Gesamtes Protokol
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die Sit-zung und begrüße Sie sehr herzlich zu unseren heutigenBeratungen.Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, darf ichSie auf einige Dinge hinweisen: Interfraktionell ist ver-einbart worden, die heutige Tagesordnung um eine vonden Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und desBündnisses 90/Die Grünen verlangte Aktuelle Stundezur Lage im Iran nach den Präsidentschaftswahlen sowieum die Beratung des Antrags der Bundesregierung zurBeteiligung deutscher Streitkräfte am Einsatz vonNATO-AWACS im Rahmen der Internationalen Sicher-heitsunterstützungstruppe in Afghanistan zu erweitern.Die beiden Zusatzpunkte werden nach der Fragestundeaufgerufen.Außerdem soll der in der 219. Sitzung am 6. Mai inerster Lesung beratene und an die Ausschüsse überwie-sene Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU undder SPD zur Änderung des Energiesteuergesetzes aufDrucksache 16/12851 nachträglich gemäß § 96 unsererGeschäftsordnung an den Haushaltsausschuss zur Mitbe-ratung überwiesen werden. Sind Sie mit diesen Verein-barungen einverstanden? – Ich sehe, das ist der Fall.Dann ist das so beschlossen.hfadgndbdhwRedetIch rufe die Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b auf:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung des Gesetzes über die Sicherung der Bau-forderungen– Drucksachen 16/13345, 16/13376 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
RechtsausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzb) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzesentwicklung der Finanzmarktstabili– Drucksache 16/13297 –
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24974 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. Juni 2009
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, ichürde gerne eine Bemerkung von Frau Dr. Wetzel auf-reifen. Auch wir begrüßen, dass dieses Konzept vor-iegt. Ich will mich nicht über den Zeitpunkt streiten. Esst zumindest für den Wahlkampf da. Vor dem Hinter-rund, dass Sie so lange gebraucht haben und es, wasichtig ist, gründlich machen wollten, finde ich es ausge-prochen schade, dass Sie nicht die Gelegenheit genutztaben, die aktuellen Entwicklungen in diesem Konzeptu berücksichtigen. Es steht nämlich überhaupt nichtson der aktuellen Situation darin. Wir haben die Krisem Bereich des internationalen Warenverkehrs nicht ersteit Anfang dieses Monats. Die Chance, sich anzu-chauen, was aktuell geschieht und wie lange die Situa-ion andauert, haben Sie leider nicht genutzt. Es gibtiele Experten, die sagen, dass wir, um auf das Niveaues Containerumschlags zum Beispiel von 2008 zu kom-en, vier, fünf Jahre brauchen werden. Da sind wir mitnseren 9 Millionen TEU für Hamburg noch relativ opti-istisch gewesen. Die Frage ist, ob die Prognosen aktua-siert werden. Das würde dieses Werk sicherlich ein biss-hen realistischer machen.
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Rainder SteenblockIch würde gerne zum Thema Kooperation kommen,weil ich finde, dass der Bund im Interesse der Steuerzah-ler anders agieren muss. Sie berufen sich auf den Föde-ralismus und verweisen auf die Aufgabe der Häfen. Dashaben wir damals in der Föderalismuskommission I sobeschlossen. Aber die Hinterlandanbindung erfolgtdurch den Bund und wird vom Bund bezahlt. Es kannnicht im Interesse des Bundes sein, jedem Hafen das zubezahlen, was er gerne möchte. Das Kooperationsinte-resse betrifft auch den bundesdeutschen Steuerzahler.Deshalb halte ich es für vernünftig, den Häfen Koopera-tionsauflagen zu machen und die Hinterlandanbindungnur dann zu bezahlen, wenn sie Steuergelder sparen. Ichspreche damit insbesondere die Elbvertiefung an. Ichglaube, das Projekt kann unter den gegenwärtigen Be-dingungen nicht sinnvoll finanziert werden. Auch10 000-TEU-Containerschiffe können Hamburg anlau-fen. Sie können das nicht zu jeder Zeit – das hängt vonder Ebbe- und Flutsituation ab –, aber die Reeder habenunter den Bedingungen der Ölkrise die Geschwindigkei-ten auf den Interkontinentalrouten sowieso dramatischreduziert. Zeit spielt also keine große Rolle. Haben Sieeine Vorstellung, wie man Kooperation im Interesse desBundessteuerzahlers so steuern kann, dass nicht überallin das Gleiche investiert wird, sondern Schwerpunktegesetzt werden?Mein letzter Punkt: Wo fangen wir eigentlich an? Esgibt in dem Konzept eine Reihe von Maßnahmen, dieauch wir für sinnvoll halten. Bei einzelnen Projekten ha-ben wir Differenzen. Meine Frage bezieht sich darauf,unter den Bedingungen einer Zeitsteuerung Schwer-punkte zu setzen und einen Zeitplan zu erstellen. Wasmachen wir eigentlich als Erstes? Sie werden nicht im-mer genug Geld zur Verfügung haben. Es ist schön, dassSie zum Wahlkampf so viel Geld für die Infrastrukturhaben. Unter den Bedingungen der Finanzkrise ist aberdavon auszugehen, dass Sie das Geld angesichts der Ver-schuldung der öffentlichen Haushalte nicht haben. Wieerreicht man eine Priorisierung der Vorschläge?Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung:Zur ersten Frage: Ich bin der Überzeugung, dass wirmit dem Langfristkonzept und den Prognosen richtig lie-gen, auch wenn wir jetzt einen Einbruch haben und dieZielmarke gegebenenfalls um ein oder zwei Jahre ver-fehlen. Deshalb ist der Grundansatz dieses Konzepts einlangfristiger. Es geht nicht darum, ein Konzept zu erar-beiten, wie die Häfen in den nächsten zwei Jahren durchdie Krise kommen. Die Bundesregierung kümmert sichdarum, dass wir das schaffen. Sie ist mit im Boot und ko-operiert mit den Häfen, wenn es darum geht, voranzu-kommen.Zum Zweiten: Kooperation, ja. Ich denke, ich habedazu erschöpfend Stellung genommen. Sie sprechen dieInfrastruktur an, die der Bund bezahlen und ausbauenmuss und die nach Ihrer Meinung von dieser Koopera-tion abhängig ist. Wir haben eine ganz klare und genaueVorstellung, wie jeder einzelne Hafen angebunden wer-den soll. Die Projekte stehen im Einzelnen im vordring-lahsSarsdaogabhKsdseWg1lbaBfrmZncwnPnF
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Die Frage 37 der Kollegin Diana Golze wird schrift-
ich beantwortet. – Ist der Herr Staatssekretär im Begriff
inzutreffen?
Was heißt „gleich“?
Dann würde ich vorschlagen, dass wir weitermachen.
Ja, es liegt noch eine Reihe anderer Fragen vor.
Ich stelle den Bereich des Bundesministeriums für
erkehr, Bau und Stadtentwicklung zurück und rufe den
eschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt,
aturschutz und Reaktorsicherheit auf.
Die Kollegin Dr. Maria Flachsbarth, die die
ragen 38 und 39 gestellt hat, ist nicht im Saal. Es wird
erfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Die Fragen 40 und 41 der Kollegin Gitta Connemann
erden ebenso wie die Fragen 42 und 43 des Kollegen
ans-Josef Fell, die Frage 44 der Kollegin Brigitte
othmer sowie die Fragen 45 und 46 der Kollegin Sylvia
otting-Uhl schriftlich beantwortet.
Da der Kollege Hans-Kurt Hill, der die Fragen 47 und
8 gestellt hat, nicht im Saal ist, verfahren wir, wie in der
eschäftsordnung vorgesehen.
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Vizepräsidentin Gerda HasselfeldtBestätigt die Bundesregierung, dass parallel zur Erkun-dung des Bergwerks in Gorleben bereits der Ausbau zumEndlager begonnen wurde, wie die Frankfurter Rundschau inihrer Ausgabe vom 28. Mai 2009 aus einer ihr vorliegendeninternen Bewertung des Bundesamtes für Strahlenschutz zi-tiert?A
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kollegin, ich
beantworte Ihre Frage wie folgt: Nein. Die bisherigen
baulichen Maßnahmen stehen im unmittelbaren Zusam-
menhang mit der Erkundung für ein mögliches Endlager
für hoch radioaktive Abfälle. Die Anlagen sind aller-
dings für den Fall der nachgewiesenen Eignung im Hin-
blick auf die spätere Nutzbarkeit bzw. Ausbaufähigkeit
für das geplante Endlager ausgelegt worden. Dies be-
trifft insbesondere die beiden Schächte, die Größe der
Salzhalde, der Außenanlage und der Gebäude.
Haben Sie eine Nachfrage, Frau Menzner?
Ja.
Bitte sehr.
Frau Staatssekretärin, können Sie bitte begründen,
wieso die Schächte und die Stollen schon sehr viel wei-
ter aufgefahren und sehr viel größer angelegt wurden, als
das für den – so wurde es dargestellt – bisher einzigen
Auftrag im Zusammenhang mit dem Bergwerk Gorle-
ben, nämlich die Erkundung der Eignung, notwendig ge-
wesen wäre?
A
Sehr geehrte Frau Kollegin, ich habe Ihnen eben ge-
antwortet, dass die Maßnahmen, die dort stattfinden, auf
die Erkundung ausgerichtet sind. Für den Fall, dass es
später zu einer Entscheidung für die Einrichtung eines
Endlagers kommt, werden bereits jetzt dort, wo es mög-
lich ist, Vorbereitungen getroffen, zum Beispiel im Hin-
blick auf die Größe der Anlage, bei der auf die wirt-
schaftliche Verhältnismäßigkeit geachtet werden muss.
Damit wird keine Entscheidung für den Standort Gorle-
ben in der Zukunft präjudiziert.
Haben Sie eine weitere Nachfrage?
Frau Staatssekretärin, offensichtlich sind für den Fall,
dass sich Gorleben als geeigneter Standort erweisen
sollte, schon Vorbereitungen für einen weiteren Ausbau
zum Endlager erfolgt. Dabei geht es auch um die Grö-
ßenordnung, die Höhe der Kostenanteile. Wie bewerten
Sie es, dass bisher überhaupt keine atomrechtlichen oder
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Herr Kollege Heilmann hat auch noch eine Frage zu
diesem Thema.
Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, da
Sie die Frage meines Kollegen nicht beantwortet haben,
stelle ich die Frage noch einmal ganz langsam: Wer hat
die Entscheidung getroffen, dass Gorleben schon zur Er-
kundung in diesem Ausmaß ausgebaut wird?
A
Ich kann Ihnen die Frage, zu welchem Zeitpunkt diese
Entscheidung getroffen wurde, nicht beantworten, bin
aber gern bereit, Ihnen das schriftlich nachzureichen.
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Ich habe es akustisch nicht verstanden.
Die Frage war, wer die Entscheidung getroffen hat,
nd nicht, wann sie getroffen wurde.
A
Ich kann weder die eine noch die andere Frage beant-
orten; denn die Frage danach, wer die Entscheidung
etroffen hat, hat Bezug darauf, wann sie getroffen
urde. Davon, wann das nämlich entschieden wurde,
ängt ab, welche Behörden dafür zuständig und verant-
ortlich waren. Aber ich reiche Ihnen die Antwort gern
ach.
Damit kommen wir zur Frage 50 der Kollegin
orothée Menzner:
Bedeuten die Ausführungen des Präsidenten des Bundes-
amtes für Strahlenschutz, Wolfram König, in einem Interview
mit der Frankfurter Rundschau vom 1. Juni 2009, die Kosten
für die Erkundung eines nuklearen Endlagers würden circa
400 bis 500 Millionen Euro betragen, dass von den bisherigen
Ausgaben von circa 1,5 Milliarden Euro für das Bergwerk in
Gorleben abzüglich der Kosten für den Offenhaltungsbetrieb
dungsziel hinaus etwa 750 Millionen Euro verbaut wurden?
Frau Staatssekretärin.
A
Diese Frage beantworte ich wie folgt: wieder nein. Im
brigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf
ie Frage 9 a der Kleinen Anfrage „Eignung der Stand-
rte Gorleben und Schacht Konrad für die Endlagerung
on radioaktivem Müll“ vom 26. Juni 2006 verwiesen.
ort sind all diese Fragen nach den Kosten bereits aus-
ührlich beantwortet worden.
Ihre Nachfrage, bitte.
Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin,uch in Anlehnung an die schon erfolgten Antworteneine dezidierte Nachfrage: Ist damit zu rechnen – esibt ja den Willen und die immer wieder bezeugte Be-undung, dass es sich bei Gorleben um die Erkundungines möglichen Standortes handelt –, dass in gleichemmfang Geldmittel und wissenschaftliches Know-howür die Erkundung anderer Standorte eingesetzt werden?önnen wir gesichert davon ausgehen? Oder heißt es
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Dorothée Menznerdann doch wieder: „In Gorleben ist mehr passiert, als ei-gentlich notwendig gewesen wäre, um in Erfahrung zubringen, dass dieser Standort ungeeignet ist“?A
Sie wissen, dass das Bundesumweltministerium dazu
die dezidierte Meinung hat, dass eine ergebnisoffene
Standortsuche durchgeführt werden muss, auch Alterna-
tiven zu Gorleben geprüft werden müssen und erst im
Lichte dieser Erkenntnisse über Alternativstandorte eine
Entscheidung über den Standort des künftigen Endlagers
für hochradioaktive Abfälle in Deutschland getroffen
werden kann. Für ein solches Verfahren gibt es derzeit
noch keine politische Mehrheit. Die Aktivitäten, die der-
zeit in Gorleben stattfinden, dienen der Erkundung und
nicht der Präjudizierung einer künftigen Entscheidung.
