Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie
herzlich!
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Eidesleistung der Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend
Der Herr Bundespräsident hat mir mit Schreiben vom
2. Dezember mitgeteilt, dass er gemäß Art. 64 Abs. 1
des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland
am 30. November 2009 auf Vorschlag der Frau Bundes-
kanzlerin den Bundesminister für Arbeit und Soziales,
Herrn Dr. Franz Josef Jung, und die Bundesministerin
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau
Dr. Ursula von der Leyen, aus ihren Ämtern als Bundes-
minister entlassen und Frau Dr. Ursula von der Leyen
zur Bundesministerin für Arbeit und Soziales und Frau
Dr. Kristina Köhler zur Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend ernannt hat.
Nach Art. 64 Abs. 2 des Grundgesetzes leistet ein
Bundesminister bei der Amtsübernahme den in Art. 56
vorgesehenen Eid. Frau Dr. Köhler, ich darf Sie zur Ei-
desleistung zu mir bitten.
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Redet
Ich darf Sie bitten, den im Grundgesetz vorgesehenen
Eid zu sprechen.
Dr. Kristina Köhler, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend:
Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des
deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren,
Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die
Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine
Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit
gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott
helfe.
Herzlichen Glückwunsch. Alles Gute.
Ich stelle fest, dass Frau Dr. Köhler den vom Grund-
esetz vorgeschriebenen Eid geleistet hat. Ich darf Ihnen
och einmal im Namen des Hauses die besten Wünsche
ür Ihr Amt aussprechen. Zugleich wünsche ich der
euen Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau
r. von der Leyen, alles Gute und viel Erfolg für die neu
bernommene Aufgabe.
Ich will aber auch die Gelegenheit nutzen, im Namen
es Hauses dem ausgeschiedenen Bundesminister, dem
ollegen Dr. Franz Josef Jung, für seine Tätigkeit in der
undesregierung zu danken.
ieber Kollege Jung, ich verbinde den Dank für die ge-
eistete Arbeit mit der Freude auf die Zusammenarbeit in
euen Rollen und anderen Funktionen. Vielen Dank.
ext
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Befragung der Bundesregierung
– Das muss nicht das Signal dafür sein, dass die Bundes-
regierung sich komplett vom Schauplatz entfernt.
Immerhin sagen einzelne Minister gelegentliches Wie-
derkommen zu.
rten wir noch einen Augenblick, bis sich
nigen, die bleiben, und derjenigen, die
ine wahrnehmen, etwas sortiert hat.
Vielleicht wa
der Kreis derje
nun andere Term
524 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Präsident Dr. Norbert Lammert
Frau Ministerin Köhler, darf ich zur Sicherung eines
ansonsten ungestörten parlamentarischen Ablaufs darum
bitten, dass die Gratulationstour außerhalb des Plenar-
saals fortgesetzt wird?
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Gemeinsame Eckpunkte von
Bund, Ländern und Kommunen zur Errichtung ei-
ner Deutschen Digitalen Bibliothek.
Das Wort für einen einleitenden Kurzbericht zu die-
sem Thema hat der Beauftragte der Bundesregierung für
Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann.
B
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-
desregierung hat heute der Unterzeichnung eines Ver-
waltungs- und Finanzabkommens über die Errichtung
und den Betrieb der Deutschen Digitalen Bibliothek zu-
gestimmt. Mit der Deutschen Digitalen Bibliothek sollen
die Datenbanken von über 30 000 Kultur- und Wissen-
schaftseinrichtungen in Deutschland vernetzt und über
ein einziges nationales Portal allen Bürgern zugänglich
gemacht werden. Die Deutsche Digitale Bibliothek fügt
das digital verfügbare Angebot bedeutender Kultur- und
Wissenschaftseinrichtungen aus ganz Deutschland zu-
sammen und erschließt es multimedial.
Das Konzept für das Verwaltungs- und Finanzabkom-
men ist in den gemeinsamen Eckpunkten von Bund,
Ländern und Kommunen zur Errichtung dieser Biblio-
thek zusammengefasst. Die Eckpunkte berücksichtigen
insbesondere die Ergebnisse der Studie „Auf dem Weg
zur Deutschen Digitalen Bibliothek “, die von der
Fraunhofer-Gesellschaft erarbeitet wurde. Die konkrete
Ausgestaltung regelt das Verwaltungs- und Finanzab-
kommen zwischen Bund und Ländern über die Errich-
tung und den Betrieb der Deutschen Digitalen Biblio-
thek.
Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte das Abkom-
men in ihrer Sitzung am 30. Oktober 2009 zur Kenntnis
genommen und die zuständigen Ressorts von Bund und
Ländern gebeten, das Abkommen zu unterzeichnen. Der
BKM, also mein Ressort, wird es für die Bundesregie-
rung unterzeichnen.
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Die Deutsche Digitale Bibliothek ist in dieser Hin-
icht eine angemessene Antwort auf Google. Bestehende
rheber- und Leistungsschutzrechte werden im Rahmen
er Deutschen Digitalen Bibliothek selbstverständlich
neingeschränkt gewahrt. Im Unterschied zu Google
erden bei der DDB die Rechteinhaber zuerst gefragt,
nd erst danach wird gehandelt, und zwar dokumentiert
nd jederzeit nachvollziehbar.
Es sollen also die Voraussetzungen dafür geschaffen
erden, dass die digitale Verfügungsgewalt über das
eilweise über Jahrhunderte, ja Jahrtausende gewachsene
ulturelle Erbe in öffentlicher Verantwortung bleibt.
ulturerbe und wissenschaftliche Informationen sollen,
erade mit Blick auf Katastrophen wie den Einsturz des
ölner Stadtarchivs oder den Brand der Anna-Amalia-
ibliothek in Weimar, auch in digitaler Form für künf-
ige Generationen gesichert werden. Deshalb – das
öchte ich abschließend feststellen – wird in der sach-
undigen Branche, bezogen auf dieses Projekt, von ei-
em Quantensprung in der Welt der digitalen Informa-
ionen gesprochen. – Herr Präsident, das war die
arstellung der Deutschen Digitalen Bibliothek.
Ich bedanke mich sehr, insbesondere dafür, dass das
n digitaler wie in analoger Zeitmessung innerhalb der
orgesehenen Befristung stattgefunden hat.
Ich darf nun fragen, ob es zu diesem Themenbereich
ortmeldungen gibt. – Mir liegt schon eine der Kollegin
itte vor. Bitte schön.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 525
)
)
Danke schön. – Sie haben ausdrücklich davon gespro-
chen, dass es sich um ein Verwaltungsabkommen zwi-
schen Bund, Ländern und Kommunen handelt, in dem
auch die Kosten geregelt werden. Immerhin handelt es
sich um zusätzliche Aufgaben. Von welchen finanziellen
Eckpunkten gehen Sie jetzt aus? Was ist in diesem Ver-
waltungsabkommen dazu vereinbart? Wie soll die Fi-
nanzierung in den Folgejahren aussehen?
B
Mit dem Aufbau der Deutschen Digitalen Bibliothek
soll im Jahre 2011 begonnen werden. Nach Abschluss
und Unterzeichnung dieses Verwaltungsabkommens
werden die nötigen Schritte eingeleitet. Für den Aufbau
der Infrastruktur sind 5 Millionen Euro aus dem Haus-
halt des Bundes vorgesehen. Für die erste Phase der In-
betriebnahme ab 2011 sind von Bund und Ländern ins-
gesamt 2,6 Millionen Euro veranschlagt, die dann von
beiden jeweils zur Hälfte gezahlt werden.
Dies ist sicherlich ein Anfang. Dann wird man sehen,
wie sich das Ganze entwickelt. Ich kann mir schon vor-
stellen, dass für eine optimale Ausgestaltung im Laufe
der Zeit zusätzliche Mittel nötig sein werden. Aber ich
bin jetzt im Augenblick nicht in der Lage, zu sagen, wel-
chen Umfang sie einnehmen werden.
Weitere Fragen zu diesem Themenkomplex? – Das
scheint nicht der Fall zu sein. Dann darf ich fragen, ob es
Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssit-
zung gibt. – Herr Kollege Beck.
Ich glaube, meine Frage müsste der Chef des Bundes-
kanzleramtes beantworten. Ich habe gehört, dass es mit
elf Bundesländern eine Einigung zum Wachstums-
beschleunigungsgesetz gibt, insbesondere darüber, wie
Sie da vorgehen wollen und wie Sie die Kompensation,
die die Länder begehren, organisieren wollen. Ich denke,
das Hohe Haus sollte heute erfahren, worin die Einigung
der Bundesregierung mit der Bundesländerseite besteht.
Herr Staatsminister von Klaeden.
E
Herr Kollege Beck, die Berichte, nach denen mit den
Bundesländern irgendwelche Kompensationen verein-
bart worden sind, sind nicht zutreffend.
Was hat Staatssekretär Koschyk im Ausschuss dann
sagen wollen? Worin besteht diese Einigung?
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eiterhin gilt das, was ich bereits ausgeführt habe. Mit
hrem Hinweis auf die Stellungnahme der Bundesregie-
ung zu den Anträgen haben Sie die Antwort auf Ihre
rage im Grunde selbst gegeben.
Frau Kollegin Haßelmann.
Herr von Klaeden, auch meine Frage bezieht sich auf
as Thema Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Sie haben
n Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Beck gerade
usgeführt, dass Sie von einer Abstimmung mit den Län-
ern keine Kenntnis haben. Der Parlamentarische Staats-
ekretär im Finanzministerium hat uns heute Morgen
rläutert, dass es mit elf von 16 Bundesländern eine Ab-
timmung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz gege-
en habe. Auf meine Nachfrage sagte er: B-Länder.
Zum einen würde ich gerne von Ihnen wissen: Um
elche Länder handelt es sich bei diesen elf Ländern?
526 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Britta Haßelmann
Zum Zweiten würde ich gerne von der Bundesregierung
wissen: Worin bestand die Abstimmung zum Wachs-
tumsbeschleunigungsgesetz? Welche Inhalte? Worüber
haben Sie sich verständigt?
E
Frau Kollegin Haßelmann, ich habe versucht, mit
meiner Antwort herauszufinden, was der Kollege Beck
mit den erwähnten Zeitungsberichten gemeint hat. Ich
habe auch nicht gesagt, dass es keine Abstimmung zwi-
schen der Bundesregierung und den Bundesländern ge-
geben hat. Ganz im Gegenteil: Es findet ständig eine
Abstimmung zwischen der Bundesregierung und den
Bundesländern statt. Das ist unter anderem meine Auf-
gabe im Bundeskanzleramt. Welche die elf B-Länder
sind, wissen Sie, glaube ich, selbst.
Eine Zusatzfrage, Frau Haßelmann?
Ja, Herr Präsident. Vielen Dank. – Mir ist daran gele-
gen, dass das Kanzleramt meine Frage beantwortet. Ich
habe gefragt: Welchen Inhalt hatten die Abstimmungs-
gespräche zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz? Da
ich davon ausgehe, dass Sie mindestens so viel Kenntnis
darüber haben wie die veröffentlichte Meinung, finde
ich, hat das Parlament und habe ich als Abgeordnete ei-
nen Anspruch darauf, dass Sie meine Frage beantworten,
die lautet: Worin bestand die Abstimmung bzw. die Eini-
gung mit den elf Ländern – und zwar nicht zu irgendet-
was, sondern zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz –,
von der wir heute Morgen erfahren haben?
E
Ich kann noch einmal sagen, dass die in der Frage des
Kollegen Beck insinuierten Vermutungen über Nebenab-
reden nicht zutreffend sind.
Mindestens die zweite Frage, Herr Kollege von
Klaeden, war nun eindeutig nicht mehr auf die in der ers-
ten Antwort angesprochene Person bezogen, sondern auf
den Sachverhalt.
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s gibt keine Verabredungen, die im Rahmen des Ge-
etzgebungsverfahrens nicht angesprochen worden sind.
on den Kollegen sind ja die Anträge, die im Finanzaus-
chuss behandelt worden sind, nicht genannt worden,
ondern es ist lediglich davon die Rede gewesen, dass es
nträge gegeben hat. Dazu kann ich jetzt nichts sagen,
eil ich bei der Sitzung des Finanzausschusses nicht an-
esend war.
Frau Kollegin Merkel.
He
Denkbar ist auch eine Lösung
nämlich bezogen auf eine Einigung in Bezug auf das
achstumsbeschleunigungsgesetz –
über die Gelder des Konjunkturpaketes II. Hier
hatte Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich
für sein Land durchgesetzt, dass es nicht
verbrauchte Gelder als Ausgleich für Einnahmeaus-
fälle nicht zurückzahlen muss.
Werden solche Vereinbarungen – auch von Ihrer Seite –
ür möglich oder nicht für möglich gehalten? Sind sie
eil einer Vereinbarung, die Sie getroffen haben?
E
Eine solche Vereinbarung kann ich Ihnen nicht bestä-
igen.
Darf ich eine Zusatzfrage stellen?
Ja.
Hätte eine solche Vereinbarung zur Folge, dass man
as Gesetz und auch die Verwaltungsvereinbarung än-
ern muss? Stimmen Sie mir in dieser Richtung zu?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 527
)
)
E
Das sind jetzt Spekulationen.
Wenn die Vermutung im Handelsblatt richtig ist, müsste
das Gesetz wahrscheinlich geändert werden. Aber da ich
Ihnen eine solche Vereinbarung jetzt nicht bestätigen
kann, kann ich Ihnen da jetzt auch keine verbindliche
Auskunft geben.
Danke.
Frau Kollegin Hinz.
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Herr von Klaeden, hat die Bundesregierung in den
Gesprächen mit den elf Ministerpräsidenten, mit den elf
Ländern, konkret angeboten, das Zusätzlichkeitskrite-
rium für das Konjunkturprogramm II aufzuheben? Ha-
ben Sie das vor? Planen Sie das?
E
Wir haben nicht vor, das Zusätzlichkeitskriterium auf-
zuheben.
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Wenn es aufgehoben würde, müsste dann das Gesetz
dafür geändert werden?
E
Da das Kriterium im Gesetz steht, müsste es dafür ge-
ändert werden. Das ist jetzt eine allgemeine Rechtsaus-
kunft, die sich nicht auf einen politischen Willen bezieht
und die Ihnen auch jeder andere geben könnte.
Herr Kollege Beck.
Herr Staatsminister, wenn Sie nicht darüber Auskunft
geben können, welche Vereinbarung Kollege Koschyk
gemeint hat, biete ich Ihnen gerne an, dass wir die Sit-
zung unterbrechen und Sie jemanden vom Finanzminis-
terium herholen, damit wir erfahren, was die Bundesre-
gierung an diesem Punkt denkt.
Ich möchte Sie fragen: Können Sie ausschließen, dass
es mit den elf Bundesländern, die der B-Seite angehören,
eine Verabredung gibt, dass Änderungen am Konjunk-
turpaket II, Investitions- und Tilgungsfondsgesetz vorge-
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s muss möglich sein, dass diese, ähnlich wie in Fraktio-
en, unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.
uch Ihre Fraktion wird Gründe dafür gehabt haben,
ass sie von der ursprünglichen Praxis, alles öffentlich
uszutragen, im Laufe der Zeit Abschied genommen hat.
alls es allerdings ein Ergebnis der Willensbildung gibt
an dieser Stelle bin ich Ihrer Meinung –, muss es hier
orgetragen werden.
Sie haben es präziser formuliert, als es mir möglich
ar.
E
Dazu kann ich sagen, dass es ein solches Ergebnis der
illensbildung nicht gibt.
Herr Kollege Bonde.
Gab es im
abinett – unabhängig von Verabredungen mit Bundes-
ändern, ihre Zahl ist unerheblich – eine Verständigung
arauf, am Konjunkturpaket II und/oder an Teilen des
esetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Inves-
itions- und Tilgungsfonds“ Veränderungen vorzuneh-
en oder solche vorzubereiten?
528 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein. Das hat in der Kabinettssitzung keine Rolle ge-
spielt.
Bitte schön, Herr Ulrich.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, es
ist erst eine Woche her, dass wir erfahren haben, dass die
Medien mehr wussten als die Bundesregierung. Sie ha-
ben gerade gesagt, Ihnen sei nicht bekannt, dass es Län-
der gibt, die zornig seien. Da sich Ihre Aussage vielleicht
auch auf das Wort „zornig“ bezieht, frage ich Sie: Wür-
den Sie dementieren, dass sich der Ministerpräsident von
Schleswig-Holstein gegenüber den Medien in dieser Art
geäußert hat, oder würden Sie sagen, dass das von den
Medien frei erfunden ist?
E
Äußerungen des Kollegen Carstensen kann ich hier
und jetzt nicht kommentieren. Ich kann sie auch nicht
kontrollieren.
Mir ist nicht bekannt, dass er gegenüber den Medien sol-
che Äußerungen gemacht hat.
Frau Kollegin.
Darf ich nicht nachfragen?
Entschuldigung, Herr Ulrich. Wenn Sie eine Nach-
frage haben, gerne.
Sie haben dementiert, dass es überhaupt etwas in die-
ser Richtung gab. Wenn das freie Erfindungen wären,
dann würde es an Ministerpräsident Carstensen liegen,
diese öffentlich zu dementieren. Das hat er nicht getan.
