Protokoll:
16211

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 211

  • date_rangeDatum: 19. März 2009

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:03 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/211 Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Asse II benennen und Konsequenzen für die Endlagersuche ziehen (Drucksache 16/10359) . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Renate Künast, Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Alte Atomkraftwerke jetzt vom Netz nehmen (Drucksachen 16/6319, 16/7882) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Hans-Josef Fell, Sylvia 22713 C 22717 C 22719 C 22721 B 22722 C 22724 A 22726 B 22727 D 22729 C 22730 A 22730 C 22736 B 22736 B Deutscher B Stenografisch 211. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Wahl des Abgeordneten Dr. Carl-Christian Dressel als Mitglied im Gremium nach Art. 13 Abs. 6 des Grundgesetzes . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 12 und 31 c . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 4: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum Europäischen Rat am 19./20. März 2009 in Brüssel und zum G-20-Gipfel am 2. April 2009 in London K T T a b 22711 A 22711 B 22712 D 22712 D Nina Hauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 22731 D 22732 D undestag er Bericht ung en 19. März 2009 t : urt Bodewig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Fritz Kuhn, Hans-Josef Fell, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Energiewende vorantreiben – Atomausstieg fortsetzen (Drucksache 16/12288) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Jürgen Trittin, Cornelia Behm, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verantwortlich- keiten für die Zustände im Endlager 22734 A 22735 A 22736 B Kotting-Uhl, Cornelia Behm, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sicherheit geht vor – II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 Besonders terroranfällige Atomreakto- ren abschalten (Drucksachen 16/3960, 16/8469) . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, Bärbel Höhn, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Vertragstreue Abschal- tung alter Atomkraftwerke in Ost- europa (Drucksachen 16/11764, 16/12312) . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem An- trag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Renate Künast, Fritz Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine Schließung des Forschungs- endlagers Asse II unter Atomrecht und eine schnelle Rückholung der Abfälle (Drucksachen 16/4771, 16/12270) . . . . . . g) Große Anfrage der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Cornelia Pieper, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Informations-Materia- lien der Bundesregierung zum Thema „Fakten und Kontroversen zum so ge- nannten Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie“ für Kinder und Heranwachsende (Drucksachen 16/9509, 16/11343) . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . D M P T a b c d f g h 22736 C 22736 C 22736 D 22737 A 22737 A 22738 C 22740 A 22741 D 22743 B 22744 B 22745 D 22747 A 22748 A 22748 B 22749 A 22751 C 22752 B r. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . arco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hilipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 39: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Direktzah- lungen-Verpflichtungengesetzes (Drucksache 16/12117) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Änderung des Gefahr- gutbeförderungsgesetzes (Drucksache 16/12118) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Aufhebung der Freihäfen Em- den und Kiel (Drucksache 16/12228) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland, Bonn (Drucksache 16/12229) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Vier- ten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direkt- zahlungen (Drucksache 16/12231) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Ergänzung behördlicher Aufga- ben und Kompetenzen im Bereich des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes (Drucksache 16/12232) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Errichtung eines Sondervermö- gens „Vorsorge für Schlusszahlungen für inflationsindexierte Bundeswertpa- 22753 C 22754 A 22755 A 22756 A 22756 D 22758 A 22759 B 22760 C 22760 D 22760 D 22760 D 22761 A 22761 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 III piere“ (Schlusszahlungsfinanzierungs- gesetz – SchlussFinG) (Drucksache 16/12233) . . . . . . . . . . . . . . . i) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Zweiten Protokoll vom 26. März 1999 zur Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kul- turgut bei bewaffneten Konflikten (Drucksache 16/12234) . . . . . . . . . . . . . . . j) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zu dem Stabilisierungs- und As- soziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ih- ren Mitgliedstaaten einerseits und Bos- nien und Herzegowina andererseits (Drucksache 16/12235) . . . . . . . . . . . . . . . k) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Vier- ten Gesetzes zur Änderung von Ver- brauchsteuergesetzen (Drucksache 16/12257) . . . . . . . . . . . . . . . l) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung medizinprodukte- rechtlicher Vorschriften (Drucksache 16/12258) . . . . . . . . . . . . . . . m) Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Verkehrsschilder re- duzieren – Verkehrssicherheit bewah- ren (Drucksache 16/10612) . . . . . . . . . . . . . . . n) Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Si- cherheit auf deutschen Straßen – Mas- terplan Vision Zero (Drucksache 16/11212) . . . . . . . . . . . . . . . o) Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Angelika Brunkhorst, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ausbauziele der Off- shore-Windenergie nicht gefährden – Raumordnungsplanung des Bundes überarbeiten (Drucksache 16/11214) . . . . . . . . . . . . . . . p) Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Bahnstrom auf erneuerbare Energien umstellen (Drucksache 16/11930) . . . . . . . . . . . . . . . q r Z a b c d T a b 22761 A 22761 B 22761 B 22761 C 22761 C 22761 C 22761 D 22761 D 22761 D ) Antrag des Präsidenten des Bundesrech- nungshofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 2008 – Einzelplan 20 – (Drucksache 16/12091) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stärkung des europäischen Haischutzes (Drucksache 16/12290) . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren (Drucksache 16/12310) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Rainer Brüderle, Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Maßnahmen zur ef- fektiven Regulierung der Finanzmärkte (Drucksache 16/10876) . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Deutsche Welle: Zweite Fortschreibung der Aufgaben- planung der Deutschen Welle 2007 bis 2010 mit Perspektiven für 2010 bis 2013 und Zwischenevaluation 2008 (Drucksache 16/11836) . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Mit- nahmefähigkeit von beamten- und sol- datenrechtlichen Versorgungsanwart- schaften (Drucksache 16/12036) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 40: ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung der Strafprozessordnung – Erwei- terung des Beschlagnahmeschutzes bei Abgeordneten (Drucksachen 16/10572, 16/12314) . . . . . ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Stabili- sierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemein- 22762 A 22762 A 22762 B 22762 B 22762 C 22762 C 22762 D IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 schaften und ihren Mitgliedstaaten ei- nerseits und der Republik Montenegro andererseits (Drucksachen 16/12064, 16/12305) . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zweite Verordnung zur Änderung der Altfahrzeug-Verord- nung (Drucksachen 16/12106, 16/12181, 16/12313) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) – j) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 536, 537, 538, 539, 540, 541 und 542 zu Petitionen (Drucksachen 16/12123, 16/12124, 16/12125, 16/12126, 16/12127, 16/12128, 16/12129) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Bundesregierung: Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit zu einem Aufsichtsrat für Mitglieder der Bundesre- gierung (Drucksache 16/12282) . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Umsetzung des Beschlusses der EU in Deutschland für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Dienstleistungen Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eduard Oswald (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Lydia Westrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Simone Violka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T E e v v t ( N C K D C G A T E C w d ( K J S S J G P T a 22763 A 22763 B 22763 C 22764 B 22764 B 22764 C 22765 C 22766 D 22767 D 22769 A 22770 A 22771 B 22772 C 22773 D 22774 D 22776 B 22777 C agesordnungspunkt 6: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur erbesserten steuerlichen Berücksichtigung on Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlas- ungsgesetz Krankenversicherung) Drucksache 16/12254) . . . . . . . . . . . . . . . . . icolette Kressl, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . laus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . ntje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: rste Beratung des von den Fraktionen der DU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- urfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung es Opferentschädigungsgesetzes Drucksache 16/12273) . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . evim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . regor Amann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ) Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der 22778 D 22779 A 22779 D 22781 B 22783 A 22784 A 22784 D 22785 B 22786 C 22787 A 22788 A 22789 B 22789 C 22790 C 22791 C 22792 A 22793 A 22793 D 22794 A 22795 A 22796 A 22796 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 V Fraktion der FDP: Moratorium für die elektronische Gesundheitskarte (Drucksache 16/11245) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte gewährleisten (Drucksache 16/12289) . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eike Hovermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale (Drucksachen 16/12099, 16/12299) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/12302) . . . . . . . . . . . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – – – ( 1 D I R D I I S T a b c 22797 C 22797 C 22797 D 22799 A 22800 D 22801 C 22802 B 22803 B 22803 D 22804 C 22805 C 22806 D 22807 A 22807 A 22808 D 22810 A 22811 A 22812 A 22812 D zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Durchsetzung der Ent- geltgleichheit von Frauen und Män- nern – Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – Für eine tatsächliche Chancengleichheit von Frauen und Männern zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Entgeltgleich- heit zwischen den Geschlechtern wirk- sam durchsetzen Drucksachen 16/8784, 16/11175, 16/11192, 6/12265) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Eva Möllring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . na Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . enate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . önke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Carola Reimann, Detlef Parr, Frank Spieth und weiteren Abgeordneten einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur diamorphingestützten Substitutionsbe- handlung (Drucksache 16/11515) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes über die diamorphingestützte Substitutions- behandlung (Drucksache 16/7249) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Jens Spahn, Maria Eichhorn, Dr. Hans Georg Faust und weiterer Abgeordneter: Ausstiegsori- entierte Drogenpolitik fortführen – Künftige Optionen durch ein neues Modellprojekt zur heroingestützten Substitutionsbehandlung Opiatabhängi- ger evaluieren (Drucksache 16/12238) . . . . . . . . . . . . . . 22814 A 22814 B 22815 C 22816 D 22817 D 22818 D 22819 D 22821 A 22822 A 22822 B 22822 B VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk (SPD) . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Sabine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kai Gehring, Ulrike Höfken, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanzumsatzsteuer auf EU- Ebene einführen (Drucksache 16/12303) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nina Hauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Regelung des Datenschutzaudits und zur Änderung datenschutzrechtli- cher Vorschriften (Drucksache 16/12011) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu der Unterrichtung durch B G M S D T a b H J L D S T A v G u A K F g s ( T B w 22822 C 22823 D 22825 A 22826 C 22827 B 22828 A 22829 A 22829 D 22830 C 22831 A 22831 B 22832 B 22832 D 22833 A 22833 C 22833 C 22834 C 22835 A 22836 A 22837 A 22838 B 22839 B den Bundesbeauftragten für den Daten- schutz und die Informationsfreiheit: Tä- tigkeitsbericht 2005 und 2006 des Bun- desbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit – 21. Tätigkeitsbericht – (Drucksachen 16/4950, 16/12271) . . . . . . eatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . anfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: ) Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mobilfunkforschung verant- wortlich begründen (Drucksache 16/10325) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Lutz Heilmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mobilfunkstrahlung mini- mieren – Vorsorge stärken (Drucksache 16/9485) . . . . . . . . . . . . . . . orst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . ens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . etlef Müller (Chemnitz) (SPD) . . . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: ntrag der Abgeordneten Christian Freiherr on Stetten, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), eorg Brunnhuber, weiterer Abgeordneter nd der Fraktion der CDU/CSU sowie der bgeordneten Dr. Michael Bürsch, Ute Berg, laas Hübner, weiterer Abgeordneter und der raktion der SPD: Faire Wettbewerbsbedin- ungen für Öffentlich Private Partner- chaften schaffen Drucksache 16/12283) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- ärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- 22839 C 22839 D 22841 C 22843 A 22843 D 22844 C 22846 A 22846 A 22846 B 22847 D 22849 A 22850 B 22852 A 22853 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 VII geordneten Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Pakistan und Afghanistan stabilisieren – Für eine zen- tralasiatische regionale Sicherheitskonfe- renz (Drucksachen 16/10845, 16/11249) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbu- ches – Anhebung der Höchstgrenze des Ta- gessatzes bei Geldstrafen (Drucksachen 16/11606, 16/12143) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: a) Große Anfrage der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Situation in deutschen Abschiebehaft- anstalten (Drucksachen 16/9142, 16/11384) . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Sevim Dağdelen, Wolfgang Nešković, Petra Pau, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Grund- sätzliche Überprüfung der Abschie- bungshaft, ihrer rechtlichen Grundlagen und der Inhaftierungspraxis in Deutsch- land (Drucksachen 16/3537, 16/12020) . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henry Nitzsche (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und an- derer Gesetze (Drucksache 16/12255) . . . . . . . . . . . . . . . b c T A J w F v c K ( V R M E P T E e S t ( G T A M g f z l l ( M R 22853 C 22853 D 22854 B 22854 B 22854 C 0000 A22855 C 22856 C 22858 A 22859 B 22861 A 22862 A 22863 A ) Antrag der Abgeordneten Frank Schäffler, Hans-Michael Goldmann, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Reform der Anle- gerentschädigung in Deutschland (Drucksache 16/11458) . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Cornelia Behm, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Verbraucherschutz auf den Finanzmärkten stärken (Drucksachen 16/11205, 16/12184) . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Michael Kauch, oachim Günther (Plauen), Horst Meierhofer, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DP: Nachtstromspeicherheizungen nicht erbieten, sondern modernisieren – Chan- en für erneuerbare Energien und für den limaschutz nutzen Drucksache 16/11193) . . . . . . . . . . . . . . . . . olkmar Uwe Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ainer Fornahl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . eter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur tärkung der Sicherheit in der Informa- ionstechnik des Bundes Drucksachen 16/11967, 16/12225) . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: ntrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, onika Knoche, Heike Hänsel, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion DIE LINKE: Öf- entlich finanzierte Pharmainnovationen ur wirksamen Bekämpfung von vernach- ässigten Krankheiten in den Entwick- ungsländern einsetzen Drucksache 16/12291) . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22863 A 22863 A 22863 C 22863 D 22864 D 22866 A 22866 D 22867 C 22868 C 22868 C 22870 A 22870 A 22871 B VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD: Bürgerschaftliches Engagement umfassend fördern, gestalten und evaluieren (Drucksachen 16/11774, 16/12202) . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Dr. Thea Dückert, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Um- weltberichterstattung in die Gemeinschafts- diagnose und Begutachtung der gesamtwirt- schaftlichen Entwicklung aufnehmen (Drucksache 16/11649) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Axel Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und an- derer Vorschriften (Drucksache 16/12256) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . D B R T E V B d e E z A ( D C J D V T E e A d ( K M G P S T a b 22872 D 22874 A 22874 D 22876 A 22877 A 22877 B 22878 B 22879 A 22879 C 22880 C 22881 A 22881 B 22882 B 22883 A 22883 C 22884 A 22884 D 22885 A 22886 C 22887 C r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olf Schwanitz, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: rste Beratung des von den Abgeordneten olker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, irgitt Bender, weiteren Abgeordneten und er Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur rgänzung des Lebenspartnerschaftsgeset- es und anderer Gesetze im Bereich des doptionsrechts (LPartGErgG AdoptR) Drucksache 16/5596) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur nordnung des Zensus 2011 sowie zur Än- erung von Statistikgesetzen Drucksache 16/12219) . . . . . . . . . . . . . . . . . ristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87 d) (Drucksache 16/12280) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 16/12279) . . . . . . . . . . . . . . 22888 B 22889 B 22890 A 22891 C 22891 C 22892 A 22892 D 22893 C 22894 B 22895 B 22895 B 22896 C 22897 C 22898 C 22898 D 22899 C 22899 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 IX c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Errichtung eines Bundesauf- sichtsamtes für Flugsicherung und zur Änderung und Anpassung weiterer Vorschriften (Drucksache 16/11608) . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Norbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . . Klaus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. Mai 2008 über Streumunition (Drucksache 16/12226) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Raidel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Weigel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der abfallrechtlichen Pro- duktverantwortung für Batterien und Akkumulatoren (Drucksachen 16/12227, 16/12301) . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Schadstoffbelas- tung durch Batterien begrenzen (Drucksache 16/11917) . . . . . . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gerd Bollmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . E S T e Z A V L t E r P z ( N A L A Z – – ( P A Z d f f 22899 D 22900 A 22900 C 22901 B 22902 B 22903 B 22904 C 22905 D 22906 D 22908 B 22908 C 22910 B 22911 C 22912 C 22913 B 22914 D 22914 D 22915 A 22916 B 22917 B va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 39: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Gesetzes zur Er- richtung einer „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ (Drucksache 16/12230) . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Volkmar Uwe ogel, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Klaus W. ippold, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten rnst Kranz, Petra Weis, Sören Bartol, weite- er Abgeordneter und der Fraktion der SPD: rogramm „Stadtumbau Ost“ – Fortset- ung eines Erfolgsprogramms Drucksache 16/12284) . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Datenschutzaudits und zur Änderung da- tenschutzrechtlicher Vorschriften Beschlussempfehlung und Bericht zu der Unterrichtung: Tätigkeitsbericht 2005 und 2006 des Bundesbeauftragten für den Da- tenschutz und die Informationsfreiheit – 21. Tätigkeitsbericht – Tagesordnungspunkt 13 a und b) etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Faire Wettbewerbsbedingungen ür Öffentlich Private Partnerschaften schaf- en (Tagesordnungspunkt 15) 22917 D 22918 B 22919 B 22919 C 22919 D 22921 A 22921 C X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 Dr. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Pakistan und Afghanistan stabilisieren – Für eine zentralasiatische regionale Sicherheits- konferenz (Tagesordnungspunkt 16) Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Anhebung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen (Tagesordnungspunkt 17) Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Maurer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschä- digungsgesetzes und anderer Gesetze – – ( K J F D D A Z d S B C F P W A Z d d D ( M D H P V A Z d F t V 22922 A 22923 A 22923 C 22924 D 22925 A 22925 D 22926 A 22927 D 22929 C 22930 C 22931 B 22932 B 22933 A 22933 C 22934 C 22935 A 22935 C Antrag: Reform der Anlegerentschädi- gung in Deutschland Beschlussempfehlung und Bericht: Ver- braucherschutz auf den Finanzmärkten stärken Tagesordnungspunkt 19 a bis c) laus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . örg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der icherheit in der Informationstechnik des undes (Tagesordnungspunkt 21) lemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . rank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung es Gesetzes zur Errichtung einer „Stiftung enkmal für die ermordeten Juden Europas“ Tagesordnungspunkt 39 e) onika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . . ans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Programm „Stadtumbau Ost“ – ortsetzung eines Erfolgsprogramms (Zusatz- agesordnungspunkt 6) olkmar Uwe Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 22936 D 22937 C 22938 A 22938 C 22939 B 22940 D 22942 A 22942 D 22943 B 22944 A 22946 A 22946 C 22947 B 22947 C 22947 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 XI Ernst Kranz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22948 D 22950 C 22951 C 22953 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22711 (A) ) (B) ) 211. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Anlage 8 Anlage 9 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22921 (A) ) (B) ) für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Die Linke teilt deren Bedenken. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * A B r w k 2 n k B q g M w e V D D n Z a U 2 d z D e d w D Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2009 Brüderle, Rainer FDP 19.03.2009 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2009 Granold, Ute CDU/CSU 19.03.2009 Hill, Hans-Kurt DIE LINKE 19.03.2009 Hinz (Essen), Petra SPD 19.03.2009 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2009 Dr. Keskin, Hakki DIE LINKE 19.03.2009* Korte, Jan DIE LINKE 19.03.2009 Kunert, Katrin DIE LINKE 19.03.2009 Laurischk, Sibylle FDP 19.03.2009 Lehn, Waltraud SPD 19.03.2009 Lintner, Eduard CDU/CSU 19.03.2009* Lips, Patricia CDU/CSU 19.03.2009 Merz, Friedrich CDU/CSU 19.03.2009 Reichenbach, Gerold SPD 19.03.2009 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 19.03.2009 Schily, Otto SPD 19.03.2009 Dr. Schmidt, Frank SPD 19.03.2009 Scholz, Olaf SPD 19.03.2009 Segner, Kurt CDU/CSU 19.03.2009 Tauss, Jörg SPD 19.03.2009 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 19.03.2009 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 19.03.2009 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Datenschutzaudits und zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung: Tätigkeitsbericht 2005 und 2006 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfrei- heit – 21. Tätigkeitsbericht – (Tagesordnungspunkt 13 a und b) Petra Pau (DIE LINKE): Darüber ist zu sprechen: Erstens. Wir diskutieren heute über einen Bericht des undesbeauftragten für Datenschutz. Der Bericht ist und zweieinhalb Jahre alt, also asbach-uralt. Inzwischen urde ein Datenskandal nach dem anderen publik. Wir önnten also genauso über die Bundesligasaison 2005/ 006 debattieren. Das wäre möglicherweise sogar span- ender, aber ebenso brotlos. Zweitens. Brotlos ist es auch deshalb, weil bisher eine Debatte des Bundestages über einen Bericht des undesbeauftragten für Datenschutz wirklich zu Konse- uenzen geführt hat. Bestenfalls haben die Fraktionen emeinsam Mängel beklagt. Aber immer nur nach dem otto: „Gut, dass wir mal darüber geredet haben!“ Mehr ar nie. Drittens. Der Bericht des Datenschutzbeauftragten nthält viele Warnzeichen. Ich nenne nur Stichworte: orratsdatenspeicherung, Antiterrordatei, biometrische aten in Ausweisen und Pässen. Ich könnte die Liste der atenrisiken fortsetzen, aber übergreifend ist: Alle War- ungen wurden verlässlich in den Wind geschlagen. Viertens. Deshalb wiederhole ich für Die Linke nur weierlei: Das Amt des Datenschutzbeauftragten muss ufgewertet werden – politisch, personell und finanziell. nd wir brauchen endlich ein Datenschutzrecht des 1. Jahrhunderts. Beides wird durch die Union und urch die SPD bislang blockiert. Darüber wäre endlich u sprechen. Fünftens. Mit zur Debatte steht der Entwurf für ein atenschutzauditgesetz. Dazu wird es demnächst auch ine Anhörung von Experten geben. Heute mache ich le- iglich darauf aufmerksam, dass vielen der Gesetzent- urf nicht weit genug geht. Zu den Kritikern gehören atenschützer und Verbraucherschützer. Die Fraktion 22922 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Faire Wettbewerbs- bedingungen für Öffentlich Private Partner- schaften schaffen (Tagesordnungspunkt 15) Dr. Ole Schröder (CDU/CSU): Öffentlich-private Partnerschaften, kurz ÖPP, verfolgen das Ziel, durch eine langfristige Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft Infrastruktur effizienter bereitstellen zu können. Sie sind die Alternative zur kon- ventionellen Bereitstellung durch die öffentliche Hand auf der einen und materieller Privatisierung auf der an- deren Seite. Andere Länder, allen voran Großbritannien, haben mit dieser Form der Beschaffung sehr gute Erfahrungen gemacht. In Deutschland stehen wir gerade auf Bundes- ebene mit diesem Ansatz noch am Anfang. Das Poten- zial ist längst noch nicht ausgeschöpft. Das Besondere an öffentlich-privaten Partnerschaften ist der sogenannte Lebenszyklusansatz. Das bedeutet, dass planen, bauen, betreiben und finanzieren eines Projektes in einer Hand liegen. Die Vorteile eines solchen Ansatzes sind offen- sichtlich: Ist jemand nicht nur, wie im Fall der konven- tionellen Beschaffung, für die Planung oder das Bauen eines Gebäudes verantwortlich, sondern auch für das Be- treiben, dann berücksichtigt derjenige auch die Heraus- forderungen, die das Betreiben mit sich bringt. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Wahl der Fenster, die er reini- gen lassen muss oder bei der Auswahl von langlebigen Baumaterialien. Der Lebenszyklusansatz von ÖPP ver- langt eine ausgewogene Risikoverteilung über die Ver- tragslaufzeit. Wenn der Private über die gesamte Projekt- laufzeit Risiken trägt, hat er ein eigenes Interesse an optimierten Kosten, Terminen und Qualitäten. Das führt zu Synergieeffekten und vor allem zu Kostenersparnis- sen, von denen der Bund, die Länder und die Gemeinden profitieren. Denn angesichts geringer finanzieller Spiel- räume sind neue Wege und Lösungen gefragt, um den Spagat zwischen einer guten Infrastruktur und soliden Finanzen zu schaffen. Aber ein ÖPP-Projekt bringt nicht nur Vorteile für die öffentliche Hand, sondern vor allem auch für den Nut- zer: Die Menschen können sich durch die vertraglichen Regelungen auf eine zügige Umsetzung verlassen, und gleichzeitig wird durch ÖPP langfristig eine Instandhal- tung und Unterhaltung auf hohem Niveau sichergestellt. Um die Vorteile, die ÖPP-Projekte bieten, wirkungs- voll nutzen zu können, sind die Rahmenbedingungen für ÖPP in den letzten Jahren verbessert worden: Im Som- mer 2008 ist mit der Gründung der Partnerschaften Deutschland ein weiterer Schritt zur Förderung von ÖPP gemacht wurden. Die Kompetenzen und das Know-how sollen dort gebündelt werden. Die Erfahrungen aus bis- herigen Projekten können so effektiv genutzt werden. Trotzdem gilt es, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern, denn aufgrund der Effizienzvorteile von ÖPP können auch die Haushaltsgrundsätze Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit besser erfüllt werden. Deshalb ist e h W V p h b ö m B v c d W r e h f h d e t w 6 w s k W m d P f E w d k H t h s b K e a Ö g D b i w d n s k h d (C (D s konsequent anzuregen, dass ÖPP auch in der Bundes- aushaltsordnung ausreichend berücksichtigt werden: ann immer geprüft wird, welches die wirtschaftlichste ariante ist, muss auch die Möglichkeit einer öffentlich- rivaten Partnerschaft mit einbezogen werden. Stellt sich eraus, dass Private eine staatliche Aufgabe besser er- ringen, müssen auch Private damit beauftragt werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies nicht, dass sich die ffentliche Hand grundsätzlich für ÖPP entscheiden uss. Es ist wichtig, dass ein sorgfältiger Vergleich auf asis von Marktpreisen für alle Realisierungsvarianten orgenommen wird. ÖPP muss aber eine dieser mögli- hen Varianten sein. Insofern ist die Festschreibung in er Bundeshaushaltsordnung, die der Antrag „Faire ettbwerbsbedingungen für ÖPP schaffen“ vorsieht, ichtig. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass s sinnvoll ist, noch weitere Änderungen der Bundes- aushaltsordnung vorzunehmen, um die Bedingungen ür ÖPP zu erleichtern. Derzeit zwingt die Bundeshaus- altsordnung dazu, die Finanzierungskosten von ÖPP in em entsprechenden Fachetat zu etatisieren. Das führt zu iner deutlichen Benachteiligung gegenüber der konven- ionellen Beschaffung. Bei der konventionellen Variante erden die gesamten Finanzierungskosten im Einzelplan 0 etatisiert. Diese Ungleichbehandlung muss beseitigt erden. Sie führt in den einzelnen Ressorts dazu, dass ich gegen ÖPP entschieden wird, da die Finanzierungs- osten bei anderen Ausgaben eingespart werden müssen. enn ÖPP eine mögliche Realisierungsvariante ist, dann üssen wir auch dafür sorgen, dass die Wettbewerbsbe- ingungen für alle Varianten gleich sind. An diesem unkt besteht Nachholbedarf. Aber nicht nur die Haushaltsordnung ist der Grund ür die unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen. ine weitere Benachteiligung fällt besonders ins Ge- icht: Öffentlich-private Partnerschaften sind aufgrund es Lebenszyklusansatzes mitunter effizienter als die onventionelle Beschaffung. Trotzdem ist ÖPP für den aushalt des Auftraggebers nicht immer die kostengüns- igere Variante, weil die Finanzströme dem entgegenste- en: Vergibt zum Beispiel eine Kommune personalinten- ive Aufträge im Rahmen von ÖPP, muss Umsatzsteuer ezahlt werden. Diese wird aber nicht vollständig an die ommune zurückgeführt. Wenn die Kommune hingegen igenes Personal beschäftigt, fällt keine Umsatzsteuer n. Deshalb lohnen sich besonders personalintensive PP-Projekte für die Kommune häufig nicht, obwohl sie esamtstaatlich und auch für den Nutzer sinnvoll wären. iese Umsatzsteuerproblematik ist ein eindeutiger Wett- ewerbsnachteil für ÖPP. Wie groß diese Nachteile sind, st derzeit nicht genau zu bestimmen. Aus diesem Grund ird die Bundesregierung aufgefordert, in einem Mo- ellversuch zu klären, in welchem Ausmaß es zu Be- achteiligungen kommt, und zu prüfen, wie die Umsatz- teuerproblematik bei ÖPP-Projekten gelöst werden ann. Der Antrag für faire ÖPP-Wettbewerbsbedingungen at schließlich noch einen anderen Bereich im Auge, in em die Wettbewerbsbedingungen für ÖPP verbessert Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22923 (A) ) (B) ) werden sollen. Bei der Finanzierung von Fernstraßen, die von Privaten im Rahmen von ÖPP ausgebaut wer- den, brauchen wir mehr Refinanzierungsflexibiliät. Über- nimmt ein Privater den Ausbau und Betrieb eines Auto- bahnabschnittes, bekommt er zur Refinanzierung für diesen Abschnitt vom Staat die entsprechende Maut. Bei besonders teuren Abschnitten rechnet sich das A-Modell nicht. Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, ist es des- halb sinnvoll, die mit einem Projekt in einem unmittel- baren Zusammenhang stehenden Teilstücke eines Bau- werkes oder einer Strecke in die Mautanteile mit einzubeziehen und damit für die privaten Unternehmen attraktiver zu gestalten. Besonders im Fernstraßenbau zeigen sich die Vorteile von ÖPP. Der private Projektträger hat aufgrund der Ab- hängigkeit von den Mauteinnahmen ein großes Interesse an einer schnellen Fertigstellung des gesamten Projek- tes. Dies ist wiederum im besonderen Interesse des Nut- zers, der ebenfalls durch den schnellen Ausbau profitiert und keine jahrelangen Baustellen und Staus in Kauf neh- men muss. Es ist eindeutig, dass öffentlich-private Partnerschaf- ten eine Vielzahl von Vorteilen für die öffentliche Hand, die Privatwirtschaft und für die Nutzer bieten. Deshalb müssen die Rahmenbedingungen für ÖPP weiter verbes- sert werden, damit diese Vorteile auch wirklich genutzt werden können. Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Im Sommer 2005 hat der Deutsche Bundestag ein ÖPP-Be- schleunigungsgesetz beschlossen. Dieses Gesetz hat wichtige Verbesserungen für die Betroffenen und Ent- bürokratisierungen gebracht. Die Beschlussfassung fiel noch unter die rot-grüne Regierungszeit, und ich erkenne diese Leistung ausdrücklich an. Wir haben als damalige Oppositionspartei den Gesetzgebungsprozess positiv be- gleitet und eigene Anregungen eingebracht. Aber ein wichtiger Punkt wurde damals vergessen oder besser ausgedrückt: Wir hatten damals noch nicht den richtigen Ansatz für die Lösung dieses speziellen Problems gefun- den. Es ist das Problem der umsatzsteuerlichen Ungleichbehandlung zwischen staatlich erbrachten Dienstleistungen und den Dienstleistungen, die private Unternehmen im Rahmen einer öffentlich-privaten Part- nerschaft erbringen. Ein Wirtschaftlichkeitsvergleich – und das wollen wir mit diesem Antrag erreichen – ist für den Bauherren oder Auftraggeber aber nur dann realisierbar, wenn diese steuerliche Ungleichbehandlung aufgehoben ist. Öffentliche-private Partnerschaften sind kein Allheil- mittel. Damit sind nicht alle wirtschaftlichen und fiskali- schen Probleme lösbar. Aber ich freue mich, dass sich in fast allen Fraktionen die Kenntnis durchgesetzt hat, dass der Staat nicht alles selber machen muss. Im Gegenteil. Das Bauen von Gebäuden und deren Bewirtschaftung können private Unternehmen in der Regel kostengünsti- ger. Deswegen muss unser Denken und Handeln freier werden. Wir brauchen Vorrang für privatwirtschaftliches Handeln. Da, wo bürokratische, vergaberechtliche oder steuerrechtliche Vorschriften eine Kooperation zwischen d – c m m c W g d f d P d m s s s D i S h j I D i f A n w g u I s f i o z g – s z j R d t b t m r P h e (C (D er öffentlichen Hand und einem privaten Investor, oder was mir noch viel wichtiger ist – zwischen der öffentli- hen Hand und einem privaten Betreiber behindern, üssen wir als Gesetzgeber tätig werden und die Rah- enbedingungen schnellstens verändern. Angesichts der zu erwartenden erheblichen zusätzli- hen Belastungen des Staates durch die Bewältigung der eltwirtschaftskrise sind neue innovative, effizienzstei- ernde und damit kostensparende Beschaffungsmetho- en erforderlich, mit denen Pflichtaufgaben des Staates inanziert und abgewickelt werden können. Ich bitte den Bundestag heute um Zustimmung zu iesem Antrag und bitte Herrn Bundesfinanzminister eer Steinbrück, dass er anschließend einen entsprechen- en Gesetzentwurf zügig vorlegt. Zusätzlich wollen wir it der Änderung des Fernstraßenprivatfinanzierungsge- etzes die Bedingungen für die Erstellung von Verkehrs- onderbauten erleichtern. Auch dieses Gesetzesvorhaben oll noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. ie Große Koalition wird bei diesem wichtigen Thema hre Handlungsfähigkeit beweisen und im Interesse der teuerzahler und der betroffenen Unternehmen schnell andeln. Dr. Michael Bürsch (SPD): Die derzeitigen Kon- unkturprogramme mit ihren Investitionen in öffentliche nfrastruktur werden nichts an der Erkenntnis ändern: er Staat ist aktuell und auch künftig alleine nicht mehr n der Lage, den erheblichen Bedarf an öffentlicher In- rastruktur zu decken. Darum muss über die traditionelle rbeitsteilung zwischen Staat und Privatwirtschaft neu achgedacht und die Frage nach neuen Modellen gestellt erden. Öffentliche-private Partnerschaften – kurz ÖPP – eben hierauf eine Antwort. ÖPP sind ein neuer und – bei sorgfältiger Planung nd Durchführung – auch erfolgreicher Weg, öffentliche nfrastruktur und Dienstleistungen effizienter bereitzu- tellen. Internationale und inzwischen auch deutsche Er- ahrungen bestätigen, dass durch ÖPP Effizienzgewinne n Höhe von 10 bis 20 Prozent erzielt werden können, hne die Qualitätsstandards zu reduzieren. Die Effi- ienzsteigerungen entstehen vor allem durch Einsparun- en bei den Kosten für den gesamten Lebenszyklus Planung, Bau, Unterhalt, Verwertung –, durch Aus- chluss von Kostenüberschreitungen und kürzere Bau- eiten, durch kostengünstigeren Betrieb der ÖPP-Pro- ekte während der Vertragslaufzeit sowie eine optimale isikoverteilung. Ziel und Voraussetzung für den Erfolg von ÖPP ist, ass alle Beteiligten profitieren: die Politik, die Verwal- ung, die Bürger, der private Investor, der private Betrei- er. Wesentliche Instrumente für die erfolgreiche Gestal- ung einer ÖPP sind ein Wirtschaftlichkeitsvergleich öglicher Handlungsoptionen und eine interessenge- echte und faire Vertragsgestaltung. Um es klar zu sagen: ÖPP sind keine neue Form der rivatisierung öffentlicher Aufgaben und sie haben über- aupt nichts mit aberwitzigen, unverantwortlichen Steu- rsparmodellen mancher Kommunen wie Cross Border 22924 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) Leasing zu tun, die jetzt zunehmend gegen die Wand fahren. Sie sind vielmehr ein dritter Weg zwischen der Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur und Dienstleis- tungen durch die öffentliche Hand selbst auf der einen Seite und der reinen Privatisierung auf der anderen Seite. Der Staat zieht sich bei ÖPP nicht aus der Verantwortung zurück, für ein hohes Niveau öffentlicher Leistungen zu sorgen. Der Staat entscheidet über die Art und den Um- fang der Leistungen, er entscheidet über ihre Qualität. Er setzt den Kostenrahmen fest. Auch während der gesam- ten Projektlaufzeit behält er die Kontrolle über das mit der ÖPP-Projektgesellschaft vereinbarte Leistungs- niveau. Der Staat verfügt über eine abgestufte Palette von Interventionsoptionen einschließlich Strafzahlungen oder Ausstieg aus dem Vertrag für den Fall, dass Ver- träge nicht eingehalten werden. Ziel von richtig verstandener ÖPP ist eine Projekt- realisierung vom Anfang bis zum Ende. Der gesamte Le- benszyklus einer öffentlichen Leistungserstellung von der Planung, dem Entwerfen, dem Bauen, Betreiben, In- standhalten, Verwerten und Finanzieren wird Gegen- stand der ÖPP. Durch den Wirtschaftlichkeitsvergleich auf der Basis der konventionellen Realisierung ist die öf- fentliche Verwaltung gezwungen, sich über die wahren Kosten einer über den Lebenszyklus betrachteten Leis- tungserstellung klar zu werden. Deshalb ist ÖPP auch mehr als ein bloßes Finanzierungsinstrument. ÖPP ist ei- ner der wesentlichen Treiber für die Modernisierung des Staates. Mit dem vorliegenden Antrag soll insbesondere ein Problem aus dem Bereich des Umsatzsteuerrechts gelöst werden. Erbringt die öffentliche Hand hoheitliche Leis- tungen mit eigenem Personal, so unterliegen diese Leis- tungen nicht der Umsatzbesteuerung. Werden derartige Leistungen aber im Rahmen von ÖPP erbracht, so wer- den sie beim privaten Projektpartner mit dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent belastet. Damit kommt es zu einer Diskriminierung von ÖPP gegenüber der konventionellen Leistungserstellung durch die öffentli- che Verwaltung. Je höher der Personalkostenanteil an der Leistungserstellung ist, desto stärker schlägt diese Diskriminierung zu Buche. Das nicht gelöste Umsatzsteuerproblem für ÖPP ist verteilungspolitisch ungerecht, es werden dadurch fal- sche Anreize gesetzt, eine Leistungssteigerung der öf- fentlich Hand behindert, die Expansion von ÖPP auf personalintensive Bereiche verhindert: Die Gemeinde, die mit ÖPP effizienter arbeitet, Steuern spart und mehr für ihre Bürgerinnen und Bürger herausholt, wird da- durch „bestraft“, dass sie mit der gewählten ÖPP-Lö- sung gleichzeitig Umsatzsteuermehrbelastungen zu tra- gen hat, die anderen Gemeinden für eben dieselben Leistungen nicht zu tragen haben. Da die Beschaffungs- varianten „konventionelle Realisierung“ und „ÖPP“ im Wettbewerb stehen, wird die ÖPP-Variante aufgrund der Umsatzsteuermehrbelastung diskriminiert und es werden Entscheidungen getroffen, die für alle Beteiligten nach- teilig sind. Die Gemeinde, die den ÖPP-Weg wählt, trägt zu einer zusätzlichen Finanzierung des Bundeshaushalts, der Länderhaushalte und der Kommunalhaushalte bei. S f k L z g G m Ö i S n w s g g L m d t b u z s w M D b I g P t w s d e n e E v g p s m g n B w m n V h W (C (D ie selber kann jedoch mit keinem nennenswerten Rück- luss rechnen. Personalkostenintensive ÖPP werden aum eine Chance haben, sich gegen konventionelle eistungserstellungen der öffentlichen Hand durchzuset- en, wenn sie aufgrund der Umsatzsteuermehrbelastun- en bereits von Anfang an mit Kostennachteilen in der rößenordnung von fünf und mehr Prozent rechnen üssen. Faktisch wirkt die Umsatzsteuerpflicht für PP-Projekte damit als Expansionshindernis, das nicht m Interesse des Bürgers, des Steuerzahlers und auch des taates sein kann. Hier setzt das Modellprojekt an, das der Bund in den ächsten fünf Jahren mit einigen Ländern durchführen ird. Ziel ist die Erstattung von nachgewiesenen Um- atzsteuermehraufkommen an private ÖPP-Projektträ- er. Am Ende wird sich zeigen, ob auf diesem Wege leiche Augenhöhe zwischen öffentlicher und privater eistungserbringung erreicht werden kann. Zusammen mit den beiden gesetzgeberischen Ele- enten des Antrags im Bereich des Haushaltsrechts und es Fernstraßenbaus verspreche ich mir von den geplan- en Maßnahmen eine weitere Verbesserung der Rahmen- edingungen für ÖPP. Ausgelöst durch die Wirtschafts- nd Finanzkrise, hat im Moment die öffentliche Finan- ierung von Infrastruktur deutlich Vorrang. Aber ich bin icher: Der Ruf nach öffentlich-privaten Partnerschaften ird bald schon wieder lauter erschallen. Denn der odernisierungsbedarf in öffentlicher Infrastruktur in eutschland beträgt über 700 Milliarden Euro. Ulrike Flach (FDP): Als Liberale muss ich hier nicht eweisen, dass wir ÖPP- und PPP-Modelle für wichtige nstrumente zur kostengünstigen und effizienten Erbrin- ung von Leistungen halten. Wir haben uns schon für PP ausgesprochen, als auf der Seite der Sozialdemokra- en noch der Untergang des Abendlandes befürchtet urde, wenn der Staat nicht selbst ein Gebäude errichtet, ondern es einen privaten Investor errichten lässt und ann mietet. Ihr Antrag, der vor zwei Tagen noch gar nicht vorlag, rweckt den Eindruck, hier wird der Koalitionsvertrag och einmal ausgekehrt und geschaut: Was hat man ver- inbart? Was geht überhaupt noch in dieser Koalition der rmatteten? Und da hat offenbar jemand im Koalitions- ertrag (Seite 15) gelesen, dass die Koalition die Beseiti- ung der Diskriminierung von PPP im Fernstraßenbau- rivatisierungsgesetz vordringlich anpacken will. Na ja, o vordringlich kann sie nicht gewesen sein, dass Sie da- it so lange gewartet haben. Also wird das noch durch- ewunken, das ist Kehraus-Politik kurz vor dem Son- enuntergang. Wir halten die Vorschläge, die Sie zur Änderung der undeshaushaltsordnung machen, für akzeptabel, aber ir sind sehr kritisch, was Ihr Modellprojekt angeht. Es acht stutzig, dass dafür nur ein Betrag von 10 Millio- en Euro jährlich eingestellt werden soll. Ich werde den erdacht nicht los, dass Sie bereits ein konkretes Projekt aben, das schnell noch abgesegnet werden soll. Der ert ist so gering, das macht mich einfach misstrauisch. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22925 (A) ) (B) ) Und auch die Konstruktion des Modellvorhabens ist nicht die ÖPP-Konstruktion, die wir uns vorstellen. Sie schaffen nämlich einen Subventionstatbestand, indem die Gebietskörperschaften, die am Modellprojekt teil- nehmen, ihren PPP-Projektträgern die Umsatzsteuer- Mehrbelastung als Projektförderung zurückerstatten. Auch das wirkt, als ob es da sehr konkrete Bewerber gibt. Auch die Festlegung, dass mindestens drei Länder teilnehmen müssen, macht stutzig. Wir wollen PPP als echte Wettbewerbspartnerschaft. Es wäre doch ein Leichtes, eine bestimmte Leistung aus- zuschreiben. Offenbar findet sich aber für die gesuchte Leistung nur dann ein privater Partner, wenn er die Um- satzsteuer zurückerhält oder wenn es sonst eine Subven- tion gibt. Dies einen Modellversuch zu nennen, erscheint mir äußerst verdächtig. Wenn Sie wirklich PPP steuer- lich besserstellen wollen, dann ändern Sie das Umsatz- steuergesetz und stellen die privaten PPP-Partner von der Umsatzsteuer frei. Das wird aber Herr Steinbrück nicht mitmachen, denn bei einer Investitionssumme von 875 Millionen Euro im Jahr 2007 würde das einen erheb- lichen Umsatzsteuerverlust bedeuten. Was Sie jetzt ma- chen, verzerrt aber den Wettbewerb, indem der Staat dem Privaten die Steuern rückerstattet. Das verdirbt eher die Sitten, als dass es PPP fördert. Wir lehnen deshalb den Antrag ab. Ulla Lötzer (DIE LINKE): Was Sie hier vorlegen mit Ihrem Antrag zu öffentlich-privaten Partnerschaften, ist schon ein starkes Stück. Weil eine Gebietskörperschaft keine Umsatzsteuer zahlen muss, soll jetzt in einem Mo- dellversuch den Privaten die Umsatzsteuer zurückerstat- tet werden. Geht’s noch? Wie kann man ideologisch so verbohrt sein, dass man auf Teufel komm raus öffentli- che Gelder in die Taschen Privater umschaufeln will! Bevor Sie hier weiter das Hohelied auf die Privatisie- rung singen, sollten Sie sich endlich mit den realen Folgen vor Ort auseinandersetzen. Öffentlich-private Partnerschaften sind kein wirksames Instrument, den „Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit besser gerecht zu werden“, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben. ÖPP verteilen die Gewinne an die Privaten und die Risiken auf die öffentliche Hand. Außer den In- vestoren verdienen sich die Beraterfirmen eine goldene Nase. Und ganz nebenbei wird die kommunale Demo- kratie ausgehebelt und werden die Verträge als „streng geheim“ eingestuft. Die ÖPP-Projekte in Deutschland sind noch nicht so alt, aber schon jetzt zeigt sich, dass die Versprechungen vielfach gelogen sind. Nehmen wir das Bildungszentrum Ostend in Frankfurt. Hier wurden Zusatzkosten ver- schwiegen und es wurde billigst gebaut. Da die Stadt die Strom-, Heiz- und Wasserkosten selbst zahlen muss, wurde vom Investor kein Geld für Sparvorrichtungen ausgegeben. Effiziente Verglasung, Bewegungsmelder, Wasserstoppuhren – Fehlanzeige. Das ist kein Einzelfall: Die Kölner Messehallen, die Schulsanierungen im Land- kreis Offenbach, das Mautsystem von Toll Collect – im- mer bleibt die öffentliche Hand auf den Zusatzkosten und auf allen Risiken sitzen. Sagt Ihnen das Instrument „Forfaitierung mit Ein- redeverzicht“ etwas? Ich will Ihnen dieses gerne be- n P n i z d D M F n j z t m d I d i f d s s g G s s g e h l d Ö z A w P B w v M m n w s F s f n u n s d w M (C (D utzte Instrument mal erläutern: Im Rahmen eines ÖPP- rojektes übernimmt der Investor den Bau oder die Sa- ierung eines Gebäudes. Die Kommune verpflichtet sich m Gegenzug dazu, 25 Jahre Miete an den Investor zu ahlen. Kaum ist die Unterschrift der Kommune unter em ÖPP-Vertrag, geht der Investor mit ihm zur Bank. er Bank verkauft er die Forderung für die 25 Jahre iete und lässt sie sich pauschal auszahlen. Das ist die orfaitierung. Das heißt, obwohl die Kommune formal icht selbst einen Kredit aufgenommen hat, steht sie etzt bei der Bank in der Kreide und zwar zu den Zinssät- en, die der Private zahlen muss, nicht etwa zu den güns- igeren Bedingungen für Kommunalkredite. Die Kom- une verpflichtet sich, im Gegenzug pünktlich immer ie volle Miete zu bezahlen, unabhängig davon, ob der nvestor mangelhaft arbeitet oder gar pleitegeht. Das ist er Einredeverzicht. Wenn Sie das als Erfolg bezeichnen – ch bezeichne das als Verlagerung von Problemen in die olgenden Legislaturperioden und als eine Potenzierung er Risiken und Kosten. Eine Besonderheit der öffentlich-privaten Partner- chaften ist das Cross Border Leasing. Mit diesem Ge- chäftsmodell sind die Kommunen heute schon baden egangen. Das Vorgehen war das gleiche: umfangreiche eheimverträge, Verlagerung aller Risiken auf die deut- chen Gebietskörperschaften. Warnungen, die es bei Ab- chluss der Verträge gab, wurden einfach in den Wind eblasen. Nun drohen infolge der Finanzkrise den Steu- rzahlern zusätzliche Kosten in zigfacher Millionen- öhe. Aus Erfahrungen sollte man klug werden. Deshalb ehnen wir Ihren Antrag ab und fordern Sie auf, die För- erung von ÖPP-Projekten zu stoppen. Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ffentlich-private Partnerschaften sind als Alternative u herkömmlichen Beschaffungsformen der öffentlichen uftraggeber in den vergangenen fünf Jahren erheblich ichtiger geworden. Nach einer Veröffentlichung der PP-Task-Force beim Bundesministerium für Verkehr, au und Stadtentwicklung wurden bis Mai 2008 bundes- eit 97 ÖPP-Projekte mit einem Investitionsvolumen on 3,5 Milliarden Euro an Investoren vergeben. Grundsätzlich halten wir ÖPPs für ein interessantes odell zur effizienteren Umsetzung von Beschaffungs- aßnahmen. Wir brauchen aber einen richtigen Ord- ungsrahmen, um bei jedem Projekt genau zu prüfen, ie es sich am wirtschaftlichsten umsetzen lässt. Dabei ind wir für eine konkrete Betrachtung am jeweiligen all: Ist ÖPP, ist rein privatwirtschaftliches oder ist rein taatliches Handeln angebracht und wirtschaftlich? Wir müssen sichere Investitionen ermöglichen und ür Vertrauen sorgen. Oft kann ein Beschaffungsauftrag ach Ausschreibung am effizientesten von einem Privat- nternehmen durchgeführt werden. Aber auch durch ge- uin staatliche Infrastruktur können Aufgaben häufig parsam durchgeführt werden. Die Ergänzung der Bun- eshaushaltsordnung, die Sie vorschlagen, unterstützen ir in diesem Sinne. Es ist wichtig, einen einheitlichen aßstab für Wirtschaftlichkeitsvergleiche zu schaffen. 22926 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) Auch die Umsatzsteuerfrage ist in diesem Zusam- menhang von hoher Wichtigkeit. Die umsatzsteuerliche Benachteiligung gegenüber staatlicher Eigenleistung ist ein großes Problem bei ÖPP-Projekten. Ein Modellvor- haben, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern, ist daher mei- nes Erachtens sinnvoll, um einen Umgang mit diesem Problem zu finden. Ein aktueller Bericht des Rechnungshofes in Baden- Württemberg, der diese Woche vorgelegt wurde, zeigt aber auch deutlich, dass die Effizienzrenditen von über 10 Prozent für ÖPP-Projekte, wie sie bisher wiederholt angenommen wurden, in bestimmten Bereichen in Ba- den-Württemberg kaum zu realisieren waren. Es liegt nahe, anzunehmen, dass die Lage in Baden-Württem- berg den einen oder anderen Rückschluss auf die Ge- samtproblematik erlaubt. ÖPP-Projekte können nicht von vornherein als die wirtschaftlichere Variante angesehen werden. Deshalb benötigt man eine belastbare Vergleichsbasis für die Ent- scheidung zwischen einem ÖPP-Modell und einer staat- lich durchgeführten Variante. Insbesondere bei den ÖPP- Projekten der zweiten Generation, die neben Planung, Finanzierung und Bauen auch den Betrieb umfassen, ist es aufgrund der Kosten für die Risikovorsorge und der langen Vertragslaufzeiten schwierig, Vergleiche mit ei- ner Eigenrealisierung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit anzustellen. Daher muss ein sorgfältiger Vergleich auf Basis von Marktpreisen für alle Realisierungsvarianten vorgenommen werden. Der Rechnungshof kam zum Er- gebnis, dass in Baden-Württemberg auch ÖPP-Projekte umgesetzt wurden, obwohl diese letztendlich teurer wa- ren als eine Eigenleistung des Staates. Außerdem warnt er vor einer steigenden Vorbelastung künftiger Haushalte durch ÖPP-Projekte bei Vertragslaufzeiten von üblicher- weise 20 bis 30 Jahren, der sogenannten grauen Ver- schuldung. Das muss uns bei der Diskussion um ÖPPs bewusst sein. Trotz unserer Zustimmung zu den Änderungen der Bundeshaushaltsordnung und des Modellvorhabens leh- nen wir den Antrag insgesamt ab: Durch die Novellie- rung des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes doktern Sie an einem Problem herum, statt zuzugeben, dass das F-Modell bisher gescheitert ist. Die Novellie- rung wäre unnötig, wenn der Verkehrsfluss bei den Pro- jekten realitätsnäher berechnet worden wäre. Eine an- dere Möglichkeit sehe ich in Konzessionsmodellen mit variabler Laufzeit. Durch den von Ihnen vorlegten Vor- schlag kann die Wirtschaftlichkeit eines Projektes nur unmaßgeblich verbessert werden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Pakistan und Afghanistan stabilisie- ren – Für eine zentralasiatische regionale Sicherheitskonferenz (Tagesordnungspunkt 16) Holger Haibach (CDU/CSU): Zum zweiten Mal in Folge beschäftigen wir uns in einer Sitzungswoche des Deutschen Bundestages mit Pakistan und Afghanistan. D s g d w P w d e R n e a n t e t F g d a S g t s d A W d z k n T i E e e S z u S i v N t P a t d m i L z (C (D as ist gerade angesichts der schwierigen Lage und der ich überschlagenden Ereignisse in Pakistan in den ver- angenen Wochen und Tagen dringend geboten. Ob der Antrag der Linken zu diesem Thema aller- ings dabei sehr hilfreich ist, kann mit Recht bezweifelt erden. Denn es ist hier wie mit allem: Die Lösung des roblems beginnt mit der Betrachtung der Realität. Und enn man da bereits die falschen Erkenntnisse gewinnt, ann kann es auch keine richtigen Lösungen geben. Was fordern Sie in Ihrem Antrag? Ich will es einmal twas platt zusammenfassen: Wir setzen alle in dieser egion an Konflikten beteiligten Staaten an einen Tisch, ehmen noch die Paschtunen hinzu, lassen die alle mit- inander beraten. Dann fügen Sie noch ein paar ziemlich llgemeine und wohlklingende Forderungen wie die ach der Unterstützung bei der Demokratisierung Pakis- ans hinzu, mahnen väterlich das Ende von Rüstungs- xporten an, würzen das Ganze mit der bei Ihnen obliga- orischen USA-Kritik: Und schon herrscht himmlischer rieden auf Erden. Wohlgemerkt: Vieles von dem, was Sie hier vorschla- en, ist nicht falsch. Aber das liegt daran, dass Ihre For- erungen sehr allgemein sind, und nicht daran, dass man ufgrund ihrer Gedankentiefe sofort zustimmen müsste. Auf der anderen Seite wird Ihr Antrag aus meiner icht auch nicht annähernd der Komplexität der Lage, erade in Pakistan, gerecht. Worum geht es? Ihr Antrag rägt zwar Afghanistan und Pakistan im Titel, beschäftigt ich aber überwiegend mit der Lage in Pakistan und ann mit ihren Auswirkungen auf die Situation in fghanistan. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. enn man allerdings Pakistan in besonderer Weise in en Blick nimmt, dann ergeben sich zwei Konsequen- en: Erstens ist der Titel Ihres Antrags falsch, denn Pa- istan liegt definitiv nicht in Zentralasien. Das wäre aber och zu verschmerzen. Wichtiger ist, dass Sie bei dem ext Ihres Antrags die inneren Verhältnisse in Pakistan m Grunde überhaupt nicht in Betracht ziehen. Dazu gibt es aber allen Grund. Pakistan ist durch das inlenken von Präsident Zadari im Streit um die Wieder- insetzung des Obersten Richters Chaudry gerade noch inmal so an einem das gesamte Land lahmlegenden treik und an vermutlich blutigen Auseinandersetzungen wischen Truppen der Regierung und des Präsidenten nd Anhängern Chaudrys und des Oppositionsführers harif entgangen. Die Macht des gewählten Präsidenten st so weit erodiert, dass nicht einmal der gegen Sharif erhängte Hausarrest tatsächlich durchgesetzt wurde. ach einer Umfrage des International Republican Insti- ute sprechen sich inzwischen 59 Prozent der befragten akistani für Oppositionsführer Sharif als Präsidenten us, nur 19 Prozent für den Amtsinhaber. Die wirtschaftliche Lage des Landes kann nur als ka- astrophal bezeichnet werden. Ohne die Unterstützung er internationalen Gemeinschaft wäre das Land nicht ehr „lebensfähig“. Zudem musste die Zentralregierung hre erfolglosen Bemühungen einstellen, die Taliban im ande militärisch erfolgreich zu bekämpfen. Dies hatte ur Folge, dass im Swat-Tal und anderen Regionen, das Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22927 (A) ) (B) ) war Teil der Verhandlungslösung, die Scharia das seithe- rige Rechtssystem abgelöst hat. Entgegen anderen Zusa- gen haben dort die regionalen Führer – nicht durch die Schließung, aber durch eine wesentlich effektivere Methode, nämlich Abbrennen der Schulen – dafür ge- sorgt, dass zum Beispiel der Unterricht für Mädchen er- schwert wurde. Und es steht zu befürchten, dass dies erst der Anfang der Repressalien ist. Mit ein wenig regionaler Zusammenarbeit und ein bisschen USA-Kritik ist es also nicht getan. Dafür bieten Sie dann die Forderung auf: „Pakistan vermehrt bei sei- nen Demokratisierungsbemühungen unterstützen.“ Eine beeindruckende Forderung! Leider bleibt die Linke die Antwort auf die Frage schuldig, wie dieses hehre Ziel er- reicht werden soll. Und wieso „vermehrt“? In der Zeit, in der dieser Antrag geschrieben wurde, hat diese Bundes- regierung, unterstützt durch die sie tragenden Fraktionen von CDU/CSU und SPD, gehandelt. Vertreter der Bun- desregierung haben Vorschläge zur Verbesserung der Lage gemacht, darüber hinaus wurden entsprechende Mittel zur Demokratisierung aus den Etats der betroffe- nen Ministerien zugesagt und bereitgestellt. Deutschland arbeitet engagiert und an führender Stelle in der interna- tionalen Gruppe der „Freunde des demokratischen Pa- kistans“ mit. Auch die Idee der „zentralasiatischen“ regionalen Sicherheitskonferenz scheint noch sehr unausgegoren. Im Antrag der Linken wird die Beteiligung aller mögli- chen regionalen Akteure gefordert, bis hin zu den Pasch- tunen. Gleichzeitig betonen Sie zu Recht die Existenz ganz anderer, schon Jahrzehnte währender Konflikte, wie etwa der Auseinandersetzung um und in Kaschmir. Warum soll den Kaschmiris das verwehrt werden, was den Paschtunen Ihrer Ansicht nach doch erlaubt sein soll? Weiterhin stellt sich die Frage, wie Sie sich die Ein- bindung der internationalen Staatengemeinschaft vor- stellen, deren Präsenz vor Ort Sie doch sonst immer kri- tisieren. Welche Rolle sollen die USA, Großbritannien und etwa Deutschland spielen? Welche Aufgabe hat die UN hierbei? Es ist völlig unbestreitbar, dass eine engere Einbin- dung sämtlicher regionalen Akteure dringend geboten ist, denn ohne diese werden sich stabile Verhältnisse in der Region nicht herstellen lassen. Aber dazu braucht es mehr als eine Idee oder Antrag im Deutschen Bundestag. Wenn eine solche Konferenz, noch dazu als ständige Einrichtung, durchgeführt werden soll, dann bedarf es hierzu sorgfältiger Planungen und Konsultationen. Denn eine Konferenz, die in einem Fehlschlag endet und dabei vielleicht noch ohnehin vorhandene Differenzen ver- schärft, wäre ein großer Rückschlag für die friedliche Beilegung von Konflikten in dieser Region. Schließlich stellt sich die Frage, ob es für eine solche Einrichtung Vorbilder gibt. Man könnte dabei an die KSZE/OSZE denken. Allerdings wäre auch hier zu er- wägen, ob das, was in Europa funktioniert, ohne Weite- res auch an anderer Stelle erfolgreich ist, zumal die Ver- hältnisse in Europa der 70er-Jahre völlig andere waren als die heutigen zwischen Pakistan, Afghanistan, Indien u d S W F z g w d s w w d Z W k K g f M k g M H d s „ d E V s d d A G k n b m z d m M i m r k r n E l u e s g (C (D nd den anderen Partnern, die zu beteiligen wären. Stan- en sich bei der KSZE zwei Machtblöcke und politische ysteme gegenüber, die aber beide bereit waren, auf affengewalt zu verzichten, so haben wir es im jetzigen all mit einer Region zu tun, die gerade durch inner- und wischenstaatliche kriegerische Auseinandersetzungen ekennzeichnet ist. Noch ein Wort zur Rolle der USA: Man mag zur Ver- endung beziehungsweise zur Ausweitung der Verwen- ung von Drohnen auf dem Staatsgebiet Pakistans in den ogenannten Tribal Areas und darüber hinaus stehen, ie man will. Aber eines darf jedenfalls festgehalten erden: Als Pakistan in der vergangenen Woche und in ieser Woche nahe am Rand von bürgerkriegsähnlichen uständen mit unabsehbaren Folgen aufgrund der Nicht- iedereinsetzung von Richter Chaudry war, hat der pa- istanische Minister Nabeel Gaboo die Abwendung der rise mit folgenden Worten kommentiert: „Die Eini- ung haben Amerika, die Armee und Allah herbeige- ührt.“ Und es ist der amerikanische Generalstabschef ike Mullen gewesen, der seinen pakistanischen Amts- ollegen mehr als einmal von einem gewaltsamen Ein- reifen in die gegenwärtigen Konflikte abgehalten hat. ancher von uns ist mit einer pauschalen Kritik an der altung und den Handlungsweisen der USA schnell bei er Hand. Manchmal wendet sich aber auch diese Pau- chalität gegen den, der diese Kritik angebracht hat. Wenn wir neben der „Afghan Ownership“ auch eine Pakistan Ownership“ ernsthaft vorantreiben wollen, ann ergeben sich daraus für mich drei Konsequenzen. rstens dürfen wir die vor Ort Handelnden nicht aus der erantwortung entlassen, indem wir Entscheidungen für ie treffen. Zweitens müssen wir sie aber auch mit den afür notwendigen Voraussetzungen ausstatten. Und rittens bedarf es eines Ansatzes, der die regionalen kteure und die internationale Gemeinschaft einbindet. enau an dieser Stelle greift der vorliegende Antrag zu urz. Er ist pauschal und wird den Aufgabenstellungen icht gerecht. Deshalb werden wir ihn ablehnen. Detlef Dzembritzki (SPD): Die Situation in Pakistan ietet ohne Zweifel Anlass zu Sorge, aber auch – wenn an die Entwicklungen der letzten Tage mit einbezieht – u vorsichtigem und verhaltenem Optimismus. Sosehr wir uns als Abgeordnete des Deutschen Bun- estages – ich schließe hier ausdrücklich das ganze Haus it ein – gefreut haben, dass der Übergang von einer ilitär- zu einer zivilen Regierung im September 2008 n Pakistan gelungen ist, so sehr waren wir zumindest in einer Fraktion von Anfang an in Sorge und zwar da- über, dass sich die neuen „Koalitionsmehrheiten“ in Pa- istan nicht mit Entschiedenheit um die eigentlichen He- ausforderungen in ihrem Land gekümmert haben, ämlich die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit, den nergiemangel und Infrastrukturdefizite. Der monate- ange Streit zwischen Zardari und Sharif, zum Beispiel m die Aufhebung der Amnestiegesetze und die Wieder- insetzung der Richter, führte zu einem Entwicklungs- tillstand und Verwerfungen zwischen den „Wahlsie- ern“. 22928 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) Insofern möchte ich den Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei durchaus zugestehen, dass auch sie die ernste Sorge haben, dass der Weg in eine friedliche Zukunft für dieses in der Region so wichtige Land schwierig sein wird. Ich nehme dennoch für mich und meine Fraktion in Anspruch, dass wir immer betont ha- ben, dass nur mit einem regionalen Ansatz unter Einbe- ziehung von Afghanistan, Pakistan, Iran, aber auch In- dien und China eine Lösung der Konflikte möglich ist. Es reicht nicht, jetzt so zu tun, als genüge es, sich auf eine solche Konferenz zu fokussieren, als sei dies die einzige Lösung. Es ist schon etwas komplizierter! Natürlich haben auch wir ernste Sorgen um Pakistan. Lassen Sie mich die Herausforderungen in einigen kur- zen Sätzen skizzieren: Pakistan als Nuklearmacht wird von seinen Nachbarn Afghanistan und Iran eher kritisch betrachtet. Pakistan und Afghanistan teilen eine lange, sehr schwierige Geschichte. Wenn man – wie sicher ei- nige Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses – die Ge- legenheit hatte, mit Vertretern dieser beiden Nationen zu sprechen, so fällt das tiefsitzende Misstrauen auf beiden Seiten sofort auf. Ohne die grundsätzliche Bereitschaft beider Staaten, aufeinander zuzugehen, wird mittelfristig kein regionaler Nachbarschaftsprozess gelingen. Wir ha- ben in der Vergangenheit einige ermutigende Zeichen auf diesem Weg gesehen, und wir hoffen, dass beide Sei- ten diesen Weg weiter gehen. Ich bin deshalb dankbar, dass Außenminister Steinmeier bereits im Juni 2007 in Potsdam eine Initiative gestartet hat, um beide Länder an einen Tisch zu bringen. Es wird in Zukunft in der Region nur dann Frieden geben, wenn beide Seiten bereit sind, Schritte zu gehen, die über das hinausgehen, was momentan vorstellbar erscheint. Dabei wird die gemeinsame, 2 400 Kilometer lange Grenze, die faktisch nicht zu sichern ist, eine Rolle spie- len. Fehler wurden in der Vergangenheit gemacht: Die Grenze wurde willkürlich durch die Kolonialherren ge- zogen. Dies kann aber nicht bedeuten, alte Streitigkeiten wieder aufzuwärmen: Auch hier müssen Pakistan und Afghanistan aufeinander zugehen. Es ist bekannt, dass die Grenzgebiete als Rekrutierungsgebiete für afghani- sche und pakistanische Taliban dienen. Es gibt darüber hinaus auch Erkenntnisse, dass international operierende Terrorgruppen diesen Rückzugsraum nutzen. Unabhängig davon, wie wir als Parlamentarier die neue pakistanische Regierung bewerten: Die Probleme sind immens. Jede demokratische Regierung wird auch in naher Zukunft mit den Problemen Islamisierung, Ein- kommensunterschiede, Armut und wirtschaftliche Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Die jetzige Regie- rung Pakistans bietet zumindest die Chance, dass wir als Europäer mit Unterstützung, Know-how und Ressourcen dem Land beim eigenen Aufbau behilflich sind, aber auch den regionalen Dialog weiter fördern, zum Beispiel im Rahmen der Ende September 2008 gegründeten Gruppe „Freunde des demokratischen Pakistans“. Ein- seitige Militärschläge helfen sicher nicht weiter – sie verstärken nur die ohnehin vorhandene Abneigung ge- gen den Westen, die in Pakistan weit verbreitet ist und sich insbesondere auf die USA bezieht. K d v r a s E z f B s j E l v s S d u b A B d K o S k s g w k m g B n H l S P w l g j d F h T s w Z l I w s s g b (C (D Wirtschaftlich steckt Pakistan in einer erheblichen rise. Dank eines von der Bundesregierung mit Nach- ruck unterstützten Beistandskredits des IWF in Höhe on 7,6 Milliarden US-Dollar konnte im Herbst des Jah- es 2008 ein finanzieller Zusammenbruch des Landes bgewendet werden. Über die Bewältigung der Wirt- chaftskrise hinaus wird die Überwindung der großen inkommensunterschiede innerhalb des Landes – auch wischen Stadt und Land – die zentrale Herausforderung ür die demokratische pakistanische Regierung sein. Die undesregierung ist durch die Gesellschaft für Techni- che Zusammenarbeit, GTZ, auf diesen Gebieten schon etzt mit Vorhaben zu Grundbildung, Gesundheit und nergie tätig. Insgesamt wurde die deutsche Entwick- ungszusammenarbeit mit Pakistan bei den Regierungs- erhandlungen im vergangenen Jahr verdoppelt. Aus un- erer Sicht setzt die Bundesregierung hier die richtigen chwerpunkte: Hilfen für die Wirtschaft, insbesondere urch Mikrokredite; Beratung der örtlichen Verwaltung nd Investitionen in die Bildung. Gerade dem Bildungs- ereich sollte aus unserer Sicht in Zukunft noch mehr ufmerksamkeit gewidmet werden. Schließlich ist ein ildungssystem für alle Heranwachsenden in Pakistan ie beste Garantie gegen die Madrassen, islamistische oranschulen, die bereits Kinder indoktrinieren und die ft nur deshalb frequentiert werden, weil staatliche chulen nicht existieren oder zu teuer sind. Armutsbe- ämpfung, Entwicklung und Bildungsmöglichkeiten ind die effektivsten, langfristig wirkenden Maßnahmen egen eine drohende Radikalisierung der Bevölkerung. Die EU hat letztes Jahr die Armutsbekämpfung zum ichtigsten Ziel ihrer Länderstrategie in Pakistan er- lärt. Dabei konzentriert sich die EU in ihrer Zusam- enarbeit auf die ländliche Entwicklung, den nachhalti- en Umgang mit natürlichen Ressourcen, den ildungssektor und die Qualifizierung staatlichen Perso- als. Sosehr wir die Hand reichen zum Dialog und zur ilfe, so sehr müssen wir unsere Ablehnung von gefähr- ichen Kompromissen wie der Wiedereinführung der charia im Swat-Tal zum Ausdruck bringen. Wir sind in akistan wie in anderen Teilen der Welt für eine Ent- icklungszusammenarbeit auf Augenhöhe, für Verhand- ungen auch mit schwierigen Partnern, für Respekt ge- enüber Traditionen und Werten. Dieser Ansatz findet edoch da seine Grenzen, wo Menschenrechte unter an- erem von Frauen und Minderheiten buchstäblich mit üßen getreten werden. In der Vergangenheit hat auch der pakistanische Ge- eimdienst ISI eine sehr problematische Rolle gespielt. eile des ISI bildeten einen Staat im Staat und unter- tützten die Entstehung und Entwicklung der Taliban, eil man sich von einem instabilen Afghanistan einen ugewinn an Macht versprach und die Taliban als mög- iche Bündnispartner für eine Auseinandersetzung mit ndien sah. Bis heute ist nicht eindeutig festzustellen, ie stark die Verbindungen zwischen Politik und ISI ind und auf welchen Feldern der ISI nach wie vor ver- ucht, seinen Einfluss zu sichern und die Entscheidun- en der demokratisch gewählten Regierung Pakistans zu eeinflussen. Hier bleibt die Bundesregierung aufgefor- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22929 (A) ) (B) ) dert, weiterhin energisch auf eine effektive Kontrolle des Geheimdienstes zu dringen. Sicherlich stellen die Stammesgebiete im Grenzgebiet zu Afghanistan, die sogenannten Federally Admistered Tribal Areas, FATA, neben der sehr schlechten Wirt- schaftslage eine sehr große Herausforderung für Pakis- tan dar. Das pakistanische Militär hat hier einen hohen Preis bezahlt. Pakistanische Gesprächspartner, insbeson- dere Vertreter der Regierung, verweisen immer wieder auf diesen Beitrag im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Aus unserer Sicht war das Vorgehen der Regierung Musharraf und auch das der Bush-Adminis- tration zu sehr auf militärisches Vorgehen beschränkt. Auch ist die pakistanische Armee strukturell überhaupt noch nicht auf die Herausforderungen des internationa- len Terrorismus und der asymmetrischen Kriegsführung eingestellt. Die pakistanische Armee ist immer noch auf einen potenziellen Großkonflikt mit Indien ausgerichtet. Ohne eine deutliche Neuausrichtung wird die pakistani- sche Armee auch in Zukunft keinen Beitrag zu einer Be- kämpfung von Terrorgruppen in den Stammesgebieten leisten können. Gleichzeitig sollte die Bundesregierung bei ihren Kontakten zu den pakistanischen Partnern auch weiter- hin mit Nachdruck darauf dringen, die Rückkehr der Ar- mee in die Kasernen zu unterstützen und ihren direkten Einfluss auf die Politik zurückzudrängen. Erfreulich festzustellen ist, dass im aktuellen Konflikt zwischen Opposition und Präsident das Militär sich nicht hat in- strumentalisieren lassen. Das spannungsgeladene Ver- hältnis zu Indien hat sich seit Amtsantritt der neuen pa- kistanischen Regierung leicht verbessert. So hat die pakistanische Regierung angekündigt, die Doktrin des Ersteinsatzes von Nuklearwaffen nicht länger aufrecht- zuerhalten. Weitere Signale deuten darauf hin, dass die pakistanische Seite an einer Normalisierung der Bezie- hungen zu Indien interessiert ist. Die Bundesregierung sollte alles tun, um Pakistan auf diesem Wege zu unter- stützen. Überhaupt könnte eine engere wirtschaftliche Kooperation mit den Nachbarn – insbesondere mit In- dien und China, aber auch mit den zentralasiatischen Staaten sowie dem Iran – zur Stabilisierung der pakista- nischen Wirtschaft beitragen. Diese Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet könnte in Kombination mit Ko- operation auf anderen Gebieten zum Schlüssel für ein friedliches – oder zumindest friedlicheres – Miteinander in der Region beitragen. Aber auch auf politischem Terrain gibt es in der letz- ten Zeit Anzeichen, die eine friedliche Lösung möglich – oder möglicher – erscheinen lassen. Es gibt in Pakistan zunehmend Kräfte, die die Islamisierung des Landes nicht nur rhetorisch ablehnen, sondern auch bereit sind, diesen Tendenzen mutig entgegenzutreten. Dazu gehört für viele Experten auch Ministerpräsident Gilani, der sich jüngst für die tatsächliche Wiedereinsetzung des obersten Richters Chaudhry einsetzte. Präsident Zardari hatte die zunächst im Wahlkampf versprochene Wieder- einsetzung behindert. Auch ist ermutigend, dass Zehn- tausende Richter und Anwälte nicht nur damals unter Militärherrscher Musharraf demonstrierten, sondern auch jetzt in der Demokratie bereit waren, für die freie B d k K s U d d d v a k e h t P i s d n E t a u s r g L d t U g w s g r a l d c a K g G s s n S B m z s z e (C (D erufsausübung ihrer Kollegen zu demonstrieren. Auch as Militär hat diesmal hinter den Kulissen für Demo- ratie und Rechtsstaat Partei ergriffen. So hat Armeechef ayani seinem Präsidenten Zardari frühzeitig signali- iert, dass dieser im Falle einer Eskalation nicht mit der nterstützung durch die Armee rechnen könne. Dies ist as erste Mal in der jüngsten pakistanischen Geschichte, ass ein Armeechef aufseiten der Demokratie steht. Bei aller Wachsamkeit gegenüber islamitischen Ten- enzen sollten wir diese Anzeichen auch als Hoffnung erstehen, dass Pakistan seine Angelegenheiten durch- us aus eigener Kraft bewältigen kann. Wir sollten Pa- istan auf diesem Wege weiter unterstützen. Hellmut Königshaus (FDP): Der Ansatz des hier ingebrachten Antrages ist nicht falsch. In Afghanistan aben wir es nicht mit einem nur nationalen Konflikt zu un, der an den Grenzen des Landes endet. Nicht zuletzt akistan fällt dabei eine bedeutende Rolle zu. Das Land st ein entscheidender Faktor bei der politischen Stabili- ierung Afghanistans. Die pakistanische Regierung hat erzeit offenkundig keine wirksame Kontrolle über die ordwestlichen Grenzprovinzen, in denen 3,5 Millionen inwohner leben. Stattdessen üben diese Kontrolle ex- remistische, terroristische und kriminelle Kräfte aus, die us dem Grenzgebiet auch nach Afghanistan eindringen, m dort ebenfalls ihren Einfluss auszubauen. Der Ver- uch der pakistanischen Regierung, diese Gebiete militä- isch wieder zurückzugewinnen, ist zumindest vorerst escheitert. Trotz seiner komplizierten innenpolitischen age darf Pakistan die Kontrolle über diese Region je- och nicht dauerhaft aus der Hand geben. Der Afghanis- an-Konflikt ist zwar ein regionaler Konflikt, aber seine rsachen sind im gesamten zentralasiatischen Raum an- esiedelt, und er entfaltet auch dort seine Wirkungen. Eine Sicherheitskonferenz für die Region kann inso- eit zur Lösung der dortigen Probleme beitragen, aber icherlich nicht allein. Dem Antrag fehlen insoweit er- änzende Maßnahmen und Schritte, die über die Einbe- ufung einer Sicherheitskonferenz hinausgehen. Auch ktuelle Bezüge und geopolitische Konsequenzen feh- en. Zudem ist der Antrag mit seiner verkürzenden Art er Darstellung auch ungeeignet, die Probleme hinrei- hend zu beschreiben und die vorgeschlagenen Lösungs- nsätze nachzuvollziehen. Die neue US-Administration hat begriffen, dass der onflikt in Afghanistan längst kein ausschließlich af- hanischer mehr ist und dass die gesamte Region in der efahr steht, politisch zu kollabieren. Deshalb spricht ie mittlerweile von „AfPak“, wenn sie auf die Region chaut. Das Engagement der US-Administration zeigt och einmal deutlich, dass Pakistan essenziell für die tabilität der gesamten Region ist. Nicht zuletzt mit lick auf die pakistanischen Nuklearwaffen müssen wir it unseren Partnern gemeinsam handeln, neue Kon- epte entwickeln und umsetzen. Dafür müssen wir aber zunächst die gleiche Sprache prechen. Dieser Ansatz ist auch im vorliegenden Antrag u finden. Allerdings ignoriert er die Möglichkeit, dass ine solche Konferenz auch scheitern könnte. Und er 22930 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) geht auch nicht hinreichend auf die nachfolgenden Schritte ein, sollte eine solche Sicherheitskonferenz für die Region erfolgreich verlaufen. Welche Bedeutung werden die erreichten Ergebnisse haben? Wer verfolgt die Umsetzung der Vorgaben? Welche Konsequenzen hat die Nichteinhaltung der vereinbarten Vorgaben? Und damit sind wir bei einem Kernproblem der deut- schen Politik in diesem Bereich; während die USA mit der Ernennung Richard Holbrookes zum Sonderbeauf- tragten für Pakistan und Afghanistan auf diese Kompe- tenzfrage reagiert haben, schafft es die Koalition nicht einmal, sich auf einen Sondergesandten für die Region zu einigen, der für die gesamte Bundesregierung spricht und handelt. Im Ergebnis haben wir jetzt einen „Beauf- tragten des Auswärtigen Amtes“, der nur für seinen Mi- nister und sich selbst sprechen darf. So sieht also die vielbeschworene „vernetzte Sicherheit“ in der Realität dieser Bundesregierung aus. Das hat auch der Beauf- tragte selbst, der ein hervorragender Diplomat ist, so nicht verdient. Es ist traurig, dass ein so wichtiges Thema ganz offenkundig allein zu Wahlkampfzwecken missbraucht wird. Insgesamt lähmt der Wahlkampf mitt- lerweile offenbar die Bundesregierung so stark, dass un- sere außenpolitische Handlungsfähigkeit gefährdet ist. Wir werden so zum Gespött unserer Partner. Das darf so nicht weitergehen. Eine Sicherheitskonferenz, wie der Antrag sie fordert, kann nur mit einer durchsetzungsfähigen Leitung von Erfolg gekrönt sein. Hillary Clinton hat beispielsweise für den nächsten NATO-Gipfel gleich auch eine Afgha- nistan-Konferenz einberufen. Diese Handlungsfähigkeit vermisst man leider bei der Bundesregierung. Wir brau- chen jetzt aber gemeinsames und entschlossenes Han- deln aller Partner, um in der Region Fortschritte zu erzie- len. Denn Afghanistan entwickelt sich zurzeit nicht in die richtige Richtung. Auch sieben Jahre nach dem Sturz der Taliban kommt Afghanistan nicht zur Ruhe. Nach ei- nigen vielversprechenden Ansätzen zur Demokratisie- rung und Stabilisierung droht das Land unter den An- schlägen der islamistischen Kämpfer wieder im Chaos zu versinken. Die allgegenwärtige Gewalt und die wirt- schaftliche Stagnation haben in der Bevölkerung ein Klima der Hoffnungslosigkeit geschaffen. Eine aktuelle Umfrage zeigt die Zweifel der Afghanen. Unter der all- täglichen Erfahrung von Krieg, Gewalt, Korruption und Armut ist auch das anfangs große Vertrauen in USA und NATO in Resignation umgeschlagen. Das ist das Ergeb- nis einer großen repräsentativen Umfrage, die das Afghan Institute for Social and Public Opinion Research im Auftrag von ARD, ABC und BBC durchgeführt hat. Es ist zu befürchten, dass sich die Lage im Laufe des Jahres noch einmal verschlimmert, wenn nicht entschie- den gegengesteuert wird. Der Präsidentschaftswahlkampf macht 2009 zu einem Entscheidungsjahr für Afghanistan. Die neue US-Admi- nistration hat auf die veränderten Vorzeichen bereits re- agiert und ein deutlich verstärktes Engagement in Afghanistan angekündigt. Nun ist auch die Bundesregie- rung gefordert, ihre Afghanistanpolitik zu verstärken, damit 2009 zu einem erfolgreichen Jahr für das Land und für die Region wird. Ü v s d Z p b w t a g i l t u S k m s R k M t n u S e e D i m d S d g d d g d d d h u z v t i d r n M n k s e t (C (D Die UN-Hilfsorganisationen legten Ende 2008 einen berblick über die humanitäre Situation in Afghanistan or. Die Situation der afghanischen Bevölkerung habe ich 2008 verschlechtert, heißt es darin. Die Gründe für ie Verschlechterung seien in der Hauptsache in der unahme der Kämpfe, den gestiegenen Nahrungsmittel- reisen und einer akuten Dürre zu sehen. Zu den ekannten Schwierigkeiten tritt verschärfend das Trink- asserproblem hinzu. Es ist also eindeutig, dass das in- ernationale Engagement für den Wiederaufbau nicht usreicht. Auch die deutschen Beiträge sind im Ver- leich zu den Leistungen anderer Geber, etwa Kanadas, mmer noch viel zu gering. Eine verstärkte entwick- ungspolitische Zusammenarbeit würde auch die Akzep- anz für die deutsche Präsenz in Afghanistan erhöhen nd damit auch die Sicherheit unserer Soldatinnen und oldaten. Der Ernst der Lage in Afghanistan zeigt, dass wir alle eine Zeit zu verlieren haben. Die Bundesregierung uss Schluss machen mit ihrem Wahlkampfgezänk und ich gemeinsam und verstärkt für Afghanistan und die egion einsetzen. Der Antrag der Linken ist dabei leider eine wirkliche Hilfe. Dr. Norman Paech (DIE LINKE): Gerade einen onat ist es her, dass wir im Bundestag über einen An- rag des Bündnisses 90/Die Grünen diskutiert haben, der och zur Zeit der Bush-Administration konzipiert war nd die gleiche Frage wie heute aufwarf: Was ist für die tabilisierung Pakistans notwendig? Ein Jahr zuvor hatte s demokratische Wahlen in Pakistan gegeben, die benso hoffen ließen wie der Wahlsieg Barack Obamas. och nichts ist von dieser Hoffnung geblieben. Pakistan st in keiner guten Verfassung, aber nicht erst seit der Er- ordung Benazir Bhuttos, den Attentaten, die bis auf en Norden Indiens übergreifen, der Einrichtung der charia in den Grenzgebieten zu Afghanistan auf Druck er Taliban und der Wiedereinstellung der aus dem Amt ejagten Richter unter dem Druck der Straße. Das ist nur er oberflächliche Ausdruck einer seit langem schwelen- en tiefen Krise dieses Landes. Pakistan ist seit langem ezeichnet durch eine dramatische Abwärtsentwicklung er Wirtschaft und das ebenso dramatische Anwachsen er Auseinandersetzungen zwischen muslimischen Fun- amentalisten in den Grenzgebieten zu Afghanistan. Da- inter tritt der immer noch ungelöste Streit mit Indien m Kaschmir zurzeit in den Hintergrund – er kann jeder- eit zu neuer gefährlicher Gewalt eskalieren. Pakistan, on den USA als wichtigster Verbündeter gegen den in- ernationalen Terrorismus finanziert und hochgerüstet, st selbst schon lange zur Quelle des Terrorismus gewor- en. Es ist klar, dass nicht nur die USA ein vitales Inte- esse daran haben müssen, dass dieser instabile Staat icht noch weiter zerfällt und sich durch einen erneuten ilitärputsch radikalisiert. Denn dieser Prozess bleibt icht auf Pakistan begrenzt. Der Souveränitätszerfall Pa- istans würde auch die Desintegration Afghanistans be- chleunigen und die Gewalt in der Region würde enorm skalieren. Die Folge wäre die zwangsläufige Auswei- ung der Interventionen auf weitere Provinzen Pakistans, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22931 (A) ) (B) ) wie sie die USA soeben schon für den Einsatz von Kampfdrohnen angekündigt haben. Was kann man dagegen tun? Aus den USA kommt wieder das alte Rezept: 4 bis 5 Milliarden US-Dollar seien unmittelbar notwendig, 1 Milliarde davon für Poli- zei und Militär. Gerade hatte Pakistan 7,6 Milliarden US-Dollar vom Internationalen Währungsfonds bekom- men. Alle Militärputsche sind mit Milliarden US-Dollar für die Rüstung belohnt worden. Eines ist daher sicher: Weitere Finanzmittel werden in einem Land mit 170 Millionen Einwohnern, in dem eine schmale Schicht über märchenhaften Reichtum verfügt, die Mehrheit aber in sozialem Elend lebt, nicht die erhoffte Stabilisie- rung bringen. Eine solche Gesellschaft kann man nicht mit Geld sanieren. Man wird dieser Gesellschaft darüber hinaus auch nicht mehr Sicherheit geben, wenn man weitere 17 000 Soldaten in das benachbarte Afghanistan sendet und gleichzeitig die Kampfzonen auf pakistanischem Territorium ausweitet. Was Afghanistan in sieben Jahren Krieg nicht sicherer gemacht hat, wird auch Pakistan keine Sicherheit bringen. Viele soziale, ökonomische und politische Maßnah- men wären notwendig, um Pakistan die notwendige ge- sellschaftliche Stabilität zu bringen. Allerdings be- schränken sich Instabilität und steigende Gewalt nicht auf Pakistan, sondern haben die ganze Region ergriffen. Deshalb wird Pakistan nicht so schnell aus sich selbst heraus Stabilität entwickeln – die Probleme sind zu kom- plex und eben nicht auf seine Grenzen beschränkt. Von außen gibt es bestimmt kein Patentrezept. Eine Krise, die nicht auf ein nationales Territorium begrenzt ist, muss mit einem internationalen Konzept bekämpft werden. Es müssen die Staaten zusammengeführt wer- den, die direkt oder indirekt von dieser Krise gefährdet werden. Deshalb erneuern wir noch einmal unseren Vor- schlag einer Konferenz, die die Staaten der Region von Iran über Afghanistan bis China und Indien mit Pakistan an einen Tisch holt, um ein gemeinsames, auf wechsel- seitiger Unterstützung basierendes Sicherheitskonzept zu entwickeln. – Übrigens wurde solch eine Konferenz jüngst auch in einem Bericht eines US-amerikanischen Think Tanks zu Pakistan gefordert. Sicherheit kann nur mithilfe und der Verpflichtung der Staaten der gesamten Region erreicht werden. Und nehmen Sie die neue Ge- sprächsbereitschaft der US-Administration ernst und sa- gen Sie ihr, sie möge die Souveränität Pakistans achten und von der Ausweitung ihrer Kampfeinsätze Abstand nehmen – aus politischen und aus rechtlichen Gründen. Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor einem halben Jahr hatten wir Grüne an dieser Stelle eine Aktuelle Stunde beantragt mit dem Titel „Pakistan stabilisieren, Völkerrecht beachten“. Damals gab es Hoffnung. Es hatte einen demokratischen Machtwechsel im Land gegeben. Wir alle warben um Unterstützung der internationalen Gemeinschaft dafür, die Regierung Zardari-Gilani handlungsfähig zu machen. Die Hoffnung ist noch da, die Euphorie von damals ist allerdings sehr schnell vergangen – vor allem in Pakistan selbst. m s e Z v z s P I r a r N Z G W b g D d b n b b d d w S r L O d d ü d t a t z ß B C R r l h c f s l d Ü V h (C (D Im Nordwesten von Pakistan, im Swat-Tal, bestim- en inzwischen Scharia-Gerichte anstatt staatlicher In- titutionen, was richtig und was falsch ist. In Waziristan rleben wir eine zunehmende Talibanisierung und einen erfall der staatlichen Strukturen, keine 200 Kilometer on Islamabad entfernt. Aber auch in der Hauptstadt eigt sich Erschreckendes. Die erbitterten Kämpfe zwi- chen den beiden verfeindeten Parteien, der Pakistan eoples Party (PPP) und der Muslim Liga, lähmen die nnenpolitik. Es ist unglaublich: Bislang haben wir gehofft, Gene- al Musharraf zugunsten demokratischer Kräfte ein für llemal los zu sein. Jetzt scheint die Situation so verfah- en, dass ausgerechnet er sich wieder als „Retter in der ot“ anbieten kann. Ich appelliere an den Präsidenten ardari und an den Oppositionsführer Sharif, ihre alten rabenkämpfe endlich ruhen zu lassen und sich zum ohle Pakistans zu einer demokratischen Zusammenar- eit durchzuringen! Wenn man der gestrigen Ausgabe der New York Times lauben darf, droht allerdings noch mehr Ungemach. ort wird von geradezu kontraproduktiven Planungen er US-Administration berichtet. Angeblich will sie die isherigen völkerrechtswidrigen Luftschläge in Pakistan icht nur fortsetzen, sondern sie sogar auf weitere Ge- iete des Landes ausweiten. Gegen diese Luftschläge ha- en wir uns in zahllosen Anträgen und nicht zuletzt in er Aktuellen Stunde ausgesprochen. Eine Ausweitung ieser Angriffe würde zu nichts anderem als zu einer eiteren Eskalation der Gewalt und einer weiteren chwächung der staatlichen Institutionen Pakistans füh- en. In dem hier zu beratenden Antrag macht es sich die inke sehr einfach. Sie fordern eine Regionalkonferenz. hne Zweifel muss eine solche Konferenz Bestandteil es regionalen Lösungsansatzes sein, keine Frage. Aller- ings wurde der Antrag inzwischen von der Realität berholt: Eine Afghanistan-Konferenz findet statt, Ende es Monats in Den Haag. Mit dabei werden viele Ak- eure aus der Region sein, nicht nur Staaten, sondern uch Nichtregierungsorganisationen und Hilfsorganisa- ionen. Die Zusammensetzung dieser Konferenz zeigt umindest eine teilweise Abkehr von der bisherigen Au- enpolitik der Bush-Ära durch den US-Präsidenten arack Obama und seine Außenministerin Hillary linton. Die Vereinten Nationen spielen eine wichtigere olle als bisher. Der Ansatz ist tatsächlich regional und ichtig, das heißt, man sucht gemeinsam mit den Betei- igten und deren Nachbarn nach einer Lösung. Und dies offentlich unter Beteiligung Irans. Eine Konferenz alleine wird allerdings nicht ausrei- hen, um die zahlreichen und unterschiedlichen Streit- ragen im Verhältnis zwischen Pakistan und Afghanistan owie zwischen Pakistan und Indien zu lösen. Dazu sind angfristiger angelegte regionale Initiativen notwendig, ie Vertrauen schaffen. Und es braucht übergreifende berlegungen zu regionalen Entwicklungsstrategien, ersöhnungsinitiativen und eine dauerhafte Sicher- eitskooperation in der Region. 22932 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) Es wäre völlig falsch, Pakistan ausschließlich aus der Perspektive der Situation in Afghanistan zu betrachten. Pakistan ist ein selbstständiges Land mit über 160 Mil- lionen Einwohnern, ein sehr wichtiges Land in der Re- gion und nicht zuletzt eine Atommacht. Sie aber, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, machen wie- der einmal deutlich, dass Sie in der Außenpolitik kein Interesse für Details haben. Sie nutzen das Thema vor al- lem, um Ihre populistische Forderung nach dem soforti- gen und unverantwortlichen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan zu transportieren. Das ist weder sachge- recht, noch ist es der Ernsthaftigkeit der Situation in Pa- kistan angemessen. Wir lehnen Ihren Antrag daher ab. Diese Substanzlosigkeit des Antrags der Linksfration entlässt die Bundesregierung allerdings nicht aus der Pflicht, uns endlich zu erklären, welche Strategie sie für Pakistan verfolgt. Doch die Koalition ist mittlerweile au- genscheinlich in allen Feldern handlungsunfähig. Es steht zu befürchten, dass sie auch diese wichtige Frage nicht beantwortet. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Anhe- bung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen (Tagesordnungspunkt 17) Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ CSU): Wie ein Lindwurm schlängelt sich die Bezeich- nung des Gesetzes, das wir in erster Lesung beraten, über zwei Zeilen: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Anhebung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen. Zwei Zeilen, die auf den Punkt gebracht bedeuten: mehr Belastungsgleichheit bei Geldstrafen. Eine Geldstrafe, die ein Strafgericht fest- setzt, ist nur dann gerecht, wenn sie bei gleicher Tat den „kleinen Mann“ nicht stärker belastet als den gut Situier- ten. Das geltende Recht nimmt bei der Verhängung von Geldstrafen ohnehin schon Ungleichgewichtigkeiten in Kauf. Wird ein Familienvater zu einer Geldstrafe verur- teilt, wird der unschuldige Rest der Familie mitbelastet. Außerdem besteht die Möglichkeit, das Strafübel der Geldstrafe straflos auf Dritte abzuwälzen. Wer eine frei- giebige, vermögende Tante hat, spürt die Last einer Geldstrafe nicht. Außerdem wird das Vermögen privile- giert. Es darf bei der Bemessung der Geldstrafe nur ein- geschränkt herangezogen werden (Bay NJW87, 2029). Eine Ungleichgewichtigkeit besteht aber auch in der Privilegierung von Straftätern mit außergewöhnlich ho- hem Einkommen, sofern sie zu einer Geldstrafe verurteilt werden. Das bei der Geldstrafenbildung zu berücksichti- gende Tagesnettoeinkommen ist nämlich bei 5 000 Euro gedeckelt. Bis zum 2. StrRG vom 4. Juli 1969 wurde eine Geldstrafe als sogenannte Geldsummenstrafe aus- geworfen. Die Bürger verstanden nicht, warum bei glei- cher Tat ein Verurteilter 500, der andere 5 000 DM zah- l s m m b f d h g V m S s d g h b c n z d ü s e k k d w O d h n h n n d F z n d f l m G t 2 t a R e s n § s D n d i (C (D en musste. Seit dem Jahr 1969 gilt nunmehr das ogenannte Tagessatzprinzip. Die Geldstrafe wird nicht ehr in einem Betrag festgesetzt, sondern in Tagen ge- äß § 40 Abs. 1 des Strafgesetzbuches von fünf Tagen is 360 Tagen. Nach diesem ersten Zumessungsschritt olgt der zweite, in dem das tägliche Nettoeinkommen es zu Verurteilenden ermittelt wird. Dabei sind Unter- altsverpflichtungen zu berücksichtigen, aber Belastun- en aus Vermögensbildung nicht und Erträge aus ermögen nur eingeschränkt. Das Gericht kann die Ver- ögens- und Einkommenslage schätzen (§ 40 Abs. 3 des trafgesetzbuches). Durch den zweiten Zumessungs- chritt wird sichergestellt, dass Gering- und Besserver- ienende ihren Einkommensverhältnissen angemessen leiche Vermögensopfer erbringen müssen. Die Höhe eines Tagessatzes beträgt mindestens 1, öchstens 5 000 Euro. Bei den höchstmöglich verhäng- aren 360 Tagessätzen ergibt sich daraus eine gesetzli- he Höchstgeldstrafe von 1,8 Millionen Euro, der rech- erisch ein Monatsnettoeinkommen von 150 000 Euro ugrunde liegt. Nun gibt es aber immer mehr Personen, eren Monatsnettoeinkommen diesen Betrag deutlich bersteigt. So entsteht eine Belastungsungleichheit zwi- chen Arm und Reich. Während selbst der Sozialhilfe- mpfänger von seinem eigentlich pfändungsfreien Ein- ommen zur Geldstrafenzahlung herangezogen werden ann, profitiert der Großverdiener von der Deckelung er Tagessatzhöhe auf 5 000 Euro. Dieses Ungleichge- icht beseitigt der Gesetzentwurf dadurch, dass die bergrenze der Tagessatzhöhe nach § 40 Abs. 2 Satz 3 es Strafgesetzbuches von 5 000 auf 30 000 Euro ange- oben wird. Damit kann Belastungsgleichheit bis zu ei- em monatlichen Nettoeinkommen von 600 000 Euro ergestellt werden. Dieses Gesetz wird zu nicht unerheblichen Mehrein- ahmen bei den Ländern führen. Die Höhe der Mehrein- ahmen lässt sich nicht einmal grob schätzen. Führt aber ie Gesetzesänderung in Deutschland auch nur in fünf ällen zu einer fiktiven Verurteilung von 180 Tagessät- en á 30 000, Euro ergibt sich daraus eine Mehrein- ahme von 27 Millionen Euro. Damit lässt sich eine von en Ländern nachhaltig abgewiesene Forderung der Op- erschutzorganisation Weißer Ring umsetzen, dass näm- ich auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 1 des EU-Rah- enbeschlusses vom 15. März 2001 10 Prozent der eldstrafen Opferschutzzwecken zugeführt werden soll- en. Das wäre nicht nur vor dem Hintergrund des am 2. März jedes Jahres anstehenden Tages des Kriminali- ätsopfers eine nicht nur noble Geste. Finanzierbar wäre ber auch die von Kollegen Danckert und mir in unseren eden im Deutschen Bundestag vom 12. Februar 2009 rhobene Forderung, einem in U-Haft genommenen Be- chuldigten ab dem Zeitpunkt seiner polizeilichen Fest- ahme (und nicht wie nach bestehendem Recht des 140 Abs. 1 Ziff. 5 StPO erst nach dreimonatiger Unter- uchungshaft) einen Pflichtverteidiger beizuordnen. ies sind zwei rechtspolitische Forderungen, denen mei- es Erachtens der Vorrang vor fiskalischen Interessen er Länder eingeräumt werden muss. Darauf sollten wir n der Ausschussberatung unser Augenmerk lenken. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22933 (A) ) (B) ) Dr. Peter Danckert (SPD): Wir beraten heute Abend in zweiter und dritter Lesung den „Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anhebung des Tagessatzes bei Geldstraftaten“. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die Obergrenze eines Tagessatzes bei Geldstrafen von bisher 5 000 Euro auf maximal 20 000 Euro angeho- ben werden. Im Zuge der parlamentarischen Beratungen haben wir die Obergrenze sogar noch auf 30 000 Euro erhöht. Damit stellen wir sicher, dass es auch in Zukunft kein Gerechtigkeitsdefizit im Bereich der Geldstrafen gibt. Das Tagessatzsystem basiert auf dem Gedanken der Belastungsgleichheit und damit dem Grundsatz der ma- teriellen Gerechtigkeit. Die Anzahl der Tagessätze spie- gelt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat wider. Bei einer Einzeltat kann das Gericht maximal 360 und meh- reren Taten maximal 720 Tagessätze verhängen. Die Höhe des Tagessatzes soll die Belastungsgleichheit si- cherstellen und bemisst sich an den wirtschaftlichen Ver- hältnissen des Täters. Ein Tagessatz entspricht daher in der Regel dem Nettoeinkommen, das dem Täter durch- schnittlich an einem Tag zur Verfügung steht. Was ist der Hintergrund für diese in meinen Augen notwendige Initiative von Bundesjustizministerin Bri- gitte Zypries zur Anhebung der Höchstgrenze eines Ta- gessatzes bei Geldstrafen? Im Kern geht es darum, Täter mit sehr hohen Einkünften bei der Bemessung der Geld- strafe angemessen erfassen zu können. Seit 1975 ist das sogenannte Tagessatzsystem, mit dem die Höhe einer Geldstrafe festgelegt wird, nicht verändert worden. Vor dem Hintergrund der Einkommensentwicklung in den letzten gut 30 Jahren ist die Höchstgrenze des Tagessat- zes von 5 000 Euro nicht mehr zeitgemäß und angemes- sen. Während 1975 ein Tagesnettoeinkommen oberhalb dieser Grenze (damals 10 000 DM) die große Ausnahme darstellte, mehren sich heute die Fälle, in denen das Ein- kommen des Täters dieses Höchstmaß überschreitet – und zwar deutlich. Spitzenverdiener mit einem Jahres- nettoeinkommen von 6 Millionen Euro trifft somit die Geldstrafe weniger hart als einen Geringverdiener. Das ist nicht gerecht! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir die Voraussetzung, dass die Geldstrafe je- den Täter mit gleicher Wirkung trifft. Wir wollen, dass die Strafe den unterschiedlichen wirtschaftlichen Ver- hältnissen der Täter angepasst wird. Es ist in meinen Au- gen nur gerecht, wenn dem einkommensstarken Täter grundsätzlich ein vergleichbares finanzielles Opfer ab- verlangt wird wie dem einkommensschwachen Täter. Aufgrund von verfassungsrechtlichen Bedenken ha- ben wir davon abgesehen, die Obergrenze für einen Ta- gessatz ganz aufzuheben. Im Rahmen der parlamentari- schen Beratungen haben wir allerdings die derzeitige Obergrenze von 5 000 Euro nicht nur wie im Regie- rungsentwurf vorgesehen auf 20 000 Euro, sondern auf 30 000 Euro erhöht. Durch eine Anhebung der Höchst- grenze auf ein Tagesnettoeinkommen von 30 000 Euro werden auch Täter der höchsten Einkommensgruppe an- gemessen erfasst. Zukünftig kann als höchste mögliche Geldstrafe ein Betrag in Höhe von 10,8 Millionen Euro bei einer Einzeltat und von 21,6 Millionen Euro bei mehreren Taten verhängt werden; die bisherigen Höchst- g d d S u s e v U d D m Z g v z S c M l h d D m R z n v l b Z d f t t i d z t d d a m b e e s D R w n s u a (C (D renzen liegen bei 1,8 bzw. 3,6 Millionen Euro. Dank er Neuregelung geht es auch Besserverdienenden an en Kragen. Und das ist auch gut so! An dem Grundsatz, dass die schuldangemessene trafe nach der Anzahl der Tagessätze zu bemessen ist nd nicht nach deren Höhe, ändert der vorliegende Ge- etzentwurf nichts. Was sich ändert, ist, dass jetzt auch in Generaldirektor mit einem Jahresnettoeinkommen on mehreren Millionen Euro, der Steuern in größerem mfang hinterzogen hat, eine Geldstrafe zu zahlen hat, ie auch ihn – jedenfalls im Ansatz – schmerzhaft trifft. amit schaffen wir mehr Gerechtigkeit. Gestatten Sie mir zum Abschluss noch folgende Be- erkung. Die Financial Times titelte gestern „Fall umwinkel schreckt ab“. Die Steuerskandale des ver- angenen Jahres haben bei den Deutschen zu einer leicht erbesserten Steuermoral geführt: Mittlerweile 57 Pro- ent der Bevölkerung sagen, sie würden „auf keinen Fall teuern hinterziehen“. Vor allem die Angst vor Entde- kung und Strafe schrecke ab. Das ist doch mal eine eldung, die die Gerichte, die Staatskasse und nicht zu- etzt uns Rechtspolitiker freuen dürfte. Jörg van Essen (FDP): Mich wundert, dass wir eute über ein Gesetz eine Debatte führen müssen, bei em wir in den Beratungen Einigkeit hatten. Mehr noch: ie in der letzten Sitzungswoche vom Bundesjustiz- inisterium vorgelegte Formulierungshilfe passierte den echtsausschuss ohne Debatte. Alle Fraktionen haben ugestimmt – nur Die Linke hat sich enthalten. Wieso un die heutige Debatte? Ist es nicht so, dass wir sehr iel dringendere Dinge haben als die – in der Tat überfäl- ige – Angleichung von Geldstrafen an die heutige Le- enswirklichkeit? Selbstverständlich – daran möchte ich hier keinen weifel lassen – sieht auch die FDP-Bundestagsfraktion ie Notwendigkeit einer Anpassung der Höchstgrenze ür Geldstrafen. Der Tagessatz liegt derzeit bei höchs- ens 5 000 Euro. Diese Höchstsumme ist seit Jahrzehn- en gleich geblieben. Die 1975 eingeführte Regelung ist m Lichte der Lebenswirklichkeit im Jahr 2009 damit in er Tat ungerecht. Dabei soll das in § 40 StGB normierte weiaktige System der Festlegung der Zahl der verwirk- en Tagessätze und ihrer Höhe gerade sicherstellen, dass ie Geldstrafe nicht nur dem Unrechts- und Schuldgehalt er Tat entspricht, sondern diese Strafe jeden Täter unge- chtet seiner finanziellen Leistungskraft grundsätzlich it gleicher Wirkung trifft. Es ist daher nur recht und illig, einem Täter mit einem hohen Nettoeinkommen in vergleichbares finanzielles Opfer abzuverlangen wie inem einkommensschwachen Täter. Die Anhebung der trafrechtlichen Tageshöchstsätze ist somit folgerichtig. amit wird der Entwicklung der vergangenen Jahre echnung getragen, dass die Menschen heute über ein eitaus höheres Nettoeinkommen verfügen, als dies och in den 70er-Jahren der Fall war. Ich verhehle nicht, dass ich im Lichte des zuvor Ge- agten auch Sympathien für den Ansatz des Bundesrates nd auch des DAV hatte, die Obergrenze vollkommen ufzuheben. Dies hätte den Vorteil, dass eine erneute 22934 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) Anpassung des § 40 StGB künftig nicht mehr notwendig werden würde. Auch würden mit der vollständigen Auf- hebung der Obergrenze alle Straftäter – auch mit extrem hohen Einkommen – nach ihrer vollen Leistungsfähig- keit belastet werden. Die FDP-Bundestagsfraktion nimmt aber den Hinweis der Bundesregierung auf Art. 103 Abs. 2 GG – Bestimmtheitsgrundsatz – sehr ernst. Es wäre nichts erreicht, wenn wir hier eine Rege- lung schaffen würden, die Gefahr liefe, mit dem Grund- gesetz unvereinbar zu sein. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unbedingt Rechnung zu tragen. Der von dem Bundesjustizministerium vorgelegte Kompromissvorschlag ist ein guter und gangbarer Weg. Mit der jetzt gefundenen Regelung steigt der mögliche Höchstbetrag einer Geldstrafe auf 10,8 Millionen Euro bei einer Einzeltat und auf 21,6 Millionen Euro bei Tat- mehrheit. Das sind keine Peanuts! Ich möchte die Gelegenheit aber nutzen, auf die in der letzten Woche von dem Deutschen Institut für Wirt- schaftsforschung, DIW, vorgestellte Studie zu 40 Jahren Strafrechtsreform zu sprechen kommen. Diese zeigt zum einen die weiter zunehmende Bedeutung von Geldstra- fen. Sie zeigt damit, dass dieses Gesetzgebungsverfahren in der Praxis Bedeutung hat. Zum anderen kommt die Studie aber in meinen Augen zu einem sehr alarmieren- den Befund: Die Autoren der Studie kamen so unter an- derem zu dem klaren Schluss, dass es auf Täter negativ wirke, dass zunehmend Verfahren eingestellt werden. Das Problem ist: Seit der Strafrechtsreform 1969 hat die Zahl der Verfahrenseinstellungen massiv zugenommen. Vor diesem Ergebnis dürfen wir die Augen nicht ver- schließen! Die Überschrift „Verbrechen lohnt sich zu oft“ einer Tageszeitung zu der Studie hat mich sehr be- unruhigt. Abschreckend wirken nach Erkenntnissen der Studie vor allem hohe Aufklärungs- und Verurteilungsraten. Daher ist es essenziell, dass wir bei den Ermittlungsbe- hörden nicht den Rotstift ansetzen. Dass dabei gar nicht so sehr die Härte des Urteils die Kriminalitätsentwick- lung beeinflusst – das sage ich ganz bewusst in Richtung der Vertreter der Unionsfraktionen –, habe ich übrigens mit großem Interesse gelesen. Dieses werden wir bei manch kommender Diskussion über Strafrahmenver- schärfungen im Hinterkopf haben müssen. Vielmehr kommt die Studie zu dem klaren Ergebnis, dass Strafver- urteilung dann wirkt, wenn auf die Straftat die Strafe auf dem Fuße folgt. Eine Feststellung, die ich auch aufgrund meiner Erfahrung als früherer Oberstaatsanwalt nur un- eingeschränkt bestätigen kann. Hoher Verfolgungsdruck wirkt besser als hohe Strafrahmen. Wichtig ist gerade bei jungen Menschen, dass die Strafe auf dem Fuße folgt. Umso schlimmer ist es, wenn bei leichten und mittle- ren Delikten laut der Studie immer mehr Verfahren ein- gestellt werden. Die hohen Zahlen der Verfahrenseinstel- lungen sehe ich mit großer Sorge. Vorschnelle Verfahrenseinstellungen sind das falsche Signal an die Täter und ein Schlag ins Gesicht für die Opfer. Dies gilt umso mehr, als im Bereich der „kleinen Sünden“, also im Ordnungswidrigkeitenrecht, unbarmherzig zuge- s d r l k G w b g l G f a f h w g s s D N h l c w d b s v d 3 m L r s H „ a d e K s l G s in d E s n n e k g (C (D chlagen wird. Es ist heute leichter, bis in den Bereich er mittleren Kriminalität ungeschoren mit einer Verfah- enseinstellung wegen Geringfügigkeit ohne Geldauf- age davonzukommen als nach einem völlig belanglosen leinen Verstoß im Straßenverkehr. Auch da wird die erechtigkeit auf den Kopf gestellt. Es wird Zeit, dass ir den Abschnitt Rechtsfolgen der Tat im Strafgesetz- uch und im Ordnungswidrigkeitenrecht noch einmal enauer unter die Lupe nehmen. Hier besteht Hand- ungsbedarf. Ulrich Maurer (DIE LINKE): Mit dem vorliegenden esetzentwurf der Bundesregierung sollte das Höchstmaß ür einen Tagessatz bei einer Geldstrafe von 5 000 Euro uf 20 000 Euro angehoben werden. Die Beschlussemp- ehlung des Rechtssauschusses sieht nunmehr eine An- ebung auf 30 000 Euro vor. Wir werden uns enthalten, eil nicht einsichtig ist, warum es überhaupt eine Ober- renze gibt und weiter geben soll. Richtig wäre deren er- atzlose Streichung gewesen. Die Höhe eines Tagessatzes orientiert sich an den per- önlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. abei soll das Gericht in der Regel das durchschnittliche ettoeinkommen, das der Täter an einem Tag hat oder aben könnte, zugrunde legen. Dies zielt auf die Herstel- ung von Opfergerechtigkeit bzw. -gleichheit. Der „Rei- he“ soll durch die Strafe möglichst gleich hart getroffen erden wie der „Arme.“ Dieses Ziel – das hat die Bun- esregierung zutreffend erkannt – ist mit einem Höchst- etrag von 5 000 Euro nicht zu erreichen. Man braucht ich lediglich die absurden Auswüchse bei der Manager- ergütung in Erinnerung zu rufen. Es gibt Menschen, die eutlich mehr als 5 000 Euro pro Tag verdienen. Es gibt aber (leider) auch Menschen, die mehr als 0 000 Euro pro Tag verdienen, besser gesagt: bekom- en. Dass diese Menschen nicht nach ihrer tatsächlichen eistungsfähigkeit belangt werden sollen, ist grob unge- echt. Die materiell Privilegiertesten in dieser Gesell- chaft werden durch die künstliche Deckelung der öchstgrenze nochmals begünstigt. Dabei wird der Reiche“ die Geldstrafe ohnehin stets leichter verkraften ls der „Arme“, weil er über Möglichkeiten verfügt, die er „Arme“ nicht hat. Er hat Rücklagen und Ersparnisse, insetzbares sonstiges Vermögen, Sicherheiten für eine reditaufnahme und so weiter. Warum also die unan- tändig Reichen durch eine Obergrenze zusätzlich privi- egieren? Für unsere Fraktion sind keine überzeugenden ründe erkennbar. Die von der Bundesregierung vorgebrachten verfas- ungsrechtlichen Scheinargumente wurden vom Bundesrat seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf aus zutreffen- en Gründen zurückgewiesen. Die in Bezug genommene ntscheidung des Verfassungsgerichts zur Vermögens- trafe lässt sich auf den hier interessierenden Bereich icht übertragen. Die Haltung der Bundesregierung wäre ur verständlich, wenn sie annähme, dass Menschen mit inem Tageseinkommen von über 30 000 per se nicht riminell werden oder sich jedenfalls der Strafverfol- ung erfolgreich entziehen können. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22935 (A) ) (B) ) Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eine von einem Strafgericht verhängte Freiheitsstrafe trifft je- den Straftäter gleich. Ein Jahr Freiheitsentzug belastet jeden gleich, zumindest dem Grundsatz nach; denn Frei- heit und Lebenszeit sind grundsätzlich gleich viel wert. Bei einer Geldstrafe ist dies völlig anders. 1 000 Euro Geldstrafe sind für einen Armen sehr viel und für einen Reichen sehr wenig. Deshalb haben wir in Deutschland ein zweistufiges Geldstrafensystem. Zuerst wird die Geldstrafe einem Freiheitsentzug angenähert und erst in einer zweiten Stufe in Geld umgerechnet. In der ersten Stufe entscheidet das Gericht über die schuldangemes- sene Strafe von – in diesem Fall – 100 Tagen bzw. Ta- gessätzen. Danach wird das Tagesnettoeinkommen er- mittelt und mit der Anzahl der Tage multipliziert. Im Ergebnis ist ein Jahr Freiheitsstrafe immer ein Jahr Frei- heitsstrafe, aber 1 000 Euro Geldstrafe für einen können sehr wohl das Gleiche sein wie 15 000 Euro für einen anderen. Das geltende Recht kennt eine Höchstgrenze der Ta- gessätze von 360 und eine Höchstgrenze eines einzelnen Tagessatzes, also ein höchstes zu berücksichtigendes Ta- gesnettoeinkommen von 5 000 Euro. Diese Regelung bevorzugt alle Straftäter, die mehr als 5 000 Euro täglich netto einnehmen. Dies war vor Jahren ein Randproblem, ist es aber heute nicht mehr. Deshalb begrüßen wir Grü- nen den Gesetzentwurf, mit dem die Höchstgrenze des Tagesnettoneinkommens auf 30 000 Euro angehoben wird. Auf eine völlige Aufhebung der Obergrenze des Höchstsatzes hat die Bundesregierung verzichtet, um eventuellen Zweifeln an dem Bestimmtheitsgrundsatz im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG und der diesbezügli- chen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen, obwohl sie selbst von diesen Zwei- feln nicht sehr überzeugt ist. Das sehen der Deutsche Richterbund und der Deut- sche Anwaltsverein anders. Sie meinen, dass eine zif- fernmäßige Begrenzung der Tagessatzhöhe nicht erfor- derlich sei und auch vom Bundesverfassungsgericht nicht gefordert werde. Zur Vorhersehbarkeit der Strafe reiche es aus, wenn die Tagessatzanzahl durch das Ge- setz bestimmt bleibe. Der DAV sieht bei Beibehaltung der Obergrenze sogar die Gefahr, dass auf unbeschränkte Geldauflagen ausgewichen wird und damit wieder mehr kurze Freiheitsstrafen verhängt werden. Verlassen wir doch einmal die intellektuell hochinteres- sante Verfassungsdebatte und mühen uns hinab in die Re- alität der Praxis. Bei einer Tagessatzhöhe von 30 000 Euro sprechen wir von einem monatlichen Nettogehalt von 900 000 Euro. Das entspricht einem Jahreseinkommen von 10 800 000 Euro netto. Dieses Einkommen hat weder ein Josef Ackermann mit einer Jahresvergütung von brutto 13,2 Millionen Euro noch ein Klaus Zumwinkel mit einem Einkommen von gut 4 Millionen Euro brutto. Selbst an- dere Spitzenmanager mit einem Jahresnettoeinkommen von 6 Millionen Euro bleiben mit einem Tagessatz von 16 667 Euro weit unter der Höchstgrenze im Gesetzent- wurf; nicht zu vergessen, dass wir hier von Gehältern sprechen, die 0,001 Prozent der Bevölkerung erhalten. O d t s r d d d g a e t G d S d d f n H E g e g t r v F l i s w m l l h d n s d a k g i T n s m i s m U s s (C (D b diese Spitzengehälter auch verdient sind, will ich in ieser Debatte nicht bewerten. Eine Anhebung der Höchstsätze ist wichtig und rich- ig. Die Höchstgrenze von 30 000 Euro reicht aus, um elbst sehr hohe Einkommen abzudecken und eine ge- echte Strafe zu verhängen. Wir werden diesem Gesetz eshalb zustimmen. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bun- esministerin der Justiz: Mit dem Ihnen heute vorliegen- en Gesetzentwurf wollen wir die Höchstgrenze des Ta- essatzes bei Geldstrafen von 5 000 auf 30 000 Euro nheben. Hierbei handelt es sich nur scheinbar um eine her unbedeutende Änderung in unserem Sanktionensys- em. Tatsächlich bedeutet diese Änderung: wieder mehr erechtigkeit bei der Verhängung von Geldstrafen und amit mehr Gerechtigkeit bei der Anwendung unseres trafrechts. Ich freue mich daher, dass der Entwurf bei en Beratungen im Rechtsausschuss eine breite und über ie Koalitionsgrenzen hinausgehende Zustimmung er- ahren hat. Was ist nun der Hintergrund der Anhebung des soge- annten Tagessatzes? Wir wollen mit der Anhebung der öchstgrenze des Tagessatzes auch Täter mit sehr hohen inkünften bei der Bemessung der Geldstrafe wieder an- emessen erfassen können. Es handelt sich hierbei um in Vorhaben, das wir unter anderem vor dem Hinter- rund des „Mannesmann-Verfahrens“ und der „Liech- enstein-Affäre“ angestoßen haben. Sollte sich aber he- ausstellen, dass strafrechtlich relevantes Fehlverhalten on Spitzenmanagern mitursächlich war für die aktuelle inanz- und Wirtschaftskrise, wäre dies ein weiterer Be- eg dafür, dass die vorgeschlagene Änderung notwendig st, um künftige Vorkommnisse dieser Art – Strafver- chärfungen können natürlich immer nur für die Zukunft irken – noch angemessener ahnden zu können. Dabei möchte ich allerdings gleich zu Beginn ein ögliches Missverständnis ausräumen: Selbstverständ- ich ändert der Entwurf nichts an der geltenden Rechts- age, wonach bei besonders schweren Taten eine Frei- eitsstrafe zu verhängen ist. Es geht also nicht etwa arum, dass sich reiche Täter von einer an sich gebote- en Freiheitsstrafe „freikaufen“ können. Mit dem Vor- chlag stellen wir vielmehr sicher, dass in den Fällen, in enen das Gericht eine Geldstrafe für angemessen und usreichend hält, es auch in Zukunft kein Gerechtig- eitsdefizit hinsichtlich der konkreten Höhe dieser Strafe ibt. Zum Verständnis der Änderung möchte ich kurz das m deutschen Strafrecht seit langem geltende sogenannte agessatzsystem erläutern: Eine gerechte Geldstrafe hat icht nur dem Schuldgehalt der Tat zu entsprechen, sie oll auch jeden Täter gleich schwer treffen. Deshalb uss der einkommensstarke Täter für dieselbe Tat eine nsgesamt höhere Geldstrafe zahlen als der einkommens- chwache. Daher bemisst das Gericht bei der Bestim- ung der Geldstrafe die Zahl der Tagessätze am nrechts- und Schuldgehalt der Tat; die Höhe des Tages- atzes legt es hingegen unter Berücksichtigung der wirt- chaftlichen Verhältnisse des Täters fest. Dabei geht es 22936 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Tä- ter durchschnittlich an einem Tag erzielt oder erzielen könnte. Belastungsgleichheit und damit materielle Gerechtig- keit können wir hier nur erreichen, solange nicht das täg- liche Nettoeinkommen des Täters die Obergrenze eines Tagessatzes – womöglich deutlich – übersteigt. Ein Spit- zenverdiener mit einem Jahresnettoeinkommen von über 3 Millionen Euro und damit einem Tagesnettoeinkom- men von fast 9 000 Euro kann den derzeitigen Höchst- satz von 5 000 Euro in der Regel zwar auch nicht aus der berühmten „Portokasse“ bezahlen. Diese Sanktion ist für ihn aber nicht mehr vergleichbar spürbar wie für einen durchschnittlich verdienenden Täter, dessen Tagesnetto- einkommen von, sagen wir, 100 Euro durch einen ent- sprechenden Tagessatz von 100 Euro voll aufgezehrt wird. Die Erhebungen des Statistischen Bundesamts bele- gen nun – zusätzlich zu den eingangs erwähnten Ein- zelfällen –, dass die seit 1975 im Kern unveränderte Tagessatzobergrenze von 5 000 Euro – 1975 waren es 10 000 DM – der heutigen Entwicklung von Spitzenein- kommen nicht mehr gerecht wird. Danach kann man selbst bei zurückhaltender Bewertung davon ausgehen, dass sich die Zahl der Personen, die über ein tägliches Nettoeinkommen von mehr als 5000 Euro verfügen, in den letzten dreißig Jahren mindestens verachtfacht hat. Während 1974 nur das Einkommen von 88 Steuerpflich- tigen klar über dieser Grenze lag, waren dies in den letz- ten Jahren deutlich mehr als 700 Personen. Natürlich wird es trotz dieses Anstiegs auch in Zukunft nur wenige Einzelfälle geben, in denen wir es mit Straftätern in die- ser extremen Einkommensklasse zu tun haben. Ich halte es aber für wichtig, dass unser Strafrecht gerade auch bei diesen wenigen, zumeist sehr publikumswirksamen Ein- zelfällen verdeutlicht, dass es besonders einkommens- starke Täter keinesfalls privilegiert, sondern auch hier eine angemessen hohe Strafe ermöglicht. Die vorgesehene Versechsfachung der Tagessatzober- grenze von 5 000 auf 30 000 Euro wird dies gewährleis- ten. Sie wird im Ergebnis dazu führen, dass als höchste mögliche Geldstrafe zukünftig ein Betrag von 10,8 Mil- lionen Euro bei einer Einzeltat und von 21,6 Millionen Euro bei mehreren Taten verhängt werden kann. Nur als Vergleich, ohne dass ich damit natürlich diese Berufs- gruppe unter den Verdacht stellen will, eine potenzielle Tätergruppe zu sein: Nach einer aktuellen Studie des Bundesanzeigers liegt das durchschnittliche Bruttoein- kommen eines Vorstandsvorsitzenden eines DAX-Unter- nehmens doch deutlich darunter, nämlich bei etwa 5 Millionen Euro, inklusive Boni, was bei steuerlichen Abzügen von etwa der Hälfte circa 2,5 Millionen Euro netto bedeuten dürfte. Von einer völligen Aufhebung der Obergrenze haben wir hingegen bewusst abgesehen. Wir wollen damit et- waige Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der Neuregelung von vorneherein ausschließen. In seiner recht restriktiven Entscheidung zur Vermögensstrafe – BverfG-Urteil vom 20. März 2002 (2 BvR 794/95) – hat das Bundesverfassungsgericht nämlich verlangt, dass d s l S n v s a V D l s R w v m s g A v A e t S w g a b f t z v 2 t E m S d u i w d (C (D er Gesetzgeber dem Strafrichter bei der Strafzumes- ung grundsätzlich eine „fallunabhängige abstrakte Be- astungsobergrenze“ vorgeben müsse. Konkret zu § 43 a tGB hat das Bundesverfassungsgericht seinerzeit mo- iert, dass dieser auf einen „seinem Betrag nach von ornherein festgelegten Strafrahmen“ verzichte. Zwar prechen gute Gründe dafür, dass trotz dieser Vorgaben uch eine völlige Aufhebung der Obergrenze keinen erstoß gegen das Bestimmtheitsgebot darstellen würde. enn die vom Bestimmtheitsgrundsatz geforderte Fest- egung der Grenzen der Rechtsfolgen wird bei der Geld- trafe in erster Linie durch die Vorgabe eines festen ahmens für die Zahl der Tagessätze erfüllt. Dennoch ollten wir hier kein Risiko eingehen, zumal die jetzt orgesehene deutliche Erhöhung – ich hoffe, dies haben eine Ausführungen verdeutlicht – auch bei Tätern mit ehr hohen Einkommen in Zukunft wieder eine weitest- ehend belastungsgleiche Bestrafung ermöglichen wird. nlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädi- gungsgesetzes und anderer Gesetze – Antrag: Reform der Anlegerentschädigung in Deutschland – Beschlussempfehlung und Bericht: Verbrau- cherschutz auf den Finanzmärkten stärken (Tagesordnungspunkt 19 a bis c) Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Den uns orliegenden Gesetzesentwurf möchte ich in zwei bschnitte unterteilen: Der erste Teil ist die Umsetzung iner EU-Richtlinie vom Dezember 2008. Mit ihr soll- en, vor dem Hintergrund der Finanzkrise, Anleger von parguthaben und anderer Einlagen besser abgesichert erden. Ein wichtiger Schritt dazu ist die Aufstockung der esetzlichen Mindestdeckung für diese Einlagen. Sie soll b dem 30. Juni 2009 50 000 Euro statt zuvor 20 000 Euro etragen. Die bisherige 10-prozentige Selbstbeteiligung ällt komplett weg. Des Weiteren prüft die EU eine wei- ere Erhöhung der Mindestabdeckung auf 100 000 Euro. Eine zusätzliche Maßnahme wird sein, dass die Aus- ahlungsfristen an Sparer im Entschädigungsfall stark erkürzt werden sollen, von zuvor drei Monaten auf nun 0 Werktage, in besonderen Fällen höchstens 30 Werk- age. Dieser Teil des Entwurfes entspricht größtenteils der U-Richtlinie und ist also entsprechend umzusetzen. In einen Augen ist das nicht sehr problematisch, Lassen ie mich aber trotzdem noch ein paar Anmerkungen azu machen. Erstens. Ich bin der Meinung, der komplette Wegfall der ns bekannten Selbstbeteiligung in Höhe von 10 Prozent m Falle einer Entschädigung sollte zumindest diskutiert erden. Die Abschaffung lähmt meiner Meinung nach ie Eigenverantwortung bei der Auswahl der Finanz- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22937 (A) ) (B) ) anlage. Es werden beim Kauf bestimmter Produkte Garan- tieversprechungen suggeriert, die nur die Bereitschaft stärken, ein höheres Risiko einzugehen. Eine Entschädi- gungseinrichtung werde im Notfall ja schon einspringen. Ich sehe hier eine ganz problematische Denkweise! Die Pleite des Wertpapierhandelsunternehmens Phoenix ist dafür das beste Beispiel. Auch hier wurden Anleger mit unseriösen Garantieversprechungen gelockt und betro- gen. Zweitens. Die Verkürzung der Frist, in der eine Insol- venz durch die Behörden festgestellt wird, soll sich auf fünf Tage reduzieren. Das finde ich schon sehr knapp. Das gilt auch für die Auszahlungsfrist von maximal 30 Tagen. Es ist zu prüfen, ob ein geordnetes Entschädigungsver- fahren mit dieser kurzen Frist überhaupt möglich ist. Lassen Sie mich nun zum zweiten Teil des Entwurfes kommen, zur Reform der Entschädigungseinrichtungen in der deutschen Finanzwirtschaft. In meinen Augen sollte dieser Teil von der doch relativ unproblematischen Umsetzung der EU-Richtlinie getrennt und in einem ei- genen Gesetz verabschiedet werden. Warum? Ich sehe hier noch einigen Diskussionsbedarf, denn das Thema Anlegerentschädigung ist einfach sehr komplex. Außerdem ist das Problem Phoenix, bei dem Anleger auf betrügerische Weise getäuscht und mit Garantieverspre- chungen gelockt wurden, immer noch nicht gelöst. So lange können wir auch nicht eine Anlegerentschädigungs- einrichtung – genauer die Entschädigungseinrichtung für Wertpapierhandelsunternehmen, kurz EdW – reformieren. Mindestens drei gerichtliche Verfahren sind noch anhän- gig und die Entschädigungsmodalitäten immer noch nicht richtig geklärt. Erst muss dieses Problem gelöst sein, dann kann auch die entsprechende Einrichtung reformiert werden. Dieser Teil des Gesetzesentwurfes hat noch einige weitere kritische Punkte: Erstens. Es soll unter anderem ein sogenanntes risikoorientiertes Beitragssystem einge- führt werden, mit dem sich die Entschädigungseinrichtun- gen in Zukunft finanzieren sollen. Eine gute Idee, aber welche Höhe werden diese Beiträge wohl haben? Gibt es einen Grundbeitrag plus einen Anteil vom Umsatz? Aber was ist mit den kleinen Wertpapierunternehmen? Zu hohe Beiträge können schnell die Existenz gefährden. Das könnte kritisch werden. Deshalb sollte uns recht bald ein Vorschlag für eine geplante Beitragsordnung vorliegen. Zweitens. Der Entwurf enthält keine Versicherungs- lösung für Vermögensverwalter. Das sind Institutionen, die im Auftrag Vermögen verwalten und anlegen. Wa- rum keine Versicherungslösung? Nach Aussagen des Bundesfinanzministeriums wäre diese nicht konform mit EU-Recht. Das ist nach meinen Informationen nicht nach- vollziehbar. Eine Zwangsmitgliedschaft für Vermögens- verwalter, wie sie die EU-Richtlinie vorsieht, bedeutet doch nicht, dass diese nicht durch eine Versicherung er- setzt werden könnte. Solch eine Haftpflichtversicherung ist in den meisten freien Berufen schon längst üblich und vorgeschrieben. Das wäre auch für die Vermögens- verwalter ein geeignetes Modell. Eine solche Haft- pflichtversicherung muss weiter geprüft werden. s d D d p s r z e u g E w e e s W d n r d k n s s g d n l B c N n G e d s K h P u l E k E M w s g d u 2 h (C (D Drittens. Wie sieht es mit der Nachhaftung für ausge- chiedene Mitglieder aus? Was passiert nach Festsetzung es Entschädigungsfalls? Dieser Punkt ist weiter unklar. Die nächsten Gespräche werden zeigen, wie wir in eutschland die Einlagensicherung und Anlegerentschä- igung noch besser reformieren können. Jörg-Otto Spiller (SPD): Der große Themenkom- lex „Lehren aus der Finanzmarktkrise“, also etwas pau- chal gesagt: die Frage nach dem international zu verab- edenden und national umzusetzenden Regelwerk, das ur Wiederherstellung von Stabilität und Vertrauen ge- ignet ist, wird den Bundestag in den nächsten Monaten nd vermutlich über die Wahlperiode hinaus noch aus- iebig beschäftigen. Bei dem Teilaspekt des Sparer- und inlagenschutzes, um den es im vorliegenden Gesetzent- urf geht, ist der Entscheidungs- und Handlungsbedarf rfreulicherweise weitaus geringer. Denn die Kunden- inlagen bei deutschen Kreditinstituten sind seit langem o gut abgesichert wie kaum irgendwo sonst auf der elt. Bei nahezu allen deutschen Kreditinstituten geht ie Einlagensicherung auch wesentlich über das Maß hi- aus, das Gesetz und EU-Richtlinie als Mindestabsiche- ung vorschreiben. Einer unbeschränkten Garantie unterliegen die Kun- enforderungen an Sparkassen und Genossenschaftsban- en. Denn alle Sparkassen haben sich verpflichtet, falls ötig, füreinander einzustehen und keine Sparkasse in- olvent werden zu lassen. In diesen Haftungsverbund ind übrigens auch die Landesbausparkassen einbezo- en. Ganz ähnlich konzipiert ist die Bestandssicherung er Genossenschaftsbanken. Die meisten – allerdings icht alle – privaten Banken gehören freiwillig dem Ein- agensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher anken an. Auch er bietet ein sehr hohes Maß an Absi- herung. Geschützt sind alle Einlagen von sogenannten ichtbanken, also von Privatpersonen, Wirtschaftsunter- ehmen und öffentlichen Stellen. Zu den gesicherten uthaben gehören neben den Sicht-, Spar- und Termin- inlagen auch auf den Namen lautende Sparbriefe, aller- ings keine Inhaberpapiere wie zum Beispiel Inhaber- chuldverschreibungen und -zertifikate. Summenmäßig gibt es formal eine Begrenzung. Pro unde werden Einlagen bis zu insgesamt 30 Prozent des aftenden Eigenkapitals seiner Bank garantiert. In der raxis heißt das, der Schutz ist summenmäßig so gut wie nbegrenzt. Denn schon die kleinste Bank in Deutsch- and benötigt, um überhaupt zugelassen zu werden, ein igenkapital von 5 Millionen Euro. Selbst bei einem so leinen Institut gilt also ein Schutz von 1,5 Millionen uro pro Kunde. Die gesetzlich bisher vorgeschriebene indestgarantie von bis zu 20 000 Euro pro Kunde ist esentlich geringer. Für die Kunden der meisten deut- chen Banken wird sich materiell also durch die Neure- elung nichts ändern. Vor allem soll mit dem Gesetzentwurf die Änderung er EU-Einlagensicherungsrichtlinie in deutsches Recht mgesetzt werden, auf die sich die EU im Dezember 008 aufgrund der weltweiten Finanzmarktkrise geeinigt at. Spätestens ab dem 30. Juni 2009 soll die Mindest- 22938 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) deckung für Einlagen auf 50 000 Euro angehoben und die bisherige Selbstbeteiligung von Anlegern in Höhe von 10 Prozent abgeschafft werden. Ab dem 31. Dezem- ber 2010 ist eine weitere Anhebung auf 100 000 Euro und eine Verkürzung der Auszahlungsfrist auf höchstens 30 Arbeitstage vorgesehen. Der Gesetzentwurf zielt auch darauf ab, die Entschädi- gungseinrichtungen in Deutschland krisenfester zu ma- chen. Er enthält verbesserte Regelungen zur Früherken- nung von Risiken und der Schadensprävention. Um die Gefahr des Eintritts eines Entschädigungsfalls besser einzuschätzen, werden die Entschädigungseinrichtun- gen verpflichtet, bei den ihnen zugeordneten Instituten regelmäßig Prüfungen vorzunehmen. Frank Schäffler (FDP): Vor etwas mehr als einem Jahr haben wir hier den Antrag der FDP-Fraktion „Kon- sequenzen aus dem Entschädigungsfall Phoenix GmbH“ – Bundestagsdrucksache 16/5786 – diskutiert. Die An- legerentschädigungsrichtlinie der EU, die Grundlage für das deutsche System der Anlegerentschädigung ist, be- trifft die Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften. Die deutsche Umsetzung im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz ist jedoch nicht tragfähig, wie der Fall Phoenix zeigt. Bereits vor einem Jahr war die Untätigkeit der Koalition in diesem Entschädigungs- fall mit 30 000 betroffenen Anlegern skandalös. Den- noch wurde unser Antrag von allen Fraktionen abge- lehnt. Seitens der Koalition wurde auf ein Gutachten verwiesen, das man abwarten wolle. Sie haben das Gut- achten nicht nur abgewartet, sondern direkt nach der Vorlage des Gutachtens, das umfassenden Reformbedarf bei der Anlegerentschädigung nachgewiesen hat, weiter gewartet. Was die Bundesregierung für die heutige Beratung vorgelegt hat, ist – soweit es die Anlegerentschädigung betrifft – ein reines Mini-Reparaturgesetz. Die Bundes- regierung hat in Person der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen, EdW, vor dem Verwaltungsgericht Berlin im September 2008 eine kra- chende Niederlage erlitten. Die Erhebung der Sonderbei- träge bei den Zwangsmitgliedern der EdW ist rechtswi- drig. Darauf reagiert die Bundesregierung nun mit kleinen Korrekturen im Bereich der Anlegerentschädi- gung. Das Grundproblem, dass die EdW nicht tragfähig ist, wird dadurch nicht gelöst. Selbst wenn die Erhebung der Sonderbeiträge auf dieser Grundlage vor Gericht Be- stand hätte, wäre die EdW dennoch nicht in der Lage, die Entschädigung im Fall Phoenix zu finanzieren. Wir for- dern daher eine umfassende Reform der Anlegerentschä- digung. Wir fordern aber auch, dass die Bundesregierung end- lich ein Konzept vorlegt, wie der Fall Phoenix gelöst werden kann. Die Bundesregierung steht deshalb in der Verantwortung, weil sie das unzureichende deutsche Anlegerentschädigungsgesetz und die Schlamperei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, politisch zu vertreten hat. Sie muss handeln, damit die Unsicherheit über drohende existenzgefährdende Son- d m e a s D la K E i a G S g v s w e 2 d g n V W e Z e k h F K b A r D f h A f e d Z d B n F p f z k a i b r (C (D erbeiträge endlich von den EdW-Mitgliedern genom- en wird. Sie muss auch handeln, damit die betroffenen Anleger ndlich ihr Geld bekommen. Diese Menschen wollten uf Nummer sicher gehen und haben sich auf die Aus- age, 20 000 Euro seien gesetzlich geschützt, verlassen. iese Anleger dürfen Sie nicht länger im Regen stehen ssen. Das Verhalten seitens der Bundesregierung und der oalition ist nicht hinnehmbar: Statt einer vernünftigen ntschädigung gibt es nur Teilentschädigungen, die wie m Lotterieverfahren innerhalb von zweieinhalb Jahren usgezahlt werden sollen. Wer Glück hat, bekommt sein eld jetzt, wer Pech hat, muss warten. Aber das chlimmste ist, dass Sie tatenlos zusehen, wie diese Bür- er nun Post vom Finanzamt bekommen: Sie sollen ihr erlorenes Geld auch noch versteuern. Das zeigt die Ab- urdität der Politik dieser Koalition. Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Die Bundesregierung ill die gesetzlich gesicherte Mindestsumme für Spar- inlagen und Wertpapiere erhöhen. Ab dem 30. Juni 009 sollen 50 000 Euro pro Person garantiert sein, ab em 1. Januar 2011 sogar 100 000 Euro. Bisher lag der esicherte Betrag bei maximal 20 000 Euro. Gewöhnlich mag man denken, wir hätten es mit ei- em Fortschritt zu tun. Tatsächlich jedoch ist es nicht der erbraucherschutz, der dieses Gesetz angestoßen hat. ir laufen sogar Gefahr, als Steuerzahlerinnen und Steu- rzahler zur Kasse gebeten zu werden. Um diesen usammenhang zu verdeutlichen, erzähle ich zunächst twas zum Hintergrund des Gesetzes. Anschließend omme ich auf die entscheidende Frage, wie zahlungsfä- ig die Einlagen- und Wertpapiersicherung ist. Diese rage bekommt umso mehr Gewicht, als wir uns in einer rise befinden. Zum Hintergrund des Gesetzes: Die Finanzwelt steckt ereits mitten in der Krise, da verkündet Kanzlerin ngela Merkel in ihrer Regierungserklärung: „Kein Spa- er muss um seine Einlagen fürchten. Diese Zusage gilt.“ as war am 7. Oktober 2008. Nach diesem Versprechen rage ich mich, warum wir über ein Gesetz reden, das inter diese Zusage zurückfällt. Aber es soll nicht meine ufgabe sein, die Widersprüche der Regierung zu recht- ertigen. Fakt ist: Die Europäische Kommission will nun inen Wettlauf um die besten Garantien verhindern und eshalb die Mindestsumme europaweit anheben. Das iel dabei lautet: Bürgerinnen und Bürger zu beruhigen, amit sie ihr Geld bei den Banken lassen. Denn für die anken wäre es möglicherweise fatal, würden Kundin- en und Kunden zuhauf ihre Konten räumen. Doch unumgänglich stellt sich hier die folgende rage: Wie zahlungsfähig ist die Einlagen- und Wertpa- iersicherung? Und: Wer zahlt, wenn der Sicherungs- onds erschöpft ist? Alle deutschen Einlagensicherungen usammengenommen – gesetzliche wie freiwillige – önnten keinen Einlagenverlust bei der Deutschen Bank uffangen. Weltweit ist kein Einlagensicherungssystem n der Lage, Schieflagen bei größeren Geldhäusern zu eheben. Die Fonds sind einzig dazu angelegt, Schwie- igkeiten bei kleinen und mittleren Instituten auszuglei- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22939 (A) ) (B) ) chen. Wie sollen sie da krisentauglich sein? Der Jahres- beitrag je Kreditinstitut ist hierzulande nicht mehr als ein symbolischer Obolus: 0,008 Prozent der Verbindlichkei- ten gegenüber Kundinnen und Kunden. Bei der Wertpa- piersicherung ist es ähnlich. Symbolisch bleiben auch die im Gesetzentwurf vor- gesehenen Nachbesserungen zum Fondsvolumen der ge- setzlichen Einlagensicherung. Zwar soll der Fonds Son- derbeiträge fordern und Kredite aufnehmen dürfen. Für anfallende Zins- und Tilgungszahlungen können wie- derum Sonderzahlungen erhoben werden. Doch alles zu- sammen darf das Fünffache des Jahresbeitrags nicht überschreiten. Mehr sei nicht zumutbar. Der unbe- schränkte Rest wird stattdessen den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zugemutet, wenn verlorene Einlagen eingefordert werden. Geht es um Bürgerinnen und Bür- ger, handelt die Regierung nach dem Motto: Den letzten beißen die Hunde. Geht es um die Regulierung von Ban- ken, handelt sie – trotz blumiger Rhetorik – zahnlos. Die Linke hat einen zusätzlichen Sicherungsfonds für private Finanzinstitute vorgeschlagen, den diese selbst finanzieren: Die Finanzinstitute könnten sich untereinan- der vor Insolvenz schützen und damit automatisch zum Erhalt der Einlagen beitragen. Alle anderen Parteien ha- ben diesen Antrag als unnötig abgelehnt. Wer allerdings Stabilität will, kommt nicht umhin, glaubwürdig und konsequent zu regulieren. Er kommt nicht umhin, Ein- kommen sozial gerecht zu verteilen, statt Vermögensbla- sen zu produzieren und zu erhalten. Er kommt nicht um- hin, die Sozialisierung von Verlusten zu verhindern. Das wäre wahrer Schutz der Bürgerinnen und Bürger, ob als Verbraucherin oder als Steuerzahler. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der vorliegende Entwurf der Bundesregierung eines Ge- setzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anle- gerentschädigungsgesetzes (EAEG) macht es sich zur Aufgabe, das deutsche System der Sicherungseinrich- tungen auf eine europarechtskonforme und finanziell tragfähige Grundlage zu stellen. Dazu sollen einerseits die aktuellen Vorgaben der europäischen Richtlinie 2009/14/EG vom 11. März 2009 zur Änderung der Ein- lagensicherungssysteme im Hinblick auf die Deckungs- summe und Auszahlungsfrist umgesetzt werden. Ande- rerseits sollen neben der Einlagensicherung auch Nachbesserungen am System der Anlegerentschädigung bei Wertpapierdienstleistungen erfolgen. Diese Zielvorgaben begrüßen wir außerordentlich. Eine Reform des unübersichtlichen und unpraktikablen Systems der deutschen Einlagensicherungs- und Anleger- entschädigung fordern wir Grüne seit langem. Sie ist überfällig. Im Bereich der Anlegerentschädigung durch die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandels- unternehmen (EdW) hat die Bundesregierung bereits in Ausschusssitzungen im Frühjahr 2007 konzediert, das EAEG sei unzulänglich. Seitdem ließen Nachbesserun- gen auf sich warten. Bei der Einlagensicherung hat die Finanzmarktkrise eindrucksvoll bewiesen, dass das bestehende System ebenfalls mangelhaft ist und einer grundlegenden Über- a r r S r n s e N V r z F n W g d n i E d s z c h S d z k D z d w d s i c l e t s t d l f e s d z d m m z d d h (C (D rbeitung bedarf. Die politische Erklärung der Bundes- egierung einer Garantie für die Spareinlagen der Bürge- innen und Bürger im Oktober 2008 mochte vorläufige icherheit suggerieren. Sie ersetzt aber keinesfalls eine echtlich verbindliche Lösung zugunsten der Bürgerin- en und Bürger. Auch enthält eine solche politische Zu- icherung keinerlei Aussage darüber, auf welchem Wege ine solche Absicherung sinnvoll und über die akute otlage hinaus tragfähig installiert werden kann. Der nun im Gesetzentwurf vorgeschlagene Weg zur erbesserung des jetzigen Systems der Einlagensiche- ung und Anlegerentschädigung vermag in keiner Weise u überzeugen. Diese punktuellen Änderungen sind lickschusterei und Garant dafür, dass das System beim ächsten Ausfall eines Institutes aus dem Einlagen- oder ertpapieranlagebereich erneut kollabiert. Leidtra- ende solcher halbherzigen Änderungsvorschläge sind ie Bürgerinnen und Bürger, Investoren und Kommu- en, die bei kommenden Turbulenzen um die Sicherheit hres Geldes bangen müssen, statt sich auf eine zeitnahe ntschädigung verlassen zu können. Lassen Sie mich zunächst einige Punkte hinsichtlich er vorgesehenen Änderungen im Bereich der Einlagen- icherung ausführen, bevor ich mich den Vorschlägen ur Reformierung der EdW zuwende. Dass die De- kungssumme von der EU zunächst auf 50 000 Euro ochgesetzt wird und insbesondere der Selbstbehalt der parer von 10 Prozent entfällt, ist eine vertrauensbil- ende Maßnahme, die wir begrüßen. Auch dass die Aus- ahlungsfrist verkürzt wird, sehen wir als positive Stär- ung des Verbraucherschutzes auf Finanzmärkten. Fraglich ist jedoch, ob eine schlichte Anhebung der eckungssumme – ohne die Tragfähigkeit des Systems u überdenken – eine geeignete Lösung des Problems arstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere bei der eiteren vorgesehenen Anhebung auf 100 000 Euro ab em Jahr 2011. Es mutet fast wie ein Freud’scher Ver- precher an, wenn die EU-Richtlinie 2009/14/EG dazu n Erwägungsgrund drei ausführt, dass diese Aufsto- kung davon abhängig gemacht wird, ob eine zu erstel- ende Folgenabschätzung zu dem Schluss gelangt, dass ine solche Erhöhung für alle Mitgliedstaaten finanziell ragbar ist. Hier zeigt sich implizit die Annahme, dass olche Summen die Tragfähigkeit der Sicherungssys- eme überfordern könnten und im Zweifel doch wieder er Staat einzuspringen hat. Wir werden uns hier im par- amentarischen Verfahren dafür einsetzen, dass konkret estgelegt wird, wie ein System auszusehen hat, das aus igener Kraft solche Entschädigungssummen bewerk- telligen kann. Dass es gegenwärtig jedenfalls nicht funktioniert, hat er Fall der Lehman Brothers Bankhaus AG offenbart, u dessen Behebung der Einlagensicherungsfonds der eutschen Banken Garantien des Sonderfonds Finanz- arktstabilisierung (SoFFin) in Anspruch nehmen usste. Und auch die aktuellen Probleme bei der Aus- ahlung der Gelder von deutschen Kundinnen und Kun- en der isländischen Kaupthing Bank führen vor Augen, ass das System nicht ausreichend durchdacht ist bezie- ungsweise schlichtweg nicht adäquat funktioniert. Zu- 22940 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) gegeben ist der Staatsbankrott Islands und die Finanz- marktkrise eine außergewöhnliche Situation. Aber das Mindeste, was man von der Bundesregierung fordern muss, ist, dass die gesammelten Erfahrungen genutzt und für eine Reform des EAEG fruchtbar gemacht wer- den. Diese Konsequenzen sucht man im vorliegenden Gesetzentwurf indes vergeblich. Das gleiche Bild ergibt sich bei Betrachtung desjeni- gen Teils des EAEG, der die Änderungen bei der Ent- schädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunterneh- men, EdW, enthält. Hier muss bei Nachbesserungen der Präzedenzfall Phoenix Kapitaldienst GmbH den Orien- tierungsmaßstab bilden. Die Anleger von Phoenix warten seit über vier Jahren auf die Entschädigungsleis- tungen durch die EdW, und die EdW-pflichtigen Wert- papierdienstleister wurden durch plötzlich erhobene Sonderbeiträge oder die nunmehr angedachte Finanzie- rung mittels Darlehensaufnahme an den Rand der Insol- venz geführt. Dass ein solches System dem Grunde nach völlig verkehrt und mit hoher Wahrscheinlichkeit gar eu- roparechtswidrig konzipiert ist, muss auf der Hand lie- gen. Die Bundesregierung beschreibt den Handlungsbe- darf allerdings überraschend wie folgt: „Auch hat die Entschädigungspraxis gezeigt, dass eine Konkretisie- rung der bestehenden Regelungen über die Finanzierung der Entschädigungseinrichtung sinnvoll ist.“ (Gesetzent- wurf Seite 1, A. Problem und Ziel). Das ist eine Verken- nung der Tatsachen. Es bedarf keiner Konkretisierungen bestehender Regelungen. Es bedarf eines kompletten Überdenkens der bestehenden Strukturen des deutschen Sicherungssystems zumindest im Bereich der Entschädi- gungseinrichtung für Wertpapierhandelsunternehmen. Die EdW scheint für sich gesehen nicht finanziell tragfä- hig. Das aber war und ist Vorgabe der EU-Richtlinie. In- dem die Bundesregierung die explizite Möglichkeit der Kreditaufnahme bei fehlender Entschädigungsmasse vorsieht, wird das Problem lediglich in die Zukunft ver- lagert. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bundes- regierung hier diverse aufgezeigte Lösungsansätze eines eigens in Auftrag gegebenen Gutachtens nicht berück- sichtigt. Auch ein weiteres Zuwarten unter Verweis auf derzeit laufende Konsultationsverfahren der EU im Bereich der Entschädigungseinrichtung bei Wertpapierdienstleistern verbietet sich. Denn erstens resultieren die Probleme der EdW vor allem aus den nationalen Besonderheiten des grundsätzlich sinnvollen Aufbaus des Bankensystems in drei Säulen. Und zweitens ist durch die Finanzmarkt- krise die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass es bei den der EdW zugehörigen Unternehmen zeitnah zu weiteren Ausfällen kommt. Schließlich zeigt der Gesetzentwurf zur Änderung des EAEGs auch keine Lösung für das Problem, dass die Entschädigungszahlungen im Fall Phoenix auch deshalb seit vier Jahren auf sich warten lassen, weil Auszahlungen unter Hinweis auf das noch laufende Insolvenzverfahren zurückgehalten wurden. Das EAEG muss dringend festschreiben, dass Auszah- lungen unabhängig von laufenden Insolvenzverfahren möglich sind. Es ist den Betroffenen nicht zumutbar, Jahre auf die Entschädigung zu warten, nur weil Rechts- streitigkeiten im Insolvenzverfahren noch anhängig sind; d s l R m B w d V f u a h e m W s d d S A m ü d t d m W h I p t z i E s g f 2 g d u d l W t D D (C (D ies schon deshalb nicht, weil Forderungen aus der In- olvenzmasse erfahrungsgemäß nur zu marginalen Tei- en befriedigt werden können. Kurzum, wir begrüßen den Ansatz der EU, durch eine eform der Einlagensicherung das durch die Finanz- arktkrise gebeutelte Vertrauen der Bürgerinnen und ürger wieder herzustellen. Der vorliegende Gesetzent- urf der Bundesregierung enthält aber nicht die notwen- igen Konzeptverbesserungen, um die ambitionierten orgaben der EU – höhere Einlagendeckung und kurz- ristige, unbürokratische Auszahlungen – praxistauglich mzusetzen. Auf diesem Weg geht man nicht gestärkt us der Krise hervor, sondern zementiert Strukturen auf öherem Niveau, die sich bereits als nicht funktionsfähig ntlarvt haben. Der Vollständigkeit halber sei abschließend ange- erkt, dass wir die vorgesehene Neuregelung in § 7 ertpapierhandelsgesetz begrüßen, die den grenzüber- chreitenden Informationsaustausch der Aufsichtsbehör- en bezüglich der Handelsplätze für Strom, Gas und an- ere Waren stärkt. Eine rein nationale Aufsicht wird der truktur dieser Märkte nicht gerecht. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstech- nik des Bundes (Tagesordnungspunkt 21) Clemens Binninger (CDU/CSU): Wir zählen heute ehr als 1,4 Milliarden Internetnutzer weltweit – weit ber 40 Millionen davon in Deutschland. Damit hat sich ie Zahl der Menschen, die regelmäßig im Internet un- erwegs sind, seit 2000 weit mehr als verdoppelt. Allein as zeigt, wie stark sich die Informations- und Telekom- unikationswelt in den letzten Jahren verändert hat. irtschaftliche Aktivitäten und staatliches Verwaltungs- andeln sind in hohem Maße von einer funktionierenden T-Infrastruktur abhängig. Genau das trifft auch auf die rivate Nutzung zu. Die Informations- und Kommunika- ionstechnologie ist mittlerweile eine zentrale Vorausset- ung für das Funktionieren unseres Gemeinwesens. Von hr sind weitere Infrastrukturen etwa in den Bereichen nergie- und Wasserversorgung oder auf dem Verkehrs- ektor abhängig. Deshalb stellen gezielte kriminelle An- riffe auf die IKT-Infrastruktur eine ganz erhebliche Ge- ahr dar. Die Attacke auf das Computersystem Estlands 007 zeigt, welch schwerwiegende Folgen solche An- riffe haben können. Vor zwei Jahren wurden in Estland ie Websites von Regierung und Parlament manipuliert nd lahmgelegt. Außerdem wurde das IT-System einer er größten Banken des Landes gestört, sodass der Zah- ungsverkehr für zwei Tage ausgesetzt werden musste. eitere Bereiche waren betroffen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informa- ionstechnik – über das wir heute sprechen – ist als IT- ienstleister des Bundes für die IT-Sicherheit in eutschland zuständig. Das Bundesamt für Sicherheit in Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22941 (A) ) (B) ) der Informationstechnik untersucht und bewertet Sicher- heitsrisiken und schätzt vorausschauend auch die Auswir- kungen neuer Entwicklungen ab. Dazu muss es auch zu- künftig die notwendigen Kompetenzen haben. Internet- Banking, e-Commerce, e-Government, diverse Kommu- nikationsplattformen und soziale Netzwerke im Internet sind neben der reinen Informationsbeschaffung schon lange Bestandteil fester Alltagsgewohnheiten rund um den Erdball. Angesichts der rasanten Entwicklung der letzten Jahre auf diesem Sektor ergeben sich Aufgaben und Erwartungen an das BSI, die sich in der heute gülti- gen gesetzlichen Grundlage nicht mehr widerspiegeln. Das BSI-Errichtungsgesetz wurde 1990 verabschiedet, ist 1991 in Kraft getreten und seither im Wesentlichen unverändert geblieben. Deshalb wollen wir mit dem heute von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzent- wurf die Rechtsgrundlage für die Arbeit des BSI refor- mieren und an die Anforderungen von heute und morgen anpassen. Damit wird das BSI auch in Zukunft zu einem hohen Sicherheitsstandard für die IT-Struktur des Bun- des und darüber hinaus beitragen können. Sichere und verfügbare Kommunikationsnetze sind für staatliches Verwaltungshandeln unverzichtbar, des- halb schaffen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Grundlage für einheitliche Sicherheitsstandards und klare Kompetenzen im Bereich IT-Systeme innerhalb der Bundesverwaltung. Das BSI wird befugt, technische Vorgaben und ver- bindliche Mindeststandards für die Sicherung der Infor- mationstechnik innerhalb der Bundesverwaltung zu ma- chen. Das betrifft auch Richtlinien für die Beschaffung von IT-Produkten. Darüber hinaus werden die heute schon existierenden Regelungen zur Zertifizierung durch das BSI modernisiert und neben der reinen Produktzerti- fizierung auch auf die Zertifizierung von Personen und Dienstleistungen ausgeweitet. Das BSI kann so private IT-Dienstleister prüfen und zertifizieren sowie deren Eignung und Zuverlässigkeit bestätigen. Das ist für Wirtschaft und Verwaltung gleichermaßen von Bedeu- tung, kaufen doch Unternehmen und zunehmend auch Behörden Komplettlösungen, die bis zur vollständigen Auslagerung der IT reichen. Die Prüfung von Kompe- tenz und Vertrauenswürdigkeit eines Dienstleisters wird hier einen erheblichen Qualitätsschub bewirken. In diesem Zusammenhang mit diesen Vorgaben wird das BSI innerhalb der Bundesverwaltung Maßnahmen umsetzen können, um Gefahren, die von Schadprogram- men auf die Kommunikationsinfrastruktur von Bundes- behörden ausgehen, abzuwehren. Bisher war das BSI lediglich beratend tätig ohne eigene Befugnisse, die es ermöglichen würden, ohne Anforderung aktiv zu wer- den. Das soll jetzt geändert werden. Darüber hinaus soll das BSI als zentrale Meldestelle des Bundes für IT- Sicherheit Informationen über Sicherheitslücken, Schad- programme und neue Angriffsmuster sammeln und aus- werten und diese Erkenntnisse an die betroffenen Stellen weitergeben. Die Entwicklung der Informations- und Kommunika- tionssysteme hat nicht nur positive Seiten – darüber le- sen wir jeden Tag. 1983 wurde im Rahmen einer wissen- s d d z d v s n b m v m g a m s B i g r Ä T w u s k e z d d T N s G e B b a c B b l l S i b h d v D g s s t A w r R b (C (D chaftlichen Arbeit das erste Computervirus entwickelt, as dann – einmal eingespeist – Programme eigenstän- ig veränderte. Heute wird davon ausgegangen, dass wischen 60 000 und 100 000 Computerviren existieren, ie sich über das World Wide Web innerhalb kurzer Zeit erbreiten können. Hinzu kommen weitere Computer- chädlinge wie Trojanische Pferde oder Würmer. Nicht ur die Zahl von Schadprogrammen ist aus meiner Sicht esorgniserregend, sondern auch ihre neue Qualität. Im- er häufiger werden Schadprogramme nicht mehr dazu erwandt, unmittelbaren Schaden anzurichten, der be- erkbar wird. Vielmehr verbreiten sich solche Pro- ramme unbemerkt und zielen darauf, Daten dauerhaft uszuspionieren, um etwa Passworte, Kreditkarteninfor- ationen oder Zugangsdaten zu erhalten, die dann bei- pielsweise an andere Kriminelle verkauft werden. Der ekämpfung dieser Form der Internetkriminalität wird n einer Zeit, in der digitale Informationen eine immer rößere Bedeutung haben, notwendigerweise ein höhe- er Stellenwert zukommen müssen. Deshalb sieht der vorliegende Gesetzentwurf auch nderungen des Telekommunikationsgesetzes und des elemediengesetzes vor. Im Telekommunikationsrecht ird die Bundesnetzagentur im Benehmen mit dem BSI nd dem Bundesdatenschutzbeauftragten in der Lage ein, Sicherheitsanforderungen für Anbieter von Tele- ommunikations- und Datenverarbeitungssystemen zu rstellen. Diese sollen Grundlage für die Sicherheitskon- epte von Telekommunikationsprovidern werden. Hier- urch soll der Schutz des Fernmeldegeheimnisses auch urch technische Maßnahmen gewährleistet werden. Durch eine Änderung des Telemediengesetzes wird elemediendienstanbietern die Befugnis eingeräumt, utzungsdaten für Zwecke der Sicherheit ihrer techni- chen Einrichtungen zu erheben und zu verwenden. Im egensatz zu den Telekommunikationsprovidern, die ntsprechende Daten zum Erkennen, Eingrenzen oder eseitigen von Störungen erheben können, besteht hier ei den sogenannten Telemedienanbietern, also etwa uch den Betreibern von Internetseiten, eine Rechtslü- ke. Das ist ein erhebliches Problem, das immer mehr an edeutung gewinnt, denn Angriffe auf Telemedienange- ote nehmen zu, sei es, um Internetangebote zu manipu- ieren oder angebotene Leistungen zu stören. Eine erheb- iche Gefahr besteht hier aber nicht nur durch die chädigung von angebotenen Diensten. Vielmehr sind mmer häufiger sogenannte Drive-By Infections zu eobachten, also dass auf PCs der Besucher einer Seite eimlich Schadprogramme installiert werden, die sich ann weiter verbreiten. Das heißt, die Angriffsstrategien erändern sich und damit auch die Sicherheitsziele von ienstanbietern. Es geht nicht mehr nur um Selbstschutz egen Manipulationen oder Verfügbarkeitsstörungen, ondern heute müssen Systeme auch gegen Angriffe ge- chützt werden, die diese Systeme nur als Zwischensta- ion nutzen. Zur Erkennung und Abwehr bestimmter ngriffe ist also die kurzfristige Speicherung und Aus- ertung der Nutzungsdaten notwendig. Durch die Ände- ung des Telemediengesetzes soll auch für diese Fälle echtssicherheit geschaffen werden. Die strenge Zweck- indung der Daten nach dem Telemediengesetz bleibt 22942 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) dabei unangetastet. Eine Datenverarbeitung ist nur zu- lässig, soweit und solange dies für die Absicherung der Technik tatsächlich erforderlich ist. IT-Sicherheit ist eine dynamische Aufgabe mit sich verändernden Anforderungen und Problemen. Mit dem vorliegenden Gesetz zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes stellen wir sicher, dass das BSI in Zukunft in der Lage ist, seine Aufgabe erfolg- reich zu erfüllen. Es wird ein Beitrag geleistet zu mehr Sicherheit in der Informations- und Kommunika- tionstechnologie. Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Jeder von uns hat gemerkt, ohne PC läuft hier nichts. Das gilt aber nicht nur für den Bundestag, das gilt für unsere gesamte Ge- sellschaft, für die Verkehrsmittel (siehe Ausfall der Computer bei der Deutschen Bahn im Februar), für un- sere bargeldlosen Zahlungen, für die Versorgung mit Energie oder Wasser. Wir sind abhängig von der Sicherheit unserer Infor- mations- und Kommunikationstechnologie. Und wer kümmert sich maßgeblich um diese Sicherheit? Soweit es den Bund und die Bundesbehörden betrifft: das BSI. Was ist das? Das Bundesamt für Sicherheit in der Infor- mationstechnologie. Kurz gesagt BSI. Das BSI wurde 1991 gegründet. Vorläufer war Mitte der 1950er-Jahre die Zentralstelle für das Chiffrierwesen, die dem BND unterstellt war. Und direkter Vorgänger war die Zentral- stelle für die Sicherheit in der Informationstechnik, die 1989 aus der Zentralstelle für das Chiffrierwesen (ZfCh) hervorging. Seit 1991 heißt diese Bundesbehörde nun BSI, ist mit 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dem Bundesministerium des Innern (BMI) unterstellt und be- schäftigt sich mit der Sicherheit in Anwendungen, kriti- schen Infrastrukturen und dem Internet, mit Kryptogra- fie und Abhörsicherheit, mit Zertifizierung, Zulassung und Konformitätsprüfungen sowie mit neuen Technolo- gien. Nun hat sich seit 1991 der Internetverkehr und die Gefahrenlage quantitativ und qualitativ verändert. Das Schadens- und Katastrophenpotenzial, die Verletzlich- keit des Staates und der Gesellschaft ist immens ange- stiegen. Verändern muss sich deshalb auch der Schutz vor Computerattacken. Der vorliegende Gesetzesent- wurf will darauf eine Antwort geben. Dass die Bundesregierung die Chance ergreift, sich gegen Cyberattacks zu wehren, ist notwendig und erfor- derlich. Dass man neuartige, bisher unbekannte An- griffsmuster erkennen muss, steht ebenfalls außer Zwei- fel. Es ist deshalb ein sinnvolles Vorhaben, dafür neue Grundlagen zu legen. Die erste Frage muss sein: Kann der Bund seine EDV so aufstellen, dass eine möglichst geringe Gefahr durch Schadprogramme entsteht? Ist eine Bündelung der EDV richtig, wie wir sie bei der Telekommunikationsüberwachung nunmehr im Bun- desverwaltungsamt vornehmen? Wird dadurch der Staat nicht noch stärker angreifbar? Damit will ich zum Aus- druck bringen, dass man präventiv nicht erst ansetzen m V r s h S s d B B s Z D d w d u d k b v A S l n A B g f u d g r d g s m e r v O r l d d b s e k c b m (C (D uss bei Befugnissen für das BSI, sondern bereits im orfeld. Mit diesem Gesetzesentwurf wird das ganze BSI-Er- ichtungsgesetz abgelöst. Es soll etwas völlig Neues ent- tehen. Das BSI soll Gefahrenabwehrbehörde, Prüfbe- örde, Zertifiziererbehörde und Anbieter von IT- icherheitsprodukten sein. Alles wird beim BSI zentrali- iert. Kann das richtig sein? Der Gesetzesentwurf geht avon aus, dass alle eingehenden Datenverkehre bei undesbehörden (mit Ausnahme Bundespräsidialamt, undestag, Bundesrechnungshof etc.) automatisch ge- cannt werden und die Protokolldaten für eine gewisse eit gespeichert werden. Ist es notwendig, dass diese atenverkehre offen gespeichert werden, oder könnten iese nicht auch pseudonymisiert oder anonymisiert erden? Geht es in erster Linie um die Gefahrenabwehr, ann kommt es weniger auf den Adressaten an. Geht es m die Feststellung der Täter und deren Hintermänner, ann muss man natürlich die Adressaten rückverfolgen önnen. Der vorliegende Gesetzesentwurf hat dies nicht efriedigend gelöst. Soll das BSI bei der Weitergabe von Daten an Straf- erfolgungsbehörden und Verfassungsschutz (§ 5 bs. 4) so weit gehen dürfen, dass auch nicht erhebliche traftaten gemeldet werden können, wenn sie mittels Te- ekommunikation begangen wurden? An welche Krimi- alitätsbereiche denkt man hierbei? Ist hier nicht eine ushöhlung von Art. 10 GG zu erwarten? Interessant finde ich, dass auch die Datenverkehre des undesamtes für Datenschutz und Informationstechnik escannt werden sollen. Hier fehlt das Fingerspitzenge- ühl. Der Bürger muss mit dem Datenschutzbeauftragten neingeschränkt und unbeeinträchtigt kommunizieren ürfen. Deshalb muss man hier für andere Lösungen sor- en. In § 5 Abs. 6 regelt der Gesetzentwurf den Kernbe- eich privater Lebensgestaltung. Danach soll das BMI iesen Kernbereichsschutz gewährleisten. Es wird keine enaue Funktionsstelle genannt. Es kann aber doch nicht ein, dass es irgendjemand aus dem Innenministerium acht, Fahrbereitschaft oder Pforte. Hier ist der Gesetz- ntwurf schlampig. Mit diesem minimalen Kernbe- eichsschutz fällt man in Zeiten zurück, in denen dies or dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur nlinedurchsuchung Rechtsauffassung im Innenministe- ium gewesen sein könnte. Aber heute ist das doch ängst überholt. Weshalb man im Zusammenhang mit iesem Gesetzesentwurf in Art. 3 auch noch das Teleme- iengesetz ändern will, ist für mich nicht nachvollzieh- ar. Eine pauschale Befugnisnorm für Diensteanbieter ollte vermieden werden. Ohne intensive und breite Aus- inandersetzung, juristisch, technisch und ökonomisch, ann ich diesem Gesetzesentwurf nicht zustimmen. Petra Pau (DIE LINKE): Kein Freibrief zur Überwa- hung. Erstens. Man versuche sich unsere Gesellschaft, ins- esondere die Wirtschaft, aber auch die Verwaltung ohne oderne Informationstechnik vorzustellen. Es wird Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22943 (A) ) (B) ) nicht gelingen. Denn ohne moderne Informationstechnik ständen „alle Räder still“, um ein altes Bild zu bemühen. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass der Bund für seine Informationstechnik höchste Sicherheitsstandards an- strebt. Zweitens. Das ist der Sinn des vorliegenden Gesetz- entwurfs und des Bundesamtes für Sicherheit in der In- formationstechnik (BSI). Der Gesetzentwurf umfasst in vier Artikeln zwölf Paragrafen mit zahlreichen Unter- punkten. Sie alle scheinen einleuchtend, auch wenn sie nicht auf den ersten Blick überschaubar sind. Insofern könnte man meinen: „Je sicherer, desto besser!“ Wäre da nicht ein versteckter Pferdefuß. Drittens. Fast alles, was geregelt werden soll, betrifft die interne Informationstechnik und die inneren Infor- mationssysteme des Bundes. Sofern weitere Behörden betroffen sein könnten, werden die Kompetenzen des BSI beschrieben bzw. Grenzen gesetzt. Auch das klingt vertrauenswürdig. Allerdings nur bis zum Verweis auf das Telemediengesetz, konkret § 15 Abs. 9. Viertens. Dort heißt es: Soweit erforderlich, darf der Diensteanbieter Nut- zungsdaten zum Erkennen, Eingrenzen oder Besei- tigen von Störungen seiner für Zwecke seines Dienstes genutzten technischen Einrichtungen erhe- ben und verwenden. Hier geht es nicht mehr um interne Systeme von Bundes- behörden, sondern um allgemeine Anbieter von Internet- leistungen, und die können Google, Yahoo oder anders heißen. Fünftens. Im Klartext: Das Gesetz zur internen Sicherheit des Bundes ermächtigt externe Anbieter, Nut- zungsdaten zu erheben, zu speichern und gegebenenfalls weiterzumelden. Damit würde das Surfverhalten von In- ternetnutzern registriert und kontrolliert, und das alles ohne konkreten Verdacht. Das wäre ein Freibrief zur Überwachung aller Internetnutzer. Einem solchen Ge- setzentwurf wird die Fraktion Die Linke nicht zustim- men. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Ära Schäuble wird als die Ära der neuen zentralen Überwachungs- und Kontrollbehörden in die Annalen eingehen. Das belegt auch dieses vorliegende Gesetz. Bisher war das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik vor allem für die Prüfung von IT- Strukturen, von Programmen und Geräten zuständig. Es hatte also vor allem eine forschende und beratende Funktion. In dieser Funktion hat das Amt auch weithin anerkannte Arbeit geleistet und zur Verbesserung der Sicherheit der Informationsverarbeitung im öffentlichen, aber auch im privaten Bereich viel beigetragen. In seinem angestammten Bereich soll das BSI neue Kompetenzen bekommen. Es soll Warnungen zu be- kannten Sicherheitsproblemen veröffentlichen, Vorga- ben für IT-Systeme des Bundes machen und nationale Zertifizierungsstelle im IT-Bereich werden. Das ist im Prinzip zu begrüßen, denn eine Stärkung der IT-Sicher- h t w B h d m w s e a m B B z a W u d R b g E H z d t j k m t g w f s w V c l t a n L b w d s D d s s z w n v r u s (C (D eit ist angesichts der Sensibilität der verarbeiteten Da- en und des immer noch wachsenden IT-Einsatzes ein ichtiges Ziel. Aber schon hier stellen sich Fragen: Das SI „kann“ nach dem Entwurf Warnungen zu Sicher- eitslücken veröffentlichen. Es sollte doch zumindest er Regelfall sein, dass es über solche Lücken infor- iert! Natürlich sind gewisse Ausnahmen und eine ge- isse Flexibilität im Verfahren erforderlich – zum Bei- piel zuerst den Hersteller zu warnen und eine Lösung zu ntwickeln. Es fragt sich auch, warum der Rat der IT-Be- uftragten der Ministerien eine so starke Rolle bekom- en soll. Es muss doch selbstverständlich sein, dass undesbehörden in der Pflicht sind, die Vorgaben des SI, die ja nicht leichtfertig gemacht werden, umzuset- en. Hier ist zu befürchten, dass ressorteigene Prioritäten llzu oft über die Sicherheitsbelange gestellt werden. enn man IT-Sicherheit ernst meint, ist das zu wenig. Besonders kritisch müssen aber die neuen Analyse- nd Überwachungskompetenzen des BSI gesehen wer- en. Das Amt erhält zur Gefahrenabwehr weitgehende echte, um die in der Kommunikation mit den Bundes- ehörden anfallenden Daten zu analysieren. Aber da eht es nicht nur um harmlose Dinge, zum Beispiel um -Mails von Bürgerinnen und Bürgern an Behörden. ier weiß der Bürger, dass er mit dem Staat kommuni- iert. Doch die Struktur des Internet ist so, dass die an en sogenannten Schnittstellen der Kommunika- ionstechnik des Bundes anfallenden Daten auch ohne eden Zusammenhang mit den Bundesbehörden sein önnen. Die gutwillige Lesart ist: Hier wird eine auto- atisierte Auswertung vorgesehen – sprich, die Kon- rolle eingehender Post durch Virenscanner. Wird etwas efunden, darf der Absender identifiziert werden. Nur, enn man genau das meint, dann muss man das auch so ormulieren. Aber so wie es in diesem Entwurf steht, ind auch weit weniger harmlose Eingriffe möglich. Und enn das gewollt ist, dann stimmt der häufig gemachte orwurf, dass hier eine allgemeine E-Mail-Überwa- hungsbehörde geschaffen werden soll. Und selbst bei dieser gutwilligen Lesart gibt es reich- ich Kritikpunkte: Warum werden die persönlichen Da- en nicht pseudonymisiert? Wieso gibt es für die nicht- utomatisierte Verarbeitung der persönlichen Daten kei- en Richtervorbehalt? Wir sprechen hier immerhin vom esen persönlicher Post, es geht also potenziell um kern- ereichsrelevante Inhalte! Und – ganz besonders frag- ürdig – warum um alles in der Welt soll ausgerechnet as BMI berechtigt werden, in Zweifelsfällen zu ent- cheiden, ob der Kernbereich betroffen ist oder nicht? a fällt kaum noch auf, dass auch die Benachrichtigung er Betroffenen viel zu lax gehandhabt wird. Es fragt sich auch ganz generell: Warum wird in die- em Gesetz sehr wenig über die Pflicht der Behörden ge- agt, zunächst die eigenen IT-Systeme optimal zu schüt- en? Denn ob Schadsoftware oder sonstige Angriffe irken, hängt doch zuallererst davon ab. Da sollte es icht die erste Maßnahme sein, den eingehenden Daten- erkehr zu filtern, sondern die Angriffsfläche zu reduzie- en. Dann sind auch viel weniger Abwehrmaßnahmen nd Eingriffe in den Datenverkehr erforderlich! Die per- onenbezogenen Daten, die das BSI so erhebt, dürfen 22944 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) auch an Polizei- und Geheimdienstbehörden weitergege- ben werden. Das Problem liegt darin: Die Schwelle ist hier viel zu niedrig gewählt! Denn es geht dabei nicht nur um schwere Verbrechen, sondern um jede Straftat, die mittels Telekommunikation begangen wird! Da wird dann aus der Behörde, die IT-Expertise sammeln sollte, endgültig eine Hilfsbehörde zur Strafverfolgung! Neben diesen systematischen Mängeln springen zwei weitere Einzelpunkte ins Auge: Warum werden manche unabhängigen Bundesbehörden wie das Bundespräsi- dialamt und der Rechnungshof ausgenommen – der ganz besonders auf vertrauliche und integere Kommunikation angewiesene Bundesdatenschutzbeauftragte aber nicht? Schließlich enthält das Gesetz eine Änderung des Tele- mediengesetzes, die es Dienstanbietern erlaubt, Nut- zungsdaten über die normalen Zwecke hinaus zu spei- chern und zu verarbeiten, auch wieder begründet mit der Abwehr von Schadprogrammen und Ähnlichem, aber auch wieder zu weit und zu offen formuliert. Denn so, wie es jetzt im Entwurf steht, ist auch die Erstellung von Surfprofilen möglich. In dieser Form ist das Gesetz abzulehnen. Es hat zu viele Lücken und bietet unzulänglichen Schutz für die Bürgerinnen und Bürger. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ (Tagesordnungspunkt 39 e) Monika Grütters (CDU/CSU): Vor zehn Jahren be- schloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Errich- tung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Vor zehn weiteren Jahren bereits war der „Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas“ gegründet worden. Heute debattieren wir da- rüber, die Verantwortung der daraus entstandenen Stif- tung um das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen und das Denkmal für die Sinti und Roma zu erweitern sowie die Stiftung in die übliche Struktur vergleichbarer Institutionen zu überfüh- ren. Nach mehr als zehn Jahren kontroverser Debatte über die Notwendigkeit eines eigenständigen Holocaust- Mahnmals in Berlin, über den Ort und die Form des Ge- denkens sowie nach fast vier Jahren seit der Eröffnung ist die öffentliche Meinung einhellig: Weltweit gilt das Denkmal für die ermordeten Juden Europas mittlerweile als Erfolg. 1,7 Millionen Gäste haben seit der Eröffnung im Mai 2005 bis Ende letzten Jahres den Ort der Information des Holocaust-Mahnmals besucht. Im Spätsommer 2009 wird der zweimillionste Besucher in der Ausstellung er- wartet. Die Zahl der täglichen Besucher des Stelenfeldes kann die Stiftung schon lange nicht mehr zählen. Seit 2006 kamen rund 460 000 Besucher jährlich in den un- t I a s b t u d j t k d h n D u f t n t h t s M w t E d t t E „ s s „ c f c t E K s 2 J v d b B g E u F 8 v z V (C (D erirdischen Ort der Information. Mehr als die Hälfte der nteressierten kommt aus Deutschland, die anderen vor llem aus Israel, Polen und den USA. An einigen Tagen ind es weit mehr als 2 000 Gäste, die die Ausstellung esichtigen. 2 300 Führungen, Workshops und Projekt- age wurden in den vergangenen zwei Jahren an Schüler- nd Erwachsenengruppen vermittelt. Zum Vergleich: Zwischen 500 000 und 600 000 schätzt ie Stiftung der Gedenkstätte Buchenwald die Zahl der ährlichen Besucher ihrer weiträumigen Anlage. Das In- eresse an betreuten Besuchen ist von 2002 bis 2008 ontinuierlich um 15 000 Teilnehmer angestiegen. Auch ie geschätzte Besucherzahl der Gedenkstätte Sachsen- ausen in unmittelbarer Hauptstadtnähe ist im vergange- en Jahr von 350 000 auf mehr als 400 000 gestiegen. ie Anzahl der Führungen, der Teilnehmer insgesamt nd der Anteil ausländischer Besucher haben sich eben- alls signifikant erhöht. Die Befürchtungen, die Errich- ung eines zentralen Holocaust-Mahnmals könne egative Auswirkungen auf die Wahrnehmung der au- hentischen Orte des nationalsozialistischen Verbrechens aben, haben sich also keinesfalls bestätigt. Das Gegen- eil lässt sich eher vermuten: Wer die Berliner Mitte be- ichtigt, besucht heute selbstverständlich auch das ahnmal für die ermordeten Juden. Das sind natürlich eit mehr Gäste, als diejenigen, die die außerhalb touris- ischer Zentren liegenden KZ-Gedenkstätten besuchen. s ist naheliegend, dass das Interesse des einen oder an- eren Besuchers des Mahnmals für die KZ-Gedenkstät- en erst durch dieses Erlebnis in Berlin geweckt wurde. Eindrucksvoller als nüchterne Besucherzahlen berich- en jedoch die Einträge im Gästebuch der Stiftung vom rfolg ihrer Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit: Thanks for this impressing and shocking visit. Every tudent, every people should be here once, to not forget“, chrieb der damalige EU-Kommissar Franco Frattini. Erschütternd und zutiefst beeindruckend! Die persönli- he Nähe durch die Dokumentation einzelner Opfer war ür mich am prägendsten“, notierte eine deutsche Besu- herin. „Thank you for doing this, even though I believe his matter could never be forgotten“, hinterließ die nkelin von Isac Weizman aus Tel Aviv. Kindern des indertransports hat der Besuch in der Ausstellung Auf- chluss über das Todesdatum der Eltern gegeben. Auch das Ergebnis einer Schülerumfrage im Sommer 006 bestätigt das Denkmalsanliegen: Neun von zehn ugendlichen werteten den Mahnmalsbau als Zeichen on Stärke und Selbstbewusstsein im Umgang mit der eutschen Schuld. Der unterirdische Ort der Information eherbergt eine der eindrucksvollsten Gedenkstätten erlins. In der Konzentration auf Namen, Familienbio- rafien und Orte wird hier jüdisches Leben in ganz uropa ebenso vergegenwärtigt wie dessen Zerstörung nd Auslöschung. Unterstützt mit Mitteln des privaten ördervereins konnte die Stiftung inzwischen insgesamt 400 Biografien recherchieren, die im Raum der Namen or dem Vergessen bewahrt werden und auch im Internet ugänglich sind. Ende vergangenen Jahres eröffnete die Stiftung das ideoarchiv mit den Geschichten betroffener Zeitzeu- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22945 (A) ) (B) ) gen. Rund tausend Videozeugnisse der in der Universität Yale gesammelten Erinnerungen Überlebender in der ganzen Welt sind hier nun aufgearbeitet und digitalisiert einzusehen. Diese aktive Erinnerungsarbeit ist ebenso wichtig wie das stille Gedenken. Denn der Moment ist nicht mehr fern, an dem der letzte Überlebende ver- stummt sein wird. In der kurzen Zeit des Dauerbetriebes beteiligte sich die Stiftung darüber hinaus an der Erarbeitung zweier Sonderausstellungen gemeinsam mit anderen Gedenk- stätten und Einrichtungen und veranstaltete eindrucks- volle Vortrags-, Gesprächs- und Zeitzeugen-Abende. Sechs verschiedene Workshops für Schülergruppen und zwei für größere Zielgruppen stehen neben Führungen und Projekttagen für das museumspädagogische Ange- bot des Denkmals. Es ist nur folgerichtig, endlich umzusetzen, was be- reits seit Gründung der Stiftung vorgesehen war: die Geschäftsordnung der anderen Denkmale durch die „Stiftung für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ erledigen zu lassen. Mit der Kabinettsvorlage vom 14. Januar dieses Jahres sollen demnach in die überzeugende Stiftungsarbeit zur Erinnerung und Ver- söhnung mit den Opfern des nationalsozialistischen Ter- rors und ihren Angehörigen nun auch das räumlich und gestalterisch korrespondierende Mahnmal für die vom Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen und das entstehende Mahnmal für die Sinti und Roma am nord- östlichen Rande des Tiergartens in die Denkmalsarbeit der vorhandenen Stiftung mit einbezogen werden. Faktisch betreut die Stiftung bereits das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen. Die Feier zur Übergabe an die Öffentlichkeit am 27. Mai 2008 wurde von der Stiftung organisiert. Technisch unter- stützt sie die dort im Rahmen des Berliner Christopher Street Days und des Gedenktages am 27. Januar stattfin- denden Veranstaltungen. Darüber hinaus zeichnet die Stiftung für Begleitmedien (Faltblatt und Materialien- band) verantwortlich und bemüht sich, das Denkmal in Zusammenarbeit mit dem Schwulen Museum Berlin und dem LSVD in die Bildungsarbeit der Stiftung einzube- ziehen. Das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermor- deten Sinti und Roma soll bis September 2009 errichtet und der Öffentlichkeit übergeben werden. Der offizielle Baubeginn am 19. Dezember 2008 wurde von der Stif- tung organisiert. Ein entsprechendes Faltblatt zum Denkmal erstellt sie in Absprache mit BKM und dem Künstler Dani Karavan bis zur Eröffnung. Die Errichtung eigener Gedenkstätten für unter- schiedliche Opfergruppen des Nationalsozialismus folgt dem Respekt vor den Betroffenen und ihrem Wunsch nach einer eigenen Form des Erinnerns und Gedenkens. Sowohl das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas als auch die Denkmäler für die verfolgten Homosexuel- len und Sinti und Roma verdanken ihre Entstehung und Umsetzung in staatlicher Verantwortung jeweils einer bürgerschaftlichen Initiative und der engagierten Vertre- tung durch die Betroffenengruppen. K d h g Ü d n m d ß u d t H r H t s d V e l f O s E S s d t g t u c Z d d d b O f r d u z t d z g V u z h s (C (D Dieses notwendige Miteinander gesellschaftlicher räfte macht politisches Agieren auf dem Feld des Ge- enkens und Erinnerns aber auch so anspruchsvoll; denn ier sollte immer auch ein parteiübergreifender Aus- leich der Ansichten und Interessen gesucht werden. ber alle strittigen Diskussionen über das Wie des Ge- enkens hinweg sollte der mittlerweile stabile Konsens icht übersehen werden, in dem die Auseinandersetzung it der Vergangenheit heute in der Bundesrepublik grün- et. Ich möchte dazu nur an die gemeinsame Entschlie- ung der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP nd Bündnis 90/Die Grünen zur „Fortschreibung der Ge- enkstättenkonzeption des Bundes“ durch den Beauf- ragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im erbst vergangenen Jahres erinnern. Bei der organisato- ischen Einbindung der Denkmale für die verfolgten omosexuellen sowie die Sinti und Roma in die „Stif- ung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ müs- en natürlich die Vertreter der Opfergruppen gehört wer- en. Grundsätzlich sind jedoch eine gemeinsame erwaltung, der Betrieb und die Pflege der Mahnmale ine naheliegende Lösung. Die Individualität des jewei- igen Gedenkens für die Betroffenengruppen und die öf- entliche Wahrnehmung bleiben davon unberührt. Über die Art der Einbindung der Vertreter einzelner pfergruppen in die betreuenden Gremien der Stiftung ollte noch einmal gemeinsam nachgedacht werden. ine von einigen angeregte Änderung des Namens der tiftung kann ich mir allerdings nicht vorstellen. Gleichzeitig mit der Erweiterung der Verantwortung oll die Stiftung durch die Gesetzesänderung nach Been- igung der Aufbauphase des Denkmals für die ermorde- en Juden Europas nun in die Organisationsstruktur ver- leichbarer Einrichtungen überführt werden. Der im Stiftungszweck formulierte gesetzliche Auf- rag, den Entwurf des Stelenfeldes von Peter Eisenman nd den ergänzenden Ort der Information zu verwirkli- hen, wurde inzwischen in vollem Umfang umgesetzt. ur Fortführung der erfolgreichen Stiftungsarbeit soll as Gesetz in einigen Punkten geändert und den Erfor- ernissen des Dauerbetriebes angepasst werden. Dazu gehört neben anderem die Abschaffung des reiköpfigen Vorstands. Seine Aufgaben sowie die der isherigen Geschäftsführung sollen nun in dem neuen rgan des Direktors oder der Direktorin zusammenge- ührt werden. Damit wird die Stiftung wie auch an ande- er Stelle üblich zukünftig von drei Organen geleitet: em Kuratorium, einem Direktor oder einer Direktorin nd dem Beirat. Darüber hinaus wird der engagierten, umeist auf der Grundlage eingeworbener Spendenmit- el des „Förderkreises Denkmal für die ermordeten Ju- en Europas“ bereits geleisteten Arbeit im Stiftungs- weck Rechnung getragen. Die Stiftung erhält nun den esetzlichen Auftrag, wechselnde Sonderausstellungen, ortrags- und Seminarveranstaltungen durchzuführen nd begleitende Publikationen im notwendigen Umfang u erstellen. Damit erkennt die Bundesregierung die bis- erigen Stiftungsaktivitäten ausdrücklich an. Die Auseinandersetzung um die Denkmale der ver- chiedenen Opfergruppen des nationalsozialistischen 22946 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) Terrorregimes macht deutlich: Nationales Gedenken lässt sich weder amtlich formulieren, noch behördlich regeln. Gleichwohl sind Erinnern und Gedenken weder Privatsache noch rein bürgerschaftlich zu bewältigen. Sie sind immer eine öffentliche Angelegenheit, und das heißt in staatlicher Gesamtverantwortung. In der Bun- desrepublik Deutschland ist mittlerweile eine zukunfts- weisende Erinnerungskultur gewachsen, die nicht selten auch einen parteiübergreifenden Charakter zeigt. Das sollte auch in diesem Falle unser Anspruch sein. Die Art und Weise, wie eine Nation, wie ein Staat sein Verhältnis zur Geschichte formuliert, gibt Auskunft über sein Selbstverständnis und prägt seine Identität. Mit Konrad Adenauer möchte ich schließen, der 1952 dazu bekannte: „Man muss das Gestern kennen, man muss auch an das Gestern denken, wenn man das Morgen wirklich gut und dauerhaft gestalten will. Die Vergan- genheit ist eine Realität. Sie lässt sich nicht aus der Welt schaffen, und sie wirkt fort, auch wenn man die Augen schließt, um sie zu vergessen.“ Deshalb ist die Bewah- rung der Erinnerung, das nationale Gedächtnis, eine politische, also eine gemeinsame Aufgabe über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg. Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD): Vor zehn Jahren haben wir die Errichtung des Denkmals für die ermorde- ten Juden Europas in Berlin beschlossen – eine der letz- ten Entscheidungen, die noch in Bonn getroffen wurden. Vorausgegangen war dem Beschluss eine langjährige Debatte – die sich gelohnt hat, wie man wenige Hundert Meter von hier entfernt besichtigen kann. Im Mai 2005 wurde das Denkmal eröffnet. Bereits im ersten Jahr be- suchten mehr als eine Million Gäste das Stelenfeld. Streitpunkt der Diskussion und ein wichtiger Punkt des damaligen Beschlusses war die Ergänzung des Denkmals durch einen Ort der Information. Selbst der Architekt Peter Eisenman, der ursprünglich gegen diese Erweiterung war, ist mittlerweile längst von der Richtig- keit dieser Entscheidung überzeugt. Ohne den Ort der Information hätte das Denkmal nicht seine Wirkung und seine Anziehungskraft entfalten können. Den Mitarbei- tern der Stiftung ist es auf sehr eindrückliche Art gelun- gen, an diesem nicht authentischen Ort an die Schrecken des NS-Terrors zu erinnern und ihn zu vergegenwärti- gen. Die jüdischen Opfer bekommen Namen und Ge- sicht, sodass das Grauen gerade für die jüngeren Genera- tionen nachvollziehbar wird. Mit dem Projekt „Leben mit der Erinnerung. Überlebende des Holocaust erzäh- len“ werden das Wissen und die Erfahrungen der Zeit- zeugen, deren Zahl immer weiter abnimmt, gesichert und an die nachfolgenden Generationen vermittelt. Die Sorge übrigens, das Mahnmal im Herzen der Hauptstadt würde Besucher von den authentischen Ge- denkorten abziehen, hat sich nicht als zutreffend erwie- sen. Im Gesetz zur Errichtung der Stiftung wurde als Stiftungszweck im Abs. 1 die „Verwirklichung des Grundsatzbeschlusses des Deutschen Bundestages vom 25. Juni 1999 (Drucksache 14/1238) zur Errichtung ei- nes Denkmals für die ermordeten Juden Europas“ festge- schrieben. Der Bundestagsbeschluss ist umgesetzt, das D c Z i n D d t G t v w s l g t u s o – l d – A t d i D r E v d g B d s g b l D S s 1 m d e 6 2 n d S A (C (D enkmal seit vier Jahren fertiggestellt. Der ursprüngli- he Stiftungszweck ist damit hinfällig und es ist an der eit, das Stiftungsgesetz entsprechend anzupassen. Das st das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs. „Zweck der Stiftung ist die Erinnerung an den natio- alsozialistischen Völkermord an den Juden Europas. ie Stiftung trägt dazu bei, die Erinnerung an alle Opfer es Nationalsozialismus und ihre Würdigung in geeigne- er Weise sicherzustellen“, heißt es jetzt im § 2 des esetzentwurfs. Aufgabe der Stiftung ist auch die Be- reuung des Denkmals für die im Nationalsozialismus erfolgten Homosexuellen, das im letzen Jahr einge- eiht wurde, und des Denkmals für die im National- ozialismus ermordeten Sinti und Roma, das, hoffent- ich, in diesem Jahr fertiggestellt wird. Die anderen Änderungen sind im Wesentlichen An- leichungen an die Strukturen vergleichbarer Einrich- ungen. So wird der dreiköpfige Vorstand abgeschafft nd die Aufgaben des bisherigen Vorstands und der Ge- chäftsführung werden in dem neuen Organ „Direktor der Direktorin“ zusammengeführt. Allerdings müsste analog zu vergleichbaren Einrichtungen – die Bestel- ung des Direktors für fünf statt für vier Jahre erfolgen. Über diesen Punkt und über den Sinn einer Änderung es Stiftungsnamens und der Besetzung des Kuratoriums wie von den Grünen vorgeschlagen – sollten wir im usschuss diskutieren. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Die „Stif- ung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ bedarf er Erweiterung. Wir setzen damit einen weiteren Stein n das Mosaik der Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit eutschlands ein. Die Wurzeln der heutigen Erweite- ung der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden uropas“ liegen im Denkmalsbeschluss des Bundestages om 25. Juni 1999. Damals beschloss der Deutsche Bun- estag das Holocaust-Mahnmal. Wie kaum ein zweites esellschafts- und geschichtspolitisches Ereignis in der undesrepublik hat dieses Vorhaben in einer elf Jahre auernden Diskussion die Gemüter durch alle politi- chen Lager und sozialen Schichten bewegt. Mit seinem Beschluss stellte der Deutsche Bundestag leichzeitig fest: „Die Bundesrepublik Deutschland leibt verpflichtet, der anderen Oper des Nationalsozia- ismus würdig zu gedenken.“ Dies ist die Grundlage des enkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten inti und Roma und des Denkmals für die im National- ozialismus verfolgten Homosexuellen. Vor fast auf den Tag genau neun Jahren – am 7. März 2000 – wurde die „Stiftung Denkmal für die er- ordeten Juden Europas“ errichtet. Stiftungszweck war amals die Errichtung und Unterhaltung des Denkmals, ines Ortes der Erinnerung und des Gedenkens an bis zu Millionen Opfer. Nachdem die Stiftung in den Jahren 003 bis 2005 die Bauherrenfunktion ausübte, ist sie unmehr für den Betrieb des Denkmals als Ort des Ge- enkens, der Aufklärung und der Begegnung zuständig. eit seiner Eröffnung im Jahr 2005 ist das Stelenfeld des rchitekten Peter Eisenman eine wahrlich vielbesuchte Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22947 (A) ) (B) ) Stätte. Über 5,3 Millionen Menschen besuchten bisher das Mahnmal und schon 1,5 Millionen Menschen waren Gast des Dokumentationszentrums, welches erst im Sommer 2008 durch das Videoarchiv ergänzt wurde. Mitte Mai 2008 konnte das Denkmal für die im Natio- nalsozialismus verfolgten Homosexuellen der Öffent- lichkeit übergeben werden. Im Sommer 2009 wird das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma endlich vollendet sein. Die „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ bekommt damit neue Aufgaben; das Stiftungsgesetz muss durch die Neuzugänge aktualisiert und an die Erfordernisse des Dauerbetriebs angepasst werden. Neben technischen Details, die ich hier nicht vertiefen möchte, sind zwei Punkte hervorzuheben, die im neuen Stiftungsgesetz verankert werden müssen und sicherlich unstrittig sind: Erstens: Selbstverständlich muss der Stiftungszweck an seine erweiterten Aufgabenstellungen angepasst wer- den. Dagegen ist nichts einzuwenden. Zum einen ist es notwendig, den Stiftungszweck beim Denkmal für die ermordeten Juden um die ständige Ausstellung im Ort der Information sowie Vortrags- und Seminarveranstal- tungen zu erweitern. Zum anderen müssen die beiden neuen Denkmäler mit unter die Obhut der Stiftung fal- len. Zweitens wird der bisher neben dem Kuratorium exis- tierende Vorstand aufgelöst, und der ehemalige Vorstand sowie die Geschäftsführung werden im neuen Organ „Direktorin oder Direktor“ zusammengeführt. Zwei Punkte, die durch den Gesetzesentwurf nicht an- gepackt wurden, bedürfen jedoch noch einmal einer Ver- tiefung: Erstens gilt es, noch einmal zu überdenken, ob durch die Erweiterung des Stiftungszweckes auch der Name der Stiftung geändert werden müsste. Hier hat sich die FDP-Fraktion noch kein abschließendes Urteil gebildet. Die Für und Wider werden wir sicherlich eingehend im Ausschuss diskutieren und die Argumente der sich jetzt schon positionierenden Gruppen einbeziehen. Zweitens gilt es, zu bedenken, ob das Kuratorium mit Erweiterung des Stiftungszwecks durch neue Mitglieder ergänzt werden muss. Persönlich erachte ich es als prü- fenswert, ob das bisher schon 23-köpfige Gremium des Kuratoriums erweitert werden sollte. Schon jetzt sitzen im Kuratorium alle Fraktionen des Deutschen Bundesta- ges, die Bundesregierung, das Land Berlin, der Förder- kreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V., der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Stiftung Topographie des Terrors, um nur einige zu nennen. Wird dieser Kreis erweitert, ist die Arbeitsfähigkeit des Gre- miums infrage zu stellen. In den kommenden Wochen freue ich mich auf eine konstruktive Diskussion im fe- derführenden Ausschuss für Kultur und Medien. Petra Pau (DIE LINKE): Die Linke stimmt zu. Das Gesetz über die „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ soll verändert werden. De facto geht es d z m e S e S s d D a w S m u l S h w J b b b d d P u w t b c S w K l s s W c e s n A „ L (C (D arum, den Stiftungszweck zu erweitern. Er soll usätzlich das Denkmal für die durch das NS-Regime er- ordeten Homosexuellen umfassen, ebenso das für die rmordeten Sinti und Roma. Außerdem soll die interne truktur der Stiftung „verschlankt“ werden. Auch das ntspricht den Vorschlägen, die das Kuratorium für die tiftung bereits vor Jahresfrist beschlossen hatte. Sie ind plausibel begründet. Die Fraktion Die Linke wird em Gesetzentwurf daher zustimmen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt durch- us die Zielsetzung des zugrunde liegenden Gesetzent- urfes: Die Aktualisierung des Stiftungszweckes im inne einer Ausdehnung auf die Betreuung des Denk- als für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti nd Roma sowie des Denkmals für die im Nationalsozia- ismus verfolgten Homosexuellen ist sinnvoll. Auch die trukturveränderung bei der Organisation der Stiftung alten wir grundsätzlich für richtig. Gleichwohl bin ich irritiert, dass der Gesetzentwurf eder mit der Opposition noch mit dem Zentralrat der uden, dem Verband der Sinti und Roma oder dem Les- en- und Schwulenverband besprochen wurde: Ich hatte ereits in der letzten Kuratoriumssitzung zur Denkmals- efassung angeregt, dem neuen Aufgabengebiet auch urch eine Anpassung des Namens der Stiftung Aus- ruck zu verleihen. Ich gehe davon aus, dass wir diesen unkt im anschließenden Ausschussverfahren erörtern nd gemeinsam lösen werden. Im Ausschussverfahren muss auch geklärt werden, ie die von der Aufgabenerweiterung betroffenen Initia- iven und Verbände im Kuratorium angemessen einge- unden werden. Der Gesetzentwurf gibt hier bedauerli- herweise keinerlei Hinweis. Er ist insofern aus meiner icht lückenhaft. Das Kuratorium muss entsprechend er- eitert werden. Die Gesetzesänderung muss auch haushalterische onsequenzen haben: Denn wenn die Stiftung tatsäch- ich zwei neue Denkmäler zur Betreuung hinzugewinnt, o muss sich dies auch bei der Mittelausstattung nieder- chlagen. Der Gesetzentwurf verliert auch darüber kein ort. Ich gehe davon aus, dass wir die von mir angespro- henen Punkte im Ausschussverfahren einvernehmlich iner Lösung zuführen werden. Der Gegenstand des Ge- etzentwurfes eignet sich aus meiner Sicht ganz und gar icht für parteipolitische Reibereien. nlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Programm „Stadt- umbau Ost“ – Fortsetzung eines Erfolgspro- gramms (Zusatztagesordnungspunkt 6) Volkmar Uwe Vogel (CDU/CSU): Das Programm Stadtumbau Ost“ hat sich bewährt. Bisher haben Bund, änder und Gemeinden 2,5 Milliarden Euro aufgewen- 22948 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) det, um der spezifischen Probleme der ostdeutschen Wohnungswirtschaft Herr zu werden. Mit diesen Mitteln ist es gelungen, einen großen Schritt zum ansehnlichen und bezahlbaren Wohnraum, auch in Zeiten der Verstäd- terung und des Wegzugs, zu machen. So wurden allein von 2002 bis 2007 circa 220 000 Wohnungen vom Markt genommen, die jetzt nicht mehr bewirtschaftet werden müssen oder erhöhte Kosten bei den Vermietern und da- mit bei den Mietern verursachen. Der Wegzug und der damit verbundene Wohnungs- leerstand haben nicht nur zur Folge, dass die Vermieter und Wohnungsgesellschaften Einnahmen einbüßen müs- sen. Auch die technische Infrastruktur muss den neuen Bedingungen angepasst werden, um die Kosten im Griff zu behalten. Und auch die soziale Infrastruktur ist davon betroffen. Kindertagesstätten, Schulen, Arztpraxen und Freizeiteinrichtungen müssen wegen mangelnder Aus- lastung oder Rentabilität geschlossen werden. Das sind Faktoren, die die Lebens- und Wohnqualität negativ be- einflussen und den Wegzug noch beschleunigen. Aber mit dem aktuell laufenden Programm ist es gelungen, nach und nach die Situation in den Griff zu bekommen. Nach Anfangsschwierigkeiten waren die Kommunen und Wohnungsunternehmen immer besser in der Lage, mit dem Programm umzugehen. Dabei müssen wir eine wesentliche Fehlentwicklung der DDR-Wohnungspolitik korrigieren. Die Mangel- wirtschaft hatte zur Folge, dass nur noch schnell mit minimalem Aufwand Plattenbausiedlungen an den Stadträndern hochgezogen wurden. Stadtkerne und in- nerstädtische Wohnbebauung wurden dem Verfall preis- gegeben. Das ist ein Grund dafür, warum das Programm „Stadtumbau Ost“ von Anfang an als „lernendes Pro- gramm“ angelegt wurde. In den vergangenen Jahren lag der Schwerpunkt auf dem Abriss, was vorrangig von großen Wohnungsunter- nehmen genutzt wurde, die Plattenbauten zu bewirt- schaften hatten. Der Abriss wird auch in Zukunft ein wichtiger Faktor sein, aber nicht mehr so absolut im Vordergrund stehen. Trotzdem sind die strukturellen Probleme zwischen westdeutschen und ostdeutschen Kommunen bzw. der Wohnungswirtschaft noch zu unterschiedlich, um beide Programme zusammenzuführen – zu vereinigen. Es bleibt aber für uns das Ziel! Wichtig ist der intensive Erfah- rungsaustausch, damit sich Fehler nicht wiederholen. Wir wollen das Programm flexibler gestalten, damit eine zielgenaue Gestaltung zwischen Abriss und Aufwer- tung möglich ist. Außerdem eröffnen wir den Kommunen und Wohnungsunternehmen die Möglichkeit, nach Ihrer spezifischen Situation vor Ort zu handeln. Ein Manko der letzten Jahre waren auch die nicht vor- handene Verbindlichkeit der Stadtentwicklungskonzepte und die Beteiligungsverfahren betroffener Akteure. Auch unter diesem Aspekt werden wir das – ich erwähnte es be- reits – „lernende Programm“ fortentwickeln. Die aktuelle Evaluierung untermauert, dass die Innen- städte mit Aufwertungs- und Umgestaltungskonzepten s k a D t k I c d D v f d h k K P w c D E a G k H A a B g s d n b m k W W a e P d n G t D u e g n q l i (C (D tärker berücksichtigt werden sollten. Dort sind auch die leinteiligen Eigentümerstrukturen zu finden, die unter nderem die Urbanität einer Innenstadt ausmachen. aher muss das Programm auch für den privaten Eigen- ümer besser nutzbar gemacht werden. Eine Möglich- eit, die es zu prüfen gilt, ist die Wiederbelebung der nvestitionszulage für diesen Bereich. Zum Schluss möchte ich Sie darauf aufmerksam ma- hen, dass bisher 390 Kommunen in Ostdeutschland von em Programm profitiert haben. Die graue Platte einer iktatur – eines Unrechtsstaates – ist verschwunden. Die erbliebenen Wohnviertel wurden attraktiv, bunt und reundlich – so wie die Freiheit. Es ist auch gelungen, en der Heimat treu gebliebenen Bürgern nicht nur noch öhere Lebenshaltungskosten zu ersparen – nein, wir onnten das gesamte Stadt- bzw. Lebensumfeld in den ommunen positiv beeinflussen. Mit dem vorliegenden Antrag will meine Fraktion das rogramm „Stadtumbau Ost“ bis in das Jahr 2016 eiterführen und die einzelnen Instrumente weiterentwi- keln. Ich möchte dafür werben, dass die nachfolgenden iskussionen in den beteiligten Gremien zügig zum nde gebracht werden. Das jetzige Programm läuft 2009 us, und die Fortschreibung ist, das habe ich auch in den esprächen mit Kollegen gespürt, unstrittig. Deswegen ommt es jetzt darauf an, die Finanzierungsgrundlage im aushalt ab 2010 festzuschreiben. Dabei muss auch die ltschuldenproblematik der Wohnungsunternehmen, un- bhängig von der jetzigen Regelung bis 2013, weitere eachtung finden. Ich hoffe auf konstruktive und zielführende Beratun- en in den Ausschüssen. Ernst Kranz (SPD): Die ostdeutsche Wohnungswirt- chaft hatte mit der deutschen Einheit große Herausfor- erungen zu bewältigen. Die von den Kommunen über- ommenen Wohnungsbestände waren mit Altschulden elastet und zum Teil sanierungsbedürftig. Arbeits- arktbedingte Abwanderungen und allgemeiner Bevöl- erungsrückgang führten zu überdurchschnittlichen ohnungsleerständen. Diese Entwicklung war für die ohnungsunternehmen nicht vorhersehbar und häufig uch nicht zu beeinflussen, für den Wohnungsmarkt war ine solche Situation ebenfalls neu. Die Bundesregierung hat deshalb im Jahr 2002 das rogramm „Stadtumbau Ost“ aufgelegt. Im Vorfeld hat ie Bundesregierung die Kommission für den woh- ungswirtschaftlichen Strukturwandel, auch Lehmann- rube-Kommission genannt, einberufen, die die Situa- ion analysiert und den Handlungsbedarf ermittelt hat. ie Kommission hat sehr klar die Forderung nach einer mfassenden Abbruchförderung durch Bund und Land rhoben. So stellten Bund und Länder im Rahmen des Pro- ramms finanzielle Mittel für den Rückbau von Woh- ungen bereit; ebenso für die Aufwertung von Stadt- uartieren, wofür die Kommunen einen eigenen Anteil eisten müssen. Damit konnte die Lösung der Probleme n Angriff genommen werden, die die Kommunen und Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22949 (A) ) (B) ) ihre Wohnungsunternehmen alleine nicht hätten bewälti- gen können. Bis Ende 2007 haben sich 390 Kommunen mit über 820 Stadtumbaugebieten beteiligt. Inzwischen hat sich der Wohnungsmarkt sichtbar stabilisiert. Bis Ende 2007 wurden rund 220 000 der 350 000 geplanten Wohnungen vom Markt genommen. In den Quartieren ist eine neue Lebensqualität entstanden und die Bevölke- rung steht nach anfänglichen Zweifeln zum Abrissvolu- men nun hinter dem Programm. Dies ist das Ergebnis sowohl der Gutachter als auch der parallel vom Ministe- rium eingesetzten Lenkungsgruppe, die im Auftrag des Bundesministeriums das Programm rechtzeitig vor sei- nem Ablauf im Jahr 2009 evaluiert haben. Deren Auf- gabe war es, Empfehlungen zu formulieren für die laufende Umsetzung des Programms und dessen Fortset- zung sowie zukünftige Handlungsfelder und spezifische Schwerpunkte des Programms für die Fortsetzung aufzu- zeigen. Laut Lenkungsgruppe hat die Anzahl leer- stehender Wohnungen kontinuierlich abgenommen, die wirtschaftliche Situation der Wohnungsunternehmen hat sich spürbar verbessert und indirekt hat sich dadurch auch die wirtschaftliche Situation privater Einzeleigen- tümer verbessert. Zur Verbesserung der Gesamtsituation hat auch die Investitionszulage zur Modernisierung innerstädtischer Altbauquartiere in den Jahren 2002 bis 2004 beigetra- gen; genauso die befristete Befreiung von der Grunder- werbsteuer bei Fusionen von Wohnungsunternehmen in den Jahren 2004 bis 2006 sowie die Verankerung des Stadtumbaus im Baugesetzbuch. Bei der Wohnumfeld- verbesserung durch Aufwertungsmaßnahmen war es ent- scheidend, dass die Mittel überwiegend für die Gestal- tung des Wohnumfelds und des öffentlichen Raums inklusive der durch Rückbau freigewordenen Flächen und für Maßnahmen der Infrastruktur verwendet wur- den. Die Lenkungsgruppe hat weiterhin festgestellt, dass es in unsanierten Gründerzeitgebieten deutliche Ent- wicklungsdefizite gibt. Es besteht weiterhin ein gesamt- städtischer Aufwertungsbedarf in den Handlungsfeldern öffentliche Räume, Grün-, Verkehrsflächen und Stadt- bildpflege; Aufwertungsprozesse benötigen ausreichend Zeit, deshalb ist die Programmfortführung wichtig. Oft fehlen sinnvolle Nachnutzungen oder Investoren, Über- gangssituationen und Zwischennutzungen stellen ein Planungsprinzip dar. Die Lenkungsgruppe hat auch diskutiert, inwieweit eine Zusammenführung der Programme Ost und West sinnvoll ist, und kam zu dem Ergebnis, dass mit den ho- hen Leerständen aufgrund einst überzogener Wachstums- erwartungen und mit der jahrzehntelang verschleppten Sanierung von Altbauten noch vereinigungsbedingte Sonderbedingungen vorhanden sind, die spezieller Re- gelungen bedürfen. Wichtig für den Erfolg des Programms war, dass das Programm als „lernendes Programm“ angelegt war, so konnte auf neu entstandene Probleme flexibel reagiert werden: Es gab die Möglichkeit, Aufwertungsmittel für den Rückbau einsetzen zu können. Es gab weiterhin die Möglichkeit der Übernahme des kommunalen Anteils d l s E F a a r z v a w g f u g E 1 l r b s w U Ä d e A 1 F i w w a t p d d s g g b e s g m b r A W b w g n c s (C (D urch private Investoren; so konnten die Kommune ent- astet und private Investoren einbezogen werden. In be- onders begründeten Einzelfällen konnte der kommunale igenanteil auf mindestens 10 Prozent reduziert werden. ür sanierungsbedürftige innerstädtische Altbauten, die us stadtplanerischen und Denkmalschutzgründen nicht bgerissen werden sollten, wurde eine Soforthilfe einge- ichtet, indem 2005 und 2006 bis zu 3 Prozent, 2007 bis u 5 Prozent und seit 2008 bis zu 15 Prozent des Förder- olumens des Bundes auch für Sicherungsmaßnahmen n Altbauten ohne kommunalen Eigenanteil verwendet erden können. Damit wird der Altbau vor dem Zerfall erettet und Zeit gegeben, um eine geeignete Lösung zu inden. Für die stadtumbaubedingte Anpassung der sozialen nd technischen Infrastruktur hat der Bund für die Pro- rammjahre 2006 und 2007 zusätzlich je 20 Millionen uro zur Verfügung gestellt. Für das Jahr 2008 wurden 5 Millionen Euro und für das Jahr 2009 werden 10 Mil- ionen Euro für diesen Zweck bereitgestellt. Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung die Ab- issfrist bei der Altschuldenhilfe verlängert hat. Für die ereits genehmigten Anträge sollten die Gebäude ur- prünglich bis Ende 2010 abgerissen werden. Diese Frist ird nun bis zum 31. Dezember 2013 verlängert, um den nternehmen die erforderliche Zeit einzuräumen. Mit nderung der Altschuldenhilfeverordnung ist jetzt auch er Abriss von solcher Wohnfläche in die Entlastung mit inbezogen worden, die nach dem für die ursprüngliche ltschuldenhilfe maßgeblichen Stichtag, dem 1. Januar 993, erworben wurde. Dabei geht es vor allem um älle, in denen das kommunale Wohnungsunternehmen m Interesse und im Auftrag der Stadt Immobilien er- orben hat, die entsprechend dem integrierten Stadtent- icklungskonzept abzureißen sind, deren Eigentümer ber hierzu nicht bereit oder in der Lage waren. Die Un- ernehmen erhalten somit mehr Flexibilität bei der An- assung ihrer Abrissplanungen an den Stadtumbaube- arf. In dem vorliegenden Antrag erkennen wir die Erfolge es Programms an. Jetzt geht es darum, anhand der Be- tandsaufnahme durch die Gutachter und die Lenkungs- ruppe sich Gedanken zu machen, was noch zu erledi- en ist, das nicht ohne finanzielle Mittel vom Bund ewältigt werden kann. Im Großen und Ganzen halte ich s für sinnvoll, das Programm, so wie es bislang ausge- taltet war, fortzuführen. Dabei sind die Erfahrungen, die emacht wurden, genauso mit einzubeziehen wie der er- ittelte weitere Bedarf. So ist das Programm mindestens is zum Jahr 2016 fortzuführen. Der finanzielle Förder- ahmen sollte so ausgestaltet werden, dass die genannten ufgaben des für notwendig erachteten Rückbaus von ohnungen, der Aufwertung von innerstädtischer Alt- austruktur sowie der Pflege des Stadtbildes bewältigt erden können. Die bisherigen Ansätze zur Flexibilisierung des Pro- ramms sollten weiter verstärkt werden, um mit regio- alspezifischen Vorgehensweisen auf die jeweilige örtli- he Situation eingehen zu können. Ich erachte es als innvoll, dass eine bedarfsgerechte Quote für die einzel- 22950 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) nen Städte und Kommunen weiter ermöglicht wird. Der Verteilungsschlüssel ist stärker problemorientiert festzu- legen. Neben den bisherigen Kriterien Wohnungsbestand und Einwohner sind Indikatoren zu verwenden, die die Bevölkerungsentwicklung in geeigneter Weise abbilden. Dabei ist stets die gesamte regionale Entwicklung mit einzubeziehen. Die Stadtumbauziele sind im Rahmen ei- ner überörtlichen Kooperation abzustimmen und in den Planungen verbindlich zu berücksichtigen. Es ist ein ge- eigneter Weg zu finden, den immer noch großen Nach- holbedarf bei der Sanierung innerstädtischer Altbauquar- tiere zu bewältigen. Ziel muss es sein, die Identität der Gesamtstadt aufzuwerten. Das erhöht nicht nur die Standortqualität für die Bewohner, sondern gibt auch der Wirtschaft wichtige Impulse. Die Fördermittel sind möglichst effizient einzusetzen. Die Kommunen sind anzuhalten, ein gut durchdachtes Umbaumanagement zu schaffen. Die „Transferstelle Stadtumbau Ost“ sollte dies auch weiterhin aufmerksam begleiten. Die „Experimentierklausel“, die die Über- nahme des kommunalen Anteils durch Dritte erlaubt, sollte dauerhaft in die Verwaltungsvereinbarung aufge- nommen werden. Neben den Wohnungsunternehmen sind die privaten Investoren künftig in geeigneter Weise stärker mit einzubeziehen. Die Länder sind dazu anzu- halten, die Mittel im Rahmen der Wohnungsbauförde- rungsprogramme so einzusetzen, dass innerstädtisches Wohneigentum in Neubau und Bestand sowie generatio- nengemischte Stadtquartiere gefördert werden und er- gänzend zum Stadtumbau wirken. Ein mir besonders wichtiger Punkt ist es, die Verbind- lichkeit der Stadtentwicklungskonzepte insgesamt weiter zu stärken, um die Planungssicherheit für alle beteiligten Akteure, insbesondere auch für die privaten Grundstücks- eigentümer und die Träger der Infrastruktureinrichtun- gen, zu erhöhen. Hierzu müssen die integrierten Stadt- entwicklungskonzepte unter Beachtung der dauerhaft weiter benötigten Wohnungsbestände und der Entwick- lung der Städte insgesamt weiter fortgeschrieben wer- den. Aufbauend auf dem integrierten Planungsansatz, der dem Stadtumbau zugrunde gelegt wurde, sind geeig- nete Beteiligungsverfahren zu finden, um zum einen den Bürgerinnen und Bürgern die Rückbaumaßnahmen früh- zeitig zu erläutern und zum anderen die unterschiedli- chen Bedürfnisse von Bewohnern, Gewerbetreibenden, Händlern und anderen im Rahmen des Stadtumbaus stär- ker berücksichtigen zu können. Aufgrund des Erfolgs der bereits früher vorhandenen ergänzenden Instrumente sollte geprüft werden, inwie- weit und in welchem Rahmen diese aufgelegt werden können, um den Effekt des Programms „Stadtumbau Ost“ insbesondere in den Kernproblemen zu erhöhen. Dies gilt für die Härtefallregelung nach § 6a Altschuldenhilfe- verordnung sowie für die Investitionszulage für Moder- nisierungsinvestitionen im Altbaubestand. Darüber hi- naus könnten dazu beitragen: eine bessere Information der privaten Eigentümer und Investoren über die bereits vorhandenen Möglichkeiten zur steuerlichen Absetzbar- keit sowie das Lösen der steuerlichen Probleme der Versorgungsunternehmen, wie zum Beispiel der Abzugs- fähigkeit von Rückbaumaßnahmen, der Bildung von R z a K – p g s t S B s s g d B d k i g V g g v 2 h P i S b t a e b S „ s g G M b a z k b u a b z d r m p W (C (D ückstellungen, und zwar aufgrund ihrer Zuständigkeit usammen mit den Finanzministerien der Länder, oder uch eine bessere Verzahnung der Förderprogramme der fW mit den Förderinstrumenten der Stadtentwicklung insbesondere gilt dies für das KfW-Wohneigentums- rogramm und das Wohnraummodernisierungspro- ramm sowie für die energetische Sanierung – und chließlich die Möglichkeit der Mobilisierung von priva- em Kapital über neue Finanzierungsinstrumente für den tadtumbau. Darüber hinaus fordern wir von den Ländern einen ericht über die Durchführung der Maßnahmen. In die- em Bericht sollen nicht nur die besonders positiven Bei- piele der Zusammenarbeit im Rahmen des Stadtumbaus eschildert werden, sondern auch angegeben werden, wo ie Hürden liegen. Für das Jahr 2012 empfehlen wir der undesregierung, einen Zwischenbericht vorzulegen, amit das Programm gegebenenfalls korrigiert werden ann. Und rechtzeitig vor Ablauf des Programms, also m Jahr 2015, sollte wiederum eine Evaluierung durch- eführt werden, um Bilanz zu ziehen und das weitere orgehen diskutieren zu können. Zusammenfassend und abschließend möchte ich sa- en, das Programm „Stadtumbau Ost“ ist ein Erfolgspro- ramm, und dennoch sind in den nächsten Jahren noch iele Aufgaben zu lösen. Ich halte eine Fortsetzung bis 016 deshalb für notwendig. Joachim Günther (Plauen) (FDP): Wir sprechen eute über das bislang sehr erfolgreiche Bund-Länder- rogramm „Stadtumbau Ost“, das seit seiner Einführung m Jahr 2002 eines der wichtigsten Instrumente der tadtentwicklungspolitik in den neuen Ländern ist. Da- ei stehen die Innenstadtentwicklung, der bedarfsorien- ierte Umbau, die Aufwertung der Stadtquartiere, aber uch immer noch der Wohnungsrückbau im Mittelpunkt iner nachhaltigen Strategie. Die Evaluierung durch das Deutsche Institut für Ur- anistik (Difu) und das Institut für Stadtforschung und trukturpolitik (IfS) bekräftigt, dass sich das Programm Stadtumbau Ost“ in der Praxis bewährt hat. Dem chließt sich auch die Stellungnahme der Lenkungs- ruppe an, die aus Vertretern von Bund, Ländern, emeinden, Verbänden, Wohnungsunternehmen und ietorganisationen besteht. Nun gilt es, das Stadtum- auprogramm entsprechend der Evaluierungsergebnisse nzupassen, weiterzuentwickeln und die Förderrahmen u überprüfen. Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise ann es wesentlich zur Stabilisierung von Arbeitsplätzen eitragen. Ich begrüße die Empfehlung der Gutachter nd der Lenkungsgruppe, das Stadtumbauprogramm Ost ls eigenständiges Programm im Bereich der Städte- auförderung mindestens bis zum Jahr 2016 fortzuset- en. Für die FDP war und ist das Bauen im Bestand sowie ie Umnutzung leerstehender Gebäude verstärkt förde- ungswürdig. Vorhaben wie Abriss und Aufwertung üssen dabei immer auf ihre Demografiefestigkeit über- rüft werden. Rückbau ist nach wie vor wichtig, um den ohnungsleerstand nicht wieder ansteigen zu lassen, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22951 (A) ) (B) ) wobei Wohnungsleerstände inzwischen sowohl in den neuen als auch den alten Bundesländern ein regionales Problem sind. Bisher konnte der Leerstand in den Be- ständen des DDR-Wohnungsbaus reduziert und das Ent- stehen zusätzlicher Leerstände verhindert werden. Aus den mittelfristigen Prognosen zur Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung wird jedoch deutlich, dass insge- samt auf dem Wohnungsmarkt ein erneutes Ansteigen der Leerstände droht, wenn der Rückbau nicht im selben Maße fortgesetzt wird. So begrüße ich die Empfehlung der Gutachter und Lenkungsgruppe – zusätzlich zu den aus dem bisherigen Stadtumbauprogramm noch offenen Rückbauzahlen – bis 2016 den Rückbau von weiteren 200 000 bis 250 000 Wohnungen aus Mitteln der Städte- bauförderung zu unterstützen. Nachdem die bisherigen Stadtumbauprogramme vor allem den Rückbau im Blick hatten, muss nun verstärkt die Aufwertung der städtischen Kerne und Stadtquartiere zum Ziel werden. Bei der Aufwertung der Innenstädte und des innerstädtischen Altbaus können mittlerweile sichtbare Erfolge festgestellt werden. Die eingetretenen Aufwertungseffekte in verschiedenen städtebaulich be- deutenden Teilräumen, zu denen auch zukunftsfähige Plattenbaugebiete zählen, beginnen vielerorts auf das ge- samte Stadtbild auszustrahlen. Innerstädtische Stadt- quartiere durchlaufen eine differenzierte Entwicklung. Trotz erster positiver Effekte besteht weiterer gesamt- städtischer Aufwertungs- und Gestaltungsbedarf. Insbesondere der demografische Wandel bedeutet eine Herausforderung, aber auch eine Chance für die Stadtentwicklung. Eine Fortschreibung der gegenwärti- gen Entwicklung bedeutet, dass die Gesamtbevölkerung bis zum Jahr 2050 auf circa 68,5 Millionen sinkt. Drei von vier deutschen Kreisstädten werden bereits im Jahr 2020 weniger Einwohner zählen als heute. Noch stärker fällt die Entwicklung außerhalb der Städte aus. Zugleich verschiebt sich bis zum Jahr 2050 die Relation der im Arbeitsleben stehenden Bevölkerung zwischen 20- und 64- zu den über 65-Jährigen dramatisch. Der Anteil von 20- bis 64-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird dann nur noch 60 Prozent, der Anteil der über 65-Jähri- gen hingegen bereits über 30 Prozent betragen. In diesem Zusammenhang wird es eine große Herausforde- rung sein, vor allem altersgerechtes Wohnen zu garantie- ren. Vor allem strukturschwache Städte und Regionen werden von dieser Entwicklung betroffen sein, wo sich diese Trends durch Abwanderung verstärken. Zugleich werden insbesondere wirtschaftlich starke Regionen weiter wachsen. Die Stadtentwicklungsprogramme müs- sen in diesem Sinne angepasst und flexibilisiert werden. Wachstum und Schrumpfung bedeuten jeweils verschie- dene Herausforderungen, die es politisch zu gestalten gilt. Ziel muss es sein, die Zentren zu stärken, schrump- fende Städte zu stabilisieren und generell die Attraktivi- tät städtischen Wohnens und Arbeitens und damit die un- ter den Bedingungen des demografischen Wandels aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Gründen sinnvolle und notwendige Reurbanisierung zu erleich- tern. r „ s U z g n s d a M P k V t d u d b f u f r P l „ w D s S w g b b d g t u A m g s z d ß n p u g d Z a l s (C (D In vielen Fällen überschneiden sich die Stadterneue- ungsprogramme „Allgemeine Städtebauförderung“, Stadtumbau Ost und West“, „Soziale Stadt“. Sie müs- en hinsichtlich ihrer Zielsetzung, Zielerreichung und msetzung neu überprüft und sollten zu gegebener Zeit u einem modernen Stadt- und Raumentwicklungspro- ramm zusammengefasst werden. Zur Beantragung ei- er Förderung durch Mittel des Bundes genügt ein abge- timmtes Stadt- und/oder Raumentwicklungskonzept, as die lokale Situation und Entwicklungsmöglichkeiten bbildet. Die Förderung erfolgt pauschal, der Einsatz der ittel obliegt den Kommunen. Eine Mitfinanzierung der rojekte durch Private ist wünschenswert und kann den ommunalen Eigenanteil ersetzen. – So weit zu unseren orschlägen. Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Im vorliegenden An- rag der Koalitionsfraktionen finden sich schon im Titel rei Schlüsselwörter. Diese Schlüsselwörter sind „Stadt- mbau Ost“, „Erfolgsprogramm“ und „Fortsetzung“. In er Logik der Regierungsfraktionen stellt sich das 2002 egonnene Programm „Stadtumbau Ost“ als ein Er- olgsprogramm dar, das sich in der Praxis bewährt habe nd das in diesem Sinne folgerichtig bis zum Jahr 2016 ortgesetzt werden solle – wenn auch mit einigen Ände- ungen wie einer stärkeren Flexibilisierung des rogramms, einem stärker problemorientierten Vertei- ungsschlüssel und einer dauerhaften Aufnahme der Experimentierklausel“ in die Verwaltungsvereinbarung, elche die Übernahme des kommunalen Anteils durch ritte erlaubt. Das alles klingt auf den ersten Blick chlüssig und glatt, sehr glatt sogar. Aber ist es auch so? Wenden wir uns noch einmal den bereits erwähnten chlüsselwörtern im vorliegenden Antrag zu, und gehen ir ans Entschlüsseln. Dazu habe ich jetzt ein paar Fra- en: Stimmt die generelle Beschreibung des „Stadtum- au Ost“ als Erfolgsprogramm überhaupt? Sollte es wie isher fortgesetzt werden? Oder braucht es deutliche Än- erungen? Und vor allem frage ich: Erfolg für wen? Ziel des zunächst für den Zeitraum 2002 bis 2009 an- elegten Stadtumbauprogramms Ost war es, die Attrak- ivität der Städte in den neuen Bundesländern zu erhöhen nd das damalige Überangebot an Wohnraum durch den briss von 350 000 Wohnungen zu reduzieren – euphe- istisch als „Rückbau“ bezeichnet. Vor dem Hinter- rund rückläufiger Bevölkerungszahlen und hoher Leer- tände sollte die Kombination beider, sich allerdings um Teil widersprechender Ziele die Zukunftsfähigkeit er ostdeutschen Städte sichern. Aber schon zu Beginn des Stadtumbauprogramms äu- erten Praktiker die Meinung, dass das, was aus woh- ungswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, sich aus stadt- lanerischer Sicht als eine Katastrophe erweisen kann – nd umgekehrt. Zur Frage nach dem Erfolg des Pro- ramms gehört also auch die Frage, ob und, wenn ja, wie ieser dem Programm von Anfang an innewohnende ielkonflikt gelöst wurde. Denn natürlich kann Abriss uch eine Chance sein, wenn er sich denn einem sinnvol- en gesamtstädtischen Leitbild unter- oder besser in ein olches einordnet. Unter „sinnvoll“ verstehe ich in die- 22952 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 (A) ) (B) ) sem Zusammenhang das Nutzen sich bietender Chancen – so zum Beispiel die Chance, die freiwerdende Fläche am Stadtrand der Natur zurückzugeben, die jetzt verklei- nerte Stadt überirdisch als Stadt der kurzen Wege zu or- ganisieren und unterirdisch auch die technische Infra- struktur zurückzubauen. Das verringert letztlich die finanziellen Belastungen ihrer Bewohnerinnen und Be- wohner. Zudem darf man bei der Betrachtung des Stadtum- baus Ost und bei seiner Bewertung die große Dimension der Herausforderung nicht vergessen: Fast ein Drittel der Kommunen, die sich an diesem Programm beteiligen, hatten es mit einem gesamtstädtischen Wohnungsleer- stand von mehr als 15 Prozent zu tun. In 37 Städten stan- den sogar mehr als 20 Prozent, also ein Fünftel, aller Wohnungen leer. Und obwohl inzwischen insgesamt mehr als 250 000 Wohnungen abgerissen wurden, wurde bisher lediglich ein weiteres Anwachsen des Leerstandes verhindert – womit wir wieder bei der Frage nach dem Erfolg wären. Denn der Erfolg des Stadtumbaupro- gramms Ost – was ja nicht ohne Grund so und nicht etwa „Abrissprogramm Ost“ heißt – kann nicht allein quanti- tativ und an wohnungswirtschaftlichen Kennzahlen orientiert gemessen werden, sondern es ist vor allem nach den qualitativen Ergebnissen gleich in doppelter Hinsicht nach dem Platz des Menschen in diesem Pro- gramm zu fragen: Wie wurden und werden die Einwoh- nerinnen und Einwohner in die Vorbereitung und Reali- sierung des Stadtumbaus Ost einbezogen? Werden auch die gehört, die letztlich in und mit den Resultaten leben werden? Und: Haben sich die Standortfaktoren verbes- sert? Was hat sich für die Menschen, für die Bewohne- rinnen und Bewohner, für die Mieterinnen und Mieter, konkret getan? Wie lebt es sich in den umgebauten Städ- ten in den neuen Bundesländern? Insgesamt gesehen erweist sich die qualitative Bewer- tung in der Praxis als schwierig, aber dennoch machen auch aus linker Sicht eine Reihe überzeugender Stadt- umbauten wie in der Lutherstadt Wittenberg, in Cottbus, in Güstrow und Schwerin oder auch in Schwedt an der Oder Mut und lassen an den Erfolg des Programms glau- ben. So hat sich gerade Dagmar Enkelmann, Erste Parla- mentarische Geschäftsführerin unserer Bundestagsfrak- tion, bei einer mehrstündigen Visite in Schwedt von den positiven Seiten des Stadtumbaus Ost überzeugen kön- nen. Frau Dr. Enkelmann fügte hinzu: Angesichts des demografischen Wandels und eines anhaltenden Weg- zugs unter anderem aus Schwedt bleibt die Aufgabe, den Stadtumbau finanziell zu fördern, aktuell. Kommunale Wohnungsgesellschaften beziehungsweise -genossen- schaften allein wären damit überfordert. Unsere Vorschläge resultieren aber nicht nur aus Stu- dienreisen, sondern sind vor allem das Ergebnis intensi- ver Diskussionen auf drei Stadtumbaukonferenzen, die die Fraktion Die Linke in dieser Legislaturperiode in zwei ostdeutschen Städten – Bitterfeld und Eisenhütten- stadt – sowie in Essen durchgeführt hat. Alle drei haben bestätigt, dass Stadtumbau nicht nur als wohnungs- wirtschaftliche Aufgabe gesehen werden kann, sondern als gesamtgesellschaftliche Herausforderung verstanden und behandelt werden muss. a k E n j s u g I d n w d n b n E e d r M u d F s u s w n b D s w s r D d f l r D b r 2 k r a b s i Q m l l P (C (D Insgesamt gesehen kann der Stadtumbau Ost nur dann ls eine Erfolgsgeschichte gelesen werden, wenn Zu- unft nicht allein aus dem Abriss gewonnen werden soll. s geht vielmehr um positive und für die Einwohnerin- en und Einwohner nachvollziehbare Perspektiven ihrer eweiligen Heimatstadt. Es geht um strategische gesamt- tädtische Entscheidungen. Es geht um das Gestalten nd um das Erhalten und Schaffen von Identität. Und es eht nicht zuletzt um das Thema Altschuldenentlastung. n diesem Zusammenhang nehmen wir die Formulierung es vorliegenden Antrags sehr aufmerksam zur Kennt- is, wonach die Bundesregierung auch aufgefordert ird, zu prüfen, „ob eine neue Antragstellung ähnlich er Härtefallregelung nach § 6 a Altschuldenhilfeverord- ung für eine befristete Zeit erforderlich und finanzier- ar ist“. An dieser Stelle möchte ich natürlich daran erin- ern, dass meine Fraktion gerade erst einen Antrag zur ntschuldung der ostdeutschen Wohnungsunternehmen ingebracht hat, dem Sie, meine Damen und Herren von er Koalition, im Laufe des parlamentarischen Verfah- ens gern noch zustimmen können. Auch wenn wir nicht in allen Fragen unbedingt einer einung mit dem Bundesverband deutscher Wohnungs- nd Immobilienunternehmen, GdW, sind, teilen wir aus- rücklich dessen Auffassung, dass die entscheidende lankierung einer Neuauflage des Programms eine ab- chließende Regelung der Altschulden der Wohnungs- nternehmen sein müsse. Ohne eine Streichung der Alt- chulden bei Abriss der damit belasteten Wohnungen ürden die Wohnungsunternehmen nur in seltenen Aus- ahmefällen in der Lage sein, sich weiter am Stadtum- au zu beteiligen. Die mögliche Folge aus GdW-Sicht: as gewünschte neue Stadtumbauprogramm könnte eine Wirkung nicht entfalten, und ganze Wohnquartiere ürden sowohl baulich als auch sozial erodieren. Alles in allem bedeutet Erfolg im Stadtumbau Ost, olche Städte zu entwickeln, deren kommunale Struktu- en funktionieren und in denen man gern bleiben will. as ist das wohl wichtigste Kriterium für die Bewertung es Stadtumbauprogramms. Und daher kann die Haupt- rage auch nur lauten: Ist es mit diesem Programm ge- ungen, Zukunft für die beteiligten Städte zu organisie- en? Aus unserer Sicht, aus Sicht der Bundestagsfraktion ie Linke, sollte das Programm „Stadtumbau Ost“ wie eantragt als eigenständiger Bereich der Städtebauförde- ung auch über das Jahr 2009 hinaus und mindestens bis 016 fortgesetzt werden. Gerade im Interesse der Zu- unftsfähigkeit ostdeutscher Städte, gleichsam im Inte- esse urbaner Landschaften, sollte mehr als bisher Wert uf die menschliche und soziale Dimension dieses Um- aus gelegt werden. Im Sinne des auch von den Antrag- tellern hervorgehobenen „lernenden Programms“ ist mmer wieder nach der Aufwertung der städtischen uartiere zu fragen, statt lediglich Abrisszahlen zusam- enzuzählen. Aus unserer Sicht darf bei aller Bedeutung finanziel- er Fragen nicht allein das Geld die künftige Entwick- ung der Städte in Ostdeutschland bestimmen. Erste riorität müssen vielmehr die Ansprüche, Bedürfnisse Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 22953 (A) ) (B) ) und Lebensgewohnheiten der Menschen, der Einwohne- rinnen und Einwohner, haben. Von einem Erfolg des Programms kann dann gesprochen werden, wenn solche Meinungen zu hören sind wie aus Cottbus, wo sich eine Vertreterin des Mieterbundes folgendermaßen über den Stadtumbau in Cottbus-Sachsendorf äußerte: Die Men- schen, die hier wohnen, wollen nicht mehr weg, weil sie sich wohlfühlen. Im Übrigen sind sinkende Einwohnerzahlen und da- her leerstehende Wohnungen schon längst kein allein ostdeutsches Problem mehr. Nach Expertenangaben dürfte spätestens in zwei Jahrzehnten jede zweite deut- sche Stadt mit sinkenden Einwohnerzahlen konfrontiert sein. Daher erscheint es auch aus unserer Sicht durchaus angebracht, beide Programme, „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“, weiterzuentwickeln. Genügend Er- fahrungen aus den neuen Bundesländern, Erfolgsge- schichten und solche, die erst noch zum Erfolg geführt werden müssen, bringt Ostdeutschland mit. Und hier gibt es einmal die Chance, dass der Osten Vorreiter für den Westen sein kann. Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist schon ein Kreuz mit dieser Großen Koalition. Einerseits müsste sie ja angesichts ihrer satten Mehrheit im Bun- destag vor Kraft und Energie strotzen und die Republik durcheinanderwirbeln. Aber davon kann bei Schwarz- Rot keine Rede sein: Beide Körperhälften bewegen sich schon lange nicht mehr synchron zu- und miteinander. Und das führt bekanntermaßen zu dem Stillstand, den wir schon seit vielen Monaten erleben und erleiden müs- sen. Und der betrifft auch das wichtige Thema „Stadtum- bau Ost“. Um der Legendenbildung vorzubeugen: Ich brauche nicht zu betonen, dass meine Fraktion dieses Programm entscheidend mit initiiert und geprägt hat. Wir haben uns immer dazu bekannt, dass das Programm auch über das Jahr 2009 verlängert werden muss. Aber das bedeutet nicht, dass wir allem zustimmen, was zum Beispiel diese Koalition zum „Stadtumbau Ost“ zu sagen hat bzw. zu tun gedenkt. So frage ich mich, warum neun Monate seit der Evaluierung vergehen mussten, bevor wir uns wieder mit diesem Thema im Ausschuss be- schäftigen. Und ich frage mich des Weiteren, warum der heute debattierte Antrag es wieder einmal erst fünf Mi- nuten vor der Angst als Zusatzpunkt – und dazu noch als Protokollrede – auf die Tagesordnung geschafft hat. Als die Lehmann-Grube-Kommission 2001 ihre Zah- len über die Wohnungsleerstände in Ostdeutschland prä- sentierte, herrschte blankes Entsetzen, denn eine derartig katastrophale Situation hatte niemand erwartet. Insofern war es auch richtig, die Schwerpunkte in den ersten Jah- ren dort zu setzen, wo die Not am größten war. Das wa- ren die Leerstände der großen kommunalen und genos- senschaftlichen Wohnungsgesellschaften, die kurz vor dem wirtschaftlichen Ende standen. Dabei kamen natür- lich einige Aspekte wie zum Beispiel die Aufwertung „unter die Räder“, die zwar von Anfang an im Pro- gramm angelegt waren und die für meine Fraktion min- destens genauso wichtig waren und sind. Diese Finan- z w f w m w w u g s g L w w n f a W W B „ s d z D P i t B l a d g F d s t d w „ p d r F d d v m k A p s s d 2 E (C (D ierungsmöglichkeiten spielten eine geringere Rolle, eil bestimmte Vorgaben (zum Beispiel der zu hohe Ko- inanzierungsanteil der Kommunen) nicht praxistauglich aren und erst durch die Erfahrungen vor Ort im Rah- en der jährlich mit den Ländern ausgehandelten Ver- altungsvereinbarungen angepasst werden mussten. Das ar und ist der Vorteil eines „lernenden“ Programms, nd ich wünschte mir, dass wir auch bei anderen Pro- rammen und Gesetzen diesen „lernenden“ Charakter tärken würden. Eines ist jedoch Fakt, und daran wird auch die Verlän- erung des Programms bis 2016 nichts ändern: Der eerstandsdruck wird hoch bleiben, möglicherweise erden der demografische Wandel und der weitere Zu- achs an Wohngebäuden den Bedarf an Rückbaumaß- ahmen sogar noch erhöhen. Trotz dieser Erkenntnisse ördert Schwarz-Rot weiterhin den Wohnungsneubau uf der grünen Wiese durch Eigenheimbau, sprich ohnriester. Und Kommunen leisten sich einen ruinösen ettbewerb um Zuzüge, indem Wohngebiete und billige augrundstücke in direkter Nachbarschaft, Stichwort: Speckgürtel“, miteinander konkurrieren. Dies alles ge- chieht mit Steuergeldern, die andererseits dann auch in ie Hand genommen werden, wenn die dadurch indu- ierten Leerstände später vom Markt bereinigt werden. as ist doch der Wahnsinn im Quadrat! Und ich will die robleme des ungebremsten Flächenverbrauchs und der mmer geringeren Tragfähigkeit öffentlicher Infrastruk- ureinrichtungen hier überhaupt nicht ansprechen. Der Leerstand wird in Ostdeutschland unser ständiger egleiter und auch eine stete Erinnerung an unser Hand- ungsversagen sein. Er wird uns viel mehr Geld kosten, ls wir es heute auszusprechen wagen, und er wird uns aher in den kommenden Jahren zwingend neue Lösun- en abverlangen. Spätestens zu Beginn der nächsten örderperiode 2009 bis 2016 muss nämlich geklärt wer- en, wie eine Regulierung des Wohnungsmarktes in chrumpfenden Regionen ohne überbordende Staatsin- ervention und den übermäßigen Einsatz von Steuergel- ern machbar ist. Was Schwarz-Rot in diesem Zusammenhang immer ieder verschweigt, ist die Tatsache, dass die Mittel des Stadtumbaus Ost“ zu einem großen Teil aus den über- roportionalen Leistungen des Bundes aus dem Korb II es Solidarpakts II stammen. Das heißt, die Bundes- egierung und die Große Koalition bejubeln sich für die ortführung des Programms, aber sie verwenden Mittel, ie für die Herstellung einer nachhaltigen und selbststän- igen wirtschaftlichen Entwicklung in Ostdeutschland orgesehen waren. Das Geld ist zu schade, um hausge- achte Fehlentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt zu orrigieren. Wie stellen Sie sich das eigentlich nach dem uslaufen des Solidarpaktes im Jahre 2019 vor, und wie asst das mit einer rigiden Sparpolitik zusammen, die pätestens nach dem Überstehen der aktuellen Wirt- chafts- und Finanzkrise keinen Haushalt ungeschoren avonkommen lassen wird? Wir müssen uns also der Frage stellen: Was kann ab 016 eigentlich noch der Staat und was müssen die igentümer, das heißt kommunale, genossenschaftliche (A) (C)und freie Wohnungsbaugesellschaften und private Wohngebäudeeigentümer aus eigener Kraft leisten? Ge- rade die letztgenannte Gruppe ist mein großes Sorgen- kind und war häufig Leidtragende im bisherigen Prozess, da sie häufig nicht einmal die benötigten Eigen- mittel zur Verfügung hatte, um am „Stadtumbau Ost“ teilzunehmen. Die starken kommunalen und genossen- schaftlichen Akteure betrieben zudem zum Teil ihre Leerstandspolitik ohne Rücksicht auf die privaten Eigen- tümer, sodass in einigen Städten zum Teil absurd perfo- rierte Straßenzüge und Quartiere entstanden sind. Eigentlich hätte eine bessere Abstimmung zwischen den Betroffenen im Rahmen von integrierten Stadtentwick- lungsplänen solche Fehlentwicklung ausschließen müs- sen. Unsere Beobachtung war und ist jedoch, dass es zwar Stadtentwicklungspläne gab und gibt, aber dass sich viele Akteure nicht danach richten bzw. nicht da- nach gerichtet haben. Diese Missachtung der eigenen Planung und die mangelhafte Partizipation der Betroffe- nen hat in vielen Orten zu Recht zu Protesten und erheb- lichen Konflikten geführt, die auch dadurch nicht gelöst werden konnten, dass das Verhältnis zwischen Abriss und Aufwertung deutlich zugunsten der Aufwertung ver- schoben wurde. Denn damit bleiben die Probleme des künftigen Leerstandes ungelöst. Der „Stadtumbau Ost“ könnte allerdings durch die ge- stärkte Aufwertungskomponente eine wirkliche Chance sein, den ökologischen und klimagerechten Umbau der ostdeutschen Städte zu befördern. Nur lebenswerte Städte werden in Zukunft eine Überlebenschance haben, und das heißt auch, dass wir sie demografiefest und ge- nerationengerecht gestalten müssen. Dafür müssen die Aufwertungsmittel verwendet werden, denn es nützt uns nicht, wenn wir damit schön sanierten Leerstand in Alt- bauquartieren schaffen. Die Lebensbedingungen insbe- sondere für die schwächeren Stadtbewohner wie Kinder und Alte müssen daher signifikant verbessert und die At- traktivität der Klein-, Mittel- und Großstädte erhöht wer- den. Wir brauchen daher endlich den Paradigmenwech- sel weg von der autofreundlichen hin zur menschen- und bürgerfreundlichen Stadt. Ansonsten werden wir schnell an die Grenzen der Aufwertung stoßen, denn diese kann nur unter Beachtung aller Teilaspekte einer lebenswerten Stadt erfolgreich sein. Zu guter Letzt möchte ich noch auf das Dauerthema „Altschuldenhilfe“ im „Stadtumbau Ost“ eingehen. Wir werden uns auch mit den gut gemeinten Vorschlägen aus dem Antrag der Großen Koalition dieses ewige Ärgernis nicht vom Hals schaffen. Der grundsätzliche Webfehler aus dem Einigungsvertrag bleibt erhalten und die beste- henden Rest-Altschulden werden durch Zins und Zinses- zins schon dafür sorgen, dass sie ein Dauerthema blei- ben. Hier fehlt einfach der Mut aufseiten der Großen Koalition, einzugestehen, dass nur ein radikaler und ein- maliger schmerzhafter Schnitt dazu führen kann, dass diese überflüssige Belastung ein für allemal der Vergan- genheit angehört. Ohne eine dauerhafte Klärung der Alt- schuldenproblematik wird es keine eigenwirtschaftliche Lösung der Leerstandsproblematik geben. Daher werden Bund und Länder immer wieder dafür in die Verantwor- tung gezogen. Und das wird uns noch viel Geld kosten. (D (B) ) 22954 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 91, 1 0, T 211. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 19. März 2009 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621100000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Ihnen ei-