Haben Sie eine weitere Frage?
Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, er-
gänzend möchte ich doch fragen: Wenn nicht gesichert
ist, dass Gorleben ein geeigneter Standort ist, man
aber dort mehr getan hat, als zur reinen Erkundung nötig
war, um, wie Sie vorhin ausgeführt haben, Kosten zu
sparen, handelt es sich dann nicht unter Umständen um
eine fragwürdige Verwendung von Steuermitteln, wenn
diese in ein Bauwerk investiert werden, von dem man
gar nicht weiß, ob es eines Tages den Zweck, zu dem die
Erkundungen durchgeführt werden, überhaupt erfüllen
kann?
A
Das ist eine Frage, die man verlässlich erst wird be-
antworten können, wenn später eine Entscheidung ge-
troffen worden ist. Wir haben allerdings immer gesagt,
wenn bei der Prüfung der Alternativen kein nach Stand
von Wissenschaft und Technik sichererer Standort als
Gorleben gefunden wird, wird es eine Entscheidung für
Gorleben geben müssen, weil der Abfall irgendwo in
Deutschland eingelagert werden muss. In die Erkundung
von Gorleben ist ja schon viel Geld investiert worden.
Das heißt, wenn es keinen sichereren Standort gibt, wird
Gorleben zum künftigen Endlager werden. Diese Frage
kann aber heute noch nicht beantwortet werden, weil es
noch keine ergebnisoffene Suche gegeben hat. Aber für
den Fall, dass die Entscheidung irgendwann in der Zu-
kunft so ausfallen könnte, wäre es wirtschaftlich unange-
messen und unverhältnismäßig gewesen, jetzt hier zwar
zu erkunden, aber bestimmte Vorkehrungen, die man
hätte treffen können, im Rahmen der Erkundung nicht zu
treffen.
Eine weitere Frage hat der Kollege Hans-Kurt Hill.
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Es geht wieder um Gorleben, und ich beantworte die
rage wie folgt: Die Endfassung des „Zusammenfassen-
en Zwischenberichts über bisherige Ergebnisse der
tandortuntersuchung in Gorleben“ enthält keine Forde-
ung, alternative Standorte zu erkunden.
Ihre Nachfrage, bitte.
Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, le-
en die Aussagen des ehemaligen Abteilungsleiters der
hysikalisch-Technischen Bundesanstalt nicht gerade
ine Vorfestlegung auf ein Endlager Gorleben nahe?
A
Sie haben sich in Ihrer Frage auf die Aussage eineshemaligen Abteilungsleiters der Physikalisch-Techni-chen Bundesanstalt berufen. Ich habe Ihnen vorgetra-en, welche Erkenntnisse wir dazu haben. Es war uns iner Kürze der Zeit nicht möglich, die Aussagen dieses
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Parl. Staatssekretärin Astrid KlugAbteilungsleiters näher zu recherchieren und herauszu-finden, ob es tatsächlich Unterlagen darüber gibt, dass inder Vergangenheit in der Form, wie er es wohl öffentlichgeäußert hat, vorgegangen wurde.
Eine weitere Nachfrage? – Frau Kollegin Menzner
hat eine Nachfrage dazu.
Danke, Frau Präsidentin. – Es wurde jetzt mehrfach
betont, dass eine ergebnisoffene Untersuchung mit
Standortvergleichen stattfinden soll. Wie erklären Sie
sich dann, dass im Laufe der 32 Jahre seit der politischen
Beschlussfassung, Gorleben als Standort in den Blick zu
nehmen, in der Form nur in ein einzelnes Projekt inves-
tiert wurde und dass keine Ansätze zu erkennen sind,
dass andere Standorte und andere Konzepte konkreter
angegangen werden? Was plant die Bundesregierung,
dort zukünftig zu unternehmen, oder soll diese Strategie,
diese Verfahrensweise in der Form fortgesetzt werden?
Wie ist Ihre Aussage dazu?
A
Ich habe Ihnen bereits in der Antwort auf Ihre letzte
Frage erläutert, dass es bezüglich der Suche eines end-
gültigen Endlagers für hochradioaktiven Abfall in
Deutschland einen Verfahrensvorschlag des Bundesum-
weltministeriums gibt. Das ist aber noch nicht der Vor-
schlag der Bundesregierung. Es gibt derzeit für diesen
Vorschlag einer ergebnisoffenen Suche keine politische
Mehrheit. Wenn man das Verfahren auf eine ergebnisof-
fene Suche ausweiten möchte, wird man in Zukunft da-
für eine politische Mehrheit organisieren müssen.
Frau Dückert, bitte.
Frau Staatssekretärin, sind Sie – und vielleicht auch
die Bundesregierung insgesamt – vor dem Hintergrund
der Ausführungen, die Sie hier zu Gorleben und den Ver-
antwortlichkeiten – teilweise haben Sie die Verantwort-
lichkeiten ja nicht dargestellt – gemacht haben, nicht mit
mir der Ansicht, dass es sinnvoll wäre, in Gorleben so
lange ein Moratorium zu verhängen, bis die Suche nach
einem alternativen Standort wirklich durchgeführt wor-
den ist?
A
Ich glaube, dass der jetzige Zustand für alle Beteilig-
ten nicht zufriedenstellend sein kann. Deutschland wird
in den nächsten 15 Jahren eine Entscheidung darüber
treffen müssen, wo der hochradioaktive Abfall in
Deutschland eingelagert werden soll. Dafür ist ein Ver-
fahren erforderlich, das für eine größtmögliche Akzep-
tanz in der Bevölkerung sorgt. Das ist derzeit nicht mög-
lich. Deshalb wird es von den künftigen politischen
Mehrheiten abhängen, welche Entscheidungen in den
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Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs.
Frau Staatssekretärin, ich danke Ihnen für die Beantwor-
tung der Fragen.
Ich komme zurück zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Herr Staatssekretär Ulrich Kasparick steht nun für die
Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 35 der Kollegin Cornelia Behm
auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die aktuelle Verkehrs-
belastung auf der Bundesstraße 5 im Abschnitt Berge–Lietzow
vor dem Hintergrund einer anzunehmenden Verkehrsverlage-
rung aufgrund der Ausbaumaßnahmen an der Bundesauto-
bahn 24 zwischen dem Dreieck Havelland und der Anschluss-
stelle Neuruppin, und wie bewertet die Bundesregierung den
Zeitrahmen für den Bau dieser Vorhaben?
Herr Staatssekretär, bitte sehr.
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Frau Präsidentin, herzlichen Dank für das Verständ-
nis. Ich war vorhin durch ein Telefonat gehindert, recht-
zeitig hier zu sein.
Frau Behm, zur Verkehrsbelastung kann ich Ihnen
Folgendes sagen: Ich habe mir die Zahlen von der Dau-
erzählstelle in Lietzow für die Jahre 2006, 2007 und
2008 geben lassen. Sie bewegen sich im Schnitt zwi-
schen 10 427 und 10 577 Kfz am Tag; davon sind
9 Prozent dem Schwerverkehr zuzuordnen. Die in der
Öffentlichkeit kursierenden Zahlen von 25 000 Kfz am
Tag entsprechen in etwa den Maximalwerten auf der
durchgehend vierstreifig ausgebauten B 5 östlich von
Nauen über den Westring der A 10 bis zur Landesgrenze
nach Berlin. Diese Maximalwerte werden aber westlich
von Nauen nicht erreicht. Diese Präzisierung ist wichtig.
Wir haben auf den Autobahnen Zählstellen eingerichtet,
damit man abschnittsgenau sehen kann, wie die Ver-
kehrsbelastungen sind.
Wir haben allerdings auf dem Abschnitt, nach dem
Sie fragen, am Werktag Spitzenbelastungszeiten – das
kennen Sie, wenn Sie solche Strecken benutzen –, und
zwar je nachdem, in welcher Richtung man zählt: Mor-
gens haben wir eine Hauptbelastung in Richtung Berlin
und nachmittags in Richtung Kyritz.
Wichtig ist – Sie fragen ja nach den Mautausweichver-
kehren –: Wir haben damals, als wir das Mautgesetz be-
schlossen haben, gesagt, dass wir die Auswirkungen ge-
meinsam mit den Ländern überprüfen wollen, und haben
den Ländern eingeräumt, dass sie, wenn es Ausweichver-
kehre gibt, beantragen können, einzelne Bundesstraßen-
abschnitte zusätzlich zu bemauten. Das System selbst
gibt dies technisch her. Wir haben dieses Verfahren im
Mautgesetz verabredet. Brandenburg hat bisher keine si-
gnifikanten Mautausweichverkehre festgestellt und, da-
raus abgeleitet, auch keine zusätzliche Bemautung bean-
tragt. Ebenso rechnen wir nicht mit nennenswerten Ver-
kehrsverlagerungen auf die Bundesstraße B 5 durch die
Arbeiten, die jetzt im Zusammenhang mit den Baumaß-
nahmen nötig werden.
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Herr Staatsminister, das würde ich gerne etwas kon-
kreter wissen, zumal sich die Europäische Union ent-
schieden hat, Herrn Lukaschenko wieder ein Stück weit
in die Familie der europäischen Staaten aufzunehmen.
Das war allerdings an Konditionen gebunden, nämlich
an Dialogbereitschaft und eine Öffnung auch nach in-
nen. Ich frage Sie: Bedeutet dies, dass das Dekret 555,
das Reisen von 14- bis 17-Jährigen untersagt bzw. ihre
Zahl auf drei Reisen in das gleiche ausländische Land
beschränkt, vom Tisch ist und dass der Austausch mit
den sogenannten Tschernobyl-Kindern, wie bisher üb-
lich, wieder möglich ist, dass also auch wieder Gruppen-
reisen stattfinden können und Visa nicht mehr als Einzel-
visa vergeben werden müssen?
Frau Kollegin Beck, als wir die Vereinbarung getrof-
fen haben, sind, wie ich denke, beide Seiten davon aus-
gegangen, dass klar ist, was unter dem Begriff „Minder-
jährige“ zu verstehen ist. Sowohl bei uns als auch auf
belarussischer Seite ging es um Jugendliche von 7 bis
18 Jahren. Im Nachgang war allerdings eine andere Pra-
xis festzustellen. Aufgrund vieler Interventionen haben
wir die Gespräche wieder aufgenommen. Jetzt steht für
beide Seiten fest – wir werden uns auch über diese Präzi-
sierung austauschen –: Es geht um Jugendliche von 7 bis
18 Jahren. Hinzu kommt – diesen Aspekt haben Sie in
Ihrer Frage aufgegriffen –, dass die Beschränkung der
Zahl der Reisen gestrichen wird. Dadurch wollen wir
auch denjenigen, die sich auf diesem Feld engagieren,
deutlich machen: Jetzt ist der Austausch tatsächlich
möglich.
Zu Ihrer Frage. Natürlich muss der Erlass 555 verän-
dert werden. Um eine zeitliche Verzögerung zu vermei-
den, haben beide Seiten vereinbart, dass die Präzisie-
rung, von der ich gerade sprach, bereits vorläufig
Anwendung findet. Sie können davon ausgehen, dass die
Präzisierung, die wir vorgenommen haben, schon inner-
halb der nächsten 14 Tage in die Praxis umgesetzt und
angewandt wird.
Haben Sie eine weitere Nachfrage?
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Ja.
Bitte.
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Das ist eine gute Nachricht, Herr Staatsminister. – Ich
öchte Sie in diesem Zusammenhang noch etwas fra-
en: Inwiefern geht das Auswärtige Amt davon aus, dass
ie Einladung zur Östlichen Partnerschaft tatsächlich an
ie Konditionen, die die Europäische Union gesetzt hat,
ebunden bleibt, vor allen Dingen im Hinblick auf die
ialogbereitschaft und die Forderung, dass es keine po-
itischen Gefangenen mehr geben darf? Wie Amnesty
nternational mit Datum vom 15. Mai dieses Jahres fest-
estellt hat, ist aufgrund der Festsetzung von elf Perso-
en davon auszugehen, dass es in Belarus doch wieder
olitische Gefangene gibt. Damit wäre der Östlichen
artnerschaft eigentlich die Geschäftsgrundlage entzo-
en.
Frau Kollegin Beck, ich bin gern bereit, an anderer
telle über die Entwicklung der Östlichen Partnerschaft,
uch konkret mit Blick auf Belarus, zu diskutieren. Jetzt
eht es aber um die Frage: Wie können wir die Missver-
tändnisse, zu denen es nicht bei uns, sondern auf der an-
eren Seite gekommen ist, ausräumen, um es den soge-
annten Tschernobyl-Kindern möglich zu machen, dass
ie zu uns kommen? Ich glaube, diese Frage habe ich
usführlich beantwortet.
Eine Zusatzfrage hat der Kollege Grund.
