden ist. Für Ange-
stellte war das 1911 und für Arbeiter 1916 – für den Kol-
legen Birkwald habe ich auch die Quelle dabei.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr gut!)


Damals betrug die durchschnittliche Lebenserwartung
der Frauen 48 Jahre und die der Männer 45 Jahre. Heute
liegt sie sowohl bei Männern als auch bei Frauen unge-
fähr 30 Jahre höher.


(Elke Ferner [SPD]: Damals sind Frauen auch noch im Kindbett gestorben! – Zuruf von der LINKEN: Und die Produktivität?)


Vor diesem Hintergrund halte ich es jedenfalls nicht
für vollkommen unanständig, dass man darüber nach-
denkt, die Lebensarbeitszeit zu verlängern, obwohl ich
– das wissen Sie – kein Freund von starren Altersgren-
zen bin, sondern mich in diesem Zusammenhang eher
für flexible Lösungen ausspreche.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der LINKEN: Ja, für die Reichen!)


Ich will es hier sehr deutlich sagen: Eine lange Er-
werbsteilhabe, allerdings auf der Basis einer eigenen
freien Entscheidung, ist für uns nichts Schlechtes. Wir
reden doch in vielen Bereichen über Teilhabe. Junge
Menschen, behinderte Menschen, alle sollen teilhaben
am gesellschaftlichen Leben. Die Erwerbsarbeit ist ein
ganz wesentlicher Aspekt des gesellschaftlichen Lebens.
Daher sollte uns die Frage umtreiben, wie man es orga-
nisieren kann, dass Menschen möglichst lange dabeiblei-
ben können, und es sollte nicht um die Frage gehen, wie
man sie möglichst früh aus dem Erwerbsleben heraus-
bringen kann, was lange das Dogma auch in den Füh-
rungsetagen deutscher Unternehmen gewesen ist. Das
will ich hier sehr deutlich sagen, Herr Ernst.


(Elke Ferner [SPD]: Waren Sie nicht Staatssekretär, als die Frühverrentungspraxis lief?)


– Aber nicht in DAX-Konzernen, Frau Kollegin Ferner.
Wir haben das auch korrigiert.

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(C (D Sie haben auch die Altersteilzeit angesprochen. Ich tehe dazu, dass wir die beitragsgeförderte Altersteilzeit eendet haben, und meine Fraktion hat auch nicht die bsicht, das zu ändern. Ich halte das für einen richtigen chritt. Weiterhin soll es möglich sein, auf Kosten der nternehmen, aber nicht auf Kosten der Beitragszahler, enn auch mit steuerlicher Förderung, Altersteilzeitmoelle zu praktizieren, wenn das so gewünscht wird und ich in einzelnen Branchen anbietet. Im Übrigen sind ir, so denke ich, diesbezüglich gut aufgestellt. Das führt dazu – das bringt mich zum nächsten Punkt –, ass die Erwerbsquoten älterer Arbeitnehmer inzwichen erfreulich angestiegen sind. Wenn ich mir die Enticklung seit dem Beschluss zur Rente mit 67 anschaue, o kann ich eigentlich nur zu dem Schluss kommen: Die rwerbsteilhabe Älterer hat sich toll entwickelt. (Elke Ferner [SPD]: Bei 9,9 Prozent! Das ist lächerlich!)


rau Ferner, Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen von
er SPD müssen sich fragen lassen: Haben Sie denn da-
als ernsthaft mehr erwartet? Der Trend ist sowohl in

er Altersgruppe zwischen 55 und 60 Jahren als auch in
er Altersgruppe zwischen 60 und 65 Jahren ungebro-
hen positiv. Das heißt, wir dürfen vor allem angesichts
er demografischen Entwicklung davon ausgehen, dass
ich das in den nächsten Jahren weiter verbessern wird.
or diesem Hintergrund – das muss ich sagen – halte ich
s auch für verantwortbar, Frau Kollegin Ferner, den
eg weiterzugehen, den Franz Müntefering, der von Ih-

er Partei gestellte Bundesarbeitsminister, damals aufge-
eigt hat. Er hat gesagt: Wir wollen das probieren. Wir
berprüfen regelmäßig,


(Elke Ferner [SPD]: Kürzen Sie nicht gerade beim Eingliederungstitel, bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik?)


b der Arbeitsmarkt das hergibt. – Obwohl ich kein
reund der Rente mit 67 bin und damals dagegenge-
timmt habe, muss ich sagen:


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Hört! Hört!)


ngesichts der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im
llgemeinen – wir werden in Kürze erleben, dass die Ar-
eitslosenzahlen auf unter 3 Millionen sinken werden –,
ber auch im Speziellen – damit meine ich die Beschäfti-
ungsquote Älterer –, gibt es keinen Grund, dieses
üntefering’sche Projekt zum jetzigen Zeitpunkt zu

toppen.


(Elke Ferner [SPD]: Das wollte die CDU! Das ist kein Müntefering’sches Projekt gewesen!)


as heißt, wir werden 2012 damit beginnen, die Lebens-
rbeitszeit Jahr für Jahr um einen Monat zu verlängern.
ir werden auch in vier Jahren wieder gucken,


(Elke Ferner [SPD]: In vier Jahren brauchen Sie nicht mehr zu gucken, Herr Kolb! Das kann ich Ihnen versprechen! – Zurufe von der FDP und der CDU/CSU: Doch! Da können Sie beruhigt sein!)






Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

wie es gelaufen ist. Ich sage Ihnen voraus: Wir werden
feststellen, dass sich die Dinge


(Zuruf der Abg. Elke Ferner [SPD])


– warten Sie erst einmal ab, Frau Ferner – im Sinne der
Älteren weiter zum Positiven entwickelt haben werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen sollten Sie jetzt nicht mauern, Frau Kolle-
gin Ferner. Ihr Beschluss von damals zum § 154 SGB VI
verpflichtet Sie, wenn Sie ihn ernst nehmen, alternative
Maßnahmen vorzulegen – das steht auch in § 154 –, da-
mit sowohl das Versorgungsniveau als auch das Bei-
tragssatzziel eingehalten werden können.


(Elke Ferner [SPD]: Zerbrechen Sie sich nicht unseren Kopf! Wir werden schon etwas vorlegen!)


Diese Verpflichtung hätten Sie.

Wir sind nach wie vor auf einem auch für mich er-
staunlichen Weg. Ich hätte nämlich nicht gedacht, dass
sich –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706721600

Herr Kollege!


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1706721700

– Entschuldigung, Herr Präsident – die Erwerbsbetei-

ligung Älterer so verbessern lässt. Aber es ist passiert,
und insofern denke ich, dass man die Dinge so laufen
lassen kann, wie sie zurzeit laufen. Wir werden bei Gele-
genheit wieder darüber diskutieren. – Ich habe jetzt lei-
der um 23 Sekunden überzogen, Herr Präsident.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706721800

Ja, die ziehen wir beim nächsten Mal ab.


(Heiterkeit)


Nächster Redner ist der Kollege Dr. Strengmann-
Kuhn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
nehme Sie beim Wort, was die 23 Sekunden bei Herrn
Kolb angeht. Er kann es gut gebrauchen.