nige Änderungen in der Tagesordnung mitteilen und da-
vor noch einen kurzen Wahlvorgang durchführen.

Auf Vorschlag der SPD-Fraktion soll der Kollege
Dr. Carl-Christian Dressel anstelle des Kollegen
Dr. Hans-Ulrich Krüger Mitglied im Gremium nach
Art. 13 Abs. 6 des Grundgesetzes werden. Sind Sie da-
mit einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann
ist der Kollege Dressel zum Mitglied dieses Gremiums
gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbun-
dene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste auf-
geführten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
der CDU/CSU und der SPD:
Kinder, Jugendliche, Familien stärken – Kon-
sequenzen nach dem Amoklauf

(siehe 210. Sitzung)


ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-
fahren

(Ergänzung zu TOP 39)


Redet
a)Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Regelung der Verständigung im Strafverfah-
ren
– Drucksache 16/12310 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

b)Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Hermann Otto Solms, Rainer Brüderle,
Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP

Maßnahmen zur effektiven Reguli
Finanzmärkte
– Drucksache 16/10876 –

(C (D ung en 19. März 2009 0 Uhr Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie c)Beratung der Unterrichtung durch die Deutsche Welle Zweite Fortschreibung der Aufgabenplanung der Deutschen Welle 2007 bis 2010 mit Perspektiven für 2010 bis 2013 und Zwischenevaluation 2008 – Drucksache 16/11836 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Haushaltsausschuss d)Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Mitnahmefähigkeit von beamtenund soldatenrechtlichen Versorgungsanwartschaften ext – Drucksache 16/12036 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss ZP 3 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Beratung des Antrags der Bundesregierung Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit Aufsichtsrat für Mitglieder der Bun rung sache 16/12282 – erung der zu einem desregie – Druck Präsident Dr. Norbert Lammert ZP 4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Umsetzung des Beschlusses der EU in Deutschland für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Dienstleistungen ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kai Gehring, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Finanzumsatzsteuer auf EU-Ebene einführen – Drucksache 16/12303 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Volkmar Uwe Vogel, Dirk Fischer W. Lippold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ernst Kranz, Petra Weis, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Programm „Stadtumbau Ost“ – Fortsetzung eines Erfolgsprogramms – Drucksache 16/12284 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Christian Ahrendt, Sabine LeutheusserSchnarrenberger, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Notleidenden Unternehmen Sanierungschancen durch effizientere Gestaltung der gesetzlichen Regelungen im Insolvenzplanverfahren geben – Drucksache 16/12285 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Haushaltsausschuss ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Dr. Dagmar Enkelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Sicherheit und Zukunft – Initiative für ein sozial gerechtes Antikrisenprogramm – Drucksache 16/12292 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie ZP 9 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Z Z B D n a 3 s a ü l ( (C (D Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Verfahren vereinfachen, Bürger entlasten, Rechtssicherheit schaffen – Notwendige Bedingungen für die Sinnhaftigkeit eines Projekts „Umweltgesetzbuch“ – Drucksachen 16/9113, 16/10393 – Berichterstattung: Abgeordnete Andreas Jung Dr. Matthias Miersch Horst Meierhofer Lutz Heilmann Sylvia Kotting-Uhl P 10 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Flexibler Eintritt in die Rente bei Wegfall der Zuverdienstgrenzen – Drucksachen 16/8542, 16/12311 – Berichterstattung: Abgeordneter Anton Schaaf P 11 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Lebensmittelund Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften – Drucksache 16/8100 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Drucksache 16/12315 – Berichterstattung: Abgeordnete Franz-Josef Holzenkamp Dr. Marlies Volkmer Hans-Michael Goldmann Karin Binder Ulrike Höfken Dabei soll wie immer von der Frist für den Beginn der eratungen, soweit erforderlich, abgewichen werden. er ursprünglich ohne Debatte vorgesehene Tagesordungspunkt 39 e soll nach dem Tagesordnungspunkt 30 ufgerufen werden. Die Tagesordnungspunkte 12 und 1 c werden abgesetzt. Schließlich mache ich auf drei nachträgliche Auschussüberweisungen im Anhang zur Zusatzpunktliste ufmerksam: Der in der 208. Sitzung des Deutschen Bundestages berwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzich dem Ausschuss für Wirtschaft und Technologie 9. Ausschuss)


(Ergänzung zu TOP 40)





(A) )


(B) )


(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten







(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Moder-
nisierung von Verfahren im patentanwaltli-
chen Berufsrecht

– Drucksache 16/12061 –
überwiesen:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Der in der 208. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Verteidigungsausschuss (12. Ausschuss) zur Mitbera-
tung überwiesen werden.

Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin, Manuel Sarrazin, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Zwei Jahre Europa-Vereinbarung – Bundesre-
gierung muss ihre Verpflichtungen unverzüg-
lich vollständig erfüllen

– Drucksache 16/12109 –
überwiesen:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss

Der in der 202. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Ausschuss für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zur
Mitberatung überwiesen werden.

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Hakki Keskin, Monika Knoche, Hüseyin-
Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Gewerkschaften in der Türkei stärken

– Drucksache 16/11248 –
überwiesen:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Auch hier stelle ich Einvernehmen fest. Dann ist das
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin

zum Europäischen Rat am 19./20. März 2009
in Brüssel und zum G-20-Gipfel am 2. April
2009 in London

Hierzu liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion
Die Linke sowie zwei Entschließungsanträge der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklä-
rung 90 Minuten vorgesehen. – Darüber besteht offen-
kundig Einvernehmen und ist damit so beschlossen.

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(C (D Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung erält nun die Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aus irkungen der Finanzmarktkrise haben die Weltwirtchaft – wir spüren das jeden Tag – mittlerweile voll erasst. Überall gehen Investitionen und Produktion urück. Die Arbeitslosigkeit steigt. Der Internationale ährungsfonds und die Weltbank erwarten für dieses ahr bestenfalls weltweit eine Stagnation, wahrscheinich sogar einen Rückgang der Weltwirtschaftsleistung. on dieser Entwicklung sind alle Wirtschaftsräume der elt betroffen. Kein Land kann sich davon abkoppeln. ies stärkt eben auch das Bewusstsein für die Notwenigkeit gemeinsamer Antworten. Das Motto heißt also Kooperation statt Abschottung. as ist der einzige Weg, wieder zu Wachstum und zu eschäftigung zu kommen. Wir alle erleben in unseren nternationalen Kontakten, dass diese Erkenntnis Schritt ür Schritt Eingang in konkretes Handeln findet. Dies ar so bei den Gipfeltreffen der vergangenen Wochen nd Monate, und ich hoffe, dies wird auch bei dem antehenden EU-Gipfel heute und morgen und bei dem -20-Gipfel am 1. und 2. April in London so sein. Die Bundesregierung setzt sich mit aller Kraft dafür in, diese Chance zum gemeinsamen Handeln zu nutzen. ir müssen dabei zwei Fragen in den Mittelpunkt stel en. Erste Frage: Wie können wir unsere nationalen aßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftsund Fi anzkrise noch besser abstimmen und bündeln, damit ie in den einzelnen Staaten getroffenen Maßnahmen ich nicht gegenseitig behindern, sondern befördern; an elchen Stellen benötigen wir dazu gemeinsame europäi che Regeln; gibt es gemeinsame europäische Projekte, ie wir jetzt vorziehen oder zusätzlich durchführen könen, die uns in Europa hinsichtlich unserer Innovationsraft wirklich voranbringen? Genau darüber werden wir eute und morgen sprechen. Das Motto des Rates muss nd sollte lauten: Wir meistern die Krise gemeinsam, nd wir legen in dieser Krise den Grund, um aus ihr als uropäische Union dauerhaft gestärkt hervorzugehen. Die zweite Frage, die wir behandeln, ist: Was müssen ir tun, um zu verhindern, dass eine solche Krise sich in ukunft wiederholt? Dieses Thema kann nur im globa en Zusammenhang betrachtet werden. Deshalb wird es m Vordergrund des zweiten Weltfinanzgipfels Anfang pril in London stehen. Es gibt beim Europäischen Rat weitere Themen, von enen ich heute nur eines kurz anreißen möchte, nämlich ie Aussagen zur Vorbereitung der Klimakonferenz in openhagen. Wir haben neben den Finanzund Wirt chaftsmaßnahmen in diesem Jahr einen entscheidenden nternationalen Schritt zu meistern: die Erarbeitung eines ost-Kioto-Abkommens, also eines Folgeabkommens ür das Kioto-Protokoll. Die entsprechende Konferenz ird Ende des Jahres in Kopenhagen stattfinden. Aber Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel schon heute ist absehbar, dass wir sowohl den Gipfel in London als auch das G-8und G-5-Treffen – also das Treffen der G 13, Stichwort: Heiligendamm-Prozess – im Sommer nutzen müssen, um die Weichen zu stellen, damit die Umweltminister Ende des Jahres auch wirklich zu belastbaren Ergebnissen kommen. An diesem Punkt wird sich genauso wie an der Frage einer Finanzmarktarchitektur zeigen, ob die Welt bereit ist, auf die globalen Fragen auch globale Antworten zu geben. Ich füge hinzu, dass Europa sich seiner Aufgabe bewusst ist, hier eine Führungsrolle einzunehmen. Ich will allerdings auch sagen, dass wir unser Licht nicht dauernd unter den Scheffel stellen sollten. Die Europäische Union ist die einzige Staatengruppe, die klare Zusagen gemacht hat, was die Reduktionsziele anbelangt. Wir sind natürlich bereit, den Entwicklungsländern in Fragen des Klimaschutzes zu helfen. Aber schon jetzt alle Angaben zu machen, bevor zum Beispiel die Vereinigten Staaten von Amerika überhaupt ein Ziel für die mittlere Sicht – sagen wir für 2020 – erarbeitet haben, das halte ich verhandlungstaktisch für falsch. Wir können als Europäer das Problem nicht alleine lösen, aber wir wollen Vorreiter sein; das sage ich hier zu. Meine Damen und Herren, das Zusammenwachsen der europäischen Volkswirtschaften im gemeinsamen Binnenmarkt ist die entscheidende Grundlage für Wohlstand und Wachstum unseres Kontinents. Jeder Mitgliedstaat handelt heute mit all seinen EU-Partnern mehr als mit allen anderen Ländern außerhalb der Europäischen Union. Die natürliche Folge ist, dass wir aufs Engste verflochten sind und dass sich jede Maßnahme in einem Land natürlich sofort auf die Situation in allen anderen Mitgliedstaaten auswirkt. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass wir uns seit Beginn der Krise laufend und intensiv im Kreis der Mitgliedstaaten – bei den Finanzministern, bei den Außenministern, auf der Ebene der Staatsund Regierungschefs – abstimmen. Der französische Präsident und ich hatten deshalb Anfang März zu einem Sondertreffen eingeladen. Es ist richtig, dass wir im Mai noch einmal zu einem Sondertreffen der Europäischen Union zusammenkommen, um uns über die Beschäftigungschancen in der Krise auszutauschen. Wir haben beim Rat im Dezember, also beim zurückliegenden Rat, innerhalb der Mitgliedstaaten mit der Kommission abgestimmt, dass wir unsere nationalen Konjunkturpakete koordinieren. Die Europäische Union hat für 2009 und 2010 einen Konjunkturimpuls von über 400 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, einschließlich der automatischen Stabilisatoren. Das sind 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union. Deutschland hat daran mit 80 Milliarden Euro einen wesentlichen Anteil. Unser Beitrag ist ausweislich der Zahlen der Kommission mit 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Jahre 2009 und 2010 beziffert. Das heißt, wir sind in der Spitzengruppe. Wir leisten Überdurchschnittliches. Ich finde das richtig, weil wir als Exportnation natürlich ein Interesse daran haben, dass die Weltwirtschaft wieder auf die Beine kommt. W c r f i n d W v g d d N f e W b s d d b w W e t w d z s S b ü t n I m s t h h t d d e c w b m (C (D ir können dies selbstbewusst sagen und deutlich mahen; das halte ich für ganz wichtig. Unsere Maßnahmen fügen sich in das ein, was die Euopäische Kommission vorgegeben hat. Sie sind Anreize ür zusätzliche Investitionen in Bildung und Forschung, n Infrastruktur und in Klimaschutz. Wir helfen Unterehmen, die aufgrund der Finanzmarktkrise keine Kreite bekommen, mit unserem Bürgschaftsprogramm. ir stärken die private Nachfrage durch eine Senkung on Steuern und Abgaben, und wir sichern Beschäftiung, zum Beispiel durch die Verlängerung der Bezugsauer von Kurzarbeitergeld. Das ist im Übrigen ein Moell, das jetzt in vielen europäischen Staaten achahmung findet, weil es eine wirkliche Brücken unktion im Zusammenhang mit der Krise erfüllt. Wir rleben das jeden Tag in Deutschland. ir folgen damit auch komplett der sogenannten Lissaon-Strategie, also der Wachstumsstrategie der Europäichen Union, die traditionell Gegenstand der Beratungen es Frühjahrsrates ist. Elemente unserer Strategie sind Maßnahmen zur Förerung der Innovationsfähigkeit und zum Bürokratieabau, der in Europa glücklicherweise vorankommt, sowie eitere Schritte auf dem Weg zur kohlenstoffarmen irtschaft. Über zusätzliche Anreize durch gemeinsame uropäische Projekte werden wir auf diesem Rat diskuieren. Deutschland hat allerdings deutlich gemacht, dass ir – wir werden nur zustimmen, wenn dies Eingang in ie Beschlüsse findet – zusätzliche Maßnahmen nur akeptieren können, wenn sie 2009 oder 2010 wirklich ubstanziell begonnen werden; denn es macht keinen inn, Geld für die Jahre 2013, 2014 oder 2015 auszugeen, weil die Krise dann – davon gehen wir aus – längst berwunden sein wird. Das muss sicher sein. Dafür treen wir ein. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1621100100

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es geht darum, dass wir jetzt nicht schon wieder die
ächsten Konjunkturmaßnahmen fordern.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Sehr richtig!)


ch halte davon überhaupt nichts. Die jetzigen Maßnah-
en müssen wirken;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie müssen ihre Wirkung entfalten können. Ein Überbie-
ungswettbewerb von Versprechungen wird mit Sicher-
eit keine Ruhe in die Entwicklung bringen. Deshalb
alte ich es für außerordentlich gefährlich, wenn jetzt
ransatlantische Gegensätze aufgebaut werden. Ich bin
em amerikanischen Präsidenten sehr dankbar dafür,
ass er seinerseits gesagt hat, dass es sich hierbei um
ine künstliche Diskussion handelt. Wir brauchen psy-
hologisch gute Signale von London und keinen Wettbe-
erb um nichtrealisierbare Konjunkturpakete. Wir ha-
en unseren Beitrag jetzt erst einmal geleistet, und der
uss wirken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Deutschland ist in einer guten Lage, weil wir in den
letzten Jahren unsere Staatsfinanzen konsolidiert haben.
Dadurch haben wir haushaltspolitische Spielräume ge-
wonnen, um in dieser Krise zu agieren. Es ist ganz wich-
tig, dass wir auf dem Rat, der heute und morgen stattfin-
det, das Signal setzen, dass wir nach der Krise zur
nachhaltigen öffentlichen Finanzpolitik zurückkehren.
Das ist aus meiner Sicht und aus Sicht der Bundesregie-
rung unbedingt erforderlich, um sicherzustellen, dass
Vertrauen in die Märkte hineinkommt und das Vertrauen
der Bürger wächst; es wäre falsch, wenn die Angst vor
zukünftigen Steuererhöhungen schon heute das Kon-
sumverhalten bestimmen würde.

Deshalb ist es ein elementarer Fortschritt, dass es in
der Föderalismuskommission II gelungen ist, im Grund-
gesetz eine Schuldenbremse zu verankern, über die wir
nächste Woche debattieren werden. Ich möchte mich
ganz herzlich bei Herrn Struck und bei Herrn Oettinger
dafür bedanken, dass sie diese Föderalismuskommission
zum Erfolg geführt haben.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Wir hätten vielleicht kein Ergebnis bekommen, wenn die
Zeiten ganz normal gewesen wären. Dass wir in dieser
Krise die Kraft aufgebracht haben, diese Maßnahmen zu
vereinbaren, ist etwas, was international sehr wohl regis-
triert wird; es findet allerdings auf internationaler Ebene
leider noch nicht so viele Nachahmer, wie ich mir das
wünschen würde. Deutschland kann und sollte hierfür
wirklich werben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir werden uns auf dem Europäischen Rat über die
verschiedenen Maßnahmen austauschen. Wir werden
noch einmal deutlich machen, dass die Abschottung von
Märkten oder die Diskriminierung im europäischen Bin-
nenmarkt kontraproduktive Verhaltensweisen sind – das
sind die falschen Antworten auf die Krise – und dass es
in dieser Krise nicht um Subventionswettläufe gehen
kann, weil auch das das Vertrauen zerstört. Das heißt,
wir müssen die grundlegenden Ordnungsprinzipien
einhalten, die glücklicherweise durch die Europäische
Union vorgegeben sind. Die Europäische Kommission
ist die Hüterin der Verträge. Die Regeln des europäi-
schen Binnenmarktes haben sich in den vergangenen
Jahrzehnten bewährt, und sie haben auch in der Krise
Gültigkeit.

Allerdings sage ich auch: Die Kommission tut gut da-
ran, wenn auch sie auf diese krisenhafte Situation rea-
giert. Das gilt für Bearbeitungszeiträume, und das gilt
zum Teil für Lockerungen im Beihilferecht. Ich sage
ausdrücklich, dass dies befristet sein sollte.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Telekom!)


Das gilt für Ausschreibungsmöglichkeiten, die beschleu-
nigt werden müssen. Dabei müssen die Flexibilitätsin-
strumente, die der Stabilitäts- und Wachstumspakt vor-
sieht, genutzt werden.

Ein ganz wesentlicher Punkt, den Deutschland im
Ecofin-Rat schon eingebracht hat und auf dem Europäi-

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(C (D chen Rat noch einmal einbringen wird, ist, dass wir siherstellen müssen, dass die prozyklischen Wirkungen es Basel-II-Abkommens – verständlicher gesagt: die atsache, dass sich die Kreditbedingungen in der Krise mmer weiter verschärfen, wenn eine Branche in einer chwierigen Situation ist – befristet ausgesetzt werden, amit wir nicht im Frühjahr oder Sommer in eine Kreditlemme geraten, die sozusagen durch Basel II selbst ereugt ist. ir werden sehr dafür kämpfen, das durchzusetzen. Das ann mehr wert sein als manch weiteres Konjunkturproramm. Ich weise an dieser Stelle darauf hin, dass unsere merikanischen Partner Basel II nie vollständig umgeetzt haben und dass es dadurch einen extremen Wettbeerbsunterschied gibt. Das können wir uns in der jetzien Situation nicht leisten. Wir werden ein klares Bekenntnis zum Stabilitätsnd Wachstumspakt abgeben. Wir werden von deutcher Seite die Kommission ermuntern, die öffentlichen aushalte in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr sorgfäl ig zu überprüfen und Wert darauf zu legen, dass nach er Krise ein Ausweg zu soliden Finanzen gefunden ird. Das Beispiel des europäischen Stabilitätsund achstumspakts zeigt ebenso wie die Regeln des Bin enmarktes, dass Europa uns einen gemeinsamen Handungsund Orientierungsrahmen bietet, den wir natürlich utzen wollen und der uns zu einem kohärenten und geeinschaftlichen Verhalten und Handeln bringt. Wir müssen konstatieren, dass einige Mitgliedstaaten nicht nur Unternehmen, nicht nur Banken, sondern uch Mitgliedstaaten – in eine Notsituation geraten sind. iese Mitgliedstaaten können – das haben wir immer ieder deutlich gemacht – auf unsere Solidarität zählen. ir haben uns bereits im Dezember des vergangenen ahres darauf verständigt, dass wir versuchen, die Strukurfonds insbesondere für die mittelund osteuropäichen Länder schneller zur Umsetzung zu bringen. uch hier ist die Kommission gefordert, bürokratische emmnisse abzubauen. Es liegt nicht immer nur an den itgliedstaaten, sondern zum Teil auch an der Möglich eit, diese Strukturfonds überhaupt anzuwenden. Den itgliedstaaten, die finanziell in Not geraten sind, wer en wir helfen. Wir haben dies bereits an den Beispielen ngarn und Lettland gezeigt; wenn es andere Mitglied taaten trifft, wird das auch dort der Fall sein. Wir haben seitens der Bundesregierung verabredet, ass wir gemeinsam mit dem Internationalen Währungsonds und der Europäischen Entwicklungsbank darüber prechen, wo und wie wir bei der Restrukturierung der ankenlandschaft in den mittelund osteuropäischen ändern eventuell Hilfe leisten können. Denn die mittelnd osteuropäischen Länder sind für uns ein wichtiger xportmarkt. Wenn dort die Kreditvergabe und die Fianzkreisläufe völlig zum Erliegen kommen, ist das icht nur ein Schaden für diese Länder, sondern dann eigt sich, dass es auch in unserem Interesse ist, dass wir ort tätig werden. Deshalb wollen wir durchaus helfen. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Aber wir müssen – auch in Richtung der Länder, die sich im Augenblick mit politischen Entscheidungen leider sehr schwer tun – sagen: Die wesentliche Verantwortung liegt bei den Mitgliedstaaten bzw. Ländern, denen wir helfen. Ich denke, dass wir zum Beispiel in Bezug auf die Ukraine alles unternehmen sollten, damit die notwendigen Handlungen dort erfolgen und das Land nicht immer weiter in Schwierigkeiten gerät. Meine Damen und Herren, neben dem aktuellen Krisenmanagement werden wir heute und morgen auch beraten, welche Lehren wir aus der Entstehung der derzeitigen Finanzund Wirtschaftskrise ziehen. Denn es muss uns gelingen, derartige Krisen in der Zukunft zu vermeiden. Es ist ganz offensichtlich, dass der bisherige Finanzmarktrahmen nicht mit der Globalisierung der Finanzmärkte Schritt gehalten hat. Es gibt dafür eine Vielzahl von Ursachen: Regelungsdefizite und völlig falsch gesetzte Anreize. Das alles hat zu einer verhängnisvollen Kettenreaktion geführt, die die gesamte Weltwirtschaft in diese Krise gestürzt hat. Zur Wahrheit gehört die Tatsache – es macht keinen Sinn, darum herumzureden –, dass manche Fehlanreize und Regelungsdefizite zum Teil politisch unterstützt und nicht bekämpft wurden. Die Politik kann sich an dieser Stelle nicht herausreden und sagen, dass sie von nichts gewusst hat. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


Deutschland gehörte zu denen, die in diesem Zusam-
menhang vieles angemahnt haben.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


– Auch wenn Sie das nicht zur Kenntnis nehmen wollen,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ist auch nicht so wichtig!)


kann ich Ihnen nur sagen, dass es so war. Aber Sie wis-
sen es offenbar besser.

Meine Damen und Herren, was die Dimension der
Krise, die wir derzeit erleben, angeht, stelle ich fest: Es
geht um nicht mehr und nicht weniger als um den Auf-
bau einer neuen, noch nicht existierenden internationa-
len Finanzmarktverfassung. Dies steht auch im Vor-
dergrund des G-20-Treffens Anfang April dieses Jahres.

Der erste Weltfinanzgipfel im November vergange-
nen Jahres in Washington war ein Meilenstein. Dort
wurde zum ersten Mal ein Aktionsplan zur Neugestal-
tung der Finanzmärkte verabredet. Dieser Aktionsplan
ist sehr konkret und umfasst knapp 50 Punkte. Wir ha-
ben uns damals darauf geeinigt, den wirtschaftlichen
Ordnungsrahmen den globalen Bedingungen anzupassen
und für eine lückenlose Regulierung bzw. Aufsicht der
Finanzmärkte zu sorgen.

Der Londoner Gipfel wird natürlich ein Stück weit als
Beweis dafür dienen, ob wir wirklich in der Lage sind,
das, was wir uns vorgenommen haben, umzusetzen. Um
dieses Ziel zu erreichen, habe ich die europäischen G-20-
Teilnehmer eingeladen, um sich auf eine gemeinsame
europäische Position zu einigen. Wir werden das auf

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(C (D em Europäischen Rat noch einmal bekräftigen. Die Fianzminister haben erhebliche Vorarbeiten geleistet. Ich laube, man kann sagen, dass die Fortschritte sichtbar ind, dass wir aber noch nicht am Ende dessen sind, was ir in London erreichen wollen. Wir haben uns darauf verständigt, dass Orte, Akteure nd Produkte der Transparenz und Überwachung bedüren. Gerade im Hinblick auf Steueroasen sage ich, dass s richtig und unabdingbar ist, Ross und Reiter beim Naen zu nennen. Allein diese Androhung hat bereits dazu eführt, dass sich viele Staaten, insbesondere im europäichen Raum, zu Wort gemeldet und dazu beigetragen haen, dass die OECD-Standards anerkannt werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Peter Struck [SPD]: Sehr gut, Herr Steinbrück! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut? Das ist ein Rüpel! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Struck [SPD]: Das musst du gerade sagen!)


ch hoffe, dass uns in London ein wesentlicher Schritt
elingt. Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind.

Deutschland wird auf jeden Fall Wert darauf legen
darüber habe ich neulich auch mit dem französischen
räsidenten gesprochen –, dass auf dem Londoner Gip-
el die Frage „Welche Lehren ziehen wir aus dieser
rise?“ in den Mittelpunkt gerückt wird und man sich
icht nur mit aktuellen Fragen der Krisenbekämpfung
eschäftigt. Das halte ich für sehr wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Meine Damen und Herren, wenn wir uns die Ursa-
hen dieser Krise vergegenwärtigen, stellen wir fest: In
ahrheit ist sie das Ergebnis langfristiger Entwicklun-

en, die immer wieder zugelassen haben, dass Länder
ber ihre Verhältnisse gelebt haben. Deshalb halte ich
ie deutsche Schlussfolgerung, eine Schuldenbremse zu
erankern, auch wenn dieser Weg mühevoll wird und
iele schon heute besorgt sind, welche Folgen sie in den
ächsten Jahren für unsere Haushalte haben wird, für
ehr wichtig.


(Beifall des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/ CSU])


Wir können nicht so weitermachen wie bisher und so-
usagen von Krise zu Krise eilen. Wenn wir uns die Ver-
angenheit vor Augen führen, stellen wir fest: Ende der
0er-Jahre haben wir eine schwere Asien-Krise erlebt.
nfang des 21. Jahrhunderts gab es die sogenannte
ew-Economy-Krise. Jetzt befinden wir uns in einer
och schlimmeren weltweiten Krise. Wir müssen alles
un – das beschäftigt mich sehr, weil wir darüber kontro-
erse Auseinandersetzungen führen und manchmal viel-
eicht auch als diejenigen dastehen, die nicht bereit sind,
o viel auszugeben wie andere –, damit wir nicht gera-
ezu gesetzmäßig in die nächste Krise laufen. Wir haben
nzwischen drei große Krisen erlebt. Wenn die Mensch-
eit daraus nicht die richtigen Lehren zieht, dann hat sie
ichts verstanden. Die Folgen wären wirklich schwer-
iegend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Da unsere Aufgabe nicht nur darin besteht, Finanz-
produkte und Finanzmärkte zu regulieren, habe ich vor-
geschlagen, dass wir gemeinsam eine Charta des nach-
haltigen Wirtschaftens entwickeln. Das hat bei den
europäischen G-20-Teilnehmern große Zustimmung ge-
funden. Ich hoffe, dass wir uns dies in London vorneh-
men können.

Nachhaltiges Wirtschaften heißt, Prinzipien festzule-
gen, die verhindern, dass wir dauerhaft über unsere Ver-
hältnisse leben und dass wir Ressourcen in Anspruch
nehmen, die wir nicht regenerieren können. Nur wenn
sich die Welt gemeinsam auf einen solchen Anspruch
verständigt, wird es möglich sein, in der Zukunft Krisen
zu verhindern.

Globalisierung bedeutet, dass wir uns das nicht al-
leine vornehmen. Jedes Land muss natürlich seinen Bei-
trag leisten. Globalisierung bedeutet aber eben auch,
dass wir miteinander, international, verabreden müssen,
dass keiner von diesen Standards abweicht. Es reicht
nicht, zu sagen, dass kein Land eine Steueroase sein
darf. Darüber hinaus müssen sich alle zum nachhaltigen
Wirtschaften verpflichten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich bin also der Meinung, dass wir alle Möglichkeiten
haben, statt Angst und Ohnmacht Zuversicht und aktives
Handeln zu gestalten. Es muss der Wille dazu da sein.
Ich sage für die Bundesregierung, dass dieser Wille da
ist. Ich sage auch, dass wir mit unserer Erfahrung im
60. Jahr der Bundesrepublik Deutschland und mit über
60 Jahren Erfahrung mit der sozialen Marktwirtschaft ei-
nen Beitrag dazu leisten können. Das heißt, dass der
Staat bereit ist, als Hüter der Ordnung aufzutreten, und
das heißt, dass sich Staaten in der globalen Welt gemein-
sam darauf verständigen, Institutionen zu akzeptieren,
die überwachen und kontrollieren, ob die Staaten die ge-
meinsam verabschiedeten Prinzipien einhalten.

Die wesentliche Frage ist: Gibt es eine solche Bereit-
schaft? Die europäischen Mitgliedstaaten kennen sich
damit aus. Sie haben Aufgaben an die Europäische
Kommission und an das Europäische Parlament abgege-
ben. Es ist uns nicht immer leichtgefallen, aber es hat die
Grundlage dafür geschaffen, dass wir heute in der Euro-
päischen Union gemeinschaftlich agieren können. Dieser
Prozess muss sich vollziehen, auch auf der internationalen
Ebene. Wir werden mit unseren nationalen Erfahrungen
mit der sozialen Marktwirtschaft und mit der Erfahrung
aus der europäischen Zusammenarbeit unseren Beitrag
dazu leisten. Ich glaube, dass wir dazu die Unterstützung
dieses Hohen Hauses haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621100200

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst

der Kollege Dr. Guido Westerwelle für die FDP-Frak-
tion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Die Regierungserklärung der Frau Bundeskanzlerin st in weiten Teilen so allgemein gehalten, dass man ihr ur zustimmen kann. Es ist kein Wunder, dass sie nicht irklich konkret wurde. Würde sie konkret, dann würde ffensichtlich, dass es in ihrer Regierungskoalition mehr treit als Einigkeit gibt. Sie sagen, Sie glauben, dass Sie für Ihre Politik die nterstützung dieses Hohen Hauses haben. Der Glaube oll bekanntlich Berge versetzen. Es ist aber mittlerweile ffensichtlich geworden, dass Sie sich nicht mehr einig ind. Diese Regierungserklärung findet vor dem Hinterrund eines Tiefpunkts in der Beziehung der Koalition, ie die Bundesregierung trägt, statt. Am heutigen Tage st zu lesen, dass der Vorsitzende der sozialdemokratichen Partei gesagt hat, Merkels internationale Auftritte eien nicht glaubwürdig, wenn sie zulasse, dass im Inand Gesetze gegen die Steuerflucht blockiert würden. r sagt außerdem, Merkel sei nur noch Geschäftsführe in der Bundesregierung. Meine Damen und Herren, wer n Europa einigen will, sollte wenigstens in der eigenen undesregierung zur Einigkeit fähig sein. icht glaubwürdig, Schutzpatron der Steuerhinterzieher, icht mehr Kanzlerin, sondern Geschäftsführerin: Wie oll Deutschland nach außen Führung zeigen, wenn es ach innen nicht geführt wird? Wir haben schon zu Beginn dieser Krise in zahlreihen Debatten auch in diesem Hohen Hause festgestellt, ass wir uns im Grundsätzlichen – gerade auch was die uropapolitik angeht – einig sind. Die Europäische nion hat sich in der Finanzund Wirtschaftskrise als in Glücksfall erwiesen. Wenn es sie nicht schon längst egeben hätte, dann hätte man sie spätestens jetzt erfinen müssen. Kein europäisches Land wäre in der Lage ewesen, der Krise im Alleingang etwas entgegenzuseten. Ohne den Euro beispielsweise hätte die Finanzkrise chnell zur Währungskrise werden können mit fatalen olgen für unsere Exportwirtschaft. Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank nd ihre Orientierung an der Geldwertstabilität haben ihen Wert bewiesen. Es hat sich auch gezeigt, wie wichtig er gemeinsame Markt für Wohlstand und Stabilität in uropa ist. Klar ist aber auch, und das wissen wir alle auch am eutigen Tage: Der Test ist noch nicht bestanden. Die uropäische Union muss auch und gerade in der Krise eschlossen und entschlossen handeln. Sie muss an ihren rundsätzen festhalten. Auch darin sind wir uns einig: s darf keinen Rückfall in überwunden geglaubtes Denen, in Protektionismus, in Abschottungspolitik und naürlich auch nicht in Subventionswettläufe geben. Dr. Guido Westerwelle Deswegen ist Ihre Bemerkung, Frau Bundeskanzlerin, angemessen und auch richtig, wenn Sie sagen, es dürfe keinen Wettlauf hinsichtlich der neuen schuldenfinanzierten Milliardenpakete in Europa geben. Darum geht es aber nicht. Es geht nicht darum, dass wir in Deutschland noch ein Konjunkturpaket auflegen, das wir wiederum durch höhere Steuern oder höhere Schulden finanzieren, sondern es geht darum, dass in Deutschland endlich strukturelle Veränderungen der Rahmenbedingungen vorgenommen werden müssen. Wir brauchen kein Konjunkturpaket, das wieder durch Schulden finanziert wird. Was wir jetzt brauchen, ist ein Strukturpaket, mit dem die Rahmenbedingungen so verändert werden, dass in Deutschland investiert wird, dass der Mittelstand eine Chance hat, Arbeitsplätze zu schaffen, und dass die Menschen durch niedrigere Steuern und Abgaben wieder Lust auf Leistung haben können. Das ist die Aufgabe, die jetzt angegangen werden muss. Meine Damen und Herren, Sie sprechen von der europäischen Bankenaufsicht. Sie sagen zu Recht, dass es dafür in Europa Regeln geben muss. Welchen Sinn macht es aber – an die Bundesregierung gefragt –, dass Sie auf europäischer Ebene eine Bankenaufsicht fordern, zu deren effektiver Gestaltung Sie im Inland aber nicht fähig sind, weil Sie sich uneinig sind? In jeder Debatte hören wir von den Kolleginnen und Kollegen der Union – übrigens mit unserer Zustimmung –: Die Bankenaufsicht muss neu organisiert werden. Die Zersplitterung war ungesund. Das ist eine der Ursachen dafür, warum vieles passieren konnte. Es geschieht jedoch nichts. Sie gehen an die Zersplitterung der deutschen Bankenaufsicht nicht heran. Wer die deutsche Bankenaufsicht nicht effektiv gestalten kann, dem wird man dies auch nicht auf europäischer Ebene zutrauen, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Was wir jetzt brauchen, sind strukturelle Veränderungen. Dazu zählen aus unserer Sicht neben dem großen Thema eines gerechteren Steuersystems vor allen Dingen auch der Abbau der Bürokratie und die Beseitigung von Investitionshemmnissen. Das wäre ein Strukturpaket, das beschlossen werden müsste und das den Staat keinen einzigen Euro kostet. Dieses Strukturpaket könnte beispielsweise darauf abzielen, die ideologische Energiepolitik zu beenden, auf einen vernünftigen Energiemix zu setzen und dafür zu sorgen, dass auch in Deutschland moderne, saubere und effiziente Kraftwerke gebaut werden können, die alte und schmutzige Kraftwerke ablösen. Wenn Sie das täten, wenn Sie endlich in der Energiepolitik die ideologischen Bremsen Ihrer Politik lösen würden, dann könnten etwa 40 Milliarden Euro private Mittel in den Wirtschaftskreislauf fließen. Sie sagen, die SPD verhindere dies. Das ist aber zu wenig. Sie führen unser Land. Jedenfalls ist dies das, was in dem Wort „regieren“ der Wortwurzel nach enthalten ist. Sie können sich nicht immer hinter der Aussage v i s h v t t i L I d f w t S k ä g a u s r a S h r n e r ß l D C e v D s p d a S D (C (D erstecken, dass Sie sich nicht durchsetzen können. Es st in diesen Zeiten der Krise Ihre Aufgabe, unser Land trukturell so zu verändern, dass wir eine echte Chance aben, aus der Krise herauszukommen. 90 Prozent der Investitionen in Deutschland werden on Privaten getätigt. Sie können noch 1 000 Konjunkurpakete des Staates beschließen, wenn Sie die Investiionsbedingungen für die Privaten nicht verbessern, ndem Sie die Bürokratie und die Ideologie in diesem and endlich abschaffen. (Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie haben von nichts Ahnung und davon reichlich!)

Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1621100300

(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Joachim Poß [SPD]: Tun wir doch!)


Wir wissen, dass 20 Milliarden Euro darauf warten, in
nfrastruktur im Bereich der Energie investiert zu wer-
en. Wir wissen beispielsweise auch, dass in die Flugha-
eninfrastruktur ebenfalls 20 Milliarden Euro investiert
erden könnten. Die Meinung, Konjunkturpakete müss-

en für den Staat teuer sein, ist falsch. Jetzt müssten
trukturpakete geschnürt werden. Die Chance der Krise
ann man nutzen, indem man jetzt die strukturellen Ver-
nderungen durchsetzt, die in Deutschland ohnehin drin-
end angegangen werden müssen; das ist überfällig.


(Beifall bei der FDP)


Da wir mittlerweile nicht nur in Deutschland, sondern
uch in Europa über die Steuerpolitik reden, ist es für
nsere Bürgerinnen und Bürger schon von einem gewis-
en Interesse, festzustellen, dass Sie die Harmonisie-
ung des europäischen Steuerrechts in Deutschland
usschließlich so verstehen, dass wir in Richtung der
teuersätze der Länder harmonisieren, in denen sie hö-
er als in Deutschland sind. Das ist keine Harmonisie-
ung.

In der letzten Woche wurde auch durch unseren Fi-
anzminister beschlossen, dass die europäischen Länder
rmäßigte Mehrwertsteuersätze einführen können. 22 eu-
opäische Staaten machen davon Gebrauch. Anschlie-
end haben Sie in Deutschland erklärt: Wir in Deutsch-
and tun das aber nicht, weil wir das nicht wollen. –
amit vorenthalten Sie dem deutschen Mittelstand faire
hancen. Den anderen geben Sie die Möglichkeit, Steu-
rn zu senken, unseren Bürgern und unserem Mittelstand
erweigern Sie das. Das ist unfair, meine sehr verehrten
amen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der FDP)


Nicht alle anderen sind die Geisterfahrer in Europa,
ondern wir sind es. Wir Deutschen sind in der Steuer-
olitik die Geisterfahrer in Europa;


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind es!)


enn 22 europäische Staaten in der Europäischen Union,
lso die überwiegende Mehrheit, gehen diesen Weg, den
ie den deutschen Bürgerinnen und Bürgern verweigern.
as halten wir für falsch.






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Wer das Thema mit dem einfachen Wort „Steueroase“
angeht, der macht es sich natürlich zu einfach. Natürlich
müssen wir die Steuerkriminalität und die illegale
Steuerflucht bekämpfen. Natürlich ist es richtig, dass
wir auch in Europa und in der Welt die Regeln der
OECD anwenden wollen.


(Peer Steinbrück, Bundesminister: Aha!)


– Herr Steinbrück, weil Sie gerade „Aha“ gerufen haben:
Die Frage ist, ob man das mit der Peitsche tut bzw. in-
dem man der Schweiz mit der Kavallerie gegen Indianer
droht. Sie können ja nicht einmal mit der Schweiz Frie-
den halten.


(Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: Steueroasen abschaffen, Herr Westerwelle!)


Herr Steinbrück, Herr Finanzminister, ich muss Ihnen
wirklich sagen: Diese Art und Weise des Umgangs mit
unseren Nachbarländern ist eine schlicht undiplomati-
sche Unverschämtheit. Das wird auch hier zu einem
Thema gemacht werden müssen. Das ist eine schlichte
Unverschämtheit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Da hat er leider recht! – Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: So ein Quatsch! – Weitere Zurufe von der SPD)


– Es ist sehr interessant, dass Sie das gutfinden.


(Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: SteueroasenGuido!)


– Jetzt wurde gerade ein schöner Zwischenruf zur Steu-
eroase gemacht. Ich will Ihnen das einmal wie folgt er-
klären, Herr Kollege:


(Lachen bei der SPD)


Für den normalen Bürger ist in der Regel weniger die
Oase, sondern vielmehr die Wüste drum herum das Pro-
blem.


(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)


Ich sage Ihnen: Dieselbe Energie, die Sie dafür aufwen-
den, Steueroasen auszutrocknen, sollten Sie dafür auf-
wenden, dass die deutsche Steuerwüste durch niedrigere
Steuern endlich wieder fruchtbarer wird. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen der SPD, das ist das Mittel, das man
anwenden sollte.


(Beifall bei der FDP – Kurt Bodewig [SPD]: Steuerhinterziehung als Steuerförderung!)


Hinterher höre ich bestimmt wieder von Ihnen: „Schade,
dass wir bei euch nicht klatschen durften!“


(Heiterkeit bei der FDP)


Der entscheidende Punkt ist aber, Frau Bundeskanzle-
rin: Statt dass Sie als Regierungschefin Deutschlands ein
Wort der Diplomatie an unsere Nachbarn richten, sagen
Sie – ganz im Bild von Herrn Steinbrück bleibend –,
man müsse Ross und Reiter nennen, mit der Peitsche
drohen und die Kavallerie gegen die Indianer ins Feld
schicken.

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(C (D ch glaube, diese Art und Weise ist schlichtweg unverntwortlich. Sie haben Ihren Kompass in der Regierung erloren. Sie sind zu einem wirklich kraftvollen und achtvollen Führen in Europa nicht mehr fähig. Diese ebatte zeigt, dass Sie auch inhaltlich nicht mehr einig ind. Mittlerweile ist die Koalitionszerrüttung so weit ortgeschritten, dass deutsche Interessen auch auf interationaler Ebene beschädigt werden. (Kurt Bodewig [SPD]: Steuerhinterziehung ist kein Teil deutscher Interessen!)


(Widerspruch bei der SPD)


as ist schlecht für unser Land.

Ich danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.


(Lebhafter Beifall bei der FDP – Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: Das war der Wüsten-Guido!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621100400

Für die SPD-Fraktion erhält nun der Kollege Joachim

oß das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1621100500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

ege Westerwelle, ich freue mich, dass Sie für die Öf-
entlichkeit vernehmbar Ihre tiefe Sympathie für die
taaten geäußert haben, die mit ihren Regelungen mit
afür sorgen, dass den ehrlichen deutschen Steuerzah-
ern Milliarden entzogen werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP)


enn die Rechnung für diese systematische Steuerhin-
erziehung zahlen die ehrlichen Steuerzahler in Deutsch-
and. Dass Sie, der sich dem Vernehmen nach in der Fi-
anzszene der Schweiz gut auskennt, Herr Westerwelle,
as so unverhohlen sagen, trägt sehr zur Klarheit in der
eutschen Öffentlichkeit bei. Wir haben in den nächsten
agen und Wochen einiges zu diskutieren. Dann wollen
ir mal sehen, was die Umfragen ausweisen und wie
iele Menschen wirklich wollen, dass ein solches sozial-
chädliches Verhalten vom selbsternannten Oppositions-
ührer im Deutschen Bundestag unterstützt wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Schicken Sie doch die Kavallerie!)


Sie haben Ihre Sympathie erklärt. Offen geblieben ist
abei Ihre inhaltliche Position


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steuersenkungen!)


u den vom Bundesfinanzminister und anderen aufge-
orfenen Fragen bezüglich der Schweiz.


(Jörg van Essen [FDP]: Das hat er doch eben gesagt! Sie haben nicht zugehört!)







(A) )



(B) )


Joachim Poß
– Nein. Er hat Sympathie für die Schweiz ausgedrückt,
offenkundig auch für das übersteigerte Bankgeheimnis
der Schweiz.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist doch Unsinn! Sie haben nicht zugehört!)


Wie ich gehört habe, lassen Sie sich auch gerne von den
Profiteuren dieser Steuerhinterziehung einladen, Vor-
träge zu halten, Herr Westerwelle. Sie kennen sich also
wirklich aus.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Aber leider nicht so oft wie Herr Schröder, Herr Kollege!)


Darüber wird, wie gesagt, noch zu reden sein.

Sie sollten lieber über die Sache reden – nämlich über
die sozialschädlichen Steuerhinterzieher –, statt sich mit
der Stilkritik an einem Regierungsmitglied aufzuhalten,
dem man im Ergebnis attestieren muss, dass der Druck,
der in den letzten Wochen und Monaten vornehmlich un-
ter dem Einfluss der Finanzkrise aufgebaut wurde, zum
Erfolg geführt hat. In die sogenannten Steueroasen ist
schließlich Bewegung gekommen. Die Frage ist aber, ob
das ausreicht, um weltweit und in Europa zu einem fai-
ren Steuerregime zu kommen. Diese Frage muss hier
beantwortet werden.


(Beifall bei der SPD)


Nach allem, was man bisher erkennen kann, reichen
die von der Schweiz und anderen angekündigten Schritte
unseres Erachtens nicht aus. Darüber wird in der Sache
zu reden sein. Das wird ein Thema auf dem nächsten
Treffen – ich nehme an, das ist der sehr wichtige G-20-
Gipfel – sein. Ich freue mich, dass sich die Frau Bundes-
kanzlerin heute Morgen so uneingeschränkt zugunsten
einer Einschränkung dieser Steuerfluchtmöglichkeiten
und gegen die Steueroasen geäußert hat, weil sie, wie wir
alle, weiß, dass wir nur dann zu einer fairen Finanzmarkt-
regulierung für die Zukunft kommen können, wenn die
internationalen Fluchtpunkte des Geldes ausgetrocknet
werden.


(Beifall bei der SPD)


Aber dabei muss man glaubwürdig bleiben. Dann muss
die nationale Politik auch dem entsprechen, was auf der
europäischen und der internationalen Ebene von uns ge-
fordert ist. Deswegen herrscht bei uns ein solches Un-
verständnis, dass aus der Fraktion des Koalitionspartners
eine Blockade in einer so zentralen Frage errichtet wird.
Das erhöht nicht unsere internationale Glaubwürdig-
keit.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE] und Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Daher fordere ich den Koalitionspartner in aller Sach-
lichkeit und Friedlichkeit


(Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin: Freundschaft!)


– „Freundschaft“ ist ein so oft missbrauchtes Wort, Frau
Merkel, wie Sie wissen – sowie in aller Freundlichkeit
auf, diese Blockade aufzugeben; denn in der Tat stärkt

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(C (D as weder unsere Glaubwürdigkeit im Innern noch unere internationale Glaubwürdigkeit im Kampf gegen teueroasen. International herrscht inzwischen eine große Übereintimmung, was die Überschriften der notwendigen chritte in der Finanzmarktregulierung und im Kampf egen Steueroasen angeht. Glaubwürdig sind wir nur, enn wir das auch national unterfüttern. Ich füge mit lick auf manche Abstimmungen im Europäischen Par ament hinzu: Auch die deutschen Europaabgeordneten ind im Rahmen der europäischen Rechtsetzung gefragt, ich der Einflussnahme und den Interessen der Finanzinustrie zu entziehen. Da reichen gefällige Formulierunen hier im Deutschen Bundestag für eine Partei nicht us, wenn man sich dann bei der konkreten Entscheiung, wenn es darauf ankommt, anders verhält. eswegen sage ich für uns Sozialdemokraten ausdrückich: Wir werden uns sehr intensiv mit dem Kleingeruckten befassen. Die Überschriften reichen uns nicht. Natürlich freue ich mich, dass bei den Vorschlägen, ie jetzt in der Diskussion sind, die Vorarbeiten der Soialdemokraten – namentlich das Papier von Frankalter Steinmeier und Peer Steinbrück – eine wichtige olle spielen. Ich finde, dass die „Finanzmarktgrund ätze“, über die auch in der letzten Runde des Koaliionsausschusses diskutiert wurde, die richtige und wichige Grundlage für weitere Lösungen bei uns in eutschland, auf europäischer Ebene und weltweit dar tellen. Die Regulierung bisher unregulierter Marktbereiche, egeln für alle Produkte und alle Akteure, der Aufbau iner effektiven grenzüberschreitenden Aufsicht über anken und andere Finanzakteure, eine bessere Kon rolle der Ratingagenturen, aber auch eine stärkere Beeutung des Internationalen Währungsfonds und des Foums für Finanzstabilität – um nur einige Punkte zu ennen –, das alles wird heute nicht nur vom sozialdeokratischen Teil des Kabinetts und der Regierungskoa ition vertreten, sondern ist unter uns Konsens. Ich habe aber die Wahrnehmung aus der praktischen rbeit in der Koalition und im Parlament, dass es noch iniger Überzeugungsarbeit beim Koalitionspartner an ieser oder jener Stelle bedarf, um wirklich durchzuommen. Dass beim Partner manche Erkenntnis nur uner dem Druck der Krise entstanden ist und nicht ganz so reiwillig, finde ich nicht so erfreulich. Aber für die PD-Bundestagsfraktion möchte ich der Bundeskanzlein und den anderen beteiligten Regierungsmitgliedern olle Rückendeckung für die anstehenden Treffen in rüssel und London geben. Bei allen Turbulenzen und Umstürzen müssen wir in en nächsten Monaten Folgendes bedenken: Das ignoante Verhalten bei AIG, das ganz Amerika in Aufregung ersetzt hat, zeigt, wie vorsichtig man auf die Dinge chauen muss. Der Einfluss der Finanzindustrie an der all Street, in der Londoner City oder in Brüssel ist ach wie vor nicht zu unterschätzen. Im Moment geht es m das Überleben mit massiver staatlicher Unterstüt Joachim Poß zung. Sobald sich aber die Stürme etwas beruhigen, werden die guten Kontakte der Branche zu den jeweiligen Administrationen wieder genutzt werden, um die anstehende Regulierung möglichst zu entschärfen und die neue Weltfinanzarchitektur im Sinne der Branche zu gestalten. Da müssen wir gemeinsam Obacht geben, weil diese Bemühungen zu registrieren sind. Auf dem Weltschattenfinanzmarkt haben eben zu viele über lange Jahre zu gut gelebt und sich doof und dämlich verdient, um es umgangssprachlich zu sagen. Diese geben nicht so schnell auf, wie das Verhalten nicht nur bei AIG, sondern auch anderswo zeigt. Ihnen müssen wir klarmachen: Wir akzeptieren ein solches Verhalten gesellschaftlich nicht mehr. So ähnlich hat es auch Obama ausgedrückt: Dies kann nicht mehr in Dollar oder Cent ausgedrückt werden, Herr Westerwelle. Auch Sie sollten sich darüber einmal Gedanken machen. Die Frage ist, mit welchem Geist und mit welcher Mentalität wir die soziale Marktwirtschaft in Deutschland und weltweit leben wollen. Lothar Bisky ist der nächste Redner für die Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ex Post-Chef Klaus Zumwinkel hat sich 20 Millionen Euro Pensionsgelder auszahlen lassen. Nach den Strapazen seiner Steuerhinterziehung über die Steueroase Liechtenstein will er jetzt den wohlverdienten Ruhestand auf seinem Schloss am Gardasee genießen. „Einen ganz normalen Vorgang“ nennt er das. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Arbeitslosen zu, auch die der Menschen, die von Kurzarbeit leben müssen oder auf Hartz IV angewiesen sind. Viele Existenzen von kleinen und mittleren Selbstständigen sind in Gefahr oder bereits zerstört. Die aktuelle Finanzund Wirtschaftskrise zeigt den Menschen das hässliche Gesicht der gegenwärtigen kapitalistischen Wirtschaftsordnung: von maßlos übersteigertem Renditestreben und mangelnder gesellschaftlicher Solidarität geprägt, ohne demokratische Kontrolle und ohne wirkliche demokratische Mitentscheidung der Menschen über die wirtschaftlichen Abläufe. Das empört, und zwar zu Recht. Ich weiß: Auch manche Kollegin und mancher Kollege aus den Koalitionsparteien teilen diese Empörung. Aber was folgt politisch aus dieser Empörung für ihre Parteien und Fraktionen? Was folgt daraus für die von ihnen getragene Bundesregierung? Wie reagiert die Bundesregierung angesichts der Finanzund Wirtschaftskrise? Sie macht vor allem eines: Sie reist. Im November vergangenen Jahres ging es mit kaum erkennbarem Gewinn zum Weltfinanzgipfel i n D R P g m D I D w s n H z o V a C l u b n s G g g h h d s s D r v R b v w P T i D b r W s (C (D n Washington. Am vorigen Wochenende gab es ein Miistertreffen in London, bei dem der Europäische Rat am onnerstag vorbereitet werden sollte. Der Europäische at soll nun vor allem dazu dienen, die gemeinsamen ositionen von EU und Mitgliedstaaten für den Finanzipfel der G-20-Staaten in London vorzubereiten. Aber was wird dabei herauskommen? „G20-Finanzinister beschließen nichts“, titelte die Financial Times eutschland am Montag. Ich zitiere: Konkrete Verpflichtungen für die Regierung oder genaue Größenordnungen für … weitere Konjunkturpakete wurden nicht beschlossen. n der Sache kam es zu kaum mehr als Andeutungen. ie Hedgefonds sollen nur registriert und Informationen eitergegeben werden, den sogenannten Schrottpapieren oll allein mit Leitlinien für die einzelnen Länder begeget werden. – Das wird kaum helfen. Wir von der Linken bleiben dabei: Wir wollen erstens edgefonds verbieten, weitens Zweckgesellschaften verbieten, drittens Steuerasen wirksam austrocknen oder verbieten und viertens erbriefungen verbieten. Nur wenn diese vier Grundübel n der Wurzel gepackt werden, haben wir überhaupt die hance, den Sumpf aus Gier und Spekulation trockenzu egen. Heute und morgen tagt nun der Europäische Rat, der nter anderem für den neuen G-20-Gipfel die Positionen estimmen soll. Die bisherige Tagesordnung lässt leider icht ahnen, welche gemeinsamen Ergebnisse zu erwarten ind. Welche Vorschläge der hochrangigen Larosièreruppe werden denn von den teilnehmenden Regierun en geteilt? Steht denn die Kommission, die die Arbeitsruppe im Oktober des vergangenen Jahres eingesetzt at, überhaupt hinter dem Ganzen oder doch wenigstens inter einem Teil der Vorschläge? Wie bewertet die Bunesregierung den Bericht? Erst wenn wir von ihr chwarz auf weiß haben, welche konkreten Vorschläge ie für richtig hält, kann eine wirkliche parlamentarische ebatte stattfinden. Unabhängig davon fällt auf, wie einseitig die „hochangige Arbeitsgruppe“ besetzt ist. Es sind auffällig iele dabei, die den Finanzsektor mit seinen überhöhten enditeansprüchen und seinen Spekulationen geradezu eispielhaft repräsentieren: Jacques de Larosière ist Mitorsitzender der Finanzlobbyorganisation Eurofi und ar bis vor kurzem Berater der französischen Bank BNP aribas. Rainer Masera war Direktor einer europäischen ochter der Pleitebank Lehman Brothers. Onno Ruding st Berater der Citigroup. Otmar Issing, früher bei der eutschen Bundesbank und der Europäischen Nationalank, ist Berater von Goldman Sachs. Für die vier andeen Beteiligten – natürlich auch Männer – gilt im esentlichen die gleiche Ausrichtung. Eine Gewerkchafterin oder ein Gewerkschafter oder eine unabhän Dr. Lothar Bisky gige Persönlichkeit aus dem Bereich der Wissenschaft findet sich in der Arbeitsgruppe nicht. Dies ist nicht akzeptabel. Die Einrichtung dieser „hochrangigen“ Gruppe zeigt also deutlich: Weder die Bundesregierung noch die EUKommission sind bereit, die wahren Ursachen der Krise zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn, an ihre Beseitigung zu gehen. Sie machen weiterhin Politik im Interesse der Großbanken und Großkonzerne. Der Hunderte von Milliarden schwere Rettungsschirm ist für die Garantierung von Höchstprofiten und nicht für die Erhaltung von Arbeitsplätzen der Beschäftigten bestimmt. Die Empfehlung von EU-Finanzund Haushaltskommissar Almunia an die EU-Mitgliedstaaten spricht genau dafür: Die EU-Staaten dürfen nicht mit einer teuren und verfehlten Sozialpolitik auf die steigende Arbeitslosigkeit antworten. Dann würden die Staatsschulden noch mehr anschwellen. Dies ist eine Aufforderung zum Sozialabbau. Um einen nicht des Linksseins verdächtigen Zeugen zu zitieren, trage ich vor, was der Wirtschaftsnobelpreisträger Krugman in seinem neuen Buch schreibt: Frau Merkel und ihre Beamten glauben anscheinend noch immer, hier herrschten die normalen Regeln der Wirtschaft, die Regeln, die dann gültig sind, wenn man mit Geldpolitik noch etwas ausrichten kann. Sie haben nicht begriffen, dass in Europa wie in Amerika mittlerweile ein Depressionsklima eingezogen ist, in dem die normalen Regeln nicht mehr gelten. Ich zitiere weiterhin Nobelpreisträger Krugman, einen lesenswerten Mann: Sobald wir wieder normale Verhältnisse haben, werde ich denjenigen, die wie Herr Steinbrück fiskalische Disziplin predigen, gern die ihnen gebührende Ehre erweisen. Sich jetzt aber an die Orthodoxie zu klammern, ist hochgradig destruktiv für Deutschland, Europa und die Welt. Meine Damen und Herren, die Linke fordert kurzfristig einen Rettungsschirm für die Menschen und langfristig einen grundlegenden Wechsel in der Politik sowohl der Bundesregierung als auch der EU. Wir müssen weg von einer Politik für eine Minderheit der Reichen und hin zu einer Politik, in der die Interessen der Bürgerinnen und Bürger und die Bewältigung der globalen Herausforderungen im Mittelpunkt stehen. Ich danke Ihnen. Ich erteile dem Kollegen Otto Bernhardt, CDU/CSU Fraktion, das Wort. H R s S E u z D V n s i S w s b e l i K V P W u c d d E l h a a s D s w d K n (C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Die internationale Finanzkrise zeigt, dass die ahmenbedingungen versagt haben, die die Politik ge etzt hat. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Und was macht die Politik jetzt?)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621100600

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621100700

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621100800

(Beifall bei der CDU/CSU)

Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1621100900

ie zwingt uns, jetzt im politischen Bereich zu handeln.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP], an die CDU/CSU gewandt: Da seid Ihr gelandet!)


s gibt keine Regierung auf der Welt, die so schnell und
mfassend wie die deutsche reagiert hat. Dies sollte man
unächst in aller Deutlichkeit feststellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)


eutschland ist zwar immer noch eine der stabilsten
olkswirtschaften in der Welt – und das ist gut so –, den-
och haben wir, was die Konjunkturpakete anbetrifft, ab-
olut und relativ – relativ heißt, bezogen auf das Brutto-
nlandsprodukt – mehr als alle anderen europäischen
taaten gemacht. Was den Gipfel betrifft, so meine ich,
ir sollten zunächst einmal alle Maßnahmen wirken las-

en und nicht ständig neue Maßnahmen fordern. Sonst
esteht die Gefahr, dass bestimmte Maßnahmen erst zu
inem Zeitpunkt wirken, zu dem sie eine sich dann viel-
eicht abzeichnende Inflation verstärken könnten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es gibt eine Reihe von Punkten, über die wir uns hier
m Hause einig sind. Ich sehe jetzt einmal von dem
ampf von Reich gegen Arm ab – der Beitrag meines
orredners passte nicht in diese Debatte –, der löst die
robleme nicht, sondern erzeugt höchstens Emotionen.
enn ich also diesen Beitrag weglasse, dann sind wir

ns alle darin einig, dass wir mehr Transparenz brau-
hen. Ich sage als Ordnungspolitiker: Wir brauchen lei-
er auch mehr Reglementierung, aber nur im Bereich
er Finanzmärkte.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha, genau!)


s gibt jetzt eine allgemeine Stimmung auch in Deutsch-
and, in vielen Bereichen mehr zu reglementieren. Wir
aben mit der sozialen Marktwirtschaft gute Chancen,
us der Krise herauszukommen. Wenn wir aber jetzt
uch die Realwirtschaft, den internationalen Handel usw.
tärker reglementieren, dann wird der Weg schwieriger.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eshalb sage ich: Wir haben keine Krise der Marktwirt-
chaft, wir haben keine Krise der Demokratie, sondern
ir haben eine internationale Finanzkrise, und wir sind
abei, die Ursachen zu analysieren, um die richtigen
onsequenzen zu ziehen.

Ich will einige Punkte aus dieser Debatte aufgreifen,
icht zuletzt um sie richtigzustellen. Ich beginne mit der






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
Bankenaufsicht. Zunächst einmal stelle ich fest, dass
die Bankenaufsicht in Deutschland in der Krise insge-
samt gut gehandelt hat. Das gilt für die Bundesbank, und
das gilt für die BaFin.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Bundesregierung hat ein Gutachten in Auftrag gege-
ben, um all das zu überprüfen. Wir werden die Konse-
quenzen aus diesem Gutachten ziehen und einige Dinge
noch in dieser Legislaturperiode verändern. Das ändert
nichts an der Grundposition meiner Fraktion. Da unter-
scheidet sich unsere Auffassung von der der Sozialde-
mokraten. In dieser Hinsicht stimmen wir mit den Freien
Demokraten überein. Wir sind für eine Konzentration
der gesamten Bankenaufsicht bei der Deutschen Bundes-
bank.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Dann macht es doch!)


Nur, in einer Krise wie dieser sollte man keine grundle-
genden Veränderungen vornehmen. Wir haben zurzeit
andere Sorgen. Da das System im Grundsatz funktio-
niert, ist jetzt nicht der Zeitpunkt für eine grundlegende
Veränderung. Dennoch haben wir ein klares Ziel.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


Ich greife einen zweiten Punkt auf, der Emotionen
hervorruft und zum Teil mit unfairen Vorwürfen verbun-
den ist. Es geht um die Steuerhinterziehung und die
Steueroasen. Ich finde es infam, wenn immer wieder
versucht wird, die Union als die Partei darzustellen, die
Spaß an den Oasen hat und die diejenigen Leute, welche
Steuern hinterziehen, schützen will. Nein, auch wir sind
dafür, dass Steueroasen trockengelegt werden. Für uns
ist Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt. Das, was
Herr Zumwinkel gemacht hat, ist für uns nicht akzepta-
bel, unabhängig von der rechtlichen Position.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Jetzt ein Wort zum Finanzminister. Viele wissen, dass
ich ihn schätze, aber es gibt einige Verhaltensweisen, die
ich nicht schätzen kann. In einer Hinsicht irrt der Finanz-
minister. Es ergibt keinen Sinn, Staaten, mit denen wir
seit Jahrzehnten hervorragende Kontakte haben – für
Bayern und Baden-Württemberg ist die Schweiz seit
Jahrzehnten ein ganz wichtiger Handelspartner –, öffent-
lich zu beschimpfen. Das bringt nichts, das ist nicht gut,
und das sollten wir nicht machen.


(Joachim Poß [SPD]: Die Schweiz war doch gar nicht genannt!)


– Herr Kollege, man hat sie als Indianer bezeichnet. Sie
mussten Ihren Minister verteidigen. Wenn wir einen Mi-
nister hätten, der solche Fehler machen würde, würde
auch ich ihn verteidigen. Aber Gott sei Dank haben wir
keinen, der so etwas sagt. Die Art, wie der Minister mit
der Schweiz umgeht, ist nicht hinnehmbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Die Schweiz war nicht genannt!)


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(C (D Ich sage genauso deutlich: Der Ansatzpunkt in dem ntwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerhin erziehung ist falsch. 95 Prozent aller Deutschen, die mit sterreich, der Schweiz, Liechtenstein und vergleichba en Staaten seit Jahrzehnten wirtschaftliche Beziehungen aben, haben sie nicht, um Steuern zu hinterziehen. or diesem Hintergrund ist es unangemessen – es ist usdruck einer falschen Grundeinstellung zu diesem hema –, diejenigen, die mit diesen Ländern seit Jahrehnten Kontakte haben, steuerlich bestrafen zu wollen. as ist der falsche Ansatz. eil wir diesen Ansatz für falsch halten, kann man uns ier nicht als diejenigen hinstellen, die Steuerhinterzieung nicht bekämpfen wollen. Wir wollen sie bekämpen. Wir haben klare Vorstellungen. Übrigens, wir haben n der Großen Koalition einen gemeinsamen Antrag verbschiedet, zu dem in der nächsten Woche, so glaube ch, eine Anhörung stattfindet. Dann erfahren wir die uffassung der Fachleute. In diesem Zusammenhang möchte ich einen weiteren unkt nennen, der für mich als Banker bei den jetzigen aßnahmen sehr wichtig ist: Viel Unheil ist von der erbriefung und Strukturierung ausgegangen. ch sage das, ohne dieses Thema zu vertiefen. Ich gehöre u denjenigen – ich bitte die Kanzlerin, diese Auffasung auf dem G-20-Gipfel intensiv zu vertreten –, die saen: Wer in Zukunft Kredite verkauft, muss mit einem estimmten Anteil in der Haftung bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Aha!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall des Abg. Ortwin Runde [SPD])


ur dann werden wir sicherstellen, dass die Verbriefung
iner vernünftigen Begrenzung unterliegt.

Ich stelle abschließend fest: Die Bundesregierung und
ie sie tragenden Fraktionen haben immer sehr schnell
lle notwendigen Entscheidungen getroffen, um gegen
ie Finanzkrise gewappnet zu sein. Wir werden morgen
as SoFFin-Gesetz weiterentwickeln, in dem wir not-
endige Anpassungen vornehmen. Wir werden morgen

twas dafür tun – morgen steht die erste Lesung des Ge-
etzentwurfs auf der Tagesordnung –, dass sich Mana-
ergehälter in Zukunft nicht mehr an kurzfristigen Para-
etern orientieren. Dies zeigt: Die Große Koalition war

andlungsfähig, und sie wird auch bis zur Bundestags-
ahl handlungsfähig bleiben.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621101000

Das Wort erhält nun die Kollegin Renate Künast,

raktion Bündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621101100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich

wollte ich diesen Redebeitrag mit ein paar Worten zu
Frau Merkel beginnen. Frau Merkel, Sie rutschen bei mir
jetzt ausnahmsweise in die zweite Reihe. Ich finde näm-
lich, dass Guido Westerwelle heute wirklich den Vogel
abgeschossen hat.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Was heißt hier „heute“?)


– Na ja, ich wäre nicht so fröhlich. – Herr Westerwelle,
heute haben Sie wieder einmal für soziale Kälte gesorgt:
Bei Ihren Ausführungen zum Thema Steueroasen bzw.
den Oasen allgemein haben Sie gesagt, es gehe um die
Wüste drum herum. Ich sage Ihnen einmal ganz klar: In
den Oasen saufen die großen Kamele, und Sie haben
sich heute wieder einmal als Schutzheiliger der großen
Kamele, die den anderen das Wasser wegsaufen, betä-
tigt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Diese ständig schlechtgelaunte Frau!)


– Herr van Essen, seien Sie nicht so verklemmt, auch
nicht in Ihren Bemerkungen.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der FDP)


– So habe ich es gar nicht gemeint, auch wenn ihr jetzt
lacht.

Herr Westerwelle, Sie äußern jetzt Mitleid mit der
Energielandschaft in Deutschland. Sie klagen über die
vielen bürokratischen und Investitionshemmnisse. Die
Sorge vor Korruption spielt bei Ihnen gar keine Rolle.
Wie erklären Sie sich bei all der Sorge über zu viel Büro-
kratie, die Sie hier zum Besten gegeben haben, dass Eon
im letzten Jahr 10 Milliarden Euro Reingewinn erzielt
hat? Das ist doppelt so viel wie im Vorjahr. Wer in der
Lage ist, seinen Reingewinn von einem Jahr zum ande-
ren auf 10 Milliarden Euro zu verdoppeln, der ist nicht
bürokratisch gehemmt. Man sollte ihn vielmehr fragen,
was er für die Allgemeinheit zu tun bereit ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Investieren!)


Nun zum G-20-Gipfel und den Vorbereitungen da-
rauf. Ich muss sagen: Frau Merkel hat heute wieder wun-
derbare Geschichten darüber erzählt, was sie alles tun
würde, was alles in Vorbereitung sei. Aber am Ende ist
es doch wieder eine schöne Inszenierung, der eigentlich
nichts folgt.

Wo ist eigentlich der Text nach all den wunderschö-
nen Überschriften? Es ist immer das Gleiche: Uns wird
erzählt, man müsse jetzt erst einmal in die Bankenkrise
investieren, sozusagen systemisch relevante Banken ab-
sichern, aber dann müsse man wieder zur sozialen
Marktwirtschaft zurück. Alle Welt redet vom Green

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(C (D ew Deal, nur Frau Merkel und die CDU/CSU – von Ihen da mal ganz zu schweigen – haben mal wieder nicht emerkt, wo die Probleme der Welt liegen. Es gibt viele Ankündigungen, etwa die, man wolle ie IWF-Mittel verdoppeln. Wo eigentlich ist die Entcheidung dazu? Eine Ankündigung lautet, die Europäiche Union wolle mit einer Stimme sprechen. Ich sehe ber nur, dass Deutschland in der Europäischen Union tändig und immer wieder der Bremser ist, zuletzt beim onjunkturpaket der EU: Es wird gebremst bis zur letz en Sekunde, und am Ende, nach Sonderregeln für die elekom und noch einem Extra für die deutschen Milchauern, weil Sie ihre alten Versprechungen nicht gehalen haben, wird Ja gesagt. So, meine Damen und Herren, ieht keine treibende gute Rolle Deutschlands in der Euopäischen Union aus. Alles Überschriften, kein Text! Ein bisschen Regisrierung von Hedgefonds. Schauen wir uns einmal die chrottpapiere an! Dazu gibt es nur sehr allgemeine eitlinien, mit denen nicht viel umgesetzt wird. Man kann eines sagen, auch wenn Sie versuchen, sich ier so groß darzustellen: Deutschland blockiert in der uropäischen Union auch und gerade Regeln für die Fianzmärkte. Das ist die Wahrheit. (Joachim Poß [SPD]: Es blockiert doch keiner!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


o ist die europäische Ratingagentur, die wirklich regu-
iert und beaufsichtigt – das wäre Verbraucherschutz! –,
ber die Sie immer reden, für die Sie bisher aber weder
nternational noch national irgendetwas angeboten ha-
en? Wo ist die EU-Finanztransaktionssteuer, die Speku-
ationen abbaut und Märkte wirklich stabilisiert? Herr
teinbrück möchte sie gern ins Wahlprogramm schrei-
en. Warum handeln wir gerade an der Stelle eigentlich
icht jetzt, statt bis zum nächsten Jahr zu warten?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Alle reden über die Schließung von Steueroasen – au-
er Guido Westerwelle. Es gibt überall Bewegung, aber
ie Regierung ist unfähig, auch nur ein Gesetz gegen
teuerhinterziehung in Deutschland zu beschließen.
ieder diese Uneinigkeit Guttenberg und Steinbrück!
uch an der Stelle muss man sagen, dass die CDU/CSU

m Ergebnis blockiert, um Steuerhinterzieher zu schüt-
en. Das ist die ganze Wahrheit, meine Damen und Her-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wo sind eigentlich – um noch einen Punkt zu nennen –
hre Aktivitäten gegenüber deutschen Banken, die De-
endancen auf den Cayman Islands, in Singapur, in Lu-
emburg haben? Allen voran ist hier die Commerzbank
u nennen, der wir gerade die Steuergelder hinterherwer-
en. Wenn Sie so handlungsfähig sind, wie Sie sich dar-
tellen, dann sagen Sie hier und jetzt, was Sie an dieser
telle eigentlich Positives erreicht haben!






(A) )



(B) )


Renate Künast

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mein Vorredner hat gesagt, man werde wunderbare
Regeln hinsichtlich der Gehälter von Managern schaf-
fen. Sie bieten uns hier an, dass die Haltefrist für Aktien-
pakete von zwei auf vier Jahre erhöht werden soll. Das
sind Peanuts! Heute sind die meisten Unternehmen auf-
grund freiwilliger Vereinbarungen schon bei einer Frist
von drei Jahren. Sie bieten also faktisch eine Erhöhung
von drei auf vier Jahre an. Zehn Jahre, das wäre der Ein-
stieg in langfristiges Denken. Dazu haben Sie nicht den
Mut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie wenig mutig Sie an der Stelle sind, sieht man
auch an all den Rettungspaketen, die wir hier verab-
schieden müssen. Das erste Rettungspaket ist geschei-
tert.


(Joachim Poß [SPD]: Von der Sache hat sie keine Ahnung!)


Morgen findet die Abstimmung über das zweite Ret-
tungspaket statt. Das ist eine Lex Hypo Real Estate. Im
Ausschuss war auf Einladung der FDP auch Herr Flowers
von Hypo Real Estate. Da konnte man sehen, was deren
Vorstellungen von marktwirtschaftlicher Ordnung sind.
Die denken immer noch: Der Profit gehört uns, ansonsten
werden Steuergelder eingesetzt und die Steuerzahler fak-
tisch enteignet. – Das ist Ihre Art von Finanzpolitik.

Ich sage Ihnen: Die Zeit der Spielereien muss zu Ende
sein, auch für den smarten Herrn Guttenberg, der am
Times Square herumturnt und von dem wir alle nun wis-
sen, dass er gut Englisch kann. Wir brauchen jetzt wirk-
lich eine Verstaatlichung der HRE und nicht irgendein
Herumerzählen oder noch eine Umdrehung nach dem
Motto, man könnte vielleicht irgendwann einmal das In-
solvenzrecht verändern. Jetzt, meine Damen und Herren,
brauchen wir Aktionen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Eine Sekunde lang hat mich nachdenklich gemacht,


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Eine Sekunde lang?)


was Frau Merkel zu dem Beitrag gesagt hat, den sie zu-
sammen mit Herrn Balkenende für die FAZ verfasst hat.
Auch sonst hört man von Frau Merkel ja immer wieder
den Satz, man müsste jetzt Regeln für eine neue Art des
Wirtschaftens aufstellen. Im gemeinsam mit Herrn
Balkenende verfassten Text heißt es – heute wurde es
ähnlich formuliert –, dass die internationale wirtschafts-
politische Zusammenarbeit mit der Globalisierung der
Wirtschaft nicht Schritt gehalten hat. Das hat sie ja heute
auch wieder gesagt.

Meine Damen und Herren, ich finde es schon putzig,
wie geschichtsvergessen Frau Merkel ist. Es ist ja nicht
wahr, dass die internationale Wirtschaftspolitik nicht
Schritt gehalten habe, sondern die Wahrheit ist, dass ge-
rade die Unionsparteien und ihre Fraktion hier im Bun-
destag sich jahrelang dagegen gewehrt haben, dass der
Freiheit der Wirtschaft ein Rahmen mit ökologischen

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(C (D nd sozialen Aspekten für den globalen Handel entgeengesetzt wird, damit nicht auf Kosten der Bürgerinnen nd Bürger gewirtschaftet wird. Wenn ich mir jetzt anschaue, was Frau Merkel anbieet, dann finde ich nur den Verweis auf eine Charta für achhaltiges Wirtschaften bzw. die Forderung – das at sie an anderer Stelle gesagt – nach Einsetzung eines eltwirtschaftsrates. Einige aus meiner Fraktion haben ich nun die Mühe gemacht, über Kleine Anfragen heauszubekommen, was eigentlich dahintersteckt. Wisen Sie, was wir festgestellt haben? Keiner weiß, worum s dabei gehen soll. Die verschiedenen Ressorts antworen entweder, sie wüssten es nicht, oder, sie verträten iese Position nicht. Wenn ich mich nun entgegenkomenderweise darum bemühe, herauszubekommen, was inter diesem Angebot steckt, dann komme ich zu dem chluss, dass Ihr Weltwirtschaftsrat bzw. Ihre Charta für achhaltiges Wirtschaften, Frau Merkel, eher vom Alten st. Sie beweisen an der Stelle, dass Sie nichts ändern ollen, sondern nur jetzt über die Konjunkturpakete eld investieren, um später wieder zu den alten Regeln er Marktwirtschaft zurückkehren zu können. Das ist nverantwortliche Politik. tatt solche Wolkenkuckucksheime zu errichten, wäre es och hilfreicher, international für die Einführung einer echnungslegung über ökologische und soziale Indika oren zu sorgen; das wäre ja ganz simpel zu machen. ann hätte man Kriterien, anhand derer man Politik aus ichten könnte. Die Absichten von Frau Merkel werden in Gänze ichtbar, wenn man die von ihr verfassten Texte zu Ende iest. In dem gemeinsam mit Herrn Balkenende verfassen Text wird zum Beispiel am Ende deutlich, was sie irklich will, nämlich kein nachhaltiges Wirtschaften, ondern – dieser Satz steht auch hier wieder als Erstes m Zusammenhang mit der internationalen Wirtschaft – reiheit der Wirtschaft. Ich sage Ihnen: Wir haben geug von Freiheit der Wirtschaft. Das wurde nämlich imer als Freiheit von Verantwortung für das Gemeinesen ausgelegt. Wir brauchen jetzt ein Bekenntnis azu, dass jeder, der wirtschaftet, auch Verantwortung ür die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen hat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das steht schon immer im Grundgesetz, Frau Künast!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel hat auch gesagt, wir bräuchten jetzt drin-
end eine weitere Liberalisierung des Handels, sprich
ortschritte bei den Doha-Verhandlungen und einen ent-
prechenden Abschluss bei der nächsten Welthandels-
unde. Meine Damen und Herren, genau das brauchen
ir jetzt definitiv nicht. In der Vergangenheit wurde der
andel schon zu stark liberalisiert. Die WTO erlaubt der
irtschaft, Raubbau auf Kosten der Menschen und der
mwelt zu betreiben. Wenn Frau Merkel nun fordert, in
iesem Jahr zu einem entsprechenden Abschluss bei der
TO zu kommen, entlarvt sie ihre Absicht, dass es ihr

och eher um mehr Liberalisierung für einige wenige






(A) )



(B) )


Renate Künast
geht als um den Schutz des Klimas und der Finanz-
märkte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Frau Merkel in der Stimmung und mit den Aus-
sagen, die sie hier an den Tag gelegt hat, heute zum
Europäischen Gipfel oder am 2. April nach London
fährt, dann steht zu befürchten, dass Europa jetzt die Ge-
legenheit verpatzt, eine Führungsrolle zu übernehmen.
Genau diese wollen wir aber. Wir wollen, dass eine neue
Art zu wirtschaften die Oberhand gewinnt, die nicht
mehr auf Kosten anderer geht. Europa hätte dabei die
Aufgabe, Frau Merkel, dabei voranzugehen, sich nicht
vor Kopenhagen zu drücken, sondern dieses Thema auf
die Tagesordnung zu setzen, entsprechende Vorschläge
zu entwickeln und zu sagen, was Europa selber will.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621101200

Frau Kollegin.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621101300

Sofort. – Die anderen sind nicht unsere Verhandlungs-

gegner bzw. unsere Gegenspieler, mit denen wir zocken
müssen, sondern die Europäische Union hat die Auf-
gabe, zu zeigen, wie national und international auf den
Feldern der Finanzen und des Klimas etwas erreicht wer-
den kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621101400

Gunther Krichbaum ist der nächste Redner für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Joachim Poß [SPD]: Die SPD-Fraktion ist eigentlich an der Reihe!)


– Entschuldigung, das stimmt. Frau Kollegin Schwall-
Düren, Sie haben das Wort. Bitte schön.


Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1621101500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

gibt doch noch ein paar Differenzen zwischen unserem
Koalitionspartner und uns. Deswegen ist es schon rich-
tig, dass ich – und nicht Herr Krichbaum – für die SPD
spreche.

Der Frühjahrsgipfel ist traditionell der Gipfel, auf
dem die Finanz- und Wirtschaftspolitik auf der Tages-
ordnung steht, insbesondere die Lissabon-Strategie.
Noch nie hatten wir einen Frühjahrsgipfel, auf dem wir
mit einer derartigen Krise konfrontiert waren wie in die-
sem Jahr.

Was brauchen wir in dieser Krise? Wir brauchen zu-
nächst einmal entschlossenes Handeln der Politik. Denn
eines ist inzwischen klar geworden: Die Rolle des
starken und handlungsfähigen Staates ist wieder in
den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Nicht der Nacht-
wächterstaat und auch nicht der Staat des Laisser-faire
werden gebraucht, sondern der Staat, der als Regulator,
Stimulator und Garant für öffentliche Güter da einschrei-
tet, wo die Marktkräfte versagt haben. Das hören wir

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(C (D nteressanterweise auch von den Marktradikalen und pologeten der Deregulierung. Ich bin ganz froh, dass wir es in der Koalition gechafft haben, das auf Initiative von Frank-Walter teinmeier vorgelegte Konjunkturpaket umzusetzen, um nvestitionen in Bildung, Innovation und Nachhaltigkeit u tätigen und, Herr Westerwelle, um die Kaufkraft der eringverdiener, der Rentner und der Familien zu stären, statt Steuern für diejenigen zu senken, die hohe und öchste Einkommen beziehen. ir investieren in den Arbeitsmarkt, um damit in Überinstimmung mit der Lissabon-Strategie nachhaltig etas für die Zukunft zu tun, damit Fachkräfte die Innova ionen und die neuen Ideen umsetzen können, die wir rauchen. Diese Krise ist nicht national entstanden. Deswegen ann sie auch nicht national bewältigt werden. Für interationales Krisenmanagement und Krisenverhinderung st zunächst einmal eine Übereinstimmung in der Euroäischen Union nötig. Wir brauchen gemeinsame Maßahmen und eine Abstimmung auf europäischer Ebene. ngesichts dieser wirtschaftlich schwierigen Zeiten erarten die Bürger mehr denn je, dass die Europäische nion hier tätig wird und dass Anstrengungen unterommen werden, damit es nicht zu Massenarbeitslosigeit und nicht zu einer sozialen und politischen Krise ommt. Nur dann können wir das Vertrauen stärken. eswegen brauchen wir neben Sozialund Globalisie ungsfonds insbesondere Maßnahmen zum Erhalt der rbeitsplätze. Wir brauchen eine besser abgestimmte nd besser koordinierte Wirtschaftsund Finanzpolitik n der EU. Dann haben wir Chancen für die Zukunft. Wir brauchen zweitens europäische Solidarität; sie st nötiger denn je. Wir reden oft davon, dass die EU eine ertegemeinschaft ist. Dazu gehört vorrangig Solidariät. Was heißt das in dieser Krise? Solidarität heißt in der at: kein Protektionismus, keine nationalen Egoismen. ch möchte ganz deutlich sagen: Wenn wir erwarten, ass sich die Bürger und Bürgerinnen am 7. Juni an der uropawahl beteiligen, dann können wir nicht sagen: ir müssen erst einmal das eigene Hemd retten; die an eren sind uns egal. – Das ist nicht nur ein Verstoß gegen ie europäischen Werte, sondern auch ökonomisch und olkswirtschaftlich unvernünftig. Denn wenn wir nicht emeinsam dazu beitragen, dass unsere Volkswirtschafen diese Krise überstehen, dann sind wir jeweils mitberoffen. ir haben das am Beispiel der Abwrackprämie durchiskutiert. Wir können das auch durchdeklinieren angeichts der Frage, was mit Opel geschieht. Auch hier uss es eine europäische Lösung geben. Solidarität heißt außerdem, dass wir in der EU keine ich widersprechenden Maßnahmen beschließen kön Dr. Angelica Schwall-Düren nen. Es darf, wie die Frau Bundeskanzlerin gesagt hat, nicht zu einem Unterbietungsoder Überbietungswettlauf in Bezug auf Subventionen, aber auch in Bezug auf Lohn-, Sozialund Steuerstandards kommen. Solidarität heißt auch: Unterstützung der Nicht-EuroMitgliedstaaten in der EU. Wir haben Lettland und Ungarn bereits geholfen und müssen vielleicht noch anderen helfen. Lassen Sie mich an dieser Stelle auf Folgendes hinweisen: Am 15. März dieses Jahres hat sich zum 20. Mal der Tag gejährt, an dem die Opposition anlässlich des ungarischen Nationalfeiertages den Siegeszug in Ungarn begonnen hat. Wenige Wochen zuvor fand die erste Sitzung des runden Tisches in Polen statt. Dem Mut unserer europäischen Freunde haben wir unsere Freiheit und Einheit zu verdanken. Ich glaube, es ist nicht mehr als recht und billig, dass sich in dieser Krise ein Teil unserer Dankbarkeit in europäischer Solidarität zeigt. Da auf diesem Frühjahrsgipfel weitere Themen auf der Tagesordnung stehen, will ich unter dem Stichwort der Solidarität die europäische Nachbarschaftspolitik und insbesondere die Östliche Partnerschaft ansprechen. Denn es ist dringend notwendig, dass wir die Transformationsprozesse bei unseren Nachbarn in Richtung Demokratie, wirtschaftlichen Erfolg und Rechtsstaatlichkeit erst recht in der Krise unterstützen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube zutiefst, dass Investitionen in die Ener-
gieinfrastruktur, die im Rahmen des europäischen Kon-
junkturprogramms angedacht sind – auch wenn noch
keine Einigkeit im Detail besteht –, im Zusammenhang
mit dem Klimaschutz unerlässliche Maßnahmen sind
und dass wir im europäischen Verbund die Effizienzstei-
gerung, den Einsatz erneuerbarer Energien und den
Netzausbau solidarisch voranbringen müssen.

Nicht zuletzt bedeutet Solidarität aber auch, dass wir
im Rahmen der G 20 die Entwicklungsländer nicht ver-
gessen dürfen, die in dieser Krise am meisten leiden.

Wir müssen drittens gemeinsam dafür sorgen, dass in
Zukunft eine derartige Krise von vornherein verhindert
wird. Das heißt, der G-20-Gipfel muss die weltweite
Regulierung politisch voranbringen. Das wird uns nur
dann gelingen, wenn wir Europäer gemeinsam auftreten.
Wenn die Forderung von Frau Merkel und Herrn
Sarkozy, die sie auf dem Ministerrat in Frankreich erho-
ben haben, nämlich dass konkrete Ergebnisse erfolgen
sollen, wirklich Realität werden soll, dann müssen sich
die Europäer auf diesem Frühjahrsgipfel einigen, damit
sie überzeugend wirken und die USA sowie andere Staa-
ten auf dem Weg zu einer entsprechenden Finanzmarkt-
regulierung mitnehmen können.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen, diesbezüglich hege ch aber doch den einen oder anderen Zweifel. Es reicht ämlich nicht, davon zu sprechen, dass wir bei den Ratinggenturen einen Verhaltenskodex brauchen. Wir brauhen eine europäische gesetzliche Regelung. Es reicht benfalls nicht – das ist mehrfach angesprochen worden –, ass wir uns bei den Steueroasen nach dem Motto „blaing and shaming“ verhalten, sondern auch hier brau hen wir Regelungen. In diesem Zusammenhang appeliere ich, auch was die Managergehälter anbelangt, an nseren Koalitionspartner. Vergleichbares könnte man zu em Thema „Selbstbehalt bei Verbriefungen“ sagen, wo ie Sozialdemokraten 20 Prozent fordern, die Konservaiven und die Liberalen aber allenfalls 5 Prozent zugesteen wollen. Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Wann soll die U einig sein, die Herausforderungen anpacken und die robleme lösen, wenn nicht jetzt? Die EU ist weiterhin irtschaftlich stark. Jetzt braucht es den politischen Wil en. Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück haben it ihren Finanzmarktgrundsätzen gute Voraussetzungen eschaffen. Frau Merkel, liebe Bundeskanzlerin – ich eiß nicht, wo Sie gerade sind –, (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das wissen wir oft auch nicht!)


utzen Sie dieses Potenzial! Motivieren Sie Ihre euro-
äischen Kollegen und Kolleginnen, einen gemeinsamen
tandpunkt zu finden und weitreichende Vorschläge zu
ntwickeln, die auch die USA und andere Staaten über-
eugen, damit wir gemeinsam zukünftigen Krisen vor-
eugen können. Ich wünsche der Kanzlerin und der Bun-
esregierung bei diesem Vorhaben viel Erfolg.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621101600

Nun hat der Kollege Gunther Krichbaum das Wort für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1621101700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

inanzmarktkrise hat die Welt verändert, und sie wird sie
eiter verändern. Doch wir haben jetzt die Möglichkeit,
iese Veränderung mitzugestalten. Der bevorstehende
uropäische Rat bietet hierfür eine große Chance. Diese
ann aber nur dann genutzt werden, wenn Europa mit ei-
er Stimme spricht; denn nur dann wird es gelingen, un-
ere Überlegungen und Vorstellungen auf dem bevorste-
enden G-20-Gipfel Anfang April weltweit zum Standard
u machen.

Ich denke, es war ein ermutigendes Signal, dass von
eutschland und Frankreich eine gemeinsame Initiative

usging. Das ist unter anderem auch ein wichtiger Im-
uls für das deutsch-französische Verhältnis. Solche Im-
ulse haben gerade in der letzten Zeit gefehlt. Deswegen
st die Bedeutung dieser Initiative für die Wiederbele-






(A) )



(B) )


Gunther Krichbaum
bung des deutsch-französischen Verhältnisses nicht zu
unterschätzen. Wenn wir es jetzt noch schaffen, unsere
britischen Freunde und Partner mit ins Boot zu nehmen,
dann wird es uns gelingen – davon bin ich überzeugt –,
die Leitplanken einzuziehen, die wir auf den Finanz-
märkten brauchen. Eines ist wichtig: Wir müssen jetzt
Standards setzen. Wir müssen jetzt ein Immunsystem
schaffen, damit sich eine derartige Krise nicht wiederho-
len kann.

Weil mein Kollege Bernhardt auf die Aufsichtssys-
teme, die hierfür notwendig sind, hinlänglich eingegan-
gen ist, möchte ich einige andere Aspekte ansprechen.
Wenn es darum geht, Krisen vorzubeugen, brauchen wir
zweierlei: zum einen eine Stärkung des IWF, des Inter-
nationalen Währungsfonds, und zum anderen eine Stär-
kung der Europäischen Zentralbank. Hier sind die Poten-
ziale bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Angesichts
der Tatsache, dass Produkte die Grenzen überschreiten,
muss auch die Aufsicht Grenzen überschreiten.

Beim Konjunkturpaket hätten wir uns sicherlich eini-
ges mehr vorstellen können. Richtig ist, dass die Verant-
wortung bei den Mitgliedstaaten liegt. Bei einem Kon-
junkturpaket in einer Größenordnung von 5 Milliarden
Euro, wie es die Europäische Union schnürt, können die
Wirkungen nur begrenzt sein. Da die Bundesrepublik
Deutschland davon immerhin circa 1 Milliarde Euro tra-
gen wird, sollten wir darauf hinwirken, dass diese kon-
junkturellen Maßnahmen schnell wirksam werden, vor
allem aber auch dem Mittelstand zugutekommen. Denn
gerade der Mittelstand ist bei alledem besonders gebeu-
telt und bedarf unserer Unterstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein Wort zu Ihnen, Herr Westerwelle: Wer jetzt hier
mit Mehrwertsteuersenkungen und ermäßigten Mehr-
wertsteuersätzen operieren möchte, streut den Bürgern
Sand in die Augen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie das mal der CSU! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Was sagt denn Seehofer dazu?)


Ganz nebenbei: So viel Sand, wie Sie den Bürgern in die
Augen streuen, gibt keine Wüste dieser Welt her.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Meinen Sie die CSU? – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Kennen Sie Bayern? – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das liegt in der Nähe von der Schweiz!)


Auch Sie müssen einmal zur Kenntnis nehmen, dass
niedrige und ermäßigte Mehrwertsteuersätze nur sehr
begrenzt an die Verbraucher weitergegeben werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621101800

Herr Kollege Krichbaum, gestatten Sie eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Westerwelle?

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(C (D Die Frage des Herrn Kollegen Westerwelle wird ahrscheinlich durch meine Ausführungen beantwortet. (Beifall des Abg. Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU] – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Heißt das jetzt Ja oder Nein? Kann ich jetzt fragen oder nicht?)

Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1621101900


Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1621102000

Nehmen Sie als Beispiel Großbritannien. Dort wurde

enau das gemacht. Das hatte aber die Folge, dass die
erbraucher davon nicht profitiert haben, weil Preissen-
ungen nicht an die Verbraucher weitergegeben wurden


(Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie das einmal der CSU!)


nd die Profite woanders geblieben sind. Deswegen ist
s richtig, dass die Bundesregierung dies nicht machen
ird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich möchte noch auf weitere Aspekte zu sprechen
ommen, die beim Europäischen Rat nicht unter den
isch fallen sollten. Das sind die Lissabon-Strategie
nd die Östliche Partnerschaft. Bei der Lissabon-Strate-
ie befinden wir uns im sogenannten zweiten Dreijahres-
yklus zwischen 2008 und 2010. Ich denke, es hat schon
eute Sinn, über die Zukunft der Lissabon-Strategie
ach 2010 nachzudenken. Deswegen muss an dem Kern-
nliegen, für mehr Wachstum und Beschäftigung zu sor-
en, festgehalten werden. Die Strategie sollte aber inso-
eit neu ausrichtet werden, als dass in Zukunft stärker

uf stabiles, nachhaltiges Wachstum Wert gelegt wird.
enau diese qualitative Komponente beim Wachstum
uss in Zukunft stärker betont werden.

Die Östliche Partnerschaft wurde bereits von Kolle-
in Schwall-Düren angesprochen. Ich denke, es hat
inn, dass wir diese Östliche Partnerschaft auch von
eutscher Seite forcieren und unterstützen. Ich möchte
n dieser Stelle allerdings auch darauf hinweisen, dass es
och offene, klärungsbedürftige Punkte gibt. Zum einen
etrifft dies die Finanzierung. Zum anderen ist es wich-
ig, dass wir kein Konkurrenzverhältnis zur Schwarz-

eersynergie aufbauen und die Prozesse und Mechanis-
en, die wir bereits haben, aufeinander abstimmen. Wir

lle wollen, so denke ich, keine Duplizierung der Struk-
uren; dies wäre teuer und ineffektiv.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ein weiterer Punkt ist die europäische Integration.
ir können diese aktuelle Krise nur bewältigen, weil wir

iesen Stand der europäischen Integration haben. Des-
egen muss die europäische Integration weitergehen.
as betrifft auch die Staaten, mit denen wir Beitrittsver-
andlungen führen. Aber man muss auch nüchtern kon-
tatieren, dass es bei einzelnen Beitrittsländern nur sehr
chleppend vorangeht. Wir unterstützen Kroatien. Maze-
onien aber hat noch sehr viele Aufgaben vor sich.






(A) )



(B) )


Gunther Krichbaum
Im Hinblick auf die Türkei muss ein klärendes Wort
erlaubt sein – ich sage dies ohne Schaum vor dem Mund –:
Die jüngsten Bestrebungen der türkischen Regierung
hinsichtlich der Begrenzung der Pressefreiheit sind nicht
akzeptabel.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Denn die Repressalien, mit denen vor allem die Dogan-
Gruppe konfrontiert wird, zielen darauf ab, dass ein Un-
ternehmen vom Markt verschwinden soll. Man muss auf
Folgendes hinweisen: Ohne Pressefreiheit keine Mei-
nungsfreiheit, ohne Meinungsfreiheit keine Demokratie;
aber ohne Demokratie ist ein Beitritt in die Europäische
Union völlig undenkbar. Wir müssen die Vertreter der
türkischen Regierung an ihre Verantwortung erinnern.
Die Reformen müssen zunächst einmal den Bürgerinnen
und Bürgern im eigenen Land dienen. Sie dürfen nicht
nur durchgeführt werden, um der Europäischen Union
zu gefallen. Hier muss nachgebessert werden. Die Tür-
kei muss gewissermaßen auf den Pfad der Tugend zu-
rückkehren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die europäische Integration ist eine Erfolgsge-
schichte. Ohne sie gäbe es weder den Euro noch den
Schengen-Raum. Auch 20 Jahre nach dem Mauerfall
muss man darauf hinweisen, dass die eigentlichen Errun-
genschaften der europäischen Integration für die Bürger
erst mit der Kreierung des Schengen-Raums greifbar
wurden. Der Eiserne Vorhang war zwar gefallen, die ei-
sernen Gardinen, wenn man so will, aber noch nicht. Wir
müssen den Schengen-Raum sukzessive erweitern; denn
hiervon profitieren die Bürgerinnen und Bürger am
meisten. Dabei spielen auch Visaerleichterungen eine
Rolle.


(Beifall des Abg. Kurt Bodewig [SPD])


Wir müssen den jungen Menschen, insbesondere in Ost-
europa, die Möglichkeit geben, das – in Anführungszei-
chen – alte Westeuropa kennenzulernen. Nur wer diese
Möglichkeit hat, kann auch die Werte der Europäischen
Union teilen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Diese Aspekte dürfen nicht in Vergessenheit geraten.

Last, not least: Der Londoner Gipfel bietet die
Chance, eine neue Finanzmarktarchitektur zu kreieren.
Die anderen Themen, die von Bedeutung sind, dürfen
dabei aber nicht in Vergessenheit geraten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621102100

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Guido

Westerwelle das Wort.

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(C (D Herr Kollege, da Sie meine Zwischenfrage nicht zu elassen haben, möchte ich Ihnen meine Fragen im Rahen einer Kurzintervention stellen. Sie haben die FDP nd meine Person dafür kritisiert, dass wir uns für reduierte Mehrwertsteuersätze ausgesprochen haben. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, leider! Das war eine viel zu gute Vorlage!)

Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1621102200

ie haben gesagt, mit dieser Forderung würden wir den
ürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen streuen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Wüstensand!)


ut das auch der Bundeswirtschaftsminister, der das-
elbe sagt wie ich?


(Kurt Bodewig [SPD]: Der hätte Ihre Rede nicht gehalten! Da bin ich mir sicher!)


ut das auch die CSU, ein immerhin nicht unmaßgebli-
her Teil Ihrer Fraktionsgemeinschaft, die dasselbe sagt
ie ich? Tut das auch der bayerische Ministerpräsident,
er dasselbe sagt wie ich?

Außerdem hätte ich gerne von Ihnen gewusst:


(Ute Kumpf [SPD]: Meine Güte! Heute möchten Sie aber besonders viel wissen!)


ie erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern, dass – mit
iner einzigen Ausnahme, nämlich mit der Ausnahme
änemarks – alle Nachbarländer Deutschlands einen
iedrigeren Mehrwertsteuersatz für Hotels und Gastro-
omie haben? Von europäischer Ebene wurde das als
öglichkeit ausdrücklich bestätigt. In Österreich, der

chweiz, den Niederlanden, in Frankreich und in Lu-
emburg beträgt der Mehrwertsteuersatz für Hotels und
astronomie 3 Prozent, in Belgien 6 Prozent, und auch

n Tschechien und Polen ist er geringer als in Deutsch-
and. Mit anderen Worten: Mit einer Ausnahme, nämlich
it der Ausnahme Dänemarks, ist Deutschland in der

esamten Europäischen Union das einzige Land, das bei
otels und Gastronomie den vollen Mehrwertsteuersatz

rhebt.


(Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: In den anderen Ländern sind die Preise aber teilweise deutlich höher als bei uns! Das interessiert Sie wohl nicht! Gehen Sie doch mal in Frankreich essen! Dann merken Sie, dass da alles viel teurer ist als hier!)


inden nicht auch Sie, dass das eine enorme Wettbe-
erbsverzerrung zulasten unseres Mittelstandes ist?

Zum Schluss möchte ich auf das Thema Medika-
ente zu sprechen kommen. Medikamente sind etwas,
as die Menschen wirklich brauchen. Der normale Bür-
er kann, wenn er krank ist, nicht auf Medikamente ver-
ichten. Ist Ihnen bekannt, dass neben Deutschland nur
ier Länder in ganz Europa, nämlich Bulgarien, Däne-
ark, Österreich und Schweden, den vollen Mehrwert-

teuersatz auf Medikamente erheben?






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Warum haben Sie denn unserem Antrag nicht zugestimmt?)


Vor diesem Hintergrund würde ich gerne von Ihnen wis-
sen: Ist es nicht so, dass Deutschland das Land ist, das
seine Position überprüfen muss, wenn 22 von 27 Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union einen anderen Weg
gehen und das tun, was die FDP vorschlägt?


(Beifall bei der FDP – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Wir haben das doch beantragt! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Genau! Wir waren das! Das stimmt! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Warum hat die FDP dagegengestimmt?)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
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Zur Erwiderung Herr Kollege Krichbaum.


Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1621102400

Werter Kollege Westerwelle, ich wehre mich gegen

den grenzenlosen Populismus, den Sie in diesem Hohen
Hause betreiben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Bei den Bürgerinnen und Bürgern im Land erwecken Sie
den Eindruck, als würde eine Reduzierung der Mehr-
wertsteuersätze automatisch die Konjunktur beleben.
Das ist ein Irrglaube. Andere Länder – siehe Großbritan-
nien – haben bereits unter Beweis gestellt, dass redu-
zierte Mehrwertsteuersätze nicht in Form von niedrige-
ren Preisen an die Verbraucher weitergegeben werden.
Das, was Sie hier machen, ist populistisch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Populistisch ist auch, dass Sie einzelne Steuersätze
herauspicken, so zum Beispiel den reduzierten Mehr-
wertsteuersatz in manchen Bereichen in Dänemark. Es
gehört dann aber zur Ehrlichkeit dazu, auch zu erwäh-
nen, dass der normale Mehrwertsteuersatz in Dänemark
weit über dem bundesdeutschen liegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Deswegen funktioniert Ihre Rosinenpickerei nicht,
Herr Westerwelle. Deutschland liegt, was die Steuerbe-
lastung der Bürger angeht, im Mittelfeld der Europäi-
schen Union. Man muss immer wieder darauf hinweisen,
dass dem Staat die notwendigen Ressourcen zur Verfü-
gung gestellt werden müssen, wenn man Schulen, Bil-
dungsinfrastruktur und Straßenbau finanzieren möchte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ein weiterer Punkt betrifft die Gastronomie. Ich
komme aus Baden-Württemberg – das kann man un-
schwer an meinem Zungenschlag heraushören –, einem
Bundesland, in dem es auf Fläche und Dichte bezogen
die meisten Zwei- und Drei-Sterne-Restaurants gibt.
Kein Mensch fährt ins nur wenige Kilometer entfernte

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(C (D lsass, nur weil dort vielleicht die eine oder andere peise 1 Euro weniger kostet. (Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Dort ist es teuer; das weiß ich! – Ute Kumpf [SPD]: Es ist dort teurer und schlechter!)


ch kann nur empfehlen, die Gastronomie im Elsass, die
xzellent ist, einmal kennenzulernen. Sie werden dort
ber eher mehr Geld lassen als in den hervorragenden
aden-württembergischen Restaurants. Das kann ich mit
icherheit auch in Bezug auf viele andere Restaurants im
estlichen Deutschland behaupten.

Ihr Populismus, mit dem Sie hier versuchen, den
enschen etwas vorzugaukeln, gehört gebrandmarkt. Es

st also dienlich, diese offenen Punkte einmal zu benen-
en, was Ihnen ganz offensichtlich nicht gefallen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das gefällt mir sehr! Das gefällt mir so sehr, dass wir Ihre Antwort gleich versenden werden! Das gefällt mir außerordentlich!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621102500

Das Wort erhält nun der Kollege Alexander Ulrich

on der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621102600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

inke hat beantragt, dass der verringerte Mehrwertsteu-
rsatz auch für Medikamente gelten soll. Herr
esterwelle, die FDP hat damals nicht zugestimmt – so

iel zur Ehrlichkeit.


(Beifall bei der LINKEN)


Die massive Umverteilung von Arm zu Reich, der
assive Sozialabbau, der mit der Lissabon-Strategie ver-

unden ist, die Privatisierung der sozialen Sicherungs-
ysteme und der öffentlichen Daseinsvorsorge waren
ichtige Ursachen der jetzigen Wirtschaftskrise.
eutschland wurde durch seine wachstums- und europa-

eindliche Lohndrückerei Exportweltmeister.

Wenn man sich die heutige Regierungserklärung an-
ört, denkt man sich: Die Bundeskanzlerin sollte nicht
ie Letzte sein, die einsieht, dass Europa und Deutsch-
and nicht Opfer, sondern Mitverursacher der jetzigen
rise sind. Die Schröder- und die Merkel-Regierungen
aben diesen gescheiterten Finanzmarktkapitalismus
assiv gefördert und mit verursacht.


(Beifall bei der LINKEN)


ie Bundesregierung hat daher eine besondere interna-
ionale Verantwortung zur Belebung der Konjunktur. Die
undesregierung tritt aber weiter auf die Bremse. Ich zi-

iere die Worte vom Wirtschaftsnobelpreisträger Paul
rugman aus dem Stern der letzten Woche:

Deutschland war bislang nur ein riesiger Stolper-
stein, ein gewaltiges Hindernis.






(A) )



(B) )


Alexander Ulrich
Weiter wird er in dem Artikel zitiert:

Finanzminister Peer Steinbrück scheine mit koordi-
nierten Konjunkturprogrammen „ein echtes Pro-
blem“ zu haben.

Außerdem sagte Krugman, manchmal glaube er – ich zi-
tiere –,

in Deutschland begreift man das ungeheure Aus-
maß der Krise immer noch nicht ganz.

Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, die Krise
in ihrer Dimension zu erkennen. Sie ist nicht in der
Lage, die richtigen Antworten zu finden. Die Bundesre-
gierung versagt auf Kosten von Wohlstand und Arbeits-
plätzen in unserem Land. Wie wollen Sie die internatio-
nalen Ungleichgewichte mit dieser Politik verringern?
Die Linke fordert, wie Jean-Claude Juncker, eine Euro-
Anleihe, um die öffentliche Kreditbeschaffung in Europa
zu verbilligen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein Staatsbankrott wird auf jeden Fall teurer. Doch
die Bundesregierung zeigt wieder ihr antieuropäisches
Gesicht und beharrt auf nationalen Anleihemärkten.

An dieser Politik ist aber eines ganz besonders
schlimm: Viele Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz.
Die Opel-Beschäftigten erwarten zu Recht schnelle Hilfe
der Bundesregierung. Was wird gemacht? Der Wirt-
schaftsminister reist zu PR-Zwecken in eigener Sache in
die USA, erreicht gar nichts und will das auch noch als
Erfolg verkaufen. Die Bundesregierung kennt scheinbar
zwei Klassen von Menschen: Arbeitnehmer und Bank-
manager. Deshalb braucht die Bundesregierung den au-
ßerparlamentarischen Druck. Die Linke unterstützt die
Forderungen und den Protest am 28. März in Berlin und
Frankfurt unter dem Motto: Wir zahlen nicht für eure
Krise.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau Bundeskanzlerin, reisen Sie nicht als Lobbyist
der Finanzwirtschaft auf den Gipfel und zu G 20! Es
reicht nicht aus, nur für mehr Transparenz zu sorgen.
Das Kasino muss endgültig geschlossen werden. Es
muss verboten werden, mit Währungen, Rohstoffen und
Lebensmitteln zu zocken. Die Finanzmärkte müssen un-
ter demokratische Kontrolle gebracht werden. Wir brau-
chen eine Transaktionssteuer. Hedgefonds müssen ver-
boten und Steueroasen geschlossen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich finde es sehr interessant – wir erleben ja zurzeit in
Deutschland den Vorwahlkampf –: Trittin, Frau Künast,
Müntefering, Steinbrück, Steinmeier, alle schwadronie-
ren von der Ampel. Heute Morgen haben wir festgestellt,
dass man Steueroasen zusammen mit dem Oasen-Guido
schließen will.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Deshalb wird von Rot-Grün jetzt schon die nächste
Wahlkampflüge vorbereitet.

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(C (D (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr wollt ja nicht! Ihr seid doch Verantwortungsverweigerer!)


ie wollen Sie ernsthaft Mindestlöhne einführen, wie
ollen Sie Steueroasen schließen, wie wollen Sie den
inanzmarktkapitalismus regulieren, wenn Sie eine Ko-
lition mit der FDP wollen?


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen doch nicht regieren!)


Das ist unglaubwürdig, und das nimmt Ihnen niemand
ehr ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihr Problem ist nicht Guido, sondern Ihre Inhaltsleere.
ie wollen nur regieren, unabhängig davon, welche In-
alte dabei herauskommen.


(Beifall bei der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben schon Schaum vor dem Mund!)


Ich komme zum Schluss. Wir brauchen eine Bundes-
egierung, die ihrer Verantwortung für die Menschen ge-
echt wird und nicht weiter kläglich versagt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Sie sind die obersten Verantwortungsverweigerer! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Lieber Oasen-Guido als Wüsten-Peer!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621102700

Das Wort erhält die Kollegin Nina Hauer, SPD-Frak-

ion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Nina Hauer (SPD):
Rede ID: ID1621102800

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

ieber Herr Westerwelle, wenn man der Meinung ist,
ass die Leute lieber im Ausland essen gehen, weil dort
ie Mehrwertsteuer etwas geringer ist, dann ist es nur
olgerichtig, Steueroasen zu verteidigen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es geht nicht allein darum, dass wir eine bessere Ko-
peration der europäischen Staaten bei der Bekämpfung
er Steuerhinterziehung erreichen. Vielmehr geht es da-
um, dass wir verhindern, dass es Staaten gibt, die auf
auer einen Teil ihrer Wertschöpfung dadurch erzielen,
ass sie Steuerflüchtlingen Zuflucht bieten. Es geht auch
icht allein darum, in der Finanzmarktkrise mit Kon-
unkturprogrammen an einzelnen Punkten zu helfen.
arüber sollten wir es aber nicht versäumen, unser Sys-

em mit neuen Regeln neu aufzustellen.

Wer diese Krise bewältigen und für die Zukunft vor-
orgen will, der muss jetzt dafür sorgen, dass wir Regeln
ekommen, an die sich auf dem Finanzmarkt alle hal-
en. Ich finde, bei dem Vortreffen ist schon einiges er-
eicht worden. Dass die Ratingagenturen beaufsichtigt
nd registriert werden, das ist ein großer Fortschritt.