Vielen Dank. – Herr Staatsminister, das Dekret 555at zum wiederholten Male zu sehr großen Irritationeneführt: bei Tschernobyl-Organisationen, bei Bürgerini-iativen in Deutschland, aber auch bei entsprechendennitiativen auf internationaler Ebene, die sich seit fast0 Jahren um den Austausch der von Tschernobyl bzw.en Spätfolgen betroffenen Kinder bemühen, um ihnenrholung zu ermöglichen.Es ist nicht das erste Mal, dass die weißrussische Ad-inistration offensichtlich versucht, diesen Organisatio-en und denjenigen, die sich in diesem Bereich bürger-chaftlich engagieren, Steine in den Weg zu legen.ieses Engagement sollte in den letzten Jahren sogaröllig unterbunden werden. Der weißrussischen Seiteäre es wohl am liebsten, man würde das Geld direktem Präsidenten überreichen. Er selbst hat sogar gesagt,r wisse viel besser, was man damit für die Kinder tunönne.Ich bitte Sie, in Ihren Gesprächen mit der belarussi-chen Administration bzw. der Regierung auch über dierritationen, zu denen es im gesellschaftlichen und politi-chen Raum in Deutschland gekommen ist, zu berichten.Das bereitet den ehrenamtlich Tätigen in Deutschlandämlich viele Schwierigkeiten. Es wäre schade, wenniese Pflanze des bürgerschaftlichen Engagements ein-ehen würde.
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Kollege Grund, das war ja der Grund, warum – auch
aufgrund der Intervention vieler, die sich schon seit Jahren
engagieren; Sie haben das zu Recht angesprochen – rela-
tiv schnell gesagt wurde: Das unterbricht die Arbeit mit
den betroffenen Kindern und behindert das Engagement
der zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Das war auch im Sinne einer Annäherung im Rahmen
der Östlichen Partnerschaft kein gutes Zeichen. Deshalb
haben wir das nicht auf sich beruhen lassen. Eigentlich
war im Februar klar, dass unter den Begriff „Minderjäh-
rige“, die mit Gruppenreisen ohne Beschränkung der
Zahl reisen dürfen, alle zwischen 7 und 18 Jahren fallen.
Dieses Ziel ist erreicht worden.
Wir werden im Dialog mit Belarus, mit Weißrussland,
immer wieder ansprechen, dass es zu solchen Irritatio-
nen nicht kommen darf, dass Vertrauen hergestellt wer-
den muss. Wenn Begriffe jedes Mal anders interpretiert
werden, ist das sicherlich kein Vertrauenstatbestand.
Die Fragen 60 und 61 der Kollegin Kerstin Müller
werden schriftlich beantwortet.
Damit sind wir am Ende der Fragen zu diesem Ge-
schäftsbereich. Herr Staatsminister, ich bedanke mich
bei Ihnen für die Beantwortung der Fragen.
Wir sind auch am Ende der Fragestunde. Bis zum Be-
ginn der Aktuellen Stunde, bis 16 Uhr, unterbreche ich
die Sitzung im Einvernehmen mit den Geschäftsführern
der Fraktionen.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Die Lage im Iran nach den Präsidentschafts-
wahlen
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Staats-
minister Dr. Gernot Erler.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!In den letzten Wochen haben sehr viele Menschen inDeutschland mit Staunen und voller Faszination auf denaktuellen politischen Prozess im Iran geschaut.Als von über 400 Bewerbern gerade einmal vier Kan-didaten zugelassen wurden und der Amtsinhaber von dergeistlichen Führung die erwartete Unterstützung erhielt,schien es erst so, als wäre alles Routine. Aber dann ent-wickelte sich ein ernsthafter und spannender Wahl-kampf, dessen Ergebnis offen erschien. Der beste Belegdafür ist die Rekordwahlbeteiligung von 85 Prozent derWvkzErseWzBatwmibidbadzhtbswdtHVfJüSrüqidsuadduh
Dass zumeist friedliche Demonstranten von paramili-ärischen und parapolizeilichen Einheiten gnadenlos undrutal zusammengeknüppelt wurden, hat uns alle zutiefstchockiert. Inzwischen sind Tote zu beklagen. Diese Ge-alt und Brutalität gegen Menschen, die friedlich undemokratisch ihre Meinung äußern, ist scharf zu verur-eilen.
inzu kommen die zahllosen Berichte über willkürlicheerhaftungen und massive Einschränkungen der Presse-reiheit – auch für deutsche und andere ausländischeournalisten.All das hat dazu geführt, dass die Bundesregierungber die gegenwärtigen Ereignisse im Iran mit großerorge erfüllt ist. Wir appellieren an die iranische Füh-ung, die Wahlergebnisse ernsthaft und transparent zuberprüfen und gegebenenfalls die gebotenen Konse-uenzen zu ziehen. Die iranische Regierung hat bislangn ihren Kontakten mit anderen Staaten immer wiederarauf verwiesen, demokratisch legitimiert zu sein. Fallsich die Vorwürfe der Opposition nicht auf transparentend faire Weise entkräften lassen, würde der Anspruchuf Legitimität der iranischen Regierung dauerhaft Scha-en erleiden.
Wir fordern die iranische Regierung eindringlich auf,ie Menschenrechte und das Recht auf Versammlungs-nd Meinungsfreiheit zu achten. Die willkürlichen Ver-aftungen und das wahllose Niederknüppeln von De-
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Staatsminister Dr. h. c. Gernot Erlermonstranten und anderen schutzlosen Zivilisten müssensofort aufhören. Mit großem Nachdruck haben wir dieiranische Regierung aufgefordert, die Arbeitsfähigkeitvon deutschen und anderen ausländischen Journalistenim Iran sofort wiederherzustellen. Wie Sie wissen, habenwir dazu am Montag den iranischen Botschafter ins Aus-wärtige Amt einbestellt. Wir haben besonders auch aufden Schutz der iranischen Mitarbeiter der deutschenJournalisten gedrängt, die zum Teil massiven Repressio-nen ausgesetzt werden.Unser Engagement für die deutschen Journalisten undihre Mitarbeiter bedeutet aber nicht, dass uns etwa dasSchicksal der iranischen Journalisten mit weniger Sorgeerfüllt. Auch dies haben wir gegenüber der iranischenRegierung mit deutlichen Worten angesprochen. EineReihe europäischer Partner hat sich inzwischen dieserInitiative angeschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese eindringli-chen Appelle an die iranische Regierung knüpfen an un-ser langjähriges Eintreten für die Freiheits- und Men-schenrechte im Iran an. Ein besonderer Schwerpunkt istdabei der Kampf der EU gegen die Todesstrafe, beson-ders gegen ihre Verhängung gegenüber Minderjährigenund gegen die besonders brutale und abscheuliche Straf-form der Steinigung.Trotz vielfacher Zusicherung der iranischen Regie-rung hat sich die Menschenrechtslage in den vergange-nen Jahren eher verschlechtert. Trotzdem konnte unserEngagement in Einzelfällen etwas erreichen, etwa durchUmwandlung von Todes- in Haftstrafen. Diese Fälle er-mutigen uns, auf diesem Kurs unbeirrt voranzuschreiten.
Wir haben registriert, dass die Äußerungen vonStaatspräsident Ahmadinedschad nach der Wahl keiner-lei Bereitschaft erkennen lassen, auf die Forderungen derinternationalen Gemeinschaft hinsichtlich des iranischenNuklearprogramms einzugehen. Gemeinsam mit unse-ren Partnern im Rahmen der E 3 + 3 – also mit China,Frankreich, Russland, dem Vereinigten Königreich undden Vereinigten Staaten – haben wir dem Iran ein um-fangreiches Angebotspaket als Basis für eine diplomati-sche Lösung vorgelegt. Seit nunmehr einem Jahr spieltaber die iranische Führung auf Zeit: Zunächst warennoch Detailfragen zu klären. Dann waren die Wahlen inden USA und nun die Wahlen im Iran ein Anlass, denBeginn konkreter Verhandlungen immer weiter hinaus-zuzögern. Auch auf den Strategiewechsel der USA hatder Iran bisher nur sehr zögerlich reagiert. Dieses Ver-halten können wir nicht länger akzeptieren.
Der Generaldirektor der IAEO hat am Montag dieserWoche zu Beginn des IAEO-Gouverneursrats erneut un-terstrichen, dass es allein am Iran liegt, durch eine volleZdndsVgtdsuzwdhtdwppeghvRBEEItKldDwmv
Neuerliche Äußerungen von Präsident Ahmadine-schad unmittelbar vor wie auch nach den Wahlen wei-en leider darauf hin, dass er an seiner unsäglichen undnerträglichen Leugnung des Existenzrechts Israels fest-uhalten gedenkt. Um es ganz deutlich zu machen: Wirerden allen Äußerungen dieser Art so lange entschie-en entgegentreten, bis sie endlich aufhören.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Präsident Obamaat mehrfach und eindrucksvoll klargemacht, dass errotz aller Differenzen bereit ist, in vollem Respekt inen Dialog mit der iranischen Führung einzutreten. Jedereiß: Ein solches Angebot kann nicht unbegrenzt ohneositive Reaktion im Raum stehen bleiben. Deshalb ap-ellieren wir an den Iran, diese ausgestreckte Hand zurgreifen und ohne weiteren Verzug in einen Dialog aufleicher Augenhöhe einzutreten. Dies nicht zu tun,ieße, eine vielleicht einmalige historische Chance zuerpassen.
Wir werden daher auch an die kommende iranischeegierung den ernsthaften Appell und die ernsthafteotschaft senden: Niemand in Deutschland, niemand inuropa will einen Iran in politischer Isolierung und ininschränkung durch Sanktionen der Weltgemeinschaft.m Gegenteil: Wir haben ein geradezu existenzielles In-eresse an einem Iran, der sich in einer Region volleronflikte und Probleme an einer regionalen und globa-en Verantwortungspartnerschaft beteiligt und sich da-urch Anerkennung und Respekt verschafft.
Das ist unsere Botschaft, die von dieser Debatte imeutschen Bundestag ausgehen soll und von der wir unsünschen, dass sie auch von der großen Mehrheit deründigen Bürgerinnen und Bürger im Iran gehört understanden wird.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Das Wort hat der Kollege Jürgen Trittin für die Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Gebt
uns unsere Stimmen zurück!“ – Das ist die Parole von
Zehntausenden, die in den letzten Tagen und Nächten in
Teheran und vielen anderen Städten demonstriert haben.
Sie haben demonstriert, obwohl das Demonstrieren offi-
ziell verboten war. Ich sage an dieser Stelle: Wir sind mit
ihnen solidarisch. Wir verurteilen die Gewalt gegen die
Menschen, die von ihrem Grundrecht auf Meinungsfrei-
heit und ihrem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit
Gebrauch machen.
Wir verurteilen die Gewalt, die gegen diese Menschen
angewendet wurde, und wir betrauern die Toten.
Mich erinnern diese Bilder – übrigens auch die Ge-
walt – an die Bilder von 1979. Wieder ziehen Zehntau-
sende Iraner durch die Straßen und rufen: „Marg bar
Diktator“ – Tod dem Diktator. Damals war der Schah ge-
meint, heute die Machthaber. Wieder rufen Menschen
auf den Dächern von Teheran: „Allahu Akbar“. Wir erle-
ben den Aufstand der iranischen Zivilgesellschaft gegen
die Gefahr eines zunehmend diktatorisch werdenden Re-
gimes. Menschen demonstrieren gegen ein Regierungs-
system, das jeden unter Verdacht stellt.
Eines muss man an dieser Stelle in aller Deutlichkeit
sagen: Es handelt sich nicht um einen Aufstand gegen
die Mullahs. Es sind viele Geistliche, die zusammen mit
Liberalen, Konservativen, Jungen und Alten, Studieren-
den, Geschäftsleuten und Arbeitern auf die Straße gehen.
Es sind nicht nur tradierte Reformer, die auf der Straße
protestieren. Neben Mussawi werden die Proteste auch
von Rafsandschani, dem ehemaligen Präsidenten Cha-
tami, dem Parlamentspräsidenten Laridschani, den Kan-
didaten und selbst vom Großayatollah Montazeri, einem
der wichtigsten religiösen Gelehrten des Landes, unter-
stützt.
Es ist offensichtlich, dass ein Riss durch die islami-
sche Republik geht. Viele von uns sind von der Wucht
und der Dynamik dieser Ereignisse überrascht. Als ich
vor zwei Jahren im Iran war, hatte ich den Eindruck ei-
ner resignierten und frustrierten Opposition. Damals
sagte mir Shirin Ebadin: Ihr im Westen, ihr dürft euch
nicht nur um die Atomfrage kümmern. Denkt auch an
die Menschenrechte.
Ich glaube, die Demonstrantinnen und Demonstranten
mahnen auch uns, unser Iranbild zu schärfen. Der Iran ist
mehr als Atom und Ahmadinedschad. Der Iran ist eine
vielfältige und vielfach widersprüchliche Gesellschaft.
Es ist ein modernes Land, in dem Handys und Internet
heutzutage auf jeder Demo präsent sind. Es ist ein Land
mit immensem Ölreichtum, aber massenhafter Armut
und Arbeitslosigkeit.