Im Gegenteil, der Ministerpräsident des Saarlandes hat
gesagt, dass das, was für Schleswig-Holstein gilt, für das
Saarland sogar hoch drei gelte; er hat sich wortwörtlich
so geäußert. Da Sie den Begriff „Zorn“ nicht bestätigen
wollten, stelle ich Ihnen jetzt die Frage: Gibt es wirklich
kein „Gegrummel“ der Bundesländer? Wie genau sieht
denn die Regelung, die man mit Schleswig-Holstein und
dem Saarland getroffen hat, aus, sodass es jetzt eine Ei-
nigung mit den Bundesländern gibt?
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Einen Augenblick bitte, Frau Kollegin. – Herr Kollege
eck, ich habe gerade eine Wortmeldung erteilt. Zu Ih-
en komme ich sofort im Anschluss. – Frau Kollegin
öll.
Herr Staatsminister, da Sie den Zorn, von dem die
ede war, nicht registriert haben, möchte ich die Frage
onkretisieren. Die Auseinandersetzung entzündete sich
n der geplanten Mehrwertsteuersenkung für das Hotel-
nd Gaststättengewerbe. Heute haben wir im Ausschuss
ie Konkretisierung, dass diese Regelung für kurzfris-
ige Übernachtungen gelten soll, zur Kenntnis nehmen
önnen. Außerdem soll sie auf Camper ausgedehnt wer-
en.
ls ich eine Nachfrage bezüglich des Kriteriums der
urzfristigkeit gestellt habe, wurde mir bestätigt, dass es
abei um Hotelübernachtungen für eine Dauer von bis
u sechs Monaten geht. Das ist sehr gewöhnungsbedürf-
ig und hat auf alle Fälle noch höhere Steuerausfälle zur
olge. Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen der Unwille der
undesländer, dessen Ursache die befürchteten Mehr-
ertsteuerausfälle sind, entgangen ist.
E
Dass über diesen Sachverhalt öffentlich diskutiert
ird, ist mir selbstverständlich nicht entgangen.
Gut. – Ich habe noch eine Nachfrage.
Bitte.
He
Ein Gespräch, in dem irgendetwas ausge-
andelt wurde, hat es nicht gegeben. – Gab es denn ein
nderes Gespräch zum Wachstumsbeschleunigungsge-
etz?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 529
)
)
E
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja. Es gab sehr viele solcher Gespräche.
Herr Kollege Beck, zur Geschäftsordnung.
Wir wollen jetzt wirklich wissen, was Staatssekretär
Koschyk im Ausschuss gemeint hat, als er von einer Ab-
sprache gesprochen hat. Das Finanzministerium ist nicht
vertreten. Deshalb zitiere ich den Minister – meinetwe-
gen auch den Staatssekretär, wenn das geht – herbei. Wir
wollen eine Antwort vom Ministerium. Sie müssen ja et-
was gemeint haben, was das Kanzleramt offensichtlich
nicht weiß.
Um es wieder zu präzisieren: Sie zitieren ihn nicht,
sondern Sie beantragen, ihn zu zitieren, was beinahe,
aber nicht ganz dasselbe ist.
Zu dem gleichen Geschäftsordnungsantrag der Kol-
lege Kaster.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und
Kollegen! Wir befinden uns hier in der Befragung der
Bundesregierung.
Wir haben eben zu den Fragen, die gestellt worden sind,
sofern sie konkret gestellt worden sind, sehr konkrete
Beantwortungen erfahren.
Es kann nicht sein, dass hier ständig „Was wäre,
wenn …?“-Fragen gestellt werden, die hier selbstver-
ständlich nicht beantwortet werden können.
Da Sie jetzt nach der Geschäftsordnung die Herbei-
zitierung des Ministers beantragt haben, möchten wir
darauf aufmerksam machen: Das ist ein Recht, das dem
Parlament zusteht.
Es ist sogar in der Verfassung verankert. Es ist auch in
unserer Geschäftsordnung verankert. Man sollte als
Fraktion allerdings wissen, wie man mit diesem Mittel
umgeht, sonst verbraucht es sich und verliert an Wert.
Wir befinden uns hier in der Befragung der Bundes-
regierung, und die Fragen wurden, sofern sie konkret ge-
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etailliert beantwortet. Daher ist es überhaupt nicht not-
endig, den Minister herbeizuzitieren. Von daher lehnen
ir diesen Antrag ab. Ich könnte weitere Ausführungen
um Sinn von Art. 43 Grundgesetz und § 42 der Ge-
chäftsordnung des Deutschen Bundestages machen, an-
atzweise habe ich das auch schon getan. Auch von da-
er ist ein solcher Antrag abzulehnen.
Ich lasse über diesen Geschäftsordnungsantrag, der
weifellos zulässig ist, abstimmen. Wer diesem Antrag
ustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist
agegen? – Ich habe eine bestimmte Wahrnehmung der
ehrheitsverhältnisse, die allerdings nicht von allen
itgliedern des Präsidiums geteilt wird,
as nach unserer Geschäftsordnung zu dem bedauerli-
hen Ergebnis führt, dass es nicht reicht, wenn der Präsi-
ent weiß, wo die Mehrheit war,
ondern wir dann durch Hammelsprung die Mehrheits-
erhältnisse feststellen müssen. Der Vorzug dieses Ver-
ahrens besteht zumindest darin, dass wir am Ende eine
nzweideutige Mehrheit haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten,
en Raum nun zügig zu verlassen. Ich habe für Abstim-
ungsgespräche immer viel Verständnis; aber wir wol-
en die eigentliche Tagesordnung zeitlich nicht unnötig
elasten und dieses Verfahren deswegen möglichst
chnell durchführen.
Meine werten Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie
och einmal bitten, den Plenarsaal zu verlassen, damit
ir mit der Auszählung beginnen können. – Kann nun
it dem Hammelsprung begonnen werden? – Ich sehe,
ie alle sind draußen. Dann darf ich die Schriftführerin-
en und Schriftführer bitten, ihre Plätze einzunehmen. –
ind genügend Schriftführerinnen und Schriftführer zum
uszählen da? – Dann kann der Hammelsprung begin-
en. Ich bitte Sie, die Türen weit zu öffnen und mit der
uszählung zu beginnen.
Ich höre gerade, dass alle Abgeordneten von draußen
ereingekommen sind. Dann kann ich die Abstimmung
chließen. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
ührer, mir das Ergebnis mitzuteilen.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen das Ergeb-
is der Abstimmung zu dem Geschäftsordnungsantrag
530 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
mitteilen: Mit Nein haben gestimmt 294, mit Ja 203,
Enthaltungen keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich rechne mit Ihrem Einvernehmen, dass wir damit
auch die Regierungsbefragung beenden. Es haben so-
wieso nur zwei Minuten gefehlt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 17/83, 17/104 –
Ich bitte all die Kollegen, die an der Fragestunde nicht
teilnehmen wollen, möglichst schnell den Plenarsaal zu
verlassen, damit wir uns in aller Konzentration der Fra-
gestunde hingeben können.
Wir kommen damit zur dringlichen Frage der Kolle-
gin Heike Hänsel von der Fraktion Die Linke:
Wird die Bundesregierung das Ergebnis der umstrittenen
Präsidentschaftswahlen vom 29. November 2009 in Honduras
anerkennen, obwohl sich der legitime Präsident Manuel
Zelaya gegen die Anerkennung ausspricht, und, wenn ja, wel-
che Gesichtspunkte haben sie dazu bewogen?
Zur Beantwortung steht der Staatsminister im Aus-
wärtigen Amt, Kollege Werner Hoyer, zur Verfügung.
Bitte schön, Herr Hoyer.
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Vielen Dank. – Herr Präsident! Frau Kollegin Hänsel,
die Frage lässt sich momentan noch nicht beantworten,
weil die Bundesregierung natürlich im Einvernehmen
mit den Partnern in der Europäischen Union handeln
wird. Darüber sind noch Gespräche in Brüssel im Gange.
Die Präsidentschaft hat gestern eine Erklärung abgege-
ben; aber es gibt noch keinen Konsens im Rat der Euro-
päischen Union, und deswegen ist es noch etwas ver-
früht, diese Frage zu beantworten.
Wir sind uns, glaube ich, einig, dass es jetzt darum
geht, die Krise in Honduras zu überwinden. Es hat eine
schwere Krise der Demokratie, der rechtsstaatlichen
Ordnung und der Stützen seiner Verfassung gegeben. Es
bestand sogar das Risiko bürgerkriegsähnlicher Ausei-
nandersetzungen. Das hat die Bundesregierung früh mit
Sorge erfüllt, und deswegen haben wir uns frühzeitig für
eine politische Lösung dieser Verfassungskrise einge-
setzt. Das bezieht sich sowohl auf den Plan, der vom
costa-ricanischen Staatspräsidenten Arias vorgetragen
worden war, als auch auf die Vereinbarung, die durch
Vermittlung der Vereinigten Staaten von Amerika zu-
stande gekommen war, also auf das Abkommen von
Tegucigalpa/San José.
Dass die Wahlen, soweit wir das beurteilen können,
einigermaßen friedlich über die Bühne gegangen sind,
dass es ein klares Ergebnis bei einer beachtlichen Wahl-
beteiligung gegeben hat, das kann ein wichtiger Schritt
auf dem Wege zur Überwindung der Krise in Honduras
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Kollege Ströbele, bitte.
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Herr Staatsminister, ich frage mich, ob es ein Zufall
st, dass die Bundesregierung gerade die Wortwahl des
errn Klein von der Friedrich-Naumann-Stiftung über-
ommen hat, der diese Wahl als fair und frei bezeichnet
at, oder ob das vielleicht mit einer politischen Nähe von
hnen und den jetzt führenden Personen im Auswärtigen
mt zu tun hat. Warum haben Sie nicht die Bewertung
ieser Wahl, vor allen Dingen hinsichtlich der Vorberei-
ung der Wahl, übernommen, die beispielsweise von
mnesty International, von den honduranischen Men-
chenrechtsorganisationen und von Human Rights
atch vorgenommen worden ist, sondern gerade die
ortwahl der Friedrich-Naumann-Stiftung? Ich schließe
eine Frage mit der Bitte um eine Antwort zu diesem
unkt: Sind Sie dafür, dass der bisherige rechtmäßige
räsident Zelaya die brasilianische Botschaft in Teguci-
alpa in Honduras verlassen und sich in seinem eigenen
and bewegen darf und dass er – so lautet auch das Ab-
ommen, das von der Bundesregierung bisher unter-
tützt worden ist – als Interimspräsident wieder in sein
mt eingesetzt wird? Oder soll er weiter in der brasilia-
ischen Botschaft bleiben, damit ihm niemand etwas
t?
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Die Meinungsäußerungen von der Friedrich-
aumann-Stiftung, Amnesty International, Human
ights Watch usw. sind sehr respektabel; aber die Bun-
esregierung muss sich ihre Meinung aufgrund der In-
ormationen, die ihr vorliegen, selber bilden.
ieser Vorgang ist schwer genug. Da würde ich mich
on niemandem abhängig machen wollen.
Wir wären sehr froh, wenn die Vereinbarung von
egucigalpa und San José tatsächlich umgesetzt würde.
llerdings ist dies nicht so eindeutig, wie Sie es eben in-
inuiert haben. Es ist aber klar, dass die bisherige Zwi-
chenregierung sich verpflicht hat, auf die anderen zuzu-
ehen, einschließlich der Anhänger von Präsident
elaya. Jetzt ist die Situation eingetreten, in der wir das
rwarten. Das kann dazu führen, dass Präsident Zelaya
nterimistisch in das Amt zurückkehrt, dass das Amt va-
ant bleibt oder dass eine andere Zwischenlösung gefun-
en wird. Das müssten aber die Kräfte in Honduras kon-
ensual hinbekommen. Das sollten wir ihnen nicht von
ußen diktieren. Entscheidend ist, dass der Versöhnungs-
rozess in diesem Lande zustande kommt.
Als letztem Nachfrager zu diesem Punkt gebe ich
ollegen Sarrazin das Wort.
Danke, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, auch ich
öchte nicht in ein politikwissenschaftliches Seminar
insteigen. Für die Kriterien, die ODIHR, ein Organ der
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 533
)
)
Manuel Sarrazin
OSZE, bei der Überprüfung der Einhaltung der Stan-
dards einer demokratischen Wahl normalerweise zu-
grunde legt, spielen die Beobachtungen während der
Wahlkampfzeit und insbesondere der Zugang zu Medien
eine große Rolle. Würden Sie mir vor diesem Hinter-
grund zustimmen, dass man diese Wahl nicht als demo-
kratisch bezeichnen kann?
D
Ich komme direkt von der OSZE-Ministertagung in
Athen und habe dort ein flammendes Plädoyer für
ODIHR gehalten. Ich bin nämlich der Auffassung, dass
die Instrumente, die uns da zur Verfügung stehen, außer-
ordentlich hilfreich für die Bewertung von Wahlvorgän-
gen sind. Deswegen hätte ich mir sehr gewünscht – das
sage ich Ihnen offen –, dass wir eine präzisere und flä-
chendeckende Wahlbeobachtung in Honduras gehabt
hätten.
Das Problem ist aber, dass diejenigen, die gegenüber
diesem Vorgang, der uns seit Mai oder Juni beschäftigt,
ganz besonders kritisch waren, darauf gedrängt haben,
dass keine Wahlbeobachtung stattfindet.
Deshalb haben wir keine EU-Wahlbeobachter und keine
OAS-Wahlbeobachter dort. Ich persönlich finde das be-
dauerlich. Das nimmt uns nämlich die Möglichkeit, uns
selber ein objektives Bild zu verschaffen.
Danke schön, Herr Staatsminister.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Verteidigung.
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Christian Schmidt zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Volker Beck auf:
Welche Kenntnisse hatte die Bundesregierung – bitte ge-
nauen Zeitpunkt der Kenntnisnahme und entsprechende Stel-
len der Bundesregierung angeben – über die in der Bild am
26. November 2009 veröffentlichten Dokumente und das Vi-
deo zum Luftangriff bei Kunduz in Afghanistan, und wie be-
wertet die Bundesregierung ihre bisherige Informationspolitik
zu diesem Thema?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
C
Der Bundesminister der Verteidigung zu Guttenberg
hat dem Deutschen Bundestag bereits im Plenum eine
umfassende Unterrichtung über den Vorfall vom
4. September 2009 zugesagt. Er hat die Dokumente, die
ihm zwischenzeitlich zur Kenntnis gelangt sind, dem
Deutschen Bundestag – soweit ich es weiß, befinden
sich die Dokumente zum Teil in der Geheimschutzstelle
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Gab es denn am 8. September 2009, zum Zeitpunkt
er Regierungserklärung, eine eigenständige Bewertung
er Vorfälle im Bundeskanzleramt und, wenn ja, auf
elcher Grundlage? Oder gab es die nicht, und auf
rundlage welcher Informationen hat dann die Bundes-
anzlerin eigentlich ihre Regierungserklärung abgege-
en?
E
Wie in anderen Fällen auch werden alle dem Bundes-
anzleramt vorliegenden Informationen ausgewertet
zw. in eine Bewertung einbezogen. Das gilt auch für die
egierungserklärung der Bundeskanzlerin vom 8. Sep-
ember.
Der hier in Rede stehende Feldjäger-Bericht hat aber
einen Eingang in diese Bewertung finden können, weil
r dem Bundeskanzleramt, wie ich bereits sagte, erst am
bend des 25. November dieses Jahres vorlag.
Kollege Nouripour.
Herr Staatsminister, uns würde noch die Antwort auf
ie Frage interessieren, wann der COMISAF-Bericht
dieser Bericht war die Grundlage der Bewertung durch
en Verteidigungsminister zu Guttenberg – dem Kanz-
eramt zugeleitet worden ist, damit auch dort eine Neu-
ewertung vollzogen werden kann.
E
Herr Kollege Nouripour, in diesem Fall bitte ich um
erständnis dafür, dass ich Ihnen diese Frage schriftlich
eantworten möchte, weil ich das hier nicht präzise tun
ann.
Kollege Ströbele.
Hat die Bundeskanzlerin wie vermutlich die meisten
on uns in der Zwischenzeit Gelegenheit gehabt, sich
as Video anzuschauen – vielleicht mehrfach, wie ich es
etan habe –, das der Veröffentlichung der Bild-Zeitung
ugrunde liegt? Was sagt die Bundeskanzlerin eigentlich
u dem, was sie in diesem Video sieht? Ich skizziere es:
s sind zwei Tanklastwagen zu sehen, die in gewisser
ntfernung voneinander, also nicht direkt nebeneinan-
er, stehen. Dazwischen bewegen sich offenbar viele
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 535
)
)
Hans-Christian Ströbele
Punkte, also Menschen; dann wurde dort hereingeschos-
sen und offenbar nicht nur auf die Tanklastwagen ge-
zielt. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung,
vor allen Dingen die Bundeskanzlerin, zu diesen Bil-
dern, die sie inzwischen sicher gesehen hat?
E
Herr Kollege Ströbele, ich möchte in diesem Zusam-
menhang auf das Pressestatement der Bundeskanzlerin
vom gestrigen Tage anlässlich des Besuchs des Premier-
ministers der Islamischen Republik Pakistan, Herrn
Gilani, hinweisen. Darin hat die Bundeskanzlerin unter
anderem ausgeführt:
Ich möchte im Lichte der zusätzlichen Informatio-
nen … erstens noch einmal auf den ISAF-Ab-
schlussbericht verweisen und zweitens auf das ver-
weisen, was ich am 8. September gesagt habe und
was aus meiner Sicht nach wie vor absolute Gültig-
keit hat: Erstens muss alles lückenlos aufgeklärt
werden.