(Heiterkeit)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1706721900

Sie haben hoffentlich nicht den Eindruck gewonnen,

Sie bekämen diese jetzt zusätzlich.


(Heiterkeit)



(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch ich bin relativ erstaunt, dass wir heute schon
wieder über die Rente mit 67 debattieren – wir haben das
ja erst letzte Sitzungswoche gemacht –, nur weil Horst

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(C (D eehofer mal wieder etwas gesagt hat. Bei ihm könnte an den Eindruck haben, dass er sich regelmäßig ir endwelche Umfragen anschaut und dann irgendetwas on sich gibt, von dem er denkt, dass es die Mehrheit der evölkerung gut findet. Ich habe jedoch den Eindruck, ass Ursache eher die Panik vor den weglaufenden Wäherinnen und Wählern der CSU als irgendeine inhaltliche rkenntnis ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Machen Sie sich da mal keine Sorgen, Herr StrengmannKuhn!)


Es kommen gleich die üblichen Reflexe. Die Bundes-
egierung sagt, die Rente mit 67 müsse auf jeden Fall
ommen, wohl wissend, dass es diese Überprüfungs-
lausel gibt – Herr Weiß hat sie gerade zitiert –, in der
teht: Die Bundesregierung muss auf der Basis dieses
erichts hier im Bundestag darlegen, ob der Zeitplan so
ingehalten werden kann oder nicht.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das wird sie machen!)


iesen Bericht gibt es zwar noch nicht,


(Elke Ferner [SPD]: Aber Herr Kolb kennt schon die Antwort!)


ber die Bundesregierung hat schon vor ein paar Mona-
en gesagt: Komme, was wolle, wir machen es einfach. –
uch das geht eigentlich nicht.

Der andere Reflex kommt von der Linkspartei, die so
twas natürlich gerne aufnimmt und sagt: Die Rente mit
7 muss weg. – Damit macht sie es sich unseres Erach-
ens viel zu einfach. Denn in der Tat geht es darum, zu
eurteilen, wie die Situation jetzt aussieht und wie sie
ich in den nächsten 20 Jahren entwickeln wird.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


nsofern bin ich gespannt, ob der Bericht dazu Lösungen
ufzeigt. Wenn man sich die Situation jetzt anguckt, so
uss man Ihnen recht geben – und da stimme ich den
inken auch zu –: Die Voraussetzungen sind nicht vor-
anden.


(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])


Sie haben die Zahlen genannt: 9,9 Prozent der 64-Jäh-
igen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Für
ns ist es wichtig, dass die Menschen in ihrem gesamten
ebensverlauf gute Arbeitsbedingungen haben, damit
ie länger arbeiten können; hier gibt es noch viel zu tun.
uf der Veranstaltung der IG Metall, auf der ich auch
ar, hat man an Einzelbeispielen aufgezeigt, wie sich
er Arbeitsdruck verdichtet und dass in den Betrieben zu
enig Gesundheitsprävention erfolgt. Unsere Schluss-

olgerung daraus ist aber eine andere als die, die die
inke daraus zieht. Die Linke sagt: Die Bedingungen
ind schlecht, also geht das Ganze nicht. Wir sagen: Die
edingungen sind schlecht, und wir müssen sie ändern.
arum geht es.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn


(A) )


)(B)

Wir müssen etwas tun, um Verbesserungen zu erreichen,
um gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, um Weiterbil-
dungsmöglichkeiten auch für Menschen in höherem Al-
ter zu schaffen. Wir brauchen auf Ältere zugeschnittene
Arbeitsmarktprogramme, damit die Arbeitslosigkeit in
dieser Gruppe abnimmt.

All das sind Maßnahmen, um zu verhindern, dass die
Rente mit 67 eine Rentenkürzung nach sich zieht. Das ist
unser wesentliches Ziel: Die Rente mit 67 soll keine
Rentenkürzung zur Folge haben, sondern etwas Positi-
ves für die Menschen sein, die Beitragszahlerinnen und
Beitragszahler, aber auch die Rentnerinnen und Rentner.

Aber jenseits der Arbeitsmarktentwicklung gibt es
noch mehr Stellschrauben, an denen die Politik drehen
kann. Da höre ich von der Bundesregierung bisher nicht
viel. Erstens. Was ist mit der Schaffung flexiblerer Mög-
lichkeiten, zum Beispiel in Bezug auf die Teilrente, die
Herr Kolb öfter im Mund führt? Die FDP spricht immer
davon; es passiert aber nichts, es gibt keine Vorschläge
dazu.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir haben in der letzten Legislaturperiode einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht!)


Zweitens. Bei der Erwerbsminderungsrente halten wir
den Anstieg der Grenze für die abschlagsfreie Alters-
rente von 63 auf 65 Jahre im Zusammenhang mit der
Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre für völ-
lig falsch; denn Erwerbsminderung sucht man sich nicht
aus; man ist erwerbsgemindert oder man ist es nicht.
Deshalb muss die Grenze für die abschlagsfreie Alters-
rente bei 63 bleiben. Punkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Drittens müssen wir verhindern, dass bei den Men-
schen, die früher in Rente gehen müssen, weil sie nicht
länger arbeiten können, die Rente mit 67 zur Armut
führt. Das heißt, wir brauchen ein stabiles soziales Netz.
Wir müssen Maßnahmen gegen Armut ergreifen. Auch
da gibt es bisher noch nicht viel außer der vagen Ankün-
digung einer Kommission. Ich bin gespannt, was nächs-
tes Jahr dabei herauskommt. Aber konkrete Vorschläge
gibt es dazu noch nicht. Wir müssen sehen, dass wir Ar-
mut im Alter grundsätzlich bekämpfen. Gerade im Hin-
blick auf die Rente mit 67 ist das besonders wichtig. Un-
ser Ziel ist, dass das Rentenniveau der Menschen, die ihr
Leben lang gearbeitet und länger als 30 Jahre in die
Rente eingezahlt haben, wenigstens über dem Grund-
sicherungsniveau liegt. Das ist für uns eine wesentliche
Bedingung für die Rente mit 67.

Wichtig für uns ist also: Wir müssen die Rahmenbe-
dingungen schaffen. Das ist auf politischer Ebene mög-
lich. Die Bundesregierung macht bisher allerdings
nichts. Wir werden ab 2013 darangehen, die Rahmenbe-
dingungen für die Rente mit 67 zu schaffen. Wenn diese
erfüllt sind, dann ist es meines Erachtens auch vertretbar,
die Rente mit 67 einzuführen und den Weg dahin zu ge-
hen.

Danke schön.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und was machen Sie jetzt?)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706722000

Max Straubinger ist der nächste Redner für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706722100

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!
ir haben einen guten Parteivorsitzenden,


(Elke Ferner [SPD]: Ein Wackelhorst! – Anton Schaaf [SPD]: Der Nachfolger von Horst Seehofer!)


nd den werden wir auch behalten, lieber Kollege Anton
chaaf.


(Elke Ferner [SPD]: Wie lange denn, Herr Straubinger?)


Viele, viele Jahre, weit länger, als Sie denken können.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Elke Ferner [SPD]: Armes Bayern!)


us diesem Grund erübrigt sich eine solche Diskussion.