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Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Ruprecht
olenz das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!n einer Situation, wie wir sie jetzt über die Fernsehbil-er aus dem Iran verfolgen – ich kann mich den Ein-chätzungen, die Sie, Herr Trittin und Herr Staatsminis-er, vorgetragen haben, nur anschließen –, bleibt uns,em Deutschen Bundestag, zunächst die Herstellung in-ernationaler Aufmerksamkeit als wichtige Aufgabe.eshalb ist es gut, dass es heute diese Aktuelle Stundeibt. Denn es ist internationale Aufmerksamkeit, die in sol-hen Situationen dazu führt, die Meinungsfreiheit zu
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Ruprecht Polenzschützen, Rechtfertigungszwänge auszulösen sowie Trans-parenz einzufordern und herzustellen. Sie erschwert zu-dem Übergriffe. Es ist kein Wunder, dass die iranischeRegierung zuallererst versucht hat, die internationaleBerichterstattung zu behindern. Wir müssen also unserevolle Aufmerksamkeit auf die Menschen lenken – dassind wir ihnen schuldig; das ist richtig –, die mit viel per-sönlichem Mut auf die Straße gehen, um ihre demokrati-schen Rechte geltend zu machen. Das ist das, was wirtun können, um sie zu unterstützen.
Ich habe heute, einer Anregung des Kollegen Klosefolgend, mit meinem Amtskollegen Borudscherdi, demVorsitzenden des auswärtigen Ausschusses im irani-schen Parlament, telefoniert und habe ihm gesagt, dasswir heute darüber debattieren, wie wichtig es ist, dassder Iran Demonstrationsfreiheit garantiert, dass er beimEinsatz gegen gewalttätige Übergriffe, die es sicherlichauch vonseiten der Demonstranten gegeben hat, den Ver-hältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet, und wie besorgt esuns macht, dass im Schatten der Demonstrationen offen-sichtlich auch oppositionelle Politiker – so ist die Nach-richtenlage – verhaftet worden sind. Natürlich habe ichgefordert, dass die freie Berichterstattung der ausländi-schen, aber auch der iranischen Journalisten umgehendwiederhergestellt werden muss und dass für eine trans-parente Aufklärung der Vorwürfe zu sorgen ist.Er hat mir dann seine Sicht der Dinge erklärt, nämlichdass in Teheran in der Tat Mussawi gewonnen habe.Seine Anhänger hätten das Teheraner Ergebnis auf dasganze Land hochgerechnet und seien aus Enttäuschungauf die Straße gegangen. Inzwischen haben, so hat er mirberichtet, Gespräche der vier Kandidaten mit dem geist-lichen Führer und ein Treffen der Vertreter der vier Kan-didaten mit dem Wächterrat stattgefunden. Wichtig undganz interessant fand ich den Hinweis, dass inzwischenwohl auch das iranische Parlament einen Ausschuss ein-gerichtet hat, der den Vorwürfen nachgehen soll. Dieserhabe mit den Kandidaten Mussawi und Karrubi bereitsein Treffen unter Vorsitz eines der Vizepräsidenten desiranischen Parlaments gehabt. Mit den anderen Kandida-ten werde noch gesprochen. Borudscherdi hat mir ge-sagt, Mussawi habe in diesem Gespräch zum Ausdruckgebracht, das Votum des Wächterrats, wie immer es inzehn Tagen ausfalle, zu akzeptieren.Das führt mich zu einem wichtigen Punkt, den wirdoch festhalten sollten: Wie immer die Wahl verlaufenist und wie immer die Stimmen ausgezählt worden sind,es war von vornherein keine demokratische Wahl, son-dern es war eine arrangierte Wahl. Es durften von über400 Bewerbern nur vier kandidieren. Die anderen sind ineinem sehr intransparenten Verfahren vom Wächterratvon vornherein ausgeschlossen worden. Es wurde auchnicht – das wird inzwischen dankenswerterweise vonden Medien der deutschen Öffentlichkeit erklärt – derMächtigste im Iran gewählt – das ist und bleibt der geist-liche Führer –, sondern es ging um die Wahl des Präsi-denten. Die ist nicht unwichtig – sonst gingen in TeherannstzkdguindmfHIwmantnashsjFElIhdBaaDTdeigr
Das Wort hat der Kollege Dr. Werner Hoyer für die
DP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!s geschieht nicht häufig und ist nicht selbstverständ-ich, dass man zu Beginn des eigenen Redebeitrags sagt:ch habe mich in dem, was meine drei Vorredner gesagtaben, voll wiedergefunden. – Ich finde gut, dass ichiese Bemerkung hier machen kann. Wir sind uns bei derotschaft, die wir an den Iran, sowohl an die Führungls auch an die Menschen, die jetzt unter großen Risikenuf die Straße gegangen sind, senden wollen, sehr einig.ie Situation gibt zu großer Sorge und leider auch zurrauer Anlass.Ich ziehe den Hut vor den Hunderttausenden Iranern,ie unter Gefahr für Leib und Leben ihre Stimme fürine bessere Zukunft erheben.Was kommt darin zum Ausdruck? Sie verlangen, dasshre Stimmen zählen, dass sie gezählt werden, und sieehen dafür hohe Risiken ein. Das könnte uns in unse-em sicheren Europa geradezu ein bisschen beschämen.
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Dr. Werner HoyerOffenbar haben wir die Wertschätzung dafür verloren,was es bedeutet, eine eigene Stimme zu haben, sie abzu-geben und darauf bestehen zu können, dass sie gezähltwird.Man schaue sich auch an, was uns dort vorgelebtwird: dass Freiheit zählt, dass sie immer wieder vertei-digt und erkämpft werden muss. Wer dort aufschreit, dasist die junge, gutausgebildete, moderne, im Wesentlichenwestlich – vor allen Dingen Richtung Amerika orien-tierte – Generation im Iran, nicht nur in Teheran, sondernauch in vielen anderen großen Städten. Es ist eine Gene-ration, die vor allen Dingen eins will: Zukunftschancen,eine Generation, die die Systemstarre längst als Hinder-nis für ihr eigenes Lebensglück sieht, eine Generation,die Vertrauen in einen Rechtsstaat haben möchte, eineGeneration, die von der eigenen Regierung nicht ihrerMöglichkeiten beraubt werden möchte und die übrigensauch den Rest der Welt nicht als Gefahr, sondern alsChance begreift.Die größte Gefahr für den geistlichen Führer und fürden Staatspräsidenten besteht darin, dass sich dieser Ruf,die Botschaft dieser Menschen über das Land verbreitet,und deswegen wird das Internet unterbrochen, deswegenwerden die Kommunikationsmöglichkeiten nach innenwie nach außen gekappt, deswegen werden die Medienin ihrer Arbeit behindert und Oppositionelle drangsa-liert.Je mehr das geschieht, je mehr das Regime es offen-sichtlich für erforderlich hält, sich so zu verhalten, destomehr werden die Zweifel genährt, dass das, was da amletzten Freitag geschehen ist, wirklich mit rechten Din-gen zugegangen ist. Es ist ein Segen unserer Zeit, dass esheute kaum mehr Möglichkeiten gibt, Informationenvollends zu unterdrücken oder Unrecht sich in kleinenNischen abspielen zu lassen. Die Medien sind präsent.Der Geist, den Hunderttausende in diesen Tagen auf dieStraße gebracht haben, wird nicht wieder in die Flaschezurückzudrängen sein.
Nach diesen Vorgängen wird auch im Iran nichts so sein,wie es vorher war. Darin liegt eine große Chance für dieZukunft des Iran und für den zukünftigen Platz des Iranin der Völkergemeinschaft.In der Strategie der Hardliner im Iran spielt der Wes-ten eine ganz wesentliche Rolle, nämlich die des Feind-bildes. Auch in diesen Tagen sind die Provokationen desiranischen Staatspräsidenten vor allen Dingen eins: derVersuch, einen Nebenkriegsschauplatz zu eröffnen, umdie mutigen Demonstranten im eigenen Land als Hand-langer des verhassten Westens abzuqualifizieren. Wirdürfen in diese Falle nicht hineintappen; dieses Spieldürfen wir nicht mitmachen. Auf den Straßen von Tehe-ran, von Isfahan, von Tabriz und von vielen anderenStädten ist niemand vom Ausland gesteuert. Hier empörtsich eine ganz eigene iranische Opposition, und deswe-gen sollten wir Präsident Ahmadinedschad keine Aus-weichmöglichkeiten bieten, sich mit uns statt mit der ei-genen Bevölkerung auseinanderzusetzen.gWrskagAsasVSbtgrgedrdauHdgDEiltUWdfDstetadvh
Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege
r. Norman Paech das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!s gibt wohl keinen Zweifel: Die Gesellschaft im Iran istm Aufruhr. Ob dieser Aufruhr nun mehr mit der Revo-ution von 1979 oder den Studentenrevolten von 1999 zuun hat, muss sich erst noch zeigen. Sicher ist aber, dassrsache nicht der Wahlausgang und die möglichenahlfälschungen sind. Sie sind nur Anlass und Auslöserer Unruhen, die offensichtlich eine ganz breite Unzu-riedenheit mit dem aktuellen Regime widerspiegeln.ieses Regime wird nicht nur von Ahmadinedschad,ondern auch von Ajatollah Chamenei und dem Wäch-errat repräsentiert.Zudem bestehen wohl auch keine Zweifel daran, dasss bei den Wahlen wahrscheinlich zu Unregelmäßigkei-en bis hin zu massivem Wahlbetrug gekommen ist.Wir sollten aber auch zur Kenntnis nehmen, dass un-bhängige US-Organisationen in den letzten Wochen voren Wahlen Ahmadinedschad immer mit einem Vorsprungon ungefähr 33 Prozentpunkten vor Mussawi gesehenaben. Nach ihren Befragungen lag Ahmadinedschad in
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Dr. Norman Paechallen 30 Provinzen vorne. Selbst in der Provinz Aserbaid-schan, der Heimat Mussawis, wurde Ahmadinedschadmit zwei zu eins gegenüber Mussawi favorisiert. Diestärkste Zustimmung kam von den 18- bis 24-Jährigen.Für Mussawi stimmten eindeutig die Akademiker unddie Wohlhabenden im Lande. Das ist zwar nicht die Be-völkerungsmehrheit; es sind aber wohl diejenigen, mitdenen die westlichen Medien aufgrund der sprachlichenKompetenz dieser Gruppe vornehmlich Kontakt hatten.Hier wurde bei uns offensichtlich zu viel Wunschden-ken verbreitet und vergessen, dass Ahmadinedschadschon einmal mit einer Zweidrittelmehrheit gewonnenhat, nämlich 2005 gegen Rafsandschani. Offensichtlichkonnten viele Iraner ihren Wunsch nach einem wirklichdemokratischen System und nach besseren Beziehungenzu den USA sowie ihre Ablehnung des Besitzes von Nu-klearwaffen mit ihrer Unterstützung Ahmadinedschadsverbinden. Sie sahen in ihm offensichtlich den härterenVerhandler, der mehr für sie herausholen konnte.Übersehen wir auch das nicht: So schlecht die Wirt-schaftslage im Iran ist und so schlecht es in diesem Landum die Menschenrechte steht – 46 Prozent der Iranerglauben, dass unter Ahmadinedschad die Inflation ge-sunken und die Wirtschaft gewachsen ist.
Das kennen wir aus anderen Zusammenhängen. Sokommt es beim Wetter nicht auf die exakte Temperaturan, sondern auf die gefühlte.Aus einem weiteren Grunde sollten wir bei der Be-wertung fremder Wahlen sehr vorsichtig sein. Haben wirschon die US-Präsidentschaftswahlen des Jahres 2000vergessen, bei denen es zu massiven Unregelmäßigkei-ten in Florida gekommen ist, die nie ganz aufgeklärtwurden und die keine Aktuelle Stunde im Bundestaghervorgerufen haben?
Oder denken wir nicht mehr an 2006? Damals kam esim Februar in Palästina zu anerkannt freien und fairenWahlen. Nur das Ergebnis gefiel den großen Mächtennicht. Es war ein Tiefpunkt demokratischer Heuchelei,die Wahlen erst zu fordern, dann aber das Wahlergebniszu missachten und den Sieger zu boykottieren. Wo warda die demokratische Empörung im Parlament?
Mir gefiel ein Satz in der Washington Post vor zweiTagen. Ich will ihn zitieren:Vorwürfe des Betrugs und der Wahlmanipulationwerden Iran weiter in die Isolation treiben und des-sen Streitlust und Unnachgiebigkeit gegenüber demRest der Welt wahrscheinlich verstärken. Bevorsich andere Länder, die USA eingeschlossen, zudem Vorwurf der Wahlfälschung hinreißen lassendDAslnMdnnaSWuzKrMfbugwbJMdnIsdgfWvIt
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Dr. Rolf MützenichSie gehen damit sogar weiter als der religiöse Führer, dersozusagen nach einem Fingerzeig Gottes immerhin ge-sagt hat: Lassen wir doch irdische Institutionen darüberbefinden, ob bei der Wahl das eine oder andere richtiggelaufen ist.Ich glaube, dass jede einzelne Stimme im Iran gehörtwerden muss. Wir müssen diese Wahlen und die Men-schen schützen. Das tun wir am besten mit dieser De-batte. Ich weiß, dass wir nicht unmittelbar auf die Situa-tion im Iran einwirken können und wollen. Deswegen istes wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Menschen imIran mit Mut und Selbstbewusstsein tagtäglich ver-suchen, auf die Situation einzuwirken. Es ist richtig,diese Bemühungen von hier aus zu unterstützen.Die Kundgebungen, die zurzeit in Teheran, Isfahanund an anderer Stelle stattfinden, sind nach meinem Da-fürhalten eine Reaktion auf die bemerkenswerten Redenund Taten des amerikanischen Präsidenten. Er hat nichtnur den islamischen Gesellschaften seine Hand ausge-streckt, indem er sagte, dass er ihnen mit Respekt be-gegne, sondern auch dem Iran angeboten, direkt über dasAtomprogramm zu sprechen. Zugleich hat er die ge-meinsamen Interessen mit dem Iran betont: im Hinblickauf Afghanistan, die Stabilisierung im Irak und die Situa-tion im Kaukasus. All das sind nach meinem Dafürhal-ten Anhaltspunkte für eine realistische Politik.Ich bitte die Institutionen im Iran, die so vielfältigsind und nicht nur den Präsidenten repräsentieren, etwadas Parlament, den Schlichterrat oder den nationalen Si-cherheitsrat, die ausgestreckte Hand anzunehmen. Zumanderen sollten wir Präsident Obama von Europa aus un-terstützen. Mit Blick auf den Besuch der Bundeskanzle-rin bei Präsident Obama in der nächsten Woche richteich deshalb den Appell an die Bundesregierung, dieseNahostpolitik zu unterstützen, nicht nur in Worten, son-dern auch in Taten, und die Realitäten so anzunehmen,wie sie sich darstellen.