Zweitens muss ganz deutlich gemacht werden, und
das habe ich getan, dass es ein Bedauern darüber
gibt, dass in Folge deutschen Handelns zivile Opfer
– damals war diese Sache noch nicht völlig klar –
zu beklagen sind, und dass Deutschland dafür die
Verantwortung übernimmt. Es ist mir ganz wichtig,
dass das, was in Folge unseres Handelns geschehen
ist, auch von uns verantwortet wird und wir unser
Bedauern hierüber sehr deutlich ausdrücken.
Das ist eine wichtige Passage aus dem Pressestate-
ment, die sich auf Ihre Frage bezieht. Ich bin gerne be-
reit, Ihnen das gesamte Statement zur Verfügung zu stel-
len.
Herr Kollege Nouripour, Sie hatten gefragt, wann der
Bericht vorgelegen hat. Gerade habe ich erfahren, dass
er am 29. Oktober dieses Jahres vorgelegen haben soll.
Ich werde Ihnen die Frage aber trotzdem wie zugesagt
schriftlich beantworten.
Kollegin Vogler.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie haben uns ge-
rade vorgetragen, dass das Kanzleramt am 25. Novem-
ber von dem Feldjäger-Bericht Kenntnis genommen hat.
Dazu habe ich eine ergänzende Frage: Bis wann sieht
sich die Kanzlerin in der Lage, diesem Haus eine qualifi-
zierte Neubewertung vorzutragen? Ich glaube, das ist
überfällig und sollte so schnell wie möglich passieren.
E
Frau Kollegin, es entspricht dem Ressortprinzip und
der Ressortverantwortung, dass zunächst einmal im zu-
ständigen Haus – mit all der Sachkompetenz, die im Ver-
teidigungsministerium vorhanden ist – alle jetzt vorlie-
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)
tember 2009 in Afghanistan Oberst Georg Klein im Bundes-
wehrstandort Kunduz – „Red Baron 20“ – den Piloten eines
US-Kampfflugzeugs – „Dude“ – anwies, außer auf zwei
Tanklastzüge dort auch auf umstehende Personen zu feuern,
dass dieser Pilot vor dem Bombenabwurf fünfmal vergeblich
vorschlug, zuvor die Personen am Boden mit Zeigen von
Stärke zu warnen, zumal wichtige Einsatzregeln – ISAF-
Hauptquartier umgangen, keine Bodentruppen an Tankern
und keine Gefahr im Verzug – nicht eingehalten worden
seien?
Bitte, Herr Staatssekretär.
C
Herr Kollege Ströbele, Sie haben Medienberichte ge-
nannt, die auf Details der Umstände der Angriffe auf die
Tanklastzüge und des Bombenabwurfs hinweisen. Diese
Medienberichte sind dem Bundesministerium der Vertei-
digung natürlich zur Kenntnis gelangt. Der Vorgang, den
Sie explizit angesprochen haben, wird derzeit von der
Bundesanwaltschaft bearbeitet. Sie prüft, ob eine Straftat
nach dem Völkerstrafgesetzbuch vorliegt.
Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Ich möchte dem
Ergebnis der Prüfung, also nicht unserer internen Prü-
fung, sondern der maßgeblichen Prüfung der Bundes-
anwaltschaft, nicht vorgreifen. Ich bitte um Verständnis
dafür, dass wir dies so strikt halten wollen. Die Bundes-
anwaltschaft ist bereits mit allen Informationen, die uns
zur Verfügung stehen und die sich in den letzten Tagen
ergeben haben, versorgt worden.
Bitte, Herr Kollege Ströbele.
Herr Staatssekretär, ich muss an mich halten, um
nicht aus der Haut zu fahren. Wollen Sie damit sagen,
dass die Bundesanwaltschaft so etwas wie eine Art
Hilfsbeamter des Bundesverteidigungsministeriums ist?
Ich habe letzte Woche eine klare Frage gestellt. Diese
Pressemeldungen sind vom 21. des vergangenen Mo-
nats, die Pressemeldung aus dem Spiegel ist sogar vom
21. September.
Es müsste Ihrem Hause und Ihnen – ich spreche Sie
ganz persönlich an – doch in den Zeiträumen seit letzter
Woche, seit dem 21. September bzw. dem 21. November
bis heute möglich gewesen sein, sich die Protokolle bzw.
die Tonbandaufzeichnungen über den Funkverkehr zwi-
schen dem Oberst Klein und dem Piloten durchzulesen
bzw. anzuhören; das dauert vielleicht eine halbe oder
eine ganze Stunde.
Sie müssten doch meine Frage beantworten können
– ich frage ja nicht nach dem ganzen Sachverhalt –, ob
an der skandalösen Behauptung etwas dran ist, dass ein
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Wenn das einer ermittelnden Behörde, in diesem Falle
er Bundesanwaltschaft, vorliegt und ich mich an die
telle der ermittelnden Bundesanwaltschaft setzen
ürde, indem ich nicht allein die Tatsache, ob es diese
erichte gibt, sondern auch, ob sie zutreffen und wie
araus eine Rechtsfolgenbewertung zu machen ist, dar-
egen würde, dann würde ich mich in meiner Funktion
erheben. Das würde in den Bereich gehen, den Grund-
atz der Gewaltenteilung hintanzustellen.
Das mag Sie nicht befriedigen; aber ich denke, es ist
er richtige Weg, hier so vorzugehen. Ich kann Ihnen
icht nachrichtlich sagen, wann sich die Bundesanwalt-
chaft, geschweige denn wie, zu dem Vorhalt einlässt.
ass die entsprechenden Berichte und Informationen der
undesanwaltschaft zur Verfügung gestellt worden sind,
st der Fall. Ich kann Ihnen persönlich nicht sagen, ob
ie Medienberichte zutreffen oder nicht.
Zweite Nachfrage des Kollegen Ströbele.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 537
)
)
Herr Staatssekretär, wollen Sie damit allen Ernstes die
Behauptung aufstellen, dass ich mich als Abgeordneter
des Deutschen Bundestages und sich auch die anderen
Kolleginnen und Kollegen, also der ganze Bundestag als
Institution, so lange nicht mit einem Sachverhalt be-
schäftigen können und dürfen, solange er bei einem Ge-
richtsorgan, bei der Bundesanwaltschaft oder der Staats-
anwaltschaft anhängig ist? Ich kann Ihnen sagen: Dann
hätten wir uns mehrere Untersuchungsausschüsse sparen
können, die sich sehr intensiv mit Sachverhalten be-
schäftigt haben, die gleichzeitig von der Justiz bearbeitet
worden sind.
Wieso weichen Sie gerade in diesem Fall der Frage
aus mit der Begründung, dass sich die Bundesregierung
aufgrund eines einzigen Dokumentes, das Sie wahr-
scheinlich in einer halben Stunde durchlesen können,
keine eigene Meinung bildet? Sie könnten doch sagen:
„Das steht da drin“ oder „Das steht nicht da drin“? Hat
ein solches Gespräch stattgefunden, in dem ein deut-
scher Oberst einem amerikanischen Piloten gesagt hat:
„Wirf Bomben zwischen die Tanklastwagen“, wo sich
eine ganze Reihe von Menschen aufgehalten hat? Ja oder
Nein?
C
Mit dem nochmaligen Versuch der Präzision weise
ich in aller Deutlichkeit zurück, Kollege Ströbele, dass
ich dem Bundestag oder Ihnen eine Bewertung nicht zu-
gestehe. Aber Sie müssen bitte auch mir zugestehen,
dass ich mich gerade im Hinblick darauf, dass dieser
Vorgang nicht nur für den von Ihnen angesprochenen
Befehlsgeber rechtliche Konsequenzen haben kann, dem
Prinzip der Zurückhaltung, nur das zu sagen, was ich
weiß, verpflichtet fühle. Dass es diesen Bericht gibt,
weiß ich.
– Ich bin nicht bereit, mich zu jedem dummen Einwurf
zu äußern, Herr Beck.
Ich will noch einmal sehr deutlich sagen: Dieser Be-
richt liegt vor. Die Qualität des Berichts wird gegenwär-
tig von der Bundesanwaltschaft bewertet. Wenn die Be-
wertung vorliegt, werden wir hören, wie das rechtlich zu
verstehen ist.
Kollege Montag, bitte.
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ir erwarten von Ihnen nicht, dass Sie in die Rolle der
undesanwaltschaft schlüpfen und uns Auskunft darü-
er geben, ob Sie einen Anfangsverdacht oder einen
ringenden Verdacht einer Straftat erkennen. Es ist rich-
ig: Die Bundesanwaltschaft hat auch zu überprüfen, ob
ehauptungen, Berichte, Protokolle die Wahrheit wie-
ergeben. Aber hier sind auch Sie gefordert. Sie dürfen
nd können sich nicht hinter der Bundesanwaltschaft
erstecken.
Ich frage Sie deswegen noch einmal: In diesem Be-
icht steht, dass es ein Gespräch zwischen dem deut-
chen Oberst und den amerikanischen Piloten gegeben
at. In diesem Bericht steht, dass die Piloten fünfmal
achgefragt haben, weil sie die Bitte, den Befehl, die
ufforderung der deutschen Seite nicht befolgen woll-
en, und dass zweitens zum Schluss von deutscher Seite
ie Aufforderung gekommen ist, die Bomben zu werfen,
nd zwar nicht auf die Tanklastzüge, sondern genau da-
wischen. Meine Frage ist: Entspricht das nach dem
issensstand der Bundesregierung der Wahrheit? Ist das
o gewesen? Fakten, Fakten, Fakten – das wollen wir
on Ihnen.
C
Herr Kollege Montag, erst einmal herzlichen Dank
afür, dass Sie, wenn ich das sagen darf, zwischen dem,
as ermittelnden Behörden zusteht, und dem, was der
undesregierung zusteht, unterscheiden. Herr Kollege
eck, ich habe „Beschuldigte“ und „Anklage“ verstan-
en. Das wollte ich zurückweisen. Wenn das, was Herr
ontag gesagt hat, Ihrem Verständnis entspricht, dann
eiß ich Ihre Bemerkung richtig einzuordnen.
Zur Frage nach den konkreten Fakten. Faktum Nr. 1
st, dass dieser Bericht vorliegt. Es gibt Indizien dafür,
ass dieser Bericht zutrifft. Wir sind gegenwärtig dabei,
ies zu klären. Ich will noch einmal darauf hinweisen,
ass bei der Vielzahl der Berichte, die der Minister ja
uch angesprochen hat, Widersprüchlichkeiten und un-
erschiedliche Meinungen mit zu bewerten sind, nicht im
inne einer strafrechtlichen Ermittlung, aber doch bei
er Beantwortung der Frage: Trifft das zu, ja oder nein?
Ich bitte darum, dass Sie mir zugestehen, dass ich auf
ine entsprechende abschließende Überprüfung ver-
eise. Ich sichere zu, dass ich die Frage, sobald das vor-
iegt, Ihnen persönlich, Herr Ströbele, und dem Bundes-
ag gegenüber schriftlich beantworte.
Kollegin Hänsel, bitte.
538 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Danke schön. – Herr Staatssekretär, ich denke, Fakt
ist auf alle Fälle, dass sowohl die Bundeswehr als auch
die Bundesregierung die Verantwortung für eine hohe
Zahl ziviler Opfer in Afghanistan übernehmen müssen.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen: Kön-
nen Sie einen Bericht des Spiegel vom Montag, den
30. November 2009, bestätigen, nach dem ein Anwalt,
der sich mit den Angehörigen der Opfer in Afghanistan
in Verbindung gesetzt hat und die Interessen dieser Op-
fer – Stichwort: Entschädigungen – vertreten möchte,
mit dem Verteidigungsministerium in Kontakt getreten
ist und an das Bürgertelefon verwiesen wurde? Wenn
das so ist: Gibt es vonseiten des Verteidigungsministe-
riums mittlerweile einen direkten Kontakt zu diesem An-
walt?
C
Vielen Dank. – Zu dieser Frage möchte ich zwei
Punkte sagen. Erstens. Der Name des Anwalts ist mir ge-
rade nicht geläufig. Sie beziehen sich vermutlich auf den
Bremer Anwalt, der in Afghanistan, in Kunduz gewesen
ist. Dieser Anwalt hat sich nach meiner Kenntnis zwi-
schenzeitlich schriftlich an das Bundesministerium der
Verteidigung gewandt und steht hierüber in Korrespon-
denz.
Zweitens. Der erste Kontakt – ich gebe das jetzt nur
nachrichtlich wieder, beantworte Ihnen die Frage aber
gern noch schriftlich, falls ich sie jetzt nicht ganz präzise
beantworte, weil ich mich nur auf meine Erinnerung
stütze – fand statt, als sich der betreffende Anwalt in
Kunduz unter den Schutz der Bundeswehr begeben hat.
Weil eine gewisse Gefährdung für ihn befürchtet worden
war, wurde er nach meiner Erinnerung im Feldlager
Kunduz aufgenommen. Mir ist allerdings nicht bekannt,
inwieweit er sich bei der Vertretung der von ihm benann-
ten Opfer des Angriffes zum konkreten Vorgang einge-
lassen hat. Ich vermute, er hat es wohl eher nicht getan;
denn die Ansprechpartner waren wohl nicht in Kunduz,
sondern in Berlin.
Ich darf bei dieser Gelegenheit sagen, dass die Tatsa-
che, dass es zivile Opfer gegeben hat – es deutet sehr
viel darauf hin; man muss also davon ausgehen –, nicht
nur Bedauern auslöst, sondern dass in einem solchen
Fall auch die Praxis herrscht, sich um die Hinterbliebe-
nen zu kümmern.
Als Nächster bitte Kollege Beck.
Sie haben gerade dem Kollegen Ströbele geantwortet,
dass Sie den Bericht erstens kennen, aber zweitens noch
keine Konsequenzen daraus ziehen oder Bewertungen
vornehmen können, weil Sie den Wahrheitsgehalt dieses
Protokolls noch prüfen müssen. Es handelt sich um eine
Protokollierung einer Kommunikation. Haben Sie ernst-
haft den Verdacht, dass es sich bei dieser Kommunika-
tion bzw. diesem Protokoll um eine Fälschung handelt,
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ich nicht so, wie es unter bürgerlichen Parteien üblich
st, eingelassen haben, meinte ich genau das. Sie müssen
iese Bewertung unabhängig von der Strafprozessord-
ung vornehmen. Sie können jetzt, weil ein Bundes-
ehrangehöriger betroffen ist, nicht sagen, dass die ge-
amte Bundesregierung die Rechte eines Beschuldigten
ür sich in Anspruch nimmt und nichts mehr zur Sache
agen will, weil sie sich belasten könnte. Ich möchte
issen: Kennen Sie diesen Bericht? Wie bewerten Sie
hn? Wenn Sie ihn nicht bewerten können: Welches sind
ie Gründe dafür, dass Sie die Wahrhaftigkeit dieser
uelle in Zweifel ziehen?
C
Herr Kollege Beck, ich habe zwar noch nicht auf der
bene zwischen bürgerlichen Parteien kommuniziert,
ber ich nehme das gerne hin.
Ich will noch einmal sagen, dass die Bewertung dieser
nformationen – ich verstecke mich nicht hinter der
rage, ob es richtig oder falsch war –, dieses Komplexes
on verschiedenen Berichten gegenwärtig vorgenom-
en wird.
abei handelt es sich nicht um eine Bewertung,
ie auf einer einzelnen Stimme oder Meinung basiert,
ondern um eine Bewertung, in die auch die Fachleute
inbezogen werden.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 539
)
)
Parl. Staatssekretär Christian Schmidt
Ich bitte um Verständnis, dass wir sie Ihnen erst dann,
wenn sie fertiggestellt ist, vortragen werden.
Im Moment sind wir noch mit der Bewertung beschäf-
tigt.
Jetzt erteile ich Kollegen Nouripour das Wort zur
Frage.
Herr Staatssekretär, ist das, was diesem Bericht zu-
grunde liegt, mit dem Verständnis der Führung des Ver-
teidigungsministeriums vereinbar, was die Art und
Weise betrifft, wie wir Operationen in Afghanistan
durchzuführen haben?
C
Eines ist klar: Bei der militärischen Bewertung müs-
sen alle Fakten auf den Tisch. Es ist eine Selbstverständ-
lichkeit, dass neue Fakten nach ihrer Gewichtung und
Bewertung zu einem neuen Gesamturteil führen können.
Schon jetzt scheint klar zu sein, dass vor Ort auch
Fehler gemacht worden sind. Dies wird in eine Gesamt-
bewertung, an der wir alle interessiert sind, einfließen.
Wir werden sie so zeitnah wie möglich vorlegen. Ich
glaube aber, dass die Komplexität des Vorgangs von uns
allen erfordert, das Geschehene in einen Gesamtblick
einzuordnen und in einer Gesamtbewertung darzulegen.
Ich kann Ihnen, Kollege Nouripour, zusichern, dass dies
„asap“, so schnell wie möglich, geschehen wird.
Kollege Sharma, bitte.
Ich bin einigermaßen befremdet über die kühle Gelas-
senheit, mit der Sie einen Sachverhalt kommentieren,
der immerhin 142 Menschen das Leben gekostet hat.
Wenn Sie dies nicht berührt, wundert mich das, weil die-
ser Sachverhalt immerhin auch dazu geführt hat, dass ein
Minister Ihrer Bundesregierung zurücktreten musste.