Die Linke hat heute wiederum eine verkürzte Darstel-
ung der Aussagen unseres Parteivorsitzenden zum An-
ass genommen, eine Debatte über die Rente mit 67 zu
ühren. Ihre Darstellung, Herr Kollege Ernst, ist natür-
ich verkürzt. Denn unser Parteivorsitzender, Horst
eehofer, hat dies im Zusammenhang mit der ständigen
orderung von Arbeitgebern nach vermehrter Zuwande-
ung von Fachkräften gesagt. Es kann nicht sein, dass äl-
ere Bürgerinnen und Bürger, erfahrene Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer vorzeitig in den Ruhestand
eschickt werden und gleichzeitig der Ruf nach Fach-
räften aus Drittstaaten und der ganzen Welt ertönt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Zunächst einmal ist es wichtig, die demografischen
robleme, die es nicht nur in unserem Land gibt, sondern
uch in anderen Ländern in Europa und darüber hinaus,
us eigener Kraft zu lösen. Ich glaube, dass die Große
oalition unter Arbeitsminister Franz Müntefering hier

ine richtige Entscheidung in der Rentengesetzgebung
erbeigeführt hat; denn – der Kollege Kolb hat bereits
arauf hingewiesen – die steigende Lebenserwartung ge-
ietet es mit Blick auf die Generationengerechtigkeit,
ber eine längere Lebensarbeitszeit nachzudenken und
iese ins Gesetz zu schreiben.

Die Handlungsoptionen sind nur begrenzt. Niemand
n diesem Haus will sie unterschreiben, denn es geht da-
um, entweder die Rente zu kürzen, riesige Beiträge auf
ie im Erwerbsleben stehenden Personen abzuwälzen –


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie wälzen doch ab!)






Max Straubinger


(A) )


)(B)

-oder die Wochenarbeitszeit zu verlängern. Unter diesen
Gesichtspunkten war es vernünftig, die Lebensarbeits-
zeit auf 67 zu verlängern, und das über einen langen
Zeitraum hinweg, nämlich bis zum Jahr 2029.

Ich bin besonders stolz darauf, dass insbesondere auf
Initiative der CSU eingeführt wurde, dass jemand, der
45 Beitragsjahre oder gleichgestellte Beitragszeiten hin-
terlegt hat, mit dem 65. Lebensjahr ohne Abschlag in
Rente gehen kann. Das kommt besonders Menschen mit
handwerklichen Berufen und auch Menschen, die auf
Baustellen arbeiten, zugute, weil sie relativ früh mit der
Lehre beginnen. So hat man diese sozialpolitische He-
rausforderung gemeistert.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie fallen Seehofer in den Rücken!)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht auch um
die Frage der Arbeitsmöglichkeiten für ältere Bürgerin-
nen und Bürger. Hier haben wir eine gewaltige Aufgabe
vor uns. Arbeitsplätze in unseren Betrieben müssen na-
türlich – Herr Strengmann-Kuhn, hier gebe ich Ihnen
ausdrücklich recht – auf die älteren Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer abgestellt und auch weiterentwickelt
werden.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sind sie aber nicht, sagt Seehofer!)


Ich bin überzeugt, dass wir hier gute Vorgaben bringen
werden.

Entscheidend ist, zuerst zu versuchen, die bei uns ar-
beitslos gemeldeten Menschen in Arbeit zu bringen, ins-
besondere die Älteren, wie es uns zunehmend gelingt,
Herr Kollege Ernst.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich wehre mich dagegen, dass die ganze Zeit nur Rufe
kommen, dass Arbeitsplätze mit Zuwanderern aus Dritt-
staaten besetzt werden sollen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es in dieser Debatte doch gar nicht! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat mit der Rente mit 67 überhaupt nichts zu tun!)


Vielleicht noch eines, weil auch dies in diesem Zu-
sammenhang zu berücksichtigen ist. Ab und zu wird be-
richtet, unser Arbeitsmarkt sei vernagelt. Ich habe mir
heute die Zahlen von der Bundesagentur für Arbeit ge-
ben lassen. Ich war überrascht: Über 100 000 Menschen
aus Drittstaaten haben einen Antrag gestellt – oder von
deren Arbeitgebern ist ein Antrag gestellt worden –, um
nach einer Vorbehaltsprüfung Arbeit in Deutschland auf-
zunehmen. Davon sind allein im Jahr 2009 fast 90 000
Anträge positiv beschieden und ist die Genehmigung er-
teilt worden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706722200

Herr Straubinger!

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(C (D Im Jahr 2010 haben bisher fast 51 000 Personen An räge gestellt, und circa 43 000 Genehmigungen wurden rteilt. Ich bin überzeugt, es wäre weit besser, wenn ältere rbeitslose ihren Erfahrungsschatz bei uns in die Be riebe brächten. Hier wäre uns dann doppelt geholfen: um einen wären sie Beitragszahler und zum anderen eine Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenvericherung mehr. (Der Präsident stellt dem Redner das Mikrofon ab – Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1706722300


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706722400

Der Redner hat zum Schluss noch für die Aufmerk-

amkeit danken wollen. Das trage ich hiermit nach.


(Heiterkeit)


Der nächste Redner ist nun der Kollege Josip
uratovic für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1706722500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Manchmal wundert man sich, was al-
es möglich ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das stimmt!)


in Unions-Ministerpräsident fordert zur Rente mit 67
as, was im Gesetz steht, nämlich eine Überprüfung der
rbeitsmarktsituation für ältere Arbeitnehmer.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das wird getan!)


ofort gibt es in den Reihen der Unionsfraktionen einen
ufruhr. Kolleginnen und Kollegen von der Union, da
uss ich mich doch wundern. Sie kritisieren Herrn
eehofer dafür, dass er sich an das Gesetz halten will.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Erlauben Sie mir, Folgendes in Erinnerung zu rufen:
ie vornehmste Aufgabe der Politik ist es, sicherzustel-

en, dass Menschen, die drei Viertel ihres Lebens anstän-
ig gearbeitet haben und unseren Wohlstand zum Teil
nter schwierigsten Bedingungen gesichert haben, im
lter ein menschenwürdiges Leben mit einer fairen
ente haben.

Kolleginnen und Kollegen, wir stehen vor der schwie-
igen Aufgabe, die Rente zukunftsfest zu machen. Durch
en demografischen Wandel und veränderte Erwerbsbio-
rafien haben wir immer weniger junge Menschen, und
iese steigen auch noch immer später ins Berufsleben
in. Außerdem werden die Menschen dank fortschrittli-
her medizinischer Versorgung Gott sei Dank immer äl-
er. Deshalb haben wir 2007 verantwortungsvoll und
rotz aller Proteste den stufenweisen Einstieg in die
ente mit 67 beschlossen, die 2029 voll zum Tragen
ommen soll.





Josip Juratovic


(A) )


)(B)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und heute?)


Allerdings müssen wir in unserer Arbeitswelt Voraus-
setzungen dafür schaffen, dass die Menschen tatsächlich
länger arbeiten können. Das haben wir Sozialdemokra-
ten bereits bei der Gesetzgebung angemahnt. Deshalb
haben wir die sogenannte Überprüfungsklausel bewusst
in das Gesetz geschrieben und nicht, wie es die Union
wollte, nur in die Präambel.