Natürlich ist es auch ein Machtkampf innerhalb desSystems – darüber würde ich an dieser Stelle ebenfallsgern sprechen –; da sind die Menschen, die um ihreStimme kämpfen, und da gibt es wahrscheinlich aucheine Auseinandersetzung zwischen religiösen Gruppenund einer sozusagen neuen politischen Elite, die im acht-jährigen iranisch-irakischen Krieg großgeworden ist, diemöglicherweise um wirtschaftliche Pfründe kämpft. Dassind kritische Momente, die wir mit aller Sensibilität be-achten müssen. Dennoch geht es heute darum, dass ausden Wahlen das wird, was die Menschen wollen.Zu oft machen solche Regimes – davor warne ichauch in Richtung Teheran – Minderheiten, ethnischeMinderheiten oder religiöse Minderheiten, zum Sünden-bock, möglicherweise auch zum Sündenbock für Auf-ruhr. Die Frage der Verfolgung zum Beispiel der Bahai-Gemeinde und anderer ethnischer Minderheiten in die-sem Vielvölkerstaat ist so wichtig, dass wir auch vondieser Stelle aus sagen müssen: Sie sind in diesen Tagen,in diesen Minuten genauso bedroht. Wir werden diesaufmerksam beobachten.FNEFWssPKgFuDAbmndzdBuIDSghsdwtWgSdojzksDnIg
Das Wort hat die Kollegin Kerstin Müller für dieraktion Bündnis 90/Die Grünen.Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-EN):Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!s muss Schluss sein mit der Diskriminierung derrauen im Iran. – Diesen Satz rief Sahra Rahnavard imahlkampf den Menschen entgegen. Wie Sie wissen, istie nicht irgendjemand, sondern die Frau des Präsident-chaftskandidaten Mir Hossein Mussawi, der derzeit dieroteste im Iran anführt.Der iranische Schriftsteller Navid Kermani, der inöln lebt, beschreibt in der Süddeutschen Zeitung vonestern in einem flammenden Appell, wie in einerernsehdiskussion der beiden Kandidaten – es ist sehrngewöhnlich, dass so etwas stattfand – die infameiffamierung Sahra Rahnavards durch Präsidenthmadinedschad erst zum Auslöser für eine breite Mo-ilisierung für Mussawi wurde.Nach der Wahl und der – jedenfalls aus Sicht der De-onstrierenden – massiven Fälschung der Wahlergeb-isse scheint das Maß jetzt endgültig voll zu sein; Hun-erttausende Menschen sind nicht mehr bereit, eineweite Amtsperiode Ahmadinedschads zu akzeptieren,ie möglicherweise auch noch auf einem gigantischenetrug basiert. Sie fühlen sich um ihre Stimme betrogen,nd sie kämpfen für ihre Freiheits- und Bürgerrechte.ch möchte mich allen anschließen, die gesagt haben:as müssen wir hier heute unterstützen. Das muss dasignal sein, das aus dieser Aktuellen Stunde in den Iraneht.
Die Vorgänge in Teheran sind dramatisch, vielleichtistorisch – das wissen wir heute noch nicht –; jedenfallsind es die größten Demonstrationen, die das Land seiter Revolution vor 30 Jahren gesehen hat. Daher ist esichtig, dass wir heute Stellung beziehen.Es ist sicherlich noch nicht klar, wohin sich die Situa-ion im Iran entwickelt, aber es ist schon im Vorfeld derahl und auch jetzt bei den Demonstrationen deutlicheworden, dass die Menschen in Teheran und in anderentädten mit Mut und Entschlossenheit ihre Rechte einfor-ern. Da hat sich in der Regierungszeit Ahmadinedschadsffensichtlich schon viel Frustration angestaut, die sichetzt entlädt. Wie auch immer die Situation im Einzelnenu bewerten ist – ob es auch um einen massiven Macht-ampf verschiedener Kräfte des Regimes geht, ob zwi-chen Mussawi und Ahmadinedschad gar nicht so großeifferenzen bestehen, ist im Moment, finde ich, garicht so entscheidend –; eines steht auf jeden Fall fest:m Iran zeigt sich in diesen Tagen eine ganz breite Zivil-esellschaft mit einem sehr ausgeprägten Bewusstsein
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Kerstin Müller
für ihre Freiheitsrechte, für die sie sich trotz der Gefah-ren und Risiken mutig einsetzt. Das ist ein sehr starkesSignal.Es rächt sich jetzt – ich will das hier nachdenklich sa-gen –, dass die internationale Gemeinschaft den Iran vielzu lange nur durch die Brille des Nuklearstreits – somöchte ich es einmal ausdrükken – gesehen hat. Ich sagedas als jemand, die damals als Staatsministerin ganz klardafür war, dass wir diese Dialogpolitik betreiben, unddie der Meinung war, dass es ein zentrales Anliegen derinternationalen Politik sein muss, die Nuklearisierung zuverhindern; keine Frage. Aber es war falsch, dass dabeidie Menschenrechtslage so völlig aus dem Blick geratenist und quasi als nachrangige Frage behandelt wurde.Ich gebe ein Beispiel: Kampf für die Frauenrechte.Seit Jahren sammeln Aktivistinnen im ganzen Land Un-terschriften im Rahmen der „5-Millionen-Unterschriften-Kampagne“ zur Verbesserung der Rechte der Frauen.Über 60 Prozent der Studierenden im Iran sind Frauen.Sie sind jetzt offensichtlich nicht mehr bereit, die Diskri-minierung hinzunehmen. Sie sind sehr enttäuscht überdie wahrscheinliche Wahlfälschung, für die es ziemlicheindeutige Hinweise gibt.Auch die allgemeine Menschenrechtslage hat sich un-ter Ahmadinedschad verschlechtert, ist finster wie niezuvor. Das hat der jüngste Jahresbericht von AmnestyInternational noch einmal ausdrücklich bestätigt.Ich meine, einen Fehler dürfen wir jetzt in dieser Lagenicht machen: Wir dürfen jetzt nicht einfach zur Tages-ordnung übergehen und business as usual betreiben. Esgibt den einen oder anderen Experten, der das will undbeschwichtigt, indem er sagt: Na ja, wahrscheinlich wares Wahlfälschung, aber nicht in diesem Umfang – soähnlich wie Sie heute, Herr Kollege Paech –, wegen derkonservativen Landbevölkerung könnte Ahmadinedschadauch gewonnen haben. Es gibt sogar die Aussage,Ahmadinedschad sei im Hinblick auf die Verhandlungenim Atomstreit der bessere Verhandlungspartner, weil erals konservativer Politiker entsprechende Ergebnissebesser ins System vermitteln kann.Auch Sie, Herr Polenz, haben heute noch einmal ge-sagt, es sei nicht so entscheidend, ob Ahmadinedschadim Amt bleibt; denn in der Frage des Atomprogrammsliege die Macht beim geistlichen Führer. Das mag zwarrichtig sein, aber ich möchte hier wirklich einmal dieFrage stellen, ob es in dieser Situation, angesichts vonTausenden von Menschen, die unter hohem Risiko aufdie Straße gehen, angesichts massiver Zensur und desheute erfolgten Verbots der Berichterstattung durch aus-ländische Journalisten, richtig ist, wenn wir von der in-ternationalen Seite das Ganze weiter von außen nur unterdem Gesichtspunkt des Nuklearstreits sehen. Ich finde,das dürfen wir nicht.
Vielmehr müssen wir ins Zentrum unserer Überlegungenauch die Lage der Menschenrechte stellen. Ich glaube,alles andere würde schräg ankommen. Exiliraner habensich ja schon beschwert und gefragt, wieso es nicht ge-nenfbbVagrObtfiShfddsTnUKdHddursGbdldhkdmdnehn
Das Wort hat der Kollege Eduard Lintner für die
nionsfraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Meine Damen und Herren! Es wurde schonarauf hingewiesen, dass es ernsthafte und sehr konkreteinweise auf Manipulationen des Wahlergebnisses gibt,ass insbesondere die Höhe des Ergebnisses für Ahma-inedschad unglaubwürdig ist. Dieses und die brutalend zugleich umfassende Unterdrückung der Protestie-enden durch die Regierung erzwingen geradezu, dassich Parlamente wie der Deutsche Bundestag mit demeschehen im Iran befassen.Ich gebe dem Kollegen Polenz völlig recht: Wir ha-en die Pflicht, die internationale Aufmerksamkeit aufen Iran zu lenken, um auf diese Art und Weise viel-eicht denen zu helfen, die jetzt in der Tat mit bewun-ernswertem Einsatz von Leben und Gesundheit, Frei-eit und Wohlergehen im Iran dafür kämpfen, dassünftig demokratische Rechte auch dort respektiert wer-en.
Herr Dr. Paech, es hat – es tut mir leid, das sagen zuüssen – schon etwas peinlich geklungen, als Sie hieren Versuch unternommen haben, jetzt schon das Ergeb-is zu rechtfertigen. Unlogisch und genauso peinlich wars, als Sie im zweiten Teil Ihrer Rede davon gesprochenaben, man müsse erst einmal abwarten. Meiner Mei-ung nach sollten wir hier Einigkeit an den Tag legen
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Eduard Lintnerund nicht irgendwelche Ausflüchte zulassen. Auch mirliegen natürlich die Umfrageergebnisse vor. Sie sindzwar mit aller Vorsicht zu betrachten, aber alle weisendoch darauf hin, dass es eigentlich nicht sehr wahr-scheinlich war, dass der amtierende Präsident bereits imersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit fürsich gewinnen konnte.Wie wir alle wissen steht die Regierung des Irans imBrennpunkt des Interesses, aber eben auch der Sorge derinternationalen Politik. Vor allem das AtomprogrammTeherans und die Drohungen von Präsident Ahmadine-dschad gegen Israel lassen im Hinblick auf mögliche Re-aktionen geradezu alle Alarmglocken schrillen. In diesenKonflikt ist zwar durch die Initiativen der neuen US-Ad-ministration – es ist schon darauf hingewiesen worden –jüngst Bewegung gekommen. Die Hoffnung auf einenfriedlichen Ausweg hat sich dadurch Gott sei Dank et-was belebt. Aber der angeblich so hohe Sieg des amtie-renden Präsidenten schon im ersten Wahlgang begründetdoch die Befürchtung, er und seine Anhänger könntengenau dieses unwahrscheinliche Resultat als Aufforde-rung zu einer noch aggressiveren Politik einer atomarenBewaffnung interpretieren.Andererseits beschädigen auch nicht bewiesene, aberplausible Zweifel an der Wiederwahl die Legitimations-basis des Regimes. Diese Zweifel, zusammen mit derbrutalen, gewaltsamen Unterdrückung von Meinungs-freiheit und Demonstrationsrecht, erschweren es zudemjeder westlichen Regierung, gegenüber der eigenen Öf-fentlichkeit Kompromisse mehrheitsfähig zu machen.Zwar bekennen sich – es ist schon darauf hingewiesenworden – auch die anderen Kandidaten zur Nutzung vonNukleartechnik durch den Iran; aber ihre Priorität liegtganz offenbar in einer anders orientierten, dem Wohl derBevölkerung verpflichteten Wirtschaftspolitik. Mit die-ser Zielrichtung, die zweifellos im Interesse der ganzüberwiegenden Mehrheit der Menschen im Iran läge, istdie Chance zu mehr Kooperation mit dem Westen ver-bunden. Dies würde eine Reduzierung der Spannungenermöglichen, auch über den Weg der Rücknahme vonSanktionen gegen den Iran, und könnte eine Entspan-nung und Hilfe bedeuten.Es steht, wie wir alle wissen, auch viel auf dem Spiel,was das Verhältnis des Iran zu seinen Nachbarn in der is-lamischen Welt angeht. Die ideologische und realpoliti-sche Führungsrolle, die Ahmadinedschad und seine An-hänger anstreben, verschärft ganz entscheidend dieGefahr eines nuklearen Wettrüstens in dieser schon jetztso spannungsreichen Region. Auch was Israel angeht,kann man nur auf ein Einlenken des Iran hoffen. Denndie existenzielle Bedrohung des Staates Israel, nicht nurverbal, sondern auch mit realen Mitteln, birgt die Gefahreiner von uns allen nicht erwünschten drastischen Reak-tion in sich.All das sind Gründe, die es zwingend erforderlichmachen, dass die Legitimität der Führung des Iran zwei-felsfrei geklärt wird. Dazu bedarf es des Rechts einer un-gestörten Überprüfung und der wahrheitsgemäßen Fest-stellung des Wahlergebnisses. Religion und religiöseFührer auch im Iran sollten sich immer der Wahrheit ver-pFddliuZvSAdIhcArmKsJeelursAdmlgaweedsdkwMse
Das Wort hat der Kollege Hans-Ulrich Klose für die
PD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!uch wenn es dem Kollegen Paech missfällt, muss ichoch ein paar Bemerkungen zu dem Ergebnis machen.ch habe mir die Zahlen von 2005 noch einmal angese-en und diese mit den Zahlen von diesem Jahr vergli-hen. Das ist sehr aufschlussreich. Im Jahr 2005 hathmadinedschad im ersten Wahlgang, in dem es meh-ere Kandidaten gab, 5,7 Millionen Stimmen bekom-en. Erst im zweiten Wahlgang, als es nur noch zweiandidaten waren, hat er – das galt damals als Kanter-ieg – circa 16 Millionen Stimmen bekommen. Diesesahr, im Jahr 2009, nachdem Ahmadinedschad in seinemigenen Land erheblich an Zustimmung verloren hat, hatr im ersten Wahlgang – so wird behauptet – 23,7 Mil-ionen Stimmen erhalten, doppelt so viele wie Mussawind ein Vielfaches von Resai und Karrubi, sogar in de-en Heimatbezirken.