Außerdem handelt es sich um ein Ereignis, das nicht nur
seit Monaten in der öffentlichen Diskussion steht und
von dem in den Zeitungen zu lesen war, sondern auch
um ein Ereignis, das hier im Parlament unter genau die-
ser Fragestellung vom Kollegen Ströbele angesprochen
worden ist. Es überrascht mich sehr, dass Sie so lange
brauchen, um sich hier Kenntnis zu verschaffen. Dass
Sie noch nicht zu einer Bewertung kommen können, ist
nur eine Konsequenz des Ganzen. Ich frage mich aber:
Wie lange werden Sie brauchen, um diesen Sachverhalt
zur Kenntnis zu nehmen?
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Gott hat uns einen Geist der Kraft, des Mutes und der
esonnenheit gegeben. Das mag nicht Ihr Leitspruch
ein, der meine ist es aber. Ich habe eines gelernt: Wer in
olch schwierigen Situationen meint, die Emotionen
alten zu lassen – so schlimm der gesamte Vorgang für
ie Betroffenen auch gewesen ist –, der trägt zur Sach-
ufklärung nicht das bei, was er beitragen müsste. Das
ag konservativ erscheinen, ist aber so. Dabei bleibe
ch.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die letzte Nachfrage stellt der Kollege Ott.
Herr Präsident! – Herr Staatssekretär, ich bin erst seit
enigen Wochen Mitglied dieses Hauses und habe mich
isher vom guten Funktionieren der Institution Bundes-
ag überzeugen können. Ich muss aber sagen: Das, was
ch jetzt erlebe, ist eine Farce. Was ist das Fragerecht der
bgeordneten wert, wenn Sie sich hier hinstellen und sa-
en können: „Ich kann dazu keine Aussage treffen, weil
ch erst auf das Ergebnis der Ermittlungen der Bundes-
nwaltschaft warten muss“? Die Frage des Kollegen
tröbele war sehr eindeutig gestellt: Haben Sie davon
enntnis?
Kollege Trittin hat in der Rede, die später zum Rück-
ritt von Minister Jung führte, gesagt, er solle sich mann-
aft hinstellen und sich entschuldigen. Ich möchte Sie
etzt bitten, sich mannhaft hinzustellen und uns, meinet-
egen als Privatperson, zu sagen, ob Sie Kenntnis von
iesem Bericht haben und ob das, was den Medien über
iesen Bericht zu entnehmen war, der Wahrheit ent-
pricht.
C
Herr Kollege, die Frage, die gestellt worden ist, habe
ch beantwortet. Sie mögen mit der Antwort nicht zufrie-
en sein. Es ist allerdings so, dass die Antworten von
enjenigen gegeben werden, die dies ihrer Verpflichtung
ntsprechend zu tun haben. Dabei tragen sie die Fakten
nd Bewertungen, die sie kennen, nicht für sich persön-
ich, sondern für die Bundesregierung vor.
Zum Zweiten ist über diese Fragen gestern sowohl im
uswärtigen Ausschuss als auch im Verteidigungsaus-
chuss bereits gesprochen worden. Die Informationen
erden dem Bundestag komplett zur Verfügung gestellt.
ach meiner Kenntnis ist das bereits der Fall. Ich kann
icht genau unterscheiden, welche Dokumente aufgrund
er Tatsache, dass sie NATO-klassifiziert sind, vom
540 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Parl. Staatssekretär Christian Schmidt
Bundesminister bzw. von der Bundesregierung nicht he-
rabgestuft werden können und daher nicht offen zu se-
hen sind. Die anderen werden Ihnen jedoch, soweit es ir-
gendeine Möglichkeit gibt, offen zur Kenntnis gegeben
und damit der Bewertung ausgesetzt.
Wir kennen die Berichte. Sie geben uns Anlass zu Be-
sorgnis. Wir wollen uns jetzt die Zeit nehmen, dieses zu
bewerten. Dafür bitte ich nicht nur um Verständnis. Ich
bitte auch, nachzuvollziehen, wie ein ordentlicher Um-
gang mit solchen nicht schönen Dingen stattzufinden
hat. Ich gestehe Ihnen zu: Diese Zeit hätten wir uns
schon längst nehmen müssen. Dafür hätten die Informa-
tionen aber komplett vorliegen müssen. Daraus entste-
hen Unmut und verständlicher Ärger, nicht nur im Deut-
schen Bundestag, sondern auch im Bundesministerium
der Verteidigung. Ich kann Ihnen definitiv zusichern,
dass, sobald die Informationen da sind, Ihnen nichts vor-
enthalten wird, dass wir unseren Auftrag so verstehen,
dass wir dem Deutschen Bundestag vollumfänglich Be-
richt erstatten.
Da ich sie in der Meldeliste übersehen habe, erteile
ich zur letzten Frage noch Kollegin Beck das Wort.
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Herr Staatssekretär, Sie sind eben schon nach den Er-
kundungen des Bremer Anwalts befragt worden. Dieser
Anwalt ist schon am 27. mit ersten Erkundungsergebnis-
sen an die Öffentlichkeit gegangen. Nach seinen Aussa-
gen, die in den Medien wiedergegeben worden sind,
liegt dem Bundesverteidigungsministerium schon seit
zwei Wochen ein Schreiben mit den Untersuchungs-
ergebnissen vor.
Ich bin sehr erstaunt: Wie kann es sein, dass Ihnen
nicht einmal der Name dieses Anwalts bekannt ist? Ich
frage Sie auch: Trifft es zu, dass dieser Anwalt mithilfe
der UN-Organisation UNAMA und anderen Menschen-
rechtsorganisationen vor Ort recherchiert hat? Wie kann
es sein, dass Sie von diesen Recherchen nichts wissen,
und wie kann es sein, dass Sie sich mit dem Recherche-
ergebnis, dass bei diesem Bombenangriff 179 Menschen
getötet worden sein sollen, noch nicht auseinanderge-
setzt haben?
C
Die Nichtkenntnis des Namens bezieht sich auf mich
persönlich, Frau Kollegin Beck. Jetzt, da Sie gesprochen
haben, erinnere ich mich daran, dass Sie den Brief wei-
tergeleitet haben. Ich werde Ihnen die Antwort zu dieser
Frage schriftlich zukommen lassen.
Eine Nachfrage erlaubt keine weitere Frage.
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Danke schön.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums für Gesundheit. Ich rufe die Frage 6 der
ollegin Marlies Volkmer auf:
Wie ist sichergestellt, dass die unter den Bedingungen der
geänderten Meldepflicht für die Neue Grippe – H1N1 – ge-
wonnenen Daten für die Ständige Impfkommission, STIKO,
qualitativ und quantitativ ausreichend sind, damit die STIKO
die Überprüfung der Impfempfehlung umfassend auf objek-
tive Kriterien stützen kann und nicht subjektive Einschätzun-
gen überwiegen?
Zur Beantwortung der Frage steht der Parlamentari-
che Staatssekretär Daniel Bahr zur Verfügung.
542 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
D
Herr Präsident, die Ständige Impfkommission, die
Empfehlungen zur Impfung gegen Pandemische Influ-
enza ausspricht, benötigt hierzu auch Informationen zur
Dynamik der Virusausbreitung in Deutschland sowie zu
den am häufigsten betroffenen Alters- und Risikogrup-
pen. Eine gute Übersicht zur Dynamik der Ausbreitung
der Neuen Influenza in der Bevölkerung Deutschlands
bietet in der derzeitigen epidemiologischen Situation das
vom Robert-Koch-Institut betriebene Sentinelsystem der
Arbeitsgemeinschaft Influenza. Auf der Internetseite
www.influenza.rki.de gibt es dazu weitere Informatio-
nen.
Um Informationen über zirkulierende Influenza-
virustypen zu erhalten, stehen zudem weiterhin die Da-
ten aus der Meldepflicht der Labore nach § 7 Abs. 1
Satz 1 Nr. 24 des Infektionsschutzgesetzes sowie aus der
im Rahmen des Sentinelsystems betriebenen virologi-
schen Surveillance zur Verfügung.
Neben diesen Instrumenten der epidemiologischen
Überwachung kann die weiter bestehende Verpflichtung
zur Meldung von Todesfällen im Zusammenhang mit der
Neuen Influenza frühzeitig Hinweise darauf geben, ob
der Erreger allgemein oder bei bestimmten Bevölke-
rungsgruppen vermehrt schwere Krankheitsverläufe aus-
löst. Daher wird der Tod aufgrund von Influenza A/H1N1
weiterhin den Gesundheitsämtern gemeldet.
Insgesamt bieten die Informationen aus den beschrie-
benen epidemiologischen Überwachungsinstrumenten
sowie aus klinischen und epidemiologischen Studien in
Deutschland und weltweit eine objektive Basis für die
Überprüfung der Impfempfehlung durch die Ständige
Impfkommission. Es ist daher nicht erforderlich, alle In-
fluenzafälle zu testen und zu melden.
Haben Sie eine Nachfrage, Frau Kollegin?
Ich habe eine Nachfrage. Es ist in der Tat so, dass die
Empfehlungen der staatlichen Impfkommission umso
besser sind, je vollständiger die Informationen sind, auf
die sie sich stützen kann. Heute waren im Ausschuss
Vertreter des Robert-Koch-Instituts und Paul-Ehrlich-In-
stituts zu Gast, und es wurde deutlich, dass viele Daten
nicht vorhanden sind, zum Beispiel darüber, wie viele
Menschen mit der Neuen Grippe – gesplittet nach Al-
tersgruppen – stationär in Krankenhäusern aufgenom-
men werden.
Verwunderlich ist auch, dass keine Aussage darüber
gemacht werden kann, wie viele Menschen in Deutsch-
land bisher gegen die Neue Grippe geimpft worden sind,
geschweige denn, in welchen Altersgruppen die Imp-
fung erfolgte oder wie es mit der Durchimpfung bei den
Risikogruppen aussieht.
Insofern frage ich Sie: Halten Sie es erstens nicht für
notwendig, die Meldepflicht dahin gehend zu ändern,
dass zumindest die stationären Aufnahmen, die durch
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eshalb wird auch seine Frage schriftlich beantwortet.
Schon sind wir beim Geschäftsbereich des Bundesmi-
isteriums der Finanzen.
Die Frage 55 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch wird
chriftlich beantwortet. Die Fragen 56 und 57 des Kolle-
en Harald Koch – Herr Koch ist auch nicht im Saal –
erden schriftlich beantwortet. Der Kollege Dr. Gerhard
chick hat die Frage 58 gestellt. Auch er ist nicht im
aal, daher wird auch seine Frage schriftlich beantwor-
et. Die Fragen 59 und 60 des Kollegen Hans-Josef Fell
erden schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 61 des
ollegen Stephan Kühn. Gleiches gilt für die Fragen 62
nd 63 der Kollegin Sahra Wagenknecht. Damit ist auch
ieser Geschäftsbereich abgearbeitet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
isteriums für Wirtschaft und Technologie.
Ich rufe die Frage 64 der Abgeordneten Dr. Eva Högl
uf:
Welche Ergänzungen oder Korrekturen der bisherigen
Lissabon-Strategie sind ab 2010 notwendig, um mehr Be-
schäftigung und sozialen Zusammenhalt in Europa zu schaf-
fen?
Frau Högl ist anwesend. Für die Beantwortung der
rage steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hans-
oachim Otto zur Verfügung.
Herr Staatssekretär, bitte.
H
Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Högl, die Antwort des
undesministeriums für Wirtschaft und Technologie lau-
et: Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise hat in ih-
em bisherigen Verlauf gezeigt, dass diejenigen Mit-
liedstaaten der EU die Krise am erfolgreichsten
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 551
)
)
Parl. Staatssekretär Hans-Joachim Otto
bewältigen, die entschlossen ihre strukturpolitischen Re-
formen im Sinne der Lissabon-Strategie angegangen
sind. Das gilt zum Beispiel auch für Deutschland.
Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass
auch für eine Nachfolgestrategie für die Jahre bis 2020
die Oberziele der aktuellen Lissabon-Strategie, nämlich
sich auf nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung zu
konzentrieren, beibehalten werden sollen. Dabei sollen
die prioritären Bereiche Forschung und Entwicklung,
Stärkung der Unternehmenspotenziale, Beschäftigung,
Klima und Energie weitergeführt werden und im Drei-
klang von wirtschaftlichem Erfolg, sozialem Zusam-
menhalt und ökologischer Verantwortung weiter verfolgt
werden.
Haben Sie eine Nachfrage, Frau Kollegin?
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Ja, ich habe
eine Nachfrage. Im Jahr 2005 ging es um die sogenannte
Refokussierung der Lissabon-Strategie. Der Herr Staats-
minister hat eben davon gesprochen. Nun richtete sich in
der Zwischenzeit die Aufmerksamkeit auf die Sozialpo-
litik, weil festgestellt wurde, dass die Sozialpolitik da-
mals hintenübergefallen ist.
Bedeutet das, was Sie eben ausgeführt haben, dass Sie
sich davon verabschieden, dass auch die Sozialpolitik,
der sozialpolitische Zusammenhalt und die Bekämpfung
von sozialer Ausgrenzung – wir haben nächstes Jahr das
Jahr gegen die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung –
übergeordnete Ziele der Lissabon-Strategie sein sollen,
sondern dass sie im Rahmen der Diskussion über die
Nachfolgestrategie nachrangig behandelt werden?
H
Nein, nachrangig ist sicherlich nicht das richtige
Wort, aber wenn Sie Prioritäten setzen, dann müssen Sie
zwangsläufig auch Posterioritäten setzen. Ich nannte Ih-
nen die Bereiche, die für die kommenden Jahre in beson-
derer Weise hervorgehoben werden. Das heißt natürlich
nicht, dass die sozialen Fragen von geringerer Bedeu-
tung sind. Sie wissen auch, dass in unserem Land wie in
vielen anderen europäischen Ländern die sozialen Leis-
tungen vom finanziellen Rahmen her einen sehr großen
Raum einnehmen, sodass Sie nicht davon ausgehen müs-
sen, dass wir diesen Bereich geringschätzen oder ihm
eine geringere Aufmerksamkeit zukommt.
Aber gerade die Zukunftsthemen, die ich Ihnen eben
genannt habe, Forschung und Entwicklung, Stärkung der
Unternehmenspotenziale, Beschäftigung, Klima und
Energie, sind ausdrücklich als Prioritäten anerkannt. Da-
raus ergibt sich die Antwort darauf, was mit den anderen
Bereichen zu geschehen hat.
Herzlichen Dank. Wenn ich darf, möchte ich gerne
eine zweite Nachfrage stellen.
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– Sehen Sie mal. Wenn ein hessischer Kollege fragt, tue
ich das besonders gerne.
Haben Sie eine Nachfrage?
Meine erste Nachfrage: Wie verträgt sich das, was Sie
vorgetragen haben, mit der der Presse zu entnehmenden
Festlegung des Wirtschaftsministers, dass sich die Bun-
desregierung an einer Finanzierung nicht beteiligen
werde, obwohl, wie Sie selbst gesagt haben, noch gar
keine beurteilungsfähigen Konzepte vorliegen?
H
Die Äußerung ist mir in dieser Form nicht bekannt,
dass sie sich definitiv nicht beteiligen werde. Der Bun-
desminister hat immer gesagt, dass für eine Beteiligung
die Bedingungen des Deutschlandfonds erfüllt sein müs-
sen. Das heißt, es gibt keine Privilegierung von General
Motors/Opel. Aber es gibt selbstverständlich auch keine
Benachteiligung. Bis jetzt liegt noch kein Antrag vor. Es
gibt nur Willensbekundungen.
Wenn ein Antrag vorliegt, wird er ergebnisoffen ge-
prüft. Es kann durchaus sein, dass wie in der Vergangen-
heit – Sie wissen, so wie beim Überbrückungskredit –
durchaus Maßnahmen zugunsten von General Motors/
Opel beschlossen werden. Dabei bleibt es.
Haben Sie eine weitere Nachfrage?
Wie erklären Sie sich dann angesichts Ihrer Aussa-
gen, dass es zwischen den Bundesländern mit Opel-
Standorten und dem Bundeswirtschaftsministerium of-
fensichtlich Missstimmungen und unterschiedliche In-
terpretationen gibt, zumal an den Regierungen dieser
Bundesländer auch die FDP beteiligt ist?
H
Diese Missstimmungen, von denen ich nur in der
Presse gelesen habe, sind inzwischen beseitigt. Ich
kenne auch von den beteiligten Ländern keine anderen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Nach diesem Wahlkampf konnte man ausgesprochen ge-
spannt darauf sein, wie die FDP es in Regierungsverant-
wortung mit den Bürgerrechten hält. Nachdem sich der
Parteivorsitzende im Wahlkampf selber zur Freiheitssta-
tue der Republik ernannt hat und die FDP bei allen De-
monstrationen für Freiheitsrechte vornewegmarschiert
ist, war das SWIFT-Abkommen die erste Nagelprobe:
Wie verhält sich die rhetorische Stärke zur Realität?
Diese Nagelprobe – das können wir heute mit Sicherheit
sagen; seit Montag ist es amtlich – haben Sie nicht be-
standen. Sie sind umgefallen. Sie haben nicht nur gewa-
ckelt, sondern sind umgefallen. Sie haben Ihre Prinzi-
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Meine Erwartungen waren gar nicht so hoch, muss
ch sagen, aber die Geschwindigkeit, mit der Sie nach
ur sechs Wochen entgegen allen vorher gemachten Er-
lärungen diese Dinge einfach so von sich werfen und
ie Hand zu diesem Abkommen heben bzw. es einfach
assieren lassen, hat mich doch erstaunt.