(Anton Schaaf [SPD]: So ist das!)


Heute sehen wir: Das war richtig und wichtig.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Sie können nicht erwarten, dass es besser läuft, als es gelaufen ist!)


Die Überprüfungsklausel stellt uns vor zwei Fragen:
Erstens. Wie viele Menschen arbeiten bereits heute und
unter welchen Bedingungen bis 65? Zweitens. Was ist
mit denjenigen, die es nicht bis 65 schaffen?

Ich freue mich, dass wir weltweit für unsere florie-
rende Wirtschaft gelobt werden. Aber zu welchen Be-
dingungen haben wir dieses Wachstum? Fakt ist: Der
Leistungsdruck im produzierenden und im Dienstleis-
tungsgewerbe wird immer größer. Die Auslastung der
Beschäftigten liegt bei über 95 Prozent. Die Anzahl der
psychischen Erkrankungen nimmt gewaltig zu. Viele Ar-
beitnehmer können unter den heutigen Arbeitsbedingun-
gen nicht bis 65 arbeiten, geschweige denn bis 67. Die
Wirtschaft hat mittlerweile zwar erkannt, dass sie in Zu-
kunft nicht auf ältere Fachkräfte verzichten kann. Aller-
dings fallen Vorhaben zur Schaffung besserer Arbeitsbe-
dingungen stets dem Wettbewerb zum Opfer.

Aber nicht nur die Wirtschaft, auch die Bundesregie-
rung muss etwas tun. Es ist falsch, dass Sie von der Re-
gierung Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen für ältere
Arbeitnehmer kürzen. Es ist falsch, dass Sie die Renten-
versicherungsbeiträge für Arbeitslosengeld-II-Empfän-
ger einsparen wollen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese 1,8 Milliarden Euro fehlen dann in der Rentenver-
sicherung. Dadurch werden noch mehr Menschen in die
Grundsicherung getrieben. Es ist falsch, dass Sie sich
nicht um die Erwerbsminderungsrente kümmern. Das
Arbeitsministerium selbst sagt, dass gerade einmal
21,5 Prozent der 60- bis 64-Jährigen sozialversiche-
rungspflichtig beschäftigt sind. Darunter sind viele in
Teilzeit, in Leiharbeit oder sie haben eine befristete
Stelle. Das sind keine guten Voraussetzungen, um die
Rente mit 67 umzusetzen. Deshalb ist es wichtig, dass
wir die Überprüfungsklausel ernst nehmen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Herr Seehofer hat dies offensichtlich verstanden und will
nach dem Gesetz handeln.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung,
das Parlament erwartet von Ihnen im November einen
ehrlichen und aussagekräftigen Bericht. Das sind Sie den

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(C (D enschen schuldig, die ihr Leben lang für den Wohltand von uns allen anständig arbeiten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706722600

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Spitzenreiterposi-

ion im Zeitmanagement der Aktuellen Stunde.


(Heiterkeit)


Nächster Redner ist der Kollege Pascal Kober für die
DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Josip Juratovic (SPD):
Rede ID: ID1706722700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

er Tat debattieren wir häufig über die Rente mit 67.
ies ist kein Schaden; denn man lernt immer etwas
azu.

Auch kurz vor der Sommerpause haben wir über die-
es Thema diskutiert. Dabei habe ich nicht etwas von Ih-
en, sondern etwas über Sie gelernt, liebe Kolleginnen
nd Kollegen der Linkspartei. Der Kollege Peter Weiß
on der Union hat Ihnen damals erklärt, was der demo-
rafische Wandel bedeutet, nämlich dass immer mehr
enschen älter werden und immer weniger Arbeitneh-
er für die Rente dieser Menschen einzahlen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das hat er aber nicht verstanden!)


s gab dann einen bemerkenswerten Zwischenruf aus
hren Reihen, dass die Produktivität ja steigen würde.
iebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei,
ie malen nicht nur ein falsches Bild von der Gegenwart,
ondern auch ein zu hoffnungsfrohes Bild von der Zu-
unft. Ich bin der Meinung, dass wir ein bisschen mehr
ealismus walten lassen sollten. Gerade wir von der
hristlich-liberalen Koalition verstehen etwas von einer
olitik, die Wirtschaftswachstum fördert.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist unser Aufschwung!)


ir glauben aber nicht, dass sich das Problem des demo-
rafischen Wandels allein mit gesteigerter Produktivität
nd größerem Wirtschaftswachstum lösen lässt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ll das ist viel zu unsicher.

Sicher ist aber beispielsweise, dass im Jahr 2012, in
em wir überhaupt erst mit der Entwicklung hin zur
ente mit 67 beginnen – erst im Jahr 2029 kommt sie
ur vollen Wirkung –, erstmalig mehr Menschen in
eutschland ihren 65. Geburtstag feiern werden als ih-

en 20. Geburtstag. Im Jahr 2029, wenn die Rente mit 67
ollumfänglich in Wirkung tritt, werden 1,35 Millionen
enschen in den Ruhestand gehen.





Pascal Kober


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)(B)


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Da feiern wir goldene Hochzeit!)


Ihnen stehen diejenigen gegenüber, die zu diesem Zeit-
punkt ins Erwerbsleben eintreten werden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Zu wenig!)


Dazu zählen unter anderem diejenigen, die letztes Jahr
geboren sind, nämlich – wir wissen es ganz genau –
651 000. Jetzt stehen sich diese beiden Zahlen, die Sie
nicht leugnen können, gegenüber:


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Eben haben Sie noch gesagt, Sie hätten gelernt! Das stimmt aber nicht!)


1,35 Millionen Menschen, die im Jahr 2029 das Ren-
tenalter erreichen, und 651 000 Personen, die dann unge-
fähr in dem Alter sind, mit der Arbeit zu beginnen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist beeindruckend!)


Diesen Zusammenhang können Sie nicht leugnen; wir
müssen darauf reagieren.

Ich sage wie mein Kollege Heinrich Kolb: Wir von
der FDP haben eigentlich ein anderes Modell. Wir er-
kennen aber zumindest an, dass das Problem mit der
Einführung der Rente mit 67 in der richtigen Richtung
angegangen worden ist. Letztlich werden wir nicht da-
rum herumkommen, dass die Menschen mehr und länger
arbeiten. Wir trauen uns, diese Wahrheit offen anzuspre-
chen und mit den Menschen darüber zu diskutieren. Wir
machen den Menschen keine Angst. Wir versuchen, den
Menschen Zuversicht zu geben; denn wir erklären ihnen
plausibel, dass wir schon jetzt die Weichen in die rich-
tige Richtung stellen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die müssen Ihnen Zuversicht geben!)


Die gegenwärtige Situation am Arbeitsmarkt ist bei
weitem nicht so dramatisch schlecht, wie Sie es skizziert
haben.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: War irgendeine Zahl falsch?)


– Nein. Ich sage Ihnen aber eine weitere Zahl.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Nur 9,9 Prozent der Menschen im Alter von 64 haben eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung!)