Ich weiß nicht, ob die Zahlenangaben der Oppositiontimmen; auch da gibt es unterschiedliche Angaben.ber ich bin mir ziemlich sicher, Herr Kollege Paech,ass die jetzigen Zahlen für Ahmadinedschad nicht stim-en, sondern frei – oder sollte ich lieber sagen: willkür-ich? – erfunden sind.
Ich habe großen Respekt vor denen, die das im Irananz laut und deutlich sagen und für ihre Überzeugunguf die Straße gehen. Diese Menschen trotzen der Ge-alt und fordern ihr Recht auf freie Meinungsäußerungin. Die Bilder prügelnder Milizionäre erschrecken undmpören mich. Aber die Bilder von einzelnen Polizisten,ie sich schützend vor die Demonstranten stellen – aucholche Bilder gibt es –, nähren die Hoffnung auf Verän-erung.Wird es im Iran schnelle Veränderungen geben? Ichann es nicht sagen, weil ich nicht weiß, wie der gegen-ärtige Machtkampf im Iran – es handelt sich um einenachtkampf – ausgeht. Ahmadinedschad scheint sicheines Sieges sehr sicher zu sein. Wahrscheinlich weißr: Wenn er fällt, fallen möglicherweise auch Chamenei,
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Hans-Ulrich Kloseder religiöse Führer, und das gesamte System. Ich glaubenicht, dass es passiert. Aber möglich ist es.Was können wir tun? Wir können dreierlei tun:Erstens. Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass essich bei dem Konflikt in Teheran um einen iranischenMachtkampf handelt, bei dem westliche Einmischungwenig hilfreich, vielleicht sogar kontraproduktiv ist.
Auftrumpfende Rhetorik, zu der wir in Zeiten der Empö-rung manchmal neigen, könnte in dem Konflikt eher vonunserem Interesse ablenken und den Westen als Feind-bild erscheinen lassen. Zweitens. Nachdem die öffentli-chen Informationskanäle gesperrt sind, müssen die pri-vaten offen gehalten werden, damit die Welt weiterhinsieht, was im Iran geschieht. Drittens. Wir müssen denenhelfen, die als Asylbewerber zu uns kommen. Es wer-den, so fürchte ich, viele sein.Was tun die westlichen Regierungen? Sie beobachtendie Lage, äußern ihre Besorgnis und bestellen – wenn eshochkommt – Botschafter ein. Das ist nicht wenig, aberauch nicht viel. Die Ehrlichkeit gebietet, hinzuzufügen,dass die Regierungen viel mehr gar nicht tun können und– wie im Falle der US-Regierung – offenbar nicht mehrtun wollen.Präsident Obama will trotz allem sein Dialogangebotan den Iran aufrechterhalten. Ist er deswegen zu tadeln?Wenn es nach mir geht: nein. Denn er weiß, dass wir, umdie Welt zu verändern, auch mit denen reden müssen, dieUnerfreuliches und Böses tun oder planen. Das nenntman gemeinhin Realitätspolitik. Meist ist das abschätziggemeint. Prinzipienlos ist diese Art von Politik abernicht. Denn getragen und gerechtfertigt wird sie vondem und durch das Prinzip Hoffnung – Hoffnung aufVeränderung auch im Iran, wenn nicht heute, dann dochvielleicht morgen.Das erinnert mich – verzeihen Sie das einem älterenKollegen – an zwei Gedichtzeilen von Gottfried Benn:Kommt, reden wir zusammen.Wer redet, ist nicht tot.
Das Wort hat der Kollege Philipp Mißfelder von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnenund Kollegen! Zunächst möchte ich mich allen Rednernmit Ausnahme des Redners von der Linkspartei an-schließen, was die Unterstützung und eine gemäßigteSolidarität mit den Demonstranten in Teheran angeht.Wir müssen natürlich genau schauen, aus welchen Moti-ven dort die Demonstrationen stattfinden und welche In-teressenlage dahintersteckt. Ich bin in der vergangenenWoche von Donnerstag bis Sonntag mit einer größerenGruppe von jungen Nachwuchspolitikern aus Deutsch-lctioSWvznhwdtegwshdsnsSDAAaBwfdssDdwnDnsglsgkGaWdswgskbZ
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Unsere Aufgabe muss es sein, den Schutz der Men-chenrechte auch in dieser teils eskalierenden Lage ein-ufordern. Im Iran sind Menschenrechte, Freiheitsrechte,ersammlungsfreiheit sowie Pressefreiheit permanentnd nicht erst seit diesem Wahltag gefährdet. Die schonrwähnten Steinigungen und das öffentliche Hängenind der hässlichste Ausdruck dieser Zwangslage.Zur Lage der Minderheiten im Iran haben wir vor kur-em eine Anhörung im Menschenrechtsausschuss durch-eführt. Die Lage der Minderheiten wird nicht besser,enn die politische Lage der Mehrheiten so ist, wie sieich in diesen Tagen offenbart. Deshalb fordern wir dieofortige Freilassung der Inhaftierten, die Untersuchunger Todesfälle bei den Protesten und die Überprüfungieser Wahl. Freie Berichterstattung muss zugelassenerden. Das ist aus meiner Sicht fast die dringendsteorderung an diesem Tag. Bei Totalmanipulation müss-en wir eigentlich Neuwahlen fordern.Ein Regime, das sich bedroht sieht, wählt oft die Es-alation nach innen und nach außen. Das Regime willit allen Mitteln Informationen und Opposition unter-rücken. Eine klare Strategie der Repression tritt hier zu-age, die Iran möglicherweise in noch mehr Brutalität, inoch tiefere innere Gegensätze und in weitere Isolationühren wird. Entscheidend aber ist: Der Staat, nicht dieesellschaft ist isoliert, und zwar auch dank modernerechnologie, die sich eben doch nicht einfach abschaltenässt. In meinem Büro und wahrscheinlich auch in Ihrenüros besteht auch am heutigen Tag ein Kontakt in die-
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Johannes Jung
ses Land. Das ist die realistische Hoffnung für Iran. Hiermüssen wir politisch weiterarbeiten.Meine Damen und Herren, lassen Sie uns klug undbestimmt dazu beitragen, dass wir in zehn Jahren denJahrestag einer Wende zum Besseren und nicht den Ge-denktag einer blutig niedergeschlagenen Bürgerbewe-gung in Iran begehen werden.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Holger Haibach von
der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Where is myvote?“ – Wo ist meine Stimme? –, das ist der Ruf der De-monstranten, der seit Tagen durch die Straßen von Tehe-ran, Isfahan und anderen Städten im Iran schallt. In die-ser Aktuellen Stunde haben wir eine Aufgabe zuerfüllen: Wir müssen dazu beitragen, dass die Stimmederjenigen, die im Iran auf die Straße gehen und unterwidrigsten Umständen für ihre Rechte eintreten, gehörtwird und zählt. Mit einer Ausnahme habe ich alle Red-ner über die Parteigrenzen hinweg so verstanden, dass esdarum geht, diejenigen, die im Iran ihre Stimme erhe-ben, zu unterstützen.Herr Kollege Paech, es ist schwierig, Ihren Argumen-ten zu folgen. Unabhängig davon, wie die Umfrageer-gebnisse am Tag vor der Wahl ausgesehen haben mögen,finde ich, dass es ein logisches und ein demokratietheo-retisches Argument gibt, das gegen Ihre Argumentationspricht.Das erste Argument lautet: Wenn AhmadinedschadsVorsprung sehr groß war, warum sollte es dann notwen-dig gewesen sein, das Wahlergebnis zu fälschen? Esmacht relativ wenig Sinn, ein Wahlergebnis zu fälschen,wenn man weiß, dass man ohnehin eine große Mehrheiterzielt.Das zweite Argument ist für mich noch viel wichtiger.Wenn es um die Frage geht, ob Herr Ahmadinedschadoder Herr Mussawi die Wahl gewinnen soll, habe auchich eine Präferenz. Vielleicht gilt das auch für vieleMenschen im Iran. Es kommt aber auf eines an: Unab-hängig davon, wie groß der Vorsprung eines Kandidatenin einer Umfrage ist, darf dies niemals der Grund sein,einen Wahlgang zu manipulieren nach dem Motto: DieWahl hätte ohnehin dieses Ergebnis gehabt.Ich erlebe immer wieder, dass dieses Argument vor-getragen wird. Ich finde es fatal, dass wir uns daran ge-wöhnt haben, zu sagen: Es mag sein, dass die Wahl ma-nipuliert worden ist. Am Ergebnis ändert das aber nichts.Diese Einstellung dürfen wir uns nicht zu eigen machen.Kollege Hoyer hat völlig recht: Manchmal schätzen wirden Wert der einzelnen Stimme in der Demokratie zuwenig.gdzDmdvlsfhmhidzhRwdisnMdBnIhuWwdsAarKdtsgInStgu
Es ist bemerkenswert, dass die Demonstrationen, dieegenwärtig stattfinden, eine lange Geschichte haben;arauf hat der Kollege Paech zu Recht hingewiesen. Voriemlich genau zehn Jahren fanden schon einmal großeemonstrationen im Iran statt. Damals wie heute nah-en daran sehr viele junge Leute teil, insbesondere Stu-enten. Die Studenten gehören heute übrigens zu der Be-ölkerungsgruppe, die am meisten unter der Situation zueiden hat. An den Universitäten sind sie großen Repres-ionen ausgesetzt, und sie müssen mehr als andere Ver-olgung fürchten.Die intellektuelle Elite des Landes war damals und isteute die treibende Kraft bei der Auseinandersetzungit den unter dem iranischen Regime herrschenden Ver-ältnissen. Führt man sich die demografische Situationm Iran vor Augen, stellt man fest: Das ist nicht verwun-erlich. Der Iran ist ein extrem „junges“ Land. 70 Pro-ent der Iraner sind jünger als 30 Jahre. Diese Iraneraben keine direkten Erfahrungen aus den Jahren derevolution und keine direkten Erfahrungen mit den Aus-irkungen des Schah-Regimes gemacht. Sie kennen nurie Realität des iranischen Gottesstaates. Diese Realitätst für die jungen Menschen, die über den Tellerrandchauen und die wollen, dass ihre Stimme gehört wird,icht akzeptabel. Unsere Aufgabe ist es, diesen jungenenschen eine Stimme zu verleihen. Dazu kann auchiese Aktuelle Stunde am heutigen Nachmittag eineneitrag leisten.
Ich habe gerade versucht, deutlich zu machen: Es gehticht nur um die Frage, wie die Präsidentschaftswahl imran letztlich ausgeht – natürlich ist das wichtig; auch ichabe, wie gesagt, eine Präferenz –, sondern es geht auchnd vor allem darum, dass sich herausstellt, dass dieseahl frei und fair durchgeführt und jede Stimme gezählturde.Auch wenn an der Haltung des amerikanischen Präsi-enten Kritik geübt worden ist, muss ich sagen: Ich findeein Vorgehen klug. Er hat deutlich gemacht, dass seinngebot der ausgestreckten Hand unabhängig vom Wahl-usgang gilt. Hätte der amerikanische Präsident dem He-ausforderer Mussawi das Mäntelchen „Bevorzugterandidat des Westens“ umgehängt, hätte dies Ahmadine-schad, dem Wächterrat und all denen, die auf Beibehal-ung des Systems beharren, die Möglichkeit eröffnet, die-en Kampf auf einen Platz zu tragen, auf den er nichtehört. Dann hätten sie argumentieren können, dass derran gegen den bösen Westen kämpft, anstatt eine Ausei-andersetzung mit ihren Kritikern innerhalb des eigenenystems führen zu müssen.Ich finde, das ist genau die richtige Haltung. Wir soll-en – bei aller Klarheit, die wir im Hinblick auf diejeni-en, die dort unter widrigen Umständen für Demokratiend Menschenrechte eintreten, haben müssen – eine
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Holger Haibachkluge Haltung einnehmen. Ich halte diese Haltung fürklug.Mir macht große Hoffnung, dass es den jungen Men-schen offensichtlich gelungen ist, Medien zu finden, diesich nicht staatlich kontrollieren lassen. Eine deutscheZeitung hat es sehr schön ausgedrückt mit: „Der Irantwittert plötzlich Morgenluft.“ Hoffen wir und helfen wirmit, dass möglichst oft und möglichst viel Morgenluftweht!Danke sehr.