(A) )



(B) )


Nina Hauer
Frau Künast, es geht nicht darum, ob sie europäisch oder
amerikanisch sind, sondern es geht darum, wer kontrol-
liert, was sie eigentlich machen. Wer nimmt ihr Ge-
schäftsmodell unter die Lupe? Wer bewertet, wie sie ihre
Bewertungen aufstellen? Wenn wir schon vor ein paar
Jahren Regelungen geschaffen hätten, die außerbilan-
zielle Zweckgesellschaften verhindern, dann wäre uns
viel geholfen.

Immerhin – ich weiß nicht, wie der Finanzminister
dies erreicht hat, vielleicht mit Diplomatie, offensicht-
lich aber auch mit Durchsetzungskraft – haben wir er-
reicht, dass die USA mit uns darüber reden wollen, wie
wir die Hedgefonds beaufsichtigen und regulieren. Ich
finde, das ist ein großer Fortschritt. Das wäre vor zwei
Jahren noch nicht ohne Weiteres möglich gewesen.


(Beifall bei der SPD)


Es geht aber – das hat mich etwas an der Regierungs-
erklärung der Bundeskanzlerin enttäuscht – nicht nur da-
rum, zu sagen, dass wir neue Regeln wollen. Wir wollen
auch ein Leitbild für den Finanzmarkt entwerfen. Dabei
geht es darum, dass diejenigen, die ein hohes Risiko ein-
gehen – das muss man auch weiterhin am Finanzmarkt
dürfen –, dafür auch die Verantwortung tragen. Risiko
und Verantwortung müssen sich also die Waage halten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das war bisher aber nicht der Fall. Wenn jemand Pa-
piere kauft, die zu Paketen geschnürt worden sind, die
Kredite enthalten, die nicht zurückgezahlt werden kön-
nen oder bei denen das Risiko groß ist, dass sie aufgrund
der Zinsbedingungen nicht zurückgezahlt werden kön-
nen, dann muss derjenige einen Teil des Risikos tragen,
wenn er diese Papiere weiterverkauft.

Deshalb finde ich den Vorschlag unseres stellvertre-
tenden Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten
Frank-Walter Steinmeier richtig, dass ein Teil des Risi-
kos bei denjenigen bleiben soll, die die Pakete schnüren.
Bei einem Selbstbehalt von 20 Prozent bei Verbriefun-
gen beispielsweise, die wir am Finanzmarkt ja brauchen
– wir wollen sie nicht abschaffen –, wird sich der eine
oder andere schon überlegen, was darin enthalten ist, be-
vor er verkauft und bevor am Ende niemand mehr nach-
vollziehen kann, wohin eigentlich verkauft worden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Genauso finde ich, dass es beim Risiko und bei der
Verantwortung darum geht, wie viel Eigenkapital ein
Unternehmen bereithält. Wir wollen mit unseren Eigen-
kapitalstandards nicht prozyklisch dann reagieren, wenn
wir sehen, dass in Europa die Bereitschaft sinkt, Kredite
für die Wirtschaft zu vergeben. Für die Zukunft wollen
wir, dass diejenigen, in deren Bilanzen große Risiken
stehen, diese auch mit dem entsprechenden Eigenkapital
unterfüttern müssen. Hier müssen dann eben alle mitma-
chen. Ausgerechnet die USA setzen Basel II nicht um.
Ausgerechnet jetzt, da wir es am dringendsten gebrau-
chen könnten, haben sie gesagt: Wir machen das an die-
ser Stelle nicht mit.

Wir wollen mit diesen Anforderungen an Eigenkapi-
tal erreichen, dass Stresstests durchgeführt werden kön-

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(C (D en und überprüft werden kann, ob die nötige Liquidität orhanden ist, um ein Risiko im Geschäft auszugleichen. azu gehört auch, dass wir dafür sorgen, dass diejenien, die Geschäfte tätigen, nicht nur dann immer hoch elohnt werden, wenn das Risiko und die Verantwortung öglichst weit auseinanderklaffen. Ich finde schon, dass emand, der ein Risiko eingeht, belohnt werden sollte, ber das muss an Regeln gebunden sein, und es muss lar sein: Wenn ich nachhaltig wirtschafte – das ist auch m Finanzmarkt notwendig –, dann ist meine Vergütung m Ende höher, als wenn ich ein Risiko eingehe, für das interher die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen aufommen müssen. – Diese Regeln wollen wir am Finanzarkt verankern. Ich finde, dass wir hier schon große Schritte weitergeommen sind. Dass wir überhaupt international darüber eden, dass wir alle Produkte, Akteure und Finanzmärkte eaufsichtigen müssen, und dass dort Vorschläge geacht werden, ist schon ein erheblicher Fortschritt. Bis or Kurzem gab es noch viele Staaten – übrigens auch iele Politiker und Politikerinnen hier in Deutschland –, ie gesagt haben: Der Finanzmarkt braucht gar keine Reeln. Er hat ganz eindeutig das Interesse, die Rendite zu aximieren. Wenn das nach diesem Prinzip geht, dann äuft das schon. Das ist falsch und auch nicht die Aufgabe des Finanzarktes. Seine Aufgabe ist es, Kapital für Ideen von Un ernehmen hier und anderswo in der Welt zur Verfügung u stellen und es zu ermöglichen, dass wir Verbraucheinnen und Verbraucher unser Geld für das Alter, zur orsorge und für alles andere dort anlegen können. Daei müssen wir natürlich auch nachvollziehen können, as mit dem Geld passiert. Das sind die Leitlinien, an denen wir uns orientieren ollten. Ich bin froh, dass wir als SPD schon sehr früh orschläge zu diesen Leitlinien eingebracht haben. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1621102900

Nun erhält der Kollege Thomas Silberhorn für die

DU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wie wird das denn jetzt bei der Mehrwertsteuer?)



Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1621103000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Wir sind uns einig, dass aufgrund der globalen
imension dieser Finanzmarktkrise auch globale Lö-

ungsansätze erforderlich sind. Ich finde es gut, dass wir
n uns den Anspruch stellen, dass der Globalisierung aus
iesem Anlass ein politischer Ordnungsrahmen gegeben
erden muss.

Die Europäische Union kann mit dem Gipfel, der jetzt
evorsteht, eine Pilotfunktion wahrnehmen, weil es da-






(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn
rum geht, dass wir internationale Standards setzen, die
auf der Grundlage demokratischer Vorbilder und auf der
Grundlage der sozialen Marktwirtschaft zustande kom-
men. Wir sind uns über das Ob einig, aber wir müssen
über den richtigen Weg streiten.

Als beispielsweise schnell der Vorschlag gemacht
wurde, jetzt eine zentralisierte europäische Aufsichts-
behörde für den Finanzmarkt zu errichten, wurde ich
doch sehr skeptisch. Kann es wirklich zielführend sein,
eine europäische Behörde einzurichten, wenn es um eine
Finanzkrise globalen Ausmaßes geht? Eine Insellösung
der Europäischen Union wird dieser Herausforderung
nicht gerecht und die strukturellen Schwächen auf dem
Finanzsektor weltweit ganz sicher nicht beseitigen.

Ich halte ein solches Modell auch nicht unbedingt für
praktikabel; denn Aufsicht findet immer lokal statt.
Wenn man Regulierungsstandards setzt, über die wir uns
gerne international verständigen können, dann muss die
Beachtung dieser Regulierungsstandards vor Ort kon-
trolliert und durchgesetzt werden.

Es ist auch nicht unbedingt verantwortungsbewusst,
wenn man europäische Behörden einrichten will, aber
im Krisenfall die Folgen von den Mitgliedstaaten getra-
gen werden müssen. Ich glaube, dass eine Lehre dieser
Finanzkrise darin bestehen muss, Handeln und Haften
zusammenzuführen. Insofern mahne ich, dies nicht
durch neue Institutionen oder Organisationsfehler aus-
einanderfallen zu lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich halte es auch für riskant, eine Krise, die mögli-
cherweise durch kollektives Versagen vieler Beteiligter
entstehen konnte, dadurch lösen zu wollen, dass man
jetzt die Entscheidungen, die bisher viele getroffen ha-
ben, in einer Behörde zentralisiert. Wenn dann eine Fehl-
entscheidung getroffen wird, ist die Wirkung umso
schlimmer. Die spanische Finanzaufsicht beispielsweise
hat den spanischen Banken untersagt, diese vergifteten
Finanzprodukte aufzulegen. Wir müssen uns die Frage
stellen, weshalb die kritische spanische Aufsicht, die
sich letzten Endes als richtig erwiesen hat, nicht europa-
weit die nötige Aufmerksamkeit gefunden hat. Mein
Vorschlag ist, die Aufsicht international zu koordinieren.
Wir dürfen sie aber nicht zentralisieren, sondern müssen
die nationalen Aufsichtsbehörden besser miteinander
vernetzen.

Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung zu diesem
Punkt. Wenn man sich in Brüsseler Fluren darüber strei-
tet, wo der Sitz einer solchen europäischen Finanzauf-
sichtsbehörde sein könnte, dann ist das ein verdammt
kleines Karo vor dem Hintergrund der globalen Krise.
Ich rate uns dazu, von solchen Kuhhandeln Abstand zu
nehmen und durch eine Vernetzung der bestehenden na-
tionalen Einrichtungen eine globale Lösung in Angriff
zu nehmen.

Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, der aus
meiner Sicht in der gesamten Debatte über die Wirt-
schafts- und Finanzkrise zu kurz kommt, nämlich die
persönliche Verantwortung der Akteure, die die Ursa-
chen für diese Krise geschaffen und unternehmerische
Fehlentscheidungen getroffen haben. Es kann doch nicht

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(C (D ngehen, dass wir eine Art Softkriminalität in Vorstandstagen hinnehmen, die dadurch zustande kommt, dass an mit dem System von Bonuszahlungen Handeln im igeninteresse fördert und unternehmerische Entscheiungen letztlich nicht im Interesse des Unternehmens, er Kunden und schon gar nicht der Beschäftigten geroffen werden. enn wir solche Fehlentscheidungen dadurch korrigieen, dass wir Steuergelder der kleinen Leute einsetzen, ann liegt es nahe, dass das Vertrauen in das Funktionieen der sozialen Marktwirtschaft untergraben wird. Desegen rate ich dazu, dass wir dort, wo die Gelegenheit esteht, die Akteure in Haftung nehmen. Vorstände von Aktiengesellschaften sind schadenrsatzpflichtig. Sie haften mit ihrem vollen Privatvermöen für ihr Tun. s ist nicht hinnehmbar, dass unternehmerische Fehlentcheidungen mit Abfindungen, Bonuszahlungen und uszahlungen der Rente in Millionenhöhe belohnt weren und dies zum Teil noch gerichtlich eingeklagt wird. tattdessen sollten wir den Spieß umdrehen und die andelnden in Haftung nehmen. Wenn man das angehen will, braucht es einen Kläger. enn der Bund in die Verlegenheit kommen sollte, sich n Aktiengesellschaften wie der Hypo Real Estate zu beeiligen, dann ist die Gelegenheit, ernsthaft zu prüfen, inieweit die Handelnden in Form von Schadenersatzleis ungen herangezogen werden können, und damit dafür u sorgen, dass Handeln und Haften wieder zusammeneführt werden. Ich bitte darum, dass die Bundesregieung in diesem Sinne tätig wird, bevor wir entsprehende Anträge vorlegen müssen. arin liegt für uns durchaus die Chance, insoweit auch n der Europäischen Union stilbildend und vertrauensbilend zu wirken und zu versuchen, das, was an Vertrauen erstört worden ist, so weit wie möglich wiederherzutellen. Erlauben Sie mir noch eine kritische Anmerkung zu en bevorstehenden Verhandlungen in der Europäischen nion. Ich glaube, wir haben alles getan, was in unseren öglichkeiten steht. Wir sind bis an die Grenzen unserer eistungsfähigkeit gegangen. Deswegen muss jetzt wieer ein Konsolidierungskurs eingeschlagen werden. ch rate dazu, diese Krise nicht dazu zu missbrauchen, eue Sünden zu begehen, von einem Sonderfonds für steuropäische Staaten über Euroanleihen, die Ausweiung des Globalisierungsfonds bis hin zum Aufschnüren er Finanziellen Vorausschau und allem, was das Sünenregister sonst noch umfasst. Im Zweifel sollte das eichtstuhlverfahren, für das die europäischen Gipfel reffen berühmt sind, wieder zur Anwendung kommen, ber es sollte keine Absolution erteilt werden, wenn man icht von diesen Sünden lassen will. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Nächster Redner ist der Kollege Kurt Bodewig für die SPD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einer Debatte soll man auch auf die Redebeiträge der anderen eingehen. Eine kurze Anmerkung zur Rede des Kollegen Silberhorn: Das Haftungsrecht besteht; wir müssen es nur anwenden. Das ist keine gesetzgeberische Frage, sondern eine Frage der Kultur in den Unternehmen. Auf diese können wir gemeinsam einwirken. Ich gehe gerne noch auf die populistische Kurzintervention ein. Ich möchte den Bundeswirtschaftsminister ausdrücklich in Schutz nehmen. Eine solche Rede, Herr Westerwelle, wie Sie sie gehalten haben, würde er niemals halten; das ist eine wichtige Grundvoraussetzung. Ihre sehr eigenartige, unverhohlene Sympathie für Steueroasen – diese sind nichts anderes als der Zufluchtsort für Steuerhinterzieher – teilt niemand in der Bundesregierung und der Koalition; das sollten wir ausdrücklich feststellen. Ich glaube, Sie haben sich Ihren neuen Spitznamen zu Recht erarbeitet. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Kann ich den noch einmal hören, bitte? Für die Öffentlichkeit!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Joachim Poß [SPD]: Nach geltendem Recht!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621103100

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Kurt Bodewig (SPD):
Rede ID: ID1621103200

(Beifall bei der SPD)


– Ihre Egopflege dürfen Sie selbst betreiben.


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


Ich fahre fort und gehe auf die Bemerkungen des
Bundesfinanzministers ein. Ich glaube mich richtig zu
erinnern, dass er die Schweiz mit keinem Wort erwähnt
hat. Er hat von den Instrumentarien der OECD gespro-
chen. Die heftige Reaktion in der Schweiz dokumentiert
– das ist sehr interessant –, dass man sich dort offenbar
angesprochen fühlt. Auch das sollten wir wahrnehmen.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte eigentlich noch auf einen anderen Punkt
eingehen, der heute und morgen eine besondere Rolle
spielt, nämlich das Zusammenwirken der europäischen
Staaten bei der Energieversorgungssicherheit; die
Bundeskanzlerin hat das bereits angesprochen. Das wird
ein Thema sein, in der Zeit bis zur Klimakonferenz in
Kopenhagen.

Wir sollten uns die Barroso-Vorschläge sehr genau
anschauen; denn das, was er im Moment macht, ist
nichts anderes als eine Reise der Wahlgeschenke, die sei-
ner Wiederwahl als Kommissionspräsident dient. Er
macht Programmvorschläge, die das Thema Konjunktur-
programm in keiner Weise berühren. Seine vorgeschla-
genen Programme sind nicht geplant und stehen zurzeit
nicht an. Sie werden daher auch keine konjunkturelle
Wirkung haben. Das alles passt nicht an diese Stelle. Si-
cherlich handelt es sich um wichtige Projekte; aber sie
gehören in das ganz normale Haushaltsverfahren der

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(C (D U. Es dürfen aber nicht infolge der Krise Geschenke erteilt werden, da sonst nur Mitnahmeeffekte erzielt ürden. Da diese Projekte trotzdem wichtig sind, müs en wir neben der konjunkturellen Wirkung darüber achdenken – dabei geht es nicht um neues Geld –, was ir nach der Überwindung der Krise in der Konsolidie ungsphase tun werden. Dann können diese Projekte ieder eine Rolle spielen. Aber sie dürfen nicht verzer end wirken. Nabucco ist genauso wichtig wie Nord tream. Interkonnektoren sind in den Ostseeanrainertaaten genauso wichtig wie in Südosteuropa. All das ührt dazu, dass wir die künstliche Trennung etwa im nergieversorgungsbereich zwischen Ost und West in uropa aufheben können. Darüber sollten wir schon eute nachdenken; das ist mir sehr wichtig. Die Barrosoorschläge dürfen nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung ühren. Das Problem ist, dass dann bereits geplante Inestitionen zurückgestellt würden, weil man sich Mitahmeeffekte erhofft. Wir sollten das fortsetzen, wofür Deutschland steht nd was wir seit zehn Jahren sehr intensiv betreiben. nergieeffizienz stellt eine Haupteinsparquelle dar. Wir ollen die erneuerbaren Energien und Energieformen, ie nicht belastend wirken. Deswegen ist Offshore ein anz wichtiges Thema. Hierbei handelt es sich übrigens m eine der Technologien, die im Obama-Programm mit ,2 Milliarden US-Dollar Forschungsmitteln begleitet ird. Wir haben hier Planungen und eine entsprechende echnologie. Wir sollten daher auch zur Anwendung ommen. Ich glaube, wir Europäer haben große Chanen, die Meinungsführerschaft auszuüben. Voraussetung ist aber, dass wir Geschlossenheit zeigen. In iesem Sinne dienen die Barroso-Vorschläge eher der blenkung als der Konzentration und Fokussierung auf ieses Thema. Ich möchte noch andere Bereiche ansprechen. Wir rauchen in der Konsolidierungsphase Investitionen, die ich rechnen und gleichzeitig den neuesten Stand der echnologie abbilden. Ein Beispiel ist die betriebsoptiierte Anlagetechnologie in der deutschen Braunkohle ndustrie. Diese Technologie könnte in China den Wirungsgrad bei der Steinkohleverwertung verfünffachen, ielleicht sogar versiebenfachen. Das wäre eine Investiion für den Klimaschutz. Gleichzeitig hätte diese große echnologie eine Anreizfunktion und würde sich auf die eutsche Wirtschaft, an der mir sehr gelegen ist, positiv uswirken. Wir haben also etwas vorzuweisen; auch CS und andere Verfahren sind in diesem Bereich auerordentlich zukunftsträchtig. Ich würde mich freuen, wenn der Europäische Rat die elegenheit nutzen würde, strategisch über die Initiie ung von zukunftsfähigen Investitionen zu sprechen, antatt länderausgewogen alle Teile Europas mit kleinen 00-Millionen-Euro-Projekten zu unterstützen. Die Buneskanzlerin hat recht, wenn sie sagt: Diese Form der nterstützung müssen wir auf den Prüfstand stellen. leichzeitig muss ein Appell des ganzen Hauses erfolen, Europa so zu entwickeln, dass wir selber die Zuunft gestalten können. Vielen Dank. Kurt Bodewig (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621103300

Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege

Thomas Bareiß für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1621103400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Am Schluss dieser Debatte zeigt sich, dass kei-
ner von uns wirklich sagen kann, ob wir am Anfang oder
am Ende dieser Krise stehen und welche Herausforde-
rungen wir noch bewältigen müssen. Doch eines möchte
ich zu Beginn meiner Ausführungen klarstellen: Ich
glaube, dass wir diesen Herausforderungen in einer Posi-
tion der Stärke gegenüberstehen. Deutschlands Volks-
wirtschaft ist so stark wie seit langem nicht mehr. Wir
haben eine starke handlungsfähige Regierung,


(Zuruf von der LINKEN: Wo denn?)


auch aufgrund dessen, dass wir drei Jahre lang Haus-
haltskonsolidierung betrieben haben.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Wir haben ein starkes dreigliedriges Bankensystem.
Trotz aller Probleme sorgt es dafür, dass auch in der Flä-
che Kredite vergeben werden. Außerdem haben wir nach
drei Boomjahren eine starke deutsche Wirtschaft. Wir
befinden uns also in einer Position der Stärke. Das ist ge-
rade in der jetzigen Zeit für uns enorm wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Heute, am Tag des Zusammentreffens des Europäi-
schen Rates, und wenige Tage vor dem G-20-Treffen in
London müssen wir die richtigen Schlussfolgerungen
ziehen. Viele meiner Vorredner gingen auf diese
Schlussfolgerungen ein. Ich möchte nur einen Punkt he-
rausgreifen, der mir besonders wichtig ist: Ein Haupt-
auslöser der Krise war eine maßlose und oftmals auf
Schulden basierte Ausgaben- und Liquiditätspolitik
aller Finanzmarktteilnehmer: der Zentralbanken, der Re-
gierungen, der Wirtschaft und auch der Privathaushalte.
Diese maßlose Politik hat dazu geführt, dass eine Blase,
größtenteils in den USA, entstanden ist. Als diese Blase
geplatzt ist, hat dies die Volkswirtschaften der Welt in
die Krise gestürzt. Ich nehme deshalb diejenigen, die
jetzt besorgt vor weiteren größeren Ausgaben warnen,
ernst. Ich habe heute gelesen, dass die Fed 1 Billion US-
Dollar in den Markt pumpen will. Das erfüllt mich per-
sönlich mit Sorge. Vor einem solchen Handeln auch in
Europa müssen wir warnen. Deshalb bin ich dankbar,
dass die Bundeskanzlerin und der Finanzminister Forde-
rungen nach weiteren Konjunkturprogrammen aus den
USA, England und Japan eine klare Absage erteilt ha-
ben. Eine solide Haushalts- und Finanzpolitik ist ein Ga-
rant für das Vertrauen, das wir so dringend brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Ich finde es besorgniserregend, dass entgegen allen eteuerungen seit dem G-20-Gipfel in Washington im ovember letzten Jahres 17 der dort vertretenen Staaten nsgesamt 47 neue Handelsbeschränkungen verfügt aben. Wichtiger denn je ist deshalb ein Fortführen und ktivieren der Doha-Runde und der WTO-Gespräche. rotektionistischen Tendenzen muss vor allem in dieser rise Einhalt geboten werden. Davon profitiert Deutsch and. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen doch nur exportieren! Wir dürfen keinen Raubbau beim Klima zulassen!)


Frau Künast, davon profitieren vor allen Dingen auch
ie Schwellen- und Entwicklungsländer, die aus einem
airen und freien Welthandel großen Nutzen ziehen.

Aber nicht nur die Doha-Runde und die WTO-Ge-
präche sind eine wichtige Komponente. Auch die

ärkte, insbesondere der europäische Binnenmarkt und
er US-Markt, sind ein Motor der Weltwirtschaft. Diese
eiden Märkte machen 60 Prozent der weltweiten Ein-
ommen aus und vereinen über 70 Prozent der weltwei-
en Direktinvestitionen auf sich. Allein diese beiden

ärkte nehmen 40 Prozent aller Exporte der Entwick-
ungs- und Schwellenländer auf. Daraus entsteht eine
norme Wirtschaftskraft, aber auch eine enorme Verant-
ortung für diese beiden Wirtschaftszweige.

Aus diesem Grund ist der von Bundeskanzlerin
ngela Merkel initiierte Transatlantische Wirtschafts-

at wichtiger denn je. Er sorgt dafür, dass Handels-
emmnisse abgebaut werden und der Welthandel wieder
unktioniert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


er die Warenströme kennt, weiß, dass dies sowohl für
nsere Automobil- und Chemieindustrie als auch für die
nergie- und Umwelttechnologien wichtig ist. In diesen
ereichen können wir ebenso wie im Sicherheits- und

m Umweltbereich Standards in der Welt setzen und da-
it zu einem Vorreiter für andere Länder werden. Eine

rfolgreiche Fortsetzung der Gespräche im Transatlanti-
chen Wirtschaftsrat hat deshalb nicht nur für Europa,
ondern auch für das Weiße Haus und die Obama-Admi-
istration oberste Priorität. Dies stimmt mich zuversicht-
ich. Dieses Instrument stellt zugleich eine ganz wichtige
ntwort auf die derzeitige Krise dar.

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt die
hance, zu einem entscheidenden Durchbruch zu kom-
en. Dass wir global handeln und diese Chance nutzen
üssen, liegt auf der Hand. Die Weltwirtschaft kann aus

ieser Krise gestärkt hervorgehen. Für die EU und die
SA ist dies von besonderer Bedeutung. Lassen Sie
ich zum Schluss dieser Debatte betonen, dass auch wir

n Europa für mehr Handelsfreiheit sorgen müssen.
iese Gunst der Stunde sollten wir jetzt nutzen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621103500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen über die
Entschließungsanträge. Wer stimmt für den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache
16/12296? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der
Entschließungsantrag ist damit mit den Stimmen der Ko-
alitionsfraktionen, der FDP-Fraktion und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion
Die Linke abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/12297? – Wer
ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsan-
trag ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die
Linke abgelehnt.

Der Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen auf Drucksache 16/12298 soll zur federfüh-
renden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie an
den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union überwiesen werden. Sind Sie damit einver-
standen? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so
beschlossen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 5 a bis g auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Künast, Fritz Kuhn, Hans-Josef Fell, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Energiewende vorantreiben – Atomausstieg
fortsetzen

– Drucksache 16/12288 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia
Kotting-Uhl, Jürgen Trittin, Cornelia Behm, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Verantwortlichkeiten für die Zustände im
Endlager Asse II benennen und Konsequenzen
für die Endlagersuche ziehen

– Drucksache 16/10359 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Bärbel

(C (D Höhn, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Alte Atomkraftwerke jetzt vom Netz nehmen – Drucksachen 16/6319, 16/7882 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Georg Nüßlein Christoph Pries Angelika Brunkhorst Hans-Kurt Hill Hans-Josef Fell d)

richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Sylvia
Kotting-Uhl, Cornelia Behm, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Sicherheit geht vor – Besonders terroranfäl-
lige Atomreaktoren abschalten

– Drucksachen 16/3960, 16/8469 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Georg Nüßlein
Christoph Pries
Angelika Brunkhorst
Hans-Kurt Hill
Hans-Josef Fell

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Sylvia
Kotting-Uhl, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Vertragstreue Abschaltung alter Atomkraft-
werke in Osteuropa

– Drucksachen 16/11764, 16/12312 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Christian Hirte
Christoph Pries
Angelika Brunkhorst
Hans-Kurt Hill
Hans-Josef Fell

f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-
Uhl, Renate Künast, Fritz Kuhn und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine Schließung des Forschungsendlagers
Asse II unter Atomrecht und eine schnelle
Rückholung der Abfälle

– Drucksachen 16/4771, 16/12270 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)

Dr. Ernst Dieter Rossmann






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Cornelia Pieper
Dr. Petra Sitte
Priska Hinz (Herborn)


g) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Angelika Brunkhorst, Cornelia Pieper, Michael
Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Informations-Materialien der Bundesregie-
rung zum Thema „Fakten und Kontroversen
zum so genannten Ausstieg aus der friedlichen
Nutzung der Kernenergie“ für Kinder und
Heranwachsende

– Drucksachen 16/9509, 16/11343 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Sie
sind damit einverstanden. Dann können wir so verfah-
ren.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Rednerin er-
teile ich der Kollegin Bärbel Höhn für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621103600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir Grünen haben diese Debatte über die Energiewende
und den Atomausstieg beantragt, weil unser Land vor ei-
ner energiepolitischen Richtungsentscheidung steht. Es
geht darum, wie die Energie der Zukunft aussehen soll:
Wollen wir auf erneuerbare Energien oder auf die Re-
naissance der Atomkraft setzen? Wir Grüne setzen auf
erneuerbare Energien und sagen: Eine Renaissance der
Atomkraft und erneuerbare Energien – beides zusammen
geht nicht; wir müssen uns entscheiden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Warum geht das nicht? Man denkt ja zuerst einmal, es
könnte sein. Auch die Bundesregierung sagt, dass der
Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr 2020 30 Pro-
zent betragen soll, wir Grünen wollen mehr, nämlich
über 40 Prozent, und die Unternehmen im Sektor erneu-
erbare Energien sprechen sogar von 47 Prozent. Wir
wissen, dass davon ein großer Anteil Windenergie sein
wird. Auch wenn wir immer besser prognostizieren kön-
nen, wann der Wind weht, und auch wenn die großen
Windkraftanlagen auf dem Meer kontinuierlicher Strom
liefern, so wissen wir doch, dass es Zeiten gibt, in denen
der Wind nicht weht. Das heißt, dass wir zusätzlich zu
den erneuerbaren Energien Kraftwerke brauchen, die
schnell und flexibel hoch- und heruntergefahren werden
können und die erneuerbaren Energien ergänzen können.
Dazu taugen Atomkraftwerke nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie sind langsam, sie sind schwerfällig, und sie sind un-
flexibel. Wenn man sie hoch- und herunterfahren würde,

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(C (D ürden sie auch noch ein erhebliches Sicherheitsrisiko arstellen. Das funktioniert nicht. Dass das nicht nur unsere Meinung ist, haben wir geade erfahren. Die Briten setzen bekanntlich auf Atomraft. Deshalb haben sie bei den großen Energiekonzeren eine Stellungnahme darüber angefordert, wie sich er Ausbau der erneuerbaren Energien in Großbritannien arstellt. Eon und EDF sagen, dass Großbritannien den usbau der erneuerbaren Energien beschränken müsse, enn der Ausbau der Atomkraft gewünscht werde. EDF pricht von einer Deckelung bei 20 Prozent, Eon geht etas darüber hinaus. Das heißt, nicht nur wir Grünen, ondern auch die Energiekonzerne sind der Meinung, ass der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem usbau der Atomkraft nicht zusammengeht. Deshalb uss doch die Alternative heißen: Ja zu den erneuerba en Energien. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir sind aber auch für den Atomausstieg, weil Atom-
raft lebensgefährlich ist. Sichere Atomkraftwerke gibt
s nicht. Je älter ein Atomkraftwerk ist, desto gefährli-
her ist es. Kein Atomkraftwerk der Welt wäre vor einer
eaktorkatastrophe wie in Tschernobyl in der damaligen
owjetunion oder in Harrisburg in den USA gefeit. Wer
on uns hätte gedacht, dass wir vor drei Jahren in dem
and mit der größten Sicherheitskultur, in Schweden,

ast einen GAU in einem Atomkraftwerk gehabt hätten?
as war in Forsmark. Der Chef dieses AKWs hat gesagt:

ch hätte das nicht für möglich gehalten. – Es war aber
och möglich, und es bleibt möglich. Weil wir diese
öglichkeit ausschließen wollen, wollen wir raus aus

er Atomkraft. Wir wollen dieses Risiko nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir sind für den Atomausstieg, weil Atomkraft
chmutzig ist. Ich wundere mich immer über Plakate, auf
enen steht, Atomkraft sei saubere Energie. Das, finde
ch, ist absurd und unverfroren. Eine Technik, die Atom-

üll produziert, der für Hunderttausende von Jahren ge-
ährlich ist, von dem wir nicht wissen, wo er gelagert
erden kann, erzeugt keine saubere Energie. Diese Be-
auptung ist falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


tommüll ist giftig, Atommüll strahlt, und wir wissen
icht, wohin damit. Wir haben das Problem der Endlage-
ung überhaupt nicht gelöst. Wenn man sich den Skandal
ei dem Versuchslager Asse anschaut, dann sieht man:
trahlenmüll kann nicht sicher eingeschlossen werden.
n Asse ist in einem Bergwerk, das für Hunderte von
ahren als sicher galt, Müll ausgesifft. Das funktioniert
lso nicht. Das Atommüllproblem ist nicht gelöst. Die
ndlagerfrage ist nicht beantwortet. Wir wollen deshalb
it dem Weiterbetrieb der Atomkraftwerke die Pro-

leme mit dem Atommüll nicht verstärken. Wir fordern






(A) )



(B) )


Bärbel Höhn
den Atomausstieg, damit das Problem des Atommülls
endlich ein Ende hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind für den Atomausstieg, weil Atomkraft teuer
ist. In Finnland sind die Kosten des Reaktorbaus von
3 Milliarden Euro auf mittlerweile 4,5 Milliarden Euro
gestiegen. Wer zahlt das? Es sind der deutsche und der
französische Steuerzahler. Eine halbe Milliarde Euro
zahlt Siemens – damit hat Siemens weniger Gewinn –,
und 1 Milliarde Euro zahlt der französische Steuerzahler,
weil EDF an dem Kraftwerksbau beteiligt ist. Es ist also
keinesfalls so, dass Atomkraft billig ist. Sie ist günstig
für die Konzerne, aber nicht günstig für die Gesellschaft;
denn alle Kosten, zum Beispiel die, die mit der Endlage-
rung verbunden sind, muss am Ende der Steuerzahler
tragen. So verschlingen zum Beispiel die Asse oder
Morsleben Milliarden. Diese wird am Ende der Steuer-
zahler zahlen müssen. Atomkraft kommt uns also teuer
zu stehen. Deshalb wollen wir die Atomkraft nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Atomkraft ist aber auch überflüssig. Wir brauchen
keine Atomkraft. Die Atomkraftwerke Brunsbüttel,
Krümmel, Biblis A und Biblis B waren in den letzten
zwei Jahren im Schnitt neun Monate am Netz, also nur
in etwas mehr als einem Drittel der Zeit. Das heißt, diese
Atomkraftwerke wurden in einem Großteil der Zeit
überhaupt nicht betrieben. Teilweise waren sieben
Atomkraftwerke gleichzeitig abgeschaltet. Haben Sie ir-
gendwo gesehen, dass eine Lampe geflackert hat? Haben
Sie irgendwo gesehen, dass ein Kühlschrank ausgefallen
ist? Nein, im Gegenteil: Deutschland hat in dieser Zeit
enorm viel Strom exportiert. Deshalb gilt: „Stromlücke“
ist eine Stromlüge. Wir haben genug Strom, auch ohne
die Atomkraftwerke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das ist in vielen Studien, die von der Bundesregierung
selbst in Auftrag gegeben worden sind, bewiesen. Das
heißt, wir haben genug Strom. Es geht ohne Unfallrisi-
ken, ohne Terrorgefahren und ohne Strahlenmüll. Des-
halb sagen wir: Wir wollen raus aus der Atomkraft.

Wir werden die Debatte darüber in den kommenden
Monaten führen. Die Menschen haben ein Recht darauf,
die Argumente zu hören. Sie sollen wissen, dass wir an
der Weggabelung stehen. Sie sollen wissen: Wir müssen
uns entscheiden, ob wir eine Renaissance der Atomkraft
oder ob wir erneuerbare Energien wollen. Wir als Grüne
sagen: Wir gehen den Weg der erneuerbaren Energien.
Wir wissen: Die Mehrheit der Bevölkerung wird uns fol-
gen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort der Kollege hristian Hirte. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! s ist zwar bald Ostern; die Anträge der Grünen erinnern ber eher an das alte Weihnachtslied „Alle Jahre wieer“: Jahr für Jahr legen uns die Grünen Anträge zum tomausstieg oder zumindest zur Fortsetzung des Atom usstiegs vor, eweils in leicht abgewandelter Form, um ihnen einen euen Anstrich zu geben. Indes bleiben die Anträge die lten – so wie die Sachlage. Geändert hat sich vielleicht ur die Auffassung der Bevölkerung. Dort ist nämlich indeutig eine Trendwende hin zur Kernenergie zu beerken. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil den Leuten Sachen versprochen werden, die überhaupt nicht stimmen!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621103700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Christian Hirte (CDU):
Rede ID: ID1621103800

(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Monatlich!)


Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
mnid sprechen sich mittlerweile 48 Prozent der Deut-
chen für eine Verlängerung der Laufzeiten aus, nur
2 Prozent dagegen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pfeifen im Wald!)


as Bundesumweltministerium hatte auf seiner Home-
age die Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht, in der
ich immerhin 57 Prozent der Teilnehmer für eine Ver-
ängerung der Laufzeiten ausgesprochen haben.


(Marco Bülow [SPD]: Was ist denn das für eine Umfrage? So ein Quatsch!)


iese Ergebnisse haben dort bekannterweise nicht lange
estanden. Das DIW konstatiert, dass sich dieser Trend
u einem Ja für längere Laufzeiten noch verstärkt.

Der Neuaufguss der Grünen-Anträge ist durchaus
achvollziehbar – Frau Höhn hat das gerade ausgeführt –:
ns steht ein Wahlkampf bevor, und die Grünen hoffen
atürlich, ihre bei diesem Thema abtrünnige Klientel im
ahljahr wieder auf Kurs zu bringen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben gar keine abtrünnige Klientel!)


ieses Thema ist allerdings zu ernst, um es für rein
ahlkampftaktische Manöver zu missbrauchen. Wir alle

ind uns dem Grunde nach darin einig, dass Kohlen-
ioxid einen wesentlichen Anteil am vom Menschen
erursachten Treibhauseffekt hat. Deutschland ist mit
napp einem Viertel der größte Treibhausgasproduzent
n der Europäischen Union. Daher stellt sich für uns die
e-rausforderung einer schnellen CO2-Reduktion in be-

onderer Weise und Verantwortung.

Zentrales politisches Anliegen der Energiepolitik
uss aber sein – obwohl es leider keine Selbstverständ-






(A) )


)

Christian Hirte
lichkeit mehr ist –: eine sichere Energieversorgung bei
möglichst geringer Importabhängigkeit für die Bürger
und für die Wirtschaft zu bezahlbaren Preisen – und dies
alles mit möglichst niedrigen CO2-Emissionen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Aus diesem Spannungsfeld ergibt sich sodann die grund-
legende Frage: Wie können wir unsere Klimaziele errei-
chen, ohne dabei die Versorgungssicherheit und die
Wirtschaftlichkeit zu vernachlässigen?

Bei der Energieerzeugung gibt es sicherlich keinen
Königsweg. Aus diesem Grunde ist es nach wie vor ver-
nünftig, auf ein breites Fundament zurückzugreifen.
Auch die Enquete-Kommission „Nachhaltige Energie-
versorgung unter den Bedingungen der Globalisierung
und der Liberalisierung“ erwartet, dass die Kraftwerks-
kapazitäten in den nächsten Jahren weiter erhöht werden
müssen. Es wird sogar davon ausgegangen, dass in den
kommenden Jahren bis 2020 ein Ersatzbedarf bei der
Kraftwerksleistung von etwa 40 Gigawatt vorliegt; das
ist mithin ein Drittel der derzeitigen Kraftwerkskapazitä-
ten. Das verdeutlicht die Brisanz und auch die Dimen-
sion, vor der die deutsche Energiewirtschaft steht.

Die Anträge der Opposition enthalten zwar jede
Menge Forderungen, eine konkrete Antwort auf die
Frage, wie Deutschland diesen immensen Energiebedarf
decken soll, aber leider nicht.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie doch selber in Ihren Studien!)


Deutschland braucht also zumindest mittelfristig ei-
nen vielfältigen Energiemix. Entgegen dem, was Frau
Höhn gesagt hat, geht doch beides, sowohl erneuerbare
Energien als auch Kernkraft. Ich meine sogar: Beides
bedingt einander, weil die Kernkraft kostenbewusst er-
möglicht, die erneuerbaren Energien zu unterstützen.


(Lachen bei der SPD – Marco Bülow [SPD]: „Kostenbewusst“!)


Wenn die erneuerbaren Energien dem Ziel der Bun-
desregierung entsprechend bis 2020 etwa 20 bis
30 Prozent der Stromerzeugung leisten, heißt das im
Umkehrschluss, dass 70 bis 80 Prozent der Stromerzeu-
gung weiter aus konventionellen Kraftwerken kommen
müssen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 70 bis 80 Prozent, Sie wollen aber nur 20 Prozent erneuerbare Energien!)


Wir brauchen in Deutschland also auch künftig neue und
effiziente Kraftwerke, das heißt auch Gas- und Kohle-
kraftwerke.

Einerseits wehrt man sich gegen konventionelle
Kraftwerke. Andererseits sind wir uns darüber im Kla-
ren, dass kurzfristig die erneuerbaren Energien noch
nicht den gesamten Energiebedarf decken können. Wir
müssen uns also Alternativen überlegen.

Wir wissen, dass die Stromerzeugung überwiegend
aus Gas erfolgt, das wir importieren. Wenn wir nur auf
Gas setzten, weil konventionelle Kohlekraftwerke abge-

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(C (D ehnt werden, würde das dazu führen, dass wir in relativ urzer Zeit über 70 Prozent des importierten Gases aus ussland beziehen müssten. as eine derartig große Importabhängigkeit von auslänischem Gas bedeuten kann, haben wir am Beispiel der kraine vor einiger Zeit erlebt. Ich will jetzt gar nicht auf die Nachteile des Methans ingehen – dieser Hauptbestandteil von Erdgas ist selbst in Treibhausgas –, sondern nur kurz darauf verweisen, hne das näher erläutern zu wollen, dass die russischen ipelines, auch was die Dichtigkeit angeht, sicherlich icht den deutschen Maßstäben entsprechen und damit ie Energiebilanz von Gas nicht so positiv ist, wie sie anchmal dargestellt wird. Aus diesen Gründen halte ich eine Energieversorgung ür richtungsweisend, die die Abhängigkeit von anderen taaten auf ein erträgliches Maß reduziert. ch erspare mir an dieser Stelle weitere Ausführungen. ch habe aber den Eindruck, dass die Opposition keine igenen Optionen liefert. Moment! – Es ist nach wie vor die Auffassung der nion, dass wir derzeit, auch als Überbrückung, auf die ernenergie nicht verzichten können. Die Kernenergie st nämlich die einzige sofort verfügbare Energieform, ie praktisch keine klimaschädlichen Abgase produziert. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Heinz-Peter Haustein [FDP] – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ute Kumpf [SPD]: Unglaublich! – Marco Bülow [SPD]: Da muss er selber lachen!)


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Christoph Pries [SPD]: Uran, ja!)


(Zuruf des Abg. Lutz Heilmann [DIE LINKE])


Ich will dieses Mal nicht umfangreich auf die Kern-
raft eingehen – dazu wird die weitere Debatte sicherlich
och Gelegenheit bieten –, aber abschließend Stephen
indale, den ehemaligen Direktor von Greenpeace,
örtlich zitieren:

Es war ein wenig wie eine religiöse Bekehrung. Ge-
gen die Kernkraft zu sein war lange Zeit eine essen-
tielle Position, wenn man Umweltschützer war.
Aber nun, wenn ich mit anderen Umweltschützern
darüber spreche, ist die Ansicht tatsächlich ziem-
lich weit verbreitet, dass die Kernkraft zwar nicht
ideal, aber immer noch besser als der Klimawandel
sei.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621103900

Nächste Rednerin ist für die FDP-Fraktion die Kolle-

in Angelika Brunkhorst.


(Beifall bei der FDP)


(B)







(A) )



(B) )


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1621104000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Uns liegen sechs Anträge der Grünen vor, Frau Höhn,
aus dem von Ihnen auserkorenen Lieblingsfeld Kernen-
ergie. Es ist immer wieder dieselbe Predigt, es sind im-
mer wieder dieselben von Ihnen auch gerade wieder be-
schriebenen Angstszenarien. Liebe Grüne, die Menschen
im Lande haben eine sehr viel differenziertere Meinung
zur Energiepolitik, als Ihnen lieb sein dürfte. Sie erken-
nen nämlich an, dass wir in Zukunft weiter einen Ener-
giemix brauchen, auch im Hinblick auf Versorgungssi-
cherheit und Qualitätssicherung, und dass der
Energiemix uns bezahlbare Energie liefert.


(Beifall bei der FDP)


Viele wissen schon, dass wir den Energiemix technolo-
gisch hoch anspruchsvoll und umweltschonend ausge-
stalten können.


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])


Was die Akzeptanz der Kernenergie im Lande an-
geht, so möchte ich gern, auch wenn Herr Hirte das
schon getan hat, auf die Onlinebefragung des BMU zu
sprechen kommen, und zwar wonnevoll. 57 Prozent der
Befragten – immerhin waren das mehr als 14 700 – ha-
ben sich zum Ausstieg aus dem Ausstieg bekannt, und
nur 28 Prozent wollten am Ausstieg festhalten. Aber die
Umfrage ist ja ganz schnell wieder von der Internetseite
des Umweltministeriums heruntergenommen worden.

Sie von den Grünen versuchen nun auch in Ihrem ak-
tuellsten Antrag, den Nutzen der Kernenergie ganz be-
wusst kleinzureden. Sie sprechen davon, dass sie nur
ganz wenig Energie bereitstelle, nämlich nur 6 Prozent,
vergessen dabei aber, zu erwähnen, dass die Kernenergie
zumindest zur Grundlaststromversorgung 45 Prozent
beiträgt, also eine der Hauptsäulen darstellt.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch!)


– Das steht in einer neuen Broschüre des Bundeswirt-
schaftsministeriums. Ich kann sie Ihnen gerne geben.

Die Kernenergie produziert CO2-freien Strom.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch das ist falsch!)


Immerhin 150 Millionen Tonnen CO2 werden gespart.
Das ist ein Segen für unser Klima.

Auch die FDP setzt auf den weiteren Ausbau der er-
neuerbaren Energien. Deren Anteil wird auf jeden Fall
steigen. Wir erkennen auch die technologische Leistung
an; das ist gar keine Frage.


(Beifall bei der FDP)


Wir wünschen uns aber, dass die erneuerbaren Energien
passgenau und umweltverträglich ausgebaut werden – da
gibt es Probleme; das wissen auch Sie –, und wir wollen
vor allen Dingen, dass sie nicht zulasten anderer Nut-
zungsoptionen, jedoch zu möglichst günstigen und
marktfähigen Preisen ausgebaut werden. Das ist uns
ganz wichtig; das ist nämlich auch eine soziale Frage.

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(C (D Ihre Vision einer Energieversorgung überwiegend aus rneuerbaren Energien ist ambitioniert. Die können Sie erne vertreten; das ist Ihre Sache. Mich stört aber der bsolutheitsanspruch, mit dem Sie sie vertreten: nur Ereuerbare und nichts anderes. Ich sehe das etwas anders. ch glaube, dass wir heute und auch zukünftig noch eine ange Weile einen Dreiklang aus erneuerbaren Energien, us konventionellen und hoffentlich modernisierten raftwerken sowie aus Kernenergie haben werden. iese drei werden also noch länger Schwestern im Netz leiben. Darauf setzt die FDP. Schauen wir einmal, was unsere europäischen Nacharn machen. Nur einige Beispiele: In Finnland ist der PR-Reaktor im Bau, weitere sind geplant. Auch Italien teigt jetzt wieder in den Bau von Kernkraftwerken ein. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warten wir einmal ab!)


chweden hat seinen Ausstiegsbeschluss von 1980 zu-
ückgenommen und will nun wieder in die Kernenergie
insteigen, und auch viele osteuropäische Länder wollen
lte Reaktoren durch neue Reaktoren ersetzen. Just in
iesem Moment fordern Sie den Ausstieg aus der Euro-
äischen Atomgemeinschaft. Ich finde, das Verbleiben
n EURATOM ist gerade jetzt so wichtig wie nie zuvor.

eil so viele Reaktoren in west- und osteuropäischen
ändern hinzukommen, ist EURATOM wichtiger denn

e. Wir brauchen nämlich den Austausch technologi-
chen Wissens, wir brauchen die gemeinsame For-
chung, und wir brauchen vor allen Dingen eine gemein-
ame, hochambitionierte Sicherheitsarchitektur. All das
ann man gut über EURATOM erreichen. Der Vertrag
ber EURATOM könnte sicherlich modifiziert werden;
agegen hätten wir nichts.


(Beifall bei der FDP)


Konkret zu Ihrem aktuellsten Antrag: Sie beklagen
arin ungeniert Zustände, die Sie in den sieben Jahren
on Rot-Grün, in denen Sie mitregierten, hätten ändern
zw. bei denen Sie Veränderungen hätten in Gang setzen
önnen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie beschwören insbesondere immer wieder die unge-
öste Endlagerfrage.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie uns doch Schacht Konrad besuchen!)


ie haben damals den AK End installiert. Dessen Bericht
urde nie ausgewertet. Herr Trittin hat diverse Gutach-

en in Auftrag gegeben, die nie veröffentlicht, sondern
leich immer wieder einkassiert wurden, weil die Ergeb-
isse nicht so ganz passten.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie uns doch nach anderen Stätten suchen!)


err Trittin, Sie haben ein zehnjähriges Moratorium für
orleben verfügt, Ihre Kollegen schreiben nun aber im

ktuellsten Antrag – ich zitiere –:






(A) )



(B) )


Angelika Brunkhorst
Die umstrittene Erkundung am Standort Gorleben
beruht nicht auf dem neuesten Stand von Wissen-
schaft und Technik.

Ja, was denn? Das Moratorium lässt nichts anderes zu.
Dann fordern Sie auch noch, das Moratorium zu verlän-
gern. Das ist Politik aus dem Tollhaus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eben nicht!)


Das Thema nukleare Sicherheit, Frau Höhn, ist uns
Liberalen auf jeden Fall sehr wichtig. Wir wollen aber
Erkenntnisgewinn, der zu konkreten und vor allen Din-
gen auch zeitnahen Lösungen führt. Ein solches Bestre-
ben konnte ich bei Ihnen bislang überhaupt nicht erken-
nen.


(Beifall bei der FDP)


Ich habe eher den Eindruck, die Grünen leben davon,
eine nukleare Unsicherheit zu beschwören, weil ihnen
das hilft, eine möglichst gute Argumentationskette für
den Ausstieg in der Hand zu haben.

Abschließend möchte ich zu den Anträgen, die Sie
hier heute vorgelegt haben, Folgendes sagen: Sie haben
eine Kleine Anfrage zur nuklearen Sicherheit gestellt.
Diese erweckt bei mir persönlich und wohl auch bei eini-
gen anderen den Eindruck, dass es Ihnen wiederum nur
darum geht, quantitativ möglichst viele Unsicherheits-
fragen aufzuwerfen und damit zu suggerieren, diese Fra-
gen seien nicht zu lösen. Aber wir wollen sie lösen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind nicht zu lösen! Das ist das Problem!)


Sie wissen ganz genau, dass die Asse II einen neuen Be-
treiber hat und in einer neuen Zuständigkeit liegt. Wir
sind zuversichtlich, dass man jetzt ernsthaft die Endla-
gerfrage angehen will. Ich bin Herrn Gabriel durchaus
dankbar, dass er sich – zumindest vorübergehend – dafür
sehr eingesetzt hat. Ich hoffe, dies bleibt auch so.

Ich mache einen Schnitt und komme noch auf unsere
Große Anfrage zu den Unterrichtsmaterialien „Einfach
abschalten?“ des Bundesumweltministeriums zu spre-
chen. Ich möchte vorab sagen, dass es gewisse Grund-
sätze gibt, wie man politische Bildungsarbeit zu gestal-
ten hat. Dazu gehört der sogenannte Beutelsbacher
Konsens von 1976. Darin ist ein Überwältigungsverbot
enthalten. Das heißt, politische Bildung soll nicht indok-
trinieren. Weiter heißt es:

Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist,
muß auch im Unterricht kontrovers erscheinen …
Der Schüler muß in die Lage versetzt werden, eine
politische Situation und seine eigene Interessenlage
zu analysieren …

Heranwachsende sollen also unterstützt werden, eine ei-
gene Meinung bilden zu können. Sie sollen hierzu um-
fassend informiert und nicht beeinflusst werden. Da sind
wir uns, glaube ich, alle einig.

Die Bundesregierung bekennt sich ausdrücklich zu
dem Beutelsbacher Konsens. Wir wundern uns aller-

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(C (D ings sehr, dass in den Unterrichtsmaterialien „Einfach bschalten?“ dieses Bekenntnis untergraben wird. Eineitend steht darin: Mit Hilfe der vorliegenden Materialien sollen die Schülerinnen und Schüler den Sachstand zur Problematik der Nutzung der Atomenergie (Unfälle, Risiken, Auswirkungen, Umweltschäden …)

sen.

s ist überhaupt kein positives Element der Kernenergie
nthalten wie Klimafreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit
nd Versorgungssicherheit.

Herr Gabriel wird dann weiter zitiert mit dem Satz:

Die Atomkraft ist eine Technologie des letzten
Jahrhunderts …

ch muss schon sagen: Das ist jetzt nicht unbedingt neu-
ral, Herr Minister.


(Gerd Bollmann [SPD]: Aber richtig!)


on Neutralität in der Darstellung keine Spur!

Ich komme zum Schluss. Ich appelliere an das Bun-
esumweltministerium – Herr Minister Gabriel, das hat
hr ehemaliger Ministerkollege Glos auch getan –, die
ndoktrination unserer Schüler zu stoppen


(Zurufe von der SPD: Oh!)


nd die Unterrichtsmaterialien entweder zu überarbeiten
der aber aus dem Netz zu nehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch bitte Sie, sich in Zukunft wieder an den Beutels-
acher Konsens zu halten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621104100

Nächster Redner ist der Kollege Christoph Pries für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1621104200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

olleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute zum
iederholten Male in dieser Legislaturperiode über den
tomausstieg. Es liegen uns sechs Anträge und die Ant-
ort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage vor.
ie zur Abstimmung vorliegenden Anträge der Grünen

ind – das sage ich trotz unserer Sympathie – in einigen
unkten entweder überholt, durch Regierungshandeln
rledigt oder nicht umsetzbar. Wir lehnen sie daher ab.

In meinen Ausführungen möchte ich heute exempla-
isch auf zwei Schlagworte eingehen. Sie fassen symbo-
isch die Diskussion über die Atomenergie der vergange-
en Jahre zusammen. Da ist zunächst die angebliche
enaissance der Atomenergie, wie sie von der Atom-

obby im Verbund mit Union und FDP propagiert wird.
ie Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite des






(A) )



(B) )


Christoph Pries
Hauses behaupten seit Jahren: Der Atomausstieg ist das
Werk ideologisch verblendeter Technologiefeinde. Die
Große Anfrage der FDP zielt genau darauf. Sie behaup-
ten ferner: Die Atomenergie ist weltweit auf dem Vor-
marsch, und Deutschland isoliert sich durch den Atom-
ausstieg. – Sehr geehrte Damen und Herren, das sind
Märchen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Angelika Brunkhorst [FDP]: Das ist Realität!)


Wir sagen: Atomenergie ist aus ökologischen, ökono-
mischen und sicherheitspolitischen Gründen nicht ver-
antwortbar. Wir sagen: Atomenergie ist eine Form der
Energieerzeugung des letzten Jahrhunderts. Wir sagen:
Deutschland ist nicht der isolierte Nachzügler einer welt-
weiten Atomrenaissance. Deutschland ist vielmehr Vor-
reiter beim Aufbau einer modernen Energieversorgung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP,
abgesehen vom radioaktiven Abfall strahlt Atomkraft
nur in den Hochglanzbroschüren der Lobbyverbände.
Wer deren aktuelle Ausbaupläne liest, fühlt sich unwei-
gerlich an die Luftschlösser der 70er-Jahre erinnert. Die
Prognose der Internationalen Atomenergie-Organisa-
tion damals: Im Jahre 2000 würden weltweit Atomkraft-
werke mit einer Leistung von 4 500 Gigawatt installiert
sein. Die Realität im Jahr 2008: 372 Gigawatt. Die be-
stehenden 436 Reaktoren decken gerade einmal 2,5 Pro-
zent des weltweiten Energieverbrauchs.


(Gerd Bollmann [SPD]: Hört! Hört!)


Das Fazit: Gemessen an den Erwartungen ist Atomener-
gie immer Ankündigungsenergie geblieben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nun wenden die Kolleginnen und Kollegen von
Union und FDP ein, überall würden bald neue Atom-
kraftwerke gebaut.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Ja!)


Das stimmt – allerdings nur auf dem Papier.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Was? Finnland zum Beispiel!)


Die Realität sieht folgendermaßen aus: Im Jahr 2008
ging zum ersten Mal seit 42 Jahren kein einziges Atom-
kraftwerk ans Netz. Selbst ein Vertreter der Internationa-
len Atomenergie-Organisation stellte in der Süddeut-
schen Zeitung zum angeblichen Atomboom fest, eine
Renaissance bei der Atomkraft gebe es lediglich – ich zi-
tiere – „beim theoretischen Interesse“. Wie so ein theore-
tisches Interesse aussieht, möchte ich am Beispiel Süd-
afrika verdeutlichen. Im August 2007 brach dort laut
n-tv die Atomära aus. 15 Milliarden Euro sollten in fünf
Jahren in den Ausbau der Atomenergie investiert wer-
den. Diese Ära dauerte genau 15 Monate. Bereits im De-

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(C (D ember 2008 erklärte der staatliche Energiekonzern Esom, der Neubau eines Druckwasserreaktors werde aus inanziellen Gründen aufgegeben. Dieses Schicksal wird vor dem Hintergrund der Fianzkrise auch zahlreiche Neubauankündigungen in uropa ereilen. In Polen ist keineswegs klar, woher das and 16 bis 18 Milliarden Euro für seine geplanten tomkraftwerke nehmen soll. Ob in Schweden wirklich eue Atomkraftwerke als Ersatz für Altanlagen entsteen, bleibt ebenfalls abzuwarten; denn die Anlagen müsen komplett privatwirtschaftlich finanziert werden. erartige Bedingungen haben bisher noch jedem hoch liegenden Atomprogramm zur Bruchlandung verholfen. Es gibt aber auch Lichtblicke in der Atomdebatte. elbst Union und FDP sind sich ihrer Sache nicht wirk ich sicher. Deshalb kleiden sie ihre Befürwortung der tomenergie derzeit in den Begriff der Übergangstechologie. Dazu sagen wir: Herzlichen Glückwunsch! Sie aben die Beschlusslage der SPD von 1986 erreicht. (Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)


ch meine das gar nicht negativ, lehrt doch der Blick in
ie Vergangenheit, dass die bürgerlichen Parteien bei
ielen Themen etwas länger gebraucht haben.


(Heiterkeit bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enken wir zum Beispiel an das Frauenwahlrecht, an die
inanzmarktkontrolle oder die Familienpolitik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich
öchte aber auch noch auf das eingangs angekündigte

weite Schlagwort der Atomdebatte eingehen, auf die
ogenannte Renaissance des Widerstands. Es ist uns al-
en klar, dass dieses Schlagwort vor allem der Absiche-
ung des grünen Wählerpotenzials dient. Das ist erlaubt.
hr aktueller Antrag zeigt aber wieder einmal deutlich,
ass Sie krampfhaft versuchen, die SPD in der Frage des
tomausstiegs zu übertrumpfen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was! Das haben wir doch gar nicht nötig! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, in
hrem Interesse rate ich Ihnen: Verkohlen Sie die Bürge-
innen und Bürger nicht! Nicht alles, was moralisch oder
olitisch wünschbar wäre, ist auch rechtlich umsetzbar.
ersprechen Sie nichts, was Sie am Ende nicht halten
önnen! Beim Kohlekraftwerk Moorburg sind Sie schon
inmal als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelan-
et.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollten gerade Sie nicht sagen!)







(A) )



(B) )


Christoph Pries
Noch eines: Wir werden Ihnen auf jeden Fall nicht
durchgehen lassen, die SPD als Handlanger der Atomin-
dustrie abzustempeln, Frau Höhn.


(Beifall bei der SPD)


In der Frage des Atomausstiegs brauchen wir uns vor
niemandem zu verstecken. Wir haben in den vergange-
nen drei Jahren nicht gewackelt – trotz einer beispiello-
sen PR- und Öffentlichkeitskampagne der Atomlobby,
trotz Drohungen, Gerichtsverfahren und populistischen
Lockangeboten. Die Standfestigkeit von Sigmar Gabriel
und der SPD-Bundestagsfraktion müssen andere erst
einmal unter Beweis stellen.


(Beifall bei der SPD – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mein Gott!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD steht für
die Renaissance der Vernunft in der Energiepolitik.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Eine vernünftige Energiepolitik ist langfristig angelegt.
Sie löst Probleme und schafft keine neuen. Mit dem
Atomausstieg haben wir einen gesellschaftlichen Kon-
flikt gelöst, der dieses Land 25 Jahre lang gespalten und
energiepolitisch gelähmt hat. Mit dem Ausbau der er-
neuerbaren Energien, mit Energieeinsparung und einer
Steigerung der Energieeffizienz legen wir die Grundla-
gen für die Energieversorgung der Zukunft. Mit unserer
ökologischen Industriepolitik schaffen wir die Basis für
wirtschaftliches Wachstum und den Wohlstand unserer
Kinder. Lassen Sie uns gemeinsam auf diesem Weg vo-
ranschreiten, statt unsere Energie mit der fruchtlosen
Fortführung von Kämpfen aus der Vergangenheit zu ver-
geuden.

Danke, dass Sie mir zugehört haben.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621104300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dorothée Menzner

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621104400

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Als Linke begrüßen wir diese Debatte. Sie ist überfällig.
Ich erinnere nur an den 26. Februar 2009, als ungefähr
15 000 Menschen Braunschweig, Asse und Schacht
Konrad – das ist eine Wegstrecke von 52 Kilometern –
durch eine Lichterkette unter dem Motto „Wir bringen
Licht ins Dunkel“ miteinander verbanden.

Ich zitiere aus dem Antrag der Grünen:

Der Statusbericht zu den Zuständen im Forschungs-
endlager Asse II hat unsere schlimmsten Vermutun-
gen noch übertroffen.

Das spiegelt die Stimmung in der Region wider, und
zwar nicht nur der Menschen, die sich seit Jahrzehnten
gegen Atomkraft engagieren, sondern auch der ganz nor-
malen Bürgerinnen und Bürger, der ganz normalen An-
wohnerinnen und Anwohner. Ihre Befürchtungen sind

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(C (D bertroffen worden, und jede Woche ereilen sie neue iobsbotschaften. Was hören diese Menschen hier oder auch sonst im olitischen Raum? Ich zitiere die stellvertretende Vorsitende der CDU/CSU-Fraktion, Katherina Reiche, die am 6. Februar im Inforadio Berlin gesagt hat, der Vergleich wischen Asse und Gorleben sei „ein durchsichtiges poitisches Manöver“. (Katherina Reiche [Potsdam] [CDU/CSU]: Ist es auch!)


m Gegensatz zu Asse verfüge Gorleben über einen in-
akten Salzstock. Außerdem sei Gorleben in den vergan-
enen 25 Jahren systematisch untersucht worden.


(Katherina Reiche [Potsdam] [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


ch zitiere wörtlich:

Über einen langen, transparenten und wissen-
schaftsgeleiteten Prozess ist man zu dem Schluss
gekommen, Gorleben sei geeignet.


(Katherina Reiche [Potsdam] [CDU/CSU]: Das ist auch richtig!)


Das lässt Schlimmes erahnen. Die Menschen fühlen
ich verhöhnt und bedroht. Das, was ich hier von den
öglichen Koalitionspartnern einer möglichen Ampel

öre, beruhigt die Menschen meiner Ansicht nach nicht.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


ie Menschen fühlen sich von CDU/CSU, FDP und
tomindustrie für dumm verkauft. Ihnen wird immer
ieder erzählt, die Atomkraft sei sicher; vor der Haustür

rleben sie aber das Gegenteil. Es werden Märchen er-
ählt, die sie selber als Horrorgeschichten empfinden.

Das erste Märchen lautet, Atomstrom sei billig. Das
aben wir auch hier heute wieder gehört. Die mehreren
illiarden, die je nach gewählter Option für die Asse

ällig werden und die für den Steuerzahler zur Zahlung
nstehen, werden nicht erwähnt. Auch die über 2 Mil-
iarden Euro, die zur Schließung des Endlagers Morsle-
en anfallen, werden nicht erwähnt; von Gorleben,
chacht Konrad und den Kosten für die Transporte ein-
al ganz zu schweigen.

Wir wissen auch, dass Uran nicht unbegrenzt vorrätig
st. Wir merken, dass sich das Vorkommen seinem Ende
ähert. Die Wissenschaftler sagen, dass es noch rund
0 Jahre reichen wird. Das wird auch an der Preisent-
icklung deutlich: Während 1 Pfund Uran 2001 noch
ngefähr 7 US-Dollar kostete, kostete es 2007 140 US-
ollar.

Von dem Kollegen Hirte und der Kollegin Brunkhorst
aben wir eben wieder einmal gehört, Atomstrom sei
lasse, um CO2 zu sparen. Ich möchte nur darauf hinwei-
en, dass Strom aus südafrikanischem Uran heute je Ki-
owattstunde 126 Gramm CO2 verursacht.

Auch über die Unverzichtbarkeit hören wir immer
ieder vieles. Das lässt sich trefflich widerlegen.






(A) )



(B) )


Dorothée Menzner
Wichtig ist eine transparente und umfassende Kos-
tenbeteiligung der Konzerne. Das muss unser gemein-
sames Ziel sein. Dafür werden wir streiten.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Einen Vorwurf kann ich den Kolleginnen und Kolle-
gen der Grünen, die in ihren Anträgen viel Richtiges
schreiben, nicht ersparen: Bündnis 90/Die Grünen hat in
der Vergangenheit Vertrauen zerstört, und zwar nicht nur
Vertrauen in die eigene Partei, sondern in die Politik ins-
gesamt:


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da mache ich eine Gegenkampagne zu Ihren SED-Geldern!)


mit dem sogenannten Atomkonsens, der eine Betriebs-
garantie für die Konzerne war, dem Wegschauen und
dem Aussitzen bei Asse II, Gorleben und Schacht
Konrad, solange man in der Koalition war, und zwar so-
wohl in Niedersachsen als auch im Bund.

Es ist zwar lobenswert, jetzt in der Opposition gute
Anträge zu schreiben – wir werden gerne mit Ihnen strei-
ten und versuchen, gemeinsam aktiv zu werden –, aber
es könnte sehr nach Wahlkampfgeklingel aussehen,


(Zuruf von der SPD: Da haben Sie ja Erfahrung!)


wenn man nicht deutlich macht: Die Macht der vier gro-
ßen Energiekonzerne, von K+S und anderen DAX-Kon-
zernen ist groß. Dagegen müssen wir angehen; aber das
schaffen wir nicht allein.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Das schaffen wir nur gemeinsam mit den Menschen,
wenn wir die nötige Transparenz herstellen und wenn
wir mit ihnen, die sie sich seit Jahren und Jahrzehnten
engagieren und Kompetenz angeeignet haben, streiten.
Ich glaube, nur so kommen wir in der Frage des Atom-
ausstiegs weiter, also gemeinsam mit den Menschen und
nicht, indem wir Parlamentarier sagen, dass wir alles lö-
sen können. Vielmehr brauchen wir den Druck der
Straße, den Druck der Bewegung und die entsprechende
Kompetenz.

Ich danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621104500

Das Wort hat die Kollegin Dr. Maria Flachsbarth für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1621104600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Im Zentrum dieser Debatte heute Morgen steht
wieder einmal die Schachtanlage Asse II. Von 1909 bis
1964 wurde dort Salz abgebaut mit der Folge, dass die-

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(C (D er Salzstock durchlöchert ist wie ein Schweizer Käse. ach heutigen Maßstäben würde niemand mehr auf die dee kommen, dort Atommüll einzulagern. Die Asse wurde 1965 als Forschungsbergwerk vom und übernommen. Bis 1978 – in dem Jahr stoppte Ernst lbrecht die Einlagerung – wurden 126 000 Fässer chwachund mittelradioaktiven Abfalls eingelagert. etreiber der Asse war das GSF, das Forschungszentrum ür Umwelt und Gesundheit, aufgegangen im Helmholtzentrum München. Es erforschte im Auftrag des Bundes m Salzstock die Einlagerung radioaktiver Abfälle. Die Einlagerung erfolgte nicht etwa geordnet, sonern man kippte nach ersten Versuchen den Müll einfach n die Schächte und überdeckte ihn mit Salzgrus, was ine mögliche Rückholung heute so schwierig macht. azu kommt – das ist seit vielen Jahren bekannt –, dass usgebeutete Salzbergwerke dazu neigen, abzusaufen. as heißt, die durchlöcherten Salzstöcke fallen unter em Druck des Deckgebirges zusammen, und Grundasser findet seinen Weg in den Berg. Genau das ge chieht seit 1988. Täglich fließen 12 Kubikmeter Salzauge in das Bergwerk. Bislang kommt das Wasser nicht n Kontakt mit den radioaktiven Abfällen. Genau das uss dauerhaft verhindert werden, damit Radioaktivität icht durch das Wasser in die Biosphäre gelangt und ensch und Umwelt schädigt. Erschwerend kommt hinzu, dass einige der ausgebeueten Kammern, die sich in der Nähe der Kammern mit em Atommüll befinden, mit feuchtem Versatz verfüllt orden sind, um ein Zusammenbrechen zu verhindern. n der Folge ist das so in den Berg eingebrachte Wasser in ie Kammern mit dem Atommüll eingedrungen. Seit uni letzten Jahres ist bekannt, dass es in der Asse Lauen gibt, die mit Cäsium 137 kontaminiert sind und zuem ohne Wissen und Genehmigung der Überwachungsehörden innerhalb des Schachtes umgelagert worden ind. Das Vertrauen der Bevölkerung in den Betreiber SF war – das ist aus meiner Sicht absolut nachvollziehar – erheblich gestört. Die nicht genehmigte Umlageung brachte das Fass zum Überlaufen. Seit dem . Januar dieses Jahres wurde ein Betreiberwechsel vorenommen. Nun ist das Bundesamt für Strahlenschutz uständig. Wichtigste Aufgabe ist es nun, unter Einbeziehung er Bevölkerung und mit höchstmöglicher Transparenz ie Anlage geordnet zu schließen. Die GSF hatte vorgechlagen, einen Teil des Bergwerks zu fluten. Das traf ngesichts der Ungewissheit, ob der radioaktive Müll urückgeholt werden kann, auf absolutes Misstrauen der evölkerung. Um neues Vertrauen aufzubauen, hatten ereits im Herbst 2007 das niedersächsische Umweltmiisterium als Kontrollbehörde, das Bundesforschungsinisterium, das Bundesumweltministerium und die SF im Zuge erweiterter Öffentlichkeitsbeteiligung ver inbart, die Vertreter der Bevölkerung in der Region eng n die Prüfung unterschiedlicher Konzepte einzubezieen. Genau das halten wir als Union für richtig. Seit ärz 2008, also seit gut einem Jahr, prüft die Arbeits ruppe Optionenvergleich Stilllegungskonzepte, entwi Dr. Maria Flachsbarth ckelt Maßnahmen zur Verbesserung der Grubenstabilität und untersucht mithilfe externer Sachverständiger die Möglichkeit, die radioaktiven Abfälle aus der Asse zurückzuholen. Ich führe das deshalb so ausführlich aus, um zu dokumentieren, dass die Probleme nicht neu sind, dass man, wenn man sich interessiert hätte, sehr wohl von diesen Problemen hätte wissen können und dass diese Bundesregierung – ganz anders als die Vorgängerregierung mit ihrem grünen Umweltminister – die Probleme in der Asse beherzt angeht, (Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])





(A) )


(B) )


auch wenn die Grünen heute versuchen, in ihren Anträ-
gen einen gegenteiligen Eindruck zu erwecken.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der optimale Schutz von Anwohnern und Umwelt
und eine zeitnahe und sichere Schließung der Asse sind
– das habe ich bereits gesagt – das vordringliche Anlie-
gen der Union. Allerdings müssen wir tatsächlich zügig
handeln. Gutachten besagen, dass das Bergwerk nur
noch bis Mitte des nächsten Jahrzehnts standfest ist. Im
Januar dieses Jahres hat unter der Obhut des Bundesam-
tes für Strahlenschutz ein Expertengespräch stattgefun-
den. Man ist zu dem Ergebnis gekommen, dass wir doch
noch bis zum Jahr 2020 Zeit haben, allerdings nur, wenn
sich die Laugenzuflüsse nicht erhöhen. Genau das ist al-
lerdings die Gretchenfrage, die niemand beantworten
kann. Daher muss zügig gehandelt werden.

Die Arbeitsgruppe Optionenvergleich hat im Februar
dieses Jahres einen Zwischenbericht vorgelegt. Sie legt
sich aber noch nicht fest, welche Methoden sie beim
Umgang mit dem Atommüll und bei der Stilllegung der
Anlage favorisiert. Vielmehr werden Machbarkeitsstu-
dien und Auswirkungsstudien angefordert. Eine ab-
schließende Bewertung soll bis Ende des Jahres vorlie-
gen. Das muss es dann aber auch sein. Wir müssen zügig
handeln,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


damit wir nicht in die Situation kommen, im Rahmen der
akuten Asse-Gefahrenabwehr unüberlegt und plötzlich
handeln zu müssen.

Die Politik hat ihre Hausaufgaben gemacht. Wir ha-
ben in den Haushalt des BfS des letzten Jahres über 70
zusätzliche Stellen eingestellt. Wie schon gesagt, sind
das Zurückgewinnen von Vertrauen und verantwortli-
ches Handeln erforderlich. Es dürfen keine politischen
Spielchen stattfinden; das betone ich.

Es war kontraproduktiv, dass gerade der Bundesum-
weltminister während seiner Sommerreise im letzten
Jahr den Verdacht geschürt hat, die von mir bereits er-
wähnten Laugenzuflüsse von 12 Kubikmetern pro Tag
seien radioaktiv kontaminiert und ihr Verbringen in an-
dere stillzulegende Salzbergwerke in Niedersachsen ge-
fährde möglicherweise die dortige Bevölkerung. Es hilft
wenig, das im Nachhinein zurückholen zu wollen. Im
Celler Kreistag führte dieser längst aufgeklärte Sachver-

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(C (D alt noch vor wenigen Wochen zu erheblichen Diskusionen. Herr Minister, es ist auch kontraproduktiv, dass sich hre Meinung zur Finanzierung der erheblichen Kosten er Asse-Stilllegung wie eine Fahne im Wind dreht. Der eutsche Bundestag hat am 30. Januar dieses Jahres im ahmen der Änderungen des Atomgesetzes auch den echsel der Betreiber der Asse beschlossen; das wissen ir alle. Der Entwurf dieses Gesetzes kam aus Ihrem ause. In diesem Gesetzentwurf und in einer Formulierungsilfe zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen hat as Ministerium die Möglichkeit, die Kernkraftwerksbereiber an der Sanierung der Asse finanziell zu beteilien, aus rechtlichen Gründen ausdrücklich ausgeschlosen. Dazu wurden im Umweltausschuss Fragen gestellt. ußerdem haben Sie, Herr Minister, dem ZDF drei Tage or der Beschlussfassung in diesem Hause ein Interview u diesem Thema gegeben. In diesem Interview haben Sie, wie es auch Ihr Staatsekretär im Umweltausschuss getan hat, erklärt, eine Beeiligung der Kernkraftwerksbetreiber an den Kosten der anierung der Asse sei aus rechtlichen Gründen nicht öglich. Nur eine Woche nach der Verabschiedung des esetzentwurfs des BMU in diesem Hause haben Sie hre Auffassung plötzlich geändert und sich dafür ausgeprochen, dass die Betreiber der Kernkraftwerke nun och an der Sanierung der Asse finanziell beteiligt weren sollten. Nun ging es Ihnen angeblich nicht mehr um echtliche Notwendigkeiten, sondern vielmehr um politiche Beweggründe. Man könnte es als Irreführung des Parlaments beeichnen, wenn ein Minister, eine Woche nachdem der eutsche Bundestag seinen Gesetzentwurf verabschieet hat, politische Forderungen erhebt, die er ohne Weieres in seinen eigenen Gesetzentwurf hätte einfließen assen können. Dass Sie sich nicht getraut haben, kann ich bei Ihnen wirklich niemand vorstellen. Ich rufe uns alle auf, auch in Zeiten des herannahenen Wahlkampfes nicht zu versuchen, durch die Verunicherung der Bürgerinnen und Bürger vermeintliche poitische Vorteile zu erlangen. Aufgabe der Politik ist es, eine Angst zu schüren. Aufgabe der Politik ist auch, die orgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen, Löungsvorschläge zu erarbeiten und diese offensiv und ransparent zu kommunizieren. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Angelika Brunkhorst [FDP])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621104700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl

ür die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621104800

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns über

ie Kosten und über die Mär von der billigen Atomkraft
eden. Billig ist Atomstrom nur für die Betreiber abge-






(A) )



(B) )


Sylvia Kotting-Uhl
schriebener Atomkraftwerke. Volkswirtschaftlich ist
Atomstrom so teuer wie kein anderer Strom.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dorothée Menzner [DIE LINKE])


Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele. Beginnen wir
ganz am Anfang, beim Uran. Die „billige“ Ressource
Uran kommt normalerweise von weiter her; so viel zum
Stichwort Importunabhängigkeit. Aber auch in Deutsch-
land gab es einmal den Uranabbau, und zwar in Wismut.
Für die Sanierung des Uranabbaus in Wismut sind bisher
6,4 Milliarden Euro von der Bundesregierung eingestellt
worden. Wer zahlt das? Der Steuerzahler.

Sehen wir uns das Ende der Geschichte an. Beispiel
Morsleben: Ihren angehäuften schwach- und mittelakti-
ven Müll loszuwerden, kostete die westdeutschen Atom-
kraftwerksbetreiber in den 90er-Jahren gerade einmal
183 Millionen DM. Die Entsorgung dieses Mülls ermög-
lichte die damalige Umweltministerin; das war übrigens
Angela Merkel. Allein für die Stabilisierung des ein-
sturzgefährdeten Lagers wurden bis heute 2,2 Milliarden
Euro veranschlagt. Wer zahlt das? Der Steuerzahler.

Beispiel Asse: Forschung für die sichere Endlagerung
mit Atommüll, billigst oder auch umsonst eingelagert.
Die Sanierung der Katastrophe Asse ist nun öffentliche
Aufgabe, schließlich kommen 90 Prozent des radioak-
tiven Potenzials in der Asse aus der Wiederaufarbei-
tungsanlage Karlsruhe. In die WAK kam es aber aus den
AKWs. 70 Prozent dieses radioaktiven Potenzials kamen
alleine aus dem Atomkraftwerk Obrigheim.

Die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe funk-
tionierte wie eine Waschanlage. Die schmutzige Hinter-
lassenschaft der Atomstromproduktion wurde zu öffent-
lichem Forschungsmaterial. Das war für die
ursprünglichen Verursacher des Mülls sehr bequem. Die
Kosten sind heute noch überhaupt nicht abzuschätzen,
aber sie werden mindestens die Größenordnung der Kos-
ten für die Sanierung von Morsleben haben. Wer zahlt
das? Der Steuerzahler.

Herr Gabriel, ich kann Ihnen an dieser Stelle aus-
nahmsweise nicht ersparen, Frau Flachsbarth recht zu
geben; das passiert selten in diesen Debatten. Ja, Sie ha-
ben einen Schlingerkurs betrieben. Erst hieß es, die
AKW-Betreiber sollen sich beteiligen. Dann hieß es
während der Novellierung des Atomgesetzes: Es ist
reine Aufgabe der öffentlichen Hand. Nun heißt es wie-
der, sie sollen sich beteiligen. – Sie wollen dafür die ur-
sprünglich von uns geforderte Brennelementsteuer ver-
wenden. Das ist löblich. Wenn wir aber die Option der
Rückholung des Mülls aus der Asse tatsächlich wahrma-
chen, werden Sie mit 1,6 Milliarden Euro nicht weit
kommen.

Das System der privatisierten Gewinne und der sozia-
lisierten Kosten zieht sich durch alles, was mit Atom-
kraft zu tun hat: die Deckelung der Haftpflichtversiche-
rungen, die steuerfreien Rückstellungen und auch die
jahrtausendelange Überwachung des Atommülls. Atom-
kraftbefürworter argumentieren gern mit dem so teuren
Fotovoltaikstrom, den die Bezieher mit 31 bzw.

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(C (D 3 Cent über ihren Strompreis subventionieren. Wenn an die volkswirtschaftlichen Kosten und die 0 Milliarden Euro an Subventionen einrechnet, stellt an fest, dass der billige Atomstrom überhaupt nicht arktfähig ist. Vor allem handelt es sich um eine Technologie, die er Devise folgt: Risiken und Nebenwirkungen trägt die evölkerung. Dies gilt nicht nur für diejenigen, die heute eben, sondern auch für diejenigen, die noch gar nicht eboren sind. So ist das Stichwort Nachhaltigkeit nicht emeint. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie uns aber auch über Vertrauen und Verant-
ortung reden. Jahrelang hat man uns erzählt, die Asse

ei ein Forschungsendlager. Heute wissen wir, dass sich
uer durch die Genehmigungsbescheide für die Atom-
raftwerke bis Ende der 70er-Jahre die Asse als ausge-
iesenes Endlager hindurchzieht. Das hört sich zum
eispiel so an: 1972 erste Teilgenehmigung für Isar 1:
ür die BRD wird das stillgelegte Salzbergwerk Asse bei
olfenbüttel als Endlagerstätte für radioaktive Abfälle

ergerichtet.

Es gab auch eine Ausnahme: 1974 zweite Teilgeneh-
igung für Krümmel: Seit April 1967 wird das ehema-

ige Salzbergwerk Asse II in der Nähe von Braun-
chweig für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle
orbereitet. In den 80er-Jahren ändert sich die Tonlage.
a ist dann nur noch von der in der Asse erprobten Ein-

agerungstechnologie und davon, dass die Asse für die
ndlagerung vorgesehen ist, die Rede. In den Teilgeneh-
igungen für Brokdorf heißt es, das Bergwerk solle in

rster Linie als Versuchsanlage für Gorleben dienen.

Wer alles – die Helmholtz-Gemeinschaft, das For-
chungsministerium und die Kolleginnen und Kollegen
on FDP und Union – hat uns nicht erzählt, die Asse
abe mit Gorleben nichts zu tun. Sie haben einen Unter-
uchungsausschuss zur Asse abgelehnt, obwohl als ver-
rauensbildende Maßnahme nichts notwendiger wäre als
ie Aufklärung und Benennung der verfehlten Verant-
ortlichkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei der LINKEN)


er ehemalige Umweltminister Trittin hat, ganz anders
ls Sie, überhaupt nichts gegen die Einsetzung eines Un-
ersuchungsausschusses, sondern er hat ihn ausdrücklich
efürwortet.

Die Asse ist inzwischen nicht nur der GAU der Endla-
erfrage. Die Asse wird zum Symbol der Unzuverlässigkeit
er Atomtechnik samt ihrer ganzen Betreibergemeinde. In
ieser Situation wollen Sie die Laufzeitverlängerung der
tomkraftwerke und die unverzügliche Inbetriebnahme
on Gorleben.

Sie sind immer noch nicht in der Lage, bis drei zu
ählen. Volkswirtschaftlich viel zu teuer, energetisch
öllig überflüssig und der Vertrauens-GAU, das ist






(A) )



(B) )


Sylvia Kotting-Uhl
Atomkraft. Zum Glück hat Deutschland den Atomaus-
stieg beschlossen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621104900

Für die Bundesregierung hat Herr Bundesminister

Sigmar Gabriel das Wort.


(Beifall bei der SPD)


Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen
Sie mich zunächst einmal etwas zu dem angeblichen
Schlingerkurs sagen. Meine Frage an die Grünen ist:
Warum haben Sie sich eigentlich sieben Jahre lang nicht
um die Sanierung der Asse gekümmert?


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Warum haben Sie eigentlich sieben Jahre lang keinen
Gesetzentwurf erarbeitet, mit dem Sie den Versuch un-
ternehmen, die deutsche Atomindustrie 30 Jahre rück-
wirkend an der Finanzierung der Sanierung von Mors-
leben oder der Asse zu beteiligen? Warum haben Sie das
nicht gemacht?


(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben das deshalb nicht gemacht, weil Sie damals,
als Ihr Minister noch in der Regierung war – er ist ge-
rade draußen – –


(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Ich weiß, bei Ihnen sind immer die Sozis schuld, wenn
Sie etwas nicht hinbekommen, nur Sie selbst nicht.


(Beifall des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Sie haben das deshalb nicht gemacht, weil Sie wuss-
ten, dass dies rechtswidrig gewesen wäre. Einige derje-
nigen, die mir jetzt im Blickfeld sitzen, haben einmal et-
was mit Regierungstätigkeit zu tun gehabt. Sie wussten,
die Verfassung verbietet es uns, die Atomindustrie rück-
wirkend an der Finanzierung zu beteiligen.

Deswegen kann man das nicht in einem Gesetz ma-
chen, mit dem wir die Asse sanieren. Deshalb können
wir keine rückwirkende Finanzierung beschließen. Man
kann aber sehr schnell ein Gesetz auf den Weg bringen,
mit dem die Atomindustrie dadurch an der Finanzierung
beteiligt wird, dass der Staat Steuern im Bereich der
Kernbrennstoffe einnimmt. Das ist der richtige Weg.
Das ist kein Schlingerkurs.


(Beifall bei der SPD)


Wenn Sie schon darüber reden, Frau Kotting-Uhl,
dann bitte unter Beherrschung der Grundrechenarten.
Dies sind Einnahmen von 1,6 bis 2 Milliarden Euro pro
Jahr. Sie haben gemeinsam mit uns einen Atomkonsens

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(C (D eschlossen, der ein sukzessives Aussteigen vorsieht. ie können sich ausrechnen, dass sich die Einnahmen uf einen zweistelligen Milliardenbetrag belaufen weren, die Sie nutzen können, damit nicht der Steuerzahler ie Sanierung von Asse, Morsleben und anderer Standrte bezahlt. Damit würde die Atomindustrie endlich anemessen an den katastrophalen Hinterlassenschaften eteiligt, die sie uns vor die Füße oder besser gesagt: uner die Füße gekippt hat. Das ist mein Vorschlag. Sie haben während Ihrer Reierungszeit nichts unternommen, um sich diesem hema zu widmen oder um die Finanzierung sicherzutellen. (Beifall bei der SPD und der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wirklich unglaublich!)


Es gibt zwei pharisäerhafte Umgänge mit der Asse.
as sind einerseits diejenigen, die dort billig entsorgt ha-
en, und andererseits die Grünen, die derzeit die Asse
ntdecken.

Vielleicht liegt es daran, dass ich dort wohne. Deshalb
rauchen Sie mir nicht zu erzählen, was dort los ist. Ich
ätte es aber besser gefunden, Sie hätten während Ihrer
egierungszeit im Bundesumweltministerium nicht alles
nternommen, um die Zuständigkeit des Bundesum-
eltministeriums zu verhindern.


(Beifall bei der FDP)


Ich hätte es gut gefunden, Sie hätten in Ihrer Regie-
ungszeit nicht die Stellen im Bundesumweltministerium
estrichen, die für die Beobachtung der Asse mit zustän-
ig gewesen sind. Ich hätte mir außerdem gewünscht,
ie hätten Anträge wie diesen eingebracht, die richtig
ind. Hätten Sie wesentlich früher mit der Sanierung der
sse begonnen, dann hätten wir heute nicht derartig dra-
atische Probleme.


(Beifall bei der FDP)


Ich finde, was Sie hinsichtlich der Asse machen, ist
ochgradig pharisäerhaft.


(Beifall bei der SPD und der FDP)


ie haben nichts unternommen. Sie wollten das nicht.
ie haben sich der Politik gebeugt, das so zu belassen,
ie es ist. Sie wollten nicht hinschauen, und heute regen
ie sich darüber auf.

Ich muss bei aller kollegialen Wertschätzung der Anti-
tompolitik ganz offen sagen: So einfach kommen Sie
or Ort nicht davon. Sie sind mitverantwortlich für das
andeln.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621105000

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischen-

rage der Kollegin Höhn?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:

Sehr gern.






(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621105100

Frau Höhn, bitte sehr.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621105200

Herr Umweltminister, können Sie bestätigen, dass das

Umweltministerium im Jahr 1998, als Jürgen Trittin in
die Regierung eingestiegen ist, überhaupt nicht für die
Asse verantwortlich war, sondern dass die Kollegin
Bulmahn als Bundesforschungsministerin die Verant-
wortung für die Asse getragen hat? All das, was Sie jetzt
über die Asse sagen, lag also in der Zuständigkeit Ihrer
SPD-Kollegin Bulmahn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Ich kann bestätigen, dass in mehreren Vermerken des
Bundesumweltministeriums die Rechtsauffassung des
Bundesforschungsministeriums durch Ihren Minister be-
stätigt wurde, dass es richtig sei, die Asse nicht unter
Atomrecht zu bringen, und dass es richtig sei, die Asse
in der Verantwortung des Forschungsministeriums zu
belassen, und dass es keine weiteren Anmerkungen zu
diesen Vorstellungen des Forschungsministeriums gege-
ben hat. Sie haben all das also wissentlich unterstützt,
und Sie haben sogar noch eine Stelle gestrichen, durch
die die Asse bei uns im Ministerium mit unter Beobach-
tung stand.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621105300

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine weitere Zwi-

schenfrage: der Kollegin Kotting-Uhl?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Da sie sich anscheinend getroffen fühlen, gerne. So ist
das Leben.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621105400

Bitte sehr.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621105500

Ich diskutiere gerne mit Ihnen, Herr Minister. – Erin-

nern Sie sich, dass auch Sie bis zum Sommer 2008 der
Meinung waren, die Zuständigkeit für die Asse liege
besser beim Forschungsministerium, wie Sie das jetzt
rückblickend dem Minister Trittin zuschreiben? Erin-
nern Sie sich, dass Sie die gleichen Worte benutzt ha-
ben? Erinnern Sie sich auch, dass Sie auch nicht durch
unseren Antrag, sondern erst durch die Macht der Fak-
ten, als nämlich die radioaktiven Laugen auftauchten,
dazu bewegt werden konnten, die Asse unter Ihre Auf-
sicht zu stellen?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Ich erinnere mich gut, dass ich gesagt habe, wir wer-
den dieses Problem gemeinsam lösen. Die Kollegin Frau
Schavan war die Erste, die das Bundesumweltministe-
rium einbezogen hat. Ich erinnere mich gut, dass ich ge-

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(C (D agt habe, das Bundesumweltministerium ist zuständig, enn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit eintritt. afür war damals nach § 19 des Atomgesetzes zu soren. Ich habe dann gesagt, es ist sinnvoller, dass wir beide ns einigen und mit der Asse beschäftigen, als dass wir in rechtsförmliches Verfahren beginnen. Dann haben ir etwas gemacht, was Sie nie getan haben, wir haben ann nämlich einen Statusbericht in Auftrag gegeben, m zu wissen, was dort eigentlich los ist. Als der Statusericht vorlag, erwies sich, dass ein Irrtum vorlag, was ir bis dahin nicht vermutet hatten: Die niedersächsi chen Behörden unter Leitung von Herrn Umweltminiser Sander von der FDP – einschließlich der Bergbehören – waren nicht in der Lage, das Verfahren rechtmäßig u führen. Das ist übrigens auch die Antwort auf den Einwurf on Frau Flachsbarth hinsichtlich des nicht sachgemäen Umgangs mit Laugen. Ich habe niemals gesagt, ass die Strahlenbelastung zu hoch ist. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Aber natürlich!)


Nein, ich habe gesagt, sie hätten gegen geltendes
trahlenschutzrecht verstoßen. Das ist damals auch ge-

an worden.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Nein, nein!)


Wir haben das alles aufgeklärt. Wir haben kooperativ
usammengearbeitet, statt uns diese Dinge immer hin-
nd herzuspielen.

Ich will gar nicht rechtfertigen, was dort auch unter
rüheren SPD-Regierungen gemacht worden ist. Es geht
ir nur darum, dass Sie sich hier jetzt aufspielen, als

eien Sie der Retter der Asse. Sie haben die Leute dort
ieben Jahre lang alleingelassen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bulmahn hat sie alleingelassen! Das war Bulmahn, und das wissen Sie auch!)


as ist das Ergebnis Ihrer Politik. Ich finde einfach, da-
über muss man öffentlich reden, wenn Sie so mit dem
hema anfangen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621105600

Herr Bundesminister, es gibt jetzt noch einen
unsch, eine Zwischenfrage zu stellen, nämlich den des
ollegen Fell.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:

Ich muss mich einmal nach der Geschäftsordnung er-
undigen und fragen, ob ich eigentlich noch die Chance
abe, meine Rede zu halten.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621105700

Ich habe die Uhr angehalten. Sie haben noch jede
enge Gelegenheit dazu.






(A) )



(B) )

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Dann gerne.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621105800

Herr Kollege Fell, bitte sehr.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Eine interaktive Rede!)



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621105900

Herr Minister, danke, dass Sie mir die Gelegenheit

geben. – Sie haben so sehr hervorgehoben, dass Sie aus
der Umgebung der Asse kommen und bestens über die
Probleme, die es dort seit vielen Jahren gibt, Bescheid
wissen. Ich frage Sie: Warum haben Sie von diesen
Missständen eigentlich nicht auch als Ministerpräsi-
dent in Niedersachsen richtig Kenntnis gehabt, und wa-
rum haben Sie nicht eingegriffen, sodass diese Miss-
stände beseitigt wurden?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Ich will diese Frage gerne beantworten:

In der Tat war ich zum ersten Mal als 16-Jähriger und
später als Abgeordneter mehrfach in der Asse. Die nie-
dersächsische Landesregierung unter dem damaligen
Ministerpräsidenten Gerhard Schröder hat als erste Lan-
desregierung damit begonnen, Sanierungsmaßnahmen in
der Asse durchzuführen – übrigens mit der Umweltmi-
nisterin Monika Griefahn, einer sozialdemokratischen
Kollegin hier im Deutschen Bundestag. Damals wurde
damit begonnen, die Südflanke, so meine ich, zu stabili-
sieren, nachdem vorher dort jahrzehntelang nichts pas-
siert war.

Danach ist der Antrag durch das Forschungsministe-
rium gestellt worden, mit der Planfeststellung zu begin-
nen. Ab diesem Moment waren wir an der Debatte über
die Sicherungsmaßnahmen beteiligt. Wir haben sie so
kritisch bewertet, wie Sie das auch heute von uns hören.
Wir waren aber die Ersten in Niedersachsen, die Stüt-
zungsmaßnahmen in der Asse veranlasst haben. Vorher
hat sich niemand darum gekümmert.

Das ist die Antwort. Sie können aber gerne noch ein
paar Fragen stellen.


(Heiterkeit bei der SPD)


Verstehen Sie mich richtig: Ich bin doch nicht der
Überzeugung, dass nur die Atomwirtschaft dort Fehler
gemacht hat. Mich regt aber die pharisäerhafte Debatte
auf. Ich sage Ihnen: Die Sozialdemokraten haben das
nicht unter die Verantwortung des Umweltministeriums
gestellt, die Christdemokraten haben das nicht getan, die
Grünen haben nicht darum gekämpft, sondern alles beim
Alten belassen, und die Linkspartei hat sozusagen die
Gnade der späten Geburt. Für das Erbe ihrer Vorläufer-
organisation SED sind wir in Morsleben allerdings auch
zuständig.

Wir alle haben dort also politisch unser Päckchen zu
tragen. Ich wehre mich aber gegen diese pharisäerhafte

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(C (D ebatte, die Sie hier lostreten, wonach Sie das alles beser gemacht hätten und wonach es bei uns einen Schlinerkurs hinsichtlich der Finanzierung gebe. Das alles ist seien Sie mir nicht böse – Kokolores. Daran stimmt ichts. Wir haben das endlich in den Griff bekommen nd versuchen, mit großer Intensität weiter daran zu areiten. Die Menschen vor Ort erwarten von uns, dass wir iesen Zirkus nicht fortsetzen, (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


hört doch auf! –, sondern in der Art und Weise, in der
ir uns in der Sache einig sind, arbeiten.

Es gibt zwei Dinge, die nicht gehen. Frau Kollegin
lachsbarth, es ist nicht möglich, mit dem Hinweis auf
ie angeblichen Sicherheitsbedenken das zu tun, was
er Kollege Sander in Niedersachsen will, nämlich mög-
ichst schnell alles zu verfüllen, Deckel drauf und Ende,
hne zu wissen, was sich darin befindet und ob es lang-
eitsicher ist. Das machen wir nicht. Wir können das
icht einfach nur deshalb, weil wir keine Lust mehr ha-
en, uns damit zu befassen, zulasten unserer Urenkel
ergraben. Das ist unmöglich.


(Beifall bei der SPD)


Zweitens geht es nicht an – das sage ich kritisch an
ie Grünen gerichtet –, dass wir den Fehler wiederholen,
en die Atomindustrie gemacht hat. Die Atomindustrie
at politische Vorgaben machen wollen, wie mit der
sse umzugehen ist. Das hat dazu geführt, dass dieses
haos entstanden ist. Jetzt sagt Ihr Landstagskollege in
iedersachsen: „Der Gabriel muss das jetzt alles vor der
undestagswahl entscheiden; sonst glauben wir ihm
icht, dass das notfalls herausgeholt wird.“


(Zuruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Tun Sie mir einen Gefallen, Frau Pothmer: Lassen Sie
ns mit den Leuten reden, die etwas von der Sache ver-
tehen. Sie gehören nicht dazu.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein bisschen überheblich!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621106000

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Flachsbarth?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:

Nein, ich würde gerne fortfahren. – Sie fordern „Alles
aus, aber schnell!“. Das ist ein Motto für den Winter-
chlussverkauf. Für die Asse ist es nicht geeignet. Die
ritischen Wissenschaftler aus der Region sagen, dass
ir Zeit brauchen. Genauigkeit geht vor Schnelligkeit.
s darf keine Schlampigkeit geben, nur weil die Bundes-

agswahl bevorsteht. Das werden wir durchhalten. Was
mmer Sie vor Ort sagen, wir werden nichts am Konzept
er Langzeitsicherheit ändern, und wir werden nicht,
ur weil Sie gerne politischen Wahlkampf machen wol-
en, Maßnahmen vorschlagen, die die Menschen dort auf






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
lange Sicht gefährden werden. Das werden wir nicht ma-
chen, Frau Pothmer, auch wenn Sie es öffentlich fordern.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte noch einige wenige Bemerkungen zum
Thema Kernenergie machen. Ich finde, es macht Sinn,
den Blick darauf zu richten, wie in der Vergangenheit ar-
gumentiert worden ist. Dazu habe ich eine schöne An-
zeige gefunden. Das, was heute zu diesem Thema ge-
sagt wurde, scheint wieder in dieselbe Richtung zu
führen. Der Wiedergänger in dieser Debatte, Frau
Brunkhorst – das immer wieder auftauchende Thema –,
ist die Kernenergie selber. Es sind nicht diejenigen, die
vor den Gefahren warnen. Ich zitiere:

Strom aus Wind: Ja, aber …

– Das entspricht ein bisschen Ihrer Debatte. –

Die Dänen sind europäischer Spitzenreiter bei der
Nutzung der Windenergie: 1988 wurde in Däne-
mark fast jede hundertste Kilowattstunde aus Wind
erzeugt – das entspricht einem Anteil von
0,9 Prozent am gesamten Stromverbrauch.

Jetzt kommt es:

Eine vergleichbar intensive Nutzung der Windkraft
ist in der Bundesrepublik wegen anderer klimati-
scher Bedingungen nicht möglich … Fragen zur
Kernenergie beantwortet gerne: Informationskreis
Kernenergie

Dieselbe Debatte erleben wir heute. Sie wollen den
Leuten weismachen, man brauche die Atomenergie in
der Grundlast, weil die erneuerbaren Energien nicht aus-
reichten. Ich sage Ihnen: Das Gegenteil ist richtig. Wer
öffentlich erklärt, man brauche wegen der fluktuierenden
Energie im Netz aus Wind oder Sonne die Atomenergie
in der Grundlast, der hat entweder nicht verstanden, wie
ein Elektrizitätsnetz oder ein Atomkraftwerk funktio-
niert, oder er sagt der Öffentlichkeit bewusst die Un-
wahrheit.


(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Atomenergie und erneuerbare Energien sind nicht zu
kombinieren. Wer wissen will, was dabei herauskommt,
wenn man es versucht, konnte dies gerade beim Abfah-
ren von Biblis A erleben. Man kann Atomkraftwerke
nicht als Regelkraftwerke nutzen. Deswegen funktio-
niert die Kombination Atomenergie und erneuerbare
Energien nicht.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


– Es tut mir leid, dass Sie sich jetzt getroffen fühlen.
Aber ich meinte Sie auch.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Diese Kombination funktioniert nicht. Allerdings
braucht man Regelkraftwerke aus anderen Energiefor-
men. Selbst wenn wir – wie es die Grünen wollen – bis
2020 den Anteil der erneuerbaren Energien an der
Stromversorgung auf 40 Prozent erhöhen, brauchen wir

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(C (D egelkraftwerke. Das sind dann unter den Bedingungen es Emissionshandels Kohleund Gaskraftwerke. ass die Grünen den Ausstieg aus Atomenergie und aus er Kohleenergie fordern und dann als einzige Regelnergie die Gasverstromung zur Verfügung steht, ist icht möglich. Das ist zu teuer. Deswegen ist eine Deatte über die Nutzung im Rahmen des Emissionshanels für Kohle notwendig. Die Atomenergie ist weltweit bei weitem nicht auf em Vormarsch, wie es öffentlich behauptet wird. Es ibt 436 Atomkraftwerke. 200 davon sind so alt, dass sie n den nächsten Jahren erneuert werden müssten. Es lieen um die 40 Bauanträge vor. Einige davon sind 0 Jahre alt. Vielleicht will man sich nicht auf politische Austiegsbeschlüsse verlassen. Auf den Kapitalismus kann an sich in der Regel eher verlassen. Es geht um Kosten n Höhe von 3 bis 5 Milliarden Euro. Es dauert 15 Jahre, is man das Geld zurückbekommt. Ich bin gespannt, wie exy dieses Investment nach den Erfahrungen des Fianzmarktes beim Wiederanspringen der weltweiten onjunktur ist. In Europa befindet sich de facto ein tomkraftwerk im Bau, und zwar in Finnland. Das wird erade vor die Wand gefahren. 700 Millionen Euro hat ort ein deutsches Unternehmen versenkt, glaube ich. ie Mehrkosten belaufen sich auf über 1 Milliarde Euro. ie Bauzeit verlängert sich um zwei Jahre. Wenn man so twas als Wirtschaftsförderung in Deutschland einführen ill, dann kann ich nur gute Besserung wünschen. Völlig unterschätzt wird die Proliferationsgefahr. enn wir den Leuten weltweit sagen: „Die Atomenergie st das Richtige“, dann machen wir das, was die Inder un: Sie setzen nicht auf Uran – Frau Kotting-Uhl hat echt, wenn sie sagt, das Uranvorkommen sei begrenzt –, ondern gleich auf Plutonium. Das bedeutet, die Verbreiung waffenfähigen Nuklearmaterials nimmt weltweit uf dramatische Weise zu, wie wir es uns zur Zeit des alten Krieges nicht hätten vorstellen können. Wer der elt erklärt, allein die Atomenergie sei die Energie der ukunft, der darf sich nicht wundern, wenn ein paar Verückte in dieser Welt zuhören und sie auch haben wollen. (Katherina Reiche [Potsdam] [CDU/CSU]: Wer tut denn das?)


(Beifall bei der SPD)


Unter anderem Sie mit Ihrer Propaganda und der Be-
auptung, es gebe eine Renaissance der Kernenergie.


(Beifall bei der SPD – Katherina Reiche [Potsdam] [CDU/CSU]: Ach Gott!)


rau Reiche, es war nicht der Bundesumweltminister,
er erklärt hat, Atomenergie sei Bioenergie. Das waren
och Sie von der CDU/CSU. Für Sie ist wahrscheinlich
ie Asse eine Biotonne; das nehme ich stark an.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der LINKEN)


ir jedenfalls setzen weiterhin auf Effizienz und erneu-
rbare Energien.


(Zuruf von der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
– Herr Kollege, ich habe nicht erwartet, dass meine Rede
auf ungeteilten Beifall stößt; das wollte ich auch nicht.

Ich möchte Ihnen nicht die Umfragen ersparen, die
Sie so nett zitiert haben. Das war zwar sehr freundlich,
aber ich muss Sie leider korrigieren. Wir haben auf der
BMU-Homepage eine Onlinebefragung – auf diese haben
Sie verwiesen – durchgeführt. Es gab 14 726 Votings. Al-
lerdings waren Mehrfachabstimmungen zugelassen. Das
Ergebnis ist: 57 Prozent sind gegen den Atomausstieg.
Nun hat die Welt, die sich solchen Umfragen offensicht-
lich sehr verbunden fühlt, diese Umfrage fortgeführt.
Man hat wahrscheinlich gedacht: Wir ärgern jetzt den
Umweltminister, führen seine Umfrage fort – da so viele
Menschen für die Kernenergie sind – und zeigen, wie
das geht. – Bei der fortgeführten Umfrage gab es 59 734
Votings. Dabei waren Mehrfachabstimmungen ausge-
schlossen. Nun raten Sie einmal, wofür es eine Mehrheit
gab? 51 Prozent waren für den Atomausstieg.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Warum haben Sie das dann von Ihrer Homepage genommen?)


– Sie irren sich. Die Ergebnisse finden Sie weiterhin auf
unserer Homepage.

Es wird noch besser. Unabhängig von dieser gekaper-
ten Umfrage bietet diese Zeitung seit dem 18. Februar
ihren Lesern ein weiteres Onlinevoting zum Atomaus-
stieg an. Auf die Frage: „Sollen alle deutschen Atom-
kraftwerke abgeschaltet werden?“


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: „Onlinevoting“!)


– Sie haben das in Ihrer Rede eingeführt, ich zitiere nur
die Umfragen, die Sie auch zitiert haben; mehr mache
ich nicht – erklären 84 Prozent derjenigen, die an dieser
Umfrage teilgenommen haben: Ja, sofort aussteigen. Das
Pünktchen auf dem I in Sachen Umfragen setzt die glei-
che Zeitung mit einem Bericht vom 1. März 2009, in
dem sie auf eine repräsentative Umfrage der GfK im
Auftrag der Welt am Sonntag – nun dürften alle im Saal
beruhigt sein – hinweist. Unter der Überschrift „Mehr-
heit will den Atomausstieg“ heißt es:

Das Ergebnis zeigt, dass die Vorbehalte gegen
Kernenergie in der Bevölkerung noch immer über-
wiegen: 53,2 Prozent der Befragten plädierten da-
für, am deutschen Atomausstieg wie geplant festzu-
halten. Nur 29,7 Prozent hielten es dagegen für
richtig, die gesetzlich begrenzten Laufzeiten der
deutschen Meiler doch wieder zu verlängern.

Fazit: Die Debatte über die Renaissance der Kern-
energie wird von den Marketingabteilungen der Unter-
nehmen getriggert. Diejenigen, die sich hier missbrau-
chen lassen, machen sich zu Lobbyisten der vier großen
Energieversorger, die 1 Million Euro pro Tag an einem
weiterlaufenden, abgeschriebenen alten Atomkraftwerk
verdienen. Darum geht es, und nicht um Klimaschutz.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Nächster Redner ist der Kollege Michael Kauch für ie FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir de attieren heute über einen Antrag der Grünen; dort heißt s: Atomkraft ist lebensgefährlich. Liebe Kolleginnen nd Kollegen von den Grünen, Sie haben sieben Jahre ang den Umweltminister gestellt. Wenn Anlagen leensgefährlich sind, dann muss man sie abschalten, und ann macht man keinen Kompromiss. Ein Bundesumeltminister muss unsichere Anlagen abschalten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621106100

(Beifall bei der FDP)

Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1621106200

ie waren aber offensichtlich nicht so unsicher, dass sie
ebensgefährlich waren. Sie machen diese PR-Show
echtzeitig vor der Bundestagswahl, damit Sie ein Thema
aben, weil Ihnen sonst im Bundestagswahlkampf nichts
infällt. Das ist ein wirklich durchsichtiges Manöver.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP-Bundestagsfraktion strebt langfristig eine
ollständig regenerative Energieversorgung an. Aber
ittelfristig werden wir weiterhin einen Energiemix

rauchen. Alles andere ist Wunschdenken. Man kann es
icht so machen, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern.
ort steht: „ … bis 2020 können es 30 – 50 % sein.“ Der
intergrund ist: Die Grünen sind sich doch selber nicht

inig, wie schnell der Umstieg auf die regenerativen Ener-
ien erfolgen kann. Sie haben auf ihren Parteitagen im-
er wieder die Debatte gehabt, ob die vollständige Ver-

orgung durch regenerative Energien bis 2020 möglich
st. Herr Fell sagt das eine, Herr Loske das andere. Das
st Chaos. So kann man keine verantwortliche Energie-
olitik in Deutschland machen.


(Beifall bei der FDP)


Wir als FDP-Bundestagsfraktion glauben, dass eine
erlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke nötig

st. Ich sage ganz eindeutig: Die Kernenergie ist für uns
ine Übergangsenergie. Deshalb bedeutet die Forderung
ach einer Laufzeitverlängerung nicht die Forderung
ach einem Neubau von Kernkraftwerken. Wir glauben
ber, dass wir die Grundlastversorgung für den Wirt-
chaftsstandort Deutschland eben nicht zu einem ver-
ünftigen Preis sicherstellen können, wenn wir nur auf
as setzen. Nur auf Gas setzen bedeutet auch die Ab-
ängigkeit von nur wenigen Quellen. Das ist eben nicht
erantwortbar. Wir können die Energiepolitik nicht aus-
chließlich nach einigen wenigen Kriterien machen, die
ie sich wünschen, sondern wir müssen darauf achten,
ass die Energieversorgung zu einem vernünftigen Preis
uch für unsere Industrie gesichert ist.


(Beifall bei der FDP)


Wir haben hier viel über die Asse gesprochen. Wir
ollten aber auch Folgendes in den Blick nehmen: Was






(A) )



(B) )


Michael Kauch
ist falsch gelaufen, und was machen wir in der Zukunft?
Unabhängig davon, ob wir die Kernkraft weiter betrei-
ben oder nicht und wie lange wir sie weiter betreiben:
Klar ist, dass wir in den letzten 50 Jahren Atommüll
produziert haben. Daran sind wir alle beteiligt. Meine
Damen und Herren von den Grünen, viele von Ihnen wa-
ren früher in anderen Parteien, waren zum Teil auch in
politischen Jugendorganisationen tätig, zum Teil bei uns
– Ihre Vorsitzende etwa war bei den Jungdemokraten –
oder bei den Sozialdemokraten. Sie können sich hier
nicht reinwaschen und so tun, als sei Ihre Bewegung völ-
lig frei von irgendwelchen historischen Verantwortun-
gen. Sie haben sieben Jahre lang den Umweltminister
gestellt. Dieser Umweltminister hat sieben Jahre lang
nichts getan, um den Atommüll unter die Erde oder wo-
hin auch immer zu bringen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben den Atomausstieg beschlossen!)


Sie haben kein Konzept. Sie können nur kritisieren. Aber
Sie haben nichts geleistet.


(Beifall bei der FDP)


Wir wollen nicht – wie hier gerade behauptet wurde,
um eine neue Gorleben-Lüge aufzubauen – Gorleben als
Endlager in Betrieb nehmen. Wir wollen, dass geforscht
wird. Wir wollen im Übrigen auch, dass Konzepte einer
rückholbaren Lagerung von Atommüll geprüft werden,
aber nicht so, wie das der Umweltminister will, um das
Ganze auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben,
sondern um tatsächlich eine seriöse Abschätzung zu er-
reichen: Welches Konzept ist für kommende Generatio-
nen von der historischen Verantwortung her, die wir hier
alle zu tragen haben, am ehesten zu verantworten?


(Beifall bei der FDP – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So lange wollen Sie die laufen lassen und immer mehr Müll produzieren! Peinlich! Verantwortungslos!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621106300

Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin Eva

Bulling-Schröter das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621106400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn die Dinge schlecht laufen, werden wir im Herbst
eine Regierung haben, die den Atomausstieg zurückneh-
men will. Wie das dann läuft, haben wir gerade erfahren.
Im Übrigen: Wer brüllt, hat nicht immer recht.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Ausschließen kann man es auch nicht!)


Leider könnte dann Schwarz-Gelb die Früchte einer
Taktik ernten, die darin bestand, das Abschalten von
AKWs in dieser Legislaturperiode zu verhindern. Ob-
wohl der sogenannte Atomkompromiss unter Rot-Grün
bereits 2000 beschlossen wurde, gingen seitdem gerade
einmal zwei AKWs vom Netz, unter der jetzigen Koali-
tion kein einziges.

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(C (D Der Begriff Atomausstieg verbietet sich eigentlich; enn durch ewig lange Stillstandszeiten und andere ricksereien wurde ermöglicht, Restlaufzeiten zu bunern und die Abschaltung in die nächste Wahlperiode zu erschleppen – natürlich in der Hoffnung, unter einer aneren Regierung den Ausstieg endlich zu kippen. Dies aben wir heute bis zum Erbrechen gehört. Es bewahreitet sich die damalige Prognose der Linken: Die garanierten Restlaufzeiten sind nicht nur eine Verstromungsarantie für AKW-Betreiber, die sie vorher nie hatten, ondern sie verhindern auch, dass der Ausstieg unumehrbar wird. Wir aber wollen einen unumkehrbaren usstieg. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Seit Monaten hören wir nun ein Trommelfeuer der
tromkonzerne, Union und Liberalen, sekundiert von
WE-U-Booten bei der Deutschen Energie-Agentur. Es
ird behauptet, wir bräuchten in Deutschland neue
tom- und Kohlekraftwerke sowie längere Laufzeiten,
a es bald eine Stromlücke geben werde. Das ist falsch.
ch wiederhole: Deutschland hat keine Strom-, sondern
ine Handlungslücke.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


ier nützt auch die Imagekampagne der Energiekon-
erne nichts, die explizit für Frauen Überzeugungsarbeit
eisten soll. Frauen sind nicht so dumm; sie wissen, was
ukunftsfähigkeit heißt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Gerade in der letzten Woche wurde auf dem Jahres-
ongress der Erneuerbaren Energien die Ausbaupro-
nose bis 2020 bekanntgegeben. Stimmen die politi-
chen Rahmenbedingungen, so ist bis dahin mit einem
kostromanteil von 47 Prozent zu rechnen. Anfang der

0er-Jahre war noch allgemeine Lehrmeinung, dass es
iemals mehr als 4 Prozent erneuerbare Energien im
etz geben werde. Seitdem sind regelmäßig alle Progno-

en übertroffen worden, nicht nur die der Bundesregie-
ung und der Wissenschaft, sondern auch die der Erneu-
rbaren-Branche selbst.

Interessanterweise hat die jetzige Prognose den
tromverbrauch vorsichtshalber fast konstant gelassen.
ies ist angesichts der fehlenden politischen Impulse zur
enkung des Energieverbrauchs – man könnte auch sa-
en: angesichts der Blockade – kein Wunder. Das Ener-
ieeffizienzgesetz – Sie wissen, wovon ich spreche; wir
treiten im Umweltausschuss gerade darüber – ist längst
berfällig und wird vom neuen Wirtschaftsminister tor-
ediert. Erstaunlich ist aber, dass das CCS-Gesetz, das
etzt auch als Kohleverstromungsgarantiegesetz bekannt
st, innerhalb von wenigen Monaten nach Erlass der EU-
ichtlinie ins Kabinett kommt. In der nächsten Woche

oll dies so weit sein. Die Milliarden für die riskante
echnik stehen auch schon bereit, obwohl es gesell-
chaftlich und wissenschaftlich höchst umstritten sein
ürfte, ob es sinnvoll ist, Milliarden an Tonnen Kohlen-






(A) )



(B) )


Eva Bulling-Schröter
dioxid unter die Erde zu pressen. Das Energieeffizienz-
gesetz hingegen, das nach EU-Recht schon seit fast ei-
nem Jahr umgesetzt sein sollte, liegt immer noch auf Eis.

Man hat gelegentlich den Eindruck, als sei die Koali-
tion auf der Suche nach einer sich selbst erfüllenden Pro-
phezeiung: bloß keine wirklichen Fortschritte beim Ener-
giesparen, damit das Märchen von der Stromlücke Wahr-
heit werden kann.

Für interessant halte ich die Aussage von Minister
Gabriel im Spiegel, mit einer Großen Koalition sei eine
stimmige Energie- und Umweltpolitik nicht zu machen.
Wahre Worte!


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er recht! – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Wo er recht hat, hat er recht!)


Meine Frage ist jetzt, ob es mit einer Ampel funktioniert.
Angesichts der heutigen Reden wage ich dies zu bezwei-
feln.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Union will nun
tatsächlich mit der Legende in den Wahlkampf ziehen,
Atomstrom senke die Strompreise. Man glaubt offen-
bar, dass Eon und Co. die Preise jemals unter den Groß-
handelspreis senken würden. Warum sollten sie das tun?
Atomstrom ist in der Herstellung gegenwärtig vielleicht
noch preiswert, auch weil die Risiken und Nachfolge-
kosten nicht eingepreist sind. Die Konzerne brauchen
auch keine Versicherungsprämien zu bezahlen, weil
keine Versicherung sie annimmt. Sie verkaufen den
Atomstrom zum Großhandelspreis an der Börse. Das
heißt natürlich, dass die Preise nicht sinken. Deshalb
sind Atomkraftwerke – übrigens auch Braunkohlekraft-
werke – Gelddruckmaschinen. Jeder Tag Laufzeitverlän-
gerung bringt den AKW-Betreibern rund 1 Million Euro
Profit. Diese Zahl wurde schon genannt. Ich denke, das
müssen wir den Wählerinnen und Wählern noch viel öf-
ter sagen. So viel zum Thema soziale Preise, von denen
Sie, Frau Brunkhorst, reden.

Ich wiederhole: 1 Million Euro Profit pro Tag. Um
diesen Profit abzukassieren, wäre vielleicht die Brenn-
elementesteuer geeignet, die Herr Minister Gabriel
schon seit Monaten plant, die er aber leider nicht durch-
setzen kann. Ich habe schon in den Haushaltsberatungen
gesagt, dass wir eine Brennelementesteuer unterstützen.
Das wäre der einzige Weg, irgendwie an die absurd ho-
hen Gewinne heranzukommen, die den AKW-Betreibern
aus dem Emissionshandel zusätzlich zufließen; denn
durch die Zertifikatekosten steigt der Großhandelspreis
noch ein Stück an. Ich meine, in dieser Beziehung muss
wesentlich mehr getan werden.

Zum Schluss kann ich sagen: Wer wie die Union die
Laufzeiten der Kernkraftwerke um weitere 30 Jahre ver-
längern will, ist ein verantwortungsloser Lakai der
Atomverstromer;


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


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(C (D enn das bedeutet nicht nur 30 Jahre mehr Risiko und usätzliche Berge von Atommüll, sondern das bedeutet uch 30 Jahre mehr Extraprofite in Milliardenhöhe aus em Zertifikatehandel. Dann wird es nichts mit sozialen reisen. Da geht es nur noch um die Gewinne der Konerne. Vielleicht verspekulieren sie dieses Geld, und ann müssen wir ihnen Zuschüsse geben wie jetzt vielen nderen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621106500

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Georg Nüßlein

ür die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1621106600

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Die

eutige Debatte ist zum einen dem Bundestagswahl-
ampf geschuldet, zum anderen habe ich den Eindruck,
ass insbesondere bei den Grünen allmählich ankommt,
ass sich das Blatt in Sachen Kernenergie wendet. Der
ollege Hirte hat den früheren Greenpeace-Direktor
tephen Tindale zitiert. Das Bemerkenswerte an dem Zi-

at ist nicht, dass er von seiner Meinung gesprochen hat,
ondern das Entscheidende ist, dass er auf die wach-
ende Zahl von Umweltschützern hingewiesen hat, die
agen, Kernkraft sei vielleicht nicht ideal, aber besser als
er Klimawandel.


(Marco Bülow [SPD]: Sie müssen genau hinsehen!)


s lassen sich eine ganze Reihe von Zeugen aus diesem
mfeld finden. Da gibt es zum Beispiel Chris Goodall,

in britischer Grüner, also einer von Ihrer Couleur, und
tliche andere.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei, drei finde ich auch bei Ihnen!)


Mir war klar, dass Sie jetzt diesen Zwischenruf brin-
en.

Ich führe aber jetzt einen ganz anderen an, weil der
err Bundesumweltminister dazu einige Bemerkungen
emacht hat, nämlich den Ausstiegskanzler Gerhard
chröder. Er hat am 21. Februar 2009 gesagt, der Iran
abe das Recht auf die friedliche Nutzung der Kernener-
ie. Jetzt frage ich mich, wie das mit dem kompatibel ist,
as vorhin der Bundesumweltminister in Bezug auf
churkenstaaten und zum Thema atomwaffenfähiges
aterial gesagt hat. Wie geht denn das zusammen?


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Sagen Sie doch mal Ihre Meinung dazu!)


chröder war immerhin der Kanzler der rot-grünen Ko-
lition. Dass Ihnen das nicht gefällt, meine Damen und
erren, ist mir klar. Frau Höhn sagte vorhin, Schweden
abe kurz vor dem Super-GAU gestanden;


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)







(A) )



(B) )


Dr. Georg Nüßlein
deshalb müsse Deutschland aus der Atomenergie aus-
steigen. Da frage ich mich, warum die Konsequenz aus
diesem angeblichen Super-Gau in Schweden der Wie-
dereinstieg ist. Das ist doch etwas, was man sich beim
allerbesten Willen nicht erklären kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621106700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Höhn?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1621106800

Ja.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621106900

Herr Nüßlein, Sie haben eben auf Schweden hingewie-

sen und gesagt, Schweden habe die Konsequenz gezogen,
nach dem Fast-Super-GAU wieder in die Atomkraft ein-
zusteigen. Können Sie bestätigen, dass Schweden eine
schwarz-gelbe Regierung hat, und damit der Bevölkerung
hier deutlich machen, was kommen würde, wenn wir
nach der Bundestagswahl Schwarz-Grün hätten, nämlich
ein Einstieg in die Atomkraft?


(Zurufe von der SPD: Schwarz-Gelb!)


– Schwarz-Gelb natürlich.


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1621107000

Liebe Frau Kollegin, ich weiß nicht, was uns

Schwarz-Grün an dieser Stelle bringen würde. Dieses
Szenario hier auszubreiten, würde – so gern ich es tun
würde – den Rahmen sprengen.

Natürlich ist das eine energiepolitische Entscheidung
einer solchen Koalition. Die Koalition dort vertritt die
Bevölkerung. Wenn das, was Sie behauptet haben, wahr
wäre – dass man dort tatsächlich vor einem GAU gestan-
den hat –, dann wäre es – da bin ich mir sicher – völlig
egal gewesen, welche politische Farbe eine Koalition
hat. Sie würden unter solchen Umständen nichts zu-
stande bringen. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich glaube
nicht, dass das mehrheitsfähig wäre; es wäre hier wie
dort nicht durchsetzbar. Damit möchte ich nur zeigen,
wie sehr Sie mit dem, was Sie an dieser Stelle immer be-
haupten, überzeichnen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie glauben an den Weihnachtsmann!)


Das zeigt sich durchgängig auch in Ihren Anträgen. In
Bezug auf Krümmel und Brunsbüttel sprechen Sie, die
Grünen, tatsächlich von Störfällen, obwohl Sie genau
wissen, dass das, was dort geschehen ist, nach der inter-
nationalen achtstufigen INES-Skala der Stufe 0 ent-
sprach,


(Widerspruch der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


also einem Ereignis ohne Bedeutung; das ist klipp und
klar festzustellen. Sie wollen das Ganze natürlich inte-
ressegeleitet hochstilisieren, um Stimmung zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D as ist ein Unding. Die politische Institution ist das eine. enschen in diesem Land komplett zu verunsichern, sie n Angst und Schrecken zu versetzen, und zwar nur aus inem Interesse, nämlich daraus politisches Kapital zu chlagen, ist das andere. Das, was Sie dort tun, ist unverntwortlich. Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen rage der Kollegin Höhn? Wenn die Frau Kollegin einen Dialog wünscht, dann ern. Frau Höhn, bitte sehr. Herr Nüßlein, Sie haben eben Krümmel angespro hen. In Krümmel hat der Trafo gebrannt. Wollen Sie ier ernsthaft behaupten, dass diesem Trafobrand die icherheitsstufe 0 entsprach? Das hätten wir gerne im rotokoll. Gemäß der internationalen INES-Skala entsprach das er Stufe 0. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben nicht!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621107100
Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1621107200
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621107300
Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621107400
Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1621107500

o ist meine Auskunft.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


o muss ich das an dieser Stelle weitergeben. So haben
ir es recherchiert. Dass Ihnen das nicht gefällt, ist kein
rund, die INES-Skala zu ändern, Frau Höhn.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Ahnung! Recherchieren Sie beim nächsten Mal besser!)


Es stimmt doch, dass sich Ihr Sprachschatz in diesem
usammenhang aus Wörtern wie „Risiken“, „Terror“,
Lebensgefahr“ und „unverantwortlich“ zusammensetzt.
ch muss an das anknüpfen, was der Kollege Kauch vor-
in schon gesagt hat. All das, was Sie jetzt sagen, haben
ie schon gesagt, bevor Sie in Regierungsverantwortung
amen. Dann haben Sie beschlossen, dass die Kernreak-
oren in diesem Land noch maximal 20 Jahre laufen dür-
en. Ihr Beschluss! In Ihrer Regierungszeit waren Sie
lso plötzlich der Meinung: Die Kernenergie ist für die
ächsten 20 Jahre ungefährlich und akzeptabel.


(Marco Bülow [SPD]: Ein Kompromiss war das!)


Kompromiss oder nicht Kompromiss: Wenn wir der
einung wären, dass das Ganze tödlich, lebensgefähr-

ich, von Terrorrisiken nicht abschirmbar ist, dann wür-
en wir dort sofort aussteigen.






(A) )



(B) )


Dr. Georg Nüßlein
Im Übrigen haben Sie mit der „Vereinbarung zwi-
schen der Bundesregierung und den Energieversor-
gungsunternehmen vom 14. Juni 2000“ – ich habe sie
da; vielleicht wollen Sie sie noch einmal anschauen – et-
was anderes unterschrieben. In dieser Vereinbarung wird
den deutschen Kernkraftwerken explizit ein hohes Si-
cherheitsniveau attestiert. Ich wiederhole: Sie haben
diese Vereinbarung unterzeichnet.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621107600

Herr Kollege, Herr Kollege Kauch von der FDP-Frak-

tion würde gern eine Zwischenfrage stellen. Gestatten
Sie diese?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1621107700

Gern.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1621107800

Herr Kollege, bei aller grundsätzlichen Übereinstim-

mung möchte ich Sie fragen, ob es nicht hilfreich wäre
– auch im Hinblick darauf, die Akzeptanz der Kernener-
gie als Übergangsenergie zu sichern –, sich mit Fragen
der Reaktorsicherheit aktiv auseinanderzusetzen. Wir
können nicht so tun, als gäbe es keine Gefahren, als gäbe
es keine Störfälle in deutschen Kernkraftwerken. Es ist
wichtig, dass wir uns mit diesen Fragen seriös auseinan-
dersetzen und diese Punkte nicht in diesen Schlagab-
tausch einbinden.


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1621107900

Niemand sagt, dass wir das nicht tun. Wir tun es auch.

Wir haben immer gesagt: Kernenergie muss ein hohes
Sicherheitsniveau einhalten. Das ist ganz entscheidend.
Im Umweltausschuss haben wir zum Beispiel den Aus-
stieg aus Euratom abgelehnt – den die Grünen gefordert
haben –, weil wir der Meinung sind: Angesichts der Tat-
sache, dass sich immer mehr Staaten um uns herum wie-
der für die Kernenergie entscheiden, müssen wir das ko-
ordinieren. Dass dabei die nationale Sicherheit ein
Thema ist, ist klar. Aber das, was um uns herum passiert,
muss uns auch deshalb bewegen – das ist an der Stelle
ganz wesentlich –, weil wir nicht sagen können:
Deutschland ist die Insel der Glückseligen; bei uns ist
das Sicherheitsniveau hoch, und was mit einem Kern-
kraftwerk auf der anderen Rheinseite ist, ist uns letztend-
lich egal.

Das ist auch die Problematik, über die wir hier disku-
tieren: Was bringt unter Sicherheitsgesichtspunkten der
deutsche Ausstieg aus der Kernenergie? Gar nichts,
meine ich. Wenn um uns herum Kernkraftwerke en
masse existieren und mit einer gewissen Wahrschein-
lichkeit auch noch neue gebaut werden, dann wird sich
an der Sicherheitslage für die Bürgerinnen und Bürger
nichts, aber auch gar nichts ändern.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Mir reicht es schon! Ich brauche nicht noch eines im Saarland!)


In Deutschland sind nur Anlagen zulässig, von denen
keine Gefahren für Leben und Gesundheit ausgehen.
Das ist Atomrecht, das auch schon unter Rot-Grün ge-

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(C (D olten hat. Damals haben Sie gemeint, dass die existieenden Anlagen diesem Sicherheitsgrundsatz entsprehen. In der Opposition sind Sie, liebe Kollegen von den rünen, offenkundig anderer Meinung. Das gilt entspre hend für die Linken. Die Frage ist: Was hat sich seitdem getan? Sie führen etzt Terrorgefahren an. Der große Terroranschlag in den SA war am 11. September 2001. Danach haben Sie och vier Jahre regiert. Da fand sich bei Ihnen kein Satz u diesem Thema. Sie sagen: Keiner der heute betriebenen Reaktoren önnte dem gezielten Angriff mit einem vollgetankten roßraumjet standhalten; das bestätigten sogar die Re ktorbetreiber übereinstimmend. Mir sagen die Reaktorbetreiber etwas anderes. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen die Ihnen denn?)


bgesehen von der Frage, ob man die an der Stelle als
ronzeugen nehmen soll: Wenn Sie sie als Zeugen an-

ühren, dann bitte nicht auch noch falsch und nur zu Ih-
en Zwecken!

Bei Ihnen, meine Damen und Herren, gilt der Grund-
atz: Der Zweck heiligt die Mittel. Deshalb argumentie-
en Sie mit Störfällen so, wie Sie es brauchen. Das ärgert
ich persönlich.

Mich als glühenden Anhänger der erneuerbaren Ener-
ien ärgert besonders, dass hier ein Gegensatz konstru-
ert wird. Das ist falsch. Herr Bundesumweltminister,
enn Sie sagen, erneuerbare Energien und Kernenergie
ingen nicht miteinander, dann verkennen Sie die Reali-
ät. Es funktioniert doch. Wir haben die erneuerbaren
nergien ausgebaut, beginnend mit dem Stromeinspeise-
esetz unter der Regierung Kohl über das EEG – ein gro-
es Verdienst von Rot-Grün; unbestritten – bis hin zu
essen aktueller Novellierung. Wir brauchen aber auch
rundlastfähige Kraftwerke. Grundlast liefern nun ein-
al die Kernenergie und die Kohle. Wenn man gegen

eides ist, muss man sagen, wofür man ist.

In nur einem Jahr haben die Bürgerinnen und Bürger
n diesem Land erlebt, wie nacheinander jeweils eine
cke des Zieldreiecks, das wir hier immer beschwören,
ichtiger geworden ist: zunächst der Klimaschutz, dann
er Preis, als nämlich die Wirtschaft geboomt hat, und
ann die Verlässlichkeit, als Russland den Gashahn zu-
edreht hat. Das sensibilisiert die Leute. Wir werden er-
eben – davon bin ich überzeugt –, dass ein Umdenken
insetzt und zu Umfrageergebnissen führt, die dem Bun-
esumweltministerium nicht passen.

Vielen, herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621108000

Nächster Redner ist für die SPD-Fraktion der Kollege
arco Bülow.


(Beifall bei der SPD)







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Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1621108100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Her-

ren! Wir brauchen einen nachhaltigen Umbau unseres
Energiesystems. Am Ende muss stehen: Unser Energie-
system ist höchst effizient und basiert zu 100 Prozent auf
erneuerbaren Energien. Ich glaube, das ist die wichtigste
Botschaft; diese sollte man immer wieder an den Anfang
setzen. Alles andere wäre klimaschädlich und umwelt-
schädlich. Aber nicht nur das: Es wäre auch wirtschaft-
lich und sozial nicht verträglich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir alle wissen ja, dass die fossilen Ressourcen – das
gilt übrigens auch für Uran – endlich sind, sogar sehr
endlich, wenn wir in Zukunft mehr davon verbrauchen.
Wir wissen auch, dass wir von vielen dieser Ressourcen
abhängig sind und eine Abhängigkeit von Ländern, in
denen Risikoregierungen herrschen, auch für uns ein Si-
cherheitsrisiko darstellt.

Die Frage ist also eher: Wie lange brauchen wir für
den Umstieg auf ein anderes Energiesystem, und aus
welchem Energieträger steigen wir zuerst aus? Die So-
zialdemokratie beantwortet den zweiten Teil der Frage
damit, dass wir insbesondere aus der hochriskanten
Atomtechnologie aussteigen sollten. Ich erinnere daran,
dass es sich bei der Vereinbarung zum Atomausstieg,
die ja gerade auch von Ihnen, Herr Nüßlein, noch einmal
dargestellt worden ist, um einen Kompromiss handelt.
Ich gehörte zu denjenigen, die früher aussteigen wollten,
und viele in meiner Partei ebenso.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben uns aber zusammengesetzt, weil wir einen
friedlichen Übergang haben wollten, und haben einen
Kompromiss geschlossen. Wir stehen so lange zu dem
Kompromiss, wie das die Atomindustrie auch tut. Sie ist
jedoch diejenige, die jeden Monat, fast sogar jede Woche
mit Sprüchen und Ankündigungen versucht, einen Bei-
trag zur Aufkündigung dieses Kompromisses zu leisten.
Wenn sie ihn aufkündigt, werden auch wir ihn aufkündi-
gen. Das steht so fest wie das Amen in der Kirche. Das
werden wir immer wieder deutlich machen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin es auch leid, immer wieder dagegen anzure-
den, wenn diese falschen Versprechungen, diese Lügen,
die von der Atomlobby vorgebracht werden, für bare
Münze genommen werden. Herr Minister Gabriel hat ja
gerade ein gutes Beispiel gebracht. 1990 – so lange ist
das ja noch nicht her – hat der Informationskreis Kern-
energie verlautbaren lassen, dass ein Anteil der Wind-
energie an der Stromerzeugung in Deutschland von mehr
als 0,9 Prozent technisch unmöglich sei. Deren Anteil
beträgt jetzt 7 Prozent. Das haben wir in kurzer Zeit ge-
schafft. Wir werden noch viel mehr schaffen.

Dann kommt die nächste Lüge gegen die erneuerba-
ren Energien, nachdem sie jetzt einen gewissen Anteil
haben und man sie nicht mehr ganz verteufeln kann.

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(C (D ittlerweile gibt es ja auch in der Union viele glühende erehrer, wie wir vernehmen konnten. Ich hätte mir al erdings gewünscht, dass die Zustimmung zum EEG onseiten der Union schon in der letzten Wahlperiode och höher ausgefallen wäre. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


s ist aber gut, dass sich da etwas verändert hat.

Nun wird also gegen die Erneuerbaren vorgebracht:
a, aber der Wind weht nicht immer, die Sonne scheint
icht immer; eine sichere Versorgung bekommen wir nur
in, wenn wir auf Atomenergie zurückgreifen können.
uch das stimmt nicht. Es gibt zum einen viele Kraft-
erke auf Basis fossiler Energieträger, die dazu ihren
eitrag leisten können, und zum anderen – darauf hat
och kein Redner hingewiesen – gibt es die Möglichkeit,
erschiedene Arten erneuerbarer Energien in Kombi-
raftwerken zusammenzuschließen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


enn wir das fördern, werden wir sehen, dass durch das
usammenwirken verschiedenster erneuerbarer Ener-
ien auch der Grundlaststrombedarf abgedeckt werden
ann. Darüber müssen wir eine Diskussion führen; denn
abei geht es um Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit.


(Beifall bei der SPD)


Ich könnte noch auf viele weitere Geschichten einge-
en. Über Asse ist ja schon viel diskutiert worden. Es
andelt sich natürlich auch um eine typische Atomlüge,
enn gesagt wird, die Asse sei sicher. Diese Reihung
önnte man noch deutlich weiterführen. Aber zur Asse
st, wie ich denke, genügend gesagt worden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1621108200

Herr Kollege Bülow, darf ich Sie unterbrechen? Herr

ollege Fell hätte gerne eine Zwischenfrage gestellt.


Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1621108300

Bitte schön.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621108400

Herr Kollege Bülow, ich fand es sehr bemerkenswert,

ie vehement Sie für erneuerbare Energien sprechen
nd dass Sie dargestellt haben, dass im Zusammenhang
it erneuerbaren Energien nicht wirklich ein Grundlast-

roblem besteht. Ich stimme Ihnen völlig zu, dass man
ieses Problem auch innerhalb des Systems der erneuer-
aren Energien lösen kann, da deren Wachstumsge-
chwindigkeit ja sehr hoch ist.

Ich möchte Sie nun fragen: Warum spricht Ihr Minis-
er Gabriel nicht solche Worte? Er spricht davon, dass
er Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 maximal
0 Prozent betragen könne, obwohl wir wissen, dass de-
en Wachstumsgeschwindigkeit wesentlich höher liegt.
r spricht weiterhin davon, dass man im Rahmen des
usbaus erneuerbarer Energien Kohlekraftwerke, ob-
ohl diese das Klima zerstören, zur Abdeckung der






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
Grundlast bräuchte. Ich bin verwirrt über diese Darstel-
lungen vonseiten eines SPD-Ministers. Welcher wirkli-
chen Erkenntnis folgt denn nun die SPD?


Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1621108500

Die Erkenntnis der SPD und genauso die des Minis-

ters ist, dass wir die Erneuerbaren immer weiter fördern
und ausbauen. Ich denke, es ist wichtig, auch das noch
einmal zu erwähnen. Viele von den Grünen haben ja be-
fürchtet, dass es unter einer Großen Koalition zu einem
Abbruch bei der Entwicklung der Erneuerbaren komme.
Genau das ist nicht der Fall. Die Erneuerbaren sind wei-
ter ausgebaut worden, und zwar unter Schwarz-Rot, und
dieser Ausbau wird fortgeführt.

Wir diskutieren gerade darüber – übrigens zusammen
mit dem Ministerium; hier gibt es schon in weiten Teilen
Einigkeit –, einen Kombikraftwerkbonus zu installieren,
um erstens die Marktintegration der Erneuerbaren zu
fördern und zweitens dazu beizutragen, dass auf diese
Weise auch Grundlast bereitgestellt wird. Es gibt an die-
ser Stelle eine große Einigkeit in der SPD und auch eine
Annährung von SPD und Union. Die Große Koalition ist
also auf einem guten Weg, den wir gemeinsam mit dem
Bundesministerium weitergehen werden.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte jetzt auf das Argument „Atomenergie ist
so billig“ – auch das ist schon angesprochen worden –
eingehen. Dieses Argument lässt sich mit einem Satz
wegwischen. Ich frage mich: Wenn Atomkraft so billig
ist, warum haben dann die Bürgerinnen und Bürger
nichts davon? Die Atomenergie hat in Baden-Württem-
berg den höchsten Anteil an der Stromerzeugung, näm-
lich 55 Prozent. Der Strompreis in Baden-Württemberg
müsste also besonders günstig sein. Das ist er aber nicht.
Das Gleiche lässt sich für Bayern sagen. Daran erkennt
man: Atomkraft macht den Strompreis nicht günstiger.
Das sollte man als Fakt festhalten.

Als nächsten Fakt sollte man festhalten, dass bis jetzt
– die Zahl ist je nach Rechenweise verschieden; gehen
wir einmal von der untersten Grenze aus – 45 bis
100 Milliarden Euro an Investitionen und Subventionen
der öffentlichen Hand in die Atomenergie geflossen
sind. Wenn in anderen Bereichen diese Summe mit solch
geringem Erfolg investiert worden wäre, hätte sich das
betreffende Thema schnell erledigt.

Es gibt keine Brennstoffsteuer. Für die Atomenergie
gibt es die Möglichkeit, steuerfreie Rückstellungen in
beliebiger Höhe zu bilden. Außerdem wird nicht die ei-
gentlich notwendige Versicherungssumme abgedeckt.
Das sind versteckte Subventionen, die wir einmal offen-
legen müssen. Erst dann lassen sich die eigentlichen
Kosten berechnen.

Lassen wir einmal – das ist auch gefordert worden –
die ganze Sicherheitsdiskussion beiseite. Tun wir einmal
so, als wäre die Atomenergie supersicher und als würde
nie etwas passieren, obwohl Herr Kauch gerade dan-
kenswerterweise zugegeben hat, dass dem sicherlich
nicht so ist. Seit 50 Jahren wird geforscht, gefördert,
subventioniert, lobbyiert und alles dafür getan – in
Deutschland sind, wie gesagt, 45 bis 100 Milliarden

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(C (D uro in die Atomenergie geflossen; weltweit sind es Bilionen –, dass die Atomenergie zu einem großen Erfolg ird. Was ist das Ergebnis nach 50 Jahren? Es gibt 35 Atomkraftwerke, die aber nur einen Anteil von ,5 Prozent am Endenergieverbrauch haben. Das Uran wird knapper. In den letzten Jahren – das ur Renaissance der Atomkraft – sind mehr Atomkrafterke abgeschaltet als neue gebaut worden. Die Terrorefahr ist gewachsen. Weltweit werden weiterhin Steuerelder bereitgestellt. Diese müssen auch bereitgestellt erden, weil die Endlagerfrage immer noch nicht gelöst st. Und das alles nach 50 Jahren! Die Atomenergie ist ür mich der größte Technikflop der letzten Jahrzehnte. s ist überfällig, einmal darüber zu sprechen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Atomenergie ist vor allem eines nicht: generatio-
engerecht. Im Zusammenhang mit den Finanzen und
it vielen anderen Themen wird viel über Generationen-

erechtigkeit gesprochen. Ich denke, das ist zum Teil ge-
echtfertigt. Aber was ist generationengerecht daran,
enn wir bestimmen, dass die Atomenergie genutzt wird
nd so der strahlende Müll viele kommende Generatio-
en belasten wird? Die Generationen, die zukünftig
urch die Kosten und den Atommüll belastet werden,
erden vorher nie die Chance gehabt haben, darüber zu

ntscheiden, ob sie Atomkraft haben wollen oder nicht.
as ist nicht nur nicht nachhaltig, sondern die größte
ngerechtigkeit, die man den zukünftigen Generationen

ntun kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten lieber
ber das diskutieren, worüber es jetzt zumindest Ansätze
on Einigkeit gibt. Wir müssen unsere Effizienz deutlich
teigern. Das ist aber bis jetzt nur ein Lippenbekenntnis,
eil wir in diesem Punkt in der Großen Koalition nicht

usammenkommen. Der alte Wirtschaftsminister – ich
ürchte, das wird auch beim neuen Wirtschaftsminister
o sein – hat uns Energieeffizienzgesetze vorgelegt, die
ns keinen Schritt weiterbringen. Wir brauchen aber eine
teigerung der Energieproduktivität von 3 Prozent pro
ahr, die wir im Augenblick leider nicht erreichen. Die-
es Potenzial müssen wir stärker ausnutzen.

Wir müssen den Ausbau der erneuerbaren Energien
orantreiben. Da sind wir in der Großen Koalition ein
tück weitergekommen. Wir dürfen an dieser Stelle
icht nachlassen. Gerade im Wärmebereich sind die Po-
enziale sehr groß. Wir müssen außerdem dafür sorgen,
ass immer mehr Energie eingespart wird, die im Mo-
ent noch nutzlos verpulvert wird. Diesen Weg müssen
ir weiterverfolgen. Wir müssen effizienter werden,
nergie einsparen und die erneuerbaren Energien aus-
auen. Wenn wir das erreichen, haben wir eine sehr gute
hance, ein Energiesystem auch ohne Atomenergie zu

chaffen, das Sicherheit garantiert und zukunftsfähig ist.
amit können wir weltweit zeigen, dass das der Weg ist,
en man beschreiten kann und den auch andere einschla-
en können. Dies sollte der Weg im Hinblick auf eine
achhaltige Energiewende sein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621108600

Das Wort hat Philipp Mißfelder für die Fraktion der

CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU – Martin Burkert [SPD]: Jetzt kommt der Lobbyist!)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1621108700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Zunächst einmal möchte ich, ähnlich wie es
schon andere Redner getan haben, auf den eigentlichen
Grund dieser sehr ausführlichen Debatte am heutigen
Tage eingehen. Sie, Frau Kollegin Höhn, sowie Ihre
Kolleginnen und Kollegen versuchen hier, Ihre Samm-
lung von vielen Anträgen, über die wir schon seit Jahren
diskutieren und zu denen Sie und wir schon oft hier im
Hause gesprochen haben, im Vorwahlkampf zu platzie-
ren. Um nichts anderes geht es hier. Es geht Ihnen nicht
um die Sache,


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sehen das so! Sie haben ein Problem! Gehen Sie doch mal auf die Argumente ein!)


sondern darum, die schlechten Umfragewerte der Grü-
nen dadurch zu konterkarieren, dass Sie zu Ihren Wur-
zeln zurückkehren. Deshalb tragen Sie heute diese vielen
Anträge vor.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Weil Sie sich nicht mit den Argumenten auseinandersetzen wollen!)


Am erstaunlichsten finde ich dabei, dass das nicht nur
für uns offensichtlich ist, sondern auch für jeden anderen
dadurch sichtbar wird, dass nur noch eine sehr erlesene
Schar von Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion an-
wesend ist. Wenn Ihnen das alles so wichtig ist, wie Sie
sagen, dann frage ich mich: Wo sind die alle von den
Grünen? Warum sind nur so wenige da, wenn ihnen das
Thema so am Herzen liegt, wie Sie es die ganze Zeit in
Ihren Reden behauptet haben und wie es an Ihren Zwi-
schenrufen deutlich wird?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Vielleicht haben sie Besseres zu tun, als an dieser De-
batte teilzunehmen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht haben Sie keine guten Argumente, weil Sie über diese Dinge reden!)


Das Zweite, was ich im Verlauf dieser Debatte sehr
interessant fand, war die Richtung, in die der Bundesum-
weltminister argumentiert hat. Man wusste gar nicht,
wohin er wollte. Wohin er in der Sache will, daran habe
ich keinen Zweifel; das ist bekannt. Man wusste aber
nicht, welche Richtung er im Hinblick auf die Farben-
spiele einschlagen wollte. Es ist nicht überraschend, dass
er die CDU/CSU – ich nehme meine liebe Kollegin
Reiche in Schutz, die der Bundesumweltminister in sei-
nen Schlussausführungen explizit angesprochen hat –
angegriffen hat. Ein bisschen mehr überrascht mich, dass

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(C (D uch die FDP trotz der Anwerbeversuche der SPD geenüber den Liberalen ihr Fett abbekommen hat. (Angelika Brunkhorst [FDP]: Ich habe sehr breite Schultern! – Bettina Hagedorn [SPD]: Reden Sie auch noch mal zum Thema heute?)


ie werden ja ansonsten von der SPD bei jeder sich bie-
enden Gelegenheit umgarnt. Es wurde also der Großen
oalition eine Absage erteilt, und die Ampel wackelte.

Noch mehr erstaunt hat mich das Feuerwerk, das ge-
en die Positionierung der Grünen abgebrannt worden
st. Das kann nun wirklich nicht auf taktischen Überle-
ungen beruhen, sondern nur auf rein sachlichen Überle-
ungen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie eigentlich an Argumenten?)


em möchte ich mich anschließen; denn ich bin wie der
undesumweltminister dezidiert der Meinung, dass Sie
olemik betrieben und keinen Schritt in Richtung einer
tärkeren Versachlichung der Debatte gemacht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte auf einiges eingehen, was Sie in Ihren An-
rägen dargestellt haben; Sie sind darauf sehr wenig ein-
egangen. Zum Beispiel schlagen Sie anderen Ländern
or, Energie zu sparen, um den Klimawandel abzumil-
ern. Dabei nennen Sie explizit auch die osteuropäi-
chen Länder. Ich frage Sie ganz konkret: Wie soll das
enn bitte vonstattengehen? Sie sagen, sie sollten die
ernkraftwerke abschalten. Dadurch würden sie aber in
ohem Maße auf ihren erreichten Lebensstandard ver-
ichten. Wissen Sie eigentlich, wie sich insbesondere in
steuropa die wirtschaftliche Situation angesichts der

nternationalen Wirtschafts- und Finanzkrise darstellt?
s ist eine Katastrophe, was gerade in diesen Ländern
assiert.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Erneuerbaren schaffen Arbeitsplätze im Gegensatz zur Atomkraft!)


ie sagen dann mit der Arroganz des Wohlstands: Das ist
ein Problem. Das interessiert uns nicht; sollen die doch
nergie sparen. – Dazu muss ich Ihnen ganz ehrlich sa-
en: An dieser Stelle verstehe ich Ihre Argumentation
berhaupt nicht mehr.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie eigentlich sagen?)


Ich möchte den Bogen direkt zur innenpolitischen
ebatte in Deutschland schlagen. Sie sagen immer wie-
er:


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie eigentlich?)


ir müssen mehr in erneuerbare Energien investieren. –
as tun wir auch. Das tut die Regierung. Da haben wir

ehr viel erreicht, im Übrigen auch im Konsens mit fast
llen Fraktionen. Aber es ist trotzdem so, dass dies zu-
ehmend auch eine soziale Qualität bekommt; denn es
st immer noch nicht geklärt, wer die Kosten dafür letzt-






(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
endlich tragen soll. Wer soll den Ausbau der erneuerba-
ren Energien um jeden Preis bezahlen?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer soll die Kosten für die Atomkraft tragen?)


Ich kann nicht verstehen, warum Sie sich da festbei-
ßen und nur in Richtung einer Verteuerung der Energie-
preise in Deutschland argumentieren, was besonders die
Menschen in unserem Land treffen würde, die wenig
verdienen, aber noch zu viel, um vom Staat alimentiert
zu werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Atomkraft ist viel teurer! Sie haben eben nicht zugehört!)


Das kann ich einfach nicht unterstützen. Für mich ist das
eine soziale Frage. Wir müssen auch in Zukunft Energie-
preise haben, die für Bezieher niedriger Einkommen be-
zahlbar sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Von mehreren Rednern wurden hier prominente Ver-
treter der grünen Bewegung aus der ganzen Welt ange-
führt. Der frühere Greenpeace-Chef ist hier schon mehr-
fach zitiert worden; auch ich will das tun.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Greenpeace ist nicht automatisch grün! – Zuruf von der SPD: Sie hätten auch Herrn Töpfer nennen können!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621108800

Herr Mißfelder, wollen Sie vielleicht, bevor Sie das

tun, Frau Bulling-Schröter Gelegenheit zu einer Zwi-
schenfrage geben?


Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1621108900

Ja, sehr gern.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621109000

Bitte schön.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621109100

Herr Mißfelder, Sie haben über soziale Energiepreise

gesprochen. Ich denke, das ist ein wichtiges Thema. Da-
mit müssen wir uns wesentlich mehr beschäftigen. Es
freut mich, dass Sie das angesprochen haben.

Meine Frage an Sie lautet: Wir haben uns ja schon des
Öfteren über Windfall Profits unterhalten. Die Energie-
konzerne erhalten 91 Prozent der Zertifikate kostenlos.
Sie preisen sie allerdings ein, geben die Preise also wei-
ter.


(Beifall der Abg. Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das wird vonseiten der Bundesregierung nicht bestritten.
Das sind Sonderprofite. Einen Teil davon könnten wir
nutzen, um die sozialen Energiepreise zu gestalten. Von
unserer Seite gab es dazu eine ganze Reihe von Anträ-

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(C (D en, die leider nie eine Mehrheit fanden. Jetzt höre ich on Ihnen, dass Sie sich auch um die ärmeren Menschen n diesem Land kümmern wollen. Wie könnte eine solhe Regelung Ihrer Meinung nach ausschauen? Sind Sie ereit, einen Teil dieser Profite abzuschöpfen, um diese enschen zu unterstützen? In den vergangenen Wochen und Monaten mag der indruck entstanden sein, der Staat könne wirklich alles egeln und müsse auch an jeder Stelle eingreifen. Ich ber glaube, Frau Kollegin, dass die Zukunft einer sicheen, klimafreundlichen und preisgünstigen Energieverorgung in Deutschland vor allem davon abhängt, ob wir n Zukunft genügend Investitionen in unserem Land haen. Deshalb glaube ich, dass der Markt in diesem Zuammenhang nicht das Schlechteste ist. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja gar kein Markt!)

Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1621109200

ch wünsche mir natürlich mehr Wettbewerb und einen
tärkeren Markt, auch im Bereich der Energieversor-
ung.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt doch gar keinen Markt!)


ch sage aber auch, dass wir Investitionen nicht durch
ine falsche Gesetzgebung verhindern dürfen. Es wäre
alsch, wenn wir in der Politik die Richtung einschlagen
ürden, die Sie fordern. Wir müssen vielmehr für unse-

en Standort werben und dafür sorgen, dass dieser Stand-
rt so attraktiv ist und die Investitionshürden so gering
ind, dass wir in Deutschland das Bestmögliche und das
echnologisch Wirksamste haben. Wir brauchen tatsäch-
ich die beste Technologie im Bereich der Energie.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch keine Ahnung von dem Energiebereich!)


ch glaube, dass das sozialer ist, als eine Umverteilungs-
aschinerie in Gang zu setzen. Eine solche Forderung

st angesichts der Geschichte Ihrer Partei allerdings nicht
erwunderlich. Sie überraschen mich damit kaum.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Jetzt möchte ich mich aber doch noch einmal mit dem
ntragsteller, den Grünen, beschäftigen. Frau Höhn, Sie
aben hier gerade aktiv für eine schwarz-grüne Koopera-
ion geworben. Anscheinend ist Ihr Herz von dieser ver-
eintlichen Option so voll, dass Ihnen das rausgerutscht

st. Ich muss Sie aber enttäuschen: Das wird so nicht
unktionieren. Dafür müssten Sie realitätsnäher werden.
ie müssten sagen, wie Sie die Energiepolitik in Zukunft
estalten wollen.


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU] – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verschwenden Ihre Redezeit!)


Ich rate Ihnen, sich in den von Ihnen bevorzugten Ur-
aubszielen einmal umzuschauen. Ich meine nicht Sie
ersönlich. Ich weiß nicht, wohin Sie in Urlaub fahren,
nd ich will es auch nicht wissen. Sie sollten aber einmal






(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
genau hinschauen, was die bevorzugten Urlaubsdomizile
der Grünen sind. Lieblingsurlaubsziele der Grünen sind
– die Toskana nenne ich jetzt nicht – Schweden und
Finnland.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Mißfelder, reden Sie doch mal zum Thema! – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Haben Sie eine Umfrage unter den Grünen gemacht?)


Schauen Sie sich in diesen Ländern einmal an, was dort
passiert. Dort gibt es eine Renaissance der Kernenergie,
weil diese Länder keine Abhängigkeit vom Gas aus
Russland wollen, weil sie eine sichere und preisgünstige
Energieversorgung wollen und weil sie auch in Zukunft
gegen den Klimawandel angehen wollen. Das geht nun
einmal nur, wenn Sie die Kernenergie als Option erhal-
ten – nicht ausschließlich; aber sie darf nicht vernachläs-
sigt werden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Angelika Brunkhorst [FDP] – Martin Burkert [SPD]: Lobbyist!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621109300

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Zwischen den Fraktionen ist verabredet, die Vorlagen
auf den Drucksachen 16/12288 und 16/10359 an die
Ausschüsse zu überweisen, die in der Tagesordnung auf-
geführt sind. – Damit sind Sie offensichtlich einverstan-
den. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit
dem Titel „Alte Atomkraftwerke jetzt vom Netz neh-
men“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 16/7882, den Antrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/6319
abzulehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? –
Die Gegenstimmen? – Die Enthaltungen? – Damit ist die
Beschlussempfehlung angenommen bei Zustimmung der
Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion und Gegen-
stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der
Fraktion Die Linke.

Ich komme zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu
dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit
dem Titel „Sicherheit geht vor – Besonders terroranfäl-
lige Atomreaktoren abschalten“. Der Ausschuss emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache
16/8469, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 16/3960 abzulehnen. Wer stimmt für
die Beschlussempfehlung? – Die Gegenstimmen? – Die
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit dem
gleichen Stimmverhältnis wie die vorherige angenom-
men.

Ich komme zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu
dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem

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(C (D itel „Vertragstreue Abschaltung alter Atomkraftwerke n Osteuropa“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Bechlussempfehlung auf Drucksache 16/12312, den Anrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 6/11764 abzulehnen. Wer stimmt für die Beschlussempehlung? – Die Gegenstimmen? – Die Enthaltungen? – amit ist die Beschlussempfehlung bei Zustimmung der oalitionsfraktionen angenommen. Die Fraktion Bündis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke haben daegen gestimmt. Die Fraktion der FDP hat sich enthalten. Ich komme zur Beschlussempfehlung des Ausschuses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätung zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen it dem Titel „Für eine Schließung des Forschungs ndlagers Asse II unter Atomrecht und eine schnelle ückholung der Abfälle“. Der Ausschuss empfiehlt in einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12270, en Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 16/4771 abzulehnen. Wer stimmt für die Be chlussempfehlung? – Die Gegenstimmen? – Die Enthalungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung angenomen bei Zustimmung von SPD, CDU/CSU und FDP und egenstimmen der Fraktionen Die Linke und Bündis 90/Die Grünen. Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 39 a bis 39 d nd 39 f bis 39 r sowie die Zusatzpunkte 2 a bis 2 d auf: 39 a)

gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Direktzahlungen-Verpflichtun-
gengesetzes

– Drucksache 16/12117 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes

– Drucksache 16/12118 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhe-
bung der Freihäfen Emden und Kiel

– Drucksache 16/12228 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer
Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche In-
stitute im Ausland, Bonn

– Drucksache 16/12229 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Technikfolgenabschätzung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes zur Durchführung der
Gemeinsamen Marktorganisationen und der
Direktzahlungen

– Drucksache 16/12231 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergän-
zung behördlicher Aufgaben und Kompetenzen
im Bereich des wirtschaftlichen Verbraucher-
schutzes

– Drucksache 16/12232 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errich-
tung eines Sondervermögens „Vorsorge für
Schlusszahlungen für inflationsindexierte Bun-

(Schlusszahlungsfinanzierungsgesetz – SchlussFinG)


– Drucksache 16/12233 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

i) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Zweiten Protokoll vom 26. März 1999 zur
Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum
Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Kon-
flikten

– Drucksache 16/12234 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Kultur und Medien

j) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen
zwischen den Europäischen Gemeinschaften
und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bos-
nien und Herzegowina andererseits

– Drucksache 16/12235 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

(C (D k)

gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur
Änderung von Verbrauchsteuergesetzen

– Drucksache 16/12257 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

l) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung medizinprodukterechtlicher Vorschriften

– Drucksache 16/12258 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

m)Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim
Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Verkehrsschilder reduzieren – Verkehrssicher-
heit bewahren

– Drucksache 16/10612 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Tourismus

n) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Anton
Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Mehr Sicherheit auf deutschen Straßen – Mas-
terplan Vision Zero

– Drucksache 16/11212 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit

o) Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Angelika Brunkhorst, Hans-Michael
Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Ausbauziele der Offshore-Windenergie nicht
gefährden – Raumordnungsplanung des Bun-
des überarbeiten

– Drucksache 16/11214 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

p) Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Hermann, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Bahnstrom auf erneuerbare Energien umstel-
len

– Drucksache 16/11930 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

q) Beratung des Antrags des Präsidenten des Bun-
desrechnungshofes

Rechnung des Bundesrechnungshofes für das
Haushaltsjahr 2008
– Einzelplan 20 –

– Drucksache 16/12091 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

r) Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Ulrike
Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stärkung des europäischen Haischutzes

– Drucksache 16/12290 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-
fahren

(Ergänzung zu TOP 39)


a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Rege-
lung der Verständigung im Strafverfahren

– Drucksache 16/12310 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Hermann Otto Solms, Rainer Brüderle, Carl-
Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Maßnahmen zur effektiven Regulierung der
Finanzmärkte

– Drucksache 16/10876 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

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(C (D c)

Welle

Zweite Fortschreibung der Aufgabenplanung
der Deutschen Welle 2007 bis 2010 mit Per-
spektiven für 2010 bis 2013

und

Zwischenevaluation 2008

– Drucksache 16/11836 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung zur Mitnahme-
fähigkeit von beamten- und soldatenrechtli-
chen Versorgungsanwartschaften

– Drucksache 16/12036 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 40 a bis 40 j sowie
usatzpunkt 3 auf. Es handelt sich um Beschlussfassun-
en zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgese-
en ist.

Tagesordnungspunkt 40 a:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Änderung der Strafprozessordnung –
Erweiterung des Beschlagnahmeschutzes bei
Abgeordneten

– Drucksache 16/10572 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/12314 –

Berichterstattung:

(VillingenSchwenningen)

Christine Lambrecht
Jörg van Essen
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/12314, den Gesetzent-
wurf auf Drucksache 16/10572 in der Ausschussfassung
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung ein-
stimmig angenommen.

Ich komme zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen Kollegin-
nen und Kollegen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, aufzustehen. – Die Gegenstimmen? – Die Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Bera-
tung einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 40 b:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Stabilisierungs- und
Assoziierungsabkommen zwischen den Euro-
päischen Gemeinschaften und ihren Mitglied-
staaten einerseits und der Republik Montene-
gro andererseits

– Drucksache 16/12064 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-
gen Ausschusses (3. Ausschuss)


– Drucksache 16/12305 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Philipp Mißfelder
Uta Zapf
Dr. Werner Hoyer
Monika Knoche
Marieluise Beck (Bremen)


Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/12305, den Gesetz-
entwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/12064
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Die Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzent-
wurf bei Zustimmung der CDU/CSU, der SPD, des
Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP und bei Ableh-
nung der Fraktion Die Linke angenommen.

Tagesordnungspunkt 40 c:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der
Verordnung der Bundesregierung

Zweite Verordnung zur Änderung der Alt-
fahrzeug-Verordnung

– Drucksachen 16/12106, 16/12181, 16/12313 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michael Brand
Gerd Bollmann
Horst Meierhofer

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(C (D Lutz Heilmann Sylvia Kotting-Uhl Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 16/12313, der Verordnung der Bunesregierung auf Drucksache 16/12106 zuzustimmen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Ge enstimmen? – Die Enthaltungen? – Damit ist die Bechlussempfehlung bei Zustimmung der Fraktionen der DU/CSU, der SPD, der Linken und der FDP und bei nthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen ohne Gegentimmen angenommen. Wir kommen jetzt zu den Beschlussempfehlungen des etitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 40 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 536 zu Petitionen – Drucksache 16/12123 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist einstimmig angeommen. Tagesordnungspunkt 40 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 537 zu Petitionen – Drucksache 16/12124 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist ebenfalls einstimmig ngenommen. Tagesordnungspunkt 40 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 538 zu Petitionen – Drucksache 16/12125 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung der oalitionsfraktionen, der FDP und des Bündnisses 90/ ie Grünen und bei Enthaltung der Fraktion Die Linke hne Gegenstimmen angenommen. Tagesordnungspunkt 40 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 539 zu Petitionen – Drucksache 16/12126 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung der DU/CSU, der SPD, der FDP und des Bündnisses 90/ ie Grünen und bei Gegenstimmen der Fraktion Die inke angenommen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Tagesordnungspunkt 40 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 540 zu Petitionen – Drucksache 16/12127 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen, der Linken und des Bündnisses 90/ Die Grünen und bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP angenommen. Tagesordnungspunkt 40 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 541 zu Petitionen – Drucksache 16/12128 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und der FDP und bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 40 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 542 zu Petitionen – Drucksache 16/12129 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen, bei Gegenstimmen der Fraktionen der FDP und der Linken und bei Enthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen. Zusatzpunkt 3: Beratung des Antrags der Bundesregierung Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit zu einem Aufsichtsrat für Mitglieder der Bundesregierung – Drucksache 16/12282 – Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig angenommen. Jetzt rufe ich den Zusatzpunkt 4 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP Umsetzung des Beschlusses der EU in Deutschland für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Dienstleistungen Der Kollege Ernst Burgbacher hat für die FDP-Fraktion das Wort. I b j e D e s D E e n o t T 1 m m d d d t s D d e n D d b s b D d d u W m d d i i r v f s 2 w m (C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! n der letzten Woche haben die Finanzminister der EU eschlossen, dass bei arbeitsintensiven Dienstleistungen edes Land selbst den reduzierten Mehrwertsteuersatz inführen kann. Der Finanzminister der Bundesrepublik eutschland hat dieser potenziellen Steuersenkung auf uropäischer Ebene zugestimmt, gleichzeitig aber geagt, dass er sie dem eigenen Land vorenthalten will. as ist für uns ein unglaublicher Vorgang. s kann nicht sein, dass ein deutscher Finanzminister auf uropäischer Ebene so handelt. Das ist allerdings genau der Stil des Bundesfinanzmiisters: Wenn die Großen etwas wollen, werden sie mit ffenen Armen empfangen. Wenn die kleinen und mitelständischen Familienbetriebe etwas wollen, wird die ür zugeschlagen. Exakt das ist hier der Fall. Wenn Sie 000 Familienbetriebe in Hotellerie und Gastronomie it durchschnittlich 20 Arbeitskräften pro Betrieb nehen, kommen Sie auf 20 000 Beschäftigte. Die stehen ann auf der Straße, und es kümmert sich niemand. Um ie Großen aber kümmert man sich. Ich will mich aufgrund der mir zur Verfügung stehenen Zeit in der Argumentation auf Hotellerie und Gasronomie beschränken und Ihnen an ganz konkreten Beipielen aufzeigen, worum es geht. Früher sind viele eutsche über den Rhein nach Frankreich, vor allem in as Elsass, gefahren, um dort essen zu gehen. Durch norme Qualitätssteigerungen in der deutschen Gastroomie hat sich das mittlerweile nahezu ausgeglichen. er Trend geht eher in die andere Richtung. Bisher lag er Mehrwertsteuersatz in Frankreich im Gastronomieereich bei 19,6 Prozent. Jetzt wird er, und zwar sehr chnell, auf 5,5 Prozent gesenkt. Deutschland aber bleibt ei 19 Prozent. Das ist unglaublich. Was bedeutet das konkret? Wenn eine Familie in eutschland essen geht und dafür 100 Euro bezahlt, ann bleiben dem deutschen Wirt davon 84 Euro. Wenn ieselbe Familie über den Rhein nach Frankreich fährt nd dort 100 Euro bezahlt, bleiben dem französischen irt 94,80 Euro, also knapp 95 Euro. Das sind 11 Euro ehr. Für den deutschen Gastronomen bedeutet das, ass er entweder die Preise erhöhen oder die Qualität reuzieren muss, sei es in der Küche oder beim Service. Er st dann aber nicht mehr wettbewerbsfähig. Genau das st der Punkt. In 22 von 27 Ländern der Europäischen Union gilt der eduzierte Mehrwertsteuersatz für die Hotellerie. In 11 on 27 Ländern gilt der reduzierte Mehrwertsteuersatz ür die Gastronomie. Sie können nach den Ecofin-Bechlüssen davon ausgehen, dass diese Zahl ebenfalls auf 2 steigt. Das heißt, heutzutage ist der reduzierte Mehrertsteuersatz in Europa der Normalfall. Der Finanzinister aber sagt: Mit mir gibt es in Deutschland keine Ernst Burgbacher Änderungen. – Wer so argumentiert, der setzt die Arbeitsplätze von Hunderttausenden Menschen und auch von weit über einhunderttausend Auszubildenden aufs Spiel. Er nimmt nicht nur in Kauf, dass keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden – was durchaus möglich wäre –, sondern auch, dass bestehende Arbeitsplätze gefährdet werden. Das alles tut er als Sozialdemokrat. (Zuruf des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist schon beeindruckend!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1621109400

(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


Die Menschen draußen werden sich sehr gut überle-
gen, wie sie das zu bewerten haben.

Angesichts der Wettbewerbssituation in Europa und
der Verpflichtung des Gesetzgebers, unseren Unterneh-
men durch die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingun-
gen zu helfen, fordert die FDP klipp und klar die Einfüh-
rung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von 7 Prozent
für Hotellerie und Gastronomie.


(Beifall bei der FDP – Lena Strothmann [CDU/CSU]: Sagt ihr auch, wer das finanzieren wird?)


Liebe Freunde von der Union, was Sie hier gerade lie-
fern, ist kein wohlschmeckendes Gericht. Der Herr
Seehofer kündigt eine Bundesratsinitiative für diese Wo-
che an und zieht sie wieder zurück.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


Der Tourismusbeauftragte reist mit dieser Forderung
durch das Land, hat aber im eigenen Lager noch nicht
einmal eine Mehrheit. Der baden-württembergische Fi-
nanzminister Stächele spricht sich für den reduzierten
Mehrwertsteuersatz aus,


(Joachim Poß [SPD]: Der ist noch nicht lange im Amt; der kennt sich noch nicht so aus!)


der baden-württembergische CDU-Abgeordnete Krichbaum
lehnte ihn heute Morgen strikt ab. Wir erwarten jetzt von
Ihnen eine Positionierung,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


und wir erwarten von Ihnen, dass Sie endlich den mittel-
ständischen und kleinen Familienbetrieben helfen und
dass Sie heute klar signalisieren, dass der reduzierte
Mehrwertsteuersatz eingeführt werden wird!


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Sie müssen das jetzt tun. Ich sage ganz deutlich: Wir
werden es Ihnen nicht durchgehen lassen,


(Zuruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Das sind ja Drohungen!)


dass Sie ein paar Leute vorschicken, die sagen dürfen,
was sie wollen, und alle anderen zurückgepfiffen wer-
den. Es geht um kleine mittelständische Familienunter-
nehmen. Es geht um viele Hunderttausend Menschen,
die in diesem Bereich Arbeit finden. Sie haben es in der
Hand, ob in diesem Bereich neue Arbeitsplätze entste-
hen oder ob bestehende vernichtet werden.

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(C (D Für die FDP erkläre ich klipp und klar: Die FDP steht azu. Wir wollen die Einführung dieser reduzierten ehrwertsteuersätze, – Herr Kollege, klipp und klar: Ihre Redezeit ist zu nde. – und zwar möglichst nicht erst nach der Wahl, son ern jetzt; denn die Probleme stellen sich nicht erst späer, sondern jetzt. Herzlichen Dank. Es spricht der Kollege Eduard Oswald für die CDU/ SU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! leich vorweg: Im gemeinsamen Wahlprogramm von DU und CSU werden wir für den Bereich der Steuerolitik unter anderem drei Punkte darstellen: Erstens. Wir werden die Ungereimtheiten im System er Mehrwertsteuer beseitigen. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Oh! Wann denn?)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621109500
Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1621109600

(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621109700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1621109800

Zweitens. Wir werden an der Reform der Lohn- und
inkommensteuer arbeiten, sodass die Bürgerinnen und
ürger in unserem Land wieder mehr Geld in der Tasche
aben werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Burgbacher [FDP]: Wann?)


Drittens. Im Rahmen der Unternehmensteuerreform
erden wir Hemmschwellen beseitigen, die die wirt-

chaftliche Entwicklung eines Unternehmens heute
lockieren. Damit werden wir den Standort Deutschland
tärken.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Übrigens, Kollege Burgbacher: Eine Umsetzung in
eutsches Recht kann bekanntlich erst im Rahmen einer
nderung der Mehrwertsteuerrichtlinie erfolgen.

Der Ecofin-Rat ist übrigens dem sehr viel weiter rei-
henden Vorschlag der tschechischen Ratspräsident-
chaft nicht gefolgt, den ermäßigten Umsatzsteuersatz
enerell auf Lieferung, Bau, Renovierung, Umbau und
nstandhaltung von Wohnungen zur Anwendung zuzu-
assen. Auch dies muss erwähnt werden.

Die Forderung verschiedener Branchen nach einer
ktualisierung des Mehrwertsteuerkatalogs – dieser ist
mfassender, als dies Herr Kollege Burgbacher darge-
tellt hat – ist für mich gut nachvollziehbar, da die über-
iegende Zahl der aktuell geltenden Mehrwertsteuerer-






(A) )



(B) )


Eduard Oswald
mäßigungen auf das Jahr 1968 zurückgeht und
zwischenzeitlich das eine oder andere heute nicht mehr
nachvollziehbar ist.

Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass wir das
Thema angehen müssen. Einzelne Beispiele machen dies
deutlich. Dass Pralinen und Gänseleber mit 7 Prozent
besteuert werden, Mineralwasser jedoch mit dem vollen
Mehrwertsteuersatz, versteht man ebenso wenig wie die
Regelung, dass man auf Futter für Haustiere 7 Prozent,
für Babynahrung jedoch 19 Prozent entrichten muss.


(Zuruf von der SPD)


Äpfel zum Essen werden ermäßigt besteuert. Der
Fruchtsaft – wenn man sie durch die Presse schickt –
wird voll besteuert. Für Kaffee gilt Ähnliches. Kaffee-
pulver wird mit 7 Prozent versteuert. Handelt es sich um
Kaffee, dann ist der volle Steuersatz fällig. Weitere Bei-
spiele könnte man erwähnen.

Wir brauchen – und dafür steht unsere Fraktion – eine
für jeden Bürger verständliche Lösung, ein schlüssiges
Konzept, das auch logisch ist. Der Bürger darf nicht erst
im Katalog nachschauen müssen, wie nun versteuert
wird. Es muss steuersystematisch richtig sein. Es wird
doch wohl zu schaffen sein, dass wir im Steuerrecht et-
was hinbekommen, was nicht kompliziert ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Burgbacher [FDP]: Schön wär’s!)


Im Gastronomiebereich zeigen sich heute schon Wett-
bewerbsverzerrungen in grenznahen Regionen. Durch
einen Mehrwertsteuersatz von nur 10 Prozent in Öster-
reich und einem noch niedrigeren in der Schweiz werden
Gaststätten, die gerade in den grenznahen Tourismusre-
gionen in einem harten Wettbewerb stehen, unzumutbar
benachteiligt. Das steht außer Frage. Für mich persön-
lich gilt auch: Wer es den EU-Nachbarn gestattet, die
Mehrwertsteuer zu senken, muss auch für das eigene
Land eine Lösung erarbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wer ist denn in der Regierung?)


Deshalb ist selbstverständlich auch die Frage nach
den Auswirkungen auf den Haushalt zu stellen. Wir ha-
ben in dieser Periode vieles geleistet, auch bei der Sanie-
rung des Haushaltes. Manches, was heute in der Finanz-
und Wirtschaftskrise getan werden muss, wäre ohne
diese Sanierung nicht möglich.

Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, zu sagen, dass wir
bei einer Absenkung des Steuersatzes im Bereich der
Gastronomie Steuerausfälle in Höhe von rund 3 Milliar-
den Euro zu verzeichnen hätten. Nimmt man den Be-
reich Beherbergung dazu, fallen die Steuerausfälle ver-
mutlich um 1 Milliarde höher aus. Arzneimittel würden
mit fast 4 Milliarden Euro, Mineralwasser mit 0,3 Milliar-
den Euro, Kinderbekleidung und Schuhe mit 1 Milliarde
Euro, Kinderspielzeug mit 0,5 Milliarden Euro zu Buche
schlagen. Damit habe ich einige der Felder beschrieben,
bei denen von der Politik zu Recht etwas erwartet wird.
Die Aufgabe ist also etwas umfassender, als vorhin dar-
gestellt wurde.

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(C (D Ich will, dass eine Mehrwertsteuerermäßigung über reissenkungen tatsächlich an die Verbraucher weitergeeben wird. Darum geht es uns. as Problem ist aber, dass dies leider niemand sichertellen kann, da die Mehrwertsteuer nur ein Preisbetandteil von vielen ist. Wir werden also ein schlüssiges Gesamtkonzept erareiten dabei werden wir sorgfältig vorgehen – und eine tragähige und umfassende Lösung entwickeln, durch die die enschen überzeugt werden und die zudem auch solide inanzierbar ist. In den verbleibenden sieben Sitzungswochen bis zur ahl einen Schnellschuss abzugeben, wäre auch ange ichts der Herausforderungen, die wir im Rahmen der inanzund Wirtschaftskrise zu bewältigen haben, wirk ich die falsche Antwort. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr hättet das ja schon vorher machen können!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wann?)


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wann denn?)


ir werden das richtig machen, ohne einen Schnell-
chuss abzugeben. Hier können Sie uns beim Wort neh-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621109900

Jetzt spricht die Kollegin Dr. Barbara Höll für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621110000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

n Ihren Taten sollt Ihr sie messen. Zum 1. Januar 2007
urde der allgemeine Regelsatz der Mehrwertsteuer
urch SPD und CDU/CSU von 16 Prozent auf 19 Pro-
ent erhöht. Das war die größte Steuererhöhung in der
eschichte der Bundesrepublik


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Genau!)


nd eine der unsozialsten Maßnahmen. Das sind Ihre Ta-
en.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Dr. Volker Wissing [FDP]: Das war nicht die FDP!)


Skandalöserweise haben Sie Teile der Mehreinnah-
en durch die Steuererhöhung dann auch noch für Steu-

rerleichterungen für Vermögende und Unternehmen
erwendet. Die Linke sagt: Erhöhungen der Mehrwert-
teuer sind sozial ungerecht. Die dadurch verursachte
teuerbelastung ist natürlich umso stärker, je geringer
as Einkommen der Menschen ist.






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
Um die unsoziale Wirkung Ihrer Steuererhöhung ab-
zumildern, haben wir Ihnen hier bereits Vorschläge un-
terbreitet, und zwar nicht für die letzten sieben Sitzungs-
wochen, sondern schon vorher. Wir haben Ihnen für
diese Wahlperiode den Vorschlag unterbreitet, den
Mehrwertsteuersatz auch für folgende drei Produktgrup-
pen bzw. Dienstleistungen zu ermäßigen: Waren und
Dienstleistungen für Kinder, apothekenpflichtige Medi-
kamente und – das haben wir immer gefordert – arbeits-
intensive Handwerksdienstleistungen.