Dabei war die Ausgangssituation im Grunde gut. Sie
atten alle möglichen Allianzen, die Ihnen zur Seite ge-
tanden hätten, um hier für wirklich gute Datenschutz-
tandards zu kämpfen. Sämtliche Bürgerrechtsorganisa-
ionen, der Bundesdatenschutzbeauftragte und die
uropäischen Datenschutzbeauftragten, der Bundesrat,
ie deutsche Bankenaufsicht, der BDI, das Europäische
arlament, alle Fraktionsvorsitzenden – natürlich der
rünen, aber auch Ihrer eigenen Fraktionen – im Euro-
äischen Parlament, all sie waren Alliierte, um für hohe
atenschutzstandards zu kämpfen. Sie haben dies nicht
enutzt.
Das ist umso erstaunlicher, als Sie bei den vielen va-
en, wachsweichen, butterweichen Vereinbarungen, die
ie in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, in ei-
em Punkt relativ klar waren. Als ich das las, dachte ich:
espekt. Sie haben nämlich geschrieben: Wir machen
WIFT nicht mit, ohne dass ein hohes Datenschutz-
iveau gehalten wird und effektive Rechtsschutzmög-
ichkeiten gegeben sind. Dieses Versprechen, das Sie so-
ar im Koalitionsvertrag verankert haben, haben Sie am
ontag gebrochen, indem Sie dieses Abkommen ohne
elevante, sondern mit rein kosmetischen Verbesserun-
en haben passieren lassen.
Die Unzufriedenheit in Ihren eigenen Reihen ist er-
eblich; man kann sie den Presseäußerungen entnehmen.
ie Justizministerin selbst spricht davon, dass sie un-
lücklich ist; so sei es nicht gemeint gewesen.
ch habe gehört, ein junger Kollege von Ihnen empfindet
ezüglich des Verfahrens und des Ergebnisses Brechreiz;
o stand es in der Zeitung. An dieser Stelle darf ich Ih-
en sagen: Sie sind nicht mehr in der Opposition. Diese
hetorik im Nachhinein ist gänzlich unangebracht. Sie
egieren mit, um mitzugestalten.
554 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Dr. Konstantin von Notz
Wenn man das dann beim entscheidenden Punkt, wenn
es darauf ankommt, nicht macht, dann muss man sich
fragen, ob man in der Regierung überhaupt gut aufgeho-
ben ist.
Statt einzugreifen und die Koalitionskarte zu ziehen, ha-
ben Sie es einfach passieren lassen. Vom Außenminister,
der Freiheitsstatue, ist seit Wochen kein Wort zu hören.
Er hätte ganz leicht einen Anruf bei Frau Merkel tätigen
und sagen können: So geht das nicht. Wir haben im Ko-
alitionsvertrag etwas anderes vereinbart. – Das haben
Sie bewusst nicht gemacht.
Nun haben wir als Ergebnis dieses beschämende Ver-
fahren, und die mühsam erkämpften europäischen Da-
tenschutzstandards werden jetzt zulasten von 500 Mil-
lionen Europäerinnen und Europäerin abgesenkt. Das
Erschreckendste daran ist, dass Sie bei dem einzigen
Punkt, bei dem Sie im Koalitionsvertrag Farbe bekannt
haben, eingeknickt sind.
– Von Ihnen habe ich gar nichts anderes erwartet, als
dass Sie für so etwas die Hand heben,
aber bei der FDP hatte ich noch seichte Hoffnung.
Wenn man bedenkt, dass Sie für alle anderen Punkte
bezüglich Bürgerrechten und Datenschutz nur wachs-
weiche Ergebnisse ausgehandelt haben und hier den ein-
zig kernigen Punkt aus Ihrem Koalitionsvertrag sofort
verraten haben, dann kann einem um die Bürgerrechte
und den Datenschutz in diesem Land unter dieser Regie-
rung nur angst und bange sein.
Herzlichen Dank.
Herr Kollege Dr. von Notz, das war Ihre erste Rede in
diesem Haus. Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich, verbun-
den mit den besten Wünschen für Ihre weitere parlamen-
tarische Arbeit.
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Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und
ollegen! Lieber Dieter Wiefelspütz, ich bitte, jetzt
uhe zu bewahren.
Lassen Sie mich einige Anmerkungen zu SWIFT ma-
hen. Wenn richtig gezählt wurde, werden pro Tag
1 Millionen Überweisungsdaten erfasst. Man kann sich
eicht vorstellen, dass unter einer Flut von 11 Millionen
aten am Tag eine Fülle von hochsensiblen Daten ist,
ie es zu schützen gilt, dass darunter aber auch Daten
anz anderer Art sind, aus dem Wirtschaftsleben und aus
em privaten Bereich, die dem Datenschutz unterliegen.
Nach den Ereignissen des 11. September 2001 war es
ur folgerichtig, dafür zu sorgen, dass die Daten, die zur
errorbekämpfung erforderlich sind, um die Finanz-
tröme unter Terroristen aufzudecken, herausgefiltert
erden.
ieses Ziel haben die USA mit Recht verfolgt und sind
abei – ich möchte es einmal so sagen – beherzt ans
erk gegangen.
Dieses Vorgehen war mit den Gesichtspunkten des
atenschutzes nach unserer Vorstellung nur noch am
ande in Übereinstimmung zu bringen. Deswegen ha-
en sich die Bundesregierung und die Europäische
nion bemüht, mit den Amerikanern zu verhandeln, um
icherzustellen, dass man einerseits nicht bei der Terror-
ekämpfung stört, andererseits aber den Erfordernissen
es Datenschutzes gerecht wird.
Im Ergebnis haben die Amerikaner der EU zugesagt,
ass sie mit den Daten, die sie herausfiltern, verantwor-
ungsvoll umgehen werden. Aufgrund dieser Zusage hat
er damals zuständige Bundesfinanzminister in einem
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 555
)
)
Dr. Hans-Peter Uhl
Brief amtlich festgestellt – ich zitiere die letzten Sätze
dieses Briefes –:
Wir danken Ihnen
– den USA –
für Ihre Mitwirkung in dieser Frage; sie zeigt, wie
sehr wir gemeinsam entschlossen sind, die bürgerli-
chen Freiheiten zu wahren, den Terrorismus zu be-
kämpfen und für ein reibungsloses Funktionieren
des internationalen Finanzsystems zu sorgen.
So äußerte sich Peer Steinbrück im Juli 2007 zu der Zu-
sage der USA.
Was ist nun neu?
Neu ist, dass diese Zusage in das SWIFT-Abkommen,
über das wir hier und heute diskutieren, Eingang gefun-
den hat. Jetzt werden diese Regelungen für beide Seiten
verbindlich.
Auf die Vorteile des SWIFT-Abkommens möchte ich
nicht im Einzelnen eingehen – ich nehme an, dass meine
Nachredner dies noch tun werden –, sondern nur eines
sagen: Bundesinnenminister de Maizière ist am Montag
dieser Woche nach Brüssel geflogen.
Dort hat er sogar noch mehr erreicht.
Er hat erreicht, dass die Geltungsdauer des Interimsab-
kommens auf neun Monate begrenzt wird.
Außerdem gibt es seit Montag dieser Woche unter Ju-
risten einen Streit darüber, welche Rolle das Europäische
Parlament in Bezug auf das Interimsabkommen spielt.
Es lässt sich mit guten Argumenten die Rechtsmeinung
vertreten, dass das Europäische Parlament dieses Inte-
rimsabkommen, das am Tag zuvor ausgehandelt worden
ist, nach dem Lissabon-Vertrag noch stoppen kann, in-
dem es dagegenstimmt,
sodass es nicht umgesetzt werden kann. Ich sage Ihnen:
Wie es um diese Rechtsmeinung steht, kann eigentlich
dahingestellt bleiben, weil die Europäische Kommission
niemals daran denken wird, dieses Interimsabkommen
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Zweitens. Das Europäische Parlament kann sich so-
ort an die Arbeit machen und mit den USA ein Nachfol-
eabkommen zu diesem Interimsabkommen, das in neun
onaten fertiggestellt sein muss, aushandeln. Das heißt,
as Europäische Parlament ist in einer doppelten Vorteil-
aftigkeit:
s kann das ausgehandelte Abkommen stoppen und ein
eues aushandeln.
Jetzt komme ich zu Ihnen, meine Damen und Herren
arteigenossen von Peer Steinbrück, der das Ergebnis,
as er ausgehandelt hat, so gut fand. Auch Sie sind auf-
erufen, ihm zu zeigen, dass man in Verhandlungen mit
en USA in Sachen Datenschutz noch mehr herausholen
ann.
as Nachfolgeabkommen wird natürlich auch vom deut-
chen Parlament begleitet werden können.
uch dies ist ein Ergebnis des Lissabon-Vertrages. Nach
em EU-Zusammenarbeitsgesetz kann der Bundestag im
inblick auf das Nachfolgeabkommen entscheiden, wel-
he Vorgaben er der Bundesregierung für die Verhand-
ungen mit auf den Weg gibt.
Ich fasse zusammen: Das Europäische Parlament ist
err des Verfahrens. Das deutsche Parlament ist auch
err des Verfahrens. Wir alle haben aus diesem Abkom-
en das Beste gemacht.
Einen letzten Satz zum Abstimmungsverhalten. Wa-
um hat sich Minister de Maizière enthalten?
556 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Dr. Hans-Peter Uhl
Das Abkommen, das wir am Montag zu behandeln hat-
ten, ist aus der Sicht des Datenschutzes zu unperfekt, um
ihm zuzustimmen; es ist aber aus der Sicht der Terrorbe-
kämpfung zu wichtig, um es abzulehnen. Deswegen war
die Enthaltung das Richtige.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Eva Högl für
die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Was für Pirouetten man hier drehen kann!
Aber ich beginne mit Europa. Gestern war ein wirk-
lich guter Tag für Europa: Der Vertrag von Lissabon trat
in Kraft. Damit haben wir eine super Rechtsgrundlage:
mehr Bürgernähe, mehr Transparenz, mehr Demokratie,
verbindliche Grundrechte und eine klare Zuweisung der
Kompetenzen. Das ist ein wirklicher Erfolg, den Europa
feiert.
Was aber leistet sich der Rat der Innenministerinnen
und Innenminister, und die deutsche Bundesregierung
beteiligt sich daran? Einen fulminanten Fehlstart und
eine gezielte Missachtung
nicht nur des Europäischen Parlaments, sondern auch
der Bürgerrechte. Einen schlechteren Start für den Ver-
trag von Lissabon hätte es nicht geben können.
Gerade das SWIFT-Abkommen wäre eine Möglichkeit
und eine gute Gelegenheit gewesen, das Vertrauen der
Bürgerinnen und Bürger in die Europäische Union und
in die jetzt auch auf der europäischen Ebene garantierten
Bürgerrechte zu stärken; aber das Gegenteil ist der Fall.
Wir haben mit dem Vertrag von Lissabon erreicht,
dass die wichtigen Bereiche der Justiz- und der Innenpo-
litik endlich vergemeinschaftet werden und das Europäi-
sche Parlament endlich mitentscheiden kann. Das ist
eine wichtige Errungenschaft; denn hierbei geht es im-
mer um Rechtsschutz und Bürgerrechte. Damit werden
diese wichtigen Bereiche nicht mehr hinter verschlosse-
nen Türen, sondern öffentlich verhandelt und beraten.
Mit dem Beschluss des Innenministerrates vom
Montag wird aber der Vertrag von Lissabon genau einen
Tag vor seinem Inkrafttreten bewusst ignoriert und das
Europäische Parlament gezielt missachtet. Das, sehr ge-
ehrter Herr Kollege Uhl, als Stärkung des Parlaments
hinzustellen und das Parlament als Herr des Verfahrens
zu bezeichnen, ist – gestatten Sie, wenn ich das sage –
einigermaßen absurd.
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it diesem abenteuerlichen Vorgang wird das Vertrauen
er Bürgerinnen und Bürger in die Europäische Union
nd in die europäische Demokratie nicht gestärkt, son-
ern mit Füßen getreten. Wenn jetzt nachträglich verein-
art wurde, dass das Europäische Parlament sich auch
och äußern darf, ist klar, dass dieser Geburtsfehler nie
ieder gutgemacht werden kann und dass es vom guten
illen des Rates abhängt, ob das Parlament beteiligt
ird.
Ich möchte an dieser Stelle jedoch nicht nur das Ver-
ahren kritisieren – und da gibt es viel zu kritisieren –,
ondern auch den Inhalt des Abkommens. Das SWIFT-
bkommen stellt einen gravierenden Eingriff in die
rundrechte der Bürgerinnen und Bürger dar. Das sagen
icht nur Datenschützerinnen und Datenschützer, das
agt auch die Kreditwirtschaft, das sagt der BDI, und das
agt nicht zuletzt der Landesgruppenvorsitzende der
SU im Europäischen Parlament.
ie Bundesregierung selbst führt es aus in ihrer Erklä-
ung, warum sie dem Abkommen nicht zustimmen
onnte: Wichtige Fragen des Datenschutzes – Löschung
nd Verwendung der Daten, gerichtlicher Rechtsschutz –
eien nur befriedigend geregelt; deshalb habe sie nicht
ustimmen können. Wenn die Bundesregierung zu die-
em Ergebnis gekommen ist, hätte sie sich niemals ent-
alten dürfen; denn es war völlig klar, dass sie mit ihrer
nthaltung ermöglicht, dass das SWIFT-Abkommen un-
erzeichnet wird und in Kraft treten kann. Wenn die Bun-
esregierung festgestellt hat, dass Grundrechte nicht
usreichend geschützt sind, wäre es ihre Pflicht gewe-
en, dieses Abkommen zu verhindern.
Ich stelle auch fest – mit Blick auf die Bundesministe-
in der Justiz –, dass der Koalitionsvertrag der Regie-
ungsparteien bereits wenige Tage nach seinem Inkraft-
reten obsolet ist.
m Koalitionsvertrag steht nämlich eine deutliche Pas-
age zu SWIFT: dass ein hohes Datenschutzniveau ge-
ordert ist.
Ich habe gelesen, dass die Bundesministerin der Justiz
iesem Abkommen nicht zugestimmt hätte, dass es ge-
en ihren Willen zustande gekommen sei. Frau Bundes-
inisterin, ich darf Sie fragen: Wo waren Sie in dieser
ebatte, wo waren Sie, als es um den Schutz der Grund-
echte ging?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 557
)
)
Dr. Eva Högl
Wir erinnern uns noch an Ihren Rücktritt im Zuge der
Debatte um den großen Lauschangriff. Wir werden das
nicht vergessen. Wir hatten damals großen Respekt vor
Ihnen, Frau Leutheusser-Schnarrenberger. Jetzt haben
Sie bereits, bevor Sie überhaupt angefangen haben zu re-
gieren, eine empfindliche Niederlage erlitten. Es ist eini-
germaßen abenteuerlich, wenn sich die Bundesregierung
an dem wichtigen Punkt „Datenschutz und Bürger-
rechte“ so erbärmlich präsentiert und auch von der FDP
nichts als heiße Luft kommt.
Ich komme zum Fazit: Die Bundesregierung schert
sich weder um den so wichtigen Vertrag von Lissabon
noch um die Grund- und Bürgerrechte. Es wurde erneut
eine wichtige Chance vertan, Europa der Bevölkerung
näherzubringen und eine bürgernahe Politik zu machen.
Ich hoffe sehr, dass wir, wenn es um die Ratifizierung
geht, hier im Bundestag zeigen, wie wichtig uns die Bür-
gerrechte und der Datenschutz sind. Ich hoffe natürlich
auch sehr, dass das Europäische Parlament dies ebenso
deutlich macht und dieses Abkommen ablehnt und der
Rat sich dann daran hält. Sie als Bundesregierung for-
dere ich auf: Korrigieren Sie Ihren Kurs zum Wohle aller
Europäerinnen und Europäer.
Herzlichen Dank.
Für die FDP-Fraktion spricht nun die Kollegin Gisela
Piltz.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr von Notz, ich will Ihnen, weil das heute Ihre Jung-
fernrede war – herzlichen Glückwunsch auch von uns
dazu –, einmal zugutehalten, dass Sie vergessen haben,
was unter Rot-Grün im Bereich der Bürgerrechte alles
umgefallen ist:
Luftsicherheitsgesetz, Terrorismusbekämpfungsgesetz,
Sie haben das Bankgeheimnis aufgegeben und das erste
Fluggastdatenabkommen verhandelt. Ihr Außenminister
ist das gewesen.
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ich jetzt hier hinzustellen und zu sagen: „Wir haben im-
er alles für Bürgerrechte getan“, ist so etwas von un-
edlich, dass das wirklich auf keine Kuhhaut mehr geht.
Die Zustimmung des Rates der EU zum SWIFT-Ab-
ommen stellt die FDP nicht zufrieden; das muss man
anz deutlich sagen.
uch die Begeisterung der CSU hält sich ja tatsächlich
n Grenzen; das ist hier allen bekannt. Insbesondere fehlt
in effektiver Rechtsschutz,
ie Löschungsfristen sind mit fünf Jahren zu lang,
uskunfts- und Berichtigungsrechte sind nicht vorgese-
en. Das wollen wir in Zukunft ändern.
ir teilen die Bedenken der Datenschützer und auch der
eutschen Wirtschaft. – Frau Künast, Lautstärke ersetzt
ein Argument.
as wollte ich Ihnen schon immer einmal sagen.