– Lieber Herr Ernst, unterbrechen Sie mich nicht. Der
Präsident möchte, dass ich rechtzeitig fertig werde.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706722800

Der Präsident möchte es nicht; er stellt es sicher.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1706722900

Es ist eine erfreuliche Entwicklung, dass der Prozent-

satz der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ar-

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(C (D eitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen 60 und 4 Jahren – auch das sind Zahlen, die gelten und wahr ind – von 10,7 Prozent im Jahr 2000 auf 21,5 Prozent m Jahr 2009 gestiegen ist und sich damit mehr als veroppelt hat. Die Entwicklungen gehen in die richtige ichtung. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Entscheidend sind die 67-Jährigen, nicht die 63-Jährigen! Die sollen noch arbeiten!)


ir werden in der Politik noch mehr dafür tun, dass es in
ukunft so weitergeht. Dabei wird uns der anstehende
achkräftemangel unterstützen; denn es wird gar nicht
nders gehen, als dass die Menschen in unserem Land
ehr und länger arbeiten


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


nd die Unternehmen in Zukunft verstärkt ältere Arbeit-
ehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706723000

Matthias Birkwald ist der nächste Redner für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1706723100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

amen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
igentlich wollte ich mich jetzt – –


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was hat der wieder Papier dabei!)


Ja, besser Papier dabeihaben und über Fakten reden,
ls hier heiße Luft zu verbreiten. –


(Beifall bei der LINKEN)


ch hätte mich heute gerne an dieser Stelle, von diesem
ult aus bei Ministerpräsident Seehofer entschuldigt.
arum? Ich habe seinen Vorschlag als – Verzeihung,
err Präsident! – „derbe Volksverarschung aus Bayern“
ezeichnet. Genauso stellt es sich dar; denn die richtigen
inlassungen von Herrn Seehofer sind unisono von Ih-
en abgelehnt worden. Deswegen kann ich nur sagen:
ch habe an der Stelle recht gehabt; es handelt sich hier
m eine Parodie, um eine Tragödie und um eine „derbe
olksverarschung aus Bayern“.

Ich will mich jetzt mit dem auseinandersetzen, was
ie hier eben gesagt haben. Herr Kollege Weiß, Sie ha-
en eben behauptet, wir Linken würden lügen und hätten
ein Interesse an Daten und Fakten.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Ja, ständig! Daten und Fakten interessieren euch nicht! Ihr schwätzt irgendwas daher!)


chauen wir uns das doch einmal genau an. Sie haben
esagt, die Rente erst mit 67 käme 2029.





Matthias W. Birkwald


(A) )


)(B)


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)


Das kann man so sagen, wenn Sie den letzten Jahrgang
meinen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das steht im Gesetz!)


Mit Rente erst ab 67 soll aber schon im Jahr 2012 begon-
nen werden. Das müssen alle Menschen wissen, die da-
von betroffen sind. Dann geht es los.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Ein Monat!)


Sie haben gesagt, wir hätten eine Verringerung des
Erwerbspersonenpotenzials um 7 Millionen bis 2025.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: IAB-Bericht!)


Der Kollege Kober hat eben den ganzen Unsinn der De-
mografielüge auch noch einmal erzählt. Ich möchte jetzt
gerne zitieren aus Rente mit 67?, dem Vierten Monito-
ring-Bericht des Netzwerks für eine gerechte Rente, he-
rausgegeben vom DGB und anderen. Auch Herr Kolb
kennt ihn. Die Zahlen darin wurden nicht selbst ausge-
rechnet, sondern es wurde Bezug genommen auf die Be-
rechnungen der Statistischen Landes- und Bundesämter
für das Jahr 2009; die haben nichts mit der Linken zu
tun. Es gibt verschiedene Varianten. Bei allen Varianten
wird das Erwerbspersonenpotenzial auch in den
Jahren 2020 und 2030 groß genug sein. Heute sind es
42 Millionen Menschen. Die Varianten, mit denen ge-
rechnet wird, liegen zwischen 35 und 43 Millionen Er-
werbspersonen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sagen Sie einmal die Seite! Dann können wir mitlesen!)


Zusammengefasst heißt das:

Die Statistischen Ämter … des Bundes und der
Länder folgern aus ihren Berechnungen:

– ich zitiere –

„Damit ist es eher unwahrscheinlich, dass es in ab-
sehbarer Zeit aus demographischen Gründen zu ei-
nem Arbeitskräftemangel kommen wird.“

So sieht es aus.


(Beifall bei der LINKEN)


Dann wollen wir einmal festhalten, dass die Ver-
pflichtung, die im Gesetz steht, alle vier Jahre zu prüfen,
ob die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen
vorhanden sind – auch die Situation der Älteren auf dem
Arbeitsmarkt ist zu prüfen –, nicht für das Jahr 2029,
sondern heute gilt; denn in zwei Jahren soll die Rente
erst ab 67 schrittweise eingeführt werden.

Wir nehmen die Sorgen der Menschen an dieser Stelle
ernst.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Die interessieren euch überhaupt nicht!)


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(C (D ir wollen nicht, dass Ihre Basta-Variante durchkommt. enn wir nachfragen, was denn nun wird, dann sagt bei pielsweise Staatssekretär Brauksiepe – ich habe ihn chon zitiert –: Es ist sinnvoll, die Beschäftigungsquote ei Älteren zu steigern; die Rente ab 67 kommt in jedem all. Dazu sage ich: Das ist die Basta-Variante, und die kzeptieren wir nicht. Es gibt aber auch die Trickser-Variante. Da wird geagt: Es wird alles besser. Das haben wir hier heute auch ehört. Ich sage: Es wird nicht alles besser. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Im Kommunismus ist es auch ständig abwärts gegangen, Herr Birkwald!)


(Beifall bei der LINKEN)


ir haben jetzt mehrfach gehört, dass nur knapp 10 Pro-
ent der 64-Jährigen einen sozialversicherungspflichti-
en Job haben. Man muss hinzufügen – das ist ganz per-
ide –, dass das für nur 7 Prozent der Frauen gilt. An die-
er Stelle kann man auch sagen: Die Rente erst ab 67 ist
esonders ungerecht für die Frauen, und das ist nicht in
rdnung.


(Beifall bei der LINKEN)


Außerdem bleibt das Muster: Je näher Sie dem
5. Geburtstag kommen, umso weniger sozialversiche-
ungspflichtig Beschäftigte gibt es. Aber nicht nur das:

ir haben in den vergangenen Jahren erlebt, dass vieles
chlechter geworden ist, Herr Kober, und nicht besser.


(Pascal Kober [FDP]: Doch, vieles ist besser geworden, zum Beispiel die Regierung!)


as meine ich? Es ist doch wichtig, ob jemand unmittel-
ar vor seinem Renteneintritt sozialversicherungspflich-
ig beschäftigt gewesen ist. Wie sieht es damit aus? 1999
aren das noch 29,6 Prozent. Jetzt sind es noch gerade

inmal etwa 18 Prozent. Deswegen sage ich: Nein, es
ird nicht besser, es wird schlechter, und das ist nicht zu

kzeptieren.

Der nächste Punkt. Wir haben vor 14 Tagen in den
eitungen gelesen – das ist sehr traurig –, dass es zwei
chwere Lkw-Unfälle gegeben hat. Der eine Fahrer war
7, der andere 69 Jahre alt. Sie fuhren 40-Tonner. Das
öchten wir nicht. Die Menschen müssen dann in Rente

ehen, wenn sie noch leistungsfähig sind. Es darf nicht
ein, dass dadurch Gefährdungen auf uns zukommen.