Es liegt doch auf der Hand: Eine solch große Senkung
des Mehrwertsteuersatzes von 19 Prozent auf 7 Prozent,
die natürlich bei den Menschen auch ankommen muss,
stellt gerade für die Bezieherinnen und Bezieher von
Transferleistungen eine Entlastung dar. Sie wissen, dass
über 2 Millionen Kinder und Jugendliche in der Bundes-
republik von Hartz IV und Sozialhilfe leben müssen. Für
sie wäre das eine Entlastung.


(Gabriele Frechen [SPD]: Aber nur, wenn das bei ihnen ankommt!)


Es wäre auch gut, die Kosten für arbeitsintensive
Handwerksdienstleistungen zu verringern, um auch von
der Ideologie der Wegwerfgesellschaft wegzukommen,
sodass es sich wieder lohnt, Produkte reparieren zu las-
sen. Das ist eben arbeitsintensiver als einfach etwas
wegzuschmeißen und neu zu kaufen bzw. durch etwas
Neues zu ersetzen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir haben das auch für die apothekenpflichtigen Me-
dikamente gefordert. Wie haben Sie sich verhalten? Ich
greife nur einmal unseren Antrag bezüglich der Produkte
für Kinder heraus, über den hier im Februar des vergan-
genen Jahres namentlich abgestimmt wurde. Alle hier im
Hause – bis auf zwei Abgeordnete von der CDU/CSU,
die sich enthalten haben – waren nicht unserer Meinung
und haben mit Nein gestimmt, und jetzt wird groß ge-
tönt.


(Lydia Westrich [SPD]: Wer?)


Um noch einmal darauf zurückzukommen, dass Sie
sich an Ihren Taten messen lassen sollen: Bereits die
PDS war auf diesem Gebiet aktiv.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Die war auch noch woanders aktiv! – Joachim Poß [SPD]: Ach, die PDS!)


Sie werden es nicht glauben, aber lesen Sie das bitte ein-
mal nach. Bereits im Jahr 1998 haben wir einen Antrag
mit dem Titel „Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für ar-
beitsintensive Leistungen“ in den Bundestag – damals
noch in Bonn – eingereicht und gefordert, dass der da-
malige Finanzminister auf europäischer Ebene aktiv
werden sollte. Das haben wir nach der Neuwahl wieder-
holt, nämlich gleich zu Beginn der 14. Wahlperiode.

Auf EU-Ebene ist dann etwas geschehen. Unser
Druck hier im Land hat leider nicht ausgereicht. Auf
EU-Ebene wurde aber zumindest ein Modellversuch ge-
startet. Im Februar 2000 wurden die Teilnehmerstaaten

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(C (D estgelegt. Deutschland wollte nie mitmachen. Ich habe eine Stimmen der FDP im Ohr, dass sie damals dafür ewesen ist. Nein, wir haben das gefordert, Sie haben as alles immer abgelehnt. Schauen wir uns das noch einmal an, um vielleicht ein enig zu illustrieren, wie Sie als FDP argumentiert haen. Ich habe mir einige Zitate herausgesucht, zum Beipiel von Frau Frick aus der 13. Legislaturperiode oder uch von Herrn Wissing, der gesagt hat: Wer sich so verält und einen solchen Antrag stellt, der verhält sich chaoisch und betreibt Flickschusterei. (Hellmut Königshaus [FDP]: Ja, weil der Antrag schlecht war!)


Schau an, was Sie heute tun! Sie sagten, es sei chao-
isch und eine Flickschusterei. Nein, Sie als FDP verhal-
en sich heute zu dem Thema einfach wie ein Trittbrett-
ahrer. Sie haben in den vergangenen Jahren weder als
ie in der Regierung waren noch in der Opposition tat-
ächlich in dieser Richtung gehandelt,


(Ernst Burgbacher [FDP]: Aber selbstverständlich!)


ondern immer nur nebulös gefordert, man müsse das
anze noch einmal neu betrachten.
Warten Sie nicht ewig, bis Sie eine Gesamtbetrach-

ung vornehmen! Werden Sie jetzt endlich aktiv! Die EU
estattet uns das. Ich finde, wir sind dann auch in der
flicht, tatsächlich zu handeln. Wenn wir uns verständi-
en, dass wir etwas tun wollen, dann können wir uns
uch verständigen, was wir tun. Wir haben Ihnen unsere
orschläge unterbreitet. Darin sind auch die arbeitsinten-
iven Handwerksdienstleistungen enthalten. Man muss
nter den Gegebenheiten, die sich jetzt neu entwickeln,
uch diskutieren, wie mit dem Hotel- und Gaststättenwe-
en und der Gastronomie zu verfahren ist. Eine Aufrech-
ung von 100 Euro hier gegen 100 Euro da ist mir ein
isschen zu platt. Ich glaube, wir müssen in diesem Zu-
ammenhang Schwerpunkte setzen.

Am besten wäre es, Sie hätten Ihre große Mehrwert-
teuererhöhung gar nicht erst vorgenommen. Dann hät-
en die betroffenen Bürgerinnen und Bürger einige Pro-
leme weniger.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das Glas bleibt hart!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621110100

Die Kollegin Lydia Westrich spricht jetzt für die SPD-

raktion.

(Beifall bei der SPD)



Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1621110200

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Frau Höll, ich will nicht drum herumre-
en: Die Umsetzung der Mehrwertsteuerermäßigung in
eutschland würde allein für diesen Bereich mehr als
Milliarden Euro kosten.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Wie viel?)







(A) )



(B) )


Lydia Westrich
Mehr als die Hälfte davon entfällt auf die Restaurantleis-
tungen. Herr Burgbacher hat dies bereits angesprochen.

Ich habe sehr viel Verständnis dafür, dass eine Bran-
che, die Sie hier so gut vertreten haben, darauf hinweist,
dass ihr die Finanzspritze gut täte. Ihr Fraktionsvorsit-
zender Westerwelle hat heute früh festgestellt, dass die
Ermäßigung auch eine gute Hilfe für den Mittelstand be-
deuten würde.


(Zuruf von der FDP: Darum kümmert er sich halt!)


Die Mehrwertsteuer ist aber – vielleicht wissen Sie oder
weiß er das nicht – eine Verbrauchsteuer. Ermäßigungen
sollten dort spürbar werden, wo die Belastungen wirk-
lich auftreten, nämlich beim Verbraucher. Als Pfälzerin
fahre ich ebenso wie Sie ab und zu über die französische
Grenze, um im Elsass essen zu gehen. Das Essen ist dort
aber nicht billiger, im Gegenteil.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Schmeckt es Ihnen bei uns nicht mehr? – Ernst Burgbacher [FDP]: Die haben 19,6 Prozent, Frau Westrich!)


Inzwischen kommen auch viele Franzosen über die
Grenze in unsere pfälzischen Restaurants, um dort her-
vorragend und günstig zu essen.


(Zuruf von der FDP: Das ist ja Tourismuswerbung vom Feinsten!)


Das Beispiel McDonalds mit den gleichen Preisen für
die mit ermäßigtem Steuersatz belegte Ware außer Haus
oder der mit normalem Steuersatz belegten dort verzehr-
ten Ware ist bekannt. Sicherlich würde McDonalds auch
noch das Geld einstreichen, das es bei einer Mehrwert-
steuerermäßigung für die im Lokal verzehrte Ware zu-
sätzlich einnehmen würde. Das Unternehmen hat die
Mehrwertsteuerermäßigung bisher nicht an die Kunden
weitergegeben. Warum sollte es dies jetzt tun?


(Beifall bei der SPD)


Alle Untersuchungen der Wirkungen ermäßigter
Mehrwertsteuersätze auf die Wirtschaftsaktivität, die Ih-
nen so sehr am Herzen liegt, zeigen, dass dies nicht die
wirksamste Maßnahme ist, aber den Staatshaushalt stark
belastet. Die Schaffung eines Arbeitsplatzes – selbst in
der Gastronomie – durch die Ermäßigung des Mehrwert-
steuersatzes kostet den Steuerzahler sage und schreibe
60 000 Euro. Andere Fördermaßnahmen sind da sinn-
voller.

Einer Untersuchung zufolge haben zum Beispiel in
Belgien bei Reparaturleistungen 87 Prozent der Dienst-
leister die Steuerermäßigung als Gewinn einbehalten,
statt sie an die Verbraucher weiterzugeben. In Griechen-
land ist die Preisentwicklung in den ermäßigten Bran-
chen mit der Preisentwicklung in anderen Sektoren Hand
in Hand gegangen. Die Ermäßigung hat sich nicht auf
die Verbraucherpreise ausgewirkt.

In Spanien sind die Preise für Instandhaltung und Re-
paraturen an Wohnungen, die eigentlich sinken sollten,
sogar mehr als allgemein gestiegen.

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(C (D (Joachim Poß [SPD]: Dafür haben die jetzt die Immobilienblase!)


ei Friseurleistungen ist die Entwicklung im Grunde
hnlich verlaufen.

Die Untersuchung der Wirkung ermäßigter Mehr-
ertsteuersätze bei häuslichen Pflegeleistungen in
rankreich hat ergeben, dass sie keine oder nur sehr be-
renzte Auswirkungen haben. In diesem Bereich betrug
ie Preisdifferenz bei einer Dienstleistung ohnehin zwi-
chen 44 und 165 Prozent, sodass selbst eine Mehrwert-
teuerermäßigung um 12,5 Prozentpunkte bei der Preis-
indung nicht zu Buche geschlagen ist. Bei der
nstandhaltung und Reparatur von Wohnungen in Frank-
eich sind die Preise im ersten Jahr tatsächlich um
Prozent gefallen. Im nächsten Jahr sind sie aber wieder

m 8 Prozent gestiegen. Das gilt auch für die Nieder-
ande und Portugal.

Ich könnte die Liste beliebig fortsetzen. Überall dort,
o eine Mehrwertsteuerermäßigung vorgenommen
urde, kam es zu ähnlichen Ergebnissen. Dabei handelt

s sich nicht um die erste und einzige Untersuchung, die
ie Senkung der Mehrwertsteuersätze auf ihre Wirksam-
eit überprüft hat. Alle Untersuchungen sind bislang
um gleichen Ergebnis gekommen. Eine Mehrwertsteu-
rsenkung ist nicht das am besten geeignete Instrument,
m die Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln – selbst nicht
m Restaurantbereich –, Arbeitsplätze zu schaffen und
ie Schattenwirtschaft einzudämmen. Dafür verursacht
ieses Instrument im Verhältnis zu seiner Wirksamkeit
ohe Kosten, in diesem Fall 7 Milliarden Euro. Natür-
ich wachsen dann die Begehrlichkeiten in anderen
ranchen; das hat Herr Oswald schon erklärt.

Finanzminister Steinbrück hat im Interesse Deutsch-
ands richtig gehandelt, als er dieses Instrument in Brüs-
el abgelehnt hat.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Er hat es doch nicht abgelehnt! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Für Deutschland abgelehnt!)


s handelt sich hier um eine reine Subventionierung be-
timmter Branchen. Das haben Sie auch deutlich gesagt.
as kann man wollen. Auch unsere Tourismuspolitiker

iebäugeln hin und wieder mit einer solchen Maßnahme.
ber Sie von der FDP lehnen sonst Subventionen vehe-
ent ab. Herr Westerwelle hat das heute erneut lautstark

rklärt. Gleichzeitig hat er aber eine Mehrwertsteuer-
rmäßigung, also eine Subventionierung, gefordert. Ent-
eder kennt er die Gutachten nicht, die einer Mehrwert-

teuerermäßigung negative Auswirkungen bescheinigen,
der diese Wendung in zwei, drei Sätzen – einmal gegen
ubventionen und dann wieder dafür – zeigt das ganze
irrwarr der Lösungsversuche der FDP, wenn es um die
ewältigung der Wirtschaftskrise geht. Ich gehe von
etzterem aus.

Wir von der Koalition haben für die steuerliche Ab-
etzbarkeit haushaltsnaher Dienstleistungen gesorgt und
ie Möglichkeit eröffnet, Handwerkerrechnungen steuer-
indernd geltend zu machen. Wir haben damit zielge-

ichtet gehandelt. Den größten Effekt hat die von uns
urchgesetzte Senkung der Arbeitskosten. Ich nenne des






(A) )



(B) )


Lydia Westrich
Weiteren die Umweltprämie und das Konjunkturpro-
gramm zur Verbesserung der Infrastruktur. Die haben ein
Vielfaches an Wirkung.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621110300

Frau Kollegin, Sie müssen dringend zum Schluss

kommen.


Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1621110400

Noch einen Satz. – Frau Höll, das Schulbedarfspaket

für finanzschwache Familien, das wir bis zum 13. Schul-
jahr gewähren und auf Familien mit Kinderzuschlag aus-
weiten, kurbelt den Konsum direkt an. Das hilft den Fa-
milien. Das ist der richtige Weg und nicht eine
Mehrwertsteuerermäßigung; denn man weiß nicht, wem
sie zugutekommt.


(Beifall bei der SPD – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Anhebung der Regelsätze wäre der richtige Weg! Dann käme ständig etwas!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621110500

Der Kollege Dr. Gerhard Schick hat jetzt das Wort für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es ist interessant, wie Herr Burgbacher Mittelstandspoli-
tik definiert. Offensichtlich besteht der deutsche Mittel-
stand aus Hotellerie und Handwerk.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Ich habe diese als Beispiele genannt!)


Sie sagen nicht, wie eine Mehrwertsteuerermäßigung ge-
genfinanziert werden soll. Das bedeutet dann aber, dass
das aus dem allgemeinen Steueraufkommen bestritten
werden muss. Dann müssen viele andere kleine und
mittlere Unternehmen die Last tragen. Ihnen geht es nur
um die Begünstigung einer kleinen Gruppe. Sie haben
keinen systematischen Ansatz. Wenn ihre Mittelstands-
politik so aussieht, dann sollten wir mit Ihnen über Wett-
bewerb und Mittelstand noch einmal gründlicher disku-
tieren.


(Joachim Poß [SPD]: Klientelismus!)


Vielleicht kann der neue Wirtschaftsminister, der sich
als ordnungspolitischer Leuchtturm und Erbe Ludwig
Erhards geriert, etwas zum System der Marktwirtschaft
sagen. Für meine Fraktion kann ich nur sagen: Wir ver-
stehen unter Marktwirtschaft etwas anderes als die Privi-
legierung einzelner Gruppen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren von der FDP, Sie haben im
Oktober 2006 einen Antrag – Drucksache 16/3013 – ein-
gebracht, in dem Sie auf das komplizierte Mehrwert-
steuersystem verweisen. Sie stellen darin fest, dieses
sei laufend verändert und verkompliziert worden. Sie
fordern den Bundestag auf, eine Vereinfachung des
Mehrwertsteuersystems zu beschließen. Wunderbar! So

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(C (D eit Zustimmung. Interessanterweise fordert Ihr Pareivorsitzender Ostern 2008 die Ermäßigung des Mehrertsteuersatzes auf die Energieprodukte, also eine Veromplizierung. Nun wollen Sie eine weitere Ermäßigung und damit eine weitere Verkomplizierung – durchseten; denn eine Abgrenzung ist bei Handwerksleistungen ehr schwierig. Sie wollen eine weitere Ermäßigung einühren, obwohl Sie keinen Gesamtansatz haben. Das alte ich für ziemlich schwach. Ich möchte aus einer Rede zitieren, die der Kollege issing am 14. Februar des vergangenen Jahres, also or gut einem Jahr, gehalten hat. Damals ging es um eien Antrag der Linken. Was war der Vorwurf des Kolleen Wissing? Ich zitiere: Sie brauchen eine vernünftige, systematische Vorstellung des Ganzen. Einfach hinzugehen und Symbolpolitik in die Welt zu blasen, das hilft doch keinem … Wie das abgegrenzt und … ausgestaltet werden soll, sagen Sie aber nicht. enau das könnte man heute zu Ihrem Vorschlag sagen. ch sage Ihnen: Messen Sie sich selber einmal an Ihren igenen Ansprüchen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein weiterer Punkt ist Europa. Sie haben auf die ande-
en europäischen Länder verwiesen. Entschuldigung, wir
rleben doch gerade in der Finanzmarktkrise, dass es
öchst problematisch gewesen ist, in den einzelnen
unkten immer wieder auf die anderen zu hören und ge-
au das nachzumachen, was die anderen machen, auch
enn es schlecht ist. Genau damit sind wir an vielen
tellen auf die Nase gefallen. Es wäre doch gut gewesen,
enn unser Finanzmarkt besser reguliert gewesen wäre
nd wir nicht ständig auf Luxemburg oder Irland verwie-
en hätten.

Das gilt auch für das Steuersystem. Bloß weil andere
hr Steuerrecht verkomplizieren, heißt das doch nicht,
ass wir das auch machen müssen. Schauen Sie sich
och bitte noch einmal die Studie von Copenhagen Eco-
omics an. Darin steht sehr deutlich, dass man natürlich
n einem Bereich, in dem der Anteil der Schwarzarbeit
ehr hoch ist, steuerrechtlich eingreifen kann. In der Stu-
ie steht aber auch: Prüfen Sie bitte die Alternativen.

Dieser Punkt hat in Ihrer Argumentation wieder völlig
efehlt. Ich möchte nur daran erinnern, dass dieses Haus
or ganz kurzer Zeit im Konjunkturpaket I beschlossen
at, dass Handwerkerleistungen in einem größeren Um-
ang steuerlich absetzbar sein sollen – diese Forderung
aben wir schon seit längerem erhoben –, damit in die-
em Bereich gerade die energetische Modernisierung
tattfinden kann und dies auf legalem Wege erfolgt. Sie
aben nichts dazu gesagt, dass genau in diesem Bereich
chon etwas gemacht worden ist und was die sonstigen
lternativen wären. Das war eine schwache Leistung.

Eine Frage ist auch: Gibt es eine weiter gehende Per-
pektive, die allgemein für die Märkte gilt? Wir Grüne
chlagen vor, gezielt im unteren Einkommensbereich die






(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
Sozialabgaben zu senken. Das würde nicht nur einer be-
stimmten Gruppe, die gerade der FDP auffällt, sondern
allgemein der deutschen Wirtschaft eine Verbesserung
bringen und die Schwarzarbeit wirksam bekämpfen. Ich
wäre dankbar, wenn wir mehr ans Ganze denken würden
und nicht nur Teilbereiche im Blick haben.

Ich würde mich auch freuen – das richtet sich jetzt an
die Kollegen der Großen Koalition –, wenn man nicht
erst nach dreieinhalb Jahren Regierungsverantwortung
anfängt, große Ansagen für die Zukunft zu machen, Herr
Kollege Oswald, sondern sich einmal fragt, was in den
dreieinhalb Jahren gemacht wurde. Wir haben in einem
Arbeitsprozess angefangen, fraktionsübergreifend an
Fortschritten zur Änderung der Mehrwertsteuer zu arbei-
ten. Dieser Prozess ist leider etwas eingeschlafen. Ich
möchte die Kolleginnen und Kollegen bitten, daran wei-
terzuarbeiten, damit wir zu einer guten Reform des Ge-
samtsystems Mehrwertsteuer kommen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621110600

Manfred Kolbe spricht jetzt für die CDU/CSU-Frak-

tion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Manfred Kolbe (CDU):
Rede ID: ID1621110700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Burgbacher, das war eine klassische
Lobbyrede,


(Ernst Burgbacher [FDP]: Nein!)


mit der Sie der betroffenen Gruppe wahrscheinlich kei-
nen großen Gefallen getan haben, weil dieses Manöver
zu durchsichtig war. Sogar der Kollege Wissing, der jetzt
neben Ihnen sitzt, machte ein etwas gequältes Gesicht
und hielt sich auch beim Beifall merklich zurück. Ich
habe das genau beobachtet. Das spricht für dich, Volker
Wissing.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was wir brauchen, Herr Burgbacher, ist eine Gesamt-
konzeption, statt jedes halbe Jahr – wenn auch vernünf-
tige – Einzelanträge zu stellen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Fragen Sie doch mal Herrn Hinsken, was er jeden Tag fordert!)


Ich sage ja nicht, dass Ihr Antrag unvernünftig ist. Es hat
auch Anträge der Linken gegeben, den Mehrwertsteuer-
satz auf Waren und Dienstleitungen für Kinder sowie
Arzneimittel zu senken. Auch diese waren im Kern nicht
unvernünftig. Mir fallen Dutzende von Dingen ein, bei
denen der ermäßigte Mehrwertsteuersatz berechtigt
wäre. Aber am Ende müssten wir dann allen den ermä-
ßigten Mehrwertsteuersatz mit der Konsequenz gewäh-
ren, dass wir diesen dann auf 19 Prozent erhöhen müss-
ten. Damit wäre niemandem gedient. Wir brauchen also
ein Gesamtkonzept.

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(C (D Wir geben zu, dass die bestehende Kasuistik nicht ehr hinnehmbar ist. Ich zitiere nur einmal Nr. 22 dieser 0-seitigen Liste der dem ermäßigten Steuersatz unteriegenden Gegenstände: Johannisbrot und Zuckerrüben, frisch oder getrocknet, auch gemahlen; Steine und Kerne von Früchten sowie andere pflanzliche Waren (einschließlich nicht gerösteter Zichorienwurzeln der Varietät Cichorium intybus sativum)

menschlichen Ernährung verwendeten Art, … aus-
genommen Algen, Tange und Zuckerrohr


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das Manuskript musst du ans Protokoll abgeben!)


as ist nur ein Auszug aus der Liste der Produkte mit er-
äßigtem Mehrwertsteuersatz.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das musst du jetzt noch einmal für alle wiederholen!)


Es gibt ein Schreiben vom BMF, Frau Kressl, wonach
enießbare getrocknete Schweineohren, auch wenn als
ierfutter verwendet, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz
nterliegen, während getrocknete Schweineohren, die
icht für den menschlichen Verzehr geeignet sind,


(Simone Violka [SPD]: Die kann man auch nicht kauen!)


nter den vollen Satz fallen. Das ist eine wahre Glanztat
hres Hauses. Das ist Stoff für Büttenredner im Karne-
al. Das müssen wir beenden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Auf Karneval wollen wir trotzdem nicht verzichten!)


Es bestehen auch gravierende Bewertungswidersprü-
he in dieser Liste: Warum werden Musik-CDs niedriger
esteuert als Babywindeln? Warum wird Tierfutter nied-
iger besteuert als Arzneimittel? Warum werden Hum-
er und Trüffel niedriger besteuert als Mineralwasser?


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das haben die Länder 2002 verhindert!)


ies gibt alles keinen Sinn mehr, und wir sind hier ge-
ordert, zumal sich die Problematik laufend verschärft.
ede Mehrwertsteuererhöhung – wir haben eine be-
chließen müssen – bedeutet natürlich eine Vergröße-
ung des Abstandes zum ermäßigten Mehrwertsteuer-
atz.

Herr Burgbacher, nicht neue Ausnahmeregelungen
ind das Gebot der Stunde, sondern ein einfacheres und
eistungsgerechteres Steuersystem und auch Mehrwert-
teuersystem.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Burgbacher [FDP]: Da stimme ich zu!)


arüber müssen wir uns in der Tat ernsthaft Gedanken
achen. Einzelfalllösungen führen uns nicht weiter, so

erechtigt sie auch sein mögen. Die Gastwirte haben na-
ürlich sehr gute Gründe.






(A) )



(B) )


Manfred Kolbe

(Ernst Burgbacher [FDP]: Sie stehen auch im Wettbewerb, Herr Kolbe!)


Aber ich denke nur an die letzte Änderung, die wir hier
beschlossen haben. Seinerzeit haben wir den Mehrwert-
steuersatz für Seilbahnen und Skilifte ermäßigt.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das war die Union, die das wollte!)


– Ich darf hier einmal ein Geheimnis ausplaudern: Das
war in der Großen Koalition nicht ganz unumstritten.
Aber hat uns dies weitergeführt? Ich glaube nicht, dass
wir die Probleme, die unser Mehrwertsteuersystem mit
sich bringt, dadurch gelöst haben.

Wenn wir jetzt die Mehrwertsteuer für Gaststätten senk-
ten, bekämen wir neue Probleme; dann stünden uns De-
batten über den ermäßigten Steuersatz für Luxusrestau-
rants im Gegensatz zum vollen Mehrwertsteuersatz bei
Medikamenten ins Haus. Dies ergäbe keinen Sinn, Herr
Burgbacher, das müssen auch Sie zugeben.

Wir brauchen also eine Gesamtlösung. Es ist aller-
dings an der Zeit, dass wir sie angehen. Das muss in der
nächsten Legislaturperiode passieren. Als Erstes sollten
wir darüber nachdenken, ob ein Katalog noch die rich-
tige Lösung ist, Frau Kressl, oder ob es nicht andere Lö-
sungen als diesen Katalog gibt. Ich sage Ihnen voraus,
dass jeder Katalog Wertungswidersprüche provozieren
wird. Wir müssen in diesem Zusammenhang auch darüber
nachdenken, ob wir den ermäßigten Steuersatz wieder auf
den ursprünglichen Ansatz von 1968 zurückführen, nicht
mehr als das Existenzminimum zu privilegieren. Dann
könnten wir vielleicht sogar den allgemeinen Mehrwert-
steuersatz senken. Eine konzeptionelle Gesamtlösung
muss in der nächsten Legislaturperiode gefunden wer-
den, und dazu wünsche ich allen Fraktionen viel Erfolg.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD)

Binding [Heidelberg] [SPD]: Am besten, wir
fangen gleich an!)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621110800

Jetzt hat der Kollege Dr. Volker Wissing für die FDP-

Fraktion das Wort.


(Florian Pronold [SPD]: Ist das jetzt dieselbe Rede wie vor einem Jahr? – Zuruf von der SPD: Dieselbe Rede wie immer!)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1621110900

Besten Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Die Situation ist etwas anders, als Sie,
Herr Schick, sie dargestellt haben. Richtig ist natürlich,
dass unser Mehrwertsteuersystem keine Logik hat; dies
haben wir hier schon oft besprochen. Richtig ist auch,
dass das Ganze keinem sozialen Sinn mehr folgt. Wir ha-
ben schon gehört, dass Babywindeln voll besteuert,
Trüffel und Gänsestopfleber aber steuerlich subventio-
niert werden. Dies kann niemand ernsthaft wollen, und
die Bürgerinnen und Bürger fragen sich, warum so etwas
immer noch im Gesetz steht.

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(C (D (Florian Pronold [SPD]: Weil es 2002 von euch und von der CDU/CSU abgelehnt worden ist!)


Herr Schick sagt, es könne nicht sein, dass Liberale
etzt einen Einzelpunkt aufgriffen, wo doch die FDP im-
er gesagt habe, sie wolle eine Gesamtlösung.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die nie vorgelegt hat!)


ch erläutere Ihnen, wie die Situation ist, im Übrigen
uch, was es mit der Wettbewerbssituation und der
arktwirtschaft auf sich hat:

Nicht die FDP hat auf europäischer Ebene einen Fi-
anzminister losgeschickt, der sich eines Sachverhalts
nnimmt, den die Franzosen als ein Problem ansehen,
ondern es war ein sozialdemokratischer Finanzminister.
r hat durch die Absenkung der Mehrwertsteuer für die

ranzösischen Gastronomen eine Wettbewerbsverzer-
ung geschaffen. Die FDP fragt sich, ob man der deut-
chen Gastronomie diese Ungleichbehandlung zumuten
uss.


(Beifall bei der FDP)


st es nicht eine patriotische Aufgabe, dafür zu sorgen,
ass in der Wirtschaftskrise mittelständische Unterneh-
en von solchen Wettbewerbsverzerrungen befreit wer-

en? Weil nicht wir, sondern Sie auf europäischer Ebene
erhandeln können – Sie stellen die Bundesregierung –,
ordern wir dasselbe Recht für Gastronomen in
eutschland, das Sie auf europäischer Ebene geschaffen
aben. – Dies ist gemeint, Herr Kollege Schick, wenn
on fairen Wettbewerbsbedingungen gesprochen wird.


(Beifall bei der FDP)


Sie sagen zu Recht, dass in dieser Legislaturperiode
n Sachen Reform des Mehrwertsteuersystems nichts
assiert sei. Das liegt an der Großen Koalition.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Vorschlag steht auch noch aus!)


Sie wissen, dass dies nicht stimmt. Wir haben im Fi-
anzausschuss darauf gedrängt, dass es eine Selbstbefas-
ung geben soll. Allerdings stand sie unter einem
chlechten Stern, weil die Koalition gesagt hat, man
önne zwar darüber reden, aber sie werde in dieser Le-
islaturperiode nichts ändern. Das liegt daran, dass Sie
ich auf nichts verständigen können. Die Wahrheit ist
och, dass Sie auch in diesem Bereich reformunfähig
ind, weil Sie sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner
inigen können. Das muss man doch den Leuten in
eutschland sagen.


(Beifall bei der FDP)


s tut sich nichts an einer wichtigen Reformbaustelle,
eil CDU/CSU und SPD nicht in der Lage sind, zusam-
en eine vernünftige Steuer- und Finanzpolitik zu ma-

hen. Das ist doch das Problem.


(Lydia Westrich [SPD]: Das ist doch Unfug!)







(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing
– Frau Kollegin Westrich, Sie haben gemeinsam mit Ih-
ren SPD-Kollegen Ihr Wahlversprechen gebrochen und
der Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte
zugestimmt. Jetzt haben Sie auch noch gesagt, dass Steu-
ersenkungen Subventionen seien. Damit entlarven Sie
im Grunde genommen Ihre Handlung und sagen, dass
Sie die Steuererhöhung gerne vorgenommen haben.


(Zuruf von der SPD: Wer hat denn die Arbeitskosten stabilisiert?)


Die Wahrheit ist doch, dass dieses Mehrwertsteuer-
system dringend reformiert werden muss. Man muss
doch ein klares System vorschlagen. Als die Vertreter
der Mineralbrunnen seinerzeit zu der Vorgängerin von
Frau Kressl kamen und gefragt haben, warum Mineral-
wasser nicht ebenso wie Lebensmittel mit einem vermin-
derten Satz besteuert werden könnten, antwortete Frau
Hendricks damals: Dann sollen die Leute doch Milch
trinken. – Da versteht man, dass den Leuten in Deutsch-
land irgendwann die Galle hochkommt; denn so viel
Milch verträgt man gar nicht.


(Beifall bei der FDP)


Man muss eine klare Linie haben. Das bedeutet, dass
man sich nicht für eine volle Besteuerung der Gastrono-
mie in Deutschland ausspricht, aber auf europäischer
Ebene dafür plädiert, die Gastronomie mit einem ver-
minderten Steuersatz zu besteuern.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da beantragen Sie eine Aktuelle Stunde, und Sie haben noch nicht einmal ein eigenes Konzept!)


Wir fordern: Ein Konzept, das man in Deutschland
durchhalten will, muss auch auf europäischer Ebene gel-
ten. Dieses Mindestmaß an Fairness muss man gegen-
über den Menschen wahren. Das müssen sie erwarten
können.

Es ist schön, dass die Bundesregierung ihr Herz für
Frankreich entdeckt hat. Das ist ein schönes Land. Man
kann aber auch in der Pfalz gut essen, Frau Kollegin
Westrich, man muss nicht über die Grenze fahren. Aber
die Menschen in Deutschland fragen sich doch, wieso in
der Krise durch die Steuer- und Finanzpolitik unsere
französischen Nachbarn unterstützt werden und nicht
eine steuerliche Entlastung in der Bundesrepublik
Deutschland erfolgt. Das können Sie nicht erklären. Da
können Sie so tolle Reden halten, wie Sie wollen.


(Simone Violka [SPD]: Frankreich hat doch den Mindestlohn! Sagen Sie mal was zum Mindestlohn!)


Wir fordern nichts anderes, als dass die Bundesregierung
die Wohltaten, die sie auf europäischer Ebene an mittel-
ständische Betriebe verteilt – der Bundesfinanzminister
tut das für die französische Wirtschaft und die französi-
sche Gastronomie; anscheinend geht er gerne dort essen –,


(Florian Pronold [SPD]: Weil es teurer ist, oder was?)


auch in Deutschland verteilt. Das ist nicht durchzuhal-
ten. Wir fordern gleiches Recht für alle. Wir fordern,

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(C (D ass diese Bundesregierung nicht nur ein Herz für die uropäischen Nachbarn, sondern in erster Linie ein Herz ür Deutschland hat und dass sie sich um die Probleme es deutschen Mittelstandes kümmert. Das haben Sie ersäumt. Die FDP fordert das ein. Die Kollegin Gabriele Frechen hat jetzt das Wort für ie SPD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Ich verstehe die Debatte über das, was unser inanzminister im Ecofin gemacht hat, überhaupt nicht. b man einer Forderung des Europäischen Rates folgt nd den Weg dafür freimacht, dass die Länder selber entcheiden können, welchen Weg sie gehen wollen, ist och etwas anderes, als hier im Inland gezielt eine Maßahme zu ergreifen, die man für unsinnig hält. Es kann och keiner verlangen, dass ein Finanzminister das acht. Auch wir möchten das nicht. Im Ecofin-Rat urde den Ländern, die es wollen, jetzt die Möglichkeit ingeräumt, die Mehrwertsteuer auf bestimmte Diensteistungen und in bestimmten Sektoren zu ermäßigen. ber kein Land muss jeden Unfug, den andere Länder ollen, mitmachen. Da hat Herr Schick völlig recht. Das ann doch nicht gewünscht sein. Wir haben bereits heute in den 27 Mitgliedstaaten öllig unterschiedliche Mehrwertsteuersätze, völlig unerschiedliche ermäßigte Steuersätze und völlig unterchiedliche Handhabungen der Mehrwertsteuersätze. as rührt zum Teil aus alter Zeit, weil die Ermäßigungen zw. die Steuersätze Bestandskraft haben. Zum Teil hat as eine oder andere Land auch von einer Übergangslöung Gebrauch gemacht, die in der Zwischenzeit angeoten wurde. Aber bereits 2003 hat die Europäische Kommission nsere, die deutsche Haltung bestätigt, dass die Weiterabe der steuerlichen Ermäßigung an die Verbraucher einesfalls gesichert werden kann, eher im Gegenteil. ie Frau Westrich zu Recht gesagt hat, subventionieren ir damit den Umsatz und entlasten nicht den Verbrau her. Von einer positiven Lenkungswirkung ist ebenfalls icht auszugehen. Jetzt komme ich auf die hiesige Mehrwertsteuer zu prechen. Nachdem wir eine Debatte darüber geführt haen, ob es sinnvoll ist, die Mehrwertsteuer auf Energieosten zu senken, ob sie der Preistreiber in dem ganzen piel ist, muss doch gerade die Entwicklung der Eneriekosten wirklich auch dem letzten denkenden Menchen klargemacht haben, dass die Mehrwertsteuer das llerletzte ist, was bei der Preisbildung eine Rolle spielt. (Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])


(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621111000

(Beifall bei der SPD)

Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621111100

(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Gabriele Frechen
Es gibt andere Dinge, die deutlich wichtiger sind, näm-
lich die Spanne zwischen „Das kann ich noch erzielen“
und „Das geht nicht mehr“. Diese Spanne ist bei der
Preisbildung wichtig, deutlich wichtiger als der Mehr-
wertsteuersatz.

Stichwort „rezeptfreie Medikamente/Arzneimittel“: Es
hat sich doch eindeutig gezeigt, dass Ihre Theorie nicht
stimmt. An dem Tag, an dem Ministerin Schmidt ange-
kündigt hat, dass die preiswertesten Generika künftig
von der Zuzahlung befreit sind, purzelten die Preise; die
Anbieter übertrafen sich gegenseitig. Warum? Weil jedes
Pharmaunternehmen ein Stück vom Kuchen haben
wollte, zur Not unter Inkaufnahme einer geringeren Ge-
winnspanne. Was hat das mit der Mehrwertsteuer zu tun?
Die Mehrwertsteuer ist bei allen Generika die gleiche.
Ich spreche nur von Dingen, die im Inland gehandelt
werden. Für das gleiche Schmerzgel zahlt man zwischen
6,41 Euro und 13,48 Euro, und das bei einem gleichen
Mehrwertsteuersatz.

Wir haben die Handwerksleistungen auf eine ganz an-
dere Art und Weise gefördert. Dazu brauchten wir keine
Mehrwertsteuersenkung. Bei uns können die Kosten für
handwerkliche und haushaltsnahe Leistungen direkt von
der Steuer abgezogen werden. Finden Sie etwas Ver-
gleichbares im europäischen Ausland! Unsere Lösung
hat für mich den zusätzlichen Charme, dass sie Schwarz-
arbeit verhindert, was durch eine Senkung der Mehr-
wertsteuer nicht erreicht wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn der Handwerker die berühmte Frage stellt: „Brau-
chen Sie eine Rechnung?“, und der Kunde das verneint,
dann merkt er doch nicht, ob ihm 7 Prozent oder 19 Pro-
zent Mehrwertsteuer nachgelassen werden. Ich halte un-
sere Lösung also für besser. Gegen Vorlage der Rech-
nungen einen Steuerabzugsbetrag von maximal 4 000
oder 1 200 Euro gewährt zu bekommen, das ist wie bares
Geld. Keine Rechnung zu erhalten, ist etwas anderes.

Zu den Restaurants. Wir haben eben spekuliert, ob
Nachmittagsflüge von Berlin nach Frankreich angeboten
werden, weil das Mittagessen dort preiswerter ist, wenn
dort die Steuern gesenkt werden.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Sie haben doch keine Ahnung!)


– Doch, ich habe Ahnung. Ich komme aus Süddeutsch-
land.


(Zuruf von der CDU/CSU)


– Genau, mit gutem Essen kenne ich mich aus. Ich
komme aus Süddeutschland.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Wer aus Süddeutschland kommt, hat recht!)


Sie glauben doch nicht, dass jemand aus dem Rebland
zum Essen 100 Kilometer nach Colmar und wieder zu-
rück fährt, weil in Colmar der Steuersatz niedriger ist.
Ich möchte den Badener sehen, der zum Essen statt ins
Rebland nach Colmar fährt.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Wegen der Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen ollen Sie die Steuerermäßigung zugegebenermaßen eientlich nur für Gastronomen in grenznahen Bereichen. ch meine, der Gastronom in Mecklenburg-Vorpommern raucht keine Steuerermäßigung, weil das Essen in traßburg preiswerter ist. (Markus Löning [FDP]: Aber das Essen in Stettin ist preiswerter!)


rzählen Sie mir nichts! Aber was machen wir denn mit
er Konkurrenz zwischen Straßburg und Karlsruhe? Die
aden-Badener sind näher an der Grenze als die Karlsru-
er. Es könnte also zu einem innerdeutschen Wettbe-
erbsnachteil kommen.

Zum Schluss möchte ich noch etwas zu den Hotels sa-
en. Eine Ferienwohnung in Zinnowitz kostet im Fe-
ruar 273 Euro und im Dezember 511 Euro. Der Preis-
nterschied liegt nicht an der Mehrwertsteuer und auch
icht an den Heizkosten; in Zinnowitz muss im Februar
nd im Dezember gleichermaßen geheizt werden.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621111200

Frau Kollegin!


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621111300

Eltern mit schulpflichtigen Kindern wissen, woran es

iegt: Es liegt nicht an der Mehrwertsteuer, sondern an
er Gewinnspanne in der jeweiligen Saison; ich habe
ben darauf hingewiesen.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621111400

Frau Kollegin, Sie hatten Ihre Rede bereits beendet.


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621111500

Entschuldigung, noch einen Satz von Heinz Erhardt

n Richtung FDP:

Manche Menschen wollen glänzen, obwohl sie kei-
nen blassen Schimmer haben.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621111600

Der Kollege Klaus Brähmig hat das Wort für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1621111700

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Im Jahr 2008 hatte der Bundeshaushalt ein Volu-
en von 288 Milliarden Euro. Auf der Einnahmeseite

tanden 94 Milliarden Euro Mehrwertsteuer; das sind
twa 28 Prozent. In der aktuellen Diskussion wird mir
anchmal schwummerig, wenn ich so höre, was wir al-

es auf breiter Front senken wollen, ohne dass einmal of-
en darüber gesprochen wird, dass wir das letztendlich
egenfinanzieren müssen, also entsprechende Einnah-
en generieren müssen. Das dürfen wir nicht außer Acht

assen.






(A) )



(B) )


Klaus Brähmig
Das Thema, über das wir heute debattieren – es ist
nicht das erste Mal; ich bin ganz sicher, dass es für die
nächsten Wochen und Monate auch nicht das letzte Mal
sein wird –, eignet sich nicht für Populismus. Wichtig
wird sicherlich sein, dass es nach dem Ende dieser Le-
gislaturperiode zu einem Kassensturz kommt und die
dann Regierenden eine Bewertung vornehmen.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich in den
letzten Jahren immer für den Abbau von Wettbewerbs-
verzerrungen eingesetzt, auch von solchen in den Berei-
chen Tourismus, Gastronomie und Hotellerie, und sich
ganz massiv für die Harmonisierung innerhalb Europas
engagiert. Ich bin sehr froh darüber, dass im Augenblick
diese Diskussion stattfindet; denn das gibt uns die Mög-
lichkeit – es setzt uns natürlich auch unter Druck –, et-
was in dieser Richtung zu tun, nicht nur darüber zu spre-
chen, sondern auch konstruktive Vorschläge vorzulegen
und dann umzusetzen.

Ich kann mich gut daran erinnern, Frau Kressl, dass
wir vor nicht allzu langer Zeit mit Frau Faße bei Ihnen
im Ministerium waren. Die Branche animiert uns Fach-
politiker ja ständig, Vorschläge zu unterbreiten. Ich hätte
mir gewünscht, dass der Finanzminister, wenn er in
Brüssel schon zustimmt – wie uns allen bekannt ist, ist ja
Einstimmigkeit notwendig –, für Deutschland vorgibt,
wie wir es mit den ausgewählten Branchen halten wol-
len. Der Anspruch der Branche, der Hotellerie und Gas-
tronomie, ist durchaus berechtigt. Es geht nämlich da-
rum, die Wettbewerbsverzerrungen innerhalb Europas,
lieber Ernst Burgbacher, abzubauen


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


und den Standort Deutschland nicht zu benachteiligen.
Wir werden uns in der Diskussion und in den Beratun-
gen der nächsten Wochen und Monate etwas einfallen
lassen müssen. Ich bin sehr sicher, dass wir beide An-
sprüche berücksichtigen können.

Man muss wissen, dass die Mehrwertsteuer gerade für
die Preiskalkulation in der Gastronomie ein ganz wichti-
ger Punkt ist. Die Waren werden mit 7 Prozent Mehrwert-
steuer eingekauft und mit 19 Prozent Mehrwertsteuer
weitergegeben. Deshalb kann man einen Gastronomiebe-
trieb fast als kleines Finanzamt ansehen; denn man leistet
dort durchaus eine wichtige Arbeit für den Staat.

Da bin ich durchaus bei der Position der FDP. Wir als
Tourismuspolitiker haben gemeinsam mit Ernst Hinsken
in den letzten Wochen immer wieder vorgebracht, dass
wir das vom Kopf auf die Füße stellen müssen. Ich
schließe mich da meinen Vorrednern an. Dieser Katalog
bringt Kuriositäten mit sich, und das macht überhaupt
keinen Sinn. Das ist einer der ersten Punkte, die so
schnell wie möglich in Ordnung gebracht werden müs-
sen.

Ich will ergänzend nur noch einige Beispiele anfüh-
ren: ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Hausschweine,
normaler Mehrwertsteuersatz für Wildschweine; ermä-
ßigter Satz für Kartoffeln aller Art, normaler Satz für
Süßkartoffeln; ermäßigter Satz für Tomatenmark und
Tomatensaft, normaler Satz für Tomatenketchup und To-
matensoße. Ein ganz tolles Beispiel ist folgendes: Pilze

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(C (D nd Trüffel, ohne Essig haltbar gemacht: ermäßigter ehrwertsteuersatz; Pilze und Trüffel, mit Essig haltbar emacht: normaler Mehrwertsteuersatz. (Florian Pronold [SPD]: Gibt es in der Praxis da Preisunterschiede?)


iese Liste ließe sich unendlich fortführen.

Meine Vorredner haben deutlich gemacht, dass in viel-
ältiger Weise dringender Handlungsbedarf besteht und
ntsprechende politische Maßnahmen getroffen werden
üssen.

Ich will noch ganz kurz auf Folgendes eingehen: Die
egierungschefs werden ja heute oder morgen in Brüssel
ine Entscheidung in die eine oder andere Richtung tref-
en. Ich denke, sie wird derjenigen ähneln, die die Fi-
anzminister getroffen haben. Danach muss von Brüssel
ie entsprechende Richtlinie erarbeitet werden. Erst
ann beginnt bei uns die Umsetzung im Parlament, so-
ern wir die Mehrheiten dafür organisieren.

Ich selber werde mich im Rahmen der Arbeitsgruppe
ourismus mit den Branchenvertretern in den nächsten
ochen zusammensetzen, damit es – das ist ganz wich-

ig – nicht nur dazu kommt, dass wir die Lippen spitzen,
ondern auch dazu, dass wir pfeifen.


(Joachim Poß [SPD]: Hat er schon einen Deckungsvorschlag genannt?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621111800

Herr Kollege!


Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1621111900

Das Thema muss in die Wahlprogramme der Parteien

ufgenommen werden; nur dann besteht die Chance,
ass es Eingang in einen Koalitionsvertrag findet und im
ahre 2010 auch in die Praxis umgesetzt werden kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621112000

Für die Bundesregierung erteile ich das Wort der Kol-

egin Parlamentarische Staatssekretärin Nicolette Kressl.


(Beifall bei der SPD)


N
Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1621112100


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ch möchte zuerst kurz auf einige wenige Beiträge aus
er bisherigen Debatte eingehen.

Erstens will ich noch einmal ganz deutlich machen,
ie dieser Kompromiss zustande gekommen ist: Alle
onnten im Dezember nachlesen, dass nach sehr langer
ebatte auf europäischer Ebene die Kanzlerin und Herr
arkozy bei einem Treffen der Regierungschefs mitei-
ander vereinbart haben, in dieser Frage einen Kompro-
iss zu schließen. Wir stehen zu diesem Kompromiss.

ch halte es aber nicht für zulässig, den Anteil daran nur






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Nicolette Kressl
einem Teil der Regierung zuzuordnen, wie es gerade
teilweise passiert ist.

Zweitens. Herr Kolbe, Sie haben ja recht, dass es sich
einem, wenn man sich den Inhalt der Schreiben des
BMF vor Augen führt, geradezu aufdrängt, dass es zu
Veränderungen kommen muss. Sie haben dann weiterhin
gesagt, das sei eine Glanzleistung unseres Hauses gewe-
sen. Hier möchte ich einem Missverständnis vorbeugen:
Ich weiß zwar, dass der Begriff „BMF-Schreiben“ im-
mer den Eindruck vermittelt, es handle sich um ein
Schreiben des Bundesfinanzministeriums. Das ist aber
nicht so. Das wissen Sie wahrscheinlich. Hier geht es um
eine Verwaltungsanordnung, die auf der Zustimmung ei-
ner Mehrheit der Bundesländer beruht. Ich will das nur
noch einmal deutlich machen, damit nicht falsche Töne
in die Debatte kommen. Das bedeutet also nicht, dass
wir alles inhaltlich richtig finden,


(Joachim Poß [SPD]: Kommt alles aus Sachsen und Bayern!)


sondern vielmehr, dass wir uns darum kümmern müssen,
hier zu einer noch größeren Vereinheitlichung zu kom-
men.

Meine dritte Anmerkung betrifft die Ehrlichkeit in
dieser Debatte, insbesondere vonseiten der FDP: Wer
mehr Vereinheitlichung fordert, aber nicht zugleich alles
mit dem halben Mehrwertsteuersatz belegen will, darf
nicht den Parteien und Fraktionen, die sich für eine ent-
sprechende Vereinheitlichung einsetzen, vorwerfen, sie
erhöhten die Steuern. Ich ahne, wie Sie im Zweifel den
Parteien, die sich auf diesen Weg machen, die Worte im
Mund umdrehen. Die Ehrlichkeit gebietet es, in einer
Debatte nicht nur schön über Systematik zu reden, son-
dern auch zu sagen, auf was man sich einlässt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Volker Wissing [FDP]: Das machen wir doch nie! Wir drehen niemandem das Wort im Munde um! Wir nehmen die Leute nur beim Wort!)


Es ist so – wir haben es gehört –, dass das Experiment
„ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf arbeitsintensive
Dienstleistungen“ auf europäischer Ebene für all die
Mitgliedstaaten dauerhaft nutzbar wird, die es wollen.
Nicht ohne Grund hat sich mittlerweile aber eine zuneh-
mende Zahl von Mitgliedstaaten der Protokollerklärung
angeschlossen und gesagt, dass sie das Instrument nicht
nutzen werden. Das macht, wie ich glaube, auch Sinn.
Hier vorschnell zu entscheiden – bei manchen Redebei-
trägen hatte ich diesen Eindruck –, wäre unüberlegt. Da
bin ich mir sicher.

Die Prüfung der Mitgliedstaaten, ob sie diesen Weg
mitgehen, sollte dabei unter dem Motto stehen: Bedenke
die Wirkung! Manche sagen ja, dass die einzige Wir-
kung, die in diesem Fall sicher ist, die ist, dass es zu
Steuermindereinnahmen kommt. Die Auswertung der
europäischen Experimente hat doch gezeigt – ich sage
dazu in Klammern: das deutet sich ja offensichtlich auch
bei den Bergbahnen an –,

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(C (D (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Die Bergbahnenregelung hat doch die bayerische SPD mitbeschlossen!)


ass die Vorteile von im Laufe der Zeit reduzierten
ehrwertsteuersätzen so gut wie nie dauerhaft an die

erbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wer-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Joachim Poß [SPD]: Das sind die Erfahrungen, Herr Burgbacher! Hören Sie einmal zu!)


Herr Burgbacher und Herr Wissing, bis heute hatte
ch noch geglaubt, dass auch Sie der Meinung sind, dass
ie Einsparung an die Verbraucherinnen und Verbrau-
her weitergegeben werden sollte.


(Gabriele Frechen [SPD]: Aber nein!)


avon haben Sie aber in keinem Ihrer Redebeiträge ge-
prochen. Sie haben ausschließlich über den Gewinn in
er Gastronomie gesprochen. Wir sollten noch einmal
enau nachlesen, was Sie heute hier gesagt haben.


(Beifall bei der SPD – Dr. Volker Wissing [FDP]: Jetzt drehen Sie aber das Wort im Munde herum!)


Die Aussage, dass noch nie eine Steuerersparnis an
ie Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben
orden ist, ist nicht einfach nur dahergesagt. Es gibt
ehrere Studien dazu. Ich will nur kurz auf zwei einge-

en. Die Europäische Kommission konnte 2003 in ihrer
valuierung dieser „Experimente“ weder eine positive
irkung auf die Arbeitsplätze noch eine Eindämmung

er Schwarzarbeit feststellen. In der gleichen Studie
ird ergänzt, dass mit einem Einsatz von Haushaltsmit-

eln, die beispielsweise zur Senkung von Arbeitskosten
erwendet werden, eine deutlich bessere Wirkung auf
ie Arbeitsplätze erzielt werden kann als mit reduzierten
ehrwertsteuersätzen.

Herr Schick hat es schon erwähnt: 2007 gab es auf
uropäischer Ebene die Studie des Kopenhagener Øko-
omisk Instituts, in der deutlich festgestellt wird, dass
rmäßigte Mehrwertsteuersätze das am wenigsten geeig-
ete Mittel zur Verfolgung von Lenkungs- oder Entlas-
ungszielen sind


(Joachim Poß [SPD]: Hört! Hört!)


nd dass eine direkte Förderung in jedem Fall besser ist.

Das lässt mich den Bogen schlagen zu der Tatsache,
ass die Bundesregierung und die beiden Koalitionsfrak-
ionen genau diesen Weg beispielsweise bei der Absetz-
arkeit von Handwerksleistungen von der Steuerschuld
in dieser Legislaturperiode wurde der entsprechende
etrag verdoppelt – gegangen sind. Dies hat eine dop-
elte zielgenaue Wirkung: Zum einen bekommen die
andwerker mehr Aufträge – alle Beteiligten haben ge-

agt, dass diese Maßnahme zu einer Verbesserung der
uftragslage geführt hat –, und zum anderen werden die
enschen nachvollziehbar und von uns überprüfbar ent-

astet. Das wäre bei den ermäßigten Mehrwertsteuersät-
en völlig anders.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Nicolette Kressl
Lassen Sie mich noch kurz auf die Steuerminderein-
nahmen eingehen, die sich mit Sicherheit ergeben wür-
den. Sie würden im Bereich der kleinen Reparaturleis-
tungen 230 Millionen Euro betragen, 640 Millionen Euro
bei Friseurdienstleistungen und geschätzte 3,7 Milliar-
den Euro im Bereich der Restaurantdienstleistungen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Da müssen Sie noch anderes mit einrechnen!)


In einem ersten logischen Denkschritt können wir davon
ausgehen, dass die Steuerersparnis nicht weitergegeben
wird. In einem zweiten logischen Denkschritt können
wir erwarten, dass es Steuermindereinnahmen gibt. Dies
führt uns zu einem dritten logischen Denkschritt, näm-
lich dass wir diese Mindereinnahmen an anderer Stelle
kompensieren müssen. Das belastet aber auch die Men-
schen, die nicht entlastet worden sind.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)


Das ist eine doppelte Bestrafung und somit nicht der
richtige Weg.


(Beifall bei der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Denken Sie mal an die Arbeitsplatzentwicklung in diesem Bereich!)


Ich will ganz deutlich sagen: Die Erkenntnis, dass
branchenbezogene Ausnahmen nicht der richtige Weg
sind – auch die Bundeskanzlerin hat deutlich gemacht,
dass sie es für falsch hält, in dieser Legislaturperiode
noch ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen –,
hat sich in der Bundesregierung durchgesetzt. Diese Ein-
sicht ist aber nicht nur in der Bundesregierung vorhan-
den. Ich freue mich darüber, dass der Deutsche Indus-
trie- und Handelskammertag eine differenzierte
Stellungnahme dazu abgegeben hat. Er ist der Meinung,
dass dies kein Weg ist, den man wirklich gehen sollte.

Ich bin der Überzeugung: Wenn man auf Schnell-
schüsse verzichtet, ehrlich ist und die von mir vorhin er-
wähnten logischen Denkschritte geht, dann kommen wir
am Ende der Debatten sicherlich zu dem Ergebnis, dass
der von Ihnen vorgeschlagene Weg zur Entlastung des
Mittelstandes und der Verbraucher, die wir wollen,
falsch ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621112200

Der Kollege Eckhardt Rehberg spricht jetzt für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1621112300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge-

ordneten! Wenn man ernst nimmt, was die Europäische
Union zum Thema Mehrwertsteuer beschlossen hat,
dann stellen sich neue Fragen: Was sind kleinere Repara-
turdienstleistungen an Fahrrädern? Was umfasst die Re-
novierung von und Reparaturen in Privatwohnungen mit
Ausnahme von Materialien, die einen bedeutenden Teil

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(C (D es Wertes der Dienstleistung ausmachen? Herr Kollege urgbacher, schaffen wir hier das nächste Problem? Herr ollege Burgbacher, wenn Sie die Gastronomiee im lick haben, dürfen Sie das Beherbergungsgewerbe icht vergessen. (Ernst Burgbacher [FDP]: Für Hotels gilt es doch schon längst!)


ir schaffen damit für weitere Bereiche Bedingungen,
ie es sie heute zum Beispiel im Fleischerfachgeschäft,

m Bäckerladen oder bei McDonald’s gibt. Derjenige,
er bei McDonald’s mit dem Auto vorfährt, zahlt eine
ehrwertsteuer von 7 Prozent, derjenige, der innen isst,

ine Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Ich weiß nicht, wo
n dieser Stelle die Differenz von 12 Prozent bleibt.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist doch ein Unsinn!)


enn wir uns diesem Thema ernsthaft widmen wollen,
ine Regelung das Hotel- und Gaststättengewerbe um-
assen soll und keine neue Bürokratie aufgebaut werden
oll, dann muss man an dieser Stelle beides ohne Wenn
nd Aber zusammenpacken.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Machen wir ja! Für Hotels gilt es doch schon!)


Herr Kollege Burgbacher, Sie haben sehr stark auf die
uropäische Gastronomie abgehoben. Im Süden gibt es
das gebe ich zu – ein ungeheueres Problem. Ich möchte

ber nicht, dass in Mecklenburg-Vorpommern, Schles-
ig-Holstein und Niedersachsen der gleiche Mehrwert-

teuersatz wie in Dänemark und Schweden gilt. Dieser
iegt nämlich in diesem Bereich bei 25 Prozent. Wenn
ir uns dieses Themas annehmen – das ist meine klare
osition als Wirtschaftspolitiker –, dann müssen wir das
esamtheitlich und ohne Schnellschüsse regeln.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Aber mit Fakten!)


ir müssen insbesondere die Dummheiten, die es beim
hema Mehrwertsteuer gibt – ich habe einige beschrie-
en; man könnte weitere beschreiben –, beseitigen. Das
rundprinzip muss sein: weniger Bürokratie.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1621112400
Es
ird eine spannende Debatte geben, zum Beispiel zum
tichwort „Tierfutter“. Was machen wir mit den dort
eltenden 7 Prozent, wenn wir ein Gesamtkonzept ange-
en?

Ich will aber die Baustellen des Mittelstandes be-
chreiben, die den Mittelstand im Augenblick besonders
edrücken. Das ist das Thema Zinsschranke.


(Zurufe von der FDP: Ja!)


as ist die Anrechnung der Kosten für Mieten, Leasing
nd Pachten bei der Gewerbesteuer.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


as ist das Thema Verlustvorträge. Hier kann ich an die
olleginnen und Kollegen der SPD nur appellieren, ihre
lockadehaltung aufzugeben; denn das sind gerade in






(A) )



(B) )


Eckhardt Rehberg
dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit Baustellen für den
Mittelstand.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Burgbacher [FDP]: Sie haben dem doch zugestimmt!)


Diese Baustellen müssen wir beheben. Die eine oder an-
dere Unwucht, die es bei der Unternehmensteuerreform
gegeben hat, müssen wir noch vor der Sommerpause be-
heben;


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das haben wir schon mehrfach beantragt, und Sie haben das abgelehnt! Absurd!)


denn wir werden danach keine Zeit mehr haben. Ich sage
Ihnen voraus – jetzt komme ich wieder zum Gastrono-
mie- und Hotelbereich –: Gerade die Anrechnung der
Kosten für Mieten, Leasing und Pachten im Gewerbe-
steuerbereich ist ein wesentliches Problem, auch für den
Einzelhandel.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Völlig richtig!)


Die Herabsetzung auf eine Anrechnung von 65 Prozent
bei Immobilien ist nicht ausreichend. Da müssen wir
deutlich unter 50 Prozent gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Burgbacher [FDP]: Jetzt weichen Sie aber dem Problem nicht aus!)


Für die Zukunft ist auch die Frage berechtigt, was die
Ansatzpunkte sind, um Nachfrage zu generieren. Wir ha-
ben in dieser Legislaturperiode einiges getan, gerade
beim Konjunkturpaket II. Ich möchte an die Aufsto-
ckung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von handwerkli-
chen Leistungen, aber auch von haushaltsnahen Dienst-
leistungen und Kinderbetreuungskosten erinnern. Ich
erinnere an die degressive AfA. Wenn man dies alles be-
trachtet, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass wir
eine Menge getan haben, um den Mittelstand zu stärken.
Wir alle sollten uns darüber klar sein – dies möchte ich
betonen –, dass all dies Steuermindereinnahmen bewirkt.
Aber volkswirtschaftlich gesehen rechnet es sich lang-
fristig.

Ich bin sehr dafür – ich sage das für die Wirtschafts-
politiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion –:


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Gibt es die noch?)


– Die gibt es schon. – Wir brauchen ein Gesamtkonzept,
was die Mehrwertsteuer betrifft. Wir brauchen insbeson-
dere weniger Bürokratie. Wir brauchen eine Vereinfa-
chung. Ich sage ausdrücklich: Arbeitsintensive Dienst-
leistungen dürfen nicht mit einem ermäßigten
Mehrwertsteuersatz belegt werden, während möglicher-
weise auf der Gegenseite die steuerliche Abzugsfähig-
keit von handwerklichen Dienstleistungen wegfällt. Wir
müssen uns sehr gut überlegen, was wir machen.

Wir sollten uns vor Schnellschüssen, vor Aktionismus
hüten. Herr Kollege Burgbacher, es wird nicht auf frucht-
baren Boden fallen, wenn man nur eine Branche – und
dann noch selektiv die Gaststätten und nicht die Hotels –
im Blick hat.

Danke schön.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621112500

Die letzte Rednerin in der Aktuellen Stunde ist die

ollegin Simone Violka für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1621112600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Manchmal staunt man ja: Die FDP hat endlich
ie richtungsweisende Kompetenz Europas entdeckt! Ich
ätte mir gewünscht, dass die FDP genauso vehement
ür die Einführung der Antidiskriminierungsrichtlinie in
eutschland eingetreten wäre. Auch das war eine euro-
äische Entscheidung. Damals hat die FDP aber mit Ve-
emenz dafür geworben, dass man sie nicht umsetzt. Sie
at gesagt: Man sollte das nicht machen. Man sollte sich
in Hintertürchen offen lassen.

Nun hat die FDP plötzlich die richtungsweisende
ompetenz von Europa entdeckt. Dabei stimmt das an
ieser Stelle noch nicht einmal. Es geht lediglich darum,
inen Rahmen abzustecken, innerhalb dessen jedes Mit-
liedsland nach eigenem Ermessen entscheiden kann,
as es umsetzen will und was nicht. Aber es müssen
ahmenbedingungen gesetzt werden. Dann darf man
uch keine Rosinenpickerei betreiben, wie es die FDP
ut.

Ich nehme Frankreich einmal als Beispiel. Natürlich
uss man fragen, ob die Höhe der Mehrwertsteuersätze

ukünftig der einzige Unterschied zu Deutschland sein
oll oder ob auch andere Rahmenbedingungen zu beach-
en sind. Ich würde mir wünschen, dass die FDP sagt:
rankreich hat den Mindestlohn. Lasst ihn uns in
eutschland einführen, damit alle die gleichen Möglich-
eiten haben. – Das sehe ich noch nicht.


(Beifall bei der SPD)


Dieses Verhalten passt zur FDP. Im Landtag von
achsen hat die FDP in der letzten Woche noch vehe-
ent dafür geworben, den Schülerverkehr kostenlos an-

ubieten. In dieser Woche hat die FDP im Kreistag von
wickau aber selbst dagegen gestimmt.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Hier sind wir aber im Bundestag!)


as war ein SPD-Antrag. Wenn die FDP das möchte,
ann muss sie das auf allen Ebenen durchhalten, dann
ann sie nicht da, wo sie in der Opposition ist, Forderun-
en aufstellen, und sich dort, wo sie die Möglichkeit hat,
twas zu entscheiden, zurückziehen, weil das Geld kos-
et. So kann man doch keine Politik machen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie sollten die Rede lieber im Kreistag von Zwickau halten!)


Herr Wissing, Sie haben recht: Das Steuersystem ist
icht logisch. Aber woran liegt das denn? Als es einge-
ührt wurde, hatte es noch eine gewisse Logik. Dank des
obbyismus ist es in vielen Jahren und Jahrzehnten zu
em geworden, was es heute ist: eine recht unlogische






(A) )



(B) )


Simone Violka
Geschichte, die an vielen Stellen hinkt. Die FDP war
viele Jahre lang an der Regierung beteiligt und ist daher
mit dafür verantwortlich, dass Lobbyisten ihre Vorstel-
lungen durchsetzen konnten.


(Beifall bei der SPD)


Das darf man doch nicht vergessen.

Natürlich entwickelt sich die Welt weiter, auch
Deutschland. Als man die Regelungen eingeführt hat,
gab es verschiedene Dinge noch nicht. Deshalb konnten
sie nicht aufgeführt werden. Mein Lieblingsbeispiel in
diesem Zusammenhang ist der Vergleich zwischen Hör-
buch und Buch. Als der ermäßigte Mehrwertsteuersatz
bei Büchern eingeführt wurde, gab es noch keine Hörbü-
cher. Ich gebe Ihnen recht: Das sollte man auf den Prüf-
stand stellen und vergleichen, was vergleichbar ist. Da-
bei kann man durchaus zu der Erkenntnis kommen, dass
man einiges ändern muss. Zum Beispiel kann man zu der
Erkenntnis kommen, dass Hörbücher wie Bücher besteu-
ert werden sollen. Dafür bin ich offen.

Eine Harmonisierung bedeutet aber, dass es Plus und
Minus gibt. Man darf also nicht sagen, dass alles, was
von Lobbyisten bisher erkämpft worden ist, sozusagen
eine Eule auf der Stirn trägt und nicht angefasst werden
darf, dass also nur neue Sachverhalte aufgenommen
werden dürfen. Dann muss ich vielmehr auch bereit sein,
die Eulen abzunehmen und die Dinge neutral zu betrach-
ten.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Richtig!)


Als das versucht worden ist, war es aber die FDP, die
hier lautstark von Steuererhöhungen gesprochen hat.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Da wollten Sie ja nur erhöhen!)


– Nein, das ist nicht richtig. Es ging darum, zu schauen,
ob die Regelung im Sinne des Gesetzgebers ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das Gesetz war ein einziges Überraschungsei!)


– Nein, das war kein Überraschungsei. Dabei ging es um
viele Punkte. – Damals hat uns die FDP als erste vorge-
halten, der Staat wolle durch die Hintertür Steuererhö-
hungen durchsetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Volker Wissing [FDP]: So war es ja auch!)


Sie können doch nicht sagen: Wir wollen Harmonisie-
rung – aber nur dann, wenn der Steuersatz nach unten
geht.

Wenn man so etwas vorhat – diesbezüglich bin ich
mit vielen Kolleginnen und Kollegen d’accord –, muss
auch die eine oder andere politische Entscheidung ge-
troffen werden. Viele meiner ostdeutschen Kolleginnen
und Kollegen aus der SPD zum Beispiel haben gesagt:
Jawohl, wir möchten, dass bei der Schulspeisung der er-
mäßigte Steuersatz zur Anwendung kommt, weil die
Schulspeisung eben nicht in Konkurrenz zu den Gast-
stätten steht, sondern eher zu der Streuselschnecke vom
Bäcker, für die der ermäßigte Steuersatz gilt. Wenn wir
für unsere Kinder und Jugendlichen etwas machen wol-

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(C (D en, dann gehört dazu, dass wir ein bezahlbares, gesunes und möglichst abwechslungsreiches Mittagessen anieten. Ich glaube, das ist eine wichtige Forderung. Da Sie so extrem auf den Einfluss der Mehrwertsteuer uf die Preisfindung im Gaststättenbereich abstellen, uss ich fragen, warum es in Berlin bei einer Tasse Kaf ee eine Preisspanne von etwa 1 Euro bis 2,70 Euro – der reis kann auch etwas darunter oder darüber liegen – ibt. Mir ist nicht bekannt, dass es in Berlin nach Beziren geordnet verschiedene Mehrwertsteuersätze gäbe. iese Preisspanne hängt vielmehr mit Verdienst, mit iete, mit Nebenkosten und mit dem Standort zusamen und erst an letzter Stelle mit der Mehrwertsteuer, umal dann, wenn der Rahmen vergleichbar ist. Man kann nicht einfach nur auf Frankreich verweien; der Kollege hat es gesagt. Schauen wir einmal, wie s in den skandinavischen Ländern gehandhabt wird. – iese Beispiele nennen Sie komischerweise nicht; die assen Sie außen vor. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Weil wir uns um die Wettbewerbsnachteile der deutschen Wirtschaft kümmern!)


ch glaube, dass wir alle uns zusammensetzen und völlig
motionslos und unabhängig von Lobbyismus oder sonst
twas darüber reden müssen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das haben wir ja versucht! – Ernst Burgbacher [FDP]: Da haben Sie nicht mitgemacht!)


enn man ein vernünftiges System einführen möchte,
ollte dies ohne Lobbyismus und vor allen Dingen ohne
ine Gewinnoptimierung auf Staatskosten, wie Sie es
eute eingefordert haben, geschehen.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621112700

Damit schließe ich die Aussprache.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur verbes-
serten steuerlichen Berücksichtigung von Vor-

(Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung)


– Drucksache 16/12254 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Hierzu ist verabredet, eine Dreiviertelstunde zu debat-
ieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das
o beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
arlamentarischen Staatssekretärin Nicolette Kressl.


(Beifall der Abg. Gabriele Frechen [SPD])







(A) )



(B) )

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Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1621112800


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2008 ent-
schieden, dass Beiträge zu privaten Kranken- und Pfle-
geversicherungen bei der Einkommensteuer berücksich-
tigt werden müssen. Das ist heute noch nicht der Fall.
Die Bundesregierung legt daher den Entwurf eines Bür-
gerentlastungsgesetzes vor. Durch die Neuregelung wer-
den die Menschen in unserem Land ab 2010 um knapp
9,5 Milliarden Euro zusätzlich steuerlich entlastet. Die
hiermit freigesetzte Kaufkraft wird unsere Wirtschaft ne-
ben den beiden bereits verabschiedeten Konjunkturpake-
ten zusätzlich stimulieren können.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle Aufwendungen
des Steuerpflichtigen für eine normale Kranken- und
Pflegepflichtversicherung künftig steuerlich berücksich-
tigt werden. Angesetzt werden allerdings nur diejenigen
Krankenversicherungsbeiträge, die für eine medizini-
sche Grundversorgung mit modernen und wissenschaft-
lich anerkannten Behandlungs- und Heilmethoden ge-
zahlt werden. Diese Beitragsanteile sind künftig
unbegrenzt abziehbar.

Die Beitragsanteile für eine Komfort- oder Luxusver-
sorgung hingegen können nicht steuerlich berücksichtigt
werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht nicht ge-
fordert, und wir haben ausdrücklich entschieden, dass
wir das aus gutem Grunde nicht tun. Denn es liegt auf
der Hand, dass der Allgemeinheit der Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler nicht zugemutet werden darf, für teure,
medizinisch nicht notwendige Zusatzleistungen in den
gemeinsamen Steuertopf einzahlen zu müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Von dieser finanzwirtschaftlichen Sichtweise einmal ab-
gesehen wäre es auch sehr ungerecht; denn begünstigt
würden nur diejenigen, die sich die zum Teil sehr hohen
Beiträge für solche Tarife leisten können. Das will die
Bundesregierung nicht. Daher sieht der Gesetzentwurf
vor, dass eine Aufteilung der Beiträge erfolgen muss.

Auch wenn der Beschluss des Bundesverfassungsge-
richts sich ausschließlich auf die Beiträge eines privat
Versicherten bezogen hat, gelten diese Neuregelungen
gleichermaßen für gesetzlich wie privat Kranken- und
Pflegeversicherte. Es war eine für uns selbstverständli-
che politische Entscheidung, zu sagen, dass auch die
Beiträge zu gesetzlichen Krankenversicherungen steuer-
lich entsprechend berücksichtigt werden.

Wir wollen ausdrücklich, dass auch die Beiträge des
Steuerpflichtigen für seinen in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung mitversicherten Ehegatten bzw. seinen
eingetragenen Lebenspartner und seine Kinder erfasst
werden. Insoweit sieht der Gesetzentwurf keine Begren-
zung der Beiträge vor. Damit wird dem Umstand Rech-
nung getragen, dass gerade Familien für ihre Absiche-
rung oft höhere Beiträge leisten müssen. Wie bei der
Berücksichtigung von Beiträgen zum Aufbau einer Ba-
sisversorgung im Alter werden nur die vom Steuer-
pflichtigen tatsächlich geleisteten Beiträge angesetzt.
Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich

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(C (D ohe Belastungen auch durch entsprechend hohe Abugsbeträge auswirken müssen. Damit es im Vergleich zum geltenden Recht in Einelfällen nicht zu Benachteiligungen kommt, ist im Geetzentwurf bis zum Jahr 2019 eine Günstigerprüfung orgesehen. Insgesamt ist für den Steuerpflichtigen minestens der Betrag als Vorsorgeaufwendungen absetzbar, er auch nach geltender Rechtslage angesetzt werden ann. Durch die Günstigerprüfung wird das bisherige echt, vereinfacht gesprochen, konserviert. Es wird in edem Einzelfall geprüft, ob für den Steuerpflichtigen ie Anwendung des bisherigen oder des neuen Rechts ünstiger ist. Diese Prüfungen nimmt das Finanzamt von mts wegen vor. Der Steuerpflichtige muss in seiner inkommensteuererklärung lediglich die Höhe der von hm geleisteten Vorsorgeaufwendungen angeben. Sehr geehrte Damen und Herren, natürlich wird diese euregelung auch im Lohnsteuerverfahren berücksich igt. So können entsprechende Beiträge ab dem 1. Januar 010 bei der Ermittlung der Lohnsteuer angesetzt weren. Die Lohnsteuerpflichtigen werden also sofort steurlich entlastet. Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass das Bürgerntlastungsgesetz zu Entlastungen der Bürgerinnen und ürger in einem Umfang von rund 9,5 Milliarden Euro ührt. Begünstigt werden zu einem großen Teil Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmer; das Volumen ihrer Entastung beträgt rund 7,2 Milliarden Euro. Das ist, wie ich inde, ein wichtiger Hinweis, weil oft der Eindruck enttanden ist – er ist falsch –, als würde dieses Gesetz nur u Entlastungen beispielsweise für Selbstständige fühen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch Beamte und Selbstständige werden deutlich
ntlastet, Beamte im einem Umfang von 0,5 Milliarden
uro, Selbstständige um rund 1,6 Milliarden Euro. So
iel weniger Steuern müssen sie in Zukunft zahlen bzw.
o viel mehr Geld haben sie dann zur Verfügung. Ich
offe, dass wir nach den Beratungen im Parlament, nach
em parlamentarischen Verfahren und nach der Anhö-
ung in der zweiten und dritten Lesung zu einer großen

ehrheit für diese Entlastungen für die Menschen im
and kommen werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621112900

Carl-Ludwig Thiele spricht jetzt für die FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP)



Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1621113000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

olleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz trägt das Wort






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele
„Entlastung“ in seinem Titel. Es führt aber nicht für alle
Bürger zu der vom Bundesverfassungsgericht geforder-
ten Entlastung. Aus meiner Sicht ist es ein Steuererhö-
hungsgesetz zulasten Vorsorge treibender Bürger.


(Dr. Hans-Ulrich Krüger [SPD]: Ach was!)


Karlsruhe hat Entlastungen gefordert. Diese Entlastun-
gen werden aber nur unzureichend gewährt; auf die Ein-
zelheiten gehe ich gleich ein.

Aus meiner Sicht setzt die Große Koalition mit die-
sem Gesetz ihre Steuererhöhungspolitik fort, allerdings
klammheimlich. Insofern kann ich nur sagen: Die Große
Koalition ist wieder einmal Weltmeister in Sachen
Sprachschöpfung. Warum sie von einem „Bürgerentlas-
tungsgesetz“ spricht, obwohl dieses Gesetz unter ande-
rem vorsieht, dass Arbeitslosenversicherungsbeiträge in
Zukunft nicht mehr steuerlich berücksichtigt werden
können, ist ihr großes Geheimnis.

Die Anforderungen, die Karlsruhe an die Entlastung
der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gestellt
hat, sind klar. Die Antwort der Großen Koalition lautet:
Wenn wir auf der einen Seite entlasten müssen, dann
müssen wir auf der anderen Seite streichen. Streichen
bedeutet in diesem Fall konkret: Steuererhöhungen für
andere.


(Dr. Hans-Ulrich Krüger [SPD]: Nein! Günstigerprüfung! – Antje Tillmann [CDU/CSU]: Eben nicht!)


– Eine Günstigerprüfung hat das Bundesverfassungsge-
richt in seinem Urteil überhaupt nicht vorgesehen, Herr
Kollege Krüger.


(Dr. Hans-Ulrich Krüger [SPD]: Aber im Gesetzentwurf ist sie vorgesehen!)


Daran, dass Sie eine Günstigerprüfung vorsehen, wird
aus meiner Sicht eines deutlich: Bislang konnten Kran-
kenversicherungsbeiträge nicht steuerlich berücksichtigt
werden. Auf Basis des geltenden Rechts hätte man sie
allerdings zusätzlich berücksichtigen müssen. Das ist im
Grunde genommen das, worum es geht.

Um einige Grundsätze klarzustellen: Das Existenzmi-
nimum muss steuerfrei sein. Es gibt einen weiteren ver-
fassungsrechtlichen Grundsatz: Die erwerbsnotwendi-
gen Aufwendungen, die Kosten zur Einnahmeerzielung,
müssen steuerlich abgesetzt werden; das objektive
Nettoprinzip muss also durchgesetzt werden.

Es gibt einen weiteren Grundsatz: das subjektive Net-
toprinzip. Er besagt, dass existenznotwendige Ausgaben
steuerlich berücksichtigt werden müssen. Das sind Aus-
gaben, denen ein Steuerpflichtiger nicht ausweichen
kann.

Jetzt möchte ich dem Hohen Hause und der Öffent-
lichkeit erklären, was alles durch dieses Gesetz gestri-
chen wird:

Erstens: der Sonderausgabenabzug der Beiträge zur
Arbeitslosenversicherung. Die Arbeitslosenversicherung
ist eine notwendige Vorsorge für die Arbeitslosigkeit. Es
ist eine Zwangsabgabe, die entrichtet werden muss. Des-

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(C (D alb können sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneher dieser Abgabe überhaupt nicht entziehen. Die Be ründung für die Streichung des Sonderausgabenabzugs wenn man Arbeitslosengeld beziehe, sei dies steuerfrei nd unterliege nur dem Progressionsvorbehalt – ist doch anebüchen; denn zum Glück wird nicht jeder Arbeitehmer und jede Arbeitnehmerin in unserem Land areitslos. Das heißt, die Großzahl derjenigen, die Arbeitsosenversicherungsbeiträge leisten, erhält nie einen Cent us der Arbeitslosenversicherung. Diese Kosten können in Zukunft nicht einmal steuerich berücksichtigt werden; daran ändert das Vergleichserfahren überhaupt nichts. Zweitens: der Sonderausgabenabzug der Beiträge zur rwerbsunfähigkeitsund Berufsunfähigkeitsversicherung. as heißt das denn? Jeder, der erwerbstätig wird – ich age das auch meinen Kindern –, muss sich gegen Beufsunfähigkeit versichern, schon aus Verantwortung für ich, aber umso mehr – wenn man eine Familie hat –, um as Einkommen der Familie zu sichern. Drittens: der Sonderausgabenabzug der Beiträge zur nfallversicherung. Gerade junge Familien brauchen ber eine Unfallversicherung, weil sie es sich nicht leisen können, dass nach einem Unfall kein Einkommen ehr zur Verfügung steht. Viertens: der Sonderausgabenabzug der Prämien zur aftpflichtversicherung. Jeder verantwortungsvolle Mensch uss sich doch gegen Missgeschicke, die jedem passie en können, absichern; denn die finanziellen Folgen eies Missgeschicks können sehr groß sein – sowohl für en Schädiger als auch für den Geschädigten. Fünftens: der Sonderausgabenabzug der Beiträge der isikoversicherung für den Todesfall. Wenn Bürgerinnen nd Bürger in unserem Land Eigentum bilden wollen, as aber nur schaffen, wenn sie am Anfang Schulden aufehmen, dann müssen im Laufe des Erwerbslebens naürlich Kreditzinsen gezahlt und die Schulden getilgt erden. Wenn dann aber eine Berufsunfähigkeit eintritt der ein Erwerbstätiger verstirbt, dann muss doch sicherestellt sein, dass die Familie nicht mit Schulden belastet ird, die sie gar nicht mehr tragen kann, weil das Einommen nicht mehr vorhanden ist. Auch dieser Sonderusgabenabzug wird durch den Gesetzentwurf gestrihen. Auf der einen Seite wird gesagt: Sorgt vor! Auf der nderen Seite wird gesagt: Wenn ihr vorsorgt, dann üsst ihr das aus dem versteuerten Einkommen finan ieren. Das kann doch überhaupt nicht richtig sein. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der FDP)


as regt mich wirklich auf.

Bei der Krankenversicherung soll der Sonderausga-
enabzug der Beitragsanteile der Krankenversicherungs-
rämien, die das Krankengeld absichern, gestrichen wer-
en. Wer erhält denn Krankengeld? Das bekommt man
och nur, weil man krank ist und keine Einkünfte mehr






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele
erzielt. Auch dort wird der Sonderausgabenabzug gestri-
chen.

Ich weiß gar nicht, ob das allen Mitgliedern dieses
Hohen Hauses bekannt ist. Was die Arbeitslosenversi-
cherung anbelangt, gehe ich angesichts der verblüfften
Gesichter der SPD-Fraktion davon aus, dass die meisten
davon gar nichts wissen. Auch die anderen Punkte sind
hier nicht bekannt.

Frau Staatssekretärin, ich habe noch nie in einem Ge-
setzentwurf so ein ärmliches Finanztableau gesehen wie
in diesem. Sie weisen nur aus, wo entlastet wird. Sie
weisen mit keinem Cent aus, wo gestrichen wird, wo ge-
genfinanziert wird, wo Bürger belastet werden, die Vor-
sorge betreiben. Das ist unsäglich. Das muss diskutiert
werden. Ich hoffe, dass im Rahmen der Diskussion viele
erkennen, dass hier bei den Krankenversicherungs- und
Pflegeversicherungsbeiträgen zwar Vorgaben des Verfas-
sungsgerichts umgesetzt werden, das Gesetz aber in
Kombination mit dem, was gestrichen wird, für viele
schlecht ist und die nächsten verfassungsrechtlichen Pro-
bleme hervorruft.

Natürlich muss man sich gegen Arbeitslosigkeit ver-
sichern. Warum das zukünftig aus versteuertem Einkom-
men erfolgen muss, ist überhaupt nicht einzusehen. Das
muss grundlegend überarbeitet werden. So kann das
überhaupt nicht bleiben.


(Beifall bei der FDP – Dr. Hans-Ulrich Krüger [SPD]: Keiner wird schlechter gestellt!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621113100

Der Kollege Klaus-Peter Flosbach hat jetzt das Wort

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Klaus-Peter Flosbach (CDU):
Rede ID: ID1621113200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Thiele, ich schätze Sie als Kollegen sehr.
Was Sie aber hier abgeliefert haben, ging weit an der
Wirklichkeit vorbei. Sie haben sehr überzogen.

Hier wird ein Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die
Bürger ab dem 1. Januar 2010 um 9,3 Milliarden Euro
entlastet werden. Sie aber reden von Steuererhöhungen.
Das kann wirklich nicht wahr sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Joachim Poß [SPD]: Steuermindereinnahmen von 10 Milliarden! Das sind Steuererhöhungen bei Thiele!)


Mit diesem Bürgerentlastungsgesetz werden wir die
Menschen mit 9,3 Milliarden Euro bezuschussen, damit
sie wieder mehr Geld in der Tasche haben und mehr die
Konjunktur ankurbeln können.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Bezuschussen nicht!)


Das ist ein Impuls für die Wirtschaft. Das passt genau in
die jetzige Lage.

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(C (D Im vergangenen Jahr hat es ein Urteil des Bundesverassungsgerichts gegeben. Danach muss das Existenzmiimum neu definiert werden. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Es ist also kein Zuschuss!)


erzeit liegt das Existenzminimum bei 7 834 Euro.
inzu kommen steuerfreie Pauschalen wie die Wer-
ungskostenpauschale, der Altersentlastungsbetrag und
er Sparerpauschbetrag.

Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Auch die
eiträge für eine Krankenversicherung müssen steuer-

rei gestellt werden, sofern diese Beträge das sozialhilfe-
leiche Niveau erreichen. – Das machen wir mit diesem
esetz. Weil wir dies machen, kommen 9,3 Milliarden
uro mehr bei den Bürgern an.

Heute sieht die Situation so aus, Herr Thiele: Derzeit
önnen Beiträge zur Krankenversicherung, zur Arbeits-
osenversicherung, für eine Berufsunfähigkeitsversiche-
ung, für eine Haftpflichtversicherung und für eine Risi-
olebensversicherung in einer Größenordnung von
500 Euro im Jahr geltend gemacht werden. Wenn die
orgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt
erden, wird dies anders sein.

Nehmen Sie beispielsweise einen Arbeitnehmer, der
m Monat 3 675 Euro und somit 44 100 Euro im Jahr
erdient. Dies entspricht einem Einkommen in der Höhe
er Beitragsbemessungsgrenze. Heute kann dieser Ar-
eitnehmer 1 500 Euro absetzen. Ab dem nächsten Jahr
ird er 4 024 Euro absetzen können. Er wird also
524 Euro mehr absetzen können. Das bedeutet, dass er

twa 1 000 Euro netto mehr in der Tasche hat. Somit
erden die Bürger durch unseren Gesetzentwurf entlas-

et.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dies ist auch kein Steuergeschenk, wie ich verschie-
entlich gehört habe. Vielmehr wird deutlich festgehal-
en, dass einige zu viel Steuern zahlen. Das ist also et-
as, was wir den Bürgern zurückgeben, aber kein
teuergeschenk.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen unter-
cheiden zwischen dem Bereich der gesetzlichen Kran-
enversicherung und dem Bereich der privaten Kranken-
ersicherung. Die gesetzliche Krankenversicherung
rhebt Beiträge nach dem Einkommen der Versicherten.
ußerdem gibt es eine Mitversicherung für Ehepartner,

ür Kinder und für Lebenspartner. In der privaten Kran-
enversicherung ist das anders. Für jedes versicherte
itglied muss ein eigener Beitrag gezahlt werden, der

ich nach dem Alter, nach dem Gesundheitszustand und
ach dem Geschlecht richtet.

Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Es müssen
n Zukunft alle Beiträge, die Beiträge der gesetzlich Ver-
icherten, aber auch die Beiträge der privat Versicherten,
nerkannt werden. Auch für die private Krankenversi-
herung gilt, dass ein sozialhilfegleiches Niveau der Ver-
orgung sichergestellt sein muss.






(A) )



(B) )


Klaus-Peter Flosbach
Besonders begrüße ich an diesem Gesetzentwurf, dass
damit der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts ge-
folgt wird, dass Familien mit Kindern, die privat versi-
chert sind, die Beiträge für ihre Kinder absetzen können
müssen. Das war bisher nicht der Fall. Das heißt, gerade
Familien mit vielen Kindern werden eine deutliche Ent-
lastung erfahren.

Wir haben hier also eine neue Kinderkomponente, die
bisher nicht vorhanden war. Bisher konnten nur in der
gesetzlichen Krankenversicherung Kinder ohne einen ei-
genen Beitrag mitversichert werden. An dieser Stelle er-
folgt also eine Kompensation der privat Versicherten.

Zudem ist in der privaten Krankenversicherung von
Bedeutung, dass der sogenannte Basistarif abgesetzt
werden kann. Das ist der Tarif, der den Leistungen der
gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Es gibt
aber natürlich viele, die sich nicht für den Basistarif,
sondern für eine private Vollversicherung entschieden
haben. Hierbei gibt es in Deutschland über Zehntausend
verschiedene Tarife. Es gab Überlegungen, nicht nur für
jeden Tarif, sondern für jeden einzelnen Versicherten he-
rauszurechnen, was dem sozialhilfegleichen Niveau ent-
spricht und was Zusatzversicherung ist.

Ich glaube, hier wurde in dem Gesetzentwurf eine
sehr gute Lösung gefunden. Wir unterstützen es seitens
der Union ausdrücklich, dass bei den Privatversicherten
ein pauschaler Abzug für alle vorgenommen wird. So
können wir nämlich eindeutig Bürokratie verhindern.
Ansonsten hätte dieser Gesetzentwurf eine Bürokratie
ohne Grenzen geschaffen. Das konnten wir Gott sei
Dank verhindern.

Insgesamt müssen wir zunächst einfach einmal fest-
halten, dass 60 Prozent der Bürger durch diesen Gesetz-
entwurf um 9,33 Milliarden Euro entlastet werden. Das
sind Menschen, die bisher zu viele Steuern für ihre
Krankenversicherungsbeiträge gezahlt haben.

Eines gefällt mir allerdings nicht – das will ich noch
einmal ausdrücklich erwähnen –, dass nämlich der bis-
herige Abzugsbetrag für die Haftpflichtversicherung, die
Unfallversicherung und die Berufsunfähigkeitsversiche-
rung gar keine Berücksichtigung mehr finden soll.


(Beifall bei der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Wir müssen bedenken, dass gerade die Haftpflichtversi-
cherung – so sagen es übrigens alle Verbraucherschützer,
Verbraucherzentralen und auch die unabhängigen Bera-
ter im Versicherungsbereich – eine der wichtigsten Ver-
sicherungen ist,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


weil zum einen der Schädiger geschützt wird, damit er
die Leistung überhaupt erbringen kann, und weil zum
anderen vor allem auch der Geschädigte geschützt wird;
denn wenn der Schädiger keine Versicherung hat, dann
kann der Geschädigte seinen Anspruch auf Leistung
nicht geltend machen – es sei denn, der Staat tritt ein.
Deswegen gibt es in solchen Fällen Folgekosten für den
Staat.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


Das Zweite ist die Berufsunfähigkeitsversicherung.
ie wird als die wichtigste individuelle Versicherung an-
esehen. Warum ist das so? – In Deutschland beträgt das
iesbezügliche Durchschnittsniveau etwa 700 Euro.
enn ein junger Mensch berufsunfähig wird, dann muss

ebenslang eine Leistung für ihn erbracht werden. Hat er
ine private Versicherung, so kann er dies kompensieren.

Gerade der Abzugsbetrag von bisher nur 1 500 Euro
am insbesondere Geringverdienern zugute. Sie konnten
uch noch Teile – teilweise natürlich auch nur mit dem
ingangssteuersatz – absetzen. Für sie war es einfach
ichtig, dass sie gerade in jungen Jahren – insbesondere

uch Ledige – diesen Betrag absetzen konnten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


isher gibt es die Möglichkeit der Berücksichtigung die-
er Versicherung nur im Rahmen der Riester- bzw.
ürup-Rente, wenn man eine Altersversorgung einbe-
ieht. Das können junge Leute normalerweise nicht, und
as können vor allen Dingen diejenigen mit einem nied-
igen Einkommen nicht.

Deshalb sollten wir dieses Thema im Rahmen der Be-
atungen noch einmal aufgreifen und prüfen, ob wir ge-
ade hinsichtlich der Haftpflichtversicherung, der
erufsunfähigkeitsversicherung und der Unfallversiche-

ung hier nicht doch noch eine neue Lösung finden kön-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


Es ist natürlich nicht unproblematisch, dass die recht-
ichen Grundlagen für die Altersversorgung und für die
rankenversicherung mit diesem Gesetzentwurf zum
ritten Mal in den letzten fünf Jahren geändert werden.
ie wissen, dass es dann ab 2010 ein neues Recht geben
ird. Mit dem Alterseinkünftegesetz haben wir ein spe-

ielles Recht, und es besteht auch noch das alte Recht
on 2004, weil es beispielsweise im Bereich der Kran-
enversicherung und vor allen Dingen im Bereich der
ltersversorgung langfristige Verträge gibt.

Wir begrüßen es seitens der Union ausdrücklich, dass
ier die sogenannte Günstigerprüfung eingeführt wird,
as heißt, dass diese Gesetzesänderungen nicht zu einem
achteil des Steuerpflichtigen führen dürfen. Deshalb
ibt es automatische Prüfungen seitens des Finanzamtes,
nd für den einzelnen Steuerpflichtigen wird genau aus-
erechnet, welcher Weg für ihn der günstigste ist. Wir
egrüßen das außerordentlich.

Diese Entlastung um 9,33 Milliarden Euro wird durch
in Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorgegeben.
ch glaube, das passt gut in die aktuelle konjunkturelle
ituation. Auch bei den anderen Konjunkturpaketen ha-
en wir über dieses Thema diskutiert. Dieser Gesetzent-
urf ist ein wichtiger Baustein, um den Menschen zu

eigen, dass sie nicht nur belastet, sondern auch entlastet
erden.






(A) )



(B) )


Klaus-Peter Flosbach
Wir unterstützen die Bundesregierung seitens der
Union, damit diese Entlastung zum 1. Januar 2010 wirk-
sam wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621113300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Barbara Höll für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621113400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom
Februar vergangenen Jahres das Grundprinzip bestätigt,
dass alle Aufwendungen, die die Menschen zur Sicher-
stellung ihres Existenzminimums brauchen, nicht be-
steuert werden dürfen, also steuerfrei zu stellen sind.


(Zuruf von der FDP: Richtig!)


Dazu gehören auch die Aufwendungen für die private
Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Aller-
dings – das wurde schon betont – schließt das nicht alle
Aufwendungen ein, sondern nur die Leistungen, die dem
Katalog der gesetzlichen Krankenkassen zur Erlangung
des sozialhilferechtlich gleichen Lebensstandards ent-
sprechen. Chefarztbehandlung und Einzelzimmer gehö-
ren also nicht dazu. Zum Glück folgt die Bundesregie-
rung in ihrem Gesetzentwurf genau dieser Logik.
Gleichzeitig zeigen sich aber die Schattenseiten des ge-
setzlichen Leistungskatalogs und damit die unsoziale
Gesundheitspolitik von rot-grüner und Großer Koalition:
Die Menschen müssen Brillen komplett selbst bezahlen;
sie sind nicht mehr im Leistungskatalog enthalten. Hör-
hilfen und Zahnersatz müssen zu großen Teilen selbst
bezahlt werden und sind nicht einmal voll steuerlich ab-
setzbar.

Wir als Linke begrüßen ausdrücklich, dass die Bei-
träge zur gesetzlichen Krankenversicherung in vollem
Umfang steuerlich berücksichtigt werden. Allerdings
– damit komme ich zum Knackpunkt, um den Sie he-
rumgeredet haben – wird die Neuregelung zu erhebli-
chen Steuerausfällen in Höhe von 9 Milliarden Euro pro
Jahr führen. Sie brüsten sich bereits damit. Aber ich
frage mich, wie das gegenfinanziert werden soll. Dazu
sagen Sie bisher sehr wenig.

In einer Pressemitteilung des Finanzministeriums
vom 16. Juli vergangenen Jahres heißt es:

Daher werden wir prüfen, welche Instrumente uns
zur Verfügung stehen und wo Handlungsspielräume
bestehen, um eine gerechte Finanzierung zu ge-
währleisten. Dies führt dazu, dass die Entlastung im
Bereich der höheren Einkommensbezieher kleiner
ausfällt, während sie bei den unteren und mittleren
Einkommen wenn möglich nicht von der Gegenfi-
nanzierung betroffen werden soll.

Wo ist das geblieben? Es ist nicht mehr zu finden. Im
Gegenteil: Herr Steinbrück sprach auch mal davon, dass

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(C (D ur 6 Milliarden Euro Steuerausfälle zu erwarten wären. ie haben keine einzige Maßnahme zur Gegenfinanzieung zulasten der Bezieherinnen und Bezieher höherer inkommen vorgeschlagen. Diese Gruppe profitiert na ürlich stärker von der Neuregelung; denn wer höhere eiträge zahlt, kann auch höhere Beiträge steuerlich gel end machen, und durch die Progression fällt die Entlasung deutlich höher aus. Hinzu kommt das Problem, das sowohl Herr Thiele ls auch Herr Flosbach angesprochen haben. Sie haben urch Ihre Formulierung im Gesetzentwurf versucht, das till und heimlich zu kaschieren. Es wird darauf verwieen, dass § 10 des Einkommensteuergesetzes geändert ird. Der bisherige Sonderausgabenabzug gelte jetzt ben nur noch für Krankheit und Pflege. Die Bürgerinen und Bürger achten in der Regel nicht darauf, worauf r sich vorher bezogen hat. Man muss auch erst einmal lättern, bis man die Beiträge zur Arbeitslosenversicheung und zur Berufsunfähigkeitsversicherung vermisst. ch meine, vor Jahren gab es noch eine Berufsunfähigeitsrente für gesetzlich Rentenversicherte. Auch diese ibt es nicht mehr. Insofern ist man gezwungen, privat vorzusorgen. Als rbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist man gezwungen, n die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Die von Ihnen vorgesehene Regelung führt konkret azu, dass in einzelnen Fällen die Bezieherinnen und ezieher von niedrigen Einkommen gar nichts oder nur enig steuerlich geltend machen können; denn wir haen in Deutschland leider keinen Mindestlohn, und die öhne sind – insbesondere für Frauen – sehr niedrig. isher konnten sie einen Betrag von bis zu 1 500 Euro teuerlich geltend machen. In Zukunft gilt das nur noch ür die Beiträge zur Krankenund Pflegeversicherung; er Rest fällt weg. Sie können deshalb nur noch einen eringeren Betrag geltend machen und werden real stärer belastet. Das geht nicht. Ich bin gespannt, wie sich ie CDU/CSU für diesen Punkt starkmachen wird. Das alles zeigt, dass eine stärkere Entlastung der Beserverdienenden erfolgt und dass Ihr gesamtes Gesundeitssystem krankt. Wir fordern in einem ersten Schritt ie sofortige Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze. as ist doch wohl machbar; dem steht nichts im Wege. ir fordern die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung nd zu einem umfassenden Leistungskatalog, in dem uch die notwendige Sehhilfe enthalten ist. Man darf uch nicht an den Zähnen erkennen, ob jemand viel oder enig Geld hat. Wir fordern einen Weg hin zu einer solidarischen ürgerversicherung; das ist die Anforderung unserer eit. Eine steuerliche Neuregelung muss sich auf alle älle hieran orientieren. Ich gebe das Wort der Kollegin Christine Scheel, ündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht fordert den Gesetzgeber – man muss sagen: leider – wieder auf, etwas Sinnvolles für die Bürgerinnen und Bürger zu tun. Es ist im Hinblick auf die aktuelle schwierige wirtschaftliche Lage absurd, dass die Große Koalition das Ganze als Bestandteil des Konjunkturpakets verkauft. Zum Inhalt: Mit dem Gesetz, dessen Entwurf vorliegt, werden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt. Wir begrüßen viele Stellen dieses Gesetzentwurfs, vor allem die Steuerfreiheit der Beiträge zur Krankenund Pflegeversicherung. Wir meinen, dass das eine gerechte Lösung ist, weil nur das Einkommen besteuert wird, das tatsächlich zur Verfügung steht. Das ist auch in steuersystematischer Hinsicht eine gute Lösung, weil das Prinzip der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit berücksichtigt wird. Wir, Grüne und SPD, hatten schon im Zusammenhang mit der Rentenversicherung an eine Steuerfreiheit gedacht. Wir Grüne haben immer eine Gleichbehandlung von Privatversicherten und gesetzlich Versicherten bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit gefordert. Dabei muss man sich auf das Niveau der Sozialhilfe und die geleisteten Beiträge beziehen. Das wird nun umgesetzt. Die Vorrednerinnen und Vorredner haben aber bereits deutlich gemacht, dass man nun für die Menschen eine schwierigere Situation schafft, wenn es um die Haftpflichtversicherung, die Berufsunfähigkeitsversicherung und die Unfallversicherung geht; das muss man sehen. Wenn man das umsetzt, was vorgeschlagen ist, wird es sehr teuer. Der Regierungsentwurf sieht ein Steuerentlastungsvolumen von 9,5 Milliarden Euro vor. Ich hoffe sehr, dass wir uns in den Ausschussberatungen genau anschauen, wie sich das im Kontext mit den angesprochenen Versicherungen verhält, die – da hat Kollegin Dr. Höll recht – in der heutigen Zeit notwendig sind. Deswegen müssen wir uns Gedanken darüber machen, inwieweit diese Versicherungsbeiträge steuerlich absetzbar gemacht werden können. Darüber müssen wir gemeinsam diskutieren. Ich habe vernommen, dass sich die Union hier durchaus bewegt. Ein solches Gesetz kann aber kein Ersatz für eine vernünftige Gesundheitspolitik sein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621113500




(A) )


(B) )

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621113600

Es handelt sich hier um eine rein steuerliche Regelung.
Viele Bürgerinnen und Bürger erfahren aufgrund einer
verfehlten Gesundheitspolitik – Stichwort „Gesundheits-
fonds“ – erst einmal eine höhere Belastung. Die vorgese-
hene steuerliche Entlastung kompensiert die höhere Be-
lastung durch den Gesundheitsfonds zum Teil überhaupt
nicht. Das heißt, einige, die höhere Beiträge aufgrund
des Gesundheitsfonds zahlen müssen, werden trotz steu-
erlicher Entlastung unter dem Strich höher belastet. Man
muss das gesamte System berücksichtigen und darf nicht
isoliert die Steuerfrage betrachten.

Das Bundesfinanzministerium selbst schätzt, dass nur
57 Prozent der Steuerpflichtigen, also jeder Zweite, in

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(C (D ennenswerter Weise durch das Gesetz entlastet werden. er gut verdient, spart viele Steuern. Wer wenig ver ient, spart wenig oder gar nichts. Das ist die praktische onsequenz. Dies hängt mit unserer Steuersystematik nd unserem Sozialversicherungsrecht zusammen. Paraoxerweise verhält es sich bei der Belastung der Bürgeinnen und Bürger mit Sozialversicherungsbeiträgen geau andersherum: Bei einem Bruttoeinkommen von eispielsweise 1 700 Euro machen die Beiträge zur rankenversicherung und Pflegeversicherung 9 Prozent us; bei einem Bruttoeinkommen von beispielsweise 700 Euro machen diese Beiträge aber nur noch Prozent aus. In absoluten Zahlen heißt das: Wer 0 000 Euro brutto verdient, wird um 100 Euro entlastet. er 60 000 Euro brutto verdient, wird um 1 000 Euro ntlastet. Aus diesem Grund ist es für uns Grüne immer wichtig ewesen, die Sozialversicherungsbeiträge für Bezieher on geringen Einkommen ganz gezielt zu senken. Damit oll der von mir genannte Effekt vermieden werden. Beieher niedriger Einkommen sollen nicht in die Situation ommen, dass die Sozialversicherungsbeiträge wie ein allbeil zuschlagen, sondern sie sollen langsam und stuenlos ansteigen, so wie wir das auch im Steuerrecht haen. Das wäre eine vernünftige Lösung. ir nennen diese Lösung Progressivmodell. Sie ist sehr ut und würde diese Problematik an der Wurzel bekämpen. Darüber werden wir im Ausschuss weiter diskutieen können. Danke schön. Nächste Rednerin ist die Kollegin Gabriele Frechen, PD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! So manche Rede hier kommt mir so vor, als ei sie nach dem Motto „Was ich schon immer einmal agen wollte“ gehalten worden. Viele dachten wohl: etzt rede ich nicht zum Bürgerentlastungsgesetz, sonern mauschel irgendetwas vor mich hin, was vielleicht esser ankommt und was sich hier gut verkaufen lässt. Frau Dr. Höll, durch die Günstigerprüfung wird sihergestellt, dass genau das nicht passiert, was Sie bechrieben haben. Wenn jemand aufgrund seines geringen inkommens nur geringe Beiträge zur Krankenversiche ung zahlt und daher nach neuem Recht weniger steuerich geltend machen kann, dann wird geprüft, ob die Reelung nach altem Recht für ihn steuerlich günstiger usfällt, und diese angewandt. Niemand wird nach dem euen Recht schlechter gestellt. iele werden besser gestellt, aber niemand schlechter. as möchte ich als Kernbotschaft festhalten. Gabriele Frechen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621113700

(Beifall bei der SPD)

Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621113800

(Widerspruch bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


Herr Flosbach, wenn ich auf das Schmierentheater
von Herrn Thiele hätte eingehen müssen, dann wäre
meine Reaktion sicherlich nicht halb so moderat ausge-
fallen wie Ihre. Dafür möchte ich mich herzlich bedan-
ken.

Herr Thiele hat sich hier hingestellt und alle Versiche-
rungen, die man sich überhaupt nur vorstellen kann, auf-
gezählt und so getan, als ob irgendjemand alle diese
Versicherungen gleichzeitig steuerlich geltend gemacht
hätte.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein! Jetzt reicht es mir aber!)


Er hat darüber hinaus so getan, als ob bisher alle diese
Versicherungen unbegrenzt abzugsfähig gewesen wären.
Das stimmt doch gar nicht. Die meisten haben die Bei-
träge für ihre Versicherungen treu und brav jedes Jahr in
ihr Steuererklärungsformular eingetragen.


(Dr. Hans-Ulrich Krüger [SPD]: Richtig!)


Diese Beiträge hatten aber überhaupt keine Auswirkun-
gen, weil die Krankenkassenbeiträge ausgereicht haben,
um den Höchstbetrag der steuerlichen Absetzbarkeit
auszuschöpfen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621113900

Frau Kollegin, Herr Kollege Thiele möchte gerne eine

Zwischenfrage stellen.


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621114000

Klar.


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1621114100

Frau Kollegin Frechen, mich überrascht schon, dass

Sie sagen, alles Mögliche könne geltend gemacht wer-
den. Nach der derzeitigen Rechtslage kann nicht alles
Mögliche geltend gemacht werden. Aber der Arbeitslo-
senversicherungsbeitrag kann geltend gemacht werden,
ebenso die Beiträge für die Erwerbsunfähigkeits- und
Berufsunfähigkeitsversicherung, die Unfallversicherung
und die Haftpflichtversicherung. Das ist doch nicht „al-
les Mögliche“.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat dem
Gesetzgeber mit keinem Wort vorgegeben, diese Rege-
lung zu streichen. Das Bundesverfassungsgericht hat
dem Gesetzgeber nur vorgegeben, dass die Einschrän-
kung bei der Berücksichtigung von Krankenversiche-
rungsbeiträgen, wie es das geltende Gesetz vorsieht,
nicht erfolgen darf. Warum verschwiegen wird, dass all
das gestrichen wird, was ich vorgetragen habe, können
Sie mir als Antwort auf meine erste Frage erklären. Wa-
rum Sie diese zu berücksichtigenden Ausgaben nicht ku-
mulativ behandeln, sondern ausschließen wollen, kön-
nen Sie mir als Antwort auf meine zweite Frage sagen.

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(C (D Bei Ihrer Zwischenfrage habe ich erst einmal auf die hr geschaut, um zu wissen, warum Sie das Gleiche fraen, was Sie vorhin gesagt haben. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie haben gesagt: alles Mögliche!)

Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621114200

ber vielleicht hat sich in der Zwischenzeit das Publi-
um geändert. Auch die neuen Besucher müssen all die
ersicherungen kennen, die Sie vorhin genannt haben.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wir hatten eine andere Präsidentin, aber das war nicht der einzige Grund!)


Auch das kann sein. Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie
uch die Präsidentin ins Bild setzen. Wir führen heute
ie erste Lesung durch.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)


err Flosbach, haben Sie verschwiegen, dass die sonsti-
en Vorsorgeleistungen gekürzt werden?


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Vor mir hat nur die Staatssekretärin dazu gesprochen! Die hat nichts dazu gesagt, kein Wort!)


err Thiele hat gerade gesagt, Sie hätten das verschwie-
en. Ich habe das gehört.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein, er hat nach mir gesprochen!)


Aber warum stellen Sie jetzt die Frage mit demselben
enor noch einmal?


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Weil es an Sie geht und Sie sagen, alles Mögliche solle gestrichen werden!)


Er hat es nicht verschwiegen, wir werden es nicht ver-
chweigen, und auch ich werde es sagen.

Selbstverständlich hat das Bundesverfassungsgericht
icht gesagt, dass irgendetwas gestrichen werden müsse.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aha, herzlichen Dank! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Das hat auch niemand von uns behauptet!)


o etwas macht das Verfassungsgericht auch nicht. Aber
ir sorgen mit diesem Gesetz dafür, dass bei Menschen,
ie nach dem neuen Gesetz schlechter gestellt würden,
ie alte Regelung mit den anderen Versicherungsleistun-
en wieder auflebt. Ich weiß jetzt nicht, wo Sie mir et-
as – –


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ich freue mich schon auf die Antwort des DGB in der Anhörung!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621114300

Herr Kollege Thiele, die Rednerin beantwortet Ihre

rage. Es wäre schön, wenn Sie zuhörten.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ich habe nur eine Zwischenfrage gestellt!)







(A) )



(B) )


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621114400

Solange die Uhr angehalten ist, dürfen Sie fragen,

was Sie wollen.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Wir haben schon gehört, dass das Bundesverfassungs-
gericht festgestellt hat, dass die steuerliche Behandlung
der Krankenversicherungsbeiträge von Privat-Versicher-
ten mit Kindern nicht verfassungsgemäß war. Dies wird
mit diesem Gesetz geändert. Das Urteil bezog sich im
Einzelfall auf Beiträge für Privat-Versicherte. Dass die
Umsetzung in gleicher Weise für gesetzlich Versicherte
gilt, ist selbstverständlich. Eine wie auch immer geartete
einseitige Regelung ist mit uns natürlich nicht zu ma-
chen.

Die Neuregelung wird zu Steuermindereinnahmen in
Höhe von 9,3 Milliarden Euro führen. Dies bedeutet, un-
technisch gesprochen, dass die Bürgerinnen und Bürger
ab dem kommenden Jahr diese Summe zusätzlich im
Geldbeutel haben werden. Wie Herr Thiele darauf
kommt, dass es Steuererhöhungen sein sollen, bleibt sein
Geheimnis. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass er
die FDP immer als Steuersenkungspartei bezeichnet. In
Wirklichkeit ist die FDP nichts weiter als eine Steuersen-
kungsankündigungspartei.


(Beifall bei der SPD)


Immer dann, wenn sie in der Opposition ist, fordert sie
Steuersenkungen. In den vielen Jahren, in denen sie an
der Regierung beteiligt war, ist nicht einmal eine Steuer
gesenkt worden. Schwups, kaum in der Opposition, for-
dert sie schon wieder Steuersenkungen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Frau Frechen, Frau Frechen, wir haben keine Gewerbekapitalsteuer mehr, wir haben das Kindergeld erhöht!)


Das war jetzt nur ein kleiner Ausflug in die Historie von
Herrn Thiele.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das war unzutreffend, absolut unzutreffend!)


– Doch, das war genau zutreffend. Ich fertige einmal ein
Buch mit allen Steuersenkungen an, die die FDP in der
Zeit ihrer Regierungsbeteiligung mitbeschlossen hat. Da
werden wir sehr viel Papier sparen, weil in diesem Buch
kein einziges Blatt sein wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – CarlLudwig Thiele [FDP]: Das hätten Sie gern, aber das ist an der Realität vorbei!)


– Nein, das ist nicht an der Realität vorbei. Aber ich
habe vorausgesehen, dass Sie auch bei diesem Gesetz
wieder ein Haar in der Suppe finden und es ganz genüss-
lich spalten werden. Sie haben mich nicht enttäuscht,
was für mich natürlich auch eine Genugtuung ist.

Fakt ist, dass 80,2 Prozent der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer von diesem Gesetz profitieren. Allein
sie bekommen 7,2 Milliarden Euro zurück. Bei den
Selbstständigen sind es 1,6 Milliarden Euro, bei den Be-
amten 560 Millionen Euro. Die Arbeitnehmerinnen und

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(C (D rbeitnehmer sind damit die großen Gewinner der Reorm. Für mich sind alle Menschen Leistungsträger, die sich ktiv am erfolgreichen Miteinander unserer Gesellschaft eteiligen, egal ob sie – – Frau Kollegin, Herr Kollege Spieth möchte gerne eine wischenfrage stellen. Bitte. Sie sprachen davon, dass 80 Prozent der Arbeitneh erinnen und Arbeitnehmer entlastet würden. Das ist, teuerrechtlich betrachtet, möglicherweise richtig; ich ill dies gar nicht kritisieren. Mit der steuerlichen Ab etzbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen entsteht ber ein verteilungspolitisches Problem bei der Beitragsinanzierung. Als Bundestagsabgeordnete zahlen wir eien Arbeitnehmeranteil von 8,2 Prozent in die Krankenersicherung. Das sind 301 Euro, der Höchstbetrag bis ur Beitragsbemessungsgrenze. Unser volles Einkomen wird nicht verbeitragt, was dazu führt, dass wir real ur 3,93 Prozent unseres Einkommens zahlen. Wenn uns elativ gut Verdienenden nun noch eine steuerliche Entastung in Höhe von rund 120 Euro entsteht, zahlen wir undestagsabgeordneten nur noch 2,36 Prozent. Ein erheirateter Arbeitnehmer ohne Kinder, der 1 500 Euro erdient, zahlt den vollen Krankenversicherungsbeitrag, lso 8,2 Prozent seines Einkommens. Ihre Fraktion hat zu Beginn dieser Debatte gesagt, wir üssten dieses Problem lösen. Meine Kollegin Höll hat orgeschlagen, deshalb die Beitragsbemessungsgrenze ntfallen zu lassen, weil diese – quasi wie eine Guilloine wirkend – genau diesen Effekt erziele. Sind Sie beeit, in den weiteren Beratungen genau dieses Thema zu roblematisieren? Im steuerlichen Teil liegen Sie richtig; as die beitragspolitische Seite betrifft, liegen Sie nach einer Auffassung daneben, wenn Sie das nicht tun. Vielen Dank für die Frage, Herr Kollege Spieth. Frau öll hat das Thema in ihrem Redebeitrag schon angeprochen. Ich weiß nicht, ob Sie da noch nicht anwesend aren. (Frank Spieth [DIE LINKE]: Doch! Ich habe sehr gut zugehört! Ich möchte von Ihnen eine Antwort!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621114500
Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621114600
Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621114700

(Beifall bei der LINKEN)

Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621114800

Das ist die erste Lesung zum Bürgerentlastungsge-
etz. Es geht um die steuerliche Behandlung der Kran-
enversicherungsbeiträge, egal ob die Leute gesetzlich
der privat krankenversichert sind, egal ob sie viel oder
enig Gehalt beziehen. Die Frage, die Sie gerade ge-

tellt haben, geht knapp am Thema vorbei.






(A) )



(B) )


Gabriele Frechen

(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das schmeckt euch nicht als Sozialdemokraten!)


– Es geht um die steuerliche Behandlung von Kranken-
versicherungsbeiträgen. Sie haben doch gesagt, in steu-
erlicher Hinsicht hätte ich recht. Somit bin ich für den
Moment zumindest zufrieden.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Sie haben meine Frage nicht verstanden!)


– Ich glaube, Sie haben meine Antwort nicht verstanden,
oder Sie wollten sie nicht verstehen. Wir sollten etwas
höflicher miteinander umgehen.


(Zuruf des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


– Ich kann Ihnen vielleicht nicht folgen, verstehen kann
ich Sie schon. Also das können Sie mir schon zutrauen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621114900

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Kolle-

gin Höll, Frau Kollegin?


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621115000

Ja.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621115100

Liebe Frau Kollegin Frechen, das hat schon alles et-

was mit unserem Problem zu tun; denn es geht auch um
die Frage der Gegenfinanzierung und zugleich um die ei-
ner sozial gerechten Verteilung von Be- und Entlastung.
Auf die Frage der sozial gerechten Verteilung der Belas-
tung konnten oder wollten Sie nicht antworten. Ich
möchte Sie fragen, welche Vorstellungen überhaupt zur
Gegenfinanzierung dieses Steuerentlastungspakets vor-
handen sind; denn bei anderen Diskussionen, die wir in
den vergangenen Jahren hatten, wurde uns erklärt, dass
zum Beispiel weder eine Erhöhung des Kindergeldsatzes
auf 200 Euro noch eine Anhebung der Hartz-IV-Regel-
sätze auf mindestens 435 Euro möglich ist, weil dafür
das Geld fehlt. Jetzt beschließen wir ein Gesetz mit ei-
nem Entlastungsvolumen von 9 Milliarden Euro, und
plötzlich ist das Geld da. Das verwundert mich etwas.
Darauf hätte ich gerne eine Antwort.


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1621115200

Liebe Frau Kollegin Höll, wir haben von Anfang an

gesagt, dass eine Gegenfinanzierung nicht vorgenom-
men wird. Es war vielleicht kein von uns forciertes und
auch nicht ein von uns gewünschtes Konjunkturpaket,
aber in der jetzigen Situation halten ich, die Bundes-
regierung und die Kolleginnen und Kollegen in der
Fraktion es für sinnvoll, für 2010 dieses von uns nicht
propagierte, aber jetzt von uns umzusetzende Konjunk-
turprogramm wirken zu lassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Einzelnen heißt das: Ein verheirateter Alleinver-
diener mit zwei Kindern und einem Einkommen von
70 000 Euro, der 3 950 Euro für sich und seine Familie
bezahlt, erhält eine Entlastung von 274 Euro. Gehen
beide Ehegatten arbeiten, zahlen sie bei gleichem Ein-

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(C (D ommen 6 213 Euro Krankenversicherung, und sie weren mit 996 Euro entlastet. Das ist ein Zeichen dafür, ass wirklich die mittleren Einkommen mit diesem Geetz entlastet werden. Der ledige Arbeitnehmer mit eiem Einkommen von 40 000 Euro wird mit 722 Euro ntlastet. Jetzt komme ich zu dem Problem, das von allen schon ngesprochen worden ist: Der Selbstständige mit gleihem Einkommen wird mit dieser Änderung nicht entastet. Er bezahlt einen Krankenversicherungsbeitrag in öhe von 4 360 Euro. Das hängt natürlich damit zusamen, dass die sonstigen Vorsorgeaufwendungen nicht der nicht mehr in gleicher Höhe wie zuvor zum Abzug ugelassen werden. Das ist die geringe Gegenfinanzieung, die ich eben angesprochen habe. Deshalb gibt es ie Günstigerprüfung. Ich sage aber ganz offen: Darüber, nwieweit diese Vorsorgeaufwendungen gestrichen oder ekürzt werden, werden wir selbstverständlich in den nstehenden Beratungen sprechen müssen. Es gilt das truck’sche Gesetz: Kein Gesetz kommt so aus dem undestag heraus, wie es hineingekommen ist. Ich weiß lso gar nicht, was die ganze Aufregung hier soll. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Stehen Sie nicht zu dem Gesetz?)


Das muss ich noch gar nicht. Es ist nämlich ein Regie-
ungsentwurf, Herr Thiele. Aus ganz grauer Vorzeit wis-
en Sie vielleicht noch, was das bedeutet.


(Jörg van Essen [FDP]: Mit der Regierung haben Sie nichts zu tun? – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Haben Sie sich damit noch gar nicht befasst? Ich hatte den Eindruck, Sie vertreten das hier!)


Ich möchte jetzt gern einen ganz anderen Punkt ver-
reten – er liegt mir sehr am Herzen –: Wir werden ge-
einsam – das steht noch nicht im Regierungsentwurf –

as Schulstarterpaket ausweiten, und zwar auf die Zeit
om 11. bis zum 13. Schuljahr.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ach nein! Das haben Sie noch vor kurzem im Bundestag abgelehnt!)


Ja, ich konnte Sie überraschen. Das freut mich jetzt. –
ür uns war nie verständlich, warum dieses Paket nur bis
um 10. Schuljahr angeboten wurde.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Für uns auch nicht! – Zuruf der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


Frau Höll, Sie sehen doch: Steter Tropfen höhlt den
tein. Man kommt auch dann zum Ziel, wenn man nicht
o laut brüllt.

Wir weiten dieses Paket jetzt aus.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Es gibt noch Erkenntnisgewinn!)


Genau. – Durch dieses Gesetz werden auch die Kinder
on Geringverdienern, die die Schulklassen 11 bis 13 be-
uchen, mit dem Schulstarterpaket ausgestattet.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Gabriele Frechen
Darüber bin ich sehr erfreut. Das sind immerhin 250 000
Schülerinnen und Schüler. Der Kreis der Empfangsbe-
rechtigten wird auf die sogenannten Aufstocker ausgewei-
tet. Damit haben wir einen weiteren Beitrag zur sozialen
Gerechtigkeit geleistet. Ich freue mich auf konstruktive
Beratungen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621115300

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Antje Tillmann, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1621115400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Mitmachen statt Miesmachen“ heißt das Motto unserer
Jugendorganisation. Die heutige Debatte zeigt wieder,
dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Oppo-
sition, das Miesmachen für Ihr politisches Programm
halten.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gar nicht! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht wahr!)


Das finde ich bedauerlich. Das wird uns aber nicht daran
hindern, diesen Gesetzentwurf als gute Grundlage in die
Debatte einzubringen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Thiele hält Steuersenkungen in Höhe von
9,5 Milliarden Euro für ein Steuererhöhungsprogramm.
Die Linken haben den üblichen Beißreflex. Dass Leute,
die höhere Beiträge zahlen, auch höher entlastet werden,
kann aus ihrer Sicht natürlich nur unsozial und ungerecht
sein. Ich bin froh, dass die Grünen ihre Position sehr
ausgewogen dargestellt haben, Frau Kollegin Scheel.
Aus unserer Sicht ist dieser Gesetzentwurf eine sehr gute
Diskussionsgrundlage.

Wir beginnen heute mit der Beratung hier im Parla-
ment; allerdings hat sich auf dem Weg vom Referenten-
entwurf zum Gesetzentwurf schon einiges getan: Wir
haben den Kreis derjenigen, deren Krankenversiche-
rungsbeiträge begünstigt werden können, ausgeweitet.
Neben den Ehepartnern und den Kindern sind jetzt auch
die Lebenspartner aufgenommen. Für Geschiedene kön-
nen Krankenversicherungsbeiträge künftig über den Un-
terhaltsfreibetrag hinaus geltend gemacht werden. Ich
danke dem Ministerium dafür, dass dieses Ergebnis einer
Beratung zum Referentenentwurf so schnell in den Ge-
setzentwurf aufgenommen wurde.

Liebe Kollegen von der Linken, wir haben uns in die-
ser Legislaturperiode sehr ausführlich mit den Beziehern
von kleineren und mittleren Einkommen beschäftigt.
Wir haben den Kinderbonus eingeführt. Wir haben das
Kindergeld erhöht. Wir haben den Grundfreibetrag er-
höht. Wir haben den Eingangssteuersatz gesenkt. Wir
haben die Regelleistungen für 6- bis 13-Jährige erhöht.

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(C (D on der Rentenerhöhung zum 1. Juli dieses Jahres weren 7,6 Millionen Bürgerinnen und Bürger profitieren, ie Arbeitslosengeld II und Grundsicherung im Alter zw. Sozialhilfe erhalten. Wir haben für die Bürgerinnen nd Bürger mit kleinen und niedrigen Einkommen Beräge ausgegeben, die viel höher sind als diejenigen, die eute zur Debatte stehen. Heute diskutieren wir ein Gesetz, das denjenigen zuute kommt, die all diese Sozialleistungen durch ihre teuern finanzieren: die Steuerzahler, die wir in dieser egislaturperiode bisher nicht entlastet haben, jedenfalls ei weitem nicht in dem Umfang, in dem wir die sozial chwächeren entlastet haben. Das zum Anlass für eine ngerechtigkeitsdebatte zu nehmen, ist schon weit hereholt. Ich will Ihnen an zwei Beispielen erklären, warum ieses Gesetz überhaupt nicht ungerecht ist. Erstens. Ein elbstständiger mit mittlerem Einkommen und zwei indern zahlt über seine Steuern die Zuschüsse zur ge etzlichen Krankenversicherung mit, um die beitragsreie Mitversicherung von Kindern in der gesetzlichen rankenversicherung zu sichern. Sie erinnern sich: Der Steuerzuschuss zur gesetzlihen Krankenversicherung wird mit Blick auf die beiragsfreie Mitversicherung in ebendieser Versicherung on 3,2 Milliarden Euro in 2009 bis 2014 auf 4 Milliarden Euro aufgestockt. Dieser mittelverdienende Selbstständige, der das alles ber seine Steuern mitfinanziert, bekommt weder zu den eiträgen für seine beiden Kinder in der privaten Kranenversicherung einen Zuschuss, noch kann er die Beiräge steuerlich geltend machen. Es kann doch auch aus hrer Sicht nicht gerecht sein, dass bei demjenigen, der it seinen Steuern andere unterstützt, die Beiträge für ie eigenen Kinder steuerlich gar nicht berücksichtigt erden können. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


as wird in diesem Gesetzentwurf geändert. Das finden
ir richtig und gerecht.

Zweites Beispiel. Ein besserverdienender Angestell-
er zahlt nur deshalb so hohe Krankenversicherungsbei-
räge, weil er mit seinen Beiträgen diejenigen unter-
tützt, die sich aufgrund niedrigen Einkommens die
eiträge nicht leisten können. Das ist richtig. Das ist so-

idarisch. Das ist in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, dass
ie meinen: Weil er hohe Krankenversicherungsbeiträge
ahlt – in Klammern: aus solidarischer Gesinnung und
eil wir es gesetzlich so vorgesehen haben –, soll er sie
icht steuerlich geltend machen dürfen. Wir können
icht erst Solidarität einfordern und dann denjenigen,
on dem wir die Solidarität einfordern, im Regen stehen
assen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Antje Tillmann
Das wird durch diesen Gesetzentwurf geändert. Das ist
gerecht und solidarisch. Es ist auch nicht zu beanstan-
den, dass jemand, der hohe Beiträge zahlt, diese Beiträge
in voller Höhe steuerlich geltend machen kann.

Frau Kollegin Frechen hat darauf hingewiesen, dass
wir den vorliegenden Gesetzentwurf nutzen werden, um
auch in einem anderen Fall, in dem es um finanziell
schwächere Familien geht, nachzubessern, nämlich beim
Schulstarterpaket. Ja, es ist so: Wir haben dafür länger
gebraucht. Wir wollten das auch für diejenigen vernünf-
tig regeln, die nicht unter die Hartz-IV-Regelungen fal-
len. Wir wollten das Schulstarterpaket auch den Fami-
lien zugutekommen lassen, die ein bisschen mehr als
Hartz IV haben, nämlich denjenigen, die den Kinderzu-
schlag bekommen. Wir werden das mit diesem Gesetz
umsetzen. Auch damit werden wir wieder diejenigen
fördern, die keine Steuern oder nur ganz geringe Steuern
zahlen.

In diesem Gleichgewicht von Sozialleistungen – sol-
che haben wir in dieser Legislaturperiode schon in hin-
reichendem Maße auf den Weg gebracht – und Entlas-
tung derjenigen, die unseren Sozialstaat finanzieren,
steht der Gesetzentwurf. Wir werden ihn in den kom-
menden Wochen beraten und natürlich darüber sprechen
– Herr Kollege Flosbach hat es gesagt –, ob wir nicht an
der einen oder anderen Stelle auch bei anderen Versiche-
rungsbeiträgen, die jetzt nicht begünstigt werden, nach-
bessern müssen.

Dem Grunde nach stehen wir zu diesem Gesetzent-
wurf. Wir finden, dass hier Gerechtigkeit hergestellt
wird. Bisher – so sagt das Verfassungsgericht – besteht
sie ganz offensichtlich nicht.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621115500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/12254 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Dritten Gesetzes zur Änderung des Opferent-
schädigungsgesetzes

– Drucksache 16/12273 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Tourismus

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parlaentarische Staatssekretär Klaus Brandner. K Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle innen und Kollegen! Das Opferentschädigungsgesetz egelt eine Einstandspflicht des Staates für unschuldige pfer von vorsätzlichen Gewalttaten, die der Staat mit einen Polizeiorganen vor einer solchen Tat nicht schüten konnte. Juristen sprechen hier vom sogenannten ufopferungstatbestand. Da ich vermute, dass nicht jedem hier im Hause die aterie dieses Gesetzes in gleicher Weise vertraut ist, ill ich hier in aller Kürze die wesentlichen Punkte der isherigen Rechtslage konkretisieren: Ziel des Opferentschädigungsgesetzes – kurz „OEG“ enannt – ist seit seinem Inkrafttreten im Jahre 1976 eine igenständige staatliche Entschädigung der Betroffenen, as heißt eine Entschädigung über die allgemeinen sozian Sicherungssysteme und die Sozialhilfe hinaus. An pruch auf Entschädigung haben Opfer eines Überfalls der einer Vergewaltigung genauso wie die Betroffenen ines Terroranschlags im Inland, bei dem unschuldige assanten getötet oder schwer verletzt worden sind. Die oraussetzungen für einen solchen Anspruch liegen auerdem vor, wenn es sich um einen tätlichen Angriff uf Leib und Leben der Betroffenen handelt und der äter – unabhängig von seiner Motivation – zumindest it bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Umfang und Höhe er zu erbringenden Entschädigungsleistungen richten ich nach dem Bundesversorgungsgesetz. An den Prinzipien und der Intention des OEG hat sich eit seinem Inkrafttreten nichts geändert. Gewandelt haen sich aber die Anforderungen, die im Zuge gesellchaftlicher Veränderungen an eine möglichst umfasende Opferentschädigung gestellt werden. Bereits ehrfach ist deshalb das OEG in der Vergangenheit ereitert und den Verhältnissen angepasst worden. So ist zum Beispiel der Schutz ausländischer Mitbürerinnen und Mitbürger in Deutschland vor allem durch ie Gesetzesnovelle im Jahre 1993 erheblich verbessert orden. Nach den furchtbaren Anschlägen von Solingen nd Mölln wurde bereits damals auch darüber diskutiert, en Kreis der im Inland geschützten Personen weiter zu assen, als es schließlich geschehen ist. Fraktionsübergreifend erörtert wird seit der letzten egislaturperiode darüber hinaus die Überlegung, den nwendungsbereich des OEG auf Auslandstaten auszuehnen. Trauriger Anlass dieser Überlegung sind die leier vermehrt aufgetretenen Fälle, dass deutsche Tourisen und Geschäftsreisende im Ausland Opfer einer ewalttat geworden sind. Ich erinnere hier nur an den ntsetzlichen Anschlag in Djerba 2002. Bislang konnten Parl. Staatssekretär Klaus Brandner in solchen Fällen Entschädigungen häufig nur über einen Härtefonds, gewissermaßen als Notlösung, geregelt werden. Es ist deshalb gut, dass sich die Koalitionsfraktionen nach intensiven Beratungen und zahlreichen interfraktionellen Gesprächen nun auf einen Gesetzentwurf verständigt haben, der den erwähnten und anderen Erweiterungsvorschlägen in angemessener Weise Rechnung trägt: quasi von einer Notlösung zu einer transparenten gesetzlichen Lösung. Besonders herausstellen möchte ich dabei, dass besonders dann, wenn Opfer zu beklagen sind – das wissen wir ja alle –, schnelle Hilfe nottut. Schnelle Hilfe hilft doppelt, heißt es ja. Insofern wollen wir mit diesem Gesetzentwurf Rechtsklarheit in einer Situation schaffen, in der schnelle Hilfe angesagt ist. Die Kernpunkte des Dritten OEG-Änderungsgesetzes, bei dem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Formulierungshilfe geleistet hat, möchte ich hier deshalb kurz vorstellen. Der Gesetzentwurf sieht erstens vor, bei Inlandstaten den Kreis der Anspruchsberechtigten auf ausländische Verwandte dritten Grades zu erweitern, die eine Person ohne deutsche Staatsangehörigkeit besuchen, die sich in Deutschland rechtmäßig und nicht nur vorübergehend aufhält. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales begrüßt diese Neuregelung, zumal weiterhin eine Abgrenzung zu Touristen und Geschäftsreisenden ohne deutsche Staatsangehörigkeit getroffen wird, die auch zukünftig nur von einer Härteregelung erfasst werden können. Weiterhin sieht der Gesetzentwurf die Einbeziehung geschädigter ausländischer Lebenspartner vor. Diese erfolgt mittelbar über eine Gesetzesverweisung auf das Bundesversorgungsgesetz. Diese Ergänzung ist nicht nur direkt aus dem OEG heraus erforderlich, sondern auch aus europaund verfassungsrechtlichen Gründen zwingend. Der zweite Schwerpunkt des Änderungsgesetzes ist die Ausdehnung des Geltungsbereichs des OEG auf Gewalttaten im Ausland. Über diesen Punkt ist in den fraktionsübergreifenden Gesprächen lange diskutiert worden, aber nicht über das Ob, sondern über das Wie. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht nun vor, auch bei Gewalttaten im Ausland sogenannte Regelleistungen zu ermöglichen. Sie werden wissen: Die Bundesregierung hat in den Beratungen hierzu anfänglich durchaus Bedenken geäußert. Da es bei Gewalttaten im Ausland an dem eingangs erwähnten Aufopferungstatbestand fehlt, können diese Taten aus rechtssystematischen Gründen nicht ohne Weiteres mit Inlandstaten gleichgesetzt werden; denn grundsätzlich kann der Staat wirksamen Opferschutz nur für sein Hoheitsgebiet garantieren. Die jetzt vorliegenden Regelungen sind aus Sicht der Bundesregierung jedoch durchaus vertretbar und zustimmungsfähig. Durch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Einmalzahlungen sowie die Anrechnungsund Ausschlusstatbestände wird hinreichend deutlich, dass die Rechtsgrundlage für die Entschädigung bei Auslandstaten nur in staatlicher Für s g z b u z k W z d w s d M E I s a a B 2 d d D g d F d d k f a w c e d D i a k i k m n i v (C (D orge, nicht aber in einem Aufopferungstatbestand lieen kann. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Fazit iehen. Ziel des Opferentschädigungsgesetzes ist und leibt es, den Opfern tätlicher Gewalt einen möglichst mfassenden Schutz in Form staatlicher Entschädigung u gewähren. Ob und wie dieses Ziel erreicht werden ann, muss sich, geeicht an einer sich verändernden irklichkeit, immer wieder neu erweisen. Ich bin über eugt, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf genau as getan und in angemessener Weise nachgesteuert urde. Deshalb würde ich mich freuen, wenn dieser Ge etzentwurf nicht nur bei den Regierungsfraktionen, sonern fraktionsübergreifend verdientermaßen eine breite ehrheit finden könnte. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Für die FDP-Fraktion gebe ich das Wort Jörg van ssen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ch will am Anfang das aufgreifen, was Sie, Herr Staatsekretär, soeben gesagt haben. Ich war eigentlich davon usgegangen, dass wir diesen Gesetzentwurf quer durch lle Fraktionen voranbringen. Ich erinnere mich an ein erichterstattergespräch – ich glaube, es war Ende 007 –, in dem wir eigentlich so verblieben waren, dass ieses Vorhaben in den Koalitionsfraktionen wie auch in en Oppositionsfraktionen vorangetrieben werden sollte. eswegen war ich überrascht, dass dieser Kontakt nicht esucht worden ist. Wir von der FDP – das will ich ganz eutlich sagen – wären gerne bei den einbringenden raktionen dabei gewesen, weil wir die Zielsetzungen, ie Sie, Herr Staatssekretär, vorgetragen haben, ausrücklich teilen. Ich will am Anfang jedoch ein paar kritische Bemerungen machen. Im Jahre 2002 hat die FDP-Bundestagsraktion zum ersten Mal auf die Problematik mit Blick uf die Opfer von Terroranschlägen im Ausland hingeiesen. Es hat sieben Jahre gedauert, bis ein entspre hender Gesetzentwurf vorgelegt wurde. Wie dringlich r ist, hat der Anschlag in Bombay gezeigt, bei dem auch eutsche Staatsangehörige zu Schaden gekommen sind. ass wir hier dringend eine Regelung schaffen müssen, st für jedermann offenkundig. Ich spreche die Hoffnung us, dass wir bis zur Bundestagswahl zu einem Ergebnis ommen. Für die FDP-Bundestagsfraktion signalisiere ch, dass wir dazu beitragen werden, dass es dazu ommt. Die zweite Bemerkung, die ich gerne vorweg machen öchte: Es fällt mir auf, wie viele Anstrengungen unter ommen werden, den Begriff der Lebenspartnerschaft m Gesetzestext nicht zu erwähnen. Ich ahne, wer dafür erantwortlich ist. Meine Gefühl ist, dass Sie, meine Jörg van Essen Kolleginnen und Kollegen von der SPD, es nicht sind. Liege ich da richtig? (Elke Ferner [SPD]: Das bestätigen wir gerne!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1621115600




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621115700
Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1621115800

(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


Wir sollten auch da der gesellschaftlichen Wirklichkeit
Rechnung tragen und eine klare Gesetzessprache ver-
wenden. All diejenigen, die gemeint sind, sollten auch
tatsächlich benannt werden und nicht etwa durch einen
Verweis auf das Bundesversorgungsgesetz erfasst wer-
den. Das müsste in den Beratungen, die vor uns liegen,
eigentlich möglich sein.

Was den Inhalt anbelangt, teile ich beide Zielrichtun-
gen, die von Staatssekretär Brandner hier vorgestellt
worden sind. Es hat sich spätestens in Mölln gezeigt,
dass es sinnvoll ist, dass Personen, die in Deutschland zu
Besuch sind und hier Opfer eines Terroranschlags wer-
den, wie es beispielsweise bei einer türkischen Familie
der Fall war, von den Bestimmungen erfasst werden.
Dieses Ziel wird von uns ausdrücklich unterstützt.


(Beifall bei der FDP)


Anschläge werden in einigen Urlaubsregionen verübt,
weil sie dort aufgrund der geringeren Sicherheitsvorkeh-
rungen leichter durchgeführt werden können. Das war in
Djerba, auf Bali und zuletzt in Bombay der Fall. Wenn
deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger Opfer eines
solchen Anschlages werden, dann handelt es sich um
eine Art Aufopferung, auch wenn es rechtlich gesehen
nicht der Fall ist. Deshalb haben wir die Pflicht – schon
in unserem Antrag aus dem Jahr 2002 haben wir dieses
Anliegen geäußert –, uns um diese Menschen zu küm-
mern.

Ich habe immer ein schlechtes Gewissen gehabt, dass
nach einer Härtefallregelung vorgegangen wurde und
dass es keinen tatsächlichen Rechtsanspruch gab. Viele
Opfer hatten das Gefühl, dass sie ein zweites Mal zum
Opfer wurden, weil sie auf staatliche Nachsicht ange-
wiesen waren und keinen wirklich begründeten Rechts-
anspruch hatten.

Herr Staatssekretär, Sie haben natürlich zu Recht da-
rauf hingewiesen, dass es komplizierte Fragestellungen
durchaus auch an Stellen gibt, wo, wie ich finde, der
Staat nicht eintreten muss. Wir alle erinnern uns – die
meisten sind ja in einem Alter, dass man sich daran noch
erinnern kann –, dass ein sehr bekannter bayerischer Po-
litiker bei einem Besuch im New Yorker Nachtleben zu
Schaden gekommen ist.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der hat das immer bestritten!)


Es ist ganz selbstverständlich, dass die Bundesrepublik
Deutschland nicht einzustehen hat, wenn man sich in
eine solche gefahrengeneigte Situation begibt, wie das
damals der Fall war. Wie dem auch sei, es ist vollkom-
men klar: Der deutsche Steuerzahler kann nicht in An-
spruch genommen werden, wenn sich jemand selbst in
Gefahr begibt und dann dabei Schaden erleidet.


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(C (D (Abg. Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Bitte sehr, Herr Kollege, wenn die Frau Präsidentin es
estattet.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621115900

Ich gestatte es, Herr van Essen.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1621116000

Herr Kollege Kauder, ich weiß, Sie müssen immer

ine Zwischenfrage stellen. Deshalb sage ich sofort im-
er Ja.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621116100

Herr Kollege Kauder, Sie reden ja danach und könn-

en in Ihrer Rede auf Herrn van Essen eingehen.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1621116200

Zumal er frei redet.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621116300

Ich lasse die Zwischenfrage trotzdem zu.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
SU):
Das wäre dann aus dem Zusammenhang gerissen.
Herr Kollege van Essen, können wir uns darauf eini-

en, dass auch bei Inlandstaten Ausschlusstatbestände
ür denjenigen gegeben sind, der sich in Gefahr bringt?
ei der Auslandstat, die wir jetzt in das OEG einbezie-
en, gilt also nichts anderes.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1621116400

So ist es. Sie haben es richtig dargestellt. Aber, wie

esagt, Sie hätten dies auch in Ihrer Rede tun können.
ch weiß ja, wie gerne Sie Zwischenfragen stellen, wenn
ch rede. Deshalb wollen wir es bei dieser Tradition
erne belassen.

Es ist gut, dass wir jetzt einen Rechtsanspruch in das
pferentschädigungsgesetz aufnehmen. Das findet un-

ere Unterstützung. Wir sollten uns – das ist mein
unsch – in den Beratungen insbesondere darüber Ge-

anken machen, wie wir das Ganze lesbarer ausgestal-
en. Aber, wie gesagt, die Zielrichtung des Gesetzent-
urfes ist richtig. Das ist ein erneutes Beispiel dafür,
ass im Bundestag nicht nur gestritten wird, sondern
ass man auch an einem Strang ziehen kann, wenn dies
ür die Menschen gut ist. Gerade wer Opfer einer Straftat
der Opfer eines Terroranschlages geworden ist, hat An-
pruch darauf, dass wir uns gemeinsam Gedanken ma-
hen, zu guten Lösungen zu kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621116500

Das Wort hat der Kollege Siegfried Kauder, CDU/

SU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-
gen! Meine Damen und Herren! Jahr für Jahr werden in
der Bundesrepublik Deutschland etwa 700 000 Men-
schen Opfer schwerer Straftaten, Opfer von Attentaten,
Opfer von Vergewaltigungen, Opfer von Körperverlet-
zungen, Opfer von Freiheitsberaubungen und, wie wir es
am 11. März 2009 in Winnenden erlebt haben, Opfer von
Amokläufen. Diese Menschen sind schwer traumatisiert.
Das gilt auch für die Hinterbliebenen der Opfer von
Straftaten. Sie brauchen Hilfe, sie brauchen Unterstüt-
zung, die sie – darüber sind wir sehr dankbar – teilweise
von ehrenamtlichen Helfern, von Institutionen wie der
des Weißen Ringes bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das allein reicht aber nicht aus. Auch der Staat ist in
der Pflicht. So wie bei der heute anstehenden Änderung
war es schon in den 70er-Jahren. Die Diskussion, ob der
Staat eine staatliche Entschädigung an Opfer zahlen
sollte, entbrannte im Jahr 1971 und dauerte bis zum Jahr
1976. Die Diskussion war durchaus kontrovers. Noch
immer geistert das Dogma durch die Diskussion, das
Opferentschädigungsgesetz sei geprägt von dem Gedan-
ken, dass der Staat dann einzustehen habe, wenn es ihm
nicht gelinge, innere Sicherheit zu gewährleisten, und
wenn deshalb, weil das Gewaltmonopol nicht ziehe, ein
Bürger Opfer einer Straftat werde. Dieses Dogma gab es
nie. Wenn man in den Gesetzentwürfen der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion aus dem Jahr 1971 nachliest, kann
man schon in den ersten einleitenden Sätzen feststellen,
dass die Intention des Opferentschädigungsgesetzes der
Umstand war, dass man Menschen, die durch eine Straf-
tat in eine Notlage geraten sind, helfen solle. Deswegen
ist es auch kein Paradigmenwechsel, wenn wir heute sa-
gen, wir wollen auch die Auslandstat einbeziehen.

Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir die Lücke
schließen, die man schon 1976 beim Erlass des OEG
hätte schließen können. Es ist eine etwas paradoxe Situa-
tion, über die wir zu diskutieren haben: Eine deutsche
Frau, die in Spanien vergewaltigt wird, bekommt nach
deutschem Opferentschädigungsrecht keine Opferrente.
Wird aber eine spanische Frau zum Beispiel von einem
Italiener in Deutschland vergewaltigt, bekommt diese
spanische Frau in Deutschland wegen des europaweit
geltenden Diskriminierungsverbotes eine Opferentschä-
digung. Das heißt, die deutsche Frau, das deutsche Opfer
steht im Ausland schlechter da, als das ausländische Op-
fer im Inland. Wir sind aufgerufen, dieses Problem zu lö-
sen, diese Lücke zu schließen. Genau dazu ist dieser Ge-
setzentwurf vorgesehen.

Herr Kollege van Essen, ich verhehle nicht, dass ich
gerne alle Fraktionen bei diesem Entwurf eingebunden
hätte. Aber es gab – Sie haben das schon angesprochen –
gewisse Friktionen, die ich nicht wieder entstehen lassen
wollte, weil uns die Zeit davonläuft. Bis zum Ende der
Legislaturperiode haben wir nur noch wenige Sitzungs-
wochen. Deswegen mussten wir handeln. Ich bitte, das
nicht als Affront zu verstehen. Alle Fraktionen des Deut-

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(C (D chen Bundestages sind eingeladen, sich in den Auschussberatungen einzubringen. Ich freue mich, wenn ieser Gesetzentwurf einen breiten Konsens im Deutchen Bundestag herbeiführen wird; denn – das sage ich erne – das Thema Opferschutz gehört keiner Fraktion nd keinem Abgeordneten, Opferschutz ist vielmehr ine Aufgabe, die das gesamte Parlament verantworungsvoll wahrnehmen sollte. Es nimmt diese Aufgabe rkennbar wahr. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Für uns war es außerordentlich wichtig, im Bereich
er Entschädigung bei Auslandstaten etwas Beispielhaf-
es einzuführen, über das wir genauer nachdenken müs-
en: Ein Opfer, das traumatisiert ist, braucht sofort Hilfe.
s braucht eine psychotherapeutische Begleitung. Das
pfer muss wissen, wer diese psychotherapeutische Be-
leitung bezahlt. Es gibt Fälle, in denen ein traumatisier-
es Opfer für den Weg durch alle Instanzen sieben Jahre
rauchte, ehe über die Entschädigung befunden wurde.
as ist ein untragbarer Zustand. Deswegen müssen wir
azu beitragen, dass die Verfahren unbürokratischer
erden und schneller abgewickelt werden können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ir haben in diesem Gesetzentwurf daher vorgesehen,
ass es bei Auslandstaten als Entschädigung Pauschalbe-
räge gibt. Das Opfer kann ins Gesetz schauen und fest-
tellen: Dieser Betrag steht mir zu. Auf diesen Betrag
abe ich einen Anspruch. Wir hoffen, dass dies zu einer
eutlich schnelleren Abwicklung führen wird.

Wenn wir diesen Gesetzentwurf in zweiter und dritter
esung verabschiedet haben, erleben wir eine Stern-
tunde des Opferschutzes. Das finde ich gut. Es kommt
icht von ungefähr, dass wir gerade heute in erster Le-
ung über dieses Gesetz beraten. In wenigen Tagen, am
2. März 2009, findet, wie jedes Jahr, der Tag des Krimi-
alitätsopfers statt. An diesem Tag sind wir aufgerufen,
arüber nachzudenken, was wir für die Opfer von Straf-
aten noch zu tun haben. Mit der Entscheidung über das
EG ist die Debatte über Hilfen, die wir den Opfern an-
edeihen lassen müssen, noch lange nicht abgeschlos-
en. Opferschutz ist immer in Bewegung. Wir werden
ns weiterhin Gedanken darüber machen müssen, wie
an die Privatsphäre eines Opfers in der Gerichtsver-

andlung und gegenüber der Presse besser schützen
ann. Wir werden uns auch Gedanken darüber machen
üssen, wie man die Videografie verbessern kann. Es

ibt also viele Felder des Opferschutzes, auf denen wir
ns betätigen können.

Ich bin froh, dass die Politik den Blick viel stärker als
n früheren Jahren auf das Opfer richtet. Wir sind auf ei-
em guten Weg.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)


lle sind eingeladen, mitzumachen.

Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621116600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sevim Dağdelen,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621116700

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Mit dem Entwurf der Koalitions-
fraktionen ereilt das Hohe Haus in dieser Legislaturperiode
die dritte Vorlage zur Änderung des Opferentschädi-
gungsgesetzes. Doch die Linke findet, es hat sich bisher
nichts Substanzielles geändert. Die Opferinteressen la-
gen bislang anscheinend außerhalb des großkoalitionä-
ren Blickfeldes. Nichts anderes bleibt mir als Schlussfol-
gerung übrig, vor allen Dingen in Anbetracht der
Tatsache – das hat mein Vorredner deutlich gemacht –,
dass man kurz vor Toresschluss einen Rumpfvorschlag
einbringt, der vor allen Dingen auf der betagten Initia-
tive von Bündnis 90/Die Grünen basiert.

Die Linke hat Initiativen zur Fortentwicklung der
Entschädigung von Opfern von Gewaltstraftaten jedes
Mal ausdrücklich begrüßt. Jedes Mal haben wir aber
– das kann man nachlesen – die gleichen Lücken fest-
stellen und beklagen müssen. Die Opfer bzw. deren Hin-
terbliebene warten bis heute vergeblich auf eine substan-
zielle Regelung.

Was bringt der vorliegende Entwurf? Er enthält de-
taillierte Regelungen zur Entschädigung unschuldiger
Opfer vorsätzlicher Angriffe im Ausland sowie etwaiger
Hinterbliebener. Das mag in der Sache ein Fortschritt
sein, allerdings wohl eher motiviert durch die Erkennt-
nis, dass deutsches Engagement im Kampf gegen den
sogenannten internationalen Terrorismus auch zu einem
erhöhten Risiko für deutsche Staatsangehörige im Aus-
land führt. Der richtige Grundgedanke dabei ist: Wenn
der Staat durch sein Tun die Bevölkerung gefährdet, soll
er für das erhöhte Risiko einstehen.

Aber für nichtdeutsche Gewaltopfer, die sich nur vo-
rübergehend in Deutschland aufhalten, bleibt alles beim
Alten. Der Vorschlag wächst nicht über den Entwurf der
Grünen hinaus. Zum Beispiel wird die Ungleichbehand-
lung von Opfern in Ost und West aufrechterhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Hinsichtlich der Einbeziehung von Lebenspartnern – das
wurde auch schon vom Kollegen van Essen beklagt –
fällt der Entwurf durch beredtes Schweigen hinter den
Entwurf der Grünen zurück.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Aber er löst das Problem!)


Die Linke lehnt diese beschränkte Sicht auf die Opfer
ab.

Lassen Sie mich dazu einige Anmerkungen machen.

Ungleichbehandlung ausländischer Gewaltopfer: Au-
ßerhalb des privilegierten Kreises derjenigen, die bis

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(C (D um dritten Grad mit einem Deutschen verwandt sind, rhalten diese keinen Anspruch oder nur unter den sehr erschraubten Voraussetzungen des bestehenden Gesetes. Das führt dazu, dass vor allen Dingen Opfer rassisticher Gewalt, die ohnehin schon mit einem diskriminieenden und überkommenen Ausländerund Asylrecht zu ämpfen haben, als Opfer zweiter Klasse behandelt weren und ohne einen Anspruch dastehen. Die Ungleichbehandlung von Opfern in Ost und est: Rund 20 Jahre nach dem Fall der Mauer werden pfer von Gewalttaten aus den fünf ostdeutschen Bunesländern bei der Höhe der Entschädigungsleistung imer noch benachteiligt. Das ist für die Linke eine unge echtfertige Ungleichbehandlung. as Opferleid Ost ist nicht geringer zu schätzen als das pferleid West. Eine ökonomisch begründete Differen ierung findet auch nicht beim Verhältnis Stadt und Land der im Hinblick auf Einkommensunterschiede zwichen einzelnen Regionen der alten Bundesländer statt. Gleiches gilt für die Lebenspartnerschaften. Die Situaion von Lebenspartnern als Opfer von tätlichen Angrifen unterscheidet sich doch nicht von der von Eheleuten. uch dies ist eine Ungleichbehandlung, die abgeschafft erden muss. Die Linke fordert deshalb eine klarstellende diskrimiierungsfreie Regelung, die – nebenbei gesagt – auch ur Entbürokratisierung beitragen könnte. Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Kauder? Ja. Siegfried Kauder SU)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621116800
Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621116900
Frau Kollegin, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen,

ass die Lebenspartnerschaft bei Inlandstaten durch die
erweisung auf das BVG ohnehin schon immer einbezo-
en war und dass der Gesetzentwurf, über den wir jetzt
iskutieren, auch bei Auslandstaten die Verweisung auf
as BVG enthält? Ihr Problem ist gelöst. Sie haben es
ur nicht erkannt.


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621117000

Das sagen Sie, Herr Kollege Kauder. Das Problem ist

och nicht gelöst, weil es keine richtige Klarstellung für
pfer von tätlichen Angriffen gibt. Sonst hätte das hier
erade erwähnt werden können.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Sie verstehen es nicht!)


Ich komme zum Schluss meiner Rede. Jeder, der in
eutschland Opfer einer vorsätzlichen Gewalttat wird,






(A) )


)

Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
muss den gleichen Anspruch auf Entschädigung haben.
Die Ungleichbehandlung bei der Opferentschädigung
– nach Staatsangehörigkeit und vor allen Dingen nach
Wohnsitz – muss beendet werden. Denn der Schutzan-
spruch gegenüber dem Staat ist meines Erachtens unteil-
bar. Der Anspruch auf Fürsorge bei Staatsversagen muss
es auch sein; auch er gilt als unteilbar.


(Beifall bei der LINKEN – Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Man sollte nur zu etwas reden, wenn man es verstanden hat!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621117100

Für Bündnis 90/Die Grünen gebe ich das Wort dem

Kollegen Jerzy Montag.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621117200

Danke sehr, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Am 29. Mai 1993 haben feige Mordbrenner in
Solingen ein Haus angezündet. Bei diesem Brandan-
schlag, der zu einem Mordanschlag wurde, sind Gürsün
Ince, 27 Jahre alt, Hatice Genç, 18 Jahre alt, Hülya
Genç, 9 Jahre alt, Saime Genç, 4 Jahre alt, und Gülüstan
Oztürk, 12 Jahre alt, verbrannt. Der damalige Bundes-
kanzler Kohl hat sich geweigert, die Überlebenden in
Solingen zu besuchen, und hat stattdessen den Außenmi-
nister hingeschickt. Denn es waren Ausländer; sie hatten
mit Deutschland scheinbar nichts zu tun.

Was hat das mit dem Opferentschädigungsgesetz zu
tun? Sehr viel. Denn die Hinterbliebenen dieser Frauen,
Mädchen und Kinder haben Anträge nach dem Opferent-
schädigungsgesetz gestellt. Das oberste deutsche Gericht
hat diese Anträge abgewiesen, mit der Begründung, dass
das Opferentschädigungsgesetz für diese Personen nicht
einschlägig ist.

Herr Staatssekretär Brandner, ich bin etwas anderer
Auffassung als mein Kollege Kauder. Ich glaube, dem
Aufopferungsanspruch liegt die Überlegung zugrunde,
dass der Staat das Gewaltmonopol hat und zumindest im
Inland für den Schutz der Menschen einzustehen hat;
denn er ist die letzte Instanz. Die Tatsache, dass er für den
Schutz aller Menschen – ich betone: aller Menschen –, die
sich in Deutschland befinden, zuständig ist, würde es ei-
gentlich erforderlich machen, dass wir mit dieser Kas-
kade der Ausschlüsse im OEG endlich Schluss machen.
Wir sollten mit einem einfachen Satz erklären: Der Staat
zahlt Opferentschädigungsansprüche unter den Voraus-
setzungen des OEG an alle, die Opfer einer Straftat in
Deutschland geworden sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dass die Koalitionsfraktionen nur einen ersten Schritt
machen, haben sie in ihrem Gesetzentwurf mit fiskali-
schen Argumenten – das steht dort ausdrücklich so drin –,
also mit Haushaltsargumenten, begründet. Ich gestehe:
Auch wir Grüne haben mit unserem Gesetzentwurf nur
einen ersten Schritt gemacht und das Gesetz so weit aus-
geweitet, dass der Fall von Solingen davon umfasst wird.
Wir wollen nämlich den Erfolg dieses Gesetzes.

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(C (D Herr Kollege Kauder, in Zukunft müssen wir nicht ur über die Aspekte des Opferschutzes, die Sie angeprochen haben, diskutieren, sondern auch über die rage, ob das Opferentschädigungsgesetz nicht für alle enschen, die in Deutschland Opfer einer Straftat wer en, gelten muss. Vor fast genau 13 Jahren, am 4. September 1996, hat in deutscher Röntgenarzt seine beiden deutschen Kiner, seine achtjährige Tochter und seinen sechsjährigen ohn, auf Mallorca getötet. Die Mutter hat Ansprüche ach dem Opferentschädigungsgesetz geltend gemacht. as höchste deutsche Gericht hat diese Anträge in letzter nstanz zurückgewiesen. Auch hier besteht seit nunmehr 3 Jahren Nachbesserungsbedarf. Dabei geht es nicht ur um die Opfer terroristischer Gewalttaten, zum Beipiel um die Opfer der Anschläge in Mumbai oder jerba, sondern auch um Fälle, die sich quasi im zivilen, rivaten Bereich abspielen, die sich aber nur auf deutche Staatsangehörige beziehen. Das Opferentschädiungsgesetz muss auf Gewalttaten im Ausland ausgeeitet werden. An dieser Stelle will ich deutlich machen: Frau Kollein Dağdelen, es ist absurd, zu sagen, aufgrund seiner ußenpolitik sei es die Schuld des deutschen Staates, ass deutsche Staatsangehörige im Ausland gefährdet erden. Diese Aussage war erkennbar neben der Sache. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Zum Schluss will ich noch eines erwähnen: Es gibt ei-
en Gesetzentwurf mit identischem Inhalt: den Gesetz-
ntwurf der Grünen vom 28. März 2006. Die Koalition
at viel Gehirnschmalz darauf verwendet, aus der in un-
erem Gesetzentwurf vorgesehenen Formulierung von
10 b OEG in ihrem Gesetzentwurf einen § 3 a zu for-
ulieren und den Schutz der Lebenspartner hinter einer
askadenverweisung zu verstecken.

Herr Kollege Kauder, Sie haben recht: Die Lebens-
artner sind nach Ihrem Gesetzentwurf so geschützt wie
erheiratete. Sie sind nur nicht erwähnt. Das ist ein biss-
hen beschämend und kleinlich, ebenso wie ihr Vorge-
en, den Gesetzentwurf alleine und nicht mit uns
emeinsam einzubringen, obwohl unser grüner Gesetz-
ntwurf schon seit drei Jahren auf dem Tisch liegt.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Unserer ist von 2002!)


enn es der Wahrheitsfindung dient: Wir werden Ihrem
esetzentwurf zustimmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621117300

Nächster Redner ist der Kollege Gregor Amann,

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


(B)







(A) )



(B) )


Gregor Amann (SPD):
Rede ID: ID1621117400

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und

Kollegen! Am vergangenen Wochenende hat die Interna-
tionale Tourismus-Börse in Berlin geschlossen. Die
Deutschen reisen gerne und viel, und das ist auch gut so.
Reisen bildet. 99 Prozent aller Deutschen, die privat
oder beruflich ins Ausland fahren, kehren wohlbehalten
nach Deutschland zurück, reicher an Erfahrung und Er-
kenntnissen, vielleicht auch mit neuen Freundschaften.
Das Fernweh der Deutschen ist einer der Gründe für die
Novellierung des Opferentschädigungsgesetzes. Ich
möchte vorweg sagen: Ich halte den vorliegenden Ge-
setzentwurf für notwendig, aber auch für gut und sinn-
voll.

Ein beliebtes Ziel deutscher Touristen ist die tunesi-
sche Insel Djerba. Es gibt dort Sonne, Strand und Meer,
und man kann die berühmte Al-Ghriba-Synagoge be-
sichtigen. Am 11. April 2002 jagte ein Selbstmordatten-
täter der Terrororganisation Al-Qaida einen mit Gas be-
ladenen Tankwagen vor dieser Synagoge in die Luft.
21 Menschen, darunter 14 Deutsche, wurden getötet.
17 Menschen erlitten schwere Verbrennungen.

In unserer heutigen Medienwelt jagt eine Sensation
die andere. Schon wenige Tage nach einem solchen An-
schlag gehen die Medien auf die Suche nach neuen Sen-
sationen. Ein grausamer Anschlag wie der in Djerba hin-
terlässt aber auch Opfer sowie die Hinterbliebenen und
Angehörigen, deren Leben sich durch ein solches Ereig-
nis für immer verändert. Die Überlebenden sowie die
Hinterbliebenen und Angehörigen sind dann meist für
den Rest ihres Lebens durch physische und psychische
Verletzungen gekennzeichnet. Sie brauchen Fürsorge
und Hilfe, auch vonseiten des Staates.

Die deutschen Opfer von Djerba bzw. ihre Hinterblie-
benen und Angehörigen hatten keinen Anspruch auf Ent-
schädigung, der über die normalen Leistungen unserer
sozialen Sicherungssysteme hinausgeht. Das Opferent-
schädigungsgesetz – Staatssekretär Brandner hat es be-
reits erläutert – regelt die eigenständige staatliche Ent-
schädigungspflicht für Opfer von Gewaltdelikten, die
der Staat nicht vor dieser Tat schützen konnte. Insoweit
ist das Opferentschädigungsgesetz ein wichtiges Sozial-
staatselement, auf das wir stolz sein können.

Das bisherige Gesetz basiert allerdings auf dem Terri-
torialprinzip. Das heißt, es gilt bisher nur in Fällen, in
denen eine Gewalttat auf deutschem Staatsgebiet verübt
wurde. Es gewährt auch keinen Schutz für Personen, die
sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten und
nicht mit Deutschen oder hier dauerhaft lebenden Aus-
ländern verheiratet oder unmittelbar verwandt sind.

Nach dem Attentat in Djerba, dem 11. September
2001 in New York, aber auch den beschämenden auslän-
derfeindlichen Anschlägen in Mölln und Solingen – Herr
Montag, Sie haben es schon erwähnt – ist endgültig klar:
Auch bei Gewalt und Verbrechen hat eine Globalisie-
rung stattgefunden. Wir müssen hier über nationale
Grenzen hinaus denken. Terrorismus ist international.
Deutsche können weltweit zu Zielen von Terrorismus
und Verbrechen werden. Leider können auch in Deutsch-

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(C (D and internationale Gäste, die beispielsweise ihre hier leenden Verwandten besuchen, zu Opfern von Gewaltaten werden. Deshalb legen die Koalitionsfraktionen heute einen esetzentwurf vor, der eine Regelung für die deutschen pfer von Gewalttaten außerhalb des deutschen Staatsebietes und eine Ausweitung des Kreises der Anpruchsberechtigten vorsieht. Ich glaube, das ist sinnoll, gut und notwendig; das sagte ich schon am Anfang. ie Debatte zeigt, dass der Entwurf eine große Mehrheit m Haus finden wird. Wir hätten das eigentlich schon vor einem Jahr bechließen können. Denn — der Kollege von der FDP agte es — bereits vor 14 Monaten haben sich SPD, DU/CSU, FDP und Grüne auf einen entsprechenden ntwurf des BMAS geeinigt. Dass wir diesen Entwurf rst heute in erster Lesung vorlegen, liegt in der Tat daan – liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich ann Ihnen das nicht ersparen –, dass wir bei der Anpasung des Opferentschädigungsgesetzes an heutige Realiäten neben den Ehepartnern als Anspruchsberechtigte uch Betroffene, die in einer eingetragenen Lebensparterschaft leben, einbeziehen wollten. Das ist heute elbstverständlich – dachte ich zumindest. Dennoch hat genau das zu einer über einjährigen Verögerung geführt. Denn unser Koalitionspartner – zuindest einzelne davon – weigerte sich, die Einbezie ung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in die pferentschädigung aufzunehmen. Ich finde das sehr raurig. Herr Montag nannte es beschämend und kleinich. Dem kann ich nur zustimmen. Ich bin davon entäuscht. Aber am Ende haben wir einen Kompromiss geunden, und es wurde mir gesagt, dass Sie, Herr Kauder, ntscheidend dazu beigetragen haben, dass es zu diesem ompromiss kommen konnte. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Die eingetragenen Lebenspartnerschaften sind im Ge-
etz nicht wörtlich erwähnt, aber über den Bezug auf das
undesversorgungsgesetz sind sie doch einbezogen. Wir
aben bei der Gleichstellung von Schwulen und Lesben
n den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht,
as die Pflichten angeht. Wir sind aber noch nicht sehr
ut, was die Rechte angeht.

Wir Sozialdemokraten glauben, dass alle Menschen
nabhängig von ihrer sexuellen Orientierung die glei-
hen Rechte haben sollten. Das muss auch für die Opfer-
ntschädigung gelten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich glaube, unser Gesetzentwurf ist auf der Höhe der
eit. Das Opferentschädigungsgesetz wird zu einem Ge-
etz, das Ansprüche von Opfern und Hinterbliebenen
ernünftig regelt, und zwar in dem Umfang, der heute
rforderlich ist. Hoffen wir, dass wir es möglichst wenig
nwenden müssen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621117500

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Paul

Lehrieder, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1621117600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer auf der Tribüne
und an den Fernsehgeräten! Heute Morgen auf dem Weg
in mein Büro bin ich an einem großflächigen Plakat vom
Weißen Ring vorbeigekommen, das an einer S-Bahn-
Station hing und auf dem sinngemäß stand: Wenn alle
den Täter verfolgen, wer kümmert sich dann um das Op-
fer? – Genau um dieses Thema geht es heute in der De-
batte über das Opferentschädigungsgesetz, das wir refor-
mieren wollen.

Zunächst ein paar Richtigstellungen, Herr Kollege
Amann, Herr Kollege Montag. Bei Ihnen kann ich es
verstehen, Herr Kollege Amann. Sie gehören ähnlich
wie ich in dieser Legislaturperiode zum ersten Mal die-
sem Hohen Hause an. Herr Montag, Sie aber müssten
doch wissen, dass wir bereits in der bisherigen Form des
Opferentschädigungsgesetzes den Verweis auf das BVG
haben, wo genau diese Frage der Lebenspartnerschaften
bereits mit Verweis geregelt ist.


(Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Frau Präsidentin, er hat vorhin selber gesprochen.
Wenn Sie Wert auf seine Frage legen, würde ich sie zu-
lassen. Aus meiner Sicht ist dies aber nicht erforderlich.
Wir sind eh schon genug im Verzug.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das stimmt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621117700

Ich frage Sie trotzdem: Lassen Sie die Zwischenfrage

des Kollegen Montag zu?


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1621117800

Ich bin nett und lasse sie zu, weil er gesagt hat, dass er

bei dem Gesetz mitmacht.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621117900

Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin und Herr

Kollege Lehrieder. – Ich möchte Sie fragen, ob Sie die
Zeit finden und die Lust haben, sich mit mir nach dieser
Debatte für 15 Minuten zusammenzusetzen, damit ich
Ihnen erklären kann, dass es an einer Stelle im Opferent-
schädigungsgesetz einen Verweis auf das Bundesversor-
gungsgesetz gibt, dass aber die Bezugnahme, die wir
zurzeit haben, genau die beiden Fälle bisher nicht abge-
deckt hat, in denen Lebenspartner nicht wie Verheiratete
behandelt worden sind, und dass deswegen eine weitere
Bezugnahme an zwei Stellen notwendig ist, die in die-
sem Gesetzentwurf zusätzlich hinzugekommen ist, da-
mit es eine volle Angleichung gibt?

Sind Sie damit einverstanden, dass ich Ihnen das noch
einmal privatissime erkläre?

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(C (D Selbstverständlich, Herr Kollege Montag. Erstens bin ch ein netter Kerl. Zweitens habe ich ein geringes uäntchen Hoffnung, dass es meiner Wissensmehrung ienen könnte, mit Ihnen noch einmal darüber zu sprehen. Wir machen das. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1621118000

In den Ausführungen der Vorredner ist bereits sehr
eutlich geworden, dass uns allen gemeinsam ist, den
pfern von Gewalttaten auch dann zu helfen, wenn es
ach der bisherigen Form des Opferentschädigungsge-
etzes nur unzureichend möglich war.

Wie bereits gehört, gilt das Opferentschädigungs-
esetz nicht für Menschen, die im Ausland Opfer von
ewalttaten wurden. Auch für die Personen, die sich nur
orübergehend in Deutschland aufhalten und weder mit
eutschen noch mit dauerhaft hier lebenden Personen
erheiratet oder in gerader Linie verwandt sind, bietet
as bisherige Opferentschädigungsgesetz keinen ausrei-
henden Schutz. Daraus ergeben sich zwingend folgende
ragen:

Erstens. Ist es gerade vor dem Hintergrund der verän-
erten weltpolitischen Rahmenbedingungen noch rich-
ig, dass das Opferentschädigungsgesetz im Hinblick auf
ein Territorialprinzip diese Opfer ausklammert?

Zweitens. Ist es richtig, dass Opfer nur auf die bisher
chon möglichen Härtefallleistungen verwiesen werden?

Drittens. Muss die staatliche Opferentschädigung hier
icht weiterentwickelt werden?

Gerade die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat in den
ergangenen Jahren im Sinne der Opfer nach Antworten
uf diese Fragen gesucht und tragfähige Lösungen ange-
oten. Umso mehr freut es mich, dass wir nun gemein-
am mit unserem Koalitionspartner – wie ich gehört
abe, auch mit der FDP und mit den Grünen – ein Gesetz
uf den Weg bringen können, das die bisherige Lücke im
pferentschädigungsgesetz schließen wird.

Ich möchte kurz die Regelungen im Einzelnen be-
euchten. Zunächst zu den Deutschen, die im Ausland
pfer von Straftaten wurden. Bei den zu erbringenden
eistungen steht die schnelle medizinische Hilfe zusam-
en mit der psychotherapeutischen Betreuung im Vor-

ergrund. Bei den vorgesehenen Geldzahlungen handelt
s sich um Einmalzahlungen.

Die Höhe der Einmalzahlung ist nach dem Grad der
chädigungsfolgen gestaffelt. Bei einem Grad der Schä-
igungsfolgen von 30 Prozent bis 40 Prozent entspricht
ie beispielsweise dem Jahresbetrag der bei Inlandstaten
ei gleichem Schädigungsgrad gezahlten Grundrente,
lso 1 428 Euro. Bei einem Grad der Schädigungsfolgen
on 50 Prozent bis 60 Prozent beträgt die Einmalzahlung
256 Euro. Es geht hoch bis zu einem Schädigungsgrad

on 100 Prozent, bei dem die Einmalzahlung 14 976 Euro
eträgt.

In § 3 a des Gesetzentwurfs zur Änderung des Opfer-
ntschädigungsgesetzes werden die Leistungen für Hin-






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
terbliebene geregelt. Hinterbliebene – einschließlich der
Eltern, deren minderjährige Kinder an den Folgen einer
Gewalttat im Ausland verstorben sind – sollen einen An-
spruch auf notwendige psychotherapeutische Maßnah-
men haben. Davon abgesehen haben sie Anspruch auf
eine Einmalzahlung von bis zu 4 488 Euro. Auch das
muss gesagt werden: Zu den Beerdigungs- und Überfüh-
rungskosten wird ein Zuschuss von bis zu 1 506 Euro
gewährt. Leistungsansprüche aus anderen öffentlichen
und privaten Versorgungssystemen sind auf die Leistun-
gen nach Abs. 2 und 3 anzurechnen.

Nun zu den Menschen, die sich nur vorübergehend in
Deutschland aufhalten. Von meinen Vorrednern wurde
bereits auf den Fall Solingen hingewiesen. Der Schutz-
bereich in § 1 Abs. 6 des Opferentschädigungsgesetzes
wird vor allem auf Verwandte bis zum dritten Grad aus-
gedehnt, die ihre dauerhaft in Deutschland lebenden
Angehörigen besuchen. Bislang konnten diese Gruppen
lediglich einen Härtefallausgleich nach § 10 b des Opfer-
entschädigungsgesetzes erhalten. Es war zwar schon da-
mals möglich, eine Entschädigung zu erhalten, aller-
dings gab es keinen Rechtsanspruch darauf. Herr Kol-
lege Montag, Sie haben zutreffend darauf hingewiesen.

Jetzt ist sichergestellt, dass Geschädigte bei der Ver-
sorgung gegenüber Hinterbliebenen nicht schlechter ge-
stellt werden. Allerdings soll der Schutzbereich des
Opferentschädigungsgesetzes aus Gründen der Finan-
zierbarkeit gerade nicht generell für alle Touristen und
Geschäftsreisenden gelten. Gerade der letztgenannte
Personenkreis dürfte oft schon anderweitig, zum Bei-
spiel durch eine private Versicherung, abgesichert sein.

Ich freue mich, dass die Gesetzesberatungen in den
Ausschüssen, die nach dieser heutigen ersten Lesung er-
folgen werden, offensichtlich von der großen Mehrheit
der Oppositionsfraktionen mitgetragen werden. Von zwei
Fraktionen habe ich schon Zustimmung signalisiert be-
kommen, bei der dritten Oppositionsfraktion habe ich
noch meine Zweifel. Man wird sich überraschen lassen,
ob Sie auch zustimmen können, liebe Freunde von den
Linken.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Freunde?)


Ich wünsche uns gute Beratungen und hoffe, dass wir
noch in dieser Legislaturperiode das Gesetz auf den Weg
bringen können.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621118100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/12273 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

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(C (D Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a und 8 b auf: a)

Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad
Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Moratorium für die elektronische Gesund-
heitskarte

– Drucksache 16/11245 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt
Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald
Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Das Recht auf informationelle Selbstbestim-
mung bei der Einführung der elektronischen
Gesundheitskarte gewährleisten

– Drucksache 16/12289 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
raktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
aniel Bahr, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1621118200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ingangs dieser Debatte will ich ausdrücklich festhalten,
ass die FDP die Chancen, die im Einsatz der Informa-
ionstechnologie für das Gesundheitswesen liegen, aus-
rücklich begrüßt.

Grundsätzlich eröffnet die Telematik im Gesundheits-
esen gute Perspektiven für eine bessere Versorgung
nd bessere Abläufe. Jedem hier im Hause ist doch völ-
ig klar, dass die moderne Informationstechnologie auch
ingang ins Gesundheitswesen erhalten muss, wodurch
er Ablauf und die Zusammenarbeit verbessert werden
önnen, weil nicht mehr nur auf Papier und alten Wegen
earbeitet wird.

Gerade im Gesundheitswesen müssen wir aber beson-
ers die Risiken berücksichtigen, die nun einmal damit
erbunden sind, erst recht wenn es sich um solch sen-
ible Daten wie die Gesundheitsdaten handelt. Dabei
arf man die Risiken nicht außer Acht lassen.

Im Rahmen der damaligen Gesundheitsreform Seehofer/
chmidt haben CDU/CSU, SPD und Grüne mit einer
anz großen Koalition und gegen die Bedenken der FDP
ereis 2003 im Gesundheitsmodernisierungsgesetz die
inführung der elektronischen Gesundheitskarte be-
chlossen. Die Realisierung, die mehrfach angekündigt
urde, lässt noch auf sich warten, da ein solch umfas-






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

sendes System der elektronischen Gesundheitskarte al-
lein technisch, aber auch aus Datenschutzgründen eben
nicht so einfach einzuführen ist.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Gründlichkeit vor Schnelligkeit!)


Wenn es um die Speicherung von Gesundheitsdaten
geht, sollte besondere Vorsicht gelten. Ich will nieman-
dem im Hause in Abrede stellen, dass damit keine guten
Ziele verfolgt werden. Man stelle sich nur einmal vor,
der Arbeitgeber bekäme Kenntnis über die Gesundheit
seiner Mitarbeiter oder wüsste von der Erkrankung eines
Bewerbers, die potenziell dessen Leistungsfähigkeit ein-
schränkt. Es ist wohl klar, dass Bürger nicht wollen, dass
Unbefugte Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten erhalten.

Ich möchte noch ein anderes Beispiel nennen. Als
Union und SPD den Behörden unter bestimmten Bedin-
gungen den Zugriff auf die Computer der Bürger ermög-
lichten, war der Aufschrei in der Bevölkerung zu Recht
groß. Die Möglichkeit des Einblicks in intimste Daten
der Gesundheit eines Menschen ohne dessen Wissen und
Einwilligung dürfte noch eine Steigerung darstellen.

Deshalb muss man bei einem so umfassenden System
der elektronischen Gesundheitskarte besonders aufmerk-
sam und skeptisch werden, wenn ich auch weiß, dass der
Datenschutzbeauftragte bisher die hohen Kriterien des
Datenschutzes immer wieder angesprochen hat und auch
in die Umsetzung eingebunden ist.

Für uns als Liberale ist das Ziel: Wir wollen keinen
gläsernen Patienten.


(Beifall bei der FDP)


Für die FDP ist Voraussetzung, dass der Versicherte stets
Herr über seine eigenen Daten ist und bleibt. Er soll da-
rüber entscheiden, wer welche seiner Gesundheitsdaten
zu welchem Zweck nutzen darf. Die Speicherung der
Notfalldaten sowie in weiteren Ausbauschritten die elek-
tronische Arzneimitteldokumentation und die elektroni-
sche Patientenakte müssen dabei auf Freiwilligkeit beru-
hen. Der Versicherte kann, muss aber nicht entsprechende
Daten zu diesen Zwecken speichern lassen.

Ich sage Ihnen eines voraus: Ohne die Freiwilligkeit
wird dieses Projekt wohl kaum die zum Gelingen erfor-
derliche breite Akzeptanz finden. Das sehen wir an dem
Unmut, der bei den Leistungserbringern und Patienten
derzeit bei der Umsetzung der elektronischen Patienten-
akte in Deutschland festzustellen ist.

Studien haben aber gezeigt, dass sich das gesamte
Projekt um die elektronische Gesundheitskarte erst dann
rechnet, wenn diese freiwilligen Zusatzanwendungen
auch genutzt werden. Ansonsten übersteigen nämlich die
Kosten des Aufbaus einer geeigneten Infrastruktur den
aus dem Projekt entstehenden Nutzen, wie die Studien
darlegen.