Ein Traumstart für den Datenschutz sieht in der Tat
nders aus; das wissen wir. Aus unserer Sicht ist es kein
berzeugendes Argument, ein schlechtes Abkommen zu
chließen, um überhaupt eines zu haben.
Gäbe es das Abkommen nicht, könnten die USA na-
ürlich auch über Rechtshilfeersuchen Daten abfragen;
as muss man einmal ganz klar sagen.
558 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Gisela Piltz
Aus unserer Sicht bestand auch keine Eile. Man hätte
sich gut und gerne die Zeit nehmen können, das Abkom-
men noch einmal besser nachzuverhandeln. Es tritt ja
erst am 1. Februar 2010 in Kraft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch
Sie können hier so laut brüllen, wie Sie wollen: Dieses
Ei haben Sie uns ins Nest gelegt.
Sie haben das zu verantworten – nicht diese Regierung,
sondern die Vorgängerregierung.
Erfunden hat das der SPD-Finanzminister Steinbrück
und nicht ein Minister dieser Regierung. Sie haben zwei
Jahre lang keinen Ton zu SWIFT gesagt.
Sie haben zwei Jahre lang den Mund gehalten. Sich jetzt
hier so aufzublasen, ist eine Unverschämtheit für den
Datenschutz; das muss hier einfach einmal gesagt wer-
den.
Wir haben hier Ihre Erblast übernommen, und Sie ha-
ben, obwohl die schwedische Ratspräsidentschaft noch
vor drei Wochen erklärt hat, es werde nicht nachverhan-
delt, den Mund wieder nicht aufgemacht. Wir haben mit
unserer Ministerin und dem Druck aus unserer Fraktion
erreicht, dass wenigstens noch nachgebessert worden ist.
Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.
Es ist immer noch besser gelaufen als mit Ihnen. Das
muss man hier einfach einmal klar und deutlich sagen.
Es ist so: Es endet in neun Monaten. Wir erwarten
von der Regierung und insbesondere von Ihnen, Herr
Bundesinnenminister, dass Sie das in unserem Sinne
nachverhandeln. Das ist unsere hohe Erwartung an Sie.
Wir helfen Ihnen dabei und sind, ebenso wie die CSU
und, ich denke, auch die CDU, an Ihrer Seite. Das gilt
auch für Ihre Fraktion im Europäischen Parlament.
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o, wie ich das gehört habe, hat Ihre SPD-Fraktion im
uropäischen Parlament im Moment nicht die Traute,
ein zu sagen. Auch das ist etwas, woran sich die SPD
n Sachen Datenschutz messen lassen muss.
ier im Bundestag die Klappe aufzureißen, aber in Brüs-
el nicht zu springen, bringt dem Datenschutz nichts.
enn Sie Verantwortung übernehmen müssen, tun Sie es
icht. Aber dann hier die anderen anzugreifen, ist billig.
as hätte ich Ihnen als Opposition gar nicht zugetraut.
Der Kollege Binding hat vor zwei Jahren gesagt – ich
arf das noch einmal aufgreifen –, dass Sie den Deut-
chen Bundestag mit einbeziehen wollten. Ich habe es
icht erlebt, dass wir als Deutscher Bundestag zum
WIFT-Abkommen gefragt worden sind. Wir werden
as jetzt nachholen. Wir werden den Deutschen Bundes-
ag mit einbeziehen. Schönen Gruß an Herrn Binding:
m Gegensatz zu Ihnen und Ihren Kollegen setzen wir
as um, was wir ankündigen.
Wie schon gesagt: Ein Traumstart für den Daten-
chutz sieht anders aus. Aber wir haben vier Jahre Zeit,
en Datenschutz in Deutschland zu verbessern.
Im Sport – ich komme gerade aus dem Sportaus-
chuss – wird beim ersten Fehlstart nicht gleich disquali-
iziert, sondern verwarnt.
anach geht es wieder an die Linie, und es wird erneut
estartet. Wir als FDP erwarten vom Bundesinnenminis-
er, dass er jetzt beim Datenschutz aufs Tempo drückt.
as haben Sie uns persönlich versprochen, sowohl beim
rbeitnehmerdatenschutz als auch bei der Stiftung Da-
enschutz. Wir nehmen Sie beim Wort. Verlassen Sie
ich darauf.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau für die
raktion Die Linke.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 559
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
US-Terrorfahnder und -Geheimdienste können weiterhin
auf sensible Bank- und Kontodaten von EU-Bürgerinnen
und -Bürgern zugreifen. Lange Zeit taten sie dies illegal.
Nun dürfen sie das legal. Das ist des Pudels Kern. Das
ergibt sich aus dem SWIFT-Abkommen, das jetzt be-
schlossen wurde. Die Linke hat diesen geheimen Daten-
zugriff immer abgelehnt, und wir tun das auch weiterhin.
Nun wird behauptet, das SWIFT-Abkommen zwi-
schen der EU und den USA sei besser als gar kein Ab-
kommen. Außerdem habe man ein wenig mehr Daten-
schutz vereinbaren können. Für mich klingt das wie „ein
bisschen schwanger“. „Ein bisschen schwanger“ gibt es
aber nicht. Das sollte sich selbst bis ins Bundeskabinett
herumgesprochen haben.
Das SWIFT-Abkommen legalisiert einen massiven
Einbruch in den Datenschutz. Verbriefte Bürgerrechte
werden damit außer Kraft gesetzt. Ich halte das für ver-
fassungswidrig. Verfassungsminister de Maizière hat das
zugelassen und damit alle Lobreden der neuen Regie-
rungskoalition auf Besserung beim Datenschutz getilgt.
Ich finde, das ist ein böses Omen.
Außerdem wird verniedlicht, die Laufzeit des Ab-
kommens betrage ja nur neun Monate; danach könne ein
neuer Vertrag kommen. Zur Erinnerung: Das belgische
Unternehmen SWIFT wickelt täglich rund 15 Millionen
Finanztransfers ab. Das macht binnen neun Monaten
rund 4,2 Milliarden Transaktionen. Das Wörtchen „nur“
ist daher völlig fehl am Platz.
Im Vorfeld der SWIFT-Vereinbarung gab es sogar
eine seltene Eintracht hier im Hause. Eine Mehrheit im
Bundestag schien dagegen, ebenso im Bundesrat. Daten-
schützer warnten, ebenso die Wirtschaft und selbst Ban-
ken. Es zeichnete sich also eine deutliche gesellschaftli-
che Mehrheit gegen dieses Abkommen ab. Diese
Mehrheit wurde ignoriert. Das ist Basta-Politik pur.
Man braucht auch nicht zu orakeln, warum der Rat
der Innenminister das SWIFT-Abkommen wenige Stun-
den vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages durchgezo-
gen hat. Das EU-Parlament sollte ausgeschaltet werden.
Dasselbe trifft übrigens auf den Bundestag zu.
Niemand muss sich daher wundern, wenn der allge-
meine Demokratieverdruss zunimmt. Immer mehr Bür-
gerinnen und Bürger fühlen sich ohnmächtig und ausge-
liefert. Das SWIFT-Abkommen sowie die Art und
Weise, wie es zustande kam, nährt solche Stimmungen
zusätzlich.
Kurzum: Die erste greifbare Tat der neuen CDU/
CSU-FDP-Regierung führt zu weniger Datenschutz und
weniger Demokratie. Das ist fürwahr bemerkenswert.
Nun lese ich, dass die Justizministerin gegen das Ab-
kommen war und es auch weiterhin kritisiert. Das nehme
ich der Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger sogar ab.
Sie hat in den 90er-Jahren schon einmal bewiesen, dass
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Ganz bestimmt. – Rund um das SWIFT-Abkommen
abe ich nichts von der Freiheitsstatue gehört. Es ist üb-
igens ganz normal, Kollege Notz, dass wir von dieser
ichts gehört haben; denn Statuen sprechen nicht. Sie
allen bestenfalls vom Sockel, und das ist offenbar er-
eut passiert.
Zurück zu Ihnen, Herr Minister de Maizière. Sie ha-
en auf die deutsche Bündnispflicht gegenüber den USA
erwiesen. Ich kenne allerdings kein Bündnisrecht, das
nser Grundgesetz außer Kraft setzt. Wohin ein solcher
ündnisschwur führen kann, erleben wir seit Jahren in
fghanistan. Auch deshalb bleibt die Linke dabei: Das
WIFT-Abkommen ist ein Gift-Abkommen. Wir lehnen
s ab.
Das Wort hat nun der Bundesminister des Innern,
r. Thomas de Maizière.
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
ern:
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Die Kollegen Uhl und Piltz haben schon etwas
u den Sozialdemokraten gesagt. Es tut mir ein bisschen
eid, weil wir mit den Sozialdemokraten in gemeinsamer
egierungsverantwortung waren und natürlich zu all
em stehen, was da beschlossen wurde. Aber wo Frau
iltz recht hat, hat sie recht.
s ist nicht nur der Kollege Steinbrück, der sich im Rah-
en der deutschen Präsidentschaft mit einer einseitigen
usicherung der Amerikaner zufriedengegeben hat, son-
ern es war auch der deutsche Außenminister, der im
ommer 2009 für den Europäischen Rat das Mandat ge-
eben hat, ein solches Abkommen auszuhandeln, und
war binnen eines halben Jahres. Damals war völlig un-
lar, ob der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt oder nicht.
Ganz ruhig, Herr Wiefelspütz! Ich rede über den Zeit-
lan. – Wir in der damaligen Koalition, Herr Steinbrück,
err Steinmeier und ich, tragen auch Verantwortung für
iesen Zeitplan. Deswegen finde ich das, was die Sozial-
emokraten hier machen, geradezu aberwitzig, weil sie
560 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
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Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des InnernBundesminister Dr. Thomas de Maizière
so tun, als ob sie bis vor wenigen Wochen nicht in der
Regierung gewesen wären.
Das Abkommen hält sich im Übrigen im Rahmen dieses
Mandats, das wir in der Regierung gemeinsam abgespro-
chen hatten, und führt sogar zu weiteren Verbesserun-
gen.
Frau Pau, Ihre ganze Argumentation beruht auf der
Behauptung, es gebe weiterhin Zugriff. Das trifft nicht
zu. Dieses Abkommen sichert gerade im Verhältnis zum
jetzigen Zustand, dass es keinen Zugriff mehr gibt. Zu-
griff gab es in den USA, wo der Server steht. Nun gibt es
keinen Zugriff mehr, sondern ein Ersuchen bei einem na-
tionalen Mitgliedstaat, Daten zu bekommen. Es ist etwas
ganz anderes, ob man zugreifen kann oder ob man fragt,
ob man Informationen bekommt.
Anders als jetzt gibt es eine enge Zweckbindung. Es
gibt zudem keine Rasterfahndung. Die Löschungsfristen
von fünf Jahren sind lang; das hat Frau Leutheusser-
Schnarrenberger kritisiert. Das ist wahr. Aber ich will
schüchtern daran erinnern, dass für unsere Banken intern
ebenfalls Löschungsfristen von fünf Jahren gelten. Im
deutschen Geldwäschegesetz steht, dass die Banken eine
Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren einzuhalten haben.
Ganz abwegig ist also eine Löschungsfrist von fünf Jah-
ren nicht. Bevor man andere Staaten kritisiert, sollte man
bei sich selber anfangen.
Wir haben nun gerichtlichen Rechtsschutz, was es
bisher überhaupt nicht gab. Es gibt keinen Rechtsschutz
in Amerika. Das ist wahr und nicht zufriedenstellend.
Aber es gibt zum ersten Mal gerichtlichen Rechtsschutz
über die Grenzen der Nationalstaaten hinweg; das ist
gut. Zudem gibt es eine Überprüfung nach sechs Mona-
ten.
– Darf ich vielleicht einmal ausreden? Ich kann auch ein-
fach weiterreden, und Sie quatschen weiter dazwischen.
Es gibt also eine Überprüfung nach einem halben
Jahr. Zum ersten Mal haben wir – unter Beteiligung eu-
ropäischer Datenschutzbeauftragter – die Möglichkeit,
in den Vereinigten Staaten zu überprüfen, ob dieses Ab-
kommen eingehalten wird oder nicht. Das ist nach unse-
rer Meinung nicht gut genug, aber das hat es noch nie
gegeben und ist deswegen prinzipiell gut. Wir haben da-
rüber hinaus noch weitere Verbesserungen erreicht, auch
nach der Koalitionsvereinbarung. Das betrifft insbeson-
dere den Punkt, dass sämtliche Zahlungsverkehre im Eu-
roraum nicht Gegenstand dieses Abkommens sind. Das
sind nun einmal die allermeisten,
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as ist ein neuer Fortschritt, den wir herbeigeführt ha-
en,
nd das ist eine Reaktion auf die Kritik gewesen.
Wenn man das alles in allem bewertet, so muss ich sa-
en, Frau Pau: Es gibt keine Bündnispflicht, es gibt aber
ündnistreue. Deswegen sage ich Ihnen, dass nach unse-
er Auffassung die Zusammenarbeit mit den USA in al-
en Fragen der Terrorbekämpfung für Deutschland und
ie Europäische Union zur Aufrechterhaltung unserer
ffentlichen Sicherheit essenziell ist
nd deswegen einen hohen politischen Wert hat. Das war
er erste Grund, warum ich im Ergebnis das Abkommen
abe passieren lassen. Das ist aber nicht der einzige
rund gewesen. Der zweite Grund ist: Nach meiner
uffassung ist dieses Abkommen nicht vollständig be-
riedigend, aber es erhöht den Datenschutz erstens ge-
enüber der bisherigen faktischen Lage. Damit, mit Ver-
aub, ein Wort an die Grünen, obwohl es schon länger
er ist, dass Sie regiert haben: Ich habe von Ihnen nie et-
as darüber gehört, dass es einen Zugriff auf Daten in
en Vereinigten Staaten von Amerika gab. Zweitens er-
öht es den Datenschutz gegenüber der zukünftigen
echtlichen Lage, weil ab 1. Februar 2010 nur das allge-
eine EU-Rechtshilfeabkommen gelten würde, und die-
es Abkommen schränkt dieses Rechtshilfeabkommen
ugunsten des Datenschutzes ein. Für die Bürger der EU
ndert sich an dem Datenschutzniveau durch dieses Ab-
ommen nichts, aber wir erhöhen den Datenschutz für
as, was in Amerika passiert. Das, glaube ich, kann sich
nsgesamt sehen lassen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 561
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Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des InnernBundesminister Dr. Thomas de Maizière
Regierungspolitik – Oppositionspolitik ist etwas an-
deres – hat mit Verhandeln, Abwägen und Entscheiden
zu tun. Oppositionspolitik hat etwas damit zu tun, dass
man gegen eine Wand läuft und so tut, als gäbe es das
nicht.
– Frau Künast, ich habe durch meine Enthaltung natür-
lich eine Entscheidung mit herbeigeführt. Da rede ich
gar nicht drumherum. Normalerweise wirkt eine Enthal-
tung so, als ob man keine Entscheidung trifft. Mir war
klar, dass diese Enthaltung deutlich macht, dass wir das
nicht gut genug finden, aber ein solches Abkommen pas-
sieren lassen können.
Nun will ich, Frau Piltz, gern hier öffentlich sagen,
dass ich – auch gemeinsam mit der FDP und diesem Par-
lament – alles tun will, um das Datenschutzniveau und
auch den Datenschutz allgemein, wie ich an anderer
Stelle deutlich gemacht habe, zu verbessern. Ich will nur
sagen: Das geht ab jetzt mit qualifizierter Mehrheit. Ich
habe mich im Europäischen Rat umgeschaut. Wir hätten
keine qualifizierte Mehrheit gegen dieses Abkommen
zustande bekommen.
Das ist jetzt keine Kritik am Lissabon-Vertrag. Wir ha-
ben sogar wegen des Einstimmigkeitsprinzips mehr er-
reicht, als wir vielleicht mit qualifizierter Mehrheit hät-
ten erreichen können.
Ich sage das nicht, weil wir uns nicht alle Mühe geben
wollen. Nur, ob mit der Regelung des Lissabon-Vertrags
die selbstbewusste Wahrnehmung deutscher Interessen
in der Innen- und Rechtspolitik immer leichter ist als mit
dem Einstimmigkeitsprinzip, werden wir noch sehen.
Darüber werden wir hier noch engagierte Debatten füh-
ren. Wir werden noch oft die Unterstützung der Sozial-
demokraten und der Grünen im Europäischen Parlament
und hier brauchen. Ich hoffe, wir bekommen sie dann
auch, wenn wir jetzt so verhandeln, dass es ab 1. Januar
2011 ein Abkommen gibt, das uns alle zufriedenstellt
und das Datenschutzniveau noch weiter erhöht.
Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Gerold Reichenbach
für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-
legen! Herr Minister, zunächst einmal muss man eines
klarstellen: Es geht nicht um das, was in der Vergangen-
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Frau Piltz, ich darf Sie selbst zitieren. Sie haben eben
esagt: Wo Sie die Möglichkeiten haben, tun Sie nichts;
ber hier die anderen angreifen, das ist billig. Genau das
ar Ihre Strategie.
ir haben in diesem Hause erlebt, dass die FDP in der
ebatte über die Regierungserklärung nach dem Prinzip
orgegangen ist: Früher gab es keinen Datenschutz, und
ir werden in der Regierung jetzt einmal zeigen, wie
atenschutz aussieht. Sie sind dazu mit einer profilierten
inisterin angetreten. Sie, Frau Piltz, haben hier, auch
nter Beschimpfung der Vorgängerregierung, große
prüche gemacht. Wenn ich mir jetzt anschaue, was
brig geblieben ist, Frau Ministerin, dann fühle ich mich
n Heinrich Hoffmann erinnert: „… und die Mutter bli-
ket stumm auf dem ganzen Tisch herum“, aber sonst an
ichts.