Das Wort hat der Kollege Gert Weisskirchen von der
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit
ihrem Stimmzettel wollten Millionen von Iranerinnen
und Iranern das politische Leben in ihrem Lande verän-
dern; das war ihr Ziel. Deswegen sage ich: Es darf kein
zynisches Verhältnis zum Wahlakt geben, und es darf
auch kein instrumentalisiertes Verhältnis zum Wahlakt
geben. Der Wahlakt ist originär und authentisch. Genau
das zeigt sich jetzt im Iran. Die Menschen – diejenigen,
die auf die Straße gehen – haben gewusst, geahnt, ge-
fürchtet, dass Ahmadinedschad gewinnt. Aber sie wollen
damit ihren Willen, einen anderen Weg zu gehen, zum
Ausdruck bringen. Das ist, glaube ich, die Qualität
dessen, was wir jetzt auf den Straßen von Teheran, von
Isfahan und allen anderen großen Städten im Iran sehen.
Wie auch immer das Regime die Stimmen gewertet
hat – ob es sie tatsächlich gezählt hat oder ob es, was
wahrscheinlich ist, das Ergebnis gefälscht hat –, wie
auch immer sich das Regime mit Gewalt gegen diesen
friedlichen Aufstand wehrt: Der Wille, Veränderungen
herbeizuführen, ist nicht gebrochen, und er wird auch
nicht gebrochen werden.
Die Kinder der Revolution – darauf wurde eben zu
Recht hingewiesen – sind Nachfahren der Revolutionäre
von 1979. Sie lehnen sich auf gegen die Verachtung, die
ihnen von oben entgegenschlägt. Das ist das, was
Ahmadinedschad repräsentiert: Er verachtet die Men-
schen. Das ist genau der Grund, warum sie sich aufleh-
nen. Was sich hier Bahn bricht, ist die Selbstachtung der
Menschen. Die Menschen wehren sich gegen diesen
Versuch, die Stimme des Einzelnen zu missachten.
Ich finde, was jetzt auf den Straßen in Iran geschieht,
hat eine große demokratische Qualität. Der große irani-
sche Filmregisseur Mohsen Makhmalbaf hat das in der
Süddeutschen Zeitung von gestern so bewertet:
Die Menschen haben verstanden, dass sie mit einer
Stimme
– mit ihrer Stimme –
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Vielleicht darf ich das an diesem Punkt zum Schluss
uch noch sagen: „Persiankiwi“ – Sie haben ihn eben in-
irekt zitiert – ist jemand, der wahrscheinlich in Teheran
st und die Menschen durch „Zwitschern“ – also mit die-
em neuen, modernsten Medium – informiert. Durch
ieses „Zwitschern“ mithilfe des modernsten Mediums
erden die Menschen direkt miteinander verbunden.
eine Staatsmacht kann sich mehr dagegen wehren. Das
eschieht jetzt im Iran.
Die Menschen im Iran haben jetzt einen ersten Schritt
ei dem Versuch unternommen, den Aufbau ihrer eige-
en modernen Demokratie zu realisieren. Das ist auch
as, was wir uns wünschen. Dieser Versuch soll gelin-
en. Hoffnung soll die Chance im Iran werden. Es darf
icht zu Verzweiflung, Angst und dem „Ende der Hoff-
ung“, wie Kornelius gestern in der Süddeutschen Zei-
ung geschrieben hat, kommen. Vielmehr ist das der An-
ang eines neuen Prozesses, der zu einem anderen Iran
ühren wird.
Das Wort hat die Kollegin Ute Granold von der CDU/SU-Fraktion.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Wir führen heute die Aktuelle Stunde zur Situation des
Iran nach der Wahl durch. Ich bin dankbar dafür, weil
wir damit auch einmal in das andere Gesicht des Iran
schauen sollten.
Wie sieht die Situation der Menschen in diesem Land
aus, seit der Präsident an der Macht ist? Vor vier Jahren
kam er an die Macht, und bereits nach einem Jahr endete
die Kommunalwahl mit einem schlechten Ergebnis für
ihn. Das war ein Zeichen dafür, dass die Menschen mit
seiner Politik nicht zufrieden sind. Das hat sich jetzt fort-
gesetzt.
Es geht schon längst nicht mehr um das Ergebnis der
Wahl, sondern es geht darum, dass sich die Menschen
gegen die atomare Großmannssucht, gegen den Vernich-
tungskampf gegen Israel, gegen die Drohgebärden
gegenüber Washington und dagegen auflehnen, dass
Menschenrechte und Bürgerrechte mit Füßen getreten
werden.
Wenn man in die iranische Verfassung hineinschaut
– darin stehen Freiheitsrechte und Bürgerrechte –, dann
könnte man auf den ersten Blick meinen, dass dies ein
Staat ist, mit dem man durchaus in Kontakt bleiben und
leben kann. Alles steht aber unter dem Licht des Men-
schenrechtsverständnisses gemäß den islamischen Prin-
zipien.
Was heißt das? Alle Gesetze, auch die Verfassung,
müssen im Einklang mit diesen islamischen Prinzipien
stehen. Das heißt im Konkreten, dass nach iranischer
Rechtsauffassung die Verhängung und Vollstreckung
von Körperstrafen, das heißt Peitschenhieben und Am-
putationen, und die Todesstrafe, zum Beispiel durch
Steinigung – das wurde vorhin schon einmal angespro-
chen –, auch gegen zur Tatzeit Minderjährige, recht-
mäßig ist und dass die unterschiedliche Behandlung von
Männern und Frauen im Prozess, im Familienrecht und
im Erbrecht nicht als ein Verstoß gegen den Gleichheits-
grundsatz angesehen wird.
Wir als Menschenrechtspolitiker – es sind ja eine
Reihe von Kollegen heute hier; unser Ausschuss tagt ge-
rade, aber es ist uns als Menschenrechtspolitiker wichtig,
hier zum Iran zu sprechen – thematisieren und kritisieren
die Situation im Iran seit vielen Jahren. Vor kurzem ha-
ben wir im Menschenrechtsausschuss eine Anhörung zur
Situation der Minderheiten im Iran durchgeführt. Das,
was wir gehört haben, war erschreckend. Die Bahai wur-
den angesprochen. 300 000 Menschen im Iran leben als
nicht anerkannte Religionsgruppe. Sie werden verfolgt.
Es finden Übergriffe auf Kinder und Jugendliche in den
Schulen statt; sie erhalten keinen Zugang zu den Univer-
sitäten. Es gibt jetzt einen Entwurf für ein neues Strafge-
setzbuch, in dem der Abfall vom Islam unter Todesstrafe
gestellt wird. Es gibt Verhaftungen. Eine ganze Reihe
von Repräsentanten der Bahai sitzt in iranischen Gefäng-
nissen.
Der Bericht von Amnesty International für das Jahr
2008 wurde angesprochen. In 2009 setzt sich das nahtlos
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Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsIch rufe den Zusatzpunkt 2 auf:Beratung des Antrags der BundesregierungBeteiligung deutscher Streitkräfte am Einsatzvon NATO-AWACS im Rahmen der Inter-nationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in
auf Grundlage der Resolutionen 1386
und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution1833 des Sicherheitsrates der VereintenNationen– Drucksache 16/13377 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
RechtsausschussVerteidigungsausschussAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungHaushaltsausschuss gemäß § 96 GONach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Gibt esWiderspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das sobeschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-ner dem Staatsminister im Auswärtigen Amt, GernotErler, das Wort.D
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! DieNATO hat letzten Freitag beschlossen, zur Unterstützungvon ISAF ihr luftgestütztes Frühwarnsystem AWACSüber Afghanistan einzusetzen. Die Bundesregierung be-grüßt, dass nach langwierigen und schwierigen Verhand-lungen angesichts des klaren Bedarfs an verbesserterLuftraumüberwachung über Afghanistan ein Beschlussgefasst werden konnte.Die derzeit in Afghanistan praktizierte Luftraumüber-wachung ist längst hinter dem ständig wachsenden zivi-len wie militärischen Flugaufkommen zurückgeblieben.Diese Entwicklung wird anhalten. Prognosen der NATOsehen in naher Zukunft ein weiteres starkes Wachstumum das Drei- bis Fünffache voraus.Demgegenüber ist die afghanische Regierung auf ab-sehbare Zeit nicht in der Lage, eine funktionsfähigeFlugsicherung aufzubauen. Die AWACS-Flugzeuge sinddas beste Mittel, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Siewerden im Rahmen von ISAF ausschließlich im afghani-schen Luftraum eingesetzt. Sie sollen den gesamtenLuftverkehr über Afghanistan sicherer machen. Sie sol-len auch die militärische Operationsführung von ISAFunterstützen. Denn auch die Zahl der militärischen Flug-bewegungen wird in den nächsten Monaten weiter an-wachsen. Das ist angesichts des Aufwuchses von ISAF-Kräften im laufenden Jahr insbesondere infolge der Ab-sicherung der Präsidentschaftswahlen sowie angesichtszusätzlicher angekündigter US-Truppen absehbar.dBaddshseRnoFvAlStfziSbfzÜfwAGLlsfvsSFsdsdttSnhAdfr
Ich möchte außerdem feststellen: NATO-AWACS ha-en weder eine Bodenaufklärungs- noch eine Feuerleit-unktion. Sie können lediglich navigatorische Unterstüt-ung leisten. Die Entsendung der AWACS stellt imbrigen keine dauerhafte Lösung dar. Mittel- und lang-ristig gilt für die Luftraumüberwachung das Gleicheie für alle anderen Bereiche des Wiederaufbaus infghanistan: Ziel des Engagements der internationalenemeinschaft ist es, die afghanische Regierung in dieage zu versetzen, selbstständig und dauerhaft für Stabi-ität und Entwicklung im eigenen Land zu sorgen. Die-es Prinzip der Selbstverantwortung soll in Zukunft auchür die Luftsicherheit gelten. Dafür braucht Afghanistanorläufig aber noch Hilfe von außen. Deshalb engagiertich die Bundesregierung beim Aufbau der notwendigentrukturen.Vor einigen Wochen wurde mit dem Neubau deslughafens von Masar-i-Scharif begonnen, den wir zu-ammen mit den Vereinigten Arabischen Emiratenurchführen. Gemeinsam mit den Niederlanden wirdich Deutschland außerdem am Ausbau des zivilen Teilses Flugfelds in Tarin Kowt in der Provinz Uruzgan be-eiligen. Neben diesen Infrastrukturmaßnahmen inves-ieren wir auch in die Aus- und Weiterbildung vonicherheitspersonal, Fluglotsen, Technikern und Ma-agementpersonal. Erst vor wenigen Tagen konnten wirierfür Singapur als Kooperationspartner gewinnen.uch die US-Regierung plant, ihre Unterstützung füren Aufbau einer zivilen Flugsicherung auszubauen.Unsere gemeinsamen Anstrengungen werden dazuühren, dass wir die Verantwortung auch im Luftsiche-ungsbereich schrittweise an die Afghanen übertragen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. Juni 2009 25005
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Staatsminister Dr. h. c. Gernot Erlerkönnen. Bis dahin werden die AWACS jedoch dringendbenötigt. Deswegen bittet die Bundesregierung Sie herz-lich um Ihre Zustimmung.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Rainer Stinner von
der FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! DerDeutsche Bundestag schickt seit einigen Jahren deutscheSoldaten nach Afghanistan. Diese Soldaten sind täglichin Kämpfe verwickelt, diese Soldaten werden verwun-det, und einige dieser Soldaten lassen ihr Leben inAfghanistan. Das ist die Realität im Juni 2009. Ange-sichts dieser Realität haben wir alle meines Erachtenseine große Verantwortung. Wir müssen alles, aber auchalles dafür tun und alle Mittel dafür einsetzen, um unsereSoldaten bei dieser Aufgabe zu unterstützen und sie zuschützen. Wenn AWACS dazu einen Beitrag leistenkann, dann ist das ein sinnvoller Einsatz dieses Systems.
So weit, so gut, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nunreden wir aber schon ein bisschen länger über diesenAWACS-Einsatz, genauer gesagt seit über einem Jahr.Schon vor über einem Jahr hat die Bundesregierung unsin sehr plastischen und drastischen Farben geschildert,wie wichtig, dringend und notwendig es ist, in diesemLand unmittelbar AWACS zur Luftraumkontrolle undLuftraumsteuerung einzusetzen. Das mag ja alles richtigsein. Aber, liebe Damen und Herren von der Bundesre-gierung: Wenn das vor einem Jahr so dringend und wich-tig war und der Luftverkehr sogar zusammenzubrechendrohte, dann ist nicht zu verstehen, dass zwölf Monateins Land gehen mussten. Begründet wurde das damit,dass die Franzosen angeblich nicht bereit waren, einenBeitrag von 2 oder 3 Euro zu leisten. Wenn es so drin-gend und wichtig gewesen wäre, hätte man auch dann et-was tun müssen; denn niemand hätte verantworten kön-nen, dass ein Flieger vom Himmel fällt, nur weil sich dieFranzosen nicht an der Finanzierung beteiligen. Hiergibt es noch immer eine Grauzone in der Argumentation,die es auszuräumen gilt.