Schon häufig konnte man in anderen Bereichen erle-
ben, wie hohe Datenschutzstandards aufgeweicht wur-
den. Freiwillige Anwendungen können schnell zu Pflicht-
anwendungen werden, wenn damit in einem finanziell
stets auf Kante genähten Gesundheitssystem Kosten ein-

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(C (D espart werden sollen. Genau das ist unsere Sorge. Versiherten und Behandlern könnten mehr oder weniger wingende Anreize gesetzt werden, sich entsprechend zu eteiligen. In einem Gesundheitswesen, das immer stärere zentralistische und dirigistische Züge aufweist, darf er nächste Schritt jedoch nicht darin bestehen, den chutz sensibelster und intimster Daten gegen vermeint iche finanzielle Vorteile auszuspielen. Es ist kaum vortellbar, dass die Versicherten vor die Wahl zwischen inanziellem Vorteil und Wahrung ihrer eigenen Persönichkeitsrechte gestellt werden. Dann wäre es in der Tat icht mehr weit zum gläsernen und vor allem staatlich teuerbaren Patienten. Die bisherigen Tests haben mehr Fragen aufgeworfen ls Antworten gegeben. Ich möchte einige Probleme ennen. In Schleswig-Holstein bzw. in Flensburg, wo ests durchgeführt wurden, gab es Probleme mit der Geeimnummer, der sechsstelligen PIN. Sobald die Proleme zutage traten, kam der Vorschlag vonseiten der olitik, der Exekutive und vieler anderer Bereiche, auf ie Eingabe der Geheimnummer zu verzichten. Das eigt, wie schnell es dazu kommt und wie gefährlich es st, dass hohe Datenschutzstandards, die ursprünglich orgegeben worden sind, in der praktischen Umsetzung ehr schnell aufgeweicht werden können. Die hohen Datenschutzstandards müssen auch weiterin gewährleistet werden. Große Mengen sensibelster aten quasi in einer Hand zu bündeln, birgt ohne Zwei el Gefahren. Deswegen meinen wir: Nach dem gläseren Bankkunden und dem gläsernen Internet-User darf etzt nicht auch noch der gläserne Patient drohen. Es wurde angesprochen, dass das Vorhaben nicht zu usätzlicher Bürokratie führen soll. Das Ausstellen eines ezepts dauert nach Aussage eines am Test teilnehmenen Internisten nun dreimal und das Einlesen der Karte iermal so lange wie bisher. Was wir derzeit als Umsetzung erleben, betrifft bei eitem noch nicht die elektronische Gesundheitskarte, uch wenn das wahrscheinlich gleich wieder so verkauft ird, sondern es ist, wenn überhaupt, nur eine Vorstufe essen, was noch alles kommen soll. Schon hierbei weren Probleme deutlich. Die AOK Rheinland will, wie sie etzt in der Öffentlichkeit kundgegeben hat, die Karten rst dann ausgeben, wenn sichergestellt ist, dass die rzte zur Teilnahme am Onlinebetrieb verpflichtet sind. Die privaten Krankenversicherungen – das war vorestern zu lesen – steigen mittlerweile aus dem Projekt us. Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen lassen ich in Zeitungen ohne Namen mit der Feststellung zitieen, die elektronische Gesundheitskarte sei politisch tot. Für uns ist deshalb eines ganz wichtig: Wir wollen das rinzip der Freiwilligkeit für Versicherte, Ärzte und rankenhäuser bei der Nutzung der Gesundheitskarte ewährleistet haben. Wir wollen nicht, dass ein Druck ur schnellen Umsetzung dieses umfassenden Konzepts er elektronischen Gesundheitskarte entsteht, das immer och viele Fragen und Sorgen aufwirft. Deswegen haben ir von der FDP einen Antrag eingebracht, der ein Mora Daniel Bahr torium für die elektronische Gesundheitskarte vorsieht. Die Einführung muss so lange zurückgestellt werden, bis wirklich sichergestellt ist, dass die Voraussetzungen der Datensicherheit erfüllt sind. Das ist aus unserer Sicht noch nicht gegeben. Deswegen darf hier nicht mit Druck an der Umsetzung gearbeitet werden. Wir sollten uns vielmehr so viel Zeit für die Umsetzung lassen, bis alle offenen Fragen geklärt sind. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Rolf Koschorrek, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ein führung der elektronischen Gesundheitskarte, vom Volksmund kurz als E-Card bezeichnet, gilt sicherlich weltweit als eines der anspruchsvollsten Vorhaben der Informationstechnik im Gesundheitswesen, jedenfalls was die Größe der betroffenen Population angeht. Es besteht nun offenbar bei der FDP-Fraktion die Sorge, dass die E-Card zu schnell – in Ihrem Antrag heißt es: übereilt – eingeführt wird. (Dr. Karl Addicks [FDP]: Die begründete Sorge!)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621118300

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Rolf Koschorrek (CDU):
Rede ID: ID1621118400

Die Fraktion der Grünen nutzt die Gelegenheit, kurzfris-
tig einen Antrag zur elektronischen Gesundheitskarte
nachzuschieben. Im Wesentlichen wird darin gefordert,
was bereits in dem von Ihnen geforderten Sinne geregelt
bzw. selbstverständlich ist. Nur ein Beispiel: Sie finden
lobende und anerkennende Worte für die Vorkehrung zur
Datensicherheit bei der E-Karte. Sie fügen hinzu: So
muss es bleiben. – Neu ist allerdings die absolut unrea-
listische Forderung, dass es den Leistungserbringern,
den Arztpraxen, freigestellt sein soll, an der Nutzung der
E-Card teilzunehmen. Es liegt auf der Hand, dass das so
nicht funktionieren kann.

Die zentrale Forderung der FDP lautet, die Einfüh-
rung der E-Card auf Eis zu legen, weil – so befürchten
Sie – die Erfüllung zentraler Anforderungen wie die Da-
tensicherheit, die Freiwilligkeit und die Gewährleistung
eines vertrauensvollen Arzt-Patienten-Verhältnisses nicht
garantiert sei. Ich kann Ihnen versichern, dass die Union
die in Ihrem Antrag geäußerten Anliegen und Sorgen
sehr ernst nimmt. Für uns, die CDU/CSU, haben die Da-
tensicherheit bei der Einführung der elektronischen Ge-
sundheitskarte und die Selbstbestimmung des Patienten
über seine Daten absolut oberste Priorität.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist auch für uns eine Selbstverständlichkeit, dass
die Alltagstauglichkeit der E-Card eine unverzichtbare
Voraussetzung für die Einführung in die ärztliche Praxis
ist. Wir wissen aber auch und sollten es ehrlich eingeste-
hen, dass anspruchsvolle und hochkomplexe technische
Neuerungen nur selten von heute auf morgen perfekt

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(C (D unktionieren. Es liegt in der Natur eines so hochkompliierten und anspruchsvollen technischen Projektes wie er E-Card, dass sie immer weiterentwickelt, verbessert nd an neue, zusätzliche Anforderungen angepasst wird. ch möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, ass auch bei Toll Collect die Startschwierigkeiten exrem waren. Heute haben wir ein – unstrittig – im interationalen Vergleich einmalig gut funktionierendes Sysem implementiert. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aber der Wunsch, auf die Daten zuzugreifen, ist gefährlich! Schlechtes Beispiel, Herr Kollege! – Dr. Karl Addicks [FDP]: Das ist ein Beispiel dafür, dass alles anfangs in die Hose ging!)


Das ist ein gutes Beispiel, das auch durch Zwischen-
ufe nicht schlecht gemacht werden kann.

Der Vorwurf einer übereilten und unbedachten Ein-
ührung mutet in dieser Situation nahezu absurd an. Es
st Ihnen doch bekannt – falls nicht, möchte ich es noch
inmal in Erinnerung rufen –, dass die bundesweiten Or-
anisationen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen
ereits seit Ende der 90er-Jahre als Aktionsforum „Tele-
atik im Gesundheitswesen“ mit dem Thema der elek-

ronischen Gesundheitskarte und den möglichen Inhalten
elematischer Anwendungen befasst sind. Schon vor
ünf Jahren, im Jahre 2004, wurde bereits die rechtliche
rundlage für die E-Card mit dem Gesetz zur Moderni-

ierung der gesetzlichen Krankenversicherung gelegt.
ie Anforderungen an die Datensicherheit und die Funk-

ionen der E-Card sind im SGB V verankert. Die ur-
prünglich für das Jahr 2006 geplante flächendeckende
inführung der E-Card wurde verschoben. Die Test-
rgebnisse zeigten damals noch viele Unzulänglichkei-
en, die zwischenzeitlich behoben sind.

Die flächendeckende Einführung erfolgt jetzt schritt-
eise, über einen längeren Zeitraum gestreckt. Im ersten
uartal 2009 hat der sogenannte Roll-out der elektroni-

chen Gesundheitskarte in der KV-Region Nordrhein
egonnen. Die Einführung der E-Card wird sich in meh-
eren Etappen vollziehen. Die verschiedenen Karten-
unktionen werden in verschiedenen Ausbaustufen erst
ach und nach zum Einsatz kommen. Die letzte Stufe
ird die umfassende elektronische Patientenakte sein.
ei allen Stufen vorher geht es überhaupt nicht darum,
ass sensible Patientenakten öffentlich verfügbar ge-
acht werden. Es ist sichergestellt, dass die Patienten

elber und in eigener Verantwortung darüber entschei-
en, in welchem Umfang Daten gespeichert oder ge-
öscht werden sollen und wem sie diese Daten zugäng-
ich machen wollen.


(Zuruf von der FDP: Eben nicht!)


s gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Jeder Versicherte
uss wissen, dass es allein seine persönliche und frei-
illige Entscheidung ist, welche Daten gespeichert wer-
en und wer sie lesen kann. Es besteht kein Anlass, die
ersicherten und Patienten zu verunsichern; denn die
erpflichtend auf der E-Card hinterlegten Daten stim-
en im Wesentlichen mit den Informationen überein, die






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Koschorrek
auf der bisherigen Krankenversichertenkarte gespeichert
sind:


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Anschrift und Kran-
kenversicherungsnummer. Als zusätzliche verpflich-
tende Funktion kommt das elektronische Rezept hinzu.

Darüber hinaus können die Versicherten und Patien-
ten freiwillig persönliche Gesundheitsdaten speichern
lassen. Es ist sichergestellt, dass für diesen freiwilligen
Bereich strenge Datenschutzregeln gelten. Der Zugriff
auf die Daten ist nur mit der Kombination aus persönli-
cher Geheimnummer des Patienten und elektronischem
Heilberufeausweis möglich, der zentraler Bestandteil
des Sicherheitskonzepts der E-Card ist. Nur mit dieser
Legitimation ist es möglich, Daten von der Gesundheits-
karte zu lesen oder elektronische Rezepte und medizini-
sche Daten zu speichern bzw. zu lesen.

Wer trotz aller Vorkehrungen und Maßnahmen zum
Schutz der Daten gleichwohl Bedenken hat, wird in eine
Speicherung seiner Gesundheitsdaten sicherlich nicht
einwilligen. Für diejenigen bleibt hinsichtlich der Kom-
munikation, Dokumentation, Bereitstellung und Nut-
zung ihrer Gesundheitsdaten alles wie bisher. Das Prin-
zip der Freiwilligkeit ist in diesem System elementar; es
wird auch künftig nicht infrage gestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Carola Reimann [SPD])


Für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitswe-
sens, für die Patienten und Leistungserbringer bringt die
Vernetzung von Gesundheitsdaten, wie sie mit der Ein-
führung der elektronischen Gesundheitskarte möglich
ist, eine ganze Reihe von Vorteilen. Belastende und teure
Mehrfachuntersuchungen wie doppeltes Röntgen oder
doppelte Laboruntersuchungen können vermieden wer-
den. Ärzte und Patienten haben einen schnelleren und
besseren, vollständigen Überblick über den Gesund-
heitsstatus, zum Beispiel hinsichtlich Grunderkrankun-
gen, Impfungen, Allergien, Vorsorgeuntersuchungen,
des Verlaufs chronischer Erkrankungen und individuel-
ler Risiken des Patienten. Das mühsame und zeitaufwen-
dige Dokumentieren bzw. Suchen von Vorbefunden ent-
fällt. Die Behandlungsqualität kann verbessert werden,
wenn die Behandlungen besser aufeinander abgestimmt
werden und sich sinnvoll ergänzen. Mit der Arzneimit-
teldokumentation werden Kontraindikationen und Dop-
pelverordnungen vermieden. Im Notfall sind wichtige
Daten deutlich schneller verfügbar.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So muss es sein!)


Wir sind als Politiker dafür verantwortlich, dass die
neuen technischen Möglichkeiten mit all ihren Vorteilen
für die Bürger genutzt werden. Zugleich setzen wir uns
für größtmögliche Datensicherheit ein und verfolgen
konstruktiv und kritisch die Aktivitäten der gemeinsa-
men Selbstverwaltung, die in der Gesellschaft Gematik
gebündelt sind. Weil wir die Kritik und die Sorgen hin-
sichtlich der Datensicherheit ernst nehmen, tun wir alles

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(C (D afür, dass der Schutz und die technische Sicherheit der ensiblen Gesundheitsdaten höchsten Anforderungen ntsprechen. Die E-Card wurde in enger Abstimmung mit dem undesbeauftragten für den Datenschutz entwickelt; er ird auch die weitere Entwicklung und Anwendung der lektronischen Gesundheitskarte beeinflussen, sie untertützen und kritisch begleiten. Datensicherheit und Daenschutz sind im Rahmen unserer gesetzlichen Mögichkeiten voll gewährleistet. Die Nutzung der E-Card ist nicht zuletzt auch eine asis dafür, dass die Nutzung der Telematik im Gesundeitswesen in breitere Bevölkerungskreise Einzug hält. ch bin sicher, dass es bald eine Selbstverständlichkeit ein wird, die Vorteile der Telematik zu nutzen. Gestatten Sie mir zum Schluss einige ganz persönlihe Gedanken zur Telematik, nicht aus Sicht des Politiers, sondern des Versicherten und Patienten. In einem and wie der Bundesrepublik Deutschland, einem High echland, erwarte ich im Jahr 2009 vom Gesundheitsween eine Plattform, bei der ich, egal wo ich in Deutschand einen Arzt oder eine Klinik aufsuche, mit meiner inwilligung, meinem Schlüssel, zusammen mit meinem ehandler Zugang zu meinen vollständigen medizini chen Daten, zu Dokumenten, Bildern, Untersuchungsrgebnissen und Befunden habe, egal von wem, wann nd wo sie erhoben worden sind. Ich weiß – verschiedene neue Umfragen belegen dies indeutig –, dass diese Erwartung von einer überwiegenen Mehrheit unserer Bürger und vor allem der Patienten eteilt wird. Dieses Thema ist zu wichtig für die Menchen, als dass man es um den Preis einer Schlagzeile it populistischen Phrasen wie „Angst vor dem gläser en Patienten“ belegen sollte. Lassen Sie uns die Einfühung neuer Technologien zum Wohle der Patienten kontruktiv gestalten! Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Nächster Redner ist der Kollege Frank Spieth, Frak ion die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Die Ziele, die Herr oschorrek eben erneut formuliert hat, kann man in der at zum großen Teil unterstreichen. Die gemeinsame elbstverwaltung hat es nach Einbringung des Gesetzes icht geschafft hat, die datenschutzrechtlichen Vorausetzungen für die Einführung der Gesundheitskarte zu rfüllen. Daher musste das Bundesgesundheitsministeium im Oktober 2006 eine Verordnung erlassen, in der estgelegt wurde, dass die Gesundheitskarte vor ihrer inführung einem vierstufigen Testverfahren unterzogen erden muss. Dieses Verfahren ist jetzt geltendes Recht Frank Spieth und unbedingt einzuhalten. Offenkundig wird sich aber die Betreibergesellschaft Gematik nicht daran halten. Der 100 000er-Test soll offenbar nicht durchgeführt werden. Dennoch wird schon jetzt mit der flächendeckenden Ausgabe der Karten in Nordrhein begonnen. Das ist rechtswidrig. Wenn die Bundesregierung ihre eigene Verordnung ernst nimmt, müsste sie eingreifen. Tut Sie es nicht, macht sie einen schweren Fehler. Nicht nur rechtlich, sondern auch fachlich kritisieren wir dieses Vorgehen. Die einzige Technik, die überhaupt getestet wurde, waren zentrale Onlinespeicherserver, die über Internet erreichbar sind. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Keine Alternative!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621118500

(Beifall bei der LINKEN)

Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621118600




(A) )


(B) )


Überall, wo auf zentralen Servern viele sensible Daten
gespeichert sind, wachsen natürlich Begehrlichkeiten.
Durch die Onlinevariante wird es bei allem Datenschutz
möglich, darauf zuzugreifen. Der Schlüssel dazu wird
bei der Ausgabe der Karte von der Krankenkasse erzeugt
und an den Kartenhersteller ausgeliefert. Er wird zudem
für den Fall des Verlustes der Karte bei einem soge-
nannten Treuhänderdienst hinterlegt. An diesen drei
Stellen – Kassen, Kartenhersteller und Treuhänder-
dienst – finden sich Angriffspunkte für Interessenten an
den Daten. Aber zumindest Krankenkassen, Arbeitge-
bern und Versicherungen darf man durchaus ein gewis-
ses wirtschaftliches Interesse an diesen Daten unterstel-
len.

Am Horizont sehe ich auch schon Herrn Schäuble
auftauchen, der diese Daten möglicherweise zur Terror-
bekämpfung haben möchte.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das ist billigster Populismus!)


Mit dem jetzt vorhandenen Gesetz ist nach meiner Auf-
fassung nicht gewährleistet, dies zu verhindern. Die Vor-
ratsdatenspeicherung der Telefon- und E-Mail-Verbin-
dungsdaten zeigt schon jetzt, wie einfach es ist, Daten,
die zunächst für Rechnungszwecke gespeichert wurden,
nun zur Bekämpfung von Kriminalität heranzuziehen.

Wenn man an der Onlinevariante der Gesundheits-
karte festhält, dann muss nach meiner Auffassung we-
nigstens der Schutz der Daten Verfassungsrang haben.
Dieses Problem könnte mit einer dezentralen Offlineva-
riante der Karte, zum Beispiel einem USB-Stick, gelöst
werden. Die Firma Gematik hat im Oktober 2008 der
Ärzteschaft zugesagt, diese dezentrale Speichermöglich-
keit zu erproben. Das ist bislang nicht geschehen. Ich
vermute, dass eine ernsthafte Prüfung auch nicht mehr
stattfinden wird; andernfalls schaffte man in Nordrhein
keine vollendeten Tatsachen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ablenkung!)


Für die gesetzlich vorgesehenen Funktionen der Karte
benötigt man keine zentralen Onlineserver. Aber man
will sie durchsetzen, weil man sie für die sogenannten
Mehrwertdienste nutzen will. Dahinter verbergen sich
viele Anwendungen, mit denen private Firmen Gewinn
erzielen können. Ob diese Anwendungen der Gesundheit
nutzen, ist nach meiner Auffassung sehr fraglich.

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(C (D Die Linke fordert deshalb: Die geltenden Datenchutzregelungen müssen ohne Wenn und Aber eingealten werden. ie informationelle Selbstbestimmung der Patienten uss gewahrt werden. Die Gesundheitskarte, die von en Beitragszahlern mit Milliarden vorfinanziert wird, arf nicht zur privaten Profiterzielung nutzbar gemacht erden. Der staatliche Zugriff auf Gesundheitsdaten uss kategorisch ausgeschlossen werden. Die 00 000er-Tests müssen durchgeführt werden. (Zuruf von der CDU/CSU: Wer fordert denn etwas anderes?)


(Beifall bei der LINKEN)


ußerdem muss die dezentrale Offlinelösung tatsächlich
etestet werden. Erst danach darf über eine flächende-
kende Ausgabe der Gesundheitskarte verhandelt wer-
en.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Karl Addicks [FDP]: Gar nicht so schlecht! – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das heißt, Sie stimmen unserem Antrag zu?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621118700

Nächste Rednerin ist die Parlamentarische Staats-

ekretärin Marion Caspers-Merk.

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621118800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch muss schon ein bisschen über die Einlassungen stau-
en, die vonseiten der FDP und vonseiten Herrn Spieths
ür die Linke vorgetragen wurden. Wir haben doch über
ahre hinweg darüber diskutiert, dass die Missbrauchs-
öglichkeiten der jetzigen Karte enorm sind. Gerade im
achausschuss wurde immer wieder kritisiert, dass die
atenunsicherheit der jetzigen Krankenversicherten-
arte, die nicht spezifisch gesichert ist, groß ist


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Kein Widerspruch!)


nd dass wir aus diesem Grunde eine neue elektronische
esundheitskarte brauchen, die einen deutlichen Mehr-
ert hat. Darin waren wir uns einig.

Interessant ist doch, dass selbst die Dinge, die im
achausschuss klar waren – der Datenschutzbeauftragte
ar doch bei uns –, von Ihnen überhaupt nicht mehr dar-
estellt werden. Ich zitiere Ihnen gerne aus dem jüngsten
rief des Datenschutzbeauftragten an Frau Pfeiffer vom
pitzenverband Bund der Krankenkassen, in dem er
chreibt:

Im Zusammenhang mit der Roll-out-Planung sind
in den letzten Wochen einige Fragen mit erhebli-
cher datenschutzrechtlicher Brisanz diskutiert wor-
den. Vor allem die Frage der Verbesserung des
Schutzniveaus der Versichertendaten durch die
elektronische Gesundheitskarte war Gegenstand
zahlreicher Schreiben. Dabei habe ich deutlich ge-
macht, dass mein Anliegen die schnellstmögliche






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk
Beseitigung des technologisch begrenzten Schutz-
niveaus der derzeitigen Krankenversichertenkarte
ist. Ich sehe durch die Einführung der elektroni-
schen Gesundheitskarte sowohl in diesem konkre-
ten Fall als auch in anderen Fällen eine große
Chance, eine generelle Verbesserung des Daten-
schutzniveaus zu erreichen.

Das rückt die Dinge doch wieder zurecht.

Die neue Karte hat ein höheres Schutzniveau, und sie
löst die alte Karte mit einem niedrigeren Schutzniveau
ab. Was will die FDP? Sie will ein innovations- und fort-
schrittsfeindliches Moratorium. Sie springen von einem
fahrenden Zug ab, nur um sich Überschriften zu sichern.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Nein!)


Das kann von uns auf keinen Fall gutgeheißen werden.


(Beifall bei der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die PKV steigt aus, die AOK Rheinland gibt die Karte nicht aus!)


Wenn man sich Ihren Antrag anschaut, dann muss man
Folgendes feststellen: Sie haben auf der einen Seite – –


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wenn man begründete Zweifel hat, sollte man sie äußern!)


– Herr Bahr, Sie können gerne eine Zwischenfrage stel-
len. Das verlängert meine Redezeit. Ich bin dazu bereit.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621118900

Herr Kollege Bahr, überwiegend hat in einer Debatte

die Rednerin das Wort. Wenn Sie etwas sagen wollen,
dann stellen Sie eine Zwischenfrage.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das mache ich jetzt!)


Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621119000


Gerne.


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1621119100

Frau Staatssekretärin, Sie erwecken den Eindruck, als

ob alles fantastisch läuft. Ich möchte nur einmal an die
Nachrichten der letzten Tage erinnern. Der Verband der
privaten Krankenversicherung hat öffentlich gesagt, dass
er aussteigt. Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen
lassen sich mit der Aussage in den Zeitungen zitieren,
das Projekt der elektronischen Gesundheitskarte sei poli-
tisch tot. Die AOK Rheinland weigert sich, in Nord-
rhein, wo die erste Umsetzung dieses Projektes stattfin-
den soll, die Karten weiter auszugeben, weil wesentliche
Fragen aus Sicht der AOK Rheinland noch nicht geklärt
sind. Sie tun so, als ob alles funktioniert und die FDP nur
einen Schauantrag stellt. Das entspricht doch überhaupt
nicht der Nachrichtenlage der letzten Tage.

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(C (D M Herr Kollege Bahr, das, was Sie sagen, ist falsch. Ers ens. Die AOK Rheinland ist nicht gegen die Ausgabe er Versichertenkarte; sie möchte vielmehr weitere Prüungen, was die Fragen der Onlinenutzung und des Rolluts angeht. Aber die Karten werden planmäßig ausgeeilt. Zweitens. Die privaten Krankenversicherungen möchn gerne mitmachen, sie möchten aber eine klare Basis, m auf dieser Grundlage ihre Entscheidung weiterhin ertreten zu können. Drittens. Wenn Sie sich die Geschichte der elektronichen Gesundheitskarte anschauen, dann stellen Sie fest, ass wir immer dafür sorgen mussten, dass diese Innovaion überhaupt voranging, und dass immer wieder ein al Sperrfeuer von Einzelnen kam, die sich vor der ransparenz fürchten, die die neue Karte bietet. Das ist er eigentliche Grund. Die Kreise, die das verhindern ollen, bedienen Sie noch mit Ihrem Antrag. (Frank Spieth [DIE LINKE]: Aber die AOK Rheinland ist derzeit nicht bereit, die Karte auszugeben!)

Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621119200

Überhaupt nicht begreifen kann ich, dass Sie das
hema PIN noch einmal problematisieren. Gerade die
IN und der doppelte Schutz durch die beiden Zugangs-
chlüssel war der Grund, warum der Datenschutzbeauf-
ragte von einem hohen Schutzniveau sprach. Jetzt pro-
lematisieren Sie die PIN, die sich eigentlich überall
ewährt hat. Ich kann Sie da nicht ganz verstehen. Was
ollen Sie denn nun: ein höheres oder ein niedrigeres
chutzniveau?


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: In den Testregionen wird das problematisiert!)


Frau Kollegin Bender, Sie haben nach mir die Gele-
enheit, uns den Gesinnungswandel der Grünen ausführ-
ich zu erläutern.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerne!)


ch muss mich schon sehr wundern: Die einen sagen, wir
rauchen ein Moratorium, weil noch gar nicht klar ist, zu
ie vielen Anwendungen es wirklich kommt und ob es

ich rechnet, und Sie sagen jetzt, die Anwendungen sind
ei den Leistungserbringern freiwillig. Bei Freiwilligkeit
er Nutzung der Versichertendaten sind die Kosten des
echnologischen Projektes überhaupt nicht effizient zu
erechnen. Was ist das für eine Haltung?


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erkläre ich Ihnen gleich!)


chließlich haben Sie an der Einführung mitgewirkt.
an staunt schon über die verschiedenen Roll-backs, die
ir bei der elektronischen Gesundheitskarte zu verzeich-
en haben.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die Grünen sind halt schlauer geworden!)







(A) )



(B) )


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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1621119300
Das ist ein wichtiges Projekt, das mit
Innovationen für Patientinnen und Patienten verbunden
ist. Wir können nicht zurück in die technologische Stein-
zeit, sondern wir müssen dahin kommen, dass der Pa-
tient und die Patientin letztlich darüber entscheiden, wie
ihre Daten verwendet werden. Sie müssen in die Lage
versetzt werden, zum Beispiel ihre elektronische Patien-
tenakte einzusehen oder dafür zu sorgen, dass die Infor-
mationen zwischen den einzelnen Arztgruppen fließen.
Dieser Mehrwert für die Patientinnen und Patienten kann
einfach nicht hoch genug angesetzt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621119400

Ich muss Sie jetzt fragen, ob der Kollege Spieth noch

eine Zwischenfrage stellen darf?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621119500


Ich habe meine Redezeit schon überschritten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621119600

Nein, Sie sind noch in Ihrer Redezeit; sonst würde ich

die Zwischenfrage nicht zulassen.

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621119700


Dann gerne.


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621119800

Herzlichen Dank für die Zulassung meiner Zwischen-

frage.

Frau Staatssekretärin, zwei konkrete Fragen. Erstens.
Das BMG hat 2006 ein vierstufiges Testverfahren fest-
gelegt, das vor der flächendeckenden Einführung der
Gesundheitskarte zu realisieren ist. Der letzte Test, ge-
nauer: drei Tests mit 100 000 Versicherten, die in drei
Regionen in Deutschland durchgeführt werden sollten,
werden offenkundig nicht mehr durchgeführt. Ist das
richtig oder falsch?


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das haben wir auch schon mehrfach gefragt!)


Zweitens. Ist die Zusage der Selbstverwaltung gegen-
über der deutschen Ärzteschaft, dass eine USB-Stick-
Lösung, also eine Lösung, die eine dezentrale Speiche-
rung vorsieht, gefunden werden soll, eine Zusage, die
vor einer flächendeckenden Ausrollung der Gesund-
heitskarte eingehalten werden muss und wird, ja oder
nein?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621119900


Herr Kollege Spieth, gerne beantworte ich Ihnen
diese Fragen. Sie hatten bereits Gelegenheit, mit der
Fachabteilung unseres Hauses genau diese beiden Fra-
gen zu erörtern. Vor 14 Tagen fand dazu ein Treffen mit
dem zuständigen Referatsleiter statt.

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(C (D (Dr. Karl Addicks [FDP]: Sagen Sie es hier ruhig noch einmal!)


ch beantworte diese Fragen aber gern noch einmal im
lenum.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Genau, öffentlich!)


Zur ersten Frage. Wir haben Ihnen schon damals er-
äutert, dass die 100 000er Testphase durchgeführt und
n die Roll-out-Phase integriert wird.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aha!)


eswegen liegt unseres Erachtens kein Rechtsverstoß
or.

Zur zweiten Frage. Das Thema USB-Stick wird be-
ertet werden. Es gibt grundsätzliche Bedenken hin-

ichtlich der Datensicherheit. Deshalb ist die Frage der
nwendung anders als die Frage der Bewertung von
hancen und Risiken. Eine solche Bewertung wird

elbstverständlich vorgenommen. Auch das habe ich Ih-
en bereits vor 14 Tagen erläutert.

Schönen Dank.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621120000

Frau Kollegin, mir liegt ein weiterer Wunsch nach ei-

er Zwischenfrage vor, und zwar des Kollegen Ströbele.

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621120100

Gerne.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, dass ich noch die

elegenheit zu dieser Frage bekomme.

Ich bestreite nicht, dass es Überlegungen gibt, die da-
ür sprechen, eine solche Gesundheitskarte einzuführen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sie haben ja seinerzeit zugestimmt, Herr Ströbele!)


as sagen Sie zu dem sogenannten Mautdateien-Argu-
ent – es spielt in der öffentlichen Diskussion eine ganz

rhebliche Rolle, gerade bei den Datenschützern, bei be-
orgten Initiativen –, dass dann, wenn Daten in einer Da-
ei gespeichert und verfügbar sind, immer wieder Be-
ehrlichkeiten geäußert werden, diese Daten für alle
öglichen anderen Zwecke zu nutzen,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Die Maut!)


nd dass das Vertrauen der Bevölkerung darauf, dass ein
olcher Missbrauch, also eine Nutzung dieser Daten für
nderweitige Zwecke, durch ein Gesetz ausdrücklich
usgeschlossen ist, zutiefst erschüttert ist, seitdem der
mgang der Bundesregierung mit der Mautdatei be-
annt geworden ist?


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Zum Beispiel!)







(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele
Nachdem der entsprechende Gesetzentwurf verabschie-
det und diese Datei angelegt worden war, hat die Bun-
desregierung das Gesetz geändert, um die zu einem ganz
anderen Zweck – zum Erheben von Gebühren – erhobe-
nen Daten anderen Zwecken zuführen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wer hat denn die elektronische Karte beschlossen, Herr Ströbele? Das waren doch die Grünen! Sie haben überall mitgemacht!)


Seitdem ist nicht mehr das nötige Vertrauen in die Poli-
tik und in den Gesetzgeber vorhanden, dass einmal ange-
legte Dateien sicher sind. Was sagen Sie dazu?

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Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621120200


Sehr geehrter Herr Kollege Ströbele, das gibt mir Ge-
legenheit, Ihnen noch einmal zu erläutern, dass seit 2004
ein Zugriffsverbot gesetzlich geregelt ist.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht im Mautgesetz auch!)


Dieses Verbot kann nicht umgangen werden. Wer illega-
lerweise auf Daten zugreift, macht sich strafbar. Weil es
sich um sensible Patientendaten handelt, haben wir das
im Gesetzgebungsverfahren mit einem hohen Sicher-
heitsniveau verankert. Ich bin Ihnen für die Frage wirk-
lich sehr dankbar. Mit dieser Patientendatenstruktur ha-
ben wir ein hohes Schutzniveau sichergestellt. Man
braucht zwei Schlüssel, um an die Daten heranzukom-
men, nämlich vom Patienten und vom Leistungserbrin-
ger, der den elektronischen Heilberufsausweis hat. Mit
der PIN gibt es einen zusätzlichen Schutz. Wir haben im
Gesetzgebungsverfahren geregelt, dass die Daten nicht
für andere Zwecke an Dritte, weder an Arbeitgeber noch
an staatliche Stellen, weitergegeben werden dürfen. Da-
mit haben wir sehr frühzeitig und in enger Kooperation
mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten für ein hohes
Datensicherheitsniveau gesorgt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit haben wir keinen Schutz gegenüber dem Gesetzgeber!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621120300

Herr Kollege Ströbele, das geht jetzt nicht mehr.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Wir sind hier nicht in der Fragestunde, Herr Kollege!)


Das Wort hat die Staatssekretärin Caspers-Merk. Oder
sind Sie mit Ihrer Rede am Ende?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621120400


Ja. Das war eigentlich keine Zwischenfrage, sondern
eine Frage am Ende meiner Rede. Ich habe natürlich
sehr gern die Gelegenheit genutzt, die Redezeit zu ver-
längern. Vielen Dank, Herr Kollege Ströbele.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Nächste Rednerin ist die Kollegin Birgitt Bender, raktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie an die elektronische Gesundheitskarte gegen die Wand ahren kann, hat vor wenigen Wochen der Vorstandsvoritzende einer großen westdeutschen Krankenkasse voreführt; davon war schon die Rede. Wenn man sagt, wir achen das mit der Karte nur, wenn Ärztinnen und rzte verpflichtet werden, am späteren Onlinebetrieb er Karte teilzunehmen, dann wird man die Karte gegen ie Wand fahren. Es scheint noch nicht bei allen Beteiligten angekomen zu sein – Frau Staatssekretärin, das ist auch eine ahnung an Sie –, dass es sich nicht um ein herkömmli hes Großprojekt handelt, bei dem man vielleicht hoffen ann, es einfach so durchdrücken zu können. Bei der lektronischen Gesundheitskarte ist klar: Sie ist auf die kzeptanz ihrer potenziellen Anwenderinnen und Anender angewiesen; denn die Funktionen, die über die peicherung der Verwaltungsdaten und das elektroniche Rezept hinausgehen, lassen sich – richtigerweise – ur mit Zustimmung der Patienten und Patientinnen aktiieren. Wenn Sie sie dafür nicht gewinnen, dann wird ie E-Card nichts anderes bleiben als eine Krankenvericherungskarte mit Foto. Eine solche hätte man deutlich chneller und billiger haben können. Ob sich Patienten und Patientinnen für oder gegen die esundheitskarte entscheiden, wird auch davon abhänen, wie sich die sie behandelnden Ärzte und Ärztinnen owie Angehörige anderer Gesundheitsberufe dazu veralten. Wie sie sich aufstellen werden, wenn sie zur nlineanwendung der Karte gezwungen werden, kann an sich vorstellen, wenn man daran denkt, was Ärztin en und Ärzte sonst so tun, wenn sie Kritik vorzubringen aben. Das Freiwilligkeitsprinzip muss also auch für sie elten. Es gibt für die E-Card viele gute Argumente. Sie chafft die informationstechnische Grundlage für mehr usammenarbeit im Gesundheitswesen. Sie kann für ehr informationelle Selbstbestimmung der Patientin en und Patienten sorgen. Sie kann insbesondere zum atientenschutz beitragen, indem sie einen Damm gegen ie drohende Kommerzialisierung elektronischer Patienenakten errichten hilft. (Frank Spieth [DIE LINKE]: So ist es! Genau das ist der Punkt!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621120500
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621120600

(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sehr richtig!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ngebote privater Firmen, die durch ihre Anbindung an
as Internet höchst unsicher sind und keine Gewähr da-
ür bieten, dass die Patientendaten nicht kommerziell
eiterverwendet werden, wollen wir nicht. Im Vergleich
azu sind die Regelungen für die E-Card unter daten-
chutzrechtlichen Aspekten nahezu vorbildlich.






(A) )



(B) )


Birgitt Bender

(Beifall der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das ändert aber nichts daran – daran kann man politisch
nicht vorbeigehen –, dass es in Teilen der Ärzteschaft
und auch unter Bürgerrechtlern Befürchtungen im Hin-
blick auf den Datenschutz gibt.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Berechtigte!)


Die notwendige Akzeptanz für die Karte wird deshalb
nur zu erreichen sein, wenn die Bundesregierung wirk-
lich glaubhaft machen kann, dass die gesetzlichen Ga-
rantien für den Datenschutz strikt eingehalten werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


In diesem Zusammenhang, lieber Herr Kollege
Koschorrek, war Ihr Vergleich mit dem Mautgesetz nicht
passend. Da war es doch genau so, dass der liebe Herr
Schäuble, kaum dass die Datei existierte, schon Zugriff
auf die Daten nehmen wollte.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Genau, richtig! Das geht nach hinten los!)


Für die Gesundheitsdaten muss daher gelten: Sie müssen
für alle Zeiten vor der Datenkrake Schäuble sicher sein.
Dafür werden wir kämpfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Datenschutz ist eben keine unzulässige Zumutung ge-
genüber dem reibungslosen Betrieb der Informa-
tionstechnik, sondern ein Grundrecht der Bürgerinnen
und Bürger.

In der Diskussion um diese Karte dominieren bisher
technische, gesundheitspolitische, auch industriepoliti-
sche Aspekte. Wenn die Gesundheitskarte aber tatsäch-
lich das halten soll, was sich viele von ihr versprechen,
muss für ihre weitere Ausgestaltung die Patientenper-
spektive zu einem entscheidenden Kriterium werden.
Dann müssen sich auch verschiedene Gruppen von Pa-
tientinnen und Patienten darin wiederfinden können,
nicht nur der junge IT-Freak, der mit einer solchen Karte
sicherlich gut zurechtkommt, sondern auch ältere oder
behinderte Menschen. Vor diesem Hintergrund muss
auch der Grundsatz der Barrierefreiheit beachtet werden.

Probleme mit der praktischen Handhabbarkeit der
Karte, die wir bereits erlebt haben, müssen vor der Onli-
neschaltung der Karte ausgeräumt werden. Die Patien-
tinnen und Patienten müssen Beratungsangebote erhal-
ten. Die Patientenverbände müssen einbezogen werden.
Kurzum, hier wird ein dialogischer Prozess mit den be-
troffenen Gruppen stattfinden müssen. Diese meine Auf-
fassung unterscheidet sich allerdings deutlich, Herr Kol-
lege Bahr –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621120700

Frau Kollegin Bender.

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(C (D – vorletzter Satz –, von Ihrer. Sie vertrauen offenbar arauf, dass es dann, wenn man den Prozess jetzt einfach toppt und Experten beauftragt, sich damit zu beschäftien, besser wird. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sie lassen es weiterlaufen!)

Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621120800

erade so sehen wir das nicht. Wir wollen, dass es unter
inbeziehung der betroffenen Gruppen weitergeht, da-
it aus der E-Card etwas Gutes wird, was den Patienten

ützt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sie lassen es weiterlaufen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1621120900

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Eike

overmann, SPD-Fraktion.


Eike Hovermann (SPD):
Rede ID: ID1621121000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich möchte mich zuerst an die wenden, die die
atensicherheit beklagen. Als einer der größten Kenner

n puncto Datensicherheit weiß ich, wie viele Millionen
nd Milliarden Daten ungeschützt vagabundieren oder
uf Datenfriedhöfen liegen. Das gilt insbesondere auch
ür das alte System. Wenn nun ein Kollege beklagt, dass
s Interesse daran gibt, auf die Daten des neuen Systems
uzugreifen, hat er offensichtlich in seiner jahrelangen
arlamentarischen Arbeit nicht begriffen, dass das bishe-
ige System – ich wiederhole es – so löchrig war wie ein
chweizer Käse und bisher im Grunde genommen allen
öglichen Interessen offengestanden hat.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Da hat er recht! – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Was ist das für ein Argument?)


Zweite Bemerkung zu diesem Thema: Wir sollten
ine möglichst produktive Diskussion führen. Ich habe
ber das Gefühl – es wäre schön, wenn mich an dieser
telle mein Gefühl trügen würde –, dass sie mittlerweile
chon in den Strudel des Wahlkampfes der Wahl im Sep-
ember 2009 gerät.

Dritte Anmerkung: Die Datensicherheit im neuen
ystem wird dank der Chipkarte und der anderen Instru-
ente, die hier schon geschildert worden sind, um ein
ielfaches höher liegen als früher; aber man kann natür-

ich nicht sagen, dass es überhaupt nicht anfällig ist.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Noch viel mehr Daten!)


s wird immer entsprechende Interessen geben. In An-
örungen wurde uns ja von Verbänden mitgeteilt, dass
ackerklubs, zum Beispiel in Dortmund, bisher fast je-
es System geknackt haben. Es besteht natürlich auch
etzt ein hohes Interesse, dieses System mit seinen vielen
aten zu knacken.

Im Rahmen der Diskussion ist etwas Wertvolles ge-
chehen: Wir haben mit den Patientenbeauftragten, den






(A) )



(B) )


Eike Hovermann
Datenschützern – ein Vertreter eines Hackerklubs war
übrigens auch dabei – und Vertretern von verschiedenen
Spitzenorganisationen die Frage diskutiert, wie wir die
Daten in einem sich immer weiter verbessernden Prozess
so schützen können, dass der Zugriff auf diese nicht so
fürchterlich leicht möglich ist, wie es bisher der Fall
war; ich könnte dafür mehrere Beispiele bringen.

Herr Bahr, Sie lesen die Welt sicherlich mehr als ich.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Woher wollen Sie das wissen?)


– Diese Zeitung ist Ihnen geneigter als vielleicht die taz. –
Ich will auf die Anzeige eingehen, die dort in der Aus-
gabe vom Montag dieser Woche abgedruckt war. Lesen
Sie sie einmal nach. Der Spitzenverband Bund vergrö-
ßert die Abteilung, die sich mit diesem Thema befasst,
extensiv, und zwar in dem Wissen, dass in Richtung Mo-
dellverträge und Strukturverträge – beides wollen Sie –
und im Hinblick auf § 140 a SGB V, Integrierte Versor-
gung, diese Chipkarte ein unverzichtbares Instrument ist,
um das Ziel, die Segmentierung in ambulant und statio-
när zu überwinden – auch das wollen Sie –, auch nur an-
nähernd zu erreichen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Chipkarte nicht!)


– Da haben Herr Hess, die Vertreter des Spitzenverban-
des Bund und der Deutschen Krankenhausgesellschaft
wohl unrecht. Herr Bahr, wir nehmen Ihre Meinung zur
Kenntnis.

Frau Kollegin Bender, Sie haben vorhin die Finanzie-
rung angesprochen und das Schlagwort vom „gläsernen
Patienten“ benutzt.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie mich wohl verwechselt!)


– Dann war es Herr Bahr.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das war Herr Koschorrek!)


– Irgendeiner hat es mit „gläsernem Arzt“ verwechselt.
Aber lassen Sie mich diesen Gedanken zu Ende führen,
weil ich nicht mehr so viel Redezeit habe.

Die Diskussion außerhalb der Verbände zeigt sehr
deutlich, dass im Zuge einer E-Card Behandlungspfade
verfolgt werden können und nachgewiesen werden kann,
was im Rahmen einer Behandlung vielleicht falsch ge-
laufen ist. Das haben manche Ärzte nicht so gerne und
wollen dies verhindern, indem sie – aus Angst vor dem
„gläsernen Arzt“ – vor dem „gläsernen Patienten“ war-
nen, also die Argumentation verdrehen.

Die anderen Argumente gegen die E-Card haben ei-
nen etwas tieferen Hintergrund. Sie betreffen nämlich
die Frage der Finanzierung. Es ist wohl richtig, dass im
ambulanten Bereich ein übergroßer Anteil der Finanzie-
rung von den Ärzten in den einzelnen Praxen aufge-
bracht werden muss. Dagegen wird im stationären Be-
reich – wir sollten offen darüber reden; es sei denn, Sie
legen darauf keinen Wert – ein Großteil des Equipments

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(C (D ber andere Quellen – Stichwort: duale Finanzierung – inanziert. Herr Kollege! Dadurch entsteht an dieser Stelle die Angst, dass es ine ungleiche Belastung für die freien Berufe gibt, für ie Sie ständig auf allen möglichen Podiumsdiskussioen eintreten. Herr Kollege! Bin ich schon fertig? Ziemlich. Ich halte es daher für wünschenswert, weiter nach Lö ungen zu suchen, auch im Hinblick auf die Entwicklung iner europäischen Chipkarte. Mit Blick auf die Sichereit der Patienten nicht nur in unserem Land wäre ich Ihen sehr verbunden, wenn Sie ab Oktober – dann hat ich die Koalition wieder gebildet – mit uns an einem trang ziehen würden. Zur PKV nur noch dies: Herr Kollege, ich bin jetzt auch fertig. Die PKV ist nicht ausgestiegen. Der Verband hat ge agt, dass Einzelne so weitermachen. Ich sage Ihnen: iese werden alle in die elektronische Gesundheitskarte nvestieren. Vielen Dank für die Geduld. Damit schließe ich die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 16/11245 und 16/12289 an die in der agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – ffenbar sind Sie damit einverstanden. Dann ist das so eschlossen. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 9 auf: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortführung der Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale – Drucksache 16/12099 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 16/12299 – Berichterstattung: Abgeordnete Leo Dautzenberg Florian Pronold – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung – Drucksache 16/12302 – Berichterstattung: Abgeordnete Steffen Kampeter Carsten Schneider Otto Fricke Roland Claus Alexander Bonde Hierbei ist vorgesehen, eine halbe Stunde zu debattieren. – Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist auch das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem Kollegen Florian Pronold für die SPD-Fraktion. Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Nicht zum ersten Mal, sondern zum wiederholten Mal – vielleicht aber abschließend für diese Wahlperiode – steht uns eine spannende Debatte zur Pendlerpauschale ins Haus. Wir haben sie schon des Öfteren geführt. Es gibt zwar nicht mehr viel Neues, was man dazu sagen kann. Aber man kann bestimmte Dinge durchaus noch einmal herausstreichen. Wenn man sich mit der Geschichte der Pendlerpauschale beschäftigt und antizipiert, welche Positionen meine nachfolgenden Rednerinnen und Redner vertreten werden, muss man sich vergegenwärtigen: Was war 2005? Was war die Ausgangslage? Die CDU und die CSU haben ein gemeinsames Wahlprogramm vorgelegt. Darin stand die deutliche Kürzung der Pendlerpauschale. Ein gewisser Erwin Huber hat an diesem Wahlprogramm wesentlich mitgewirkt. Die FDP redet immer von „Steuersenkungen“ und hat „tolle steuerpolitische Konzepte“; die Anführungszeichen und die Ironie bitte ich zur Kenntnis zu nehmen. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Sind aber unangebracht!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621121100
Eike Hovermann (SPD):
Rede ID: ID1621121200
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621121300
Eike Hovermann (SPD):
Rede ID: ID1621121400

(Heiterkeit)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621121500
Eike Hovermann (SPD):
Rede ID: ID1621121600
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621121700
Eike Hovermann (SPD):
Rede ID: ID1621121800

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621121900




(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1621122000

– Überhaupt nicht. – Mit dem Stichwort der Steuerver-
einfachung ist die Absicht verbunden, den kleinen Leu-
ten, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – sei es
bei der Steuerfreiheit der Zuschläge für Nachtschichten
und für Sonntagsarbeit, sei es bei der Pendlerpauschale –
an den Geldbeutel zu gehen.

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(C (D (Jan Mücke [FDP]: Die SPD hatte im Wahlprogramm, dass sie die Mehrwertsteuer nicht erhöhen will!)


Als Sozialdemokraten haben wir in dieser Frage eine
lare Position gehabt. Wir waren für die Beibehaltung
er Pendlerpauschale in der bisherigen Form.


(Jan Mücke [FDP]: Bei der Beibehaltung von 16 Prozent!)


Die Grünen haben zur Pendlerpauschale die Vorstel-
ung entwickelt, sie um die Hälfte zu reduzieren. Auch
ies war verfassungswidrig, weil diese die tatsächlichen
osten nicht mehr abgedeckt hätte. Dieser Grundsatz ist

edoch bei der Gewährung einer Pauschale einzuhalten.

Vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung sind
ann die letzten Bundestagswahlen bestritten worden.

In der Koalitionsverhandlung zwischen CDU/CSU
nd SPD haben sich die Sozialdemokraten an verschie-
enen Punkten durchgesetzt. Bei der Pendlerpauschale
at sich überwiegend die CDU/CSU durchgesetzt.


(Lachen des Abg. Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU] – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Na, na, na!)


Das kann jeder nachlesen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Keine Geschichtsklitterung!)


Sie kennen offenbar die Geschichte nicht. Man braucht
ie nicht zu klittern, sondern muss sie einfach so erzäh-
en, wie sie ist.

Dann hatten wir im Finanzausschuss des Deutschen
undestages eine Anhörung,


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die war spannend!)


n der kein Einziger der dort anwesenden Fachleute sich
ür die Lösung ausgesprochen hat, die die CDU/CSU in
er Koalition durchgesetzt hat. Dann haben wir von der
PD den Versuch unternommen, die geplante Regelung
u ändern. Dies ist vehement abgelehnt worden, insbe-
ondere von der CSU. Dann haben wir die Lösung der
DU/CSU in Treue zur Koalitionsverabredung in das
esetz übernommen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer stellt denn eigentlich den Minister?)


Sie wissen schon, wer der Gesetzgeber ist, Frau Kolle-
in Scheel.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das weiß ich schon! Ich weiß aber auch, wer die Vorlage gemacht!)


ie Verantwortung müssen natürlich wir als Gesetzgeber
uf uns nehmen. Das haben wir in diesem Fall gemacht.
rotz großer Bedenken haben wir diese Lösung dann in
as Gesetz geschrieben.

Dann gab es die ersten Urteile der Finanzgerichte. Sie
aren unterschiedlich. Seitens der sozialdemokratischen






(A) )



(B) )


Florian Pronold
Fraktion haben wir dann noch einmal einen Anlauf un-
ternommen und gesagt: Lasst uns nicht das Bundesver-
fassungsgerichtsurteil dazu abwarten, sondern lasst uns
die Regelung gleich ändern. Das alles ist dokumentiert;
das kann man nachlesen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Der sozialdemokratische Minister war dagegen!)


Dann ist es leider wieder an unserem Koalitionspartner
gescheitert.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: An Ihrem Minister ist es gescheitert!)


– Nein, an ihm ist es nicht gescheitert. Das steht alles in
der Zeitung. An anderer Stelle können Sie die Fakten,
die Sie brauchen, immer sehr gut herausfinden. Viel-
leicht lesen Sie auch einmal das, was Ihnen nicht in den
Kram passt und was die Wahrheit ist. In diesem Fall ist
das alles sehr gut dokumentiert. In den Veröffentlichun-
gen vom November 2007 kann man das alles nachlesen.

Nach der bayerischen Kommunalwahl wurde es auf
einmal spannend. Derselbe Erwin Huber, der vorher der
Totengräber der Pendlerpauschale war,


(Lachen des Abg. Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU])


hat sich als Voodoo-Priester geriert und wollte sie wieder
zum Leben erwecken. Das war ein durchaus spannender
und erhellender Moment.


(Jan Mücke [FDP]: Wie sprechen Sie denn über Ihren Koalitionspartner? Voodoo in der Großen Koalition!)


Aber es war wiederum die Führung der CDU/CSU-Frak-
tion, die das Ansinnen der Sozialdemokraten, die Rege-
lung sofort zu ändern und das Bundesverfassungs-
gerichtsurteil nicht mehr abzuwarten, abgelehnt hat.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ihr habt unseren Antrag abgelehnt!)


Als das Bundesverfassungsgerichtsurteil vorlag, war
die spannende Frage: Was machen wir jetzt? Greifen wir
das Thema auf und regeln es sozusagen für die Vergan-
genheit, um absolute Rechtssicherheit zu schaffen, oder
schaffen wir diese Rechtssicherheit im Zuge der Neu-
regelung einer Pendlerpauschale, die angesichts der un-
terschiedlichen Ansichten in diesem Haus und innerhalb
der Koalition im Hinblick auf die Zukunft nicht hinzube-
kommen ist? Wir Sozialdemokraten haben dazu gesagt:
Lasst nicht zu, dass die Steuerbescheide vorläufig erge-
hen. Dazu hieß es wiederum: Das ist alles ganz klar; die
Rückwirkung brauchen wir nicht zu regeln; lasst uns ein
Eilgesetz machen; wenn wir das für die Zukunft regeln,
dann lasst uns das auch für die Vergangenheit regeln; die
Leute bekommen ihr Geld. – Dieselben Kollegen von
der CSU, die es in der Finanz-AG abgelehnt haben, diese
Sache zu regeln, haben über Herrn Seehofer eine Bun-
desratsinitiative eingebracht, um Rechtssicherheit zu
schaffen.

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(C (D (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wir haben heute doch keine Märchenstunde! Das ist ja unglaublich!)


bwohl die Kollegen es in der Finanz-AG abgelehnt ha-
en, das so zu regeln, wie wir das wollten, hat Herr
eehofer einen gleichlautenden Antrag eingebracht.

Die entscheidende Frage ist eigentlich nicht: Pendler-
auschale – ja oder nein?, sondern: Wer hat den Schwar-
en Peter? In diesem Fall gibt der Name einen Hinweis
arauf, wo er hingehört. Wer sich die Entwicklung an-
chaut – angefangen beim Wahlprogramm –, stellt fest,
ass der Schwarze Peter bei den Schwarzen ist.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Nur, wer ist Peter bei denen?)


Heute beenden wir diese Debatte und schaffen
echtssicherheit.


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


ir sorgen dafür, dass die Menschen, die lange Wege
uf sich nehmen, um zum Arbeitsplatz zu kommen, wie-
er die Pendlerpauschale erhalten. Debatte hin, Debatte
er, das ist ein gutes Ende, über das sich alle freuen kön-
en.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Ganz schwache Rede! – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Aber Applaus verlangst du jetzt keinen von uns, oder?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621122100

Volker Wissing hat jetzt das Wort für die FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1621122200

Frau Präsidentin, ich danke Ihnen. – Liebe Kollegin-

en und Kollegen! Es ist schon erstaunlich, was wir uns
on der Großen Koalition bieten lassen müssen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wohl wahr!)


ie einen behaupten, die CDU/CSU hätte die Pendler-
auschale abgeschafft; gleich werden wir von den ande-
en hören, dass die SPD die Pendlerpauschale abge-
chafft hat.


(Iris Gleicke [SPD]: Das wäre dann aber geschwindelt!)


ie waren das beide! Sie haben beide zugestimmt. Sie
aren beide anwesend, als alle Sachverständigen im
inanzausschuss unisono – auch die, die Sie benannt ha-
en – erklärt haben, dass Ihre Regelung mit dem Grund-
esetz der Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbar
st, dass sie keinen Bestand haben kann.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So war es!)







(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing
Wenn man die Sachverständigen der Koalition gefragt
hat, ob das verfassungskonform ist – ich erinnere mich
noch genau daran –, dann lautete die Antwort: Natürlich
nicht! Es gab nur einen in Deutschland, der wieder ein-
mal alles besser wusste, und das war der sozialdemokra-
tische Finanzminister, der darauf bestanden hat, dass die
Regelung verfassungskonform sei, und sie durchgesetzt
hat, und zwar auch mit den Stimmen der SPD, Herr
Pronold. Sich jetzt hier hinzustellen und so zu tun, als
habe man das gar nicht gewollt, das finde ich schon sehr
scheinheilig.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Übrigens mit Roland Koch im Bundesrat!)


– Dieser Einwand ist richtig. Roland Koch hat mitge-
macht. Auch die CSU hat mitgemacht. Es ist doch so:
Ohne die CSU hätte es die Kürzung der Pendlerpau-
schale nie gegeben. Die Wiedereinführung der vollen
Pendlerpauschale erfolgt jetzt allerdings ohne die CSU,
nämlich auf dem Umweg über das Bundesverfassungs-
gericht. Das finde ich äußerst bedauerlich, meine lieben
Kolleginnen und Kollegen.

Diese Regierung ist eine Regierung der Superlative.
Nach der größten Steuererhöhung in der Geschichte un-
seres Landes kommt jetzt der größte Schuldenberg. Wir
beraten heute den größten anzunehmenden Unfug, einen
Super-GAU dieser Großen Koalition.

In der Öffentlichkeit ist bekannt, dass unser Bundes-
finanzminister eine Vorliebe für Nashörner hat. So be-
treibt er auch Finanzpolitik: Kopf runter und losstürmen
statt innehalten und nachdenken. Wir haben umfangrei-
che Sachverständigenanhörungen durchgeführt und ge-
hört, dass das nicht verfassungskonform ist. Ich meine,
das war relativ leicht nachzuvollziehen. Aber nein, Sie
wollten das unbedingt. Diese Nashornfinanzpolitik mag
ja unterhaltsam sein; im Interesse der Bürgerinnen und
Bürger unseres Landes ist sie aber nicht. Während der
Bundesfinanzminister seinen Egotrip locker fortgesetzt
hat, haben die Finanzgerichte – eines nach dem anderen –
die Regelung nicht angewandt. Sie haben Vorlage-
beschlüsse gefasst und erklärt, dass das auf dem Boden
des Grundgesetzes so nicht machbar sei. Auch wir haben
Ihnen das vorher gesagt.

Diese Politik ist äußerst bedauerlich. Wenn wir heute
schon darüber reden, will ich dieses schöne Beispiel nut-
zen, um zu zeigen, wo wir am Ende dieser Legislatur-
periode der Großen Koalition stehen: Diese Koalition,
diese Regierung hat unser Land nicht einen Millimeter
vorangebracht. Wir führen jetzt genau das wieder ein,
was wir hatten, bevor wir Sie hatten.


(Beifall bei der FDP)


Wir erleben in diesen Tagen auch auf internationaler
Ebene Steinbrück’sche Nashornpolitik. Die Schweiz be-
kommt es diesmal ab. Dort werden die siebte Kavallerie
von Yuma oder die Peitsche angedroht. Ich finde das,
ehrlich gesagt, peinlich.


(Florian Pronold [SPD]: Also, Sie sind für Steuerhinterziehung?)



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(C (D Nein. Ihr Zwischenruf, Herr Kollege Pronold, ist auch einlich. ch finde diese Wortwahl des Bundesfinanzministers für ie Bundesrepublik peinlich, und ich finde auch Ihren wischenruf peinlich. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ina Lenke [FDP], an den Abg. Florian Pronold [SPD] gewandt: Genau! Das war eine Unverschämtheit von Ihnen!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


enn man kann auch gegen Steuerhinterziehung sein
nd sich auf internationalem Parkett wie ein normaler
itteleuropäer benehmen und nicht wie ein Nashorn,

as anderen Ländern Vorwürfe unter Niveau macht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Steinbrück hat übrigens nicht von der Schweiz gesprochen!)


ch glaube, dass die Menschen in Deutschland diese Bra-
hialrhetorik des Finanzministers langsam leid sind.


(Iris Gleicke [SPD]: Ich habe da einen anderen Eindruck! Sie sind es leid, dass Steuern hinterzogen werden!)


an kann sie auch nicht gutheißen.

Das Hickhack um die Entfernungspauschale war ge-
auso peinlich wie unnötig, aber auch lehrreich. Die
ürgerinnen und Bürger konnten erfahren, wie schnell
us einer Regierungspartei in Berlin eine Oppositions-
artei in München werden kann. Die CSU hat sich hier
icht mit Ruhm bekleckert. Ich erinnere mich noch, dass
ie im Wahlkampf in Bayern Unterschriften gesammelt
aben mit dem Hinweis: Unterschreiben Sie gegen die
ürzung der Pendlerpauschale, sie ist verfassungswid-

ig! Kurze Zeit davor hatten Sie im Deutschen Bundes-
ag die Hand für die Kürzung gehoben. Das ist eine pein-
iche Veranstaltung, die heute beendet wird.


(Zuruf von der SPD)


Ja, es ist für Sie vielleicht unangenehm, das zu hören.

Sie stehen da wie begossen. Das muss man einmal se-
en.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Hier scheint die Sonne, Herr Kollege!)


ie führen jetzt das wieder ein, vor dessen Abschaffung
ir immer gewarnt haben. Erst schaffen Sie etwas ab,
ann führen Sie es wieder ein. Am Ende dieser Legisla-
urperiode kommen wir zurück auf den Anfang. Schade,
enn es ist vertane Zeit für dieses Land. Wir haben hier
m Deutschen Bundestag unnötige Debatten geführt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Heute auch!)


ie haben ohne Grund die Finanzverwaltung belastet.
ie hatten unrecht. Genauso haben Sie auch in den ande-
en finanzpolitischen Positionen, die der Bundesfinanz-
inister mit Vehemenz und der ihm eigenen Selbstgefäl-

igkeit vertritt, schlicht und einfach unrecht.






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing

(Florian Pronold [SPD]: Selbstgefälligkeit ist eine sehr schöne Überschrift für Ihren Auftritt!)


Wir werden noch vieles abwickeln müssen, was Sie als
Große Koalition auf den Weg gebracht haben. Schön,
dass wir heute einen Schritt weiter sind. Wir sind da, wo
wir ohne Sie schon einmal waren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Und tschüss!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621122300

Das Wort hat als Nächster der Kollege Olav Gutting

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Olav Gutting (CDU):
Rede ID: ID1621122400

Frau Präsidentin! Meine werten Kolleginnen und

Kollegen! Seit das Bundesverfassungsgericht über die
Verfassungswidrigkeit der gekürzten Pendlerpauschale
entschieden hat, ist ungefähr ein gutes Vierteljahr ver-
gangen. In dieser Zeit hat es bei den über 15 Millionen
Pendlerinnen und Pendlern immer wieder viel unnötige
Verwirrung und Aufregung gegeben.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Ja!)


Dies lag vor allem an dem Vorläufigkeitsvermerk, der
in den geänderten Steuerbescheiden gedruckt war.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das! – Ina Lenke [FDP]: Es war gut, dass der da drin war! – Gegenruf des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eben nicht!)


Rein formal ist dieser Vermerk nicht zu beanstanden.
Man muss dazu sagen, dass in den Bescheiden versucht
wurde, die Vorläufigkeit zu erklären. Die Ursachen der
Vorläufigkeit waren abgedruckt. Trotzdem hat dieser
Vermerk bei vielen Menschen die Angst geweckt, dass
die Finanzämter die mit den neuen Steuerbescheiden
ausgezahlten Steuererstattungen später wieder eintreiben
könnten. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu
Recht, dass der Bundestag nun ein Gesetz verabschiedet,
welches die vor dem 1. Januar 2007 bestehende Rege-
lung aufgreift und formal Rechtssicherheit schafft.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die punktgenaue und unbefristete Wiederherstellung
der alten Entfernungspauschale ist nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts der richtige und konsequente
Schritt. Es war die Große Koalition – es waren die SPD
und die Union; es war der SPD-Finanzminister –, die vor
dem Bundesverfassungsgericht verloren hat. Ich meine,
das sollten wir akzeptieren. Ich bedaure wirklich, dass
die SPD jetzt versucht, sich davonzuschleichen.


(Florian Pronold [SPD]: Wenn jemand versucht, sich davonzuschleichen, ist es die CSU!)


Erlauben Sie mir den Hinweis, dass die im Jahr 2006
beschlossene unpopuläre Änderung der Pendlerpau-

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(C (D chale niemandem aus meiner Fraktion leichtgefallen ist. as will ich auch der SPD unterstellen. Aber aus damalier Sicht waren diese Änderungen dringend notwendig; enn wir mussten den Bundeshaushalt, den wir von Rotrün geerbt hatten, sanieren. (Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU] – Ina Lenke [FDP]: Aha! Sehr interessant! Daran sieht man: Rot-Grün rächt sich!)


(Ina Lenke [FDP]: Wieso?)


as strukturelle Defizit betrug damals fast 60 Mil-
iarden Euro.

Manch einer wirft uns jetzt eine gewisse Einfallslo-
igkeit vor: Wie langweilig und unspektakulär, dass wir
infach die alte Rechtslage wiederherstellen; wir drü-
ken sozusagen auf den Reset-Knopf. Das ist aber genau
as, was die Menschen wollen. Genau das halten wir in
ieser Situation für richtig. Denn die Wahrheit ist: Wir,
ie Union, haben bereits kurz nach der Urteilsverkün-
ung die Wiederherstellung der alten gesetzlichen Rege-
ung verlangt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es geht darum, die vorläufige Regelungslage zur Ent-
ernungspauschale in Anbetracht des Urteils des Bun-
esverfassungsgerichts durch eine gesetzlich klar festge-
egte Regelung zu ersetzen. Das erwarten die Menschen
n diesem Land. Sie erwarten von der Politik zu Recht,
ass sie für Rechtssicherheit und Planbarkeit sorgt. Jede
ndersgeartete Neugestaltung der Pendlerpauschale hätte
or dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfas-
ungsgerichts nur für noch mehr Verwirrung und Unsi-
herheit gesorgt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)


Von einer isolierten Überarbeitung der Pendlerpau-
chale halte ich sowieso nichts. Was wir brauchen, ist
ein weiteres Herumbasteln und Herumdoktern am be-
tehenden System, sondern ein einfaches, transparentes
nd damit gerechteres Einkommensteuerrecht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


as ist auch die Vorgabe des Bundesverfassungsge-
ichts:

Einen zulässigen Systemwechsel kann es ohne ein
Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht ge-
ben.

o äußerte sich das Bundesverfassungsgericht wörtlich.
ußerdem stellte das Gericht fest, dass eine Änderung
er Einbettung in ein Grundkonzept bedarf.

Die Union will in der nächsten Legislaturperiode eine
eform der Einkommensteuer durchführen. Sie soll ein-

acher, transparenter, gerechter und damit unter dem
trich auch niedriger werden.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das hört sich ja an wie ein echter FDP-Antrag! – Ina Lenke [FDP]: Das ist gut!)







(A) )



(B) )


Olav Gutting
Es ist gut, dass wir bis zur Wiederherstellung der alten
Regelung zumindest diejenigen entlasten bzw. denjeni-
gen etwas zurückgeben, die jeden Morgen früh aufste-
hen, um teilweise weite Strecken zu ihrer Arbeitsstätte
auf sich zu nehmen, und die mit der Lohnsteuer, die sie
zahlen, einen entscheidenden Beitrag zur Finanzierung
unseres Gemeinwesens leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621122500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Barbara Höll für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621122600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundesfinanz-
minister, SPD, im Dezember letzten Jahres die Leviten
gelesen: Die 2006 beschlossene Abschaffung der alten
Pendlerpauschale ist verfassungswidrig. Das war eine
schallende Ohrfeige für den Mann, der versucht hat, ein
bestätigtes Steuerprinzip, wonach alle beruflich beding-
ten Kosten vom Einkommen der Steuerpflichtigen abzu-
ziehen sind, zu untergraben. Nicht zu vergessen ist auch
das Hickhack in der Großen Koalition im Hinblick auf
die Pendlerpauschale: Keiner wollte und will für ihre
Abschaffung verantwortlich sein, die SPD nicht, die
CDU nicht und die CSU erst recht nicht. Alles in allem
ist das ein Armutszeugnis für die Große Koalition.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: So ist es!)


Auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
halten sich die Koalitionsparteien offen, die Pendlerpau-
schale nach der nächsten Bundestagswahl abzuschaffen
oder zu kürzen. Noch am Tag der Urteilsverkündung
stellte der Bundesfinanzminister sofort klar:

Wir werden uns das Geld nicht an anderer Stelle zu-
rückholen. Das verträgt die derzeitige Konjunktur-
lage nicht.

Was heißt das für die Zukunft? Dass zu Beginn des
Jahres nur vorläufige Bescheide erlassen wurden, spricht
eine deutliche Sprache.


(Florian Pronold [SPD]: Ach! Das ist jetzt kompletter Blödsinn!)


Am 6. Februar dieses Jahres verlautbarte das Bundes-
finanzministerium:

… eine gesetzliche Neuregelung … ist auch für
diese Legislaturperiode nicht vorgesehen … Wie
eine künftige endgültige Regelung der Pendlerpau-
schale aussieht, hängt von den Entscheidungen des
nächsten Bundestages ab.

Damit wären die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler
rechtlich weiterhin im Unklaren gelassen worden – als
ob die Menschen aufgrund der dramatischen Wirt-
schafts- und Finanzkrise nicht ohnehin verunsichert ge-
nug wären.

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(C (D Immerhin haben Sie die alte Pendlerpauschale jetzt uf öffentlichen Druck hin wieder eingeführt. Damit erüllen Sie eine alte Forderung der Fraktion Die Linke. Herr Pronold, Sie haben vorhin die Position der andeen Fraktionen aufgezählt. Uns haben Sie beschämenerweise weggelassen. (Florian Pronold [SPD]: Das war nicht persönlich gemeint! Ich entschuldige mich, dass ich die Linke nicht genannt habe!)


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Richtig!)


(Beifall bei der LINKEN)


eit Juni 2006 haben wir Ihnen in diesem Hause dreimal
ie Möglichkeit gegeben, gegen die verfassungswidrige
nd ungerechte Abschaffung zu stimmen. Wir haben das
reimal gefordert, auch in namentlicher Abstimmung.
bwohl die CSU vorher so laut getönt hat, hat sie im
ergangenen Jahr gegen ihre eigene Unterschriften-
ammlung gestimmt. Auch Sie von der SPD sind dem
oalitionsduktus gefolgt.

Jetzt bestünde die Chance für eine gerechte und ver-
assungsmäßige Neuregelung. Von der alten Pendlerpau-
chale profitieren besonders Steuerpflichtige mit hohem
inkommen. Das ist bei der Progression nun einmal so.

ch stelle dies anhand eines Beispieles dar: Ein alleinste-
ender Maurer hatte 2008 einen Weg von 40 Kilometern
ur Arbeit zurückzulegen. Er arbeitete an 220 Tagen im
ahr. Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von
0 000 Euro erhält er eine Erstattung von 736 Euro.


(Florian Pronold [SPD]: Weil der Arbeitnehmerfreibetrag noch drin ist!)


äre er Journalist mit einem Jahreseinkommen von
0 000 Euro, würde er 1 108 Euro sparen.

An diesem Beispiel sehen wir, dass die Entlastung
icht gleichmäßig ist. Wer so wenig verdient, dass er gar
eine Steuern zahlt, hat sowieso nichts von der Pendler-
auschale. Die Besserverdienenden wären hiermit bevor-
ugt. Deshalb schlagen wir Ihnen eine andere Regelung
or, und zwar den direkten Abzug von der Steuerschuld.


(Florian Pronold [SPD]: Sollen wir dann einen degressiven Steuerverlauf machen, damit die Reichen weniger profitieren?)


amit bekäme jeder Steuerpflichtige, unabhängig von
einem Einkommen, den gleichen Betrag pro Kilometer
rstattet.


(Florian Pronold [SPD]: Wie hoch wäre der dann?)


ür eine wirklich gerechte Lösung wäre das ein erster
chritt.

Aber eines ist klar: Ohne eine Neuregelung, die dafür
orgt, dass die Menschen für die Arbeit, die sie leisten,
rdentlich bezahlt werden, ohne einen Mindestlohn
wir fordern einen Mindestlohn von 8,71 Euro –,


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heute stand im Ticker, es wären Dr. Barbara Höll 10 Euro! – Florian Pronold [SPD]: Es waren 10 Euro!)





(A) )


(B) )


vernünftige Löhne und ordentliche Lohnsteigerungen
wird es an den notwendigen Stellen keine Entlastung ge-
ben. Die Pendlerpauschale ist kein Ruhmesblatt der Gro-
ßen Koalition, besonders nicht des Bundesfinanzminis-
ters. Wir sind aber froh, dass heute wenigstens in diesem
Punkt eine gewisse Klarheit erzielt wird.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621122700

Jetzt spricht die Kollegin Christine Scheel für Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621122800

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Es ist schon bedauerlich, dass es innerhalb der Großen
Koalition ein monatelanges Schauspiel gegeben hat,
dass es Schuldzuweisungen bei der Frage gab, wer denn
das eine oder das andere fordert – Herr Pronold hat ge-
rade wieder ein Beispiel dafür gegeben –, und dass diese
ganze Auseinandersetzung dazu geführt hat, dass das
Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine ernsthafte
Politik ziemlich erschüttert wurde. Die Leute haben die
permanenten Schuldzuweisungen einfach satt. Sie wol-
len eine Politik, die verfassungskonform ist, die keine
verfassungswidrigen Entscheidungen trifft, und sie wol-
len auch nicht, dass man sich gegenseitig den Schwarzen
Peter zuschiebt. Die Bürger sehen das Ganze eher als
peinlich an.

Dieses Schauspiel ist am Ende so ausgegangen – das
haben wir gerade gehört –, dass das Bundesverfassungs-
gericht einschreiten musste, obwohl viele der Beteiligten
sehr wohl wussten, dass diese Regelung verfassungswid-
rig ist. Es ist schlimm, wenn man immer wieder abwar-
ten muss, bis das Verfassungsgericht die Anweisung
gibt, wie denn zu handeln ist, nur weil in der Großen Ko-
alition keine Einigung herrscht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dies ist heute schon der zweite Tagesordnungspunkt, auf
den das zutrifft. Ich finde, das ist nicht gerade ein gutes
Zeugnis für die politische Arbeit dieser Großen Koali-
tion.

Die Bürgerinnen und Bürger haben jetzt Rechtssi-
cherheit; das begrüßen wir. Wir sehen auch, dass das
Chaos, das Sie an den Finanzämtern angerichtet haben,
endlich beendet ist. Auch die Verunsicherung von Milli-
onen von Berufspendlern ist jetzt beendet. Sie haben
aber in der Konsequenz im Hinblick auf die Haushalts-
lage etwas ausgelöst, was sich für die gesamte Politik als
sehr schwierig gestaltet. Wir haben nämlich im Jahr
2009 ungeplante Steuerausfälle für Bund, Länder und
Gemeinden in einer Größenordnung von bis zu
6 Milliarden Euro. Dies war in der gesamten Finanzpla-
nung so nicht vorgesehen. Das heißt, dass aufgrund Ihrer
chaotischen Politik die Neuverschuldung in diesem Jahr
noch einmal ansteigt. Das ist eine Belastung für die

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(C (D ächsten Generationen, die Sie mit zu verantworten haen. Wir haben immer wieder darüber diskutiert, welche erfassungskonforme Lösung es geben könnte. Es gibt iele Vorschläge. Der Spielraum, den das Bundesverfasungsgericht uns als politisch Verantwortliche eingeäumt hat, ist relativ groß. Wir hätten es als Fraktion ichtig gefunden, wenn Sie nicht erst im Wahlkampf orschläge unterbreitet hätten. Herr Kollege Gutting hat esagt, eine Reform der Einkommensteuer stehe an. Es olle alles sozialer, gerechter und einfacher werden. Die nion hatte einmal vorgeschlagen, die Pendlerpauschale anz abzuschaffen. Das war Herr Professor Kirchhof mit einem einfachen Steuerrecht. Die FDP hat vorgeschlaen, die Pendlerpauschale ganz abzuschaffen. Die SPD at aktuell vorgeschlagen, die Pendlerbelastungen von er Steuerschuld abzuziehen. Die Linken haben sich etzt auch dazu geäußert. Bei uns wird über ein Mobiliätsgeld diskutiert. Ich hätte es für richtig gehalten, dass die Große Koaliion nicht nur dafür sorgt, dass der alte Rechtszustand iederhergestellt wird, was unausweichlich ist, sondern ass Sie jetzt auch sagen, was denn danach passiert. Das ollte nicht wieder auf die lange Bank geschoben weren. Wir fordern mehr Ehrlichkeit in der Sache ein. Die oalitionsfraktionen sollten sich klar dazu bekennen, elche Regelungen sie anstreben, und zwar jede Frak ion für sich. Wir lehnen den vorliegenden Gesetzentwurf ab, weil r den Bürgerinnen und Bürgern eine zukunftsfähige Reelung vorenthält und wir dieses politische Spiel nach em Motto „Im Wahlkampf wird alles Mögliche verprochen“ nicht unterstützen wollen. Danke schön. Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächstes hat der Kollege Dr. Hans Michelbach für

ie CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1621122900

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Heute

st ein guter Tag für unsere Pendler und für unsere leis-
ungsbewussten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
ch freue mich, dass die Gesetzeslage von 2006 hinsicht-
ich der Entfernungspauschale wieder gilt. Das ist ein
ichtiger Weg. Ich betone, dass die CSU für die Wieder-
inführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilome-
er geworben hat.


(Heiterkeit des Abg. Florian Pronold [SPD] – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


ir haben auch dafür gekämpft. Nach Inkrafttreten des
esetzes wurden anhand vieler Beispiele die Benachtei-






(A) )



(B) )


Dr. h. c. Hans Michelbach
ligung und der Verlust der Leistungsgerechtigkeit für
Pendler deutlich. Es war in der Tat ein Fehler, die Pend-
lerpauschale derart zu gestalten.


(Florian Pronold [SPD]: Habt ihr im Wahlprogramm die Kürzung stehen gehabt, ja oder nein?)


– Herr Pronold, es gehört zur politischen Kultur, zuge-
ben zu können, dass man einen Fehler begangen hat. Es
nützt Ihnen deshalb nichts, Ablenkungsmanöver, Ge-
schichtsklitterung und Märchenstunden zu veranstalten.


(Iris Gleicke [SPD]: Haben Sie Ihr eigenes Parteiprogramm nicht gelesen?)


Tatsache ist, dass jetzt eine Lösung gefunden wurde.
Bundesfinanzminister Steinbrück, der dafür zuständig
ist, hat damals gesagt: Ich halte das Werkstorprinzip für
die einzig richtige Bewertung. – Die Betrachtung des
Haustürprinzips ist richtig.


(Daniel Bahr [FDP]: Aha!)


Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
9. Dezember vergangenen Jahres, das die Neuregelung
der Pendlerpauschale ab 2007 für verfassungswidrig er-
klärt hat, war gesetzgeberisches Handeln noch in dieser
Legislaturperiode geboten.


(Florian Pronold [SPD]: Haben Sie Ihr Wahlprogramm von 2005 nicht dabei?)


Ich muss ganz deutlich sagen: Wir hatten der Argu-
mentation des Bundesfinanzministers Glauben ge-
schenkt, dass die Veränderung der Pendlerpauschale ver-
fassungsgemäß sei. Alle Bedenken wurden im
Finanzausschuss immer wieder vom Tisch gewischt.


(Florian Pronold [SPD]: Von euch!)


Diese Erfahrung habe ich immer wieder gemacht.


(Florian Pronold [SPD]: Märchenstunde hoch drei!)


Mit der gesetzlichen Wiederherstellung der alten
Pendlerpauschale wird heute ein unnötig lange andau-
ernder Unsicherheitsfaktor beseitigt. Wir schaffen heute
Rechtssicherheit für die vielen Berufspendler in unserem
Land. Der wesentliche Punkt ist, dass wir hier wieder an
einem Grundprinzip festhalten.


(Florian Pronold [SPD]: Die Steigerung: Pinocchio, Münchhausen, Michelbach!)


Dieses Grundprinzip ist für uns gerade in der Steuer- und
Finanzpolitik unabdingbar und muss immer lauten: Leis-
tung muss sich lohnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Simone Violka [SPD]: Deshalb wollen wir den Mindestlohn! – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Weshalb sind Sie dann gegen den Mindestlohn?)


Wir haben hier leistungswillige Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer nicht leistungsgerecht behandelt. Das

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(C (D st eine Tatsache. Deswegen sollten wir jetzt gemeinsam rkennen, dass es einen besseren Weg gibt, nämlich den, ber den wir heute entscheiden. Als Gebot der Stunde muss natürlich noch ein weitees Grundprinzip realisiert werden: mehr Netto vom rutto. (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr richtig! Danach sehnen sich die Menschen!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir müssen hinsichtlich der Einkommen- und der Lohn-
teuer eine weitere Reform auf den Weg bringen, weil es
icht sein kann, dass man nach einer Lohnerhöhung um
Prozent 2 Prozent mehr Steuern zahlen muss. Ich

laube, dass wir mit der Pendlerpauschale auf einem gu-
en Weg hin zu mehr Leistungsgerechtigkeit sind.


(Florian Pronold [SPD]: Warum haben Sie das im Wahlprogramm 2005 anders geschrieben?)


Wir alle müssen jetzt dafür arbeiten, dass zwingend
ehr Netto vom Brutto übrig bleibt, damit die Leis-

ungsträger in unserem Land motiviert anpacken und
ertrauen in unser Gemeinwesen zurückgewinnen. Das

st die entscheidende Frage.

Die Menschen wollen jetzt keinen Wahlkampf. Sie
aben einen Anspruch auf Sacharbeit und erfolgreiches
risenmanagement. Das ist der entscheidende Punkt.
risenmanagement jetzt erfolgreich gestalten: Dazu ge-
ört die Entlastung bei Steuern und Abgaben. Das ist der
ichtige Weg. Deswegen sollten wir stolz auf die heutige
ntwicklung sein.

Meinen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Iris Gleicke [SPD]: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr seid auch noch stolz darauf! Also Hans, weißt du: Das ist doch das Letzte! – Eduard Oswald [CDU/ CSU]: Alle machen Wahlkampf, nur wir nicht!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621123000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
raktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
esetzentwurf zur Fortführung der Gesetzeslage 2006
ei der Entfernungspauschale.

Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 16/12299, den Gesetzent-
urf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf
rucksache 16/12099 anzunehmen. Wer stimmt für die-

en Gesetzentwurf? – Die Gegenstimmen? – Die Enthal-
ungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Bera-
ung bei Zustimmung der Großen Koalition, der FDP
nd der Fraktion Die Linke und Gegenstimmen der
raktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Wer für den Gesetzentwurf ist,
der möge sich bitte erheben. – Die Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in dritter
Beratung bei gleichem Stimmenverhältnis wie vorher
angenommen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard
Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), Britta
Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Durchsetzung der Entgeltgleichheit von
Frauen und Männern – Gleicher Lohn für
gleichwertige Arbeit

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke,
Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit –
Für eine tatsächliche Chancengleichheit von
Frauen und Männern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara
Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Klaus Ernst, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Entgeltgleichheit zwischen den Geschlech-
tern wirksam durchsetzen

– Drucksachen 16/8784, 16/11175, 16/11192,
16/12265 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michaela Noll
Caren Marks
Sibylle Laurischk
Jörn Wunderlich
Irmingard Schewe-Gerigk

Es ist vorgesehen, hierüber eine halbe Stunde zu
debattieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann
ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Die erste Rednerin ist die
Kollegin Dr. Eva Möllring für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Eva Möllring (CDU):
Rede ID: ID1621123100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Woran liegt es, dass Frauen
in Deutschland so viel weniger verdienen als Männer?
Ich sage Ihnen erst einmal, woran es nicht liegt, nämlich
nicht daran, dass Frauen weniger arbeiten als Männer.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die arbeiten sogar mehr!)


Ich finde es nicht in Ordnung, dass manche Damen
und Herren von den Sozialdemokraten und auch von den

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(C (D rünen in trauter Übereinstimmung mit Wirtschaftsverretern immer wieder sagen: Wenn die Frauen nur halbags arbeiten, dann sind sie selbst daran schuld. Sollen ie doch Vollzeit arbeiten! (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! Als ob wir so etwas sagen würden!)


as ist unredlich.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Unsinn! Glauben Sie, wir sind blöd? – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen Sie uns schon richtig zitieren!)


Hören Sie zu! Das scheint ja zu sitzen.


(Iris Gleicke [SPD]: Die Steigerung von Michelbach ist Möllring!)


er Einkommensunterschied zwischen Frauen und Män-
ern von 23 Prozent bezieht sich auf den Vergleich von
ollzeitstellen und steigt beim Stundenlohn noch an.
eswegen ist es eine Unverschämtheit, was Sie erklären.
eulich bin ich bei einem Interview mit einer Kollegin
on Ihnen zusammengetroffen, Frau Scheel, die genau
as gesagt hat. Ich nenne jetzt ihren Namen nicht, aber
päter kann ich das gerne tun.

Es ist eine Unverschämtheit, den Frauen zu sagen:
Jetzt arbeitet mal ordentlich! Dann verdient ihr auch or-
entlich Geld.“ Die Gründe liegen woanders. Ich nenne
rei entscheidende Punkte.

Erstens die Berufswahl von Frauen einerseits und
ännern andererseits.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Sie fangen am besten noch einmal richtig an!)


Hören Sie einfach einen Moment zu! Das kann Ihnen
icht schaden.


(Zuruf von der SPD: Das fällt uns schwer!)


erade im Bereich der Berufswahl von Frauen und Män-
ern ist in letzter Zeit Erhebliches erreicht worden.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Märchenstunde!)


enn wer sich damit befasst, was in den Kommunen in
en Kindertagesstätten, in der frühkindliche Erziehung,
n den Schulen, bei der Expo und der CeBIT dafür getan
ird, um Frauen für technische Berufe zu begeistern, der

ieht, dass wir erhebliche Fortschritte gemacht haben.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die CDU muss erst einmal Vorbildarbeit leisten!)


ch danke an dieser Stelle ausdrücklich der CDU-Bun-
esbildungsministerin, Frau Schavan, die diese Maßnah-
en finanziell und ideell sehr stark unterstützt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweitens die Arbeitsbewertung. Dabei sind die Ge-
erkschaften gefragt. Es ist eine erhebliche Herausfor-






(A) )



(B) )


Dr. Eva Möllring
derung, zu einem gerechten Bewertungssystem zu kom-
men, weil auch in den Gewerkschaften sehr wenige
Frauen an der Spitze sind.

Drittens Frauen in Führungspositionen. Rollenkli-
schees sind durch das Elterngeld und die Partnermonate
gebrochen worden. Das ist ein hervorragender Ansatz
von unserer Ministerin von der Leyen, der in der nächs-
ten Wahlperiode noch verstärkt werden muss.


(Kerstin Griese [SPD]: Das Elterngeld war ursprünglich eine sozialdemokratische Idee!)


– Genau. Sie haben mitgestimmt.

Auch das Vergaberecht richtet sich an der Förderung
von Frauen aus. Die entscheidende Baustelle ist noch die
Förderung von Führungspositionen in Teilzeit. Dafür
muss einiges getan werden. Der Arbeitgeber muss in die
Pflicht genommen werden, mit den Teilzeit arbeitenden
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Gespräche zu
führen, um zu testen, wie man Frauen noch besser in
Verantwortung bringen und vor allem nach Auszeiten
wieder in den Beruf und in verantwortliche Positionen
hineinbringen kann.

Ihre Lösungen scheinen dagegen nicht weiterzufüh-
ren. Dazu zählt erstens die Quote. Über die Quote von
Aufsichtsräten können wir gerne diskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber was hilft es der Frau am Schreibtisch, die nicht die
Chance hat, in einem Aufsichtsrat zu landen, sondern die
selber nur eine Position höher kommen will?


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Auch viele Männer wollen nicht in Aufsichtsräte!)


Ihr zweiter Lösungsansatz ist der Mindestlohn. Das
Land in Europa, in dem die geringsten Einkommensun-
terschiede zwischen Frauen und Männern bestehen – er
beträgt 4,4 Prozent –, ist Italien. Italien hat keinen Min-
destlohn. An zweiter Stelle steht Malta, das im
Januar 2009 einen Mindestlohn von 3,67 Euro festge-
setzt hat. Das dritte Land ist Polen. Polen hat im Januar
dieses Jahres einen Mindestlohn von 2,10 Euro festge-
setzt.

Nun können Sie selber die Frage beantworten, ob der
Mindestlohn Frauen in Führungspositionen bringt.


(Zuruf von der SPD: Das ist ja peinlich!)


– Also wirklich, Sie können überhaupt nicht mehr zuhö-
ren.


(Iris Gleicke [SPD]: Es lohnt sich ja nicht, zuzuhören!)


Ihre dritte Lösung betrifft das Verbandsklagerecht.
Das Problem bei den Klagen um einen besseren Lohn ist
nicht die Tatsache, dass die Frauen keine juristischen
Möglichkeiten haben, sondern dass ihr persönlicher Fall
offenkundig wird und sie dann im Arbeitsverhältnis
große Schwierigkeiten bekommen werden. Dieses Pro-
blem werden Sie auch nicht durch das Verbandsklage-

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(C (D echt lösen, weil auch bei einem Verbandsklageverfahen immer der Einzelfall deutlich gemacht werden muss. Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören, aber Sie ussten es sich jetzt anhören. Ich danke für Ihre große Aufmerksamkeit. Vielen ank für Ihr Zuhören. Die Kollegin Ina Lenke ist die nächste Rednerin für ie FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Kol ege hat zu mir gesagt: Wenn die Damen doch weniger treiten und mehr regieren würden! – Ein bisschen ahrheit steckt darin. Ich will nun zu unserem Thema kommen. Sehr geehrer Herr Rix, gleiche Leistung, weniger Lohn: Wie wir lle wissen, verdienen Frauen im Durchschnitt circa 5 Prozent weniger als Männer. Studien der OECD, der U und des Statistischen Bundesamtes belegen das sehr eutlich. Es ist traurig – das muss uns alle ärgern –, dass eutschland im europäischen Vergleich beim Entgeltnterschied zwischen Männern und Frauen auf dem iertletzten Platz liegt. Ein Bankkaufmann erhält durchchnittlich 4 125 Euro, während eine Bankkauffrau 049 Euro verdient. Ähnliche Unterschiede gibt es auch wischen Verkäuferinnen und Verkäufern, Büroleiterinen und Büroleitern. Überall werden Frauen schlechter ezahlt als Männer und verdienen durchschnittlich 5 Prozent weniger. Warum ist das so? Ich möchte gerne auf Ihren Vorchlag zu sprechen kommen, meine Damen und Herren on SPD und Grünen. Sie wollen ein Gleichstellungsgeetz für die Wirtschaft. Nach Meinung der FDP ist das icht die Lösung. Auch das Bundesgleichstellungsgesetz ür die Bundesverwaltung und die Gerichte des Bundes at nicht immer, wie wir alle wissen, zu gleicher Bezahung geführt; darüber gibt es Berichte. Hier wurde zum eispiel die Möglichkeit der Teilzeitarbeit erweitert, um uch Vätern Teilzeitarbeit schmackhaft zu machen. Geutzt haben diese Möglichkeit im Ergebnis nur weiblihe Angestellte. Die Teilzeitrate stieg bei ihnen stetig an. enn die Quote von 92 auf 93 Prozent steigt, dann frage ch mich, ob ein solches Gesetz der richtige Weg ist. Wir alle wissen, dass die Lohnungleichheit in eutschland viele Ursachen hat. Frau Möllring hat rich igerweise das fehlende Angebot der Kleinkindbetreung in Krippen und das mangelnde Angebot an Ganzagsbetreuungsmöglichkeiten für unter Dreijährige enannt. Wenn Kinder 70 Arbeitstage Schulferien haen, während die Arbeitnehmer nur 30 Tage Urlaub haen, dann führt das in der Regel dazu, dass die Eheparter nie zur gleichen Zeit Urlaub machen können. In einem Wahlkreisbüro hat eine Dame 14 Tage unbe Ina Lenke zahlten Urlaub genommen, damit sie einmal drei Wochen zusammen mit ihren Kindern Urlaub machen kann. Das muss man sich einmal vorstellen! Besonders für Alleinerziehende ist das ein Jobkiller. Karrieren sind dann natürlich ausgeschlossen. Ich möchte noch etwas anderes wiederholen, was Frau Möllring gesagt hat, weil das für die Öffentlichkeit wirklich wichtig ist. Junge Frauen sehen für sich nur ein enges Berufsspektrum: Arzthelferinnen, Friseurinnen, Verkäuferinnen, Büroangestellte. Hier lassen junge Frauen sehr oft außer Acht, dass das Gehalt in diesen Berufen niedrig ist und die Aufstiegsmöglichkeiten gleich null sind. Information und Aufklärung in Schule und Elternhaus sind daher – wir kennen keine andere Lösung – sehr wichtig. Das müssen wir vonseiten der Politik unterstützen. Ein weiterer Punkt ist die sogenannte Teilzeitfalle. Jemand, der Teilzeit arbeitet, hat wenige Aufstiegschancen. In diesem Zusammenhang ist auch das veraltete Lohnsteuerklassensystem zu sehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, egal welcher Couleur, in der nächsten Legislaturperiode muss die Steuerklasse V abgeschafft werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Individualbesteuerung!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621123200

(Beifall bei der FDP)

Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1621123300

(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


Wer auch immer von der SPD gleich redet, kann gerne
etwas gegen meine Argumente sagen. Aber ich finde, es
soll jetzt endlich etwas passieren.

Ein weiterer Punkt ist die fehlende Familienfreund-
lichkeit in den Betrieben. Flexible Arbeitszeiten sind
wichtig. Elterngeld und Elternzeit muss es auch für
junge Väter geben. Die Steuer- und Sozialversicherungs-
freiheit bei den Kinderbetreuungskosten muss auch für
den öffentlichen Dienst gelten; das ist bisher nicht der
Fall. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
hat in einer Broschüre super Vorschläge gemacht.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die können tolle Broschüren machen, stellen aber keine Frauen ein!)


Diese können umgesetzt werden, Frau Schewe-Gerigk.
Oft ohne finanziellen Mehraufwand können die Betriebe
für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen. Dort
werden wirklich gute Beispiele genannt, die einfach sind
und die jeder versteht.

Die Baustellen in Deutschland bei der Schaffung ech-
ter Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern sind
von den Tarifparteien, insbesondere von der Politik und
der Wirtschaft sowie manches Mal – das will ich deut-
lich sagen – von den Frauen selbst zu beseitigen. Heute
hat die Familienministerin einen Vorschlag aus der
Schweiz übernommen und zum Einsatz des Selbsttest-
instruments Logib in Deutschland aufgefordert.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ein freiwillig nutzbares Computerprogramm!)


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(C (D it diesem Selbsttest können die Unternehmen die ohnschere zwischen den Geschlechtern überprüfen. Ich offe, dass sich dadurch einiges ändern wird. Frau Präsidentin, ich komme jetzt zum Schluss. Die DP fordert die Bundesregierung unter anderem auf, ich mit den Unternehmen und Sozialpartnern sowie im ffentlichen Dienst für eine Dienststrukturerhebung und berprüfung von Stellenbeschreibungen einzusetzen, m auf dieser Grundlage Lohnfindungssysteme und geebenenfalls unterschiedliche Verfahren bei der Arbeitsewertung auch im Hinblick auf die Entgeltgleichheit zu berprüfen, das Steuerrecht auf Geschlechtergerechtigeit abzuklopfen, das Elterngeldgesetz zu überarbeiten sw. Ich kann das leider nicht weiter ausführen; denn ich abe meine Redezeit um eine Minute überzogen. Genau. Ich hoffe, wir finden andere Beispiele dafür, wie wir ns im Bundestag dafür einsetzen können, mehr Gechlechtergleichheit im Arbeitsleben herzustellen. Danke. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621123400
Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1621123500


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621123600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Renate Gradistanac

ür die Fraktion der SPD.


(Beifall bei der SPD)



Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1621123700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Der
chauspieler Mario Adorf sagte:

Ein erfolgreicher Mann ist ein Mann, der mehr ver-
dient, als seine Frau ausgeben kann. Eine erfolgrei-
che Frau ist eine, die so einen Mann findet.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Man sollte meinen, dass solch eine verstaubte Äuße-
ung als schlechter Witz belächelt wird, aber von wegen!
ie Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-
raktion, Frau Fischbach, meinte kürzlich:

Die männlichen Kollegen sehen sich eher in der Er-
nährerrolle und können nicht alles mittragen.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das ist jetzt aber sehr verkürzt!)


Frau Fischbach, es wird Zeit, dass Sie und Ihre Kolle-
en von der CDU/CSU die verstaubten Rollenbilder mo-
ernisieren. Frauen wollen keine Anhängsel ihrer Män-
er sein; Frauen wollen ihren Lebensunterhalt selbst
erdienen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Renate Gradistanac
Frau Möllring und ich haben ein Dreivierteljahr lang
– ich wiederhole: ein Dreivierteljahr – intensiv über ei-
nen Antrag zum Thema Entgeltgleichheit verhandelt.
Dann wurde nicht einmal ein minimaler Konsens gefun-
den. Ihre Rede heute war natürlich auch für die Katz.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


– Da hätte ich schon mehr erwartet, nachdem wir uns in
Teilen einig waren.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Bis jetzt haben Sie nur geschwätzt! Nichts Konkretes!)


Herr Singhammer, Sie waren als frauenpolitischer
Sprecher der CDU/CSU nicht bereit, für diesen Antrag
zu kämpfen, und haben kläglich versagt. Ich bin da auch
persönlich sehr enttäuscht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ihr Versagen zeigt sich auch in Ihrem Fraktionsbeschluss
zur Bekämpfung der Entgeltungleichheit. Appelle und
freiwillige Vereinbarungen – das haben wir jetzt wirklich
gelernt – führen nicht zum Erfolg.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber das neue Computerprogramm wird es richten!)


Bei der Frauenrechtskommission der Vereinten Natio-
nen in New York haben wir über die für Männer und
Frauen unterschiedlichen Auswirkungen der Finanz- und
Wirtschaftskrise gesprochen. Die Internationale Arbeits-
organisation, ILO, geht davon aus, dass Frauen gegen-
über Männern eine schwächere Position haben, wenn es
darum geht, sich der Finanz- und Wirtschaftskrise zu wi-
dersetzen. Ursachen hierfür sind die geringe Erwerbs-
quote von Frauen, ihre schwächere Kontrolle über Ei-
gentum und Ressourcen und die Konzentration von
Frauen in informeller und gefährdeter Beschäftigung mit
geringeren Verdiensten und geringerem sozialem
Schutz.

Für den sozialdemokratischen EU-Kommissar Spidla
ist die Angleichung der Löhne von Frauen und Männern
nicht nur in der Krise ein moralisches und ökonomisches
Gebot. Deshalb brauchen wir verbindliche Regelungen
und Gesetze. Zu dieser Ansicht kommt übrigens auch
der CEDAW-Ausschuss.


(Beifall bei der SPD)


Nur durch eine aktive Gleichstellungspolitik können
wir die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern end-
lich schließen. Es gibt genügend Berichte und Analysen
zu den Ursachen des Unterschiedes von circa 23 Pro-
zent. Deswegen bekommen Frauen übrigens auch deut-
lich weniger Rente als Männer und haben im Alter ein
höheres Armutsrisiko.

Wir von der SPD-Fraktion fordern deshalb erstens die
Veränderung von Strukturen mit den Instrumenten Gen-
der Mainstreaming und Gender Budgeting.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Jetzt kommt es endlich! Sie haben bisher nur geschwatzt!)



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(C (D Wenn Sie die Verhandlungen zwischen Frau Möllring nd mir verfolgt hätten, wüssten Sie, wo ich stehe. Leier sind Gender Mainstreaming und Gender Budgeting ür viele immer noch Fremdwörter. Zweitens fordern wir einen flächendeckenden gesetzichen Mindestlohn, drittens ein Gleichstellungsgesetz ür die Privatwirtschaft und viertens eine Quote von 0 Prozent für die Besetzung von Aufsichtsräten. (Beifall bei der SPD – Irmingard ScheweGerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn Herr Schröder dazu?)


m gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit
urchzusetzen, fordern wir fünftens einen Diskriminie-
ungscheck für Lohnverträge


(Beifall bei der SPD)


nd sechstens – dies wird Sie jetzt nicht verwundern –
in schärferes Antidiskriminierungsgesetz.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Angesichts des morgigen Equal Pay Days, bei dem
ie Frauenministerin ihren großen Auftritt hat, gebe ich
hnen ein Zitat von Abraham Lincoln mit auf den Weg
dies ist besonders an Sie gerichtet, meine Damen und
erren von der CDU/CSU –:

Wenn du nur das tust, was du immer getan hast,
wirst du auch nur das bekommen, was du schon im-
mer bekommen hast.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Dass Frauen im Jahr 2009 in unserem Land im
urchschnitt fast ein Viertel weniger verdienen als Män-
er, ist eine Schande.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Ina Lenke [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621123800

Die Kollegin Dr. Barbara Höll hat nun das Wort für

ie Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621123900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und

erren! Bis zum Jahr 1957, in dem ich geboren wurde,
ussten sich Frauen in der Bundesrepublik Deutschland

hren Arbeitsvertrag von ihrem Ehemann genehmigen
assen. Bis zum Jahr 1977 waren Frauen verpflichtet,
ich um das Hauswesen zu kümmern. Heim und Herd
aren eine Domäne der Frau, Arbeit war eine Domäne
es Mannes. So war das Familien- und Ehebild in der
undesrepublik: eine heterosexuelle Idylle unter dem
egime des Mannes. Schön, nicht, Herr Singhammer?
ie nicken so.






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wie war es denn im real existierenden Sozialismus? Wie viele weibliche Mitglieder des Politbüros gab es denn?)


1957 besann man sich zum Glück auf den Gleichstel-
lungsauftrag des Grundgesetzes. Die Bundesrepublik
verpflichtete sich in jenem Jahr zur Entgeltgleichheit
von Mann und Frau. Man kann es kaum glauben:
52 Jahre später sind wir von diesem Ziel weit entfernt.
Konkret heißt dies beispielsweise, dass in die Bewertung
der Arbeit einer Altenpflegerin ihre körperliche Belas-
tung nicht mit einfließt, in die Bewertung der Arbeit ei-
nes Hausmeisters sehr wohl; er erhält mehr Entgelt. Tä-
tigkeiten, die zumeist selbstverständlich von Frauen
ausgeübt werden, werden nicht in gleicher Weise bewer-
tet und damit auch nicht in gleicher Weise entlohnt wie
die Tätigkeiten ihrer männlichen Kollegen. Im Jahr 2009
ist dies immer noch die bittere Wahrheit.

Fakt ist, die Lohnschere zwischen Frauen und Män-
nern ist in den letzten Jahren sogar noch weiter auseinan-
dergegangen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand:
Viele Frauen arbeiten in ungesicherten Beschäftigungs-
verhältnissen, viele Frauen arbeiten in Teilzeitjobs, viele
Frauen werden in ihrer Karriere benachteiligt, und viele
Frauen arbeiten im Niedriglohnsektor.

Meine Damen und Herren von der Großen Koalition
– dies gilt auch für die Vorgängerregierung, die rot-grüne
Koalition –, Sie sind an dieser Entwicklung mitschuldig:


(Beifall bei der LINKEN)


Ihre Arbeits- und Sozialpolitik führte zum Ausbau des
Niedriglohnsektors. Ihre Einführung von Hartz IV hat
das Lohnniveau in den unteren Beschäftigungsverhält-
nissen nach unten gedrückt.


(Ina Lenke [FDP]: In der ehemaligen DDR hatten alle Niedriglöhne!)


Ihre Politik hat zu einer Umgehung des Kündigungs-
schutzes und zu einem Ausbau ungesicherter Arbeitsver-
hältnisse geführt. Ihre Sozialpolitik ging und geht zulas-
ten von Frauen. Sie haben die Lohnschere weiter
geöffnet.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau Möllring, Sie haben sich heute nicht einmal
mehr die Mühe gemacht, irgendwelche Ansätze zu for-
mulieren. Ich habe darauf gewartet, dass Sie Appelle an
die Wirtschaft richten, freiwillige Vereinbarungen abzu-
schließen, oder Ähnliches. Nichts.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)


Ihre Bundesregierung hat sich im Vorjahr zur nationalen
Nachhaltigkeitsstrategie und dazu verpflichtet, den Ent-
geltabstand bis zum Jahr 2010 auf 15 Prozent zu verrin-
gern. Bis zum Jahr 2015 soll er nur noch 10 Prozent be-
tragen. Wie denn, bitte schön? Antworten gehören auf
den Tisch.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D ir brauchen endlich einen gesetzlichen Mindestlohn on mindestens 8,71 Euro, (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oskar wollte doch 10 Euro!)


er bald auf 10 Euro angehoben werden muss. Wir brau-
hen ein sogenanntes proaktives Gesetz, das die Tarif-
arteien zu einer diskriminierungsfreien Entgeltbewer-
ung verpflichtet. Die Tätigkeiten müssen tatsächlich
iskriminierungsfrei bewertet werden.


(Beifall bei der LINKEN)


ir brauchen ein Verbandsklagerecht im Allgemeinen
leichbehandlungsgesetz, damit das AGG nicht weiter

in zahnloser Tiger bleibt. Wir benötigen eine Antidis-
riminierungsstelle, die vom Familienministerium abge-
oppelt wird und ihrer Aufgabe tatsächlich gewachsen
st.


(Beifall bei der LINKEN)


Heute liegen drei Anträge der Opposition vor. Die
PD hat verkündet, was sie will. Ich frage Sie: Mit wem
ollen Sie das umsetzen? Dieser Frage müssen Sie sich

tellen. In den letzten Jahren sind Sie hier Antworten
chuldig geblieben. Sie haben es in Ihrer Koalition nicht
eschafft, etwas durchzusetzen, im Gegenteil. Heute hät-
en Sie die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen.
as wäre ein wesentlicher Schritt in die richtige Rich-

ung.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621124000

Jetzt spricht Irmingard Schewe-Gerigk für die Frak-

ion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie Frau Ministerin ist nicht da, sie will dieser wichtigen
ebatte fernbleiben.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Der Staatssekretär ist da!)


Anlässlich des Equal-Pay-Day demonstrieren morgen
rauen mit roten Taschen gegen rote Zahlen und dage-
en, dass Frauen im 21. Jahrhundert immer noch 23 Pro-
ent weniger Geld bekommen als Männer. Mit dem
otto „Wer etwas ändern will, muss auch handeln“ sind
ir angesprochen, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber
anz besonders die Regierung. Das Regierungshandeln
eschränkt sich auf das Schreiben von Pressemitteilun-
en und auf das Erstellen von Computerprogrammen. Es
st gut, dass die Grünen nicht mehr die Einzigen sind, die
as Thema Entgeltgleichheit immer wieder auf die Ta-
esordnung bringen.


(Zurufe von der LINKEN)


uch EU-Arbeitskommissar Spidla wiederholt es gera-
ezu gebetsmühlenartig: Die Lohnunterschiede zwi-
chen Frauen und Männern liegen in der EU bei






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
17 Prozent. Deutschland schafft es auf einen der hinters-
ten Plätze mit 23 Prozent. Jetzt endlich will die EU ge-
setzliche Regelungen prüfen. Überfällig, kann ich da nur
sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auf Initiative der Grünen hatten wir im Januar eine
Ausschussanhörung zu unserem Antrag zur Entgelt-
gleichheit. Dabei wurde deutlich, dass die extremen
Lohnunterschiede in Deutschland nicht nur eine Ursache
haben. Darum brauchen wir eine Vielzahl von Maßnah-
men. Aber klar ist: Ohne gesetzliche Regelungen, wie
wir sie fordern, wird es nicht gehen. Darum muss die
Bundesregierung endlich aktiv werden. Wir Grünen for-
dern, die Eingruppierungskriterien in den Tarifverträgen
auf Diskriminierung zu prüfen.


(Ina Lenke [FDP]: Ist doch in Ordnung!)


Hier muss der öffentliche Dienst eine Vorbildfunktion
übernehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Wir stehen zur Tarifautonomie, aber so kann es nicht
weitergehen. Arbeitgeber wie Gewerkschaften müssen
diese Aufgabe endlich ernst nehmen. Gleichstellung auf
dem Arbeitsmarkt kann nur durch die Zusammenarbeit
aller Verantwortlichen erreicht werden. Da muss ich eine
traurige Bilanz in diesem Hause ziehen: Die letzten vier
Jahren waren frauenpolitisch eine verlorene Zeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gab nicht ein Gesetz zum Thema Frauenrechte, Sie
haben nicht einen Gesetzentwurf vorgelegt. Unsere An-
träge haben Sie ständig abgelehnt. Ein gesetzlicher Min-
destlohn wäre ein sinnvoller Schritt zur Verringerung des
Lohngefälles. Immerhin würde davon jede vierte Frau
profitieren. Das heißt, jede vierte Frau verdient weniger
als 7,50 Euro. Wir brauchen aber auch ein Verbandskla-
gerecht, damit Arbeitnehmerinnen gegen kollektive
Lohndiskriminierungen nicht immer nur individuell kla-
gen müssen. All diese Forderungen haben Sie am Mitt-
woch im Ausschuss abgelehnt. Von Ihnen kam nicht ein
einziger Vorschlag.

Es gibt noch einen anderen Ursprung der Schieflage:
Bei uns hapert es schlicht und einfach an der Verände-
rung der Geschlechterrollen. Auch im Jahr 2009 ist die
Forderung nach einer gerechten Aufteilung von Haus-
und Familienarbeit zwischen Frauen und Männern so ak-
tuell wie eh und je. Der europäische Mann arbeitet im
Schnitt sechs Stunden im Haushalt, die Frau 25 Stunden.
Deutschland hat einen extrem hohen Anteil von Frauen,
die Teilzeit arbeiten. Warum? Weil unsere Kinderbetreu-
ung, unser Schulsystem und selbst unsere Versorgung
der alten Menschen darauf basieren, dass Frauen ein-
springen.

In diesem Zusammenhang werde ich bei einem Blick
in die USA ganz neidisch. Das erste Gesetz, das Präsi-
dent Obama nach seinem Amtsantritt unterzeichnete, der
Fair Pay Act, soll dort eine faire Bezahlung sicherstellen.

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(C (D s wäre schön, wenn so etwas auch bei uns zustande äme. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sie waren doch sieben Jahre an der Regierung!)


In unserem Land scheint das Thema Geschlechterge-
echtigkeit nur in Zeiten des Wahlkampfs auf der
genda zu stehen. Ich muss jetzt die Kollegin von der
PD ansehen: Dass Franz Müntefering im Wahlkampf-
etöse fordert, dass die Entgeltgleichheit sogar ins
rundgesetz geschrieben wird, ist bestenfalls scheinhei-

ig. Dass morgen der SPD-Generalsekretär vor dem
randenburger Tor gegen ungleiche Löhne demonstrie-

en wird, das halte ich nun wirklich für eine Dreistigkeit.
emonstriert er eigentlich gegen sich selbst? Sie sind in
er Regierung, Sie hätten etwas machen können, und
etzt demonstrieren Sie da.

Die Ministerin hat heute ein Computerprogramm vor-
estellt, das die Firmen freiwillig anwenden können. Ich
laube, mit diesem Computerprogramm werden wir
icht für Lohngerechtigkeit sorgen können. Wir sehen
ein konkretes Handeln. So kann es nicht weitergehen.
egieren via Pressemitteilung ist zu wenig. Tun Sie end-

ich Ihre Arbeit!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621124100

Ingrid Fischbach hat jetzt das Wort für die Fraktion

er CDU/CSU.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1621124200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn ich jetzt am Fernseher oder hier oben auf der Be-
uchertribüne sitzen würde, würde ich mich fragen: Was
st das eigentlich für eine Debatte?


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Es geht um Frauen, es geht um berechtigte Anliegen
er Frauen, und bis jetzt habe ich nur Gezank und Geze-
er gehört.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Ina Lenke [FDP])


Ich werde es jetzt präzisieren, Frau Lenke. Frau
radistanac, Ihre Rede bestand aus nichts anderem als
ezeter und einer 50-sekündigen Aufzählung. Da Sie

ich erlaubt haben, sich zur Rede der Kollegin zu äußern,
arf ich das ebenfalls, obwohl ich das eigentlich nicht
ut finde, und deswegen beende ich das jetzt auch.

Mich hat gewundert, dass Sie so genau wissen – Frau
chewe-Gerigk hat gerade in das gleiche Horn gesto-
en –, was alles richtig und was falsch war. Als Sie zu-
ammen in der Regierung waren, hätten Sie etwas tun
önnen. Ich muss mich fragen: Haben Sie es damals






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
nicht ernst gemeint, oder haben Sie heute neue Erkennt-
nisse? Das würde bedeuten, dass man erst einmal
schauen muss, was woanders passiert, und dass man da-
raus Lehren für das eigene Handeln ziehen muss.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie sind an der Regierung! Sie sind unbelehrbar!)


– Wir sind an der Regierung, und deshalb werden wir,
Frau Schewe-Gerigk, uns dazu äußern; wir haben es be-
reits getan.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Äußern“!)


Die heutige Debatte findet auch aufgrund des Equal Pay
Days, den wir eingeführt haben, statt.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo ist Ihr Antrag?)


– Wenn Sie eine Frage haben, dann melden Sie sich zu
einer Zwischenfrage. Ich kann dann ein bisschen länger
reden. Bis jetzt muss ich meine Redezeit auf vier Minu-
ten beschränken.

Ihre Antwort, „Ein Gleichstellungsgesetz wird es
bringen“, bringt es nicht auf den Punkt; denn die Ursa-
chen sind vielfältig. Das haben Sie alle gesagt. Wir wis-
sen, dass es in der finanziellen Bewertung der Arbeit
ganz unterschiedliche Ansätze gibt. Angesichts dessen
muss das uns und vor allen Dingen den Tarifparteien ein
Anliegen sein. Hier spreche ich die Gewerkschaften an,
die sich immer für Arbeitnehmerinteressen einsetzen;
wahrscheinlich tun sie es nur für Arbeitnehmerinteressen
und nicht für Arbeitnehmerinneninteressen. Es ist an der
Zeit, dass auch in ihrer Spitze mehr Frauen sind, die sich
dafür einsetzen, dass das Gefälle bei den Löhnen der
Frauen beseitigt wird. Das wäre wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Warum wird die Pflege schlechter bezahlt als eine
körperliche Tätigkeit auf dem Bau? Das kann ich über-
haupt nicht nachvollziehen. Wenn dieser Unterschied be-
seitigt wird, dann hätten wir schon einmal eine zentrale
Baustelle weniger.

Sie haben gerade das Computersystem Logib lächer-
lich gemacht. Wenn Sie sich in anderen Ländern ein we-
nig umhören – das haben Sie auch bei der Quote getan;
Sie nehmen Norwegen als Beispiel –, dann erfahren Sie,
dass die Schweiz freiwillige Lohntests eingeführt hat.
Diese Tests haben sehr gut eingeschlagen.

Das heißt, die Unternehmen haben sich beteiligt. Die-
jenigen, die sich da noch nicht beteiligt haben, kamen so
unter Druck, dass sie es tun mussten. Das ist ein Weg,
den auch wir einschlagen müssen. Das ist richtig und
wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir müssen an zwei weiteren Punkten ansetzen. Ers-
tens geht es um den Fall, dass junge Frauen ihre Er-
werbstätigkeit unterbrechen, weil sie Kinder bekommen.
Ich war erstaunt, dass Sie, Frau Gradistanac, wissen, was
die Frauen alles wollen. Ich erfahre bei meinen Reisen

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(C (D urchs Land – sie sind sehr vielfältig –, dass die jungen rauen sehr wohl arbeiten wollen, aber in den ersten Jahen nach der Geburt in Teilzeit. Warum fangen wir nicht n, einmal die Diskrepanzen aufzulisten? Warum wird eilzeit unterbewertet? Warum ist Teilzeit in unserem and für die Frauen auch heute noch ein Schritt zurück uf der Karriereleiter? Warum können wir Unternehmen icht dazu bringen, dass Teilzeitarbeit höher bewertet ird, sodass sie keinen Karriereknick bedeutet? Der zweite Aspekt, der hier eine Rolle spielt, ist das otenzial der Frauen, die um die 30 oder 40 sind und die isher ein anderes Lebensmodell hatten. Wie schaffen ir es, dieses Potenzial zu aktivieren, das heißt, ihnen en Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen? rauen in dem Alter haben noch 20 bis 25 Jahre vor sich, n denen sie aktiv arbeiten können. Deshalb ist das Miisterium sehr gut aufgestellt gewesen, als es das Proramm für Frauen zum Wiedereinstieg in den Beruf auf en Weg gebracht hat. Das sind zwei Punkte, bei denen wir ansetzen müsen. Ich möchte einen Satz zur Quote sagen. Wir von der DU/CSU-Fraktion sind sehr dafür – das wird auch un ere Forderung sein, die wir in der nächsten Zeit noch hematisieren werden –, dass in den Corporate-Goverance-Kodex eine Bestimmung aufgenommen wird, die iese „Aufsichtsratsquote“ beinhaltet. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann hätten Sie in der letzten Sitzungswoche doch unserem Antrag zustimmen können!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)


Anders als Sie, Frau Schewe-Gerigk – Sie bölken im-
er dazwischen –, werden wir uns die Anwendung die-

es Kodexes anschauen, wenn dieser Punkt aufgenom-
en ist.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Antrag hatten wir doch!)


ir werden zur gegebenen Zeit reagieren; wir werden
icht Jahre warten wie Sie, um etwas zu verändern.
enn die Zahl der Frauen nicht entsprechend erhöht
ird, werden wir sicherlich ganz schnell andere Rege-

ungen treffen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621124300

Liebe Frau Fischbach, ich bin mir nicht ganz sicher,

ass das Wort „dazwischenbölken“ ein parlamentari-
cher Ausdruck ist. Ich nehme einmal an, Sie wollten so
twas wie „rufen“ oder „brüllen“ zum Ausdruck brin-
en.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Im Ruhrgebiet sagen wir „bölken“! Aber ich nehme es zurück!)


Gut.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ich erteile das Wort dem Kollegen Sönke Rix für die
SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1621124400

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau
Lenke, weil Sie mich vorhin so nett gleich als Erstes an-
gesprochen haben, mache ich das jetzt umgekehrt auch.
Frau Lenke, Sie haben betont, Ihre Redezeit sei zu kurz;
sonst wären die Antworten auf die Frage, die auch ich
Ihnen jetzt stellen muss, gekommen.


(Ina Lenke [FDP]: Wir haben einen Antrag dazu!)


– Ich weiß. Ich habe ihn auch gelesen. Darin sind sehr
viele Appelle und sehr viele Maßnahmen, die auf Frei-
willigkeit der Arbeitgeber und der Tarifparteien setzen.
Das haben wir seit Jahren gefordert. Das haben wir seit
Jahren praktiziert. Trotzdem sind wir im EU-Vergleich
immer noch auf einem der letzten Plätze.


(Ina Lenke [FDP]: Aber das hat doch andere Ursachen!)


Deshalb glaube ich, dass freiwillige Lösungen nicht
mehr tragen.


(Beifall bei der SPD)


Sehr geehrte Frau Höll, Sie haben gesagt, dass die
SPD keine Lösungen vorgeschlagen hat, bzw. gefragt,
warum wir das, was wir vorgeschlagen haben, nicht ma-
chen. Ich muss dazu sagen: Es gibt Zeiten, da sind Ge-
meinsamkeiten in einer Koalition aufgebraucht. Das ha-
ben wir bei der Debatte heute deutlich gemerkt. Die SPD
hat klar Position bezogen. Sie haben gefragt, wann wir
das machen wollen. Wir machen das nach der nächsten
Bundestagswahl, wenn wir mit den Grünen – da haben
wir nämlich viele Gemeinsamkeiten – die Mehrheit ha-
ben.


(Beifall bei der SPD – Ingrid Fischbach [CDU/ CSU]: Sie wissen, dass das nicht reicht! Mit wem denn noch? Sagen Sie das einmal!)


Wir haben schon in der vergangenen Legislatur-
periode ein Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen
Dienst auf den Weg gebracht.


(Ina Lenke [FDP]: Das hat doch nichts gebracht, Herr Rix!)


Ich glaube, dass es tatsächlich nicht an allen Stellen et-
was gebracht hat, aber für die freie Wirtschaft wäre ein
solches Gesetz ein kleiner, aber wichtiger Schritt, um
auch hier Lohngleichheit und mehr Gleichberechtigung
zu erreichen.


(Beifall bei der SPD)


Frau Fischbach, Sie haben gesagt, dass meine Kolle-
gin Gradistanac keine Punkte genannt hat. Sie hat angeb-
lich nur – ich will diesen Begriff jetzt nicht noch einmal
gebrauchen – irgendwie negativ gerufen; so will ich es

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(C (D inmal bezeichnen. Tatsächlich wurden sechs Punkte ufgezählt. (Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Ich habe gesagt, dass sie die aufgezählt hat!)


ie habe ich in Ihrer Rede vermisst. Sie haben zwar die
orredner kritisiert und zwei Punkte angeführt. Bei die-
en setzen Sie jedoch auch wieder auf Freiwilligkeit. Ich
rage mich da, was das soll. Wir sind hier das Parlament
nd dazu da, Gesetze zu verabschieden.


(Ina Lenke [FDP]: Aber Gesetze helfen nicht immer!)


eshalb wäre es ganz sinnvoll, nicht nur Appelle zu ver-
reiten, weil morgen ein besonderer Tag ist, und für die
ntsprechenden Aktionen zu werben, sondern auch die
erantwortung als Gesetzgeber deutlich wahrzunehmen
nd entsprechende Maßnahmen umzusetzen.


(Beifall bei der SPD – Ingrid Fischbach [CDU/ CSU]: Dazu hatten Sie doch schon lange genug Zeit!)


Wir sollten bei all dem, was wir schon gemeinsam auf
en Weg gebracht haben, liebe Kolleginnen und Kolle-
en aus der Koalition, unser Licht nicht unter den Schef-
el stellen. Frau Möllring hat zwar das Elterngeld er-
ähnt, aber die Initiative hierzu Frau von der Leyen

ugeschrieben. Ich will jetzt nicht noch einmal dieses
ass aufmachen, sondern halte nur fest: Die Idee dazu
am eigentlich von der Sozialdemokratin Renate
chmidt. Ich bin ja ganz dankbar, dass die Union diesen
nsatz trotz Widerstandes aus den eigenen Reihen mit-
etragen hat. Auch der gemeinsam auf den Weg ge-
rachte Ausbau der Kinderbetreuung ist ein wichtiger
unkt. Von daher sollten wir angesichts der Maßnahmen,
ie wir gemeinsam ergriffen haben, unser Licht nicht un-
er den Scheffel stellen. Ich würde mir wünschen, wir
ürden noch mehr Dinge gemeinsam umsetzen, aber ich
laube, das ist in dieser Legislaturperiode nicht mehr
öglich.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Doch! Wir haben bis September noch Zeit! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


o bleibt aber wenigstens ein bisschen Vorfreude auf die
ächste Legislaturperiode.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621124500

Hiermit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf
rucksache 16/12265. Der Ausschuss empfiehlt unter
r. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
ntrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-

ache 16/8784 mit dem Titel: „Durchsetzung der Ent-
eltgleichheit von Frauen und Männern – Gleicher Lohn
ür gleichwertige Arbeit“. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Damit ist die Beschlussempfehlung bei Zustimmung der
Koalitionsfraktionen und der FDP, Gegenstimmen in der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung der
Fraktion Die Linke angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/11175
mit dem Titel: „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit –
Für eine tatsächliche Chancengleichheit von Frauen und
Männern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen,
der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP ange-
nommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-
ner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/11192 mit
dem Titel: „Entgeltgleichheit zwischen den Geschlech-
tern wirksam durchsetzen“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Damit ist die Beschlussempfehlung bei Zustimmung der
Koalitionsfraktionen, der FDP und Bündnis 90/Die Grü-
nen und Ablehnung der Fraktion Die Linke angenom-
men.

Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 11 a bis 11 c
auf:

a) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Carola Reimann, Detlef Parr, Frank Spieth
und weiteren Abgeordneten eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur diamorphingestützten
Substitutionsbehandlung

– Drucksache 16/11515 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes über die diamorphin-
gestützte Substitutionsbehandlung

– Drucksache 16/7249 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jens
Spahn, Maria Eichhorn, Dr. Hans Georg Faust
und weiterer Abgeordneter

Ausstiegsorientierte Drogenpolitik fortführen –
Künftige Optionen durch ein neues Modell-
projekt zur heroingestützten Substitutionsbe-
handlung Opiatabhängiger evaluieren

– Drucksache 16/12238 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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(C (D Nach einer interfraktionellen Verabredung ist vorgeehen, hierzu eine halbe Stunde zu debattieren. – Dazu ehe ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der ollegin Dr. Carola Reimann für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Mit der heutigen ersten Lesung des Gesetzenturfes zur diamorphingestützten Substitutionsbehand ung machen wir einen wichtigen Schritt hin zu einer auerhaften und auch langfristig tragfähigen Regelung ür Schwerstopiatabhängige. Hinter diesem Entwurf, der ich inhaltlich eng an die Bundesratsinitiative anlehnt, tehen zahlreiche Abgeordnete von SPD, FDP, den Linen und Bündnis 90/Die Grünen. Das freut mich, weil urch die breite Unterstützung aus fast allen Fraktionen offentlich zügig eine ausreichende gesetzliche Grundage für die diamorphingestützte Substitutionsbehandung geschaffen werden kann. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1621124600

arauf warten die betroffenen Schwerstabhängigen und
iejenigen, die sich in den Projekten engagieren und
ute Arbeit leisten. Es wird deshalb höchste Zeit, dass
in solches Gesetz kommt.


(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Modellprojekte und die damit verbundene klini-
che Studie haben klar nachgewiesen, dass die Diamor-
hinbehandlung den Gesundheitszustand und die Le-
ensumstände von Schwerstopiatabhängigen verbessert,
nd zwar mit signifikant besseren Ergebnissen als bei
er Methadonbehandlung. Bei den Betroffenen – das
ill ich an dieser Stelle sagen – handelt es sich um lang-

ährig schwerstabhängige Menschen in äußerst kriti-
chem Gesundheitszustand. Durch die jahrelange Heroin-
bhängigkeit ist ihr Körper schwer gezeichnet. Für sie ist
ie Behandlung mit Diamorphin die letzte Therapieop-
ion, eine allerletzte Chance, in ein geregeltes Leben zu-
ückzukehren. Es besteht kein Zweifel: Durch die Mo-
ellprojekte haben Schwerstabhängige wieder zurück ins
eben gefunden.


(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen jetzt eine gesetzliche Grundlage, damit
iese Versorgung auch fortgesetzt werden kann. Mit dem
esetzentwurf wollen wir die rechtlichen Voraussetzun-
en dafür schaffen, dass Diamorphin, also künstliches
eroin, im Falle seiner Zulassung als Arzneimittel zur
ehandlung von Schwerstopiatabhängigen eingesetzt
erden kann. Dazu ist es notwendig, dass erstens Dia-
orphin als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel

ingestuft wird und zweitens strenge Kriterien für die
erwendung von Diamorphin zur Substitution einge-

ührt werden.






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
Uns ist völlig klar, dass es sich hier um eine beson-
dere Substanz und Behandlungsmethode handelt. Des-
halb befinden sich im Entwurf für die kontrollierte Ab-
gabe auch strikte Vorgaben zum Personenkreis:


(Detlef Parr [FDP]: Sehr notwendig!)


Die Diamorphinbehandlung kommt nur für Schwerst-
opiatabhängige infrage. Das heißt, eine Abhängigkeit
muss seit mindestens fünf Jahren bestehen, verbunden
mit schwerwiegenden körperlichen und psychischen
Störungen. Vor Beginn einer solchen Behandlung müs-
sen mindestens zwei andere Therapien versucht worden
sein, die erfolglos waren. Außerdem muss der Patient
mindestens 23 Jahre alt sein. Die an den Projekten Betei-
ligten sind häufig sehr viel älter. Hinzu kommt, dass die
Behandlung nur in bestimmten Einrichtungen und Zen-
tren vorgenommen werden darf, die besondere Anforde-
rungen erfüllen müssen, insbesondere im Hinblick auf
die Sicherheit. Weitere Maßnahmen sind ein Sonderver-
triebsweg und eine entsprechende Qualifikation der
Ärzte.

Der Gesetzentwurf trägt also den Bedürfnissen der
Schwerstabhängigen Rechnung und enthält zugleich die
notwendigen strengen Sonderregelungen, die wir beim
Umgang mit dieser besonderen Substanz brauchen.


(Beifall bei der SPD, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/
CSU, kann ich nicht nachvollziehen, warum Sie sich so
vehement gegen diesen Gesetzentwurf sträuben.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Weil es viele offene Fragen gibt!)


Ihr Antrag, den Sie nach langem Zögern – besser gesagt:
nach langem Verzögern – vorgelegt haben, wiederholt
alte und unzutreffende Zweifel an den Studienergebnis-
sen


(Zuruf von der CDU/CSU: Zu Recht!)


und erweckt in unverantwortlicher Art und Weise den
Eindruck, dass künftig Zehntausende von Abhängigen
für die Substitutionsbehandlung Schlange stehen wer-
den. Das ist nicht wahr. Er belässt außerdem Betroffene
wie auch Mitarbeiter in den Projekten in unsicheren Pro-
visorien.


(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dieser halbherzige und unzureichende Antrag ver-
stärkt bei mir den Eindruck, dass Ihre Ablehnung nicht
aus fachlichen, sondern aus rein ideologischen Gründen
erfolgt.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Spieth [DIE LINKE]: Sehr bedauerlich!)


Überzeugende und stichhaltige Argumente, die gegen
unseren Gesetzentwurf sprechen, kann ich in Ihrem An-
trag nicht entdecken. Stattdessen sprechen Sie blumig
von offenen Fragen, die noch geklärt werden müssen.

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(C (D ach jahrelangen Modellprojekten, mehrjährigen Stuien, positiven Ergebnissen auch aus anderen Ländern nd guten Erfahrungen mit den Projekten hier vor Ort ind alle Fragen, die zu klären waren, geklärt. (Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


etzt ist es Zeit, dass wir endlich eine sichere gesetzliche
rundlage zur Weiterführung der Projekte schaffen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Gesetzentwurf wird durch eine breite Unterstüt-
ung interfraktionell getragen. Er wird von zahlreichen
xperten, Verbänden und Politikern vor Ort – im Übri-
en auch von CDU-Kollegen – unterstützt. Er wird
benfalls unterstützt von Praktikern und Fachleuten in
en Einrichtungen vor Ort, ja mehr noch: seit vielen Wo-
hen und Monaten gefordert. Deshalb werbe ich dafür,
en Gesetzentwurf nun zügig zu beraten, damit wir noch
n diesem Frühjahr eine sichere gesetzliche Grundlage
ur Weiterführung dieser Versorgung schaffen.

Danke.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Was sagen Sie denn zu den Zweifeln der Experten?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621124700

Ich erteile das Wort jetzt dem Kollegen Detlef Parr für

ie FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1621124800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

obcenter gestern: Union gegen Union; Hilfe für
chwerstabhängige heute: Union gegen Union. Die
DU/CSU ist dabei, nur noch Eigentore zu schießen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Lassen Sie mich kurz erklären, warum. Wir beraten
eute unter anderem einen Gesetzentwurf, der auf An-
rag der Länder Hamburg, Hessen, Niedersachsen, des
aarlandes und des Landes Nordrhein-Westfalen im
undesrat beschlossen wurde. Ich brauche Ihnen nicht
u sagen, wer in Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-
estfalen mit der FDP regiert. Die Zusammenarbeit

wischen den Ländern und dem Bund funktioniert offen-
ar nicht mehr.

Die CDU/CSU setzt noch einen obendrauf, nämlich
inen eigenen Antrag, der die guten und richtigen Vor-
chläge sowohl im Gesetzentwurf des Bundesrates als
uch in unserem interfraktionellen Gesetzentwurf, end-
ich die schon lange fälligen Regelungen für die Auf-
ahme der diamorphingestützten Substitutionsbehand-
ungen in die gesundheitliche Regelversorgung zu
chaffen, konterkariert. In einigen Städten und Ländern,






(A) )



(B) )


Detlef Parr
zum Beispiel in Karlsruhe, hat die CDU dagegen bewie-
sen, dass sie aus den dort seit 2002 durchgeführten Mo-
dellprojekten die richtige Schlussfolgerung gezogen hat,
den therapeutischen Weg für eine Diamorphinbehand-
lung für Schwerstabhängige freizumachen.


(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es geht nicht darum – wie uns die Union im Bundes-
tag glauben machen möchte –, großflächig Manna an
Drogenabhängige zu verteilen. Vielmehr geht es darum,
einer kleinen Gruppe von Menschen – sie wird nicht ins
Unermessliche wachsen, weil wir eine vernünftige
Sucht- und Drogenpolitik machen, die, Frau Drogenbe-
auftragte, natürlich noch ein bisschen verbessert werden
könnte; wir haben viele Gemeinsamkeiten in diesem Be-
reich –, die heroinabhängig ist und die mit den bisheri-
gen Hilfsangeboten nicht erreicht werden konnte, zu hel-
fen, in den Alltag des Lebens zurückzufinden.

Der Bundesrat hat bereits am 21. September 2007 für
den Gesetzentwurf gestimmt. Weil die CDU/CSU diesen
blockiert hat, befassen wir uns erst heute, eineinhalb
Jahre später, mit dieser Initiative. Das ist eine lange Zeit,
die ungenutzt verstrichen ist und die die Betroffenen in
große Unsicherheit versetzt hat.


(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Leider verweigert sich die CDU/CSU-Bundestags-
fraktion nach wie vor der uneingeschränkten Unterstüt-
zung von Menschen, bei denen eine herkömmliche Sub-
stitutionsbehandlung nicht erfolgreich verläuft oder die
von anderen Maßnahmen der Suchtbehandlung gar nicht
mehr erreicht werden


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Bleiben Sie doch mal sachlich!)


– Entschuldigung, Herr Kollege, das alles sind Fakten –,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


von Langzeitabhängigen, deren Alter über zehn Jahre
höher ist als das eines durchschnittlichen Drogenabhän-
gigen in Deutschland, und von Schwerstbetroffenen, für
die es oft nur noch ums nackte Überleben geht.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Was sagen Sie zu den unterschiedlichen Meinungen der Ärzte?)


Sie wollen die gesicherten Ergebnisse nicht zur Kenntnis
nehmen, wie die deutliche Verbesserung des gesundheit-
lichen Zustands der Patienten.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Die Ärzte sind unterschiedlicher Meinung!)


– Je lauter Sie rufen, umso weniger überzeugend sind
Ihre Argumente, Herr Kollege.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D ie wollen den Rückgang des illegalen Drogenkonsums, ie sinkende Quote der Beschaffungskriminalität, die bnahme der Prostitution, die von 11 Prozent auf 7 Prozent gestiegene Zahl der regelmäßig Arbeitenden, ie Delinquenzrate, die sich innerhalb eines Jahres von 0 Prozent auf 27 Prozent zurückentwickelt hat, nicht ur Kenntnis nehmen. Diese Haltung, die Sie nach wie or gegenüber den Modellprojekten und diesen Ergebissen einnehmen, ist nicht nachvollziehbar. (Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb bin ich der SPD dankbar, liebe Frau
eimann, dass wir einen Gruppengesetzentwurf auf den
eg bringen konnten, der interfraktionell großen Zu-

pruch fand und noch immer findet. Wer ihn genau liest,
tößt immer wieder auf Brücken, die wir der Union ge-
aut haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


s sind zahlreiche Sonderregelungen vorgesehen. So
arf Diamorphin ausschließlich zur Substitutionsbe-
andlung verschrieben werden und nicht zur Schmerzbe-
andlung. Der Vorwurf, es gebe Heroin auf Kranken-
chein, läuft also ins Leere.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Behandlung darf nur in bestimmten Einrichtungen
orgenommen werden, die einer Erlaubnis der Landes-
ehörde bedürfen und die eine besondere personelle und
ächliche Ausstattung vorweisen müssen. Auch die Si-
herheitsbedingungen sind sehr hoch angesetzt. Das be-
ötigte Diamorphin darf nur auf einem Sondervertriebs-
eg geliefert werden; um einige Beispiele zu nennen.

Die Bundesärztekammer, liebe Kolleginnen und Kol-
egen der Union, hat so viel Vertrauen in diese Behand-
ungsmethode, dass sie sie in ihre Substitutionsrichtli-
ien und ihr Fortbildungsprogramm einarbeiten will.


(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bedenkenträger bleibt allein die CDU/CSU. Sie kann
ich nur zu einer müden Fortführung des Modellprojekts
urchringen. Damit spielt sie weiter auf Zeit und lässt
chwerstabhängige Menschen im Stich. Das Gewissen
ird scheinbar beruhigt, aber die Probleme bleiben un-
elöst.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das wollen wir nicht mitmachen. Wir brauchen die
ufnahme in die Regelversorgung jetzt. Das duldet kei-
en Aufschub mehr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Elke Ferner [SPD])


50 Kolleginnen und Kollegen haben den Gesetzentwurf
is heute unterschrieben.






(A) )



(B) )


Detlef Parr

(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Nur ein Drittel der FDP!)


Es fehlen nicht mehr viele bis zur Mehrheit. Machen Sie,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, die
Überlebenshilfe auch zu Ihrer Sache! Folgen Sie Ihrer
inneren sozialen Stimme


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Christlich!)


und lassen Sie endlich einmal Fraktionszwang Frak-
tionszwang sein!

Danke.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE], an die CDU/CSU gewandt: Eine Gewissensentscheidung müssen Sie treffen!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621124900

Jetzt hat Maria Eichhorn das Wort für die Fraktion der

CDU/CSU.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1621125000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Nach dieser Rede ist es schwer, sachlich zu bleiben. Ich
werde mich trotzdem darum bemühen, auch wenn Sie
diese Sachlichkeit haben vermissen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Was?)


In Deutschland leben zurzeit schätzungsweise
140 000 Opiatabhängige. Das sind 140 000 Menschen,
die nicht mehr von der Droge loskommen und daher un-
serer Hilfe bedürfen. Von den 140 000 Abhängigen be-
finden sich 60 000 in Behandlung, 90 Prozent davon in
Substitutionsprogrammen. Das ist kein schlechter Wert,
wenn man das mit der Versorgungslage bei anderen Ab-
hängigkeiten vergleicht. Studien belegen zum Beispiel,
dass nur 5 bis 10 Prozent der Alkoholabhängigen behan-
delt werden.

1998 vereinbarte die rot-grüne Bundesregierung im
Koalitionsvertrag einen Modellversuch zur heroinge-
stützten Behandlung Opiatabhängiger. Dadurch sollte
überprüft werden, ob sich der Gesundheitszustand der
Patienten verbessert, wenn ihnen Heroin statt Methadon
verabreicht wird. Auch die Auswirkung der Heroinsub-
stitution auf den Konsum von Straßenheroin war Unter-
suchungsgegenstand.

Im vorliegenden Gesetzentwurf der Gruppe um die
Kollegen Reimann, Parr und andere sowie im Gesetzent-
wurf des Bundesrates wird nun gefordert, im Zuge die-
ses Modellprojekts die Diamorphinbehandlung in die
Regelversorgung zu überführen. Die Bundestagsfraktion
der CDU/CSU hat sich mit Beschluss vom 26. Novem-
ber 2007 aus guten Gründen dagegen ausgesprochen.
Stattdessen haben wir vorgeschlagen, die Heroinbehand-
lung im Rahmen eines neuen Modellvorhabens mit dem
Ziel weiterzuführen, die offenen Fragen zu klären. Viele
Fachleute unterstützen uns in dieser Haltung.

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(C (D ie SPD und das Bundesgesundheitsministerium haben nseren Vorschlag aus nicht nachvollziehbaren Gründen bgelehnt. (Elke Ferner [SPD]: Ich hätte Ihnen mehr Verstand zugetraut!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Für die Entscheidung der Union waren schwerwie-
ende fachliche Argumente gegen die Heroinsubstitu-
ion ausschlaggebend.


(Elke Ferner [SPD]: Das wäre ja etwas Neues, Frau Eichhorn!)


iese wurden von Sachverständigen der Wissenschaft,
er Ärzte und der Krankenversicherungen – Sie waren
elbst dabei – im September 2007 in einer Anhörung im
eutschen Bundestag zum Ausdruck gebracht. Für viele
xperten lassen die Ergebnisse der Studie keinen siche-

en Schluss auf eine Überlegenheit von Heroin gegen-
ber Methadon bei Schwerstabhängigen zu. Bei der Ver-
esserung des Gesundheitszustandes der Patienten und
em Rückgang des illegalen Drogenkonsums ergaben
ich zwar statistisch signifikante Unterschiede zugunsten
er Heroinsubstitution; diese sind jedoch so gering, dass
ie nach Meinung der Experten


(Detlef Parr [FDP]: Welcher Experten? – Frank Spieth [DIE LINKE]: Das sieht der Bundesrat ja offenkundig ganz anders!)


ür die Praxis kaum von Bedeutung sind und eine erheb-
iche Zunahme der Heroinsubstitution zulasten der Me-
hadonsubstitution nicht rechtfertigen.


(Zuruf der Abg. Sabine Bätzing [SPD])


Ich komme darauf noch zu sprechen.

Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund einer un-
erschiedlichen Erwartungshaltung bei den Patienten.
rfahrene Substitutionsärzte weisen darauf hin, dass Pa-

ienten oft bereits in Erwartung der Behandlung von ei-
em besseren Gesundheitszustand berichten, wenn
ehandlungsmethode und Behandlungsziel ihren Wün-

chen entsprechen.

Vergessen werden darf auch nicht, dass die starke
iftwirkung des Heroins zu einer erheblichen Kompli-
ationsrate führt, die es bei Methadon nicht gibt. Atem-
epressionen sind die häufigste Todesursache bei
piatsüchtigen. Sie traten im Modellprojekt bei 23 He-

oinpatienten und nur bei einem Patienten der Metha-
ongruppe auf. Krampfanfälle gab es bei 63 Heroin-,
ber nur bei einem Methadonpatienten. Die Liste ließe
ich fortsetzen.

Auch der Beikonsum illegaler Drogen wie Kokain hat
ich im Vergleich zur Methadonsubstitution nicht we-
entlich verändert. So stellt sich die Frage, warum jeder
ritte Heroinpatient weiterhin illegal Drogen konsu-
ierte, obwohl ihm Heroin legal zur Verfügung gestellt
urde. Dies geschieht – zugespitzt gesagt – ganz nach
em Motto: Eine Ration vom Staat und eine Ration vom
ealer.






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn

(Detlef Parr [FDP]: Wo bleibt denn da die Sachlichkeit? – Weiterer Zuruf von der SPD: Unerhört!)


– Herr Parr, da Sie ständig unsachlich waren, darf auch
ich einmal einen etwas emotionaleren Satz sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Dann dürfen Sie uns nicht angreifen! Wenn Sie unsachlich sind, darf ich mir das auch erlauben!)


Damit bleibt – entgegen den Behauptungen der Ver-
treter des Modellprojektes – trotz Heroinsubstitution ein
großer Teil der Patienten in der Drogenszene.

Darüber hinaus sind weitere Aspekte ungeklärt. Fach-
leute weisen darauf hin, dass die Kriterien für die Auf-
nahme der Diamorphinbehandlung zu ungenau sind. Die
meisten der heute in Behandlung befindlichen Metha-
donpatienten würden die vorgegebenen Kriterien zur
Heroinbehandlung erfüllen.

Die Zahlen gehen weit auseinander. Wer sich für die
Heroinsubstitution ausspricht, redet die Zahl möglichst
klein. In der Anhörung dagegen haben die Krankenkas-
sen – Sie haben es selbst gehört – von einer Zahl von bis
zu 80 000 Personen gesprochen.


(Lachen der Abg. Sabine Bätzing [SPD])


Damit bestünde nicht nur die Gefahr einer unsachgemä-
ßen Ausweitung der Behandlung mit Heroin, sondern
auch die Kosten für die Krankenkassen würden in eine
für die Beitragszahler nicht zumutbare Größenordnung
steigen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Umgekehrt wird ein Schuh draus!)


Eine Heroinbehandlung kostet dreimal so viel wie eine
Behandlung mit Methadon. Die Möglichkeiten, die weit-
aus günstigere Methadonbehandlung auszubauen, sind
längst nicht ausgeschöpft.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das ist schwer zu ertragen!)


So werden in der Schweiz zwei Drittel der Heroinabhän-
gigen mit Methadon behandelt, bei uns nur ein Drittel
bis zur Hälfte. Das ist Tatsache.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621125100

Frau Eichhorn.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1621125200

Sofort. – Deswegen fordern wir in unserem Antrag

eine klare Definition der Aufnahmekriterien, damit die
Behandlung mit Diamorphin tatsächlich nur als Ultima
Ratio durchgeführt wird. – Bitte sehr.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621125300

Der Kollege Nouripour würde gerne eine Zwischen-

frage stellen. – Bitte schön.

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(C (D Frau Kollegin, wären Sie bereit, mit mir in meinen ahlkreis nach Frankfurt zu kommen und ein Gespräch it der Dezernentin für Gesundheit in der Stadt, Frau ottmann, nd vor allem mit der Oberbürgermeisterin der Stadt, rau Petra Roth – meines Wissens DU-Mitglied –, zu suchen, um sich darüber zu erkundien, ob das, was Sie hier berichten, irgendetwas mit der ealität zu tun hat? ären Sie, wenn es zwischen Ihrer Rede und der Situaion vor Ort tatsächlich eine Differenz geben sollte, beeit, sich überzeugen zu lassen, dass wir vor Ort tatsächich andere Argumente gelten lassen müssen? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621125400

(Elke Ferner [SPD]: Nein!)


(Frank Spieth [DIE LINKE]: CDU!)


(Detlef Parr [FDP]: Gute Frage!)



Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1621125500

Herr Kollege, Sie können davon ausgehen, dass ich

eine Arbeit so verstehe, dass ich mich vor Ort, dort, wo
ie Praxis die Tagesordnung bestimmt, immer infor-
iere. So habe ich mich zum Beispiel in München, wo

in Heroinsubstitutionsmodellprojekt betrieben wird, er-
undigt und mit den Abhängigen gesprochen. Ich habe
ber auch erfolgreiche Einrichtungen zur Methadonsub-
titution besucht.


(Detlef Parr [FDP]: Sicher gibt es die!)


ch habe festgestellt – das ist klar –: Derjenige, der He-
oin bekommt, will es weiterhin haben. Ich habe auch
estgestellt, Herr Kollege, dass diejenigen, die vom He-
oin losgekommen sind und es geschafft haben, wieder
in eigenständiges Leben zu führen, darüber todfroh wa-
en.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: „Todfroh“!)


ch gestehe Ihnen zu, dass mich das sehr bewegt hat.


(Mechthild Rawert [SPD]: Fahren Sie nun nach Frankfurt?)


ch habe die Entscheidung meiner Fraktion nicht auf die
eichte Schulter genommen. Es geht darum, den Men-
chen zu helfen, ein Leben ohne Heroin führen zu kön-
en; die meisten wollen das auch. Das können wir auch
urch eine gute Methadonbehandlung erreichen. Hier
ind viele Möglichkeiten noch nicht vollständig ausge-
chöpft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Carola Reimann [SPD]: Unglaublich! – Frank Spieth [DIE LINKE]: Dagegen ist doch keiner!)


Oberstes Ziel jeder Drogentherapie ist und bleibt
das ist nicht nur die Auffassung unserer Fraktion – der






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn
Ausstieg aus dem Drogenkonsum. Jeder Heroinabhän-
gige wird Ihnen, wenn sie ihn fragen, bestätigen, dass er
von der Droge loskommen will. Nach § 5 Betäubungs-
mittel-Verschreibungsverordnung dient die Substitu-
tionsbehandlung dem Ziel der schrittweisen Wiederher-
stellung der Abstinenz einschließlich der Besserung und
Stabilisierung des Gesundheitszustands.

Durch die Diamorphinvergabe im Rahmen des Mo-
dellprojekts konnten nur 8 Prozent der teilnehmenden
Drogenabhängigen in eine Abstinenztherapie überführt
werden. Daher fordern wir, dass eine neue Studie durch-
geführt wird, in der es auch um die Frage geht, inwie-
weit sich die Gabe von Diamorphin mit dem Ziel des
Ausstiegs aus der Sucht vereinbaren lässt.

Im vorliegenden Gesetzentwurf der Gruppe um Frau
Reimann wird behauptet, es gebe zur Diamorphinbe-
handlung keine Alternative. Dies sehen viele Experten
und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion anders. Viele
Sachverständige vertreten die Meinung, dass mit psy-
chosozialer Betreuung bei der Methadonsubstitution
ähnlich gute Erfolge erzielt werden können wie mit der
Heroinsubstitution; davon habe ich mich vor Ort über-
zeugt. Daher fordern wir den Ausbau der Methadonbe-
handlung und der psychosozialen Betreuung, und zwar
im gleichen Umfang, wie sie im Rahmen der Studie bei
der heroingestützten Behandlung erfolgt ist.

Meine Damen und Herren, für übereilte Entscheidun-
gen besteht keine Veranlassung.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621125600

Frau Kollegin, es gibt den Wunsch nach einer weite-

ren Zwischenfrage, diesmal von Frau Caspers-Merk.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1621125700

Bitte.


Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1621125800

Liebe Frau Kollegin, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu

nehmen, dass im Rahmen des Modellprojekts, das eine
klare Überlegenheit im Hinblick auf die Überlebensrate


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Falsch!)


und im Hinblick auf die gesundheitliche Struktur der
Abhängigen zum Ergebnis hatte,


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Auch falsch!)


je zur Hälfte klassische Methadonsubstitution und Dia-
morphinsubstitution durchgeführt wurde


(Detlef Parr [FDP]: So ist es!)


und dass in beiden Fällen dieselbe psychosoziale Be-
handlung stattgefunden hat,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


sodass Ihre Forderung, die Methadonbehandlung mit ei-
ner verbesserten psychosozialen Behandlung zu kombi-
nieren, unsinnig ist?

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(C (D Das Interessante ist doch, dass es sich um eine kliniche Studie handelt, bei der die gleichen Randbedingunen vorherrschten und die so angelegt war, dass wir, falls s sich hier um die Zulassung eines Medikaments gehanelt hätte, ein solches nach unseren Regelungen hätten ulassen müssen. (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Beatrix Philipp [CDU/CSU]: So ein Quatsch! Das stimmt doch gar nicht!)


as war einer der Gründe, warum diese Studie zu diesen
rgebnissen führte. Das können auch Sie nicht kleinre-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das ist doch umstritten! Die Experten haben doch unterschiedliche Meinungen!)



Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1621125900

Frau Abgeordnete, natürlich weiß ich, dass die Me-

hadon- und die Heroinsubstitution unter gleichen Be-
ingungen durchgeführt wurden. Wie ich bereits darge-
egt habe, waren die Unterschiede aber nicht so groß,
ass es gerechtfertigt wäre, die Diamorphinbehandlung
n die Regelversorgung zu überführen;


(Sabine Bätzing [SPD]: Wissen Sie auch, warum diese Ergebnisse herausgekommen sind?)


as ist der erste Aspekt. Hier setzen wir an.

Der zweite Punkt, den ich betonen will, ist, dass bei
er Methadonsubstitution in der heutigen Praxis in den
eisten Fällen keine psychosoziale Betreuung stattfin-

et. Aus diesem Grunde kommen viele Betroffene in
ine schwierige Lage. In diesem Fall verlangen sie eine
eroinsubstitution, obwohl ihnen schon vorher mit einer
uten Methadonbehandlung hätte geholfen werden kön-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Für übereilte Entscheidungen besteht keine Veranlas-
ung. Auch ohne Mitfinanzierung durch den Bund ist die
ersorgung der bisherigen Heroinpatienten durch die
tädte gesichert; auch das Bundesgesundheitsministe-
ium hat dies bestätigt.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das Ministerium ist gar nicht vertreten!)


ie Patienten werden seit dem 1. Januar 2007 und auch
eiterhin auf der Basis einer Ausnahmeerlaubnis mit
iamorphin behandelt. Kein einziger Patient musste auf

eine Behandlung verzichten.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621126000

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1621126100

Karlsruhe, Köln und Frankfurt haben sogar Genehmi-

ungen für die Aufnahme neuer Patienten erhalten. Des-
egen ist es ungeheuerlich, wenn gesagt wird, dass aus






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn
christlicher und moralischer Perspektive die Haltung der
Union nicht vertretbar sei.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621126200

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1621126300

Wir wollen in erster Linie den Ausstieg aus der

Droge. Das ist die beste Hilfe für die Heroinsüchtigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621126400

Der Kollege Frank Spieth hat jetzt für die Fraktion

Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621126500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über

250 Kolleginnen und Kollegen haben den Gesetzentwurf
zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung un-
terstützt und unterschrieben. Zugegebenermaßen hat er
einen sperrigen Titel, der sich nicht ohne Weiteres er-
schließt. Ich frage mich schon die ganze Zeit, ob die Da-
men und Herren hier und die Zuschauer neben den takti-
schen Geschichten, die hier im Plenum deutlich werden,
nachvollziehen können, um was es geht.

Ich möchte anhand eines ganz konkreten Falles versu-
chen, dem Ganzen ein Gesicht zu geben: Der 48-jährige
Herbert S. wurde von den Mitarbeitern der Studienam-
bulanz in der Grünen Straße in Frankfurt am Main buch-
stäblich von der Straße aufgelesen. 20 Jahre lang war er
heroinsüchtig und die letzten fünf Jahre obdachlos. Er ist
1,81 Meter groß, wog aber zu Beginn der Therapie nur
41 Kilogramm. Sein Gesundheitszustand war miserabel.

Bei der Aufnahmeuntersuchung zeigte sich, dass er
seine Schuhe nicht mehr ausziehen konnte. Das hatte ei-
nen Grund: Er trug mehrere Socken übereinander; die
Füße waren voller Wunden, und das unterste Paar So-
cken klebte an diesen Wunden fest. Herbert S. war äu-
ßerst kontaktscheu, ein typischer Einzelgänger, von der
Straße gezeichnet. Bisher hatte er aus Angst vor dem
Entzug jede Therapie abgelehnt.

Eine Methadontherapie, die den Entzug lindern kann,
kam für ihn nie infrage. Denn er hatte sich auf dem
Schwarzmarkt bereits illegal Methadon beschafft und
wusste, wie es wirkt. Unter Methadon fühlte er sich
schlecht, antriebslos und depressiv. Methadon führte bei
ihm dazu, dass er immer wieder maßlos Schnaps und
Wein trank. Da aber die Kombination Alkohol und Me-
thadon die Atmung lähmen kann – dies wird von den
meisten Therapeuten bestätigt –, kommt es beim Betrof-
fenen zu problematischen Folgen: Die mit Heroinkon-
sum verbundenen Entzugserscheinungen haben solche
Auswirkungen, dass er letztendlich aus der Entzugsmaß-
nahme aussteigt und in der letzten Konsequenz wieder
an der Nadel hängt. Es handelt sich also um einen Teu-
felskreis.

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(C (D Für den schwerstabhängigen Herbert S., der ohne die ilfe der Studienambulanz wahrscheinlich nicht mehr eben würde, war die Diamorphinbehandlung der einzige usweg. Die Aussicht auf eine Therapie ohne Entzugs rscheinungen machte ihn neugierig, und er stimmte zu. unächst kümmerten sich die Mitarbeiter der Studienamulanz um ein Obdach. Als das gefunden war, begann ie psychische Behandlung. Ein großer Unterschied zwischen Diamorphin und ethadon ist die Halbwertszeit im Körper. Sie beträgt ei Methadon 24 Stunden, während Diamorphin schon ach drei Stunden zur Hälfte abgebaut ist. Daher muss erbert S. die Studienambulanz auch morgens, mittags nd abends aufsuchen. Diese Regelmäßigkeit hilft ihm, einen Tag zu strukturieren. Den Therapeuten gibt dies ie Möglichkeit, regelmäßig mit ihm zu sprechen. Mitterweise wiegt er 64 Kilogramm. Die Wunden haben war ihre Narben hinterlassen, sind aber geheilt. Vor vier Monaten hat dieser ehemals todgeweihte ann sogar eine Arbeit gefunden. Es ist zwar nur ein -Euro-Job, aber er freut sich, wieder gebraucht zu weren. Nun geht er dreimal die Woche für die Stadt Frankurt in die Parks und sammelt Müll auf. Er freut sich ber diese Arbeit; denn durch sie hat er sein Einzelgänerdasein überwunden und ein stabilisierendes soziales mfeld gefunden. Herbert S. ist nicht der einzige Abängige, dem die Diamorphintherapie geholfen hat. Wir önnten dies durch zahlreiche weitere Beispiele belegen. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
DU/CSU, meine ich, dass die Erkenntnisse aus den Un-

ersuchungen und die konkreten praktischen Erfahrungen
ine andere Behandlung für diesen begrenzten Kreis von
ersonen – im Sinne einer Ultima Ratio – überhaupt
icht mehr zulassen. Dem muss endlich gefolgt werden.

Ich unterstelle Ihnen überhaupt nichts. Ich weiß, dass
ehr viele von Ihnen sehr starke christliche und soziale

urzeln haben. An dieser Stelle habe ich aber erhebli-
he Zweifel; denn die Forderungen, die Sie hier aufstel-
en, sind in sich nicht schlüssig. Ihr Antrag ist im Kern
ichts anderes als ein taktisches Reagieren auf diesen
esetzentwurf. Das finde ich nicht erträglich.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621126600

Sie müssten jetzt bitte zum Ende kommen.


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621126700

Ich bin sofort fertig.

Ich kann mich insofern nur meinen Vorrednerinnen
nd Vorrednern anschließen. Heben Sie den Fraktions-
wang auf und machen Sie diese Entscheidung zur Ge-
issensentscheidung!


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621126800

Das Wort hat nun Dr. Harald Terpe für Bündnis 90/

Die Grünen.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621126900

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Die Chancen stehen gut, dass wir endlich zu einer
gesetzlichen Regelung die Diamorphinbehandlung für
schwerkranke Opiatabhängige betreffend kommen. Be-
troffene Patientinnen und Patienten werden dankbar da-
für sein und aufatmen, genauso wie die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in den Drogenambulanzen der betroffe-
nen Kommunen.

Mit unserem breit unterstützten Gesetzesvorschlag
werden im Gegensatz zum Antrag der Union die richti-
gen Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen des Mo-
dellprojektes gezogen. Ich will die Ergebnisse nicht in
allen Einzelheiten wiederholen. Der Gesundheitsaus-
schuss hat sich mit gebotener Gründlichkeit mit den wis-
senschaftlichen Ergebnissen beschäftigt.

Ich will einen kleinen Ausflug in die Wissenschaft
machen. In der Argumentation von Frau Eichhorn haben
wir immer wieder von den vielen Experten gehört. Ich
kenne aus dem Kinderreim: Eins, zwei, viele. Wenn es
aber darum geht, signifikante Ergebnisse anzuerkennen,
ist bei Ihnen offenbar Fehlanzeige.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


„Signifikanz“ ist ein Begriff aus der Wissenschaft.
Deshalb kann man nicht einfach argumentieren, dies sei
kein Ergebnis. Das ist ein signifikantes Ergebnis.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das werden Sie bei der Anhörung wieder anders hören, Herr Terpe!)


Die Ergebnisse der Studie sind durchweg positiv und
sprechen eindeutig dafür, dass die Behandlung in die Re-
gelversorgung für den kleinen Kreis schwer Opiatabhän-
giger übernommen werden muss.

Wenn man den vorliegenden Antrag der Unionsabge-
ordneten liest, bekommt man das Gefühl, als hätten die
Autoren dieses Antrags eine völlig andere Studie gelesen
oder an einer anderen Anhörung teilgenommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Obwohl die Studienergebnisse eindeutig sind, be-
zweifeln oder leugnen die Unionsabgeordneten in ihrem
Antrag die Vorteile der Diamorphinbehandlung. Sie be-
haupten auch, dass es einen Ansturm von 80 000 Abhän-
gigen auf die neue Behandlungsform geben werde, ob-
wohl in der Anhörung nahezu alle Sachverständigen
gerade das ausgeschlossen haben.

Es muss noch einmal festgehalten werden: 80 Prozent
der Patientinnen und Patienten haben sich in ihrer ge-
sundheitlichen Situation verbessert. Bei 70 Prozent der
Patientinnen und Patienten wurde der illegale Drogen-
konsum verringert. Die Diamorphinbehandlung soll im

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(C (D brigen keine der bestehenden Therapieoptionen erseten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Detlef Parr [FDP])


Sie führt auch nicht zur Abstinenz, aber sie schafft es,
ie zwingenden Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass
ie Patientinnen und Patienten für eine weiterführende
ubstitutions- und Abstinenztherapie erreichbar wer-
en, nämlich die gesundheitliche und soziale Stabilisie-
ung – das hat Herr Kollege Spieth sehr eindrucksvoll
nhand eines Patientenfalls geschildert – und die Loslö-
ung aus der Drogenszene.

Allein in der Stadt Frankfurt wechselten 50 Prozent
er Studienteilnehmer in eine weitergehende Substitu-
ions- oder gar Abstinenztherapie.

Nun fordern die Unionsabgeordneten in ihrem Antrag
in weiteres Modellprojekt. Dabei gehört die Diamor-
hinbehandlung national wie international zu den am
esten untersuchten Therapien in der Suchtmedizin. Ne-
en der deutschen Studie kommen vier große Studien
ur Diamorphinbehandlung in der Schweiz, in den Nie-
erlanden, in Spanien und in Großbritannien ebenfalls
u durchweg positiven Ergebnissen. Ich wäre froh, wenn
s für alle Teile des Leistungskatalogs der gesetzlichen
rankenkassen gelingen würde, eine derart gute Evidenz
achzuweisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Detlef Parr [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621127000

Herr Kollege, obwohl die Redezeit fast abgelaufen

st, haben Sie die einmalige Chance, eine Zwischenfrage
on Herrn Dr. Eisel zuzulassen.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621127100

Ja, gern.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621127200

Bitte schön.


Dr. Stephan Eisel (CDU):
Rede ID: ID1621127300

Herr Kollege, gerade weil ich aus einer der betroffe-

en Städte komme, nämlich aus Bonn, stelle ich Ihnen
ie Frage, ob Sie nicht bereit sind, anzuerkennen, dass es
owohl von den Experten bei dem Expertenhearing als
uch von Ärzten – übrigens auch von Ärzten aus mei-
em Wahlkreis in Bonn – unterschiedliche Bewertungen
er Ergebnisse dieser Studie gab bzw. gibt.

Akzeptieren Sie nicht, dass es vor diesem Hinter-
rund auch eine verantwortliche Haltung sein kann, zu-
ächst die unbeantworteten Fragen durch eine weitere
tudie beantworten zu lassen, bevor man eine umstrit-

ene Behandlungsmethode zur Regelbehandlungsme-
hode macht, und dafür zu sorgen, dass, wenn diese wei-
ere Studie stattfindet, all diejenigen, die sich jetzt in der






(A) )



(B) )


Dr. Stephan Eisel
Behandlung befinden, auch künftig in der Behandlung
verbleiben können?


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621127400

Herr Kollege, ich muss darauf Folgendes antworten:

Mir ist durchaus bekannt, dass die Ergebnisse wissen-
schaftlicher, evidenzbasierter Studien häufig in Zweifel
gezogen werden, und zwar meistens von den Leuten, die
beispielsweise den Begriff „Signifikanz“ nicht anerken-
nen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist also kein ausreichendes Argument, dass es Leute
gibt, die das nicht so sehen.


(Zurufe von der CDU/CSU)


– Solche gibt es auch unter den Ärzten.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Herr Doktor, erklären Sie bitte einmal die Signifikanz! – Gegenruf des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Um Gottes willen!)


– Herr Spahn, wir sind hier jetzt nicht in der Schule und
erklären uns nicht den Begriff „Signifikanz“.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das kann er ja anschließend noch einmal fragen!)


Das ist meine Antwort darauf: Es gibt immer wieder
Leute, die wider besseres Wissen Studienergebnisse in
Zweifel ziehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich glaube, der wesentliche Irrtum der Unionsabge-
ordneten besteht darin, dass sie die Opiatabhängigkeit in
erster Linie noch immer als moralische Angelegenheit
und nicht als eine schwere chronische Erkrankung be-
trachten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Annette Widmann-Mauz [CDU/ CSU]: Das ist eine Unterstellung, die wir zurückweisen!)


Genau genommen verwundert mich die Haltung der
Union auch nicht mehr sonderlich; denn seit Mitte der
90er-Jahre, seitdem der Bundesrat erstmalig ein Modell-
projekt für die Diamorphinbehandlung gefordert hat,
laufen Sie Sturm gegen diese Diamorphinbehandlung,
und zwar mit allen Kräften, aber auch, wie man eben von
Ihnen gehört hat, mit schlechten Argumenten.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Sie haben doch meine Frage gar nicht beantwortet!)


Ich hoffe jedenfalls, dass sich die Mehrheit des Bun-
destages davon nicht beirren lässt und die Chance zur
Einführung der Diamorphinbehandlung nutzt; denn nichts
spricht ernsthaft dagegen.

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(C (D Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621127500

Sabine Bätzing spricht jetzt für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1621127600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Lassen Sie mich als letzte Rednerin der De-
atte noch einmal zusammenfassen, um was es bei die-
em Gesetzentwurf eigentlich geht. Es geht um das Le-
en von schwerstkranken Menschen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Darum geht es uns allen!)


s geht um langjährig Heroinabhängige, die trotz viel-
ältiger Versuche keinen Ausstieg aus dem Teufelskreis
er Sucht geschafft haben – weder durch drogenfreie
herapien noch durch eine Methadonbehandlung.

Was sind das für Menschen? Es handelt sich um Men-
chen, die über 20 Jahre heroinabhängig sind, zahlreiche
egleiterscheinungen aufweisen und zum Teil mit
epatitis C oder HIV infiziert sind. Viele haben post-

raumatische Gewalterfahrungen gemacht oder haben
ehrfache psychische Erkrankungen.

Bei dieser Gruppe von Schwerstabhängigen schlagen
ie gängigen Substitutionsmedikamente nicht an, oder
ie haben das Hilfesystem bislang überhaupt noch nicht
n Anspruch genommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enau für diese Patienten werden durch die Diamor-
hinbehandlung eindeutig wissenschaftlich-signifikant
essere Ergebnisse erzielt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Sagt einer! Und die anderen?)


en Menschen werden dadurch wieder Perspektiven ge-
eben. Durch die Diamorphinbehandlung wird das
berleben dieser Menschen gesichert.

An die Kolleginnen und Kollegen von der Union:
uch wenn es um die Abstinenz geht, kann die Diamor-
hinbehandlung sehr gute Ergebnisse vorweisen.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Hat sie aber nicht!)


on allen Patienten, die nach vier Jahren die diamor-
hingestützte Behandlung beendet haben, wechselte
und ein Drittel in eine andere Substitutionsbehandlung.

eitere 13 Prozent dieser Patienten, die wir früher nicht
rreicht haben, haben eine abstinenzgestützte Behand-
ung aufgenommen.






(A) )



(B) )


Sabine Bätzing

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Ich habe von 8 Prozent gelesen! Nicht 13 Prozent!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621127700

Frau Bätzing, möchten Sie eine Zwischenfrage von

Frau Widmann-Mauz zulassen?


Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1621127800

Ja, gerne, Frau Widmann-Mauz.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1621127900

Frau Kollegin Bätzing, Sie haben uns gerade erklärt,

dass die Schwerstabhängigen nicht durch gängige Me-
thadonbehandlungen und -substitution erreichbar gewe-
sen seien. Wie erklären Sie es sich dann, dass in der
Kontrollgruppe zu den mit Diamorphin Behandelten im
Modellvorhaben – nämlich der Kontrollgruppe, die mit
Methadon weiterbehandelt wurde – zu 75 Prozent die-
selben Erfolge erreicht wurden wie mit Heroin? Kann es
nicht daran liegen, dass nicht der Stoff – in dem Fall He-
roin – den Erfolg bringt, sondern mehr die psychosoziale
Betreuung, die in diesem Modellvorhaben so elementar
gut ist, dass es dann auch mit Methadon zu den entspre-
chenden Erfolgen kommt? Wenn Ihre Grundannahme
richtig wäre, hätte doch in der Methadonkontrollgruppe
kein Erfolg mehr erzielt werden können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1621128000

Nein, liebe Kollegin Widmann-Mauz, das kann nicht

daran liegen. Frau Caspers-Merk hat das vorhin sehr
deutlich gemacht. Die psychosoziale Begleitung war in
beiden Gruppen gleich. Wir können selbstverständlich
die Methadonbehandlung verbessern,


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)


– das schließt ja nicht aus, dass wir das tun –, aber es
sind immer noch 25 Prozent, die überhaupt nicht erreicht
werden. Sind Ihnen diese 25 Prozent egal? Uns sind sie
nicht egal. Wir wollen auch diesen Menschen das Über-
leben sichern.


(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621128100

Frau Kollegin, es gibt noch eine Zwischenfrage der

Kollegin Monika Knoche.


Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1621128200

Gerne, Frau Knoche.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621128300

Sehr verehrte Frau Kollegin, glauben Sie nicht auch,

dass es der Versachlichung der Debatte auch im Sinne
Ihrer Argumentation dienlich wäre, dem Plenum und der
Öffentlichkeit darzulegen, dass es sich um eine Arznei-
mittelstudie handelt und dass es um die Frage geht, wel-

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(C (D hes Präparat aus ärztlicher Sicht das geeignete und este für die betroffenen Personen ist, und dass wir als olitiker und Politikerinnen insbesondere dann, wenn sinifikante Ergebnisse für ein solches Präparat sprechen, ie Pflicht haben, uns um die Zulassung eines Medikaents zu bemühen, wenn es einem bestimmten Perso enkreis besser helfen kann als ein gängiges Präparat? timmen Sie mir zu, dass diese Information in der Deatte einen großen aufklärerischen Wert haben könnte? Liebe Kollegin Knoche, ich stimme Ihnen sehr gerne u. Es handelt sich in der Tat um eine Arzneimittelstuie, es geht um ein Arzneimittel. Ich bin Ihnen sehr ankbar für diese Information, die noch einmal deutlich acht, dass es um Hilfe, Therapie und ein Medikament ür schwerstkranke Menschen geht. Herzlichen Dank daür. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1621128400

Ich habe viele abhängige Menschen vor Ort kennen-
elernt und habe fast alle Ambulanzen besucht. Man
ann es nicht hoch genug einschätzen, wie positiv sich
as Leben dieser Menschen verändert hat. Eindrucksvol-
er als Kollege Spieth kann man das sicherlich nicht dar-
tellen.

Wir wollen, dass diesen schwerstkranken Menschen
ine Möglichkeit geboten wird, wieder menschenwürdig
u leben


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das wollen wir doch auch! Das wollen wir alle!)


nd, auch wenn es nicht einfach ist, ihre Sucht zu über-
inden. Die Unionsfraktion, die den alternativen Antrag

ingebracht hat, befürchtet dagegen – das hat sie heute
ehrfach wiederholt –, dass die Nachfrage nach Dia-
orphinbehandlungen sprunghaft zunimmt. Diese Angst

st völlig unbegründet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


ie Horrorzahl von bis zu 80 000 Diamorphinpatienten
eistert schon seit Monaten durch die Medien. Sie ist
ber eine reine Erfindung der Union.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Bei der Anhörung, Frau Kollegin!)


ealistisch ist – das bestätigen die Erfahrungen aus der
chweiz –, von 2 000 bis 3 000 Schwerstabhängigen
uszugehen, die die Behandlung in Anspruch nehmen
önnten und denen nicht anders geholfen werden kann.

Es gibt also für uns keinen Grund, jetzt ein positiv ab-
eschlossenes Modellprojekt fortzuführen und weiter
bzuwarten. Was soll mit einer Verlängerung eines Mo-
ellprojektes erreicht werden? Die Forschungsergeb-
isse sind eindeutig, auch was die angeblich offenen
ragen der Union angeht.






(A) )



(B) )


Sabine Bätzing

(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Wir wollen die offenen Fragen klären!)


Die Fortsetzung des Modells ist weder durchdacht noch
finanzierbar; denn die Antragsteller haben sich bislang
noch nicht einmal um zusätzliche Finanzmittel geküm-
mert. Das ist unredlich und unseriös.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen für die betroffenen Schwerstabhängi-
gen eine langfristige Perspektive, ihr Leben wieder in
den Griff zu bekommen. Deshalb ist jetzt die Über-
nahme der erfolgreichen diamorphingestützten Substitu-
tionsbehandlung in die Regelversorgung notwendig. Ich
appelliere abschließend an die Kolleginnen und Kolle-
gen der Union: Geben Sie Ihrem Gewissen Freiheit! Ent-
scheiden Sie sich auch aus christlicher Nächstenliebe für
diese schwerkranken Menschen und unterstützen Sie un-
seren Gesetzentwurf!

Danke schön.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Ich habe genauso viel Gewissen wie Sie!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621128500

Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Jens Spahn

das Wort.


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1621128600

Frau Kollegin Bätzing, wir können darüber streiten,

wie wir den Menschen helfen. Aber eines lasse ich mir
persönlich und lassen wir uns als Fraktion nicht abspre-
chen, nämlich dass wir genau das gleiche Bemühen an
den Tag legen, wenn es darum geht, Schwerstabhängi-
gen eine Perspektive zu geben. Wir haben genau das
gleiche Ziel, diesen Menschen eine Chance zu geben
und den Weg zurück in die Unabhängigkeit zu ermögli-
chen, damit sie ihr Leben selber gestalten können. Wir
streiten nicht über das Ziel, sondern über das Wie. Etwas
anderes sollten Sie nicht unterstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Kollege Terpe, ich möchte aufgreifen, was Sie
gesagt haben; das hat auch die Kollegin Bätzing ange-
sprochen. Wir bestreiten nicht die Ergebnisse der Studie.
Wir ziehen aber andere Schlussfolgerungen aus der Stu-
die als Sie. Es gibt noch zahlreiche offene Fragen, wie
die Frage des Beikonsums – warum also weiterhin Ko-
kain, Alkohol und Cannabis konsumiert werden – und
die Frage der Ausstiegsorientierung.

Frau Kollegin Bätzing, die Zahl 80 000 wurde nicht
von der Union erfunden, sondern von der KBV und den
Krankenkassen, also von den Kostenträgern und der ver-
sammelten Ärzteschaft, in der Anhörung genannt. Die
Kostenträger und die versammelte Ärzteschaft – man
kann sie auch Experten nennen – haben gesagt, gemäß
der von ihnen definierten Kriterien kämen 80 000 Men-

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(C (D chen – und nicht, wie Sie gesagt haben, 1 000 – in Beracht. Was mich am meisten stört, ist der Eindruck, den Sie ier erwecken. Wenn es um Ideologie, um Irreales ginge, ürden wir mit unserem Antrag sicherlich nicht ein ompromissangebot machen. Wenn man das Modellrojekt mit einer anderen Schwerpunktsetzung fortführt ich verweise noch einmal auf den Beikonsum, die Austiegsorientierung und die psychosoziale Betreuung hin; s ist zu untersuchen, inwieweit sie zu den Ergebnissen eiträgt – und wenn es zu entsprechenden Ergebnissen ommt, sind wir bereit, über eine Gesetzesänderung achzudenken. Wenn Sie wirklich ein Interesse daran aben, dass es zu einer vernünftigen Lösung kommt, wie ie in Ihrer Rede gesagt haben, und dass die betroffenen tädte möglichst schnell zusätzlich Menschen aufnehen können, dann können wir am morgigen Tag die we igen Millionen Euro im Haushalt des Bundesministerims für Gesundheit einstellen, die wir brauchen, um ieses Modellprojekt fortzusetzen. Wir reichen die Hand azu, dass das schnell geht. Nehmen Sie diese Hand im nteresse der Betroffenen und im Hinblick auf gute Erenntnisse an! Wir streiten über das Wie, aber nicht über as Ziel. (Beifall bei der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Ihr hattet jahrelang Zeit, einen Antrag einzubringen!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621128700

Zur Erwiderung hat die Kollegin Bätzing das Wort.


Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1621128800

Herr Kollege Spahn, ich möchte nur auf einen Punkt

ingehen. Ich glaube, die Debatte hat gezeigt, dass wir
tichhaltige Argumente haben, die wissenschaftlich be-
egt sind. Die Ergebnisse kann man auch nicht anders
uslegen; denn die Fakten sprechen eine klare Sprache.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich möchte lediglich etwas zu Ihrem Kompromissan-
ebot sagen. Ich halte es für einen faulen Kompromiss,
en Sie uns anbieten. Sie hatten vier Jahre Zeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


o lange liegt das endgültige Ergebnis der Studie vor.
ir haben zu zahlreichen Gesprächsrunden und Besu-

hen vor Ort eingeladen. Wir haben mit Ihnen über Ge-
etzentwürfe diskutieren wollen. Aber nie gab es ein
ompromissangebot. Jetzt, wo es nicht mehr anders
eht, bringen Sie einen Antrag ein. Aber Sie machen
eine Finanzierungsvorschläge. Das ist nichts anderes
ls reine Verzögerungstaktik. Für uns ist das ein fauler
ompromiss, dem wir uns nicht anschließen werden.


(Beifall bei der SPD, der FDP, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Frank Spieth [DIE LINKE]: Ein Schelm, wer sich dabei anderes denkt! – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Vor Monaten haben wir das Angebot Sabine Bätzing gemacht! – Annette Widmann-Mauz [CDU/ CSU]: Seit anderthalb Jahren diskutieren wir!)





(A) )


(B) )



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621128900

Nun hat noch der Kollege Terpe das Wort.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621129000

Herr Kollege Spahn, Sie haben eben gesagt, Sie wür-

den die Ergebnisse der Studie nicht bestreiten, nur an-
dere Schlussfolgerungen daraus ziehen. Das deckt sich
nicht ganz mit dem, was Frau Kollegin Eichhorn gesagt
hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)


Von ihr habe ich nur gehört, dass beispielsweise das Sig-
nifikanzkriterium in Zweifel gezogen wird. Wir können
uns natürlich noch einmal darüber unterhalten, was ich
unter Signifikanz verstehe. Ich habe als Arzt damit gear-
beitet und eine Menge an Erfahrungen gesammelt. Ich
nehme Ihnen Ihr Argument nicht ab, dass Sie die Studien-
ergebnisse zwar anerkennen, aber andere Schlussfolge-
rungen ziehen.