(Beifall bei der LINKEN – Pascal Kober [FDP]: Wollen Sie den älteren Menschen den Führerschein wegnehmen?)


Da mich der Herr Präsident gleich mahnen wird,
omme ich jetzt zum Schluss und sage noch einmal ganz
eutlich: Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer bereit wären, 7 Euro im Monat mehr in
ie Rentenkasse einzuzahlen, und es einen höheren Bun-
eszuschuss gäbe, dann wäre die ganze Nummer mit der
ente erst ab 67 vom Tisch. Sagen Sie den Menschen,
ass es um 7 Euro im Monat geht. Dann sperren Sie Ihre
hren weit auf. Ich sage Ihnen voraus, dass alle sagen
erden: Die zahlen wir gerne, wenn wir dafür weiterhin
it 65 in Rente gehen dürfen.

Herzlichen Dank.





Matthias W. Birkwald


(A) )


)(B)


(Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Typisch Linke! Den Arbeitnehmern das Geld aus der Tasche ziehen! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Das machen Sie doch! Sie erhöhen doch alles!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706723200

Das Wort erhält nun der Kollege Paul Lehrieder für

die CDU/CSU-Fraktion.


Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1706723300

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Lieber Klaus Ernst, Sie haben den Antrag
eingebracht, hören Sie mir bitte zu. Herr Kollege
Birkwald, es war schon ungeheuerlich, was Sie zum
Schluss erzählt haben. Weil ein älterer Arbeitnehmer mit
einem Lkw einen Unfall verursacht hat


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zwei!)


– weil zwei ältere Arbeitnehmer mit einem Lkw einen
Unfall verursacht haben –, sind Ältere nicht mehr leis-
tungsfähig? Ja, wo sind wir denn? Sie können doch nicht
die Leistungsfähigkeit unserer älteren Generation per se
mit einer solchen flapsigen Behauptung infrage stellen.
Das ist ungeheuerlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Lieber Herr Kollege Ernst, Sie haben in Ihrem Auf-
schlag zur Begründung Ihres Antrags sehr viel über un-
seren geschätzten bayerischen Ministerpräsidenten Horst
Seehofer ausgeführt.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wo er recht hat, hat er recht!)


Ich freue mich ja, dass Sie seine Reden zumindest zu le-
sen versuchen. Wie der Kollege Max Straubinger bereits
ausgeführt hat, wäre es aber schon gut, wenn Sie alles le-
sen würden, was er gesagt hat. Da war natürlich auch
vom Problem der Zuwanderung die Rede. Ich brauche es
hier nicht zu vertiefen. Sie haben völlig recht, letztend-
lich ist es müßig, das zu wiederholen.

Lieber Herr Kollege Ernst, im Hinblick auf die von
Ihnen bemühten Zahlen müssen wir auch erst einmal
schauen, wo wir eigentlich stehen. Wir stehen im Jahr
eins nach dem Auslaufen der 58er-Regelung. Wenn die
Beschäftigungsquote unserer älteren Mitbürgerinnen
und Mitbürger noch relativ niedrig ist, ist das natürlich
zum großen Teil den früheren Möglichkeiten des vorzei-
tigen Ruhestandes geschuldet. Das muss man realisti-
scherweise mit in die Diskussion einführen,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)


um die Leute nicht weiter einseitig zu verunsichern, wie
wir es von Ihnen von der Linkspartei gewohnt sind und
immer wieder erleben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Tosender Beifall! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Jetzt auch noch Unterstützung von Seehofer! Das ist ja furchtbar!)


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(C (D Meine Damen und Herren, es wurde bereits ausgeührt, dass der Bericht der Bundesregierung nach § 154 GB VI erfolgt, weil vorgesehen ist, dass alle vier Jahre ber die Beschäftigungsquote und die soziale Lage soie die Arbeitsmarktsituation älterer Beschäftigter be ichtet wird. Danach ist eine Einschätzung abzugeben, b die Rente mit 67 vertretbar ist. So ist es im Gesetz geegelt; Herr Kollege Juratovic hat darauf hingewiesen. Herr Müntefering hat das Gesetz somit vernünftig nd richtig auf den Weg gebracht. Ich danke der SPD eute noch einmal dafür, dass wir dies in der Großen Kolition so sinnvoll für die Zukunft gestalten konnten. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Und bei Wahrung der Beitragsstabilität!)


Der erste Bericht wird bis zum Jahresende vorliegen.
ann schauen wir einmal. Erst dann können wir kon-
rete Aussagen über die Vertretbarkeit der Rente mit 67
reffen.


(Anton Schaaf [SPD]: Das hat die Ministerin aber doch gemacht!)


Es ist unseriös, ausgehend vom heutigen Arbeits-
arkt bei nachweisbar und stetig steigenden Beschäf-

igungsquoten älterer Menschen aus der aktuellen
ituation heraus zu behaupten, es gebe nicht genügend
rbeitsplätze für Ältere. Wir alle werden die Entwick-

ung verfolgen.

Außerdem möchte ich den Jugendlichen hier auf den
ribünen ganz bewusst sagen: Auch bei der Rente mit 67
ird es nach 45 Beitragsjahren möglich sein, mit 65 in
ente zu gehen und eine abschlagsfreie Rente zu bezie-
en. Das gilt auch für die heute junge Generation, das
uss man fairerweise gelegentlich wiederholen, weil es

u schnell in Vergessenheit gerät.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Diskussion darüber, dass bis jetzt noch zu wenige
ltere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind,
echtfertigt es nicht, jetzt schon über einen Ausstieg bzw.
inen Verzicht auf die Rente mit 67 nachzudenken.

Wir werden die volle Wirkung der Rente mit 67 im
ahr 2029 erleben. Vom Statistischen Bundesamt wurde
elegt, dass aktuell knapp jeder Vierte im Alter von
4 Jahren – 23,7 Prozent – noch am Erwerbsleben betei-
igt ist, während es von den 65-Jährigen jeder Neunte
11,6 Prozent – ist, und zwar aus den von mir eingangs

eschilderten Gründen. Der Arbeitsmarkt gibt den Älte-
en jedoch Hoffnung. Im Jahr 2009 waren immerhin
8,7 Prozent der Personen zwischen 60 und 64 Jahren
rwerbstätig. Das waren fast doppelt so viele wie zehn
ahre zuvor.

Wir stellen also fest, dass ältere Mitbürgerinnen und
itbürger in zunehmendem Maße in den Unternehmen

ebraucht werden. Im Übrigen sollten wir die Arbeit
icht nur als Belastung sehen, sondern auch ein Stück
eit als Erfüllung. Viele ältere Mitbürgerinnen und Mit-
ürger wollen auch in Zukunft ganz bewusst und gern
hrer Arbeit nachgehen.





Paul Lehrieder


(A) )


)(B)

Ich weiß nicht, wie der Job des Fraktionsvorsitzenden
der Linkspartei ist. Er muss eine ziemliche Qual sein,
wenn Sie so über Arbeit denken.


(Elke Ferner [SPD]: Ihre Rede ist eine Qual, Herr Kollege!)