Durch den Text des Mandates sind wir nun klüger.Aus dem Mandat geht eindeutig hervor, dass der Einsatzvon AWACS unsere Fähigkeiten, die ISAF-Operation zuführen, verbessert. Das heißt, es handelt sich um einenoperativen Einsatz im Rahmen des ISAF-Mandates. Ichpersönlich finde das gut. Die Bundesregierung hat aberin den vergangenen Monaten den Eindruck erweckt, alsginge es hierbei primär und fast ausschließlich darum,den zivilen Luftverkehr besser zu steuern und zu kon-trollieren, das heißt, eine Airsupport-Controlling-Funk-tion auszuüben. Im Mittelpunkt stand jedoch bishernicht, dass tatsächlich wertvolle Unterstützung im Rah-men der ISAF-Operation geleistet werden soll. Das istndKusgiesSoseogAfAdawmtSltllegEdnnaddbBmSiueddtfawdted
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Für die Bundesregierung spricht jetzt der Bundesmi-nister Dr. Franz Josef Jung.Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-gung:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben amFreitag im NATO-Rat die Entscheidung getroffen, dasswir uns mit NATO-AWACS-Maschinen in Afghanistanengagieren. Lieber Kollege Stinner, ich will Ihnen gleicheine Antwort auf Ihre Frage geben. Im NATO-Rat giltdas Konsensprinzip. Sie wissen, dass dieser Konsensüber eine längere Zeit leider nicht hergestellt werdenkonnte. Ich bin dankbar dafür, dass die VorbehalteFrankreichs hinsichtlich der Finanzierung jetzt ausge-räumt werden konnten. Daran hat dankenswerterweiseauch unsere Bundeskanzlerin mitgewirkt. Ich will Ihnenklar und deutlich sagen, dass wir uns darauf verständigthaben, die Zusatzausgaben für den Einsatz in Afghanis-tan innerhalb der Gemeinschaft aufzuteilen. Wir teilenden Betrag nach dem Schlüssel auf, der für unsere Bei-tragszahlungen für die NATO gilt. So zahlen wir bei-spielsweise rund 16 Prozent und die Franzosen rund11 Prozent. Das ist die Grundlage. Deshalb haben wirdie Möglichkeit gehabt, diese Entscheidung am Freitagzu treffen.Ich halte es für richtig und gut, dass wir diese Ent-scheidung jetzt endlich getroffen haben, weil der Luft-verkehr in Afghanistan tagtäglich zunimmt. Sie konntenheute in der Zeitung lesen, dass im Rahmen des zivilenLuftverkehrs eine direkte Flugverbindung von Kabulnach Frankfurt eingerichtet worden ist. Wir haben aberein unmittelbares Interesse an dem Einsatz auch im Hin-blick auf unsere Soldatinnen und Soldaten; denn51 Prozent der Flüge für den Transport von Material undPersonal in Afghanistan, und zwar in Gesamt-Afghanis-tan, führen wir durch. Die Luftaufklärung für Gesamt-Afghanistan wird durch unsere Tornados geleistet. Siewissen, dass unsere amerikanischen Freunde sehr deut-lich signalisiert haben, sich weiter zu engagieren, wasweitere Lufttransporte nach sich zieht, sodass wir eineminentes Interesse daran haben, wegen der noch nichtvorhandenen Sicherheitsstrukturen in Afghanistan dieFlugsicherung durch NATO-AWACS-Maschinen zu ge-währleisten. Eine Flugsicherung ist auch im Interesseunserer Soldatinnen und Soldaten und dient ihremSMAzWztdSgwltwmLznbDuidIdFAdaDrdwVtbwbgbdznDuSbtMbgsw
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. Juni 2009 25007
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! LiebeKolleginnen und Kollegen! Wir sollten schon sehr genaubesprechen, worüber wir entscheiden. Ich glaube, dasMandat lässt keinen Zweifel daran: Bei der Entsendungvon AWACS geht es am allerwenigsten um die zivileFlugsicherung. Zivile Flugsicherung erfolgt gemeinhindurch Radarsysteme am Boden. Das gilt im Übrigenauch für gebirgige Länder wie die Schweiz und Öster-reich. Wenn man schon so lange in Afghanistan ist, hätteman dort auch mehr tun können. Die AWACS-Diskus-sion wird seit einem Jahr geführt. Man hätte die zivileLuftraumüberwachung folglich schon früher auf denWeg bringen können. Der Beweis ist noch nicht er-bracht, dass ausgerechnet die AWACS – und nur sie –für diese Flugsicherung notwendig sind.Es gibt natürlich einen Zusammenhang: Eine starkeZunahme militärischer Luftoperationen bedeutet ein hö-heres Risiko für die zivile Luftfahrt. Das negiere ichüberhaupt nicht. Aber mir scheint, das ist genau desPudels Kern. Die jetzige Entscheidung der NATO,AWACS zu entsenden, ist in erster Linie ein Resultat desin den letzten drei Jahren intensivierten Krieges, dessenEnde noch lange nicht absehbar ist. Im Gegenteil: Wirerleben eine weitere Verschärfung.Der Herr Minister hat gesagt: Die AWACS erstellenein Luftlagebild; sie können als Relaisstationen gewisseKoordinierungen übernehmen. Die besondere QualitätbsdRskügRmksTpbüMAdsJgUcatMtebsAwkdtjptdurgsdVdns
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Das Wort hat der Kollege Winfried Nachtwei von
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beider Entsendung der AWACS-Aufklärungsflugzeuge gehtes um zwei Schlüsselfragen. Erstens: Sind sie notwendigund dringlich für die Flugsicherheit in Afghanistan ins-gesamt? Zweitens – diese Frage hat Kollege PaulSchäfer auch angesprochen –: Sind sie insgesamt einBeitrag zu mehr Sicherheit oder insgesamt ein Beitragzur Konflikteskalation?Kollege Schäfer hat dazu aufgerufen, genau hinzuse-hen. Hinterher hat er diesen Anspruch allerdings nichtmehr eingelöst, sondern nur noch auf die eine Seite ge-schaut. Ich versuche jetzt, tatsächlich genau hinzusehen.Der Auftrag ist schon genannt worden. Daher kommeich direkt zum Bedarf. Wir wissen, dass es in Afghanis-tan keine landesweite Luftraumüberwachung gibt, son-dern nur Bodenstationen in Kabul, Kandahar und Hel-mand sowie ein wenig im Osten. Die Station in Kabulhat auch nur eine begrenzte Reichweite. Die Überwa-chung geht bis zu den Bergen, also maximal 20 bis30 Kilometer. Danach kommt der Radarschatten; danachians7sUllhdgELdssuwcoDwkWfdkHwMabgAbmktauvfSFzawpFr
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General Petraeus sagt jetzt eindeutig: Der Schutz der Be-völkerung ist das A und O, der Dreh- und Angelpunkt;wenn wir ihn nicht in den Mittelpunkt stellen, könnenwir alles andere vergessen.In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dassdie Frage der Zivilopfer in der Führung auf amerikani-scher Seite nun viel kritischer gesehen wird. Es wird vielmassiver etwas dagegen getan, dass es Zivilopfer gibt.Das wird nicht mehr nur als eine Frage der Einsatz-regeln, sondern als Frage der Strategie betrachtet. Dasstellt eine erhebliche Veränderung dar.Den letzten Punkt haben Sie schon angesprochen– die Bundesregierung muss sich hier noch einbringen –:die verschiedenen Maßnahmen im Zusammenhang mitMasar und Uruzgan.Insgesamt ist eine Perspektive dafür notwendig, wannrealistisch und mit Ehrgeiz auch eine zivile Flugsiche-rung aufgebaut werden kann; denn es wäre unsinnig, ei-nen teuren AWACS-Einsatz als Dauerlösung zu installie-ren.
Das wollen auch Sie sicherlich nicht. Insofern mussKlarheit her.Ich danke schön.
Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Peter Bartels von
der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen! Wir haben in Afghanistan eine NATO-Mission. Ichbin froh, dass diese jetzt auch erkennbar zusammen-wsztiuwnKrMDrdbfrVaNWkQmhgswgwdWwwgLzLA1wrWNnWASrgdswles
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Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt
rteile ich das Wort dem Kollegen Manfred Grund von
er CDU/CSU-Fraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrtenamen! Meine Herren! Der Einsatz der AWACS-Flug-euge zur Überwachung des Luftraums von Afghanistanst tatsächlich überfällig. Die NATO hat die Notwendig-eit schon seit langem gesehen. Strittig war bisher dieinanzierung. Dafür wurde jetzt eine Lösung über dieemeinschaftsfinanzierung unter Beteiligung aller NATO-taaten gefunden. Infolgedessen hat der Nordatlantikratm 12. Juni die Entsendung von AWACS-Maschinenach Konya in der Türkei zum Einsatz über Afghanistaneschlossen. Der Einsatz soll im Rahmen der ISAF-Mis-ion erfolgen. Angestrebt wird eine spätere Verlegunger Maschinen an einen Ort, der näher am Einsatzgebietiegt. Darüber verhandelt die NATO noch. Auch für deninsatz von Konya aus sind noch Überfluggenehmigun-en auszuhandeln.Für uns geht es heute darum, den Weg rechtlich freiu machen, damit die Einsätze baldmöglichst beginnenönnen. Das Mandat ist zunächst bis zum 13. Dezemberefristet. Das hat den Vorteil, dass der dann neu ge-ählte Bundestag die Möglichkeit hat, über die Fortset-ung dieses Einsatzes im Zusammenhang mit der Fort-etzung des ISAF-Mandates zu entscheiden.Es ist eine Tatsache – das wurde hier auch mehrfachngesprochen –, dass die zivile wie auch die militärischeuftraumüberwachung in Afghanistan bislang unzurei-hend ist. Es geht uns nicht nur um eine Überwachungür militärische Zwecke, sondern wir setzen uns auch fürinen zügigen Auf- und Ausbau der zivilen Luftraum-berwachung ein. Das braucht aber Zeit und nicht uner-ebliche Mittel. Außerdem verfügen AWACS-Flugzeugeber Fähigkeiten, die stationäre Anlagen kaum zu bietenermögen. Aufgrund der Größe und der geografischen
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Manfred GrundBeschaffenheit des Landes köderzeit nämlich kaum einelückenlose Luftraumüberwacsie von AWACS-Flugzeugen aEs ist selbstverständlich, damilitärische Bedeutung hat; dder ISAF-Mission, dem Aufwstationierten Truppen und ihreder Koordinierungsbedarf imder Einsatz der AWACS-Flugzcherheit aller vom Luftverkehnen. Aber nochmals: Es gibAngriffe. Dies ist politisch niauch nicht möglich.Der Einsatz der AWACS-Fnierung des zivilen und des mdienen. Dementsprechend solraumbilder auch zivilen Nutzwerden. Dieser Einsatz wirddeswehrpiloten dienen. Zuglecherheit im Luftverkehr insgeSicherheit der Zivilbevölkerunmal zu sagen: Zu KampfeinsäKrieges. Danach hat dasestellt, dass auch solcheng des Bundestages be- sein, dass bündnispoliti-besonders hoher Stellen- ist dieser Antrag nichtsätzliche Für und Widerzu erörtern.gzeuge wird einen signi-berwachung in Afghanis-tz unserer Piloten beitra-icherheit für die zivilenie Bevölkerung erhöhen.g zustimmen. sowie bei Abgeord-PD)n Otto Solms:eisung der Vorlage aufmittelbar nicht beitragen. Die Taliban verfügen in allerRegel nicht über Geräte, die von den Radaranlagen derFlugzeuge aufgeklärt werden könnten.Die Besatzungen der AWACS-Flugzeuge der NATObilden eine vollständig integrierte Truppe. Ihre Angehö-rigen werden von den einzelnen Mitgliedstaaten ent-sandt. Der Anteil der deutschen Soldaten an den Besat-zungen der AWACS-Aufklärungsflugzeuge beträgt etwa40 Prozent. Kein beteiligtes Land kann sich aus einemsolchen Einsatz zurückziehen, ohne ihn nicht infrage zustellen oder unmöglich zu machen.Zuletzt hatte eine Bundesregierung 2003 der Entsen-dung von AWACS-Flugzeugen zugestimmt – damals inDfvÜod9Berichtigu224. Sitzung, Seite 24806zweite Satz ist wie folgt zu lesverhalt hat mich veranlasst, zuslegen Hartwig Fischer der BunWieczorek-Zeul einen Brief zu224. Sitzung, Seiten 24829
Ergebnis der name
der Abgeordnete Manfred Kolmit Nein gestimmt, sondern sic225. Sitzung, Seite 24949 (Redner war „Patrick Meinhardt(Drucksache 16/13377 an die in der Tagesordnung aufge-ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-erstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dann ist dieberweisung so beschlossen.Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-rdnung.Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-estages auf morgen, Donnerstag, den 18. Juni 2009,Uhr, ein.Die Sitzung ist geschlossen.