Sie treten in einer Koalition an und wollen den Daten-
chutz profiliert vorantreiben. Angesichts dessen erwarte
ch, Frau Ministerin, dass Sie dazu nicht nur unverbind-
ich in der Presse, sondern auch hier im Parlament Stel-
ung nehmen und deutlich machen, wo die Differenzen
wischen Ihnen und dem Innenminister liegen.
ch frage mich: Wurde es im Bundeskabinett themati-
iert, und wie war die Position der liberalen Minister
azu?
Eines ist doch völlig klar – Sie haben es eben deutlich
emacht –: Natürlich bedeutete diese Enthaltung fak-
isch – das wusste jeder, der dementsprechend handelte –
ie Ermöglichung, dass dieses Abkommen zustande
ommt,
562 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
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)
Gerold Reichenbach
und deswegen soll man sich dabei nicht herumdrücken.
Im Vorfeld habe ich vonseiten der FDP großsprecheri-
sche Aussagen gehört: Das ist die Koalitionsfrage; das
wird mit uns nicht zu machen sein. Schauen Sie sich die
heutigen Kommentierungen aus der Wirtschaft, aber
auch der eigenen Parteifreunde in den Medien an! Im In-
ternet habe ich folgende Aussage Alvaros gefunden:
Ich stelle mir die Frage, ob de Maizières Alleingang
im Rat den Gepflogenheiten demokratischer Tradi-
tionen noch entspricht.
Das sagt Ihr eigener Parteikollege im Europaparlament,
und dennoch tragen Sie das hier im Parlament mit.
Ich könnte noch eins draufsetzen, Herr Uhl. Ihr Kol-
lege Elmar Brok sagte vorgestern Abend auf Phoenix
wortwörtlich – ich bitte, zitieren zu dürfen, ohne mir
eine Ermahnung einzufangen –: „Das ist eine ausge-
machte Sauerei.“
Dann wird auch deutlich, dass man an dieser Stelle, viel-
leicht weil man aus irgendwelchen Gründen glaubte, ge-
genüber den Vereinigten Staaten Bündnistreue leisten zu
müssen, vorschnell eingeknickt ist.
Ich kann nur in Richtung FDP sagen: Wir haben zu
Beginn dieser Legislaturperiode nicht nur erlebt, wie in
Rekordzeit ein Minister ausgewechselt wurde, sondern,
Frau Piltz und liebe Kolleginnen und Kollegen von der
FDP, wir haben hier auch erlebt, wie in Rekordzeit aus
einem Datenschutztiger ein Bettvorleger geworden ist.
Ich frage mich hier schon, wo der liberale Lautsprecher,
der heute Vizekanzler ist, geblieben ist. Das Handels-
blatt schreibt dazu: „Umso mehr war der Außenminister
gefragt.“ Wenn es stimmt, dass auch Druck seitens der
Amerikaner dahintersteht – der Innenminister hat es ja
indirekt bestätigt, indem er sagte, wir sind in der Bünd-
nispflicht –, dann ist der Kommentierung des Handels-
blattes, das ja nun wirklich kein sozialdemokratisches
Kampfblatt ist,
zuzustimmen:
Dann hätte er nicht nur als liberaler Politiker, son-
dern auch als Staatsmann versagt.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
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Doch. Ihr Problem ist – das hat man ja vorhin an der
ede von Herrn Reichenbach gemerkt –: Sie befinden
ich sozusagen im Zustand einer stärker werdenden Am-
esie. Das ist die Diagnose.
as können Sie auch bei den Grünen beobachten. Die
ind immer noch im Zustand der Amnesie. Deswegen
chicken sie in dieser Debatte auch einen jüngeren Red-
er nach vorne.
Eben, Frau Künast, das ist ja das Kernproblem: Brül-
en ersetzt keine Argumente.
Gleichwohl wird man zwei Dinge auch in Richtung
es Bundesinnenministers kritisieren müssen.
Das Erste ist, dass man zu früh darüber gesprochen
at, man werde sich möglicherweise enthalten. Wir alle
issen, wie Verhandlungen in Brüssel laufen. Solche
erhandlungen werden oftmals in Nachtsitzungen zu an-
eren Ergebnissen geführt, als man sie vorher erwartet
at. Wenn man deutlich mit einem Nein gedroht hätte,
äre in diesem Abkommen nach meiner Meinung auch
ehr Datenschutz erreichbar gewesen, als erreicht wor-
en ist. Dass überhaupt etwas erreicht worden ist, ver-
anken wir unserer Bundesjustizministerin, die in der
ergangenen Woche klar Wort für mehr Datenschutz in
iesem Abkommen geführt hat, und der FDP-Fraktion,
ie das auch klar gesagt hat. Das ist unser Erfolg. Das
ann an dieser Stelle auch mit Recht gesagt werden.
Ich teile auch nicht das Argument, dass ein schlechtes
bkommen besser sei als gar kein Abkommen. Abkom-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 563
)
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Christian Ahrendt
men, die man schließt, haben immer Folgewirkungen,
weil man mit demjenigen, der mit dem Abkommen für
sich eine positive Grundlage erreicht hat, dann erst er-
neut verhandeln muss, dass er diese wenigstens zum Teil
wieder aufgibt. Deswegen haben Sie mit Ihrer Entschei-
dung in Brüssel auch eine Bringschuld übernommen: Sie
stehen in der Pflicht, in den künftigen Verhandlungen,
die es nach Ablauf der Frist für SWIFT geben wird, für
mehr Datenschutz, nämlich Datenschutz auf dem Ni-
veau, das wir hier in Deutschland haben, in diesem Ab-
kommen zu sorgen. Das ist die Bringschuld, die Sie ge-
genüber der FDP-Fraktion, aber auch gegenüber diesem
Haus, dem Datenschutz und den Bürgerinnen und Bür-
gern in Deutschland haben.
Ein zweiter Aspekt, über den man, wie ich glaube,
nicht so leicht hinweggehen kann – er ist hier allgemein
kritisiert worden –, ist der Umstand, dass man dieses Ab-
kommen tatsächlich wenige Stunden bevor der Vertrag
von Lissabon in Kraft getreten ist verabschiedet hat. Es
wäre gut gewesen, wenn sich der Ministerrat hier zu-
rückgenommen hätte. Es wäre gut gewesen, wenn man
das Europäische Parlament entsprechend in die Debatte
eingebunden hätte.
Datenschutz berührt Grundrechte. Das Europäische Par-
lament hat eine hohe Legitimation. Es ist in freien und
gleichen Wahlen gewählt worden, und es ist damit auch
Quelle der Legitimation für Entscheidungen, die in
Grundrechte eingreifen. Das hätte man bedenken müs-
sen. Wenn Sie diesen Gedanken ins Feld geführt hätten,
dann hätten Sie auch ein Nein zu dem SWIFT-Abkom-
men sehr gut begründen können, ein Nein, das Ihnen
auch als Verfassungsminister gut zu Gesicht gestanden
hätte.
Ich sage das noch einmal: Wir sind von dem Abkom-
men enttäuscht. Es wird jetzt darauf ankommen, mit dem
Europäischen Parlament bessere Ergebnisse zu errei-
chen. Dazu kann die Fraktion der SPD mit ihren Kolle-
gen im Europaparlament einen Beitrag leisten. Ich gehe
einmal davon aus, dass sich Frau Lambrecht und Herr
Reichenbach persönlich dafür einsetzen werden, dass
ihre Abgeordneten im Europaparlament gegen SWIFT
stimmen werden – das ist eine Möglichkeit, die unsere
Verhandlungen und unser Druck mit Blick auf dieses
Abkommen eröffnet haben –, und dann wollen wir ein-
mal sehen, wie Sie sich an dieser Stelle positionieren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun der Kollege Josef Philip Winkler
für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen
nd Kollegen! Der 30. November 2009 geht als schwar-
er Tag für die Bürgerrechte und die parlamentarische
emokratie in die Geschichte der Europäischen Union
in. Schuld daran sind zwei Fraktionen in diesem Hohen
ause, die die Regierung tragen, nämlich die FDP- und
ie CDU/CSU-Fraktion. Das muss ich nach dieser De-
atte noch einmal deutlich betonen.
Herr Kollege Ahrendt, wenn Sie sich hier schon als
arlamentarischer Hilfsdiagnostiker betätigen und bei
inzelnen Fraktionen des Hauses Amnesie diagnostizie-
en, muss ich Ihnen sagen: Was Sie hier gezeigt haben,
ar mindestens ein Fall von politischer Schizophrenie,
ber im schwersten Stadium.
Unter Ausschluss jeglicher parlamentarischer Mitbe-
timmung wurde durch die Enthaltung von dem Herrn
undesinnenminister ein Datenschutz-Dumping einge-
eitet, das nur noch schwer aufzuhalten ist. Mit dieser
ntscheidung wurde den USA ein Blankoscheck ausge-
tellt, mit dem unser Grundrechtsschutz zur leeren Hülle
u werden droht. Dabei hilft es überhaupt nicht, Herr
inister, dass Sie sagen, es sei nur ein Interimsabkom-
en. Fakt ist doch: Der SWIFT-Server war in den USA
ewesen, und dieses Unternehmen hat gesagt: Wir wol-
en dem Zugriff durch die amerikanischen Behörden
icht ausgeliefert sein. Deswegen wollen wir nach Bel-
ien gehen. – Und wie reagieren Sie darauf? Sie handeln
und wollen uns das allen Ernstes als Verbesserung des
atenschutzes verkaufen – ein Abkommen mit den USA
us, das unsere Standards unterläuft.
ie können als Innenminister nicht ernsthaft erwarten,
ass wir das als Begründung akzeptieren.
Herr Kollege Uhl, es ist doch eindeutig, dass es die
ntscheidungsmöglichkeiten des Europaparlamentes ein-
chränkt, wenn Sie jetzt in Verhandlungen mit der ameri-
anischen Seite einsteigen und Verbesserungen und Ver-
nderungen an Stellen durchsetzen wollen, die Sie nicht
ür richtig halten, die wenige Monate zuvor im Europäi-
chen Rat noch eine Mehrheit gefunden haben. Das kön-
en Sie doch nicht allen Ernstes als Verbesserung der
öglichkeiten der parlamentarischen Begleitung durch
as Europaparlament verkaufen, wie Sie das vorhin hier
emacht haben. Erkundigen Sie sich einmal bei Ihren
olleginnen und Kollegen im Europaparlament;
564 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Josef Philip Winkler
die werden sich für diese Art der Interpretation herzlich
bedanken!
Es handelt sich um einen würdelosen Vorgang. Es ist
quasi eine Beleidigung des europäischen Parlamentaris-
mus, diese Entscheidung einen Tag – genauer gesagt
fünf Stunden – vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages
herbeizuführen.
Das war Ihre erklärte Absicht und die erklärte Absicht
der Bundesregierung und des Europäischen Rates, egal
was Sie hier vorgetragen haben. Sie wollten es entschie-
den haben, damit die Mitglieder des Europäischen Parla-
ments ihre angemessene Kritik nicht in einer rechtlich
bindenden Form einbringen können. Das finde ich schä-
big.
Nun zur FDP-Fraktion. Frau Piltz hat hier kraftvoll
vorgetragen. Hätten Sie nur so kraftvoll in Bezug auf
Ihre Ministerin oder in Richtung des Innenministers vor-
getragen!
Dann hätten wir – ebenso wie die Bürgerrechte in
Deutschland und in Europa – alle mehr davon, als wenn
Sie jetzt kraftvolle Zwischenrufe machen und kraftvolle
Reden halten. Reden Sie doch einfach einmal mit Ihrem
Koalitionspartner über solche Themen!
Haben Sie denn keine Koalitionsrunde? Wofür gibt es
das denn? Ich nehme es Ihnen schlicht und ergreifend
nicht ab, dass dieses Thema ein Kernthema Ihrer Politik
ist; denn Sie haben selber bewiesen – der Innenminister
hat sich nämlich enthalten –, dass Ihnen das wurscht ist.
Frau Justizministerin, Sie und Ihre gesamte Partei ha-
ben Ihren Wählerinnen und Wählern eine Renaissance
der Bürgerrechte versprochen. Das ist aber keine Renais-
sance, das ist allenfalls – wenn man es gut meint – Bie-
dermeier: Rückzug ins Private vor dem bösen Koali-
tionspartner im Staate.
– Frau Präsidentin, das ist ein Fall für Sie. Wenn Herr
Grindel von Brandstifter spricht, dann hat man das Ge-
fühl, er habe zu oft in den Spiegel geschaut. Aber egal.
Es hilft den Bürgerrechten nichts, wenn sie in Sonn-
agsreden auf Parteitagen der FDP und in der FDP-Frak-
ion verteidigt werden, von der Bundesregierung aber
ntsprechende Maßnahmen nicht ergriffen werden, um
ür ein Abstimmungsverhalten zu sorgen, das der Mei-
ung der FDP wenigstens ansatzweise entspricht.
Sie haben sich nicht durchgesetzt. Sie sollten in Zu-
unft vielleicht etwas kleinlauter argumentieren.
ie sind mit Sicherheit nicht die Anwälte und Anwältin-
en der Bürgerrechte. Wer solch einen Anwalt hat, dem
ann man wirklich nur raten, den Anwalt zu wechseln.
Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Armin Schuster für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-
en und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Her-
en! Die Opposition diskutiert in diesem Zusammenhang
eit einer Stunde in erster Linie Verfahrens- und Daten-
chutzfragen.
ch möchte Ihre geschätzte Aufmerksamkeit gerne auf
inen entscheidenden Aspekt lenken, der mir sehr wich-
ig ist, nämlich die Frage: Was kommt eigentlich innen-
olitisch hinten heraus, wenn man das Abkommen um-
etzt?
Erstens. Wir erhalten – dieser Punkt kommt mir in
ieser Debatte zu kurz – wertvolle Anhaltspunkte zur in-
ernationalen Terrorismusfinanzierung, zu Zielpersonen
n Deutschland, zu Strukturen und Hintermännern, wo-
auf man auf gar keinen Fall verzichten kann. Das ist
uch keine blanke Theorie. Wir haben in den vergange-
en Jahren Meldungen über circa 100 relevante Treffer
er Amerikaner erhalten, die für uns in diesem entschei-
enden kriminalpolizeilichen Feld sehr wichtig sind.
Zweitens. Ich bleibe dabei, egal was die Damen und
erren der Opposition sagen: Wir erhalten mit diesem
bkommen ein verbindliches Datenschutzniveau,
as im Zusammenhang mit SWIFT-Datenauswertungen
eit acht Jahren in Deutschland so noch nie bestanden
at. Das ist ein Erfolg.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 565
)
)
Armin Schuster
Der Zweck des Abkommens besteht darin, die finan-
ziellen Beatmungssysteme des internationalen Terroris-
mus zu identifizieren und auf diese Weise Kenntnis von
Verdachtsfällen zu bekommen und Fahndungshinweise
zu erhalten. Das hat sich seit Jahren in der Praxis be-
währt, war aber datenschutzrechtlich nach deutschen
Maßstäben kaum bis gar nicht geregelt.
Das heute diskutierte Abkommen legt jetzt endlich
verbindliche juristische Standards für diese Praxis fest.
Von 2001 bis 2004 gab es eine amerikanische Selbstbe-
dienung. Das hat hier keinen Menschen gestört.
Ich muss Sie nicht daran erinnern, wer zu dieser Zeit re-
giert hat. Seit 2007 arbeiten wir datenschutzrechtlich mit
einer von Herrn Steinbrück akzeptierten einseitigen, vor-
läufigen Zusicherung der USA – eine tolle Konstruktion –,
datenschutzrechtliche Mindeststandards gegebenenfalls
einzuhalten. Da waren wir, gemessen an der Entrüstung,
die bei Ihnen jetzt ausbricht und die ich überhaupt nicht
verstehe, verdammt großzügig.
– Herzlichen Dank für die Information. Aber ich recher-
chiere auch sehr gut.
Meine Damen und Herren, wir beenden diesen Zu-
stand. Wir haben wesentliche Forderungen des Bundes-
rates in das Abkommen übernommen. Beispielsweise
sind Missbrauchsvorkehrungen verankert. Der Zugriff
der US-Fahnder ist nur bei konkretem Terrorverdacht
gestattet.
Dies prüft die belgische Behörde, bei der um eine Daten-
übermittlung ersucht werden muss, bevor man an die
Daten herankommt. Zudem sind Echtzeitprüfungen im
Rahmen von SWIFT vorgesehen. Dies alles sind recht
große Hürden.
Jetzt kommt das Entscheidende: Außer Griechenland,
Ungarn und Österreich hätte kein anderer europäischer
Partner bei solchen Hürden mitgemacht. Wir haben gera-
dezu Glück, dass wir mit dieser Enthaltung das Ganze
durchbekommen haben; wenn es hier um eine Mehr-
heitsentscheidung gegangen wäre, hätten wir es auf die-
sem Niveau nie durchbekommen, obwohl der französi-
sche Richter bei internationalen Prüfungen feststellt: Ihr
braucht euch keine Sorgen zu machen; dieses System
wird von den Amerikanern sicher angewandt. Das haben
wir erreicht!