Herr Kollege Strengmann-Kuhn hat völlig recht: Wir
sind die nächsten Jahre und Jahrzehnte aufgefordert, die
Arbeitswelt für die älteren Mitbürgerinnen und Mitbür-
ger, die Arbeitsbedingungen und die medizinische Ver-
sorgung entsprechend zu gestalten. Dann wird das alles
auch möglich sein. Lassen Sie uns deshalb nach vorne
schauen.

Lieber Herr Präsident, es geschehen noch Zeichen
und Wunder: Ich bin schon vor meiner Zeit fertig. –
Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Anton Schaaf [SPD]: Auf Wunder seid ihr auch angewiesen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706723400

Silvia Schmidt erhält nun das Wort für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1706723500

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen!
Herr Kober, die Menschen im lutherischen Mansfelder
Land haben Angst. Sie haben Angst vor Arbeitslosigkeit
– es gibt dort die höchste Arbeitslosenquote –, und vor
allen Dingen haben sie Angst, dass sie keine ausrei-
chende Rente mehr bekommen. Das ist keine Polemik ir-
gendeiner Partei; dieses Gefühl besteht tatsächlich. Herr
Kolb, tolle Entwicklung? Die Zahlen der arbeitslosen
Schwerbehinderten steigen. Sie profitieren nicht davon.
In Sachsen-Anhalt hat die Zahl der älteren Arbeitslosen,
die Leistungen nach dem SGB III bekommen, um
4 Prozent zugenommen. Das sind Tatsachen.

Ich sage, dass ich durchaus zur Rente mit 67 stehe.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Immerhin! Das ist eine Aussage!)


Wenn ich mit diesem Thema in meinem Wahlkreis oder
bundesweit unterwegs bin, erhalte ich immer mal wieder
ein gewaltiges „Buh!“. Ich erkläre den Menschen dann,
um was es im Einzelfall geht – Sie haben das gerade an-
gesprochen –: Es geht um gute Arbeitsbedingungen, eine
Arbeitswelt, in der es Spaß macht, arbeiten zu gehen, in
der man sich wohlfühlt.

Jetzt komme ich zu dem Thema Frauen. Wir brauchen
natürlich Kindergartenplätze, damit Mütter arbeiten ge-
hen können. Sie brauchen auch ordentliche Löhne. Da-
mit komme ich zu Karthago: Wir brauchen Mindest-
löhne, um Altersarmut zu verhindern,


(Beifall bei der SPD)


obwohl – das habe ich Ihnen schon einmal gesagt –
8,50 Euro nicht ausreichen.

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(C (D Die Zeiten stehen schlecht für die Rente mit 67. Das eigen die aktuellen Zahlen. Deswegen hat mein Parteiorstand beschlossen, mit der Anhebung des Rentenlters erst 2015 zu beginnen. Wir haben uns aber nicht on der Rente mit 67 verabschiedet. Wir wollen den Proess begleiten und mit den Menschen darüber reden, um erständnis herzustellen. Mein zweites großes Thema ist die Erwerbsmindeungsrente. Die Zugangsvoraussetzungen sind nicht gut: an muss meistens den Kopf unter dem Arm tragen. Ich enne als Beispiel meine Freundin Petra; sie hat eine etzhautablösung und ist bald blind. Sie musste klagen der Sozialverband hat ihr dabei geholfen –, damit sie ine Erwerbsminderungsrente bekommt. Das kann einach nicht sein; das muss man feststellen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


s gibt auch das Problem, dass die Erwerbsminderungs-
enten – das habe ich schon beim letzten Mal gesagt –
eiter schrumpfen. Hier müssen wir etwas tun. Wir
üssen über Zuschläge reden und darüber, wie wir die
rwerbsminderungsrenten in Zukunft gestalten, damit
ie Menschen sicher davon leben können.

Ein weiterer Punkt, den wir im Zusammenhang mit der
rwerbsminderungsrente beachten sollten, ist, dass gerade
iese Menschen – ich wiederhole die Zahl: 1,2 Millionen –
erne arbeiten möchten. Hier muss die Rentenversiche-
ung deutlicher eingreifen, um diesen Menschen eine
hance zu geben. Mit 48 Jahren darf man nicht in eine
cke abgeschoben werden, in der man nichts mehr tun
ann. Da gehört man nicht hin. Das ist wichtig.

Sie sagen: Schluss mit dem Jugendwahn. Ja, das kann
an so sehen. Das ist auch wichtig. Ich sage, dass wir

her eine Kampagne brauchen, um den Bürgern und
ürgerinnen, um vor allem unseren jungen Leuten zu
eigen, was ältere Menschen tatsächlich leisten können,


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So ist es!)


elchen Wert Weisheit und Klugheit in den Betrieben
aben. Wir brauchen – das haben auch Sie gesagt; das
öchte ich gerne betonen – eine lebenslange Bildung.

ch muss Ihnen sagen: Da habe ich die größten Bauch-
chmerzen. Ihre Kürzungen bezüglich des SGB II und
GB III treffen den Osten besonders scharf. Wir haben
ie höchsten Arbeitslosenzahlen. Wir haben die meisten
GB-II-Empfänger. Wir brauchen – auch das habe ich
chon gesagt – in Zukunft ausgebildete Fachkräfte. Un-
ernehmen können das nicht alleine leisten. Man muss
hnen zur Seite stehen. Wir gehen mit Schrecken auf die
ommenden Jahre zu. Die Arbeitsämter, die Eigenbe-
riebe und die optierenden Kommunen bis hin zu den Ar-
en haben ihre Bedenken angemeldet. Die Gewerkschaf-
en möchte ich erst gar nicht erwähnen.

Ich sage noch einmal: Wir brauchen die Akzeptanz
er Rente mit 67. Wir müssen beste Voraussetzungen
chaffen; das ist wichtig. Ansätze sind schon gegeben.

ir werden uns in der nächsten Zeit damit befassen. Wir
aben im Willy-Brandt-Haus eine Arbeitsgruppe; Elke
erner ist dabei.





Silvia Schmidt (Eisleben)



(A) )


)(B)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich befürchte das Schlimmste!)


Wir wollen nicht nur eine sichere Rente, sondern wir
wollen natürlich auch die Altersarmut verhindern. Dazu
gehört der Mindestlohn.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD – Paul Lehrieder [CDU/ CSU]: Das hätte ein guter Schluss werden können!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706723600

Letzter Redner ist der Kollege Frank Heinrich für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1706723700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der Monat begann so, wie er jetzt fast endet,
nämlich mit genau dem gleichen Thema. Sie haben das
heutige Thema auch zu Beginn des Monats auf die Ta-
gesordnung gesetzt. Heute heißt es: „Rentenkürzung
durch Rente erst ab 67 verhindern“.

Ich möchte vier Stichworte ansprechen; ich hoffe,
dass ich meine Redezeit von fünf Minuten nicht über-
schreiten werde. Meine erste Bemerkung betrifft das
Wort „Rentenkürzung“. Ein Stück weit kann ich das,
ehrlich gesagt, nicht mehr hören. Ich halte das für eine
Mär, die immer wieder hochgekocht wird.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Was? Das ist doch wirklich so!)