Sie haben gerade etwas zur Ideologie gesagt. Ich kann
mich an die Bemerkung „Kiffen auf Krankenschein“ er-
innern. Ich weiß nicht, ob eine solche Formulierung
nicht zur Ideologisierung einer Diskussion beiträgt, bei
der es ganz konkret um Patienten geht, die zu behandeln
sind, und zwar um schwerkranke Patienten.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Darum geht es uns doch auch!)


– Ja, das haben wir gehört.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Ein bisschen mehr Respekt vor den Argumenten zeigen!)


– Die Argumente waren ja scheinheilig.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Ich sage doch auch nicht, dass Ihr Argument scheinheilig ist! Was soll das denn?)


– Wenn man an anderer Stelle ganz andere Äußerungen
hört, dann fragt man sich, ob die Argumente in sich
schlüssig sind.


(Annette Widmann-Mauz sen Sie auch mal Ross und Reiter nennen!)


– Das liest man in der Zeitung. Jeder weiß es.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621129100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/11515, 16/7249 und 16/12238 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vor-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

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(C (D Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kai Gehring, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Finanzumsatzsteuer auf EU-Ebene einführen – Drucksache 16/12303 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten oll. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so bechlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege r. Gerhard Schick für die Fraktion Bündnis 90/Die rünen. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn man sich die Agenden der Gipfeltreffen sowohl in
er EU als auch auf internationaler Ebene anschaut,
ann erkennt man, dass ein Element, das nach unserer
berzeugung nicht fehlen darf, bisher nicht Gegenstand
er Verhandlungen ist.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eine weitere Belastung!)


ir wollen dieses Element heute voranbringen und hof-
en, dass Sie mitziehen; wir werben um Ihre Unterstüt-
ung.

Es geht um die Finanzumsatzsteuer, die wir auf euro-
äischer Ebene einführen wollen. Das ist ein Projekt,
ber das auch in anderen Ländern Europas diskutiert
orden ist. Wir glauben, es ist notwendig, dass es nicht
ur politische Meinungsäußerungen dazu gibt – zum
eispiel des Außenministers und des Finanzministers;
ie können wir in dem Papier, das die beiden Minister
orgelegt haben, nachlesen –, sondern dass dieses Pro-
ekt auf europäischer Ebene auch wirklich vertreten
ird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen uns für eine EU-weite Finanzumsatz-
teuer einsetzen. Natürlich müssen wir uns darüber un-
erhalten – wir sollten das im Ausschuss tun –, welche
ie bessere Variante ist: eine Börsenumsatzsteuer oder
ine allgemeine Finanzumsatzsteuer. Notwendig ist auf
eden Fall, dass wir zu einer sinnvollen Besteuerung von
msätzen auf den Finanzmärkten kommen.

Warum? Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit und der
airness. Die Umsetzung unseres Vorschlags würde dazu
ühren, dass die Gewinner des Finanzbinnenmarktes,
lso diejenigen, die hohe Umsätze generieren, de facto
inen Teil der Ausgaben tragen, die auf europäischer
bene – über den Sozialfonds und die Regionalmittel –
etätigt werden, um die Verlierer der Entwicklung zu






(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
kompensieren. Das sollte in einem sinnvollen Verhältnis
stehen. Häufig wird das Argument vorgetragen, dies
führe zu Belastungen bei der Altersvorsorge und im Ak-
tienhandel. Im Gegensatz zur Börsenumsatzsteuer be-
zieht sich eine allgemeine Finanzumsatzsteuer nur zu
6 Prozent auf Umsätze mit Aktien und zu 94 Prozent auf
Derivate, Optionen und Futures verschiedener Arten.

Das heißt, das Gros der Belastung betrifft nicht denje-
nigen, der sich Aktien kauft, um für das Alter vorzusor-
gen. Es soll vielmehr auf die Teile des Finanzmarkts ab-
gezielt werden, wo ein sehr schneller Umschlag herrscht.
Alle beklagen, dass das Verhältnis von Realwirtschaft
und Finanzwirtschaft nicht mehr stimmt. Das muss wie-
der hergestellt werden. Es handelt sich daher um eine
sinnvolle Steuer, die auch stabilisierend wirkt. Klar, die
Steuer hätte die jetzige Krise nicht verhindert. Dieser
Einwand gilt aber für jeden einzelnen Vorschlag. Aber
sie wirkt stabilisierend auf die Finanzmärkte, weil es
sich nicht mehr lohnt, minimale Preisunterschiede aus-
zunutzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wird manchmal gesagt, das gehe rechtlich nicht.
Das stimmt nicht. Es ist auf europäischer Ebene durch
eine Richtlinie festgelegt, dass das machbar ist.


(Frank Schäffler [FDP]: Steuererhöhung!)


Wir sollten das tun. Das, was wir vorschlagen, ist auch
keine Steuererhöhung. Unser Vorschlag geht dahin, dass
im Gegenzug die Mitgliedsbeiträge in die nationalen
Haushalte zurückgeführt werden. Damit hätten wir eine
sinnvolle Finanzierung der europäischen Aufgaben über
ein europäisches Finanzierungsmodell.


(Frank Schäffler [FDP]: Ein trojanisches Pferd ist das!)


Andere europäische Staaten haben uns vorgemacht,
dass nationale Parlamente diese Diskussion anstoßen
können. Frankreich und Belgien haben entsprechende
Beschlüsse gefasst. Sie sind bereit, wenn andere Staaten
mitziehen, so etwas europaweit zu realisieren.


(Frank Schäffler [FDP]: Das glaube ich sogar!)


Es ist an der Zeit, das Deutschland nicht nur allgemeine
Meinungsäußerungen dazu abgibt, sondern als größte
Volkswirtschaft mitzieht und diesen Vorschlag weiter-
verfolgt. Es gibt ein gutes Vorbild, das sich die Große
Koalition anschauen sollte. In einer Studie des Wirt-
schaftsinstituts in Wien wurde eine Finanzumsatzsteuer
auf europäischer Ebene in der Form, die wir aufgegriffen
haben, vorgeschlagen. Nehmen Sie sich ein Vorbild an
der Großen Koalition in Österreich. Es gibt auch Große
Koalitionen, die Sinnvolles in die europäische Diskus-
sion einbringen. Wir hoffen, dass wir in den Ausschuss-
beratungen zu einer gemeinsamen Position kommen.
Dann müssen die europäischen Regierungen gemeinsam
so etwas voranbringen; denn eines ist klar: Es darf nicht
passieren, dass für die Belastungen der jetzigen Krise
wieder alle Menschen über die Erhöhung der Mehrwert-
steuer – das haben Sie schon einmal gemacht – bezahlen.
Wir wollen, dass die Gewinner an den Finanzmärkten

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(C (D ie Verlierer entschädigen. Wir wollen zu einer fairen ntwicklung an den Finanzmärkten beitragen und vor al em für mehr Stabilität an den Finanzmärkten sorgen. Danke schön. Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Nina auer das Wort. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621129200


Nina Hauer (SPD):
Rede ID: ID1621129300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

a ja, wenn Österreich das vorschlägt, dann sind eigent-
ich alle großen Finanzmärkte der Welt dabei, oder?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die haben die Erbschaftsteuer abgeschafft, Frau Kollegin!)


Ich glaube, Ihre Überlegung, dass eine Steuer, wenn
ir sie in diesem Bereich brauchen, nicht nur die Pro-
ukte umfassen darf, die an der Börse gehandelt werden,
st gar nicht falsch. Darüber kann man reden. Die Frage
st nur, wie Sie das machen wollen. Woran wollen Sie
as festmachen? Was nehmen Sie alles mit hinein? Neh-
en Sie Überweisungen dazu, Schuldverschreibungen

nd alles, was dazu gehört? Sie haben in Ihrem Antrag,
er in dieser Beziehung sehr dünn ist, Aktien und Deri-
ate aufgeführt. Es gäbe noch mehr. Diejenigen, die die
örsenumsatzsteuer fordern, tun das meiner Meinung
ach deshalb, weil sie wissen, dass es schwierig genug
ein wird, diese Steuer letztendlich einzuziehen.

Sie wollen große Finanzmärkte und Akteure kontrol-
ieren. Trotzdem enthält Ihr Vorschlag eine Steuer von
ur 0,01 Prozent. Man kann dafür oder dagegen sein,
an kann sich für 1 Prozent oder 0,01 Prozent ausspre-

hen, aber, ehrlich gesagt, viel werden Sie damit am Fi-
anzmarkt nicht bewegen. Sie werden diejenigen, die
urzfristige und risikoreiche Spekulationen durchführen,
icht bremsen können. Sie werden auf der anderen Seite
uch nicht die Einnahmen, die Sie sich versprechen, er-
ielen, wenn Sie es technisch überhaupt hinbekommen,
iese Steuer einzuziehen. Die Einnahmen werden nicht
esonders hoch sein. 70 Milliarden Euro verteilt auf
7 Mitgliedsländer sind nicht viel. Sie wollen das Geld
leich bei der EU belassen. Dazu muss ich sagen: Worin
esteht denn dann der Anreiz für die Länder, diese
teuer zu erheben? Jedes Land, das eine höhere Wert-
chöpfung als Österreich hat, wird das sein lassen, weil
s auf die Einnahmen verzichten kann und über die EU
hnehin Gelder fließen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621129400

Kollegin Hauer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Schick?


Nina Hauer (SPD):
Rede ID: ID1621129500

Ja.






(A) )



(B) )


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unser Antrag enthält einen Hinweis darauf, dass das
österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut in Wien in
einer Studie von einem Steuersatz von 0,01 Prozent aus-
geht; daraus ergebe sich ein EU-weites Steueraufkom-
men von gut 70 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist sehr
konservativ geschätzt. Wir haben als Benchmark für die
Diskussion ganz bewusst die vorsichtigste Schätzung ge-
nommen. Wir sind gern bereit, darüber zu diskutieren,
welcher der richtige Satz ist.

Sie haben auch gesagt, das sei wenig Geld. Wenn Sie
diesen Betrag ins Verhältnis setzen zum Haushalt der
Europäischen Union, sind Sie dann bereit, anzuerken-
nen, dass diese 70 Milliarden Euro mehr als die Hälfte
des derzeitigen Volumens des europäischen Haushaltes
sind und dass dieser Betrag angesichts dessen keine ge-
ringe, sondern eine sehr relevante Größe ist?


Nina Hauer (SPD):
Rede ID: ID1621129600

Herr Dr. Schick, welche Zahl größer ist, kann man

leicht feststellen. Die Frage lautet allerdings: Bekommt
man diese Einnahmen überhaupt? Dazu steht in Ihrem
Antrag überhaupt nichts. Wie soll die rechtliche Grund-
lage für das Erheben dieser Steuer aussehen?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Europasteuer, oder was ist das?)


Auf welche Produkte soll diese Steuer erhoben werden?
Wer soll das kontrollieren?

Das, was Sie im Hinblick auf den EU-Haushalt vorha-
ben, ist, wie ich finde, politisch schwierig zu erklären.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wir wollen doch keine eigene Steuer für die europäischen Staaten!)


Gerade in der jetzigen Situation – wir geben Finanzun-
ternehmen Bürgschaften, um deren Existenz zu sichern –
ist den Leuten schwer zu erklären, dass sie von diesen
Steuereinnahmen nichts haben sollen, weil sie in den
EU-Haushalt fließen. Da Sie das offensichtlich wissen,
haben Sie gleichzeitig den Vorschlag gemacht, diese
Einnahmen wieder an die Mitgliedstaaten zu verteilen.
Wie soll das gehen? Das hat mit der eigentlichen Steuer
am Ende überhaupt nichts mehr zu tun.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es da präzisere Vorstellungen von Ihnen? – Frank Schäffler [FDP]: Herr Steinmeier hat doch auch eine Börsenumsatzsteuer verlangt!)


– Wir reden hier aber über die Finanzumsatzsteuer. So
wie dieser Antrag formuliert ist, kann eine solche Steuer
doch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

Das Bemerkenswerte ist, dass auf unserem Finanz-
markt nicht nur Hedgefonds und kurzfristige Spekulan-
ten agieren. Auf unserem Finanzmarkt geht es vor allen
Dingen darum, den Unternehmen Kapital zur Verfügung
zu stellen und es Anlegern zu ermöglichen, Altersvor-
sorge und Vermögensbildung zu betreiben.

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(C (D (Frank Schäffler [FDP]: Aber auch bei der Börsenumsatzsteuer!)


ie soll das funktionieren, wenn die Finanzprodukte
erteuert werden?

Sie schreiben, das würde sich auf die Altersvorsorge
ber Kapitalanlagen unwesentlich auswirken.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aber kumuliert wirkt das auch!)


ch muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich mir das kaum
orstellen kann. Wenn jemand eine Kapitalanlage wie ei-
en Fonds wählt, dann hat er ein Interesse daran, dass
ieser Fonds wächst; sonst ist sein Geld am Ende nichts
ehr wert. Dieser Fonds wächst aber nur, wenn man

chnell auf den Kapitalmarkt reagieren kann. Wenn man
ine zusätzliche Steuer schafft, dann wird das Ergebnis
ein, dass es Fonds für diejenigen gibt, die sich nicht viel
eisten können. Sie werden diesen Steuersatz zahlen. Ein
ursgewinn von 3 Prozent würde nach Steuern nur eine
endite von 2 Prozent bringen; nach Ihrer Rechnung
ären es 2,9 Prozent, aber das ist nicht viel mehr. Sie
ollen diejenigen, von denen wir, die Politik, glauben,
ass sie einen Finanzmarkt brauchen, der gut funktio-
iert und sicher ist – ich meine die ganz normalen Anle-
er und Anlegerinnen –, die Zeche zahlen lassen. Sie
ollen, dass die für sie gedachten Produkte verteuert
erden. Sie bewirken, dass diese Menschen in Kapital-

nlagen investieren, deren Fondsmanager wenig Inte-
esse daran haben, möglichst viel zu handeln, weil sie
afür viel bezahlen müssen.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber jetzt argumentieren Sie gegen den Vorschlag Ihrer eigenen Partei!)


ber diejenigen, die international agieren, die ganz
chnell aussteigen und an einer anderen Börse, auf einer
nderen Plattform oder außerhalb von beidem handeln
önnen, lassen Sie heraus. Diese Personen werden die
teuer am Ende nicht zahlen; sie werden nicht zu den
on Ihnen geplanten Einnahmen beitragen, sondern ihre
apiere schlicht und ergreifend woanders handeln.

Ich sage gar nicht, dass wir das aus grundsätzlichen
berlegungen nicht wollen. Die ganze Debatte über
iese Art der Besteuerung dreht sich um die Fragen: Wie
ekommen wir diese Steuereinnahmen? Welche Effekte
öst das aus? Sind das volkswirtschaftliche Effekte, die
ir erzielen wollen? Oder ist es nicht vielmehr so, dass
nser Finanzmarkt von beiden Teilen leben muss? Er
uss davon leben, dass sich Unternehmen Geld besor-

en. Er soll in diesen schwierigen Zeiten und auch in Zu-
unft davon leben, dass die Leute einen Teil dessen, was
ie an Vermögen bilden wollen, am Finanzmarkt zu fairen
reisen sicher anlegen können, und zwar so, dass sie er-
arten können, dass ihre Produkte gut gemanagt wer-
en. Das würden wir mit dem von Ihnen vorgeschlage-
en Vorgehen kaputtmachen. Würden wir Ihrem Antrag
olgen, ließen wir diejenigen außen vor, die diese Steuer
igentlich zahlen könnten, und würden am Ende dafür
orgen, dass der Finanzmarkt für normale Anleger nicht
ehr zu erreichen ist.






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(B) )


Nina Hauer
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621129700

Das Wort hat der Kollege Frank Schäffler für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1621129800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Den Worten von Ihnen, Frau Hauer, kann ich ei-
gentlich nur zustimmen.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Alles, was Sie gesagt haben, ist richtig. Nur, Ihr eigener
Kanzlerkandidat fordert eine Börsenumsatzsteuer und
will den Finanzmarkt stärker mit Steuern überziehen.
Von daher haben Ihre Worte in Ihrer eigenen Partei si-
cherlich nicht so richtig eine Mehrheit gefunden.

Ich möchte auf den Antrag der Grünen zu sprechen
kommen. Herr Schick, ich glaube, Sie haben die Lehren
aus der Finanzkrise noch nicht richtig durchdrungen. Ich
glaube, die Weltwirtschaftskrise Anfang der 30er-Jahre
wurde im Wesentlichen dadurch verschärft, dass die
Länder dieser Welt damals die Steuern erhöht und
gleichzeitig die Zölle angehoben haben. Das war letzt-
endlich die Ursache dafür, dass die Weltwirtschaftskrise
über so lange Zeit eine verheerende Wirkung zeigen
konnte. Wenn Sie jetzt genau das Gleiche fordern, dann
haben Sie aus der Geschichte nichts gelernt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie haben auch aus den internationalen Erfahrungen
mit Börsenumsatzsteuern – so sage ich jetzt einmal –
nichts gelernt.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Deswegen entwickeln wir das weiter!)


Wir haben international im Kern eigentlich eine sehr er-
freuliche Entwicklung. Überall wird die Börsenumsatz-
steuer oder die Besteuerung von Aktienumsätzen abge-
schafft. Dänemark hat die Börsenumsatzsteuer 1999
abgeschafft. Deutschland hat 1991, als wir in der Koali-
tion noch Steuern gesenkt haben, die Börsenumsatz-
steuer abgeschafft. Italien hat 2008 die Börsenumsatz-
steuer abgeschafft, die Niederlande


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: 1990!)


1990, Österreich 2000,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Spanien 1988!)


Schweden 1991, Spanien 1988. Überall auf dieser Welt
wird die Börsenumsatzsteuer abgeschafft, und Sie von
den Grünen wollen wieder eine neue Steuer einführen.
Das passt nicht ins Bild.

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(C (D (Beifall bei der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Obama will auch eine einführen! – Gegenruf des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sehr gut! Das soll er mal machen!)


Die internationalen Erfahrungen, die wir dazu haben,
ind verheerend. Schweden hat die Börsenumsatzsteuer
985 eingeführt. Daraufhin ist der Markt für festverzins-
iche Wertpapiere um 85 Prozent eingebrochen. Das
andelsvolumen bei anderen Produkten an der Börse ist
m 98 Prozent zurückgegangen. Die Einnahmen, die
chweden damals unterstellt hat, nämlich etwas über
65 Millionen Euro, sind nicht erzielt worden. Innerhalb
on wenigen Jahren sind sie auf 9 Millionen Euro gesun-
en. Wenn Sie also Arbeitsplätze in diesem Land ver-
ichten wollen, auch am Finanzstandort Frankfurt, dann
üssen Sie die Finanzumsatzsteuer einführen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich direkt auf Ihren Antrag eingehen.
enn man einen Antrag formuliert und wissenschaftli-

he Quellen nennt, auf die man sich bezieht, dann sollte
an wenigstens ordentlich abschreiben. Sie haben in Ih-

em Antrag auf das österreichische Wirtschaftsfor-
chungsinstitut WIFO verwiesen – Sie haben es gerade
ieder getan –, haben einen Steuersatz von 0,01 Prozent

rwähnt und Steuereinnahmen in Höhe von 70 Milliar-
en Euro pro Jahr prognostiziert. Es ist immer ganz
chön, wenn man einmal nachschaut, ob alles das, was
a hineingeschrieben wurde, auch zutrifft.

Ich habe mir vorhin erlaubt, diese Studie herunterzu-
aden. Auf Seite 71 können Sie das gern noch einmal
achlesen. Da ist genau beschrieben, welche Annahmen
etroffen worden sind. Es ist beispielsweise angenom-
en worden, dass bei diesem Steuersatz die Aktienum-

ätze oder Börsenumsätze um 15 bis 35 Prozent zurück-
ehen. Es wird tendenziell das dargestellt, was ich für
chweden gerade vorgetragen habe. Unterstellt werden
icht Steuereinnahmen in Höhe von 70 Milliarden Euro,
ie Sie geschrieben haben, sondern von 28,6 Milliarden
S-Dollar. Das ist wesentlich weniger als das, was Sie

ngenommen haben. Das passt wieder zu dem Bild, das
ch für Schweden gezeichnet habe. Zwischen dem, was
an ursprünglich annimmt, und dem, was dann tatsäch-

ich eintritt, besteht ein himmelweiter Unterschied.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb fordere ich Sie auf: Nehmen Sie davon Ab-
tand! Ziehen Sie die Lehren aus der Finanzkrise! Diese
ird eben nicht dadurch bewältigt, dass man Steuern
nd Zölle erhöht sowie Mauern aufbaut, sondern da-
urch, dass man Mauern abbaut und Freihandel zulässt.
as ist die richtige Antwort auf diese Finanzkrise.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621129900

Das Wort hat der Kollege Leo Dautzenberg für die

nionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1621130000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schick, es
wäre vielleicht sinnvoller gewesen, wenn Sie zu diesem
Tagesordnungspunkt Ihren ursprünglichen Antrag mit
dem Titel „Finanzmärkte besser regulieren – Krisen
künftig verhindern“ eingebracht hätten. Da hätte es viele
Schnittmengen gegeben; da wären wir in vielen Punkten
durchaus gemeinsamer Auffassung gewesen und hätten das
auch gemeinsam nach vorne bringen können. Sie haben
sich – aus nachvollziehbaren Gründen – jetzt rein auf die
Einführung einer Finanzumsatzsteuer konzentriert, weil
Sie mit Ihrem Finanzmarktpapier wahrscheinlich auch
eine Antwort auf die SPD-Forderung nach Einführung
einer Börsenumsatzsteuer geben wollten.

Vor Wochen zumindest lehnte Finanzminister Steinbrück
die Einführung einer Börsenumsatzsteuer ab. Die jetzt
im Finanzmarktpapier der SPD erhobene Forderung ist
wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass er mehr in
seiner Eigenschaft als stellvertretender SPD-Vorsitzender
und weniger als zuständiger Finanzminister agiert. Das
sollte Sie, Herr Schick, nicht veranlassen, die durchaus
guten Vorstellungen, die Sie in Ihrem Finanzmarktpapier
entwickelt haben, nicht mehr weiterzuverfolgen und sich
einseitig auf eine unnötige Belastung des Finanzmarktes
durch Einführung einer solchen Finanzumsatzsteuer zu
konzentrieren.

Ich habe mit Respekt und in gewisser Weise auch
überrascht die Ausführungen der Kollegin Hauer gehört,
die sich im Grunde genommen nicht nur gegen die Ein-
führung einer Finanzumsatzsteuer ausgesprochen hat,
sondern indirekt auch gegen die im Finanzmarktpapier
der SPD geforderte Einführung einer Börsenumsatz-
steuer. Vor diesem Hintergrund gibt es in dieser Debatte
zwischen uns durchaus einige Gemeinsamkeiten.

Wenn Sie, Herr Schick, sagen, mit Ihrem Vorhaben
ginge keine Belastung der privaten Altersvorsorge einher,
dann muss ich Ihnen entgegnen – darauf hat sich Frau
Kollegin Hauer auch schon bezogen –: Wenn eine Belas-
tung da ist, wird sie sich in kleinen Schritten kumuliert
über die Zeit negativ auf die Rendite des Anlegers aus-
wirken. Wenn eine Anlage auf diese Weise über 20 Jahre
belastet wird, dann hat das durchaus nennenswerte Aus-
wirkungen auf den Anlageprozess zur Folge.

Die Einführung einer solchen Steuer muss auch im
Hinblick auf Aktienkultur und Aktienanlagen gesehen
werden: Aktien, die durch die Abgeltungsteuer jetzt
schon stärker als beispielsweise Inhaberschuldverschrei-
bungen oder Anleihen belastet sind, würden zusätzlich
belastet. Das würde dazu führen, dass vernünftige Unter-
nehmensfinanzierungen über den Aktienmarkt immer
schwieriger würden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Weiterhin würde eine solche Steuer eine Störung der
Mobilität des Finanzkapitals mit sich bringen. Sie würde
in einer Krise darüber hinaus prozyklisch wirken.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, im Gegenteil!)


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(C (D enn Sie, wie Sie schreiben, durch die Belastung mit einer olchen Steuer erreichen wollen, dass gerade die kurzristigen Geschäfte am Finanzmarkt erschwert würden, ann sollten Sie bedenken, dass es auch einige Finanzintrumente kurzfristiger Natur gibt, die durchaus stabilisieende Wirkungen gegenüber den Grundgeschäften haben. enn Sie diese zusätzlich belasten, würden Sie den geamten Apparat der Sicherungsgeschäfte auf den Finanzärkten erschweren. Hier sollte man immer das Ende edenken. Weiter sagen Sie in Ihrem Antrag, die Finanzumsatzteuer sorge für mehr Finanzmarktstabilität. Schauen wir ns einmal an, in welchen Ländern es Strukturen gibt, die iner Börsenumsatzsteuer oder einer Taxation anderer rt entsprechen. Da wären zum Beispiel das Vereinigte önigreich oder die USA zu nennen. Aber von diesen ändern gingen doch überwiegend die Krisen, die auch ns erreicht haben, aus. Wenn eine solche Steuer Finanzärkte stabilisieren würde, dann hätte es in diesen Ländern ar nicht zu diesen Vorkommnissen kommen dürfen. on daher gehen Sie auch mit dieser Annahme in Ihrem ntrag fehl. Im internationalen Vergleich erkennen wir, dass im ereinigten Königreich und in den USA nicht alle Eleente des Finanzmarktes in die Besteuerung einbezogen ind. Wenn Sie sagen, Obama werde das jetzt machen, ann sage ich: Gut, dann soll er einmal vorangehen. Ob ann andere Länder nachziehen, ist eine andere Frage. Herr Kollege Schäffler hat schon dargestellt, wie es im uropäischen Vergleich ausschaut. Sie von den Grünen saen ebenfalls, dass Sie keinen Alleingang wollen. Ich ünsche Ihnen viel Erfolg dabei, die Länder, die bisher iese Finanzinstrumente wohlweislich und aus nachvolliehbaren Gründen abgelehnt haben, dazu zu bringen, iner europäischen Grundlage für eine solche Steuer uzustimmen. Wir müssen uns fragen, ob wir die Euroäische Union als eine Einheit ansehen, die selbstständig teuern erhebt. Das haben wir bisher, Herr Kollege chick, immer abgelehnt. Ich glaube, wir fahren gut dait, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Sie widersprechen sich in Ihrem Antrag selbst, indem ie fordern, dass die Anteile im jeweiligen Land einen ewissen Stellenwert haben sollen und dass ein betimmter Teil der Einnahmen in den Ländern verbleiben uss, weil sie sonst kein Interesse daran haben, diese teuer zu erheben. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist kein Widerspruch!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as ist ein Widerspruch. Wenn Sie eine solche Steuer
uf europäischer Ebene einheitlich erheben wollen, dann
önnen Sie die nationale Zuständigkeit für bestimmte
ereiche nicht beibehalten. Daher der Hinweis: Ihr ur-

prünglicher Antrag war in diesem Punkt sehr viel besser.

Heute Morgen gab es – auch von unserer Kanzlerin –
ervorragende Debattenbeiträge dazu, welche Erforder-
isse sich für die Finanzmarktstabilisierung auf internatio-
aler und auf europäischer Ebene in den nächsten Monaten






(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg
ergeben werden. Darauf sollten wir uns konzentrieren.
Wir sollten – ausgehend von den G-20-Beschlüssen vom
15. November – die fünf Leitprinzipien, die bis zu 47 Ein-
zelmaßnahmen im Hinblick auf den internationalen Finanz-
markt und seine Stabilisierung nach sich ziehen, nicht
nur als Ankündigung sehen, sondern auch dafür sorgen,
dass sie in den nächsten Monaten Schritt für Schritt um-
gesetzt werden.

Wir sollten einen Teilbereich besonders beachten. An-
gesichts der europäischen Einigkeit, was Elemente der
Finanzmarktstabilisierung betrifft, sollten wir gemein-
sam mit den USA und dem gesamten angelsächsischen
Bereich diese Beschlüsse umsetzen, weil jetzt das Zeit-
fenster gegeben ist. Wenn diese Krise in einigen Jahren
überstanden ist, dann werden wir uns in einem Zustand
wiederfinden, den es vor zwei bis zweieinhalb Jahren
gegeben hat, als in diesem Bereich wenig Sensus für
Regulierung und für Elemente der Finanzmarktstabili-
sierung vorhanden war.

Es geht um Transparenz, um mehr Rechenschafts-
pflichten und um die Verbesserung der Regulierung. Es
muss das Ziel sein, dass es weltweit keine weißen Flecken
mehr gibt, was die Regulierung von Finanzmarktproduk-
ten anbelangt. Dazu gehört auch die Austrocknung von
Steueroasen. Dies muss aber in gegenseitigem Respekt
geschehen und nicht mit dem Einsatz von verbalen
Machtinstrumenten. Dazu gehört auch die Forderung,
die Integrität des Finanzmarktes zu wahren, die internatio-
nale Zusammenarbeit zu stärken und Institutionen wie IWF
und das Financial Stability Forum mit den Kompetenzen
auszustatten, die es ihnen ermöglichen, die angestrebten
Ziele zu erreichen.

Deshalb sind für uns – im Gegensatz zu Ihnen – die
Stabilisierung und Weiterentwicklung der internationa-
len Finanzarchitektur eine sinnvolle Zielsetzung. Darauf
sollten wir uns konzentrieren und nicht auf eine zusätz-
liche Belastung der Finanzmärkte durch die von Ihnen
vorgeschlagene Steuer. Wenn es Europa auf dem Londo-
ner Gipfel gelingt, mit einer Stimme zu sprechen, dann
bietet sich damit eine hervorragende Grundlage, interna-
tionale Vereinbarungen zu treffen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621130100

Das Wort hat der Kollege Roland Claus für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621130200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der uns vorliegende Antrag ist gewissermaßen
ein Symbol für eine sehr interessante momentane Ent-
wicklung. Ich will sie mit folgenden Worten beschreiben:
Wir müssen etwas gegen den Finanzkapitalismus tun;
aber das darf ihm nicht wehtun. – Wir halten das aus-
drücklich für falsch. Wenn Union und FDP gar einem
finanzpolitischen Weiter-so, wie es soeben erfolgt ist,

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(C (D as Wort reden, ist das eine besonders fatale Entwickung, die uns nicht aus der Krise herausführt, sondern in as nächste Chaos hinein. Begonnen hat das alles heute Morgen. Die Frau Buneskanzlerin hat ja nicht in erster Linie als Kanzlerin eredet, sondern als CDU-Vorsitzende. Das mag sich die DU gewünscht haben. Aber für eine konsequente Poli ik, die uns aus der Krise herausführt, ist das natürlich er falsche Weg. Beschwichtigen, zurückrudern – eine olche Politik können wir nicht hinnehmen. Natürlich geht der Vorschlag der Grünen in die richtige ichtung. Er ist eine aktuelle Einladung an Finanzminister teinbrück. Auch der proeuropäische Ansatz ist unterstütenswert. Es wäre sogar, wie wir wissen, eine Mehrheit Bundestag vorhanden, diesen Antrag zu beschließen. ber den bei diesem Ausmaß der Krise notwendigen chritten wird auch dieser Antrag nicht gerecht. Sie hatten bereits – daran muss ich Sie erinnern – im rsten Halbjahr 2007 die Möglichkeit, einem nicht gleihen, aber ähnlichen Antrag der Fraktion Die Linke uzustimmen. Vor zwei Jahren wurden wir für diesen orschlag in der Debatte – ich habe sie mir noch einmal ngeschaut – bestenfalls verlacht. Dabei haben wir daals – da waren wir noch nicht mutig genug – noch icht einmal Karl Marx, sondern die Ökonomen Keynes, obin und Stiglitz zitiert. Der Antrag der Grünen im Wandel – dies ist schon on meinem Vorredner angesprochen worden. Er hieß ämlich bis vorgestern: „Finanzmärkte besser regulieren – risen künftig verhindern“. Ich hielte das für weitaus utiger. Der jetzige Antrag war in diesem enthalten. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der kommt auch noch! Das ist nur eine Frage der Zeit! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht gemerkt: Das sind zwei Anträge!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Ich hoffe, dass dabei nicht die Analyse Pate stand,
ass die Partei der Grünen die Wählerinnen und Wähler
it den höchsten Einkommen hat, inzwischen Empfän-

erin von Spenden aus der Finanzwirtschaft ist – ebenso
ie CDU, CSU, FDP und SPD –


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ihr habt ja noch weitere Quellen, die ihr nicht hergebt!)


nd nur 1 Prozent der Bevölkerung sagt, dass sich die
rünen in der Krise um sozial Benachteiligte kümmern.
uch ist immer noch das Wort Ihres Übervaters Joschka
ischer aus dem Jahre 2003 nachzulesen, der seiner Par-

ei meinte ins Stammbuch schreiben zu müssen: Wir
önnen nicht Politik gegen die Finanzmärkte machen.

In dem vorliegenden Antrag gibt es ein sehr großes
raktisches Problem. Es wird nichts zur Höhe der vorge-
chlagenen Steuer gesagt. Kollege Schick hat nun etwas
azu dargestellt. Aber wer Steuerforderungen erhebt,
uss, weil Steuern nun einmal etwas mit den vier Grund-

echenarten zu tun haben, auch etwas zur Höhe sagen;






(A) )



(B) )


Roland Claus
denn die Höhe hat sehr wohl Einfluss auf die Qualität.
Nur wenn eine bestimmte angemessene Höhe erreicht
wird, wird auch das Ziel, Kapital investiv und nicht spe-
kulativ anzulegen, erreicht werden. Bleibt der Satz aber
so gering – möglicherweise so gering, wie Sie ihn im
Zusammenhang mit einem Vergleich angeben, nämlich
ein 100stel Prozent –, dann orientiert sich das, was wir mit
dieser Steuer erreichen wollen, am Umsatz. Sie zielen da-
mit gewissermaßen darauf, am Geschäft des Kasinos ein
bisschen mitzuverdienen. Insofern sage ich: Der Antrag
spiegelt die Situation wider, mit der wir es jetzt zu tun
haben. Er ist zwar nicht falsch, aber auch nicht konse-
quent genug.

Leider stellen wir auch fest, dass sich Bundesfinanz-
minister Steinbrück am Krebsgang orientiert. Er hat
noch vor kurzem die lückenlose Kontrolle der Hedge-
fonds gefordert. Jetzt erfahren wir: Von 9 000 weltweit
agierenden Hedgefonds sollen gerade einmal 100 in
diese Kontrolle einbezogen werden. Seine Forderung
nach Einführung einer Börsenumsatzsteuer hat er aus-
drücklich im Zusammenhang mit dem SPD-Wahlpro-
gramm bekannt gegeben und nicht in seiner Funktion als
Bundesminister. Was das bei der SPD bedeutet, wissen
wir von Franz Müntefering, der es schlicht und einfach
unfair nannte, dass man ihn nach der Wahl daran erin-
nert, was er vor der Wahl gesagt hat.

Zurück zur Fraktion der Grünen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621130300

Kollege Claus, Sie müssen bitte zum Schluss kom-

men.


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621130400

Komme ich auch, Frau Präsidentin. – Mein Fazit ist:

Schlecht regieren konnten die Grünen gut. Gute Opposi-
tion müsst ihr noch üben.


(Beifall bei der LINKEN – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ha, ha, ha!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621130500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/12303 an die in der Tagesordnung auf-
geführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a und 13 b auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Rege-
lung des Datenschutzaudits und zur Änderung
datenschutzrechtlicher Vorschriften

– Drucksache 16/12011 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

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(C (D Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Kultur und Medien b)

richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu der
Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für
den Datenschutz und die Informationsfreiheit

Tätigkeitsbericht 2005 und 2006 des Bundes-
beauftragten für den Datenschutz und die In-
formationsfreiheit
– 21. Tätigkeitsbericht –

– Drucksachen 16/4950, 16/12271 –

Berichterstattung: Abgeordnete Beatrix Philipp
Dr. Michael Bürsch
Gisela Piltz
Petra Pau
Silke Stokar von Neuforn

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
azu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich begrüße ganz ausdrücklich den Bundesbeauftrag-
en für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, der
n dieser Debatte über seinen Tätigkeitsbericht und den
esetzentwurf teilnimmt.


(Beifall)


Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
in Beatrix Philipp für die Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD] – Gisela Piltz [FDP]: Jetzt bin ich gespannt, ob ich bei dir klatschen kann!)



Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1621130600

Du kannst immer bei mir klatschen, weil ich vernünf-

ige Sachen sage. – Frau Präsidentin! Meine Damen und
erren! Zum 21. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftrag-

en für den Datenschutz liegt Ihnen eine fraktionsüber-
reifende Entschließung vor, die den sogenannten
leinsten gemeinsamen Nenner aller Beteiligten dar-
tellt.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Klein!)


Es ist der kleinste, aber immerhin, Herr Bürsch. Wenn
iele Arbeitsgruppen und Berichterstatter das schaffen
ürden, wären wir in der Bevölkerung vielleicht erheb-

ich besser angesehen, als das im Augenblick der Fall ist.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Zustimmung!)


Herr Bürsch, fraktionsübergreifend sind wir uns da-
über einig, dass angesichts der technologischen Ent-
icklung der vergangenen Jahre immer deutlicher wird,
ass wir unser Datenschutzrecht in seiner Gesamtheit
berdenken und überarbeiten müssen. Es wird wesent-
ich darauf ankommen, zu verhindern, dass es am Ende
nendlich viele Einzelregelungen und bereichsspezifi-
che Sonderregelungen gibt. Wir brauchen ein stringen-
es Datenschutzrecht aus einem Guss.






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gisela Piltz [FDP]: Wir warten darauf!)


Zur Ehrlichkeit gehört natürlich auch, zuzugeben,
dass es im Bereich des Vollzugs der Datenschutzaufsicht
und wohl auch im Bereich des Arbeitnehmerdatenschut-
zes erhebliche Defizite gibt.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Richtig!)


Hier sind die Länder besonders gefordert. Intensive Ge-
spräche zu diesen Themen wurden dort bereits auf den
Weg gebracht.

Es ist guter Brauch, an dieser Stelle dem Bundesda-
tenschutzbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern für ihre Arbeit Dank zu sagen. Ich tue das
im Namen meiner Fraktion auch in diesem Jahr aus-
drücklich und freue mich, dass ich das durch Augenkon-
takt unterstreichen kann. Das ist ja einmal etwas Nettes.


(Beifall im ganzen Hause)


Bei der heutigen Debatte liegt das Hauptaugenmerk
zweifellos auf dem Gesetzentwurf zur Regelung des Da-
tenschutzaudits und zur Änderung datenschutzrechtli-
cher Vorschriften. Das Ausmaß der öffentlichen Diskus-
sion über die in diesem Gesetzentwurf enthaltenen
Regelungen und die sich bereits jetzt abzeichnenden
Konsequenzen für ganze Branchen verlangen nach einer
intensiven, ernsthaften und ausgewogenen Auseinander-
setzung mit den Betroffenen und den Interessengruppen.

Ich habe ebenso wie viele von Ihnen in den vergange-
nen Monaten sehr viele Einzelgespräche mit Unterneh-
mern, Verbandsvertretern, mit Vertretern unterschied-
lichster Branchen, aber auch mit Datenschützern und
Verbraucherschützern geführt. Ich wiederhole hier des-
halb sehr eindringlich, vor allem nach unserer fraktions-
internen Anhörung in der vorigen Woche: Das Ende der
Überlegungen und der Auseinandersetzungen mit die-
sem heiklen Thema sehe ich noch lange nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Abschaffung des Listenprivilegs und die gleich-
zeitig geplante Einführung eines umfassenden, ver-
pflichtenden Opt-in sind die wesentlichen Streitpunkte.
Nach derzeitiger Rechtslage ist die Weitergabe und Nut-
zung von Name, Adresse, Geburtsdatum und Berufsbe-
zeichnung verbunden mit jeweils einem zusätzlichen
Merkmal gestattet. Nach dem sogenannten Listenprivi-
leg ist dies immer dann rechtlich zulässig, wenn es sich
nicht um Daten einzelner Personen handelt, sondern um
listenmäßig zusammengefasste Daten. Ich glaube sogar,
daher stammt dieser Begriff.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Gute Erläuterung!)


– Das muss einmal gesagt werden, Herr Bürsch.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wunderbar!)


Damit nähern wir uns den Realitäten erheblich. – In die-
sem Fall müssen die Betroffenen zwar nicht über die
Weitergabe oder Nutzung informiert werden, sie haben

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(C (D ber jederzeit die Möglichkeit – schon nach geltendem echt –, einer Weitergabe oder Nutzung zu widersprehen. Das ist das sogenannte Opt-out. Selbstverständlich ibt es ein Auskunftsrecht über gespeicherte Daten. Der uns nun vorliegende Gesetzentwurf will nicht nur ieses Privileg, von dem ich immer sage, dass es gar keies ist, gänzlich abschaffen, sondern zugleich einen urswechsel um 180 Grad vornehmen. Ich bin aber si her, dass wir mit der Abschaffung des Listenprivilegs nd der Einführung eines verpflichtenden Opt-in über as eigentliche Ziel von Datenschutz hinausschießen. amit wird, wenn man ehrlich ist, effektiver Verbrau herschutz mehr als fraglich. Wenn personifizierte, also auf einen speziellen poteniellen Kunden abzielende Werbung nicht mehr möglich st – das wird dann der Fall sein –, dann sind unter andeem folgende Alternativen zu befürchten – ich zähle sie inmal auf –: Jeder Einzelne wird dann Opfer ungefilterer flächendeckender Werbung, die im Vergleich zu eute erheblich zunehmen wird. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie glauben auch alles, was man Ihnen erzählt!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nein, ich glaube nicht alles, Frau Stokar, sondern ich
ann mir, weil der gesunde Menschenverstand selten
inderlich ist, ausmalen, wie sich Werbung vollzieht,
enn nicht mehr personifiziert geworben werden kann,

ondern flächendeckend geworben wird. Dann habe ich
ehr Werbung im Briefkasten als jetzt, nur mit dem Un-

erschied, dass meine Adresse nicht mehr draufsteht.

Es gibt noch andere Möglichkeiten. Es wird wieder
ermehrt Drückerkolonnen geben, die zu passenden oder
npassenden Zeiten an der Haustür klingeln und uns be-
ästigen; ich empfinde das jedenfalls so. Es wird natür-
ich, auch wenn es inzwischen gesetzlich eingeschränkt
st, zu vermehrter Telefonwerbung kommen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist verboten!)


Also müssen wir uns fragen, ob wir das wollen und ob
ich tatsächlich etwas für den Verbraucher verbessert.
as finde ich jedenfalls mehr als fraglich. Schon jetzt ist

bsehbar, dass ein verpflichtendes Opt-in aus unter-
chiedlichsten Gründen das künftig verfügbare Adress-
aterial erheblich reduzieren wird. Da helfen auch keine
usnahmen für etwaige Sondergruppen wie Spendenor-
anisationen. Denn die Zahl der Adressen, auf die sie zu-
reifen können, wird so reduziert sein, dass sie in ihrer
xistenz bedroht sein werden und ihre Arbeit eigentlich
uch sein lassen könnten. Man muss sich überlegen, ob
an das in unserer Gesellschaft möchte.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


Der nächste Punkt. Die Auswirkungen werden auch
ie deutsche Wirtschaft treffen. Ich meine, dass das in
er derzeitigen Wirtschaftssituation kaum zu verantwor-
en ist. Ich will auf Folgendes aufmerksam machen:
37 000 Anwender haben sich 2007 des Marketing-






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp
instruments der volladressierten Werbesendung mit ei-
nem Aufwendungsvolumen von 11,5 Milliarden Euro
bedient. Man kann sagen, dass das unheimlich viel ist;
aber ich weise darauf hin, dass die Alternativen anders
aussehen. Die Zahlen sprechen im Hinblick auf gesamt-
wirtschaftliche Konsequenzen und Arbeitsplätze für
sich. Man kann nicht sagen, das erzähle immer die Wirt-
schaft; es liegt eigentlich auf der Hand und muss erhebli-
che Berücksichtigung finden.

Ohne wesentliche Änderungen zeichnen sich für ei-
nen Großteil der Wirtschaft Konsequenzen in einem
Ausmaß ab, wie ich es für nicht akzeptabel halte: für die
Unternehmen, die auf ständige Neukundengewinnung
angewiesen sind – jeder im Versandhandel und bei Zeit-
schriftenverlagen sagt Ihnen, dass sie jedes Jahr
10 Prozent Neukunden brauchen, um den Verlust an
Kunden auszugleichen –, für die Werbung und die Di-
rektmarketingbranche, für Firmen und für Existenzgrün-
der. Im April dieses Jahres findet die 60. Meisterfeier bei
der Handwerkskammer in Düsseldorf statt. Der Hand-
werksmeister, der mit dem Meisterbrief nach Hause geht
und beschließt, all die anzuschreiben, die er gut bedienen
und beraten könnte, hat diese Möglichkeit demnächst
nicht mehr, weil ihm die Adressen fehlen. Man muss
sich genau überlegen, ob man das will.

Nicht zuletzt gibt es erhebliche Konsequenzen für
Sonderbereiche, denen man bereits durch entsprechende
Sonderregelungen entgegenzukommen versucht. Man
hat schon gesehen, dass es da Probleme gibt. Aber wie
gesagt: Die Ausgangslage ist, dass das Adressenmaterial
erheblich reduziert sein wird. Den Bereich der Markt-
und Meinungsforschung wird es in dieser Zuverlässig-
keit nicht mehr geben. Im Bereich der Versicherungen
wird ein verpflichtendes Opt-in aufgrund des gesetzlich
vorgeschriebenen versicherungsspezifischen Sparten-
prinzips zu einer erheblichen Belastung; und wir sehen
Korrekturbedarf für den Bereich der Fachpresse.

Schließlich – ich will mich jetzt beschränken, weil
wir in der nächsten Woche eine Anhörung durchführen –
glaube ich, dass wir uns auf die Dinge konzentrieren
sollten, für die ich mich von Anfang an eingesetzt habe.
Ich sage: Wir brauchen mehr Datensicherheit und nicht
nur mehr Datenschutz. Die Abschaffung des Listenprivi-
legs muss grundsätzlich überdacht werden inklusive der
Problematik, die mit einem juristisch einwandfreien
Opt-in verbunden ist, das vor Gericht Bestand hätte. Das
gibt es nämlich noch nicht; auch darauf sind wir auf-
merksam gemacht worden. Das Kopplungsverbot muss
uneingeschränkt gelten. Wir brauchen eine große Robin-
sonliste und eine firmeninterne kleine Robinsonliste mit
einer Hinweispflicht durch die Unternehmen. Wir brau-
chen eine Kennzeichnungspflicht bezogen auf die letzte
Quelle der Daten. Wie gesagt: Der Vollzug muss verbes-
sert werden. Dies ersetzen wir nicht mit der bisher vor-
gesehenen Auditregelung.

Meine Damen und Herren, wir bewegen uns in einem
sensiblen Bereich, in dem man sehr genau überlegen
muss, an welchen Stellschrauben man dreht, wenn man
unerwünschte Ergebnisse, zum Beispiel die Abwande-
rung von Firmen ins Ausland, vermeiden möchte.

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(C (D Wir stehen am Anfang einer Debatte, die in erheblihem Maße geeignet ist, bei der Bevölkerung Problemewusstsein zu schaffen; das ist gut. Es besteht aber uch die ernst zu nehmende Gefahr, dass man Firmen it allzu hohen Hürden, zu strengen Auflagen und zu roßen Belastungen ins Ausland treibt, in Länder, in deen mit verschiedenen Auflagen maßvoller umgegangen ird als bei uns; das wäre schlecht. Insofern hoffe ich auf eine ernsthafte Debatte, getraen von dem Willen, für einen angemessenen und abgeogenen Umgang mit Datenschutz und Datensicherheit u sorgen. Der Überweisung des Gesetzentwurfes an die usschüsse stimme ich natürlich zu. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD] – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war der Totalverriss eines Schäuble-Gesetzes!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621130700

Das Wort hat die Kollegin Gisela Piltz für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1621130800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

as lange währt, wird endlich gut. Vor dem Hintergrund
es Themas, über das wir heute diskutieren, sollte man
inter diesem Satz eher ein Fragezeichen als ein Ausru-
ezeichen setzen. Denn um dieser Aussage zumindest
och ansatzweise gerecht zu werden, läuft Ihnen, liebe
olleginnen und Kollegen von der sogenannten Großen
oalition, langsam die Zeit davon.

Sie haben lange – ich finde: zu lange – gebraucht, um
afür zu sorgen, dass wir dieses Thema debattieren. Ich
in gespannt, wie es weitergeht. Denn aus meiner Sicht
ätte die Debatte über die Vorschriften, um die es heute
eht, schon längst geführt werden können, sogar schon
ängst geführt werden müssen.


(Beifall bei der FDP)


Nicht erst die jüngsten Datenskandale zeigen ein-
rucksvoll, dass dem gewissenlosen Umgang und dem
erumvagabundieren von Daten – heute kann man Da-

en ohne Probleme im Internet kaufen – durch gesetzli-
he Regelungen schon längst ein Riegel hätte vorgescho-
en werden müssen.

In der kurzen mir zur Verfügung stehenden Redezeit
ehe ich auf zwei wichtige Punkte des Gesetzentwurfes
in. Zunächst möchte ich ein paar Worte zum Entwurf
ines Datenschutzauditgesetzes verlieren. Das Bundes-
atenschutzgesetz sieht diese Möglichkeit schon seit
em Jahre 2001 vor. So lange haben Sie gebraucht, um
ies in die Wege zu leiten. Das sage ich auch an die
dresse der Grünen, die dafür ebenfalls viel Zeit gehabt
ätten. Wenn dieses Parlament für alles neun Jahre
raucht, mache ich mir wirklich Sorgen.






(A) )



(B) )


Gisela Piltz
Obwohl die Bundestagsfraktion der FDP schon lange
die Etablierung eines Datenschutzsiegels fordert, kann
ich Ihrem Gesetzentwurf, abgesehen von seiner Zielset-
zung, nicht furchtbar viel abgewinnen. Er lässt klare
Prüfungsmaßstäbe vermissen. Des Weiteren fehlt die
Möglichkeit, neben Unternehmen auch Produkte,
Dienstleistungen und Verfahren zu auditieren. Mein
Hauptkritikpunkt ist der unwahrscheinlich große büro-
kratische Aufwand, den der Gesetzentwurf mit sich
bringt. Mit diesem bürokratischen Monstrum wird die
Zielsetzung, einen unbürokratischen Datenschutz zu eta-
blieren, geradezu konterkariert.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang an Ihren
Koalitionsvertrag erinnern – ich weiß, dass Sie sich nicht
daran erinnern wollen; wir erinnern Sie aber gerne –, in
dem steht:

Das Datenschutzrecht bedarf vor dem Hintergrund
der technischen Entwicklungen der Überprüfung
und an verschiedenen Stellen der Überarbeitung
und Fortentwicklung. Bei dieser Aufgabe werden
wir auch prüfen, ob im Hinblick auf den Abbau
überflüssiger Bürokratie Änderungen vorgenom-
men werden können.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Gemessen an diesem Satz
haben Sie das Ziel Ihres Gesetzentwurfes wirklich ver-
fehlt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Das zweite zentrale Anliegen des Gesetzentwurfes
– dazu hat sich Frau Philipp ausführlich geäußert; sie
hatte auch mehr Zeit als ich – ist die Etablierung des so-
genannten Opt-in-Verfahrens und die Abschaffung des
generellen Listenprivilegs. Wenn man dem, was man im-
mer wieder hört, Glauben schenken kann,


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Alles glaube ich nun wirklich nicht!)


ist dies wohl ein schwieriges Thema.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Sie sind doch sonst viel wirtschaftsgläubiger als wir!)


Ich finde es interessant, dass Sie, Frau Philipp, die ge-
samte Redezeit Ihrer Fraktion für sich beansprucht
haben. Ich hätte gerne auch gewusst, was der Bundesin-
nenminister, die Staatssekretärin im Verbraucherschutz-
ministerium und die verbraucherschutzpolitischen Fach-
leute Ihrer Fraktion dazu sagen. Dazu haben Sie sich
allerdings nicht geäußert. Das bedaure ich außerordent-
lich.

Ich weise Sie darauf hin, dass jeder Haushalt
137 Werbebriefe pro Jahr erhält, die er möglicherweise
gar nicht bekommen möchte. Falls Sie in diesem Zusam-
menhang Drückerkolonnen im Blick haben, frage ich
mich, ob die CDU/CSU-Fraktion das EU-Recht ändern
oder das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften ein-
schränken möchte. Das wäre nämlich das Szenario, das
Sie an die Wand gemalt haben.

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(C (D Eines ist klar: Die Technik ist heute weiter, als das istenprivileg alt ist. Heutzutage kann man ruck, zuck aten vermengen oder gegeneinander austauschen. All as ist heute viel schneller möglich als früher. Dieser ntwicklung muss man sich stellen, und dieser Entwick ung stellen wir uns. Ich denke, es ist nach wie vor richig, zu sagen: Ich bestimme, was mit meinen Daten pasiert, sei es nur ein einziges persönliches Merkmal, das inzukommt. Ich entscheide, ob man meine Daten beutzt oder nicht. Wenn man das Recht auf informatioelle Selbstbestimmung ernst nimmt, muss man darüber achdenken. Wir halten das nach wie vor für den richtien Weg. Leider sind die von uns geforderten Datenmarker och nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen; wir ürden das für klug halten. Durch sie könnte man seine nsprüche wirklich durchsetzen. Von daher bleibt aus nserer Sicht festzustellen, dass man noch viel verbesern kann. Insbesondere muss man auch für den Datenschutzbeuftragten mehr Geld zur Verfügung stellen. Ich halte es mmer für ein bisschen schwierig, wenn die Vertreter der roßen Koalition hier darüber sprechen, dass man ihn esser ausstatten muss. Sie folgen nämlich im Hausaltsausschuss nicht den entscheidenden Anträgen, ihm ehr Geld zur Verfügung zu stellen, und äußern sich interher öffentlich im Fernsehen und sagen, er müsste ehr Geld bekommen. Das ist Doppelmoral. Das hat der undesdatenschutzbeauftragte nicht verdient. (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der FDP)


Noch kurz zum Tätigkeitsbericht des Bundesdaten-
chutzbeauftragten, der aus meiner Sicht eine eigene De-
atte verdient hätte: Ich bin froh, dass wir die Tradition
ortsetzen konnten; das teile ich, Frau Philipp. Ich fände
s aber auch schön, wenn die Regierung dem Parlament
olgen würde und nicht zum wiederholten Male – wie
eim Arbeitnehmerdatenschutz – unsere Forderungen
issachtet. Vielleicht wird einmal alles besser. Die
kandale haben schließlich gezeigt: Es besteht Nachbes-
erungsbedarf.

Zum Schluss gilt mein Dank in diesem Zusammen-
ang den Mitberichterstattern, unseren Mitarbeitern und
em Bundesdatenschutzbeauftragten und seinen Mitar-
eitern. Ich bin stolz, dass wir das wieder hinbekommen
aben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621130900

Das Wort hat der Kollege Manfred Zöllmer für die

PD-Fraktion.






(A) )



(B) )


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1621131000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Datenschutz ist heutzutage Verbraucherschutz.
Dies wird nicht zuletzt durch eine Studie des Nürnberger
Marktforschers GfK deutlich. Danach haben im vergan-
genen Jahr 29,5 Millionen Verbraucherinnen und Ver-
braucher im Internet eingekauft. Das sind 12 Prozent
mehr als 2007. Der Umsatz der Onlineshops stieg damit
2008 um erstaunliche 19 Prozent und hat sich seit 2003
mehr als verdoppelt.

Bei all diesen virtuellen Einkäufen hinterlassen die
Verbraucherinnen und Verbraucher ihre E-Mail-Adresse,
tippen ihre Kontoverbindung ein oder geben ihre Kredit-
kartennummer preis. Wer einen Job sucht, stellt seinen
Lebenslauf online. Wer Freunde treffen will, bewegt sich
in sozialen Onlinenetzwerken. Wer einen Partner sucht,
wird in seiner Darstellung zwangsläufig sehr persönlich.
Das Datenschutzrecht muss deshalb modernisiert wer-
den. Es muss auf der Höhe der rasanten technischen Ent-
wicklung bleiben. Missbräuche müssen drastisch redu-
ziert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zum Glück ist unsere Rechtsprechung eindeutig. Es
gilt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Da
hat sich in der Vergangenheit einiges verschoben. Ich er-
innere an die vielfältigen Skandale, die es gab. Das muss
wieder ins Lot gebracht werden. Deshalb begrüßen wir
den vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung
grundsätzlich. Es ist richtig, wenn das bestehende Lis-
tenprivileg modifiziert wird. Dieses Privileg hat leider
dazu beigetragen, dass persönliche Daten weitläufig und
für den Einzelnen nicht mehr nachvollziehbar und über-
prüfbar verstreut werden. Dies entspricht nicht dem er-
wähnten Grundrecht.

Folgendes sage ich auch als Verbraucherpolitiker.
Fakt ist: Ein funktionierendes Wirtschaftssystem und ein
funktionierender Wettbewerb brauchen nun einmal die
Werbung. Gerade junge und kleine Unternehmen müs-
sen in der Lage sein, Kunden zu akquirieren, um sich am
Markt zu behaupten. Es ist auch nicht verwerflich, wenn
Werbung zielgruppengerecht erfolgt. Deshalb sollten wir
es im weiteren Beratungsverfahren möglich machen,
beim Listenprivileg zu einer vernünftigen Lösung zu
kommen. Durch diese Lösung muss auf der einen Seite
Datenmissbrauch zukünftig verhindert und darf auf der
anderen Seite der Wettbewerb der Unternehmen nicht
behindert, sondern soll letztendlich gefördert werden.

Es darf nicht sein, dass bei vielen Produktbestellungen
im Internet ein Datenstriptease nötig ist, um die Bestel-
lung zu realisieren. Deshalb brauchen wir ein wirksames
Kopplungsverbot. Das Prinzip der Datensparsamkeit
muss auch hier gelten.


(Beifall bei der SPD)


Für unsere Verbraucherpolitik gilt das Prinzip der
gleichen Augenhöhe. Deshalb plädiere ich eindeutig und
nachdrücklich dafür, dass wir die rechtliche Position der
Verbraucherinnen und Verbraucher bei Verstößen gegen
den Datenschutz deutlich verbessern. Dies muss durch
eine Erweiterung des Verbandsklagerechts für Verbrau-

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(C (D herverbände auf den Datenschutz, verankert im Unterassungsklagegesetz, erfolgen. Schließlich brauchen wir ein Datenaudit. Dieses muss ffizient, wenig bürokratisch und eindeutig sein. (Beifall der Abg. Gisela Piltz [FDP] und Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD)


Wenn mögliche Gremien etabliert werden, dann sollte
arin auch die Verbraucherseite Berücksichtigung fin-
en.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der aktuelle Gesetz-
ntwurf ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. An-
onsten gilt wie immer für uns das Struck’sche Gesetz.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621131100

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Redeliste weist

us, dass die Fraktion Die Linke wollte, dass die Ab-
eordnete Petra Pau jetzt spricht. Aus nachvollziehbaren
ründen bin ich anderweitig beschäftigt. Deshalb neh-
en wir diesen Beitrag für die Fraktion Die Linke zu
rotokoll1).

Das Wort hat die Kollegin Silke Stokar von Neuforn
ür die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Können Sie sagen, was Sie gesagt hätten? – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Reden Sie doch einen Meter tiefer! Das geht doch! Jetzt können wir auf Ihr Argument nicht eingehen!)



(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gern

ürde ich die Redezeit der Präsidentin übernehmen;
enn ich stehe jetzt vor der Aufgabe, innerhalb von vier
inuten vier sehr komplexe Datenschutzthemen zu be-
erten. Deswegen das Wichtigste zuerst.

Mein Dank geht an Peter Schaar und sein Haus für die
orlage des 21. Tätigkeitsberichts, aber natürlich nicht
ur für diesen Bericht, sondern auch für die engagierte
rbeit für den Datenschutz. Wenn wir nur ein paar
mpfehlungen des Bundesdatenschutzbeauftragten mit
ehrheit im Parlament beschließen würden, dann wären
ir alle ein Stück weiter.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Geduld an der Gemeinsamkeit, dass wir Jahr
ür Jahr feststellen, dass beim Thema Datenschutz etwas
eschehen muss, aber diejenigen, die jetzt regieren, sich
einen Millimeter bewegen wollen, hat ein Ende gefun-
en.

Anlage 2






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Was folgt aus dieser Drohung?)


Ich habe heute hier etwas erlebt, was ich bisher noch
nie erlebt habe, nämlich den Verriss eines Gesetzent-
wurfs von Bundesinnenminister Schäuble durch die
CDU/CSU-Fraktion, wie es schlimmer eigentlich nicht
mehr gehen kann. Der Bundesinnenminister, den ich sel-
ten lobe, hat ein durchaus ambitioniertes Datenschutzge-
setz für den privaten Bereich vorgelegt, nicht freiwillig,
sondern als Antwort auf zahlreiche Datenschutzskandale
und sicherlich auch – ich kenne ihn schließlich gut –, um
sich gegenüber der Öffentlichkeit zu entlasten und um
im Windschatten der Debatte um Datenschutz in der Pri-
vatwirtschaft die staatliche Überwachung weiter auszu-
bauen. Dass Sie, meine Damen und Herren von der
CDU, durch Ihre Kollegin Frau Philipp dieses Daten-
schutzgesetz in der Plenardebatte jedoch öffentlich in
Grund und Boden stampfen, das ist schon ein besonderes
Ereignis.

Ich habe es so vernommen, dass Opt-in mit dem heu-
tigen Abend gestorben ist. Von der SPD war hierzu we-
nig zu hören. Herr Bürsch hat sich gegenüber dem Han-
delsblatt ähnlich geäußert.

Deswegen möchte ich Ihnen noch einmal erklären,
worum es eigentlich geht. Es geht nicht um eine Belästi-
gung durch Werbeflut. Vielmehr geht es darum, dass
hinter meinem Rücken mit meinen Daten, die ich für ei-
nen bestimmten Zweck zur Verfügung gestellt habe, weil
ich im Internet etwas kaufen wollte, Kundenprofile von
mir erstellt werden und dass diese Kundenprofile von ei-
nem Unternehmen an ein anderes Unternehmen weiter-
verkauft werden und dass ich diesbezüglich keine Trans-
parenz habe und ich mich auch nicht dagegen wehren
kann.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Dann müssen Sie bei Tante Emma kaufen!)


Opt-in ist im Internetzeitalter überhaupt kein Pro-
blem. Mit einem Mausklick erklärt man sich damit ein-
verstanden, dass einem weitere Informationen zuge-
schickt werden, oder nicht einverstanden. Das ist seit
dem Volkszählungsurteil ein Grundsatz des Datenschut-
zes. Ich bestimme über meine Daten. Meine persönli-
chen Daten sind keine beliebige Ein-Euro-Ware. Sie von
der CDU/CSU machen sie erneut dazu und tragen damit
auch die Verantwortung für die weiteren Skandale in der
Privatwirtschaft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich kann jetzt nur noch ein paar Worte zum Daten-
schutzaudit sagen. In der Anhörung im Innenausschuss
werden wir intensiv darüber reden. Seit zehn Jahren wol-
len wir dieses Datenschutzaudit, das heißt, wir wollen
ein Gütesiegel für diejenigen, die einen vorbildlichen
Datenschutz betreiben. Auch hier: Auf Ihrem Gesetzent-
wurf steht Datenschutzaudit, aber ein Datenschutzgüte-
siegel ist noch lange nicht darin enthalten.

Wir sind gerne bereit, an der Verbesserung dieses Ge-
setzentwurfs mitzuwirken. Wir wollen Qualitätsstan-
dards, die staatlich gesetzt werden und eingehalten wer-

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(C (D en müssen. Sie arbeiten hier mit einem Placebo. Wenn ie meinen, man kann die Verbraucherinnen und Verraucher heute noch mit einem Datenschutzgütesiegel ight hinters Licht führen, dann haben Sie sich getäuscht. Gehen Sie diesen Weg, und schaffen Sie ein vernünfiges Datenschutzgütesiegel, dann haben Sie uns an Ihrer eite. Was hier heute zu hören war, zeigte aber: Die roße Koalition wird beim Thema Datenschutz trotz der ahlreichen Skandale nichts mehr bewegen. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich! – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Die Große Koalition wahrt Augenmaß, wie immer!)


en Arbeitnehmerdatenschutz haben Sie ja schon be-
rdigt. Ich bedaure dies und hoffe, dass wir das Thema in
er nächsten Legislaturperiode mit anderen Leuten
rneut angehen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621131200

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege

r. Michael Bürsch das Wort.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1621131300

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Jetzt ist vielleicht die Gelegenheit, mal wieder
twas Ruhe und Abgeklärtheit in der Debatte zu schaf-
en.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind doch ganz ruhig! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht: Das kennen wir!)


Verehrte Kollegin Stokar, wenn es um die Große Ko-
lition und ihre Vorhaben geht, dann halte ich mich an
einen und unseren Innenminister. Innenminister
olfgang Schäuble hat gesagt, er schließe Nachbesse-

ungen zwar nicht aus, er warne aber vor einem Schei-
ern. Ich zitiere:

Wir müssen den Datenschutz im privaten Bereich
noch stärker durchsetzen. Daher müssen wir hier
auf jeden Fall noch etwas in dieser Legislaturpe-
riode tun.

enau so wird es geschehen.

Frau Philipp hat ein paar kritische Anmerkungen ge-
acht. Das ist wohl erlaubt.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu viele! Neun Minuten lang! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Neun Minuten lang hat sie den Entwurf verrissen!)


ach dem Motto „Wo bleibt das Positive?“ sage ich:
itte schön, jetzt nenne ich einige Punkte, die wir uns
it dieser Datenschutznovelle und dem ganzen Drum-

erum vornehmen.






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
Zunächst einmal zum wichtigsten Punkt. Die SPD,
die Grünen und ich weiß nicht, wer noch alles, haben in
der Tat schon vor Jahren bzw. Jahrzehnten gefordert,
dass ich nicht mehr, wie das bislang üblich war, widerru-
fen muss, wenn jemand meine persönlichen Daten ver-
wendet, sondern ich vorher einwilligen muss: vorherige
Einwilligung statt Widerruf.

Frau Stokar von Neuforn, Frau Piltz und all die ande-
ren, die sich hier kritisch geäußert haben, es ist doch
auch nach Ihrer Einschätzung ein Paradigmenwechsel,
dass dies in den Vordergrund gerückt wird und dass wir
dies auch aufgrund der Lehren, die wir aus den Daten-
schutzskandalen gezogen haben, ernst nehmen. Das ist
die Richtschnur, die uns bei allem, was in dem Gesetz-
entwurf enthalten ist und was wir noch umsetzen wollen,
leiten wird. Es geht um Einwilligung statt Widerruf.

Im zweiten Schritt rede ich gerne über Listenprivileg
und all die Begriffe, die kaum jemand hier kennt. Auch
wenn wir jetzt um 20.15 Uhr nur noch unter Eingeweih-
ten hier sitzen, rate ich sowie einmal dazu, dass man die
ganze Debatte so führt, dass andere sie auch verstehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wer weiß, was ein Audit ist, wer weiß, was ein Kopp-
lungsverbot ist, und, Kollege Zöllmer, wer weiß, was das
Struck’sche Gesetz ist?

Ich erläutere zumindest das: Das Struck’sche Gesetz
stammt von Peter Struck und bedeutet: Kein Gesetz
kommt so aus diesem Bundestag heraus, wie es als Ent-
wurf hineingekommen ist. Genau das ist die Devise,
nach der ich an dieses Gesetz herangehe. Nach den
37 Gesprächen und all den Treffen mit Verbänden und
Vereinen, die ich gehabt habe – wie wahrscheinlich viele
andere hier auch –, bin ich mir ganz sicher, dass wir
Wege finden werden.

Wir haben im letzten halben Jahr viel dazugelernt,
und wir werden Lösungen finden. Wir werden unsere
Aufgabe erfüllen, die darin besteht, verehrte Frau Stokar,
als Gesetzgeber einen Interessenausgleich zu finden. Das
ist unsere Aufgabe: auf der einen Seite ein Interessenaus-
gleich zwischen einem enormen Fortschritt im Daten-
und Verbraucherschutz – das will ich, und das will auch
die SPD –, aber auf der anderen Seite mit Augenmaß,
was die Risiken, Wirkungen und Nebenwirkungen angeht.

Das ist keine große Einschränkung der dritten Art,
sondern es bedeutet, dass wir nicht nur den Datenfluss
wollen – wir leben im 21. Jahrhundert –, sondern auch
den Datenschutz. Dabei ist für mich maßgeblich, was
wir im Gesetzentwurf vorgesehen haben und was für uns
alle die Richtschnur sein muss, nämlich Einwilligung
statt Widerruf.

Wir werden auch den Datenschutz in der Wirtschaft
verbessern. Das ist die Zielsetzung, die wir im Grunde in
den vielen Gesprächen mit der Wirtschaft verabredet ha-
ben. Damit ist mir allerdings etwas anderes wichtiger als
das, was mit einem freiwilligen Zertifizierungsverfahren
gemeint ist. Mir ist viel wichtiger, was schon im Gesetz
steht, aber in der Praxis noch nicht stattfindet, nämlich
dass wir viel stärker darauf achten, wie die Daten, mit

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(C (D enen gehandelt wird und die hin und her fließen, verchlüsselt sind und wie sie entschlüsselt werden können. (Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Die Datensicherheit!)


Die Möglichkeiten der Verschlüsselung werden bei
eitem noch nicht genutzt, im Gegenteil. In § 3 a des
undesdatenschutzgesetzes ist das wunderbar geregelt.
anach sollen Daten anonymisiert oder mit Pseudonymen
ersehen werden, wie die Fachleute es nennen, sodass
an die personenbezogenen Angaben nicht direkt lesen

ann.

Die ganzen Skandale der letzten Monate bei der Tele-
om und wo auch immer wären nicht passiert, wenn die
aten ordnungsgemäß verschlüsselt worden wären. Das

st für mich der Schlüssel zu dem, was Datenschutz in
er Wirtschaft bedeutet. Das werden wir angehen.

Verehrter Herr Schaar, auch von unserer Seite ganz
erzlichen Dank für die Zusammenarbeit, für viele kriti-
che Anmerkungen, aber auch für die konstruktive Be-
leitung dessen, was wir erreichen wollen. Wir wollen
nd müssen den Datenschutzbeauftragten stärken.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch personell!)


enn wir – wie es im Gesetzentwurf vorgesehen ist –
ine stärkere Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden
ollen, dann müssen wir ihm jetzt endlich – es ist schon

u viel Zeit vergangen; damit bin ich ganz bei Ihnen –
ehr Personal und mehr Eigenständigkeit ermöglichen.
as gilt genauso für den betrieblichen Datenschutz-
eauftragten. An dieser Stelle müssen wir nachbessern.

Ich bin der Meinung, wir können auf dem Gesetzent-
urf aufbauen. Wir werden nach der Anhörung in der
ächsten Woche mit den sich daraus ergebenden Anre-
ungen ein Gesetz machen können, das sich sehen lassen
ann. Das ist meine feste Überzeugung. Wir werden den
atenschutz voranbringen. Ich lade alle dazu ein, die gu-

en Sinnes sind und das auch erreichen wollen, statt es
ur kritisch zu begleiten und am Rande zu kläffen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wen meinen Sie da?)


Alle, die dabei mitmachen wollen, sind dazu eingeladen.
ir können den Datenschutz vielleicht gemeinsam ver-

essern, wie wir auch eine gemeinsame Erklärung zum
ericht des Datenschutzbeauftragten abgegeben haben.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621131400

Ich schließe die Aussprache und gehe davon aus, dass

it der letzten Bemerkung kein Mitglied des Hauses ge-
eint war und sich damit auch nicht angesprochen füh-

en muss.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die Karawane zieht weiter!)







(A) )



(B) )



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621131500

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/12011 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Innenaus-
schusses zu dem Tätigkeitsbericht 2005 und 2006 des
Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informa-
tionsfreiheit. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/12271, in Kenntnis des
genannten Berichts auf Drucksache 16/4950 eine Ent-
schließung anzunehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig
angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 14 a und 14 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Mobilfunkforschung verantwortlich begrün-
den
– Drucksache 16/10325 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Lutz
Heilmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Mobilfunkstrahlung minimieren – Vorsorge
stärken

– Drucksache 16/9485 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Horst Meierhofer für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1621131600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Mobilfunk ist aus dem öffentlichen Leben nicht
mehr wegzudenken. Das merkt man allein daran, dass es
mittlerweile in Deutschland mehr Handys als Bürger
gibt. Man merkt es aber auch daran, dass das Handy
zunehmend leistungsfähiger wird und teilweise schon

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(C (D obile Computer ersetzen kann, wodurch die Arbeitselt flexibler geworden ist. All das begrüßen wir sehr. s geht aber nicht nur um eine Modernisierung und arum, was das Mobilfunkgerät alles ermöglicht hat. ielmehr geht es auch um viele Arbeitsplätze in diesem ereich. Ich glaube, es sind ungefähr 200 000 Men chen, die im mittelbaren und unmittelbaren Bereich von unktechnologie, Handys und anderen Strahlengeräten ätig sind. Die betreffenden Unternehmen stehen für eine ehr innovative Branche, kurze Produktzyklen und große nnovationen, also für etwas, wofür der Standort eutschland geradezu ideal sein sollte. In der Bevölkerung gibt es trotzdem – das ist der igentliche Grund unseres Antrags – noch immer viele orbehalte. Viele von uns kennen aus ihrem Wahlkreis, ass sich eine Bürgerinitiative, wenn ein Funkmast rrichtet werden soll, zu Wort meldet und dass Angst errscht, weil die Unwissenheit teilweise noch relativ roß ist. Wir wollen dieses Problem dadurch lösen, dass ir die Forschung vorantreiben. Entscheidend ist: Man ann die Angst minimieren, indem man mehr Öffentichkeit und Transparenz herstellt sowie die Mobilfunkorschung optimiert. s gibt erste Erkenntnisse und Ergebnisse. Das Deutsche obilfunk-Forschungsprogramm weist sehr gute nsätze auf. Vieles wurde untersucht und erreicht, aber ogischerweise noch nicht alles; denn das war im Rahen dieses Programms nicht möglich. Meine Damen und Herren von der Linken, ich darf wei, drei Bemerkungen zu Ihrem Antrag machen. Es ist us meiner Sicht falsch, wie Sie an die Sache herangeen. Sie schüren Ängste und werden der Ernsthaftigkeit es Themas nicht gerecht. Sie zeichnen sich durch ein ehr populistisches Vorgehen aus. o wollen Sie die Strahlung der Geräte verringern; dafür ibt es im europäischen Ausland Beispiele. Das bedeutet ber, dass man mehr Funkmasten braucht. Genau das ollen Sie vermutlich auch nicht. Wir wollen gleichzeitig eiterhin telefonieren. Die Mobilfunkanbieter haben den uftrag, eine flächendeckende Nutzung zu ermöglichen. ch wünsche Ihnen viel Spaß, wenn Sie vor die Bürgeritiativen in Ihren Wahlkreisen treten und ihnen erklären, ass nun zusätzliche Handymasten gebaut werden müsen. Ich glaube, dass Ihr Ansatz nicht richtig ist. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich halte Ihren Ansatz auch aus einem anderen Grund
ür nicht richtig. Die Ergebnisse der Reflexstudie, die
ie anführen, können eigentlich nicht auf den Menschen
bertragen werden. Die Europäische Umweltagentur hat
udem selbst eingestanden, dass sie eigentlich über
einerlei Expertise im Bereich der elektromagnetischen
elder verfügt. Trotzdem verweisen Sie auf die Studie
ieser Umweltagentur. Das halte ich für nicht anständig.
amit sorgt man nur für mehr Verunsicherung und weni-
er Transparenz. Damit erreicht man nicht das, was wir






(A) )



(B) )


Horst Meierhofer
alle wollen, nämlich eine bessere Information aller
Bevölkerungsschichten.


(Beifall bei der FDP)


Im Gegensatz zu Ihnen wollen wir eine transparente
Forschung und eine paritätische Finanzierung. Das heißt,
wir wollen keine reine staatliche, öffentliche Finanzierung,
sondern drei Säulen. Dann könnten wir die Probleme
einigermaßen lösen. Das Deutsche Mobilfunk-Forschungs-
programm hat zu der Erkenntnis geführt, dass akute oder
chronische Wirkungen der nichtionisierenden Strahlung
– also der von Handys und anderen strahlenden Geräten –
weder unter Laborbedingungen noch in epidemiologi-
schen Studien erfasst werden konnten.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kann aber nicht ausgeschlossen werden!)


Das ist eine gute Nachricht. Die Ängste waren in diesem
Bereich also unbegründet. Es konnte kein Zusammen-
hang festgestellt werden. Das nimmt Ängste.


(Beifall bei der FDP)


Noch ist aber nicht alles untersucht. Es gibt drei Berei-
che, die wir in einem weiteren Schritt untersucht wissen
möchten. Das sind die Auswirkungen der Strahlung auf
Schwangere, kleine Kinder und Heranwachsende. Das
alles konnte bislang nicht erforscht werden, genauso wenig
wie die langfristigen Folgen der Strahlung. Diese drei
Bereiche sollten aus unserer Sicht noch weiter unter-
sucht werden. Deswegen haben wir unseren Antrag ge-
stellt. Man sollte auch die Auswirkungen der Addition
von Strahlungen untersuchen. Mittlerweile sind oft ver-
schiedene Strahlungsgeräte gleichzeitig im Einsatz.
Viele haben zu Hause WLAN, ein schnurloses Telefon
und ein Handy. Darüber, wie verschiedene Strahlungs-
quellen zusammenwirken, gibt es noch zu wenige Infor-
mationen. Diese Bereiche sollte man unserer Meinung
nach endgültig und befriedigend untersuchen. Wenn uns
das gelingt, gibt es, glaube ich, weniger Probleme.

Die Struktur sollte verbessert werden. Die Erkennt-
nisse sind valide. Die Erkenntnisse des Deutschen
Mobilfunk-Forschungsprogramms sind sicherlich aller
Ehren wert. Trotzdem gab es das eine oder andere Mal
Kritik. Man will mehr Objektivität durch einen unabhän-
gigen Projektleiter. Das war bei diesem Forschungs-
programm nicht der Fall. Wenn man beim nächsten Mal
dafür sorgen würde, wäre das der letzte kleine Stein, der
noch fehlt, um eine optimale Information der Bevölke-
rung zu erreichen.

Wir haben für den Bereich der Erforschung nichtioni-
sierender Strahlung 1,6 Millionen Euro in den Bundes-
haushalt für 2009 eingestellt. Was damit aber gemacht
werden soll, steht leider noch nicht fest; wir konnten das
bisher nicht erfahren. Wir glauben, dass man das konkre-
ter angehen sollte. Wir sollten deswegen diese Bereiche
erforschen und das Programm abschließen.

Neben dem Staat sollten auch die Netzbetreiber in die
Finanzierung einbezogen werden – das war bisher schon
der Fall –, aber auch die Handyhersteller, die Hersteller
der Endgeräte – sie wurden bisher noch nicht einbezogen –,

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(C (D ie aus unserer Sicht ein Interesse daran haben sollten, ass alle Probleme aus der Welt geschafft werden. Schon 2006 haben wir angeregt, die Geräte, die eine iedrige Strahlung aufweisen, zu kennzeichnen, beispielseise mit einem Blauen Engel. Leider ist das von den erstellern nicht in einem sinnvollen Umfang angenomen worden, obwohl ein Drittel aller Geräte schon jetzt ber den entsprechenden Standard verfügen würden. Wir ufen hiermit die Hersteller auf, die Geräte zu kenneichnen. Wenn man keinen Blauen Engel verwenden öchte, besteht auch die Möglichkeit, es wie bei den ühlschränken zu machen und die Geräte in verschieene Strahlungsklassen – A, B, C, D und E – einzuteilen. enn uns das gelänge, könnten wir vernünftig über die trahlenbelastung reden und würden die Bedenken der evölkerung ernst nehmen, aber sie nicht für populistische wecke ausnutzen. Ich bitte Sie darum, unserem Antrag positiv zu begegen und ihm letztendlich zuzustimmen. Herzlichen Dank. Das Wort hat der Kollege Jens Koeppen für die Unions raktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Meierhofer hat seine Rede mit dem Hinweis beonnen, dass die moderne Informationsund Kommuniationstechnologie in unserer Gesellschaft eine große edeutung hat. Ich möchte daran anknüpfen. Über die älfte der Industrieprodukte und weit über 80 Prozent er Exportprodukte Deutschlands hängen heute vom insatz dieser Technologie ab. Sie leistet einen wesent ichen Beitrag zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nseres Landes. Sie ist Innovationsträger, erzeugt achstum und Arbeitsplätze. Die vom Kollegen eierhofer genannte Zahl war nicht ganz richtig: Die ge amte IKT-Branche beschäftigt rund 750 000 Menschen. (Horst Meierhofer [FDP]: Ja, wenn man die Telekommunikationsbranche dazuzählt!)


(Beifall bei der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621131700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jens Koeppen (CDU):
Rede ID: ID1621131800

ieses Segment ist also sehr wichtig. Die Mobilfunk-
echnologie wird von uns allen genutzt. In Deutschland
ibt es mehr Handys als Bürger. Im Jahr 2006 kamen auf
00 Menschen 104 Handys; es werden praktisch täglich
ehr. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, über dieses
hema zu diskutieren.

Gleichzeitig nimmt die Strahlenexposition zu. In der
evölkerung gibt es Ängste und Sorgen wegen mögli-
her gesundheitlicher Gefährdungen. Vor diesem Hinter-
rund beraten wir heute über zwei Anträge aus der
pposition: über den Antrag der FDP-Fraktion, der uns
erade vorgestellt wurde, und über den Antrag der
inksfraktion. Die beiden Anträge könnten gar nicht
nterschiedlicher sein.






(A) )



(B) )


Jens Koeppen
Sie von der FDP gehen in Ihrem Antrag von der großen
Bedeutung der Mobilfunktechnologie aus. Sie sagen, die
bestehenden Vorbehalte müssten erforscht werden, um die
Ängste und Risiken auszuräumen; es bestehe weiterer
Forschungsbedarf. Sie fordern eine Langzeitstudie zu
den Auswirkungen auf Kinder usw. Das sind Vorschläge,
über die wir beraten sollten. Ich finde, der Antrag geht
absolut in die richtige Richtung: Er ist sachbezogen,
ergebnisorientiert und objektiv. Vielleicht haben Sie teil-
weise von uns abgeschrieben.

Allerdings ist Ihr Antrag nicht mehr ganz zeitgemäß; er
enthält Forderungen, die wir im Deutschen Mobilfunk-
Forschungsprogramm bereits erarbeitet und umgesetzt
haben bzw. umsetzen werden. Die Ergebnisse sprechen
eindeutig dafür, diese Forschung weiterzuführen.

Sie fordern auch, die Kommunikation zu verbessern.
Hier erinnere ich nur an das Informationszentrum Mobil-
funk, das eine sehr gute Informationsbasis bietet, und an
die Internetseite www.mobilfunk-baukasten.de, wo unter
anderem die Kommunen sachlich und verbraucherorien-
tiert informiert werden.

Im Gegensatz zum Antrag der FDP spielt der Antrag
der Linken mit den Sorgen der Menschen. Das ist abso-
lut unredlich. Er basiert auf reinen Behauptungen, die
wissenschaftlich überhaupt nicht fundiert sind und von
der Forschung nicht gedeckt werden. Aber so sind nun
einmal die Anträge, die Sie stellen. Sie basieren auf Un-
wissenheit. Statt in populistischer Weise diffuse Ängste
vor Mobilfunk, die es in Teilen der Bevölkerung gibt, zu
schüren, sollten wir durch Forschung und Aufklärung zu
einer Versachlichung der Debatte beitragen. Das wäre
der richtige Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Koalition nimmt ihre Verantwortung wahr. Sie tut
viel, um die Folgen der Mobilfunktechnik zu untersu-
chen und mögliche Gefahren zu erkennen. Das erste
Deutsche Mobilfunk-Forschungsprogramm hat die Auf-
gabe, herauszufinden, ob die geltenden Grenzwerte, die
die Bevölkerung vor der Mobilfunkstrahlung ausrei-
chend schützen sollen, noch in Ordnung sind. Die Bun-
desregierung hat in den Jahren 2002 bis 2007 8,5 Mil-
lionen Euro in dieses Forschungsprogramm gesteckt,
weitere 8,5 Millionen Euro gaben die Mobilfunknetzbe-
treiber dazu. Es gibt kein Programm, in dessen Rahmen
umfangreicher und gründlicher geforscht wurde als die-
ses. Das ist eine sehr gute Sache. Ich bin sehr froh, dass
wir dieses Programm erfolgreich zu Ende führen konn-
ten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Weltweit gab es mittlerweile über 20 000 Untersu-
chungen auf diesem Gebiet. Nach Aussagen der Weltge-
sundheitsorganisation besteht kein begründeter Zusam-
menhang zwischen Mobilfunkstrahlung und dem
steigenden Risiko einer Erkrankung – das sollten wir den
Menschen auch so deutlich sagen –, und das müssen wir
anerkennen. Die Ergebnisse des Programms sind zuerst
einmal beruhigend. Die Strahlenschutzkommission und
das Bundesamt für Strahlenschutz haben übereinstim-
mend festgestellt, dass es keine Erkenntnisse gibt, nach

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(C (D enen die bestehenden Grenzwerte überarbeitet werden üssen. Es konnten ausdrücklich keine negativen Ef ekte auf Hormone, auf die Blut-Hirn-Schranke, auf die ortpflanzung oder auf das Krebsrisiko festgestellt weren. Das, was Sie gesagt haben, wurde überhaupt nicht erifiziert, auch nicht repliziert. Demzufolge ist das unegründet. Es kann davon ausgegangen werden, dass es im Beeich der thermischen Wirkung kein zusätzliches Langeitrisiko und kein Krebsrisiko gibt. 6 Prozent der Menschen leiden unter Elektrosensibiliät. Es wurde aber in Untersuchungen festgestellt, dass ie Mobilfunkstrahlung darauf keinen Einfluss hat. So urden Anlagen zufällig abgeschaltet oder eingeschal et. Dabei wurde festgestellt, dass die Sensibilität unabängig davon, ob die Anlagen einoder ausgeschaltet aren, bestand. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Erebnisse keinen Anlass bieten, die Schutzwirkung der estehenden Grenzwerte in Zweifel zu ziehen. Desween bleiben die bestehenden Grenzwerte der 6. BImSchV erhalten. Das Forschungsprogramm hat dazu beigetragen, viele ngste auszuräumen, und es hat die wissenschaftliche enntnis über die Wirkung elektromagnetischer Felder esentlich verbessert. Trotz dieser insgesamt beruhigenen Ergebnisse muss weitergeforscht werden. Es ist ganz ichtig, dass die Forschung finanziell ordentlich ausge tattet wird. Das betrifft insbesondere – da gebe ich Ihen vollkommen recht – die Forschung über die Langeitwirkung. Wir können jetzt noch nicht sagen, was in ehn Jahren passiert; enn so lange gibt es die Geräte noch nicht. Weiterer orschungsbedarf besteht über die Auswirkungen auf inder und Schwangere. All das muss weiter untersucht erden, aber ohne Hysterie. Es muss auf fundierter rundlage ordentlich aufgeklärt werden. Ich begrüße die Tatsache, dass die Mobilfunkbetreier zugesagt haben, dass sie dieses Programm weiter itfinanzieren und dass die 2001 unterschriebene elbstverpflichtung weiter gilt. Es soll jetzt zu nachprüfaren Verbesserungen auch für Verbraucher-, Gesundeitsund Umweltschutz kommen. Ein besonderes Auenmerk legen die Hersteller auf die Verbesserung der eräte. Es ist wichtig, dass die Handys bei geringerem tromverbrauch und geringerer Strahlung die gleiche eistung erreichen. Das ist eine Win-win-Situation. Eine erschöpfende Analyse der gesundheitlichen Riiken ist momentan noch nicht möglich. Es steht allerings jetzt schon jedem frei, selbst Vorsichtsmaßnahmen u ergreifen, also auf drahtlose Systeme zu verzichten nd auf kabelgebundene Systeme zurückzugreifen, zum eispiel auf Headsets mit Kabeln. (Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Warum denn das, wenn alles ungefährlich ist? Das verstehe ich überhaupt nicht!)


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Aha!)







(A) )



(B) )


Jens Koeppen
Dann kann jeder, der unter Elektrosensibilität leidet, für
sich entscheiden, ob er einer Vorsichtsmaßnahme folgt
oder nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Handy ist aus unserer mobilen Informationsge-
sellschaft nicht mehr wegzudenken. Wir müssen diese
Technologie stetig verbessern und verfeinern. Wir müs-
sen die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen; das ma-
chen wir auch. Wir dürfen die Emotionen nicht verharm-
losen; das machen wir auch nicht. Wir müssen gezielt
forschen, ohne Aktionismus und ohne böse Beschuldi-
gungen. Wir müssen die Wissensbasis verbreitern und
durch eine transparente und verständliche Kommunika-
tion zu einer Versachlichung der Debatte beitragen. Das
ist der richtige Weg.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621131900

Das Wort hat der Kollege Lutz Heilmann für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621132000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Werte Gäste! Mit dem Antrag, den die FDP vorgelegt
hat, macht sie wieder eines deutlich: dass sie stramm an
der Seite der Mobilfunkbetreiber und Mobilfunkherstel-
ler steht.


(Zurufe von der FDP: Oh!)


Irgendwann danach kommen auch einmal die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher an die Reihe.


(Horst Meierhofer [FDP]: Das ist kein Widerspruch! Es gibt nämlich auch Menschen, die telefonieren!)


Kollege Koeppen, Ihre Ausführungen kann ich so
nicht stehen lassen. Erst sagten Sie, es sei alles wunder-
bar, es sei alles in Butter, es sei alles rosarot. Trotzdem
haben Sie am Ende gesagt: Ja, wir müssen weiterfor-
schen,


(Jens Koeppen [CDU/CSU]: Ja, selbstverständlich!)


um Langfristigkeit herzustellen. Dann erwähnen Sie
doch ganz einfach, dass das Deutsche Mobilfunk-For-
schungsprogramm über fünf Jahre lief und dass in diesen
fünf Jahren überhaupt keine Langzeitforschung erfolgen
konnte. Deswegen ist es ganz einfach notwendig, dieses
Programm fortzuführen. Genau das haben wir in unseren
Antrag geschrieben.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber diese Fortführung lehnen Sie ab. Darüber haben
wir im Umweltausschuss diskutiert. Schauen Sie sich
das Protokoll ganz einfach an!

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(C (D (Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Die Linke will die Telefonvielfalt in der DDR wieder einführen!)


Kollege Meierhofer, zu Ihrem Vorhalt: Ich weiß nicht,
b Sie unseren Antrag nicht gelesen haben oder ob Ihr
itarbeiter Ihnen das nicht richtig aufgeschrieben hat.
as, was Sie mir vorgehalten haben, steht darin nicht.
nser Antrag enthält ganz konkrete Punkte. Diese
unkte will ich Ihnen gleich näher erläutern.

Ihr Antrag enthält kein einziges Wort zu den Risiken
es Mobilfunks. Diese Risiken gibt es; das ist so sicher
ie das Amen in der Kirche. Das hat man auch Ihren Re-
ebeiträgen entnehmen können. Der Präsident des Bun-
esamtes für Strahlenschutz hat das ebenfalls deutlich
emacht. Er empfiehlt zum Beispiel, dass Kinder nicht
der nur sehr wenig mit dem Handy telefonieren.


(Horst Meierhofer [FDP]: Deswegen wollen wir ja forschen!)


ch möchte Sie ganz einfach dazu auffordern, ein biss-
hen mehr zu recherchieren.

Um es klarzustellen: Die Linke steht für einen techno-
ogischen Fortschritt im Interesse der Menschen. Das
chließt eine verantwortungsbewusste Nutzung von Mo-
ilfunk ausdrücklich ein.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das muss man aber erst mal dazusagen!)


ber die Forderungen, die Ihr Antrag enthält, sind weit
inter dem, was möglich ist. Sie schreiben zum Beispiel,
ass es zu einer Reduzierung der Strahlen kommen soll,
enn man das Handtelefon in die Basisstation steckt. Es

st möglich, dass die Strahlenbelastung vollständig redu-
iert wird. Warum schreiben Sie keine entsprechende
orderung in Ihren Antrag?


(Horst Meierhofer [FDP]: Weil das von der Wirklichkeit überholt ist!)


Ihr Antrag ist von der Wirklichkeit überholt. Das
timmt allerdings.

Fakt ist, dass der Ausbau des Handynetzes, insbeson-
ere des UMTS-Netzes, voranschreitet, was zweifellos
öhere Belastungen mit elektromagnetischen Feldern
ur Folge hat; das hat auch Kollege Koeppen bestätigt.
a damit insbesondere gesundheitliche Risiken steigen,
a die geltenden Grenzwerte nicht ausreichend sind, da
erade die thermischen Effekte der Handystrahlung um-
tritten sind, da WLAN-Netze immer mehr Verbreitung
inden – schauen Sie in die Schulen, schauen Sie in die
lughäfen, schauen Sie in die Bahnhöfe –, da für Mobil-
unkanlagen nur eine Standortgenehmigung nötig ist und
a Gesichtspunkte des Immissionsschutzes völlig unbe-
ücksichtigt bleiben – wie gesagt, ist das Deutsche Mo-
ilfunk-Forschungsprogramm 2007 ausgelaufen –, ist
ach Auffassung der Linken Folgendes notwendig:

Erstens. Die Grenzwerte müssen so weit gesenkt wer-
en, dass gesundheitliche Auswirkungen ausgeschlossen
erden können. Das ist möglich. Kollege Meierhofer,
ie haben es erwähnt: Warum lassen sich die Mobilfunk-






(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
hersteller darauf nicht ein? Die entsprechenden Techni-
ken gibt es schon.


(Horst Meierhofer [FDP]: Mehr Masten!)


Insofern ist das unverständlich.

Zweitens. Ein allgemein öffentlich zugängliches
Strahlenkataster muss geschaffen werden.

Drittens. Genehmigungen für Mobilfunkanlagen sind
nur befristet zu erteilen, und der Immissionsschutz ist
darin aufzunehmen.

Viertens. Es ist darauf hinzuwirken, dass schnurlose
Telefone – hören Sie jetzt einfach zu, Kollege
Meierhofer! – so zu bauen sind, dass die Funkverbin-
dung zwischen Basisstation und Mobilteil unterbrochen
wird, sobald das Gerät in der Basis ist.

Fünftens. Das Deutsche Mobilfunk-Forschungspro-
gramm ist auch unabhängig von einer Beteiligung der
Mobilfunkbetreiber fortzusetzen.

Sechstens. Die Untersuchungen hinsichtlich der Ge-
fährlichkeit sind auf Tiere und Pflanzen auszudehnen.

Abschließend Folgendes: Künftig müssen alle Han-
dys gefahrlos zu nutzen sein. Das ist der Anspruch, den
wir an die Industrie stellen. Darunter machen wir es
nicht.

Ich wünsche einen schönen Abend und danke für die
Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Ihr Handy?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621132100

Das Wort hat der Kollege Detlef Müller für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Detlef Müller (SPD):
Rede ID: ID1621132200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Liebe Nutzerinnen und Nutzer von
Mobiltelefonen – das werden wir wohl alle sein –, was
kann man heute nicht alles mit modernen Handys, die
längst Lifestyle-Symbole sind, machen? Fotografieren,
Bilder senden und empfangen, Videos anschauen, Nach-
richten schreiben und lesen, E-Mails abrufen, Dateien
erstellen und verwalten. Auch als Navigationssystem
werden sie schon genutzt. Die eigentliche Aufgabe, das
Telefonieren, wird dabei fast zur Nebensache.

Es gab von Anfang an in Teilen der Bevölkerung auch
kritische Stimmen, die fragten, ob die Nutzung der Mo-
bilfunktechnologie nicht gesundheitliche Schäden durch
elektromagnetische Felder hervorrufe. Der Bundesregie-
rung, dem Bundesumweltministerium sowie den Netz-
betreibern war klar, dass diese Vorbehalte nur dann aus-
geräumt werden können, wenn Gesundheitsrisiken durch
unabhängige Forschung ausgeschlossen werden kön-
nen. Dieser Zwiespalt – eine hohe Zunahme der Nutzer-
zahlen, aber auch eine wachsende Verunsicherung bei ei-
nigen Bürgern, verbunden mit Forderungen nach

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(C (D bsenkung der Grenzwerte – führte 2001 letztendlich ur Implementierung des Deutschen Mobilfunk-Forchungsprogramms. Von Anfang an galten dabei als oberstes Prinzip ransparenz und Objektivität. Dies ist vor allem an die dresse der Fraktion Die Linke gerichtet, die die Unabängigkeit des Programms infrage gestellt hat. Die Moilfunknetzbetreiber hatten kein Recht zur Auswahl, onnten an Projekten nicht mitwirken und sie auch nicht eeinflussen. Das gilt ebenso für die Bewertung der Forchungsergebnisse. Auch hinsichtlich der Transparenz ar das Mobilfunk-Forschungsprogramm vorbildlich. lle Projektvorschläge wurden im Rahmen eines Fachespräches vorgestellt. Es bestand ausreichend Gelegeneit zur öffentlichen Diskussion. Was aber waren die Ziele des Mobilfunk-Forschungsrogramms? Was konnte es leisten und was nicht? auptsächlich sollten wissenschaftliche Unsicherheiten urch eine gezielte unabhängige Forschung geklärt und ie geltenden Grenzwerte überprüft werde. Dabei lagen ie fachlichen Schwerpunkte in den Bereichen Biologie, pidemiologie und Dosimetrie, also bei den Messungen er Strahlendosis. Nach Abschluss der Forschungsprojekte im Jahre 008 bewerteten sowohl das Bundesamt für Strahlenchutz als auch die Strahlenschutzkommission das Proramm. Beide sind unabhängig voneinander zu dem Erebnis gekommen, dass die Forschungen keine rkenntnisse erbracht haben, die die geltenden Grenzerte infrage stellen. Ebenfalls war ein ursächlicher Zu ammenhang zwischen elektromagnetischer Strahlung nterhalb der geltenden Grenzwerte und unspezifischen esundheitsbeschwerden, der sogenannten Elektrosensiilität, nicht nachweisbar. Somit decken sich in der Geamtbewertung die Ergebnisse des Programms mit deen anderer Projekte, auch aus dem Ausland. Deshalb ab es für die Bundesregierung keinen Grund, von den eltenden Grenzwerten abzurücken. Ich sage es ganz lar: Die vorliegenden Ergebnisse des Mobilfunk-Forchungsprogramms geben keinen Anlass, die angetrebte Schutzwirkung der bestehenden Grenzwerte in weifel zu ziehen. Vor diesem Hintergrund müssen aber die Anträge geehen werden, über die wir heute beraten. Beide Anträge aben große Schnittmengen, und die Antragsteller forern insbesondere die Weiterführung des Mobilfunkorschungsprogramms. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wegen! Völlig gegensätzlich!)


(Beifall bei der SPD)


Grundsätzlich steht die Politik beim Thema Mobil-
unk vor einem Dilemma: Die Ergebnisse des For-
chungsprogramms beziehen sich auf den aktuellen
issenschaftlichen Kenntnisstand. Die zukünftige Un-

chädlichkeit einer Technologie kann wissenschaftlich
ie bewiesen werden. Die Bundesregierung hat sich bei
er Grenzwertfestlegung auf die aktuellen Ergebnisse
estützt, während die Mobilfunkgegner oder -kritiker






(A) )



(B) )


Detlef Müller (Chemnitz)

vorhandene gesundheitliche Beschwerden auf elektro-
magnetische Felder des Mobilfunks zurückführen. Die
Politik steckt deshalb in der Klemme zwischen Wissen-
schaft und teilweiser öffentlicher Wahrnehmung.


(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)


Natürlich sind wir uns bewusst, dass auch durch in-
tensivste wissenschaftliche Forschung mögliche Risiken
nicht völlig ausgeschlossen werden können. Vorbeu-
gende Maßnahmen sind deshalb weiterhin sehr sinnvoll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Fakt ist, dass das Forschungsprogramm primär auf den
Mobilfunk ausgerichtet war, andere Funktechnologien
wie zum Beispiel digitales Fernsehen oder auch die
WLAN-Technologie nur am Rande betrachtet wurden.

Insbesondere die Auswirkungen auf Kinder sind noch
nicht endgültig erforscht. Kinder sind eben keine kleinen
Erwachsenen. In diesem Bereich sind noch dringend
spezifische Untersuchungen erforderlich. Wir als SPD-
Fraktion unterstützen dieses Anliegen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber unseren Antrag haben Sie damals abgelehnt!)


Hinzu kommt, dass Kinder möglichen Risiken länger
ausgesetzt sind, weil sie – leider – schon seit ihrer Kind-
heit Handys benutzen. Auch ist nicht auszuschließen,
dass Kinder möglicherweise auch empfindlicher auf-
grund einer vergleichsweise höheren Eindringtiefe der
Strahlung in den Körper reagieren. In diesem Bereich
muss die Forschung intensiviert werden.

Nur unbefriedigend kann die Frage beantwortet wer-
den, ob die Gefahr für gesundheitliche Folgen bei der
Nutzung über Zeiträume von länger als zehn Jahren zu-
nimmt. Durch Untersuchungen konnten bisher gesund-
heitliche Auswirkungen des Mobilfunks nicht belegt
werden, da die Anzahl der Personen, die Mobiltelefone
seit mehr als zehn Jahren nutzten, zu gering war, um sta-
tistisch belastbare Daten zu liefern. Zu Fragen möglicher
Langzeitwirkungen wurden im Rahmen des Forschungs-
programms allerdings zahlreiche tierexperimentelle
Langzeitstudien durchgeführt. Insgesamt stützen diese
Ergebnisse nicht die Vermutung, dass chronische Ein-
wirkungen zu einer Risikoerhöhung führen.

Dagegen können wir durch die Vorlage des Gesetzes
zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung, welches
wir morgen hier in den Deutschen Bundestag einbringen
werden, eine wichtige Rechtslücke schließen. Damit
wird der gesetzliche Rahmen geschaffen, um auch in
Deutschland die Grenzwerte der EU-Ratsempfehlung für
elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder
über den gesamten Frequenzbereich von 0 Hertz bis
300 Gigahertz umsetzen zu können. So wird sicherge-
stellt, dass es durch die gleichzeitige Anwendung unter-
schiedlicher Quellen nicht zur Verletzung gesundheits-
bezogener Grenzwerte kommt.

Aber wir müssen leider feststellen, dass die geltenden
Regelungen noch nicht alle Aspekte des Schutzes der
Bevölkerung vor Strahlen aus diesem Bereich abdecken.

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(C (D olgende Punkte bedürfen deshalb unserer Meinung ach einer Regelung: Erstens. Es werden derzeit nur die wichtigsten Anlaen der Infrastruktur, die Netze, geregelt. Zweitens. Unserer Ansicht nach bleiben noch zu viele uellen, insbesondere die Endgeräte, unberücksichtigt. erbraucherschutzmaßnahmen wie der Blaue Engel weren nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Drittens. Eine relativ neue Technik, Wireless LAN zw. WLAN, muss gründlich überprüft werden. Ihre eichweite kann unter bestimmten Voraussetzungen ehrere Hundert Meter betragen. Auch durch diese Tech ik entstehen hochfrequente elektromagnetische Felder. war gibt es trotz mehrerer Studien, unter anderen des undesamtes für Strahlenschutz, nach dem aktuellen tand der Wissenschaft keinen Nachweis, dass innerhalb er gesetzlichen Grenzwerte eine gesundheitliche Geährdung besteht, Forschungsbedarf besteht aber sehr ohl. Die in der Umgebung von öffentlich zugänglichen LAN-Hotspots erhobenen Expositionswerte lagen alle nterhalb der vom Europäischen Rat empfohlenen Werte. rotzdem fordern wir an dieser Stelle die Bundesregieung auf, auch die Forschung in diesem Bereich weiterubetreiben. Im Übrigen erachten wir es nicht als negativ, eine fianzielle Beteiligung der Industrie an der Mobilfunkforchung einzufordern. Im Gegenteil, eine Beteiligung ird aus unserer Sicht als sachgerecht angesehen, da ies nach dem Verursacherprinzip notwendig ist. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)


n diesem Zusammenhang nehmen wir auch zum wie-
erholten Mal die Herstellerfirmen bzw. Netzbetreiber in
ie Pflicht, zukünftig verstärkt strahlungsärmere Endge-
äte anzubieten und aktiv zu bewerben.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pflicht oder Selbstverpflichtung?)


Sehr geehrte Damen und Herren, wir nehmen das
hema Mobilfunkstrahlung ernst und sind uns beim
hema Mobilfunk unserer Verantwortung für den Schutz
er Bevölkerung sehr bewusst. Wir als SPD-Fraktion be-
rüßen die grundsätzlichen Ansätze der Anträge der
DP und der Linken. Auch wir haben weiteren For-
chungsbedarf zur Beantwortung der noch offenen Fra-
en gesehen. Dem wird mit der Fortsetzung des Mobil-
unk-Forschungsprogramms Rechnung getragen. Das
MU und das Bundesamt für Strahlenschutz werden die
orschung zur weiteren Aufklärung der noch offenen
ragen fortsetzen. Hierzu wurde ein dreijähriges For-
chungsprogramm erstellt. Die Finanzierung soll anteilig
urch Mittel des BMU und der Netzbetreiber erfolgen.


(Horst Meierhofer [FDP]: Und die Gerätehersteller?)


nsofern ist der FDP-Antrag entbehrlich, weil ein Groß-
eil der Forderungen im Antrag bereits umgesetzt wird.

Mit dem alle zwei Jahre erfolgenden Bericht der Bun-
esregierung an den Deutschen Bundestag zur Mobil-






(A) )



(B) )


Detlef Müller (Chemnitz)

funkforschung werden wir als Parlamentarier über die
neuesten Forschungsergebnisse zeitnah informiert.

Gestatten Sie mir abschließend noch ein paar Worte
zum Antrag der Linken. Wir teilen die dort angeführten
Feststellungen zu diesem Thema nicht. So entstammen
die im Antrag zur Begründung angeführten Behauptun-
gen zu Folgen und Risiken des Mobilfunks wie zum Bei-
spiel gentoxische Effekte, erhöhtes Hirnturmorrisiko
oder auch niedrigere Lebenserwartung in der Nähe von
Mobilfunkbasisstationen einer selektiven Wiedergabe
der wissenschaftlichen Literatur.

Sie geben aber nicht den heutigen wissenschaftlichen
Kenntnisstand wieder. Eine derartige einseitige Wieder-
gabe des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist aller-
dings keine fundierte Basis für die Ableitung weiter-
gehender Anträge. Herr Heilmann, es geht nicht darum,
Technologien wie WLAN abzulehnen oder zu verbieten,
sondern es geht darum, sie zu verbessern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621132300

Das Wort hat die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621132400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben beim Mobilfunk ein Dilemma. Wir haben das
Bedürfnis einer Mehrheit in der Gesellschaft nach mobi-
ler Kommunikation – möglichst überall und zu jeder Zeit –,
und wir haben die Elektrosensibilität einer Minderheit.
Was dieses Dilemma angeht, ist es überhaupt nicht wich-
tig, ob die Elektrosensibilität nachgewiesen werden
kann. Entscheidend ist, ob die Betroffenen sie empfin-
den.

Forschung ist wichtig; auch wir wollen sie. Das Pro-
blemfeld Kinder und Jugendliche einerseits und Lang-
zeitwirkungen andererseits ist von allen benannt worden.
Aber, Herr Meierhofer, die Forschungen helfen Elektro-
sensiblen nicht, solange die Schädlichkeit nicht nachge-
wiesen ist. Dass auch die Unschädlichkeit bisher nicht
beweisbar ist, befreit die Menschen nicht von den Beein-
trächtigungen, die sie spüren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese Menschen sind aber zu wenige, und sie haben
keine Lobby. Unsere Antwort ist daher vor allem Mit-
sprache. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Mobil-
funkbetreiber hat nicht das gebracht, was sie sollte. Vor
allem in kleinen Kommunen funktioniert die Einbindung
der Bürgerinnen und Bürger nur suboptimal. Das Bau-
recht erlaubt nur in reinen Wohngebieten, Sendemasten
zu verhindern. Die öffentliche Standortdatenbank war
ein erster guter Schritt. Jetzt braucht es zentrale Anlauf-
stellen für Bürger und Bürgerinnen. Solche Stellen müs-
sen die Anwohner von sich aus über geplante Anlagen
informieren und runde Tische organisieren. Einzelne
Kommunen gehen da schon mit gutem Beispiel voran.

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(C (D ber das muss eine Verpflichtung werden. Nur mit gaantierter Bürgerbeteiligung können wir das Gefühl von hnmacht bei den Betroffenen verringern. Besonders sensible Bereiche wie Kindergärten oder rankenhäuser brauchen besonders sensible Maßnahen. Da sind die Vorschläge der Linken nicht verkehrt, ie auch noch andere ihrer Vorschläge. Ich habe aber ein roblem zum Beispiel mit Ihrer Haltung zu der Frage, er die weitere Forschung bezahlen soll. Was nicht geht, st, die Mobilfunkbetreiber außen vor zu lassen. Auch an ieser Stelle gilt für mich das Vorsorgeprinzip. Sie unterstellen, dass Mobilfunkunternehmen über die ostenbeteiligung Einfluss auf die Gestaltung der Stuien und Abschlussberichte nehmen können. Bei der Inerpretation der Ergebnisse des großen Deutschen obilfunk-Forschungsprogramms haben sie das wohl robiert. Aber daraus zu schließen, dass das Ganze eine rt Gefälligkeitsforschung war, schüttet das Kind mit em Bade aus. Wo soll das enden, wenn schon die Linke ie Industrie aus der Finanzierung der Beseitigung von olgekosten entlasten will? Ihr Antrag, Kollege Meierhofer, ist erstaunlich techikkritisch. Das ist an dieser Stelle richtig. Stellen Sie eine Zwischenfrage! Dann können wir uns nterhalten. – Es ist überfällig, dass wir Technologien or ihrer Einführung auf ihre Folgewirkungen hin erforchen und nicht erst dann, wenn sie bereits so stark in irtschaft und Gesellschaft verankert sind, dass wir sie icht mehr zurücknehmen können. s freut mich, Herr Koeppen, dass auch Sie das so seen. Das gilt übrigens nicht nur für Funktechnologien, ondern auch für die Nanotechnologie, für CCS und iele andere Technologien, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Autos!)


(Zuruf des Abg. Lutz Heilmann [DIE LINKE])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ei denen die Begeisterung für die Chancen die Risiken
ern übersehen lässt. Das gilt gerade für Ihre Partei, Kol-
ege Meierhofer.

Es ist auch überfällig, dass wir aufhören, jeden einzel-
en Emittenten isoliert zu betrachten und die kumulative
irkung zu ignorieren. Grundsätzlich ist Kennzeich-

ung, also auch die Kennzeichnung der Strahlungsinten-
ität beim Handy, der erste Schritt zum mündigen Bür-
er. Es ist unverständlich, dass die Große Koalition
nseren Antrag vor zwei Jahren abgelehnt hat. Machen
ir also einen neuen Versuch!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch beim Antrag der FDP stoße ich mich neben dem
uktus so richtig nur an einer Stelle, nämlich an der Le-
ensretterfunktion des Handys beim Kind. Solange wir
icht wissen, ob die Nutzung von Handys aufgrund ihrer
trahlung bei Kindern zu gesundheitlichen Beeinträchti-
ungen führen kann – da gibt es noch keine Forschungs-






(A) )



(B) )


Sylvia Kotting-Uhl
ergebnisse –, sind Handys in Kinderhänden für mich am
falschen Platz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die beiden Anträge sind in ihren Forderungen nicht
so gegensätzlich, wie Sie, Herr Koeppen, sagen. Beide
wollen Forschung, beide wollen Kennzeichnung. Ob die
einen die Forschung wollen, weil sie aufklären wollen
oder weil sie davon überzeugt sind, dass diese For-
schung die gesundheitliche Schädigung nachweist, oder
ob die anderen die Forschung wollen, weil sie davon
überzeugt sind, dass durch sie die Unschädlichkeit nach-
gewiesen wird, ist mir relativ egal. Die Hauptsache ist,
dass wir alle Forschung fordern und die Bundesregie-
rung bewegen, sie in die Wege zu leiten.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621132500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/10325 und 16/9485 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Christian
Freiherr von Stetten, Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof), Georg Brunnhuber, weiterer Abgeordneter

und der Fraktion der CDU/CSU

sowie der Abgeordneten Dr. Michael Bürsch, Ute
Berg, Klaas Hübner, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD

Faire Wettbewerbsbedingungen für Öffentlich
Private Partnerschaften schaffen

– Drucksache 16/12283 –

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. –
Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Es handelt sich
um die Reden folgender Kolleginnen und Kollegen: Dr.
Ole Schröder und Christian Freiherr von Stetten für die
Unionsfraktion, Dr. Michael Bürsch für die SPD-Frak-
tion, Ulrike Flach für die FDP-Fraktion, Ulla Lötzer für
die Fraktion Die Linke und Alexander Bonde für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.1)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache
16/12283. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion ge-
gen die Stimmen der FDP-Fraktion, der Fraktion Die
Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange-
nommen.

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1) Anlage 3 2)

(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Hüseyin-
Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Pakistan und Afghanistan stabilisieren – Für
eine zentralasiatische regionale Sicherheits-
konferenz
– Drucksachen 16/10845, 16/11249 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernd Schmidbauer
Johannes Pflug
Harald Leibrecht
Wolfgang Gehrcke
Marieluise Beck (Bremen)


Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. –
ch sehe, Sie sind damit einverstanden. Es handelt sich
m die Reden folgender Kollegen: Holger Haibach für
ie Unionsfraktion, Detlef Dzembritzki für die SPD-
raktion, Hellmut Königshaus für die FDP-Fraktion,
r. Norman Paech für die Fraktion Die Linke, Omid
ouripour für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.2)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti-
en Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke
it dem Titel „Pakistan und Afghanistan stabilisieren –
ür eine zentralasiatische regionale Sicherheitskonfe-
enz“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
ehlung auf Drucksache 16/11249, den Antrag der Frak-
ion Die Linke auf Drucksache 16/10845 abzulehnen.

er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-
mpfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion, der
PD-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion Bünd-
is 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die
inke angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines … Geset-
zes zur Änderung des Strafgesetzbuches – An-
hebung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei
Geldstrafen

– Drucksache 16/11606 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/12143 –

Berichterstattung:

(VillingenSchwenningen)

Joachim Stünker
Jörg van Essen
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Anlage 4






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Interfraktionell wird auch hier vorgeschlagen, die Re-
den zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu ge-
ben. – Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Es handelt
sich um die Reden folgender Kollegen: Siegfried Kauder
für die Unionsfraktion, Dr. Peter Danckert für die SPD-
Fraktion, Jörg van Essen für die FDP-Fraktion, Ulrich
Maurer für die Fraktion Die Linke, Jerzy Montag für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Parlamentari-
sche Staatssekretär Alfred Hartenbach für die Bundesre-
gierung.1)

Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsaus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Druck-sache 16/12143 den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung auf Drucksache 16/11606 in der Ausschuss-
fassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung mit den Stimmen der Unionsfraktion,
der SPD-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die
Linke angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-
entwurf ist mit den Stimmen der Unionsfraktion, der
SPD-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die
Linke angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 18 a und 18 b auf:

a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Kai
Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Situation in deutschen Abschiebehaftanstalten

– Drucksachen 16/9142, 16/11384 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen,
Wolfgang Nešković, Petra Pau, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE

Grundsätzliche Überprüfung der Abschie-
bungshaft, ihrer rechtlichen Grundlagen und
der Inhaftierungspraxis in Deutschland

– Drucksachen 16/3537, 16/12020 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Sevim Dağdelen
Josef Philip Winkler

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die

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d1) Anlage 5

(C (D raktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten oll. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so bechlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege osef Winkler für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

nd Kollegen! Die deutsche Praxis der Verhängung von
bschiebehaft und des Vollzuges ist im Sinne einer an
en Menschenrechten orientierten Flüchtlingspolitik
icht länger hinnehmbar.

Bei den Betroffenen handelt es sich nicht um Men-
chen, die sich eine Straftat haben zuschulden kommen
assen, sondern um Personen, die in Deutschland Schutz
esucht haben. Die Inhaftierung von Menschen zum
wecke der Sicherung einer reinen Verwaltungshand-

ung widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßig-
eit. Nur zur Erklärung: Abschiebehäftlinge können bis
u 18 Monate inhaftiert werden, ohne einer Straftat
chuldig gesprochen worden zu sein oder überhaupt ei-
er verdächtig zu sein. Ein Abschiebehäftling hat nach
nordnung der Haft kaum Möglichkeiten, gegen die
aft juristisch vorzugehen. Ein Haftprüfungstermin, wie

r bei Untersuchungshäftlingen Anwendung findet, ist
ür Abschiebehäftlinge ebenso wenig vorgesehen wie
in Pflichtverteidiger.

Demzufolge wäre eigentlich davon auszugehen, dass
bschiebehaft nur im Ausnahmefall angeordnet wird
nd bei der Anordnung durch das Amtsgericht eine sehr
orgfältige Prüfung stattfindet, ob die Haft wirklich not-
endig ist.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So sollte es sein!)


as Gegenteil ist jedoch der Fall: Im Zehn-Minuten-
akt werden die Abschiebehaftbeschlüsse verfasst, und
ie gesetzlich vorgesehene Anhörung findet de facto
icht statt. Den Angaben in den Anträgen der Ausländer-
ehörden auf Anordnung der Abschiebehaft wird allzu
ft ungeprüft Glauben geschenkt.

Die belastenden Haftbedingungen sollen auf die
lüchtlinge abschreckend wirken und darauf hinwirken,
ass sie Deutschland vorzeitig und „freiwillig“ verlas-
en. Auch nach Einschätzung vieler Flüchtlingsinitiati-
en, die in den Gefängnissen Besuchsdienste leisten, ha-
en Abschiebegefängnisse gleichsam den Charakter
iner Beugehaft. Das kann nicht länger so bleiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


All dies wird in der Antwort der Bundesregierung auf
ie Große Anfrage meiner Fraktion zur Situation in den
eutschen Abschiebehaftanstalten deutlich. Besonders
rschütternd war für uns, dass es in den Jahren zwischen
005 und 2007 mindestens zwei Selbstmorde und
9 Selbstmordversuche gab, wobei nicht alle Bundeslän-
er der Bundesregierung Auskunft über die Zahlen in ih-






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
rem Land gegeben haben. Dies ist für einen Rechtsstaat
wirklich unerträglich


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


und zeigt, dass die Situation nicht länger so bleiben
kann, wie sie derzeit ist.

Hinter diesen Zahlen verbergen sich unfassbare
menschliche Dramen. Ich habe die Zahlen der Selbst-
morde und der Selbstmordversuche in den Mittelpunkt
gestellt. Es gibt aber noch eine Vielzahl anderer Grup-
pen, die man erwähnen könnte: Schwangere Frauen wa-
ren zum Teil mehr als 100 Tage in Abschiebehaft, zum
Teil sogar noch am Tag der Entbindung. Auch Minder-
jährige befinden sich in den Abschiebehaftanstalten.
Darüber haben wir im Innenausschuss ausführlich debat-
tiert. All das kann ich hier jetzt nicht noch einmal aus-
führlich darstellen.

Diese Zahlen können uns als Bundestag nicht beruhi-
gen. Ganz im Gegenteil: Der Bundesinnenminister wäre
gefordert – Herr Staatssekretär, Sie können es ihm ja
ausrichten –, endlich seiner Verantwortung gerecht zu
werden. Das Problem von Suiziden und Suizidversuchen
und die Ursachen dieser Misere müssen endlich ernst ge-
nommen werden, statt wie bisher im wahrsten Sinne des
Wortes totgeschwiegen zu werden. Zwar ist der Vollzug
der Abschiebehaft Ländersache; die gesetzliche Grund-
lage ist aber in § 62 des Aufenthaltsgesetzes, einem Bun-
desgesetz, geregelt. Zusammen mit den Bundesländern
wäre der Innenminister hier gefordert, zum Beispiel auf
Grundlage der Daten dieser Großen Anfrage über Refor-
men und humanitäre Verbesserungen zu beraten. Ein
Anlass hierzu könnten die Beratungen über die Verwal-
tungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz sein.

Unserer Auffassung nach sollte § 62 des Aufenthalts-
gesetzes so modifiziert werden, dass dieser schwerwie-
gende Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen auf
absolute Ausnahmefälle beschränkt wird. Im Übrigen
bewegen wir uns da auf der Linie des Bundesverfas-
sungsgerichtes, das am 15. Dezember 2000 in einer Ent-
scheidung klar gesagt hat, dass die bisher übliche Haft-
dauer bis zu einem Maximum von 18 Monaten nicht
verhältnismäßig ist. Änderungen sind hier also überfäl-
lig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir fordern, dass im Rahmen der jetzt anstehenden
Beratungen zu den Verwaltungsvorschriften zum Auf-
enthaltsgesetz Konkretisierungen und verbindliche Re-
gelungen insbesondere für Minderjährige und Traumati-
sierte vorgelegt werden. Leider Gottes ist ein Befund des
Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof Hes-
sen, Herrn Göbel-Zimmermann, aus dem Jahre 1996 im-
mer noch aktuell – ich zitiere und komme dann zum
Ende –:

Abschiebungshaft wird teilweise zu schnell und zu
oft beantragt und angeordnet sowie zu lange vollzo-
gen. Das Abschiebungshaftverfahren ist häufig mit
gerichtsorganisatorischen Mängeln, Verfahrensfeh-
lern und Fehleinschätzungen der Rechtslage belas-

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(C (D tet, so dass es zu einer nicht unerheblichen Zahl fehlerhafter Entscheidungen kommt. Dies darf nicht länger so bleiben. Herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621132600

Das Wort hat jetzt der Kollege Stephan Mayer von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1621132700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

ollegen! Sehr verehrte Kolleginnen! Es mutet an wie in
em Spielfilm Und täglich grüßt das Murmeltier. In ste-
er Regelmäßigkeit müssen wir uns hier im Deutschen
undestag auf Betreiben der Oppositionsfraktionen mit
en Themen Abschiebung und Abschiebungshaft be-
chäftigen.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Nicht alle! – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie wirklich!)


Meine sehr verehrten Kollegen von der Opposition,
er Mehrwert und der Neuigkeitswert dieser Debatten
ind leider Gottes außerordentlich gering.

Eines bleibt klar festzuhalten: Abschiebungen und
bschiebungshaft sind notwendige Mittel zur Durchset-

ung rechtmäßiger Ausweisungen. Ich möchte außerdem
u Beginn klarstellen: Das deutsche Recht wird dem
rundsatz der Verhältnismäßigkeit in vollem Umfang
erecht, indem Abschiebungen Ultima Ratio, das aller-
etzte Mittel einer notwendigen Rückführung sind.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das sind sie eben nicht! Die Zahlen belegen doch was ganz anderes!)


ch darf auch darauf hinweisen: Es handelt sich bei dem
reis der Betroffenen um Personen, die keinen Aufent-
altstitel in Deutschland haben und Deutschland eigent-
ich verlassen müssten, aber aus diversen Gründen – teil-
eise humanitären, teilweise tatsächlichen Gründen –
eutschland bislang nicht verlassen konnten und nicht
erlassen haben.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie sind keine kriminellen Täter! Das sind keine Straftäter!)


Die §§ 58 ff. des Aufenthaltsgesetzes genügen in vol-
em Umfang den rechtsstaatlichen und meiner Meinung
ach auch den humanitären Anforderungen. Dies ist
ehrmals, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kolle-

en, insbesondere von der Opposition, durch die Recht-
prechung des Bundesverfassungsgerichtes und viele
rteile bestätigt worden.

Es gibt einen klaren Grundsatz, der besagt, dass die
bschiebung das letzte Mittel der notwendigen Rück-






(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

führung ist. Es gibt im Vorfeld mildere Mittel, die weit-
aus häufiger angewandt werden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden von der Haft, nicht von der Abschiebung!)


Die freiwillige Ausreise hat den absoluten Vorrang. Der
überwiegende Teil der Personen, die nun einmal keinen
Aufenthaltstitel für Deutschland haben und Deutschland
verlassen müssen, verlässt Deutschland freiwillig. Wenn
eine Abschiebung notwendig wird, muss sie im Vorfeld
erst einmal angedroht werden. Für den Fall, dass sie tat-
sächlich erforderlich ist, bedarf es einer richterlichen
Anordnung der Abschiebung. Eine Abschiebung bedarf
also der Anordnung durch ein unabhängiges gerichtli-
ches Organ.

Des Weiteren gibt es diverse Möglichkeiten, die dazu
beitragen, dass auf das Mittel der Abschiebung verzich-
tet wird. Wenn der Betroffene, also die Person, die aus-
reisepflichtig ist, glaubhaft macht, dass er Deutschland
entweder freiwillig verlassen oder sich der Abschiebung
beugen wird, dann bedarf es nicht der Anordnung der
Abschiebungshaft. Das europäische Recht ist mit dem
deutschen Recht schon in vollem Umfang in Einklang
gebracht worden.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das stimmt doch gar nicht!)


Der Rat der Europäischen Union hat die sogenannte
Rückführungsrichtlinie am 16. Dezember letzten Jahres
verabschiedet, und am 13. Januar dieses Jahres ist sie in
Kraft getreten.


(Rüdiger Veit [SPD]: Darüber müssen wir noch einmal reden!)


Viele andere Länder in der Europäischen Union haben
im Hinblick auf die EU-Rückführungsrichtlinie weitaus
größeren Nachbesserungsbedarf als Deutschland.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir könnten ja einmal mit gutem Beispiel vorangehen!)


In Art. 15 der Rückführungsrichtlinie sind Abschie-
bung und Abschiebungshaft als letztes Mittel, als Ultima
Ratio, vorgesehen. Wie im bisher geltenden deutschen
Aufenthaltsgesetz wird auch hier der freiwilligen Aus-
reise Vorrang eingeräumt. Im Rahmen von Art. 7 der
EU-Rückführungsrichtlinie gibt es diverse Möglichkei-
ten, unter bestimmten Auflagen auf die Anordnung einer
Abschiebung zu verzichten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621132800

Herr Kollege Mayer, würden Sie eine Zwischenfrage

der Kollegin Dağdelen zulassen?


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1621132900

Selbstverständlich, sehr gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621133000

Bitte schön.

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(C (D ieben Dank, Herr Kollege. – Ich werde gleich noch ine Rede halten. Wenn ich meine Frage aber nicht jetzt n geeigneter Stelle stellen dürfte, wäre das später völlig us dem Zusammenhang gerissen. (Iris Gleicke [SPD]: Wieso? Sie können doch frei sprechen! – Zurufe von der CDU/CSU: Das wäre natürlich äußerst schade! – Wie traurig! – Das muss ja sehr wichtig sein!)

Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621133100

Sie haben gesagt, die Rückführungsrichtlinie sei
chon in nationales Recht umgesetzt worden. Dazu habe
ch eine Frage. Nach Art. 16 der Rückführungsrichtlinie
st es nicht zulässig, Menschen, die zur Ausreise ver-
flichtet worden sind, in Straf- bzw. Haftanstalten unter-
ubringen; in 14 der 16 Bundesländer ist dies aber noch
sus. Außerdem sind nach der beschlossenen Rückfüh-

ungsrichtlinie keine Inhaftierungen allein aufgrund ei-
er illegalen Einreise mehr erlaubt. Ich frage Sie, ob Sie
ur Kenntnis nehmen, dass diese zwei Regelungen der
ückführungsrichtlinie noch nicht in nationales Recht
mgesetzt worden sind, und ob die Bundesregierung ge-
enkt, auch diese Regelungen in nationales Recht umzu-
etzen.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1621133200

Sehr verehrte Frau Kollegin Dağdelen, ich kann nur

ür meine Fraktion und für mich, aber nicht für die Bun-
esregierung sprechen. Ich gehe natürlich davon aus,
ass die Bundesregierung, insbesondere wenn die CDU/
SU an ihr beteiligt ist, der Vorgabe der EU-Rückfüh-

ungsrichtlinie in vollem Umfang Genüge tun wird,


(Rüdiger Veit [ Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer es glaubt, wird selig! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie sonst ja auch nicht immer!)


odass die EU-Rückführungsrichtlinie bis zum 24. De-
ember 2010 im Wortlaut umgesetzt wird.

Nun zum ersten Teil Ihrer Frage, Frau Kollegin. Ich
abe die Antwort der Bundesregierung auf die Große
nfrage der Fraktion der Grünen sehr intensiv gelesen.
ie haben sich gerade auf Frage 3 der Großen Anfrage
ezogen, die, wenn ich das so sagen darf, sehr perfide
estellt ist; darauf möchte ich gerne eingehen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hauptsache, Sie haben sie verstanden! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nicht perfide, sondern schlau!)


Ja, oder schlau. – Leider kenne ich den genauen Wort-
aut nicht auswendig. Sinngemäß lautet die Frage: In
elchen Bundesländern werden Abzuschiebende auch in

ustizvollzugsanstalten untergebracht? – Natürlich wer-
en Abzuschiebende in den Bundesländern, in denen
ies der Fall ist, nicht ausschließlich in JVAs unterge-
racht. Das ist also eine Fragestellung, der man sehr ge-
au auf den Grund gehen muss. Meines Wissens werden
ie Abzuschiebenden in fast allen Bundesländern fast






(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

ausschließlich in gesonderten Haftanstalten unterge-
bracht, sodass dem Art. 16 der EU-Rückführungsrichtli-
nie schon Genüge getan wird.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Nein! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber bestimmt nicht in Bayern!)


Diese Fragestellung sollte man erst einmal genau hinter-
fragen. Die Antwort auf diese Frage ist in Anbetracht der
Fragestellung natürlich relativ.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn das?)


Frau Kollegin, auch Sie sollten sich diese Fragestellung
noch einmal genau zu Gemüte führen.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das haben wir ja!)


Ich fasse zusammen: Art. 16 der EU-Rückführungsricht-
linie ist umzusetzen. Es ist davon auszugehen, dass dies
geschieht.

Ich möchte betonen, dass diejenigen, für die Abschie-
bungshaft angeordnet wurde, in allen 16 Bundesländern
in den meisten Fällen bereits heute in gesonderten und
speziellen Hafteinrichtungen untergebracht werden. Das
ist auch vollkommen richtig, Frau Kollegin, weil ein Ab-
zuschiebender in den allermeisten Fällen nichts mit ei-
nem Straftäter oder einem Straffälligen zu tun hat. Des-
wegen ist es auch richtig, dass es zwei verschiedene
Haftanstalten gibt, zum einen für Straftäter und zum an-
deren für Abzuschiebende.

Frau Kollegin, lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit
auf Ihren Antrag zu sprechen kommen. Sie haben die
weitestgehende Forderung gestellt, nämlich dass die Ab-
schiebehaft komplett abzuschaffen ist. Dies ist in vollem
Umfang weltfremd und unrealistisch.


(Beifall des Abg. Henry Nitzsche [fraktionslos])


Es gibt Fälle, in denen es einer zwangsweisen Abschie-
bung und auch der Anordnung einer Abschiebehaft be-
darf.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht immer!)


– Herr Kollege Winkler, natürlich handelt es sich bei den
Abzuschiebenden nicht immer um Straftäter. Es gibt
aber durchaus Fälle, bei denen es sich um Straftäter han-
delt. Ich möchte nur an die brutalen und menschenver-
achtenden Schläger in der Münchener U-Bahn erinnern,
die kurz vor Weihnachten 2007 einen über 70-jährigen
Rentner fast totgeschlagen haben.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die sitzen doch nicht in Abschiebehaft!)


Leider sind die rechtsstaatlichen Grundsätze immer noch
zu hoch – das sage ich ganz offen –,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht „leider“, Herr Kollege!)


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(C (D m solche Personen im Zweifel abschieben zu können. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind doch in der Regierung!)


n Einzelfällen besteht aber natürlich die Notwendigkeit,
usländische Straftäter abzuschieben.

Des Weiteren ist Ihre Forderung, die Verwaltungsge-
ichte in vollem Umfang als zuständige Gerichte für die
nordnung der Abschiebehaft einzusetzen, ebenso welt-

remd und unrealistisch.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Weltfremd sind Sie, Herr Mayer! In welcher Welt leben Sie eigentlich?)


ies wäre ein logischer Bruch in unserem Prozessrechts-
ystem. Haft wird nun einmal von ordentlichen Gerich-
en angeordnet. So muss es auch bei der Abschiebehaft
ein. Das bis dahin stattfindende Verfahren wird von den
erwaltungsgerichten in ordnungsgemäßer Weise durch-
eführt. Dies gilt für die Rückweisung und auch für die
nordnung der Abschiebung. Die Anordnung der Ab-

chiebehaft muss aber selbstverständlich von den ordent-
ichen Gerichten angeordnet werden, und daran sollte
ich auch nichts ändern.

Ebenso vollkommen überzogen ist Ihre Forderung,
ür abzuschiebende Personen generell eine Pflichtvertei-
igung und eine kostenlose anwaltliche Vertretung
ereitzustellen. Dies entspricht in keiner Weise dem
eutschen Prozessrecht. Wenn die entsprechenden per-
önlichen Verhältnisse der Person nicht zulassen, dass
ie sich selbst vertreten kann, und sie auch nicht die nöti-
en finanziellen Mittel für einen Rechtsbeistand aufbrin-
en kann,


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das können Sie ja auch nicht!)


ieht es das deutsche Prozessrecht in bestimmten berech-
igten Fällen vor, dass dann die Möglichkeit der Anord-
ung eines Pflichtverteidigers unter Prozesskostenhilfe
esteht. Dies gilt aber nur für diese Ausnahmefälle. Eine
usnahme ist meines Erachtens richtigerweise, dass
inderjährigen selbstverständlich ein Pflichtverteidiger

eigeordnet wird.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die
roße Koalition hat in den vergangenen dreieinhalb Jah-

en in Sachen Reduzierung der sich illegal in Deutsch-
and aufhaltenden Personen durchaus bemerkenswerte
ortschritte gemacht. Wir haben eine Bleiberechtsrege-

ung geschaffen, eine Altfallregelung in § 104 a des Auf-
nthaltsgesetzes, die wirklich wegweisend ist. Auch die
nnenministerkonferenz hat eine Bleiberechtsregelung
eschaffen, von der durchaus und in nicht zu unterschät-
ender Art und Weise Gebrauch gemacht wird.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 25 000 sind das!)


m Ende des Tages müssen wir aber einfach zur Kennt-
is nehmen, dass es in Deutschland Personen gibt, die
einen Aufenthaltstitel haben. Diese Personen müssen
eutschland dementsprechend verlassen. Wenn sie das






(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

nicht freiwillig tun, dann muss dies eben mit den Mitteln
der Abschiebung und der Abschiebehaft geschehen.

Wie schon eingangs erwähnt, beschäftigen wir uns in
steter Regelmäßigkeit mit solchen Anträgen, die keinen
Neuigkeitswert zutage fördern. Deswegen kann ich uns
nur empfehlen, die interessanten Antworten der Bundes-
regierung auf die Große Anfrage der Grünen-Fraktion
zur Kenntnis zu nehmen und den vollkommen weltfrem-
den, überzogenen und unrealistischen Antrag der Links-
fraktion abzulehnen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Henry Nitzsche [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621133300

Das Wort hat jetzt der Kollege Hartfrid Wolff von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Um-

gang mit sich illegal in Deutschland aufhaltenden Men-
schen betrifft durchaus das Selbstverständnis einer frei-
heitlichen Gesellschaft und die grundsätzlichen Fragen
der Durchsetzung unserer rechtsstaatlichen Ordnung.
Die Abschiebehaft ist ein Instrument des Ausländer-
rechts, mit dem man sich auf eine seriöse Art und Weise
beschäftigen sollte, gerade dann, wenn man die humani-
tären Themen angehen möchte.

Der Antrag der Linken kommt mit humanitärer Ab-
sicht daher, verschweigt aber konsequent seine Folgen
für die deutsche Zuwanderungspolitik. In entlarvender
Weise fordern die Linken die Aufgabe der staatlichen
Durchsetzungsmöglichkeiten und quasi die Einstellung
jeglicher Abschiebung aus Deutschland. So einfach kann
man sich das nicht machen.

Auch die Forderungen nach weiteren kostenlosen
Leistungen sind unverhältnismäßig. Die Privilegierung
illegal oder zumindest ohne Rechtsgrundlage Eingewan-
derter gegenüber legal eingewanderten Menschen und
auch jedem deutschen Staatsbürger gegenüber ist frag-
würdig.

Zu Ende gedacht ruft die Linkspartei unter dem Vor-
wand der Menschenrechte zu einer weitgehenden Ab-
schaffung jeglicher Migrationssteuerungsinstrumente
auf. Gleichzeitig aber schimpft sie über Integrations-
mängel, Schwarzarbeit sowie die Spannungen auf dem
Arbeitsmarkt und in den sozialen Sicherungssystemen.
Das ist unlogisch und unredlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie sind unredlich, Herr Wolff! Drehen Sie das mal nicht um!)


Ich habe manchmal den Eindruck, dass bei den Ver-
tretern der Linken eine naive Freude an unkontrollierter
und unsteuerbarer Zuwanderung besteht.

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(C (D (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Meine Güte, so weit ist es mit der FDP schon gekommen!)


enerell aus dem deutschen Zuwanderungsrecht einen
erstoß gegen die Menschenrechte abzuleiten, ist infam.
ei jeder Abschiebung liegt ein Verstoß gegen geltendes
emokratisches Aufenthalts- oder Zuwanderungsrecht
or.

Bei aller Kritik, die in manchem Einzelfall angebracht
ein mag: Die pauschale Herabsetzung rechtsstaatlichen
andelns, die die Linke hier vornimmt, ist unanständig.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das ist ja eine Frechheit! Eine Unverschämtheit!)


it diesen überzogenen Forderungen der Linken wird
em an sich berechtigten Anliegen, eine verhältnismä-
ige und humanitäre Abschiebepraxis zu gewährleisten,
in Bärendienst erwiesen.


(Beifall bei der FDP)


Es gilt auch aus liberaler Sicht,


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das hat doch nichts mit Liberalismus zu tun! Schämen Sie sich!)


ass mit dem Instrument der Abschiebehaft sehr zurück-
altend und sehr behutsam umgegangen werden muss.
s gibt eine ganze Reihe von Verbesserungsmöglichkei-

en, die umgesetzt werden müssen. Auch in diesem Be-
eich sehen wir durchaus Handlungsbedarf. Grundsätz-
ich halten wir die Abschiebehaft jedoch für notwendig.

Insofern haben wir die detaillierte Antwort der Bun-
esregierung auf die Große Anfrage der Grünen positiv
esehen. Außerdem ist es grundsätzlich sehr gut, dass
ie Grünen diese Große Anfrage gestellt haben


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir ziehen nur andere Konsequenzen daraus als Sie!)


nd wir damit eine Grundlage bekommen, um uns sach-
ich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Ich muss
llerdings auch sagen: Einige Teilaspekte sind angespro-
hen worden; der Gesamtzusammenhang fehlt jedoch
eider.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621133400

Herr Kollege Wolff, erlauben Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Winkler?

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Nein, jetzt nicht.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warum denn nicht?)


Dabei hatten die Grünen bereits im Jahr 1998, lieber
osef, im Koalitionsvertrag unterschrieben, die Praxis
er Abschiebehaft – ich zitiere – „im Lichte des Verhält-
ismäßigkeitsgrundsatzes“ zu prüfen.


(Rüdiger Veit [SPD]: „Und des Flughafenverfahrens“ heißt es vollständig!)







(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Sie hatten sieben Jahre lang Zeit, liebe Kollegen von den
Grünen, das zu tun, was Sie für besser gehalten haben.
Was ist daraus geworden? Der Kollege Veit wird jetzt
überlegen, ob er derjenige war, der verhindert hat, dass
Ihre großen, hehren Ziele umgesetzt wurden.


(Rüdiger Veit [SPD]: Wahrscheinlich eher nicht!)


Jedenfalls hatten Sie die Möglichkeit, sie umzusetzen.

Die FDP stimmt den drei essenziellen Aspekten zu,
die auch die EU-Kommission beschlossen hat. Demnach
müssen das Primat der freiwilligen Rückkehr gestärkt,
verfahrensrechtliche Mindestgarantien gesichert – aus
meiner Sicht auch ausgebaut – und die Verhältnismäßig-
keit gewahrt werden. Gerade dann, wenn wir auf europäi-
scher Ebene weiterkommen wollen, kann die Rückfüh-
rungsrichtlinie, so notwendig sie auch war, nur ein
Anfang sein.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag
der Linken zeigt zwar Probleme auf – der eine oder an-
dere Satz zeigt auch das Niveau –; die Antragsteller bie-
ten als scheinbare Lösung jedoch nur eine weitgehende
Erschwerung von oder einen Verzicht auf Abschiebun-
gen. Damit ist niemandem gedient, insbesondere den
Menschen nicht, die legal und unter Beachtung der Ge-
setze der Bundesrepublik Deutschland hierher einge-
wandert sind und sich rechtmäßig im Lande aufhalten.

Eine individuelle Bewertung ist notwendig. Institutio-
nalisierte, ritualisierte oder automatische Nachsicht mit
denen, die sich nicht an unsere Rechtsordnung halten,
kann das Ansehen aller Zuwanderer beeinträchtigen und
die Rechtstreue im Alltag aushöhlen. Zuwanderung ist
aber etwas, was wir brauchen. Deshalb sollten wir sehr
vorsichtig mit den verschiedenen Vorgaben umgehen.

Auch deswegen bleibt die Abschiebehaft ein letztes,
aber legitimes Mittel, den Abschiebevollzug sicherzu-
stellen, wenn es darum geht, eine Rechtsordnung zu ver-
teidigen, die demokratisch entstanden ist.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621133500

Das Wort hat der Kollege Rüdiger Veit von der SPD-

Fraktion.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1621133600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren Kollegen! Nicht selten liegen Wahrheit und Rea-
lität in der Mitte – auch bei einigen Beiträgen, die hier
und heute schon gehalten worden sind. Ich will mich be-
mühen, möglichst angemessen und nicht emotional auf
die Problematik einzugehen.

Wir können den Antrag der Linksfraktion nicht unter-
stützen, weil er zum einen aufgrund der Rückführungs-
richtlinie, die aktualisiert wurde, völlig veraltet und in
keiner Hinsicht mehr aktuell ist


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gut, dass Sie das Datum gesehen haben!)


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(C (D nd weil er zum anderen eine Reihe von Behauptungen nd Forderungen enthält, die in der Tat als nicht praktiabel angesehen werden können. Insoweit stimme ich er Begründung des Kollegen Wolff in einigen Details aber wirklich nicht in jeder Hinsicht – zu. Lieber Kollege Winkler, ich möchte mich aber auch n Sie wenden und sagen: Als jemand, der an diesem eschehen einmal aktiv und verantwortlich beteiligt ar, verwahre ich mich dagegen, dass Abschiebung und bschiebungshaft in Deutschland generell so verhängt, ollzogen und praktiziert würden, dass dies mit menchenrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar sei. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nur von der Haft gesprochen!)


iese pauschale Schelte für alle daran beteiligten Ver-
altungsbehörden oder auch Gerichte kann ich so nicht

tehen lassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Da ich die Pflicht hatte, zwölf Jahre lang politisch
auptverantwortlich einer Ausländerbehörde und da-
über hinaus weitere sechs Jahre lang einer zentralen Ab-
chiebebehörde vorzustehen, könnte ich Ihnen durchaus
iniges aus der Praxis erzählen – übrigens auch von den
anchmal extremen emotionalen Belastungen, denen

ie Mitarbeiter ausgesetzt sind, die unsere Rechtsord-
ung vollziehen müssen. Das betrifft nicht nur die poli-
isch Hauptverantwortlichen, sondern auch einzelne Mit-
rbeiterinnen und Mitarbeiter und natürlich die davon
etroffenen Menschen.

Um das ganz klar zu sagen: Dass als Ultima Ratio
bschiebung als solche und Abschiebehaft von irgendje-
andem in unserem Staatswesen – Verwaltungsbeam-

en, Gerichten oder sonstigen Beteiligten – mit großer
reude und Überzeugung vollzogen würden, kann man
un weiß Gott nicht sagen. Das ist für alle Beteiligten in
er Regel eine quälende Belastung. Es ist aber im Aus-
ahmefall notwendig, dass die Rechtsordnung durchge-
etzt wird.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe auch nicht von allen, sondern von „häufig“ gesprochen! Das ist ein kleiner Unterschied!)


Vielleicht von „zu häufig“. Aber auch das „häufig“
asse ich nicht gelten.

Der Kollege Wolff hat die Koalitionsvereinbarung
on SPD und Bündnis 90/Die Grünen aus dem Jahr 1998
brigens nicht ganz vollständig zitiert. Darin hieß es
ämlich, dass sowohl die Abschiebehaft als auch das
lughafenverfahren im Lichte der Verhältnismäßigkeit
u überprüfen seien. Lieber Kollege Winkler und alle,
ie damals schon daran beteiligt waren – wenn ich es
ichtig sehe, dann war das auf der Seite der Grünen nur
er Kollege Hans-Christian Ströbele –, wir hätten gegen-
ber unserer eigenen Regierung unter Umständen ein
isschen erfolgreicher sein können. Ich will das einmal
o freundlich umschreiben.






(A) )



(B) )


Rüdiger Veit

(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Ich wusste es doch! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist zutreffend!)


Hinsichtlich der Flughafenverfahren gab es ja immer-
hin Erfolge. Nachdem die neue Unterkunft fertiggestellt
worden war – ich habe das hier schon mehrfach gesagt –,
waren die Bedingungen sowohl für die Betroffenen als
auch für die Mitarbeiter wesentlich besser und die Zahl
der Beschwerden über diesen ganzen Komplex und die
erheblichen Belastungen wesentlich geringer. Trotzdem
sollten wir nicht aufhören, auch darauf zu achten. Ich
komme noch einmal darauf zurück.

Wir haben damals erreicht – jedenfalls in den Jahren
1999, 2000 und 2001 –, dass zumindest die unbegleite-
ten Minderjährigen – und hierbei vor allem die Kinder –
entweder nur ganz kurz oder überhaupt nicht in der Flug-
hafenunterkunft untergebracht worden sind. Mir sind
von meinen Mitarbeitern Zahlen vorgelegt worden, aus
denen hervorgeht, dass sich diese Tendenz leider wieder
umgedreht hat, sodass sich heute wieder mehr Jugendli-
che und sogar Kinder in der Flughafenunterkunft aufhal-
ten. Meine Mitarbeiter haben mir zum Beispiel von ei-
nem Fall berichtet, bei dem ein Minderjähriger über
32 Tage dort war. Das geht nicht in Ordnung.

Hier ist die Bundesregierung in ihrer Eigenschaft als
Dienstherr sowohl der Bundespolizei als auch des Bun-
desamtes für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg auf-
gefordert und gebeten, darauf hinzuwirken, dass Kinder
und Jugendliche allenfalls nur wenige Stunden auf dem
Flughafen in Frankfurt verbleiben und dann kind- bzw.
jugendlichengerecht untergebracht werden.

Gerade für die Kinder gilt – es ist vielleicht eines der
Verdienste von Bündnis 90/Die Grünen, dass sie diese
Daten mit ihrer Anfrage noch einmal zutage gefördert
haben –: Sie kommen in ein Land, von dem sie sich Si-
cherheit und Schutz vor Verfolgung im Herkunftsland
erhofft haben, und erleben dann möglicherweise schwie-
rigste und nicht kindgerechte Haftbedingungen oder
Aufenthaltsbedingungen, zum Teil und gerade in der un-
mittelbaren Nachbarschaft von Erwachsenen. Sie erlei-
den allein schon durch dieses Schicksal möglicherweise
zusätzliche Traumata, die wir als humanitärer Rechts-
staat eigentlich vermeiden sollten. Nicht ohne Grund
geht aus Art. 37 der Kinderrechtskonvention klar hervor,
dass Freiheitsentziehungen bei einem Kind nur als aller-
letztes Mittel und für die denkbar allerkürzeste Zeit
angeordnet werden können. Der Hohe Flüchtlings-
kommissar der Vereinten Nationen interpretiert die
UN-Kinderrechtskonvention so, dass Abschiebehaft bei
Kindern unter 16 Jahren überhaupt nicht und bei Jugend-
lichen unter 18 Jahren nur als letztes Mittel verhängt
werden darf.

Damit sind wir bei einem anderen Thema, das uns
schon häufiger beschäftigt hat, nämlich die von der Bun-
desregierung immer noch erklärten Vorbehalte gegenüber
der Akzeptanz der Kinderrechtskonvention. Es ist nur
noch ein einziger Punkt offen. Alle anderen sind erledigt.
Dabei geht es um die Frage der Asylmündigkeit und der
Behandlung von Jugendlichen unter 18 Jahren als Asyl-

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(C (D uchende und Flüchtlinge. Denn unser Recht geht von er Fiktion aus, sie seien schon in jeder Hinsicht mündig nd verantwortlich, könnten selbst Anträge stellen und omöglich auch in Haft genommen werden. Das entspricht nach Überzeugung der SPD-Fraktion icht der Kinderrechtskonvention. Wir sehnen uns als ehrheit des Parlaments schon langsam danach, endlich iner Regierung gegenüberzusitzen, die bereit ist, die arlamentsbeschlüsse auch umzusetzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


abei bin ich mir darüber im Klaren, Herr Staatssekretär
ltmaier, dass das Problem bei den Bundesländern liegt.
it dieser Frage werden wir uns vielleicht noch einmal

m Ausschuss fachlich auseinandersetzen.

Aber nicht nur im Lichte der Kinderrechtskonvention
es wird wirklich langsam Zeit, dass wir den Vorbehalt
ndlich ausräumen –, sondern auch im Lichte anderen
bergeordneten Rechtes haben wir Veranlassung, lieber
ollege Mayer, unser eigenes Rechtssystem zu überprüfen.

nsoweit ist unser Anliegen doch aktuell. Ich denke dabei
n die Aufnahmerichtlinie und – wie versprochen komme
ch jetzt darauf zurück – an die Rückführungsrichtlinie
us dem Januar dieses Jahres.

Um es klipp und klar zu sagen: Die Rückführungsricht-
nie ist weder für die Sozialdemokraten im Europäischen
arlament noch für die sozialdemokratische Fraktion im
eutschen Bundestag ein besonders fortschrittliches In-

trument der Migrationspolitik. Aber sie bildet sozusagen
en Mindeststandard – nur den Mindeststandard – für
lle Mitgliedstaaten der EU. Darunter waren auch einige,
ie noch sehr viel problematischere Bedingungen im
ereich von Abschiebung, Rückführung und Abschie-
ungshaft hatten. Insoweit muss man feststellen: Wenn
as Mindeststandards für alle EU-Staaten sind, dann ist
as insoweit ein Erfolg. Das darf uns als deutschen
esetzgeber nicht daran hindern, an günstigeren Rege-

ungen festzuhalten oder sie zu schaffen.

Wir müssen aber – damit sind wir wieder bei der
sylmündigkeit und den Richtlinien für Kinder unter
8 Jahren – alles daransetzen, sowohl was die Frage der
nterbringung der Kinder und Jugendlichen – Stichwort
ufnahmerichtlinie – als auch ihre angebliche Asylmün-
igkeit ab 16 Jahre angeht, unser deutsches Recht diesen
indeststandards anzupassen, um nicht dahinter zurück-

ubleiben. Das wäre ein gemeinsames Anliegen, an dem
ir weiter arbeiten sollten.

Wenn dazu die Antwort der Bundesregierung mit zum
eil nicht so erfreulichen Zahlen über den Vollzug von
bschiebungshaft und vor allen Dingen von ganz
estimmten besonders schutzwürdigen Gruppen einen
eitrag geleistet hat, dann wäre das immerhin ein kleiner
rfolg. Ansonsten sind wir alle gefordert, in der geschil-
erten Weise auch gesetzgeberisch tätig zu werden.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621133700

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Kollege Henry

Nitzsche.


Henry Nitzsche (Plos):
Rede ID: ID1621133800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist

schon erstaunlich, mit was man sich als deutscher Volks-
vertreter so herumschlagen muss. Das meiste Kopfschüt-
teln rufen bei mir regelmäßig die Anfragen und Anträge
der Grünen hervor.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ehrt uns!)


Ich will einige Beispiele nennen: die Große Anfrage
„Zur Lage der Menschenrechte von Lesben, Schwulen,
Bisexuellen und Transgender“ vom Juni 2006, die
Kleine Anfrage zur „Lage der Homosexuellen auf Ja-
maika“ vom Juni 2008 oder der Antrag zur Rechtssituation
von Homosexuellen in Nigeria Anfang dieses Monats.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Das sind die Nöte und Sorgen, die die Menschen in
unserem Land bewegen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt haben Sie uns aber in Schwulitäten gebracht!)


Jetzt sorgen Sie sich also um die Situation in deut-
schen Abschiebehaftanstalten, wo es wahrscheinlich
zugehen muss wie in Guantánamo. Gehen Sie doch bitte
einmal zum Hauptportal herein, und schauen Sie nach
oben. Dort steht „Dem deutschen Volke“ geschrieben.
Zeigen Sie dafür doch endlich einmal Verantwortung!

Kommen wir zu Ihrer Großen Anfrage. Es ist
bezeichnend, dass Sie sich auf die zweifelhafte Antiras-
sistische Initiative Berlin beziehen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn daran zweifelhaft?)


Bei dieser handelt es sich nämlich um eine Gruppierung
mit besten Kontakten zum Linksextremismus.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen bei Extremismus, wovon Sie reden!)


Da haben Sie wahrlich den Bock zum Gärtner gemacht!
Diese Gruppierung behauptet auf ihrer Internetseite, die
Polizei veranstalte in Deutschland Menschenjagden, und
fordert wörtlich offene Grenzen, Bleiberecht für alle und
gleiche Rechte für alle. Darauf wollen Sie sich beziehen?


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Auch wir wollen gleiche Rechte für alle!)


Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass der von Ihnen
angeführte Selbstmord eines sich in Abschiebehaft befind-
lichen Asylbewerbers nicht den Tatsachen entspricht.


(Widerspruch bei der LINKEN)


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(C (D esagter Äthiopier erhängte sich nämlich in Wahrheit, ährend er in Untersuchungshaft wegen des Verdachts uf Totschlag saß. Das ist schon ein Unterschied, auch enn das nicht in Ihr Weltbild passt. Es sind nicht alle pfer. Es gibt auch viele Täter unter ihnen. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie das denn?)


Schauen wir uns einmal an, woher die Asylbewerber
tammen, die in Abschiebehaft sitzen. Wir finden darun-
er Nationalitäten, die durchaus verwundern. Darunter
ind Menschen aus Litauen, Portugal, Israel oder Polen.
a frage ich mich schon: Warum haben die bitte Asyl
eantragt? Noch etwas fällt auf: Ein Großteil der Asyl-
ewerber stammt aus der Türkei. Demnach müssen die
erhältnisse in diesem Land – gerade in Bezug auf die
inhaltung der Menschenrechte – deutlich zu wünschen
brig lassen. Wie können Sie da die Aufnahme der Tür-
ei in die EU verantworten, meine Damen und Herren
on den Grünen? Erklären Sie das hier bitte einmal!

In Wahrheit geht es Ihnen doch gar nicht um die Ver-
esserung der Situation in deutschen Abschiebegefäng-
issen. Sie wollen das Instrument der Abschiebehaft
anz abschaffen. Um das zu erkennen, genügt ein Blick
n Ihr Wahlprogramm. Ich zitiere:

Menschen, die nichts weiter getan haben, als in
Deutschland Zuflucht zu suchen, sitzen in Abschie-
behaft. Wir setzen uns für die Beendigung dieser in-
humanen Situation ein.

ch muss Sie fragen: Sind Sie noch ganz bei Trost? Sie
issen doch ganz genau, was los wäre, wenn man die
bschiebehaft abschaffen würde. Die abgelehnten Asyl-
ewerber würden schnurstracks in die westdeutschen
roßstädte, in die Gettos, abtauchen.

Liebe Kollegen von den Grünen, ich weiß, Sie sind
mmer große Freunde präventiver Ansätze. Ich will Ih-
en einen solchen Ansatz einmal vorstellen. Die Frage
st nicht, wie die Situation in der Abschiebehaft verbes-
ert werden kann, sondern wie verhindert werden kann,
ass überhaupt Personen in Abschiebehaft gelangen. Die
sylanerkennungsquote in Deutschland liegt etwa bei
Prozent.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schlimm genug!)


as heißt, 99 Prozent der Asylanträge werden abgelehnt,
nd die Asylbewerber müssen das Land wieder verlas-
en. Daher wäre es doch sinnvoll, sich einmal Gedanken
arüber zu machen, wie wir das ändern könnten. Wie
äre es zum Beispiel mit einem Sicherungssystem der
U-Außengrenzen und einer verstärkten Kontrolle an
en Grenzen zu Deutschland?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621133900

Herr Kollege Nitzsche, denken Sie an die Zeit, bitte.


Henry Nitzsche (Plos):
Rede ID: ID1621134000

Herr Präsident, ich komme zum letzten Satz. – Dann

ösen sich die Probleme in den Abschiebehaftanstalten
on ganz alleine.






(A) )



(B) )


Henry Nitzsche
Im Übrigen, Herr Präsident, ist das Plenum nicht be-
schlussfähig.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie tun mir leid mit Ihrem Hass! Irgendwann muss doch mal etwas passiert sein!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621134100

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat das Wort die Kollegin Sevim Dağdelen von der Frak-
tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621134200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Dieser rassistische, menschenverachtende und
auch menschenfeindliche Unsinn meines Vorredners
spricht für sich selbst. Ich möchte das nicht weiter kom-
mentieren.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In der ersten Beratung über unseren Antrag am
29. März 2007 haben die Regierungsfraktionen und die
FDP eines deutlich gemacht: Abschiebungshaft ist ein
Instrument der Abschreckungspolitik. Denn der Verzicht
auf Abschiebungshaft würde – ich zitiere Herrn Wolff
von der FDP – einen massiven Anreiz zur illegalen
Zuwanderung darstellen. Der Kollege Veit von der SPD
malte in der ersten Beratung das Gespenst eines nicht zu
bewältigenden Zustroms an die Wand, würde sich – ich
zitiere erneut – unter den vielen Millionen Menschen in
der Welt, die in Armut und Elend leben, oder den zig
Millionen bereits auf der Flucht befindlichen Menschen
herumsprechen, dass, wer immer deutschen Boden
erreicht, auch hier leben kann.

Ich finde, das hat mit Humanismus nichts mehr zu
tun, auch nichts mit einem Bewusstsein für die Flucht-
ursachen und -gründe der Flüchtlinge, für die wir wegen
der Zerstörung der Lebensgrundlagen von Millionen von
Menschen mitverantwortlich sind. Außerdem ist nicht zu
ersehen, woher eigentlich diese Sorge kommt. Die letz-
ten Bundesregierungen haben maßgeblich dafür gesorgt,
dass die Chance, die EU lebend zu erreichen, minimiert
wird. So sinken auch die Zahlen derjenigen, die es über-
haupt noch bis nach Deutschland schaffen. Wir alle ken-
nen die Bilder vom Mittelmeer oder aus dem Westen
Afrikas. Für die Linke darf ich feststellen: Für uns ist
kein Mensch illegal. Deshalb plädieren wir für mehr
Humanität.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist einer der zynischen Höhepunkte der Abschiebe-
praxis in Deutschland, dass Abschiebungshäftlinge für
die Kosten der Haft und der Abschiebung auch noch
zahlen müssen. Zynisch ist auch, dass Menschen für eine
solche Abschreckungspolitik persönlich herhalten müssen.
Einige zahlen dafür nicht nur sprichwörtlich Blutzoll;
Herr Winkler hat es noch einmal deutlich gemacht. Ich
wiederhole: Seit 1993 töteten sich 150 Flüchtlinge an-
gesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei

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(C (D em Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen, davon llein 56 Menschen in Abschiebungshaft. Dieser Verantortung können sich die letzten Bundesregierungen icht entziehen. Abschiebungshaft wird häufig rechtswidrig und echtsfehlerhaft verordnet. In zwei Dritteln aller Fälle, die om Rechtshilfefonds des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes nterstützt wurden, konnte eine Entlassung aus der Haft rreicht werden; die betroffenen Personen waren also echtswidrig oder rechtsfehlerhaft inhaftiert worden. err Mayer, das belegt nochmals deutlich, dass Abschieungshaft eben nicht die Ultima Ratio zur Durchsetzung er Ausreisepflicht ist, sondern häufig ohne Prüfung erolgt. (Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Große
nfrage der Grünen geht auch hervor, wie leichtfertig
ie Abschiebungshaft verhängt wird. Etwa der Hälfte
er Abschiebungen ging eine Abschiebungshaft voraus.
twa 15 Prozent aller Inhaftierten mussten wieder ent-

assen werden. Ich finde, diese Menschen hätten erst gar
icht ihrer Freiheit beraubt werden dürfen, da bereits im
orfeld klar war, dass eine Abschiebung unmöglich ist.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zwischen 2005 und 2007 wurden unbegleitete Minder-
hrige für bis zu 142 Tage in Haft gehalten, Schwangere

ür bis zu 132 Tage. Das zeigt noch einmal deutlich, dass
s Ihnen um die Abwehr von Flüchtlingen geht und nicht
m den Schutz bedrohter Menschen in diesem Lande.

Ich erinnere Sie gern noch einmal daran, dass Heiko
auffmann von Pro Asyl die Abschiebungshaft als eine

demokratisch abgesicherte Barbarei“ bezeichnet hat.
ünter Wallraff bezeichnet Abschiebegefängnisse als

Institutionen der Unmenschlichkeit“.

Die Humanität einer Gesellschaft zeigt sich besonders
m Umgang mit den Schwächsten einer Gesellschaft, mit
lüchtlingen, Migrantinnen und Migranten. Folgen Sie
lso unserem Antrag und schaffen Sie die immer rigoro-
er und unmenschlicher werdende Abschiebungshaft ab!
chaffen Sie, um dieses Ziel zu erreichen, eine gesetzliche
rundlage für die Wahrung von Mindeststandards bei
er Inhaftierungspraxis!

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621134300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Innenaus-
chusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
itel „Grundsätzliche Überprüfung der Abschiebungs-
aft, ihrer rechtlichen Grundlagen und der Inhaftierungs-
raxis in Deutschland“. Der Ausschuss empfiehlt in sei-
er Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12020, den
ntrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/3537






(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621134400

abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist angenommen mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der
Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a bis 19 c auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Einlagensicherungs- und Anlegerent-
schädigungsgesetzes und anderer Gesetze

– Drucksache 16/12255 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frank
Schäffler, Hans-Michael Goldmann, Dr. Hermann
Otto Solms, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Reform der Anlegerentschädigung in Deutsch-
land

– Drucksache 16/11458 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch,
Dr. Gerhard Schick, Cornelia Behm, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Verbraucherschutz auf den Finanzmärkten
stärken

– Drucksachen 16/11205, 16/12184 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Leo Dautzenberg
Ortwin Runde
Dr. Gerhard Schick

Es ist interfraktionell vorgesehen, dass die Redebei-
träge zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich
um die Beiträge der Kollegen Klaus-Peter Flosbach,
CDU/CSU, Jörg-Otto Spiller, SPD, Frank Schäffler,
FDP, Dr. Axel Troost, Die Linke, und Dr. Gerhard
Schick, Bündnis 90/Die Grünen.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
Drucksachen 16/12255 und 16/11458 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanz-
ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen mit dem Titel „Verbraucherschutz auf den Fi-
nanzmärkten stärken“. Der Ausschuss empfiehlt in sei-

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t1) Anlage 6

(C (D er Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12184, den ntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck ache 16/11205 abzulehnen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Ko litionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstimen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Enthal ung der Fraktion Die Linke angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Kauch, Joachim Günther Meierhofer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Nachtstromspeicherheizungen nicht verbieten, sondern modernisieren – Chancen für erneuerbare Energien und für den Klimaschutz nutzen – Drucksache 16/11193 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Auch diese Reden sollen zu Protokoll genommen erden. Es handelt sich um die Reden von Volkmar Uwe ogel, CDU/CSU, Rainer Fornahl, SPD, Michael auch, FDP, Eva Bulling-Schröter, Die Linke, und Peter ettlich, Bündnis 90/Die Grünen. Die Außerbetriebnahme von elektrischen Speicher eizungen ist ein Baustein der gestern von der Bundesegierung beschlossenen Novellierung der Energieinsparungsverordnung. Darin werden erstens die nforderungen bei Errichtung neuer Wohnund Nichtohngebäude um durchschnittlich 30 Prozent verschärft benso wie zweitens für Altbauten für den Fall größerer mbauarbeiten sowie drittens Regelungen zur Verbesse ung des Vollzugs der Verordnung festgeschrieben. Bautein Nummer vier ist die Außerbetriebnahme elektricher Speicherheizungen, wobei es sich zu 99 Prozent um ogenannte Nachtspeicherheizungen handelt. Das ebenalls verabschiedete Energieeinsparungsgesetz schafft in iesem Zusammenhang die Verordnungsermächtigung ür das Inkrafttreten der Energieeinsparungsverordnung n nunmehr sechs Monaten. Dabei – und das möchte ich insbesondere angesichts ieses Tagesordnungspunktes noch einmal betonen – düren die einzelnen Maßnahmen zum Klimaschutz und deen Bausteine nicht isoliert betrachtet werden. Nur kumuiert entfalten sie ihre erwünschte Wirkung: Viele inselstriche ergeben hier das Bild. Das heißt aber nicht, ass wir uns in kleinteilige Diskussionen verstricken düren. Davor warne ich. Es ist von entscheidender Bedeuung, alle Einsparpotenziale zu erschließen, die zu verretbaren Kosten zu erreichen sind. Dabei dürfen wir den ürgern nicht zuviel zumuten – das war und ist die Posi ion und Entscheidungsgrundlage der Union. Bei elektrischen Speicherheizungen sehen wir jedoch einen Handlungsbedarf. Rund 1,4 Millionen Wohnungen werden elektrisch beheizt Speicherheizungen – von denen hier die Rede ist – oder durch Direktheizungen, wie etwa Fußbodenheizungen. Das ist in etwa jede 25. Wohnung. Zugleich verursachen diese rund 3 Prozent der deutschen CO2-Emissionen. Elektrische Speicherheizungen sind die größten Stromverbraucher in deutschen Haushalten. Sie sind schlecht zu regeln und teuer im Unterhalt. Aus Umweltsicht höchst problematisch bei Nachtspeicherheizungen ist insbesondere deren schlechter Wirkungsgrad. Energetisch betrachtet, sind Nachtspeicherheizungen eine Verschwendung hochwertiger Energie für die Bereitstellung niederwertiger Raumwärme. Den Begründungskontext für das Aufkommen und Wachstum von Nachtspeicherheizungen in den 50er-, 60erund 70er-Jahren bildeten große Überkapazitäten an Strom in der Nacht und das Interesse der Energieversorger, die Kraftwerke möglichst gleichmäßig zu fahren. Insofern wurde durch diese Stromspeicherheizungen und günstige Nachtstromtarife nachts eine künstliche Nachfrage geschaffen. Heute sehen wir die Dinge differenzierter: Der wertvolle Strom sollte im Allgemeinen dort eingesetzt werden wo er wirklich gebraucht wird, das heißt, in elektrischen oder elektronischen Geräten, in elektrischen Antrieben. Eine elektrisch betriebene Raumheizung ist weder wirtschaftlich noch umweltschonend und daher nicht mehr zeitgemäß. Dies hat in aller Deutlichkeit eine Studie des Bremer Energieinstituts aus dem Jahr 2007 gezeigt. Die Studie stellt aber auch fest, dass der Trend zu elektrischen Heizungen im Allgemeinen ungebrochen ist: Der Heizstromverbrauch stieg von 1995 bis 2004 um 6 Prozent – und damit stärker als der Gesamtenergieverbrauch für Raumwärme! Insbesondere für Nachtspeicherheizungen gibt es eine Vielzahl an alternativen Erzeugungsformen, wobei im Vergleich bis zu 80 Prozent Primärenergie gespart werden können, zum Beispiel durch Holzpellet-Heizungen – mit oder ohne Solarkollektor – oder etwa hocheffiziente Gas-Brennwert-Heizungen. Eine Außerbetriebnahme alter und heutzutage nicht mehr im Neubau verwendeter Nachtspeicherheizungen nützt erstens dem Klima und zweitens der Konjunktur. Nach Berechnungen des Bremer Energieinstituts liegen die spezifischen CO2-Emissionen von Nachstromspeicherheizungen gegenüber einer Gas-Brennwert-Heizung um den Faktor 3,6 und gegenüber einer Pellet-Heizung sogar um den Faktor 13 höher. Daher werden wir sie nach Maßgabe der Energieeinsparungsverordnung langfristig außer Betrieb nehmen. Das hilft dem Klima. Klimaschutzmaßnahmen verlieren, richtig gemacht, auch angesichts wirtschaftlich schwierigerer Zeiten nicht an Legitimation. Klimaschutz war richtig und bleibt es vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit auch unter den jetzigen, schwierigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Wir haben in den letzten Monaten zwei Konjunkturpakete verabschiedet, um die Wirtschaft anzukurbeln. Vor diesem Hintergrund fügt sich diese Maßnahme gut ein – a e A u g s m A M d m r u ß f d s n g B m v W g d h r s M G u l d e t m c l n u z i t z e d g c z g w Zu Protokoll ge (C (D uch wenn sie keinen kurzoder mittelfristigen, sondern inen langfristigen Charakter hat. Schließlich erfolgt die ußerbetriebnahme erst ab dem Jahr 2020 stufenweise nd für dann mindestens 30 Jahre alte Anlagen in Wohnebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten. Jenseits von Aspekten des Umweltund Klimaschutzes ehen wir einen Markt für Umweltinnovationen im Wärebereich. Hier ruht ein großes Investitionsvolumen: ufträge für Heizungsbauer und Installationsgewerbe, ittelstand und Handwerk. Ganz entscheidend ist, und dafür steht die Union, dass ie Außerbetriebnahme sozialverträglich und mit Augenaß geschieht. Genau das erreichen wir durch Förderan eize einerseits sowie umfangreiche Härtefallregelungen nd eine langfristige, stufenweise Verpflichtung zur Auerbetriebnahme andererseits: Das fördert die Akzeptanz ür die Maßnahme bei den Betroffen und die Bereitschaft, en Weg mit zu gehen. Ganz konkret wird die Außerbetriebnahme von Nachtpeicherheizungen bereits seit Mai 2003 als Einzelmaßahme im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsproramms von der KfW gefördert. Daneben bietet auch das undesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im Rahen des Marktanreizprogramms des BMU Förderungen on Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im ärmemarkt an. Hiermit werden auch kurzfristig Anreize esetzt, die mit steigenden Stromkosten immer teurer werenden Nachstromspeicherheizungen zu ersetzen. Zudem aben wir in der Novellierung die bestehende Härtefalleglung noch umfangreicher und zugleich konkreter getaltet: Weiterhin gilt das Gebot der Wirtschaftlichkeit der aßnahme – für die Union ist das ein entscheidender radmesser: Stellt die Umsetzung der Vorgaben einen nangemessenen Aufwand dar oder kann die erforderiche Aufwendung – auch bei Inanspruchnahme der Förerung – nicht innerhalb einer angemessenen Frist – rwirtschaftet werden, so entfällt die Pflicht zur Außerberiebnahme. Wir von der Union sind überzeugt, dass wir it der langfristigen Außerbetriebnahme von Nachtspei herheizungen eine für alle tragbare und sinnvolle Regeung gefunden haben. Die im Antrag der FDP-Fraktion geforderten Maßahmen stehen aus Sicht der Union bezüglich Aufwand nd Nutzen in keinem angemessenen Verhältnis. Die Nutung elektrischer Speicherheizungen zur Raumbeheizung st aufgrund der technischen Systemeigenschaften definiiv nicht mehr zeitgemäß. An diesen grundlegenden Defiiten ändert auch etwa die Nutzung von Strom aus erneurbaren Energien nicht das Geringste. Daher lehnen wir en Antrag der FDP-Fraktion ab. Am 19. Dezember 2008 hat der Bundestag das Ener ieeinsparungsgesetz beschlossen und damit die rechtlihe Grundlage zum Verbot von Nachtstromspeicherheiungen geschaffen. Ein Entschließunsantrag der FDP mit leichlautendem Inhalt wie der hier vorliegende Antrag urde damals von allen anderen Fraktionen abgelehnt, Volkmar Uwe Vogel gebene Reden sodass sich die heutige Debatte eigentlich erledigt hat. Da die Fraktion der FDP ihren Antrag nicht zurückgezogen hat und mir ausreichend Redezeit zur Verfügung steht, werde ich auf einige Irrungen und Wirrungen bei der FDP eingehen. Es ist falsch zu behaupten, dass Nachtstromspeicherheizungen nicht klimaschädlich sind. Nach einer Studie von IZES/Bremer Energieinstitut sind die spezifischen CO2-Emissionen gegenüber einer Gas-Brennwertheizung um den Faktor 3,6 und gegenüber einer Pellet-Heizung sogar um den Faktor 13 höher. 1,4 Millionen Wohnungen elektrisch beheizt. Die moderne und umweltverträgliche Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien und hocheffizienten Nahoder Fernwärmesystemen könnte durch Substituierung von elektrischer Raumheizung bis zu 80 Prozent der Primärenergie sparen und die Emissionen des klimaschädlichen CO2 um über 80 Prozent reduzieren. Mindestens 23 Millionen Tonnen CO2/a können durch den Ersatz von Nachtstromspeicherheizungen eingespart werden. Die im Antrag erwähnte parlamentarische Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am 10. November 2008 hat hier auch nichts anderes ergeben. Die FDP greift in ihrem Antrag im ersten Spiegelstrich ein von einem Experten entwickeltes Argument zum Emissionshandel auf. Demnach werden die durch wegfallende Nachtspeicher nicht mehr benötigten Emissionsrechte im Emissionshandel einfach für andere Stromverbraucher frei und führen damit nicht zu einer Minderung der Emissionen. Diese Argumentation ist formal nicht falsch, berücksichtigt aber nicht, dass die jetzt geltenden Emissionshandel-Richtlinien 2007 bis 2012 gelten, während die Außerbetriebnahmeregelung erst ab dem 1. Januar 2020 wirksam wird. Für Emissionshandel der dritten Periode ab 2013 werden zwar erste Verhandlungen geführt. Rechtsrelevante Emissionsregelungen für diese sogenannte Post-Kioto-Periode existieren aber noch nicht. Selbstverständlich würden bei der Festlegung künftiger Emissionshandelsobergrenzen die in diesen Zeitabschnitt fallenden Einsparungen aufgrund ordnungsrechtlicher Einzelpflichten berücksichtigt. Je mehr Einsparungen im Strombereich durch Außerbetriebnahme von Nachtstromspeicherheizungen, den Einsatz effizienter Geräte und andere Maßnahmen erreicht werden können, umso niedriger kann das Cap für die dritte Handelsperiode sein. Die Außerbetriebnahmepflicht führt daher insgesamt nicht zum Anstieg, sondern zur dauerhaften Minderung der deutschen Treibhausgasemissionen. Der Hinweis in dem Antrag, dass die Nachtstromspeicherheizungen von den Energieversorgungsunternehmen in der Vergangenheit insbesondere in der Nähe von Kohlekraftwerken gezielt gefördert wurden, um diese nachts aufgrund der Lasttäler nicht zu sehr drosseln zu müssen bzw. das Netz vor Überspannung zu schützen, ist richtig. Seit der Liberalisierung der Energiewirtschaft Ende der 90er-Jahre haben sich die Rahmenbedingungen für die Versorgung mit Elektrizität aber grundlegend geändert. Physikalisch gleicher Strom wird nunmehr ökonomisch, ökologisch und im Zeitgang differenziert weit über die L k u g b ö 3 z 1 g N t g N g L h d l F b n s s l A w l g e e h ä ä d l d ü s i n s U w d m d t d r r s ä K a b r b Zu Protokoll ge (C (D andesgrenzen hinaus gehandelt. Eine bessere Regelbareit der Kraftwerke, die Verstärkung der europäischen nd nationalen Verbundnetze, der Ausbau der Windenerie und vieles andere mehr haben die technischen Gegeenheiten erheblich verändert. Deshalb und aufgrund der kologischen Nachteile der Nachtstromheizungen ist zum 1. Dezember 2006 auch die Steuerermäßigung für Strom um Betrieb von Nachtspeicherheizungen, die vor dem . April 1999 installiert wurden, ausgelaufen. Zum Ausleich wird seit Mai 2003 der Ersatz von elektrischen achtspeicherheizungen im Rahmen des mit Bundesmit eln ausgestatteten KfW-CO2-Gebäudesanierungsproramms als Einzelmaßnahme gefördert. Bei allen im vorliegenden Antrag zur Rettung der achtstromspeicherheizungen beschworenen zukünftien technologischen Entwicklungen und einem modernen astenmanagement bleibt, dass elektrische Widerstandseizungen eine Verschwendung hochwertiger Energie für ie Bereitstellung niederwertiger Raumwärme darstelen. Um Panik zu vermeiden, sollten die Kollegen von der DP vielleicht einfach nur sorgfältig den vom Bundeskainett beschlossenen Entwurf zur Energieeinsparverordung 2009 lesen, die hoffentlich bald ihre klimapolitisch egensreiche Wirkung entfalten kann. Nachtstromspeicherheizungen sollen langfristig und tufenweise außer Betrieb genommen werden. Nach Abauf des Jahres 2019 dürfen die ersten Anlagen mit einem lter von mindestens 30 Jahren nicht mehr betrieben erden. Den Eigentümern und indirekt auch den Herstel ern wird damit eine langfristige zeitliche Perspektive geeben. Die Kosten für den Austausch zum Beispiel gegen inen Brennwertkessel sind zwar hoch (Einfamilienhaus: twa 18 500 Euro, Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneineiten: etwa 36 000 Euro)

Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1621134500

(A) )


(B) )

Rainer Fornahl (SPD):
Rede ID: ID1621134600




(A) )


(B) )

ltere Wohngebäude mit mehr als fünf Wohneinheiten und
hnlich große Nichtwohngebäude. Ein größerer Anwen-
ungsbereich ist den Betroffenen gegenwärtig wirtschaft-
ich unzumutbar. Härtefallklauseln sollen sicherstellen,
ass niemand persönlich, wirtschaftlich oder finanziell
berfordert wird. Bundesregierung und Koalition beab-
ichtigen jedoch, in den nächsten Jahren den Austausch
m Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms
ach Maßgabe der durch den Haushalt zur Verfügung ge-
tellten Mittel zu fördern.