Für mich ist das ein klarer Verhandlungserfolg. Ich
betone: Wir sind auf dem Weg zu den hohen deutschen
Datenschutzstandards, von denen wir einige Europäer
noch überzeugen müssen. Ich wiederhole: Wir sind auf
dem Weg und noch nicht am Ziel.
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Wir wollen die Strukturen weltweit agierender Terror-
rganisationen identifizieren. Dafür sind internationale
inanzermittlungen unverzichtbar. Deshalb war die Ent-
altung Deutschlands in Brüssel für mich in dreifacher
insicht goldrichtig:
Erstens. Wir haben weiterhin klare Verhältnisse in der
errorismusbekämpfung und bleiben ein zuverlässiger
artner im transatlantischen Bündnis.
Zweitens. Wir haben dem Recht auf informationelle
elbstbestimmung des Einzelnen in Deutschland deut-
ich mehr Geltung verschafft, als das in den vergangenen
ahren der Fall war.
Drittens. Wir haben in der Europäischen Union und
egenüber den USA ein klares Ausrufungszeichen ge-
etzt, dass wir die kommenden Monate nutzen werden,
m im endgültigen Abkommen deutsche Datenschutz-
tandards noch stärker zu betonen.
Diese Lösung ist verantwortungsvoll, europäisch und
raktikabel. Das ist Politik für die Wirklichkeit.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Schuster, dies war Ihre erste Rede in
iesem Haus. Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich dazu und
ünsche Ihnen für Ihre weitere Arbeit eine glückliche
and, viel Freude und Erfolg.
Nun hat das Wort die Kollegin Christine Lambrecht
ür die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Ich darf meinem Vorredner zu seiner ersten
ede hier im Parlament gratulieren. Ich kann ihm aber
566 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
)
)
Christine Lambrecht
nicht zu dem Inhalt gratulieren, den er hier vorgetragen
hat. Herr Schuster, Sie haben gesagt, es seien die Voraus-
setzungen dafür geschaffen worden, dass Daten nur dann
übermittelt werden, wenn ganz konkrete Verdachts-
gründe benannt worden seien. Dazu kann ich nur sagen:
Sie hätten sich, insbesondere in Vorbereitung für Ihre al-
lererste Rede hier im Parlament, die Mühe machen sol-
len zu recherchieren, und hätten vielleicht, wie dies zu-
mindest bei Juristen üblich ist, einen Blick in das Gesetz
werfen sollen. An dieser Stelle würde ich Ihnen raten,
Art. 5 Abs. 2 des Abkommens nachzulesen. Dort steht
nämlich, dass auf der Grundlage bereits vorliegender In-
formationen oder Beweisinformationen, die die An-
nahme stützen, dass der Gegenstand der Abfrage einen
Bezug zu Terrorismus oder Terrorismusfinanzierung hat,
eine Datenübermittlung möglich ist. Mit Verlaub, mit
konkreten Verdachtsmomenten hat es nun wirklich
nichts zu tun, wenn ich das alles auf die Annahme stütze.
Ich würde also ausgerechnet in der ersten Rede nicht ei-
nen solchen Quatsch erzählen.
Zu den Beiträgen der Redner aus der neuen Koalition
muss ich sagen: Man hat nicht gemerkt, dass die FDP
mittlerweile in der Regierungsverantwortung ist. Frau
Piltz hat im üblichen Reflex SPD und Grüne beschimpft
und Behauptungen aufgestellt. Herr Ahrendt hat sich
dann darauf eingeschossen, den CDU-Minister zu kriti-
sieren und ihm zu erklären, was alles falsch gelaufen ist.
Vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt: Sie sind mit
in der Regierungsverantwortung und müssen dann auch
dafür stehen.
– Wir waren es; aber Sie sind es jetzt. Deswegen müssen
Sie sich das, was Sie einmal ausgesagt haben, anrechnen
lassen. Sie hätten ansonsten nicht in Ihrem Koalitions-
vertrag festschreiben dürfen, dass Sie beim SWIFT-Ab-
kommen ein hohes Datenschutzniveau, also strikte
Zweckbindung und Löschen der Daten, wollen.
– Sie wollen das erreichen. Wir reden über Sie, nicht
über uns. Sie sind an der Regierung, wir leider nicht; da
haben Sie recht. Es ist schade, dass wir nicht in der Ver-
antwortung stehen, aber das ist nun einmal so.
Es bringt uns nicht weiter, dass Sie im Koalitionsvertrag
festschreiben, sich für einen „effektiven Rechtsschutz“
und „klare Regelungen bezüglich Weitergabe“ der Daten
an Drittstaaten einzusetzen, wenn am Ende überhaupt
nichts dabei herauskommt.
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Wer am 27. September die FDP gewählt hat, weil er
llen Ernstes geglaubt hat, sie stehe für das, was sie ver-
pricht, nämlich für Bürger- und Freiheitsrechte sowie
atenschutz, kann heute die Augen schließen. Das, was
r dann sieht, das hat er bekommen, nämlich nichts.
Schauen Sie sich einmal an, was Sie hier erreicht ha-
en!
Sie haben mehr erreicht als wir; denn wir sind nicht in
er Regierung, da haben Sie völlig recht. So langsam hat
an den Eindruck, Sie hätten schon die Nase voll davon,
n der Verantwortung zu stehen. Es wird aber wahr-
cheinlich noch eine Weile so weitergehen, dass Sie sich
nhören müssen, wo Ihre Fehler liegen. Herr Ahrendt,
ie haben diese Aufgabe selbst übernommen: Sie über-
ehmen die Aufgabe der Opposition, indem sie uns er-
lären, was Herr de Maizière bei den Verhandlungen al-
es falsch gemacht hat. Da kann ich nur sagen: Schade,
ass Sie das nur hier erklären; die zuständige Ministerin
ätte es im Kabinett deutlich erklären und dafür sorgen
üssen, dass es zu entsprechenden Konsequenzen
ommt.
Frau Leutheusser-Schnarrenberger, in der ersten De-
atte, die wir hier geführt haben, sind Sie aus den Reihen
er Opposition auf SWIFT angesprochen worden. Sie
aben dann gesagt: „Warten Sie einmal ab …!“ Alles,
as wichtig sei, komme noch in das Abkommen
inein. – Sie können das im Plenarprotokoll nachlesen.
eute muss ich sagen: Sie haben nichts erreicht. Damals
aben Sie also nur Nebelkerzen geworfen und den Ein-
ruck erweckt, Sie seien eine tatkräftige Ministerin, die
etzt hier eingreife.
Was passiert heute? Nachdem Sie nichts erreicht ha-
en, versprechen Sie uns, bei der nächsten Runde werde
lles besser und Sie würden dafür sorgen, dass der Da-
enschutz eingehalten wird. Ich muss Ihnen sagen: Die
orschusslorbeeren sind zu Unrecht an Sie gegangen.
ittlerweile haben Sie Ihre Position, für die Sie gewählt
urden und wegen der Sie persönlich ein hohes Ansehen
atten, über Bord geworfen. Es geht nur noch darum, zu-
ammenzubleiben und keinen weiteren Krach in der
oalition hervorzurufen. Nach den Vorgängen der letz-
en Woche ist es kein Wunder, dass man auf Gedeih und
erderb versucht, zusammenzuhalten.
Wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Das
st ein Affront gegen alle Menschen, die sich darauf ver-
assen haben, dass Sie sich für Datenschutz einsetzen. Es
st ein Affront gegen das Europäische Parlament. Das ist
irklich eine Unverschämtheit und eine schwarze
tunde für Freiheitsrechte, Bürgerrechte und den Daten-
chutz.
Vielen Dank.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 567
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Nächster Redner ist der Kollege Manfred Kolbe für
die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Vertreter der Arbeitsgruppe Finanzen meiner Frak-
tion interessieren sich in dieser Debatte insbesondere für
folgende Aspekte: Wie sehen die Finanzwirtschaft und
die Banken, aber auch die übrige Wirtschaft das SWIFT-
Abkommen? Man muss zugeben, dass sich ihre Vertreter
eindeutig geäußert haben. Ich zitiere den Zentralen Kre-
ditausschuss, der am Montag mitteilte: Wir bedauern die
heute in Brüssel übereilt getroffene Entscheidung über
die Weitergabe von Bankkundendaten an die USA. Die
datenschutzrechtlichen Bedenken sind damit nicht ge-
löst. Die USA können damit weiter auf Bankdaten euro-
päischer Bürger zugreifen. Das EU-Parlament hätte in
die Entscheidung einbezogen werden müssen. Wir set-
zen uns dafür ein, dass das Übergangsabkommen nach
den neun Monaten wieder aufgeschnürt und neu verhan-
delt wird.
Auch die deutsche Wirtschaft hat ihre Befürchtungen.
Ich zitiere den Hauptgeschäftsführer des BDI, Werner
Schnappauf:
Wir warnen vor der Gefahr, dass Unternehmen aus-
spioniert werden. … Aus dem Zahlungsverkehr von
Unternehmen lassen sich Rückschlüsse auf Märkte,
Vertragspartner und Geschäftsvolumina ziehen.
Man muss klar sagen: Diese Bedenken der Banken
und der Wirtschaft müssen wir ernst nehmen.
Wahr ist aber auch – das haben schon einige Vorred-
ner gesagt –: Erstens. Dieses SWIFT-Abkommen ist bes-
ser als kein Abkommen. Das sieht auch die Kreditwirt-
schaft so.
Seit 2001 haben die amerikanischen Behörden Konto-
daten europäischer Bürger abgerufen, ohne dass hierzu-
lande irgendeine staatliche Stelle Einfluss auf den Um-
gang mit diesen Daten hatte. Meine Damen und Herren
von den Grünen, 2001 waren Sie an der Regierung.
Auch wenn der Server damals in den USA stand, hätten
Sie das innerhalb Ihrer Regierung thematisieren können.
Das haben Sie nicht getan. Wir thematisieren das heute.
Zweitens. Es ist gemeinsames Anliegen Europas und
er USA, den internationalen Terrorismus zu bekämp-
en. Das Abkommen enthält deshalb erstmals eine um-
assende Zweckbindung an die Terrorismusbekämpfung
nd effektive Missbrauchsvorkehrungen, und das ist
ichtig so. Künftig wird deshalb die Datennutzung an
nge Tatbestandsvoraussetzungen gebunden. Abfragen
us der Datenbank des US-Finanzministeriums sind nur
och zu Personen zulässig, die aufgrund vorliegender In-
ormationen im Verdacht auf Verbindung mit dem Terro-
ismus stehen. Weitergehendes, etwa eine Rasterauswer-
ung, ist unzulässig.
Das ist auch ein Erfolg des Interimsabkommens.
Drittens. Es handelt sich um ein Interimsabkommen
ür neun Monate. Diese neun Monate müssen wir nut-
en, um ein besseres Abkommen auszuhandeln. Dafür
elten dreierlei Aspekte.
Erster Aspekt. Sicherheit und Freiheit gehören in ei-
er offenen Gesellschaft untrennbar zusammen. Deshalb
tehen bei der Aufdeckung und Verfolgung der Finanzie-
ung terroristischer Straftaten die Bürgerrechte nicht zur
isposition.
Zweiter Aspekt. Das gilt auch für den Schutz sensi-
ler Bankdaten. Vertrauliche Finanztransaktionen bil-
en die Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung. Es
uss sichergestellt sein, dass die Gefahr von Wirt-
chafts- und Industriespionage ausgeschlossen wird.
Dritter Aspekt. Wir brauchen eine substanzielle Betei-
igung des Europäischen Parlaments und der nationalen
esetzgebungsorgane sowie ein transparentes Verfahren,
n dem all diese Punkte erörtert werden.
In diesem Sinne werden wir uns sowohl in der Ar-
eitsgruppe Finanzen als auch in der Fraktion einsetzen.
Danke.
Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege
lemens Binninger für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-
en! Meine Damen und Herren! Sinn und Zweck dieses
bkommens ist es, die Finanzierung des Terrorismus
ufzudecken und ihn zu bekämpfen. Heute Nachmittag
568 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
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Clemens Binninger
war viel die Rede davon, dass dieses Abkommen ein An-
schlag auf die Bürgerrechte sei. Es wurde vieles behaup-
tet, was nicht zutrifft, beispielsweise dass pauschale
Abfragen möglich seien. Ich sage Ihnen: Es wäre ein
Anschlag auf die Bürgerrechte, wenn wir es versäumen
würden, die Finanzierung des Terrorismus zu bekämp-
fen.
Das, was Innenminister de Maizière in diesem Ab-
kommen verhandelt hat, mag nicht allen genug sein, aber
es ist ein beachtlicher Erfolg. Er hat erreicht, dass es eine
klare Zweckbindung gibt. Nur bei Terrorverdacht dürfen
Abfragen gemacht werden. Er hat erreicht, dass es Da-
tenschutzvorschriften gibt. Er hat erreicht, dass es Auf-
bewahrungsfristen und -pflichten gibt. Wer all das be-
streitet, dem empfehle ich, Art. 5 dieses Abkommens zu
lesen, in dem eine ganze Reihe von Punkten aufgenom-
men worden ist, die vorher nicht Gegenstand des Ab-
kommens waren. Das ist ein Erfolg für den Datenschutz
und für die Bürgerrechte. Das verdanken wir dem Ver-
handlungsgeschick unseres Bundesinnenministers. Das
muss man festhalten.
Man kann offen sagen: Es ist vielleicht nicht genug.
Es gibt auch aus unseren Reihen Stimmen, die sich dafür
aussprechen, dass man nachverhandeln sollte. Aber es
gehört zur Ehrlichkeit dazu, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, festzuhalten, dass 23 von 27 EU-Nationen diese
Verschärfungen nicht wollten. Offensichtlich reicht
23 Ländern das Datenschutzniveau, das nun festge-
schrieben ist. Wir sind zwar nicht dabei, aber es gehört
zur Ehrlichkeit dazu, das zu akzeptieren und keine Er-
wartungen zu wecken, die hinterher nicht erfüllt werden
können.
Warum es diesen 23 Staaten reicht, hat vielleicht auch
mit einem Prüfbericht zu tun, den die Europäische Union
im Jahr 2008 in Auftrag gegeben hat. Ein neutraler Sach-
verständiger, ein französischer Richter, wurde beauf-
tragt, das Verfahren bezüglich datenschutzrechtlicher
Vorschriften zu überprüfen. Er hat zwei Erkenntnisse in
seinen Bericht hineingeschrieben:
Erstens. Die Datenschutzvorschriften, zu denen sich
die USA verpflichten, werden zweifelsfrei eingehalten.
Zweitens, und das ist das Interessante für uns: Von
dieser Praxis profitieren vor allen Dingen EU-Staaten,
die pro Jahr mehrere Treffer zur Terrorfinanzierung be-
kommen – Kollege Schuster hat darauf hingewiesen –
und Anschlussermittlungen durchführen können. Wer
das negiert, redet gegen unsere Sicherheit und tut dem
Datenschutz überhaupt keinen Gefallen.
Jetzt wird immer wieder gesagt, der Minister hätte mit
Nein stimmen sollen. Damit hätte er das gesamte Ab-
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ann hätte es eine einseitige Verpflichtung gegeben.
em Datenschutz wäre überhaupt nicht gedient gewe-
en, wenn der Minister Nein gesagt hätte. Es war richtig,
ass er das nicht aufgehalten hat. Jetzt haben wir einen
erbindlichen Rahmen, der sehr viel besser ist als das,
as wir all die Jahre davor hatten.
Ich glaube, dass man einigen Kritikern aus den rot-
rünen Reihen heute Nachmittag einmal den Spiegel
orhalten muss.
ie Praxis, Bankdaten auf Anhaltspunkte zur Terror-
inanzierung zu durchsuchen, gibt es seit acht Jahren,
eit 2001. Sie ist eine Folge der UNO-Resolution 1373,
n der diese Maßnahmen bei Zustimmung aller Vertrags-
artner festgeschrieben wurden. Sie wurden vier Jahre
ang praktiziert, ohne Abkommen, ohne Regeln, ohne ir-
endetwas. Wer hat damals regiert? Das war Rot-Grün.
as hat Sie nicht interessiert.
Herr Wieland, Sie haben gesagt, dass Sie das nicht ge-
usst haben. Es ist ja noch schlimmer, wenn Sie vier
ahre lang regiert und nichts gewusst haben.
ber das hat bei Ihnen ja eine gewisse Tradition. Wenn
ot-Grün im Rahmen der Terrorbekämpfung Gesetze
emacht hat, waren sie immer handwerklich unsauber
der eher falsch.
as Luftsicherheitsgesetz war verfassungswidrig, die
nlinedurchsuchung wollten Sie per Erlass anordnen,
nd bei den SWIFT-Daten haben Sie schlicht und ein-
ach fünf Jahre gepennt.
Jetzt haben wir eine Vereinbarung, die den Daten-
chutz festschreibt. Das ist ein Verhandlungserfolg unse-
es Innenministers. Das Europäische Parlament ist ge-
ade nicht außen vor.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 569
(C)
(D)
Clemens Binninger
Auf dieser Grundlage können wir weiterarbeiten. Ein
vertragsloser Zustand wäre das Schlechteste gewesen,
was wir hätten erreichen können, sowohl für unsere Si-
cherheit als auch für den Datenschutz. Deshalb völlige
Zustimmung zum Abstimmungsverhalten des Ministers
und Zustimmung zu dem, was er in dieser schwierigen
Situation verhandeln konnte.
Herzlichen Dank.
Damit sind wir am Schluss der Aktuellen Stunde und
am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, 3. Dezember 2009,
9 Uhr, ein.
Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen noch ei-
nen schönen Abend.