Es handelt sich nämlich nicht um eine Kürzung, auch
nicht um eine verbrämte. Wir zahlen zwar länger ein.
Aber fast genau den gleichen Teil, der zustande kommt,
weil wir länger einzahlen – das kann man bis auf Heller
und Pfennig ausrechnen –, werden wir, wenn wir Rente
beziehen, zusätzlich herausbekommen. Außerdem bezie-
hen wir länger Rente. Wir wissen, dass wir bis dahin
nicht nur zwei Jahre länger arbeiten, sondern im Schnitt
auch drei Jahre länger leben werden. Auch dies ist einer
der Gründe, warum wir das Ganze eingeführt haben, wir
müssen den längeren Rentenbezug finanzieren.

Mein zweites Stichwort betrifft die Zahlen. Wir haben
eine ganze Menge Zahlen gehört. Da ich weiß, dass es
immer um die Frage nach der jeweiligen Quelle geht,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh ja!)


sage ich Ihnen: In der Wirtschaftswoche


(Elke Ferner [SPD]: Oh! Eine sehr seriöse Quelle!)


vom 18. Oktober dieses Jahres habe ich gelesen: Das
durchschnittliche Renteneintrittsalter ist in den letzten
zwei Jahren von 61,7 Jahren auf 63,2 Jahre gestiegen. –
Diese Aussage bezieht sich auf die Zahlen, die die Bun-
desregierung Ihnen vorgelegt hat, also auf die Zahlen
von Ende letzten Monats.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung

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(C (D (Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das sind ja alles Fachzeitungen!)


at vorgestern geschrieben:

Damit haben in zehn Jahren zusätzlich 800 000 äl-
tere Beschäftigte Arbeit gefunden. Es handele sich
dabei ausnahmslos um sozialversicherungspflich-
tige Arbeitsplätze.


(Elke Ferner [SPD]: Auch um existenzsichernde?)


1999 waren 950 000 Ältere ohne Arbeit, 2009 hat
sich die Zahl fast halbiert.

Eine weitere Zahl war vorgestern dem Focus zu ent-
ehmen.


(Elke Ferner [SPD]: Oh! Wirklich nur Fachblätter!)


er Focus hat Martin Brussig, einen Forscher am Insti-
ut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duis-
urg-Essen, zitiert, der darauf hingewiesen hat,

dass inzwischen deutlich mehr Menschen im Alter
von Mitte 50 im Beruf sind als noch vor zehn Jah-
ren.


(Elke Ferner [SPD]: Mitte 50? Ich rede von denen, die kurz vor dem Renteneintritt stehen!)


as sind deutliche Signale, die darauf hindeuten, dass
ich die Situation schon jetzt verändert und sich nicht
rst irgendwann in Zukunft möglicherweise verändern
ird.

Das dritte Stichwort, das in dieser Diskussion in Be-
ug auf ältere Arbeitnehmer immer wieder angeführt
ird, betrifft die Arbeitsmarktchancen. Die Zahlen ha-
en sich unter anderem deshalb verändert – um das auch
hnen, Frau Ferner, deutlich zu machen –, weil die An-
eize zur Frühverrentung weggefallen sind;


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So ist es!)


as war auch Absicht. Nur deshalb konnten sich die Zah-
en in den letzten Jahren so entwickeln, wie sie sich ent-
ickelt haben.


(Anton Schaaf [SPD]: Ja! Aber jetzt gibt es keinen Vorruhestand mehr!)


ntscheidend ist nicht nur, wie die Situation im Moment
st, sondern auch und vor allem, wohin wir unterwegs
ind, wie die Situation also in Zukunft sein wird.

Herr Weiß hat gesagt, dass wir erst 2029 am Ziel sein
erden.


(Elke Ferner [SPD]: Ach! Das kann man doch jetzt noch gar nicht sagen!)


ielleicht sollten wir den Bürgerinnen und Bürgern aber
uch einmal Folgendes sagen: Wenn die Rente mit 67 ab
012 schrittweise eingeführt wird, bedeutet dies nicht
ine Verschiebung des Renteneintrittsalters um zwei
ahre, sondern eine Verlängerung der Arbeitszeit um ei-
en Monat. Die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt





Frank Heinrich


(A) (C)


)(B)


haben gezeigt, dass es, unter anderem mit flexibleren
Regelungen, möglich ist, dieses Vorhaben wie geplant
umzusetzen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau! 2,945 Millionen Arbeitslose im Oktober! Das hat die Frau Ministerin ja schon gesagt! – Gegenruf des Abg. Anton Schaaf [SPD]: Und wie viele davon müssen in eine Zwangsrente mit Abschlägen?)


Dabei spielen auch die Eigeninteressen unserer Wirt-
schaft eine Rolle. Ich sage aus voller Überzeugung: Die
Schritte, die wir für die ersten zehn Jahre nach Inkraft-
treten der Rente mit 67 vorgesehen haben, sind von un-
serem Land, unserer Wirtschaft und unseren Betrieben
ohne Probleme zu leisten.

Zum vierten Stichwort, der Planungssicherheit. Ich
bin der festen Überzeugung, dass die Menschen, die Be-
triebe, die Rentenkassen und die Wirtschaft eine Sicher-
heit brauchen, wenn sie für die Zukunft planen. Ich
möchte in diesem Zusammenhang ein Aussage von
Herrn Rürup, die vor einigen Wochen in einer Zeitung
stand, vortragen: Bleibt es dabei, dass von 2029 an die

Ich komme zum Schluss. Grundsätzlich sollte man
dieses Thema nicht auf die Rente reduzieren. Vielmehr
geht es darum, dass wir die riesigen Herausforderungen,
vor denen wir stehen – demografischer Wandel, Fach-
kräftemangel in einigen, wenn auch nicht allen Berei-
chen,


(Elke Ferner [SPD]: Aber in der Regierung beispielsweise! Wir haben einen Fachkräftemangel in der Regierung!)


steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig geringerer
Lebensarbeitszeit –, bewältigen müssen. Die Rente mit
67 ist ein Faktor, den wir auf diesem Weg unbedingt
brauchen. Außerdem spielen aber auch die Bildungspoli-
tik, die Integrationspolitik und die Familienpolitik eine
Rolle.


(Elke Ferner [SPD]: Ja! Vor allem die Betreuung!)


Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit am heutigen
Abend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Altersgrenze bei 67 Jahren liegt, ist die Verschiebung
des Anlaufens dieser Reform – ich bitte Sie von der
SPD, jetzt besonders gut zuzuhören – von 2012 auf 2015
eine lässige Sünde. – Weiter hieß es: Problematischer sei
aber, dass mit der Verschiebung die Zweifel an der ren-
tenpolitischen Standhaftigkeit der SPD zunehmen. Wer
einmal verschiebt, verschiebt auch ein zweites oder drit-
tes Mal.


(Anton Schaaf [SPD]: Aber das sieht das Gesetz vor!)


So viel zum Thema Planungssicherheit.


(Elke Ferner [SPD]: Sie planen in der Rentenversicherung im nächsten Jahr mit 2,4 Milliarden! So sieht Ihre Planungssicherheit aus!)


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Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1706723800

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 28. Oktober 2010,
Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen einen schönen, insbesondere ruhi-
en Abend. Morgen könnte es etwas lebhaft werden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1706723900