Ich glaube, dies macht deutlich, dass es nicht um den
ntergang des Abendlandes geht. Ich kann der FDP aber
enigstens eine kleine Hoffnung machen, dass es 2020
och nicht zu dem sanktionsbewehrten Verbot kommen
uss. Die Preiskalkulation für Strom für elektrische Wi-
erstandsheizungen beruht insbesondere auf einem ex-
rem niedrigen Wert für Netznutzungsentgelte – im Bun-
esschnitt 2 Cent/kWh, weit weniger als ein Drittel der
egulären Netznutzungsentgelte im Niederspannungsbe-
eich. Dies dürfte sich aus rechtlichen, betriebswirt-

(zum Beispiel Vernderung des Kraftwerksparks, bessere Regelbarkeit der raftwerke)

nbieter haben bereits ihre Tarife nach oben korrigiert
zw. preisgünstige Sondertarife nicht verlängert. Ein
ealistisch kalkulierter Preis für Elektroheizungen müsste
ei 15 bis 16 Cent/kWh liegen. Das liegt jenseits der




Rainer Fornahl
gebene Reden


(A) )



(B) )

Energiepreise, die für die sonst üblichen Heizsysteme an-
zusetzen sind (zum Beispiel Erdgas circa 7 Cent/kWh).
Würden die Strompreise für Elektroheizungen auf dieses
Niveau angehoben, würde sich der Druck stark erhöhen,
diese Heizungen schnellstmöglich zu ersetzen. Ganz im
Sinne der FDP würde der Markt die Frage des Verbots
beantworten.

Ich befürchte allerdings, dass dann der Mieter das
Nachsehen hätte. Deshalb ist die gefundene Regelung,
mit der über einen langen Zeitraum geplant werden kann,
sinnvoll und vernünftig und im Sinne von Energieeffizienz
und Klima-Verantwortung ohne ernsthafte Alternative.
Deshalb lehnt die SPD-Bundestagsfraktion den vorlie-
genden FDP-Antrag ab.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1621134700

Die Bundesregierung will den Ersatz der von ihr als

„extrem klimaschädlich“ empfundenen Nachtstromspei-
cherheizungen in Wohnhäusern rechtlich erzwingen. Es
reicht ihr dabei nicht, einfach nur den weiteren Zubau
von Nachtstromspeicherheizungen zu verbieten, vielmehr
sollen auch die im Gebäudebestand bereits in Betrieb be-
findlichen Nachtstromspeicherheizungen entfernt werden
müssen.

Mit dem verabschiedeten Energieeinspargesetz hat die
Koalition die rechtliche Grundlage für ihr geplantes Ver-
bot geschaffen. Dabei ließ sie die Ergebnisse einer zu die-
sem Thema durchgeführten parlamentarischen Experten-
anhörung außer Betracht. Dies ist auch nachvollziehbar;
denn die Anhörung ergab gravierende Zweifel am klima-
und energiepolitischen Sinn der Maßnahme.

Eine erzwungene Außerbetriebnahme von Nacht-
stromspeicherheizungen ist aus mehreren Gründen abzu-
lehnen; denn sie ist sowohl aus der Perspektive der Res-
sourcenschonung als auch des Klimaschutzes sinnlos und
kontraproduktiv. Eine Außerbetriebnahme von Nacht-
stromspeicherheizungen führt in der Gesamtbetrachtung
nicht zu einer Emissionssenkung. Nein, im Gegenteil!
Diejenigen Haushalte, in denen Nachtstromspeicherhei-
zungen außer Betrieb genommen werden, würden sich ge-
zwungen sehen, neue Heizungsanlagen einzubauen. In
den Fällen, in denen diese mit fossilen Brennstoffen be-
trieben würden, entstünden dann zusätzliche CO2-Emis-
sionen. Denn Emissionen von Gasheizungen sind nicht
durch den Emissionshandel mit seinen festen CO2-Ober-
grenzen erfasst – der Strom für die Nachtspeicherheizun-
gen schon. Im Ergebnis werden deshalb die CO2-Emis-
sionen kurzfristig ansteigen, wenn die Bundesregierung
die Verordnungsermächtigung in die Tat umsetzt. Das
Verbot steht damit in unmittelbarem Widerspruch zu dem
Ziel, das es vorgibt, erreichen zu wollen. Eine effiziente
Nutzung von modernisierten Nachtstromspeicherheizun-
gen in einem schlüssigen Konzept aus Energiespeiche-
rung und modernem Lastmanagement würde dagegen zur
Optimierung der Energieausbeute beitragen. Schließlich
erscheint eine Modernisierung bestehender Nachtstrom-
speicherheizungen deutlich kostengünstiger und auch
energiepolitisch sinnvoller als deren aufwendige Entfer-
nung.

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Zu Protokoll ge

(C (D Die FDP-Bundestagsfraktion fordert daher die Bunesregierung auf, ungeachtet einer zwischenzeitlich gechaffenen Ermächtigungsgrundlage die bestehenden läne zur erzwungenen Außerbetriebnahme von Nachttromspeicherheizungen in der bisherigen pauschalen orm nicht weiter zu verfolgen. Stattdessen sind sinnvollere Maßnahmen zu ergreifen: igentümern von Nachtstromspeicherheizungen müssen ie Vorteile des liberalisierten Strommarktes zugänglich emacht werden, da der Wechsel zu anderen und billigeen Anbietern für diese Stromkunden immer noch nicht öglich ist. Die aufseiten der Netzregulierung erforderlichen Reelungen für die Einführung intelligenter Zähler müssen nverzüglich erarbeitet werden, um das Angebot lastabängiger Tarife zu ermöglichen und Wettbewerbern – mit ustimmung des Stromkunden – einen Zugang zu den Verrauchsund Lastdaten zu geben, die für die Erstellung olcher neuartiger Wettbewerbsangebote erforderlich ind. Dazu gehören aus Sicht der FDP-Bundestagsfrakion Standards für die technischen Anforderungen an ähler, insbesondere hinsichtlich der Fernauslesbarkeit, er Fernsteuerbarkeit und der Datenformate. Überdies sind im Dialog mit den Netzbetreibern die egulatorischen Voraussetzungen zu prüfen, wie Nachttromspeicherheizungen in Smart-Grid-Konzepte einebunden werden können, die ihre Nutzung als Wärmenergiespeicher insbesondere auch für Strom aus rneuerbaren Energien erlauben bzw. optimieren. Schlussendlich muss die Bundesregierung dem Deutchen Bundestag ein widerspruchsfreies und hinsichtlich einer Bestandteile aufeinander abgestimmtes, konsisentes Konzept für einen wirksamen und zugleich wirtchaftlichen Klimaschutz im Rahmen des europäischen missionshandels vorlegen, statt sinnlose und kontraprouktive Maßnahmen zu verfolgen, die einem langfristigen limaschutz entgegenstehen. Mit ihrem Festhalten an den ineffizienten und klima chädlichen Nachtstromspeicherheizungen macht sich ie FDP zum Handlanger der Kohleund Atomkonzerne. as rasante Wachstum der erneuerbaren Energien eröglicht einen Ausstieg aus Kohle und Atom. Mit den fos ilen Energieträgern werden auch die Nachtstromspeiherheizungen überflüssig. Wenn das die FDP nun lockiert, kann sie es nicht ernst meinen mit der Eneriewende. Nachtstromspeicherheizungen wurden erfunden für ie Kohleund Atomkraftwerke. Weil die nachts ihre Leisung nicht herunterfahren konnten, musste der Strom rgendwie verbraucht werden. Nachtstromspeicherheiungen und fossile Kraftwerke ergänzen sich dabei geenseitig: Die Heizungen kriegen günstigen Nachtstrom, ie Kraftwerke können mehr Strom verkaufen. Von einem eiterbetrieb der Nachtstromspeicherheizungen würden lso vor allem unflexible Kohleund Atomkraftwerke proitieren. Energieeffizienz und erneuerbare Energien bleien auf der Strecke. Rainer Fornahl gebene Reden Nachtspeicheröfen verursachen im Vergleich zu anderen Heizungssystemen die höchsten CO2-Emissionen und darüber hinaus die mit Abstand höchsten Kosten bei der Raumheizung. Die in 1,4 Millionen Wohnungen installierten Geräte verbrauchen den Strom von fünf großen Braunkohlekraftwerken. Da sie zudem überproportional häufig in alten Mietwohnungen installiert sind, müssen häufig ärmere Familien draufzahlen, oder der Steuerzahler kommt über das Arbeitslosengeld II für die exorbitanten Heizkosten auf. Vom BMU war ursprünglich vorgesehen, einen Ersatz der Nachtspeicheröfen mit festgelegten und überschaubaren Fristen vorzuschreiben. Das BMWi hat hier zahlreiche Befreiungsund Härtefallregeln hineinverhandelt und zudem die Fristen zum Austausch auf spätestens 2020 bzw. 30 Jahre nach der Installation festgelegt. Der ökologische und ökonomische Unfug wird also frühestens 2038 endgültig beendet, wobei noch unklar ist, ob es finanzielle Anreize zum Austausch geben wird. In Wohngebäuden mit weniger als sechs Wohneinheiten oder weniger als 500 Quadratmetern Nutzfläche braucht gleich überhaupt nichts zu passieren. Vielleicht wurde hier so halbherzig vorgegangen, weil Nachtspeicheröfen den Energieversorgern ihr geliebtes Geschäft mit dem Nachtstrom sichern. Nicht nur im Stromsektor, auch im Wärmebereich müssen wir umsteuern. Dazu ist ein Abschied von den Nachtstromspeicherheizungen ein notwendiger erster Schritt. Denn Heizen mit Strom ist höchst ineffizient. Wertvolle Energie wird verschwendet, wenn die Wärme im Kraftwerk zunächst in Strom umgewandelt wird, nur um anschließend wieder in Wärme verwandelt zu werden. Solch eine Energieverschwendung können wir uns in Zeiten steigender Energiepreise einfach nicht leisten! Die Alternativen zur klassische Ölund Gasheizung müssen endlich durchgesetzt werden: Vor allem der Anschluss an Nahoder Fernwärme kann enorme Mengen des Klimakillers CO2 einsparen. Sinnvoll ist auch ein deutlich höherer Anteil von erneuerbaren Energien im Wärmebereich, wie Solaranlagen zur Warmwasserbereitung. Nach einer Studie des Instituts für Zukunfts-Energie-Systeme und des Bremer Energie-Instituts kann dadurch bis zu 80 Prozent des CO2-Ausstoßes eingespart werden. Das Hauptfeld und die kostengünstigste Option zu CO2-Einsparungen ist und bleibt im Übrigen die Wärmedämmung, vor allem im Gebäudebestand. Doch die hat ja die Bundesregierung in ihrer Verordnung gerade von Pflichten zur energetischen Gebäudesanierung befreit. Kommen wir noch einmal zu den konkreten Plänen der Bundesregierung, Natürlich ist die Umstellung von Nachtspeicherheizungen auf Alternativen mit Kosten verbunden, die sich nicht alle leisten können. Daher ist es richtig, dass die Regierung ein Förderprogramm auflegen möchte. Auch Ausnahmen und Härtefälle kann es geben. Sie müssen jedoch viel enger begrenzt werden als gegenwärtig geplant. Sie dürfen schlicht nicht dazu führen, dass praktisch nichts passiert! Vom Aus der Nachtspeicherheizungen wird nicht nur das Klima profitieren. Vor allem die Mieterinnen und Mieter können bei den Ener g d j K s K i c e h k m g d d w d d I d d P r d n b E s w h S F N g d d h h h s s d t g v w d s z k D S F Zu Protokoll ge (C (D iekosten sparen. Die explodierenden Strompreise sind och nicht zu übersehen. Deswegen ist es richtig, wenn etzt Geld in die Hand genommen wird, um langfristig osten einzusparen. Fassen wir zusammen: Die ineffizienten Nachtstrompeicherheizungen machen nur Sinn in Kombination mit ohleund Atomkraftwerken. Wir sind aber auf dem Weg ns Zeitalter der erneuerbaren Energien. Deswegen brauhen wir neue, umweltfreundliche Heizsysteme. Die gibt s bereits. Nur die Atomfreunde der FDP wollen weiterin Energie verschwenden. Dazu sagen wir von der Linen ganz klar: Nein! Die Nachtstromspeicherheizungen üssen sozialverträglich durch klimafreundliche Heizunen ersetzt werden. Zunächst einmal ist bemerkenswert, wie hartnäckig ie FDP dieses Thema verfolgt. Allerdings sollten hier ie Fakten nicht verdreht werden. In der im Antrag erähnten parlamentarischen Expertenanhörung war es urchaus nicht so, dass sich eine breite Mehrheit gegen as Verbot von Nachtstromspeicherheizungen aussprach. m Gegenteil, nur der von der Fraktion der FDP eingelaene Professor Weimann war ein glühender Verfechter ieser Heizungsart. Allerdings – und das musste auch rofessor Weimann anerkennen – funktioniere seine Theoie auch nur auf der Basis eines weltweit funktionierenen Emissionszertifikatehandels. Dass es diesen – noch – icht gibt, dürfte auch der FDP nicht verborgen geblieen sein. Die Änderung der Energieeinsparungs-Verordnung, nEV, bezüglich der elektrisch betriebenen Nachtstrompeicherheizungen ist unter dem Strich sinnvoll, vor allem, enn man sich den Gesamtwirkungsgrad ansieht, das eißt die thermische Erzeugung von Strom, um dann aus trom wieder Wärme zu machen. Es ist mit Sicherheit ein ehler gewesen, in manchen Kommunen den Einsatz von achtstromspeicherheizungen vorzuschreiben. Dagegen ewehrt haben sich die EVU aber nicht. Denn es ist urchaus von ihnen auch eine unmerkliche Abhängigkeit er Kunden befördert worden. Viele dieser Kunden merken eute, nachdem auch Sondertarife für Nachtstromspeichereizungen angehoben wurden, die neue Unfreiheit schmerzaft an den monatlichen hohen Abschlagszahlungen. Denn o preiswert, wie einmal versprochen wurde, ist Strom chon lange nicht mehr. Deshalb liegt der Verdacht nahe, ass die FDP hier zwar als Retter der Verbraucher aufritt, in Wirklichkeit aber die Interessen der großen Enerieversorgungsunternehmen vertritt. Interessant wäre die Antwort auf die Frage, ob ein Ersatz on Nachtstromspeicherheizungen auch dann sinnvoll äre, wenn sie ausschließlich mit Strom betrieben würden, er aus regenerativen ungeregelten Energieumwandlungsystemen stammt. Die Bundesregierung hat sich diesbeüglich nicht äußern können oder wollen. Die Antwort önnte in den kommenden Jahren stärker ins Zentrum der iskussion rücken, nämlich dann, wenn es zu temporären tromüberangeboten aus regenerativen Quellen kommt. raglich ist allerdings auch dann noch, ob ein „Edel“ Eva Bulling-Schröter gebene Reden Peter Hettlich Energieträger wie Strom im Wärmemarkt überhaupt eingesetzt werden sollte – zumindest im größeren Maßstab. Der Gebrauch von Elektroheizungen und Nachtstromspeicherheizungen zementiert zudem den bestehenden Kraftwerkspark, basierend auf thermischen Großkraftwerken, und verhindert eine dezentrale Struktur. Kondensationskraftwerke auf Dampfturbinenbasis haben einen Wirkungsgrad von mehr als 30 Prozent bis weniger als 50 Prozent, wobei Atomkraftwerke besonders ineffizient sind. Diese Kraftwerkstypen und damit die Struktur des Energiemarktes würden damit gestützt. Die Folge ist, dass die Hälfte bis zwei Drittel des eingesetzten Brennstoffes nicht genutzt und als „Wärmemüll“ in die Umwelt abgegeben werden. Ziel muss es sein, diese Verluste zu minimieren. Dazu ist aber der Ausbau einer dezentralen Energieversorgungsstruktur auf Basis der Kraft-WärmeKopplung, KWK, notwendig. Diese wird jedoch durch das Festhalten an alten Strukturen verhindert. Die FDP ist Bremserin einer zukunftsfähigen Energiepolitik. Insofern wirft sie auch mit dem Titel ihres Antrages Nebelkerzen. Wenn das, was im Antrag gefordert wird, Realität würde, wird ziemlich genau das Gegenteil von dem erreicht, was erreichen zu wollen die FDP vorgibt: Die Chancen für erneuerbare Energien und für den Klimaschutz würden eher verschlechtert denn verbessert. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Statt sich auf eine kleinteilige Lobbyarbeit zu reduzieren, sollte die FDP endlich unseren vielfältigen Vorschlägen folgen. Denn wenn wir so weitermachen, wird es mehr als 150 Jahre dauern, bis der Gebäudebestand auf einen vernünftigen energetischen Standard gebracht ist. Das ist unverantwortlich gegenüber unseren nachfolgenden Generationen. Daher lohnt es sich, nochmals unsere wesentlichen Forderungen aufzuführen. Wir müssen der Aufklärung und der qualifizierten Beratung der Gebäudenutzer eine stärkere Aufmerksamkeit schenken. 20 bis 30 Prozent der Einsparungen lassen sich alleine durch ein verändertes Heizverhalten und mit einem vergleichsweise geringen Mitteleinsatz durch Beratung erreichen. Wir müssen endlich verbindliche und realistische Gebäude-Effizienzstandards für Bestandsund Neubauten setzen, deren Wirkungen auf die kurzfristigen – bis 2020 – und langfristigen – bis 2050 – Klimaschutzziele ausgerichtet sind. Wir müssen ein Recht der Mieter bzw. Nutzer auf Einhaltung dieser Effizienzstandards einräumen. Wir müssen die stärkere Berücksichtigung von Lösungsansätzen in der Förderpolitik beachten, mit denen die größten Klimaschutzund Einsparpotenziale bei geringstem Mitteleinsatz gehoben werden können. Wir müssen bauliche und modulare Lösungen in der energetischen Gebäudesanierung von heute fördern, die uns bei der Erreichung der langfristigen Ziele morgen nicht im Wege stehen. Wir müssen zusätzliche Sanierungshilfen und Lösungen für ökonomisch schwache Vermieter oder Hauseigentümer einführen, insbesondere in den peripheren Regionen Deutschlands. Wir müssen schließlich endlich einen Energieausweis vorschreiben, der die energetische Qualität eines Gebäudes tatsächlich abbildet und nicht als unseriöse Lachnummer im Internet für Dumpingpreise von 1,99 Euro ersteigert werden kann. D f v s A g G W t l d T e n d h m P g h d r s k l n b i t t s k I c s w g a (C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/11193 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes – Drucksachen 16/11967, 16/12225 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Verteidigungsausschuss Ausschuss für Kultur und Medien Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es dageen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Die Kollegin isela Piltz hat sich als Einzige in dieser Aussprache zu ort gemeldet. Die anderen Reden nehmen wir zu Pro okoll. Jetzt wollen wir unsere Aufmerksamkeit der Kolegin Piltz widmen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei em Titel dieses Gesetzentwurfs, der sehr spät auf der agesordnung steht – aus meiner Sicht leider zu spät für in Gesetz, dessen Konsequenzen sich die meisten von Ihen, wie ich glaube, noch gar nicht klargemacht haben –, enkt man zunächst an nichts Schlimmes. Gegen Sichereit von Computern und der Informationstechnik kann an erst einmal nichts haben. Das ist völlig richtig. Die annen mit Meldedaten oder auch andere Vorfälle zeien uns ganz deutlich: Diese Sicherheit muss Priorität aben. Nur, da hat man die Rechnung ohne den Wirt gemacht; enn wo Sicherheit draufsteht, ist bei dieser Bundesregieung meist auch Überwachung drin. Auch die martialiche Wortwahl des Bundesinnenministers, Herr Staatsseretär, im Zusammenhang mit dem geplanten BSI-Gesetz ässt einiges ahnen. In der Pressekonferenz zum Arbeitehmerdatenschutz am 16. Februar 2009 sprach er diesezüglich vom Cyber-War, also vom Krieg. Ich finde, das st nicht ganz angemessen. Natürlich gehört die Informaionstechnik zu den kritischen Infrastrukturen eines Staaes. Natürlich ist es notwendig, diese zu schützen. Darin ind wir uns alle einig. Natürlich würde im Falle einer riegerischen Auseinandersetzung jeder versuchen, die T-Strukturen anzugreifen und zu sprengen. Aber bei Hakerangriffen, Viren und Würmern von Cyber-War zu prechen, ist wohl doch etwas überzogen und impliziert ieder Kategorien des Kriegsrechts. Ich sage es einmal anz überspitzt: Ein Feindstrafrecht für Hacker darf es us unserer Sicht nicht geben. Gisela Piltz Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bekommt neue Aufgaben. Das hat mit Sicherheit leider nur begrenzt etwas zu tun. Das BSI bekommt Aufgaben, die weit darüber hinausgehen, nämlich durch die Zertifizierung von Verschlüsselungstechnologien oder Ähnlichem die Sicherheit in der IT des Bundes zu verbessern. Die neuen Aufgaben zur automatisierten Erhebung und Auswertung von Protokolldaten an den Schnittstellen der Behörden bedeuten im Klartext: Wer die Seiten des Bundesverwaltungsamts, des BKA, des BMI oder anderer Behörden des Bundes im Internet aufruft, dessen Eingaben, Klicks und Verweildauer auf den Seiten werden gespeichert und ausgewertet, und zwar ohne Anonymisierung und ohne Pseudonymisierung, nämlich im Klartext. Damit kann das BSI die gesamte Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger mit Behörden abhören und auswerten, den Besuch von Internetseiten, E-Mails, Internettelefonie und Chats. Wir finden, das geht zu weit. Damit aber leider nicht genug. Diese Daten dürfen dann auch noch an die Sicherheitsbehörden weitergegeben werden, an die Polizei, an die Staatsanwaltschaften und ebenso an die Nachrichtendienste. Das BSI wird zur allgemeinen Polizeiund Schnüffelbehörde; denn es soll nicht nur Hacker und Trojaner verfolgen, sondern allem auf die Spur kommen, was vielleicht illegal im Netz ist. Weil bei so viel Schnüffelei auch einmal etwas Privates dabei sein könnte, sollen „Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung“ im Zweifel entweder gelöscht werden oder – das, Herr Staatssekretär, ist wirklich einmalig – „unverzüglich dem Bundesministerium des Innern“ vorgelegt werden. (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Der Treuhänder der Daten!)

Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621134800




(A) )


(B) )

Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621134900







(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621135000

(Beifall bei der FDP)

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1621135100

(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


Zu Risiken und Nebenwirkungen der Telekommunika-
tion für die Menschen fragen Sie bitte Ihr freundliches
BMI! Ich glaube, so hat sich das Bundesverfassungsge-
richt das wirklich nicht vorgestellt.


(Beifall bei der FDP)


Da steht nichts von einer unabhängigen richterlichen
Kontrolle. Da steht nichts davon, dass Eingriffe in den
Kernbereich erst einmal zu unterbleiben haben, so wie es
uns das Bundesverfassungsgericht auf den Weg gegeben
hat. Erst einmal wird automatisch aufgezeichnet. Wie
aus der Antwort auf unsere Kleine Anfrage spricht da-
raus: Die Bundesregierung hält den Kernbereichsschutz
offensichtlich nur für ein Beweisverwertungsverbot.
Auch da haben Sie das Bundesverfassungsgericht falsch
verstanden.

Immerhin hat das der Bundesrat in seiner bemerkens-
werten Stellungnahme deutlich hervorgehoben. Bei der
Gegenäußerung der Bundesregierung muss aus meiner
Sicht hingegen von einem vorgezogenen Aprilscherz
ausgegangen werden. Da steht:

Die Daten werden auch nicht anlasslos erhoben,
sondern nur, um Gefahren für die Informationstech-
nik des Bundes abzuwehren.

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(C (D ch versuche einmal, mir das im nicht virtuellen Raum orzustellen: Die Polizei erhebt Daten von allen Autoahrern an allen Autobahnauffahrten – also Kennzeihen, Geschwindigkeit, Zahl der Insassen –, weil ein erkehrssünder dort fahren könnte. Das entspräche dem, as Sie hier vorhaben. Ich finde, das geht nun wirklich iel zu weit. Mehr Sicherheit in der IT setzt übrigens Transparenz oraus. Gerade hier wird aber ein Riegel vorgeschoben. indet das BSI Schadsoftware oder spürt es Sicherheits ücken auf, braucht es das der Öffentlichkeit nicht mitzueilen, obwohl das eigentlich Sinn der Sache wäre. Mit diesem Gesetzentwurf soll auch das Telemedienesetz geändert werden. Der Dienstanbieter soll nach em Willen der Bundesregierung künftig nicht nur Verindungsdaten, sondern auch Nutzungsdaten erheben. as heißt, er soll feststellen, wer wie lange auf welcher eite im Internet gewesen ist. Auch das ist eine neue Quatät Ihres Handelns und öffnet dem „gläsernen Surfer“ irklich Tür und Tor. Der Bundesrat hat zum Glück in einer Stellungnahme, dem Vorschlag Hessens und Baen-Württembergs folgend, eine Einschränkung vorgechlagen: Nur bei konkretem Verdacht soll die Möglicheit zur Aufzeichnung erlaubt sein. Wir hoffen, dass sich ie Bundesregierung dem anschließt. Ich glaube, ich bin die letzte Rednerin des heutigen ages. Ich darf mich an dieser Stelle bei Ihnen bedanken, ass Sie so viel Geduld aufgebracht haben. Ich bedanke ich aber auch bei denen, die hinter den Kulissen fünf inuten länger arbeiten müssen. Herzlichen Dank. Vielen Dank. – Die übrigen Reden werden zu Pro okoll genommen. Es handelt sich um die Reden von lemens Binninger, CDU/CSU, Frank Hofmann, SPD, etra Pau, Die Linke, Wolfgang Wieland, Bündnis 90/ ie Grünen1)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621135200

Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf den Drucksachen 16/11967 und 16/12225 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist
icht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Das war eben zwar die letzte Rede, aber wir haben
och eine ganze Reihe von Tagesordnungspunkten abzu-
rbeiten. Ich bitte, mich dabei noch ein wenig zu beglei-
en; denn allein kann ich das nicht machen.


(Heiterkeit – Iris Gleicke [SPD]: Wir sind ganz treu, Herr Präsident! – Ulrich Kelber [SPD]: Wir lassen Sie nicht im Stich!)


Im Übrigen brauche ich Sie auch noch zur Abstim-
ung.

Anlage 7






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Petra
Sitte, Monika Knoche, Heike Hänsel, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Öffentlich finanzierte Pharmainnovationen
zur wirksamen Bekämpfung von vernachläs-
sigten Krankheiten in den Entwicklungslän-
dern einsetzen

– Drucksache 16/12291 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Wir nehmen die Reden zu Protokoll. Es handelt sich
um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Michael
Kretschmer, CDU/CSU, René Röspel, SPD,
Dr. Wolfgang Wodarg, SPD, Dr. Karl Addicks, FDP,
Dr. Petra Sitte, Die Linke, und Ute Koczy, Bündnis 90/
Die Grünen.


Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1621135300

Gesundheit ist im wahrsten Sinn des Wortes ein kost-

bares und kostspieliges Gut. Die Bundesregierung inves-
tiert in den pharmazeutischen und biomedizinischen Be-
reich in beträchtlichem Umfang. Allein für die vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung eingelei-
tete „Pharma-Initiative“, die die Erforschung und Ent-
wicklung von neuen Medikamenten zum Ziel hat, werden
bis zum Jahr 2011 über 800 Millionen Euro investiert.
Und gerade für den Bereich der vernachlässigten Krank-
heiten gibt es seit Jahren viele internationale Initiativen.

So stellen wir uns einmal mehr die Frage, wieso wir
gerade im Kampf gegen vernachlässigte Krankheiten nur
langsam vorankommen. Dabei geht es immerhin um das
Leiden und Sterben von vielen Millionen Menschen jähr-
lich. Nicht nur an den drei großen todbringenden Krank-
heiten – Tuberkulose, Malaria und Aids – sterben jährlich
6 Millionen Menschen. Auch an scheinbar banalen
Durchfall- und Atemwegserkrankungen und an armuts-
bedingten Tropenkrankheiten, wie etwa der Schlafkrank-
heit oder Lepra, sterben Millionen Erwachsene und Kin-
der.

Laut Bericht der WHO sind mehr als eine Milliarde
Menschen mit einer oder mehreren vernachlässigten
Krankheiten infiziert. Der Grund: Neben unsauberem
Trinkwasser und mangelnden sanitären Anlagen fehlt es
in vielen Teilen der Welt immer noch an einer hinreichen-
den gesundheitlichen Versorgung. Immer noch ist ein
Drittel der Weltbevölkerung von einer essenziellen medi-
zinischen Versorgung ausgeschlossen. Eine der Hauptur-
sachen ist der enorme finanzielle und zeitliche Aufwand
für die Entwicklung von Medikamenten wie Impfstoffen.
Das Risiko, dass sie es nicht bis zur Produktionsreife
schaffen, ist dabei so hoch, dass viele Pharmaunterneh-
men die Finger davon lassen.

Der Markt für Impfstoffe gegen Armutskrankheiten ist
hiervon besonders betroffen. Pharmafirmen sehen hier

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(C (D eine ökonomischen Anreize, weshalb sie die Forschung n diesem Bereich kaum vorantreiben. Um sich eine Vortellung davon zu machen, über welche Beträge wir bei er Entwicklung eines Impfstoffs sprechen: Die Impfstoffntwicklung lässt sich grob in drei Stufen aufteilen: In der rsten Stufe wird Grundlagenforschung betrieben. Sie ostet bis zur präklinischen Forschung mehrere Millioen Euro. In der zweiten Stufe erfolgt die Prüfung der Toizität und die Weiterentwicklung bis zum Eintritt in die linische Phase. Diese verschlingt wiederum einige Milionen Euro. Dabei muss man wissen, dass bis hier völlig nklar ist, ob es sich überhaupt um einen erfolgversprehenden Impfstoffkandidaten handelt oder nicht. Die ritte Stufe umfasst die klinischen Studien. Diese teilen ich in drei Phasen auf. In der ersten Phase erfolgt für eiige Millionen Euro die Sicherheitsprüfung. In der zweien Phase erfolgt für um die zehn Millionen Euro die Prüung von Sicherheit und Effektivität. Und in der dritten hase erfolgt die Prüfung der Schutzwirkung, welche ber viele Jahre hinweg durchgeführt wird und bei der die osten schnell bis an den dreistelligen Millionenbereich elangen. Die dritte Stufe ist also die kostenund zeitinensivste der ganzen Entwicklung. Das sind alles grobe chätzwerte, die von Studie zu Studie divergieren. Aber ch glaube, es ist deutlich geworden, weshalb wir angeichts der Kosten und des Risikos Probleme haben, pharazeutische Unternehmen zu bewegen, Grundlagenfor chung für die Bekämpfung von vernachlässigten rankheiten zu betreiben. Pharmazeutische Unternehmen sind zunehmend nur och bereit, an bereits vorliegenden, erfolgversprechenen Impfstoffkandidaten mit hinreichenden Informatioen aus der präklinischen und frühen klinischen Enticklung weiterzuforschen. Das heißt, sie kaufen die mpfstoffkandidaten zu Beginn der dritten, kostspieligen nd zeitaufwendigen Stufe der Impfstoffentwicklung und orschen weiter. Die Gefahr, dass der Impfstoffkandidat ngeeignet ist, ist zu diesem Zeitpunkt geringer. Trotzdem chafft es nur ein kleiner Teil bis zur Zulassung. Wie beegnen wir diesem Problem? Auch wenn wir den Druck uf die Pharmaunternehmen stetig erhöhen, können wir ie doch nicht zur Forschung zwingen. Die Bundesregieung fährt aus diesem Grund seit einigen Jahren einen nderen zielführenden Weg. Das Bundesministerium für ildung und Forschung hat sich bereits mehrfach an der ntwicklung erfolgversprechender Impfstoffkandidaten eteiligt, indem es die von Agenturen wie der Vakzine rojekt Management GmbH ntwicklung von der Grundlagenforschung bis hin zur rühen klinischen Forschung fördert, also bis zu der hase, an der Pharmaunternehmen zur Übernahme und ortführung der Forschung bereit sind. Durch diese Förerung erhalten Impfstoffkandidaten mit einem hohen orschungsrisiko und einer wichtigen gesundheitspolitichen Bedeutung überhaupt erst die Chance auf Weiterntwicklung in der sehr aufwendigen und kostspieligen hase der klinischen Entwicklung. Dabei fördert das Bundesministerium für Bildung und orschung nicht nur die Grundlagenforschung und Wei erentwicklung von Impfstoffkandidaten, die es ohne iese Initiative nicht geben würde. Es bemüht sich auch aktiv um die Verwertung und weitere Entwicklung der Forschungsergebnisse und darum, günstige Lizenzkonditionen für Verkäufe von Medikamenten in Entwicklungsländer zu vereinbaren. Der Verhandlungsspielraum ist durch die Schwierigkeit, Interessenten für die Weiterentwicklung von Impfstoffen für vernachlässigte Krankheiten zu finden, eingeschränkt. Aber erst und nur durch diesen Weg kommt der Impfstoff überhaupt seiner Anwendung näher. Und die durch den Verkauf der Lizenz gewonnenen Einnahmen werden der Erforschung neuer Impfstoffkandidaten zugeführt. Dabei arbeitet die Bundesregierung weiter an Strategien, wie nicht nur die Forschung an Impfstoffen für vernachlässigte Krankheiten, sondern auch die Vermarktung zu erschwinglichen Preisen gesichert werden kann. Der von uns als Regierungsfraktionen erarbeitete Antrag „Deutschlands globale Verantwortung für die Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten – Innovation fördern und Zugang zu Medikamenten für alle sichern“ fordert genau solche Strategien. Wir haben es auch trotz Haushaltskonsolidierungsplan geschafft – sowohl über den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung als auch über den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung –, Mittel für zusätzliche Forschungsvorhaben zu vernachlässigten Krankheiten in den Haushalt 2009 einzubringen. Der Kampf gegen vernachlässigte Krankheiten ist lang und schwer. Aber wir haben den Kampf entschlossen angetreten. Die Situation ist erschreckend. Laut WHO starben al lein im Jahr 2006 1,7 Millionen Menschen an Tuberkulose. Neben dieser „weißen Pest“ raffen aber auch HIV/ Aids und Malaria Millionen von Menschen jährlich hin. Das menschliche Leid, welches hinter diesen Zahlen steht, können wir uns gar nicht ausmalen. Hinzu kommen weniger bekannte Tropenkrankheiten wie Elefantiasis oder Flussblindheit, die zwar nicht tödlich sind, aber trotzdem großes Leid verursachen. Alle diese Krankheiten wüten wiederum vorwiegend in ärmeren Ländern in Afrika und Asien. Vor dem Hintergrund dieser erschreckenden Zahlen will ich ausdrücklich appellieren, sich von der Bezeichnung „vernachlässigte“ Krankheiten nicht irreführen zu lassen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, es handele sich etwa um vernachlässigbare Krankheiten, nur weil sie in unseren Breiten oder unserer Gesellschaft keine Rolle spielen. Dieser Eindruck entsteht nur dort, wo der Blick nicht über den Tellerrand hinausgeht, man sich in der mitunter trügerischen Sicherheit wiegt, man selbst könne davon nicht betroffen sein, oder wo es an Solidarität mit betroffenen Menschen in anderen Ländern mangelt. Meine Erfahrung ist, dass auf Nachfrage in Veranstaltungen allenfalls noch die sogenannte Kriegsgeneration konkrete Erfahrungen oder Erinnerungen beispielsweise an Tuberkulose hat. Dennoch zeigen die Zahlen, welche Bedeutung diese Krankheit nach wie vor hat und auch wieder bekommen wird, wenn wir nicht mit gemeinsamer Kraft gegensteuern. s H f G e a m M f p s t u s m s d V d r 2 s f k k s s S s z g K G f s d m i w m k b f n s b r F g v i a w Zu Protokoll ge (C (D Aber auch Europa ist schon längst nicht mehr verchont. In Osteuropa ist Tuberkulose verbreitet. Eine erd für Neuinfektionen sind offenbar die russischen Ge ängnisse. So werden laut einer Studie jedes Jahr 30 000 efangene mit Tuberkulose aus russischen Gefängnissen ntlassen. Aber auch in Deutschland tritt Tuberkulose uf. 2006 starben daran circa 600 Menschen bei zunehend auftretenden Resistenzen des Erregers gegenüber edikamenten. Die sogenannten vernachlässigten Krankheiten sind ür Deutschland somit eine moralische und entwicklungsolitische, aber auch gesundheitsund forschungspolitiche Herausforderung. Eine Lösung liegt neben präveniven Maßnahmen, wie zum Beispiel besserer Hygiene nd ein gutes Gesundheitssystem, in der Pharmaforchung und einem bedarfsgerechten Zugang zu Medikaenten. Das beinhaltet Maßnahmen hier in Deutschland owie Anstrengungen bzw. Unterstützungen in den besoners stark betroffenen Ländern. Bereits die rot-grüne Bundesregierung hat sich dieser erantwortung gestellt, und die Große Koalition setzt ies fort. Allein für Tuberkulose hat das Bundesministeium für Bildung und Forschung im Zeitraum 2004 bis 010 für Forschungsvorhaben 6 Millionen Euro bereitgetellt. Hinzu kommen noch einmal fast 28 Millionen Euro ür übergreifende Programme, in denen auch an Tuberulose geforscht wird. Aber nicht nur in der Politik wird das Problem erannt. Auch die deutsche Forschung verstärkt ihre Antrengung in diesem Bereich. So hat die Deutsche Forchungsgesellschaft ein Afrika-Programm mit dem chwerpunkt „Tropische Infektionskrankheiten“ ausgechrieben, das bereits jetzt überzeichnet ist und eine Vielahl erfolgversprechender Projekte erwarten lässt. Das Parlament hat sich damit aber nicht zufriedengeeben. In den letzten Haushaltsverhandlungen haben die oalitionsfraktionen deshalb darauf hingewirkt, dass die elder zur Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten ür 2009 noch einmal um 3 Millionen Euro erhöht worden ind. Forschungs-, Entwicklungsund Haushaltspolitiker er Koalition arbeiten auch in dieser Frage eng zusamen. Das Thema ist bei uns als Querschnittsthema, wie m Antrag gefordert, bereits erkannt und angegangen orden. Das dokumentiert auch der vor fast einem Jahr von einem Fraktionskollegen Dr. Wolfgang Wodarg dan enswerterweise initiierte und in den Bundestag eingerachte Antrag „Deutschlands globale Verantwortung ür die Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten – Inovation fördern und Zugang zu Medikamenten für alle ichern“, Drucksache 16/8884, der nicht nur auf die Prolematik hinweist, sondern auch eine Reihe von Fordeungen abdeckt, die jetzt auch der vorliegende Antrag der raktion der Linken aufgreift. Ich halte nicht nur desween viele Punkte aus dem Antrag der Linksfraktion für ernünftig und unterstützenswert. Allerdings können wir hn in anderen Punkten nicht unterstützen, weil er nicht usgegoren genug ist und eher kontraproduktiv wirken ürde. Michael Kretschmer gebene Reden Ein Beispiel: Die Forderung „10 Prozent der für die Pharmainitiative verausgabten Mittel“ – das wären über 80 Millionen Euro – zukünftig direkt für die Forschung zur Bekämpfung von vernachlässigten Krankheiten auszugeben, geht an der Realität vorbei und muss als Aktionismus bezeichnet werden. Wir haben auf dem parlamentarischen Abend des „Stop-TB-Forums“ im Oktober 2008 erfahren können, dass die deutsche Forschung in diesem Bereich gut aufgestellt und die Kapazitäten ausgenutzt sind. Nun eine „Geldlawine“, die zudem noch aus anderen Bereichen der Gesundheitsforschung abgezogen werden soll, anzubieten, ohne dass das Geld sinnvoll genutzt werden könnte, ist schlicht der falsche Weg. Sinnvoller ist der von uns beschrittene Weg des kalkulierbaren, kontinuierlichen Aufwuchses in diesem Forschungsbereich, auf den sich Forscher und Forscherinnen einstellen können. Es gilt hier die Kapazitäten nachhaltig auszubauen. Verständnis habe ich für die Kritik der Antragsteller am internationalen Patentsystem, die aber auch schon im Koalitionsantrag des letzten Jahres zum Ausdruck kommt. Nachvollziehbar finde ich auf den ersten Blick auch die kritische Befassung mit der vom BMBF geförderten Vakzine Projekt Management GmbH, VPM, bei der man sich gerne idealerweise vorstellen kann, dass die entwickelten Produkte und Impfstoffe am besten kostenfrei an Betroffene in den Entwicklungsländern abgegeben werden würden. Allerdings können wir realistischerweise auch nicht ignorieren, dass wir uns in einem Spannungsfeld bewegen, das so einfach nicht aufzulösen ist. VPM wird durch das BMBF so gefördert, dass Vakzinekandidaten bis zur Phase eins einer klinischen Prüfung entwickelt werden können. Ohne diese staatliche Förderung wäre der Impfstoff vermutlich in einem frühen Entwicklungsstadium verblieben und hätte aller Voraussicht nach keine Chance auf Weiterentwicklung gehabt, weil er für kommerzielle Partner – leider – noch nicht interessant bzw. ertragreich genug gewesen wäre. Eine allein staatliche Finanzierung der Weiterentwicklung von Impfstoffkandidaten bis zur Marktzulassung würde sehr wahrscheinlich sowohl die finanziellen wie auch rechtlichen Möglichkeiten des Staates sprengen. Eine finanzielle Unabhängigkeit der Weiterentwicklung nach der Anschubfinanzierung durch den Staat wird nur erreicht, wenn ein privater bzw. kommerzieller Investor entweder mit humanistischem Anliegen auftritt oder seine zu erwartenden Investitionen durch ausreichende Vermarktbarkeit refinanzieren kann. Das ist im Bereich vernachlässigter Krankheiten, für die es entweder zu wenig Betroffene oder zu wenig kaufkräftige Betroffene gibt, leider nicht zu erwarten, wenn die Vermarktungsmöglichkeiten auch noch eingeschränkt werden. Davon unabhängig bleiben wir bei unserer Aufforderung an das BMBF, im Rahmen seiner Möglichkeiten seine Verhandlungsspielräume zu nutzen, um einen begünstigten Zugang für Entwicklungsländer zu ermöglichen. Der Ausbau von Forschung und Gesundheitssystemen in den betroffenen Gebieten muss verstärkt werden. Dies passiert bereits durch nationale, auch europäische Fi n t s F E L d w s s f F V d D t A d l S n s V a G P d r l m s d e „ i t w e u D d s n b M to H A E l b k n d Zu Protokoll ge (C (D anzierung. Doch in Ländern, in denen nicht einmal koninuierliche Wasserund Stromversorgung gewährleistet ind, wird der Aufbau, geschweige denn der Ausbau von orschungskapazitäten nur sehr langsam vorankommen. s braucht somit auch Zeit. Mit dem Thema öffentliche klinische Studien in armen ändern werden wir uns noch einmal intensiver aufgrund er EU-Mitteilung „Partnerschaft Europas und der Enticklungsländer im Bereich klinischer Studien“ im Aus chuss beschäftigen. Ich möchte an dieser Stelle aber chon einmal sagen, dass man an dieses Thema sehr diferenziert herangehen sollte. Der Kapazitätsausbau von orschungsinfrastruktur und Wissen ist richtig. Aber eine erlagerung von klinischen Studien in Entwicklungsläner aus rein finanziellen Gründen darf es nicht geben. enn dies wäre aus verschiedenen Gründen problema isch. So ist die Vergleichbarkeit nicht immer gegeben. ber besonders die Einhaltung ethischer Grundsätze bei er Durchführung klinischer Studien ist in Entwicklungsändern viel schwerer zu überprüfen. Dabei darf der chutz von Menschen im Rahmen von klinischen Studien icht vom Durchführungsort der Untersuchung abhängig ein. Wie Sie sicherlich wissen, habe ich mich bereits in der ergangenheit sehr kritisch mit dem TRIPS-Abkommen useinandergesetzt. Dabei musste ich aber auch die renzen der Handlungsmöglichkeiten eines deutschen arlamentariers erkennen. Einige Kritikpunkte teile ich eshalb durchaus. Ich glaube aber nicht, dass uns die Heausnahme des Abkommens aus dem WTO-System wirkich weiterbringt. Ich plädiere vielmehr für eine Reforierung bzw. Weiterentwicklung von TRIPS. Insgesamt cheinen mir die Vorschläge des Koalitionsantrages aus em letzten Jahr zielführender zu sein. Lassen sie mich zunächst ein Lob aussprechen: Es ist rfreulich, dass die Linkspartei jetzt auch auf das Thema vernachlässigte Krankheiten“ aufmerksam geworden st – fast ein Jahr, nachdem die Große Koalition einen Anrag zum Thema eingebracht hat. Es zeugt allerdings von enig Kreativität und Engagement, dass der Antrag fast ins zu eins abgeschrieben wurde. Grundsätzlich haben Sie aber viele Punkte richtig aus nserem Antrag übernommen: Während wir hier in eutschland und Europa über medizinische Innovationen iskutieren und die Lebenserwartung immer weiter steigt, terben in vielen Entwicklungsländern immer noch Millioen Menschen an Krankheiten, die eigentlich behandelar wären. Insgesamt sind es jährlich knapp 13 Millionen enschen. Ich spreche dabei nicht nur von den drei großen dbringenden Krankheiten Tuberkulose, Malaria und IV/Aids. Vor allem an scheinbar banalen Durchfallund temwegserkrankungen sterben Tausende Kinder und rwachsene jedes Jahr. In vielen Entwicklungsländern iegt die durchschnittliche Lebenserwartung bis heute um is zu 30 Jahre unter der in den Industriestaaten. Hinzu ommt, dass viele der vernachlässigten Krankheiten zwar icht tödlich sind, aber die Lebensqualität und die Prouktivität der betroffenen Menschen erheblich mindern. René Röspel gebene Reden Wenn wir Entwicklungsländern aus der Armut helfen wollen, wenn wir in Zukunft starke Partner wollen, mit denen wir in absehbarer Zeit auf gleicher Augenhöhe auch wirtschaftlich zusammenarbeiten können, dann müssen wir in die Bekämpfung der vernachlässigten Krankheiten investieren. Zwei grundlegende Punkte stehen im Mittelpunkt der Problematik: zum einen die fehlenden Innovationen und zum anderen die mangelnde Versorgung der Menschen in Entwicklungsländern mit vorhandenen Medikamenten. Zunächst zu den Problemen bei den Innovationen. So, wie wir es in den vergangenen Monaten so häufig auf den Finanzmärkten sehen konnten, ist es auch bei der medizinischen Forschung: Es wird nicht gefragt, was den Menschen dient, sondern nur, wo es möglichst schnell die höchste Rendite gibt, am besten schon morgen. Langfristiges Denken ist bei den Pharmaunternehmen kaum zu erwarten. Dass eine Stärkung armer Länder auch in Zukunft Abnehmer bringt, wird kaum in Betracht gezogen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Nur 1,3 Prozent aller seit 1975 auf den Markt gebrachten Medikamente wurden für die Bekämpfung von tropischen Krankheiten und Tuberkulose entwickelt. Dabei wurde weltweit noch nie so viel in Forschung und Entwicklung von neuen Medikamenten investiert wie in den letzten zwei Jahrzehnten. Das Interesse gilt jedoch eher Haarausfall, Fettleibigkeit, Impotenz oder anderen „Krankheiten“ reicher Länder. Hier lässt sich Profit machen, und hier hat die Pharmaindustrie ein Interesse, zu investieren. Denguefieber, Schlafkrankheit, oder Wurmerkrankungen wie die Bilharziose werden kaum beachtet. Eine Lösung des Problems – auch das wurde bereits im Antrag der Koalition vergangenes Jahr beschlossen – ist die Stärkung öffentlicher Investitionen im Bereich vernachlässigter Krankheiten. Zum Beispiel auf der EUEbene ist hier eine stärkere Förderung öffentlich finanzierter medizinischer Forschung vonnöten. Am besten und schnellsten entwickelt sich medizinisches Wissen in offenen internationalen Netzwerken, denen die nötigen Mittel bereitgestellt werden. Deswegen freue ich mich, dass wir nächste Woche im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung das EDTCP-Programm – das europäische Programm „Partnerschaft Europas und der Entwicklungsländer im Bereich klinischer Studien“ – auf der Tagesordnung haben. Dieses wichtige Netzwerk fördert die eigenen Forschungsaktivitäten der Entwicklungsländer und bekämpft zielgerichtet die Krankheiten HIV, Malaria und Tuberkulose. Das Programm ist jedoch zeitlich und inhaltlich begrenzt. Deswegen werde ich mit meinen Kollegen im Ausschuss die EU auffordern, dieses Programm zu verlängern und es auf andere vernachlässigte Krankheiten auszuweiten. Die öffentliche Forschungsförderung muss massiv zunehmen und aktiv auch von Deutschland unterstützt werden. Ein guter Anfang ist auf jeden Fall die Initiative der WHO, die Verantwortung für die Versorgung mit Medikamenten verstärkt in Bereichen zu übernehmen, wo der Markt eine Versorgung nicht leistet. Im Mai 2008 wurde durch die Weltgesundheitsversammlung beschlossen, die Erforschung von Arzneimitteln für vernachlässigte K w t V m e T A m z l k o g K A T v G D B B u G d F v s d w A u d D w A d t D v t r D m s s I m t H l t F K a E Zu Protokoll ge (C (D rankheiten zu fördern. Dieser Prozess in der WHO urde im vergangenen Jahr durch den Antrag der Koali ion auf nationaler Ebene unterstützt und begleitet. Der zweite relevante Punkt in der Problematik ist die ersorgung der Kranken mit bereits entwickelten Medikaenten. Etwa ein Drittel der Menschheit ist bis heute von ssenziellen Medikamenten ausgeschlossen. In einigen eilen Afrikas, Lateinamerikas oder Indiens liegt der nteil der Bevölkerung ohne Zugang zu einer Versorgung it den wichtigsten Medikamenten bei mehr als 50 Pro ent. Zuallererst muss hier intensiv mit den Entwicklungsändern zusammengearbeitet werden. Die Versorgung der ranken Menschen darf nicht an mangelnder Kapazität der an Korruption scheitern; dann wäre jegliche Anstrenung, Medikamente zu entwickeln, ad absurdum geführt. onkret ist es wichtig, Entwicklungsländer bei der nwendung der TRIPS-Flexibilitäten zu unterstützen. RIPS muss so ausgelegt werden, dass Länder nicht daon abgehalten werden, Medikamente für die öffentliche esundheitsversorgung herzustellen und einzusetzen. er Schutz des geistigen Eigentums, ein Punkt, den die undeskanzlerin immer wieder betont hat, ist wichtig. Im ereich der medizinischen Forschung ist der Wettbewerb m Patente jedoch tödlich für alle, die aus finanziellen ründen nicht mithalten können. Es ist unsere Pflicht, afür zu sorgen, dass Arzneimittelentwicklung und die orschungsanstrengungen der Pharmabranche nicht nur on Absatzerwägungen und Marktchancen abhängen, ondern vor allem vom gesundheitlichen Bedarf gerade er bedürftigsten Teile der Weltbevölkerung bestimmt erden. In vielen Punkten kann ich den Forderungen aus dem ntrag der Linken nur zustimmen. Vieles wurde gut aus nserem Antrag aus dem letzten Jahr übernommen. Allerings haben Sie elementar wichtige Dinge übersehen: ie Prävention muss nach wie vor ein Schwerpunkt der eiteren Förderung sein; und das taucht leider in Ihrem ntrag überhaupt nicht auf. Für jeden Aids-Patienten, er eine antiretrovirale Therapie erhält, werden mindesens doppelt so viele neue HIV-Infektionen gezählt. eshalb ist es richtig, öffentlich geförderte Forschungs orhaben vordringlich auf die Entwicklung von präveniven Maßnahmen und Impfstoffen zu konzentrieren. Ich möchte an dieser Stelle im Hinblick auf die Äußeungen des Papstes betonen, wie wichtig Prävention ist. ie Behauptung des Papstes, die Benutzung von Kondoen würde das HIV/Aids-Problem in Afrika nur ver chlimmern, ist nicht nur aus entwicklungspolitischer, ondern auch aus menschlicher Sicht völlig inakzeptabel. n vielen Ländern ist die Lage dramatisch. Präventionsaßnahmen, darunter die Verteilung von Kondomen, ragen dazu bei, die Menschen vor der Übertragung von IV zu schützen. Durch die Äußerung des Papstes wird angjährige und aufwendige Aufklärungsund Prävenionsarbeit in unverantwortlicher Weise konterkariert. Aber zurück zum Thema Forschung. Die Mittel für die örderung der Forschung im Bereich vernachlässigter rankheiten sind im Haushaltsjahr 2009 angewachsen; uch hat Deutschland im Jahr 2008 fast 200 Millionen uro in den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Dr. Wolfgang Wodarg gebene Reden Tuberkulose und Malaria eingezahlt. Das ist ein Anfang, allerdings noch immer viel zu wenig. Wir werden uns weiter für die Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten einsetzen und haben dafür Anfang letzten Jahres mit unserem Antrag eine gute Grundlage geschaffen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Linkspartei unsere Forderungen mitträgt und Teile unseres Antrags gleich übernommen hat. Über Weiterentwicklungen, die mehr sind als ein lasches Wiederkäuen unserer Anträge, würde ich mich auch in Zukunft freuen. Für die weitere Arbeit im konkreten Fall gilt jedoch: Wir brauchen keine Kopien der Linken, sondern bleiben lieber bei unserem Original. Die internationale Gemeinschaft hat sich mit den acht Millennium Development Goals, MDGs, zu verstärkten Anstrengungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit bis zum Jahr 2015 verpflichtet. Die Verbesserung der Gesundheit in Entwicklungsländern haben drei der acht MDGs zum Ziel: die Verringerung der Kindersterblichkeit, die Verbesserung der Gesundheit der Mütter, die Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und von anderen übertragbaren Krankheiten. Leider sind die Zwischenmeldungen, die uns in Bezug auf die Erreichung der Gesundheits-MDGs erreichen, nicht in allen Teilen der Welt positiv. Wir werden in Subsahara-Afrika vermutlich keines der acht MDGs erreichen. Neben einigen Fortschritten treffen uns auch immer wieder Rückschritte. Uns bleibt noch viel zu tun! Die Zahlen verdeutlichen die enormen Herausforderungen, vor denen wir stehen: In Subsahara-Afrika liegt die Kindersterblichkeit bei 160 Todesfällen pro 1 000 Lebendgeburten. Jedes sechste Kind stirbt vor dem Erreichen des fünften Lebensjahrs, viele an tropischen Krankheiten. Allein durch HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose und andere tropische Krankheiten gehen jedes Jahr 140 Millionen Lebensjahre in Gesundheit verloren. Hinzu kommen Sterbefälle durch vermeidbare und leicht behandelbare Krankheiten wie Durchfallerkrankungen, hervorgerufen durch schlechte oder nichtvorhandene sanitäre Einrichtungen. Eine bisher wenig beachtete Todesursache stellen armutsbedingte Tropenkrankheiten wie Wurmerkrankungen, Flussblindheit, Denguefieber oder auch die Schlafkrankheit dar. Wenn auch nicht immer lebensbedrohlich, sind diese Krankheiten mit viel Leid, Behinderungen und Beeinträchtigungen im Alltag der Betroffenen verbunden. Die Zahl der Menschen, die unter tropischen Krankheiten leidet, ist erschreckend hoch und vielen nicht bewusst: Eine Milliarde Menschen leidet unter tropischen Krankheiten. Für die meisten gibt es bisher noch keine oder nur unzureichende Therapiemöglichkeiten. Besonders die Bekämpfung von vernachlässigten Krankheiten muss mit verstärkten Anstrengungen angegangen werden. Wir haben uns bereits im letzten Jahr in einer Debatte mit diesem Thema befasst. Leider sind die Ergebnisse der Bundesregierung in diesem Bereich mehr als ernüchternd. Lediglich eine Etaterhöhung im Bundesministerium für Bildung und Forschung um 3 Millionen Euro für den Bereich der vernachlässigten Krankheiten ist für das Jahr 2009 zu verzeichnen. Anstrengungen sehen für mich anders aus. d d H m a H n g n N r s B m e w d l K c m d r h W s B K g b r V s a w W i s n P E m W a e k d d l d m S V d i Zu Protokoll ge (C (D Angesichts des nicht ausreichenden Willens der Bunesregierung müssen wir immer wieder diese Debatte in en Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Die gewaltigen erausforderungen im Bereich der Wirkstoffforschung üssen die Privatwirtschaft und die Politik gemeinsam ngehen und nach neuen Möglichkeiten suchen, um diese erausforderungen zu bewältigen. Nur wenn alle Parter – Politik, Wirtschaft und Wissenschaft – international emeinsam an dieser Herausforderung arbeiten, wird achhaltig eine Verbesserung der Lage zu erreichen sein. eue Modelle der Forschungsförderung sowie die Förde ung von Public Private Partnerships, PPP, müssen dabei tärker in den Fokus der Debatte rücken. Bisher ist die undesregierung eher zurückhaltend in ihrem Engageent in diesem Bereich, und das, obwohl es bisher sehr rfolgreiche PPPs gibt. Allein im Bundesministerium für irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird as Instrument der PPP zur Erforschung und Entwickung armutsbedingter, tropischer und vernachlässigter rankheiten in einem Zeitraum von zwölf Jahren mit irca 7 Millionen Euro gefördert. Hier, meine ich, sollte an sich in der Bundesregierung Gedanken machen, ob a nicht mehr Engagement nötig und auch möglich ist. Aber auch eine kohärente Strategie der Bundesregieung bei der Bekämpfung von tropischen Armutskrankeiten ist dringend vonnöten. Aus der Wissenschaft und irtschaft wird immer wieder auf die ungeklärten Zu tändigkeiten bei den beteiligten Ministerien – BMZ, MG und BMBF – verwiesen. Darüber hinaus muss ein onzept von der Bundesregierung vorgelegt werden, das emeinsam mit Wissenschaft, Wirtschaft und Politik erareitet wird. Denn Wirtschaftsund Wissenschaftsfördeung bringt auch für die Entwicklungszusammenarbeit orteile. Diese Win-win-Situation für alle Seiten muss uner Ziel sein. Wir fordern ganz klar die Bundesregierung uf, in diesem Bereich ihrer Verantwortung gerecht zu erden. Mit den Worten „Wir wollen wieder zur Apotheke der elt werden“ verkündete Staatssekretär Meyer-Krahmer m vergangenen Jahr die Sieger des 100 Millionen Euro chweren Bio-Pharma-Wettbewerbs des Forschungsmiisteriums. Die drei hochdotierten öffentlich-privaten rojekte befassen sich mit der effizienten Umsetzung von rgebnissen der Grundlagenforschung in den Pharmaarkt – das Stichwort heißt Wertschöpfung. Apotheke der elt sein zu wollen, heißt das aber nicht etwas anderes, ls „dem Pharmastandort neue Impulse zu geben“, wie s der Staatssekretär ebenfalls in dem Zusammenhang erlärte? Apotheken nehmen Apothekerpreise, so hat es zuminest der Volksmund festgestellt, Preise also, die weit über enen liegen, die Menschen in ärmeren Regionen bezahen können. Trotzdem rentieren sich die Preise, denn in en wohlhabenden Ländern sind sie bezahlbar. Und dait die Verwertungskette in diesen Gegenden nicht ins tocken gerät, setzen die Pharmafirmen ihre Patente und erwertungsrechte anderswo auch mithilfe von Gerichten urch. Aktuell verklagt der deutsche Bayer-Konzern die ndische Regierung, weil diese die Lizenz zur Herstellung Dr. Wolfgang Wodarg gebene Reden eines Krebsmedikamentes an einen einheimischen Hersteller erteilt hatte, obwohl noch Patentschutz besteht. Nach der Indienreise des Forschungsausschusses weiß ich, was dort trotz des wirtschaftlichen Wachstums für ein unglaubliches Elend herrscht. Eine Mehrheit der Bevölkerung kämpft um das tägliche Überleben. Es ist ein Skandal, dass eine Firma wie Bayer ihre monopolistischen Rechte auf gerichtlichem Wege durchzusetzen versucht, obwohl Indien der wichtigste Generikalieferant nicht nur für die eigene Bevölkerung, sondern für viele arme Länder Südostasiens ist. Wenn die Aufgabe der „Apotheke der Welt“ darin besteht, Medikamente nur den wohlhabenden Regionen zur Verfügung zu stellen, um die schon jetzt exorbitanten Gewinne noch zu steigern, dann müsste ehrlicherweise von Deutschland als „Apotheke der Reichen dieser Erde“ gesprochen werden. Diese Rolle spiegelt sich auch in der Forschung wider: die Organisationen Ärzte ohne Grenzen und Oxfam haben im vergangenen Jahr das Engagement Deutschlands bei der Suche nach neuen Wirkstoffen und Diagnostika für die sogenannten Armutskrankheiten wie etwa Tuberkulose, Malaria und Cholera untersucht. Beide Studien kommen zu einem niederschmetternden Ergebnis: Deutschland tut viel zu wenig. Lediglich 0,12 Prozent des Forschungshaushaltes wurden 2007 im Kampf gegen vernachlässigte Krankheiten aufgewendet. Auch das Beispiel Tuberkulose zeigt den mangelnden Einsatz Deutschlands: Inklusive der eingeworbenen EU-Mittel wurden 9,5 Millionen Euro im Kampf gegen TBC ausgegeben, obwohl sich die Gefahr durch neue resistente Erreger stark vergrößert hat und mittlerweile auch in Europa wieder eine große Rolle spielt. Selbst die private Gates-Stiftung hat mehr als das Sechsfache ausgegeben, von den 140 Millionen Euro des US-amerikanischen Staates ganz zu schweigen. Wir haben es sehr begrüßt, dass die Koalition im laufenden Haushalt drei Millionen Euro zusätzlich zur Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten eingestellt hat. Das ist jedoch nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein, insbesondere im Vergleich mit anderen Pharmaprojekten des Forschungsministeriums wie dem schon genannten Biopharmawettbewerb. Ist es nicht fraglich, dass das Millenniumsziel der weltweiten Bekämpfung von Infektionskrankheiten an zu wenig Forschungsmitteln und restriktiver Patentanwendung scheitert, während die deutsche Pharmaindustrie mit den insgesamt 800 Millionen Euro der „Pharmainitiative“ ins Biotech-Zeitalter hineinsubventioniert werden soll? Wir haben es mit einem drastischen Marktversagen zu tun, denn es sind die Investitionsentscheidungen der Unternehmen, die ein stärkeres privates Engagement gegen die Armutskrankheiten verhindern. Warum sollte eine Firma mit Gewinninteresse an Krankheiten forschen, die in Gegenden praktisch ohne Kaufkraft vorkommen? An dieser Stelle sind massive öffentliche Mittel gefragt, um ein strukturelles Problem der Arzneimittelversorgung in privater Hand wenigstens abzumildern. Der hier debattierte Antrag meiner Fraktion fordert die Bundesregierung auf, aus der „Pharmainitiative für Deutschland“ auch eine Pharmainitiative für Gesundheit i z d d t M g t d F E w I c W e m E w t f b z s k w U n t m t m i V Z k d l m P f u t d g H b m b i K d D K M r h f m Zu Protokoll ge (C (D n der Dritten Welt zu machen. Stellen Sie mindestens ehn Prozent der verausgabten Mittel direkt in den Dienst es Kampfes gegen die in armen Ländern vorherrschenen Krankheiten! Ohnehin steigt aufgrund der Investiionszurückhaltung der Industrie der Anteil öffentlicher ittel in der Pharmaforschung – besonders im Grundlaenbereich. Das gibt der öffentlichen Hand auch Gestalungsspielräume bei dem Umgang mit Patenten und aneren Rechten am sogenannten geistigen Eigentum. Der all des neuen Tuberkulose-Impfstoffes VPM 1002 ging nde letzten Jahres bundesweit durch die Presse. Hier urde am öffentlich finanzierten Max-Planck-Institut für nfektionsbiologie ein aussichtsreicher Wirkstoff entwikelt, dessen Exklusivlizenz dann vom federführenden issenschaftler zur weiteren klinischen Prüfung an die benfalls öffentlich finanzierte Vakzine Projekt Manageent VPM GmbH verkauft wurde – übrigens für 40 000 uro und in dem guten Glauben, dass der Wirkstoff auch eitestmöglich zur Anwendung kommt. Mittlerweile be rägt der Marktwert dieser Lizenz nach Schätzungen etwa ünf Millionen Euro. Dieses Geld könnte die VPM gut gerauchen, denn sie soll sich ab 2010 aus ihren eigenen Lienzeinnahmen tragen. Den maximalen Preis bekommt ie jedoch nur, wenn ein Pharmakonzern eine globale Exlusivlizenz erwerben kann, ohne den Zwang zur preiserten Abgabe des Impfstoffs etwa in armen Ländern. nd hier beginnt die Verantwortung des Forschungsmiisteriums: Die Aufgabe dieser mit Steuergeld finanzieren Wissenstransferagenturen wie VPM darf nicht nur die undgerechte Belieferung der Industrie sein. Nachhal ige Innovationspolitik muss den größtmöglichen Geeinnutzen der Anwendung von Forschungsergebnissen m Blick haben. Unser Antrag fordert, dass der Impfstoff PM 1002 nur unter der Auflage eines preisgünstigen ugangs für arme Länder an einen Pharmahersteller verauft werden darf und dass in Zukunft diese Lizenzen zuem in sogenannte Patentpools für die Generikaherstelung eingebracht werden. An guten Ideen zum Wissenstransfer in die Anwendung angelt es nicht – wie das eben erwähnte Beispiel des atentpools zeigt. Dieser bündelt eingebrachte Patente, ür die zuvor eine pauschale Gebühr entrichtet wurde, nd macht so die Herstellung von preiswerten Kombinaionspräparaten möglich. Die Bundesregierung sollte zuem aktiv und auch finanziell die Entwicklung soenannter Produktentwicklungspartnerschaften für die erstellung preiswerter Medikamente unterstützen. Es ist eschämend, dass dies wegen interministerieller Abstimungsschwierigkeiten bisher nicht gelungen ist. Wir haen in unserem Antrag weitere Vorschläge gemacht, wie m Sinne des Millenniumsziels der Bekämpfung von rankheiten in den armen Regionen dieser Welt in der eutschen Forschungspolitik umgesteuert werden kann. ass weltweit nur zehn Prozent der Forschungsmittel für rankheiten ausgegeben werden, die neunzig Prozent der enschen betreffen, ist eine nicht hinnehmbare Unge echtigkeit. Der HIV-Experte der WHO, Kevin de Cock, at recht, wenn er sagt: „Der Schutz vor den großen Inektionskrankheiten AIDS, Tuberkulose und Malaria uss endlich ein universelles Recht sein.“ Dr. Petra Sitte gebene Reden Vernachlässigte Krankheiten gelten deshalb als ver nachlässigt, weil sie schlecht erforscht sind und mit veralteten Methoden bekämpft werden. Deswegen ist es wichtig, dass dieses Thema immer wieder aufgegriffen wird. Deswegen haben wir auch kürzlich eine Kleine Anfrage zur Entwicklung von Tuberkuloseund MalariaImpfstoffen an die Bundesregierung gestellt. Es ist richtig, dass das Parlament über den Zusammenhang von Pharmainnovationen und vernachlässigten Krankheiten in Entwicklungsländern diskutiert. Dazu bietet der vorliegende Antrag eine gute Gelegenheit. Allzu oft wird vergessen, welch ungeheure Verbesserung der Lebensumstände in Entwicklungsländern ein Durchbruch in der Pharmaforschung bringen könnte. Unser Grundziel ist es, die Verbesserung der Lebensumstände der Menschen in Entwicklungsländern zu erreichen. Dazu gehört natürlich – wie in den Millenniumsentwicklungszielen beschrieben – auch und entscheidend eine Verbesserung des Gesundheitszustands der Menschen. Dringend notwendig sind hierfür eine verbesserte Infrastruktur und eine bessere Gesundheitsversorgung; insbesondere der Fachkräftemangel im Gesundheitssystem ist ein Problem, das dringend angegangen werden muss. Heute allerdings nehmen wir das Problem der sogenannten vernachlässigten Krankheiten in den Blick. Die Weltgesundheitsorganisation hat bereits in ihrem am 24. Mai 2008 verabschiedeten Strategiepapier weitreichende Empfehlungen für die Stärkung von Forschung und Entwicklung zu vernachlässigten Krankheiten und den Zugang zu Medikamenten abgegeben. Bislang ist leider zu wenig zur Umsetzung geschehen. Die Entwicklung neuer Arzneimittel kostet viel Geld und viel Zeit. Ergebnis: Pharmaunternehmen in den Industrieländern vernachlässigen die Armutskrankheiten in ihrer Forschung, da ihnen die Entwicklung von Medikamenten hierfür geringere Aussichten auf Gewinne verspricht, denn der größte Teil der potenziellen Käuferinnen und Käufer ist arm. Aus dem gleichen Grund sind auch vorhandene Medikamente oft nicht auf die Bedürfnisse der Menschen in Entwicklungsländern zugeschnitten, sind nicht hitzebeständig, nicht für Kinder geeignet oder schlichtweg zu teuer. Von den zwischen 1975 und 2004 neu entwickelten 1 556 Medikamenten entfielen gerade mal 18 neue Medikamente auf die tropischen Armutskrankheiten und drei auf Tuberkulose. Angesichts dieser Situation muss es neue Anreize zur Forschung an Arzneimitteln für vernachlässigte Krankheiten geben, und ich erinnere hierbei auch an die Schlafkrankheit, Chagas, Leishmaniose und Flussblindheit. Es ist nicht hinnehmbar, dass zum Beispiel gegen Tuberkulose, die zusammen mit HIV/Aids und Malaria eine der tödlichsten Krankheiten ist, an denen jährlich 6 Millionen Menschen sterben, seit Jahrzehnten keine neuen Medikamente entwickelt wurden. Die Krankheit hingegen hat sich sehr wohl weiterentwickelt: Die unsachgemäße Behandlung von Tuberkulose oder der vorzeitige Abbruch von Therapien wegen mangelhafter Begleitung führen wiederum dazu, dass es mittlerweile multiresistente Erreger gibt. Zudem kommt die Tuberkulose, die in unseren Breiten als ausgerottet galt, inzwischen auch w f l n d d d W h r a Z d d t t A B K n P z H w d h s s M t d M s h d n t d h j c I v E t a p t F u A s A g Zu Protokoll ge (C (D ieder in neuer Form zu uns zurück. Folge in diesem Teuelskreis: Die heute erhältlichen Medikamente sind mitterweile veraltet, haben starke Nebenwirkungen und eien zweifelhaften Therapieerfolg. Wir begrüßen daher, ass zurzeit ein neuer Tuberkulose-Impfstoffkandidat aus er Grundlagenforschung des Max-Planck-Institutes in ie klinische Phase übergegangen ist. Auch zu den vielfältigen möglichen Anreizen gibt die eltgesundheitsorganisation Empfehlungen. Wir bezieen uns hierbei nicht nur auf Patente – die auch ein Aneiz zur Entwicklung neuer Medikamente sind, die aber us unserer Sicht auf keinen Fall armen Menschen den ugang zu lebensnotwendigen Medikamenten verwehren ürfen. Auch andere Anreize sind zu prüfen: Der Antrag er Linken erwähnt Forschungspreise, die auch wir unerstützen. Auch Aufkaufverpflichtungen, die sogenannen Advanced Market Commitments, wären ein möglicher nreiz. Wir fanden es schon 2007 sehr schade, dass die undesregierung anders als Großbritannien, die USA, anada und Italien nicht bereit war, die Entwicklung eies für Entwicklungsländer nutzbaren Impfstoffes gegen neumokokken nicht nur rhetorisch, sondern auch finaniell zu unterstützen. An Pneumokokken, die Lungenund irnhautentzündung auslösen können, sterben in Enticklungsländern vor allem Kinder unter fünf Jahren. Den größten Erfolg allerdings verspricht die Stärkung er öffentlichen Forschung über vernachlässigte Krankeiten. Die Initiative DNDi, die Drugs for Neglected Dieases Initiative, ist eine Produktentwicklungspartnerchaft, die von Anfang an sicherstellt, dass öffentliche ittel, die in die Forschung zum Beispiel an Medikamen en gegen Malaria investiert werden, auch definitiv dazu ienen, einen breiten öffentlichen Zugang zu eben diesen edikamenten zu ermöglichen. Und hier komme ich zum Hauptproblem: der Preisgetaltung bei Medikamenten. Häufig verhindert ein zu hoer Preis, dass Menschen in Entwicklungsländern sich ie notwendigen Medikamente tatsächlich leisten könen. Pharmaunternehmen sind hier in der Mitverantworung. Denn sie greifen auf Grundlagenforschung zurück, ie fast immer auch durch öffentliche Mittel finanziert ist. Die Bundesregierung muss ihren Einfluss dahin geend geltend machen, dass Institute wie die Vakzine Proekt Management GmbH hen Mitteln die Entwicklung eines Tuberkulosempfstoffes vorantreibt, in der Zukunft auch ihre Lizenzerträge so gestalten, dass ein erleichterter Zugang von ntwicklungsländern zu den von der VPM mitentwickel en Impfstoffen gesichert ist. Die Bundesregierung sollte ußerdem einfordern, dass die drei mit dem Themenkomlex der Forschung für vernachlässigte Krankheiten berauten Ministerien (für Gesundheit, für Bildung und orschung sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit nd Entwicklung)


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René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1621135400




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Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1621135500




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(B) )





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Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1621135600
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621135700




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(B) )





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Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621135800
ufgaben besser koordinieren und ihre jeweiligen Zu-
tändigkeiten auch für Außenstehende klarer definieren.

Armutskrankheiten müssen endlich als eine globale
ufgabe angesehen werden und auch als solche angegan-
en werden. Das erfordert eine kooperative Zusammen-




Dr. Petra Sitte
gebene Reden






(A) )



(B) )


Ute Koczy
arbeit von staatlichen und multilateralen Institutionen,
von Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621135900

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 16/12291 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu dem An-
trag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD

Bürgerschaftliches Engagement umfassend
fördern, gestalten und evaluieren

– Drucksachen 16/11774, 16/12202 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Markus Grübel
Sönke Rix
Sibylle Laurischk
Elke Reinke
Ekin Deligöz

Die Reden der Kolleginnen und Kollegen Markus
Grübel, CDU/CSU, Sönke Rix, SPD, Sibylle Laurischk,
FDP, Elke Reinke, Die Linke, Britta Haßelmann, Bünd-
nis 90/Die Grünen, nehmen wir zu Protokoll.


Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1621136000

Es gibt mehr als 23 Millionen freiwillig engagierte

Menschen in Deutschland. Dies entspricht 36 Prozent der
über 14-jährigen Bürgerinnen und Bürger. Ohne sie
würde das Zusammenleben, wie wir es kennen, nicht
funktionieren. Das klingt gut; wenn man jedoch genau
hinsieht, muss man feststellen, dass sich das klassische
Ehrenamt in einer Krise befindet. Immer weniger Men-
schen sind bereit, sich langfristig und zeitaufwendig in
Verbänden, Vereinen, in kirchlichen Institutionen etc. zu
binden bzw. freiwillig zu engagieren. 53 Prozent der Be-
völkerung sind in keiner Organisation Mitglied.

Für diese Menschen müssen neue Anreize, Möglich-
keiten geschaffen werden, sich einzubringen. Gerade
beim Engagement der Jugend liegen große Potenziale.
Jedoch engagieren sich von den 16-Jährigen gerade ein-
mal 20 Prozent freiwillig. Bei den 14-Jährigen sind es so-
gar nur 18 Prozent. Bei den älteren Jugendlichen zeichnet
sich wieder ein höheres Interesse ab, zumindest wenn
man das Interesse an den Jugendfreiwilligendiensten, die
wir im letzten Jahr gesetzlich neu geregelt haben, zu-
grunde legt. 23 000 junge Menschen engagieren sich hier.

Darüber hinaus müssen wir die Potenziale der Rent-
ner und Pensionäre verstärkt mit einbeziehen. Statistisch
gesehen, verbringt ein Rentner ein Viertel seines Lebens
im Ruhestand. Viele Menschen, auch im hohen Alter, wol-
len gesellschaftliche Aufgaben übernehmen. Wir benöti-
gen also die „aktiven Alten“. Heute sind bereits über
30 Prozent von ihnen freiwillig engagiert. Weitere

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(C (D 0 Prozent würden sich gerne engagieren, wenn es pasende Angebote gäbe. Das BMFSFJ hat daher in den vergangenen Jahren ine Vielzahl von Projekten initiiert, um das Miteinander er Generationen zu fördern. Ich nenne exemplarisch die ehrgenerationenhäuser und die neuen Freiwilligen ienste aller Generationen. Zudem wurden zahlreiche orschläge der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürerschaftlichen Engagements“ bereits in der letzten Leislaturperiode umgesetzt. Der Enquete-Bericht sieht ngagementförderung als Querschnittsaufgabe an, die urch stärkere Kooperation von Verwaltung, Politik und achressorts sowie ressortübergreifende Vernetzung von taatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren und Oranisationen bestmöglich umgesetzt werden könne. Auch wurde der Unterausschuss „Bürgerschaftliches ngagement“ eingesetzt. Viele von den Engagementpoli ikern sind dort Mitglied und haben auch daran mitgeareitet, dass im Rahmen des im Jahr 2007 verabschiedeten esetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen ngagements die steuerund gemeinnützigkeitsrechtlihen Rahmenbedingungen erheblich verbessert wurden. it der Initiative „ZivilEngagement“ soll durch eine ielzahl von Maßnahmen Engagementpolitik wirksam estaltet werden. Ziel ist eine abgestimmte Strategie zur eiterentwicklung einer nationalen Engagementpolitik it unterschiedlichen Schwerpunkten, wie zum Beispiel eiterer Ausbau der bestehenden generationenübergrei enden Angebote für bildungsferne Gruppen, einfach ugängliche Engagementangebote insbesondere für Juendliche, Optimierung der Einsatzmöglichkeiten von reiwilligen durch Qualifizierungsangebote und Erwei erung von Tätigkeitsprofilen für Engagierte. Bürgerschaftliches Engagement ist für gesellschaftlihe Integration, wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand nd stabile demokratische Strukturen unerlässlich. Engaementpolitik berührt alle relevanten Politikfelder und lle staatlichen Ebenen. Bund, Länder und Kommunen üssen Rahmenbedingungen wirkungsorientiert fördern, ie zivilgesellschaftliche Organisationen als Träger bürerschaftlichen Engagements, Unternehmen und nicht uletzt die engagierten Bürgerinnen und Bürger für bürerschaftliches Engagement benötigen. Zur Förderung ählt ausdrücklich auch eine verstärkte öffentliche Wertchätzung bürgerschaftlichen Engagements. Die Anerkennung des freiwilligen Einsatzes der Engaierten ist von besonderer Bedeutung. Es bedarf einer ultur der Anerkennung, in der bürgerschaftliches Engaement einen Wert an sich darstellt und zu einer Selbsterpflichtung wird. Dazu ist ein gesamtgesellschaftliches mdenken vonnöten. Die Leitidee einer Bürgergesell chaft und die verschiedenen Facetten des bürgerschaftichen Engagements – ihr Wert für die Engagierten und ür die Gesellschaft – müssen zukünftig deutlich herausestellt werden. Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir die Vorausetzungen für eine regelmäßige wissenschaftliche Beichterstattung zum bürgerschaftlichen Engagement urch eine Sachverständigenkommission ab der nächsten egislaturperiode schaffen. Der Forschungsbericht von unabhängigen Wissenschaftlern soll – auf Schwerpunkte konzentriert – die Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements und den Stand der Engagementpolitik einschließlich der politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einmal pro Legislaturperiode aufzeigen. Ihm soll außerdem eine Stellungnahme der Bundesregierung angefügt werden. Mit der Berichterstattung soll erreicht werden, die Diskussion über das bürgerschaftliche Engagement noch tiefer im öffentlichen Bewusstsein zu verankern und die in der Gesellschaft vorhandenen Potenziale für bürgerschaftliches Engagement zu mobilisieren und zu nutzen. Zudem ist der Bericht für die Entwicklung einer ressortübergreifenden Engagementstrategie wichtig und wird Informationen und Empfehlungen liefern, um die richtigen Weichen zu stellen und Bedarfe und Möglichkeiten, aber auch Hindernisse für Engagement aufzeigen. Ein Vorläuferbericht für die regelmäßige Berichterstattung, der den Beitrag des bürgerschaftlichen Engagements zur Bewältigung sozialer Aufgaben unter besonderer Beachtung der Familie und bei Familien unterstützenden Dienstleistungen untersucht, wird im Mai 2009 erscheinen. Bedauerlicherweise ist kein interfraktioneller Antrag zustande gekommen, wie ursprünglich angedacht, da die anderen Fraktionen sich entweder in Enthaltung oder Ablehnung üben. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass durch die regelmäßige Berichterstattung eine verstärkte Wahrnehmung des Themas in der Öffentlichkeit erreicht und bürgerschaftliches Engagement weiter ausgebaut und gefördert werden kann. Heute verabschieden wir den Antrag, der von den Ko alitionsfraktionen eingebracht wurde. Der Titel „Bürgerschaftliches Engagement umfassend fördern, gestalten und evaluieren“ lässt erst einmal nicht vermuten, dass es sich im Kern um eine regelmäßige Berichterstattung handelt. Beim zweiten Hinsehen erschließt sich das aber schon. Denn um überhaupt das bürgerschaftliche Engagement umfassend fördern und gestalten zu können, benötigen wir eine regelmäßige Bestandsaufnahme und Evaluation. So möchte ich das, was ich bereits im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in der letzten Sitzungswoche betont habe, auch hier noch einmal deutlich machen: Eine regelmäßige Berichterstattung zum Themengebiet bürgerschaftliches Engagement ist nützlich und sinnvoll, zumindest dann, wenn wir unserem Anspruch gerecht werden wollen, die Rahmenbedingungen für Engagierte stetig zu verbessern und einer aktiven Bürgergesellschaft die Steine aus dem Weg zu räumen, die es mancherorts noch gibt. Dabei war es meiner Fraktion äußerst wichtig, dass der Bericht von einer unabhängigen Expertenkommission erstellt wird und so unvoreingenommen wie möglich erarbeitet werden kann. Der Bericht soll Problemlagen aufdecken und durch eine immer andere Schwerpunktsetzung unseren Blick für das bürgerschaftliche Engagement schärfen. m g w S k D s a c b n n f v d d „ s V g s W b f s E M f d i z f m s z g n d d t m t p u p b g d m w n n d W e u a Zu Protokoll ge (C (D Ohne Frage haben wir in den letzten Jahren schon dait angefangen. Denn das Thema bürgerschaftliches Enagement hat die SPD in den letzten zehn Jahren immer eiter in den Vordergrund gerückt. Auf Initiative der PD-Fraktion wurde die Enquete-Kommission zur Zuunft des bürgerschaftlichen Engagements eingesetzt. eren Arbeit hat deutlich gezeigt: Das Thema bürger chaftliches Engagement ist ein Querschnittsthema. Fast lle und damit auch die unterschiedlichsten Politikbereihe haben Einfluss auf die Entfaltungsmöglichkeiten des ürgerschaftlichen Engagements. Das fängt an bei den fianziellen Rahmenbedingungen, geht über die Anerkenung, die wir den Engagierten entgegenbringen, und ührt bis zu der Frage, wie viel Hauptamtlichkeit und wie iele Netzwerke wir brauchen, um dafür zu sorgen, dass as Engagement auch gut organisiert ist. Und so ist auch ie Förderung des Engagements ein Querschnittsthema. Das berücksichtigt auch der Antrag. Hier heißt es: Der Bericht sieht die Engagementförderung als Querchnittsaufgabe an, die durch stärkere Kooperation von erwaltung, Politik und Fachressorts sowie ressortüberreifende Vernetzung von staatlichen und zivilgesellchaftlichen Akteuren und Organisationen sowie der irtschaft bestmöglich umgesetzt werden könne.“ Diese eiden Aspekte – Kooperation und Vernetzung – halte ich ür die wichtigsten. Einen Beitrag dazu leistet bereits seit echs Jahren der Unterausschuss „Bürgerschaftliches ngagement“. Die Kolleginnen und Kollegen, die wie ich itglied dieses Unterausschusses sind, wissen: Hier tref en sich regelmäßig Akteure aus der Zivilgesellschaft, aus er Verwaltung und der Regierung und berichten über hre Erfahrungen und Initiativen. Eine stärkere Vernetung ist dadurch möglich, wenn sie auch eher durch inofizielle Gespräche am Rand dieses Gremiums entstehen ag als durch die öffentliche Sitzung. Der Bericht kann helfen, die Arbeit des Unterauschusses zusammenzutragen und auch neue Denkanstöße u geben. Aufgrund der demografischen Entwicklung, der erade zurzeit unsicheren Lebensverhältnisse und der euen Anforderungen, die sich an die Gesellschaft und jeen Einzelnen stellen, werden sich auch die Strukturen es Engagements verändern. Diese müssen wir beobachen. Dazu dient zurzeit der Freiwilligensurvey, den es einer Meinung nach auch weiterhin als wichtigste Da engrundlage in diesem Bereich geben muss. Der gelante Bericht kann aber über die Fakten, wer sich wie nd warum engagiert, hinaus eine ganz andere Schwerunktsetzung unter unterschiedlichen Fragestellungen etreiben. Hieraus ergeben sich dann ganz konkrete Aufaben für die Politik – so wünsche ich es mir jedenfalls. Eine weitere Aufgabe, die der Bericht leisten kann, ist, em bürgerschaftlichen Engagement noch mehr Auferksamkeit zu verschaffen. In den letzten zehn Jahren urden auch dafür schon die Grundsteine gelegt, nicht ur im Parlament, sondern auch durch die Organisatioen selbst. Und an dieser Stelle möchte ich mich ausrücklich beim BBE bedanken, denn das leistet mit der oche des bürgerschaftlichen Engagements jedes Jahr inen unschätzbaren Beitrag für eine breite Öffentlichkeit nd mehr Anerkennung für alle Engagierten. Um weiter uf diesem guten Weg zu bleiben, um Problemlagen er Markus Grübel gebene Reden kennen und lösen zu können, um Engagierten die Rahmenbedingungen zu schaffen, die sie benötigen, brauchen wir diesen unabhängigen Bericht. Gerade für Liberale ist bürgerschaftliches Engage ment Ausdruck einer lebendigen Bürgerkultur: einer Gesellschaft, in der Probleme nicht wie selbstverständlich bei öffentlichen Einrichtungen abgegeben werden, einer Gesellschaft, in der Bürger für Bürger da sind. Vor diesem Hintergrund ist es schwer, die Arbeit der Bundesregierung im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements zu loben. Hauptsächlicher Aktionspunkt der Bundesregierung in dieser Legislatur war das Auswechseln von Begriffen. Der von der Enquete-Kommission geprägte Begriff des „bürgerschaftlichen Engagements“ wurde zugunsten des Begriffs „Zivilengagement“ aufgegeben. Die FDP sieht dies äußerst kritisch, da so eine allgemeine Verwirrung bei Diskussionen entsteht und etwas Neues suggeriert wird, obwohl alles beim Alten bleibt. Neben dieser babylonischen Begriffsverwirrung ist vor allem die Untätigkeit der Bundesregierung bei der Belastung des bürgerlichen Engagements durch die Mehrwertsteuer fatal. Die Bundesregierung nimmt die durch die Finanzämter neuerdings entdeckte Mehrwertsteuerbelastung des bürgerschaftlichen Engagements hin und tritt dieser Entwicklung nicht entschieden entgegen: Es ist erstaunlich, dass sowohl bei den Jugendfreiwilligendiensten als auch bei den Sponsoringaktivitäten durch Unternehmen dies seit Jahrzehnten unbeanstandet von den Finanzbehörden stattfand. Nach Auffassung des BMF bzw. eines Finanzamtes ist dies nun anders. So liegt zum Beispiel in der kostenlosen Überlassung von Telefondienstleistungen der Deutschen Telekom an die Telefonseelsorge ein der Umsatzsteuer unterliegendes Tauschgeschäft vor. Das BMF konstruiert aus dem bürgerschaftlichen Engagement von Unternehmen nun tauschähnliche Umsätze, da zum Beispiel auf der Internetpräsenz der Telefonseelsorge darauf verwiesen wird, dass die Telekom der Partner der Telefonseelsorge ist. Aus einem Hinweis auf den Sponsor nun ein steuerliches Tauschgeschäft zu konstruieren, steht im krassen Gegensatz zu den Bemühungen, mehr Unternehmen für Engagement im gesellschaftlichen Bereich zu gewinnen. Es ist sogar im staatlichen Interesse, dass auf den Sponsor hingewiesen wird. Nur so können andere Unternehmen über die Steigerung von Ansehen und Prestige dazu bewegt werden, sich gesellschaftlich zu engagieren. Weiterhin ist vollkommen ungeklärt, ab wann der Hinweis auf den Sponsor einen steuerlich relevanten Tatbestand schafft. Unterliegt es beispielsweise der Steuerpflicht, wenn die dörfliche Gastwirtschaft ihre Mikrofonanlage aus dem Festsaal einem örtlichen Sportverein kostenlos für das Fußballturnier leiht und sich dieser Verein auf dem Fußballfeld deutlich hörbar über die Mikroanlage dafür bedankt? Ist dies Werbung oder bürgerschaftliches Engagement? Wenn das Gebaren einiger Finanzbehörden Schule macht, ist mit einem deutlichen Rückgang solcher Sponsoringaktivitäten zu rechnen. Dies wird dem Ehrenamt erheblichen schaden. b A e r q li k z fr w a E d w m h K d E b „ b d B s s n s c D w s g s A g A w w m l m b t u n r – E t e – g s t Zu Protokoll ge (C (D Leider beweihräuchert der vorliegende Antrag die Areit der Bundesregierung. Weiterhin fordern Sie in Ihrem ntrag einen Bericht. Nun ist die FDP nicht generell gegen inen solchen Bericht, die Vorgehensweise ist jedoch atemaubend. Der Bericht ist längst in Auftrag gegeben und uasi fertiggestellt und soll bereits im Mai 2009 der Öffentchkeit vorgestellt werden! Nun seitens der Regierungsoalition durch diesen Antrag zu suggerieren, die Initiative ur Erstellung dieses Berichts gehe von den Regierungsaktionen aus, ist einfach peinlich. Fakt ist, den Bericht ird es geben, egal, ob dieser Antrag angenommen oder bgelehnt wird. Der im Antrag geforderte Bericht allein nutzt nach den rfahrungen der letzten Jahre gar nichts und dient eher er Augenwischerei. Es ist zwar durchaus bemerkensert, dass die erstellten Berichte der verschiedenen Komissionen in der Regel ein überdurchschnittliches Niveau aben, sie werden aber in ihren Anregungen lediglich zur enntnis genommen und nicht umgesetzt. Das Parlament iskutiert in der Regel erst nach Jahren über die Berichte. s gilt die Faustregel: Je besser der Bericht, desto länger leibt er in der Schublade. Die sehr aufschlussreichen Altenberichte“ der Bundesregierung werden erst zwei is drei Jahre nach ihrem Erscheinen behandelt. Ich forere deshalb von der Bundesregierung, mit Vorlage des erichts zum bürgerschaftlichen Engagement auch Vorchläge zu dessen Umsetzung zu machen. Die Wichtigkeit und die Unverzichtbarkeit des bürger chaftlichen Engagements dürften nicht nur uns Abgeordeten, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern bekannt ein. Viele Vereine oder Verbände wären ohne vorbildlihes ehrenamtliches Engagement kaum überlebensfähig. ie Linke wehrt sich aber dagegen, dass ihr unterstellt ird, jede Kritik am bürgerschaftlichen Engagement, peziell an Gesetzen oder Anträgen zu diesem Thema, ehe mit einer Geringschätzung oder gar Ablehnung deselben einher. Gerade weil sich die Linke für eine bessere usgestaltung, Anerkennung und Evaluierung des bürerschaftlichen Engagements einsetzt, ist gegen den im ntrag von Union und SPD geforderten regelmäßigen issenschaftlichen Bericht grundsätzlich nichts einzuenden. Das Thema „bürgerschaftliches Engagement“ uss von der politischen Bühne noch stärker in die öffent iche Diskussion rücken; es muss bei den Menschen noch ehr Interesse geweckt werden. Ein regelmäßiges, auf reiterer Basis debattiertes Berichtswesen kann dazu beiragen und beispielsweise Handlungsrahmen abstecken nd Empfehlungen geben. Ein solches Berichtswesen muss aber meiner Meinung ach auch kritische Punkte ansprechen und sozial geechte Lösungen aufzeigen. Ich befürchte, dass dies wenn überhaupt – nur unzureichend geschehen wird. inen Vorgeschmack gibt ja bereits der vorliegende An rag. Hierin wird stolz berichtet, dass das Bundesfamilinministerium einen Bericht in Auftrag gegeben hat, der ich zitiere – „den Beitrag des bürgerschaftlichen Engaements zur Bewältigung sozialer Aufgaben“ unteruchen soll. Ja, das Ehrenamt leistet dazu einen bedeuenden Beitrag; es ist gesellschaftlich und unter Sönke Rix gebene Reden demokratischen Gesichtspunkten sinnvoll und notwendig. Aber wo genau liegen die Grenzen? Wie weit m u s s und d a r f bürgerschaftliches Engagement überhaupt soziale Aufgaben bewältigen? Oder gibt es nicht noch andere Institutionen, die sich ebenfalls der sozialen Verwerfungen unserer Zeit annehmen sollten? Angesichts der Sozialund Verteilungspolitik der vergangenen Jahre sollte jeder, der Ähnliches wie das oben Zitierte hört oder liest, sehr misstrauisch werden. Wir haben es Ihnen wiederholt gesagt: Bürgerschaftliches Engagement ist für die Linke kein Ersatz für eine gerechte Steuerund Sozialpolitik! Unbezahlte Arbeit kann keine gerechte Verteilungspolitik ersetzen und die weit auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich schließen. Auch eine „Initiative ZivilEngagement“ hält eine immer stärker gespaltene Gesellschaft nicht zusammen. Der Staat darf nicht immer mehr der Möglichkeiten beraubt werden, selbst gestaltend aktiv zu werden. Der Abbau der öffentlichen Daseinsvorsorge ist dabei ganz bestimmt der falsche Weg! Es ist bedenklich, wenn bei den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl aufkommt, die Regierung fördert ehrenamtliches Engagement nur, um den eigenen Haushalt zu entlasten. Gesamtgesellschaftliche Probleme dürfen aber nicht auf die aufopferungsvoll tätigen Freiwilligen abgewälzt werden. So will die Linke bürgerschaftliches Engagement nicht verstanden wissen! Auf eine Vermögensteuer wird nach wie vor verzichtet, verantwortungslose Finanzjongleure bekommen Milliarden an Euro zugeschustert. Die Linke fordert stattdessen einen Schutzschirm für alle Beschäftigten sowie für sozial Benachteiligte. Bei ausreichender sozialer Absicherung würde auch das Ehrenamt noch stärker aufblühen. Es sind außerdem klare Forderungen an die Wirtschaft zu stellen. Unternehmen sonnen sich gerne im Schein des Engagiertseins, sobald es um etwas „handfestere“, sprich finanzielle Unterstützung geht, wird sich oftmals allzu schnell in den Schatten zurückgezogen. Ziel des bürgerschaftlichen Engagements sollten gesellschaftliche Teilhabe und Verantwortung aller Bürgerinnen und Bürger sein. Dies beinhaltet zugleich sozialversicherte Tätigkeit, von der man leben kann. Ehrenamt braucht keine Stundenlöhne, sollte aber zugleich keine regulären Arbeitsplätze verdrängen und ersetzen und dadurch Sozialabbau vorantreiben. Die Linke fordert deshalb seit langem, stärker in Richtung öffentlich finanzierter Beschäftigung aktiv zu werden. Alles in allem hätte ich mir gewünscht, dass sich der erste Bericht mit den Zugangsbarrieren – besonders für sozial Benachteiligte – zum bürgerschaftlichen Engagement sowie mit Teilhabechancen befasst. Dies wäre zukunftsweisend und würde tatsächliche Probleme angehen. In dem Antrag ist ebenfalls zu lesen, dass ein solcher wissenschaftlicher Bericht „nur ein erster Ansatz“ sein kann. Wie viele „erste Ansätze“ brauchen Sie denn noch? Von SPD-Seite wurde in der Ausschussdebatte zugegeben, dass die exakte Ausgestaltung des Berichts im Laufe der Zeit bestimmt noch verbessert werden könne – nachzulesen in „Beschlussempfehlung und Bericht des Fami l d a k g K P A e N g g b d a t d c G a w l k m E B u n l B T D s w B s t g s S s m j s e d d u w s b Zu Protokoll ge (C (D ienausschusses“ unter Drucksache 16/12202. Warum enken Sie die Dinge nicht vorher zu Ende, bevor Sie sie uf den Weg bringen? Bei Ihnen ist keine klare Richtung, ein Gesamtkonzept zur Stärkung und Anerkennung bürerschaftlichen Engagements erkennbar. Ihr einziges onzept ist die Konzeptlosigkeit – wie auf vielen anderen olitikfeldern auch. Insgesamt enthält sich die Fraktion Die Linke zu Ihrem ntrag, weil gegen die zentrale Forderung kaum etwas inzuwenden ist. Es ist für uns aber immer wieder aufs eue verwunderlich, wie realitätsfern und vor allem änzlich unkritisch die Regierungskoalition mit wichtien gesellschaftspolitischen Themen umgeht. Obwohl wir ürgerschaftliches Engagement unterstützen und förern, werden wir auch weiterhin unbequeme Wahrheiten nsprechen. Unsere Fraktion wird dem Antrag der Großen Koali ion nicht zustimmen. Der Grund dafür liegt nicht etwa in er Forderung nach einem regelmäßigen wissenschaftlihen Bericht zum bürgerschaftlichen Engagement. Im egenteil: Wir begrüßen das Einsetzen eines solchen usdrücklich. Wie groß der Nachholbedarf in Sachen issenschaftlicher Befassung des Themas Bürgerschaft iches Engagement ist, hat zuletzt noch einmal die Disussion im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engageent im Januar gezeigt, als wir uns mit dem Thema ntwicklung von Wissenschaft, Forschung und Lehre im ereich Zivilgesellschaft befassten. Allerdings hätten wir ns konkretere Einzelheiten zur politischen Begleitung eies Berichts gewünscht, ähnlich wie es bei der Nationaen Nachhaltigkeitsstrategie der Fall war. In Ihrem Antrag heißt es dazu, dass Sie hoffen, dass ein ericht den politischen Diskurs anregen kann und das hema so in die öffentliche Wahrnehmung rücken wird. as wird ein frommer Wunsch bleiben. Sie müssen doch agen, wohin die Reise gehen soll – was wollen sie denn, o sind die politischen Maßgaben, wo ihre Vorhaben? Sie nennen Ihren Antrag, um den es hier heute geht: ürgerschaftliches Engagement umfassend fördern, getalten und evaluieren. Und genau das sollten sie auch un, statt – und nun zitiere ich ihren Antrag – „das Engaement der Bundesregierung im Bereich des bürgerchaftlichen Engagements“ ausdrücklich zu begrüßen. ie haben im Moment ganz offensichtlich keine Gesamttrategie zur Förderung des bürgerschaftlichen Engageents. Die Initiative des Bundesfamilienministeriums, die sie etzt Zivilengagement nennen, hat es bisher nicht gechafft, Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft inzubinden. Tatsächlich scheint es ja selbst innerhalb er Koalition zwischen SPD und CDU/CSU so zu sein, ass Sie sich über wesentliche Inhalte der neuen Initiative neins sind. Schon längst hätte sie im Kabinett beraten erden sollen und wird stattdessen von Mal zu Mal ver choben. Auf unsere Kleine Anfrage vom Februar dieses Jahres leiben sie die Antworten schuldig. Wesentliche Punkte, Elke Reinke gebene Reden Britta Haßelmann vom Leitbild der Zivilgesellschaft bis hin zur nachhaltigen Finanzierung des bürgerschaftlichen Engagement, sind einfach nicht ausreichend geklärt. Was aber offensichtlich bereits längst geklärt ist, ist die öffentliche Vermarktung des Ganzen. Denn vergangene Woche startete die erste PR-Kampagne im Rahmen der Initiative Zivilengagement. Wieder einmal hat es den Anschein, als sei dem Familienministerium der Schein wichtiger als das Sein. So wirken Sie in Sachen Engagementplan zwar engagiert, sind aber doch ziemlich planlos. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthält sich zu diesem Antrag. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12202, den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 16/11774 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion sowie Enthaltung vom Bündnis 90/Die Grünen und von der Linken angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Thea Dückert, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Umweltberichterstattung in die Gemeinschaftsdiagnose und Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung aufnehmen – Drucksache 16/11649 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Wir nehmen die Reden der Kolleginnen und Kollegen Dr. Michael Fuchs, CDU/CSU, Dr. Axel Berg, SPD, Gudrun Kopp, FDP, Dr. Herbert Schui, Die Linke, Dr. Thea Dückert, Bündnis 90/Die Grünen, zu Protokoll. Vor nicht einmal einem Jahr diskutierten wir hier in ähnlicher Runde über mehr Transparenz beim Sachverständigenrat. In diesem Zusammenhang waren es auch die Kollegen von den Grünen, die unter anderem der Gemeinschaftsdiagnose der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute attestierten, dass kaum jemand diese – ich zitiere – „dicken Berichte“ zur Kenntnis nehmen, geschweige denn lesen würde. Werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie müssen ja nicht gleich aus Ihren Reihen auf andere schließen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir im Gegensatz zu Ihnen die Berichte nicht nur einfach zur Kenntnis, sondern vor allem ernst nehmen. Die meisten von Ihnen werden mir beipflichten, dass die Konjunkturprognosen der deutschen Wirtschafts f f d a s s s w f b g e s a F s B s d g e e w S d K S B e s G s I l a t d f w d b s r I w s E U B A z d S z z t z m (C (D orschungsinstitute unerlässliche Informationsquellen ür unsere Arbeit sind. Nicht nur untersuchen die Institute arin unsere gesamtwirtschaftliche Leistung, sie geben uch wirtschaftspolitische Empfehlungen ab, die in unere Wirtschaftspolitik einfließen. In diesem Zusammenhang verstehe ich Ihre Zweigleiigkeit, mit der Sie hier auftreten, nicht: Einerseits kritiieren Sie solche Berichte als in der Öffentlichkeit kaum ahrgenommen und zu uneffektiv, auf der anderen Seite ordern Sie jetzt mit Ihrem Antrag, dass die Umwelterichterstattung mit in die Gemeinschaftsdiagnose aufenommen werden soll. Ja, aber was wollen Sie denn jetzt igentlich? In ihrer letzten Gemeinschaftsdiagnose haben ich die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute dafür usgesprochen, dass der Staat in der gegenwärtigen inanzmarktund Wirtschaftskrise Maßnahmen ergreifen ollte, die der Stützung der Wachstumskräfte und der elebung der Konjunktur dienen. Diesen Empfehlungen ind wir in den letzten Monaten gefolgt. Wir haben mit en Maßnahmen der beiden Konjunkturpakete eine ausewogene Mischung aus Steuersenkungen und Ausgabenrhöhungen beschlossen, mit denen wir der Wirtschaft ine Brücke über die schwierige Phase hinweg bauen ollen. Unternehmen und Bürger werden von Abgaben und teuern entlastet und zugleich wird die Binnenwirtschaft urch gezielte Investitionen unterstützt. Bund, Länder und ommunen investieren 20 Milliarden Euro in Straßen und chienenwege, in Bildungsstätten und Bauwirtschaft. Der und hat zur Kreditversorgung deutscher Unternehmen inen 100-Milliarden-Euro-Fonds aufgelegt und weitet ein Kreditangebot bei der KfW auf 15 Milliarden Euro aus. Meine sehr verehrten Damen und Herren von den rünen, gerade für Sie dürfte es von großem Interesse ein, dass die Einführung der Umweltprämie – entgegen hren Ankündigungen auch ökologisch gesehen – ein voler Erfolg ist, von dem neben der Automobilwirtschaft uch die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land profiieren. Denn mit der Abwrackprämie tragen wir dazu bei, ass Altautos fachgerecht entsorgt und durch umweltreundlichere und energiesparendere Fahrzeuge ersetzt erden. Darüber hinaus haben wir bereits im Rahmen es ersten Maßnahmenpakets die Mittel für die CO2-Geäudesanierung um insgesamt 3 Milliarden Euro aufgetockt. Auch dies ist ein Beitrag, den wir trotz der schwieigen Zeit zum Umweltschutz leisten wollen. Soviel zur neffektivität und fehlenden Aufmerksamkeit, die Sie den irtschaftspolitischen Empfehlungen der Gutachten ver ucht haben zu unterstellen. Wie Sie sehen, haben wir den mpfehlungen Taten folgen lassen. Sie fordern jetzt mit Ihrem Antrag die Aufnahme der mweltberichterstattung in die Gemeinschaftsdiagnose und egutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. llerdings kann ich Ihrem Antrag kein schlüssiges Konept entnehmen, wie Sie dies umsetzen wollen, geschweige enn, was davon der wirtschaftliche Nutzen sein soll. Das tatistische Bundesamt schreibt in seinen Erläuterungen ur Umweltökonomischen Gesamtrechnung, dass – ich itiere – „eine direkte Messung des Inputs von Dienstleisungen der Umwelt auf gesamtwirtschaftlicher Ebene urzeit weder in monetären noch in physischen Einheiten öglich ist“. Ich frage mich daher allen Ernstes, warum Sie mit solchen Forderungen unsere kostbare Zeit verschwenden. Anstatt hier neue Verwaltungsund Bürokratiemonster zu schaffen, handeln wir lieber entsprechend. Dabei ist der Nachhaltigkeitsgedanke ein konsequenter Bestandteil unserer Umweltund Klimaschutzpolitik. Denn mehr denn je muss sich eine nachhaltige Umweltpolitik dem ökonomischen Kalkül stellen. Nachhaltigkeit in unserem Sinne versucht die Interessen aus Umweltschutz, wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Verantwortung bestmöglich zusammenzuführen. Was wir heute in den Klimaschutz investieren – das belegen zahlreiche wissenschaftliche Studien –, verhindert in der Zukunft hohe wirtschaftliche Folgekosten sowie Umweltund Gesundheitsschäden für die Bevölkerung. Deswegen scheint es dringender denn je, eine nachhaltige marktwirtschaftliche Umweltpolitik als Chance und als Motor für Innovation, Wachstum und Beschäftigung zu begreifen. Sie bietet Chancen für Wachstum und Beschäftigung, insbesondere im Mittelstand. Anstatt hier unsinnige und wissenschaftlich nicht messbare Forderungen zu stellen, wie dies die Grünen erneut unter Beweis gestellt haben, ist es unser Ziel, die weltweit führende Rolle Deutschlands bei den Umwelttechnologien weiter auszubauen. Die Politik kann unterschiedliche Wege beschreiten, um der zunehmenden Umweltbelastung und -verschmutzung Einhalt zu gebieten. Dabei sollten wir aber nicht dazu übergehen, durch neue Berichterstattungen und Statistiken, deren wissenschaftliche Erkenntnis zudem umstritten ist, den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land höhere Abgaben oder Gebühren aufzuzwingen. Eine gerechte Kostenanlastung kann auch erfolgen, indem man beispielsweise Subventionen für den wirtschaftlich nicht konkurrenzfähigen Solarstrom abbaut und die Gelder lieber zugunsten der Entwicklung effizienterer Techniken umschichtet. Die Forderung der Grünen, dass Umweltnutzung und Umweltbelastungen in wirtschaftliche Analysen und Prognosen eingearbeitet werden sollen, macht Sinn. Die Betrachtung von Umweltverbrauch und dessen wirtschaftlichen Auswirkungen ist eine Voraussetzung für nachhaltige Wirtschaftsgestaltung. Und einer nachhaltigen Wirtschaft fühlen wir uns als Sozialdemokraten verpflichtet. Die Diskussion darüber, ob das Bruttoinlandsprodukt eine vernünftige Kenngröße ist, dauert schon lange an. Dass die Reparatur von Umweltschäden oder Beseitigung von Umweltverschmutzung zur Erhöhung des Bruttoinlandsproduktes führen, mutet schon seltsam an. Das Gleiche gilt übrigens für Unfälle. Wie die Grünen in ihrem Antrag schreiben, gibt es mittlerweile auch andere Kennzahlen, die für wirtschaftliche Gutachten und Prognosen herangezogen werden können, die Umweltverbrauch und -verschmutzung nicht mehr als erfolgreiches Wirtschaftswachstum einstufen. Wenn man in Zukunft solche Indikatoren nutzt, könnte dies ein Wechsel weg von quantitativen hin zu qualitativen Messungen werden. S z G G p s a s u B u d s e Ö a a ( 1 G l w d w s k b n u ö h J s u g d s g g r s H v w d s w e s k s g e Zu Protokoll ge (C (D Im Antrag der Grünen wird das Jahresgutachten des achverständigenrates für Wirtschaft von 1996 herangeogen und deutlich gemacht, dass die herangezogenen rößen wie Bruttosozialprodukt, die volkswirtschaftliche esamtrechnung usw. Probleme aufwerfen, weil Eigenroduktion und Schwarzarbeit nicht zur offiziellen Wertchöpfung beitragen, Umweltnutzung und -zerstörung llerdings positiv zum BIP beitragen oder keine Berückichtigung finden. Aus dem Jahresgutachten selbst geht hervor, dass die mweltökonomischen Gesamtrechnungen Eingang in die ewertung des Inlandsproduktes, Konjunkturanalysen nd -prognosen finden sollen, so wie es die Grünen forern. Im Bericht folgt dann aber ein zusätzlicher Abchnitt: „Die lange Zeit gehegte Vorstellung, durch ntsprechende Ergänzungen das Sozialprodukt in ein kosozialprodukt überführen zu können, das objektiv und ngemessen die Wohlstandsänderung einer Gesellschaft usdrückt, hat sich bald als nicht erfüllbar erwiesen“ aus dem Jahresgutachten des Sachverständigenrates 996, Seite 70)


(A) )


(B) )

Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1621136100




(A) )


(B) )

Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1621136200
Elke Reinke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621136300




(A) )


(B) )

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621136400







(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621136500
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1621136600

(A) )


(B) )

Dr. Axel Berg (SPD):
Rede ID: ID1621136700
rünen nicht wieder. Das ginge auch nicht, weil er näm-

ich erklärt, dass die geforderte Einbeziehung von Um-
eltkosten mit den von den Grünen vorgeschlagenen In-
ikatoren nicht möglich ist. Prima wäre jetzt gewesen,
enn der Sachverständigenrat selbst eine Lösung vorge-

chlagen hätte, wenn er das Problem doch wenigstens er-
ennt.

Das große Problem ist immer noch, dass Umweltver-
rauch keinen bezifferbaren Wert hat. Das liegt an der
icht vollständig vorhandenen Festlegung, welche Werte
nd Orientierungen im Zusammenhang mit der umwelt-
konomischen Gesamtrechnung als nachhaltig angese-
en werden. Zusätzliche normative Vorgaben, die laut
ahresgutachten notwendig sind, machen den Unter-
chied zum volkswirtschaftlichen Rechnungswesen aus
nd machen es deshalb schwierig, „bei der Diagnose der
esamtwirtschaftlichen Entwicklungen die Ergebnisse
er umweltökonomischen Gesamtrechnungen zu berück-

(aus dem Jahresgutachten des Sachverständienrates 1996, Seite 70)


Es hat den Anschein, als seien die von den Grünen vor-
eschlagenen Indikatoren nicht geeignet, eine Umweltbe-
ichterstattung außerhalb der umweltökonomischen Ge-
amtrechnung zu gewährleisten. Diese zu finden, ist die
erausforderung der nächsten Zeit.

Richtig ist aber, dass Umweltverbrauch und Umwelt-
erschmutzung einen negativen Wert bekommen müssen,
enn die Entwicklung eines Landes analysiert wird und
araus Folgerungen für die Zukunft geschlossen werden
ollen.

Dafür sollte aber in den Ausschussberatungen geprüft
erden, ob neue und qualitativ angelegte Indikatoren für
ine Umweltberichterstattung herangezogen und dann
päter für Prognosen und Analysen verwendet werden
önnen oder aber normativ Werte festgesetzt werden müs-
en, mit denen Umweltverbrauch in den Gesamtrechnun-
en zu berücksichtigen ist. Der Sachverständigenrat ist
ingeladen, mitzudenken.




Dr. Michael Fuchs
gebene Reden


(A) )



(B) )


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1621136800

Das Ziel des Sachverständigenrates ist die Beobach-

tung des Vierecks aus Stabilität des Preisniveaus, hohem
Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleich-
gewicht bei stetigem und angemessenem Wachstum.
Demgegenüber dokumentieren die Umweltökonomischen
Gesamtrechnungen (UGR), inwieweit die Natur durch die
Wirtschaft und die privaten Haushalte verbraucht, ent-
wertet oder gar zerstört wird. Hier wird bereits das
Kernproblem dieses Antrags von Bündnis 90/Die Grünen
klar: Die monetäre Bewertung von Umweltvermögen und
-schäden usw. ist sehr schwierig, da keine Marktpreise
existieren. Die Grundverschiedenheit in den Ansätzen
macht deutlich, dass eine Erweiterung der Aufgabe des
Sachverständigenrates keinen zusätzlichen Erkenntnis-
gewinn bringen würde. Ist ein Null- oder Minuswachstum
bei hoher Arbeitslosigkeit deswegen erträglicher, weil die
UGR ein positives Ergebnis zeigen?

Ich halte die Einbeziehung in die Volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnungen (VGR) bzw. die Gemeinschafts-
diagnose für nicht sinnvoll. Eine gemeinschaftliche Kon-
junkturprognose, die führende deutsche Wirtschaftsfor-
schungsinstitute jeweils im Frühjahr und im Herbst eines
Jahres erstellen, kann in Zukunft schwerlich vorhersehen,
wie viel Natur durch das prognostizierte Wachstum ver-
braucht wird. In diesem Fall müsste es einen klaren Zu-
sammenhang zwischen größerer Wertschöpfung bzw.
Wirtschaftswachstum und Naturverbrauch geben. Die
Entwicklung des Energieverbrauchs zeigt, dass es diesen
Zusammenhang nicht gibt. Der Energieverbrauch ist im
Laufe der Zeit weniger stark angestiegen als das BIP.
Diese Entkopplung zeigt, dass aus mehr Wachstum ge-
rade nicht auf mehr Verbrauch an „sauberer Luft“ oder
an Ressourcen geschlossen werden kann.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als zentraler Schwer-
punkt der VGR ist natürlich kein vollkommen befriedigen-
der Wohlfahrtsindikator. Die Gründe dafür liegen aber
nicht nur an den von Bündnis 90/Die Grünen formulierten
Schwächen. Für im BIP unberücksichtigte Faktoren wie
wohlfahrtssteigernde Bildungsmöglichkeiten oder die
Gesundheitsversorgung wurden allerdings extra Sozial-
indikatoren von der OECD entwickelt.

Neben den „Wirtschaftsweisen“ gibt es zudem bereits
einen Sachverständigenrat für Umweltfragen. Die Ergeb-
nisse der UGR werden überdies ohnehin veröffentlicht
und können zur Bewertung einzelner Sachverhalte bei
Bedarf herangezogen werden. Vor diesem Hintergrund
sollten die Gutachten der Wirtschaftsweisen und der Kon-
junkturinstitute nicht überfrachtet werden.

Die Erfassung von Umweltschäden und deren monetäre
Bewertung sind schwierig, da keine realen Marktpreise
existieren. Dementsprechend ließen sich wirklichkeits-
fremde Berechnungen durch ungenaue Schätzungen und
Fehler beim Erstellen der UGR nicht vermeiden. Würden,
wie es Bündnis 90/Die Grünen hier vorschlägt, diese Be-
rechnungen dennoch mit einbezogen, führte dies unwei-
gerlich zu unsichereren Ergebnissen statt zu einer präzi-
seren Gemeinschaftsdiagnose bzw. Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Erschwerend
kommt hinzu, dass anders als bei den VGR, bei den UGR

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Zu Protokoll ge

(C (D eine umfassenden Revisionen stattfinden, wodurch neue aten und Statistiken nur in Teilbereichen einbezogen erden könnten. Der internationale Vergleich zeigt, dass nur wenige änder bisher ähnlich umfassende Daten zu den UGR rstellen. Eine internationale Vergleichbarkeit einer Geeinschaftsdiagnose, wie sie in diesem Antrag vorge chlagen wird, würde damit zusätzlich erheblich erchwert. Wir Liberalen lehnen aus diesen Gründen den voriegenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab. Der orliegende Antrag dient allenfalls umweltaktionistichen Darstellungen in der Öffentlichkeit. Ein wirklicher utzen ist weder für die Umwelt noch die Wirtschaft erennbar. Die möglichst realitätsnahen, am erwähnten anon orientierten Konjunkturund Wirtschaftsanalysen nd Prognosen dürfen daher nicht durch ungenaue Erheungen verwässert werden. Dass diese Berechnungen einen Anspruch als allumfassender Wohlfahrtsindikator rheben, versteht sich – zumindest für die FDP-Fraktion – on selbst. Die Fraktion der Grünen verlangt in ihrem Antrag, ass der Sachverständigenrat zur Begutachtung der geamtwirtschaftlichen Entwicklung und die Wirtschaftsorschungsinstitute zukünftig auch die Umweltbelastung nalysieren und prognostizieren. Dieser Forderung timmt Die Linke zu. Die Wirtschaftspolitik muss grundegend geändert werden, weil wir die Umweltzerstörung ufhalten müssen. Dafür ist wissenschaftlicher Rat hilfeich. Man darf allerdings nicht überschätzen, was damit ewonnen wäre. Zunächst einmal kann nicht alles, was ns am Herzen liegt, in Euro bewertet werden. Das gilt uch für saubere Luft und schöne Landschaften. Man ann deshalb nicht einfach vom Bruttoinlandsprodukt die mweltzerstörung in Euro abziehen und dadurch ein ob ektives Ökoinlandsprodukt berechnen, das es zu maxiieren gilt. Das Statistische Bundesamt verzichtet zu echt in seiner Umweltökonomischen Gesamtrechnung uf die Bewertung von Umweltzustand und Umweltbelasung in Geldeinheiten. Es geht also nicht um eine Korrekur der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, sondern m eine Ergänzung. Die Vorstellung, Umweltzerstörung in Geld ausdrüken zu können, reduziert die Umwelt auf ein Wirtschaftsut. Auch das Statistische Bundesamt ist davon nicht frei. m Bericht zu den Umweltökonomischen Gesamtrechnunen 2008 ist zu lesen, dass Ökosysteme wie die Atmoshäre, so wörtlich, Dienstleistungen für wirtschaftliche ktivitäten zur Verfügung stellen. Das Verhältnis von ensch und Natur wird also als Beziehung zwischen ienstleister und Kunden gedacht. Das ist blanker Ökoomismus. Wenn man Schäden für Mensch und Natur nicht erchöpfend in Geld bewerten kann, dann bleibt die Abwäung eine Frage der Politik. Darüber muss öffentlich disutiert und entschieden werden. Sie kann nicht an ein xpertengremium delegiert werden. Sie kann auch nicht n den Markt delegiert werden. Anhänger einer grünen Dr. Axel Berg gebene Reden Dr. Herbert Schui Marktwirtschaft argumentieren, dass der Markt zum richtigen Ergebnis führt, wenn alle Kosten in den Preisen berücksichtigt werden. Sie folgen damit der Theorie von Milton Friedman, einem der Begründer des Neoliberalismus, demzufolge der Markt eine demokratische Institution ist. Der Ansatz scheitert jedoch daran, dass nicht alle Schäden auf geldwerte Kosten reduziert werden können, ganz abgesehen von der Unsicherheit, was zukünftige Schäden betrifft. Dazu kommt der Verteilungseffekt dieses Ansatzes: In einer grünen Marktwirtschaft kann man sich Umweltverschmutzung leisten, wenn man nur genügend Geld hat. Die Alternative dazu sind politische Entscheidungen, bestimmte Produktionstechniken vorzuschreiben oder zu verbieten oder verpflichtende Grenzwerte zu setzen. Es kann nicht schaden, wenn sich der Sachverständigenrat oder die Wirtschaftsforschungsinstitute mit diesen Fragen beschäftigen und die Öffentlichkeit beraten. Solange sie jedoch an ihrer Marktgläubigkeit festhalten, werden ihre umweltpolitischen Empfehlungen kaum besser sein als ihre Wachstumsprognosen in jüngster Vergangenheit. Wir befinden uns mitten in einer schweren Wirtschafts krise, und wir befinden uns in einer noch schwereren Klimakrise. Inzwischen dürfte jedem klar geworden sein, dass diese Krisen zusammenhängen. Sie müssen darum auch zusammen gelöst werden. Wirtschaftliche Tätigkeit darf in Zukunft nicht mehr in derselben Weise auf Kosten des Klimas gehen wie heute. Eine nachhaltige und umweltbzw. klimaschonende Wirtschaft muss man gestalten. Zuvor aber muss man erfassen, welche Belastungen für Umwelt und Klima das Wirtschaften erzeugt. Wenn es um die Wirtschaft geht, gucken wir aber immer nur auf das Bruttoinlandsprodukt ängstlich auf die Zahlen. Um wie viel wird unsere Wirtschaft dieses Jahr schrumpfen? Um 4 Prozent? Um 5 Prozent? Das BIP misst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen, abgeleitet aus den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, VGR. Es ist eine standardisierte Größe, die internationale Vergleichsmöglichkeiten bietet, und daher unverzichtbar. Das BIP pro Kopf wird im internationalen Vergleich als Wohlstandsindikator herangezogen. Je höher das BIP pro Kopf eines Landes, desto reicher ist das Land im Vergleich zu anderen. Weil das BIP so bequem zu handhaben ist, werden seine Schwächen gern übersehen. Die Höhe des BIP ist unabhängig davon, inwieweit bei der Wertschöpfung Kapital unwiederbringlich verbraucht wird. Das gilt auch für Ressourcen und Fläche. Die Kosten von Umweltzerstörung werden nicht angemessen erfasst, im Gegenteil. Werden Umweltschäden behoben, zum Beispiel indem kontaminierter Boden abgetragen und ersetzt wird, steigern die dabei anfallenden Kosten das BIP. So entsteht das Paradox, dass – zumindest in der Logik des BIP – die Zerstörung der Umwelt als wohlfahrtssteigernd gilt. s d w z t J b w e B W v b W s U s d m s G w ö m i s w c s k e k B v p d v n l D t W v d D f d (C (D Diese Schwächen des BIP sind seit langem bekannt. In einem Jahresgutachten 1996/1997 hat der Sachverstänigenrat bereits darauf hingewiesen. Er regte an, die Umeltökonomischen Gesamtrechnungen, UGR, beim BIP u berücksichtigen und in die Konjunkturund Wachsumsanalyse einzubeziehen. Das ist aber in den folgenden ahresgutachten nie geschehen. Wir haben mit den UGR ereits ein auf die VGR abgestimmtes System für die Umeltmessung. Diese Daten werden auch veröffentlicht, rfahren aber bei weitem nicht das Interesse, das dem IP zukommt. Darum nehmen wir den Sachverständigenrat beim ort und fordern genau das, was er vor über zwölf Jahren orgeschlagen hat. Die Umweltnutzung und die Umweltelastungen sollen ab sofort in die Konjunkturund irtschaftsanalyse und in die Prognosen des Sachver tändigenrats einbezogen werden. Dabei wird auf die mweltökonomischen Gesamtrechnungen des Statisti chen Bundesamtes zurückgegriffen. Die Ergebnisse weren Bestandteil der Gutachten des Sachverständigenrats. Auch in die Gemeinschaftsdiagnose soll die Umweltessung einbezogen werden. Dazu muss in der Aus chreibung des Bundeswirtschaftsministeriums zur emeinschaftsdiagnose stehen, dass neben den Volksirtschaftlichen Gesamtrechnungen auch die Umweltkonomischen Gesamtrechnungen einbezogen werden üssen. Die Umweltnutzung, Umweltbelastungen und hre Veränderungen werden in die Konjunkturund Wirtchaftsanalysen sowie Prognosen einbezogen. Damit ürde das BIP relativiert, wir könnten zwischen ressourenschonendem und zerstörerischem Wachstum untercheiden. Auch wenn inzwischen theoretisch große Einigeit darüber herrscht, dass CO2-armes Wirtschaften der inzig gangbare Weg aus den Krisen ist, so ist die Hörigeit gegenüber dem BIP doch noch groß. Wenn wir das IP aber ergänzen, werden in Zukunft bei der Bewertung on Wohlstand nicht mehr nur ein möglichst hohes BIP ro Kopf, sondern zum Beispiel auch eine Verringerung es CO2-Ausstoßes oder ein möglichst geringer Flächenerbrauch eine Rolle spielen. Die große Resonanz auf den Stern-Bericht „The Ecoomics of Climate Change“ hat klargemacht, dass Zahen ein Umdenken unterstützen und befördern können. ie Menschen wollen wissen, was Sache ist. Darum soll en wir auch bei den deutschen Veröffentlichungen zu ohlfahrt und Wachstum nicht mehr auf die Umweltdaten erzichten – zumal wir bereits eine so gute Datenlage azu haben. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/11649 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstanen? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms rung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften – Drucksache 16/12256 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Kultur und Medien Auch die Reden hierzu nehmen wir zu Protokoll. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Dr. Wolf Bauer, CDU/CSU, Dr. Marlies Volkmer, SPD, Daniel Bahr, FDP, Dr. Martina Bunge, Die Linke, Birgitt Bender, Bündnis 90/Die Grünen, und des Parlamentarischen Staatssekretärs Rolf Schwanitz für die Bundesregierung. Bereits mit dem 14. Gesetz zur Änderung des Arznei mittelgesetzes wurden im Wesentlichen europäische Vorgaben in nationales Recht umgesetzt. Inzwischen besteht allerdings darüber hinaus noch weiterer Handlungsbedarf. Diesem soll durch die 15. AMG-Novelle Rechnung getragen werden. Abgesehen davon ist die Novellierung durch kein zentrales Thema bestimmt. Denn betroffen ist nicht nur das Arzneimittelgesetz, sondern eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, darunter – nur um einige zu nennen – das Betäubungsmittelgesetz, die Arzneimittelpreisverordnung, das Sozialgesetzbuch V, das Krankenhausentgeltgesetz und viele andere mehr. In den ersten Gesprächsrunden stellte sich heraus, dass viele der angesprochenen Punkte konsensual sind; bei einigen noch Diskussionsbedarf besteht. Dieser soll ja nicht zuletzt auch durch eine Anhörung abgedeckt werden. Was das Arzneimittelgesetz betrifft, gilt es, europäische Vorgaben umzusetzen, die hauptsächlich die Arzneimittelsicherheit betreffen. Die Novellierung ist daher begrüßenswert, da sie dem Verbraucher, also dem Patienten, mehr Schutz und Sicherheit gewährt. So sind auch neben der erweiterten Anzeigepflicht bei Standardzulassungen ergänzende Regelungen zur Reduzierung von Arzneimittelfälschungen vorgesehen: Auch das ist ein Beitrag zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit. Einigkeit besteht sicherlich auch darüber, dass die Anpassungen sowohl im Bereich der Arzneimittel für neuartige Therapien als auch bei Kinderarzneimitteln dringend notwendig und geboten sind. Denn die zugrunde liegenden Verordnungen aus Europa gelten bisher unmittelbar. Auch wird hier die besondere Stellung der Kinderarzneimittel hervorgehoben. Denn oftmals besteht bei der Medikation von Kindern das Problem, dass keine speziell getesteten und zugelassenen Arzneimittel existieren. Dieser Umstand führt zu inadäquaten Dosierungsangaben, was bei Überdosierung das Risiko von Nebenwirkungen erhöht oder bei Unterdosierung zu einer unwirksamen Behandlung führt. z g z s N t w h z b l g d h g f d l E a z n s b t s t U f A t U m t i u r d d A d V B U G s e t d w G i g (C (D Um unsere Kinder besser mit Arzneimitteln versorgen u können, werden die Entwicklung neuer Arzneimittel efördert, ihre Verfügbarkeit verbessert und der Zugang u Informationen erleichtert. Ein weiterer grundsätzlicher Bestandteil der Anpasung des Arzneimittelgesetzes an Europarecht ist die eudefinition des Arzneimittelbegriffes. Wenn bisher na ionaler und europäischer Arzneimittelbegriff auch nicht ortgleich sind, kamen sie in der Anwendung doch in den äufigsten Fällen bei der Einordnung eines Arzneimittels u den gleichen Ergebnissen. Kam bei der Anwendung eider Begriffe ein unterschiedliches Ergebnis heraus, egten unsere Gerichte den nationalen Arzneimittelberiff bereits europarechtskonform aus. Auch hier dient ie Neuregelung der rechtlichen Klarstellung und ist daer zu begrüßen. In diesem Zusammenhang soll eine „Zweifelsfall“-Reelung eingeführt werden. Diese Regelung soll nicht prüen, ob nach der Definition ein Arzneimittel vorliegt, sonern eventuell auftretende Einordnungsproblematiken ösen. Denn in der Praxis kann es vorkommen, dass ein rzeugnis sowohl unter die Definition Medizinprodukt ls auch unter die Definition Arzneimittel fällt. Solche Ereugnisse definiert die „Zweifelsfall“-Regelung als Arzeimittel, die damit den Vorschriften des Arzneimittelgeetzes unterliegen. Auch diese Novellierung ist zu egrüßen. Sie schafft Rechtsklarheit, auch wenn sie naionale Gerichte bereits in diesem Sinne anwenden. Eine weitere europäische Vorgabe betrifft die Sichertellung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimiteln. Durch die Novellierung wird den pharmazeutischen nternehmen und den Arzneimittelgroßhändlern ein öf entlicher Sicherstellungsauftrag für die Versorgung mit rzneimitteln zugewiesen. Während bislang nur den Apo heken ein solcher Auftrag oblag, haben pharmazeutische nternehmen und Arzneimittelgroßhändler nunmehr geeinsam sicherzustellen, dass der Bedarf an Arzneimit eln für unsere Bevölkerung gedeckt wird. Hintergrund st, dass Apotheken auf eine funktionierende Distribution nd Lagerung von Arzneimitteln angewiesen sind. Geade dies leisten aber pharmazeutische Unternehmen und ie Arzneimittelgroßhändler. Die Novellierung kommt aher dem gestiegenen Bedürfnis der Patienten nach, rzneimittel schnell verfügbar zu haben, und wirkt sich amit vorteilhaft für die Patienten aus. In diesem Zusammenhang wird über die europäische orgabe hinaus dem vollversorgenden Großhandel ein elieferungsanspruch gegenüber dem pharmazeutischen nternehmen eingeräumt. Das ist erforderlich, denn der roßhandel ist für die Arzneimitteldistribution im deut chen Gesundheitssystem unverzichtbar. Er ermöglicht ine zeitnahe und flächendeckende Belieferung der Apoheken auch in der entsprechenden Angebotstiefe. Um iese Funktion dauerhaft zum Wohle des Patienten geährleisten zu können, benötigt der vollversorgende roßhandel den Belieferungsanspruch. Dabei wird jedoch, wie in der Diskussion im Vorfeld mmer wieder angesprochen, der Vertriebsweg nicht festelegt; der sogenannte Direktvertrieb ist den pharmazeu tischen Unternehmen nicht verwehrt. Auch hat nicht jeder Großhandel automatisch einen Belieferungsanspruch. Nur der vollversorgende Großhandel, also der Großhandel, der über eine entsprechende Angebotstiefe seines Sortimentes verfügt, hat einen Anspruch auf Belieferung durch pharmazeutische Unternehmen. Zudem ist die Menge der abzugebenden Arzneimittel beschränkt. Der Anspruch richtet sich auf eine „bedarfsgerechte“ Belieferung. Dieser Bedarf kann anhand entsprechender Marktdaten des jeweiligen Vormonats zuzüglich eines Sicherheitszuschlages ermittelt werden. Wichtig dabei ist, dass eine „bedarfsgerechte“ Belieferung nur die Nachfrage auf nationaler Ebene betrifft. Der Export und der Zwischenhandel innerhalb der Europäischen Union sind davon nicht umfasst. In diesen Bereich fällt auch die Änderung der Großhandelsspanne. Dazu wird ein Arbeitsauftrag an das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft erteilt. Ein weiteres heftig diskutiertes Thema ist – wie könnte es anders sein – der Versand von Arzneimitteln und die damit verbundene Problematik der Pick-up-Stellen. Arzneimittelsicherheit, flächendeckende Versorgung und Verbraucherschutz sind hier Themen, die so gestaltet sein müssen, dass die daraus resultierenden hohen Anforderungen an die Abgabe von Arzneimitteln erfüllt werden. Ob das Pick-up-Stellen leisten können, ist mehr als fraglich. Das größte Problem hierbei ist, dass aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken Versandhandel und Pickup-Stellen nicht isoliert von einander betrachtet und einer nachhaltigen Lösung zugeführt werden können. Wolfgang Zöller, unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender, sagte dazu am 18. September 2008 hier im Plenum: „Deshalb setzen wir uns auch dafür ein, dass eine flächendeckende Versorgung nicht durch einen den Wettbewerb verzerrenden Versandhandel gefährdet wird. Pick-up-Stationen und Arzneimittelautomaten widersprechen den hohen qualitativen Anforderungen, die wir an die Abgabe von Arzneimitteln stellen.“ Diesbezüglich hat Wolfgang Zöller auch schriftlich signalisiert, dass wir die „Forderung von Bayern und Sachsen zur Rückführung des Versandhandels auf das europarechtlich notwendige Maß“ unterstützen. Die weitere Entwicklung und Bundesratsinitiativen bleiben abzuwarten. Interessant ist, dass in diesem Zusammenhang sowohl das BMG als auch die ABDA ein Konzept für die Ausgestaltung von Pick-up-Stellen vorgestellt haben. Da keine Einigung über eine gemeinsame Formulierung erreicht worden ist, bleibt es wohl oder übel beim Status quo. Im Bereich des SGB V sieht die 15. AMG-Novelle eine ganze Reihe von wesentlichen Änderungen vor. Hier sind vor allem die Regelungen zum Krankengeld zu nennen und das Generieren eines Einsparpotenzials für die GKV bei den parenteralen Zubereitungen in der Onkologie. Auch hier bleibt es spannend, wie ein guter Weg gefunden wird, der einerseits die Qualität der Versorgung in den onkologischen Praxen und in unseren Krankenhäusern – stationär und ambulant – gewährleistet bzw. verbessert u i 1 f g d g A ü m s R d n h i w T w v S l u c r w h d n d k s d z G A k P n l s U d t d r t H b ü l Zu Protokoll ge (C (D nd andererseits die GKV um 300 Millionen Euro – wie m Entwurf dargestellt – entlastet. Wir haben also noch eine Menge Gesprächsbedarf zur 5. AMG-Novelle. Heute ist ihre erste Lesung. Für Anang Mai 2009 ist eine Anhörung geplant. Anhand der Erebnisse dieser Anhörung und mit allen dann vorliegenen Gutachten wird es uns – davon bin ich überzeugt – elingen, noch in dieser Legislaturperiode eine gute MG-Novelle zu verabschieden. Wir beraten heute ein Gesetz, dessen Titel nur wenig ber den Inhalt aussagt. Tatsächlich sollten ursprünglich it der sogenannten 15. AMG-Novelle nur einige Anpas ungen vorgenommen werden, die durch europäisches echt und den Vollzug des Arzneimittelgesetzes notwenig geworden waren. Aber das Ende der Legislaturperiode naht: Die ächste Möglichkeit zu Gesetzesänderungen wird es früestens im nächsten Jahr geben. Vor diesem Hintergrund st der Umfang der Kabinettsvorlage beachtlich angeachsen. Deshalb werde ich mich auf einige ausgewählte hemen beschränken, die in der Öffentlichkeit diskutiert erden. Mehrere Änderungen betreffen die Vertriebsstrukturen on Arzneimitteln. Die wichtigste Änderung an dieser telle ist die Übertragung eines öffentlichen Sicherstelungsauftrages an den pharmazeutischen Großhandel nd die Arzneimittelhersteller. Die öffentlichen Apotheken sind auf eine kontinuierlihe Belieferung mit Arzneimitteln und eine funktionieende Infrastruktur zur Verteilung und Lagerung angeiesen. Nach unserer Auffassung ist nur der erstellerneutrale Großhandel in der Lage, dies flächeneckend sicherzustellen. Damit der Großhandel den euen Gemeinwohlauftrag erfüllen kann, erhält er durch as Gesetz einen Anspruch auf eine angemessene und ontinuierliche Belieferung durch die Hersteller. Tatächlich sind in der Vergangenheit viele Unternehmen azu übergegangen, Apotheken direkt mit Arzneimitteln u beliefern und den Großhandel damit zu umgehen. Der roßhandel konnte dadurch in einigen Teilbereichen die nfragen der Apotheken nicht mehr bedienen. Dazu ommt, dass die Vergütung des Großhandels bislang vom reis des Arzneimittels abhängig ist. Da meist teure Arzeimittel von den Herstellern direkt in die Apotheken geiefert werden, zum Beispiel biotechnologisch hergetellte Medikamente, wurden dem Großhandel erhebliche msätze entzogen. Die Industrie hat vielfach beklagt, urch eine solche Regelung würde es ihr unmöglich, Apoheken auch weiterhin direkt zu beliefern. Dies ist nicht er Fall: Hersteller können auch weiter an Apotheken diekt liefern, aber nicht ausschließlich. Es ist an der Apoheke zu entscheiden, ob sie die Arzneimittel direkt beim ersteller bestellen oder lieber über den Großhändler eziehen möchte. Es ist sachgerecht, dass der Apotheker ber den Vertriebsweg entscheidet und nicht der Hersteler. Dr. Wolf Bauer gebene Reden Noch einmal zurückkommen möchte ich auf die Vergütung des Großhandels, die, wie bereits erwähnt, an die Arzneimittelpreise gekoppelt ist. Zwei gleichzeitig auftretende Effekte haben die Mischkalkulation der Großhändler in eine Schieflage gebracht: Auf der einen Seite werden, wie erwähnt, den Großhändlern teure Präparate durch den Direktvertrieb entzogen. Auf der anderen Seite sinken durch unsere Reformmaßnahmen – zum Wohl der Versicherten und der gesetzlichen Krankenversicherung – die Preise für Generika. Der Großhandel kann aber seine Aufgabe auf Dauer nur dann erfüllen, wenn er eine leistungsgerechte und auskömmliche Vergütung erhält. Deshalb soll die Großhandelsvergütung in der Arzneimittelpreisverordnung neu gestaltet werden. Festgelegt wird allerdings nur, dass das Gesundheitsministerium und das Wirtschaftsministerium einen Vorschlag vorlegen, der zum 1. Januar 2010 in Kraft treten soll. Der Vorschlag soll die Großhandelszuschläge auf einen preisunabhängigen Fixbetrag zuzüglich eines prozentualen Zuschlags für die Logistikleistung umstellen. Derzeit wird noch über die Höhe des Fixbetrages diskutiert. Auf keinen Fall darf die Umstellung der Vergütung zu einer Mehrbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung und damit der Versicherten führen. In der Öffentlichkeit viel beachtet wurden die Änderungen, die den Krankengeldanspruch für Selbstständige betreffen. Bekanntlich wurden mit der letzten Gesundheitsreform Wahltarife zur Absicherung des Krankengeldanspruchs für hauptberuflich Selbstständige, unständig und kurzzeitig Beschäftigte eingeführt. Seit dem 1. Januar 2009 müssen die Krankenkassen solche Tarife anbieten. Bei der Umsetzung hat sich allerdings gezeigt, dass vor allem ältere Versicherte von der Regelung benachteiligt werden. Deshalb erhalten die genannten Personengruppen künftig wieder die Möglichkeit, wie normale Arbeitnehmer einen Krankengeldanspruch gegen Zahlung des allgemeinen Beitragssatzes ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit abzusichern. Aber auch der Abschluss von Wahltarifen bleibt möglich. Differenzierungen nach dem individuellen Risiko der Versicherten, also Altersabstaffelungen, oder Differenzierungen nach dem Geschlecht oder Krankheitsrisiko der Versicherten sollen aber künftig nicht mehr zulässig sein. Viel diskutiert werden auch die Regelungen zur Abrechnung von onkologischen Rezepturen. Im Sinne einer Gleichbehandlung unterschiedlicher Arzneimittel und Darreichungsformen ist es, dass auch bei Infusionen, die unter anderem bei der Krebsoder Rheumatherapie angewandt werden, Rabatte und Einkaufsvorteile von den Apotheken an die Krankenkassen weitergegeben werden. Damit können die gesetzlichen Krankenkassen erheblich entlastet werden. Ohne an dieser Stelle ins Detail gehen zu wollen: Wir werden genau darauf achten, dass die Änderungen in der Praxis umsetzbar sind. Die Sicherstellung der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung der Krebspatienten darf durch die Neuregelungen nicht gefährdet werden. Im Interesse privat krankenversicherter Krebskranker ist eine andere Maßnahme im Zusammenhang mit onkologischen Zubereitungen. Bisher verlangen die Apotheken für die Abgabe neben einem Rezepturzuschlag einen Z t B t P s p t R s o d g v K Z d c k d n z b i n s m s U t m d t n d s s i n n s v d e i ü a R s g g s d t Zu Protokoll ge (C (D uschlag von 90 Prozent auf den Einkaufspreis der Apoheke. Ein solcher Zuschlag ist gerechtfertigt, wenn zum eispiel eine einfache Salbe angefertigt werden muss. Bei euren Krebsmedikamenten ist das anders: Aufwand und reis stehen hier in einem krassen Missverhältnis. Hier ind in der Vergangenheit Patienten, Beihilfeträger und rivate Krankenversicherungen finanziell massiv belaset worden. Die gesetzliche Krankenversicherung darf egelungen über Einkaufspreise, Festund Rezepturzuchläge vereinbaren, die von der Arzneimittelpreisverrdnung abweichen. In Zukunft soll unter anderem auch ie private Krankenversicherung derartige Vereinbarunen treffen dürfen. Wenn eine solche Vereinbarung nicht orliegt, soll auf die Vereinbarungen der gesetzlichen rankenversicherung zurückgegriffen werden können. Es gäbe noch viele Themen zu besprechen, was mir aus eitgründen nicht möglich ist. Deshalb möchte ich Sie auf ie anstehenden Ausschussberatungen und die öffentlihe Anhörung verweisen. Die 15. AMG-Novelle beschäftigt sich nur zu einem leinen Teil mit arzneimittelrechtlichen Fragen. Sie wird arüber hinaus von der schwarz-roten Regierung geutzt, um alle möglichen Reparaturen in diversen Geseten und Verordnungen vorzunehmen. Erstaunlicherweise etrifft das auch ein Gesetz, das erst zum 1. Januar 2009 n Kraft getreten ist, also vor noch nicht einmal drei Moaten, nämlich das Krankenhausfinanzierungsreformgeetz. Aber das ist ja nichts Neues. Es beweist wieder einal, mit welch heißer Nadel die Koalition ihre Gesetze trickt, unbeeindruckt davon, dass sie damit Chaos und nruhe schafft und viel zu viele Ressourcen für Repara urarbeiten vergeudet werden. Was den arzneimittelrechtlichen Bereich anbelangt, öchte ich nur zwei Beispiele herausgreifen. Das eine ist er öffentliche Sicherstellungsauftrag für den Arzneimitelgroßhandel. Ohne hier eine vorschnelle Wertung vorehmen zu wollen, verwundert es doch, dass diejenigen, ie kontinuierlich den Sicherstellungsauftrag der Kasenärztlichen Vereinigungen unterhöhlt haben, nun einen olchen für den Großhandel schaffen wollen. Fraglich ist n dem Zusammenhang auch, ob man dem Großhandel eien Belieferungsanspruch einräumen muss. Es mag ordungspolitisch sinnvollere Wege geben, wie man sichertellen kann, dass Patienten mit den Arzneimitteln ersorgt werden können, die sie benötigen. Das alles weren wir in der Anhörung im Gesundheitsausschuss noch inmal ausführlich diskutieren müssen. Beispiel Nummer zwei: die Versorgung mit patientenndividuellen Rezepturen. Da frage ich mich, warum berhaupt eine Änderung vorgenommen werden soll. Die ktuelle Regelung, dass solche patientenindividuellen ezepturen von der Zulassungspflicht ausgenommen ind, hat bisher doch nicht zu irgendwelchen Problemen eführt. Warum dies nunmehr auf Zytostatika und Lösunen für die parenterale Ernährung beschränkt werden oll, vermag von daher nicht einzuleuchten. Es gibt anere Erkrankungsformen, bei denen ebenfalls solche paientenindividuellen Rezepturen notwendig sind, wie zum Dr. Marlies Volkmer gebene Reden Beispiel die Mukoviszidose oder die zystische Fibrose. Ich habe nirgendwo eine Begründung gelesen, warum man diese Indikationen anders behandeln sollte als onkologische Erkrankungen. Darüber hinaus gibt es aber weitere Punkte, zum Beispiel im Krankenhausbereich. Das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz war nicht exakt genug gefasst. Das hat zu Meinungsschwierigkeiten darüber geführt, ob bei Verhandlungen der Landesbasisfallwerte 2009 die krankenhausindividuellen Basisfallwerte des Jahres 2008 zugrunde gelegt werden oder ob die vereinbarten Landesbasisfallwerte die Grundlage bilden sollen. Die Klarstellung im Gesetz ist deshalb vom Grundsatz her zu begrüßen. Allerdings muss man sich fragen, ob es sinnvoll ist, dies schon für das Jahr 2009 so vorzugeben und nicht erst für die Zeit ab 2010. Bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens werden in vielen Ländern die Verhandlungen bereits abgeschlossen sein. Eine Rückabwicklung kann niemand allen Ernstes wollen. Es gibt ein weiteres Gesetz, bei dem eine Änderung notwendig ist, weil die entsprechenden Regelungen einfach schlecht gemacht waren. Das ist das sogenannte GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, mit dem insbesondere für selbstständig Versicherte mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 Wahltarife zur Absicherung des Krankengeldanspruches eingeführt und gleichermaßen der Anspruch auf Absicherung des Krankengeldes im Rahmen der „normalen“ Krankenversicherung herausgenommen worden ist. Hier rächt sich, dass man keine klare, saubere Lösung gefunden hat. Entweder belässt man den Krankengeldanspruch in der Versicherung oder man löst ihn heraus mit der Konsequenz, dass jeder, der das absichern möchte, dies privat tun kann und dann auch sicher ist, dass er seinen Anspruch behält. Will eine gesetzliche Krankenversicherung ihren Versicherten ein Gesamtangebot unterbreiten, kann sie entsprechende Kooperationen mit privaten Anbietern eingehen. Darüber hinaus hätte man selbstverständlich für eine Übergangsregelung für diejenigen sorgen müssen, die aufgrund ihres Lebensalters oder ihres Krankheitsrisikos mit besonders hohen Prämien zu rechnen hatten. All das hat die Regierung versäumt. Stattdessen will die Regierung jetzt einen Wahltarif der gesetzlichen Krankenkassen schaffen, der keine Altersund Risikostaffelungen vorsehen darf, und will zudem die Möglichkeit einräumen, über einen Zuschlag das Krankengeldrisiko im Rahmen der „normalen“ Verträge abzusichern. So etwas führt zwangsläufig zu Risikoselektion. Die Zeche all dieser Reparaturarbeiten, die wiederum schlecht ausgeführt werden, zahlen die Bürger. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Än derung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften wird die Umsetzung der EU-Verordnungen 1901/2006 und 1394/2007 zum Anlass genommen, ein komplexes Sammelsurium von Gesetzesänderungen vorzulegen. Das erscheint nachvollziehbar, ist es doch eine der letzten Möglichkeiten für die Bundesregierung, erforderliche Änderungen auf den Weg zu bringen. Allerdings sagt es viel über die Arbeitsweise der Bundesregierung aus, dass w r K n d n g e n s K w g t s z d n k d t w g n K t e k l f a S v r k E g s r b h e l h a a t r G s d d d A t d Zu Protokoll ge (C (D ieder einmal Fehler früherer Gesetzesänderungen korigiert werden müssen. Zu den zahlreichen erst kürzlich beschlossenen und in raft getretenen Regelungen, die präzisiert, zurückgeommen oder ausgeführt werden, gehört beispielsweise ie Änderung zum Krankengeld, die gerade zum 1. Jauar 2009 in Kraft getreten ist. Hier zeigt sich der manelnde Weitund Überblick dieser Regierung. Hier fehlt s an einer klaren Linie und an klaren Zielen. Dabei soll icht vergessen werden, dass durch solche Schnellchüsse auch Kosten entstehen. Mir liegen Schreiben von rankenkassen vor, die zu Recht die Kosten für die Enticklung und Kalkulation von Wahltarifen zum Krankeneld beklagen, die nun nicht mehr gebraucht werden. Berachte ich diese Gesetzesvorlage, bin ich mir ziemlich icher, dass auch die hier vorgeschlagenen Regelungen um Teil nur eine geringe Halbwertzeit aufweisen weren, wenn sie so beschlossen werden. Die vorgelegten Regelungen zum Krankengeld sind ur teilweise eine Lösung für die Probleme, die durch die ürzlich in Kraft getretenen Gesetzesänderungen entstanen sind. Es gibt zahlreiche Kritikpunkte. Die Beibehalung eines Wahltarifs als einer freiwilligen Absicherung ird beispielsweise zweifellos dazu führen, dass gerade eringverdienende Selbstständige sich diesen Aufwand icht leisten werden oder können. Damit werden im rankheitsfall Transferleistungen notwendig, also Kos en nur verschoben. Vielen selbstständigen Frauen dürfte s auch nicht bekannt sein, dass am Wahltarif für Kranengeld auch das Mutterschaftsgeld hängt. Dies wird etztlich auch auf die noch ungeborenen Kinder zurückallen. Wir brauchen ein bezahlbares Krankengeld für lle. Die geplanten Regelungen in den §§ 129 und 129 a GB V sollen dazu beitragen, dass die Preiskalkulation on Apotheken und Krankenhausapotheken bei der Zubeeitung von Fertigarzneimitteln für die Krebsbehandlung larer wird und die Krankenkassen auch von niedrigen inkaufspreisen profitieren. Wenn man sich in diese Loik hineinbegibt, ist die Regelung logisch. Allerdings ollte dabei berücksichtigt werden, dass weiterhin Aneize für die Krankenhäuser und Apotheken bestehen leiben müssen, Arzneimittel günstig einzukaufen bzw. erzustellen. Ansonsten entstehen den Krankenkassen her Mehrkosten und die Versorgungsstruktur mit onkoogischen Arzneimitteln wird gefährdet. Die Bundesregierung stärkt auch den Pharmagroßandel. Das ist zu begrüßen. Damit ist sichergestellt, dass lle Medikamente flächendeckend und schnellstmöglich n die Apotheken und damit an die Patientinnen und Paienten geliefert werden können. Der Entwurf der Regieung beinhaltet die Verpflichtung der Hersteller, den roßhandel zu beliefern, und des Großhandels, die Ver orgung der Apotheken sicherzustellen. Zudem wurde mit er Einführung eines preisunabhängigen Fixzuschlags ie Vergütung für den Großhandel angepasst. Dies soll afür sorgen, dass sich auch der Vertrieb niedrigpreisiger rzneimittel lohnt. Damit scheint ein Schritt in die rich ige Richtung vollzogen zu werden. Fraglich bleibt, wie er zunehmenden Monopolbildung im Großhandel entge Daniel Bahr gebene Reden gengewirkt werden kann. Diese wird ansonsten auf Dauer zu Versorgungsund Kostenproblemen führen. Im Gesetzentwurf sind also Verbesserungen vorgesehen; einige wünschenswerte und lange überfällige Verbesserungen fehlen jedoch. Wenn es schon die Arbeitsweise dieser Bundesregierung ist, Gesetze mit zahllosen Regelungen anzureichern und mit nachfolgenden Gesetzesänderungen vorherige Gesetze zu korrigieren, dann sollte sie dies wenigstens konsequent fortführen. So konnte sich die Bundesregierung nicht durchringen, endlich Regelungen zum Versandhandel mit Arzneimitteln zu erlassen. Nicht zuletzt aufgrund des sogenannten dm-Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2008 besteht aus unserer Sicht Handlungsbedarf. Die Linke will eine patientennahe, sichere und rasche Arzneimittelversorgung auf lange Sicht flächendeckend sicherstellen. Die unabhängige und umfassende Beratung in den Apotheken soll daher weiter ausgebaut werden. Den Versandhandel nur auf rezeptfreie Arzneimittel zu beschränken, kann unseres Erachtens hierzu einen wichtigen Beitrag liefern. Einen entsprechenden Antrag hat meine Fraktion Die Linke in den Bundestag eingebracht. Diese Änderung könnte hier ganz leicht eingefügt werden. Ebenso verpasst die Bundesregierung die Chance, eine weitere Korrektur ihrer Politik bei der Hilfsmittelversorgung vorzunehmen. Es hat sich gezeigt, dass die Ausschreibungen genau zu den Problemen geführt haben, die meine Fraktion bei der Einführung der Ausschreibungen mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz befürchtet hatte. Die niedrigsten Preise bestimmen die Ausschreibungen, und die Notleidenden sind die Patientinnen und Patienten, die weder wohnortnah noch qualitativ hochwertig versorgt werden. Die Auswirkungen fehlender Qualität bekommen derzeit beispielsweise zahlreiche Menschen zu spüren, die auf Inkontinenzartikel angewiesen sind. Als fehlend sind weiterhin zu benennen: der Abbau der überstarken Belastung geringverdienender Selbstständiger durch Krankenkassenbeiträge oder die Sicherung der vollständigen Versorgung für Personen, die mit Krankenkassenbeiträgen im Rückstand sind. So aber bleibt dieser Gesetzentwurf trotz einiger guter Ansätze hinter seinen Möglichkeiten zurück. Bereits die Überschrift dieses Gesetzespaketes macht deutlich, dass wir es nicht mit einer der üblichen Arzneimittelgesetznovellen zu tun haben. Normalerweise würden wir von der 15. AMG-Novelle sprechen, aber der Omnibus ist so vollgeladen, dass dies sogar in der Überschrift deutlich werden muss. Aus dem Kontext des Arzneimittelrechtes will ich zwei Aspekte aufgreifen: den Großhandel und die Definition anthroposophischer Arzneimittel. Der Sicherstellungsauftrag zur flächendeckenden Vollversorgung mit Arzneimitteln soll auf den Großhandel und die pharmazeutischen Unternehmen ausgeweitet und eine Lieferverpflichtung von Pharmaherstellern ein g o M h w k u e S z le b z d a l d G ü t n d A t t z g s n z u s d s A u r N u m g d k f n w W o t t z s Zu Protokoll ge (C (D eführt werden. Ergänzend soll die Arzneimittelpreisverrdnung geändert werden. Für uns Grüne stellen sich die Fragen: Sind diese aßnahmen notwendig? Sind sie auch in Zukunft tragfä ig oder werden Strukturen zementiert und der Wettbeerb verschiedener Vertriebswege verzerrt? Sinnvoll und onsequent erscheint uns die Ersetzung der prozentualen nd damit preisabhängigen Großhandelszuschläge durch inen Fixbetrag plus ergänzenden prozentualen Zuschlag. ystematisch knüpft dies an die Umstellung der Apothekenuschläge an und würde die tatsächlichen Distributionsistungen des Großhandels realistischer abdecken als das estehende System. Dies darf, wie vorgeschlagen, nicht zu usätzlichen Belastungen der Krankenkassen und somit er Versicherten führen. Diese Umstellung kann jedoch uch ohne die Einführung des erweiterten Sicherstelungsauftrags geschehen; die Verknüpfung, die die Bunesregierung aufstellt, leuchtet nicht ein. Die Erweiterung des Sicherstellungsauftrages auf den roßhandel sehen wir kritisch. Ist dies ein Schutzschirm ber den Großhandel, der bereits jetzt eher oligopolisisch strukturiert ist? Veroder behindert der Vorschlag icht die Entwicklung neuer veränderter Strukturen in er Arzneimitteldistribution? Bereits die Umstellung der Preisverordnung dürfte uswirkungen auf die Konkurrenz zwischen Direktver rieb und Großhandel haben; der Anreiz zum Direktverrieb hochpreisiger Medikamente wird sinken. Warum um jetzigen Zeitpunkt darüber hinausgehende Regelunen notwendig sein sollten, erschließt sich uns nicht. Es ist begrüßenswert, dass nun auch anthroposophiche und nicht nur homöopathische und pflanzliche Arzeimittel definiert werden. Warum jedoch im Gegensatz u den dortigen Definitionen nicht nur die Entwicklung nd Herstellung gemäß der anthroposophischen Menchenund Naturerkenntnis, sondern auch die Anwenung nach diesem Ansatz Bestandteil der Definition sein oll, ist nicht nachvollziehbar. Aus den weiteren 17 Artikeln möchte ich noch zwei spekte aus dem SGB V aufgreifen: Das Krankengeld nd die ambulante Versorgung psychisch kranker Kinder. Positiv zu bewerten ist die Einsicht der Bundesregieung, dass die mit der Gesundheitsreform eingeführte euregelung des Krankengeldes für Selbstständige sowie nständig oder kurzzeitig Beschäftigte korrigiert werden uss. Die vorgeschlagenen Regelungen – Anspruch auf esetzliches Krankengeld – scheinen jedoch, wie sich aus er massiven Kritik von Betroffenen als auch der Kranenkassen schließen lässt, zu kurz gesprungen. Gerade ür die Gruppe der unständig Beschäftigten fehlen die otwendigen Verbesserungen. Die Krankenkassen nach enigen Monaten zu einem völlig neu zu kalkulierenden ahltarif zu verpflichten, von dem nicht abzuschätzen ist, b er überhaupt angenommen wird, fällt eher in die Kaegorie „überflüssig“. Der Unterausschuss „Arzneimitel“ des Gesundheitsausschusses des Bundesrats fordert u Recht, die Wahltarife von einer Mussin eine Kannbetimmung zu ändern. Dr. Martina Bunge gebene Reden An den massiven Problemen der Fortführung der Sozialpsychiatrievereinbarung, die wir in den letzten Monaten erlebten, zeigt sich einmal mehr, welche negativen Folgen die Einführung des Gesundheitsfonds nach sich zieht. Der Vorschlag der Bundesregierung, die SPV für alle Krankenkassen einheitlich zu regeln, wird von uns Grünen sehr begrüßt. Im Gesetzgebungsprozess sollten wir jedoch intensiv erörtern, ob diese Regelung ausreicht. Aus Baden-Württemberg wird mir berichtet, dass Krankenkassen die Regelungen so interpretieren, dass sie nur die sozialpädiatrische Diagnostik übernehmen wollen und die Kinder und Jugendlichen zur Therapie an die Jugendhilfe verwiesen werden sollen. Dies entspricht aus meiner Sicht nicht dem Wunsch des Gesetzgebers und sollte klargestellt werden. Ebenso notwendig ist es, dass die Krankenkassen Übergangsregelungen bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes abschließen. R Der von der Bundesregierung heute eingebrachte Entwurf für ein Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften enthält im Wesentlichen Anpassungen des Arzneimittelgesetzes an europäische Verordnungen und an Erfahrungen aus dem Vollzug. Mit dem Gesetzentwurf wird die Arzneimittelsicherheit weiter verbessert. Zudem werden so weit wie möglich Verfahrenserleichterungen für die Arbeit der Behörden und der Unternehmen geschaffen. Der Gesetzentwurf enthält neben den Änderungen des Arzneimittelgesetzes Änderungen anderer Gesetze, insbesondere des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Wesentliche Anpassungen im Arzneimittelgesetz gehen auf zwei EG-Verordnungen zurück: die Verordnung über Arzneimittel für neuartige Therapien und die über Kinderarzneimittel. Arzneimittel für neuartige Therapien unterliegen grundsätzlich der europäischen Verordnung. Zu den Arzneimitteln für neuartige Therapien zählen zum Beispiel biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte, die in der regenerativen Medizin angewendet werden. Soweit solche Arzneimittel nicht routinemäßig, sondern individuell für einzelne Patientinnen und Patienten hergestellt werden, unterliegen sie nicht den Zulassungsregelungen der EU-Verordnung. Deshalb sollen im Arzneimittelgesetz ähnliche Qualitätsund Sicherheitsstandards geschaffen werden, wie sie auch in den Fällen routinemäßiger, also industrieller Herstellung im Rahmen der EU-Verordnung erfüllt werden müssen. Damit werden der Zugang der Patientinnen und Patienten zu diesen Arzneimitteln und zugleich ein hohes Qualitätsund Sicherheitsniveau gewährleistet. Hinsichtlich der Verordnung über Kinderarzneimittel sind im AMG insbesondere Bußgeldbewehrungen und Klarstellungen zur Kennzeichnung vorgesehen. Nach der Föderalismusreform ist es möglich und aus Gründen der Arzneimittelsicherheit auch erforderlich, die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes auch auf solche Arzneimittel auszudehnen, die nicht dazu bestimmt sind, in Verkehr gebracht zu werden. Damit werden auch ins b o n d c h H g t n u t w z d t G g a V n W r t f v v ( M e v d d d b W c s w l k c B V V R 1 k O n a a v Zu Protokoll ge (C (D esondere solche Arzneimittel erfasst, die von der Ärztin der vom Arzt zur Anwendung an den eigenen Patientinen und Patienten selbst hergestellt werden. Zur weiteren Erhöhung der Arzneimittelsicherheit ient die Regelung des Anwendungsverbotes bedenkliher Arzneimittel. Einen wichtigen Beitrag zu mehr Arzneimittelsichereit leisten die Regelungen zum Schutz vor Fälschungen. ier werden insbesondere die derzeit für Arzneimittel eltenden Vorschriften auch auf Wirkstoffe zur Arzneimitelherstellung ausgedehnt. Schließlich enthält der Entwurf Ergänzungen zur kliischen Prüfung im Interesse des Schutzes der Probanden nd der Arzneimittelentwicklung. Damit auch in Zukunft die flächendeckende Arzneimitelversorgung für die Patientinnen und Patienten geährleistet ist, erhalten der Großhandel und der pharma eutische Unternehmer einen Sicherstellungsauftrag für ie Arzneimittelversorgung der Patientinnen und Patienen. Hierfür ist es notwendig, dass der vollversorgende roßhandel einen gesetzlichen Belieferungsanspruch geenüber der Pharmaindustrie erhält, damit er seiner Verntwortung nachkommen kann. Darüber hinaus wird der erordnungsgeber verpflichtet, die Großhandelsspannen eu zu gestalten. Die Änderungen im Betäubungsmittelgesetz dienen im esentlichen der Anpassung an Regelungen und Ände ungen im Arzneimittelgesetz und in anderen Vorschrifen. Für Patientinnen und Patienten bei klinischen Prüungen und „Compassionate Use“ ist eine Ausnahme on der betäubungsmittelrechtlichen Erlaubnispflicht orgesehen. Damit werden die (Prüf-)Ärztinnen und Prüf-)Ärzte und das Bundesinstitut für Arzneimittel und edizinprodukte von unnötigem bürokratischen Aufwand ntlastet. Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelerkehrs bleiben in gleichem Maße gewährleistet. Lassen Sie mich nun kurz die wichtigsten Änderungen er Gesetze benennen, die nicht im Zusammenhang mit en Änderungen des Arzneimittelgesetzes stehen: Besoners hervorzuheben sind die Änderungen im SGB V, insesondere die Änderungen zum Krankengeld: Das GKVettbewerbsstärkungsgesetz hat für bestimmte Versi hertengruppen mit Wirkung ab 2009 Wahltarife zur Abicherung des Krankengeldanspruchs eingeführt. Damit urden flexible Angebote für die Versicherten ermög icht. Bei der Umsetzung der Vorgaben durch die Kranenkassen hat sich allerdings gezeigt, dass die gesetzlihen Vorgaben zur Vermeidung von ungerechtfertigten elastungen, vor allem bei älteren Versicherten, und zur erwaltungsvereinfachung angepasst werden müssen. ersicherte, die einen Krankengeldanspruch nach den egelungen des GKV-Wettbewerbstärkungsgesetzes seit . Januar 2009 allein über einen Wahltarif absichern onnten, erhalten deshalb künftig wieder die zusätzliche ption, wie Arbeitnehmer gegen Zahlung des allgemeien Beitragssatzes einen „gesetzlichen“ Krankengeldnspruch ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit bzusichern. Daneben ist auch weiterhin der Abschluss on Wahltarifen möglich. Auch über den „gesetzlichen“ Birgitt Bender gebene Reden Parl. Staatssekretär Rolf Schwanitz Anspruch hinausgehende Absicherungswünsche können weiterhin über Wahltarife realisiert werden. Entgegen der bisherigen Praxis vieler Krankenkassen sind künftig aber Differenzierungen nach dem individuellen Risiko der Versicherten, insbesondere also Altersstaffelungen, nicht mehr möglich. Eine weitere wichtige Änderung im SGB V ist die Regelung zur Sicherung der Fortführung der Versorgung mit Leistungen der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung. Aufgrund von Kündigungen der Sozialpsychiatrie-Vereinbarungen durch Krankenkassen ist bei den betroffenen Ärztinnen und Ärzten, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den betroffenen Patientinnen und Patienten sowie deren Familien erhebliche Unsicherheit entstanden, da die Finanzierung nichtärztlicher Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit zur Disposition gestellt wurde. Um die Sorge über die Fortführung der Versorgung mit Leistungen der So-zialpsychiatrie-Vereinbarung zu beenden, wird gesetzlich klargestellt, dass die Krankenkassen für diese Leistungen eine angemessene Vergütung vereinbaren müssen und dass das Nähere hierzu im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren ist. Hervorheben möchte ich die Änderungen im SGB V zur Abrechnung parenteraler Zubereitungen. Apotheken, die Arztpraxen mit Infusionen und anderen parenteralen Zubereitungen versorgen, sollen künftig offenlegen, wo sie die Arzneimittel eingekauft haben, aus denen die Zubereitung hergestellt worden ist. Das verbessert die Arzneimittelsicherheit. Außerdem sollen die Einkaufsvorteile für Infusionsarzneimittel weitergeleitet werden. Rabatte sollen nicht in der Vertriebskette versickern. Das Geld soll in die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten fließen. Die Apotheken erhalten auch die Möglichkeit, künftig die Einkaufspreise für Arzneimittel zur Herstellung von Infusionen frei zu vereinbaren. Dies verbessert die Wirtschaftlichkeit und stärkt die ortsnahe Versorgung durch Apotheken. Der Gesetzentwurf enthält auch die Regelungen zur elektronischen Gesundheitskarte. Im Zusammenhang mit ihrer Einführung hat sich aus unterschiedlichen Gründen Anpassungsbedarf für gesetzliche Regelungen ergeben. Um den Arbeitsabläufen in der Praxis Rechnung zu tragen, soll in Zukunft neben den Leistungserbringern auch deren Praxispersonal befugt sein, die Einwilligung der Versicherten zum Speichern ihrer Daten mittels der elektronischen Gesundheitskarte zu dokumentieren. Darüber hinaus wird klargestellt, dass auch die ambulant tätigen Krankenhäuser von den bestehenden Finanzierungsregelungen erfasst sind. Zusätzlich werden die bereits bestehenden umfangreichen Aufgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik detaillierter im Gesetz geregelt. Die gesetzlichen Anpassungen sind erforderlich, um die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte weiter zu unterstützen. Der Entwurf enthält ein ganzes Bündel wichtiger Maßnahmen, nicht zuletzt wegen der europarechtlichen Bezüge müssen wir den Entwurf rasch umsetzen. Lassen Sie uns daher nun konzentriert und intensiv im Ausschuss über den Entwurf beraten. w n a i g S V h s s s G g a r 1 e d s w p c s a K l b L a e p T d g i M n d a (C (D Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent urfs auf Drucksache 16/12256 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann st die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck Bender, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des Adoptionsrechts – Drucksache 16/5596 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wir nehmen die Reden der Kolleginnen und Kolleen Daniela Raab, CDU/CSU, Christine Lambrecht, PD, Jörg van Essen, FDP, Dr. Barbara Höll, Die Linke, olker Beck, Bündnis 90/Die Grünen, zu Protokoll. Am 19. Dezember 2008, also vor genau vier Monaten, abe ich zuletzt über dieses Thema geredet. Ich habe chon damals wiederholt gesagt, dass ich gar nicht wisen will, wie oft wir schon wegen dieser Thematik hier zuammengekommen sind. Diesmal fordert die Fraktion der rünen also erneut eine vollständige Gleichstellung einetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe in Bezug uf die Adoptionsrechte. Sie begründet dies unter andeem mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2002 und den Inhalten des Europäischen Überinkommens vom 24. April 1967 zur Kindesadoption. Leider muss ich Ihnen auch heute wieder mitteilen, ass insbesondere im Bereich der Adoption keinerlei Zutimmung vonseiten der Union zu erwarten ist. Wir sind eiterhin gegen ein volles Adoptionsrecht für Lebensartnerschaften und somit gegen ein erneutes „Heranrüken“ an die Ehe. Wir haben der Stiefkindadoption zugetimmt, was schon ein großer Schritt war. Außerdem kann uch ein Lebenspartner, dessen Partner ein adoptiertes ind hat, nach § 9 LPartG zur Mitentscheidung in Ange egenheiten des täglichen Lebens, die das Kind betreffen, efugt sein. Er ist bei Gefahr im Verzug nach § 9 Abs. 2 PartG ebenfalls berechtigt, zum Wohl des Kindes auch llein zu handeln. Sie liefern also keine neue Basis, die ine gemeinsame Adoption eines Kindes durch Lebensartner auf eine solide, sozialwissenschaftlich gesicherte atsachengrundlage stellen würde und bei der das Kineswohl im Vordergrund steht. Das vom BMJ ins Leben erufene Forschungsvorhaben zur Situation von Kindern n Lebenspartnerschaften und Lebensgemeinschaften von enschen gleichen Geschlechts ist weder abgeschlossen, och gibt es erste Erkenntnisse. Daher werden wir von er Union uns auch weiterhin gegen diese Möglichkeit ussprechen. Grundsätzlich ist festzuhalten: Klar ist für mich persönlich – und da spreche ich für viele meiner Kollegen –: Eine völlige Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft streben wir nicht an und sie ist auch nicht geboten! Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es dem Gesetzgeber wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes grundsätzlich nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensgemeinschaften zu begünstigen. Das bedeutet nicht etwa eine Schlechterstellung oder Benachteiligung der Lebenspartnerschaften, aber eine Andersbehandlung. Wir beraten heute in erster Lesung den von der Frak tion der Grünen eingebrachten Gesetzentwurf zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des Adoptionsrechts. Hier vorgesehen ist die Angleichung der Lebenspartnerschaft an die Ehe im Adoptionsrecht und die Ermöglichung einer gemeinsamen Adoption für eingetragene Lebenspartnerschaften. Derzeit ist es für Homosexuelle nur möglich, ein Kind als Einzelperson anzunehmen, da nur Verheirateten die Möglichkeit offen steht, gemeinschaftlich ein Kind anzunehmen. Ein erster Schritt in die Richtung, dies zu ändern, war die Stiefkindadoption, die seit 2005 möglich ist. Ein Blick zurück zeigt, dass wir seit der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes 2001 durch die rot-grüne Koalition viel erreicht haben, jedoch leider noch nicht die vollständige Gleichstellung mit der Ehe. Das Bundesverfassungsgericht hat die Gleichstellung mit der Ehe durch sein Urteil vom 17. Juli 2002 vom Grundsatz her bestätigt. Unter anderem steuerrechtlich oder im Beamtenrecht behandelt das Gesetz Lebenspartner aber noch immer nicht gleich. Hier haben wir noch eine Menge zu tun, ich gehe aber acht Jahre nach dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes davon aus, dass wir trotz der Widerstände einiger konservativer Kräfte die Vollendung der Gleichstellung mit der Ehe doch noch erreichen können. Das von der rot-grünen Koalition 2004 verabschiedete Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts glich weiterhin die Rechte und Pflichte in der Lebenspartnerschaft denen in der Ehe so weit wie möglich an. Es wurde im Zuge dessen auch ein kleines Adoptionsrecht, die Stiefkindadoption leiblicher Kinder der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners eröffnet. So ist es durch die Stiefkindadoption seit Beginn 2005 erstmals möglich in Deutschland, dass zwei Mütter oder zwei Väter rechtlich als Elternpaar anerkannt werden. Die gemeinschaftliche Annahme bleibt aber Ehepaaren vorbehalten. Aufgrund des Verbotes von Kettenadoptionen kann ein adoptiertes Kind auch nicht durch weitere Personen adoptiert werden. Die Stiefkindadoption ist für die Paare an strenge Voraussetzungen geknüpft. Die Adoption ist mit allen Konsequenzen endgültig. Verwandtschaftsbeziehungen zum leiblichen Elternteil, auch die unterhaltsrechtlichen und erbrechtlichen Ansprüche an die leiblichen Verwandten des Kindes sind mit der Annahme vollständig aufgehoben. Ist zu erwarten, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind V M z t E s s K n s d s r e d s g s R K e s s B c m e m m A g g s d h l t E e s n r g a f D s F D g r g d n Zu Protokoll ge (C (D erhältnis entsteht, so eröffnet die Stiefkindadoption die öglichkeit, das Kind rechtlich besser in der Familie ab usichern. Sie muss beim Vormundschaftsgericht beanragt werden. Der Antrag ist notariell zu beurkunden. inbezogen wird auch das Jugendamt, das vom Vormundchaftsgericht beauftragt wird, zu prüfen, ob die beabichtigte Adoption, wie selbstverständlich, dem Wohle des indes dient und zu erwarten ist, ob zwischen dem Anehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entteht. Das Jugendamt überprüft dabei die Beziehung zu em Stiefelternteil sowie die gesundheitlichen und wirtchaftlichen Verhältnisse der Lebenspartner wie bei heteosexuellen Paaren auch. Der Weg zur Stiefkindadoption ist also schon jetzt nicht infach. Laut Untersuchungen leben in Deutschland minestens 13 000 Kinder bei homosexuellen Paaren. Oft tammen diese Kinder aus vorangegangenen Beziehunen, immer öfter werden Kinder aber auch via Samenpende hineingeboren. Das von dem Gesetzentwurf der Grünen vorgesehene echt eingetragener Lebenspartner, gemeinschaftlich ein ind anzunehmen, bedeutet nach der Stiefkindadoption inen neuen Schritt. Abzuwarten bleibt, wie sich die geellschaftliche Akzeptanz dafür entwickelt. Selbstvertändlich haben wir uns wie immer an den Wünschen und edürfnissen der Menschen zu orientieren. Der rechtlihe Rahmen für Ehe, Lebenspartnerschaften und Familie uss zeitgemäß sein und den Bedürfnissen der Menschen ntsprechen. Für die Änderungen des Adoptionsrechts üssen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen stimen. Sicherlich kann sich gerade im Fall von Pflegeund doptivkindern ein gesellschaftliches Bedürfnis für eine emeinschaftliche Adoption dieser Kinder durch gleicheschlechtliche Paare durchsetzen. Dass die Paare elbstbewusst zu ihrer Lebensweise stehen, wurde von en Adoptionsvermittlungsstellen, die Erfahrungen mit omosexuellen Paaren hatten, als positiv für die Entwickung der Kinder beurteilt. Es bleibt aber noch abzuwaren, wie sich die gesellschaftliche Akzeptanz nach der inführung der Stiefkindadoption weiterentwickelt. Vorilige Schlüsse verbieten sich bei diesem Thema. Die antehenden Beratungen geben Gelegenheit, über die offeen Fragen zu beraten. Ich freue mich darüber, dass die langjährige Forde ung der FDP, auch gleichgeschlechtlichen Paaren ein emeinsames Adoptionsrecht einzuräumen, mittlerweile uch in der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mehrheitsähig ist. Nur zu gut erinnere ich mich an die kontroversen iskussionen aus der 14. und 15. Wahlperiode über die es Thema. Die FDP-Bundestagsfraktion hat als erste raktion überhaupt 2004 einen Gesetzentwurf in den eutschen Bundestag eingebracht, der neben Regelunen im Sozialhilfe-, Einkommenund Erbschaftsteuerecht auch ein gemeinsames Adoptionsrecht für eingetraene Lebenspartner vorgesehen hat. Diese Initiative ist amals leider an der Mehrheit von Rot-Grün gescheitert. Auch in den Reihen der Fraktion Bündnis 90/Die Grüen gab es erhebliche Widerstände gegen ein gemeinsa Daniela Raab gebene Reden mes Adoptionsrecht. Die damalige Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer erklärte dazu im Oktober 2004 im Deutschen Bundestag, sie teile die Befürchtung, dass die Stiefkindadoption als Türöffner genutzt werden könnte, um langfristig das volle Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare zu erleichtern. Mit der Adoption gehe es aber nicht um Emanzipationsbestrebungen oder um Statusfragen von benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen, sondern allein um die Frage des Kindeswohls, so Frau Vollmer. Im gleichen Jahr schrieb sie im „Tagesspiegel“, sie sei davon überzeugt, dass die Erfahrung des Lebens mit einem weiblichen und einem männlichen Elternteil für Kinder im Grundsatz produktiv und gut sei. Kinder wollen einen Vater und eine Mutter, so Frau Vollmer. Darüber hinaus hat sich die rot-grüne Koalition in den vorangegangenen Jahren ständig hinter dem Europäischen Adoptionsabkommen versteckt und behauptet, das Abkommen stünde einem gemeinsamen Adoptionsrecht von homosexuellen Menschen in Deutschland entgegen. Die FDP-Bundestagsfraktion war von dieser Argumentation nie überzeugt, insbesondere im Hinblick auf das gemeinsame Adoptionsrecht in den Niederlanden. Nunmehr räumen auch die Grünen in ihrem vorliegenden Gesetzentwurf ein, dass das Abkommen der Einführung eines gemeinschaftlichen Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Lebenspartner nicht entgegensteht. Die Einsicht kommt zwar spät, aber besser als nie. Die FDPBundestagsfraktion begrüßt ausdrücklich, dass in dieser wichtigen Frage mittlerweile auch bei Bündnis 90/Die Grünen ein Umdenken stattgefunden hat. Der Gesetzgeber hat in der 15. Wahlperiode die Stiefkindadoption für Lebenspartner eingeführt. Für die FDPBundestagsfraktion war dies ein Schritt in die richtige Richtung, aber letztendlich auch nicht mehr als nur eine halbherzige Lösung. Nach Auffassung der FDP ist RotGrün mit dieser Initiative auf halbem Weg stehen geblieben. In Deutschland leben schätzungsweise weit mehr als 10 000 Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Die Tatsache, dass Kinder mit zwei Bezugspersonen aufwachsen, die dem gleichen Geschlecht angehören, ist daher in Deutschland keine Seltenheit, sondern vielmehr Ausdruck einer Lebensform, die in der Gesellschaft anerkannt und akzeptiert ist. Homosexuelle Menschen haben bereits heute das Recht, als Einzelperson ein Kind zu adoptieren. Darüber hinaus werden gleichgeschlechtliche Paare seit Jahren von den Jugendämtern verstärkt als Pflegeeltern angeworben, weil sich ihre Erziehungskompetenz in besonderer Weise bewährt hat. Ausschlaggebend für eine Adoption muss alleine das Kindeswohl sein. Ein Kind hat gute Entwicklungschancen in einer stabilen und gefestigten Beziehung. Es dient gerade in besonderer Weise dem Kindeswohl, wenn das Kind zwei Bezugspersonen hat, die beide Verantwortung für das Kind und seine Erziehung übernehmen. Im Interesse der Stabilität von Familienstrukturen und Verantwortungsgemeinschaften und insbesondere im Interesse der betroffen Kinder hält die FDP-Bundestagsfraktion es daher für zwingend geboten, auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit einer gemeinsamen Adoption zu eröffnen. I d k g B d s K S g g V k g t d l t b W a g s z R d g R s s v S C m P F b s t l b C s s d Zu Protokoll ge (C (D n einem Antrag zur Adoption von Kindern, den wir in ieser Woche in den Bundestag eingebracht haben, beräftigen wir diese Forderung erneut. In einer Anhörung des Rechtsausschusses vom verganenen Jahr haben die dort anwesenden Experten aus dem ereich des Familienrechts übereinstimmend erklärt, ass Unterschiede im Hinblick auf die Entwicklung zwichen Kindern in gleichgeschlechtlichen Familien und indern in heterosexuellen Familien nicht vorliegen. Die achverständigen haben vorgetragen, dass praktisch verleichbare Entwicklungsbedingungen für Kinder in leichgeschlechtlichen Partnerschaften bestehen. Alle orurteile, die in früheren Jahren gegen die Erziehungsompetenz von gleichgeschlechtlichen Paaren vorgetraen wurden, sind durch zahlreiche wissenschaftliche Unersuchungen klar widerlegt worden. Die FDP-Bundestagsfraktion wird den Gesetzentwurf er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen daher unterstützen. Als Präsident Obama am 20. Januar sein Amt antrat, ieß er auf der Homepage des Weißen Hauses seine poliischen Ziele veröffentlichen. In diesen turbulenten Zeiten eschränkte er sich nicht auf Statements zur größten irtschaftsund Finanzkrise seit 1929, sondern betonte uch die Unterstützung der Lesbenund Schwulenbeweung: Präsident Obama meint, dass wir die Adoptionsrechte für alle Paare und Einzelpersonen gewährleisten müssen, ohne Rücksicht auf die sexuelle Orientierung. Er denkt, dass das Wohl eines Kindes von einem gesunden und liebevollen Heim abhängt und nicht davon, ob die Eltern schwul/lesbisch sind oder nicht. Demgegenüber haben wir in Deutschland eine rücktändige Situation. Beispielhaft für die Auseinandersetung ist die Aussage der CSU-Abgeordneten Daniela aab. Sie sprach am 19. Dezember im Plenum des Bunestages zum Stand der Gleichstellung von Ehe und einetragener Partnerschaft: „Solange die Union an der egierung beteiligt ist, wird es eine vollständige Gleichtellung nicht geben.“ Dies heißt für die CDU/CSU, dass ie ein Adoptionsrecht für lesbische und schwule Paare erhindern will. Während der Präsident der Vereinigten taaten das Adoptionsrecht erweitern will, kommt die DU/CSU zur gegenteiligen Schlussfolgerung und öchte das Adoptionsrecht lesbischen und schwulen aaren in jedem Fall verwehren. Wie kommt es zu dieser strikten Ablehnung? „In dieser rage darf es keine Kompromisse geben. Denn anders als ei der rechtlichen Ausgestaltung der Lebenspartnerchaften sind hier nicht nur die Interessen der Betroffenen angiert, sondern in erster Linie die der Kinder, die staatichen Schutz benötigen.“ So die Stellungnahme der Areitsgemeinschaft Recht zur Klausurtagung der CDU/ SU am 28. Mai 2008. Worum geht es hier eigentlich? In Deutschland können ich erwachsene Menschen frei entscheiden, wie sie zuammenleben. Zwei Rechtsinstitute stehen zur Verfügung, ie Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft, um Jörg van Essen gebene Reden das Zusammenleben rechtlich abzusichern. Es existieren viele familiäre Konstellationen: die Großund Kleinfamilie, alleinerziehende Väter und Mütter, Drei-Generationen-Familien, die Patchwork-Familie und vieles mehr. Entscheidend für die Kinder ist, dass sie Liebe und Zuneigung erfahren. Der rechtliche Rahmen sollte für Erwachsene und Kinder so dynamisch sein, dass das Wohl und die Rechte für alle gewährleistet sind. Kinder haben das Recht auf Umgang mit ihren biologischen Eltern, aber im Falle des Falles auch mit ihren sozialen Eltern. Das Sorge-, Umgangs-, Unterhaltsund eben auch das Adoptionsrecht bilden den rechtlichen Rahmen. In Deutschland wachsen etwa 13 000 Kinder bei gleichgeschlechtlichen Paaren auf. Stellen sie sich ein schwules Paar vor, Herrn Schön und Herrn Stark. Dieses möchte gerne gemeinsam ein Kind großziehen und es daher gemeinsam adoptieren, um die Verantwortung gemeinsam zu tragen. Doch nach geltendem Recht wird dem Paar eine gemeinsame Adoption verweigert. Die Konsequenz: Herr Stark adoptiert das Kind, Roland, allein. Doch nach 14 Jahren gemeinsamer Partnerschaft, fürsorglicher Erziehung und gemeinsamer Fürsorge des Kindes trennt sich Herr Schön von Herrn Stark. Die Beziehung geht im Streit auseinander. Roland hat nun nur Rechte gegenüber Herrn Stark, nicht aber gegenüber Herrn Schön. Und Herr Schön muss sich das gemeinsame Umgangsrecht mühsam erstreiten. Beim Unterhaltsund beim Erbschaftsteuerrecht ist Roland gegenüber anderen Adoptivkindern benachteiligt. Soll dies im Interesse des Kindeswohls sein? Mit der Möglichkeit der Stiefkindadoption, die seit 1. Januar 2005 besteht, wurde ein weiterer Schritt zum Wohle des Kindes in einer Lebenspartnerschaft gegangen. Nun ist es an der Zeit, das Kindeswohl vollständig zu beachten. Frau Bundesministerin Zypries, bitte geben Sie nicht noch eine Studie zur Situation von Kindern bei gleichgeschlechtlichen Paaren in Auftrag, lassen Sie uns endlich die Gleichstellung zwischen heteround homosexuellen Paaren vollziehen. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU: Rüsten sie endlich ideologisch ab. Meine Damen und Herren von der SPD: Handeln sie im Inte-resse der Kinder. Lassen sie uns dem Antrag der Grünen zustimmen – im Interesse der Kinder. Kinder verdienen es, gleich behandelt zu werden. Zu Beginn erlauben Sie mir, Ihnen eine gute Nachricht von unserem nördlichen Nachbarland zu verkünden. Bereits gestern wurde ein Gesetz vom Parlament in Kopenhagen beschlossen, nach dem das Adoptionsrecht für eingetragene Lebenspartnerschaften eröffnet wurde. Angesichts der Tatsache, dass die Dänen mit dem Institut der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften schon 20 Jahre Erfahrung haben, kann man ihnen wohl vertrauen, dass sie das Richtige tun. Das Grundgesetz schützt in Art. 6 Abs. 1 die Familie. Um diesen Schutz gewährleisten zu können, muss das Familienrecht sich wandelnden familiären Lebensformen gerecht werden. In Deutschland wachsen bereits in jeder achten gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft Kin d L E m n A D g d l a e h d t n K c m n d l d t b s s S z E l n r s M S k s o S d s k g g A g v u s f b w v L s k d Zu Protokoll ge (C (D er auf. Nach bestehender Rechtslage ist eingetragenen ebenspartnerinnen oder Lebenspartnern anders als heleuten eine gemeinsame Adoption dennoch nicht öglich. Mit dem Gesetz zur Ergänzung des Lebensparterschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des doptionsrechts will die Bundestagsfraktion Bündnis 90/ ie Grünen die bestehende Benachteiligung nun korriieren. Im Mittelpunkt unserer Familienpolitik steht immer as Wohl des Kindes. Bei den in Lebenspartnerschaften ebenden Kindern handelt es sich um eigene Kinder, aber uch um gemeinsame Pflegekinder oder Adoptivkinder iner Partnerin oder eines Partners. Obwohl zwei Erzieungspersonen für das Kind sorgen, werden die Kinder urch fehlende Ansprüche gegenüber den faktischen Elern nach dem geltenden Unterhaltsoder Erbrecht beachteiligt. Gegenüber gemeinschaftlich adoptierten indern verheirateter Eltern fehlt ihnen die doppelte Siherheit. Auch im Alltag erfahren Kinder in solchen Failien Nachteile durch die fehlende rechtliche Anerkenung als Familie. Diese Diskriminierung ist hinsichtlich es Art. 6 Abs. 1 GG bedenklich, da der Schutz der Famiie und das Wohl des Kindes die rechtliche Absicherung ieser faktischen Eltern-Kind-Beziehungen gebieten. In der politischen Diskussion vorgetragene Befürchungen, das Aufwachsen in gleichgeschlechtlichen Leensgemeinschaften füge Kindern seelische und psychiche Schäden zu und führe zu Entwicklungsstörungen, ind wissenschaftlich nicht haltbar. Alle vorliegenden tudien legen nahe, dass kein nennenswerter Unterschied um Leben in Familien mit verschiedengeschlechtlichen ltern auszumachen ist. Eine Beeinträchtigung der kind ichen Entwicklung kann der aktuellen Forschung nach icht festgestellt werden. In zahlreichen Kommunen beichten Jugendämter über ihre guten Erfahrungen mit chwulen und lesbischen Pflegeeltern. Auch die positiven eldungen aus Schweden, dem Vereinten Königreich, panien, Belgien und den Niederlanden, wo die Möglicheit der gemeinschaftlichen Adoption durch gleichgechlechtliche Paare bereits eingeführt ist, widerlegen die hnehin empirisch nie belegten Vorbehalte. Und reden ie sich nicht mit der Studie, die vom Bundesministerium er Justiz im Auftrag gegeben wurde, heraus. Die liegt chon dem Ministerium längst vor und belegt, dass es eine sachlichen Gründe gegen Gleichberechtigung einetragener Lebenspartnerschaften im Adoptionsrecht ibt. Und auch dem Bundesverfassungsgericht wird die uskunft verweigert, obwohl es schon öfters nach den Erebnissen der Studie gefragt hatte. Niemand hat ein Recht auf ein Kind. Kinder haben ielmehr ein Recht auf Liebe, Fürsorge, Aufmerksamkeit nd Geborgenheit. All dies können sie bei gleichgechlechtlichen Eltern grundsätzlich in gleicher Weise erahren wie bei verschiedengeschlechtlichen Paaren. Lesen und Schwule sind genauso verantwortliche Eltern ie andere Menschen auch. Ein genereller Ausschluss om gemeinsamen Adoptionsrecht stellt die Fähigkeit von esben und Schwulen zur Kindererziehung aus ideologichen Gründen pauschal infrage. Diese willkürliche Disriminierung ist sachlich nicht gerechtfertigt und schadet em Kindeswohl, indem es die Stigmatisierung bereits be Dr. Barbara Höll gebene Reden Volker Beck stehender Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern fördert und den Kreis der am besten geeigneten Adoptiveltern künstlich verknappt. Ob eine Adoption im konkreten Fall dem Wohl des Kindes dient, muss bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften genauso wie bei Ehepaaren jeweils im Einzelfall der sachkundigen Entscheidung des Vormundschaftsgerichts überlassen bleiben. Und beenden möchte ich meine Rede ebenso mit einer guten Nachricht, die allerdings vom Mai letzten Jahres kommt. Damals verabschiedete das Ministerkomitee des Europarats die revidierte Fassung des Übereinkommens über die Adoption von Kindern von 1967, nach der das Adoptionsrecht auf gleichgeschlechtliche Ehepaare bzw. Lebenspartner ausgeweitet werden kann. Dies zeigt, dass auf der europäischen Ebene die Vorurteile gegenüber homosexuellen Eltern keine Mehrheiten mehr finden. Deshalb wäre es wünschenswert, wenn auch der deutsche Gesetzgeber die Gleichstellung der Lebenspartnerinnen und Lebenspartner mit den Ehegatten im Bereich des Adoptionsrechts beschließen würde. Im Übrigen rufe ich die Bundesregierung auf, der Ratifizierung der zeitgemäßen Fassung des Übereinkommens nicht mehr entgegenzustehen. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent wurfs auf Drucksache 16/5596 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur Änderung von Statistikgesetzen – Drucksache 16/12219 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Die Reden dazu nehmen wir ebenfalls zu Protokoll. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Kristina Köhler, CDU/CSU, Maik Reichel, SPD, Gisela Piltz, FDP, Petra Pau, Die Linke, Silke Stokar von Neuforn, Bündnis 90/Die Grünen. Mit Stichtag 3. November 2008 gab es 12 987 543 Rindviecher in Deutschland, davon 632 in Berlin. Wir wissen also genau, wie viele Rindviecher welchen Alters wo in Deutschland leben. Wenn wir jedoch genau wissen wollen, wie viele Menschen in Deutschland leben, dann müssen wir leider feststellen, „nichts Genaues weiß man nicht“. Es gibt keine exakten Daten über Umfang und Zusammensetzung der Bevölkerung in Deutschland. l w s l e h g r E n i s d h w l w d E g p s g w Z b a B E g H t m z u b j g S m d e T t S n I w i v U l d v t z D (C (D Genaue, nach sozio-demografischen Strukturmerkmaen differenzierbare Bevölkerungszahlen sind aber die esentliche Grundlage für viele politische und wirt chaftliche Planungen, ebenso wie für die wissenschaftiche Forschung. Wie viele Kindergartenplätze braucht ine Gemeinde? Wie viele Schulen und wie viele Alteneime? Ist das neue Krankenhaus notwendig? Alles Fraen, die sich nur auf der Basis verlässlicher Bevölkeungsdaten beantworten lassen. Gleiches gilt für die inteilung von Bundestagswahlkreisen oder für den Fianzausgleich zwischen den Ländern. Wahlkreise dürfen n ihrer Größe nicht zu sehr voneinander abweichen, onst kann theoretisch sogar die Wahl angefochten weren. Und im Länderfinanzausgleich geht es um viel Geld, ier fällt jeder Einwohner mit rund 2 000 Euro ins Geicht. Wenn man das weiß und wenn man weiß, dass die amtiche Einwohnerzahl in rund 50 Rechtsvorschriften eine ichtige Bemessungsgrundlage darstellt, dann wird eutlich, wie wichtig auch hier verlässliche Zahlen sind. in solides Datenmaterial ist also die Voraussetzung für ute Politik. Wir können die notwendigen Veränderungsrozesse nur dann gestalten, wenn wir über ein angemesenes Bild der Wirklichkeit unserer Gesellschaft verfüen. So weit, denke ich, sind wir uns alle einig. Ich weiß aber auch, dass manch einer bezweifelt, dass ir zum Einblick in diese Wirklichkeit überhaupt einen ensus brauchen. Eines ist richtig: Natürlich haben wir ereits Bevölkerungszahlen. Aber diese Zahlen basieren uf Fortschreibungen der Volkszählung von 1987 in der undesrepublik Deutschland und von 1981 in der DDR. ine erste Testerhebung zur Vorbereitung des Zensus hat ezeigt, wie dramatisch dabei die Abweichungen der ochrechnungen zu den tatsächlichen Zahlen sein dürf en: Die aktuellen Bevölkerungszahlen dürften zurzeit um indestens 1,3 Millionen überhöht sein. Das Ausländer entralregister weist 600 000 weniger Ausländerinnen nd Ausländer auf als die Bevölkerungsfortschreibung. Von mancher Seite aus kommt auch der Einwand, man räuchte deshalb keinen umfänglichen Zensus, weil man a den regelmäßigen Mikrozensus habe. Dieser diene ja erade dazu, in regelmäßigen und kurzen Abständen trukturdaten über die Bevölkerung und den Arbeitsarkt zu gewinnen. Der Glaube, dass der Mikrozensus en großen Zensus ersetzen könne, ist jedoch – auch nur inzelne Merkmale betreffend – aus statistischer Sicht ein rugschluss. Der Mikrozensus ist eine Repräsentativstaistik. Dass heißt, er basiert ausschließlich auf einer tichprobe. Eine verlässliche Stichprobe kann man aber ur dann ziehen, wenn man die Grundgesamtheit kennt. ch kann eben nur dann sagen, dass die von mir ausgeählte Gruppe repräsentativ für die Gesamtbevölkerung st, wenn ich zugleich auch weiß, wie sich die Gesamtbeölkerung – also die Grundgesamtheit – zusammensetzt. nd diese Grundgesamtheit hat sich seit den letzten Zäh ungen 1987 bzw. 1981 ziemlich verändert. Diese Veränerung lässt sich mit reinen Fortschreibungen eben nicht erlässlich erfassen, wie die Abweichungen beim Zensusest gezeigt haben. Hier wieder die Wirklichkeit als Basis u haben, genau darum geht es auch im großen Zensus. eshalb kann der Mikrozensus den Zensus nicht ersetzen. Im Gegenteil: Ohne eine regelmäßige Gesamterhebung sind die Ergebnisse des Mikrozensus nicht verlässlich! Deshalb brauchen wir den Zensus 2011 und deshalb werden wir uns an der Zensusrunde der Europäischen Union beteiligen. Dabei sage ich im Übrigen auch ganz offen: Aus meiner Sicht war es ein Fehler, dass man im Jahr 2000 die Zensusrunde der EU nicht mitgemacht hat. Ich bin froh, dass dieses Mal die Volkszählung von fast allen Seiten in einem sehr konstruktiven Rahmen begleitet wird. Dass sich die Proteste gegen den Zensus in Grenzen halten, hat aber sicherlich auch damit zu tun, dass sich die Methode des Zensus 2011 grundsätzlich von einer traditionellen Volkszählung unterscheiden wird. Es wird keine umfangreiche Befragung aller Haushalte geben. In erster Linie werden bestehende Register genutzt, vor allem die Melderegister der Kommunen und die Daten der Bundesagentur für Arbeit. Nur um Ungenauigkeiten zu erkennen und um solche Daten zu erhalten, für die es – wie etwa im Falle des Bildungsabschlüsse – keine bundesweiten Verwaltungsdaten gibt, wird im Jahr 2011 ein kleiner Teil der Bevölkerung direkt von Interviewern befragt werden. Wir reden hier von circa 7 bis 8 Prozent. Außerdem werden die rund 17,5 Millionen Eigentümer und Verwalter von Wohnraum schriftlich befragt werden, da es bundesweit keine Register zur Wohnraumversorgung gibt. Dieser Zensus ist also, wenn Sie so wollen, ein „minimalinvasiver Zensus“. Das nun vorliegende Gesetz zum Zensus 2011 werden wir intensiv beraten. Aus dem Deutschen Bundestag kommt selten etwas wieder so raus, wie es reingekommen ist. Das wird wohl auch mit diesem Gesetz nicht anders sein. Dabei gibt es einige diskussionswürdige Vorschläge zur weiteren Verbesserung des Zensus 2011. Dazu gehört etwa die Forderung, das Merkmal „Migrationshintergrund“ in die Stichprobenbefragung aufzunehmen. Da haben wir nämlich genau das Problem, dass der zwar im Mikrozensus erhoben wird, wir aber die Grundgesamtheit nicht kennen. Oder es gibt die Forderung des Bundesrates, das Merkmal „Religionszugehörigkeit“ in die Stichprobe aufzunehmen. Auch diesen Vorschlag prüfen wir zurzeit sehr sorgfältig. Dann gibt es noch weitere Vorschläge vor allem der Länder und Kommunen zur Frage der Optimierung der Genauigkeit der Daten. Auch diese Vorschläge werden wir uns natürlich genau anschauen. Grundsätzlich gilt natürlich bei allen Verbesserungsvorschlägen, dass auch sie sich an den verfassungsrechtlichen Vorgaben orientieren müssen, die das Bundesverfassungsgericht uns in seinem Volkszählungsurteil auferlegt hat. An diese strengen Maßgaben wollen und werden wir uns auch halten, ebenso wie wir uns strikt an einem optimalen Datenschutz und an einer optimalen Datensicherheit orientieren werden. Ich bin froh, dass es auf allen Seiten die Bereitschaft gibt, dieses wirklich komplexe Werk „Zensus 2011“ zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Die Große Koalition im Bundestag und auch der Bundesrat sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Wir brauchen dieses Zensusgesetz, weil wir den Zensus brauchen. b d s d t e l n D l l G d N k B s g u h d l a u b w t Z S s n i s r d Z G w a m B z m k w c n A s e w z a Zu Protokoll ge (C (D Mein besonderer Dank an dieser Stelle gilt den Mitareitern des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden und en Mitarbeitern der Statistischen Landesämter für ihre chon jetzt hervorragende Arbeit bei der Vorbereitung es Zensus 2011. Die Methode des nun geplanten regisergestützte Zensus wurde von ihnen in jahrelanger Arbeit ntwickelt. Erlauben Sie mir diese Anmerkung als Sozioogin: Sie haben hier eine Pionierarbeit geleistet, die icht hoch genug eingeschätzt werden kann! Vielen ank! 1981 wurde in der damaligen DDR, 1987 in der dama igen BRD die letzte Volkszählung durchgeführt. In ziemich genau zwei Jahren wird es in der EU eine Volksund ebäudezählung geben. Die beteiligten Länder werden iesen Zensus auf unterschiedliche Weise durchführen. achdem die letzten Volkszählungen 1981 und 1987 auf onventionelle Weise, das heißt durch die Befragung aller ürger, abliefen, soll es 2011 erstmals einen registergetützten Zensus geben. Dies entlastet die Bürger von allen roßen und zeitraubenden Auskunftspflichten. Es bringt ns aber auch, und darauf werde ich noch näher eingeen, bisher vollkommen neue Fragen und Probleme auf en Tisch, unter anderem auch deshalb, weil zur Feststelung der bevölkerungsstatistischen Angaben nicht mehr lle Bürgerinnen und Bürger befragt werden sollen. Die aktuellen Bevölkerungszahlen in Bund, Ländern nd Kommunen sind teilweise mit großen Unsicherheiten ehaftet. In der Anhörung vom September 2007 bekamen ir zur Genauigkeit bzw. zur Richtigkeit mancher Regis er sehr deutliche Aussagen der Gutachter. Genauere ahlen sind notwendig. Wenn wir schon durch eigene chätzung davon ausgehen, dass 1,3 bis 1,5 Millionen Menchen weniger als geglaubt in Deutschland leben – also icht die 82 Millionen, von denen wir heute sprechen –, so st das eine Abweichung von etwa 1,8 Prozent. Es handelt ich eben nur um Schätzungen. Zuverlässige Bevölkerungszahlen sind auch als Beechnungsgrundlage für den Länderfinanzausgleich und en kommunalen Finanzausgleich notwendig. Die zum ensusstichtag festgestellten Einwohnerzahlen bilden die rundlage für die Bevölkerungsfortschreibungen. Sie irken sich aber auch auf etwa 50 Rechtsvorschriften us, für die die amtliche Einwohnerzahl als wichtige Beessungsgrundlage dient. Betroffen sind noch weitere ereiche, zum Beispiel die Festlegung von Wahlkreisen u Bundesoder Landtagswahlen, die Bundesratsstimen, die Berechnung von Sitzen bis in die Vertretungen ommunaler Gebietskörperschaften sowie die auf Einohnerzahlen basierenden Finanzzuweisungen. Wir brauhen also dringend eine solche neue Zählung. Dass der Zensus notwendig ist, darin sind wir uns eiig. Dass wir ihn registergestützt machen, das ist neu. ber auch da stimmen wir überein. In der EU wird dies ja ehr unterschiedlich gehandhabt. Um jedoch bundesweit ine einheitliche Qualität erreichen zu können, werden ir – und dies deutet die Stellungnahme des Bundesrates um vorliegenden Gesetzentwurf bereits an – noch weiter uf spezifische Besonderheiten so mancher Gebietskör Kristina Köhler gebene Reden perschaft eingehen müssen. So bestätigte die Evaluation im letzten Jahr die bereits im Vorfeld des Vorbereitungsgesetzes befürchteten Probleme, ländliche Strukturen und Besonderheiten von Großstädten statistisch homogen abbilden zu können. Berlin beispielsweise würde laut Bundesrat in seiner Struktur vollkommen unscharf abgebildet werden, da hier, wie wir als Bundestagsabgeordnete bestens wissen, nach Bezirken verwaltet und regiert wird. Dementsprechend werden bevölkerungsstatistische Daten auch bezirksweise erhoben und weiterverarbeitet. Ein weiteres zu beachtendes Thema sind die ländlichen Strukturen, unter anderem in Rheinland-Pfalz. Wie die dort zuständigen Verantwortlichen zu bedenken geben, werde eine Mindesterhebungsgrenze bei Gebietskörperschaften von 10 000 Einwohnern 95 Prozent der Gemeinden nicht statistisch abbilden können. Inwiefern dies sinnvoll ist, wird in der weiteren Diskussion zu hinterfragen sein. In der Anhörung vom September 2007 wurde auch die Einheitlichkeit der Erhebung deutlich hervorgehoben. Vor allem die Länder sind darauf eingegangen. Das vorliegende Gesetz ermöglicht ja einige Abweichungen in den Ländern. Inwieweit dies zu unterschiedlichen Ergebnissen, die auf nicht vergleichbarer Basis erhoben worden sind, führt, wird ebenfalls zu prüfen sein. Eines will ich aber deutlich sagen: Es muss Rechtssicherheit gegeben sein. Ich bin mir aber sicher, dass es sich hierbei um durchaus lösbare Probleme handelt. Denn nicht nur der Bund, sondern auch die Länder sind sehr stark am Zensusergebnis interessiert. Wenn man sich all dies vor Augen führt, dann blickt man natürlich auch auf die verbleibende Zeit. Millionen von Daten werden bewegt und zusammengeführt. Das machen nicht nur Computer, das müssen auch Menschen machen. Ende 2010 wird das Anschriftenund Gebäuderegister einsatzfähig sein. Und ich gehe davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt auch alle beteiligten Institutionen und Ämter einen Datensatz erstellen können, der unseren hohen Ansprüchen an Vergleichbarkeit und Datenqualität gerecht wird und uns für den Zensusstichtag am 9. Mai 2011 die notwendigen Ergebnisse und Zahlen liefern wird. Diese millionenfache Datenverarbeitung und deren Vorbereitung braucht Zeit. Die Bundesregierung hat im Bundeshaushalt die Weichen gestellt. Die Erhöhung der Haushaltsmittel des Statistischen Bundesamtes um 16 Millionen Euro, beginnend mit dem Haushaltsjahr 2008, resultiert zu etwa drei Vierteln aus dem Zensus, den wir 2011 erstellen werden. Dafür wurden und werden etwa 60 Stellen, teilweise zeitlich befristet, eingerichtet. Auch die Länder haben ihre Hausaufgaben bereits umfassend gemacht. Der Entwurf der Bundesregierung sieht eine Umsetzung der EU-Vorgaben 1:1 vor. Vonseiten der Kirchen sind wir in Briefen bzw. in persönlichen Gesprächen auf das fehlende Merkmal „Religionszugehörigkeit“ hingewiesen worden. Wir werden in der weiteren Diskussion auch darauf unser Augenmerk zu lenken haben. Meine Fraktion wird sich mit den Empfehlungen des Bundesrates konstruktiv auseinandersetzen. Schließlich ist es unser g G t b r t d a g d s n c s s F b n t s N g d w k b k d F w g Z s s c n h b F a d D Z d h Z l f a Ä j g u Zu Protokoll ge (C (D emeinsames Interesse, ein unanfechtbares, effektives esetz auf den Weg zu bringen und damit allen Beteilig en ein funktionsfähiges Instrument an die Hand zu geen. Es soll auch für europäische Kollegen Vorbild sein. Die FDP-Bundestagsfraktion hatte zum Zensusvorbe eitungsgesetz in ihrem Entschließungsantrag einige zenrale Forderungen im Hinblick auf das Anordnungsgesetz argelegt. An diesen ist der nun vorgelegte Gesetzentwurf us unserer Sicht zu messen. Bevor ich auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfs einehe, möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass ie FDP-Bundestagsfraktion den Ansatz eines registergetützten Zensus begrüßt und unterstützt. Damit wird die otwendige Erhebung valider Daten für statistische Zweke, die unerlässliche Grundlage für staatliches Handeln ind, datenschutzfreundlich ermöglicht. Der registergetützte Zensus bietet grundsätzlich die Chance, die für die unktionsfähigkeit des Staates erforderliche Datenerheung mit dem grundrechtlich garantierten Schutz persoenbezogener Daten in Einklang zu bringen. Schon im Entschließungsantrag zum Zensusvorbereiungsgesetz hatte die FDP-Bundestagsfraktion die Bechränkung auf wenige Merkmale und Register begrüßt. ur so kann dem Volkszählungsurteil von 1983 Rechnung etragen werden. Nun stehen wir aber – wie es fast zu erwarten war – vor er Situation, dass die Forderungen immer zahlreicher erden, was noch alles aufgenommen werden sollte. Da ommen die Kommunen mit der Forderung nach Erheung der Höhe des Mietzinses und der Nebenkosten. Da ommen die Kirchen mit der Forderung nach Erhebung er Religionszugehörigkeit. Das sind alles interessante ragen. Es gibt für alle diese Punkte auch gute Gründe, arum für diesen oder jenen im Gemeinwesen notwendien oder wünschenswerten oder auch nur angenehmen weck diese oder jene Datenerhebung und -auswertung innvoll wäre. Ich warne aber ausdrücklich davor, die antehenden Beratungen zu einem Wunschkonzert zu mahen. Wir müssen bei all den an uns schon herangetrageen oder noch kommenden Forderungen sehr genau insehen, ob das wirklich im Rahmen dieser Datenerheung notwendig und erforderlich ist. Wir dürfen nicht den ehler machen, dass wir am Ende mit einem Bauchladen n neuen Merkmalen und Registern herauskommen – und amit genau die Balance zwischen Datenerhebung und atenschutz nicht mehr stimmt. Ein Problem, das die FDP-Fraktion schon 2007 beim ensusvorbereitungsgesetz angesprochen hatte, ist mit em Zensusanordnungsgesetz nicht gelöst. Die Vorgeensweise bei der Vorbereitung und Durchführung des ensus in Bund, Ländern und Kommunen muss einheit ich gestaltet sein. Valide und vor allem auch gerichtseste Statistiken, die dann zum Beispiel über den Finanzusgleich, die Zuweisung von Fördermitteln oder hnliches entscheiden, kann man nicht gewinnen, wenn eder sein eigenes Süppchen kocht und dabei natürlich eiene Interessen verfolgt. Denn es geht dabei ja um Geld, m viel Geld. Dieses Problem ist mit dem vorliegenden Maik Reichel gebene Reden Gesetzentwurf nicht gelöst. Im Gesetz müsste daher – wie dies auch von den Ländern gefordert wurde – eine Verpflichtung zur einheitlichen Durchführung verankert werden. Der Bundesrat hatte dies auch eingefordert, aber die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung keine Bereitschaft gezeigt, den Ländern entgegenzukommen. Genau zu prüfen werden auch die Wünsche der Kommunen sein, die sich erhoffen, von den durch den Zensus erhobenen Daten für ihre eigene Aufgabenerfüllung zu profitieren. Kleinräumige Planungsdaten dürfen nach dem Gesetzentwurf nur sehr eingeschränkt genutzt werden. Dies ist einerseits ein Beitrag zum Datenschutz, aber andererseits muss man sich schon die Frage stellen, ob und inwieweit ein solches Vorhaben nicht auch sinnvolle Datengrundlagen für die Kommunen schaffen sollte. Hier muss auch berücksichtigt werden, dass eine Nutzung auch für Kommunen etwaige eigene Datenerhebungen dort vermeiden hilft, was auch zur Datensparsamkeit führt und es gegebenenfalls auch im Interesse einer effizienten Verwaltung und der Vermeidung weiterer Kosten für die öffentliche Hand ist, den Kommunen eigene Erhebungen zu ersparen. Denn es geht ja in diesem Fall nicht um den Wunsch nach Erhebung weiterer Daten, sondern um die Nutzbarmachung der ohnehin zu erhebenden Daten. Hier muss im weiteren Verfahren eine Abwägung durchgeführt werden, um zu einem Interessen ausgleichenden Ergebnis zu kommen. Erheblichen Bedenken begegnet die Vorgabe, dass alle Daten beim Statistischen Bundesamt ausgewertet werden sollen. Hierzu soll ein höchst komplexes und im Übrigen noch nie in der Realität und unter wirklichen Arbeitsbedingungen angewandtes IT-System aufgebaut und eingesetzt werden. Dies widerspricht dem schon zwischen Bund und Ländern vereinbarten Fachkonzept, nach dem die zu verarbeitenden riesigen Datenbestände auf vier verschiedene Statistische Ämter des Bundes und der Länder aufgeteilt werden sollten, um dort aufbereitet zu werden. Dieses Fachkonzept erscheint wesentlich sinnvoller. So erscheint schon die Schaffung eines derartigen riesigen IT-Systems für eine einmalige Anwendung fragwürdig – nicht nur unter haushalterischen Gesichtspunkten, sondern weil es doch immer so ist, dass, wenn schon mal ein System besteht, um die vielen Daten der Bürgerinnen und Bürger zu nutzen, zu verknüpfen, abzugleichen und auszuwerten, dieses ganz bestimmt auch für andere Anwendungen dann irgendwann genutzt werden soll. Das mag jetzt einigen vielleicht ein wenig hysterisch vorkommen. Aber die Erfahrung zeigt, dass alle Systeme, mit denen man persönliche Daten sammeln und auswerten kann, auch genutzt werden – und zwar nicht nur für den ursprünglich genannten Zweck. Daher ist eine dezentrale Datenverarbeitung sehr sinnvoll. Ebenso erscheint diese sinnvoll, weil die Risiken eines Systemausfalls damit abgefedert werden und weil schon getestete Systeme zum Einsatz kämen. Eine Risikoerhöhung durch ein neues ITMammutprojekt – ich erinnere hier nur an die Bundesagentur für Arbeit – ist erheblich. Im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren gibt es also noch einige Detailfragen, bei denen konstruktiv über den besten Weg gestritten werden muss. Neben den genannten Punkten möchte ich an dieser Stelle schon ein m b s L B f e h m p d v o V V a a z i S t l z z d s U E D h G n h g B d d t k t a G t h a Zu Protokoll ge (C (D al erwähnen, dass die FDP-Fraktion Beratungsbedarf ei der Erhebung von Daten zur Religionszugehörigkeit ieht. Weiterhin muss bei der Frage der eingetragenen ebenspartnerschaften auf einen Lückenschluss zum undesstatistikgesetz, dem das Merkmal noch immer remd ist, obwohl eingetragene Lebenspartnerschaften rfreulicherweise längst gesellschaftliche Realität sind, ingewirkt werden. Die FDP-Bundestagsfraktion sieht den Beratungen it der Hoffnung entgegen, dass die berechtigten Kritikunkte des Bundesrats hier im Hause Gehör finden weren und am Ende ein notwendiges Vorhaben mit einem ernünftigen Gesetz auf den Weg gebracht werden kann, hne dass – wie bei dem Vorbereitungsgesetz – erneut der ermittlungsausschuss angerufen werden muss. Es bestehen unausgeräumte Zweifel. Erstens. Es ist nachvollziehbar, dass die Politik, die erwaltung und andere mehr möglichst stimmige Daten nstreben. Das ist seit Bibel-Zeiten so und das wurde uch noch in der Neuzeit über Volkszählungen praktiiert. Zweitens. Es war aber ausgerechnet eine Volkszählung n der BRD-alt, bei der das Bundesverfassungsgericht ein toppzeichen setzte. Es erhob in einem historischen Ureil den Datenschutz zum Grundrecht. Drittens. Nun geht es aktuell nicht um eine groß angeegte Volkszählung, sondern „nur“ um eine Mini-Volksählung, genannt „Zensus“. Aber auch eine kleine Volksählung will bürgerrechtlich begründet sein. Viertens oder anders gesagt: Der erwartete Nutzen für ie Bürgerinnen und Bürger muss erkennbar weit größer ein als das befürchtete Risiko für ihre verbrieften Rechte. nd genau da bestehen unausgeräumte Zweifel. Fünftens. Zu alledem wird es noch eine Anhörung von xpertinnen und Experten geben. Das haben Bündnis 90/ ie Grünen und die Linke beantragt. Ich werde heute daer nicht unserem Urteil danach vorgreifen. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621136900







(A) )


(B) )

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621137000

(BIP). Auch jetzt, in der Wirtschaftskrise, starren wir

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621137100




(A) )


(B) )

Dr. Wolf Bauer (CDU):
Rede ID: ID1621137200

(A) )


(B) )

Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1621137300




(A) )


(B) )

Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1621137400




(A) )


(B) )

Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621137500




(A) )


(B) )

Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621137600




(A) )


(B) )

Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1621137700







(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621137800

(LPartGErgG AdoptR)

Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1621137900

(A) )


(B) )

Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1621138000
Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1621138100




(A) )


(B) )

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621138200




(A) )


(B) )

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621138300







(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621138400
Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1621138500

(A) )


(B) )

Maik Reichel (SPD):
Rede ID: ID1621138600




(A) )


(B) )

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1621138700




(A) )


(B) )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621138800
Die Zeiten ändern sich, löste die Volkszählung 1983

och eine große Protestbewegung aus, so können wir
eute in der entwickelten Informationsgesellschaft unauf-
eregt über den europaweiten Zensus 2011 reden. Die
undesregierung hat dazugelernt, die staatlichen Zähler
ringen nicht mehr mit Fragebögen in die Wohnungen
er Bürgerinnen und Bürger ein und stellen Fragen, die
ief in das Privatleben eindringen. Die Volkszählungsboy-
ottbewegung hat damals das Volkszählungsurteil erstrit-
en, und das war gut so. Wir haben heute das Grundrecht
uf informationelle Selbstbestimmung, und auf dieser
rundlage findet der Zensus 2011 statt.

Der Staat braucht statistische Informationen, um Poli-
ik für die Zukunft planen zu können. Der Staat verfügt
eute über eine große Menge von Datenmaterial – mehr
ls uns manchmal lieb ist –, und es ist richtig, dass nicht




Gisela Piltz
gebene Reden






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn
alles neu erfasst wird, sondern auf das vorhandene Mate-
rial zurückgegriffen wird. Im Zensusvorbereitungsgesetz
ist festgelegt, dass die Daten zur Volkszählung 2011 aus
den Melderegistern der Kommunen und aus dem Daten-
bestand der Bundesagentur für Arbeit entnommen wer-
den sollen. Länder und Kommunen sind mit dem Zensus-
vorbereitungsgesetz aufgefordert, ihre Daten auf einen
aktuellen Stand zu bringen und an den Bund zu liefern. Zu-
sätzlich werden 25 Millionen Einwohner, davon 17,5 Mil-
lionen Wohnungseigentümer, persönlich befragt. Nach
der vorläufigen Kalkulation des Statistischen Bundesam-
tes und der statistischen Ämter der Länder werden wahr-
scheinlich 527,81 Millionen Euro an Gesamtkosten ent-
stehen. Davon will der Bund 44,81 Millionen Euro
tragen, die Länder sollen 483 Millionen Euro der Ge-
samtkosten übernehmen. Lassen Sie mich an dieser Stelle
sagen, wir sehen in der Frage der Kostenaufteilung wei-
teren Klärungsbedarf und haben sehr wohl Verständnis
für die Forderungen aus dem Bundesrat, dass die Kosten
zwischen Bund und Ländern hälftig geteilt werden. Wir
setzen uns für eine faire Kostenverteilung zwischen Bund
und Ländern ein und fordern, dass das Bundesamt für
Statistik die analysierten Daten so bald wie möglich den
Ländern und Kommunen zur Verfügung stellt.

Der Bundesrat sieht auch inhaltlichen Korrekturbe-
darf, wir sollten in der geplanten Anhörung des Innen-
ausschusses die Anregungen aus den Ländern und natür-
lich aus dem Bereich des Datenschutzes sorgfältig prüfen.
Eine formale Eins-zu-eins-Umsetzung des EU-Beschlus-
ses darf schon angesichts der enormen Kosten, die der
Zensus 2011 verursacht, nicht dazu führen, dass wichtige
Informationen, die wir national für erforderlich halten,
nicht erhoben werden. Ich möchte hier insbesondere auf
den Migrationsbereich verweisen. Eine gezielte Integra-
tionspolitik braucht wissenschaftlich analysiertes Zah-
lenmaterial, und hier muss sorgfältig geprüft werden, ob
nicht das eine oder andere Merkmal zusätzlich abgefragt
werden soll. Wenn wir Anonymisierung und Datenschutz
sicherstellen, spricht nichts dagegen, Informationen über
Einbürgerungen, Herkunftsländer oder Bildungsab-
schlüsse für Eingewanderte auszuwerten, und auch der
strittige Punkt der Aufnahme der Religion als Merkmal
muss erneut sachlich diskutiert und bewertet werden.

Politik braucht Planungsdaten, und dazu gehört als
Fundament eine verlässliche Bevölkerungsstatistik. Die
Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in unseren
Kommunen entscheidet über die Zuschnitte von Bundes-
tagswahlkreisen, sie ist Grundlage für eine gerechte Ver-
teilung der Steuerlasten, sie ist Berechnungsgrundlage
für den kommunalen Finanzausgleich, und sie regelt den
Finanzausgleich zwischen Deutschland und Europa. Bei
der zusätzlich geplanten Gebäudeerhebung ist allerdings
darauf zu achten, ob diese Daten wirklich alle gebraucht
werden.

Wir werden beim Zensus 2011 darauf achten, dass der
Grundsatz der „Einbahnstraße“ von statistischen Daten
gewahrt bleibt, es keine Speicherung über den erforderli-
chen Zeitraum hinaus gibt und Zugriffe Dritter auf die
Daten ausgeschlossen bleiben. Wir erwarten, dass der
Datenschutzbeauftragte des Bundes und die Daten-

s
Z
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2

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s

h
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(C (D chutzbeauftragten der Länder das gesamte Verfahren ensus 2011 eng begleiten und bewerten. Wenn der Da enschutz gewahrt bleibt, spricht nichts gegen den Zensus 011. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent urfs auf Drucksache 16/12219 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlosen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a bis 28 c auf: a)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621138900
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

(Artikel 87 d)


– Drucksache 16/12280 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung luftverkehrsrechtli-
cher Vorschriften

– Drucksache 16/12279 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errich-
tung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsi-
cherung und zur Änderung und Anpassung
weiterer Vorschriften

– Drucksache 16/11608 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss

Auch die Reden hierzu nehmen wir zu Protokoll. Es
andelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kolle-
en Clemens Binninger und Norbert Königshofen,
DU/CSU, Klaus Uwe Benneter und Uwe Beckmeyer,
PD, Jan Mücke, FDP, Dorothée Menzner, Die Linke,
infried Hermann, Bündnis 90/Die Grünen, und des

arlamentarischen Staatssekretärs Ulrich Kasparick für
ie Bundesregierung.


(A) )



(B) )


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1621139000

Der Einheitliche Europäische Luftraum hat zum Ziel,

die bisherige, weitgehend nationale Einteilung der Luft-
räume in ein europaweites System zu überführen. Mit dem
Einheitlichen Europäischen Luftraum können von Flug-
gesellschaften verstärkt direkte Flugkorridore verwendet
werden. Das erspart Umwege und Zeit, Kerosin und Geld.
Letztlich können dadurch bis zu 12 Prozent der CO2-
Emissionen – also etwa 11,2 Millionen Tonnen – einge-
spart werden. Der Einheitliche Europäische Luftraum
stellt also ein wichtiges Element zur Verbesserung der
Gesamtwirtschaftlichkeit und Effizienz des Flugverkehrs
dar, wie auch zur Reduktion von Treibhausgasen.

Die wesentlichen Vorschriften zum Single European
Sky stammen aus dem Jahr 2004. Heute beraten wir die
notwendigen Gesetzänderungen, um die Vorgaben für
den Einheitlichen Europäischen Luftraum in Deutsch-
land umzusetzen.

Zu diesen notwendigen Rechts- und Strukturanpassun-
gen gehört auch eine Änderung des Art. 87 d Grundge-
setz, die wiederum die Voraussetzung für die Änderung
verschiedener luftverkehrsrechtlicher Vorschriften und
Gesetze ist.

Mit der Änderung des Art. 87 d wird erstens klarge-
stellt, dass die Luftverkehrsverwaltung allgemein der
Bundesverwaltung zugeordnet ist. Damit bleibt sie Ho-
heitsaufgabe – soweit dem das Recht der Europäischen
Gemeinschaft nicht entgegensteht. Sie muss aber nicht
mehr durch Behörden der unmittelbaren Bundesverwal-
tung oder von der bundeseigenen Verwaltung zugerech-
neten organisationsprivatisierten Einrichtungen durch-
geführt werden. Vielmehr können damit Aufgaben der
Luftverkehrsverwaltung auch durch die mittelbare Bun-
desverwaltung einschließlich privater Beliehener durch-
geführt werden. Dies ist nicht nur aus fachlicher Sicht un-
verzichtbar, sondern entspricht auch der aktuellen Praxis
unter anderem bei Flugsicherungsbetriebsdiensten sowie
Flugwetterdiensten an kleineren Flughäfen und ist auch
vom Gemeinschaftsrecht so vorgesehen. Darüber hinaus
wird die Möglichkeit geschaffen, technische Unterstüt-
zungsdienste, insbesondere sogenannte CNS-Dienste
– also Communication, Navigation, Surveillance –, aus
der hoheitlichen Luftverkehrsverwaltung herauszuneh-
men, wie es das geltende europäische Recht schon heute
vorsieht.

Zweitens schaffen wir die Voraussetzungen, um gemäß
der Single-European-Sky-Verordnungen funktionale Luft-
raumblöcke einrichten zu können. Dies wird über staats-
vertraglich vereinbarte Kooperation zwischen den
Mitgliedstaaten geschehen. Zur Einrichtung dieser Luft-
raumblöcke muss die grenzüberschreitende Zusammen-
arbeit von nationalen Flugsicherungsorganisationen er-
möglicht und intensiviert werden. Dazu ist es notwendig,
dass auch ausländischen, nach EU-Recht zugelassenen
Flugsicherungsorganisationen entsprechende Flugsiche-
rungsaufgaben in Deutschland übertragen werden kön-
nen. Eine solche Kooperation kann darüber hinaus auch
unabhängig von europarechtlich zwingenden Vorgaben
geschehen, wenn es zum Beispiel aus technischer oder
praktischer Hinsicht etwa bei Regionalflugplätzen oder

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(C (D m Grenzbereich notwendig ist. Auch das ermöglicht nun ie Änderung des Art. 87 d. Zusätzlich zu der Möglichkeit iner völkerrechtlichen Regelung und einer Übertragung on Hoheitsrechten an eine zwischenstaatliche Organisaion wird die Übertragung von Aufgaben an ausländische rganisationen damit in Zukunft auch auf Basis eines undesgesetzes möglich sein. Dieses Begleitgesetz sieht ehr enge Grenzen für eine solche Übertragung an ausändische Organisationen vor. Nur, wo es zur Schaffung ines funktionalen Luftraumblocks oder aus praktischen rwägungen notwendig ist, können die Flugsicherungsufgaben übertragen werden. Damit gilt nach wie vor: er größte Teil der Flugsicherung in Deutschland wird ur von einer zu 100 Prozent im Bundeseigentum befindichen Gesellschaft durchgeführt werden. Flugsicheungsaufgaben können an ausländische Organisationen uch nur dann übertragen werden, wenn diese ein Zertiizierungsverfahren durchlaufen haben. Damit wird sihergestellt, dass das hohe Sicherheitsniveau, das wir eute haben, auch in Zukunft aufrechterhalten bleibt. Mit dieser Grundgesetzänderung schaffen wir die erfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine europaechtskonforme Ausgestaltung der Luftverkehrsverwalung und für die Beteiligung Deutschlands am Einheitlihen Europäischen Luftraum. Damit ist nicht nur eine icherere, sondern auch eine effizientere grenzüberchreitende Zusammenarbeit möglich, die viele Vorteile it sich bringt. Mit den heute eingebrachten Gesetzen nehmen wir die iskussion über die Weiterentwicklung der Flugsicheung wieder auf, die schon einmal – nämlich am 7. April 006 – in einen Beschluss des Deutschen Bundestages inmündete. Damals hat der Bundespräsident Horst öhler das Gesetz, das der Deutsche Bundestag mit einer ber neunzigprozentigen Mehrheit verabschiedet hatte, ufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht unterchrieben. Wir ziehen nun daraus die Konsequenzen, indem wir en Art. 87 d Grundgesetz durch das eingebrachte „Geetz zur Änderung des Grundgesetzes“ an die Vorgaben es Rechts der Europäischen Gemeinschaft zur Schaffung ines einheitlichen europäischen Luftraums (Single Euroean Sky/SES)

Norbert Königshofen (CDU):
Rede ID: ID1621139100

Das bisherige, national organisierte System der Flug-
icherung ist bereits vor geraumer Zeit an seine Grenzen
estoßen. Schon seit Jahren haben wir auch in Deutsch-
and eine grenzüberschreitende Flugsicherung; so wird
eispielsweise der an die Schweiz grenzende südwest-
eutsche Raum durch die schweizerische Skyguide kon-
rolliert. Seit 2007 nehmen Lotsen der österreichischen
ustro Control Flugverkehrskontrolldienste an einer
eihe deutscher Regionalflughäfen wahr. Beides ist bei
trenger Auslegung des Grundgesetzes nicht verfassungs-
onform.

Der Flugverkehr hatte in den letzten Jahren außeror-
entliche Wachstumsraten. Allgemein geht man davon
us, dass unabhängig von der derzeitigen Wirtschafts-
nd Finanzkrise sich die Flüge in Europa bis zum Jahr



gebene Reden


(A) )



(B) )

2020 gegenüber 2005 an Zahl verdoppeln werden. Schon
heute ist der Himmel über Mitteleuropa hoffnungslos
überlastet. Besonders führen die Kapazitätsengpässe
rund um die Drehkreuze Paris, Frankfurt und London im-
mer häufiger zu Ehrenrunden in der Luft und Stauungen
am Boden.

Nach Berechnungen der International Air Transport
Association (IATA) summierten sich allein im Jahr 2007
die durch die fragmentierte Überwachung verursachten
Verspätungen auf eine Dauer von 40 Jahren. Das bedeu-
tet 468 Millionen unnötige Flugkilometer oder 16 Millio-
nen Tonnen unnütz in die Atmosphäre geblasene Abgase.

Daher soll ein einheitlicher europäischer Luftraum
geschaffen werden, indem aus den derzeitig 60 Luftraum-
kontrollstellen der 27 nationalen Flugsicherungen
mehrere große Einheiten gebildet werden, sogenannte
Functional Airspace Blocks (FABs). Neben dem ökonomi-
schen Aspekt ist hier auch der ökologische Nutzen her-
vorzuheben. So kann der CO2-Ausstoß laut Berechnun-
gen um rund 1 800 000 Tonnen verringert werden.

Deutschland, Belgien, Frankreich, Luxemburg, die
Niederlande sowie die Schweiz wollen den „Functional
Airspace Block European Central“ (FABEC) bilden. Da-
für ist es allerdings notwendig, dass wir auch in Deutsch-
land eine europarechtskonforme Ausgestaltung der Flug-
sicherung durch die Regelung des Luftverkehrsgesetzes
ermöglichen. Neben der Deutsche Flugsicherung GmbH

(DFS) müssen auch andere ausländische – nach dem

Recht der Europäischen Gemeinschaft zertifizierten –
Flugsicherungsorganisationen in die Luftverkehrsver-
waltung des Bundes eingebunden werden können, so wie
die DFS auch jenseits der deutschen Grenze tätig werden
können soll. Um dies zu ermöglichen und den gesetzwid-
rigen Zustand in Deutschland zu beseitigen, müssen wir
die Vorschrift, dass die Luftverkehrsverwaltung in bun-
deseigener Verwaltung geführt wird, im Art. 87 d des
Grundgesetzes durch eine europarechtskonforme Fas-
sung ersetzen.

Ich bitte Sie dringend, der Anpassung des Grundgeset-
zes und der übrigen Änderungen luftverkehrlicher Vor-
schriften zuzustimmen. Es ist ein wichtiger unverzichtba-
rer Schritt auf dem Weg zur Schaffung eines einheitlich
kontrollierten europäischen Luftraums.


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1621139200

Der vorliegende Gesetzentwurf hat den Zweck, die

Luftverkehrsverwaltung in Deutschland den Realitäten
und den Vorgaben der europäischen SES-Verordnungen
anzupassen. Dazu soll – man ist fast versucht zu sagen:
wieder einmal – das Grundgesetz geändert werden.

Zurzeit verpflichtet uns Art. 87 d GG, die Luftverkehrs-
verwaltung in bundeseigener Verwaltung zu führen. Was
bedeutet das? Wir müssen feststellen: Schon in der Aus-
legung dieses Begriffes ist man sich nicht einig. Die Ver-
fassungsliteratur versteht diesen Begriff weit. Sowohl die
unmittelbare als auch die mittelbare Staatsverwaltung
soll davon umfasst sein. Damit könnte die Flugsicherung
in Deutschland durch eigene und rechtlich unselbststän-

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(C (D ige Behörden des Bundes sowie durch Körperschaften nd Anstalten oder Beliehene wahrgenommen werden. Diesem weiten Verständnis hat sich der Bundespräsient aber ausdrücklich nicht angeschlossen. Seiner Aufassung nach gibt Art. 87 d GG dem Bund auf, der erantwortung für die Flugsicherung nur dann nachzuommen, wenn eine jederzeitige Durchsetzung des staatichen Willens garantiert ist. Dies sei aber schon bei mitelbarer Staatsverwaltung nicht mehr der Fall. Ist die eutsche Flugsicherung als bundeseigene GmbH heute lso im Rahmen der Beleihung tätig, deckt sich diese Prais nicht mehr mit der Ansicht des Bundespräsidenten. Es euchtet daher ein, dass wir unser Verfassungsrecht mit er Wirklichkeit in Einklang bringen müssen. Wir können nd wollen uns hier kein rechtliches Vakuum leisten. Wir sind für ein Europa, das nicht nur am Boden mit en Schengen-Abkommen, sondern auch in der Luft weier zusammenwächst. Europa wirkt schon heute vielfältig m Bereich des Luftverkehrs nach Deutschland hinein, um Beispiel mit der Gestaltung der europäischen Außeneziehungen im Luftverkehr oder bei der Verbesserung er Verbraucherrechte für Flugpassagiere. Im Jahr 2004 wurde diese Zusammenarbeit auf eine eue Stufe gehoben: Mit den SES-Abkommen wurden die oraussetzungen für die Einrichtung eines einheitlichen uropäischen Luftraumes geschaffen. Im Bereich der lugsicherung herrscht heute noch die Kleinstaaterei, uständigkeiten richten sich nach Landesgrenzen und icht nach Flugrouten, Umwege der Flugzeuge mit höheem Spritverbrauch und CO2-Ausstoß sind die Folge. Die eplanten fortgeschriebenen SES-II-Verordnungen verflichten uns darüber hinaus, ausländische Flugsicheungsorganisationen in Deutschland zuzulassen. Diese erordnungen sind in Ordnung. Genauso wie wir bei der riminalitätsbekämpfung, beim Verbraucherschutzes nd in der Wirtschaftsund Finanzpolitik eng zusammenrbeiten, ist auch die Flugsicherheit heute keine rein naionale Angelegenheit mehr. Art. 87 d GG verbietet uns aber hier mit seinem Gebot er bundeseigenen Verwaltung, ausländische Flugsicheungsorganisationen in Deutschland zuzulassen. Die rundgesetzanpassung erscheint deshalb aus europa echtlichen Gründen notwendig. Nun ist das Grundgesetz eine beliebige Verfügungsmasse. Änderungen bedürfen tets besonderer Rechtfertigung. In der Beratung des voriegenden Gesetzentwurfes müssen wir uns deshalb von olgenden Grundsätzen leiten lassen: Erstens: Oberste Priorität hat für uns Sozialdemokraen die Sicherheit der Tausenden von Menschen, die tägich in der Luft über Deutschland unterwegs sind. Sie haen einen Anspruch darauf, dass wir alles Mögliche für ichere Flüge tun. Wirtschaftsoder Marktinteressen üssen hier zurückstehen. Die Deutsche Flugsicherung st eine der besten der Welt. Dies muss so bleiben. Das nglück von Überlingen im Jahr 2002 hat uns brutal vor ugen geführt, was es heißt, wenn Kontrollen versagen der lax gehandhabt werden. Zweitens: Die Deutsche Flugsicherung GmbH muss eiter die zentral verantwortliche Institution für die Luft Norbert Königshofen gebene Reden verkehrskontrolle in Deutschland bleiben. Nur in Ausnahmefällen sollten Dritte – nach strengen Zulassungsund Zertifizierungsverfahren – diese Aufgaben wahrnehmen können. Drittens: Der Bundesparteitag der SPD im Oktober 2007 hat uns aufgetragen, keinesfalls einer Initiative zuzustimmen, die eine Privatisierung der Deutschen Flugsicherung zum Ziel hat und insbesondere das Grundgesetz dafür ändert. An diesen Beschluss fühle ich mich gebunden. Mit ist durchaus bewusst, dass eine Privatisierung nicht das Anliegen des vorliegenden Gesetzentwurfes ist, allerdings wird sie mit dieser Grundgesetzänderung theoretisch möglich sein. Das ist problematisch. Darüber hinaus stellen sich mir eine Reihe weiterer Fragen: Die Luftverkehrsverwaltung soll in Zukunft nach Art. 87 d Abs. 1 GG in sogenannter Bundesverwaltung geführt werden. Damit werden die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Dritte mit der Flugsicherung in Deutschland beauftragt werden können. Das Institut der „Bundesverwaltung“ ist neu und dem Grundgesetz bisher fremd. Wenn hier aber neue Begrifflichkeiten geschaffen werden, halte ich es für unerlässlich, dass ihre Bedeutung und Systematik genau bestimmt ist, um rechtliche Grauzonen auszuschließen. Dies leistet der Gesetzentwurf bisher nicht in ausreichendem Maße. Vom Grundsatz der Bundesverwaltung darf weiter gemäß Art. 87 d Abs. 1 GG dann abgewichen werden, wenn europäisches Recht dies notwendig macht. Auch diese Formulierung ist für mich alles andere als eindeutig. Warum ist in der Gesetzesbegründung beispielsweise von „zwingendem europäischen Recht“ die Rede, im Grundgesetz aber nicht? Diese und andere Punkte sind für mich noch nicht hinreichend beantwortet. Das müssen wir uns noch einmal genau angucken. Wir beraten heute in erster Lesung einen Gesetzent wurf zur Änderung des Grundgesetzes im Art. 87 d sowie einen Entwurf für ein Gesetz zur Änderung der luftverkehrsrechtlichen Vorschriften. Darüber hinaus liegt uns ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung vor. Die Änderungen, die wir als Koalitionsfraktionen parallel zur Bundesregierung in die parlamentarischen Beratungen einbringen, stehen im engen Zusammenhang mit dem festen Willen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, eine engere Zusammenarbeit im Luftverkehr zu erreichen. Ziel der Kooperation innerhalb der Europäischen Union ist es, die Verkehrsströme in der Luft effektiver zu organisieren. Im Jahr 2004 hat die Europäische Union ein Paket an Verordnungen zur Errichtung eines einheitlichen europäischen Luftraums verabschiedet. Oberstes Ziel ist es, grenzüberschreitende „funktionale Luftraumblöcke“ zu schaffen. Auf diese Art werden Flugtrassen optimiert. Die Schadstoffemission von Flugzeugen wird reduziert. In den grenzüberschreitenden Luftfahrtblöcken ist darüber hinaus eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit der nationalen Flugsicherungsorganisationen der europäischen Mitgliedstaaten vorgesehen. Das erhöht d E k g D w c e l u w f v s s h n n U F m m D s d H u c c s n r s a F t n w R g d b n k B r d u r F t d d D n s l A Zu Protokoll ge (C (D ie Flugsicherheit. Um die Qualität der Flugsicherheit in uropa zu verbessern, wurden einheitliche Zulassungsriterien für Flugverkehrskontrollanbieter und feste Voraben für Struktur, Verfahren und Technik festgelegt. arüber hinaus ist ein großräumiger Zuschnitt der jeeils überwachten grenzüberschreitenden Luftraumblöke vorgesehen. Außerdem strebt die Europäische Union ine Verbesserung der Effektivität der Flugsicherungseistungen an und schreibt eine Trennung von Aufsicht nd Umsetzung von Flugsicherungsdiensten vor. Mit der angestrebten Änderung des Grundgesetzes ollen wir die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen ür eine europarechtskonforme Ausgestaltung der Lufterkehrsverwaltung schaffen. Deutschland will und muss ich aktiv an der Herstellung eines einheitlichen europäichen Luftraums beteiligen. Außerdem wollen wir den unaltbaren Zustand beenden, dass bereits heute in grenzahen Räumen ausländische Flugsicherungsorganisatioen ohne rechtliche Grundlage tätig werden; ein mstand, der sich aus der Notwendigkeit ergibt, dass lugkorridore und damit die dortige Sicherheit am Himel über nationale Grenzen hinweg organisiert werden üssen, um einen effektiven Flugverkehr zu ermöglichen. ie Hoheitsgrenzen der Bundesrepublik Deutschland las en sich nicht parallel mit den Zuständigkeitsbereichen er Flugsicherungsorganisationen in der Luft abbilden. ier kommt es zu Überschneidungen mit den Aufgabennd Funktionsbereichen anderer ausländischer Flugsiherungsorganisationen. Kooperationen und Absprahen der Deutschen Flugsicherung mit anderen ausländichen Flugsicherungsorganisationen sind zwangsläufig otwendig, um den Flugsicherungsbetrieb in diesen Luftäumen ordnungsgemäß abwickeln zu können. Ähnlich ieht es bereits heute an Regionalflughäfen aus, an denen us praktischen und technischen Gründen ausländische lugsicherungsorganisationen tätig sind und deren Tä igkeit bisher rechtlich nicht gedeckt ist. Mit der Neuregelung im Grundgesetzartikel 87 d öffen wir die bundeseigene hoheitliche Luftverkehrsveraltung für abweichende Vorgaben des europäischen echts. Sie wird auch künftig der Bundesverwaltung zueordnet. Ich betone an dieser Stelle ausdrücklich, dass ie Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung Hoheitsaufgaen des Bundes bleiben. Sie müssen jedoch nicht mehr ur durch Behörden und Personal des Bundes, sondern önnen in Ausnahmefällen auch im Wege der mittelbaren undesverwaltung einschließlich beliehener Flugsicheungsorganisationen wahrgenommen werden. Darüber hinaus werden mit der Grundgesetzänderung ie verfassungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen, m in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht der Euopäischen Gemeinschaft Unterstützungsdienste der lugsicherung, das heißt Kommunikations-, Naviga ionsund Überwachungsdienste sowie Flugberatungsienste aus der Hoheitsverwaltung des Bundes ausglieern zu können. Dabei handelt es sich um die technischen ienste, die die Beschäftigten der Flugsicherungsorgaisationen wie die Fluglotsen bei ihrer Tätigkeit untertützen. Mit dem Gesetz zur Änderung luftverkehrsrechticher Vorschriften folgen wir dem Auftrag des neuen rt. 87 d im Grundgesetz, der uns als Gesetzgeber Klaus Uwe Benneter gebene Reden beauftragt, die konkrete Regelung der Flugsicherung in Deutschland in einem eigenständigen Bundesgesetz zu treffen. Mit den geplanten Änderungen im Luftverkehrsgesetz wollen wir festschreiben, dass auch in Zukunft die Deutsche Flugsicherung als bundeseigenes Unternehmen im vollständigen Besitz des Bundes bleibt. Wir schließen eine Privatisierung aus. Darüber hinaus wird die DFS weiterhin die führende Flugsicherungsorganisation in Deutschland bleiben. Nur in Randbereichen lassen wir auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrages eine Beleihung von ausländischen Flugsicherungsorganisationen zu. Um die hoheitlichen Kontrollund Aufsichtsrechte des zu errichtenden Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung zu sichern, ist es bei einer Beleihung einer ausländischen Flugsicherungsorganisation unabdingbar, dass ein zwischenstaatlicher Vertrag vorliegt. Die Hoheitsrechte des deutschen Staates müssen an dieser Stelle gewahrt werden. Außerdem legen wir fest, dass nach Maßgabe der europäischen Regelungen jede Flugsicherungsorganisation, die in Deutschland tätig wird, ein europäisches Zertifikat vorzuweisen hat. Damit schließen wir im Einklang mit den europäischen Vorgaben zukünftig eine Beleihung natürlicher Personen für die Zukunft aus. Aktuell geltende Einzelbeauftragungen erlöschen spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2010. Gleichzeitig stellen wir klar, dass zu einer ordnungsgemäßen Durchführung der Flugsicherung neben der Sicherheit, Ordnung und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs auch die Beachtung der Aspekte des Lärmund Umweltschutzes gehört. Die Bundesregierung hat darüber hinaus ein Gesetz zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung vorgelegt, das wir im Zusammenhang mit den anderen beiden Gesetzesinitiativen beraten. Das europäische Recht sieht eine zwingende Trennung von Aufsichtsund Durchführungsaufgaben im Bereich der Flugsicherung vor. Das zu errichtende Bundesaufsichtsamt wird die hoheitlichen Kontrollaufgaben gegenüber den Flugsicherungsorganisationen wahrnehmen. Ich lade alle Fraktionen des Deutschen Bundestags ein, sich konstruktiv an der parlamentarischen Beratung der vorliegenden Gesetzentwürfe zu beteiligen. Meine Hoffnung ist, dass wir die vorgeschlagenen Änderungen mit einer breiten Mehrheit des Hohen Hauses verabschieden werden. Das wäre ein gutes Signal im Sinne einer weiteren Integration in der europäischen Luftverkehrspolitik. Durch die Medienberichte der letzten Tage entstand teilweise der Eindruck, dass mit den drei Gesetzentwürfen, die uns zur Beratung vorliegen, die Zukunft der Deutschen Flugsicherung GmbH oder gar deren Kapitalprivatisierung bzw. ihre Verhinderung geregelt werden soll. Sicher, von einigen Grenzregionen und Regionalflughäfen abgesehen, werden die Flugsicherungsdienste in der Bundesrepublik von der DFS erbracht. Insofern trifft die beabsichtigte Novellierung dieses Unternehmen ganz besonders. Auch steht die FDP-Bundestagsfraktion einer K r g f m u a d s B b s d g u k b r b g V d l d s e d s b U d d k s u – z e l m V M r m s k n H u a t d c k J n A t Zu Protokoll ge (C (D apitalprivatisierung bekanntlich offen gegenüber. Daum geht es bei den vorliegenden Gesetzentwürfen aber ar nicht. Vielmehr schaffen sie einen Rechtsrahmen daür, wie in Deutschland zukünftig Flugsicherung allgeein organisiert sein soll. Die Initiativen sind aber nicht etwa das Ergebnis des nbändigen Tatendrangs von Bundesregierung und Kolitionsfraktionen. Beide wurden schlicht und einfach urch die Gegebenheiten zum Handeln gezwungen. Flugicherungsdienste werden in grenznahen Regionen der undesrepublik durch ausländische Organisationen erracht. Dies ist auch zweckmäßig, da Luftraumblöcke nur chwerlich am genauen Grenzverlauf ausgerichtet weren können. Diese Praxis verstößt jedoch gegen die Voraben des Grundgesetzes. Das ist der Bundesregierung nd der Koalition spätestens seit der Anhörung im Verehrsausschuss zum Flugsicherungsgesetz im März 2007 ekannt. Mehrere Gutachter, darunter auch der Staatsechtler Professor Wieland, machten damals auf das Prolem und all seine Folgen aufmerksam. Passiert ist hinegen nichts. Mehr noch: Von der Opposition im erkehrsausschuss beantragte Selbstbefassungen zu iesem Thema wurden mehrfach vertagt, deren paramentarische Initiativen wie der Antrag der FDP-Bunestagsfraktion „Zukunft der Flugsicherung verfasungskonform gestalten“ wurden abgelehnt. Dabei ist das Thema alles andere als zum Aussitzen geignet. Der anhaltende Verfassungsbruch führt dazu, ass die Bundesrepublik für Schäden, die in diesem Zuammenhang entstehen, voll haften muss. Das wurde uns ereits vom Landgericht Konstanz in seinem Urteil zum nglücksfall Überlingen bestätigt. Auch dort erbrachte as Schweizer Unternehmen Sky Guide Flugsicherungsienste über deutschem Hoheitsgebiet. Die Regierungsoalition nahm damit für lange Zeit neben dem Verfasungsverstoß als solchem ein Haushaltsrisiko in nüberschaubarer Höhe in Kauf. Wenn sie nun endlich nach über zwei Jahren – legislativ tätig wird, ist dies war zu begrüßen; es wird aber auch allerhöchste Zeit. Ein ähnlich starker Handlungszwang geht auch vom uropäischen Gemeinschaftsrecht aus. Innerhalb des etzten Jahres wurde deutlich, dass es Europa ernst meint it dem Single European Sky. Die Kommission hat einen orschlag für eine Verordnung vorgelegt, nach der die itgliedstaaten bis spätestens 2012 Funktionale Luft aumblöcke errichten müssen. Spätestens zu dieser Zeit uss sichergestellt sein, dass auch ausländische Organi ationen ihre Dienste im deutschen Luftraum erbringen önnen. Deutschland kann sich dann schlechterdings icht den Angeboten ausländischer Unternehmen unter inweis auf die nationale Verfassungslage verschließen – nabhängig von den geplanten EU-Vorschriften. Denn lles andere wäre ein Rückschritt hin zu reinem Protekionismus. Und es wird Sie nicht verwundern, dass wir in er FDP-Bundestagsfraktion diesem nicht die Hand reihen werden. Dabei mache ich mir um die DFS übrigens eine Sorgen. Dank der Organisationsprivatisierung im ahre 1993 ist sie hervorragend aufgestellt und muss keien Vergleich mit anderen Organisationen fürchten. Die nzahl der von ihr kontrollierten Flüge nahm in den letz en 15 Jahren um 40 Prozent auf 3,15 Millionen zu. Trotz Uwe Beckmeyer gebene Reden dem hatten im Jahr 2008 nur 4 von 100 Flügen eine Verspätung von mehr als 15 Minuten, die in die Verantwortung der DFS fiel. Diese Zahlen belegen: Weniger Staatsnähe im Bereich der Flugsicherung ist eine Chance und kein Risiko für das Unternehmen. Wir begrüßen es auch aus einem anderen Grund, dass die Kommission bei der Errichtung des Single European Sky jetzt Gas gibt. Durch ihn kann ein wertvoller Beitrag zum Umweltschutz geleistet werden, ohne dass damit wieder eine Verteuerung des Luftverkehrs und der Ticketpreise einhergehen würde. Allein durch die Vermeidung von Umwegen, die auf nationalstaatliche Interessen zurückzuführen sind, kann der CO2-Ausstoß der Flugzeugflotten um bis zu 16 Prozent reduziert werden. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssen auch – und gerade – die rechtlichen Voraussetzungen auf der Ebene der Mitgliedstaaten geschaffen werden. Vor diesem Hintergrund kamen die Entwürfe spät, sehr spät. Umso wichtiger ist es, dass die letztlich beschlossenen Gesetze Bestand haben und einer verfassungsrechtlichen Kontrolle standhalten. Es wäre fatal, wenn ein Gesetz die Flugsicherung betreffend zum dritten Mal innerhalb von 19 Jahren für verfassungswidrig erklärt werden würde. Im Rahmen der Beratungen ist daher besonderes Augenmerk auf die Unterrichtungen des Bundespräsidenten aus den Jahren 1991 und 2006 und die darin aufgeführten Gründe für die Nichtausfertigung zu richten. Es werden im Rahmen der Anhörung dahin gehend einige Fragen zu klären sein. Ein erneutes Scheitern an den Hürden des Grundgesetzes darf es nicht geben. Es freut uns, dass auch aus Sicht der Koalition Kommunikations-, Navigationsund Flugberatungsdienste ab sofort nicht mehr hoheitliche Handlungen darstellen, sondern als privatwirtschaftliche Tätigkeiten zu Marktbedingungen erbracht werden sollen. Union und SPD bestätigen damit die Auffassung der FDP, die seit Jahren von uns vertreten wird, so zum Beispiel in unserem Antrag „Zukunft der Flugsicherung verfassungskonform gestalten“. Bedauerlich ist, dass die Koalition nicht konsequent genug war, einen Schritt weiterzugehen und auch Flugsicherungsverkehrsdienste als privatwirtschaftliche Dienstleistung auszugestalten. Dies würde aus unserer Sicht nur Vorteile bringen. So stellt sich die Frage, warum es zur Erbringung von Flugsicherungsdiensten durch ausländische Organisationen auch nach der geplanten Grundgesetzänderung notwendig sein soll, dass eine völkerrechtliche Vereinbarung mit dem Heimatstaat der Organisation geschlossen worden sein muss. Wohl auch aus Sicht der Koalition genügen ansonsten die Ingerenzrechte des Staates nicht den Voraussetzungen einer – wenn auch nur einfachen – Bundesverwaltung. Im Ergebnis hieße dies aber, dass, solange es keine entsprechenden Vereinbarungen gibt, die Praxis in den grenznahen Regionen Deutschlands rechtswidrig bleibt. Durch die Grundgesetzänderung würde es danach zu keinerlei Vereinfachungen kommen. So hat sich Europa den Single European Sky sicherlich nicht vorgestellt. Dieses Dilemma kann verhindert werden, wenn auch Flugsicherungsverkehrsdienste als privatwirtschaftliche Dienstleistungen ausgestaltet werden. r d b L g p g t h l W d d s n l T l f f d f D W T d d g g g z w z d m W n a n S F a d d w B L G U g w D r Zu Protokoll ge (C (D Auch kann ich nicht erkennen, warum die Flugsicheung sicherer sein soll, wenn sie eine hoheitliche Aufgabe arstellt. Der Vergleich mit dem Verkehrsträger Schiene eweist das Gegenteil. Der Fahrdienstleiter, der dem okpersonal zum Beispiel durch Signale die Streckenfreiabe erteilt und Anweisungen gibt, ist Angestellter der rivatrechtlichen DB Netz AG. Er hat keinerlei Hoheitsewalt. Trotzdem ist ein sicherer und reibungsloser Beriebsablauf auf der Schiene gewährleistet. Darüber inaus würden Zwangsbefugnisse rein faktisch ins Leere aufen. Kein Fluglotse am Boden wäre in der Lage, seine eisung mit staatlicher Gewalt an Bord des Flugzeugs urchzusetzen. Schon heute ist deshalb anerkannt, dass ie Fluglotsen primär nicht regulierend, sondern untertützend tätig sind. Und folgerichtig haben bereits heute ach § 3 Luftverkehrsordnung die Piloten das Recht der etzten Entscheidung. Die FDP-Bundestagsfraktion begrüßt es sehr, dass das hema Flugsicherung noch einmal am Ende dieser Legis aturperiode angepackt wurde. Dies darf aber nicht dazu ühren, dass die Beratungen im Schweinsgalopp verlauen und nicht genügend Zeit für die Klärung von entscheienden Fragen bleibt. Wir werden das Verfahren jedenalls konstruktiv begleiten und freuen uns auf die weiteren iskussionen. Das, was die Koalition uns hier vorlegt, ist absurd. ährend die CDU sich aus ihrer Sicht gerade mit dem eufel einlässt und eine Bank verstaatlicht, bereiten Sie en Weg für einen Verkauf der Flugsicherung. Nachdem ie Koalition mit der Privatisierung der Deutschen Bahn escheitert ist, wird nun wieder die Flugsicherung ausgeraben, um kurz vor Geschäftsschluss, dem Ende der Leislatur, der Öffentlichkeit noch einen Erfolg vorweisen u können. Werte Kolleginnen und Kollegen, es gibt bemerkenserte Parallelen zwischen der Finanzkrise und dem, was urzeit in der europäischen Flugsicherung passiert: Vor er Finanzkrise wurde jahrelang den Banken und Investentgesellschaften absolutes Vertrauen geschenkt und ünschen nach weniger Gesetzen und Regelwerken achgegeben, statt eigene Kompetenzen bei der Bankenufsicht aufzubauen. Die Quittung zahlen die Bürgerinen und Bürger. Die Bundesregierung lernt nichts dazu. ie vertraut nun in gleicher Weise den europäischen lugsicherungsorganisationen, denen es in erster Linie uch nur ums Geldverdienen geht. Dabei weiß die Bunesregierung schon heute nicht mehr, was in ihrer buneseigenen Flugsicherung passiert. Künftig wird sie noch eniger wissen! Wie sonst wäre es zu erklären, dass die undesregierung auf eine Anfrage der Fraktion Die inke vom 24. November 2008 zu Cross-Border-Leasingeschäften im Bereich des Bundes bzw. bundeseigener nternehmen nicht antwortete? Die Flugsicherung ist heute schon privatrechtlich oranisiert und damit juristisch in der alleinigen Verantortung. Fakt ist jedoch, es besteht ein 1,4-Milliardeneal der bundeseigenen Verwaltung Deutsche Flugsiche ung GmbH mit der AIG zum technischen Equipment. Jan Mücke gebene Reden AIG, das ist der Konzern, der gerade den größten Quartalsverlust in der Wirtschaftsgeschichte eingefahren hat: 61,7 Milliarden Dollar! Zu Beginn dieser Legislaturperiode ist die Privatisierung der Flugsicherung am Bundespräsidenten aus verfassungsrechtlichen Gründen gescheitert. Die Linke stimmte damals als einzige Fraktion im Bundestag gegen dieses Gesetz, nicht nur, weil wir die Privatisierung für falsch hielten und halten, sondern weil wir verfassungsrechtliche Bedenken hatten. Auf den Satz „Die Luftverkehrsverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung geführt“ in Art. 87 d des Grundgesetzes hatte sich Bundespräsident Horst Köhler berufen, als er 2006 das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung ablehnte. Diesen Satz wollen Sie nun ändern. Unter dem Deckmantel der Anpassung ans europäische Recht bereiten Sie den Boden für eine materielle Privatisierung der Flugsicherung. Natürlich verkaufen Sie die nicht gleich. Ich kann auch lesen, dass die Flugsicherung weiter zu 100 Prozent in Bundesbesitz befindlich bleibt. Das steht aber nur im Begleitgesetz. Das Grundgesetz sagt, folgt das Parlament Ihrem Antrag, bald etwas anderes. Das wollen Sie so ändern, dass die lästigen Hürden, die den Bundespräsidenten damals gezwungen haben, die Privatisierung zu stoppen, beseitigt werden. Ich möchte vier Sätze aus einem Bericht des Verkehrsministeriums vom 23. März 2007 zitieren: „Die Wörter ‚bundeseigener Verwaltung’ in Satz 1 werden ersetzt durch das Wort ‚Bundesverwaltung’. Die Bundesverwaltung erhält hiernach einen größeren Handlungsspielraum, indem sie private Dritte auch in Kernbereichen der Staatsverwaltung, insbesondere auch im Bereich der Gefahrenabwehr einsetzen kann. Der bisherige Satz 2 wird gestrichen. Für die beabsichtigte Kapitalprivatisierung der DFS ist der bisherige Satz 2 nicht ausreichend.“ Beide „Bedingungen“ für eine Kapitalprivatisierung erfüllen Sie mit dieser Grundgesetzänderung. Sie lassen damit zu, dass auch in den Kernbereichen der Luftsicherheit private Unternehmen agieren dürfen. Der Vorwand ist, dies wäre nötig, um in den Grenzregionen Verfassungskonformität herzustellen, aber ich sage: Das ist nur die halbe Wahrheit. Mit anderen Worten: Die SPD macht sich zum Wegbereiter für eine Kapitalprivatisierung der DFS – trotz Hamburger Parteitagsbeschluss. Schwarz-Gelb, so das auf uns zukommt, kann in der nächsten Legislaturperiode in Ruhe vollenden. Die hätten dann natürlich keine Zweidrittelmehrheit, deswegen muss jetzt die SPD noch einmal den nützlichen Idioten spielen. Wollen Sie das wirklich? Wer der Meinung ist, die Deutsche Flugsicherung soll zu 100 Prozent in Bundesbesitz bleiben, der darf dieser Grundgesetzänderung nicht zustimmen! Ich appelliere an die Genossinnen und Genossen der SPD, das zu überdenken, anderenfalls könnte einem glatt die Idee kommen, es läge ein Deal vor. Der Anlass des Vorschlags zur Änderung des Grundgesetzes des gemeinsamen Luftraums in Zentraleuropa ist unbestritten. Auch die Linke setzt sich dafür ein, dass die gesetzlichen Grundlagen ans Europarecht angepasst werden. Wir haben dazu einen eigenen Antrag einge b d g e Z g G x L d s r W a m s c e r n A t d u L B r v d n d l w n k w I n l n s m ü t s R s w k d e s s D Zu Protokoll ge (C (D racht: Drucksache 16/3803, ausdrücklich nicht zur Änerung des Grundgesetzes. Das muss man nicht verbieen, um die europäischen Vorgaben im Luftverkehr inzuhalten! Für einen einheitlichen Luftraumblock in entraleuropa, der von den Pyrenäen bis zur Oder reicht, enügt eine zwischenstaatliche Organisation. Art. 24 des rundgesetzes reicht sehr wohl aus! Das ist längst Pra is: Eurocontrol überwacht schon seit Jahrzehnten einen uftraum, zu dem auch der Nordseeraum und Nordeutschland zählen. Und selbst wenn Sie das Grundgeetz ändern, müssen trotzdem zwischenstaatliche Einichtungen geschaffen werden. Ansonsten bliebe nur der eg, dass jeder Staat mit jedem anderen einen Vertrag bschließt. Ich möchte Ihnen Ihre angeblichen Sachzwänge einal vor Augen führen: Für den einheitlichen europäi chen Luftraumblock ist bislang lediglich eine Joint Delaration of Intent unterzeichnet worden, auf Deutsch: ine „Gemeinsame Absichtserklärung“! Das ist die niedigste Stufe einer irgendwie gearteten Vereinbarung! Das ehmen Sie zum Anlass, das Grundgesetz zu ändern? Völlig ausgeblendet haben Sie anscheinend auch die uswirkungen auf andere Luftverkehrsverwaltungen. Sie un so, als ob die Flugsicherung der einzige Bestandteil er Luftverkehrsverwaltung wäre. Dem aber ist nicht so, nd Sie wissen das! Auch das Luftfahrt-Bundesamt, BA, die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung, FU, und das zukünftige Bundesamt für Flugsicheungsaufsicht, BAF, sind Bestandteile der Luftverkehrserwaltung. Darüber, was die Grundgesetzänderung für iese Verwaltungen bedeutet, haben Sie bisher wohl och nicht nachgedacht, getreu der Devise: Hauptsache, ie Koalition erweckt noch den Anschein der Handungsfähigkeit. Hier sehen wir noch deutlichen Klärungsbedarf in den eiteren Beratungen. Wenn Flugsicherungsorganisatioen anderer Staaten – nach entsprechender Zertifizierung – ünftig Bestandteil der nationalen deutschen Bundesveraltung werden, dann muss gesichert sein, dass eine nstitution vorhanden ist, die kontrolliert, ob diese Orgaisationen die zahlreichen Gesetze, Verordnungen, Richtinien und Erlasse einhalten, die für Bundesverwaltungen un einmal gelten. Das neue Aufsichtsamt für die Flugicherung BAF mit seinen künftig etwa 80 Beamten wird it diesen Angelegenheiten mit ziemlicher Sicherheit berfordert sein! Es ist in der Tat so, dass die Organisaionseinheiten von AustroControl, die einen Teil der deutchen Regionalflughäfen kontrollieren, sich künftig in der olle einer Bundesverwaltung befinden werden und entprechendes öffentliches Recht für ihren inneren Aufbau erden anwenden müssen! Die Frage ist jedoch, wer das ontrolliert. Wir sehen noch umfänglichen Klärungsbearf für die weiteren Beratungen. Wir hatten uns als Verkehrspolitiker im Jahr 2006 auf in Gesetz zur Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugicherung, DFS, geeinigt und waren damals der Auffasung, zu einem guten Kompromiss gekommen zu sein. as Gesetz sollte der Umsetzung der neuen Anforderun Dorothée Menzner gebene Reden gen für einen einheitlichen und sicheren europäischen Luftraum dienen, die mit einer Reihe von EU-Verordnungen zum Single European Sky, SES, vorgegeben waren. Die zentralen Zielsetzungen des Gesetzes lauteten: Wahrung europäischen Rechts und des Grundgesetzes, Wahrung und Sicherung hoheitlicher Aufgaben, Schaffung optimaler Bedingungen für das international anerkannte Flugsicherungsunternehmen DFS im europäischen Wettbewerb sowie Garantie und Sicherung unabhängiger staatlicher Aufsicht. Der Bundespräsident hat gegen das Gesetz sein Veto eingelegt und dies mit der Verfassungswidrigkeit des DFS-Gesetzes begründet. Ohne eine Neuregelung konnten die europäischen Vorgaben bisher nicht umgesetzt werden. Auch die Probleme der Luftraumüberwachung in Grenzgebieten durch ausländische Flugsicherungsorganisationen, die man kaum als in „bundeseigner Verwaltung“ betrieben bezeichnen kann, wurden nicht gelöst, noch wurden die Fragen der Rechtmäßigkeit der Tätigkeit privater Flugsicherungsorganisationen an Regionalflughäfen beantwortet. Der Bundesregierung ist es lange Zeit nicht gelungen, aus dem gescheiterten Vorhaben Konsequenzen zu ziehen. Jetzt endlich – immerhin drei Jahre später – werden drei Regelwerke vorgelegt, die diesem Zustand abhelfen sollen. Mit dem ersten Gesetz soll Art. 87 d des Grundgesetzes geändert werden. Die Debatte wie auch verfassungsrechtliche Gutachten zu den Einwänden des Bundespräsidenten haben die Notwendigkeit einer Grundgesetzänderung nahegelegt. Die jetzt von der Bundesregierung vorgeschlagenen zentralen Änderungen sind: Die Formulierung „bundeseigene Verwaltung“, Art. 87 d GG derzeit, soll durch die Formulierung „Bundesverwaltung“ ersetzt werden, das heißt, die Aufgaben der Flugsicherung können sowohl öffentlich-rechtlich als auch durch private Organisationen, etwa durch Beleihung, ausgeübt werden. Ausländische Flugsicherungsorganisationen, die nach EU-Recht zertifiziert sind, sollen gemäß europäischer Vorgaben für Tätigkeit über deutschem Hoheitsgebiet zugelassen werden. Das zielt, so die Begründung, auf die Absicherung ausländischer Organisationen, die im Rahmen der Schaffung von FABs, Funktionaler Lufträume in der EU, zur Umsetzung des einheitlichen europäischen Luftraums über deutschem Gebiet tätig werden. Das Gesetz zur Änderung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften enthält die Ausführungsbestimmungen für die vorgeschlagene Grundgesetzänderung sowie Klarstellungen und Regelungen über jene technischen Bereiche der Flugsicherung – Unterstützungsdienste, Kommunikations-, Navigationsund Überwachungsdienste –, die nach europäischen Vorgaben nicht mehr als hoheitliche Aufgaben des Bundes wahrgenommen werden müssen. Eine Kapitalprivatisierung wie im Gesetz von 2006 vorgesehen wird ausdrücklich nicht angestrebt; die Deutsche Flugsicherung bleibt im Besitz des Bundes. Mit dem BAF-Gesetz soll das einzurichtende Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, BAF, als unabhängige Aufsichtsbehörde auf den Weg gebracht werden. Die EU hatte mit den SES-Vorgaben die Mitgliedstaaten aufge f u t d R h Ü t z s P r t g e t m s d V s w P F p V m a p d d z g t s F d a Ü c m z G s E s s v S w g w g u Zu Protokoll ge (C (D ordert, eine Trennung von Flugsicherungsabwicklung nd Kontrolle sicher zu stellen. Das BAF soll alle Konrollaufgaben in Sachen Flugsicherung wahrnehmen und ie Einhaltung von Standards sichern, umfassende echtsund Fachaufsicht. Die Einrichtung dieser Beörde ist längst überfällig; denn seit Jahren ist eine Art bergangsbehörde mit unzureichender Personalausstat ung allein für die Kontrolle, Genehmigung und Zertifiierung zuständig. Dieser Zustand muss dringend abgetellt werden. Unserer Auffassung nach müssen die beschriebenen robleme mit der derzeitigen rechtswidrigen Flugsicheungspraxis rasch gelöst werden. Überdies drohen Verragsverletzungsverfahren, wenn die europäischen Voraben nicht umgesetzt werden. Die Schaffung eines inheitlichen europäischen Luftraums soll – so ein erkläres Ziel – zu mehr Effizienz im Flugverkehr führen. Wir einen, dies ist ein wichtiger Baustein für mehr Klima chutz im Luftverkehr und begrüßen daher die Umsetzung es einheitlichen europäischen Luftraums. Gleichwohl müssen wir jetzt im parlamentarischen erfahren wohlüberlegt und mit großer Sorgfalt sichertellen, dass mit den jetzt vorliegenden Gesetzentwürfen irklich alle Fragen der momentan grundgesetzwidrigen raxis in der Flugsicherung beim grenzüberschreitenden lugverkehr und der Verfassungskonformität mit euroäischen Anforderungen geklärt werden. Wir werden die orlagen in der nötigen Ruhe kritisch prüfen und im Rahen der parlamentarischen Beratung wie auch der verbredeten Anhörung im Deutschen Bundestag auf transarente, eindeutige und rechtskonforme Regelungen rängen. Denn mit Blick auf die Historie – immerhin wuren schon durch zwei Bundespräsidenten Regelungen um Flugverkehr aufgehalten – wollen wir darauf dränen, dass klare und unmissverständliche Regelungen geroffen werden, damit nicht erneut ein Scheitern am Ende teht. Für uns hat Sicherung hoheitlicher Aufgaben der lugsicherung höchste Priorität. Die Verantwortung für en sicheren Luftraum muss beim Bund bleiben. So soll uch zukünftig die zivil-militärische Integration bei der berwachung des Flugverkehrs eine höchstmögliche Si herheit garantieren. U Wir behandeln heute ein umfangreiches Gesetzespaket ur Neuregelung der Flugsicherung, bestehend aus drei esetzen. Wir müssen unser nationales Recht aus ver chiedenen Gründen weiterentwickeln und anpassen. Wir wollen mit dem BAF-Errichtungsgesetz das erste U-Verordnungspaket über den einheitlichen europäichen Luftraum – SES I – umsetzen. Dies müssen wir chon deshalb tun, weil wir ein Vertragsverletzungserfahren der EU und insbesondere auch Defizite in der icherheit durch eine unzureichende Aufsicht vermeiden ollen. Mit der Grundgesetzanpassung in der jetzt vorlieenden Form haben wir einen Weg gefunden, bei allen ichtigen EU-Vorhaben zur Weiterentwicklung eines emeinsamen Luftraums mitwirken zu können. Das von ns sogenannte Begleitgesetz zur Flugsicherung ist die Winfried Hermann gebene Reden logische und zwingende Folge der von mir eben vorgestellten Maßnahmen zu Grundgesetz und EU sowie SES. Bei allem spielt außerdem eine wichtige Rolle, dass wir den Herausforderungen eines kontinuierlich wachsenden Luftverkehrs sachgerecht begegnen können. Die Europäische Union hat bereits im Jahre 2004 reagiert. Mit dem Verordnungspaket zum Einheitlichen europäischen Luftraum soll ein grenzüberschreitender Single European Sky in Zentraleuropa geschaffen werden. Wir hinken nach wie vor hinterher. Nach wie vor ist unser Recht nicht auf den Single European Sky ausgerichtet. Deutschland als das Kernland in Europa kann sich hier aber nicht einfach heraushalten. Die besondere Herausforderung, vor der wir stehen, ist, die Flugsicherung grenzüberschreitend zu organisieren. Es gilt, eine weitgehend zersplitterte Flugsicherungslandschaft in der Europäischen Union zu vereinheitlichen und auf einen gemeinsamen Level zu bringen. Die Lenkung des Flugverkehrs soll sich künftig nicht mehr an Staatsgrenzen orientieren, sondern an den Verkehrsströmen. Flugzeuge sollen, insbesondere auch im Interesse des Umweltschutzes, auf möglichst direktem Weg an ihr jeweiliges Ziel geführt werden. Dazu sollen in ganz Europa grenzüberschreitende funktionale Luftraumblöcke eingerichtet werden. Unter Beteiligung Deutschlands, Frankreichs, der Benelux-Staaten und der Schweiz laufen die Arbeiten an der Errichtung eines solchen gemeinsamen Luftraums über Zentraleuropa: Functional Airspace Block Europe Central, FABEC. Es gilt daher, die aktive Beteiligung Deutschlands an diesem FABEC sicherzustellen. Wir brauchen insoweit die notwendige Flexibilität, um hier auf gleicher Augenhöhe mit den anderen Staaten gemeinsame Lösungen konzipieren und verwirklichen zu können. Diesen Freiraum, diese notwendige Flexibilität schaffen wir mit dem Gesetzespaket zur Neuorganisation der Flugsicherung in Deutschland. Lassen Sie mich kurz auf die einzelnen Regelwerke eingehen. Erstens: Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, Art. 87 d GG. Mit der Grundgesetzänderung wird die Luftverkehrsverwaltung neu ausgerichtet. Die bisherige bundeseigene Verwaltung des Luftverkehrs wird in eine Bundesverwaltung überführt. Der einfache Gesetzgeber hat so die Möglichkeit, sie als bundesunmittelbare, aber auch als mittelbare Verwaltung auszugestalten. Durch die Möglichkeit der Ausgestaltung als mittelbare Verwaltung wird insbesondere der Weg eröffnet, Dritte in die Bundesverwaltung einbeziehen zu können. Wir brauchen diesen Freiraum gerade in der Flugsicherung. Zum Beispiel haben wir Situationen an unseren Grenzen, wo es sich nicht vermeiden lässt, dass auch ausländische Flugsicherungsorganisationen mit ihrer Flugsicherungstätigkeit gleichsam von außen nach Deutschland hineinwirken. Kommt es zur Errichtung des FABEC, wird sich dieser Umstand noch beträchtlich ausweiten. Staatsgrenzen spielen dann keine Rolle mehr; entscheidend für die Ausrichtung und Ausgestaltung der internationalen Flugsicherungstätigkeit werden nur noch die Verkehrsströme sein. Bei Abfassung des Grundgesetzes waren diese Umstände nicht erkennbar. Der Gesetzgeber ging seinerzeit d F d w s i m s N fa b a V g w g g r V i l l d s H l D d n u B w e b e A u s B a g u m g e D D w z d F N p li m Zu Protokoll ge (C (D avon aus, dass die Luftverkehrsverwaltung und damit die lugsicherung durch eigene Einrichtungen des Bundes arstellbar wären. Das ist aber heute in einem zusammenachsenden Europa nicht mehr der Fall. Der grenzüber chreitende Flugverkehr fordert andere Lösungen. Das st der Grund, warum wir unsere Verfassung anpassen üssen. Gleichzeitig – und das möchte ich hier besonders heraustellen – berücksichtigen wir bei der vorliegenden, an den otwendigkeiten Europas wie der Praxis orientierten Verssungsänderung auch Bedenken des Bundespräsidenten ezüglich der Bundesverwaltung, die er 2006 – wenn uch in anderem Zusammenhang – geäußert hat. Zweitens: Gesetz zur Änderung luftverkehrsrechtlicher orschriften. Dieses Gesetz ist zur Umsetzung der neuen rundgesetzlichen Vorgaben notwendig. Mit dem Gesetz erden die von der Neufassung von Art. 87 d des Grundesetzes geforderten einfachgesetzlichen Grundlagen eschaffen, um die deutsche Flugsicherung europaechtskonform auszurichten. Darüber hinaus werden die oraussetzungen geschaffen, um Flugsicherungsaufgaben n Deutschland in bestimmten Ausnahmefällen durch ausändische Flugsicherungsorganisationen wahrnehmen assen zu können. Lassen Sie es mich an dieser Stelle noch einmal ausrücklich betonen: Es steht kein Ausverkauf der Flugicherung an. Wir übertragen insbesondere auch keine oheitsrechte an Dritte. Die Flugsicherung in Deutsch and bleibt weiterhin eine Aufgabe des Bundes. Keiner in eutschland tätigen Flugsicherungsorganisation werden aher Kompetenzen des Bundes übertragen. Diese Orgaisationen sind nur befugt, die Hoheitsrechte des Bundes nter seiner Aufsicht und Kontrolle wahrzunehmen. Die elange des Bundes müssen dabei in jedem Fall gewahrt erden. Dazu braucht der Bund aber entsprechende Steurungsinstrumente. Es war gerade der Bundespräsident, der uns 2006 in esonders eindringlicher und anschaulicher Form noch inmal deutlich gemacht hat, welch bedeutende Rolle, ufgabe und Verantwortung der Bund für eine sichere nd ordnungsgemäße Flugsicherung trägt. Ohne wirkame Kontrollund Durchsetzungsbefugnisse kann der und – wie der Bundespräsident betont hat – seiner Verntwortung nicht gerecht werden. Vor diesem Hinterrund und im Hinblick auf die herausragende Funktion nd Stellung der DFS in der Flugsicherung sind wir nunehr der festen Überzeugung, dass eine solche Aufgabe rundsätzlich nur von einer zu 100 Prozent in Bundesigentum stehenden Flugsicherungsorganisation – sprich: FS – wahrgenommen werden kann. Die Aufrechterhaltung des Alleineigentums an der FS erscheint uns letztlich als die beste Lösung, um jededen verfassungsrechtlichen Bedenken entgegentreten u können und um eine Gewähr für die Aufrechterhaltung es hohen Sicherheitsstandards Deutschlands in der lugsicherung bieten zu können. Nach den vorgesehenen euregelungen wird daher die DFS als bundeseigenes, rivatrechtliches Unternehmen auch weiterhin die hoheitchen Aufgaben des Bundes in Deutschland wahrnehen. gebene Reden Nicht bundeseigene Flugsicherungsorganisationen lassen wir nur in Randbereichen der Flugsicherung zu, und zwar für die Flugsicherung an Regionalflughäfen. Hier handelt es sich nicht um die Kontrolle des Anund Abfluges oder des Streckenfluges, sondern nur um die Überwachung des Flugplatzverkehrs auf dem Flugplatz. Diese Dienste waren bislang einzelnen natürlichen Personen übertragen. Künftig können sie nur von Flugsicherungsorganisationen durchgeführt werden, die nach europäischem Recht zertifiziert sind. Bestimmte Dienste im Zusammenhang mit der Flugsicherung wollen wir allerdings gänzlich aus dem hoheitlichen Pflichtenkreis des Bundes herausnehmen. Es handelt sich hierbei um Kommunikations-, Navigationsund Überwachungsdienste – CNS-Dienste –, Flugberatungsdienste, AIS-Dienste sowie Flugvermessungsdienste. Diese Dienste werden zukünftig der Privatwirtschaft überlassen und der Aufsicht des noch zu errichtenden Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung unterstellt. Damit kommen wir europäischen Vorgaben nach. Künftig können auch zertifizierte ausländische Flugsicherungsorganisationen mit Sitz oder Niederlassung im Ausland im Bereich der grenzüberschreitenden Flugsicherung unter Kontrolle und Aufsicht des Bundes eingesetzt werden. Dazu schaffen wir die Voraussetzungen für eine Unterbeauftragung von ausländischen Flugsicherungsorganisationen durch die DFS. So erhalten wir eine wesentlich verbesserte rechtliche Basis für die Zusammenarbeit mit ausländischen Flugsicherungsorganisationen. Drittens: Gesetz zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung. Das dritte Gesetz im vorliegenden Paket setzt die zur Verbesserung der Flugsicherheit nach europäischen Vorgaben zwingend gebotene Trennung operativer und regulativer Aufgaben im Bereich der Flugsicherung um. Nachdem die DFS in der Vergangenheit als Rechtsnachfolgerin einer ehemaligen Bundesbehörde auch zahlreiche Hoheitsaufgaben des Bundes im Rahmen der Aufsicht und Regulierung wahrgenommen hat, wird sie durch dieses Gesetz von diesen Aufgaben befreit. Die vorhandenen und neu durch die Umsetzung des SES-Verordnungspakets entstandenen Aufgaben werden zukünftig auf eine neue Bundesbehörde verlagert: das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Als nachgeordnete Behörde des BMVBS soll dieses Amt als eigenständige nationale Aufsichtsbehörde für die Flugsicherung fungieren, wie sie in Art. 4 der EG-Verordnung 549/2004 vorgeschrieben ist. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/12280, 16/12279 und 16/11608 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem h g F N r A N S E n l v g d e t f w S d g B L 6 L z b S u l v u D f v s c w s a d M S (C (D Übereinkommen vom 30. Mai 2008 über Streumunition – Drucksache 16/12226 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auch hier nehmen wir die Reden zu Protokoll. Es andelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kolleen Hans Raidel, CDU/CSU, Andreas Weigel, SPD, lorian Toncar, FDP, Inge Höger, Die Linke, Winfried achtwei, Bündnis 90/Die Grünen. Seit den 1990er-Jahren ist die Stärkung des humanitä en Völkerrechts weit vorangekommen. Das Verbot der ntipersonenminen war ein erster Meilenstein. Der von orwegen im Februar 2007 eröffnete Oslo-Prozess zu treumunition gestaltet sich zu einer weiteren wichtigen tappe. Streubomben sind scheußliche Waffen. Sie können icht zuverlässig zwischen militärischen und zivilen Zieen unterscheiden. Noch Jahrzehnte nach dem Einsatz on Streubomben werden Menschen von Sprengkörpern etötet oder schwer verletzt. Das Erbe der nicht exploierten Streumunition verhindert auch nach Beendigung ines Krieges den Wiederaufbau eines Landes. Die Beseiigung von Streubomben ist ebenfalls eine Voraussetzung ür die Normalisierung eines Landes nach einem Krieg, ie die Beseitigung von Antipersonenminen. Seit dem Einsatz von Streumunition im Nahen Osten im ommer 2006 wird ein Verbot für diese Munition geforert. Die damals eingesetzte Munition hatte nach Aussaen von Nichtregierungsorganisationen eine enorm hohe lindgängerrate von weit über 15 Prozent. Allein im ibanon wurden über 3 000 Blindgänger entschärft, 0 Zivilisten sollen im Libanon durch Blindgänger ums eben gekommen sein. Die Bundesrepublik Deutschland ist sich schon früheitig der Gefahren bewusst gewesen, die durch Gerauch und hohe Blindgängerrate bestimmter Arten von treumunition vor allem der Zivilbevölkerung drohen. Sie nterstützte daher von Beginn an aktiv den Verhandungsprozess zu Streumunition, um die Zivilbevölkerung or den Gefahren dieser Munition stärker zu schützen nd das humanitäre Völkerrecht weiter zu entwickeln. eshalb möchte ich den Vertretern der Bundesregierung ür ihren Einsatz meinen Dank aussprechen. Die Bundesregierung war immer bemüht, möglichst iele Staaten mit ins Boot zu holen. Letztlich lässt sich ein tärkerer Schutz der Zivilbevölkerung nur dann erreihen, wenn diese Verpflichtungen von so vielen Staaten ie nur irgend möglich mitgetragen werden, insbe ondere von den Staaten, die über große Streumunitionsrsenale verfügen. Unsere Verhandlungsführer zeigten iplomatisches Fingerspitzengefühl für das politisch achbare, immer verbunden mit einem realistischen chrittfolgekonzept. Ein langer Atem und die Bereitschaft zum Bohren dicker Bretter waren Voraussetzungen für den Erfolg. Wir wissen aus Erfahrung, wie mühsam es ist, Abrüstungserfolge zu erzielen. Betrachten wir nur das Ottawa-Minenprotokoll und das damit verbundene jahrelange Tauziehen. Auch dabei haben sich Deutschlands Regierung und Parlament besonders engagiert und Schrittmacherdienste geleistet. Es hat sich gelohnt: Heute ist das Ottawa-Protokoll in Kraft. Die Mitglieder des parlamentarischen Forums „Small Arms and Light Weapons“, dessen Vorstand ich angehöre, haben 2007 in einer Erklärung ihre Solidarität mit allen Opfern von Streubomben bekundet. Da Streubombenmunition Zivilisten in Konfliktgebieten großen Schaden zufügt, haben wir darin unsere tiefsten Bedenken zum Ausdruck gebracht. Die hohe Zahl an Toten und Verletzten sowie die Gefahr einer nachhaltigen Schädigung durch Blindgänger weit nach Ende des Konflikts werden von uns zutiefst bedauert. In der Erklärung wird gefordert, dass aufgrund der rücksichtslosen und nachhaltigen Gefährdung der Zivilbevölkerung ein internationales Instrument geschaffen wird, um gegen Streubomben vorzugehen. Das Forum favorisiert dabei eine Lösung, durch die jede Form von Streubombenmunition verboten werden soll. Hierin wird die Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass eine Abschmälerung dieses Verbotes dazu führen könnte, dass der Handel und die Produktion weitergehen könnten. Es wird darauf gedrängt, dass sich die produzierenden Länder dem Moratorium zu einem Verbot von Streubomben anschließen. Ziel sollte es sein, den Handel und die Produktion dieser Waffen einzustellen. Ein solches Moratorium soll auch für Artillerie und hochmoderne Waffentechnologien mit Selbstzerstörungseinrichtungen gelten. In der Berlin-Erklärung vom Februar 2009 begrüßen die Teilnehmer die im Dezember 2008 in Oslo von 94 Ländern unterzeichnete Konvention gegen den Einsatz von Streubomben. Die Implementierung dieses Dokuments wird als eine wichtige Errungenschaft angesehen, da es sich gegen die Produktion, den Gebrauch, den Besitz sowie den Handel dieser Waffen ausspricht. Die Staaten werden dazu ermuntert, sich für die Ratifizierung, die Teilnahme und die Umsetzung dieser Konvention einzusetzen. Die anhaltende Produktion, Weiterverbreitung und Lagerung solcher Waffen wird von den Parlamentariern kritisiert, da diese Waffen unendliches Leid über die Betroffenen in den Einsatzgebieten bringen. Die Bundeswehr hat Streumunition nie eingesetzt. Bereits 2001 hat die Bundeswehr damit begonnen, Streumunition aus ihren Arsenalen zu entfernen. Das deutsche frühzeitige Engagement, seit 2004 aktiv im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens wie auch im Oslo-Prozess seit dessen Beginn Ende 2006, hat die diplomatischen Bemühungen für ein globales Einsatzverbot entscheidend mitgeprägt. Bereits im März 2006 hat die Bundesregierung mit einer „8-Punkte-Position“ erste konkrete Maßnahmen zu einem einseitigen Verzicht Deutschlands auf Streumunition beschlossen. Damals hat sich Deutschland verpflichtet, auf Neubeschaffungen zu verzichten und Modelle mit Blindgängerraten über einem Prozent zu ver n n 2 n 2 m v n h z m d K z r O i d r a g w p Ü b D h k d t s d R t t a R a v n N t R s s s d d m n t m f t n Zu Protokoll ge (C (D ichten. Dies gab einen wichtigen Impulse für die interationalen Verhandlungen. Der Oslo-Prozess zu Streumunition wurde im Februar 007 von Norwegen außerhalb des VN-Kontextes eröffete. 107 Teilnehmerstaaten, 21 Beobachterstaaten sowie 00 NGO-Vertreter nahmen daran teil. Das Übereinkomen wurde anschließend am 3. Dezember 2008 in Oslo on 94 Staaten, darunter auch Deutschland, unterzeichet. Mit der Unterschrift Tunesiens am 12. Januar 2009 aben inzwischen 95 Staaten das Übereinkommen untereichnet. Ein großes Defizit des gesamten Prozesses ist, dass ehrere Länder mit großen Streumunitionsbeständen wie ie USA, Russland, China, Indien, Pakistan, Brasilien, orea und Israel das Übereinkommen bisher nicht unter eichnet haben. Es bleibt zu hoffen, dass durch den Regieungswechsel in den Vereinigten Staaten Präsident bama auch in diesem wichtigen Politikfeld eine Wende n Amerika einleitet und damit auch die anderen Staaten, ie das Abkommen noch nicht unterzeichnet haben, miteißt und eine gemeinsame Lösung gefunden wird, die von llen akzeptiert wird. Das jetzige Abkommen ist sehr weitreichend. Das ist ut und notwendig. Nicht nur Einsatz, sondern auch Enticklung, Herstellung, Lagerung sowie Import und Exort von Streumunition aller Typen werden in dem neuen bereinkommen untersagt. Das Verbot umfasst sämtliche islang zum Einsatz gekommenen Streumunitionstypen. ie vorhandenen Bestände von Streumunition sind inneralb von acht Jahren zu vernichten, in besonderen Fällen ann diese Frist zweimal um je vier Jahre verlängert weren. Die Hilfe für die Opfer früherer Einsätze und die Unerstützung betroffener Staaten werden gestärkt. Die Verhandlungen waren sehr schwierig, da die Vortellungen der unterschiedlichen Staaten sehr verschieen waren, die Interessen stark auseinandergingen. Viele egelungen des Verhandlungstextes sind teilweise iden isch mit entsprechenden Bestimmungen der Ottawa-Anipersonenminen-Konvention von 1997 bzw. bauen hieruf auf. Dennoch musste in dem Übereinkommen eine eihe komplexer Fragen gelöst werden, die sich, anders ls bei den Antipersonenminen, hier in wesentlich kontroerserer Form stellten. Ich möchte einige Beispiele nenen. Interoperabilität: Wie kann und darf militärisch mit icht-Vertragsstaaten gemeinsam agiert werden? Defini ion: Welche alternativen Waffen dürfen genutzt werden? ückwirkung von Räumverpflichtungen etc. Um die Ratifizierung noch in dieser Legislaturperiode icherzustellen, hat die Bundesregierung in der Kabinettsitzung am 21. Januar 2009 einen entsprechenden Geetzentwurf beschlossen. Nach positivem Votum des Bunesrates am 6. März 2009 liegt der Gesetzesentwurf nun em Bundestag vor. Ich bitte Sie alle um Ihre Zustimung. Sind wir damit schon am Ziel? Nein, leider noch icht. Wir müssen den Verhandlungsprozess in die Vereinen Nationen tragen. Es muss uns gelingen, gemeinsam it der großen Mehrheit der Vertragsstaaten des VN-Waf enübereinkommens, im VN-Rahmen für ein ambitionieres Protokoll zu Streumunition zu kommen, das natürlich icht im Widerspruch zum Oslo-Übereinkommen über Hans Raidel gebene Reden Streumunition stehen darf und eine klare Verbotsregelung enthalten muss. Es muss ein entsprechendes Protokoll als ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem letztendlich weltweiten Verbot von Streumunition gefunden werden. Auf der Basis eines entsprechenden Mandates aus dem Jahre 2007 fanden 2008 insgesamt sieben Verhandlungswochen zur dringlichen Frage der humanitären Auswirkungen von Streumunition statt. Da erhebliche Differenzen unter den Vertragsstaaten nicht ausgeräumt werden konnten, wurde von den Mitgliedstaaten Ende 2008 beschlossen, die Bemühungen um ein Zusatzprotokoll zum VN-Prozess zum Thema Streumunition 2009 fortzusetzen. Die erste Verhandlungsrunde hat bereits im Februar stattgefunden, allerdings ohne nennenswerte Fortschritte in der Sache. Die Aussichten, die weiterhin bestehenden Differenzen zu wesentlichen Elementen wie Definition und Verbotsumfang im April 2009 auszuräumen und zu einem für alle betreffenden Mitgliedstaaten akzeptablen Ergebnis zu gelangen, werden als eher gering eingeschätzt. Eine substanzielle Regelung zu Streumunition im VN-Prozess wäre jedoch insofern wichtig, als hier auch die oben genannten Staaten mit großen Streumunitionsbeständen eingebunden sind, die in Dublin nicht teilgenommen haben. Diese stehen einem umfassenden Verbot nach dem Modell von Dublin/Oslo leider weitgehend ablehnend gegenüber. Wir müssen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bei allen Nicht-Teilnehmerstaaten des Oslo-Prozesses aktiv für die Universalisierung des Übereinkommens werben. Am 25. und 26. Juni 2009 wird in Berlin in Kooperation mit Norwegen eine Fachkonferenz zu Art. 3 des Übereinkommens über Streumunition durchgeführt, der die Zerstörung vorhandener Bestände festlegt. Zu dieser Konferenz werden alle Besitzerstaaten von Streumunition, die das Übereinkommen gezeichnet haben, sowie weitere an dem Thema interessierte Zeichnerstaaten eingeladen werden. Die Konferenz in Berlin wird das wichtigste Zusammentreffen zum Thema Streubomben in diesem Jahr sein und eine gute Möglichkeit bieten, den Vertrag auf internationaler Ebene zu stärken. Ich hoffe, dass sie dazu beiträgt, den Ratifizierungsprozess in den Unterzeichnerstaaten zu beschleunigen. Ich möchte das Auswärtige Amt auffordern, die Konferenz auch für Staaten zu öffnen, die die Konvention nicht unterzeichnet haben, jedoch Streumunition lagern. Insbesondere eine Einladung an die Vereinigten Staaten könnte dazu beitragen, dass die Obama-Regierung dazu ermutigt würde, ihre bisherige ablehnende Haltung zu ändern. „2009 muss ein Jahr des Aufbruchs sein für die inter nationale Sicherheitsund Abrüstungspolitik.“ Diese klare Richtungsvorgabe von Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Münchener Sicherheitskonferenz Anfang Februar bezieht sich nicht zuletzt auf die angestrebte Inkraftsetzung und Universalisierung des Streumunitionsverbots. Die deutsche Vorreiterrolle und insbesondere die geschickte und geduldige Verhandlungsführung des Auswärtigen Amtes haben maßgeblich dazu beigetragen, d b d s u – n d r w u h Z a f k v V t h e „ P i m g b d R t d R r g J w t D s l s D t R W h w b s u w d Zu Protokoll ge (C (D ass sich im Mai 2008 rund hundert Staaten auf ein Verot geeinigt haben, welches nicht nur den Einsatz, sonern auch die Entwicklung, Herstellung und Lagerung owie den Imund Export von Streumunition aller Typen mfasst. Das fortgesetzte intensive Werben des Ministers insbesondere gegenüber Staaten, die dem Verbot noch icht beigetreten sind – verdient die volle Unterstützung ieses Hauses. Internationale abrüstungspolitische Bemühungen waen seit Ende des Kalten Krieges nicht gerade erfolgsveröhnt. Die im vergangenen Jahr erzielte Einigung auf ein mfassendes Verbot von Streumunition stellt da einen öchst erfreulichen und ermutigenden Wendepunkt dar. u Beginn des Jahres 2009 ist nun – auch dank des Amtsntritts der neuen US-Administration – viel Rückenwind ür eine Wiederbelebung von Abrüstung und Rüstungsontrolle zu spüren. Diesen Rückenwind gilt es weiter zu erstärken. Das im vergangenen Jahr international ausgehandelte erbot von Streumunition sollte schnellstmöglich in Kraft reten und Wirksamkeit entfalten. Das ist das Ziel des eute hier von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzntwurfs. Der Bundesrat hat bereits Anfang März vorbehaltlos grünes Licht“ für den Gesetzentwurf signalisiert. Wir arlamentarierinnen und Parlamentarier sollten ihn nun n den kommenden Wochen ebenfalls zügig beraten und it breitem Rückhalt versehen. Entscheidend ist dabei ar nicht so sehr, dass wir damit das Streumunitionsverot hierzulande gesetzlich verankern, sondern vielmehr ie internationale Signalwirkung, die von einer raschen atifizierung Deutschlands ausgehen kann. Das im Mai 2008 in Dublin von rund 100 Staaten geroffene Übereinkommen tritt erst in Kraft, wenn es minestens 30 Staaten ratifiziert haben. Eine zügige deutsche atifizierung im ersten Halbjahr 2009 hätte Vorbildchaakter und könnte so ganz wesentlich zu zweierlei beitraen: erstens dass das Streumunitionsverbot bis Ende des ahres international Gültigkeit erlangt und zweitens dass eitere Staaten zu einem raschen Vertragsbeitritt ermu igt werden. National ist das umfassende Streumunitionsverbot in eutschland ohnehin bereits seit vergangenem Mai wirk am. Noch vor Abschluss der internationalen Verhandungen am 30. Mai wurden sämtliche Streumunitionsbetände der Bundeswehr per ministeriellen Erlass außer ienst gestellt. Das Verbot von Streumunition wird zu Recht als bedeuender Meilenstein zur Weiterentwicklung humanitärer üstungskontrolle gewürdigt. Denn damit wird eine affe geächtet, deren Einsatz verheerende Auswirkungen at und der bis in die jüngste Vergangenheit ganz überiegend Zivilisten zum Opfer gefallen sind. Splitterbomen verursachen weit verstreut Blindgänger und fordern o häufig auch lange nach Kriegsende noch zahlreiche nschuldige Menschenleben. Dass das Streumunitionsverbot von nahezu allen geichtigen EUund NATO-Staaten mitgetragen wird, senet ein starkes Signal an diejenigen Länder aus, die noch Hans Raidel gebene Reden an einer Produktion und Verwendung von Streumunition festhalten. Die erhoffte stigmatisierende Wirkung auf Staaten, die auf Splitterbomben bislang nicht verzichten wollen, zeigt derweil erste Früchte. So bedrückend der neuerliche Kriegsausbruch im Gaza-Streifen rund um den Jahreswechsel auch war, so lässt sich zumindest festhalten, dass Israel, anders als zwei Jahre zuvor im Libanon, wenigstens auf den Einsatz von Streumunition verzichtet hat. Auch in den USA gibt es bezüglich einer Neupositionierung zur militärischen Notwendigkeit von Streumunition Bewegung. US-Präsident Obama hat vergangene Woche ein Gesetz unterschrieben, das den Export von in den USA produzierter Streumunition drastisch einschränkt und zudem die Vorrangigkeit humanitärer Erwägungen – also des Schutzes von Zivilisten – betont. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sieht dadurch sogar einen grundlegenden Wandel in der US-Position zu Streumunition heraufziehen. Präsident Obama sollte nun allerdings auch tatsächlich, so wie in seinem Wahlkampf angekündigt, weitere Einschränkungen für den Einsatz von Streumunition durch das US-Militär auf den Weg bringen. Der Erfolg des Streumunitionsverbots beruht – wie auch das Ottawa-Abkommen zum Verbot von Antipersonenminen – auf einem richtungsweisenden Verhandlungsansatz. Wenn gleichgesinnte Regierungen, Parlamente und zivilgesellschaftliche Netzwerke in lange blockierten Rüstungskontrollund Abrüstungsfragen ihre Kräfte bündeln, dann können Sie eine Menge bewegen und öffentlichen Druck erzeugen. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich das beharrliche Engagement zivilgesellschaftlicher Organisationen würdigen, die sich auch weiterhin konstruktiv für eine Universalisierung des Streumunitionsverbots einsetzen. So haben etwa die Cluster Munition Coalition und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erst kürzlich umfassendes Material für Parlamentarier in denjenigen Ländern zusammengestellt, die dem Verbot bislang noch nicht beigetreten sind, damit diese gegenüber ihren jeweiligen Regierungen mit Nachdruck für eine Zeichnung eintreten können. Erst gestern hat zudem im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York eine Konferenz zur Ausweitung des Streumunitionsverbots stattgefunden. Unter Anwesenheit von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Vertretern aus 75 Staaten haben mit der Demokratischen Republik Kongo sowie Laos zwei der am meisten von Streumunition betroffenen Länder das Verbot unterzeichnet bzw. im Falle von Laos sogar bereits ratifiziert. Das Auswärtige Amt plant für Ende Juni eine Konferenz, die sich an sämtliche Vertragsstaaten des Streumunitionsverbots richtet und bei der konkrete Umsetzungsschritte wie die Vernichtung vorhandener Bestände beraten werden sollen. Es wäre dabei durchaus bedenkenswert, ob man zu dieser Konferenz nicht auch Nichtvertragsstaaten einlädt, die über signifikante Streumunitionsbestände verfügen. Vonseiten des Parlaments sollten w s ß f i r b t m s l u d d t d s v f B e d g t W D k u b z w D d w r n z r V s g t d l t s H f t d s l Zu Protokoll ge (C (D ir uns jedenfalls unbedingt darum bemühen, die deutche Ratifikation im Vorfeld dieser Konferenz abzuschlieen. Im Bundestag haben wir die deutsche Verhandlungsührung zu Streumunition in den vergangenen Jahren ntensiv begleitet und mit geprägt. Die schnelle Ratifizieung des Streumunitionsverbots wurde bereits im Dezemer mit einem ohne Gegenstimme verabschiedeten Koaliionsantrag auf den Weg gebracht. Mit dem Antrag haben wir das Bundesverteidigungsinisterium zudem dazu aufgefordert, die Fachaus chüsse des Parlaments detaillierter über die Entwickung und Erprobung von neuen Munitionstypen zu nterrichten. Wir werden als Abgeordnete auch künftig in er Pflicht stehen, dafür Sorge zu tragen, dass die mit em Streumunitionsverbot etablierten Kriterien eingehalen und nicht verwässert werden. Die heutige Debatte behandelt ein Thema, das wir in iesem Hause regelmäßig in den letzten drei Jahren teils ehr kontrovers behandelt haben. Es geht um das Verbot on Streumunition. Streumunition ist eine Waffe, die großlächige Zerstörungen verursacht und wegen ihrer hohen lindgängerquote auch nach dem Ende von Konflikten ine langfristige Bedrohung der ansässigen Bevölkerung arstellt. Vor allem spielende Kinder wurden in der Verangenheit Opfer dieser heimtückischen Gefahr. Seit längerem schon haben wir auf nationaler wie inernationaler Ebene über ein Verbot dieser grausamen affen debattiert. Umso mehr freut es mich, dass dieser iskussionsprozess Früchte trägt und wir uns nun mit der onkreten Umsetzung des am 3. Dezember 2008 in Oslo nterzeichneten „Übereinkommens über Streumunition“ efassen. Dieses verpflichtet Deutschland als Untereichnerstaat, seine gesamte Streumunition zu entsorgen. Mit der heutigen Vorlage des Gesetzentwurfs wird ein ichtiger Schritt zur Ratifizierung des Abkommens durch eutschland getan. Er schafft die Voraussetzung dafür, ass die notwendigen Schritte zur Umsetzung eingeleitet erden. Insbesondere wird ein Rahmen für die Finanzie ung der Maßnahmen geschaffen. So sollen für die Verichtung der deutschen Streumunition 40 Millionen Euro ur Verfügung gestellt werden. Diese Mittel werden im egulären Haushaltsplan des Bundesministeriums der erteidigung eingestellt werden. Der Verteidigungsauschuss des Deutschen Bundestages hat das Verteidiungsministerium gebeten, bis Ende Mai 2009 einen deaillierten Kosten-, Zeitund Arbeitsplan zur Vernichtung er deutschen Streumunition auszuarbeiten und dem Parament vorzulegen. Dann werden wir genauere Einzelheien zu den konkreten Arbeitsschritten erfahren. Ferner ieht der jetzige Gesetzentwurf 500 000 Euro für den aushalt des Auswärtigen Amtes vor, um einen Beitrag ür die vorgesehenen Treffen der Vertragsstaaten zu leisen. Diese Kosten teilt Deutschland sich anteilsmäßig mit en anderen Staaten gemäß dem angepassten Beitragschlüssel der Vereinten Nationen. Es ist insgesamt erfreuich, dass die Bundesregierung ausreichend Mittel zur Andreas Weigel gebene Reden Verfügung stellt, um diese wichtigen Aufgaben zu erfüllen. Die FDP hat diesen nunmehr fast drei Jahre andauernden Prozess unterstützt und ist stets für ein umfassendes Verbot von Streumunition eingetreten. Von daher sind wir erfreut, dass jetzt konkrete Schritte erkennbar werden. Trotz dieser positiven Entwicklung möchte ich jedoch auch einige kritische Worte zur Rolle der Bundesregierung in diesem Prozess anbringen. In der Denkschrift zum Übereinkommen erweckt die Bundesregierung den Eindruck, dass sie von Beginn an zu den Vorreitern beim Verbot von Streumunition gezählt habe. Dies ist nicht der Fall. Das möchte ich an dieser Stelle klar unterstreichen. Die Bundesregierung sowie die Fraktionen von CDU/CSU und SPD waren bis zur entscheidenden Verhandlung im Mai 2008 in Dublin der Auffassung, dass nur „für die Zivilbevölkerung gefährliche“ Streumunition mit einer Blindgängerrate von über einem Prozent unter das Verbot fallen sollte. Die vermeintlich zuverlässigere Streumunition mit einer Blindgängerrate von unter einem Prozent sollte ausgenommen werden. Auch wenn es erfreulich ist, dass die Bundesregierung letztendlich von diesem Vorhaben abgerückt ist, wirkt es unglaubwürdig, wenn sie sich in der Denkschrift als Vorreiter darstellt. Vielmehr sah sie sich gezwungen, dem Druck anderer Regierungen sowie der Organisationen der Bürgergesellschaft nachzugeben und ihren Widerstand gegen ein umfassendes Streumunitionsverbot aufzugeben. Vom 25. bis 26. Juni 2009 wird in Berlin eine weitere Streumunitionskonferenz stattfinden. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn bis dahin die Ratifikation dieses Abkommens durch Deutschland erfolgt wäre. Die FDP wird sich für eine rasche Beratung und Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages einsetzen. Da der vorliegende Gesetzentwurf auch die Aufwendung finanzieller Mittel vorsieht, ist nun die Bundesregierung am Zug, möglichst schnell einen Überblick über die tatsächliche Verwendung dieser Gelder zu liefern. Dies wird dem Parlament die Ratifikation des Übereinkommens zum Verbot von Streumunition erleichtern. Sobald die Ratifikation vollzogen ist, muss die Bundesregierung aktiv auf diejenigen Staaten zugehen, die dem Streumunitionsverbot noch nicht beigetreten sind. Dazu zählen derzeit auch noch acht NATObzw. neun EU-Staaten. Bundeskanzlerin Merkel und Bundesaußenminister Steinmeier stehen hier in der Pflicht, politisches Kapital zurückzuerlangen, welches in der Startphase des Verhandlungsprozesses leichtfertig von deutscher Seite verspielt wurde, als man Ausnahmen für vermeintlich ungefährliche Streumunition schaffen wollte. Die FDP wird genau beobachten, welches Engagement die Bundesregierung an den Tag legen wird, wenn es darum geht, für den Beitritt weiterer Staaten zum Streumunitionsverbot zu werben. Um es anderen Staaten zu erleichtern, dem Verbotsabkommen beizutreten, sollte die Bundesregierung darüber hinaus prüfen, in welchem Rahmen sie abrüstungswilligen Staaten helfen kann, die mit dieser Aufgabe jedoch technisch überfordert sind. Art. 6 des Verbotsvertrages s h l t h k b D t F d S g s d n W d k u M d s l s n d u k V V D d V d e n b P h w a a c g d i S w e F W d Zu Protokoll ge (C (D ieht dafür umfangreiche Möglichkeiten vor. Deutschland at bereits vergleichbare technische Unterstützung geeistet. Die fachgerechte Vernichtung großer Streumuniionsbestände aus militärischen Arsenalen stellt eine erebliche technische Herausforderung dar. Deutschland ann hier seine umfangreichen technischen Kenntnisse ei der Entsorgung alter Munitionsbestände einbringen. ies würde die Glaubwürdigkeit der deutschen Abrüs ungspolitik stärken und wäre ein konkreter Beitrag für rieden und Entwicklung in der Welt. Streumunition ist eine der heimtückischsten Waffen, ie moderne Rüstungsingenieure je entwickelt haben. chon der Abschuss einer Salve Streumunition kann ein anzes Dorf unbewohnbar oder das Bestellen von Gemüegärten und Feldern zur tödlichen Falle machen. Dass ie Streumunitionsblindgänger teilweise noch Jahrzehnte ach einem Konflikt explodieren können, macht diese affe zu einem ganz entscheidenden Hindernis für Wieeraufbau und Entwicklung nach Kriegen und Bürgerriegen. Verstümmelte Menschen, Alte und Junge, Frauen nd Kinder sind der sichtbare und spürbare Preis, den enschen in den Einsatzgebieten von Streumunition für iese Form der Kriegsführung bezahlen. Deswegen ist es ein großer zivilisatorischer Fortchritt, wenn nun die Ächtung dieser Waffe einen rechtich verbindlichen Charakter bekommt. Es ist ein Fortchritt, wenn am Sitz der Vereinten Nationen in New York un ein Staat nach dem anderen durch seine Unterschrift ie Konvention zum weltweiten Verbot von Streumunition nterzeichnen kann. Die Verabschiedung des „Gesetzes zu dem Übereinommen vom 30. Mai 2008 über Streumunition“ ist die oraussetzung, dass auch die deutsche Regierung das erbot der Streumunition ratifizieren kann. Die Fraktion ie Linke begrüßt diesen längst überfälligen Schritt ausrücklich. Dass wir überhaupt über ein verbindliches erbot von Streumunition abstimmen können, ist das Verienst zahlreicher zivilgesellschaftlicher Akteure, wie twa „Handicap International“ oder das „Aktionsbündis Landmine“, die in unermüdlicher Arbeit auf die Prolematik der Streumunition hingewiesen und den Oslorozess zum Verbot der Munition zum Laufen gebracht aben. Die Dynamik, die durch diese Diskussionen ausgelöst urde, kann niemand mehr rückgängig machen. Nun ist uch in den USA, wo die Administration bis jetzt gegen lle Einschränkungen bei Einsatz und Verkauf der tödlihen Waffensysteme opponiert hatte, ein Schwenk vollzoen worden. In einem Nachtragshaushalt, den US-Präsient Barack Obama in der letzten Woche unterzeichnete, st eine Regelung enthalten, die künftig den Export von treubomben aus den USA verbietet. Da die USA zu den ichtigsten Exporteuren dieser Waffe gehören, ist dies in entscheidender Schritt. Es könnte deswegen nur eine rage der Zeit sein, bis sich die Einsicht durchsetzt, dass affen, die zu grausam zum Exportieren sind, auch von er eigenen Armee nicht eingesetzt werden sollten. Florian Toncar gebene Reden All diese Entwicklungen sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Allerdings bleibt noch viel zu tun, bis eine vollständige und globale Ächtung sämtlicher Formen von Streumunition durchgesetzt ist. Die Regelungen der Streumunitionskonvention und des hier debattierten Gesetzes enthalten noch zahlreiche Lücken und Ausnahmeregelungen. Diese sind aus humanitären Erwägungen nicht akzeptabel. So wird Munition vom Verbot ausgenommen, wenn sie weniger als zehn explosive Submunitionen enthält, oder Munition, die mit einem elektronischen Selbstzerstörungsmechanismus ausgestattet ist. Dabei ist nicht gesichert, dass diese Selbstzerstörung auch wirklich unter allen Bedingungen zuverlässig funktioniert. Dass die Ausnahmeregelungen ihren Weg in die Gesetzestexte gefunden haben, ist maßgeblich die Schuld der deutschen Regierung. Die Bundesregierung hat in den Verhandlungen über das Oslo-Abkommen die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie vertreten und mit massivem Druck solche Ausnahmeregelung durchgesetzt. Sogenannte Zielpunktmunition, deren Definition exakt auf das Diehl-Produkt „Smart 155“ zutrifft, gilt nicht als Streubombe. Der Bundesregierung geht es also explizit um den Erhalt von Absatzmöglichkeiten für die deutsche Rüstungsindustrie. In Österreich fällt sogenannte Zielpunktmunition bereits seit 2007 unter das Streubombenverbot. In den Verhandlungsdokumenten der Genfer UNO-Abrüstungskonferenz wurde Zielpunktmunition unter dem Titel „Ausnahmen für weiterhin erlaubte Streumunitionstypen“ geführt. Diese umstrittene Definition hat nun auch zu juristischen Problemen für einen Journalisten geführt, der nach dem Urteil eines Münchner Gerichtes nun die Streumunition „Smart 155“ nicht mehr als „Streumunition“ bezeichnen darf. Internationale Militärexperten zweifeln zwar, dass Smart wirklich alle Bedingungen der Konvention erfüllt. Sie verweisen auf negative Erfahrungen mit vergleichbarer Munition im Irakkriegseinsatz, die Blindgänger hinterließ. Trotzdem vertraute das Münchner Gericht den Herstellerangaben. Die Linke erwartet von der Bundesregierung, dass sie endlich die Interessen der Menschen und nicht diejenigen der Rüstungsindustrie in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt. Dazu ist es notwendig, nicht nur schnell zu ratifizieren, sondern auch die Vernichtung der Lagerbestände in Angriff zu nehmen und die Beteiligung an Einsätzen, bei denen auch Streumunition eingesetzt wird, definitiv auszuschließen. Die Linke wird ebenfalls sehr genau und kritisch verfolgen, welche Pläne für sogenannte alternative Flächenmunition entwickelt werden. Es darf nicht sein, dass die eine grausame Waffe gegen andere grausame Systeme ausgetauscht wird. Wir treten gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr ein und sehen deswegen keinerlei Bedarf für Flächenmunition – welcher Art auch immer. Wir haben nicht vergessen: Diese Bundesregierung war in der Frage der Streumunitionspolitik mit ihrer Hal t Ä v h A g n R l l g z t i d r k a m h r e i m t S d b h L H R u u A m S b a a t e t a A u t f t S P n D r h r Zu Protokoll ge (C (D ung lange Zeit Bremser einer umfassenden und raschen chtung. Umso erfreulicher ist es, dass man sich im Mai ergangenen Jahres auf einen Kurswechsel eingelassen at und im Dezember zu den 94 Unterzeichnern des Oslobkommens gehörte. Die grüne Bundestagsfraktion berüßt, dass die Bundesregierung dem Parlament nun binen vergleichsweise kurzer Zeit den Gesetzentwurf zur atifizierung des Osloer Streumunitionsabkommens vor egt. Wir möchten, dass das Abkommen so schnell wie mögich in Kraft tritt. Obwohl es eine Reihe offener Fragen ibt, auf die ich später eingehen werde, sind wir an einer ügigen Ratifizierung durch den Deutschen Bundestag ineressiert. Wir werden der Bundesregierung keine Steine n den Weg legen, sondern konstruktiv mitwirken. Ich enke, es wäre ein gutes Zeichen, wenn die Bundesregieung, sozusagen beseelt vom Geist der Abrüstung, die Urunde zu Pfingsten hinterlegen könnte. Das macht sich uch für den bevorstehenden Wahlkampf gut. Dann kann an von abrüstungspolitischen Sündenfällen, ich nenne ier nur den indischen Nukleardeal, die Nichtratifizieung des AKSE-Vertrags und die verheerende Rüstungsxportpolitik, ein wenig ablenken. Ich möchte an dieser Stelle nicht wiederholen, was wir n den vorangegangenen Debatten oder in unseren parlaentarischen Anfragen und Anträgen zum Thema zu Pro okoll gegeben haben. Das kann man nachlesen. Lassen ie mich zunächst nur noch einmal betonen, wie wichtig ieses Zeichen von Oslo auch über den Streumunitionsereich hinaus ist. Im Abrüstungsbereich ist die weitgeende Ächtung dieser besonders grausamen Waffe ein icht in der Finsternis. Das Oslo-Abkommen stärkt die offnung, dass auch hier ein Wandel möglich ist. Dass die größten Streumunitionsstaaten, wie die USA, ussland, China, Indien, Pakistan usw., nicht dabei sind nd damit nur etwa 10 Prozent der weltweiten Bestände nter das Abkommen fallen, ist zweifellos ein Manko. ber wir sind zuversichtlich, dass sich künftig kein Staat ehr erlauben kann, diese Waffen einzusetzen, ohne als churkenstaat an den Pranger gestellt zu werden. Wir haen das schon im Georgienkrieg gesehen. Und wir wissen us der Landminenerfahrung, dass solche Abkommen uch auf Nichtmitglieder eine hemmende Wirkung entfalen. Die Ankündigung der US-Administration, künftig ine restriktivere Exportpolitik im Bereich der Streumuniion verfolgen zu wollen, ist sicherlich eine erste, wenn uch nicht hinreichende Reaktion auf Oslo. Der von Norwegen eingeleitete Prozess zeigt uns: Der nsatz, immer auf die USA oder andere zu warten, hilft ns oft nicht weiter. Die USA und andere führende Akeure mitzunehmen, ist zweifellos wichtig. Aber wir düren uns, gerade wenn es um Fragen humanitärer Rüsungskontrolle geht, nicht ausbremsen oder elementare tandards verwässern lassen. Der Ottawaund Oslorozess zeigen, dass wir in bestimmten Bereichen mit eiem Avantgarde-Ansatz wesentlich erfolgreicher sind. araus müssen wir für die Zukunft – zum Beispiel im Be eich von Uranmunition oder Atomwaffen – Lehren zieen. Und es wäre gut, wenn Deutschland mit zu den Voreitern und nicht zu den Bremsern gehören würde. Inge Höger gebene Reden Winfried Nachtwei Zur Erinnerung sei nur gesagt: Wir Grüne haben uns immer gegen die Augenwischerei von vermeintlich ungefährlicher Streumunition gewehrt und uns für eine rasche Ächtung jeglicher Streumunition ausgesprochen. Was uns hier die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen als ungefährliche Streumunition unterjubeln wollten, war haarsträubend. Und wir waren es auch, die – übrigens als einzige Fraktion im Bundestag – schon früh gefordert haben, nicht nur auf den mühsamen Weg über die VN-Waffenkonvention zu setzen, sondern dem Ottawaer Modell zu folgen. Ziel muss es sein, das Oslo-Übereinkommen zu einem universell gültigen Abkommen mit größtmöglicher Mitgliedschaft zu machen. Die Standards sind jedenfalls gesetzt. Ein neues VN-Waffenprotokoll zu Streumunition kann und darf nicht hinter den Osloer Konsens zurückfallen. Lassen Sie mich zum Schluss noch zu einigen kritischen Punkten Stellung nehmen und unsere Erwartungen darlegen. Sie wissen, dass wir uns bei der Definition, ab wann man von Streumunition sprechen kann, für eine möglichst umfassende Lösung eingesetzt haben. Die Bundesregierung hat mit Erfolg durchgesetzt, dass wir jetzt eine weichere Definition haben, die die sogenannte Punktzielmunition wie die von Diehl und Rheinmetall hergestellte SMArt-Munition erlaubt. Die Bundesregierung ist nun in der Pflicht, zweifelsfrei nachzuweisen, dass diese Munition auch unter ungünstigsten Bedingungen nicht dennoch wie Streumunition wirkt und das Leben von Zivilisten bedroht. Im Übrigen, das sei hier erlaubt, habe ich kein Verständnis dafür, dass ein Rüstungsunternehmen, das in nicht unerheblichem Umfang Mittel aus dem Bundeshaushalt erhält, einen Journalisten vor Gericht zerrt, nur weil er eine Meinung vertritt, die dem Unternehmen nicht passt. Obwohl 18 der 26 NATO-Staaten und 19 der 27 EUStaaten die Konvention unterzeichnet haben, hat sich die Bundesregierung für eine Ausnahmeklausel für Bündnispartner eingesetzt. Wir haben große Bedenken, dass der „Artikel 21“ dazu führt, dass andere Staaten Streumunition einsetzen und wir nichts dagegen unternehmen oder uns gar unterstützend beteiligen. Wir begrüßen, dass sich die Bundesregierung in der Denkschrift dafür einsetzt, dass die Bündnispartner auf den Einsatz von Streumunition verzichten und dem Abkommen beitreten. Allerdings untergräbt die gleichzeitige Ankündigung, dass man im Rahmen der Befehlsstruktur Befehle zum Streumunitionseinsatz ohne Vertragsverstoß weitergeben könne, diese Zusicherung. Dies erschwert uns die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung sollten unmissverständlich klarstellen: Es ist nach dem Oslo-Abkommen kein Zeichen von Bündnisfähigkeit, wenn Bündnispartner weiterhin diese besonders verheerend wirkenden Streuwaffen einsetzen und wir wegschauen oder gar die Einsatzbefehle weitergeben. Die Bundesregierung muss in der NATO und in der EU darauf hinwirken, dass Streumunition nicht mehr zum zulässigen Waffenarsenal auch im Rahmen von bündnisgemeinsamen Operationen gehört. D m e v v i d L b s d R g E d u k N H w b s z w n a i n d C B n (C (D Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung im ezember unter anderem aufgefordert, das Oslo-Abkomen in Deutschland binnen vier Jahren umzusetzen. Wir rwarten, dass die Bundesregierung die in Deutschland orhandenen Streumunitionsbestände offenlegt, zügig ernichtet und auch anderen Staaten bei der Vernichtung hrer Bestände und Opferfürsorge behilflich ist. Deutsche ürfen sich nicht mehr an der Entwicklung, Herstellung, agerung, dem Erwerb und dem Einsatz dieser Waffen eteiligen. Das heißt für uns: auch keine Zulieferung von treumunitionsrelevanten Komponenten. Wir erwarten, ass es auch hinsichtlich der Investmentpolitik klare ichtlinien gibt, sich nicht mehr an Projekten zu beteilien, die die Entwicklung, Herstellung, Lagerung und den insatz von Streumunition unterstützen. Lassen Sie mich zum Schluss all jenen danken, die azu beigetragen haben, dass es zu diesem Abkommen nd zum Kurswechsel innerhalb der Bundesregierung geommen ist. Unser Dank geht dabei ausdrücklich auch an ichtregierungsorganisationen wie landmine.de und andicap International, die sich beharrlich für dieses ichtige Thema eingesetzt und im besten Sinne Lobbyareit betrieben haben. Lassen Sie uns weiterhin gemeinam und entschieden für die rasche und weltweite Umsetung dieses Abkommens werben. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent urfs auf Drucksache 16/12226 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann st die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a und 30 b auf: a)





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Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1621139300




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Jan Mücke (FDP):
Rede ID: ID1621139400




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Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621139500




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Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621139600




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Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1621139700




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Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1621139800




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Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1621139900
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621140000
Hans Raidel (CSU):
Rede ID: ID1621140100

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Andreas Weigel (SPD):
Rede ID: ID1621140200




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Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1621140300




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Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621140400




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Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621140500







(A) )


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Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621140600
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-
gelung der abfallrechtlichen Produktverant-
wortung für Batterien und Akkumulatoren

– Drucksachen 16/12227, 16/12301 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia
Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Schadstoffbelastung durch Batterien begrenzen

– Drucksache 16/11917 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit

Auch die Reden zu diesen Tagesordnungspunkten
ehmen wir zu Protokoll. Es handelt sich um die Reden
er Kolleginnen und Kollegen Michael Brand, CDU/
SU, Gerd Bollmann, SPD, Horst Meierhofer, FDP, Eva
ulling-Schröter, Die Linke, Sylvia Kotting-Uhl, Bünd-
is 90/Die Grünen.


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Michael Brand (CDU):
Rede ID: ID1621140700

Mit der Umsetzung der Richtlinie der EU aus dem

Jahre 2006 durch die Neuregelung des Gesetzes zur Neu-
regelung der abfallrechtlichen Produktverantwortung für
Batterien und Akkumulatoren wird ein weiterer und ein
wichtiger Schritt beim umweltschonende Umgang mit
den für den Verbraucheralltag wie für die Industrie dyna-
misch an Bedeutung zunehmenden Einsatz von mobiler
Versorgung mit elektrischer Energie durch Batterien und
Akkus getan.

Dass wir angesichts aktueller umweltrelevanter De-
batten um Umweltprämien, Energiesparleuchten und
Biokraftstoffe auch die kleinen und großen „Helferlein“
im privaten und wirtschaftlichen Alltag mit besonderer
Sorgfalt im Blick auf deren Lebensende – oder neu-
deutsch „end of cycle“ – betrachten, gehört zu den
Grundvoraussetzungen einer von der CDU/CSU verfoch-
tenen Linie, die eine Fortentwicklung der auf Ressour-
censchonung und ökologische Sensibilität ausgerichteten
sozialen Marktwirtschaft verfolgt.

Dazu zählt auch die weitere Reduzierung der Schad-
stoffgehalte in den Produkten, hier Cadmium, sowie die
Kennzeichnungspflicht, die für die Käufer eine klare An-
gabe zu Schadstoffgehalt und Kapazität beinhaltet.

Den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen werden wir in
diesem Zusammenhang ebenso im Ausschuss beraten.
Wie nicht selten sind in diesen Anträgen prinzipiell rich-
tige mit operativ falschen Ansätzen und Zielen vermischt
worden. Doch dazu wird man sich im Ausschuss und bei
den Schlussberatungen näher austauschen können.

Da beim Stand der Technik bei der Produktion von
Batterien und Akkus wertvolle, knappe sowie sehr um-
weltschädliche Ressourcen verbraucht werden, sollen mit
der Umsetzung der EU-weit gültigen Richtlinie Abfall-
stoffe besser als bislang erfasst werden, um Ressourcen
durch Rohstoffrückgewinnung zu schonen und hohe Um-
weltbelastungen deutlich zu reduzieren. So werden durch
die vorgesehene Steigerung der Sammelquote bereits bis
2012 auf mindestens 35 Prozent sowie bis 2016 auf dann
45 Prozent weitere, zusätzliche regulatorische Anreize
zur Sammlung und Wiederverwertung gegeben und eine
die Umwelt belastende Entsorgung von Altbatterien wei-
ter eingeschränkt.

Dass wir in Deutschland dabei auf ein seit 10 Jahren
erprobtes System der GRS aufsetzen können, in dem pri-
vate Wirtschaft und kommunale Entsorgungsträger eine
insgesamt gut funktionierende, wenn auch verbesse-
rungsfähige Erfassungs- und Sammelstruktur für Altbat-
terien installiert und im Dauerbetrieb umgesetzt haben,
kann in diesem Zusammenhang positiv verbucht werden.

Wenn in der Umsetzung des Gesetzes nun Fragen sei-
tens der Produzenten aufgeworfen werden und von dieser
Seite eine Beibehaltung der von den Kommunen bzw. den
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern heute er-
brachten Leistungen im Zusammenhang mit der Samm-
lung von Altbatterien verlangt wird, ist dies eine interes-
sante ordnungspolitische Einlassung, der wir in den
Ausschussberatungen im Detail noch werden nachgehen
müssen.

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Zu Protokoll ge

(C (D Es ist aus Sicht der CDU/CSU zweifelsfrei so, dass die eistungen der Kommunen bei der Erfassung und Samm ung von Altbatterien wie auch der von Elektroaltgeräten inen willkommenen, weil stabilisierenden Beitrag zum mweltschutz wie zum Recycling und zur Ressourcen chonung in diesen Bereichen darstellen. Insofern ist die altung der beteiligten Wirtschaft, sich lieber mit den öf entlich-rechtlichen Entsorgungsträgern als mit dem andel auseinandersetzen zu wollen, sehr nachvollziehar. Dennoch wird zu prüfen sein, inwiefern Teile der sysemisch bei den Herstellern zu verortenden Produktverntwortung von diesen auf Dauer auf die öffentliche and und somit auf die Allgemeinheit der Beitragszahler on kommunalen Entsorgungsgebühren übergewälzt erden sollen. Insofern ist sicher der Punkt einer verflichtenden Beteiligung der öffentlich-rechtlichen Entorgungsträger an der Erfassung bzw. Sammlung trotz der gerade wegen der anerkannten Erfolge der öffentich-rechtlicher Entsorgungsträger genau zu prüfen. Es st für die CDU/CSU nicht ausgemacht, dass die öffentlihe Hand hier Aufwand und Kosten tragen soll, die angeichts der zu erwartenden weiteren Dynamik beim Einsatz on Batterien und Akkus eher steigen als sinken dürften. In den Beratungen der kommenden Wochen werden ir hier Fragen zu beantworten und zu entscheiden haen, die nicht mit dem Hinweis auf geringe Kostenanteile er Kommunen abgetan sein dürften. Wir erwarten die arstellung der unterschiedlichen Positionen und der amit zusammenhängenden Erläuterungen zu den jeweiigen Kosten mit großem Interesse. Allerdings, und auch das wird in den Beratungen eine olle spielen, werden wir als CDU/CSU nicht tatenlos inem Konzentrationsprozess durch eine zu enge Ausleung der Produktverantwortung folgen können. Wir wolen Innovation in Logistik und Recycling durch wettbeerbsoffene Strukturen. Insofern ist beispielsweise die nternehmensinterne und Wettbewerb ausgrenzende Ausabe und Rücknahme von Batterien zum Beispiel im Kfzereich nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir ollen einen differenzierten, qualitativ wettbewerbsfähien und ökologisch verantwortbaren Mix an Lösungen nd Marktbeteiligten. Dies scheint nicht immer im Inteesse aller zu liegen, weswegen hier besonderes Augenerk erforderlich erscheint. Wir übersehen dabei nicht, dass es im Rahmen von Inernationalisierung und Globalisierung nicht nur Kostenenkungen für die Produkte, sondern eben auch Wettbeerbsverzerrungen zulasten qualitativer Produkte ntstehen können. Wir wollen dezidiert nicht einer Überchwemmung des Marktes mit leistungsschwachen, unter weifelhaften oder gar völlig indiskutablen Produktionsedingungen und ökologisch katastrophalen Bedingunen hergestellten Batterien oder Akkus untätig zusehen. ies wäre gegen die Interessen der Verbraucher, und es äre eine ökologische Sünde, der wir durch sinnvolle und ngemessene Regulierung einen Riegel vorschieben könen. Dass der Bundesrat Änderungen am vorgelegten Geetzentwurf wünscht und die Bundesregierung ihrerseits gebene Reden gestern eine Gegenäußerung beschlossen hat, zeigt ebenfalls einen klaren Beratungsbedarf auf. Insofern bleiben die beteiligten Ressorts auf Bundesebene wie die Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern aufgefordert, den zuständigen Ausschüssen ihre Positionen und die entsprechenden Argumente vorzutragen. Die Situation nach der gestrigen Gegenäußerung der Bundesregierung ist Anlass zu weiteren Abstimmungsgesprächen, die wir als CDU/CSU wachsam und konstruktiv begleiten. Wir werden dabei sicherlich so zügig vorangehen, dass wir das Ziel des Inkrafttretens des neuen Gesetzes in diesem Jahr in jedem Falle erreichen werden. Den beteiligten Kreisen sei von dieser Stelle aus empfohlen, nicht nur den Dialog mit der Exekutive in Bund und Ländern zu pflegen. Sich mit guten Argumenten und natürlich auch kritischen Anmerkungen an das Parlament zu wenden, ist der Sache sicher selten abträglich. Die CDU/CSU für ihren Teil hat sich Rat von fachkundigen Beobachtern eingeholt, tut dies weiter und lädt herzlich dazu ein, auch in diesem Thema von weitreichender praktischer Konsequenz vertrauensvoll und offen den Dialog zu suchen. Am Ende sollte unserer Auffassung nach eine Regelung stehen, die – wie gute Batterien oder besser noch: gute, wiederverwertbare Akkus – eine lange Reichweite im operativen Dauerbetrieb ermöglicht. Die CDU/CSU begibt sich sozusagen frisch aufgeladen in die kommenden Beratungen, um mit der nötigen Energie und hoher Ausdauer zu beraten. Die Kapazität dafür haben wir sicherlich, und wir laden zum fachlichen Dialog ein. Mit dem heute eingebrachten Batteriegesetz wollen wir die umweltverträgliche Entsorgung von gebrauchten Batterien und Akkumulatoren neu regeln. Damit setzen wir die entsprechenden europäischen Richtlinien vom 6. September um. Nach Angaben der Bundesregierung wurden 2006 rund 1,5 Milliarden Gerätebatterien in Verkehr gebracht, dabei lag der Anteil an wiederaufladbaren Batterien bei ungefähr 10 Prozent. Zukünftig wird die Zahl neuer Batterien durch den steigenden Einsatz elektrischer und elektronischer Geräte stark ansteigen. Auch neue, von uns gewollte Anwendungsgebiete, wie die Energiespeicherung und Hybridfahrzeuge, wirken sich, vor allem im Bereich der Industriebatterien, verbrauchssteigernd aus. Dabei dürfte es jedem klar sein, dass gebrauchte Batterien nicht so einfach in die Hausmülltonne geworfen werden können. Altbatterien müssen vollständig und getrennt von anderem Müll gesammelt, abgeholt und umweltverträglich behandelt oder recycelt werden. In Deutschland haben wir bereits durch die Batterieverordnung, aber auch durch freiwillige Teilnahme von Kommunen, ein gut funktionierendes Rücknahmesystem. Ebenso sind infolge der technischen Innovation heutige Batterien weitgehend frei von Blei, Cadmium und Quecksilber. Bundesweit gibt es über 170 000 Sammelstellen. Insgesamt rund 400 000 Behälter stehen in Supermärkten, U a d r B B h d w s s F m t w g d v b s s d z l r h k m s s d v s K z t k m f I B g d g V g s n V t f r g d f Zu Protokoll ge (C (D niversitäten, Unternehmen, öffentlichen Gebäuden und uf Recyclinghöfen zur Verfügung. Aber auch im Bereich er Batterieentsorgung sind Verbesserungen möglich. Mit dem vorliegenden Entwurf des „Gesetzes zur Neuegelung der abfallrechtlichen Produktverantwortung für atterien und Akkumulatoren“ setzen wir nicht nur die atterierichtlinie um, sondern wir verbessern Gesundeitsschutz, Sammlung und stoffliche Verwertung sowie ie ordnungsgemäße Entsorgung alter Batterien. Dabei erden funktionierende Rücknahmeund Entsorgungs trukturen beibehalten. Unser Ziel ist es, das bereits betehende System zu schützen und weiter zu verbessern. ür den Bürger bleibt alles beim Alten. Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf ist einer Meinung nach sehr gut. Insbesondere die wei ere Einschränkung für den Einsatz gefährlicher Stoffe ie Cadmium und Quecksilber in Batterien ist sehr berüßenswert. Sie dient sowohl dem Gesundheitsals auch em Umweltschutz. Positiv ist ebenfalls, dass erstmals erbindliche Sammelziele für Altbatterien – 35 Prozent is 2012 und bis 2016 45 Prozent – festgelegt werden. Verantwortlich für die Rücknahme und Verwertung ind die Hersteller. Die SPD begrüßt, dass mit diesem Geetz Hersteller und Vertreiber eindeutig verpflichtet weren, Altbatterien zurücknehmen und umweltverträglich u entsorgen. Die Vertreiber müssen für die Bürger deutich sichtbar Sammelstellen in ihren Verkaufsstellen einichten. Die Hersteller müssen dann die Altbatterien abolen und weitgehend stofflich verwerten. Diese Aufgabe önnen die Hersteller über das bereits bestehende geeinsame Rücknahmesystem der Industrie oder über her tellerindividuelle Rücknahmesysteme, quasi Selbstentorger, bewerkstelligen. Mit dieser Regelung wird für iesen speziellen Abfallbereich die ungeteilte Produkterantwortung von Herstellern und Vertreibern durchgeetzt. Eine Abwälzung der Verantwortung und Kosten auf ommunen und Bürger wird verhindert. Damit ist ein so ialdemokratisches Ziel in der Abfallpolitik zumindest eilweise erreicht worden. Dies bedeutet aber nicht, dass die den Bürgern beannten, von vielen Kommunen eingerichteten Rückgabeöglichkeiten nun verboten sind. Die Kommunen können reiwillig ihre bewährten Sammelsysteme beibehalten. ch appelliere an die Kommunen, dies auch zu tun. Viele ürger haben sich daran gewöhnt. Es ist ein Akt der Bürerfreundlichkeit und des freiwilligen Umweltschutzes, er jeder Stadt gut zu Gesicht steht. Ein solches freiwillies Engagement von Kommunen dürfen Hersteller und ertreiber jedoch nicht zum Vorwand nehmen, ihre Aufaben zu vernachlässigen. Forderungen aus der Wirtchaft, die Kommunen zum Sammeln zu verpflichten, lehen wir ab. Die Einhaltung gesetzlicher Auflagen, Gebote und erbote muss aber auch bezüglich der Durchführung konrolliert werden. Dazu wird ein zentrales Melderegister ür die Batteriehersteller beim Umweltbundesamt eingeichtet. Zugleich wird dem Umweltbundesamt die Verfolung bestimmter Bußgeldbestände bei Verstößen gegen ie Meldepflicht und bestimmte Grundpflichten der aballrechtlichen Produktverantwortung übertragen. Eine Michael Brand gebene Reden zentrale, länderübergreifende Verfolgung von Trittbrettfahrern wird so sichergestellt. Auch die betroffenen Wirtschaftskreise haben sich dafür eingesetzt. Diese Regelung ist notwendig. Denken Sie daran, welche Probleme die Trittbrettfahrer im Bereich der Verpackungsverordnung bewirkt haben. Nun hat der Bundesrat unter anderem folgende Änderung beschlossen: Die herstellerindividuellen Rücknahmesysteme, also Selbstentsorger, sollen nicht genehmigt, sondern nur angezeigt werden. Eine eigenständige Bußgeldnorm soll es nicht geben, also keine Bußgelder gegen Verstöße. Ich kann nachvollziehen, dass die Bundesländer Verwaltungsaufwand und Bürokratie gering halten wollen. Das darf aber nicht dazu führen, dass der Vollzug gar nicht kontrolliert und Verstöße nicht geahndet werden. Man stellt ja auch kein Verkehrsschild mit Tempobegrenzung auf und schreibt gleichzeitig daneben: Verstöße werden nicht bestraft. Gerade auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Verpackungsverordnung ist ein wirksames ordnungsrechtliches Instrument zur Erreichung unserer abfallpolitischen Ziele notwendig. Ich habe hier bereits mehrfach erwähnt: Bürokratieabbau darf nicht missverstanden werden. Bürokratieabbau ist kein Aussetzen der Vollzugskontrolle. Wir erleben es bei den Skandalen um illegale Abfallentsorgung in Tonund Kiesgruben. In manchen Bereichen findet eine fatale Entwicklung statt. Lassen Sie es mich ganz drastisch sagen: Ohne Kontrollen beim Verzug brauchen wir uns nicht der Mühe einer Gesetzgebung zu unterwerfen. Ohne Überprüfung auf Einhaltung ist ein Gesetz nur Schein. Gesetzestreue Bürger und Firmen sind die Benachteiligten, in unserem Fall auch die Umwelt. Ich appelliere daher an die Vollzugsbehören und an die Länder, Bürokratieabbau nicht mit Personalabbau und völligem Verzicht auf Kontrollen zu verwechseln. In dem konkreten Fall stimme ich der Bundesregierung zu, die in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates diesen Änderungswunsch ablehnt. Insgesamt bin ich der Meinung, dass der Gesetzentwurf der Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft dient und mit unseren abfallpolitischen Zielen übereinstimmt. Die Sammlung und das Recycling von Altbatterien sind bei uns in Deutschland bereits heute eine Erfolgsgeschichte. Die Sammelquote alter Batterien liegt mit mehr als 41 Prozent schon heute höher, als die EU fordert, und auch der Schadstoffgehalt der Batterien wurde in den letzten Jahren drastisch reduziert. Hinzu kommt: Die gewerbliche Wirtschaft verfügt seit langem über gefestigte und leistungsfähige Strukturen zur Rücknahme alter Batterien. Kurz: Eigentlich gibt es bei uns keinen Änderungsbedarf. Doch, wie so oft in der Umweltpolitik, geht es auch bei dem Entwurf für das Batteriegesetz, den wir heute diskutieren, um die Umsetzung Brüssler Vorgaben, und die sind aus europäischer Perspektive durchaus zu begrüßen. Schließlich gibt es in einigen Mitgliedstaaten in puncto vernünftiger und umweltgerechter Entsorgung von Altbatterien noch einiges zu tun. d g Ü b V t t ü ü z H w g B d L m l a E P d a d f s b M b a 0 a w t f E f g f H ä s o w R d A E s G 3 i d Zu Protokoll ge (C (D Unsere Kritik richtet sich deshalb auch weniger gegen as Umsetzungsgesetz als solches. Im Gegenteil: Wir berüßen vor allem, dass das Bundeskabinett, was die bertragung der Herstellerpflichten auf den Handel anelangt, noch einmal nachjustiert hat. Der ursprüngliche orschlag des BMU, dem Handel immer dann die Pflichen der Hersteller zu übertragen, wenn diese ihre Markteilnahme nicht ordnungsgemäß anzeigen, wäre nicht nur ber die Vorgaben des Europarechts, sondern auch weit ber das politisch Vertretbare hinausgeschossen. Die jetige Einschränkung auf vorsätzliches und fahrlässiges andeln seitens der Händler ist unserer Ansicht nach eitaus sachgerechter. Auch begrüßen wir die Idee nach einer aussagekräftien, eindeutigen und verständlichen Kennzeichnung von atterien – so wie die FDP das ja generell für die Prouktkennzeichnung fordert. Schließlich spielt für uns iberale auch die souveräne Entscheidung der Konsuenten eine wichtige Rolle. Wir sind der Meinung, öko ogische Produktverantwortung darf nicht nur einseitig ls Produzentenverantwortung verstanden und mit dem rlass möglichst strenger Vorschriften für bestimmte rodukte gleichgesetzt werden, wie dies zum Beispiel bei en Glühbirnen unlängst der Fall war, sondern muss uch den mündigen Verbraucher mit einbeziehen. Doch gerade vor diesem Hintergrund hätten wir uns ie Kennzeichnung, wie sie in der Richtlinie und demzuolge eben auch im nationalen Umsetzungsgesetz vorgeehen sind, schon etwas transparenter gewünscht. Das isher bestehende Kennzeichen der durchgestrichenen ülltonne zukünftig um die chemischen Symbole „Hg“ ei mehr als 0,0005 Prozent Quecksilber, „Cd“ bei mehr ls 0,002 Prozent Cadmium und „Pb“ bei mehr als ,004 Prozent Blei zu ergänzen, ist für uns alles andere ls verständlich. Im Gegenteil: Es geht an der Lebensirklichkeit der Menschen und an ihren konsumrelevan en Entscheidungen vorbei. Doch auch hier sind die Würel in Brüssel leider bereits gefallen, und die nationale bene muss umsetzen. Zum Antrag der Grünen: Wir Liberale halten es für alsch, für Batterien noch strengere Regulierungen oder ar eine Pfandpflicht einzuführen, wie Frau Kotting-Uhl ordert. Angesichts der geringen Preise herkömmlicher aushaltsbatterien würde dies lediglich dem Handel eine hnlich hübsche Zusatzeinnahme bescheren, wie wir dies chon vom Zwangspfand im Getränkebereich kennen, hne dass das ökologisch etwas bringt. Wenn die Bundesregierung bei der Vorlage ihres Ent urfs eines Batteriegesetzes echtsakt sei nur eine 1:1-Umsetzung der entsprechenen EU-Richtlinie, so verzichtet sie in diesem Bereich der bfallund Produktpolitik auf eine Vorreiterrolle in der U. Mehr noch: In zentralen Details ist der Entwurf ogar ein Rückschritt. Denn wie kann es sein, dass für eräte-Altbatterien lediglich Rücknahmequoten von 5 Prozent bis zum Jahr 2012 gefordert werden, wo doch n der Praxis schon 2007 rund 40 Prozent erreicht wuren? Hier sind mindestens 70 Prozent gefordert. Die Gerd Bollmann gebene Reden Sammelquoten könnten noch weiter erhöht werden, indem die Pfandpflicht von Starterbatterien auf alle Batterien ausgedehnt würde – auch hier Fehlanzeige im Gesetzentwurf. Hohe Sammelund Verwertungsquoten sind unter anderem deshalb wichtig, weil durch die Zunahme mobiler Endgeräte der Bedarf an ökologisch problematischen Einwegbatterien und Akkumulatoren rasant angestiegen ist – und wohl noch weiter steigen wird. Gefordert sind parallel energische Schritte, um den Einsatz von Einwegbatterien zugunsten von langlebigen wieder aufladbaren Akkumulatoren zu begrenzen. Schließlich vermindern zwei bis drei Prozent mehr Akkus in den entsprechenden Anwendungen circa 20 Prozent Einwegbatterien. Doch von solchen Regelungen ist im künftigen Gesetz nichts zu lesen. Zu einer verantwortungsvollen Abfallund Produktpolitik gehört zudem, den Einsatz hochgiftiger Stoffe in Batterien und Akkus zu reduzieren und einen hohen Anteil stofflicher Verwertung anzustreben. Auch hier hat die Bundesregierung gepatzt: Ausnahmebestimmungen, etwa bei Knopfzellen oder schnurlosen Elektrowerkzeugen, durchlöchern das weitgehende Verbot des Einsatzes von Quecksilber bzw. Cadmium. Diese Ausnahmen sind nicht zu verstehen, denn es gibt bereits Alternativen für den Einsatz der gefährlichen und umweltbelastenden Stoffe. Bei der Verwertung fordert die Linke anspruchsvolle Quoten für die stoffliche Verwertung sowie – angesichts der hohen Schadstoffbelastung – die „bestverfügbare Technik“ als Standard bei den Verwertungsverfahren anstelle des vorgesehenen „Standes der Technik“. Kritisch zu sehen ist schließlich auch die Behandlung von Produkten mit fest eingebauten Altbatterien im Gesetz. Zwar ist nachvollziehbar, dass sich der Rücknahmeweg für Altbatterien für entsprechende Elektrogeräte nicht eignet. Allerdings wirkt die Freistellung von der Rücknahmeverpflichtung für eingebaute Batterien nach § 9 des Gesetzentwurfes wie eine Belohnung dafür, Akkus unsinnigerweise fest in Gehäuse zu integrieren. Sinnvollerweise müsste also hier ein grundsätzliches Verbot des festen Einbaus – etwa über eine Stichtagsregelung – die vorgesehene Lösung flankieren. In diesem Sinne unterstützen wir im Grundsatz den Antrag der Grünen. Über Details wird noch im Ausschuss zu reden sein. Die Umweltdebatte ist seit Jahren von der Energiedis kussion gekennzeichnet. Einige Verbesserungen bei der Energieeffizienz wurden auch erreicht. Aber ein Feld bereitet immer noch erhebliche Sorgen: die Energiespeicherung. Sie ist nur mit einem hohen Aufwand bei einer geringen Effizienz möglich. Das ist ja gerade auch das wesentliche Hindernis bei den erneuerbaren Energien und der Elektromobilität. Klassische Batterien und ihre wiederaufladbare Spielart, die Akkumulatoren, funktionieren auf der Basis der Elektrolyse und brauchen dazu eine Vielzahl von metallischen Stoffen. Von diesen Einsatzstoffen sind die meisten toxikologisch gefährlich, also giftig oder zumindest als sehr bedenklich eingestuft. P l A S z s F F r E s m u s r B B t E m t d n t k s c t k F k R U s S w G t z E u a h d e g w s w U z d s n s t g g Zu Protokoll ge (C (D Die zum Speichern notwendige Masse macht ebenfalls robleme. Beispiel Elektrofahrzeuge: Die Batterien al eine sind oft schwerer als das Gesamtfahrzeug ohne kku. Auch das mobile „Immer-und-Überall-Erreichbarein“ braucht tragbare Energiespeicher. Seit dem Siegesug der Informationsund Kommunikationstechnologien ind daher immer mehr kleine Batterien im Einsatz. In der olge gab es einen Sinneswandel bei der ökologischen olgeabschätzung. Galten Batterien in den 1980er-Jah en noch als harmlos, erklärte das Umweltbundesamt nde der 1990er-Jahre die Batterien als d i e bedeutame Quelle für den Schwermetalleintrag in den Hausüll. Gerade Akkus weisen einen hohen Anteil von Nickel nd Cadmium auf. Neben einer Reduzierung des Queckilbergehaltes in Zink/Kohleund Alkali/Mangan-Batteien zielte deshalb zunächst eine Selbstverpflichtung der atteriehersteller und – als das nichts half – 2001 die atterieverordnung auf die Getrenntsammlung von Bat erien ab. Die Rücknahmepflicht haben die Hersteller in igenverantwortung über eine Stiftung geregelt – das Geeinsame Rücknahmesystem Batterien ioniert ähnlich wie die sogenannte EAR, die Stiftung für as „Elektro-Altgeräte Register“, die durch das Elektroikgerätegesetz 2005 nötig wurde. Diese industrielle Stifungskonstruktion ist übrigens deutlich fähiger als das omplizierte System bei der Verpackungsrücknahme. Nun liegt der Entwurf eines Gesetzes mit dem viel verprechenden Titel „Zur Neuregelung der abfallrechtlihen Produktverantwortung für Batterien und Akkumulaoren“ vor. Dieser Entwurf wird seinem Titel jedoch in einer Art und Weise gerecht. Im Klartext: Er ist eine arce. Schon das Ziel ist viel zu eng gefasst: Es beinhaltet einen Vorschlag zur Umweltentlastung. Noch in der EUichtlinie zu Batterien – 91/157/EWG – heißt es: „Die mweltbelastungen durch Batterien und Akkumulatoren ind auf ein Mindestmaß zu beschränken, um so zu chutz, Erhaltung und Erhöhung der Qualität der Umelt beizutragen.“ Demzufolge müsste das zu schaffende esetz den Rahmen für eine Reduktion von Umweltbelas ungen stecken und damit Forderungen zur Energieeffiienz und zur Nutzungsintensität und -dauer beinhalten. s ist völlig klar, dass das bloße Bekenntnis zum Sammeln nd Verwerten von Altbatterien nicht reicht! Geradezu bsurd ist es, wenn die geforderte Sammelquote unteralb des Status quo liegt. Es wirkt lächerlich, wenn in em Gesetzentwurf gefordert wird, bis zum Jahr 2012 ine Sammelquote von 35 Prozent zu erreichen. Nach Anaben der GRS, dem Gemeinsamen Rücknahmesystem, urden bereits 2007 über 40 Prozent der Altbatterien ge ammelt und einer Verwertung zugeführt. Wozu brauchen ir ein Gesetz, das weniger fordert, als heute – bei aller nvollständigkeit der Erfassung – bereits erreicht wird? Nicht viel anders sieht es bei der Schwermetallbegrenung aus. Es macht keinen Sinn, Knopfzellen vom Verbot es Einsatzes von Quecksilber auszunehmen, weil gerade ie einen hohen Quecksilberanteil aufweisen. Die Ausahmeregelung vom Verbot des Cadmiumeinsatzes für chnurlose Elektrowerkzeuge ist ebenfalls kontraprodukiv, sind diese „Power Tools“ doch anteilsmäßig der rößte Verwendungszweck von Cadmiumbatterien. Dabei ibt es bereits gleichartige Elektrowerkzeuge, deren Ak Eva Bulling-Schröter gebene Reden Sylvia Kotting-Uhl kumulatoren den Grenzwert von Cadmium einhalten. Seit Jahren kooperiert das Umweltbundesamt mit Batterieherstellern, um Substitutionen schließlich auch für Spezialanwendungen zu realisieren. Bündnis 90/Die Grünen fordert deshalb, keine Ausnahmen von Schadstoffbegrenzungen im Batteriegesetz zuzulassen. Und: Wir wollen eine Begrenzung der mengenmäßig dominierenden Einwegbatterien mit derzeit 90 Prozent. Denn um die Speicherleistung einer Reduktion von Einwegbatterien um Die Reden nehmen wir zu Protokoll. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Monika Grütters, CDU/CSU, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, SPD, Hans-Joachim Otto, FDP, Petra Pau, Die Linke, Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen.1)





(A) )


(B) )

Gerd Bollmann (SPD):
Rede ID: ID1621140800




(A) )


(B) )

Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1621140900
Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1621141000




(A) )


(B) )

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1621141100







(A) (C)


(B) )


Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/12230 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
20 Prozent zu kompensieren, ist lediglich ein Zuwachs
von 2 bis 3 Prozent an wieder aufladbaren Batterien er-
forderlich. Die Substitution von Einweg- durch Mehrweg-
batterien ist zudem ganz im Sinne der EU-Richtlinie zur
Vermeidung der Umweltverschmutzung, IVU, und des
Konzeptes der Integrierten Produktpolitik. Beide Regel-
werke sind darauf angelegt, Umweltbelastungen entlang
der ganzen Herstellungslinie zu reduzieren.

Alte Batterien sollen umweltverträglich verwertet wer-
den. Dazu ist eine Verdoppelung der bisherigen Sammel-
quote erforderlich. Deutschland kann das schaffen. Es
lässt sich leicht erreichen, wenn ein Pfand erhoben wird,
so wie wir es in unserem Antrag „Schadstoffbelastung
durch Batterien begrenzen“, Drucksache 16/11917, vor-
schlagen.

Was die wirklich zweckdienlichen Schritte zur abfall-
rechtlichen Produktverantwortung bei Batterien und Ak-
kumulatoren wären, haben wir in dem hier zur Debatte
gestellten grünen Antrag benannt. Den Entwurf des Bat-
teriegesetzes lehnen wir in der vorgelegten Form ab. Die
gröbsten Mängel am Gesetzentwurf werden die Grünen
durch Änderungsanträge im Fachausschuss zu heilen
versuchen, und ich freue mich auf eine hoffentlich inhalt-
lich getragene parlamentarische Auseinandersetzung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1621141200

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

Drucksachen 16/12227, 16/12301 und 16/11917 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 39 e auf:

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Gesetzes zur Errichtung einer „Stif-
tung Denkmal für die ermordeten Juden
Europas“

– Drucksache 16/12230 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss

a
i

m
K
C
H
D

D
f
v
s

o

d
e

1)

2)

(D nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann st die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Zusatzpunkt 6 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Volkmar Uwe Vogel, Dirk Fischer W. Lippold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ernst Kranz, Petra Weis, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Programm „Stadtumbau Ost“ – Fortsetzung eines Erfolgsprogramms – Drucksache 16/12284 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss Auch die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt nehen wir zu Protokoll. Es handelt sich um die Reden der olleginnen und Kollegen Volkmar Uwe Vogel, CDU/ SU, Ernst Kranz, SPD, Joachim Günther, FDP, eidrun Bluhm, Die Linke, Peter Hettlich, Bündnis 90/ ie Grünen.2)


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/12284 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 20. März 2009, 9 Uhr,
in.

Die Sitzung ist geschlossen.